FORTHE PEOPLE
FOK EDVCATION
FOR SCIENCE
LIBRARY
OF
THE AMERICAN MUSEUM
OF
NATURAL HISTORY
Zeitschrift
der
Deutschen geologischen Gresellschaft.
XLII. Band.
1890.
Mit vierzig Tafeln.
Berlin 1890.
Bei Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung),
Behren-Stragge No. 17.
Zl't'\ «\X5 ^^v>r 2.
Inhalt.
A. Aufsätze. Seite.
Karl Vogelsang. Beitiiigo zur Kenntniss der Trachyt- und
Basaltgesteine der Hohen Eifel 1
A. VON KcENEN. Ueber Dislocationen auf Rügen .... 58
F. Rinne. Ueber morphotropische Beziehungen zwischen , \
anorganischen Sauerstoff- luid Schwefelverbindungen . 63 ((q**- \
W. Dames. Anarosanrus pumilio nov. gen. nov. sp. (Hierzu
Tafel I.) 74
0. Jaekel. Ueber die systematische Stellung und über fos-
sile Reste der Gattung PriMiophorus. (Hierzu Tafel
n — Y.) 86 ■
Carl Ochsenius. Ueber das Alter einiger Theile der (süd-
amerikanischen) Anden. III. (Schluss.) 121
Alfred Philippson. Ueber die Altersfolge der Sediment-
formationen in Griechenland 150
A. Martin. Die phonolithischen Gesteine des Laachersee-
Gebiets und der Hohen Eifel 181
Philipp Pocta. Ueber einige Spongien aus dem Cuvieri-
Pläner von Paderborn. (Hierzu Tafel VI —VH!.) . . 217
Ferdinand Hornung. Zur Kenntniss des Gangsystems des
Auerberges im Harze und der Füllung desselben . . 233
Hermann Credner. Die Stegocephalen und Saurier aus dem
Rothliegenden des Plauen'schen Grundes bei Dresden.
IX. (Hierzu Tafel IX -XL) 240
Johannes Felix. Beiträge zur Kenntniss der Gattung Fro-
tosphyrriena Leidy. (Hierzu Tafel XII — XIV.) . . . 278
F. W. Pfaff. Ueber Schwankungen in der Intensität der
Erdanziehung. (Hierzu Tafel XV — X^l.) 303
Max Blanckenhorn. Das Eocän in Syrien, mit besonderer
Berücksichtigung Nord - Svriens. (Hierzu Tafel XVII
bis XIX.) . . . . . l 318
Hermann Kunisch. Labyrinthodonten-Reste des oberschle-
sischen Muschelkalkes. (Hierzu Tafel XX.) .... 377
F. SCHRODT. Beiträge zur Kenntniss der Pliocänfauna Süd-
Spaniens. (Hierzu Tafel XXI u. XXH.) 386
Johannes Walther. Ueber eine Kohlenkalk-Fauna aus der
ägyptisch-arabischen Wüste. (Hierzu Tafel XXIII bis
XXVIII.) 419
Wilhelm Salomon. Geologische und petrographische Stu-
dien am Monte Aviölo im italienischen Antheil der
Adamellogruppe. (Hierzu Tafel XXIX.) ..... 450
A. VON Strombeck. Ueber den oberen Gault mit BeUmnites
minimus bei Gliesraarode unweit Braunschweig . . . 557
Erich Haase. Beiträge zur Kenntniss der fossilen Arach-
niden. (Hierzu Tafel XXX u. XXXI.) 629
IV
Seite.
Theodor Lange. Beiträge zur Kenntniss der Flora des
Aachener Sandes. (Hierzu Tafel XXXII — XXXIV.) . 658
H. RoTHPLETZ u. V. SiMONELLi. Die marinen Ablagerungen
auf Gran Canaria. (Hierzu Tafel XXXV u. XXVI.) . 677
J. Lemberg. Zur mikrochemischen Untersuchung einiger
Minerale 737
Otto Jaekel. Oracantlms Bochmvensis n. sp., ein Trachya-
eanthide des deutschen Kohlengebirges. (Hierzu Tafel
XXXVII.) 753
B. Briefliche Mittheilungen.
Sapper. Ueber Erderschütterungen in der Alta Verapaz . 160
A. Baltzer. Lössähnliche Bildungen im Canton Bern . . 164
E. Naumann. Stegodon Mhulanenfiis , eine neue Art von
Uebergangs- Mastodonten 166
Ferd. Rodmer. Playioteutliis, eine neiie (iattung dibran-
chiater Cephalopoden aus dem russischen Jura . . . 360
H. Trautschold. Ueber Megalopteryx und Pelecypharus . 575
F. J. P. VAN Calker. Ueber ein Vorkommen von Kauten-
geschieben und von Hyolithus- und ÄcoKiÄ?(5-Sandstein
in Holland 577
G. Berendt. Noch einmal die Lagerungsverhältnisse in den
Kreidefelsen auf Rügen 583
J. SiEMiRADSKi. Ueber eine Endmoräne der ersten Ver-
gletscherung untersalb Krakau an der Weichsel und
über die Natur der dortigen liössbildung 756
Paul Oppenheim. Die Geologie der Insel Capri, eine Ent-
gegnung an Herrn Joh.annes Walther 758
Steinmann. Einige Fossilreste aus Griechenland 764
W. MÜLLER. Kalkspath von Rothenzechau im Kreise Hirsch-
berg in Schlesien 771
'^^TTO Jaekel. Ueber Coccostetts 773
C. Verhandlungen der Gesellschaft . . . 170. 364. 588. 775
Zugänge für die Bibliothek im Jahre 1889 801
Namenregister 812
Sachregister 815
r/ ^ CENTRAL PARK, '^ f
. NEW YORK, ^,J
Zeitschrift
der
Deutschen geologischen Gesellschaft.
1. Heft (Januar, Februar, März) 1890.
A. Aufsätze.
1. Beiträge zur Kenntniss der Trachyt- und
Basaltgesteine der hohen Eifel.
Von Herrn Karl Vogelsang in Bonn.
Seit jeher und mit Recht hat das Gebiet der vulkanischen
Eifel und des Laacher Seees das lebhafteste Interesse der Geolo-
pen in Anspruch genommen. Naturgemäss wandten sich die
älteren Forscher zunächst der Untersuchung des geologischen
Baues, der Entstehung der räthselhaften Maare, der Altersbe-
stimmung der Sedimentgesteine zu. während man erst später dazu
überging, die Zusammensetzung der die Vulkanberge aufbauenden
Gesteine zu ermitteln. Seit der Einführung des Mikroskopes
jedoch blieben die Studien der Petrographen vorwiegend auf das
Gebiet des Laacher Seees beschränkt, und nicht in dem Maasse.
wie man es hätte erwarten sollen, sind unsere Kenntnisse über
die Eruptivgesteine der eigentlichen vulkanischen oder hohen Eifel
seit jenem Zeitpunkte erweitert worden. Ausführliche Unter-
suchungen in dieser Hinsicht haben nur Zirkel^). Hussak^) und
Busz^) über die Basaltlaven der diluvialen Vulkane angestellt.
Es schien daher eine dankbare Aufgabe, auch die tertiären Erup-
tivgesteine, also Trachyte, Andesite, Phonolith und Basalte der
') „Basaltgesteine" 1869.
-) Die basaltischen Laven der Eifel; Sitzungsber. d. k. Akad. der
Wisseusch. Bd. LXXVIL L Abth. April-Heft. Wien 1878.
^) Mikroskopische Untersuchungen an Laven der Vordereifel, A^erh.
d. naturh. Ver. Rheinl. u. Westf. 1885. pag. 418—448.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 1. \
hohen Eifel einem erneuten und möglichst vollständigen Studium
zu unterwerfen. Die Anregung zu dieser Ai'beit, deren Resultate
im Folgenden niedergelegt sind, ward mir von Seiten meines
hochverehrten Oheims und Lehrers Geh. Eath Zirkel in Leipzig
zu Theil, welcher selbst die ersten petrographischen Untersuchungen
über diese Gesteine angestellt hat^j. Auf einer Reihe von Excur-
sionen, welche ich zum Theil in seiner Begleitung an der Hand
von V. Dechen's geologischer Karte und „Geognostischem Führer"^)
unternommen habe, wurde an allen Orten neues Material ge-
sammelt. Bei der grossen Anzahl der überall zerstreut liegenden
Basaltvorkommnisse konnten natürlich nur die wichtigsten Kuppen be-
rücksichtigt werden ; es wurde aber auch in dieser Hinsicht der Kreis
der Untersuchungen etwas über das Gebiet der eigentlichen hohen
Eifel ausgedehnt. Die Arbeit zerfällt hiernach in drei Theile.
In dem ersten sollen die in der Nähe von Kelberg in der Eifel
gelegenen Trachyte, in dem zweiten die in einem Kreise um die
Trachytvorkommnisse aufsetzenden Amphibol-Andesite , sowie im
Anhang hieran der Phonolith des Seibergs bei Quiddelbach be-
sprochen werden. Der letzte Theil endlich wird sich mit den
Untersuchungen über die Basalte zu befassen haben.
Es ist mir eine angenehme Pflicht, meinem hochverehrten
Lehrer für die jederzeit bereitwillige und wohlwollende Unter-
stützung bei der Ausführung vorliegender Arbeit auch an dieser
Stelle meinen herzlichsten Dank auszusprechen.
Die Trachyte in der Nähe von Kelberg.
Verbreitung des Trachyts. Der bedeutendste Aufschluss
von Trachyt findet sich in unmittelbarer Nähe von Kelberg.
Zwischen diesem Orte nämlich und dem Dorfe Zermüllen bildet
derselbe, westlich von der Chaussee, welche nach Adenau führt,
eine flache Anhöhe, das Frohnfeld, auch „Struth" genannt. Der
letztere Name hat mehr Bezug auf die Haide, welche in west-
licher Richtung sich nach dem Juckeisberg zu erstreckt. Der
Trachyt ist am Frohnfeld durch 5 oder 6 bedeutende Steinbrüche
aufgeschlossen. Dieselben bilden, theilweise mitten im Ackerlande
gelegen, grosse Vertiefungen mit steilen Wänden, aus denen das
Wasser keinen genügenden Abfluss hat und aus welchen auch die
*) Ferd. Zirkel, die trachytischen Gesteine der Eifel; Zeitschr.
d. deutsch, geol. Ges. 18.59. pag. 507 — 540.
-) Geognost. Führer zur Vulkanreihe der Vorder-Eifel. Bonn.
II. Aufl. 1886.
Förderung des Gesteins-Materials mit Schwierigkeiten verlviiüpft
ist. Der grösste Steinbruch, zugleich der Fundpunkt der schön-
sten später zu beschreibenden Sanidin-Einsprenglinge liegt an dem
Feldwege, welcher am Nordausgang von Kelberg von der Chaussee
links abbiegt und parallel derselben auf der Anhöhe nach Zer-
müllen zu führt. Der Trachyt des Frohnfeldes lässt sich nun
bis in die Nähe von Zermüllen verfolgen, aber die starke Ver-
witterung des Gesteins und die bedeutende Auflagerung von Damm-
erde machen eine genaue Feststellung der Grenzen unmöglich.
Ueberschreitet man jedoch den Trierbach, so findet sich südwest-
lich von Zermüllen, am Fusse der Basaltliöhe des Schwarze-
berges, dasselbe Gestein in mehreren Schürfstellen aufgeschlossen.
Wenden wir uns nun von hier aus nach Nordosten, dem kleinen
Thale zu. welches sich bei Zermüllen in das des Trierbaches
öffnet, so treffen wir hier bald wiederum den Trachyt an. Ver-
folgt man nämlich den Weg, welcher in diesem Thälchen nach
Reiraerath hinaufl'ührt, so wird etwa 20 Minuten von Zermüllen
entfernt an einem kleinen durch Gabelung des Thaies gebildeten
Bergvorsprung das Gestein vom Typus des Frohnfeldes sichtbar.
An dieses Vorkommen schliesst sich in einer Entfernung von
etwa 2 Ion in ostnordöstlicher Richtung der Trachyt von Reime-
rath an. Hier, südlich des genannten Ortes, an einem Wiesen-
grunde, dem sog. Kitzenweiher (derselbe ist trocken gelegt) bildet
der Trachyt einen Kranz von niedrigen Hügeln mit riffähnlichen
Formen. Zirkel beschreibt die Oberflächen-Gestaltung dieses Vor-
kommens ausführlich (1. c. pag. 511). Es ist dies der einzige Ort, wo
der Trachyt durch einigermassen charakteristische Bergformen her-
vorragt, welche indess wohl nur Ergebnisse der Erosion sind. Süd-
östlich von dieser Erhebung, nördlich der Chaussee Kelberg-Boos
gelang es ferner nach längerem Suchen die Stelle aufzufinden von
welcher Zirkel (pag. 508) und v. Decken (pag. 258) Trachyt auf-
führen; sie liegt am Km-Stein 52.9 gegenüber der Einmündung
des Fusspfades, welcher von dem Dorfe Mannebach herkommt.
Die nach Osten zu sich sanft anhebende bewaldete Höhe heisst
„an der Scheidt". Der letzt erwähnte Aufschluss, übrigens von
genau übereinstimmendem Typus, ist jedoch sehr unbedeutend und
nur auf einige aus der Dammerde hervortretende Blöcke be-
schränkt, ja mit völliger Sicherheit lässt sich nicht constatiren,
ob der Trachyt hier wirklich ansteht. Bemerkenswerth ist es,
dass etwa 20 Schritte von diesem Orte, auf der südlichen Seite
der Chaussee, Hornblende-Andesit durch zwei Schürfstellen un-
zweifelhaft anstehend aufgeschlossen ist. Kehren wir nun auf
dieser Chaussee nach Kelberg zui'ück, so treffen w^' unser Gestein
noch einmal an, und zwar in unmittelbarer Nähe der kleinen
1*
4
Kapelle des Dörfchens Hünerbach. Hier ist ein Steinbruch in der-
selben Weise Avie am Frohnfelde angelegt. Dieses Vorkommen
ist überhaupt demjenigen in unmittelbarer Nähe von Kelberg ganz
analog, da der Trachyt nur eine sehr flache Erhebung über der
Thalsohle bildet. Auch hier lässt sich, wie überall an den ge-
nannten Vorkommnissen, wo die Aufschlüsse es gestatten, grob-
pfeilerförmige Absonderung des Gesteins wahrnehmen.
Der von v. Dechen (pag. 252) aufgeführte Trachytaufschluss
am südlichen Ende von Kelberg, wo Material zum Bau des be-
nachbarten Schulhauses gebroclien wurde, ist zur Zeit verstürzt.
Zwischen dem Pastorat in Kelberg und dem Heiligenhäuschen an
dem Wege von Gelenberg konnte ebensowenig, als dies v. Decken
(pag. 254) vermochte, das dort durch Mitscheelich notirte kleine
Trachytvorkommen aufgefunden werden.
Die gegenseitige Vertheilung der Trachytaufschlüsse , die
äusserst flache Erhebung des Gesteins über die Oberfläche, das
Fehlen von nur einigermassen hervorragenden Kuppen, die gleich
zu erwähnende grosse Aehnlichkeit in der Ausbildung sind Ver-
hältnisse, welche der Vermuthung Raum geben, dass hier eine
zusammenhängende plateauartige Masse von Trachyt vorliegt.
Petrographische Beschreibung. Die Trachyte, welche
am Frohnfelde bei Kelberg, im Thale zwischen Reimerath und
Zermüllen, bei Reimerath. nördlich der Chaussee Kelberg-Boos
bei dem Km-Stein 52,9 und an der Kapelle bei Hünerbach auf-
geschlossen sind, zeigen in mancher Hinsicht ausserordentliche
Aehnlichkeit mit dem typischen Gestein vom Drachenfels im
Siebengebirge. Makroskopisch weisen dieselben in einer weiss-
lichen bis grau-gelblichen feldspathigen Grundmasse vor Allem
meist sehr rissige Sanidin-Krystalle von mannigfaltiger Grösse
porphyrisch ausgeschieden auf. Sind letztere klein, so treten die
Umrisse in Folge der Verwitterung wenig gut hervor und das
Gestein nimmt ein graues, gelb geflecktes Aussehen an. Plagioklas
ist makroskopisch nicht mit Sicherheit zu erkennen, da er nur
geringe Grösse besitzt. Nur selten gelingt es mit blossem Auge
oder mit der Lupe den polysynthetischen Zwillingsbau zu con-
statiren. Biotit ist in der Grundmasse und als Einsprengung in
den Sanidinen in Gestalt kleiner sechsseitiger Blättchen wahr-
nehmbar. Die grossen Sanidin-Krystalle sind ebenso wie am
Drachenfels nicht sonderlich fest mit der Grundniasse verwachsen
und fallen daher leicht mit Hinterlassung ebener Abdrücke aus
derselben heraus. Die schönsten Krystalle dieser Art finden sich
am Frohnfelde in dem Steinbruch, welcher an dem von Kelberg
nach Zermüllen* führenden Feldwege gelegen ist. An denselben
wurden folgende Flächen beobachtet:
P = 0P[001]; M^ ocPo) [010]; x = Po. [101];
o=:P[ril]; Tu. 1= ooP[110]; y = 2Poo [201];
z = o,P3 [130]; n = 2Poo [021].
Die Krystalle sind theils rechtwinklig-säulenförmig nach der Klinodia-
gonale durch Vorherrschen von 0 P und ocPoo . theils tafelförmig nach
ooPx) . Während am Drachenfels, wie v. Decken mit Recht hervor-
hebt, die rectaugulär-säulenförmigen Saaidiu-Krystalle nie verzwillingt
vorkommen, treten hier bei dieser Ausbildungsweise sogar zwei
Zwillings-Gesetze auf. Die Individuen von diesem Habitus sind
nämlich erstlich vielfach, wie es bei den tafelförmigen stets der
Fall ist, nach dem „Karlsbader" Gesetz vereinigt, daneben aber
erscheinen auch hier in besonders bemerkenswerther Weise ganz
ausgezeichnete ringsum ausgebildete Zwillinge säulenförmiger In-
dividuen nach dem „Manebacher" Gesetz, deren Umriss scheinbar
völlig der rhombischen Symmetrie gehorchende Conturen aufweist.
Die letztere Zwillingsbildung, welche den einfachen Harmotom-
Zwillingen von Strontian in Schottland ganz ähnliche Gestalten
erzeugt, ist in dieser Weise, soweit bekannt, bisher an den in den
trachytischen Gesteinen eingewachsenen Sanidiuen noch nicht be-
obachtet. Immerhin scheint aber dieselbe auch hier zu den
Seltenheiten zu gehören, da ich sie nur an zwei allerdings sehr
schönen, grossen Exemplaren (von 6 cm Länge nach der Klino-
diagonale) habe constatiren können. Die tafelförmigen Individuen
nach ooPco sind, wie am Drachenfels, stets nach dem „Karlsbader"
Gesetz verzwillingt. Dieselben erreichen theilweise eine unge-
wöhnliche Grösse. Herr Oberpostdirector Schwerd in Coblenz,
welcher eine sehr schöne Suite Kelberger Sanidine besitzt, bewahrt
in seiner Sammlung einen solchen Zwilling, welcher 1 cm dick
ist und nach der Vertikalaxe 8 cm, nach der Klinodiagonale 6 cm
misst. Das Felden der Zwillingsbildung wird von Zirkel (1. c. p. 525)
wie von Roth ') und von v. Decken (1. c. p. 257) besonders hervorge-
hoben. Es ist dies wohl dadurch erklärlich, dass die Aufschlüsse zu
jener Zeit, als genannte Forscher diese Gegend besuchten, noch zu un-
bedeutend waren. Die Spaltbarkeit nach P und M ist an den
Sanidin-Krystallen nur unvollkommen entwickelt. Dagegen zer-
brechen, namentlich die säulenförmigen Individuen, sehr leicht
nach einer rauhen unebenen Ablösungs-Fläche, welche Fettglanz
zeigt und annähernd dem Orthopinakoid entspricht; auf derselben
lassen viele Krystalle ausgezeichnete Schalenstruktur erkennen.
Das Auftreten dieser Absonderungsfläche und das anscheinende
Fehlen der für den orthotomen Feldspath charakteristischen Spalt-
barkeit ist bei dem Sanidin häutig zu beobachten; auch J. F.
') MiTSCKERLiCH-RoTK, lieber die vulkanischen Erscheinungen in
der Eifel. Berlin 1865 S. 10.
6
Williams hebt diese Erscheinung hervor^). Namentlich tritt be-
kanntlich an den leistenförmigen mein* oder weniger basischen
Sanidin-Durclischnitten der Trachyt- und Phonolith-Präparate in der
Regel eine solche mit der Querfläche zusammenfallende Zerklüf-
tung auf. An den Kelberger Krystallen nun entspricht dieser
Rissigkeit insbesondere auf der Fläche M eine sehr deutliche
Streifung. Bei den Zwillingen nach dem Manebacher Gesetz zeigt
sich daher die Verwachsung der beiden Individuen nach der Basis
sehr schön durch eine deutliche Zwillingsnaht, welche parallel der
Kante P : M auf dem Klinopinakoid durch das Zusammenstossen
der beiderseitigen Streifung hervorgebracht wird.
Von einem möglichst frischen Krystall der aus dem Schutt
des Steinbruchs am Frohnfeld ausgesuchten Sanidine wurden zwei
Dünnschliffe genau nach P und M hergestellt. Der erstere zeigte
absolut genau die Auslöschung parallel und senkrecht zur Kante
P : M, so dass eine Hinneigung zum Anorthoklas nicht existirt.
Auch unter der Bertrand' sehen Quarzquadrantenplatte entsprach
der Schnitt durchaus den Anforderungen einer Basis des monoklinen
Systems. In der klaren Masse, auf deren feinen Rissen sich
etwas Eisenoxydhydrat abgelagert hatte, wurden etliche Plagioklas-
einschlüsse beobachtet, deren Lamellirmig entweder parallel oder
senkrecht zur Kante P : M gerichtet war. An sonstigen Inter-
Positionen erwiesen sich die Schnitte sehr arm. Vereinzelte Erz-
körnchen, Biotitblättchen, Zirkonlo-yställchen und Einschlüsse von
Glas waren vorhanden. Dagegen zeigten sich bizarr gestaltete Gas-
poren, vielfach zu Gruppen angeordnet, sehr häufig. In dem
Dünnschliff nach M wurde bei der Bestimmung der Auslöschungs-
richtungen gefunden, dass eine derselben mit der Kante P : M
einen Winkel von 5" bildet. Zur Feststellung der Lage der
optischen Axen-Ebene Hess ich nun normal zu dieser Auslöschungs-
richtung einen dicken Schliff anfertigen. Im Nöerenberg' sehen
Polarisationsinstrument gab derselbe wegen der gi'ossen Rissigkeit
des Sanidins nur ein sehr unvollkommenes Axenbild. dagegen
zeigte sich bei der Untersuchung in dem für convergentes Licht einge-
richteten Mikroskop an mehi'eren wasserhellen Stellen eine sehr
deutliche Interferenzfigur und bei Drehung des Objecttisches war
der Austritt der optischen Axen mit ziemlich kleinem Winkel
recht gut zu beobachten. Die Trace der optischen Axenebene
verläuft parallel der Kante OP : ocPao . Dieselbe liegt also normal
zum klinodiagonalen Hauptschnitt, und jene Auslöschungsrichtung,
welche mit der Klinodiagonalen den Winkel von 5 " bildet, giebt
') J. F. Williams, Ueber den Monte Amiata in Toscana und
seine Gesteine. N. Jahrb. f. Miner. Beilage-Bd. V. 1887, S. 415.
die Lage der spitzen Bissectix an, daher c = b. Horizontale
Dispersion, p > u. Der Charakter der Doppelbrechung wurde ver-
mittelst eines Viertelundulations-Glimmerblättoliens als negativ er-
kannt. Der Sanidin des Frohnfeldes weicht also in Bezug auf
optische Orientirung in keiner Weise von den für die orthotomen
Feldspathe im Allgemeinen gefundenen Regeln ab.
Die grösseren wohlausgebildeten Sanidinkrystalle kommen
also in der Eifel nur, wie schon mehrfach hervorgehoben, im
Trachyt des Frohnfeldes bei Kelberg vor und sind auch hier bei
Weitem nicht so häufig wie am Drachenfels. Es lässt sich des-
halb auch nicht die von dort her bekannte, durch den Parallelis-
mus der porphyrischen Feldspathe hervorgei'ufene Parallel- Structur
wahrnehmen.
Bieten so die Eifeler Trachyte makroskopisch durch die
Farbe der Grundmasse und die Grösse der porphyrischen Feld-
spathe noch einige Verschiedenheiten dar, so erweisen sie sich
im Dünnschliff doch durchaus als zu einem und demselben Tj-pus
gehörig. U. d. M. zeigt sich, dass die Grundmasse derselben
vorwiegend aus einem Gemenge äusserst kleiner, leistenförmiger
Feldspathe von steilenweise fluidaler Anordnung mit spärlichen
dazwischen geklemmten Partikelcheu eines bräunlichen Glases be-
steht. Bei starker Vergrösserung erweist sich diese hyaline
Zwischenmasse häufig als mit äusserst kleinen Gasporen erfüllt,
üeber die Zugehörigkeit der winzigen, vielfach mikrolithischen
Feldspathe zum monoklinen oder triklinen System lässt sich etwas
Bestimmtes wohl nicht aussagen. Deutliche Zwillingsstreifung ist
an denselben nur selten wahrzunehmen. Die Mehrzahl derselben
scheint parallel und senkrecht zu ihrer Läugserstreckung auszu-
löschen und ist somit w'ohl als Sanidin anzusehen. Die in dieser
Grundmasse mikroporphyrisch ausgeschiedenen Feldspathe, welche
durch alle Dimensionen mit den makroskopischen zusammenhängen,
sind noch ziemlich frisch und enthalten Einschlüsse von Glas,
Erz. Ideinen Zirkonen, Bio titblätt eben und Apatitnädelchen. Sie
bilden oft scheinbar regellose Zusammenhäufungen verschiedener
Indi\'iduen. Der grössere Theil gehört wegen der graden Aus-
löschung und der stark entwickelten Rissigkeit jedenfalls dem
monoklinen Sanidin an. Diejenigen Schnitte jedoch, welche durch
ihre deutliche poly synthetische Zwillingslamellirung ihre trikline
Natur ausser Frage stellen, kommen an Menge dem Sanidin fast
gleich. Zonarstructur ist selten und nur undeutlich. Yon jed-
weder Andeutung einer sphärolithischen Sti'uctur ist die Grund-
masse ganz frei.
Der Biotit erscheint theils in stark dichroitischen. öfters
mannigfach gebogenen und geknickten lamellaren Längsschnitten,
theils in sechsseitigen Schnitten parallel der Basis. Einschlüsse
von Apatit und Magnetit in demselben sind häufig; überall, längs
den Spaltungsrissen und am äusseren Rande, ist er von der be-
kannten opacitischen Substanz umgeben, über deren Natur sich hier
nichts Näheres feststellen lässt. Frischer Augit scheint als solcher
nicht vorzukommen. Auf seine frühere Gegenwart verweisen aber
unzweifelhaft die scharfen charakteristischen achtseitigen Durch-
schnitte, gebildet von ocPoo [100]; cf.¥co [OlOj; ocP[110], welche
bis 0,25 mm nach der Axe b messen. Die ursprüngliche Augit-
Substanz ist jedoch vollständig in eine hell gelbe, trübe, fein-
körnige Masse umgewandelt, welche bei dem Präpariren leicht
herausfällt, so dass nur die Hohlräume mit den bekannten Con-
turen übrig bleiben. Dasselbe Umwandlungsproduct des Augits
erscheint auch in den zugehörigen länglichen Durchschnitten nach
der Yerticalaxe. Eine ähnliche Erscheinung wird von Schwerdt ^)
am Augittrachyt von Wei-hsieu in Schantung hervorgehoben.
Dieser so beschaffene augitische Gemengtheil, welcher gegen den
Glimmer sehr zurücktritt, ist übrigens im Frohnfelder Trachyt
am häufigsten, während er in den Varietäten von Reimerath und
Hünerbach nur äusserst sporadisch auftritt. Schwarzes Erz ist
theils in äusserst winzigen Partikelchen in der Grundmasse ver-
theilt, theils in einzelnen grösseren Körnern in derselben zerstreut.
Dass ein grosser Theil dem Magnetit angehört, bezeugen die
deutlich regulären Formen, welche manche Körner aufweisen,
jedoch ist unzweifelhaft auch Titaneisen in nicht geringer Menge
vorhanden, wie die für dieses Erz charakteristische Unn-andung
von Leukoxen beweist. Mehrere Partieen (bis zu 1 mm Grösse)
dieser milchig-trüben Substanz wurden beobachtet, welche sehr
schön zeigten, wie die Pseudomorphose dem schaligen Bau des
Titaneisens nach R folgt, wobei dann ein Theil des Titaneisens,
welcher der Zersetzung widerstanden hat, in Gestalt zarter La-
mellen, welche sich unter Winkeln von 60 ^ kreuzen, erhalten ge-
blieben ist. Allerdings besitzen auch manche Körner mit Con-
tureu, welche auf das reguläre Sj'stem hindeuten, Leukoxen-Rinde,
was auf einen Titansäure-Gehalt des Magnetits hinweist. Apatit
ist in der Grundmasse dieser Trachyte sehr häufig. Vielfach ist
er in Gestalt kleinster Nädelchen in den Feldspathen einge-
schlossen, häufig durchsticht er auch in gleicher Form die Glimmer-
durchschnitte und vereinzelte Erzkörner. Grössere Krystalle (his
zu 1,0 mm Länge) liegen porphyrisch in der Grundmasse vertheilt
^) R. Schwerdt, Untersuchungen über Gesteine der chinesischen
Provinzen Schantung und Liautung; Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges.
1886, p. 229.
und zeigen sich mit den bekannten staubartigen Interpositionen erfüllt,
welche vielfach in Form von Stäbchen parallel der Längsaxe ange-
ordnet sind. Theils erscheinen Längsschnitte des Apatits, gewöhnlich
an den Enden abgerundet und P oder OP nur undeutlich er-
keinien lassend, theils hexagonale Querschnitte. Parallelverwachsung
nach der Längsaxe ist häutig zu beobachten. Ueberall zeigt sich
deutliche basische Zerklüftung. Zirkon ist gleichfalls verhält-
nissmässig häufig in stark lichtbrechenden Körnern, welche meist
nur undeutliche Kry stallformen darbieten. Er tritt ebensowohl
als Einschluss in den Feldspathen als auch selbstständig in der
Grundmasse zerstreut auf. Titanit in den spitz-keilförmigen Durch-
schnitten wird häufig wahrgenommen, daneben erscheint er jedoch
auch nicht selten in leistenförmigen nach OP verzwillingten In-
dividuen. Seine Farbe ist gelblich-grün bis wasserhell, nicht
immer ist er ganz klar, vielmehr zeigt er vielfach Zersetzungs-
Erscheinungen in eine weisslich-trübe Substanz. Schliesslich ist
noch das Auftreten von Tridymit zu erwähnen, welcher ganz über-
einstimmend mit dem Vorkommen vom Drachenfels kleine mikro-
skopische Nestchen von zarten, wasserklaren übereinander ge-
schuppten Blättchen als Ausfüllungen der kleinsten Hohlräume
bildet. Mit blossem Auge erkennbarer Tridymit wurde nicht be-
obachtet. Bemerkenswerth ist noch, dass diesen Trachyteu ein
Gehalt von Hornblende, sowohl in frischem oder verwittertem als
in dem wohlbekannten kaustisch veränderten Zustande, gänzlich
abgeht, worin eine weitere Analogie mit dem Typus des Drachen-
fels gegeben ist. Demi wenn auch nach älteren makroskopischen
Angaben Hornblende hier und da im Gestein des letzteren vor-
kommen soll, so pflegt sie doch in den Dünnschliffen völlig ver-
misst zu werden.
Eine von mir im chemischen Laboratorium des Herrn Prof.
Stohmann ausgeführte Bauschanalyse des Trachyts vom Frohn-
felde ergab folgendes unter L mitgetheilte Resultat. Zum Ver-
gleich ist die Analyse der Grundmasse des Gesteins vom Drachen-
fels (H.) nach Rammelsberg ^) und, um des Gegensatzes willen,
diejenige des Amphibol-Andesits vom Freienhäuschen bei Kelberg
nach Zirkel (1. c. p. 535) beigegeben.
') C. Rammelsberg, Ueber den Trachyt vom Drachenfels im
Siebengebirge. Zeitsclir. d. d. geol. Ges. Bd. XI. 1859, S. 440.
10
I.
Si02 65,01
AI2O3 18.27
Fe203 0,84
FeO 0,83
CaO 1,50
MgO 0,80
K2O 4,34
Na20 6.79
Glühverl. H2O . . 1.74
n.
TU.
65,07
60,01
16,13
21.03
5,17
—
—
8,48
2,74
3,19
0.67
0,73
4,44
2,01
4.70
4,29
0.70
. — •
100,12 99,69 99,74
Mineralcombinationen, welche als Producte der ersten Ausscliei-
dung aus dem Magma oder als eingeschlossene Bruchstücke älterer
in der Tiefe anstehender Gesteine zu deuten wären, wurden in
diesen Trachyten nirgendwo beobachtet.
Die Hornblende-Andesite der Eifel.
Denselben Gegensatz in den Gesteinstypen, welchen wir im
Siebengebirge durch das Auftreten von Hornblende-Andesit am
Stenzelberg, an der Wolkenburg u. s. av vorfinden, können wir
auch wieder in der Eifel constatiren. In ganz analoger Weise
kommen nämlich hier neben den vorhin beschriebenen Trachyt-
massen auch verschiedene ausgezeichnete Repräsentanten von
Amphibol-Andesit vor. Letzterer bildet im Gegensatz zum Trachyt
einige mehr oder weniger hervorragende Erhebungen und Kuppen,
welche im Umkreise von wenigen Stunden um die Trachyte ge-
legen sind. Wenn nun auch die von diesen verschiedenen Locali-
täten heiTührenden Gesteine in ihrem Gesammtcharakter grosse
Uebereinstimraung zeigen, so weisen dieselben doch in ihrer
petrographischen Ausbildung und Zusammensetzung manche Ver-
schiedenheiten auf. sodass eine gesonderte Beschreibung der ein-
zelnen Vorkommnisse notliwendig erscheint.
Hornblende-Andesite südlich von Kelberg.
Zunächst finden wir südlich von Kelberg, zwischen den Dörfern
Köttelbach und Mosbruch, westlich vom Hohen Kelberg eine be-
deutende Erhebung von Hornblende-Andesit. welche an mehreren
Punkten aufgeschlossen ist. Aus dem südlichen Theile derselben
ist durch die Thätigkeit der Erosion ein in west-östMcher Rich-
tung gestreckter, kuppenähnlicher Rücken entstanden, das Freien-
häuschen genannt, während in dem nördlichen Theile der Andesit
11
flach abfällt und wenig mehr aus der heutigen Bodengestaltung
hervorragt. Dieser nördliche Theil bildet die Unterlage für die
Basalterhebung des Brinkenköpfchens. An dem Südabhange des
Freienhäuschens, nach Mosbruch zu, ist das Gesteinsmaterial durch
mehrere bedeutende Steinbrüche aufgeschlossen. Die Absonderung
ist daselbst theils breit-pfeilerartig, theils kugelig-schalig. Die Spitze
des Freienhäuschens liegt nach v. Decken (1. c. p. 226) 579,5 m
ü. d. M. Nordwestlich von demselben ist dei Andesit wieder
am Abhang des sog. Kranickelchens sichtbar. Es ist dies ein
niedriger schmaler Rücken, welcher sich in westlicher Richtung
an das Brinkenköpfchen anschliesst; auf demselben befindet sich
eine grössere ßaumgruppe, sodass man, da sich ringsum Wiesen
befinden, von demselben aus der Ferne den Eindruck einer höheren
Erhebung erhält. In diesem Wäldchen liegen nur vereinzelte
Blöcke vom Basalt des Brinkenköpfchens umlier, dagegen tritt
am Westabhange des Kranickelchens der Andesit deutlich an-
stehend zu Tage. Sodann ist in den letzten Jahren noch nord-
östlich vom Brinkenköpfchen, nur etwa 100 Schritt vom Fusse
desselben entfernt ein grösserer Steinbruch mitten im Ackerfeld
angelegt worden, wodurch die Verbreitung des Andesits auch
nördlich vom Brinkenköpfchen und vom Kranickelchen erwiesen ist.
Die Flur, in welcher dieser Steinbruch liegt, heisst ^auf den
Heseln^ oder ^auf dem Anwindsborn". Endlich führt v. Decken (1. c.
p. 252) noch ein „gangförmiges Vorkommen- von Hornblende-Ande-
sit am Südausgange von Köttelbach an. Ich habe diese Stelle in dem
Hohlwege, welcher zum Brinkenköpfchen hinaufiuhrt. genau unter-
sucht und daselbst mir grössere Blöcke, sowohl von Andesit wie
von Basalt in unregelmässiger Vertheilung vorgefunden. Es ist
daher im höchsten Grade wahrscheinlich, dass es sich hier nicht
um anstehendes Gestein handelt, sondern um grössere Blöcke,
welche von den höher gelegenen Kuppen her ihren Weg hierhin
gefunden haben.
Freienhäuschen. Der Honiblende - Andesit des Freien-
häuschens zeigt in seinem frischen Zustande makroskopisch eine
dichte Grundmasse von dunkelgrauer Färbung. Der Plagioklas
tritt meist tafelartig mit weisslicher Farbe und mattem Glänze
hervor, allerdings sind bei der Dichtigkeit des Gesteins seine Con-
turen selten deutlich zu erkennen, besser geben sich dieselben
bei der Verwitterung kund. IVIit der Lupe ist die Zwillings-
streifung an demselben gut wahrzunehmen.
Die Hornblende erscheint regelmässig eingesprengt in glänzend
schwarzen, meist kurz gedrungenen Individuen. Biotit ist nicht
erkennbar. Im verwitterten Zustande nimmt die Grundmasse des
12
Gesteins eine durch Bildung von Eisenhydroxyd hervorgebrachte
roth-braune Färbung an. Im Dünnschlitf u. d. M. besteht die
Grundmasse vorwiegend aus kleinen nach der Axe a gestreckten
Leistchen von Feldspath mit ausgezeichneter Fluktuationsstructur.
Bei weitaus den meisten, auch den kleinsten Durchschnitten wird
deutliche Zwillingsstreifung und beim Drehen zwischen -f Nicols
continuirlich wandernde Auslöschung wahrgenommen, sodass man
über ihre Plagioklas-Natur nicht im Zweifel sein kann. Nur bei
stärkster Vergrösserung ist ein spärlicher Glaskitt von hell brauner
Farbe erkennbar. Tridymit ist in den charakteristischen dacli-
ziegelartigen Gruppirungen mehrfach zu beobachten. Diese Grund-
masse erscheint übersät mit einer Unzahl von Magnetitkörnchen
und kleinen Prismen von grüner Farbe, welche sich wegen ihrer
bedeutenden Auslöschungsschiefe und ihren schon bei massiger
Vergrösserung deutlich erkennbaren, charakteristischen Conturen
unzweifelhaft als Augit erweisen. Als grössere Ausscheidungen
treten Feldspath, Hornblende, Augit und Apatit auf. Die Durch-
schnitte dieser porphyrischen Feldspathe sind meist breit leisten-
förmig mit sehr schöner polysynthetischer Zwillingslamellirung und
prachtvoller Zonarstructur und zwar geht der schalige Bau stets
gleichmässig ungehindert durch die Zwillingsstreifung hindurch.
Schon im gewöhnlichen Licht ist diese ausgezeichnete Zonar-
structur vielfach durch äusserst feine, die Grenzen der einzelnen
Schalen markirende Linien zu erkennen. Neben diesen deutlich
schalig aufgebauten Individuen rinden sich auch viele, bei denen
die Zunahme der Acidität der Feldspathsubstanz vom Kerne nach
dem Rande zu nur ganz allmählich vor sich gegangen ist, was
sich an den Schnitten durch ausgezeichnete continuirlich fort-
schreitende Auslöschungsschiefe kundgiebt. Grössere Feldspathe,
welche sich durch Mangel an polysynthetischer Zwillingsbildung,
Spaltungsrisse und grade Auslöschung unzweifelhaft als Sanidin
erweisen, sind sehr selten. Die Plagioklase verhalten sich in
Bezug auf ihren Gehalt an Interpositionen sehr verschieden. Viele
sind von ausserordentlicher Klarheit und enthalten nur wenige
Apatite in langen quergegliederten Nadeln nebst vereinzelten
Zirkonen und Magnetitkörnchen, andere sind von Einschlüssen
aller Art und Grösse, insbesondere von glasigen Partikeln fast
vollständig erfüllt und zeigen nur eine schmale Rinde von klarer
Feldspathsubstanz. Als Zersetzungsproduct der feldspathigen Ge-
mengtheile erscheint Calcit in nicht unbeträchtlicher Menge. Der-
selbe tritt mit weisslicher, lichtgrauer Farbe, theilweise in kleinen
Schnüren mit faseriger Aggregation, theils in grösseren Partieen
auf und lässt dann deutlich die Spaltbarkeit nach dem Grund-
rhomboeder erkennen. Die Hornblende zeigt, wo vollständige
13
Kiystalldurchstlmitte sichtbar sind, die regelmässigen Begrenzungen.
Die sechsseitigen Querschnitte sind durch ocP und ccPao gebildet,
unter denen wie gewöhnlich ooP vorwiegt. Parallel den Prismen-
flächen erscheint die regelmässig verlaufende Spaltbarkeit. Die
Längsschnitte weisen weniger scharfe Krystallforin auf und lassen
mehr die Wirkungen der Corrosion erkennen, nur selten ist noch
P und OP an ihnen wahrzunehmen. Zwillinge nach o:Px sind
sehr häutig. Zwischen -f Nicols bildet bekanntlich bei den
Querschnitten derselben die Zwillingsnaht eine Linie parallel
odPoo . Nun wird in Schnitten genau parallel einer Fläche aus
der Verticalzone die Zwillingsgrenze der Spaltbarkeit parallel ver-
laufen, in allen anderen, also schiefen Schnitten dagegen, welche
keiner krystallographischen Axenrichtung parallel gehen, muss
dieselbe mit der Spältbarkeit einen grösseren oder kleineren
Winkel bilden und auch die hierdurch gebildeten Abschnitte des
Durchschnitts werden verschiedene Auslöschungsschiefen zeigen.
Solche schiefe Schnitte sind natürlich in den Präparaten bei
weitem am häufigsten. In derselben Weise bilden bei lamellar
verzwillingten Augiten in Längsschnitten die Lamellen oft einen
schiefen Winkel mit den Spaltrissen. Längere Zeit hat man bei
der Wahrnehmung des schiefen Verlaufes der Zwillingsnaht zur
Spaltrichtung bei der Hornblende auf das Vorhandensein eines
weiteren Zwillingsgesetzes schliessen zu köimen geglaubt. Auch
Bruhns^). Rudolph^). Hyland^) erwähnen diese Erscheinung.
Becke"^) hat nachgewiesen, dass in solchen Fällen nur schiefe
Schnitte von Zwillingen nach dem gewöhnlichen Gesetz vorliegen
können. Der Pleochroismus der Hornblende ist sehr stark, a =
hell gelb-grün. 6 = hell braun, c = dunkel olivengrün. Die Aus-
löschungsschiefe auf (xPx wurde bis zu 17" gemessen. An Ein-
schlüssen führt die Hornblende Glas, grosse Erzkörner, Apatit-
nadeln. Auch Plagioklas wurde als Einschluss beobachtet.
Fast sämmtliche Schnitte der Hornblende finden sich mit
einem mehr oder weniger breiten Rande umgeben. Derselbe be-
steht, wie schon bei massiger Vergrösscrung deutlich zu sehen
ist, hier aus Anhäufungen von kleinen grünlichen Prismen und
opaken Körnchen. Die kleinen Prismen erreichen im Mittel eine
*) W. Bruhns, Der Porphyritzug von Wilsdruff - Potschappel.
Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges., 1886, p. 742.
^) Fr. Rudolph, Beitrag zur Petrographie der Anden von Peru
und Bolivia. Mineral, u. petrogr. Mitth. IX, 1887, p. 284.
^) J. Shearson Hyland, Ueber die Gesteine des Kilimandscharo
und dessen Umgebung. Ebendas. X, 1889, p. 238.
*) Fr. Becke, Ueber Zwillingsverwachsungen gesteinbilderder
Pvroxene und Amphibole. Ebendas. VII, 1885, p. 98—107.
14
Grösse von 0.012 mm. sie stimmen in Bezug auf Farbe und
optisches Verhalten vollkommen mit den in der feldspathigen
Grundmasse zerstreuten Individuen überein und gehören somit dem
Augit an. Die opaken Körnchen besitzen durchschnittlich einen
Durchmesser von 0,009 mm und zeigen wegen ihrer regulären
Formen und des deutlich metallischen Glanzes im abgeblendeten
Licht gleichfalls solche Aehnlichkeit mit den Magnetitkörnchen
der Grundmasse, dass dieselben wohl auch diesem Mineral ange-
hören. Aus mancherlei Umständen ist ersichtlich, dass hier nicht
etwa nur eine blosse Umlageruug dieser Gebilde um die Horn-
blende-Individuen vorliegt, sondern dass wir diese Zonen als
Producte der Einwirkung des feurig-flüssigen Magmas auf die
bereits fertig gebildeten Hornblendekrystalle zu deuten haben.
Die Hornblende weist nämlich innerhalb dieser Kränze niemals
selbstständige, ihr eigenthümliche Conturen auf. sondern zeigt
vielmehr in iliren höchst irregulär verlaufenden Umrissen die
offenbaren Wirkungen der Corrosion. An manchen Stellen löst
sich die Hornblendesubstanz ganz allmählich auf und scheint in
das randliche Haufwerk überzugehen. Andere Individuen sind fast
vollständig in Augit und Magnetit aufgelöst und zeigen im Innern
nur noch einen spärlichen Rest brauner Hornblende. Auch die
sogenannten Pseudo-Krystalle. Zusammenhäufungen lediglich von
Augitsäulchen und Magnetitkörnchen, welche mehr oder weniger
deutlich die bekannten Hornblende-Conturen zeigen, sind nicht
selten. Während aber sonst bei diesen Umrandungen der Horn-
blende die neu gebildeten Augit-Individuen so winzige Dimensionen
zu besitzen und so innig mit den Magnetitkörnchen vermengt zu
sein pflegen, dass die Erkenntniss der augitischen Natur überhaupt
bekanntlich längere Zeit in Anspruch genommen hat. handelt es
sich hier um ein relativ lockeres Aggregat von verhältnissmässig
grossen Individuen deren mineralogische Natur ohne weiteres zu
erkennen wäre, selbst wenn diese Augite nicht in Ausbildung und
Farbe völlig mit denen der Grundmasse übereinstimmten.
Es erscheint bemerkenswerth, dass dieser charakteristische
Rand der Hornblende von Zirkel') bereits als ein Product der
kaustischen Veränderung durch das Magma gedeutet worden ist,
als die Natur seiner Zusammensetzung noch nicht bekannt war.
Weiterhin erfolgte die Erkenntniss des Magneteisens in demselben,
wobei jedoch die vorstehende Erklärung nicht angenommen, viel-
mehr der Rand als Product einer Umwandlung der Hornblende
auf nassem Wege angesehen wurde, (Cohen) ^). Diejenigen, welchen
*) F. Zirkel, lieber d. kryst. Gest. längs des 40. Breitegr. in
Nordamerika. Ber. d. Kön. Sachs. Ges. der Wissensch. 1877, p. 181.
2) N. Jahrb. 1881. I, p. 195.
15
sodaiiii auch die Nachweisung des Augits in diesen Rändern ge-
lang, beschränkten sich indessen zunächst auf die blosse Be-
schreibung und vermieden das Eingehen auf eine specielle genetische
Deutung, indem sie lediglich überhaupt eine Umwandlung dabei
anerkannten, wie Oebbeke ^), Hoepfner-), Becke^j. Kotö"^) end-
lich hat zuerst diese Neubildung von Augit und Magnetit aus
Hornblende als ein Product der Umschmelzung hingestellt und
seitdem darf diese Anschauung als allgemein angenommen gelten.
In dem Haufwerk der Augit- und Magnetitkörnchen erscheint
zwischen den einzelnen Kryställchen eine farblose, schwach bläulich
polarisirende Masse, welche wohl als Feldspath zu deuten ist.
Ob derselbe hier nun auch als ein Umschmelzungsproduct der
Honiblende anzusehen ist, ist schwer zu entscheiden. Hatch^)
giebt zwar die Neubildung von Feldspath an dem Rande einge-
schmolzener Hornblende an. Grössere Wahrscheinlichkeit scheint
wohl die Annahme für sich zu haben, dass in diesem Falle an
den Rändern die Feldspathsubstanz dem Magma angehört, indem
sie sich Avährend oder nach der Neubildung der kleinen Kryställ-
chen aus dem noch flüssigen Theile desselben ausschied und
zwischen die letzteren drängte.
Neben dem vorhin beschriebenen Augit in Mikrolithenform
kommt derselbe jedoch auch reichlich in Gestalt grösserer Ein-
sprengunge vor. Die aus der mikroskopischen Grundmasse her-
vorti'etenden Krystalldurchschnitte desselben zeigen theils die be-
kannte achtseitige Begi-enzung, theils Leistenform in den Längs-
schnitten. Die Spaltbarkeit ist gut entwickelt, die Farbe schön
flaschengrün mit schwachem Pleochroismus. Manche Schnitte
zeigen Andeutungen von zonarem Aufbau. Die Zwillingsbildung,
mehrfach eine lamellare, nach ooPoo ist häutig zu beobachten. An
Interpositionen enthält der Augit Einschlüsse von Glas, Apatit,
Magnetit. Nirgendwo zeigt sich an demselben eine Spur von
kaustischer Veränderung. — Apatit tritt, wie in den Trachyten,
theils in langen quergegliederten Nadeln auf und bildet dann
Interpositionen in den grösseren Einsprengungen, theils findet er
sich in grösseren Krystallen (bis zu 0,7 mm Länge) mit massen-
*) K. Oebbeke, Beiträge zur Petrographie der Philippinen und
der Palau-Inseln. N. Jahrb. 1881, Beil. Bd I, p. 474.
-) C. HoEPFNER, Ueber das Gestein des Monte Tajumbina. Eben-
daselbst 1881, II, p. 171.
^) F. Becke, Eruptivgesteine aus der Gneissformation des nieder-
österr. Waldviertels. Min. u. petr. Mitth. Bd. V, 1883, p. 171.
*) B. KoTo, On some Japanese rocks; Quarterly Journal of the
Geological Society, XL. 1884, p. 489.
^) Fr. H. Hatch, Ueber die Gesteine der Vulcangruppe von Ai'e-
quipa. Min. u. petr. Mitth. YII. 1886, p. 344 u. 352.
16
haften Mikrolithen durchsetzt in der Grundmassc zerstreut. An
den basischen Schnitten wird die Anordnung derselben parallel
den Prismenflächen oft deutlich wahrgenommen. Biotit erscheint
nur sehr vereinzelt in kleinen Blättchen. Er ist durch seinen
äusserst starken Pleochroismus mit helleren Farben : c = roth-
braun, a = hell gelb, sowie durch das Fehlen der Spaltbarkeit und
des Pleochroismus in den Schnitten parallel OP von der Horn-
blende wohl zu unterscheiden.
Magnetit findet sich ausser den in der Grundmasse regel-
mässig verstreuten Körnchen, auch noch als grösserer Einspreng-
ung, sowohl in dickeren Körnern mit deutlich regulären Formen,
als auch in wie zerhackt aussehenden Partieen. Nirgendwo zeigt
sich an ihm eine Umwandlung in Leukoxen. Titanit in keilförmigen
Durchschnitten und Zirkon in kleinen stark lichtbrechenden Körn-
chen sind selten.
Von dem in Folge der Verwitterung bräunlichen Gestein
wurden ebenfalls Dünnschliffe angefertigt. U. d. M. erscheint
die Grundmasse roth-braun gefärbt. Die J'eldspathe zeigen durch
Bildung von Cälcit eine milchige Trübung, welche namentlich
von den Spaltrissen ausgeht. Eisenhydroxyd ist ebenfalls auf
den Spalten der Feldspathe vielfach in tief rothen Streifen zur
Ausscheidung gelangt. Namentlich aber erscheint dasselbe in
roth-braun durchscheinenden Massen als Umwandlungsproduct des
Magnetits. Hornblende und Augit sind wenig angegriffen.
Hornblende-Andesit von den Heseln und vom Kra-
nickelchen. — Die Gesteine von der nördlichen und der west-
lichen Seite der Andesit-Erhebung zwischen Mosbruch und Köttel-
bach, also von den Heseln und vom Westabhange des Kranickelchens
zeigen makroskopisch wie mJkroskopisch nur geringe Verschieden-
heiten von dem Material am Freienhäuschen. Das Gestein von
den Heseln ist nicht so dicht wie dasjenige vom Freienhäuschen;
durch seine mehr licht graue Farbe treten die Hornblende-Krystalle
noch deutlicher hervor. Plagioklasleisten mit deutlich erkennbarer
Zwillingslamellirung und lebhaftem Glänze sind ebenfalls makro-
skopisch gut zu erkennen. Das Gestein ist von der Verwitterung
noch wenig angegriffen. Auch im Dünnschliff zeigt dasselbe viel
Aehnlichkeit mit demjenigen vom Freienhäuschen. In der Grund-
raasse erscheinen die Feldspathleisten alle deutlich gestreift, Glas-
basis scheint etwas mehr vorhanden zu sein wie dort. Die kleinen
Augit-Prismen sind nicht so regelmässig conturirt und von mehr
blass grüner Farbe. Am bemerkenswerthesten erscheint es . dass
die Hornblende weniger corrodirte Formen und nicht so breite
Umschmelzungsrinden aufweist, wie dort. Ueberall geht jedoch
deutlich Augit und Magnetit als Product der Umschmelzung hervor.
Auch die Augit-Magnetit- Aggregate , welche ihre Entstehung ein-
17
geschmolzener Hornblende verdanken, sind seltener. Die grösseren
Feldspath-Einsprenglinge zeigen überall deutliche Zwillingsstreifung
und zonalen Bau. Ein Theil des Feldspaths wurde jedenfalls
schon vor der Einschmelzung der Hornblende ausgeschieden, da
an Stellen, wo ein Feldspath an dieselbe angelagert ist, die Um-
randung fehlt. Dieselbe Erscheinung wird von Rudolph (1. c ,
pag. 295) mitgetheilt. Andererseits wurden auch wiederum in
manchen Hornblende - Querschnitten Einschlüsse von Feldspath
beobachtet.
Verwachsung von Biotit und Hornblende ist mehrfach wahr-
zunehmen, und zwar verläuft die Lamellirung des Biotits in den
Hornblende - Querschnitten parallel der Axe b, sodass OP des
Glimmers parallel dem (nicht auftretenden) <xPoo der Hornblende
orientirt ist. Dieselbe Art der Verwachsung beschreibt auch
ScHWERDT^). Grössere Augit-Einsprenglinge sind nicht so häufig
wie am Freienhäuschen, ihre Ausbildung ist die nämliche wie
dort. Auch die Accessorien zeigen keine Verschiedenheit.
Die am Westabhang des Kranickels geschlagenen Handstücke
zeugen von sehr starker Verwitterung, makroskopisch gleichen
dieselben vollkommen dem verwitterten Gestein vom Freienhäus-
chen. U. d. M. ist die Ausbildung der Geraengtheile die gleiche
wie im Gestein von den Heseln.
Es ist also zu constatiren, dass in diesen soeben beschrie-
benen Andesiten, welche geologisch jedenfalls zusammengehören
und durch eine einzige Eruption entstanden sind, die Einschmelzung
der Hornblende thatsächlich mit der Zu- resp. Abnahme des
Augits in Zusammenhang zu stehen scheint, da in dem nördlichen
Theile dieser Erhebung, wo die Hornblende in nur wenig ver-
ändertem Zustande vorhanden ist, auch der Augit zurücktritt, da-
gegen in dem südlichen Theile, wo die Hornblende in hohem
Grade Spuren der Einschmelzung trägt, der augitische Gemeng-
theil sich reichlicher einstellt. Es liegen also auch hier wiederum
analoge Verhältnisse wie im Siebengebirge vor. wo, wie v. Lasaulx -)
nachgewiesen hat, in genetisch zusammengehörigen Andesiten die-
selbe Beziehung besteht, indem mit der successiven Einschmelzung
der Hornblende der augitische Bestandtheil das Uebergewicht
bekommt.
Brinkenköpfchen. An dieser Stelle scheint es angebracht,
die Besprechung des Gesteins vom Brinkenköpfchen einzuschalten,
') a. a. 0. pag. 221 u. t. 5, f. 2.
-) V. Lasaulx, Ueber Vorkommen und Verbreitung der Augit-
Andesite im Siebengebirge. Sitzungsber. nicderrh. Ges. Nat. u. Heilk.
Bonn 1884, pag. ]ni.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLIL 1. 2
obwohl dasselbe nicht zu den Andesiten, sondern zu den Horn-
blende führenden olivinarmen Basalten zu zählen ist. Der Brink
oder das Brinkenköpfchen bildet eine deutlich hervorragende Kuppe
nördlich vom Freienhäuschen und ist wie dieses mit dichtem Ge-
strüpp bewachsen. Sein Gipfel überragt das Freienhäuschen etwa
um 15 m. An der nördlichen Seite, nach Köttelbach zu, ist ein
kleiner Steinbruch angelegt, in welchem regelmässige säulenförmige
Absonderung sichtbar wird. Im Handstück macht das Gestein
wegen seiner grossen Dichte und seiner blau-schwarzen Farbe
einen durchaus basaltischen doleritartigen Eindruck, nur fällt sofort
das Fehlen des makroskopischen Olivins auf. Die Hornblenden
und Plagioklase sind mit dem blossen Auge deutlich wahrzu-
nehmen, ebenso hin und wieder Augit. Bei der mikroskopischen
Untersuchung dagegen erscheint es vielleicht zunächst zweifelhaft,
ob dieses Gestein zu den Basalten oder zu den Andesiten zu
zählen ist. Zirkel^) bezeichnet dasselbe als doleritartigen Basalt,
hebt aber auch den Mangel an Olivinen hervor und bemerkt,
dasselbe mache „einen eigenthümlichen an Andesit eiinnernden
Eindruck". Sommerlad ^) führt dasselbe unter den hornblende-
führenden Basaltgesteinen auf ohne eine detaillirte Beschreibung
mitzutheilen. U. d. M. zeigt das Gestein vom Brinkenköpfchen
eine holokrystalline Grundmasse, welche aus gut conturirten Augit-
krystallen, Magnetitkörnchen und deutlich gestreiften Plagioklas-
leisten besteht. In derselben liegen grössere Plagioklase, Horn-
blenden und Augite eingebettet. In vielen Schliffen verliert sich
jedoch dieser porphyrische Charakter des Gesteins, und es er-
scheint ein vollkommen gleichmässiges Gemenge der genannten
Mineralien. Die grösseren Plagioklase sind denen der benach-
barten Andesite sehr ähnlich, sie zeigen ebenfalls meist schöne
Zwillingsstreifung. nur ist die Zonarstrnctur sehr schwach ent-
wickelt. Viele derselben sind mit massenhaften Glaseinschlüssen
erfüllt.
Die Hornblende ist sehr interessant durch ihre vielen Um-
schmelzungsproducte. Alle Individuen sind im höchsten Grade
corrodirt und zeigen die schwarze opacitische Umrandung. Die-
selbe ist bekanntlich an diesem Gestein zuerst von Zirkel^) be-
schrieben worden. Der schwarze Rand besteht hier zumeist ledig-
lich aus opacitischen Körnchen, welche alle reguläre Formen
aufweisen und wohl bestimmt dem Magnetit angehören. An vielen
Stellen ist jedoch auch die Auflösung der Hornblende in ein
^) F. Zirkel, Untersuchunsen über die Basaltgesteine, pag. 117.
^) H. Sommerlad, Ueber hornblendeführende Basaltgesteine. N.
Jahrb., Beilage-Bd. II, 1883, pag. 139—185.
^) Basaltgesteine, pag. 75 u. 106.
19
Geraenge von jenen Magnetit körn clien und kleinen grünlichen Axigit-
prisrnen eingetreten. Nicht selten erscheinen ferner namentlich im
Innern der Hornblende-Schnitte als Producte der Unisclmielzung
jene braunen, stark dichroitischen , keulenförmigen Körperchen,
welche nach den ausfüluiiclien Untersuchungen von Lenk ^) und
Hyland (1. c pag. 239) wohl mit Sicherheit als neugebildete Horn-
blende gedeutet werden können. Endlich zeigt sich auch vielfach
im Innern von sehr stark corrodirten und in einzelne Theile zer-
borstenen Hornblende-Individuen Feldspath in solchem Zusammen-
hang mit den restirenden Theilen der Hornblende, dass er wohl
nicht als vor der Hornblende ausgeschieden aufgefasst werden
kann, sondern entschieden hier Neubildungsproduct ist. Hatch^)
beschreibt, wie schon erwähnt, mehrfach Feldspath als aus der
kaustischen Umwandlung von Hornblende hervorgegangen. Oefters
zeigen die Längsschnitte der Hornblende im Innern einen dunklen
Kern und einen etwas helleren Rand. An Einschlüssen ist die-
selbe arm. Der Augit ist deutlich conturirt und besitzt die ihn
als basaltischen Gemengtheil charakterisirende röthliche Farbe
mit sehr schwachem Pleochroismus. Er enthält vielfach Glas-
einschlüsse und Magnetitkörnchen. Nirgendwo offenbart er eine
Spur von Umrandung. Jedenfalls wurde ein grosser Theil des
Augits schon vor der Hornblende ausgeschieden, da an vielen
Stellen wahrzunehmen ist, dass sicli Hornblende -Individuen an
grössere Augit-Krystalle in der Weise angelagert haben, dass sie
Eindrücke von letzteren erhielten. An den Berührungsstellen
beider Mineralien fehlt alsdann der kaustische Rand der Hornblende.
Der Apatit . aucli einer der ersten Ausscheidlinge , ist in
grösseren Krystallen recht häufig und besitzt dieselben Eigen-
schaften , wie in den benachbarten Hornblende- Andesiten. Mehr-
fach zeigt er die bekannte Erscheinung, dass die in der Vertikalaxe
schwingenden Strahlen stärker absorbirt werden; E > 0. Magnetit
ist vielfach zu Aggregaten vereinigt, welche aus umgeschmolzener
Hornblende entstanden sind. Auch grössere Magnetit-Einspreng-
linge sind häufig. Biotit findet sich in kleinen stark dichroiti-
sclien Schüppchen ziemlich verbreitet.
Olivin ist nur äusserst selten wahrzunehmen (in einem
Dutzend Schliffen konnte ich nur ein einziges Olivinkorn con-
statiren). Dieses Fehlen des Olivins, der mikroskopische Habitus
des Apatits und der Plagioklase (zonaler Aufbau) und stellenweise
mikroporphyrische Structur verleihen diesem Gestein also einen
') H. Lenk, Zur geolog. Kenntniss der südlich. Rhön. Inaug.
Diss. Würzburg 1887, pag. 80.
^) a. a. 0. pag. 334 u. 852; vergl. auch t. 7, f. 7.
20
andesitischen Charaktei'. Dass dasselbe jedoch zu den Basalten
zu rechnen ist, dafür spricht die Ausbildung des Augits, die holo-
krystalline Structur, die chemische Zusammensetzung und vor
Allem der geologische Verband. Eine von Zirkel^) ausgeführte
Analyse ergab:
Si02 . .
. 51,86
AI2O3 . .
. 19,03
FeO . .
. 14,62
CaO . .
7,09
MgO . .
4,02
Na20 . .
3.14
99,76
Was das Verhältniss des Brinkenköpfchens zu den unmittelbar
um und unter ihm gelegenen Andesiten anbetrifft, so ist hierüber
Folgendes zu bemerken. Diese letzteren Gesteine zeigen, wie
vorhin dargethan wurde, in ihrer petrographischen Ausbildung so
viel Aehnlichkeit. dass wir wohl zu der Annahme berechtigt sind,
dieselben seien in einem einzigen andesitischen Magma-Erguss
an die Erdoberfläche gelangt und erst die Erosion habe die
heutige Bodengestaltung geschaffen. Das Brinkenköpfchen dagegen
ist jedenfalls durch einen jüngeren, die Andesite durchbrechenden
basaltischen Erguss entstanden, und nicht etwa als Kern der
Andesit-Partie aufzufassen, wofür auf den ersten Blick vielleicht
die krystallinere Ausbildung sprechen könnte, da bekanntlieh diese
in den Eruptivmassen mit der Entfernung von der Abkühlungsfläche
parallel zu gehen pflegt. Gegen eine solche geologische Deutung
sprechen entschieden die Umstände, dass es einerseits an geeig-
neten üebergängen in dem petrographischen Charakter der um-
liegenden Andesite in das Gestein des Brinkenköpfchens fehlt und
andererseits, dass in diesem Falle im Central-Theil des Ergusses
die basischere Gesteins-Facies zur Entwicklung gelangt wäre,
während im Gegensatz hierzu sonst bei eruptiven Massen stets
nur Zunahme der Acidität nach dem Innern zu constatirt wor-
den ist.
Hornblende-Andesit östlich von Kelberg.
Ausser dieser Andesit-Erhebung in der Nähe von Köttelbach
befindet sich noch ein Torkommen östlich von Kelberg, nämlich
südlich der Chaussee zwischen Boos und Hünerbach. Die Dechen-
sche Karte giebt hier drei Trachyt-Punkte an. deren Lage auch
von Zirkel und von v. Decken nach den alten Meilensteinen
genau bezeichnet wird. Hiernach ist jedoch jetzt eine Orientirung
^) Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 1859, pag. 539.
21
nicht mehr möglich. In diosei- Gegend, welche genau untersucht
wurde, ist in den letzten Jahren in den Wiesen, aus denen die
Elz ihren Ursprung nimmt, nördlich von der Basaltkuppe Beil-
stein und südlich von dem wenig hervortretenden Basaltberge
„An der Scheidt", an dem Km-Stein 53,2, ein Steinbruch angelegt.
in welchem ein Gestehi gewonnen wird, dessen Aussehen voll-
kommen mit der von Zirkel^) gegebenen Gesteinsbeschreibung
zweier südlich der Chaussee gelegenen Kuppen übereinstimmt.
Zirkel beschreibt: „eine durch parallel gelagerte Feldspath-
Individuen schiefrig erscheinende blaugraue, etwas glänzende
Grundmasse mit ausgeschiedenem glasigem Feldspath in kleinen
Krystallen, wenigen Hornblendesäulclien und keinen Glimmer-
blättchen". Jedenfalls ist also dieser Steinbruch an der Stelle dieser
zwei sehr wenig hervorragenden und ganz nahe bei einander be-
findlich gewesenen Kuppen angelegt.
Wenn nun auch dieses Gestein seinem makroskopischen Aus-
sehen nach sich sowohl von den bisher beschriebenen Andesiten
wie auch von den Trachyten unterscheidet, so ist dasselbe nacii
der mikroskopischen Untersuchung doch mit Sicherheit den Horn-
blende-Andesiten zuzuzählen. Die Grundmasse besteht u. d. M.
zunächst aus Plagioklasleistchen mit schöner Fluctuationsstructur.
Zwischen -f Nicols zeigt sich, dass die Zersetzung zu Calcit
schon weit vorgeschritten ist, die Streifung ist jedoch überall
noch gut zu erkennen. Ferner betheiligen sich an der Grund-
masse Magnetitkörnchen, sehr reichHch blassgrüne Augit-Mikrolithen
und eine hellbraune glasige Basis als Zwischenklemmungsmasse.
Stellenweise bildet dieselbe kleinere Tümpel und zeigt dann globu-
litische Körnung. Als grossere Einsprenglinge treten auf: Plagio-
klas. Hornblende, Augit, Apatit, Die Plagioklase sind nicht sehr
regelrecht conturirt, zeigen aber stets Zwillingsstreifung und con-
tinuirlich fortschreitende Auslöschung. Von den Spaltrissen geht
überall die Umwandlung in Calcit aus. Die Hornblende ist
deutlich umgrenzt und offenbart nur geringe Spuren von Corrosion
und Umschmelzung. Der Augit ist neben den Mikrolithen der
Grundmasse in grösseren Einsprengungen recht reichlich vorhan-
den. Wenn also, wie vorhin gezeigt wurde, in local wie geologisch
zusammengehörigen Andesiten der Augit-Gehalt mit dem Maass der
kaustischen Veränderung der Hornblende zusammenfallen kann, so
scheint doch keineswegs im Allgemeinen das reichliche Auftreten
unveränderter Hornblende ein Zurücktreten des Augits in sich zu
schliessen. Apatit ist recht verbreitet. Accessorisch treten noch
Titanit, Tridymit, Zirkon. Biotit auf.
1) a. a. 0. pag. 526.
22
Etwas östlich von diesem Steiiibnich. in der Nähe der Ein-
mündung des von Mannebach lierkommenden Fussweges findet sich
noch eine Schürfstelle, in welcher dasselbe Gestein, jedoch schon
sehr stark verwittert, aufgeschlossen ist.
Nirgendwo ist es mir gelungen, in den bis jetzt beschriebenen,
südlich und östlich von Kelberg gelegenen Andesit-Vorkommnissen
Einschlüsse fremder Gesteine zu beobachten. Vereinzelte schwarze
Fleckchen oder dunkle Partieen in den Handstücken erwiesen
sich u. d. M. nur als Zusammenhäufungen von Glinimerblättchen
oder Hornblendekryställchen.
Hornblende-Andesite nördlich der Trachytgruppe.
Nach Norden zu wird der Ring, den die Andesite um die
Trachyteruptionen bilden, durch zwei Erhebungen, am Bocksberg
und am Rengersfeld geschlossen. Der Bocksberg liegt in un-
mittelbarer Nähe östlich von Mtillenbach, auf der rechten Seite
des bei diesem Dorfe in den Trierbach einmündenden Baches; er
bildet eine deutlich hervortretende, bewaldete Kuppe. An mehreren
Seiten derselben sind Steinbrüche angelegt. Am Rengersfeld bei
Welcherath tritt der Andesit nur als eine flache kaum hervor-
ragende Erhebung auf. Die Lage dieses Vorkommens, welches,
wie wir sehen werden, in mancher Hinsiclit grosses Interesse bietet
wird von Zirkel (1. c, pag. 508) genau beschrieben: „etwa
Y-i Stunde nördlich von Welcherath, westlich von dem Wege, der
von diesem Dorfe nach dem Krebsbacher Hof und nach Meuspath
führt, etwas nordwestlich von der Stelle, wo dieser Weg durch
den von dem Nürburger Pastorat nach Kirschbach führenden ge-
kreuzt wird". Nach diesen Angaben wurde die Localität sehr
leicht gefunden.
Petrographische Beschreibung der Andesite vom
Bocksberg und vom Rengersfeld. — Der Andesit vom Bocks-
berg ist überall schon stark verwittert. Nur am östlichen Stein-
bruch gelang es, einigcrniaassen frische Handstücke zu schlagen.
In diesen erscheint das Gestein hellgrau, dicht, mit glänzenden
Plagioklasen. Die Hornblende tritt als makroskopischer Gemeng-
theil nicht sehr deutlich hervor Vereinzelt erscheint sie in
grösseren krystallinen Ausscheidungen. Glimmer ist auch makro-
skopisch sichtbar. Selbst die frischesten Stücke erweisen sich
im Dünnschliff als stark zersetzt. Die Grundmasse des Gesteins
wird u. d. M. gebildet aus Plagioklasleisten , Augitkörnern , Erz-
partikelchen und einer bräunlichen Basis. Diese Grundmasse ist
ziemlich gleichraässig gemengt und mikroporphyrische Gemengtheile,
wie vereinzelte Feldspathe. Hornblenden und Apatite treten nicht
eben aufallend hervor. Keiner der Gemengtheile dieses Andesits
23
ist regelmässig begrenzt; namentlich der Plagioklas lässt die
Leistenform vielfach vermissen. Er ist deutlich lamellirt; zonaler
Aufbau nicht selten. Ueberall zeigt sich massenhafte Bildung
von Carbonaten, theils in unregelmässigen Partieen, die rhomboe-
drische Spaltbarkeit zeigend, theils in concentrisch-schaligen und
faserigen Aggregaten. Die grau -gelbe Farbe derselben verweist
vielfach auf einen Gehalt an Eisenoxydul. Diese starke Zer-
setzung za Carbonaten lässt auf einen sehr basischen Charakter
der Plagioklase schliessen; in der That ergaben verschiedene
Messungen an geeigneten Schnitten parallel OP eine mittlere Aus-
löschungsschiefe von 30^, was also auf einen sehr geringen Ge-
halt an Albit-Substanz hinweist. Glaseinschlüsse erscheinen in
den Leisten meist am Rande angeordnet. Die Hornblende ist
kräftig pleochroitisch, sie zeigt überall wieder starke Einwirkungen
der Corros:on und Umschmelzung. als Product der letzteren ist
stellenweise Augit und Magnetit deutlich zu erkennen. Vielfach
Hessen sich jedoch auch Erscheinungen von Zersetzung auf nassem
Wege wahraehmen, indem die Hornblende sich in eine graue,
trübe, matt polarisii"ende Kaolin-ähnliche Masse umgewandelt hat.
Einschlüsse von Plagioklas sind auch hier nicht selten. Wo der
lichtgraue, schwach pleochroitische und stellenweise zonal gebaute
Augit in grösseren Kryst-allen auftritt, ist er der best begrenzte
Gemengtheil und auch noch am wenigsten von der Zersetzung an-
gegriffen. Apatit ist sowohl in Nadel -Form, wie in grösseren
Krystallen hiufig. Ebenso fehlt Biotit nicht. Tridymit, an-
scheinend wohl von secundärer Bildung, tindet sich vielfach in
grösseren Nestern.
Das Gestein vom Rengersfeld ist im Allgemeinen weniger
von der Verwitterung angegriffen als dasjenige vom Bocksberg.
Makroskopisch lässt sich kaum ein Unterschied zwischen beiden
hervorheben, nur tritt der Glimmer am Rengersfeld besser hervor.
Die Grundmasse setzt sich hier u. d. M. aus sehr winzigen
Plagioklasleistcien, Augitmikrolitheii, Erzkörnchen und der bräun-
lichen Basis iusammen. Die grösseren Feldspathleisten sind
sännntlich klar mit deutlicher Streifung und zeigen nur wenig
Literpositionen. Die Hornblende mit scharfen Conturen und sehr
deutlich entwick«lter Spaltbarkeit ist nur sehr wenig corrodirt,
im Gegentheil verläuft der Rand der Schnitte meist ganz scharf
und kein Zeichei, von kaustischer Veränderung bietet sich dar.
Dagegen Offenbart sie auch hier schon starke Spuren von Zer-
setzung auf nassen Wege. Als Umwandlungsproduct stellt sich
vielfach neben rotlcm Eisenoxydhydrat Calcit ein. Eine secundäre
Epidotbildung aus der Hornblende wurde in sämmtlichen dieser
eifeler Andesite. glechwie in denjenigen des Siebengebirges ganz-
24
lieh vermisst. Reichlicher tritt der Biotit in seinen charakteristi-
schen breit leistenförmigen oder sechsseitigen Durchschnitten auf.
Auch bei ihm fehlt jede Einwirkung der Corrosion. nur wenige
Erzkörnchen haben sich an den Rändern festgesetzt. Apatit und
Zirkon treten zurück, auch Titanit ist nicht sehr häufig, obschon
ein vereinzelter Krystall von 1,2 mm Länge beobachtet wurde.
Augit mit der charakteristischen flaschengrünen Farbe ist weder
in Mikrolithen-Form noch in grösseren Individuen so häufig wie
in den übrigen Andesiten vertreten. Im Uebrigen zeigt er voll-
kommen die bereits früher beschriebenen Eigenschaften.
Dagegen ist recht bemerkenswerth , dass hier neben dem
monoklinen Augit auch noch der rhombische Hypersthen vorkommt.
Obschon derselbe in der eigentlichen Gesteinsmasse nur selten
hervortritt, so bildet er doch einen wesentlichen Gemengtheil in
gewissen makroskopisch schwarzblau erscheinenden Partieen des
Gesteins. Diese Massen haben stets einen Durchmesser von
mehreren Centimetern und u. d. M. lösen sich dieselben in ein
an den Bisilikaten und an Erz auffallend reiches Gämenge von
Plagioklas, Hj'persthen, Biotit, Magnetit auf. Die grob krystallin-
körnige Structur dieser Massen deutet darauf hin, dass dieselben
als alte concretionäre Ausscheidungen aus dem »ndesitischen
Magma aufzufassen sind. Der Plagioklas bildet in denselben un-
regelmässige grosse Körner mit deutlicher Zwillingss:reifung. An
geeigneten Schnitten wurde auf OP eine Auslöschungsschiefe von
20^ gefunden, welche diesen Feldspath in den Anfaiig der Bytow-
nitreihe (zwischen Abi Ans und Abi An4) verweist und womit
eine Bestimmung des specifischen Gewichts an isolirtem Material
in THOULET'scher Eösung. welche 2,708 ergab, befr'edigend über-
einstimmte. Die Plagioklase der andesitischen Haiptmasse sind
jedenfalls, wie so oft schon im Gegensatz zu denjenigen der
primären Ausscheidungen beobachtet wurde, minder basisch, da
aus zahlreichen Messungen der Auslöschungsschiefe auf OP bei
ihnen ein mittlerer Werth von lO** resultirte. Eine Isolirung
dieser letzteren Feldspathe zum Zweck der Bestimmung ihres
specifischen Gewichts gelang wegen ihrer grossen Kleinheit und
der Feinkörnigkeit der übrigen Gemengtheile nidit in gewünsch-
ter Weise.
Der in diesen concretionären Massen vorkomnende Hypersthen
ist von dem im eigentlichen Andesit verbreieten monoklinen
Pyroxen sehr wohl zu unterscheiden. Was seine Form anbelangt,
so tritt derselbe in breit säulenförmigen Individuai auf. bei welchen,
wie dies an den Querschnitten wahrzunehmen ist, die verticalen
Pinakoide vorwalten und die Prismenflächen zuiücktreten. Sämmt-
liche Schnitte löschen natürlich gerade aus. W(gen der schwächeren
/
/
25
Doppelbrechung sind aucli die Polarisationsfarben nicht so l^räftig
wie bei dem monoklinen Pyroxen. Im Gegensatz zu letzterem ist
auch der Pleochroismus sehr stark und auffallend: a=;hcllroth;
h =z röthlich braun; c = licht grün. Interpositionen sind spärlich,
nur Glascinschlüsse kommen hin und wieder vor. Parallel der
c-Axe zeigt sich überall vorzügliche Spaltbarkeit. Besonders
charakteristisch für den H3'persthen ist noch die überall von den
Quersprüngen ausgehende Zersetzung in ein parallel- faseriges
Bastit-artiges Mineral.
Apatit in quer gegliederten Nadeln kommt in den Feldspathen
dieser Concretionen vor, scheint jedoch in grösseren Krystallen
zu fehlen.
Es verdient hier hervorgehoben zu werden, dass ähnliche,
körnige Hypersthen-haltige Massen auch am Stenzelberg im Sieben-
gebirge vorkommen. Eine von mir daselbst im Andesit aufge-
fundene etwa wallnussgrosse Partie dieser Art zeigte makroskopisch
eine mehr gelbe Färbung. Im Dünnschliif u. d. M. löste sich
dieselbe ebenfalls in ein Gemenge von Plagioklas, Hypersthen,
Biotit, Erzkörnchen und spärlichem Apatit auf.
Einschlussartige Massen im Andesit des Bocksberges
und am Rengersfeld.
In dem Hornblende-Andesit des Bocksberges und am Rengers-
feld finden sich in vielfacher Verbreitung theils knollenförmige
oder bruchstückähnliche, theils schlierenförmig mit dem Gestein
verwachsene Massen, welche bereits makroskopisch deutlich gegen
den Andesit hervortreten und zunächst den Eindruck fremder
Einschlüsse gewähren. U. d. M. lösen sich dieselben in Aggregate
fremder Mineralien auf, welche sowohl in Bezug auf die Natur
und Ausbildung ihrer Gemengtheile, wie in ihren Structurformen
durchaus von dem umschliessenden andesitischen Eruptivgestein
verschieden und darum wohl geeignet sind, das Interesse des
Petrographen zu erregen Die Mineralien, welche sich an der
Zusammensetzung der Aggregate betheiligen sind folgende: Cor-
dierit. Andalusit, Sillimanit, Feldspath. Biotit, Pleonast, Korund,
Rutil. Quarz, Granat, Zirkon, Magnetit.
Im Folgenden möge nun die Beschreibung dieser einschluss-
artigen Massen in der Weise erfolgen, dass zunächst die einzelnen
Gemengtheile derselben, dann die wichtigsten Combinationen, sowie
Structurformen behandelt werden. Zum Schluss soll dann das-
jenige, was zur Erklärung und Deutung des Vorkommens dieser
fremden Mineralanhäufungen im Eruptivgestein angeführt werden
kann, zur Besprechung gelangen.
26
Cordierit. Vielfach zeigen bereits makroskopisch deutlich
wahrnehmbare dunkelblaue verschwommene Flecke die Anwesenheit
des Cordierits in diesen Mineralanhäufungen an. Auch u. d. M.
ist die Begrenzung desselben hier im Allgemeinen sehr unregel-
mässig. Meistens tritt er in rundlichen Individuen auf; hin und
wieder sind jedoch Rechtecke zu beobachten, wclclie also Schnitten
aus der Prismenzone entsprechen, oder verzerrte Hexagone, welche
durch ooP und ooPoo gebildet w^erden. Spaltbarkeit nach ooP
ist nur sehr unvollkommen und selten wahrnehmbar. Vielfach
zeigen sich am Cordierit Zwillingserscheinungen, wie dieselben
bereits mehrfach, u. a. an rheinischen Vorkommnissen dieses
Minerals von Hussak^), v. Lasaulx^), Dittmar^) beschrieben
worden sind. Die im gewöhnlichen Licht anscheinend immer ein-
heitlichen basischen Schnitte zerfallen nämlich dann zwischen +
Nicols in zwei oder mehrere Felder, welche stets gesetzmässige
Orientirung zeigen. Bei scharfer Beobachtung ist allerdings auch
durch äusserst feine Nuancen im Pleochroismus öfters schon diese
Feldertheilung zu erkennen. Die Verzwillingung folgt immer dem
Gesetz: Zwillingsebene eine Fläche des Grundprismas onP. Dies
ergiebt sich aus der Orientirung der einzelnen Felder, indem die
Auslöschungsrichtungen derselben mit einander stets einen Winkel
von nahezu 60'' resp. 30 "^ bilden. Die Grenze zwischen den
einzelnen Feldern verläuft theils regelmässig, theils zickzackförmig.
Oefters sind in den einzelnen Individuen wiederum mannigfache
parallele Zwillingslamellen eingeschaltet. Solche Viellinge könnten
sogar in gewissen Fällen zu einer Verwechslung mit Plagioklas
Anlass geben, jedoch gewährt der Pleochroismus hier stets ein
vorzügliches Unterscheidungsmerkmal. Letzterer ist nämlich äusserst
intensiv und noch in dünnen Schliffen sehr gut wahrnehmbar.
Als Absorptionsfarben wurden bestimmt: a = gelblich weiss, b =
bläulich weiss, c = violblau. Ueberhaupt liegt der Cordierit hier
in so charakteristischer Ausbildungsweise vor, dass es zu seiner
Erkennung gar nicht jener diagnostischen Mittel und Wege, welche
sonst dafür in Anwendung gebracht zu werden pflegen, bedarf.
Sehr reich ist der Cordierit an Interpositionen. Namentlich
ist Sillimanit sowohl in Gestalt von kleinen dünnen Nadeln als
') E. HussAK, Ueber den Cordierit in vulkanischen Auswürflingen.
Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. Wien I. Abth. LXXXVII.
April 1883. pag. 332—360.
') A. V. Lasaulx, Ueber Cordieritzwillinge in einem Auswürfling
des Laacher Sees. Zeitschr. f. Krystallogr. Bd. VIII, 1883. p. 76—80.
*) C. DiTTMAR, Mikrosk. Untersuchung der aus kryst. Gesteinen,
insbesondere aus Schiefer herrührenden Auswürflinge des Laacher
Sees. Verh. d. naturh. Ver. f. Rheinl. u. Wcstf. 1887. pag. 502—503.
27
auch filzigen Aggregaten häufig in demselben eingelagert. Sodann
umschliesst derselbe sehr häufig Rutil in länglich rundlichen braun
durchscheinenden Körnern, ferner Biotitblättchen, welche durch
ihren Dichroismus kenntlich sind. Die sonst so verbreiteten winzi-
gen Zirkonkörnchen mit ihren pleochroitischen Höfen wurden hier
nicht beobachtet. Ausserordentlich häufig erscheinen stets farb-
lose und rundlich gestaltete Glaseinschlüsse. Nicht selten ent-
halten dieselben zwei Bläschen. Vielfach sind mit diesen Glas-
einschlüssen scharf ausgebildete Oktaederchen eines impelluciden
Gliedes der Spinellgruppe, wohl Magnetit, verbunden. Es liegt
nämlich dann eines oder zwei solcher Kryställchen mit oder ohne
Bläschen im Glase, häufig zeigt sich auch die Erscheinung, dass
das Oktaederchen über die Glasmasse hinausragt. Da die Frage,
ob diese Glaseinschlüsse im Cordierit hier primärer oder secun-
därer Natur sind, auf das engste mit der ganzen Deutung des
Vorkonmiens dieser einschlussartigen Massen verknüpft ist, so
möchte ich auf dieselbe erst später eingehen. Die Glaseinschlüsse
können durch die bekannten Merkmale sehr wohl von den eben-
falls vorhandenen jedoch lange nicht so häufigen, überdies sehr
winzigen Fluidaleinschlüssen unterschieden werden. Letztere zeigen
stets prismatische Gestaltung. Die Cordieritsubstanz ist überall
noch klar und Spuren von Zersetzungsprocessen auf nassem Wege
sind nirgends wahrzunehmen.
Andalusit. Während also der Cordierit in diesen Mineral-
anhäufungen in den meisten Fällen irregulär conturirt ist, tritt
der in der Regel mit demselben vergesellschaftete Andalusit durch-
weg in deutlich krystallographisch begrenzten einzelnen Individuen,
weniger in rundlichen Körnern oder in Aggregaten auf. Da der
Prismenwinkel des Andalusits bekanntlich nahezu 90" beträgt, so
liefern ebenso wie die Längsschnitte auch die basischen Schnitte
längliche Rechtecke oder nahezu Quadrate und sind durch die
Form schlecht zu unterscheiden. Die Spaltbarkeit nach ooP ist
ebenfalls im Gegensatz zum Cordierit sehr deutlich entwickelt, in
den Längsschnitten verläuft dieselbe natürlich parallel einer Recht-
ecksseite, während dieselbe sich auf den Querschnitten durch ein
System von nahezu rechtwinklig sich kreuzenden Rissen bemerk-
bar macht. Wegen der starken Lichtbrechung treten die Krystall-
durchschnitte des Andalusits stets mit grosser Deutlichkeit relief-
artig hervor. Pleochroismus ist vielfach sehr stark, die Farben
sind für a = c blutroth, die dazu senkrecht schwingenden Strahlen
zeigen slets hellgrüne Töne. Charakteristisch ist es, dass der
Pleochroisnms vielfach fleckenhaft unregelmässig vertheilt erscheint
und meist nach der Mitte zuninnut, sodass in den Längsschnitten
bei pai-alleler Stellung der c-Axe mit dem Hauptschnitt des
28
Polarisators im Innern ein tiefrotlier Fleck sich zeigt. Die Natur
der im iVndalüsit vorkommenden Interpositionen ist dieselbe wie
bei dem Cordierit, jedoch ist letzterer im Allgemeinen reicher an
Einschlüssen, namentlich sind Glaseinschlüsse im Andalusit nicht
so häufig zu beobachten.
Sillimanit. Der Sillimanit ist gleichfalls ein häufiger und
charakteristischer Gemengtheil in diesen Mineralaggregaten, in
manchen Combinationen allerdings nur spärlich zu finden. Er
bildet zunächst vielfach säulenförmige Kryställchen mit abgerun-
deten Conturen und ohne deutliche Endflächen, stets ganz farblos
und im Gegensatz zum Andalusit durchaus unpleochroitiscli. Sie
besitzen gerade Auslöschung und in ihnen fällt, abweichend vom
Andalusit, die Axe der kleinsten optischen Elasticität mit der
Längserstreckung zusammen. Die Polarisationsfarben sind wegen
der starken Doppelbrechung sehr lebhaft, etwas kräftiger als bei
dem Andalusit. Meist erscheint der Sillimanit jedoch in dünnen,
langen, spiessigen Nadeln, vielfach zu Büscheln vereinigt. Die
Dünne dieser Nadeln sinkt oft bis zur äussersten Feinheit herab,
und dieselben vereinigen sich in unzähliger Menge zu den
charakteristischen parallel-faserigen filzigen Massen, welche oft
vielfach verstaucht und verbogen erscheinen. Häufig lässt sich
beobachten, wie ein breites säulenförmiges Individuum am Ende
sich allmählich in ein derartig filziges Aggregat der feinsten
Nädelchen auflöst. Der Sillimanit ist sowohl im Cordierit, An-
dalusit und Feldspath eingelagert, in vielen Combinationen tritt er
jedoch auch als selbstständiger wesentlicher Gemengtheil auf.
Einschlüsse kommen innerhalb der einzelnen Sillimanit-Individuen
nicht vor. dagegen umschliessen die filzigen Aggregate desselben
vielfach grünen Spinell, Korund, Rutil.
Feldspath. Die Betheiligung des Feldspaths an der Zu-
sammensetzung dieser einschlussartigen Massen ist eine sehr ver-
schiedene. Li vielen derselben bildet er gleichsam das Bett, in
welchem die übrigen Gemengtheile eingelagert sind, während er
in anderen vollständig zurücktritt. Er zeigt sowohl rundliche un-
deutlich begrenzte Formen wie auch breitleistenförmige Durch-
schnitte. Was die Zugehörigkeit desselben zum monoklinen Feld-
spath oder zum Plagioklas anbetrifft, so ist in den meisten Fällen
die trikline Natur wegen der deutlichen VielUngslamellirung un-
zweifelhaft. Wo diese fehlt, zeigt sich meist wandernde Aus-
löschung, sodass unzweifelhafter Orthoklas selten zu constatiren
ist. Die Einschlüsse des Feldspaths sind mannigfacher Ai't.
Flüssigkeitseinschlüsse mit beweglichen Libellen in deutlich ge-
streiften Plagioklasen wurden mehrfach beobachtet. Ferner ist
Sillimanit in parallel -faserigen Aggregaten nicht selten in dem-
29
selben eingebettet, in verschiedenen Fällen konnte eine senkrechte
Stellung derselben zur Laniellirung, wie dies auch von Koch^)
beschrieben wird, wahrgenommen werden. Sodann kommen noch
sämmtliche übrige an der Zusammensetzung dieser einschluss-
artigen Massen sich betheiligenden Mineralien als Interpositionen
im Feldspath vor. Glaseinschlüsse wurden nicht beobachtet.
Biotit. Der Biotit bietet keine besonderen Eigentliümlich-
keiten. Er bildet zum Theil unregelmässig begrenzte Läppchen,
und Schüppchen, häufig jedoch ist er sehr wohl conturirt und
erscheint dann in striemigen leistenförmigen nach OP gestreckten
Querschnitten oder regelmässigen Hexagonen. In mehreren Miiieral-
combinationen ist eine parallel-lagenförmige Anordnung der Gliramer-
individuen zu constatiren. wodurch eine schiefrige Structur der-
selben hervorgebracht wird. Der Dichroismus ist stets sehr stark
entwickelt. An Einschlüssen beherbergt der Biotit nur Erzkörn-
chen, grünen Spinell und kleine Zirkone.
Pleonast. Grüner Spinell ist in diesen merkwürdigen
Mineralaggregaten ausserordentlich häufig. Von dem Magnetit,
mit dem er gelegentlich verwechselt werden könnte, unterscheidet
ihn zunächst das Fehlen des metallischen Glanzes. Sodann ist
er fast stets, besonders in den kleineren Krystallen mit grüner
Farbe durchsichtig, wobei indessen der Grad der Durchsichtigkeit
oft Verschiedenheiten aufweist. Vielfach scheint er in ein und
demselben Präparat an manchen Stellen nur an den Kanten dunkel-
grün durch und zeigt dann an einer anderen Stelle mit wunder-
voller grasgrüner Farbe vollkommene Pellucidität. In den meisten
Fällen stellt er wohlausgebildete zierliche Oktaeder bis zu 0,06 mm
Grösse dar. Zwillinge nach 0 wurden mehrfach beobachtet. Da-
neben tritt derselbe jedoch auch in unregelmässig begrenzten
Körnern auf. Wie schon bemerkt, besitzt der Pleonast ausser-
ordentliche Häufigkeit. Einzelne Krystalle finden sich vielfach in
inniger Verbindung mit Sillimanit und dann nicht selten verge-
sellschaftet mit Korund und Rutil. Mit letzteren Mineralien ver-
einigt er sich oft zu den zierlichsten Aggregaten. Sodann schaaren
sich die Spinellkrystalle oft zu haufenähnlichen Nestern zusammen
und solche Haufwerke treten in sehr charakteristischer Weise
namentlich an den Rändern von im Uebrigen spinellfreien Mineral-
combinationen auf. Weiterhin bildet der Pleonast oft Umran-
dungen und Höfe um Biotit, Korund, Granat. Rutil. Sämmtliche
Individuen zeigen natürlich stets vollkommen isotropes Verhalten.
Bemerkenswerth erscheint es noch, dass viele namentlich ver-
') M. Koch. Die Kersantite des Unterharzes. Jahrb. d. königl.
preuss. geol. Laiidesanstalt f. 1886, p. 75.
30
einzelte Krystalle von einem Rande oder Hofe einer farblosen,
auffallend stark lichtbrechenden und zugleich doppelbrechenden
Substanz umgeben sind, eine Beobachtung welche auch Koch
(1. c. p. 90) mittheilt. Mit verdünnter Salzsäure gelingt es sehr
leicht, den Pleonast von dem löslichen Magnetit zu trennen. Da-
gegen blieben nach längerer Behandlung des Gesteinspulvers mit
Fluss- und Salzsäure von dem Pleonast nur die grösseren Körner
und diese in angegriffenem Zustande zurück.
Korund. In überraschender Weise findet sich auch in ver-
schiedenen dieser Mineralcombinationen der Korund verbreitet.
Die Analyse von solchem durch Behandlung mit Säuren isolirtem,
möglichst reinem Korundmaterial ergab 95.4 7o AI2 O3. Auch die
Härteprüfung bewies, dass man es hier mit Korund zu thun habe.
Dieses isolirte Korundpulver zeigt bereits makroskopisch im
auffallenden Licht eine schöne himmelblaue bis selbst hell violblaue
Farbe. Die Individuen sind stets nach OR tafelartig ausgebildet
und erreichen einen Durchmesser von 0.75 mm. U. d. M. zeigt
der Korund, wenn seine Tafeln parallel der Ebene des Präparats
liegen, meist rundliche unregelmässige Conturen. selten hexagonale
Begrenzung. Dagegen treten auf beiden OR-Flächen vielfach
rhomboedrische Anwachsstreifen auf, wodurch dann zwei sich
natürlich stets durchkreuzende trianguläre Strich-Systeme hervor-
gebracht werden. Diese Streifung wird bereits von Wolf^), ferner
von HussAK (1. c. p. 358) und v. Lasaulx^) an dem Korund der
Laacher Auswürflinge beschrieben. Es ist leicht erklärlich, dass
in den Gesteinspräparaten die Mehrzahl der Durchschnitte leisten-
förraig erscheint. Dieselben löschen dann parallel und senkrecht
zu der Längserstreckung aus, während die Schnitte parallel der
Basis zwischen -f- Nicols stets dunkel bleiben ohne optische Ano-
malien aufzuweisen. Dies tritt namentlich deutlich an dem isolirten
Material hervor, wo die einzelnen tafelartigen Individuen sich von
selbst stets nach der Ebene des Objectträgers lagern. Der Korund
zeigt himmelblaue Farbe bis zur Farblosigkeit, das Blau ist jedoch
oft nicht gleichraässig, sondern fleckenhaft vertheilt, vielfach er-
scheint das Innere der Schnitte bedeutend dunkler gefärbt als
der Rand. Pleochroismus ist nicht immer regelmässig zu beob-
achten, nur in dickeren Schliffen tritt derselbe öfters deutlich
hervor: E hell bläulich grün, 0 himmel- bis violblau.
Der Korund erscheint meist in einzelnen Krystallen und
dann vielfach auf das innigste mit den filzigen Sillimanit-Aggre-
') Th. Wolf. Die Auswürflinge des Laacher Sees. Zeitschr. d.
deutsch, geol. Ges. 1867, p. 473.
*) Ueber d. opt. Verhalten und die Mikrostructur des Koiiind.
Zeitschr. f. Krystall. Bd. X, p. 349.
31
gateii venvachsen. Vielfatli tritt derselbe auch in körnigen
Aggregaten und dann stets mit Pleonast und Rutil vergesell-
schaftet auf. Ueberraschend mannigfaltig ist der Reichthuni an
Gasporen, Glas- und Flüssigkeitseinschlüssen, welche theilweise
die bizarrsten sclilauchähnlich gewundenen Formen zeigen, häufig
jedoch auch deutlich hexagonale Begrenzung erkennen lassen. Bei
den Fluidaleinschlüssen ist vielfach Beweglichkeit der Libelle
wahrzunehmen, dagegen enthalten die Glaseinschlüsse öfters mehrere
fixe Bläschen. Die eingeschlossene Flüssigkeit wird schon durch
geringe Temperaturerhöhung in Dampfform übei^geführt und ist
demnach wohl flüssige Kohlensäure. Glaseinschlüsse im Korund
der Laacher Auswürflinge werden sowohl von v. Lasallx ^) wie
von HussAK (1. c. p. 358) beschrieben, während Flüssigkeitsein-
schlüsse nur von letzterem Forscher erwähnt werden. Endlich
beherbergt der Korund noch kleine schwarze Körnchen, welche
wohl dem Magnetit angehören und gelbe Rutilprismen; letztere
starren häufig spiessig aus den Koiundkrystallen hervor.
Rutil. Der ebenfalls sehr verbreitete Rutil findet sich viel-
fach in Form von braunen Körnern als Einschluss im Cordierit
und Andalusit. Besonders häufig jedoch bildet er zierliche, wohl-
ausgebildete Prismen von honig- oder goldgelber Farbe, vielfach
mit schöner pyramidaler Zustutzung und der charakteristischen
Streifung parallel der c-Axe. Die bekannten knieförmigen Zwillinge
nach Px. sind sehr häufig, auch die herzförmigen nach 3Poo
wurden mehrfach beobachtet. Nicht selten vereinigen sich diese
gelben Kryställchen . namentlich in Verbindung mit Spinell und
Korund, zu äusserst mannichfaltig zusannnengefügten Aggregaten.
Quarz. Quarz betheiligt sich nur untergeordnet an diesen
Mineralanhäufungen. Wo derselbe als Gemengtheil auftritt, findet
er sich stets mit Feldspath vergesellschaftet, dann von diesem durch
seine unregelmässigen Sprünge und lebhafteren Polarisationsfarben
zu unterscheiden. Die sonst für ihn so charakteristischen Flüssig-
keitseinschlüsse zeigen sich im Allgemeinen hier nicht sonderlich
reichlich. Dagegen enthielt ein einzelnes etwa haselnussgrosses
Fundstück von eingeschlossenem reinem Quarz eine sehr grosse
Menge von Flüssigkeitseinschlüssen, zum Theil in sehr hübsch aus-
gebildeten negativen Krystallen.
Granat. In mehreren dieser Mineralanhäufungen erscheint
Granat in rundlichen Körnern oder körnigen Aggregaten, bis zur
Grösse von 0,75 mm ohne deutlich krystallographische Begrenzung
mit hell rosenrother Farbe. Er ist von zahlreichen unregelmässigen
Sprüngen durchzogen und bleibt zwischen -f Nicols, ohne irgend
Zeitschr. f. Krystall. Bd. X, p. 349.
32
welche Anomalieen zu zeigen, stets dunkel. Die Substanz des
Granats ist sehr reich an Interpositionen , vielfach ninnnt die
Menge derselben nach dem Centrum der Körner zu, öfters ist
auch eine Anordnung derselben in concentrischen Reihen zu be-
merken. Diese Einschlüsse bestehen zumeist aus opaken schwarzen
Körnchen, wahrscheinlich Magnetit, sodann sind Gasporen und
Flüssigkeitseinschlüsse häufig.
Zirkon und Magnetit bieten keine besonderen Eigenthüm-
lichkeiten; ersterer zeigt die gewöhnliche Ausbildungsweise in stark
lichtbrechenden Kryställchen und ist von dem tafelförmigen Korund
leicht zu unterscheiden. Magnetit könnte hier gelegentlich mit
Pleonast verwechselt werden, doch bieten sein metallischer Glanz
und die gänzliche Undurchsichtigkeit stets geeignete Unterschei-
dungsmerkmale.
Zum Schluss verdient noch bemerkt zu werden, dass weder
Turmalin, noch ein Glied der Pyroxen- oder Amphibolgruppe zur
Beobachtung gelangte; auch Eisenglanz oder Titaneisen scheinen
gänzlich zu fehlen.
Nicht nur Form und Structur dieser Mineralaggregate
sind äusserst verschieden, sondern auch die einzelnen Combi-
nationen der Gemengtheile weisen bei ihnen die grösste Mannig-
faltigkeit auf. Ein Gegensatz in diesen Beziehungen ist zwischen
den beiden Localitäten Rengersfeld und Bocksberg nicht zu con-
statiren. Die Form ist vielfach rundlich, knollenartig, bald zeigen
dieselben jedoch auch eckige, scharf begrenzte Conturen. Auch
der Zusammenhang und Verband mit dem Gestein sind sehr ab-
weichend. Zum Theil erscheinen dieselben nämlich lose mit dem
Gestein verbunden und lassen sich leicht von demselben trennen,
andere dagegen sind auf das innigste mit dem Andesit verwachsen
und treten dann vielfach in einer an dunkle Schlieren erinnernden
Form auf. Endlich ist die Grösse dieser einschlussartigen Massen
sehr wechselnd; die knollenartig gestalteten erreichen einen Durch-
messer von 6 cm. während die platteren schlierenförmigen Aggre-
gate öfters eine Länge von 12 cm aufweisen. Die Dimensionen
dieser fremden Mineralanhäufungen sinken jedoch zu solcher Klein-
heit herab, dass dieselben sich im Handstück makroskopisch nur
in Form kleiner schwarzer Flecken bemerkbar machen und nach
Messungen in den Präparaten oft einen Durchmesser von nur
0,5 mm besitzen.
Von den wichtigsten Structurformen und Combinationen ist
zunächst eine zu betrachten, welche in mehreren über walnuss-
grossen, knollenartigen Stücken, fest mit dem Andesit verwachsen,
gefunden wurde. Makroskopisch zeigt die fremde Masse eine
sehr feinkörnige Structur mit hellgrauer Farbe. Sehr deutlich
33
sind jedoch ferner noch vielfiicli rundliche dunkelblaue Flecken
wahrzunehmen, welche, wie die mikroskopische Untersuchung zeigt,
durch den Cordierit hervorgerufen werden. U. d. M. löst sich
dieses Aggregat in ein körniges Gemenge von wesentlich Cordierit,
Andalusit, Sillinianit und Plagioklas auf. Der Cordierit ist meist
unregelmässig begrenzt, äusserst pleochroitisch und zeigt die vorhin
beschriebenen Zwillingserscheinungen. Er umschliesst rundliche
Rutilköz-ner, Sillimanitnadeln und viele Glaseinschlüsse, letztere
sehr häufig in Verbindung mit kleinen Spinellen. Nächst dem
Cordierit tritt Andalusit am häufigsten, meist in rechteckigen
Durchschnitten mit wohl entwickelter Spaltbarkeit auf. Sillimanit,
gleichfalls ein wesentlicher Gemengtheil, erscheint sowohl in büschel-
förmigen oder filzigen Aggregaten zwischen den übrigen Gemeng-
theilen zwischengedrängt, wie auch in denselben eingeschlossen.
Biotit meist in unregelmässig begrenzten Durchschnitten, sowie
Magnetit sind ebenfalls nicht selten. Quarz scheint dagegen zu
fehlen. Ausserdem zeigt sich noch vielfach, namentlich häufig in
Verbindung mit dem Biotit und zwischen den Cordieritköriieru
zwischengeklemmt eine braune Masse, zu deren genauem Studium
sich nur die dünnsten Schliffe eignen. Dieselbe erscheint dann
hell bräunlich durchscheinend, nicht absolut structurlos sondern
von einem an globulitische Körnung erinnernden Aussehen; die
Sillimanitnadeln liegen vielfach in derselben eingebettet. Zwischen
-{- Nicols übt sie nirgends eine bestimmte Wirkung auf das
polarisirte Licht aus. nur eine unbestimmte und verschwommene
Aggregatpolarisation ist stellenweise wahrzunehmen. An vielen
Stellen nun, wo diese Masse mit dem Biotit zusammentritt, ist
ein so allmählicher Uebergang der Biotitsubstanz in dieselbe zu
constatiren, dass es im höchsten Grade wahrscheinlich gemacht
wird, dass wir in dieser Masse ein glasiges Umschmelzungs-
product aus dem Biotit zu erblicken haben. Aus zahlreichen
Untersuchungen ergiebt sich bekanntlich, dass der Biotit mit zu
allererst durch die Einwirkung der Hitze zum Schmelzen gelangt.
Es ist aber hier nicht ausgeschlossen, dass ein Theil dieser glas-
artigen Masse auch vom Cordierit herstammt.
Plagioklas, deutlich gestreift, tritt sehr untergeordnet auf.
Pleonast kommt verschiedentlich, doch nicht häufig, in den Silli-
manitaggregaten eingewickelt vor. Besonders zahlreich stellen
sich jedoch seine zierlichen Oktaedercheu am Contact dieser knoUen-
ai'tigen Massen mit dem umschliessenden Andesit ein. Hier finden
sich bald vereinzelte Anhäufungen dieser grasgrünen Krj^ställchen,
bald bilden letztere Umrandungen der Andalusit- und Cordierit-
individuen, welche unmittelbar mit dem andesitischen Magma in
Berührung gekommen sind. Bemerkenswerth ist es, dass hier an
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 1. 8
34
der Coiitactzone dieser einschluss artigen Massen der Pleonast auch
in grösseren Krystallen in den Andalusit- und Cordieritiudividuen
selbst eingelagert erscheint, während er im Innern derselben einer-
seits nur sehr sporadisch, andererseits lediglich in Verbindung
mit Sillimanit auftritt.
In Bezug auf die Structur dieser soeben beschriebenen
Mineralcombination ist durch Abwechslung der einzelnen Gemeng-
theile in Lagen, durch parallele Anordnung der Sillimanit-Aggre-
gate \ielfach eine deutliche Schieferung zu beobachten. Dieselbe
zeigt also in Zusanmiensetzung und Structurform ausserordentliche
Aehnlichkeit mit gewissen sillimanitreichen Cordieritgesteinen, wie
sie uns als im krystallinen Schiefergebirge anstehend wohlbekannt
sind. Es dürfte demnach sehr wahrscheinlich sein, dass diese
Massen thatsächlich auf eingeschlossene Bruchstücke von solchen
Gesteinen zurückzuführen sind, welche im wesentlichen ihre Structur
behalten haben und in welchen nur die Entstehung von secundären
Glaseinschlüssen, sowie die Einschmelzung des Biotits und viel-
leicht theilweise des Cordierits zu einer braunen devitrificii'ten Masse,
ferner die Pleonastbildung an den Rändern auf die Einvdrkung
des Magmas zurückzuführen sind. Nun tinden sich jedoch nament-
lich unter den schlierenartig mit dem Gestein verwachsenen Mineral-
combinationen wiederum andere, welche sich zwar aus denselben
Gemengtheilen zusammensetzen und in denen auch die schiefrige
Structur im Allgemeinen erhalten geblieben ist, in welchen jedoch
auch Partieen auftreten, bei denen es jedenfalls in hohem Grade
wahrscheinlich ist. dass hier eine vollständige Umkrystallisation
präexistirender mineralischer Gemengtheile in Folge der intensiven
Hitze-Einwrkung stattgefunden hat. So ist in einem Fundstück,
welches im Wesentlichen in Zusammensetzung und Gefüge mit der
vorhin beschriebenen Cordieritgneiss-artigen Combination überein-
stimmt, vielfach ein allmähliger Uebergang in ein völlig rich-
tungslos struirtes Gemenge von lediglich massenhaftem Pleonast,
daneben Feldspath und Biotit wahrzunehmen.
Eine andere Combination zeigt auch wieder die Structur
eines krystallinen Schiefers. Dieselbe besteht aus einem plan-
paralleles Gefüge aufweisenden Gemenge von vorwiegend Plagioklas,
Biotit, Sillimanit, Granat und wenig Quarz. Der Plagioklas ist
schön gestreift und enthält mehrfach Flüssigkeitseinschlüsse, der
Biotit erscheint in unregelmässig begrenzten, lappenartigen Formen
und umschliesst vielfach Erzkörner. Granat tritt in rundlich
körnigen Partieen auf mit sehr schöner rosenrother Färbung, oft-
mals ist er fast ganz mit Interpositionen erfüllt. Sillimanit um-
schliesst wiederum mehrfach Pleonast. Der Quarz bietet nichts
Besonderes, er ist arm an Flüssigkeitseinschlüssen. Gelbe Rutil-
35
prismen sind recht verbreitet, ebenso Zirkone nicht selten. Audi
hier giebt sich auf der Grenze an dem umschliessenden Andesit
wieder massenhafte Pleonastbildung kund. Wo der Granat in un-
mittelbare Berührung mit dem Schmelzflusse gekommen ist, weist
er eine schwarze Umrandung von Magnetit auf.
Von besonderem Interesse ist eine nur etwa 5 mm grosse
Anhäufung fremder Mineralien, welche sich, vollständig in ande-
sitische Masse eingebettet, in dem für das Studium der Contact-
erscheinungen an der vorhin beschriebenen einschlussartigen Masse
angefertigten Präparat vorfand. Dieses kleine Aggregat liegt also
vollständig getreimt von jener Combination und besteht aus Silli-
manit, Feldspath, Biotit mit brauner Glasmasse, Granat, Cordierit
mit Glaseinschlüssen, Pleonast umgeben von einem Hofe farbloser
Substanz (hier Feldspath?). Granat wurde sonst nirgends in
diesen Combinationen in Verbindung mit Cordierit beobachtet, und
ebenso ist auch jenes vorhin beschriebene Granat führende schiefer-
artige Aggregat frei von Cordierit. Sollte daher hier nicht in
dieser kleinen Mineralanhäufung ein von der benachbarten Granat
führenden Masse losgebröckeltes Bruchstückchen . vorliegen , in
welchem durch die magmatische Einwirkung eine Neubildung von
Cordieritsubstanz bewirkt wurde?
Ausgezeichnet schiefrige Structur ist auch wiederum in fol-
gender Combination zu constatiren. Die Hauptmasse derselben
besteht u. d. M. aus Plagioklas, welcher sowohl in unregelmässig
körnigen Gestalten, wie in breit rechteckigen Durchschnitten auf-
tritt. In dieser feldspathigen Masse erscheinen die übrigen Ge-
mengtheile in abwechselnden Lagen eingebettet und zwar zunächst
Biotit in ausserordentlich automoi'phen schmal leistenförmigen hexa-
gonalen Durchschnitten mit paralleler Anordnung. Ferner Pleonast
in unregelmässigen Körnern wie in Oktaedern; endlich Sillimanit
in kleinen säulenförmigen Individuen, langen Nadeln und filzigen
Massen. Auch bei den Sillimanitaggregaten ist überall eine
parallele Anordnung wahrzunehmen. Accessorisch sind noch
Magnetit, Rutil, Zirkon vorhanden.
Grössere Beachtung verdienen sodann diejenigen Varietäten
unter den einschlussartigen Massen, welche sich durch ihren be-
deutenden Reichthum an Korund auszeichnen. In mehreren
Fundstücken vertreten ist eine Combination von Sillimanit, Feld-
spath, Korund, Pleonast, Andalusit, Rutil, Biotit. Die Hauptmasse
dieses Gemenges besteht aus filzigen Sillimanitaggregaten. In
diesen büschelartigen Massen sitzen oft vielfach versteckt und
scheinbar vollständig eingewickelt massenhaft Korundtafeln und
Pleonastkörner. Der Korund zeigt sehr schöne himmelblaue Farbe,
vielfach Pleochroismus; in den meisten Fällen ist er mit der
3*
36
charakteristischen rhomboedrischen Streifimg versehen und sehr
reich an Einschlüssen von Glas, Flüssigkeit, Rutil. Mehrfach
konnte ich eine Art der Aggregation von Korund und grünem
Spinell wahrnehmen , wie dieselbe von Koch ^) beschrieben und
abgebildet worden ist. Die Korundtäfelchen sind zu einem Netz-
werk verbunden, sodass die leistenförmigen Durchschnitte dann
stets unter einem gewissen Winkel zusammenstossen. In den
Zwischenräumen erscheint überall Spinell eingelagert. Der Feld-
spath trägt meist sehr schöne Streifung; in Verbindung mit ihm
erscheint vielfach eine farblose bis hell bräunliche Masse, welche
keine Wirkung auf das polarisirte Licht ausübt und wohl auch
als ein Glas aufzufassen ist. Die Pleonastkrystalle zeigen stets,
wofern sie in dieser Masse liegen den doppelbrechenden Hof,
dagegen nicht im Feldspath, was namentlich deutlich hervortritt,
wenn ein Pleonastoktaeder zur Hälfte im Feldspath, zur Hälfte
in dieser amorphen Masse liegt. Andalusit tritt hier zurück, er
zeichnet sich durch starken Pleochroismus aus. Rutil bietet hier
besonders schöne Krystallentwickelung dar; in goldgelben Prismen
und knieförmigen Zwillingen ist er überall verstreut und nament-
lich im Korund eingewachsen, er bildet stellenweise die zierlichsten
Krj^stallgruppirungen. Biotit ist spärlich. Eine von mir ausge-
führte Bauschanalj^se dieses fremden Mineralaggregates ergab:
Si02 36.21
Ti02 3.10
AI2O3 .... 47,43
FeO^) .... 2,58
MgO 3,23
CaO 0,19
K2O 2,74
Na20 .... 4,12
Glühverl. . . . 1,12
100,72
Andere dieser Mineralcombinationen sind durch das Fehlen
des Sillimanits bemerkenswerth. Hierhin gehört zunächst ein ein-
schlussartiges Fundstück mit eckigen Umrissen, ziemlich lose mit
dem Gestein verbunden und von ausgezeichneter schiefriger Structur.
Makroskopisch besteht dasselbe aus einer grauen Masse, welche
durch ein dunkel grünes Mineral äusserst fein gestreift erscheint.
U. d. M. lösen sich diese dunkel grünen Schmitzen wiederum in
äusserst dichte Aggregationen winzigster Pleonastkörnchen auf.
Die graue Hauptmasse bildet ein farbloses Mineral, welches starke
*) Jahrbuch d. kgl. preuss. geol. Landesanstalt für 1886. t. 4. f. 2.
^) Der gesammte Fe-Gehalt wurde als Eisenoxydul berechnet.
37
Lichtbrechung zeigt und dessen Formen vielfach auf das hexago-
nale System hinweisen. Die Vermuthung, dass auch hier Korund
vorliege, wurde durch seine Isolation bestätigt. Nach Behandlung
dieser Mineralcombination mit Fluss- und Salzsäure restirte ein
Gemenge von wasserhellen, vielfach sechsseitigen Täfelchen, Rutil
und grösseren Pleonastkörnern. Die tafelförmige Ausbildung, die
hexagonalen Formen sowie die jetzt vielfach hervortretende
charakteristische rliomboedrische Streifung Hessen es unzweifelhaft
erscheinen, dass man es hier mit Korund zu thun habe. An Ein-
schlüssen erwies sich dieser Korund nicht sonderlich reich. Die
äusserst feinen Spinellaggregate hatten der Behandlung mit Säuren
nicht widerstanden. Winzige gelbe Rutilprismen sind auch im
Präparat häutig zu beobachten. Biotit ist selteri. Dagegen er-
scheint, zwischen den vorwaltenden Korun dtäf eichen , gewisser-
maassen als Untergrund, ein farbloses schwach polarisirendes
Mineral, welches hin und wieder einerseits sechsseitige Umrisse,
andererseits lamellare Zusammensetzung aufweist und mit grösster
Wahrscheinlichkeit für Kaliglimmer gehalten werden muss.
Ein weiteres Aggregat war schlierenförmig mit dem Andesit
auf das innigste verwachsen; makroskopisch lässt sich jedoch noch
eine parallele Anordnung der Glimmerblättchen wahrnehmen. U.
d. M. besteht diese Combination hauptsächlich aus Plagioklas und
Biotit nebst Magnetit und Pleonast, sowie accessorisch Rutil und
Zirkon. Der Plagioklas bildet ein Haufwerk von breit leisten-
förmigen, nahezu quadratischen Schnitten, welche zAvischen + Nicols
ein zierliches mosaikartiges Bild hervorrufen. Der Biotit ist nicht
sehr regelmässig begrenzt, er enthält vielfach Erzkörnchen. Als
besonders bemerkenswerth muss es gelten, dass hier Pleonast in
sehr wohl ausgebildeten grünen Oktaederchen die unmittelbare Um-
randung des Glimmers bildet, ja stellenweise scheint die Glimmer-
substanz durch Anhäufungen von Pleonast ersetzt zu sein, sodass hier
die Pleonastbildung als directes kaustisches Umwandlungsproduct
des Glimmers sehr wahrscheinlich ist.
Sehr merkwürdig ist ferner noch eine Combination, welche
ebenfalls sehr fest mit dem Gestein verwachsen war und auch
wohl zu solchen gehört, in denen eine vollständige Umkrystalli-
sation primärer krystallinischer Gemengtheile oder Neuausscheidung
aus dem Schmelzfluss stattgefunden haben dürfte. U. d. M. be-
steht die Hauptmasse aus körnigem Feldspath und Biotit. In
derselben liegen verschiedentlich Aggregate von Korundkörnern mit
Rutil, um welche sich ein Hof von Pleonast gebildet hat. Diese
Höfe treten in mannigfaltiger Grösse auf; sonderbarer Weise zeigen
dieselben, trotzdem sie ein völlig regelloses Haufwerk von Korund-
täfelchen und Rutilprismen umgrenzen, alle ausgeprägt spitz rhom-
38
boidische Conturen. Bei den grössten dieser Höfe hatte die
grössere Diagonale eine Länge von 1,75 mm. Auch Sillimanit
ist, wenn auch spärlich, in dieser Combination wiederum vor-
handen.
Diese bis jetzt mitgetheilten Untersuchungen betreffen sämmt-
licli Fundstücke, welche in den Steinbrüchen am Bocksberg und am
Rengersfeld gesammelt wurden und bereits durch ihre makro-
skopische Beschafienheit auf eine vom Andesit durchaus verschie-
dene Zusammensetzung schliessen Hessen. Die Anhäufungen dieser
Mineralien besitzen jedoch oft nur so kleine Dimensionen, dass
ihre Auffindung in Praeparaten, welche aus makroskopisch durch-
aus homogen erscheinender Andesitmasse hergestellt sind, eine rein
zufällige ist. Von solchen Vorkommnissen gelangten zur Beob-
achtung 1 — ^2 mm grosse xinhäufungen . welche trotz ihrer ge-
ringen Grösse dennoch fast sämmtliche dieser Mineralien, wie
Cordierit, Feldspath, Biotit, Korund, Pleonast, Sillimanit ent-
hielten. Ferner kleine Pleonastanhäufungen , vereinzelte Granat-
körner, welche letzteren stets mit einer kaustischen Umwandlungs-
zone von Magnetit versehen sind, sämmtlich inmitten des Andesits
gelegen. Ja es fanden sich sogar offenbar von diesen Massen
herrührende Spinellkörner und Sillimanitbüschel als Einschlüsse in
andesitischen Plagioklasen eingewachsen.
Zur Erklärung und Deutung des Vorkommens der
einschlussartigen Massen im i^ndesit. Zunächst muss her-
vorgehoben werden, dass diesen in den Eifeler Hornblende-Ande-
siten eingeschlossenen Mineralaggregaten durchaus analoge Vor-
kommnisse in den trachytischen Eruptivgesteinen des Sieben-
gebirges zur Seite stehen. Die genauere Untersuchung der
siebengebirgischen Andesite und Trachyte zeigt nämlich, dass auch
dort solche einschlussartigen Massen oft in überraschender Menge
verbreitet sind. Namentlich die Wolkenburg ist sehr reich an
solchen Vorkommnissen. Andeutungen finden wir bereits mehrfach
in V. Dechen's Geognostischem Führer in das Siebengebirge, so
p. 95: „nach Dr. vom Rath seien die dunklen Parthieen (im
Andesit der Wolkenburg), welche sich in scharfer Grenze scheiden,
für eingeschlossene Bruchstücke einer eigenthümlichen Abänderung
von Trachyt zu halten, welche anstehend in dieser Gegend nicht
bekannt ist". Ferner p. 118 daselbst: „häufig sind Bruchstücke von
schiefrigen krystallinischen Gesteinen, deren Herkunft bisweilen
nicht so deutlich vorliegt als die der Devongesteine ". Ueber
einen Theil dieser siebengebirgischen Vorkommnisse hat bekannt-
lich Pohlig *) bereits an verschiedenen Orten Mittheilungen ge-
^) H. Pohlig. Die Schieferfragmente im Siebengebirger Trachyte.
39
macht, und dieselben zwar zuerst für durch die magmatische Ein-
wirkung metamorphosirte devonische Schieferbruchstücke gehalten,
später jedoch als eingesclilossene Bi-uchstücke in der Tiefe an-
stehender metaniorphischer Schiefer erklärt. Pohlig hat indessen
stets nur solche eingeschlossenen Fragmente untersucht, welche
sich bereits makroskopisch als unzweifelhafte Bruchstücke krystalli-
nischer Schiefer kundgeben, während jene so äusserst innig mit
dem Gestein verwachsenen und bei makroskopischer Betrachtung
keinerlei Gemengtheile erkennen lassenden schlierenhaften Massen
von ihm noch nicht in den Kreis seiner Untersuchungen gezogen
wurden. Die genauere mikroskopische Untersuchung dieser ein-
schlussartigen Massen, „schwarzen Abänderungen" u. s. w. der
siebengebirgischen Andesite zeigt, dass in ihnen dieselbe Fülle von
fremden Mineralien, ebenso wiederum in den mannigfachsten Com-
binationen, vielfach auch mit schiefriger Structur, zugegen ist, wie
in den vorhin beschriebenen Vorkommnissen der Eifel. Nament-
lich muss die ausserordentliche Verbreitung des Cordierits in
diesen eingeschlossenen Mineralaggregaten, dessen „anscheinend
gänzliches Fehlen" Pohlig ^) hervorhebt, besonders betont werden.
Der Güte des Herrn Dr. Krantz in Bonn verdanke ich ein über
faustgrosses Fundstück von genau derselben Zusammensetzung,
wie die zuerst aus der Eifel beschriebene Cordieritgneiss-artige
Combination. Auch hier enthält der Cordierit wiederum die Glas-
einschlüsse und zeigt Zwillingserscheinungen. Man wird kaum ein
Präparat der fremden Mineralcombinationen von der Wolkenburg
anfertigen, ohne auf Cordierit zu stossen. Ebenso ist Pleonast,
Sillimanit, Rutil. Korund in den siebengebirgischen Aggregaten
ausserordentlich verbreitet. Ueber das Vorkommen des letzten
Minerals hat Pohlig-) bereits Mittheilung gemacht. Bemerkens-
werth ist es, dass im Gegensatz zur Eifel diese einschlussartigen
Massen im Siebengebirge auch in den Trachyten, wenn auch nicht
so häufig wie in den Andesiten, verbreitet sind. Ein etwa 7 cm
grosses am Ostabhang des Drachenfels aus dem Trachyt heraus-
geklopftes Fundstück bestand u. d. M. aus Feldspath, in welchem
massenhafte Pleonastaggregate, Korundanhäufungen, Biotit, Rutil
eingebettet waren.
Eine so bedeutende Verbreitung und der meist ausserordent-
Min. u. petr. Mitth. Bd. III, p. 336—363. — Ders. Ueber die Frag-
mente metaniorphischer Gesteine aus den vulkanischen Gebilden des
Siebengebirges und seiner Umgebung. Verh. d. naturh. Ver. d. Rheinl.
u. Westf. XXXV, 1888, p. 89—109. — Ders. Sitzungsber. d. niederrh.
Ges. in Bonn vom 9. Juli 1888.
') 1. c. Sitzungsber. d. niederrh. Ges.
2) ibid.
40
lieh innige, sehlierenartige Verband mit dem umschliessenden Ge-
stein könnte nun vielleicht geeignet sein, die Ausscheidung dieser
Mineralaggregate aus dem andesitischen Magma annehmen zu
lassen. Gegen eine solche Auffassung sprechen jedoch gewichtige
Gründe. Zunächst sind die diese Aggregate zusammensetzenden
Mineralien bekanntlich zum Theil vollkommen verschieden von den
andesitischen Gemengtheilen und können auch überhaupt nicht einmal
(wie es andererseits bei den im Basalt vorkommenden Olivinknollen
der Fall) als verwandt mit denselben gelten . weshalb es im
höchsten Grade unwahrscheinlich ist, dass sie sich aus dem ande-
sitischen Schmelzfluss als concretionäre Massen ausgeschieden
haben sollten.
Dahingegen verweisen uns die Ausbildung der Gemengtheile
dieser Mineralcombinationen, die schiefrige Structur derselben in
weitaus den meisten Fällen auf den Zusammenhang dieser fremd-
artigen Massen mit Gliedern der so ausserordentlich mannigfaltigen
krystallinen Schieferreihe und lassen es also von vorne herein sehr
wahrscheinlich erscheinen, dass dieselben auf Einschlüsse von
Bruchstücken solcher in der Tiefe anstehender krystallinischer
Schiefer, welche durch das andesitische Magma mitgerissen wur-
den, zurückzuführen sind. Hierzu kommt noch, dass das Vor-
handensein des krystallinischen Urgebirges unter dem rheinischen
Schiefergebirge, ja die Gegenwart einer' vollständigen Granit-
contactzone durch die Arbeiten von Laspeyres^), Wolf^), Pöhlig
(1. c). V. Lasaülx^). DiTTMAR (I. c), wohl gauz unzweifelhaft
gemacht ist. Auch Rosenbusch*) hat an verschiedenen Orten
auf diese Thatsache hingewiesen. Ueber die wirkliche Zusammen-
setzung und Verbreitung dieses unterirdischen krystallinen Ur-
gebirges können natürlich nur durchaus hypothetische Schluss-
folgerungen gezogen werden, zumal da es sehr wahrscheinlich ist,
dass dort unten in der Tiefe thatsächlich Gesteine vorbanden sind,
wie wir sie als anstehend an der Erdoberfläche nirgendwo kennen.
Trotzdem lassen sich noch viele der Laacher Auswürflinge und der
Einschlüsse des Siebengebirges mit typischen Gliedern der krystalli-
nen Schieferreihe identiiiciren. Auch unter den vorhin beschrie-
benen einschlussartigen Massen der Eifel sehen viele Stücke wohl-
bekannten krystallinischen Urgesteinen durchaus ähnlich. Die
Hauptschwierigkeit liegt in der Frage: Welcher Art sind die Ein-
1) Laspeyres. Zeitschr. d. geol. Ges., XVIII, 1866, p. 345.
^) Wolf. Die Auswürflinge des Laacher Seees, a. a. 0., 1867
und 1868.
2) A. V. Lasaulx. Der Granit unter dem Cambrium des hohen
Venn. Verh. d. naturh. Ver. d. Rhein), u. Westph., Bd. XLI, p. 418—450.
*) Die Steiger Schiefer, 252 und N. Jhrh., 1881. I, p. 388.
41
Wirkungen des erui3tiven Magmas auf diese eingeschlossenen
kiTstallinen Bruchstücke? Das eine muss jedenfalls zugegeben wer-
den, dass dieselbe hier vielfach eine durchaus umgestaltende ge-
wesen ist. Ja, es kann nicht zweifelhaft sein, dass die von dem
andesitischen Magma umschlossenen Massen vielfach jetzt nur
noch „Gemenge sind mehr oder weniger erhaltener ursprünglicher
und durch die Einwirkung des \Tilkanischen Magmas neugebildeter
Mineralien, welche jene alten überwuchern" (v. Lasaulx^).
Herr Prof. Laspeyres in Bonn hatte die Güte, mir eine
Durchsicht der Dittmar' sehen Präparate von Laacher Auswürflingen
in der Poppelsdorfer Sammlung zu gestatten, und ich habe hier
stellenweise eine vollkommene Uebereinstimmung mit den von den
Andesiten der Eifel eingeschlossenen Materialien konstatiren können.
Ein bemerkenswerther Unterschied liegt in dem massenhaften Vor-
handensein unzweifelhaften Glases in jenen Laacher Auswürflingen
und dem sehr untergeordneten Auftreten des Pleonast im Ver-
gleich zu den Einschlüssen im Eifeler Andesit; es scheint also
dort häufig nur eine Anschnielzung, hier vielfach eine gänzliche
Umschmelzung der ursprünglichen Mineralien vorzuliegen. Auch
Korund wird von Dittmar nur einmal (p. 508) erwähnt.
Dasjenige, was zur Erklärung des Vorkommens dieser in
Rede stehenden merkwürdigen Mineralaggregate in unseren Ande-
siten das Wahrscheinlichste ist. möchte ich daher in folgenden
Worten zusammenfassen. „Die Substanz dieser Mineralanhäufun-
gen ist ursprünglich dem andesitischen Schmelzflusse fremd, und
zwar verdanken diese Aggregate ihren Ursprung der Einbettung
von Bruchstücken fremder in der Tiefe anstehender krystallinischer
Schiefer, von aller Wahrscheinlichkeit nach schon contactmeta-
morphischer Natur, in das Magma. Letzteres bewirkte theilweise
nur eine partielle Umschmelzung dieser Einschlüsse, wobei die
Reste der alten krystallineu Gemengtheile mehr oder weniger er-
halten geblieben sind, zum Theil dagegen war die Einwirkung des
Schmelzflusses eine so intensive, dass innerhalb des noch plasti-
schen andesitischen Magmas eine vollständige Umkrystallisation
der eingeschlossenen Massen stattfand und eine Neuausscheidung
von Contactmineralien hervorgerufen wurde".
Das Vorkommen der kleinen nur mm-grossen Mineralaggregate
findet seine Erklärung hiernach darin, dass von den in dem
Schmelzfluss schwimmenden, in theilweiser Auflösung begriffenen
Massen Bruchstückchen losgelöst wurden. Diese finden sich nun
als mikroskopische Residua in den Schliffen wieder oder gaben
zu kleinen Aggregaten neugebildeter Contactmineralien Veranlassung
^) Der Granit unter dem Camhrium etc., p. 422.
42
(Pleonastanhäufungen). Oefters wurden auch einzelne krystalline
Reste oder Neubildungen gänzlich von sich verfestigenden ande-
sitischen Gemengtheilen eingeschlossen (Sillimanitreste , Pleonast
im Plagioklas).
Wenn wir nun also aller Wahrscheinlichkeit nach mit Recht
unsere fremden Mineralanhäufungen auf eingeschlossene Bruch-
stücke krystalliner Schiefer zurückführen und dennoch zugegeben
werden soll, dass stellenweise in Folge der magmatischen Ein-
wirkung eine Umkrystallisation der krystallinen Gemengtheile statt-
gefunden hat. so treten doch dem Versuch, die Entstehung solcher
neu gebildeter Mineralien aus den ursprünglichen Gemengtheilen
im einzelnen Falle nachzuweisen, ganz erhebliche Schwierigkeiten
in den Weg. Bei dem eingehenden Studium der Dünnschliffe ge-
winnt man mehr die feste Ueberzeugung, dass solche Processe
bei der Ausbildung der Mineralaggregate zu ihrem jetzigen Zu-
stande mitgewirkt haben, als man andererseits dieselben stets im
speciellen Falle genau und unzweifelhaft darzuthun im Stande ist.
Es ist daher auch nicht versucht worden, diese Einschlüsse unter
bekannte Glieder der krystallinen Schieferreihe zu gruppiren oder
genauer mit denselben zu vergleichen. Namentlich scheint doch
sehr zu beachten, dass uns für das Maass, wie viel Stoffe bei
der Neubildung dieser Minerahen aus dem andesitischen Schmelz-
flusse hinzugefügt oder wieviel Gemengtheile weggeführt, gleich-
sam ausgesaigert worden sind, nicht der geringste Anhaltspunkt
zu Gebote steht. Wer sagt uns überhaupt, welche Beschaffenheit
der andesitische Schmelzfluss bei seinem Empordringen an die
Erdoberfläche besass und welche chemischen Veränderungen mit
demselben vorgingen in Folge der Einbettung und vollständigen
Auflösung von massenhaften Bruchstücken krystalliner Schiefer,
für deren frühere Anwesenheit uns nicht das geringste Anzeichen
erhalten geblieben zu sein braucht? Dennoch möchte ich über
verschiedene dieser mineralischen Gemengtheile einige Bemerkungen
anknüpfen. Die Anwesenheit des Cordierits in diesen einschluss-
artigen Massen ist aller Wahrscheinlichkeit nach nicht erst in
Folge der Metamorphosirung der eingeschlossenen Gesteine durch
das andesitische Magma hervorgerufen worden, sondern derselbe
ist wohl mit Recht als ein primärer Gemengtheil der letzteren
aufzufassen. Für eine Neubildung dieses Minerals habe ich
nirgendwo, ausser in dem einen angeführten Falle, irgendwelche
Anhaltspunkte finden können.
Was nämlich die insbesondere im Cordierit und im Korund
häufig vorkonuiienden Glaseinschlüsse anbetrifft, so scheint mir das
Auftreten derselben weder als ein Moment gegen die Deutung
dieser Mineralaggregate als Einschlüsse überhaupt, noch etwa zum
43
Beweise für die Neubildung der Mineralien, in denen sie sich
vorfinden, angeführt werden zu können, indem die secundäre Ent-
stehung der Glaseinschlüsse in Folge der magjuatischen Einwirkung
bekanntlich sehr wohl möglich ist. Hussak (1. c, p. 360) hat
allerdings den von ihm beschriebenen Laacher Auswürfling ledig-
lich auf Grund „der unzweifelhaften primären Glaseinschlüsse" für
eine Ausscheidung aus dem Schmelzfluss erklärt; v. Lasaulx ^)
dagegen und Dittmar (1. c, p, 502) sprechen sich für die secun-
däre Natur derselben im Cordierit aus, und auch bei denen des
Korundes weist erstgenannter Forscher auf ihre Aehnlichkeit mit
neu gebildeten Einschlüssen hin^). Einer solchen Erklärung steht
auch durchaus nichts im Wege, da vielfache Untersuchungen ge-
zeigt haben, dass Mineralien, welche einer starken Hitze-Einwir-
kung ausgesetzt wurden, hyaline Interpositionen in sich entwickeln
können. Namentlich ist es möglich, dass dieselben durch Ein-
schmelzung von praeexi stiren den krystallini sehen Interpositionen
im Innern der Mineralien, in welchen wir sie vorfinden, entstehen.
Die Glaseinschlüsse treten ja auch hier stets im Innern von Ge-
mengtheilen auf, welche überhaupt sehr zahlreiche mikroskopische
fremde Mineralien beherbergen. Von solchen Interpositionen ist
namentlich der Glimmer sehr wohl einer solchen Einschmelzung
fähig, lieber die Neubildung derartiger Glaseinschlüsse durch
Einschmelzung praeexistirender Interpositionen haben v. Chrust-
scHOFF^) und Bruhns^) ausführliche Untersuchungen angestellt.
Auch Pöhlmann^') hat in den von ihm beschriebenen Einschlüssen
von Granit im Lamprophyr die vielfach in Verbindung mit Spinell-
Oktaederchen auftretenden Glaseinschlüsse auf eingeschmolzenen
Magnesiaglimmer zurückgeführt. Sodann ist bekanntlich auch die
Möglichkeit der Bildung secundärer Glaseinschlüsse in Mineralien,
welche keineswegs solche zur Einschmelzung geeigneten Inter-
positionen enthalten, durch die Versuche von Arth. Becker'')
sowie durch die bereits erwähnten Untersuchungen von v. Chrust-
scHOFF dargethan worden, ohne dass es allerdings gelungen wäre,
für die Genesis dieser Phaenomene eine geeignete Deutung auf-
finden zu lassen.
^) Sitzungsber. d. niederrh. Ges. 1882, p. 131.
2) Zeitschr. f. Krystallogr., X. 1885, p. 350.
^) K. V. Chrustschoff. Ueber secundäre Glaseinschlüsse. Min.
u. petr. Mitth., Bd. IV, p. 473—501 u. Bd. VIT, p. 64—74.
*) W. Bruhns. Ueber secundäre Glaseinschlüsse. N. J. f. M.
1889. I, p. 268.
*) KuD. PÖHLMANN. Elnschlüsse von Granit im Lamprophyr
(Kersantit) des Schieferbruches Bäreustein bei Lehesten in Thüringen.
N. J. f. M. 1888, Bd. II, p. 95.
®) A. Becker. Ueber die Olivinknollen im Basalt. Zeitschr. d.
deutsch, geol. Ges., 1881, p. 40.
44
Wohl deuten also diese, wie im Vorhergehenden erhärtet,
sicher secundären Glaseinschlüsse auf eine hochgradige Beein-
flussung der ursprünglichen Cordicritsubstanz durch das Magma
hin, und auch der starke Pleochroismus , die Zwillingsbildung
dürften wohl mit Recht auf die intensive Hitzeeinwirkung zurück-
zuführen sein. Aber damit braucht noch nicht eine Umschmel-
zung oder Neuausscheidung des Cordierits, wie dies bei dem
Spinell stellenweise unzweifelhaft der Fall war, verbunden ge-
wesen zu sein. In derselben Weise verhält es sich wohl auch
mit den Cordierit führenden Laacher Auswürflingen, v Lasaulx
äussert sich ausser in dem Punkte, dass er in der Zwillings-
bildung und in den secundären Glaseinschlüssen die Folgen der
magmatischen Hitzeeinwirkung sieht, nicht weiter über diese Frage.
DiTTMAR unterscheidet zwischen primärem und neugebildetem Cor-
dierit, doch scheinen mir die von ihm angeführten Unterscheidungs-
merkmale zu wenig stichhaltig, um nach diesen in jedem concreten
Falle eine Entscheidung treffen zu können.
Eine andere Rolle spielt der Cordierit in den Andesiten des
Hoyazo (Cabo de Gata), wie von Osann^) dargethan wurde. Dort
kommen ebenso wie in den Lipariten der Umgegend von Campiglia
marittima und in den Andesiten der Donau-Trachytgruppe in
Ungarn neben offenbar eingeschlossenen Cordieritkörnern wohl
ausgebildete verzwillingte Krystalle dieses Minerals in der ande-
sitischen Grundmasse vor, und letztere werden wohl mit Recht für
eine Neuausscheidung von aufgelöster Cordicritsubstanz gehalten.
Nirgendwo habe ich aber in den Eifel-Andesiten Cordierit in
irgend welcher Gestalt vereinzelt in der Grundmasse finden können,
stets war derselbe mit anderen fremden Mineralien combinirt.
Ferner ist der Cordierit hier sowohl wie in den Laacher Auswürf-
lingen da. wo derselbe auftritt, stets in regelmässiger Weise
vertheilt. Für die oben angegebene Deutung der isolirten Cordierit-
drillinge als Neuausscheidungen in den Andesiten des Hoyazo
möchten also wohl diese Laacher Auswürflinge eigentlich überhaupt
gar nicht als analoge Beispiele anzuführen sein.
Ganz anders verhält es sich endlich mit dem Cordierit in
dem Basalt von Kollnitz im Lavanthale, wo die Krystalle des-
selben nach Prohaska ^) vorwiegend am Rande der eingeschlossenen
Schieferbrocken auftreten. Prohaska sieht in der Vermengung
des basaltischen Magmas mit der Masse der theilweise umge-
') A. OsAKN. Ueber den Cordierit führenden Andesit vom Hoyazo
(Cabo de Gata). Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. XL. 1888, p. 694—708.
^) Prohaska. Ueber den Basalt von Kollnitz im Lavanthale und
dessen glasige cordieiitführeiide Einschlüsse. Sitzungsber. d. kais.
Akad. d. Wissensch. Wien, Bd. XCII, 1885, p. 20-32.
\
45
scliniülzeneii Einschlüsse die Bedingungen ziu' Entstehung des
Cordierits. — Ein weiteres Moment für die Beurtheilung dieser
Frage nach dem Ursprung des Cordierits dürfte in der regel-
mässigen Begleitung desselben durch Andalusit gegeben sein.
Beide Mineralien sind in diesen Eifeler Vorkommnissen dermaassen
eng mit einander verbunden und verwachsen, dass unmöglich für
beide eine abweichende Entstehungsweise angenommen werden kann.
Eine Festwerdung des Andalusits ist aber bekanntlich weder in
natürlichen noch in künstlichen Schmelzmassen wahrgenommen
worden.
Was den so massenhaft vorkommenden Pleonast anbetriift,
so dürfte wohl in vielen Fällen seines Auftretens, in Anhäufungen
an den Contactzonen dieser einschlussartigen Massen, ferner dort,
wo derselbe Höfe und Umrandungen um andere Mineralien bildet,
seine Neubildung als Contactmineral ganz unzweifelhaft sein,
während er in anderen Fällen, wo er lagenförmig in schiefrig
erscheinenden Massen und in der innigsten Aggregation mit den
Sillimanitbüscheln auftritt, durchaus den Eindruck eines primären
Gemengtheils der eingeschlossenen Massen macht, namentlich da
ich den Sillimanit stets für einen solchen halten möchte, womit
übereinstimmt, dass es bis jetzt noch nicht gelungen ist, ihn
künstlich aus Schmelzfluss darzustellen.
Um die Neubildungs-Fähigkeit des Spinells zu erforschen, habe
ich mit meinem Freunde Salomon einige Schmelzversuche ange-
stellt, wozu uns Herr Dr. A. Becker den von ihm zu seinen
Experimenten benutzten Foukquignon-Leclerc' sehen Ofen freund-
lichst zur Verfügung gestellt hat. Wenn wir auch hierbei nicht
zu wesentlich neuen Resultaten gekommen sind, so scheint es
doch nicht uninteressant, die Ergebnisse noch kurz mitzutheilen.
Zunächst wurde gepulverter Andesit vom Freienhäuschen ein-
geschmolzen und in den Schmelzfluss ein Stückchen von sillimanit-
reichem Cordieritgneiss von Lunzenau eingetragen. Nach etwa
einstündiger Einwirkung und möglichst langsamem Erkalten zeigte
sich in einem aus dem künstlichen Einschlüsse hergestellten Prä-
parat Folgendes: Der Cordierit, welcher in den Schliifen des
ursprünglichen Cordieritgneisses von den übrigen wasserhellen Ge-
mengtheilen stellenweise nicht leicht zu unterscheiden ist, trat
überall deutlich hervor. Seine Fai-be war nämlich bräunlich ge-
worden und der sonst sehr schwache Pleochroismus hatte wesent-
lich zugenommen. Obwohl er hin und wieder ein etwas aufge-
blähtes Aussehen zeigte, waren unzweifelhafte Glaseinschlü?se doch
nicht zu constatiren. An der Contactzone indessen hatte sich
um den Cordierit überall ein Rand gebildet, welcher aus zierlichen
neu gebildeten Pleonastoktaederchen bestand. Dieselben erreichten
46
eine Grösse von 0,006 mm. In dem Quarz dagegen war eine
sehr grosse Menge von seeundären Glaseinschlüssen entstanden.
Theilweise besassen dieselben rundliche Form mit Libelle, theil-
weise zeigte ihre Gestalt auf das deutlichste, dass sie durch Ein-
schmelzung von Sillimanit entstanden waren, sie wiesen genau
dieselben Formen auf, wie sie von Bruhns (1. c, p. 270) be-
schrieben sind.
Bei einem anderen Versuch, wobei ein Stückchen von einem
Gesteine, welches wesentlich nur aus Cordierit und Sillimanit be-
steht^), in das künstliche Andesitmagma eingetragen wurde, zeigte
sich wiederum überall am Cordierit eine Zone von Pleonast-
oktaederchen. Ferner war ein Bröckchen des letztgenannten
Gesteins nach etwa 2 stündiger Einwirkung anscheinend vollständig
aufgelöst worden. In dem Präparat des Schmelzflusses jedoch
fanden sich u. d. M. noch vielfach Sillimanitaggregate und massen-
hafte Pleonastanhäufungen vor. Mit den bekannten stengligen,
überdies meist radiär-faserigen Entglasungsproducten in künstlichen
Schmelzflüssen waren diese Sillimanitreste nicht zu verwechseln.
Dieser letzte Versuch ist u. A. wohl ein Beweis dafür, dass der
Sillimanit als selbstständiger Gemengtheil eines derjenigen Minera-
lien ist, welche am längsten der intensiven Einwirkung des
Magmas widerstehen. Es ist daher auch erklärlich, dass der Silli-
manit neben Granat denjenigen ursprünglichen Gemengtheil der
eingeschlossenen krystallinen Schiefer darstellt, welcher als letzter
Ueberrest ihrer eingeschmolzenen Bruchstücke in isolirten Fetzen
in der andesitischen Masse gewissermaassen schwimmend ange-
troffen wird.
Für die Erscheinung, dass der Sillimanit, wo er als Inter-
position auftritt, leichter eingeschmolzen wird, giebt Bruhns die
sehr wahrscheinliche Deutung, dass der basische Sillimanit in
Bezug auf den ihn umgebenden Quarz als Flussmittel wirke. Mit
dem basischen Cordierit konnte der Sillimanit wohl kaum auf
diese Weise in Wechselwirkung treten, üebrigens deutet die
Form der Glaseinschlüsse in unserem Cordierit nirgendwo auf eine
Einschmelzung von Sillimanit, wohl aber auf praeexistirende
Glimmerblättchen .
Es verdient hier noch einmal hervorgehoben zu werden, dass
weder in den Trachyten noch in den anderen Andesitvorkomm-
nissen der Eifel ähnliche einschlussartige Massen aufgefunden
werden konnten. Dies dürfte seine Erklärung wohl darin finden,
dass diese einschlussfreien Andesite und Trachyte bei dem Empor-
') Ueber dieses Cordieritgestein wird Herr Salomon demnächst
genauere Mittheilung veröffentlichen.
47
di'ingen nicht mit dem krystallinen Urgebirge in Berührung ge-
kommen sind. Jenes auffallende Beschränktsein auf besondere
Localitäten ist auch geeignet, der Auffassung dieser Massen als
fremde Einschlüsse das Wort zu reden und der etwaigen Ansicht,
als ob es sich bei ihnen um primäre Ausscheidungen aus dem
Andesit handle, noch erheblichere Schwierigkeiten zu bereiten.
Denn es würde angesichts der sonstigen völligen Uebereinstimmung
in dem geologischen Auftreten, sowie der Aehnlichkeit in der
mineralogischen Zusammensetzung und Structur der Eruptivgesteine
schlechterdings unbegreiflich sein, dass in benachbarten Vorkomm-
nissen die magmatische Geschichte der Gesteinsentwicklung einen
so durchaus abweichenden Verlauf genommen haben sollte.
Mehrfach ist bereits im Vorhergehenden auf die Aehnlichkeit
der besprochenen einschlussartigen Mineralcombinationen mit den
von Max Koch beschriebenen „begleitenden Bestandmassen" des
Unterharzer Kersantits hingewiesen worden. Hier wie dort haben
wir Anhäufungen von Mineralien, welche dem umschliessenden
Eruptivgestein völlig fremd sind. Wenn auch jene begleitenden
Bestandmassen durch das Fehlen des Cordierits, durch den Um-
stand, dass eine schiefrige Structur bei ihnen veraiisst wird, sich
nicht unerheblich von den Eifeler Vorkommnissen unterscheiden,
so sind doch das Vorkommen des Sillimanits. Granats, Spinells
und Korunds in beiden Eruptivgesteinen wohl dazu angethan,
einen analogen Ursprung der betreffenden accessorischen Bestand-
massen annehmen zu lassen. Sollte es daher gelungen sein, für
die rheinischen Vorkommnisse die Deutung derselben als einge-
schlossene Bruchstücke krystalliner Schiefer walu'scheinlich zu
machen, so sind dieselben vielleicht auch geeignet, der Einschluss-
Theorie bei jenen aus dem Harz eine Stütze zu geben.
]Mit den eigenthümlichen Mineralanhäufungen dagegen, welche
Teller und v. John^) aus den Dioriten von Klausen in Tirol
beschrieben haben und Avelche zufolge ihrer Untersuchungen wohl
lediglich als Contactphänomene aufzufassen sind, scheint eine Ver-
gleichung kaum angängig.
Phonolith vom Seiberg bei Quiddelbach.
Bereits Zirkel^) machte darauf aufmerksam, dass das Ge-
stein vom Seiberg bei Quiddelbach auf Grund seines leichten
Gelatinirens mit Salzsäure den Phonolithen zuzuzählen sei. Bei
') F. Teller u. C. v. John. Geologisch-petrographische Beiträge
zur Kenntniss der dioritischen Gesteine von Klausen in Süd -Tirol.
Jahrb. fl. k. k. geol. Reichsanstalt, 1882, XXXII, Heft 4, p. 589—684.
-) Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges., 1859, p. 534.
48
den spcätereii mikroskopischen Studien, welche von Emmons ') und
von Busz-) an Dünnschliffen dieses Gesteins angestellt wurden,
gelang es jedoch nicht, den charakteristischen gelatinirenden Gemeng-
theil des Phonoliths. nämlich den Nephelin, als solchen wahrzu-
nehmen. Busz war daher auch eher geneigt, dasselbe zu den
Trachyten zu stellen. Nach den mikroskopischen Untersuchungen,
welche ich an ganz frischem Material, gesammelt in dem grossen
an der Westseite unmittelbar an der Chaussee Adenau -Kelberg
gelegenen Steinbruch, angestellt habe, ist dies Gestein jedoch ohne
Zweifel ein echter Phonolith. Nephelin ist nämlich in den Prä-
paraten, welche aus den frischesten Handstücken hergestellt wur-
den, in wasserhellen scharf begrenzten Rechtecken und Hexagonen
sehr wohl zu bemerken und ein recht verbreiteter Gemengtheil
der Grundmasse. Trotzdem ist sicherlich jedenfalls auch ein
grosser Theil des Gelatinirens , wie Busz vermuthet. dem reich-
lichen Vorhandensein des Noseans zuzuschreiben. Sonst im Ge-
steinsgewebe für das blosse Auge versteckt, trat der letztere auf
einer Kluftwand des grossen Steinbruchs, durch die Verwitterung
schneeweiss geworden, als scharfe stecknadelkopfgrosse Individuen
von sechsseitigen und viereckigen Umrissen mit kleinem dunkelm
Centrum sehr deutlich hervor. In Bezug auf die übrigen Ge-
mengtheile (Sanidin, wenig Plagioklas, Hornblende, Augit, Titanit,
Zirkon, Apatit, Magnetit) kann auf die Beschreibung von Busz
verwiesen werden. Besonders bemerkenswerth erscheint noch das
bereits von Emmons erwähnte Vorkommen des Olivins in diesem
Phonolith, welcher in rundlichen Körnern mit der bekannten rauhen
Oberfläche und der charakteristischen Serpentinisirung durchaus
nicht selten ist. Der Leucit jedoch, welchen vom Bath in diesem
Gestein erwähnt^), fehlt demselben gänzlich.
Basalte.
Von den linksrheinischen Basaltgesteinen sind, wie bereits
im Eingange erwähnt, bisher fast lediglich die sogenannten Basalt-
laven, d. h. die Gesteine der diluvialen Vulkane, welche Schlacken
und Lavaströme geliefert haben, eingehend von Zirkel, Hussak
und Busz untersucht worden. Es schien daher nicht uninter-
essant, auch die eigentlichen kuppenbildenden Basalte, deren Her-
vorbrechen jedenfalls bereits viel früher, nämlich zur Tertiärzeit,
stattgefunden hat, einem genaueren Studium zu unterwerfen. Die
^) On some phonolites from Velay and the Westerwald. Inaug.
Dissert. Leipzig 1874.
2) Verh. naturh. Ver. Rheinl. u. Westf., 1885, p. 445—447.
3) Ibid. 1866, Correspondenzbl. 46.
49
einzigen Mittheilungen über dieselben linden wir in Zirkel's
„Basaltgesteinen"; es gelangten ausser dem bereits besprochenen
Brinkenköpfchen nur noch drei Vorkommnisse zur Untersuchung:
Nürburg. Hochpochtcn, Kotzhardt (bei Altenahr). Da nun diese
sämmtlich als Plagioklasbasalte erkannt wurden, dagegen die
Basaltlaven sich alle als Nephelin und Leucit führend erwiesen,
so lag die Vermuthung nahe, dass dies auf einem bestimmten
Gegensatz beruhe, indem eben diese jüngeren Basaltlaven immer
durch den Grehalt an Nephelin und Leucit ausgezeichnet wären,
die älteren Kuppen bildenden Basalte dagegen stets durch ihren
Gehalt lediglich an Plagioklas unter Ausschluss der beiden ge-
nannten Mineralien charakterisirt seien. Die Untersuchung einer
grösseren Anzahl der zerstreut liegenden Basaltkuppen zeigt nun
aber, dass dies nicht der Fall ist. Es finden sich nämlich in
der Eifel neben den Feldspathbasalten auch typische Repräsen-
tanten von Nephelinbasalt sowie Leucitbasalt. endlich solche Basalt-
gesteine, welche ausser Plagioklas noch Nephelin oder Leucit in
reichlicher Menge enthalten, also Basanite.
Plagioklasbasalte.
Zu den echten Plagioklasbasalten, welche sich aus der Com-
bination Plagioklas. Augit. Olivin nebst Magnetit zusammensetzen,
gehören folgende Vorkommnisse:
Burg bei Hoffeld (136)^); südwestlich von diesem Dorfe;
auf dem Rücken zwischen Ahr, Nohnerbach und Trierbach mit
grossem Steinbruch und prachtvoller säulenförmiger Absonderung.
Hohe Acht (53); der höchste Berg der Eifel, 761,1m
ü. d. M., östlich von Adenau. Neben dem Plagioklas ist auch
farbloses Glas in diesem Basalt spärlich vorhanden. Der Plagio-
klas weist meist nur undeutliche Formen, doch gute Lamellirung
auf. In manchen Stücken erscheinen die Augit- und Olivinkörner
so innig gemengt, dass der farblose Bestandtheil kaum hervortritt.
Steinchen bei der Nürburg (43); bekannt durch die Unter-
suchungen von Zaddach-) über die daselbst in ausserordentlicher
Weise sich kundgebende magnetische Polarität des Basaltes. Das
Gestein zeigt u. d. M. keinen bemerkenswerthen Unterschied von
den gewöhnlichen Plagioklasbasalten. Die mikroskopische Unter-
*) Die eingeklammerten Zahlen bedeuten die Nummern der Basalt-
vorkommnisse, wie sie in v. Dechen"s „Führer" aufgezählt sind. Die
topographischen Angaben sind auch zumeist dem letzteren entnommen.
-) E. G. Zaddach. Beobachtungen über die magnetische Polarität
des Basaltes und der trachvtischen Gesteine. Verh. d. naturh. Ver.
f. Rheinl. u. Westf, 1851, p". 195.
Zeitschr. d. D. geoi. Ges. XLII. 1. 4
50
suchung scheint überhaupt auf jene merkwürdigen Phänomene in
keiner Weise Licht werfen zu können.
Rappoldsley (45?); bedeutende Kuppe mitten im Walde,
westlich von dem an der Strasse Adenau-Kelberg gelegenen Dorfe
Breidscheid. Kleiner Steinbruch.
Scharfekopf bei Müllenbach (29); 619,1m ü. d. M.,
hohe regelmässig gerundete Kuppe auf dem breiten Rücken zwischen
den Zuflüssen zum Trierbach und zum Nitzbach.
Am Frohnfeld zwischen Kelberg und Zermüllen (77 u. 78?);
einzelne grössere Blöcke in dem Tannenwalde, nördlich von den
Trachyt- Steinbrüchen des Frohnfeldes.
Schwarzeberg bei Kelberg (27j; der Basalt beginnt
oberhalb der Wallfahrts-Kapelle, zu welcher ein Weg von der
Chaussee Kelberg-Boos hmaufführt. Am unteren Abhänge ist der
Trachyt des Frohnfeldes aufgeschlossen. (Vergl. p. 3).
Donnerschlagsberg (16); 626,9 niü. d. M.. hoher Basalt-
rücken auf der Wasserscheide zwischen Trierbach und Nitz. öst-
lich von Hünerbach.
Die letzten vier genannten Vorkommnisse weisen ausser-
ordentliche Aehnlichkeit auf. U. d. M. sind in einer sehr dichten
aus Augit- und Erzkörnchen sowie Plagioklasleisten gebildeten
Grundmasse der (Jlivin und grössere Augite mikroporphyrisch
ausgeschieden.
An der Scheidt; Basaltberg nördlich der Chaussee Kelberg-
Boos; ein Weg zu dem mitten im Walde gelegenen Steinbruch
führt bei dem Km-Steiu 53,2 ab.
Basaltbruch östlich von dem Wege Mannebach-Reimerath
an dem Kreuzungspunkte dieses Weges und der Chaussee Kelberg-
Boos, bei dem Km-Stein 52,3. Dieser Basalt enthält vielfach
rundliche über haselnussgrosse Carbonatbildungen. Die Gesteine
der beiden letzten nahe bei einander gelegenen Punkte sind u. d. M.
in ihrer Ausbildungsweise sehr übereinstimmend. Neben dem
Plagioklas ist braunes trichitisches Glas reichlich vorhanden. Der
sehr scharf conturirte Augit zeigt prachtvolle Zonarstructur mit
abwechselnd grünen, grauen und hellröthlichen Schichten. Auf-
fallend häutig sind knäuelartige Durcliwachsungen der Individuen.
Der Kern der grösseren Krystalle ist vielfacli corrodirt. Biotit selten.
Kapp Ü29 — 131); südwestlich von Gefeil, nördlich von
Darscheid. Steinbruch. Die von dieser Kuppe mitgebrachten
Handstücke weisen u. d. M. zwei sehr verschiedene Structurformen
auf. Die eine stellt ein vollkonnnen gleichmässig- körniges Ge-
menge von Plagioklasleisten, Augitprismen, Olivinkörnchen nebst
Magnetit dar. In der anderen wird durch äusserst winzige Aus-
bildung von Plagioklas, Augit, Erz eine sehr dichte Grundmasse
51
gebildet, in welcher grössere Olivine, mit sehr regelmässiger Be-
grenzung mikroporphyrisch hervortreten. Diese Olivine enthalten
Picotitkörnchen bis zur Grösse von 0,12 mm.
Kaiserkopf (Alteburg) bei Uelmen (120); südlich der
Chaussee Uelmen-Cochem, durch Steinbruch aufgeschlossen.
Die Präparate von folgenden drei Vorkommnissen weisen u.
d. M. einen bemerkenswerthen Gehalt an jenen bekannten Pseudo-
krystallen von magmatisch umgewandelter Hornblende auf:
Alte Burg (138); nordwestlich von Adenau und südlich
von Reiferscheid. An verschiedenen Blöcken tritt die Hornblende
bereits makroskopisch in grösseren Einsprenglingen hervor.
Beilstein (13?); bedeutende Basalterhebung südlich der
Chaussee Kelberg-Boos, „von ruinenhaftem Ansehen". An mehre-
ren Blöcken ist eine auffallend häufige Zeolith-Bildung wahrzu-
nehmen.
May höchst, niedrige, doch deutlich hervortretende Kuppe
östlich von Köttelbach mit kleinem Steinbruch. Die au der süd-
östlichen Seite dieser Kuppe geschlagenen Handstücke lassen
makroskopisch grössere Olivinkörner erkennen. U. d. M. zeigt
sich die Zugehörigkeit zu den echten Plagioklasbasalten ; hervor-
zuheben sind die mit den alten Hornblende-Conturen erscheinen-
den Anhäufungen von den stark pleochroitischen, keulenförmigen
Gebilden von Hornblende, wie im Gestein vom Brinkenköpfchen.
An der südwestlichen Seite des Mayhöchst nimmt der Basalt
ein ganz anderes Aussehen an; mit blossem Auge ist Olivin
nirgends wahrzunehmen, dagegen treten viele Hornblende-Prismen,
nicht selten in fluidaler Anordnung hervor. Auch u. d. M. ist
Olivin nicht zu bemerken. Die Grundmasse bildet einen äusserst
dichten Filz von Plagioklasleistchcn. Augit- und Erzkörnchen, in
derselben liegen die Hornblende-Krystalle und vereinzelte blass-
röthliche Augite ausgeschieden. Die Hornblende ist sehr stark
pleochroitisch und zeigt nur ganz vereinzelt Spuren von An-
schmelzung, welche zudem auf den alleräussersten Rand beschränkt
sind. Auffallend ist es, dass fast sämmtliche Individuen Theile
der Gruiidniasse in sich beherbergen, welche auch in langen
zapfenförmigen Partieen weit in das Innere hineingreift. Bereits
makroskopisch fällt bei diesem Basalt ferner noch eine bedeutende
Menge von eingeschlossenen verglasten Sandstein- oder Grau-
wacke-Bröckchen auf. ü. d. M. zeigen dieselben stets eine hell-
braune Glasmasse mit Augitmikrolithen , in welche die vielfach
zerborstenen Quarzkörnchen eingebettet sind.
Dieser Basalt bildet den Uebergang zu einigen hier noch an-
hangsweise zu besprechenden olivinfreien Plagioklasbasalten.
In mancher Hinsicht dem letztbeschriebenen sehr ähnlich erweisen
4*
52
sich vereinzelte Blocke, welche in dem verlassenen Steinbruch
an der Strasse Kelberg-Boxberg. an der Schmalen Wiese (dort,
wo der Weg nach Mosbruch abgeht) gefunden wurden, v. Decken
(1. c, p. 254) führt bei diesem Punkte Andesit an; derselbe war
jedoch nirgends zu constatiren. U. d. M. erweist sich der Basalt
bereits stark zersetzt. Namentlich der Augit ist vielfach in eine
trübe opalartige Masse umgewandelt. Magmatisch veränderte Horn-
blende ist reichlich vorhanden. Olivin scheint gänzlich zu fehlen.
Zu den olivinfreien Plagioklasbasalten ist endlich noch zu
rechnen das Gestein einer Kuppe zwischen ZermüUen und Reime-
rath. Das schon makroskopisch äusserst dicht erscheinende
Material setzt sich u. d. M. lediglich aus einem vollkommen gleich-
massigen Gemenge von Plagioklasleisten und Augitprismen nebst
Erzkörnchen zusammen. Biotit spärlich.
Nephelinbasalte.
Tomberg (185); Basaltkegel südwestlich von dem Dorfe
Wormersdorf und südöstlich von Rheinbach gelegen. Auf der
Spitze eine Ruine.
Steineberg (60); östlich von Mehren, weithin sichtbare
Kuppe, 549,6 m ü. d. M. Auf der Höhe nahe dem Gipfel liegt
das Dorf gleichen Namens. Verschiedene Steinbrüche.
Es ist wohl recht eigenthümlich , dass gerade diese beiden
Kuppen, diejenigen, welche einerseits nach Norden, andererseits nach
Süden zu die Grenzsteine der Eifeler Basaltvorkommnisse dar-
stellen, als typische Nephelinbasalte von den meisten übrigen
Kuppen petrographisch scharf geschieden sind.
U. d. M. bestehen diese letzt erwähnten zwei Gesteine aus
einem holokrystallinen Gemenge von Nephelin, Augit, Olivin,
Magnetit. Der Nephelin erscheint in seiner charakteristischsten
Ausbildungsweise, nämlich in scharf begrenzten Rechtecken oder
Hexagonen, mit schwachen Polarisationsfarben. Seine Substanz
ist im Allgemeinen sehr klar, nur im Basalt vom Steineberg zeigen
sich Spuren von Faserigkeit als Folge der Zersetzung. An Ein-
schlüssen ist er arm. nur spiessige Nadeln durchspicken ihn ge-
legentlich, die blass grüne Farbe der letzteren deutet auf Augit-
Mikrolithe hin. Der blass röthliche augitische Gemengtheil erscheint
in rundlichen Körnern; am Steineberg treten einzelne Krystalle
durch ihre Grösse (bis zu 1 mm) mikroporphyrisch hervor und
sind dann mit massenhaften Glaseinschlüssen erfüllt. Der recht
frische Olivin enthält nur wenige Picotitkörnchen. Biotit ist in
Avinzigen stark dichroitischen Läppchen ziemlich verbreitet. Plagio-
klas tritt nur äusserst sporadisch auf. Bei der Behandlung des
Pulvers dieser Nephelinbasalte mit HCl gelatinirt dasselbe ausser-
53
ordentlich. Von dorn Pulver des Tomberger Basaltes gingen
hierbei 34,6 "/o in Lösung.
Nitzbach's Steinchen bei Adenau (62 u. 63); diese
Kuppe, welche sich durcli horizontale Lagerung der Basaltsäulen
auszeichnet, liegt am östlichen Ende von Adenau, nordwestlich
von dem Wege, welcher am Ausgange des Ortes an der Kapelle
von der Chaussee aus nach Kaltenborn abgeht.
Im Präparat zeigt dieses Gestein ein von den anderen Ne-
phelinbasalten sehr verschiedenes Aussehen. Die Hauptmasse
bildet u. d. M. ein Teig von farblosem Nephelin und brauner
Glasmasse. Der Nephelin ist wenig gut begrenzt, meistens er-
scheint er mit unregelmässigen tümpelartigen Formen. Vereinzelte
deutliche Krystalldurchschnitte (bis zu 0,7 mm Länge) und die
charakteristische Polarisationsfarbe lassen jedoch nicht im Zweifel,
dass hier Nephelinsubstanz voi-liegt. Das Gesteinspulver gelatinirt
mit Salzsäure eben so sehr wie dasjenige der vorhin beschriebenen
Nephelinbasalte. Von Interpositionen sind nur Augitmikrolithe zu
nennen, die Substanz des Nephelins ist sehr klar. Die neben
diesem farblosen Gemengtheil ebenfalls sehr reichlich vorhandene
braune Glasmasse zeigt globulitische Körnung und ist vielfach er-'
füllt mit zierlichen Skeletten schwarzen Erzes. In diesem aus
Nephelin und Glasmasse gebildeten Grundteige liegen grössere
Krystalle von Augit und Olivin zerstreut. Der hell röthliche Augit
ist ausserordentlich deutlich begrenzt, die Querschnitte bilden
Achtecke von modellähnlicher Schärfe. Die Verticalschnitte zeigen,
dass aus der orthodiagonalen Zone stets nur OP und ccPoo zur
Entwicklung gelangt sind. Zwischen -j- Nicols weist der Augit
wundervoll ausgebildete Schalen- und Sanduhrstructur oder con-
tinuirlich wandernde Auslöschungsschiefe auf, letztere Erscheinung
ganz ähnlich, wie sie bei den Plagioklasen bekannt ist, welche
dabei ebenfalls keinen zonaren Aufbau erkennen lassen. Die
Mehrzahl der Individuen ist nach ccPxi, meist lamellar verzwillingt.
Der stark serpentinisirte Olivin sowohl wie der Augit enthalten
äusserst zierliche Picotitoktaederchen (bis zur Grösse von 0,04. mm).
Im Uebrigen sind beide an Einschlüssen arm. Sehr bemerkens-
werth ist der Gehalt an Hornblende in einer ganz eigenthümlichen
Form, wie dieselbe ausserdem noch in 2 Basaniten der Eifel
beobachtet wurde. Dieselbe spielt nämlich hier nicht nur die
Rolle des gelegentlichen Einsprenglings, sondern ist im ganzen
Gestein in regelmässiger Weise verbreitet. Die Krystalle sind im
Allgemeinen nicht gut begrenzt, die Durchschnitte erscheinen meist
fetzenartig mit schlecht entwickelter Spaltbarkeit, doch fehlen
auch nicht Schnitte mit den charakteristischen Conturen der Horn-
blende. Keine Spur von etwaiger Anschmelzung wird bemerkt.
54
Die Farbe ist ungewöhnlich dunkel, die Individuen werden nur in
den dünnsten Schliffen mit tief dunkelbrauner Farbe durchscheinend,
zeigen dann kräftigen Pleochroismus und eine fast gänzliche Ab-
sorption der parallel c schwingenden Strahlen. Man könnte sie
deshalb im Gegensatz zu der bekannten hellbraunen Varietät
„dunkele" Hornblende nennen. An Interpositionen beherbergt
dieselbe sehr reichlich Augitkörnchen und farblose Nadeln, welche
wohl dem Apatit angehören. Magnetit ist in üblicher Weise ver-
breitet. Plagioklas fehlt gänzlich.
Im unmittelbaren Contact mit dem Basalt findet sich an der
südwestlichen Seite dieser Kuppe ein graues, äusserlich opalähn-
liches Gestein, mit ausgezeichnetem muscheligem Bruch, welches
jedenfalls durch Verglasung der Grauwacke entstanden ist. U. d.
M. bietet dasselbe eine graue bis hell bräunliche Glasmasse mit
Trichiten dar, in welcher massenhaft vielfach zerborstene Quarz-
körnchen eingebettet sind. Als Englasungsproducte finden sich
in der Masse vereinzelte Augitmikrolithe . ferner sehr reichliche
Gruppen jenes aus mannichfachen Beschreibungen bekannt gewor-
denen farblosen, scharf begrenzten, offenbar hexagonalen Minerals,
*über dessen Natur auch hier nichts sicheres zu bestimmen ist.
Spinellbildungen waren nicht zu entdecken.
Zu den Nephelinbasalten dürfte wohl auch das Gestein vom
Hoch-Kelberg (.5) zu rechnen sein. Dasselbe zeigt u. d. M.
vorwiegend ein äusserst dichtes Gemenge von Augit- und Olivin-
körnchen, sowie Erzpartikelchen. Der farblose Gemengtheil tritt
nirgendwo deutlich begrenzt hervor, an einzelnen lichten Stellen
polarisirt derselbe jedoch schwach bläulich. Von Plagioklas ist
keine Spur zu bemerken.
Leucitbasalt.
Michelskirch (146); südöstlich von Münstereifel, nördl. vom
Arenberg. Weithin in der ganzen nördlichen Eifel sichtbare Basalt-
kuppe; auf der Spitze eine Wallfahrtskirche. 581.8 m ü. d. M.
Die Hauptmasse des farblosen Gemengtheils in diesem Basalte ge-
hört jedenfalls dem Leucit an. Seine Durchschnitte haben meist
rundliche, nicht selten jedoch auch sehr scharf achteckige Con-
turen; die charakteristischen zierlichen Kränzchen von Körnchen
und Ivurzen Mikrolithen. welche hier wohl dem Augit angehören,
sind ausgezeichnet zu beobachten. Neben dem Leucit scheint
jedoch auch Nephelin in geringer Menge vorhanden zu sein.
Plagioklas dagegen fehlt überhaupt. Augit und Olivin weisen ein
sehr gleichmässiges Korn auf, das grünliche Zersetzungsproduct
des letzteren zeigt mehrfach Pleochroismus. Biotit in geringer
Menge vorhanden.
55
Nephelin-Basanite.
a. Ohne Hornblende.
Barsberg bei Bongard (85).
Arensberg (140); mit der Ruine der Arnulphuskirche west-
lich von Stroheich, und östlich von Walsdorf; durchbricht die
untere und mittlere Abtheilung des Mitteldevons in der Eifelkalk-
mulde von Hillesheim.
Plagioklas und Nephelin betheiligen sich in gleichmässiger
Weise an der Zusammensetzung dieser Gesteine; beide Gemeng-
theile sind in ihren charakteristischen Formen ausgebildet und
sehr wohl von einander zu unterscheiden. In dem Basanit des
Arensberg ist ausserdem noch braune Glasmasse reichlich vor-
handen. Der stark zersetzte Olivin tritt in beiden Vorkommnissen
erheblich gegen den Augit zurück.
b. Hornblende-führend.
Aremberg (139); 626.9 m ü. d. M. . hoher bewaldeter
Basaltberg, der gegen SW nach dem linken Ufer der Ahr abfällt,
NNW von Antweiler; mit der Ruine des gleichnamigen Schlosses.
Nahe unter dem Gipfel liegt das Dorf Aremberg, eins der höchst
gelegenen Dörfer in der Eifel.
Casselberg bei Horperath (91); an der Strasse Kelberg-
Uelmen, mit grossem Steinbruch und schöner säulenförmiger Ab-
sonderung.
Die Hornblende ist in diesen Basaniten bereits makroskopisch
in äusserst fein vertheilten Kryställchen wahrzunehmen. In den
Präparaten zeigt sich u. d. M. eine Grundmasse, gebildet von
Augit. Plagioklas und Nephelin nebst Erz. In dem Casselberger
Gestein betheiligt sich auch wiederum noch braune Glasmasse mit
Trichiten reichlich an derselben. Grosse Augitkrystalle und Olivine
sind mikroporphyrisch ausgeschieden. Die Hornblende tritt in
jener charakteristischen „dunkelen" Form auf, wie dieselbe bereits
bei dem Nephelinbasalt vom Nitzbach's Steinchen bei Adenau be-
schrieben wurde. Dieselbe ist in beiden Basaniten überall regel-
mässig vertheilt und zwar in gi-osser Menge. Die Individuen sind
im Mittel 0.15 mm gross. Der Olivin ist auftallend frisch.
Leucit-Basanit.
Kleine Kuppe auf der östlichen Seite des Felsberges
und der Strasse von Dann nach Dockweiler (125). U. d. M.
erscheint das Gemenge der an der Zusammensetzung sich be-
theiligenden Mineralien stellenweise sehr dicht. Von den beiden
farblosen Gern ength eilen, Plagioklas und Leucit, scheint der erstere
56
zu überwiegen. Der Leucit ist auch hier meist nur in rund-
lichen Körnern mit den charalvteristischen Mikrolithen- Kränzchen
vorhanden, gut ausgebildete Krystalle sind selten, dann aber auch
von sehr scharf achteckiger Umgrenzung.
V. Decken hielt schon die Untersuchung der beiden Basalt-
gesteine vom Steineberg (p. 52) und dieser kleinen Kuppe öst-
lich vom Felsberg für besonders wünschenswerth. „um die
Meinung zu bestätigen, dass beide dem Plagioklas- oder Feld-
spathbasalt im Gregensatz zu den Laven und Schlacken der be-
nachbarten Berge angehören" (1. c. p. 60 u. 64). Dass dies
nun nicht der Fall ist, zeigt die Erkenntniss. dass der Steine-
berg aus typischem Nephelinbasalt besteht, das Gestein dieser
Kuppe jedoch zu den wenigen Leucit führenden Basalten der Eifel
gehört.
Es ergiebt sich also aus den mitgetheilten Untersuchungen,
dass die sogenannten echten, kuppenbildenden Basalte überhaupt
keineswegs von den Basaltlaven durch das Auftreten des Plagioklas
resp. das Fehlen des Nephelin oder Leucit petrographisch .streng
geschieden sind. Alle die erwähnten Basalttypen haben unter den
Laven ihres Gleichen, und der Unterschied zwischen beiden ist
eben nur ein rein geologischer, welcher in dem verschiedenen
Alter begründet ist. Namentlich dürfte daher auf das gelegent-
lich vorkommende nahe Beisammenliegen solcher doch aus ver-
schiedenen Zeitperioden stammenden Eruptivgesteine in Bezug auf
derartige rein petrographisclie Fragen kein Gewicht zu legen sein.
Endlich mag noch auf die im Gegensatz zu den benach-
barten rheinischen Basalten autfallende Erscheinung hingewiesen
werden, dass in keinem von allen besuchten Basalt-Steinbrüchen
der Eifel ebensowenig wie in dem daraus gewonnenen Strassen-
Schotterungs-Material irgend ein Vorkommniss von sogenannten
Olivinknollen wahrgenommen wurde.
Was das gegenseitige Altersverhältniss der besprochenen
Eruptivgesteine anbetrifft, so fehlen in Bezug auf Trachyt und
Andesit in der Eifel zur Bestimmung desselben die ganz sicheren
Anhaltspunkte, da weder Durchsetzungen noch Ueberlagerungen,
überhaupt keine direkten Contactc bekannt sind. Aber die That-
sache, dass die Andesiteruptionen offenbar au der Peripherie der
vielleicht ein einziges Ganzes bildenden grossen Trachytmasse auf-
treten (Freienhäuschen und Umgegend von Köttelbach, sowie die
Andesite an der Booser Chaussee im Süden, Reimerath im Osten,
Rengersfeld im Nordosten, Bocksberg im Nordwesten) giebt der
Wahrscheinlichkeit Raum, dass hier der Trachyt das ältere, der
57
Andesit das jüngere Gestein ist. Denn es ist wolil leichter zu
erklären, dass die Andesite nahe den Rändern einer bestehenden
Trachytniasse emporgebrochen seien, als dass umgekehrt jüngerer
Trachyt den Raum gerade zwischen präexistirenden Andesitbergen
eingenommen habe. Auch im Siebengebirge „wird ein höheres
Alter des Drachenfelser Trachyts im Vergleich zum Wolkenburger
(Andesit) dui-ch drei Punkte erwiesen, wo das letztere Gestein in
dem Drachenfelser gangförmig auftritt" ^).
Die Basalte der Gegend von Kelberg scheinen jünger zu sein
als die dortigen Trachyte und Andesite. Allerdings wurden auch
hier Gangbildungen der ersteren in den letzteren nicht gefunden;
aber der Feldspathbasalt des Schwarzebergs nördlich von Hüner-
bach kann als Unterlage nur die grosse, plateauartige Trachyt-
masse besitzen, welche sich von Hünerbach aus wohl gegen Norden
bis in das bei Zermüllen mündende Thal erstreckt, wenn auch
gerade an dem Basalt selbst Vegetation und Humus das Anstehen
des Trachyts nicht erkennen lassen. Auch sonst sind über diesem
Plateau zahlreiche Basaltstücke verstreut, von denen man nur an-
nehmen kann, dass sie von früheren localen Basaltbedeckungen
herstammen.
Dass das Basaltgestein der Kuppe des Brinkenköpfchens aller
Vermuthung nach jünger ist, als der an ihrer Basis anstehende
Andesit. wurde bereits hervorgehoben (p. 20). In dem benach-
barten Siebengebirge waltet bekanntlich dasselbe Altersverhältniss
zwischen den kieselsäurereicheren und kieselsäureärmeren Ge-
steinen ob; „die Hauptmasse des Basalts ist hier beträchtlich
jünger als die Hauptmasse des Trachyts"^).
*) G. VOM Rath. Ein Beitrag ?.. Kenntniss d. Trachyte d. Sieben-
gebirges. Bonn 1861, p. 38.
') v. Decken, Geogn. Führer in d. Siebengeb., p. 426.
58
2. lieber Dislokationen anf Rügen.
Von A. VON KcENEN in Göttingen.
In einem Aufsatze „über postglaciale Dislokationen" (Jahr-
buch d. Kgl. Preuss. geolog. Landesanstalt für 1886) hatte ich
die schon früher von mir in Aufsätzen in demselben Jahrbuche
vertretene Ansicht, dass Thäler und Seen der norddeutschen Ebene
mindestens theilweise nicht dui-ch Gletscherwirkung, sondern im
Wesentlichen durch Verschiebungen resp. Senkungen in der Erd-
rinde entstanden sein dürften, auch auf Jasmund. den nordöst-
lichen Theil von Rügen ausgedehnt, gegenüber den von Johnstrup
über Möen und Rügen ausgesprochenen Annahmen und auch
gegenüber den Anschauungen norddeutscher Geologen.
Im folgenden Jahre sah ich mich genöthigt, in demselben
Jahrbuch (Beitrag zur Kenntniss von Dislokationen, p. 457) einigen
irrigen Auffassungen von Scholz über meinen erst erwähnten Auf-
satz entgegenzutreten und nochmals die grosse Aehnlichkeit her-
vorzuheben, welche die Rinnen und Thaleinsenkungen auf Rügen
und im nordöstlichen Deutschland mit ihren ,,auft"allend tiefen,
bald kesseiförmigen, bald in die Länge hingedehnten Vertiefungen"
mit solchen im mittleren Deutschland besässen, welche nachweis-
lich durch Dislokationen und Bodensenkungen entstanden sind,
indem ich zugleich daran festhielt, dass auf Jasmund Verwerfungen
vorlägen.
Im vorigen Jahre hatten dann Wahnschaffe ^) und Berendt ^)
wiedei'um ihren Standpunkt als Glacialisten vertreten, während
Mitte August im Anschluss an die Versammlung der deutschen
geologischen Gesellschaft in Greifswald einige 30 Theilnehmer an
derselben auf einer grösseren Excursion nach Boniholm auch
Rügen besuchten und dort, speciell an der Mündung des Kieler
Baches nördlich von Sassnitz, die Ueberzeugung gewannen, dass
dort nicht Gletscherpressungen, sondern Verwerfungen vorliegen.
1) Die Bedeutung der baltischen Höhenrücken's für die Eiszeit.
Verband], des VIII. deutschen Geographentages zu Berlin, p. 134 ff.
^) Die Lagerungsverhältnisse und die Hebungserscheinungen in
den Kreidefelsen auf Rügen, Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 1889,
p. 147 ff.
59
Wahnschapfe machte hiervon in einem Nachtrage zu dem
erwähnten Vortrage Mittheilung, suchte aber für diese Störungen
wenigstens ein intergkiciales Alter festzuhalten, weil von ihnen
der obere Geschiebemergel nicht mit betroffen sei.
Ebenso hatten Credner, sowie Cohen und Deecke an der
Excursion Theil genommen und besuchten nach Schluss derselben
die erwähnte Stelle nochmals. Credner^) gab eine sehr klare
Schilderung der Lagerungsverhältnisse, vermied jedoch, sich über
das Alter der Störungen bestimmt auszusprechen, wohl weil er
sich in der Kürze der Zeit ein sicheres eigenes Urtheil nicht
bilden konnte.
Cohen und Deecke konnten etwas mehr Zeit auf die Unter-
suchung verwenden und veröffentlichten^) das Resultat derselben
nebst den Profilen, welche sie selbst an Ort und Stelle aufge-
nommen hatten; sie Hessen es einstweilen unentschieden, ob die
Verwerfungen interglaciale oder postglaciale seien, nehmen aber
an, dass ihre Richtung eine südost-nordwestliche sei, während ich
angegeben hatte, dass sie, dem Laufe der Bachthäler entsprechend,
eine ost-westliche sei (NB. mit einen Strich gegen Norden), dass
aber Verwerfungen anderer Richtungen, besonders süd-nördliche,
keineswegs fehlen.
Cohen und Deecke heben nun hervor, dass die Mündungen
der Bäche in das Meer „in auffallender Weise dort liegen, wo
gesunkene Diluvialschichten auftreten". Ich hatte dies auch be-
merkt, aber nicht weiter auffallend gefunden, sondern in ursäch-
lichen Zusammenhang gebracht, wie ein solcher zwischen Dis-
lokationen und Thälern sich im mittleren Deutschland so häufig
nachweisen lässt, während Aufschlüsse in den Bachthälern auf
Jasmund landeinwärts völlig fehlen. Cohen und Deecke meinen
dagegen, die Verwerfungen könnten nur auf die Stellen von
Einfluss gewesen sein, wo die Bäche an die Küste treten.
Auf der neuerdings erschienenen Generalstabskarte von Jas-
mund im Maassstabe 1 : 25000 hatte ich nun gesucht, mich zu
Orientiren und das vor 4 Jahren von mir Beobachtete mir wieder
zurecht zu legen; ich kann mich aber nicht erinnern, zwischen
Stubbenkammer und Sassnitz unzweifelhaft oberen Geschiebethon
gesehen zu haben, sondern erst südlich von der Mündung des
Sassnitzer Baches; auf der Kreide liegt sonst theils unterer Ge-
schiebethon, theils Dammerde, in welcher einzelne Geschiebe stecken.
1) Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges., 1889, p. 365 ff.
^) Sind die Störungen in der Lagerung der Kreide an der Ost-
küste von Jasmund (Rügen) durch Faltungen zu erklären? in Mit-
theilungen des naturwissensch. Vereines für Neuvorpominern imd Rügen,
21 Jahrg., 1889.
60
Auf Cohen und Deeckk's Profil Figur I ist jedocli bei x ein
Abschneiden von oberem Geschiebethon an einer Verwertung zu
sehen, wie dies auch bei der Besprechung (p. 5) gesagt wird.
Diese Verwerfung würde somit eine postglaciale sein und gegen-
über Wahnschaffe' s Ansicht für meine Deutung des Alters dieser
Verwerfungen beweisend sein.
Auf der erwähnten Karte findet sich nun dicht westlich von
dem Hauptfahrwege, welcher von Sassnitz nach Stubbenkannner
führt, etwa 700 m südlich vom „Baumhaus Hagen" die Bezeich-
nung „Eingesunkene Stelle", und zwar annähernd in der Richtung
des Kieler-Brimnitzer Baches.
Herr Oberförster Kreyser in Werder theilte mir auf meine
bezügliche Anfrage gütigst mit. dass dort vor ca. 8 Jahren zwei
Erdfälle entstanden seien, in deren Nähe noch ein dritter, jeden-
falls erst in historischer Zeit erfolgter vorhanden wäre. Gleich-
zeitig mit diesen Erdfällen sei eigenthümlicher Weise eine sonst
stets klare Quelle durch Kreideschlamm trübe und milchig ge-
worden, welche 4 km westlich von dort im „Hohen Holz", west-
lich von Vietzke und Hagen entspringt.
Ich habe keinen Grund, irgendwie an der Zuverlässigkeit
dieser Angaben zu zweifeln; aus denselben ergiebt sich aber zu-
nächst, dass zwischen den Erdfällen und der Quelle ein Zusammen-
hang existirt durch eine von Osten nach Westen (mit einem Strich
nach Norden) verlaufende Spalte, also in der Richtung und der
Fortsetzung des Brimnitzer-Kieler Baches; dieser dürfte somit in
der Fortsetzung jener Spalte liegen.
Dass das Wasser von den Erdfällen nach jener ca. 30 m
tiefer liegenden Quelle nach Westen verläuft, statt nach Osten,
in den Brimnitzer-Kieler Bach, kann durch die verschiedensten
Verhältnisse bedingt sein, auf die hier einzugehen viel zu weit
führen würde.
Beiläufig sei hier noch bemerkt, dass ich von solchen Berg-
formen, wie die des in gleicher Richtung verlaufenden Langen-
berges etc. dicht südlich vom Hohen Holze, im mittleren Deutsch-
land von vornherein vermuthen würde, dass sie auf Dislokationen
zurückzuführen seien.
Ausserdem ergiebt sich aber auch aus jenem Ereigniss,
dass bis in die neueste Zeit auf Rügen durch Erdfälle, ohne
Zweifel auf Spalten, rundliche und trichterförmige Vertiefungen
entstehen, welche den Strudellöchern und Gletschertöpfen der
„Glacialisten" durchaus ähnlich werden, sobald durch Abbröcke-
lung ihrer ursprünglich scharfen Ränder eine Abrundung derselben
und zugleich eine Erhöhung der Sohle erfolgt ist. Eine solche
61
Entstelmiigsweise hatte icli aber mindestens für einen Theil der
rundlichen oder in die Länge hingedehnten Vertiefungen auf Rügen
und im nordöstlichen Deutschland in Anspruch genommen.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich endlich noch erwähnen,
dass kürzlich dicht hei dem Klostergute Maricngarteu, etwa 1 1 km
südsüdwestlich von (iöttingen, an dem Bergabhang nordwestlich
von dem Gute, ein Erdfall entstand, welchen ich zwei Tage später
besichtigte. Derselbe hatte oben nur etwa 1 m Durchmesser, er-
weiterte sich aber nach unten etwas, und ich konnte mit Sicher-
heit erkennen, dass er auf einer knapp 1 m weiten Spalte im
Trochitenkalk erfolgt war, welche annähernd parallel mit dem
Thalrande verlief.
Augenscheinlich hatte sich hier ein Streifen Trochitenkalk
abgelöst und nach dem Thale hin gesenkt, und hierdurch war
die Spalte entstanden. Im Fortstreichen derselben sind aber nach
Angabe der Forstbeamten auch früher schon gelegentlich Erd-
fälle erfolgt.
Es ist dies das erste Mal, dass ich eine otfene, klatfende
Spalte unter einem Erdfall selbst sehen konnte, während ich seit
Jahren das Vorhandensein von Spalten als Ursache von Erdfällen
und von runden und grabenartigen Vertiefungen der Erdoberfläche
angesehen hatte.
62
3. lieber morpliotropische Beziehungen
zwischen anorganischen Sauerstoff- und
Schwefelyerbindungen.
Von Herrn F. Rinne in Berlin.
Bei Gelegenheit der Beschreibung von Zinkitkrystallen wies
Verfasser ^) auf die Aehnlichkeit der Krystallformen des Zink-
oxydes und der entsprechenden Schwefelverbindung, des Würtzites,
hin. Es sind diese beiden Substanzen nicht nur demselben
Systeme angehörig und gleicherweise durch Hemimorphismus in
Richtung der Verticalaxe ausgezeichnet, auch ihre Axenverhält-
nisse sind mit Leichtigkeit und ungezwungen auf einander zu be-
ziehen, wie folgender Vergleich ergiebt:
Zinkit, ZnO, hexagonal hemimorph, a: Y2C= 1 : 0,8109,
Würtzit, ZnS, hexagonal hemimorph, a: c =r 1 : 0,8002.
Die Aehnlichkeit der beiden Substanzen ist hiernach eine so
grosse, dass im vorliegenden Falle von einem Isomorphismus
zwischen diesen sich entsprechenden Sauerstoff- und Schwefelver-
bindungen gesprochen werden könnte.
Da der Verdacht der Zufälligkeit indess bei Feststellung
derartiger Beziehungen nicht ohne Weiteres ausgeschlossen bleibt,
so ist eine weitere Prüfung an der Hand anderer Beispiele, wenn
möglich auch aus anderen Gruppen, angebracht, um Näheres über
die morphotropischen Verhältnisse von Sauerstoff und Schwefel
bei anorganischen Substanzen zu erfahren.
Unter den Mineralien sind nun sich entsprechende Sauerstoff-
und Schwefelverbindungen keine Seltenheit. Hierher gehörige, künst-
lich dargestellte Substanzen füllen die noch bleibenden Lücken
zum Theil aus.
Im Folgenden soll eine Prüfung der thatsächlichen Ver-
hältnisse versucht werden, und zw\ar seien zunächst die nach der
Formel M2 R3 aufgebauten Sauerstoff- und Schwefelverbindungen
betrachtet.
^) F. Rinne. Beiträge zur Kenntniss des Krystallsystems des
Zinkoxyds (Zinkits, Rothzinkerzes). Neues Jahrbuch für Mineralogie,
1884, Bd. II, p. 170.
63
Sb2 Os und Sb2 Ss. Nach den Messungsresultaten, welche
Laspeyres^) an den Valentiniten von Bräunsdorf, Przibram und
Constantiiie erhielt, lassen sich als Axenverhältniss dieser Krystalle
folgende Mittehverthe aufstellen:
a : b : c = 0,391365 : 1 : 0,33666.
Den Formen des Antinionglanzes wird passend das Axen-
verhältniss zu Grunde gelegt, welches Edw. S. Dana^) durch
seine Messungen an den schönen Krystallen aus Japan ableitete.
Dasselbe lautet:
a:b: c = 0,99257 : 1 : 1,01789.
In obiger Form ist die herrschende Beziehung in den Axen-
längen des Valentinits und des Antimonglanzes etwas verschleiert.
Durch Verdreifachung der Axen a und c des ersteren Minerals
tritt eine solche heraus. Man erhält dann:
Valentinit, Sb2 O3, rhombisch. a:b:c= 1,174095:1 :1,00998.
Antimonglanz. Sbg S3, rhombisch, a:b:c = 0.99257 :1:1, 01789.
Die Krystallsysteme der beiden Substanzen sind dieselben.
Die Längen der Axen c sind fast genau gleich. Der Hin-
blick auf die Schwierigkeit der Abmessungen am Valentinit lässt
den Unterschied als äusserst geringfügig erscheinen. Hingegen
ergiebt der Vergleich der Axen a einen bezeichnenden Unterschied,
auf den hier besonders hingewiesen wird, da Aehnliches bei den
folgenden Verbindungen des Typus ^h Rs nicht zu verkennen ist.
Nicht unwichtig erscheint der Vergleich der Cohäsionsver-
hältnisse der beiden in Rede stehenden Minerale. Wie bekannt,
lassen beide in vollkommener Weise sich in Blättchen nach
ccPx (010) zerlegen, sodass auch in dieser Beziehung eine Ueber-
einstimmung der Krystallstructur zu Tage tritt.
Im Senarmontit giebt es eine reguläre Gleichgewichtslage für
die Substanz Sba O3. In dieser Form ist Sb2 S3 noch nicht ge-
funden worden.
Bi2 Q3 und Bi2 83. In der Natur ist das Wismuthoxyd. wie
es als Wismuthocker vorliegt, nur als unansehnliches Verwitterungs-
product von Wismutherzen bekannt. Als Ersatz für die mangelnde,
natürliche Krystallausbildung müssen hier deshalb die künstlichen
Krystalle dienen, welche A. E. Nordp:nskjöld ^) bezüglich ihrer
') H. Laspeyres. Mineralogisclie Bemerkungen. Zeitsclirift für
Krystallographie u. s. w., 1884, Bd. IX, p. 162.
^) Edw. S. Dana. Ueber den Antimonglanz von Japan. Zeit-
schrift f. Krystallographie u. s. w., 1884, Bd. IX, p. 29.
^) A. E. XoRDEXSKJÖLD. Beitrag zur Kenntnlss der Krystall-
formtn einiger Oxyde. Pogüend. Ann IStil, Bd. 114, p. 622.
64
Formausbilduiig untersucht liat. Zum Vergleich mit ilinen dient
der natürliche Wismuthglanz. dessen vollständiges Axenverhältniss
von P. Groth ^) durch die Abmessung eines Krystalles von der
Cerro de Tazna in Bolivien festgestellt wurde.
Die betreffenden Daten sind folgende:
Wismuthoxyd, Bi2 O3, rhombisch, a : b : c = 0.8165 : 1 : 1,0640.
Wismuthglanz, Bi2 S3, rhombisch, a : b : c = 0,9680 : 1 : 0,985.
Der Vergleich dieser beiden Substanzen ist mithin ohne
weitere Umformung der Axenverhältnisse möglich, und es zeigt
sich das gleiche Kr.ystallsystem und eine recht auffallende Be-
ziehung in den Längen der Verticalaxen. Gleichwie beim ersten
Vergleich zwischen Valentinit und Antimonglanz erscheint fernerhin
auch hier wiederum ein bezeichnender Unterschied zwischen den
Werthen der Brachydiagonalen. Indess mag ein Theil dieser nicht
unwesentlichen Abweichung vielleicht der nicht den höchsten
Anforderungen entsiDrechenden Ausbildungsart der verglichenen
Krystalle zuzuschreiben sein; die von Nordenskjöld erlangten
Winkeldaten über die künstlichen Wismuthoxyd-Krystalle sind, wie
der Verfasser selbst bemerkt, nur angenähert richtige Grössen.
Die Cohäsionsverhältnisse sind für Wismuthoxyd von Norden-
skjöld nicht angegeben worden. Der natürliche Wismuthglanz
spaltet, wie bekannt, gleich Valentinit und Antimonglanz nach
ccPoo (010) in vollkommener Weise.
AS2 O3 und Ar2 Sa. Die Substanz As2 O3. der eine so be-
deutsame Stellung in der Lehre vom Ismorphismus zukommt,
krystallisirt, wie Wöhler^) zuerst an Krystallen aus einem Kobalt-
röstofen in Schwarzenfels (Hessen) w^ahrnahm. in zwei Moditica-
tionen, insofern als sie ein Mal in Gestalt von Oktaedern auftritt,
dann aber auch in Formen sich darstellt, die lange Zeit als rhom-
bische Combinationen angesprochen wurden. Durch Des-Cloizeaux^)
wurde die monokline Natur der zweiten Modification an ihrem
optischen Verhalten erkannt. Zu demselben Ergebniss gelangte
auch A. Schmidt^), welcher für Krystalle, die sich in Folge von
Grubenbrand in Schmöllnitz gebildet hatten, das folgende Axen-
verhältniss aufstellen konnte:
a : b : c = 0,4040 : 1 : 0.3445; ß = 87» 2' 56".
^) P. Groth. Beitrag zur krystallographischen Kenntniss des
Wismuthglanzes. Zeitsclir. f. Krystallographie, 1881, Bd. V, p. 252.
^) F. WÖHLER. lieber die Dimorphie der arsenigen Säure.
Poggend. Ann. 1832, Bd. 26, p. 177.
^) Des - Cloizeaux. Note sur la forme clinorhombique et les
caracteres optiques de Facide arsenieux prismatique. Bull, d I. Societe
fran^aise de Mineralogie, 1887, Bd. X, p. 303.
*) A. Schmidt. Claudetitkrystalle von Szomolnok. Zeitschr. f.
Krystallographie u. s. w., 1888, Bd. XIV, p. 575.
65
Für Auripigment gilt das Axenverhältniss :
a:b: c=: 0,9240: 1 : 1,0524.
Verdreifacht man, entsprechend dem beim Valentinit angewandten
Verfahren, die Längen der Axen a und c der As203-Kr)'stalle, so
erhält man:
Claudetit, AS2O3, monoklin, a:b:cz=1.2120:l:l,0335;
^= 870 2' 56".
Auripigment, As2 S3. rhombisch, a : b : c = 0,9240 : 1 : 1.0524;
ß = 90 0.
Wiederum erscheinen die Axen c bezeichnender Weise fast
längengleich, während die Axen a recht beträchtlich von einander
abweichen. Wie ersichtlich könnte dieser Unterschied in den
Längen der Axen a leicht ganz zum Verschwinden gebracht
werden , da sich diese beiden Diagonalen wie 3 : 4 verhalten
(0,9240 : 3 = 0,3080 und 1,2120 : 4 = 0,3040), indess scheint
die Differenz gerade charakteristisch zu sein und ist deshalb besser
nicht zu verwischen.
Die Krystallsysteme sind verschieden.
Die Frage, ob auch dem Auripigment das monokline Sj^stem
zukommt, wie Breithaupt aus anderen Gründen annehmen zu
müssen glaubte, erhebt sich deshalb im Anblick des Obigen
von Neuem.
Nicht ohne Belang ist bei dem Vergleich der Verbindungen
As2 O3 und As2 S3 die Wahrnehmung, dass auch diese beiden
Substanzen in den sich entsprechenden Moditicationen des Claude-
tits und Auripigments eine gleichgerichtete und gleich vollkommene
Spaltbarkeit in ihrer Blättrigkeit nach dem seitlichen Pinakoide
besitzen. In regulärer Form ist As2 S3 nicht bekannt.
Als nächste Gruppe sei die ausgedehnte, bereits in der Ein-
leitung berührte Reihe solcher Oxyde und Sulfide betrachtet,
welche nach der Formel MR aufgebaut sind. Ihnen schliessen
sich eng die entsprechenden, mit den Sulfiden isomorphen Arsen-
und Antimonverbindungen an. Von vornherein ist klar, dass, da
ZnO und ZnS in ihren Gestalten grosse Aehnlichkeiten darbieten,
auch die mit ihnen isomorphen Körper solche zeigen müssen.
Es ergiebt sich, dass sowohl MS als MO als dimorphe Sub-
stanzen angesehen werden müssen, deren entsprechende Modifi-
cationen untereinander isomorph erscheinen. Und zwar sind es
das reguläre und das hexagonale System, welchen die Körper
angehören. Nicht bei allen hierher gehörigen Oxyden und Sulfiden
sind beide Ausbildungsarten in der Natur bekannt. Auch nach
Heranziehung der künstlich dargestellten Körper bleiben noch
einige auszufüllende Lücken bestehen.
Zeitechr. d. D. geol. Ges. XLH. 1. 5
66
ZnO und ZnS. Eine solche Lücke bietet sogleich das Zink-
oxyd dar, welches in der Natur und durch menschliches Zuthun
nui" in hexagonalen Krystallen gefunden bezw. gebildet ist. Bis-
weilen lässt sich an den Krystallgestalten deutlich der herrschende
Heminiorphismus in Richtung der Axe c schon äusserlich er-
kennen. Das Axenverhältniss ist nach den Messungen des Ver-
Verfassers (1. c, pag. 164) an künstlichen Krystallen von Ler-
bach (Harz)
a:c=: 1 : 1,6219.
Das Zinksulfid anderseits weist beide Gleichgewichtslagen auf.
In der Zinkblende erscheint es regulär in tetraedisch-hemiedri-
scher Ausbildung; der Würtzit stellt die hexagonale Form der
Substanz dar. Dass der Wüi'tzit hemimorph in Richtung der
Verticalaxe ausgebildet ist, konnte F(erstner^) an zierlichen
Krystallen unbekannten Fundortes feststellen. Seine Messungen
ergaben für diesen Würzit das Axenverhältniss
a : c = 0.8002.
Verfasser (1. c, pag. 164) machte seiner Zeit auf die augen-
fällige Aehnlichkeit des Zinkits und Würtzits aufmerksam, die
durch Zweitheilen der Axe c des Zinkits auch im Axenverhältniss
heraustritt.
Zinkoxyd, ZnO, hexagonal hemimorph, a : Y2C = 1 : 0,8109
Würzit. ZnS, hexagonal hemimorph, a : c := 1 : 0,8002.
Noch etwas geringer erscheint der Unterschied dieser Längen
bei Annahme des Axenverhältnisses. welches sich aus den Messungen
von Friedel ^) an den von Sidot ^) dargestellten Würtzitkrystallen
ergiebt, und welches lautet
a:c= 1 : 0,8175.
Bei beiden Mineralien, Zinkit und Würtzit. wird basische und
prismatische Spaltbarkeit nach xP (1010) angegeben.
CdO und CdS. Das dem Zink so nahe stehende Cadmium
verhält sich auch in seinem Oxyd und Sulfild ganz denen des
Zinks entsprechend. Doch ist die Kenntniss über die vier mit
Wahrscheinlichkeit darstellbaren Ausbildungsarten noch nicht voll-
ständig. Nur drei sind bislang zur Anschauung gekommen: die
reguläre Form des Oxydes uud die gleichfalls reguläre aber auch
die hexagonale des Sulfildes. Das Cadmiumoxvd wurde von
*) H. FÖRSTNER. Ueber künstlichen Würtzit. Zeitschr. f. Krystallo-
graphie u. s. w. 1881, Bd. V, p. 363.
^) C. Freedel. Sur les cristaux de sulfure de zinc obtenus par
M. Sidot., Compt. rend., 1866, Bd. 62, p. 1001.
^) Sidot. Recherches sur la cristallisation de quelques sulfures
metalliques. Compt. rend., 1866, Bd. 62, p. 999.
67
Werther ^) in deutlichen, oktaedrischen Krystallen beobachtet,
das Cadniiumsultid findet sich als isomorphe Beimischung in der
regulären Zinkblende und liegt dann aber auch iu den schönen,
hexagonalen Krystallen des Greenockits vor. Ausgezeichnete
Exemplare dieses gleichfalls in Richtung der c-Axe hemimorphen
Minerals sind von Mügge") gemessen worden. Das bezügliche
Axenverhältniss heisst
a:c = 0,8109.
Die Aehnlichkeit desselben mit dem des Zinkits ist besonders
hervorstechend: Die Axenverhältnisse erscheinen genau gleich gross
bei den beiden Mineralien, die, nach den gebräuchlichen An-
gaben^), auch die prismatische Spaltbarkeit nach aP (1010) mit
einander gemein haben.
MnO und MnS. Diese Manganverbindungen sind für die
gepflogenen Betrachtungen dadurch von besonderem Interesse, als
sie in vollständiger Entwicklung ihrer theoretisch vorauszusagen-
den Ausbildungsarten vorliegen. Sowohl vom MnO als auch vom
MnS kennt man die reguläre und die hexagonale Entwicklungs-
form. Die Krystalle des Manganosits, an denen Sjögren*) die
Combinationen b (111), ccO(lOl), oder seltener ocOx (100),
0(111) beobachten konnte, stellen die reguläre Form des MnO
dar. Nach Blomstrand^) spalten derbe Massen dieses Minerals
von Länebanshytta in Wermland nach dem Würfel.
Entsprechender Weise bietet auch die Substanz MnS eine
reguläre Entwicklung dar. Sie liegt in der Manganblende (Ala-
bandin) vor, welche man in die tetraedrisch-hemiedrische Ab-
theilung des regulären Systems stellt. Sie entspricht in dieser
Stellung der Zinkblende, deren so ausgeprägte, dodekaedrische
Spaltbarkeit man indess in ihr nicht vorfindet. Um so mehr Be-
achtung findet hier ihre Beziehung zu dem ihr (als regulären
MnS) entsprechenden regulären MnO, das wie erwähnt, gleich ihr,
nach dem Würfel Blättrigkeit besitzt.
So stehen sich also in diesem Falle bezüglich der Cohäsions-
verhältnisse die regulären Formen von MnO und MnS näher als
die von MnS und ZnS.
Was die hexagonalen Modificationen von MnO und MnS
>) Joiirn. f. pr. Chemie, Bd. 55, S. 118.
^) 0. MüüGe. Greenockit von Kilpatrik in Schottland. Neues
Jahrbuch f. Mineralogie u. s. w., 1882, Bd. 11, S. 18.
*) Nach Friedel (Compt. rend. 1866, p. 1002) spaltet indess
Greenockit wie auch Würtzit nach <xP 2 (1120).
*) Anton Sjögren. Mineralopiska notiser V. Manganförekomsten
i Nordmarken. Geologiska Foren. Förhandl. 1878—1879, Bd. IV, p. l.iG.
•"') Ber. d. ehem. Gesellsch., 1875, p. 130.
68
anlangt, so liegen beide als isomorphe Beimischungen vor. Im
hexagonalen Rothzinkerz bedingt MnO die rothe Färbung der
Krystalle, und MnS findet man im hexagonalen Erythrozinkit
f(Zn, Mn) S].
FeO und FeS. Wenngleich das FeO auch nicht für sich
in regulären Krystallen gefunden ist, so beweist doch das Vor-
kommen dieser Substanz als isomorphe Beimischung im Periklas
(MgOj sowohl als auch im Manganosit (MnO), dass sie fähig
ist, eine solche Gleichgewichtslage anzunehmen.
Dieselbe Schlussfolgcrung ist auch* für FeS erlaubt, welches
in entsprechender Weise in der Zinkblende (ZnS) und im Eisen-
nikelkies (mit NiS) vorkommt.
Dem Obigen zu Folge muss auch eine hexagonale Gleich-
gewichtslage für FeO und FeS erwartet werden. Bezüglich der
letzteren Verbindung ist ihre Möglichkeit aus dem Vorhandensein
von FeS im hexagonalen Würtzit (ZnS) nur zu erschliessen,
wenn man nicht geradezu den Magnetkies als hexagonalen Re-
präsentanten der Substanz FeS hinstellen und die schwaidvenden
Analysenresultate dieses Minerals durch Verunreinigungen der
Verbindung FeS erklären will. Es kann für diese Auffassung
der Umstand angeführt werden, dass, wie bereits Breithaupt ^)
angiebt. die Winkelverhältnisse des Magnetkieses denen des
Würtzites, Greenockites u. s. w. recht nahe stehen. Wohl die
genauesten Messungen am Magnetkies konnte Seligmann ^) an
Kryställchen anstellen, die in Hohlräumen des analcimreichen
Basaltes von den Cyclopen-Inseln sich vorfinden. Seine Messungen
führten zu folgendem Axenverhältniss , das mit dem des Zinkits
verglichen ist.
Magnetkies. FeS (?), hexagonal, a : c := 1 : 1,6502
Zinkit, ZnO, hexagonal hemimorph, a:c= 1 : 1,6219.
Dass vom FeO gleichfalls eine hexagonale Form einmal
gefunden werden wird, sei es auch nur als isomorphe Beimischung,
ist recht wahrscheinlich.
NiO und NiS. Sowohl bei NiO als auch bei MS kennt
man die reguläre Formentwicklung. In regulären Oktaedern wurde
ersteres beim Gaarmachen Nickel führenden Kupfers bemerkt, und
in derselben Form ist es in der Natur als Bunsenit bekannt.
Gleicherweise erscheint NiS im Eisennickelkies mit FeS in re-
gulären, oktaedrisch spaltenden Massen.
') A. Breithaupt. Beiträge zur näheren Kenntniss einiger Kiese
und der kiesbildenden Metalle, auch neue Isomorphien. Poggend.
Ann., 1840, Bd. 51, p. 515.
^) G. Seligmann. Magnetkies. Zeitschrift f. Krystallographie,
1886, Bd XI, p. 343.
69
In hexagonaler Ausbildung ist nur NiS vorhanden, welches
Sulfid in den meist haarförinig dünnen Milleritkrystallen vorliegt.
Man weist diesem Mineral seine Stellung in der rhomboedrischen
Abtheilung des hexagonalen Systems an. sodass es vereinzelt den
anscheinend holoedrisch ausgebildeten Krystallen des Greenockits
(CdS), Würtzits [(Zu, Fe) S] gegenübersteht, solange man nicht
auch letztere für rhomboedrisch halten muss, wofür vor der Hand
kein ausschlaggebender Beweis vorliegt. In seinen Winkelverhält-
nissen hingegen zeigt der Millerit grosse Aehnlichkeiten mit den
erwähnten Sulfiden sowie auch mit dem Zinkoxyd. Benutzt man
zur Ableitung eines dem des Zinkits gleichartigen Axenverhält-
nisses die Messungen Breithaupt's (1. c, p. 511) beziehungs-
weise Miller' s^), so gelangt man zu folgenden Werthen, welche
mit denen für Zinkit verglichen sind.
Millerit, NiS, hexagonal rhomboedrisch:
a : c = 1 : 0,8448 (Breithaupt),
a: c= 1 : 0,8239 (ÄIiller),
a : c = 1 ; 0,8343 (Mittel),
Zinkit. ZnO, hexagonal hemimorph:
a: V2C= 1 : 0,8109.
Nicht unbeachtet darf hier die Wahrnehmung bleiben, dass
in einer beträchtlichen Anzahl von Magnetkiesen ein bedeutender
Nickelgehalt festgestellt ist^). ■
Die in Rede stehenden Verhältnisse erlangen dadurch ein
erhöhtes Interesse, dass auch den Oxyden und Sulfiden ent-
sprechende Arsen- und Antimonverbindungen des Nickels unter
den Erzen bekannt sind. Sie liegen im Kupfernickel und Anti-
monnickel vor. Die seltenen Krystalle der ersteren Substanz,
wie sie in den Vorkommnissen von Sangerhausen erscheinen,
stellen hexagonale P^yramiden dar, deren Winkel zur Basis nach
Miller^) 136° 35' beträgt. Hieraus berechnet sich folgendes
Axenverhältniss, das mit dem vom Zinkoxyd verglichen ist.
Zinkoxyd, ZnO, hexagonal hemimorph, a: Yac = 1 : 0,8109
Rothnickelkies, NiAs, hexagonal, a: c = 1 : 0,8194.
Die Aehnlichkeit lässt nichts zu wünschen übrig. Eine
Spaltbarkeit lässt das Arsennickel nicht erkennen.
1) W. H. Miller, üeber die Krystallform des Schwefelnickels
und anderer Substanzen. Poggend. Ann. 1835, Bd. 36, p. 475.
") Vergl. aus neuerer Zeit z. B. Henry How: Notes on some
north americau Pyrrhotites, and other minerals containing nickel.
Mineralog. Magaz. ^1877, p. 124.
ä) Au elementary introduction to Mineralogy by W. Phillips, new
edition by H. J. Brooke and W. H. Miller, 1852, p. 143.
70
An Krystallen von natürlichem Antimonnickel hat Breithaupt
(1. c, p. 512) Messungen ausgeführt und die Neigungswinkel
zweier Pyramiden zur Basis zu 153'^38' und 123*^ 55' gefunden.
Fasst man diese Gestalten als V2P (1012) und ^oP (3032) auf,
so ergieht sich aus diesen gut mit einander übereinstimmenden
Winkeln
a: c= 1 : 0,8585.
BeO. Wie bekannt bildet BeO gleich ZnO hexagonale
Krystalle. die in ihrem Axenverhältniss mit dem des Zinkits so-
weit übereinstimmen, dass von einem Isomorphismus beider ge-
sprochen werden kann. Es sei diese Substanz deshalb auch hier
erwähnt, obwohl der Vergleich mit der entsprechenden Schwefel-
verbindung nicht ausgeführt werden kann, weil die krystallogra-
phischen Verhältnisse letzterer Substanz nicht gegeben werden
können. Die Messungen von E. Mallard ^) an von Ebelmen dar-
gestellten Krystallen von BeO führten auf
a: c= 1 • 1.6305.
H2O. Die Durchsicht der stattlichen Litteratur über dieses
Oxyd lässt erkennen, dass die Auffassungen über die Krystall-
gestalt des Eises sehr verschiedenartige sind. Jedoch stimmen
die Beobachter darin überein, dass diesem häufigen Minerale das
hexagonale System, sei es rhomboedrisch oder vollflächig, zuzu-
schreiben sei. Für gewisse Vorkommnisse wird von einigen
Forschern ein noch nicht näher gekannter Dimorphismus in An-
spruch genommen.
Wohl einer der glücklichsten Beobachter von Eiskrystallen
war A. E. Nordenskjöld (1. c, p. 612). welcher im Winter 1860
flächenreiche Schneekrystalle messen konnte. Diese stellten die
Combinatiou aP(loTO); 4P (4041); P (lOTl); V2P (10T2);
OP (0001) dar. In bezeichnender Weise waren diese Krystalle
hemimorph in Richtung der Axe c ausgebildet. Die Pyramiden
fanden sich nur am einen Ende der Individuen, am anderen schloss
allein die Basis den Krystall ab. Nordenrkjöld giebt als Axen-
verhältniss an:
a:c= 1 : 1,617.
Die Krystalle erschienen vollflächig, nicht rhomboedrisch,
ausgebildet zu sein.
Der Vergleich mit den Krystallen des Zinkits ergiebt eine
bedeutsame Aehnlichkeit. Dasselbe Krystallsystem. derselbe Hemi-
^) Er. Mallard. Examen de diverses substances cristallisees
pveparees mais non decrites par Ebelmen. Ann. (t. Mines, 1887,
8. Serie, Bd. 12, p. 430.
71
morphismus findet sich bei beiden Verbindungen. Das Axenver-
hältniss des Zinkits
a: 0= 1 : 1,6219
erlaubt ohne weiteres, die gegenseitigen Krystallgestalten von
Zinkoxyd und Eis aufeinander zu beziehen.
Der Ueberblick über die behandelte Gruppe der Monoxyde
und Monosulfide lehrt eine derartig enge krystallographische Ver-
wandtschaft der hierher gehörigen und sich chemisch entsprechen-
den Sauerstoff- und Schwefelverbindungen, dass füglich unbedenk-
lich von einem Isomorphismus beider gesprochen werden kann.
Es wTirde im Obigen nicht verfehlt, auch Aehnlichkeiten in der
Krystallstructur, soweit sich letztere durch die Spaltbarkeit zu
erkennen giebt, hervorzuheben.
Nicht ohne Interesse bezüglich der in Rede stehenden Verhält-
nisse ist fernerhin der Vergleich der optischen Eigenschaften,
wozu natürlich nicht die regulären, sondern nur die hexagonalen
Modificationen herangezogen werden können.
Wie bekannt sind die meisten der einaxigen Körper negativ
doppelbrechend; die positiv doppelbrechenden stellen mehr die
Ausnahme von der Regel dar. Es ist nun überraschend zu er-
kennen, dass sämmtliche hierher gehörigen Körper, die auf den
Charakter ihrer Doppelbrechung haben untersucht werden können,
diese Ausnahmestellung einnehmen. Es sind positiv doppel-
brechend: Zinkit und Würtzit. Greenockit, Erythrozinkit und Beryll-
erde sowohl wie das Eis. Die Bestimmung der Doppelbrechung
der anderen hierher gehörigen Körper, Magnetkies, Millerit, Kupfer-
nickel und Breithauptit hindert die ündurchsichtigkeit derselben.
Die Verbindungen der betrachteten Gruppe der Monoxyde
und Monosulfide sind durch dimorphe Entwicklung ausgezeichnet,
insofern sowohl bei den Oxyden als den Sulfiden eine reguläre
und eine hexagonale Form vorhanden, beziehungsweise zu er-
warten ist. Eine ähnliche Zweigestaltigkeit herrscht bei der Gruppe
des Kupferglanzes, deren Betrachtung angereiht sein möge.
Die hierher gehörigen Substanzen sind die Oxyde und Sulfide
von Cu, Ag und Pb. Der Ueberblick über die vorhandenen Mo-
dificationen lehrt, dass für CU2S. Ag2S und PbS sowohl als für
CU2O, Ag2 0 und PbO eine reguläre und eine rhombische Modi-
fication anzunehmen ist. Während indess für CU2S und Ag2S
die erstere und die zweite Gleichgewichtslage nachgewiesen ist, kennt
man für PbS nur die reguläre Ausbildung. Bei den Oxyden liegt
für CU2O und Ag2 0 die reguläre, für PbO die rhombische Aus-
bildung vor, sodass mithin der Vergleich zwischen Oxyden und
Sulfiden gesichert erscheint. Die Verhältnisse sind folgende.
Cu2 0 bildet die schönen, regulären Krystallc des Rothkupfer-
erzes. Gleicherweise entsteht CU2S in regulärer Ausbildung beim
Erstarren einer Schmelze von Schwefel und Kupfer. In ausge-
zeichneter Weise liegt die rhombische Gleichgewichtslage des
CU2S im Kupferglanz vor, dessen Axenverhältniss weiter unten
angegeben worden ist.
AgaO wurde von H. Yogel') beim Verdunsten einer kali-
bezw. natronhaltigen, ammoniakalischen Silberlösung in zierlichen,
regulären Krystallskeletten erhalten. Auch Ag2S ist regulär im
Silberglanz und in isomorpher Mischung mit CU2S im Jalpait
vorhanden. Die Untersuchungen J. Krenner's haben wahrschein-
lich gemacht, dass die rhombische Form des Ag2S im Akanthit
nicht vorliegt. Da diese Substanz indess als isomorphe Bei-
mischung im rhombischen Silberkupferglanz vorhanden ist, kann
an der Möglichkeit einer rhombischen Ausbildung des Ag2 S nicht
gezweifelt werden.
PbS liefert die regulären Bleiglanzkrystalle. PbO wurde
von NoRDENSKJÖLD (1. c, p. 619) untersucht mid rhombisch be-
funden. Im Folgejiden ist das Axenverhältniss dieses Oxydes
mit denen des rhombischen Kupfer- und Silberkupfersulfides
verglichen.
Silberkupferglanz (Cu,Ag)2S, rhomb., a:b:c=0.5820:l :0,9206
Kupferglanz CU2S, rhombisch, a:b:c = 0,5822: 1 :0,9709
Bleioxyd PbO. rhombisch, a:b:c=:0.6706:l :0,9764.
"Wie ersichtlich lassen diese Sulfide und Oxyde die Anwen-
dung der Lehren der Morphotropie sehr wohl zu. Dasselbe
System findet sich bei beiden. Bezeichnender Weise stehen die
c-x\xen in ihrer Länge einander sehr nahe und lassen die Axen a
charakteristische Unterschiede erkennen.
Zum Schluss sei noch die Gruppe von Sauerstoff- und
Schwefelverbindungen herangezogen, als deren Repräsentanten das
Magneteisen gelten kann. Die für dieses Erz so sehr charakteri-
stische Form des Oktaeders sowie die Zwillingsbildung nach einer
Fläche dieser Form kehren auch beim Kobaltnickelkies wieder,
der als eine dem FeaO^ entsprechende Schwefelverbindung (Ni,
Co, Fe)3 Si zum Vergleiche anregt. Auf diese bedeutsame Aehn-
lichkeit ist frühzeitig bereits von anderer Seite aufmerksam ge-
macht"). Auf dieselbe muss hier von Neuem hingewiesen werden.
Fernerhin sei an dieser Stelle der Kupferkies betrachtet,
*) H. Vogel. Ueber krystallisirtes Silberoxyd und kohlensaures
Silberoxyd. Poggend. Ann. 1863, Bd. 118, p. 145.
') Naibiann - Zirkel. Elemente der Mineralogie. 1877, 10. Aufl.,
p. 278.
73
dessen chemische Zusammensetzung sehr wohl durch eine der des
Magnetits entsprechende Formel gegeben werden kann. Schreibt
man mit P. Groth^) den Magnetit als Ferrat, so kann folgender
Vergleich gezogen werden
Magnetit, (Fe 02)2 Fe, regulär, a : a : a = 1 : 1 : 1
Kupferkies, (FeS2)2 (Cu2), tetragonal, a : a : c ^ 1 : 1 : 0,9856.
Der Eintritt des (Cuo) an Stelle von Fe in ein dem
(Fe 02)2 Fe entsprechendes Sulfosalz. hat zwar das System in das
tetragonale verwandelt. Immer nocli tritt jedoch in der bekannten
Krystallgestalt des Kupferkieses, die in obigem Axenverhältniss
charakterisirt ist, und in seiner Zwillingsbildung die Verwandt-
schaft mit den Spinellen deutlichst heraus.
') P. Groth. Tabellarische Uebersicht der Mineralien 1889,
3. Aufl. p. 67.
74
Anarosaurus pumilio iiov. geji. nov. sp.
Von Herrn W. Dames in Berlin.
Hierzu Tafel I.
In der paläontologischen Sammlung der Königlichen Univer-
sität zu Göttingen wird das fast vollständige Skelet eines kleinen
Nothosauriden aufbewahrt, welches bei Remkersleben (ca. 15 km
westlich von Magdeburg) gefunden wurde. Das Gestein, welches
das Skelet enthält, ist ein grau-gelber, dichter, thoniger Kalk mit
rundlichen, bis nussgrossen Hohlräumen, deren Wände mit Kallc-
spathkrystallen ausgekleidet sind. Derartige Kalke weisen mit
Sicherheit auf die obere Grenze des Unteren Muschelkalks hin,
ja, es empfiehlt sich vielleicht aus Gründen, deren Ausführung
hier nicht am Platz ist, mit diesen Schichten die Anhydritgruppe,
also den Mittleren Muschelkalk, beginnen zu lassen.
Herr Professor von Koenen hat mir freundlichst dieses
schöne Stück der ihm unterstellten Sammlung zur Beschreibung
anvertraut. Ich spreche ihm dafür auch an dieser Stelle meinen
aufrichtigen Dank aus.
Auf eine genauere Darstellung der Lage des auf Platte und
Gegenplatte vertheilten Skelets kann verzichtet werden, da die-
selbe durch einen Blick auf die beigegebene Abbildung klar wird.
Um Wiederholungen zu vermeiden bezeichne ich die auf Tafel I.
links stehende Platte mit A. die rechts stehende mit B. Beim
Aufschlagen des Gesteins ist das Skelet so zerspalten, dass
einzelne Knochen ganz auf der einen, andere theils auf A theils
auf B liegen. Der Kopf ist seitlich bis zu den Rumpfrippen der
rechten Seite zurückgebogen. Der Hals ist in einem regelmässigen
Bogen gekrümmt. Das Ende der Halswirbelsäule und der Anfang
der Rumpfwirbelsäule sind nicht erhalten. Von der Yorder-
extremität mit ihrem Gürtel ist nur das linke Coracoid, ein Fragment
der linken Scapula und der linke Humerus, meist nur im Ab-
druck, erhalten, sowie eine ihrer Lage nach nicht w^eiter zu
deutende Phalanx neben der Schnauzenspitze. Die Rumpfwirbel-
säule hat mehrere Rippen noch in situ und darüber gelagert das
zierliche Bauchrippensystem. Vom Becken sind Pubes und Ischia
deutlich, das Ilium sehr unsicher. Das rechte Femur ist voll-
75
kommen erhalten, von der Tibia und Fibula nur der proximale Theil.
Der caudale Theil des Thieres fehlt ganz.
Der Kopf ist so zerspalten, dass er jetzt dem Beschauer
die Gaumenfläche zuwendet. Das Schädeldach liegt in A mit der
Obei-fläche nach unten, die Gaumenfläche ist mit ihrer Knochen-
substanz theils auf A theils auf B hängen geblieben. Der Unter-
kiefer liegt noch in nahezu natürlicher Lage, sodass seine Aeste
von unten sichtbar sind. Daher kommt es, dass ein Theil der
Zähne dem Beschauer zu-, ein anderer von ihm abgewendet ist.
Die ersteren gehören dem Oberkiefer, die letzteren dem Unter-
kiefer an. -— Die Dimensionen des Schädels sind folgende:
Länge vom Hinterhauptscondylus bis zur Schnauzenspitze . 42 mm
Länge von der Spitze des Quadratojugale bis zur Schnau-
zenspitze 51 -
Breite zwischen den Spitzen der beiden Quadratojugalia . . 20 -
Grösste Länge der Gaumenlöcher 11 -
Breite - - 6 -
Breite der schmälsten Stelle der Pierygoidea zwischen den
Gaumenlöchern 7 -
Breite des Schädels in der Mitte 20 -
Wenn sich auch die Dimensionen des Schädels im Allge-
meinen angeben lassen, so ist die Erhaltung doch so ungünstig,
dass über seine einzelnen Theile nur Lückenhaftes mitgetheilt
werden kann. Der Hinterhauptscondylus ist nicht erhalten; wohl
aber sieht man, dass die Pterygoidea bis dicht an denselben heran-
reichten, dass sie also ein unteres Gaumendach wie bei NofJio-
saurus und den eusuchen Crocodilen bildeten. Man sieht ferner
die Quadratojugalia in scharfem Winkel von den Pterygoideen
abgehen, auch ist die Gelenkfläche für den Unterkiefer etwas vor
ihrer Spitze auf Platte B im Abdruck erhalten. Die Gaumeu-
löcher werden nach aussen von den schmalen Jugalia begrenzt.
Ihre Länge ist etwas mehr als ein Drittel der Länge des Schädels
vom Hinterhauptloch bis zur Schnauzenspitze. Ihr äusserer Rand
ist vollkommen gerade und dem Aussenrand der Jugalia parallel;
ihr innerer Rand geht hinten in spitzem Winkel vom Aussen-
rande ab, divergirt von diesem in fast gerader Linie bis zur Mitte
der Längsausdehnung und biegt sich dann weiter vorn in einer
elliptischen Curve wieder nach aussen. Von irgend welchen Nähten
zwischen Pterygoidea und Palatina oder zwischen diesen und
Maxillen ist nichts zu sehen; nur bemerkt man im vorderen Viertel
des Schädels zwei undeutlich begrenzte und zum Theil durch
Kalkspathausfüllung noch mehr verunstaltete Oeffnungen: die un-
teren Nasenlöcher, Auf Platte A zeigen sich im linken Ober-
kiefer mehrere kleine Zähnchen, von denen das grösste in Figur 1
auf nächster Seite in 20facher Vergrösserung dargestellt ist. Unten
76
Fii
ist es etwas eingeschiiürl, dann schwillt es unregebnässig kugelig
an und trägt auf der Spitze eine kleine Zitze. Der untere Theil
ist schwach längsgestreift, der obere glatt ^). Un-
mittelbar neben und vor ihm ist der Stumpf eines
stark gestreiften Zahnes erhalten, und hinter ihm
folgen noch 3 Zähnchen, in ziemlich weiten Abstän-
den von einander, nur mit der Spitze aus dem
Gestein hervorragend oder — wie der letzte — im
Niveau der Platte abgebrochen. Etwa 8 mm vor
dem eben erwähntem stumpfen Zahn schaut aus
der Gesteinsmasse noch ein Oberkiefereähuchen her-
vor, schlank, stark gestreift und etwas gekrümmt, also
ganz dem Typus der echten Nothosaurus-Zähne entsprechend, und vor
diesem noch die kleinen Spitzen von drei anderen. Die grossen Zähne
des Zwischenkiefers sind kaum sichtbar, weil sie durch den darauf-
liegenden Unterkiefer fast völlig verdeckt werden. Auf der rechten
Seite ist vom Oberkiefer nur der hintere, unmittelbar vor dem
Gaumenloch gelegene Theil erbalten, in welchen die Alveolen von
5 Zähnen liegen. — Dicht neben dem Aussenrand des Oberkiefers
und diesem parallel liegt links der linke Unterkieferast mit der
Unterseite nach oben gekehrt. Das Stück desselben, welches vom
Quadratojugale bis zum hinteren Oberkieferende zu reichen hätte,
fehlt. Der Vordertheil verbreitert sich und trägt jederseits vier
sehr eigenthümlich gestaltete
'^' Zähne, nebenstehend in etwa zehn-
facher Yergrösseruug wiedergege-
ben^). Aus der Alveole erhebt
sich ein gerundeter Stiel, und auf
diesem steht der scblank-spatel-
förmige, oder lanzenspitzenartige,
namentlich an den beiden hinteren
Zähnen gut erhaltene obere Theil.
Die Seitenränder sind etwas auf-
gewulstet, zwischen ihnen ist der
Zahn eben, vielleicht sogar etwas concav, und dieser Raum ist
^) Das unregelmässige obere Ende, welches ausser der zitzen-
förmigen Hauptspitze noch eine kleine Nebenspitze erkennen lässt,
hat nicht alle Zweifel gehoben, ob der Zahn nicht verunstaltet ist.
Von befreundeter und competenter Seite wuixle die Ansicht geäussert,
dass er seine jetzige Foim durch Abkauung erhalten habe. Die Mög-
lichkeit hierzu soll nicht geleugnet werden, obwohl unter den zahl-
reichen Nothosaurns - Zähnen der hiesigen Sammlung keiner Usur-
flächen aufweist. Jedenfalls kann unter diesen Umständen die Gestalt
dieses Zahnes bei dem Vergleich mit der Bezahnung anderer Notho-
sauriden kaum in Betracht kommen.
-) Die Lage des Schädels auf der Platte bedingt es, dass auf ihr
7 l
in seinem oberen Theil ganz fein gestreift. Oben laufen die
Ränder zu einer scharfen Spitze zusammen. Der erste Zahn neben
der Symphyse ist der kleinste und schmälste, der zweite der dickste
und längste, dann folgt in der Grösse der dritte und diesem der
vierte. Die ersten drei stehen ziemlich gleich weit, und zwar
nicht bedeutend, von einander entfernt; der vierte ist von ihnen
durch ein ansehnliches Diastema getrennt.
Weder ist auf der Platte A noch auf Platte B der rechte
Unterkiefer sichtbar, wenn nicht ein ganz schmaler Knochen, der
auf Platte A neben dem Alveolartheil des rechten Oberkiefers
liegt, ilim angehört.
Die Wirbelsäule ist mit einer Unterbrechung in der Grenz-
region zwischen Hals und Rumpf von den vordersten Halswirbeln
bis zu den Sacralwirbeln erhalten, die Schwanzwirbel fehlen.
Während der Kopf mit seiner Schädeldecke auf Platte A nach
unten zu liegen kam. wie wir gesehen haben, sieht man auf der-
selben Platte die vordersten Halswirbel von oben auf den Neural-
bogen. Der Kopf muss sich also bei der Einbettung des Kadavers
in den Meeresschlamm umgedreht haben, sodass der Unterkiefer
nach oben gewendet wurde. Atlas und Axis sind beim Spalten
der Platte völlig zertrümmert. Ausser ihnen zählt man 15 Hals-
wirbel, von denen die ersten 6 völlig auf der Bauchseite liegen,
dann beginnen die folgenden sich mehr und mehr auf die Seite
zu legen, sodass man eine schiefe Profilansicht bekommt. Hier
ist der grösste Theil der Knochensubstanz verloren gegangen, und
man beobachtet daher deutlich die zwischen je zwei Wirbeln ring-
artig erhabene, sonst cylindrische Ausfüllung des Neuralcanals
mit Gesteinsmasse. An den vordersten Wirbeln ist der Neural-
bogen sehr niedrig, oben in der Mediane mit einer Längskante
versehen, weiter nach hinten erhebt er sich mehr und mehr. Die
Länge der einzelnen Wirbel ist von vorn bis hinten fast die
gleiche. Der erste der erhaltenen Wirbel (also in Wahrheit der
dritte) ist 4 mm lang, der löte (in Wahrheit 17te) 4,5 mm.
Der erhaltene Theil der Halswirbelsäule nimmt mithin etwa
65 mm Länge in Anspruch. Reconstruirt man sich den Bogen
weiter zurück bis etwas vor das Coracoid, so kommen für die
Halswirbelsäule noch ca. 35 mm hinzu. Vorausgesetzt, dass auch
diese hinteren, nicht erhaltenen, 4,5mm lang waren, kämen
auf diesen Raum noch etwa 7 Wirbel, sodass einschliesslich Atlas
und Axis für unseren Saurier etwa 24 Halswirbel anzunehmen
wären, was von der bei NofJwsaurus und Lariosauriis bekannten
die Unterkieferzähne abwärts gerichtet sind. Auf Figur 2 ist
ihnen die Stellung gegeben, wie sie für Unterkieferzähne die üb-
liche ist.
78
Zahl (20 oder 21) nicht gar weit abweicht. Zu diesen Hals-
wirbeln gehören auch Halsrippen, welche abgetrennt neben ihnen
liegen. Nur am ersten erhaltenen Wirbel ist auf der rechten
Seite eine kleine Komma-förmige Halsrippe noch in natürlicher
Verbindung mit dem Wirbelkörper bemerkbar. Die übrigen 7 auf
der Seite neben der Wirbelsäule liegenden Rippen gehörten wohl
den letzten der erhaltenen Wirbel an, wenigstens spricht ihre
regelmässige Aufeinanderfolge dafür. Die vordersten 4 Halsrippen
haben ausgesprochene Keilform und unterscheiden sich nur da-
durch von einander, dass die Ecken sich bei den hinteren etwas
mehr in die Länge ziehen. An der fünften Halsrippe ist die
hintere Ecke schon bedeutend länger als die vordere, an der
sechsten nimmt das noch mehr zu, und die siebente stellt schon
eine echte, kurze, zweiköpfige Rippe dar.
Zwischen dem erhaltenen Ende der Halswirbelsäule und dem
der Rumpfwirbelsäule fehlt, wie oben erwähnt, ein beträchtliches
Stück. Aus der Zahl der theils in Substanz, theils im Abdruck
erhaltenen Rippen, welche mit ihren ventralen Enden auf beiden
Platten vor dem Anfang der Wirbelsäule liegen, lässt sich berech-
nen, dass etwa 10 Wirbel nicht erhalten sind, sodass mit
Hinzurechnung der erhaltenen 16 Rückenwirbel Änarosaurus
ca. 26 Rückenwirbel besessen, hatte, also auch hierin sich an
Nothosaurus und Lariosaurus nahe anschliesst. Ueber die
Form der Wirbel ist nichts Genaues zu ermitteln, da die Neural-
bögen theils zertrümmert, theils im Gestein eingebettet sind. Die
Centren sind in der Mitte etwas eingeschnürt, me bei Notho-
saurus; die Processus spinosi erscheinen verhältnissmässig niedriger
als bei Nothosaurus. — An dem Aussenrand der Platte B stösst
ein Wh'bel an, und im Rande selbst liegt noch ein kleines Bruchstück
eines zweiten, welche ich als Sacralwirbel anzusprechen geneigt
bin, weniger des Unterschiedes in der Form wegen, als weil
neben ihnen kurze, dicke, gerade, an beiden Enden ctw^as ver-
dickte Rippen liegen, die füglich nui" Sacralrippen sein können.
Ist diese Deutung richtig, so würde man noch eine weitere, dritte
Rippe zum Sacrum zu ziehen haben, die mit ihrer distalen Hälfte
am Rande der Platte B hinter den beiden eben beschriebenen
liegt. Es würden also mindestens drei Wirbel mit ihren Rippen
der Sacralregion angehören, während man für die übrigen Notho-
sauriden zwei als Regel angenommen hat. doch ist eine entschei-
dende Beobachtung bisher nicht gemacht worden^). Rechts und
») Wenn Deecke (diese Zeitschr., Bd. 38, 1886, p. 182) schreibt:
„Das aus 2 Wirbeln zusammengesetzte Sacrum theilt Lariosaurus mit
den meisten anderen Reptilien, unter anderen auch mit Macromerosanrus,
Pachypleura und wahrscheinlich auch mit Ncuaticosaurus'-' , mid wenn
79
links liegen die Rumpfrippen, aber keine befindet sich mehr
in natürlicher Lage am Wirbel selbst. Die Rippenköpfe sind ein-
fach, etwas rundlich. Unmittelbar dahinter macht die Rippe eine
kleine flache Curve abwärts, hebt sich dann convex nach oben
und biegt sich in schlankem Bogen veiitralwärts. Aehnlich wie
bei Nothosaurus und im Gegensatz zu Lariosaurus sind die Rippen
lang und dünn. Nur wenige sind ihrer ganzen Länge nach er-
halten, am deutlichsten die vierte von hinten auf der rechten
Seite der Platte B, die oberen zwei Drittel in Knochenmasse, das
letzte Drittel im Abdruck. Vom proximalen bis zum distalen
Ende misst sie in der Luftlinie 35 mm, thatsächlich 43 mm.
In grösster Deutlichkeit ist der Bauchrippen-Apparat erhal-
ten. Er besteht, wie bei Nothosaurus und Lariosaurus, aus einem
Mittelstück, das aus 2 unter einem sehr stumpfen Winkel zusaramen-
stossenden Schenkeln gebildet wird; am Scheitelpunkt befindet sich
eine kleine, vorwärts gerichtete Spitze; die äusseren Enden laufen
nadelspitz aus. Zwischen den Schenkeln zweier solcher Mittelstücke,
und zwar zwischen je den rechten, oder den linken, sind noch
feine, an beiden Seiten zugespitzte Stäbchen vorlianden, meist
zwischen je zwei aufeinander folgenden Mittelstück-Schenkeln eines,
doch sind hin und wieder auch zwei deutlich wahrnehmbar. Ob
in diesem Falle eine Verschiebung bei der Verwesung und durch
Gesteinsdruck die Ursache ist, oder ob diese Nebenstäbchen an
keine feste Zahl gebunden sind, ist noch zu entscheiden. — Da
das gesaminte Abdominalst eruum aber annähernd in natürlicher
Lage zum ganzen Skelet erhalten ist, so lässt sich die Zahl der
Mittelstücke zur Zahl der Wirbel feststellen. Auf den Raum von
7 Wirbeln kommen 15 solche Bauchrippen, also ungefähr auf
jeden Wirbel 2, und das ist dasselbe Verhältniss wie bei Lario-
saurus^). Nirgends habe ich eine zweispitzige Endigung an einer
Bauchrippe wahrgenommen, wie sie Nothosaurus häufig zeigt, wo
man sich dieselbe wohl am leichtesten aus der gelegentlichen Ver-
knöcherung des Mitteltheils mit einem Seitenstab entstanden denken
kann. Vor einem Sj^stem in einander greifender, bald vorwärts,
bald rückwärts gewendeter Stücke, wie es Kuniscii in unbegreif-
licher Verkennung der thatsächlichen Verhältnisse und in Un-
es dann p. 186 weiter heisst: „die Theilnahme von nur 2 Wirbeln am
Heiligenbein (nämlich bei Lariosanrus) , während bei jenem (nämlich
Neustlcosaurus) mehr wie drei darin begriffen scheinen", so liegt darin
ein Widerspruch, den ich um so weniger aufklären kann, als ich über
die Zahl der Sacralwirbel bei Keiisticosaurus nur die von Seeley nicht
■wiederholte Angabe Fraas's kenne, dass deren drei vorhanden seien.
Woher nun aber erst wahrscheinlich zwei, und wenige Seiten weiter
mehr als drei?
') Deecke. 1. c. p. 176.
80
kenntniss der klaren Ausführungen Deecke's reconstruirt hat^),
ist weder hier noch bei irgend einer anderen Sauropterygier-
gattung die Rede.
Vom Schultergürtel ist nur die äussere Hälfte des linken
Coracoids erhalten. Der flach gewölbte Aussenrand besitzt keinen
Einschnitt, wie bei NotJiosaurus, sondern steht hierin Lariosaurus
und Neusticosaurus zur Seite. Die untere Hälfte der Gelenk-
fläche, also die für den Humerus, ist verdickt, die obere bedeutend
flacher. Der Vorderrand ist deutlich concav, der Unterrand auch,
aber in geringerem Maasse. — Ueber dem Coracoid liegt ein
zerspaltenes längliches Knochenfragment, das seiner Lage nach
wohl der Scapula angehören könnte, seiner Form nach aber mehr
an eine Clavicula erinnert.
Der Humerus der linken Seite ist so erhalten, dass das
proximale Ende auf beiden Platten im Abdruck erhalten ist, der
Schaft liegt in natura im Gestein, das distale Ende ist im Ab-
druck auf Platte A erhalten. Auf Platte B sieht man deshalb
nichts davon, weil der Humerus nicht parallel zur Schichtfläche
liegt, sondern etwas in das Innere der Platte A eindringt , beim
Spalten des Blockes also ganz auf diese zu liegen kam. Die all-
gemeine Gestalt des Humerus ist durchaus die bei Nothosaurus.
Die angefertigten Kautschuk-ausgüsse zeigen, dass die proximale
Gelenkfläche nahezu eben ist und der Knochen selbst gerundet.
Gelenkfläche und Schaft treffen in einer deutlichen Kante zu-
sammen. Letzterer ist etwas gekrümmt und in der distalen Hälfte,
namentlich am unteren Ende, comprimirt. Auch fehlt das ect-
epicondylare Loch nicht, dessen Ausfüllung als kleiner Zapfen un-
mittelbar am äusseren concaven Rande vorspringt und auf der
Abbildung als hellerer Fleck in dem dunkel-schattirten Theil des
Humerus-Abdrucks sichtbar ist.
Dimensionen des Humerus:
Länge in der Luftlinie 29 mm
Breite am proximalen Ende .... 5
Breite in der Mitte 3,5 -
Breite am distalen Ende 9
Auf Platte A liegt unter dem Humerus-Abdruck, unmittelbar
rechts vom Oberkiefer, ein zersplitterter länglicher Knochen, der
seiner Lage und Form nach sehr wohl dem Radius oder der
Ulna angehören könnte. Er geht unter dem Schädel durch, und
dadurch wird auch die Hand der Beobachtung entzogen. Von ihr
ist nur eine Phalanx unmittelbar links neben der Schnauze auf
Platte A in Gestalt eines kleinen comprimirten an beiden Enden
') Diese Zeitschrift, Bd. 40, 1888, p. 685.
81
etwas verbreiterten Knochen da, dessen Abdruck auf Platte B fast
noch deutlicher ist, als er selbst.
Vom Beckengürtel sind Pubes und Ischia erhalten. Auf
Platte A ist die Pubis dei- rechten Seite im Umriss vollständig
und mit der Knochensubstanz grösstentheils erhalten. Sie wendet
dem Beobachter natürlich die Unter- oder Aussenseite zu. Der
Vorderrand ist regelmässig concav; der Innenrand schwach convex
und 2 mm unterhalb der Ecke . wo er mit dem Vorderrand zu-
sammenstösst, mit einem 5 mm tiefen Einschnitt versehen, dessen
Ränder nach innen zu etwas convergiren. Der Aussenrand ist
convexer als der Innenrand und in zwei unter sehr stumpfen
Winkel zusammenstossende Abschnitte getheilt, von denen der
vordere der kürzere ist. Der Hinterrand ist concav. aber be-
trächtlich geringer als der Vorderrand.
Durch einen lomm langen Zwischenraum, in welchem einige
Wirbel und die oben erwähnten Sacralrippen liegen, von der Pubis
getrennt folgen die Ischia in natürlicher Lage zu einander. Das
rechte Ischium ist in seinen Conturen vollkommen, mit der Knochen-
substanz nur am Innenrande erhalten. Vom linken Ischium fehlen
die äusseren zwei Drittel. Der Innenrand verläuft in seiner
vorderen Hälfte vollkommen gerade, und in dieser geraden Linie
stossen die beiden Ischia aneinander; dann biegt sich der Innen-
rand convex nach unten und aussen. Der Vorderrand ist tief
bogenförmig ausgebuchtet, der Aussenrand schwach convex, der
Hinterrand stark concav. Durch die beiden concaven Räuder
wird die Mitte des Ischium vorn und hinten stark verschmälert,
und auch der nach vorn und aussen gerichtete Theil ist viel
schmaler als der neben der Mediane gelegene.
Auf Platte B liegt links neben der dritten Sacralrippe der
unregelmässig polygonale Querschnitt eines Knochen, der seiner
Lage nach wohl das Ilium sein könnte. Doch kann das nur
Vennuthung bleiben.
Das Femur liegt vollständig erhalten und nur wenig vom
Becken entfernt auf Platte B. Es hat die für Nothosaurus
charakteristische Form eines langen, fast geraden, an beiden
Enden etwas verdickten, in der Mitte dünnen Knochen mit fast
ebenen, kaum convexen Gelenkflächen. Seine Dimensionen sind:
Gesammtlänge 36 mm
Breite am proximalen Ende ... 6 -
Breite am distalen Ende .... 5 -
Breite in der Mitte 3 -
Noch im natürlichen Zusammenhang mit dem Femur zeigr
die Platte B auch die proximalen Enden der Tibia und Fibula.
Erstere ist dem Femur selbst sehr ähnlich, ist wie dieser an
Zeitsclir. d. D. geol. Ges. XLII. 1. 6
k
82
der Gelenkfläche verdickt und unterlialb dieser verschmälert.
Aussen läuft eine stumpfe Kante längs der Längsaxe; die andere
Seite ist flach, sodass der Querscluiitt gerundet dreiseitig wird.
Unter der Gelenkung von Femur und Tibia. und zwar den Winkel,
unter welchem dieselben zusammenstossen. ungefähr halbirend liegt
ein schmaler, comprimirter. soweit sichtbar von parallelen Rändern
begrenztes Knochenfragment, dem seine Lage die Deutung als
Fibula zuweist, deren Form bei Nothoscmrus oder ihm zunächst ver-
wandten Gattungen meines Wissens noch nicht sicher ekannt
war. Umsomehr ist zu bedauern, dass sie auch hier nbr sehr
fragraentär erhalten ist. Dicht am Rande der Platte A luegt ein
an das abgebrochene Ende der Platte B passendes, iweiteres
Fragment.
Dass in dem hier beschriebenen Saurier-Skelet der Typus einer
neuen Nothosauriden-Gattung überliefert ist, lässt sich leicht nach-
weisen. Schon durch die eigenthümliche, Spatei-förmige Gestalt der
grossen Unterkiefer -Fangzähne unterscheidet sie sich von allen
übrigen Mitgliedern der Familie und von jeder derselben einzeln
noch durch weitere Eigenschaften, welclie hier vergleichend hervorge-
hoben werden mögen. Das Skelet steht in seiner Gesammtheit un-
zweifelhaft der Gattung Nothosauriis selbst am nächsten. Zwar ist
der Schädel im Verhältniss zur Länge breiter, als bei den typischen
Arten von Nothosnurus, z. B. NofJtosaiinis mirahUis, aber das
würde an und für sich kein Gattungsunterschied sein, zumal die
langen Fangzähne der Unterkiefersj'mphyse, die sogar in der Zahl
bei beiden übereinstinnnen, beide Gattungen wieder näher bringen.
Ferner sind die Extremitäten, die Rippen und Bauchrippen en
miniature die getreuen Abbilder der betreffenden grossen, durch
H. v. Meyer bekannten iVbf//06rf?/rws-Skelettheile, es fehlt nicht das
Epicondylar-Loch am Humerus und der Einschnitt am Innenrande
der Pubes. Aber in einem Punkt sind Anarosmirus und Notho-
snurus deutlich verschieden: es fehlt Anarosmirus der bei Notho-
sauriis stets vorhandene, wemi auch in verschiedener Grösse ent-
wickelte Einschnitt am Glenoidalrande des Coracoid.
Unterscheidet sich Änarosaurus von Nothoscmrus durch Be-
zahnung und verschiedene Form des Coracoid, so ist von diesen
Merkmalen nur das erstere ein Unterschied von Lariosaurus ^),
') Bei einem Vergleich der von Deecke 1. c. gegebenen Abbildungen
seines Lariosaurus mit dem A'orzüglich ausgeführten Gypsabguss des
in V. ZiTTELS Handbuch der Paläontologie III, p. 485, Fig. 461
in \/8 natürlicher Grösse abgebildeten Prachtexemplars des Münchener
Museums, den die geologisch -paläontologische Sammlung des Königl.
Museums für Naturkunde der Güte des Herrn v. Zittel verdankt,
83
da dieser ebenfalls ein ganzrandiges Coracoid besitzt. Dagegen
sind Lartosaurus und Anarosaurus auf den ersten Blick durch
die Gestalt der Rippen unterschieden, die bei erstereni kurz und
plump, bei letzterem lang, dünn und am distalen Ende spitz sind.
Ferner ist das Femur bei Anarosaurus verhältnissmässig bedeutend
haben sich ernste Zweifel an der generischen Identität beider geltend
gemacht. Die, wenn auch ungenügende Abbildung CuRiONi's lässt doch
genug erkennen, um zur Sicherheit darüber zu gelangen, dass das
Exemplar der Münchener Sammlung thatsächlich zu Curioni's Lario-
saKrus gehört. Ist schon der Hals an den von Deecke beschriebenen
Exemplaren anscheinend viel dünner und länger als bei dem Original-
exemplar und dem der Münchener Sammlung, so ist vor Allem der
Humerus bei beiden völlig verschieden; der der beiden letzteren ist
deutlich gekrümmt, ähnlich wie bei Nothosannis, in der Mitte aufge-
schwollen und am distalen Ende durchaus nicht verbreitert, sondern
eher schmaler als in der Mitte. Per Humerus des von Deecke abge-
bildeten Reptils ist in der Mitte deutlich verengt und am distalen Ende
bedeutend verbreitert, sodass er sich sichtlich dem Plesiosaurier-Typus
mehr nähert, als der irgend einer anderen Nothosauriden - Gattung,
Neusticosaurus vielleicht ausgenommen. Auch an den Claviculae
scheinen wesentliche Formverschiedenheiten bemerkbar zu sein: die
oberen äusseren Ecken treten am Münchener Exemplar in gerundeten
Vorsjirüngen nach aussen und oben vor, was auch die erwähnte Plgur
in V. Zittel's Handbuch deutlich wiedergiebt, während am Exemplar
der Strassburger Sammlung hiervon keine Andeutung zu finden ist.
Radius und Ulna sind an letzteren bedeutend schmaler und am proxi-
malen Ende verbreiteter, als an dem ersteren. Einen Hauptunterschied
geben aber noch die Rippen ab, die an dem Stück der Strassburger
Sammlung verhältnissmässig dünn und scharf gebogen sind, wie bei
A)H(ruS((iirus und Xothosaurm, während die Rippen des typischen
Lariosaurus durch Kürze, Dicke und dadurch auffallen, dass das
distale Ende ebenso breit ist, wie das proximale, jedenfalls sich nicht
in der Weise zuspitzt, wie bei dem Exemplar der Strassburger Samm-
lung. Es scheint mir nach alle dem fast zweifellos, dass Deecke unter
dem Namen Lariosaurus den Typus einer neuen Gattung beschrieben
hat, welcher sich durch den distal verbreiterten Humerus am meisten
Neusticosaurus nähert, von dem er durch den Mangel eines Epicondylar-
liOches unterschieden ist. Der eigenthümliche Einschnitt an dem von
Deecke seltsamer Weise proximal genanntem Hinterrande der Pubes
ist bisher noch bei keinem anderen Nothosauriden nachgewiesen und
dürfte als Gattungscharakter Verwerthung finden müssen. — Wenn ich,
trotzdem ich von der generischen Selbstständigkeit des Sauriers der
Strassburger Sammlung überzeugt bin, demselben doch keinen Namen
beilege, so geschieht es, weil ich nur nach Abbildungen und einem
Gypsabguss urtheilen konnte, während zur endgültigen Entscheidung
der hier angeregten Frage das Studium und der Vergleich der Original -
exemplare unerlässlich ist.
AriarosaurHs unterscheidet sich von dem von Deecke beschriebenen
Stück durcli völlig andere Form des Humerus, der bei letzterem auch
kein Epicondylar-Loch hat, und durch den Ausschnitt an den Pubes,
der bei Anarosaurus im Aussenrande, bei der muthmaasslich neuen
Gattung im Hinterrande liegt.
6*
L
84
länger und dünner und der Hals ebenfalls viel länger. Eine
Verwechselung beider Gattungen ist somit wohl ausgeschlossen.
Conchiosaums und Sünosanrus kommen mit ihren stark ge-
rippten und auch völlig anders geformten Zähnen nicht in Betracht,
und aus demselben Grunde auch Lamprosmiriis nicht, ganz ab-
gesehen von den unverhältnissmässig beträchtlicheren Dimensionen,
welche die genannten drei Gattungen neben Anarosaurus wie
Riesen erscheinen lassen.
Wenn Macromerosmtrus in der That nur ein jugendliches
Individuum von Lariosaurus darstellt, was ich mit v. Zittet.,
Bassani und Curioni für sehr wahrscheinlich halte, trotzdem ihn
Deecke sogar in eine andere Familie zu stellen geneigt ist, so
gelten die Unterschiede von Lariosaurus auch für Macrcmiero-
saurns, den ich zudem nur aus der Abbildung kenne.
Auch folge ich v. Zittel und Lydekker, wenn ich Parhy-
pleura und Neusticosaurus als Synonyme betrachte, da ich selbst
keine Gelegenheit zu einem Vergleich beider gehabt habe. Ana-
rosaurus unterscheidet sich von ihnen durch die glatte, aller
Kanten entbehrenden Gaumenfläche, durch den Besitz grosser
Fangzähne vorn in der Schnauze, durch den Nothosaurus-äihn-
lichen, gekrümmten Humerus, ferner auch dadurch, dass die Tibia
bedeutend dicker ist als die Fibula, während sie bei Netistico-
saurus gleich stark und wahrscheinlich auch relativ bedeutend
kürzer sind.
Dass eine Identität mit Badylosaurtis ausgeschlossen ist,
braucht mit Hinblick auf dessen breite, kurze Halswirbel, auf den
zierlichen Humerus ohne Epicondylar-Loch und das wesentlich
anders geformte, mit ganz geradem Vorderrand versehene Coracoid
nicht des Längeren angeführt werden, und es ist somit wohl der
Nachweis geliefert, dass wir es mit einer neuen Gattung zu thun
haben. Ich habe dieselben nach dem Zwerg Anar der nordischen
Mythologie genannt, dessen Namen auch Oppel früher schon zur
Benennung einer Ammoniten-Art verwerthet hat.
In H. V. Meyer' s grossem AVerk tindet man Reste kleiner
Nothosauriden , welche in der Grösse sehr wohl zu Anaro-
saurus gehören können, aus thüringischem und oberschlesischem
Muschelkalk beschrieben und abgebildet. So können die 1. c,
t. 33, f. 22 — 24 und t. 56, f. 2 dargestellten, von Jena stammen-
den Wirbel und Skelettheile sehr wohl auf Anarosaurus bezogen
werden, und das umsomehr. als es sich zwar nicht um den sub-
hercynischen. wohl aber den benachbarten Muschelkalk Thüringens
handelt. — Weniger wahrscheinlich ist es. dass die kleinen
Skeletreste aus dem oberschlesischen Muschelkalk, wie sie 1. c.
t. 54, f. 34—72, t. 57, f. 9 — 10, 17—26 und t. 66 darge-
85
stellt sind, hier in Betracht koinmeii, (leim einmal kennt man aus
Obcrschlesien kleine Nothosauriden, wie I)acfi/losa/(rits, die sicher
nicht zu AnaroHdnrus gehören, und andererseits ist — vorausge-
setzt, dass die t. 54, f. 75 — 96 abgebildeten Rippen in der
That zu den auf derselben Tafel danebenstehenden Wirbeln ge-
hören — durch deren von den Rippen des sächsischen Sauriers
durchaus abweichende Form der Unterschied direct bewiesen.
Auf einen weiteren Vergleich mit den von H. v. Meyer behan-
delten Skeletresten glaube ich um so eher verzichten zu können,
als ein solcher aus dem Rahmen der reinen Vermuthung nicht
würde heraustreten können, und ich schliesse mit der Bemerkung,
dass mir nach dem heutigen Standpunkt unserer Kenntniss eine
Zusammenfassung aller Nothosauriden in eine Familie, wie sie
V. ZiTTELs Handbuch bringt, natürlicher scheint, als eine Zer-
Spaltung in Lan'osauridae und Notltosauridne (abgesehen von den
Mvmsmiridae, die ich mit Baue von den ersteren beiden im
System weiter entfernt sehen möchte), wie Lydekker^) sie vor-
genommen hat. Man vergleiche die Diagnosen beider, und man
wird ihnen Icauiii einen durchgi'eifenden Unterschied entnehmen
können.
^) Catalogue of the fossil Reptilia and Ainphibia in the British
Museum (Natural History), II, p. 284 u. 287.
86
5. Ueber die systematische Stellung und
über fossile Reste der Gattung* Pristiopliorus.
Von Herrn Otto Jaekel in Berlin.
Hierzu Tafel II— V.
Die von Müller und Henle ^) aufgestellte Gattung Pristio-
pliorus umfasst selu' eigenthümlich ditferenzirte Formen von
Selachiern. Die wenigen bisher bekannten Ai-ten stehen einander
so nahe, dass der Gattungsbegriff sehr eng und scharf umgrenzt
ist. Fossile Reste dieser Gattung waren bisher nicht bekannt
mit Ausnahme eines schleclit erhaltenen Wirbel-Fragments, welches
von Hasse-) deshalb auf rristiopliorns bezogen wurde, weil es
zu keiner anderen Form Beziehungen bot.
Das Interesse, welches FristiopJioriis wegen seiner eigen-
artigen Entwicklung beanspruchen darf, steht in einem auffallenden
Gegensatz zu der Kenntniss. welche wir von dem anatomischen
Bau und der systematischen Stellung dieser Gattung besitzen.
Der Umstand, dass die wenigen lebenden Arten bisher nur ver-
einzelt an den australischen und japanischen Inseln gefangen
wurden, und deshalb nur selten Exemplare in die Museen gelangten,
mag die Ursache sein, dass noch kein Forscher sich eingehender
mit denselben beschäftigt hat.
Die Literatur über Pristiopliorus beschränkt sich fast ganz
auf gelegentliche Mittheilungen. Latham^) beschrieb zuerst ein
Exemplar von P. cirratus als besondere Art von Prislis und gab
eine mangelhafte Abbildung desselben, bei welcher z. B. nur
4 Kiemenspalten angegeben sind. Die folgenden Angaben von
Lacep^ide'^), der ihn unter dem Namen Squalus anisodon, und
Shaw^), der ihn als Squahis teniaculatns anführt, beschränken
^) MÜLLER und Henle. Systematische Beschreibung der Plagio-
stomen. Berlin 1841, p. 97.
^) Hasse. Das natürliche System der Elasmobranchier. Jena
1879—82, p. 103, t. XIII f. 67.
s) Latham. Transact. Linn. Soc. Vol. II 1794, p. 281, t. XXVI
f. 5 u. t. XXVII.
*) Lacepede. Histoire nat. des poissons. Paris 1798, Bd. IV, p. 680.
") Shaw. Gener. Zoolog. Bd. V (part. II) p. 359.
sicli auf den Hinweis, dass Pristiopltorns eine sehr eigenthüm-
liclie Form sei. Einige Bemerkungen über die systemati-
sche Stellung der Gattung finde ich bei Müller und Henlb
(1. c. , p. IX u. p. 97). In ihrem trefflichen Werke stellen diese
Autoren zunächst die generische Selbstständigkeit der Form fest
und geben ihr den Namen Pristiophonts. Nach dem Von ihnen
augenonnnenen Einthcilungsprinzip stellen sie die Gattung zu den
Scymniden. erklären aber sonderbarer Weise, ob\Yohl sie durch
ihr System durchaus richtig geleitet waren, und obwohl sie die
Unterschiede der Säge gegenüber der von Fri.stis klar erkannten,
in der Einleitung ihres Werkes ihr Befremden darüber, „dass
ihren Ordnungscharakteren zufolge unsere Gattung Fristis zu
den Rochen, Pristiopliorns zu den Haifischen gehört". Nachdem
auch über eine weitere Art mehrere Angaben gemacht worden
waren ^) . fasste Günther ^) in seinem. Catalog der Fische des
britischen Museums das ganze bis dahin gesammelte Material
zusammen und unterschied 4 Arten; P. cirratus Latham,
P. midipinnis n. sp., P. Owenii n. sp. und P. japonicus
n. sp., von denen die ersten zwei in Tasmanien und Süd-Australien,
die letzte an den Küsten von Japan leben. Der Wohnort der
dritten Art ist unbekannt. Auf die Unterschiede der einzelnen
Arten komme ich später zurück. Ueber die systematische Stellung
der Gattung spricht sich Günther zwar nicht direct aus, er stellt
aber I^ristiophorHs an das Ende der Haie, Pristis an den Anfang
der Rochen. Dieser Auflassung, welcher der Wunsch zu Grunde
liegt, PristiopJionis möglichst nahe an Pnslis anzuschliessen, sind
alle späteren Autoren gefolgt. Gelegentlich wurde auch Pristio-
plioriis neben Pristis direct zu den Rochen gestellt. Während
man so auf der einen Seite die Unterschiede gegen Pristis über-
sah, glaubte man auf der anderen Seite unter dem Druck des
Systems Pristiophorus als einen ganz isolirten und abnormen
Typus von Haifischen auffassen zu müssen.
Mit dem inneren Bau von Pristiophorus haben sich meines
Wissens nur zwei Autoren beschäftigt. Hasse hat Wirbel von
Pristiophorus untersucht und die Gattung daraufhin in seine Gruppe
der Tectospondyli eingereiht. Haswell'^) gab einige Abbildungen
des Flossenskelets von P. cirratus, welche von den dem Verf.
vorliegenden Exemplaren zum Theil etwas abweichen.
^) Schlegel. Fauna Japonica. Poissons, p. 305, t. CXXXVII.
— EiCHARDSON. Ichtyol. Chin., p. 317. — Bleeker. Yerh. Bat.
Gen. XXVI, N. Nalez., Japan, p. 128.
*) GÜNTHER. Catalogue of the Fishes in the British Museum,
London 1870, Vol. III, p. 431.
^) Haswell. Studies on the Elasniobranch. Skeleton. Proc. Liun.
Sog. of New South Wales 1884, IX, p. 98.
88
Der Zweck der folgenden Untersuchung
ist, zunächst nachzuweisen, dass Pristiophorus
mit Pristis nichts zu thun hat. sondern ein
typischer Spinacide (im Sinne GtJNTHER's) ist,
ferner einige bereits bekannte aber falsch ge-
deutete fossile Reste dieser Gattung zu be-
schreiben, sowie einige aus jenen Betrach-
tungen sich ergebende phylogenetische Resul-
tate zu ziehen.
Das recente Material wurde mir in der
Zoologischen Sammlung des kgl. Museums für
Naturkunde in Berlin und im britischen Mu-
seum durch das liebenswürdige Entgegenkom-
men der Herren Möbius. Günther und Hil-
GENDORF zugänglich gemacht, das fossile Ma-
terial entstammt z. Th. meiner Sammlung,
z. Th. der des Herrn Pfarrer D. Probst in
Essendorf (Württemberg), der mir in dankens-
werther Liebenswürdigkeit sein Material zur
Verfügung stellte.
I. Die allgemeine Körperform.
Der Körper ist schlank cylindrisch. Der
Kopf ist in ein langes Rostrum verlängert, wel-
ches seitlich mit raesserartigen Hautzähnen
besetzt ist und in der Mitte der Unterseite
zwei tentakelartige Fortsätze trägt. Das Auge
ist gross, weit nach vorn gerückt. Die
Spritzlöcher sind den Augen genähert. Der
Mund ist quer, gerundet nach vorn gebogen.
Die Kiemen stehen. 5 an Zahl, sämmtlich vor
den Brustflossen, fast ebenso weit unter als
über deren Insertionstelle reichend. Die Brust-
flossen sind breit gerundet; die Bauchflossen
liegen am Beginn des letzten Drittels des
Körpers und sind länglich dreieckig. Die erste
Dorsalis steht vor der Mitte des Rückens,
die zweite in der Mitte zwischen der ersten
Dorsalis und dem Anfang des Schwanzes.
Beide Dorsales sind klein. Eine Analis fehlt.
Der Schwanz nimmt etwa Ys der Länge des
ganzen Thieres ein ; er ist wenig aufwärts
gebogen, hinten schräg abgestutzt und besitzt unten einen kleinen
hinteren und einen grösseren vorderen Lappen.
89
IL Das Hautskelet.
Das Hautskelet besteht wie bei allen Selachiern lediglich aus
Dentinbildungeu . welche in verschiedener Weise difterenzirt sind.
Die die Körperoberfläche gleichmässig bedeckenden HautZcähiichen
sind als Schuppen ausgebildet, auf den Kiefern sind sie als
eigentliche Zähne entwickelt und an den Seiten des Rostrums
zu eigenthümlichen Rostr alz ahnen differenzirt.
a. Die Schuppen.
Die Schuppen sind ausserordentlich klein und stehen sehr
dicht. Oben besitzen sie eine blattartige Ausbreitung „ Blatt '^,
welche durch einen „Stiel" auf der in der Haut sitzenden „Wurzel"
befestigt ist. In ihrem Habitus schliessen sie sich am engsten
an Spinaciden-Schuppen an. Bei den einzelnen Arten variirt die
Form des Blattes, indem bei Pr. nudipinnis mehrere Furchen
über den vorderen (unteren) Theil des Blattes nach hinten laufen,
während die übrigen Arten einen medianen Kiel auf dem Blatt
zeigen, welcher über den Hinterrand hinausgeht. Die Schuppen
sind so klein, dass ich den Versuch aufgab, Schliffe in bestimm-
ten Richtungen durch dieselben zu legen. Wie ich bereits an
anderer Stelle hervorgehoben habe^), vereinfacht sich auch bei
sehr kleinen Objecten die Mikrostructur derart, dass sie für die
Systematik keine genügenden Anhaltspunkte mehr bietet. Die
Schuppen sind sehr gleichmässig über den ganzen Körper und die
Flossen verbreitet, bei P. nudipinnis lassen sie einen Theil der
Pectoralen und Dorsalen frei.
b. Die Zähne.
Die Zähne sind klein, ich zähle im Unterkiefer 30 — 33, im
Oberkiefer 33 — 40 Querreihen. Zu gleicher Zeit sind 3 4 Längs-
reihen im Gebrauch. Die Zähne benachbarter Querreihen alter-
niren mit einander. In ihrer Form schliessen sich die Zähne am
nächsten an Squatina und Chiloscyllinm an. Sie besitzen eine
ausgebreitete Krone, auf welcher sich eine mittlere gerundete,
langsam ansteigende Spitze erhebt. Von der Spitze verlaufen
keine Kanten nach den Enden des Zahnes wie bei Squatina und
den Scylliolamniden, noch sind Nebenspitzen vorhanden wie bei
letzteren und den Scylliden. Von der Hauptspitze verläuft dagegen
ein mit Schmelz bedeckter Zapfen auf der Innenseite des Zahnes und
legt sich auf die nach innen ausgebreitete Wurzel. Der IJnter-
rand der Krone auf der Aussenseite ist schwach nach unten ge-
rundet und zeigt Einkerbungen, aber keine Falten wie bei ScyUium.
') 0. Jaekel. Die Selachier aus dem oberen Muschelkalk Loth-
ringens. Strassburg. 188L p. 301.
90
Bei den Zähnen der mittleren Querreihen ist gewölnilich nur eine
(auch gar keine), bei den seitlichen Querreihen sind mehrere
solche Einkerbungen vorhanden.
Die Wurzel ist niedrig; an der Aussenseite tritt sie tief
unter die Krone zurück, an der Innenseite ragt sie ebensoviel
unter derselben hervor. Ihre Unterseite ist wie bei Squatitui ganz
flach, deren Aussenkante schwach eingebogen, der Innenrand eben-
soviel ausgebogen. Die Wurzel ist in der Mittellinie nicht ge-
theilt, wie dies bei lia/a und anderen Rochen der Fall ist, mit
denen die Zähne unserer Gattung irrthümlich verglichen wurden.
Der Eintritt der Nerven und Blutgefässe erfolgt besonders
in den Gruben, welche sich auf der lYinenseite unterhalb der
Krone zu beiden Seiten des vorgezogenen Zapfens finden. Eine
bestimmte Vertheilung derselben habe ich bei der Kleinheit der
Objecto und bei der Schwierigkeit sie ganz von organischen Resten
zu reinigen, nicht mit Sicherheit erkennen können. In letzterer
Hinsicht stimmt die Form mit Ginglymosfoma und Chiloscyllium,
nicht aber mit Squatina und Crossorhlnus überein, denen jene
Gruben fehlen.
Die Mikrostructur der Zähne ist bei der geringen Grösse
derselben wenig ditferenzirt. bezw. durch die Reduction derselben
vereinfacht. Eine echte Pulpa fehlt; an ihrer Stelle sehen wir
einen unregelmässig sich verjüngenden Canal in die Spitze auf-
steigen und zwei von ihm sich abzweigende Aeste in die seit-
lichen Ausbreitungen der Krone eintreten. Von diesen Kanälen
gehen sehi* zahli'eiche verästelte Dentinröhrchen aus. welche fast
bis unter die Obei*fläche des Zahnes reichen, indess namentlich an
der Spitze eine wohl entwickelte epitheliale Placoinschicht als
Umgrenzung der Krone übrig lassen. Die feineren Structurver-
hältnisse in dem Bau der Placoinschicht, welche für die Hart-
gebilde der Spinaciden so ausserordentlich charakteristisch sind,
finden sich indess auch hier wieder. Es ist jene auffallende
Störung, w^elche die Dentinröhrchen bei ihrem Eintritt in die
Placoinschicht erleiden. Dieselben bestehen, wie ich, bei Be-
sprechung der Rostralzähne ausführlicher darlegen wll, in einer
sehr unregelmässigen, fast wirren Verästelung der Dentinröhrchen
an der Grenze gegen den Placoinschmelz und in einer damit im
Zusammenhang stehenden Bildung grosser Interglobularräume na-
mentlich im unteren inneren Theil der Placoinschicht. Diese
Verhältnisse habe ich bisher nur bei Spinaciden und, allerdings
weniger klar, bei den ihnen verwandten Notidaniden angetroffen.
Bei ScjUiden z. B. sind diese Verhältnisse ganz anders. Der
ganze Bau der Krone erinnert also sehr an die Miki'ostructur
kleiner Spinaciden- und Scylliden-Zähne. Der Bau der Wurzel
91
bietet ebensowenig wie bei den meisten übrigen Selachieni be-
merkenswerthe Differenzirungen.
Ich habe Taf. IL Fig. 2 das mikroskopische Bild eines Zahnes
von Pristiophorus cirratus gezeichnet. Die Ebene des Schliffes
geht durch die Höhen- und Längs-Axe des Zahnes. Man sieht
die drei nach der Spitze und den Seiten verlaufenden grossen
Kanäle, die von diesen ausgehenden Dentinröhrchen und nament-
lich in der Spitze des Zahnes bei a die besprochenen Inter-
globularräume, sowie die wirre Störung der Dentinröhrchen. In
Fig. 3 habe ich den Querschnitt eines Zahnes (von innen nach
aussen) durch die Höhen- und Dicken-Axe gezeichnet, vom inneren
Bau aber nur die Form der grossen Kanäle, nicht die Dentin-
röhrchen etc. angegeben, i bedeutet die innere, a die äussere Seite
des Zahnes, c zeigt den nach innen vorspringenden Kronenfortsatz
im Querschnitt.
c. Die Rostralzähne.
Die Rostralzähne von Fristioj^horus sind so eigenartige Bil-
dungen, dass es sich der Mühe verlohnt, auf ihre Morphologie
und Histologie etwas näher einzugehen. Ich habe Taf. II. Fig. 4
und Taf. IH. einige Abbildungen recenter und fossiler Rostral-
zähne und ihrer Mikrostructur gegeben. Schon Müller und
Henle hoben die Unterschiede der Säge von Pristiophorus gegen-
über der von Pristis scharf hervor. Bei Pristis entwickeln sich
die Rostralzähne in Alveolen, und wie ich noch hinzufügen möchte,
wachsen sie in diesen Alveolen immer nach; sie sind also nicht
als moditicirte Hautzähne aufzufassen, sondern ihrer Entwicklung
und Histologie nach als Homologa der Flossenstacheln zu betrachten.
Ich werde daher die in Rede stehenden Bildungen bei Pristis
fortan nicht mehr als Rostralzähne sondern als Rostralstacheln
bezeichnen. Durch diese Bezeichnung hebt sich zugleich der
Gegensatz gegen die analogen Bildungen bei Pristiophorus am
schärfsten hervor. Hier finden wir echte Hautzälme, ganz homolog
denen, welche wir bei Echinorliinns, Raja und anderen Formen
kennen; hier bei Pristiophorus ist daher die Bezeichnung Rostral-
zähne angebracht. Dieselben zeigen auch durchaus nicht die
Vertheilung, wie wir sie bei Pristis beobachten, sondern erstens
ist die Anordnung der Rostralzähne selbst eine unregelmässige, in-
dem meist grössere und kleinere wechseln . und zweitens finden
sich dieselben nicht ausschliesslich auf die beiden Längsseiten des
Rostrums beschränkt., sondern neben den Unterrändern und an
anderen Stellen sind Hautzähne angebracht, welche jene eigen-
artig differenzirten Rostralzähne mit einfacheren Typen verbin-
den, wie wir sie z. B. bei Haja miraletus sehen. Schliesslich
92
ist auch ihre Verbreitung eine ganz andere wie bei I'nstis, indem
bei dieser Gattung die Rostralstacheln auf den vorderen Theil des
Rostrunis beschränl<t sind, bezw. einen glatten Theil vor dem Kopf
freilassen, während bei Pristi()2)horus die Rostralzähne sich an
den Seiten des Kopfes bis hinter die Augen fortsetzen.
Die Zahngebilde auf der Ober- und Unterseite des Rostrums
zeigen entweder eine einfache kurze Spitze, welche auf einer
flachen sternförmigen Wurzel steht, oder eine längere Spitze, die
sich mit ihrem Schmelz-bedeckten Theil aus einer runden kranz-
artig verdickten Basis erhebt. Die eigentlichen Rostralzähne
zeigen insofern eine weitere Differenzirung, als einerseits die Form
ihrer Spitzen, andererseits deren Befestigung zweckentsprechende
Veränderungen erfahren haben. Die Spitzen, welche also den
Zahnkronen homolog sind, sind messerartig von oben nach unten
comprimirt und am Hinterrand und Vorderrand zugeschärft. Diese
Ränder sind bei den bis jetzt bekannten lebenden Arten glatt,
bei einer fossilen Art aus dem Eocän von Neu-Seeland dagegen
gekerbt, bezw. mit kleinen seitlichen Spitzen versehen. Die
scharfe Spitze ist der schwachen Krümmung des Zahnes ent-
sprechend nach hinten gerichtet. Im Allgemeinen sind die Zähne
horizontal nach den Seiten gerichtet, doch biegen sie sich hinten
am Kopf meist etwas nach unten, vorn am Rostrum bisweilen
etwas nach oben. Die aus der Haut hervorragenden Spitzen sind
mit Placoin- Schmelz bedeckt.
Die im Integument befestigte Basis, welche der Wurzel der
echten Zähne homolog ist, ist kegelförmig und hat dünne Wände.
Die dem Kopf zugewendete Hinterseite der Wurzel zeigt eine
Oeffnung, in welche der benachbarte Rostralzahn mit seiner
Wurzel eingi'eift. Das Innere des Hohlkegels ist von schwach in-
krustirtem KnorpeP) ausgefüllt und gestützt, während die äussere
Umwachsung der Wurzel durch die inkrustirte Haut dem Zahn
noch einen weiteren Halt giebt.
Der Ersatz dieser Rostralzähne erfolgt, genau so wie bei
allen Zahnbildungen, durch seitliche Wucherung neuer Zähne und
die allmähliche Verdrängung der älteren, also ganz anders wie
bei Pristis, wo die Stacheln fortwährend nachwachsen, und ein
Ersatz nicht stattfindet.
Die Mikrostructur der Rostralzähne beweist auf das
Entschiedenste die Zugehörigkeit von Pnstiophorus zu den Spinaci-
den. Die genannten Hartgebilde sind so gross, dass alle jene
') Da mir hierzu nur trockene Exemplare zur Untersuchung vor-
lagen, so habe ich den Knorpel selbst nicht beobachten können, wohl
aber die polyedrische Inkrustation, welche meist die Knorpel der
Selachier überzieht.
93
Differenzirungen der einzelnen Zahnelemente, ■welche für die
Spinaciden charakteristisch sind, hier zur vollen Entwicklung
kommen. Infolge dessen sind gerade die Rostralzähne die histolo-
gisch-typischen Hartgebilde von Pristiophoriis. und so waren daher
aucli diese fossil isolirten Hartgebilde mit absoluter Sicherheit zu
bestimmen. Der innere Bau ist so charakteristisch, dass man
jedes Fragment eines Rostralzahnes auf Spinaciden beziehen
raüsste. während die ganz eigenartige äussere Form derselben jede
Verwechselung mit anderen Hartgebilden ausschliesst. Hinsicht-
lich des systematischen Werthes der Mikrostructur verweise ich
auf das, was ich an anderer Stelle (1. c. p. 290) darüber ge-
sagt habe.
Betrachten wir nun zunächst die mikroskopischen Bilder auf
Taf. II. Fig. 4. Taf. IH, Fig. 1 u. 4. so sehen wir einen verhältniss-
mässig grossen Kanal von unten in den Rostralzahn eintreten. Der-
selbe bleibt sich in seinem Durchmesser so gleich, verläuft so wenig
regelmässig und sendet sogar gelegentlich . wie ich Taf. IH. Fig. 1
beobachtet habe, seitliche Aeste aus. sodass man denselben nicht
als eine Pulpa bezeichnen kann. Um hierin ganz verstanden zu
werden, muss ich einige allgemeinere Beobachtamgen vorausschicken.
Im Allgemeinen ist für die einzelnen Stammes-Gruppen von
Selachiern durchaus constant, dass sich ihre Zahnbildungen ent-
weder mit Vasodentin oder mit Pulpodentin ^) aufbauen. Bei einer
grossen Gruppe, deren Angehörige z. Th. vielleicht mit Unrecht sehr
nahe an den lebenden Cestntcion angeschlossen werden, nämlich
bei Gattungen wie Orodus, Acrodiis, Strophodiis, Bhomhodus,
*) Man bezeichnet gewöhnlich das Vasodentin als eine lockere
Modification des Dentins; diese Autfassung ist aber incorreet, da das
Vasodentin morphologisch und physiologisch nicht allein dem Dentin,
sondern dem Dentin und der Pulpa gleichzustellen ist. Das Vasodentin
besteht aus zwei Elementen: 1) grossen anastomosirenden Kanälen (den
Haversischen Kanälen) und 2) den von ihnen ausstrahlenden Dentin-
röhrchen (gewöhnlich als Primitivröhrchen bezeichnet). Erstere ent-
sprechen absolut der Pulpa, wie auch von den Zoologen schon seit
längerer Zeit ein sackförmiger und ein netzförmiger Zahnkeim unter-
schieden wird. Letztere Bezeichnung scheint mir aber incorreet, da
man mit dem Ausdruck „Netz" stets den Begriff einer Ebene ver-
knüpft, wie sie zwar in einem Schliff, nicht aber im Zahne vorliegt.
Da weder die Pulpa noch die Haversischen Kanäle ohne Dentuiröhr-
chen (die Ausläufer der in ihnen liegenden Odontoblasten) denkbar
sind, so scheint es mir das zweckmässigste, dem Vasodentin ein
Pulpodentin gegenüberzustellen, andererseits wird man dann, wenn
man von den Dentinröhrchen absieht und die Zahnkeime allein be-
zeichnen will, am besten der Bezeichnung Pulpa einen Ausdruck
wie Vasa gegenübersetzen, da der Name Haversische Kanäle auch
für Hohlräume im Knochen gilt, welche jenen wahrscheinlich nicht
homoloff sind.
94
Ptychodus, Myliobates, Trygnn, finden wir niemals eine Pulpa
sondern stets nur Vasodentin. Das gleiche ist bei der Gruppe
der Hybodonten (mihi, non Agassiz) und Lamniden und auch noch
bei den Notidauiden der Fall. Bei den den letzteren nahe ver-
wandten Spinaciden sowie bei Scjiliolamniden finden wir eine mit
der geologischen Entwicklung und der Reduction der Grösse der
Zähne zunehmende Vereinfachung der Mikrostructur in dem Sinne,
dass sich auf der ersten Stufe die Zahl der Vasa verringert, auf
einer zweiten ein Kanal (Vas) in der Hauptspitze dominirt und
schliesslich Hand in Hand mit der Verdünnung und Zuspitzung
der ganzen Zahnkrone überhaupt nur noch ein Kanal zur Ent-
faltung kommt. Dieser verdickt sich und bildet constant eine
einfache Pulpa bei Scjiliden, Pristis. Rajiden, Torpediniden und
Carchariden, sowie bei einigen isolirten und in ihrer phylogeneti-
schen Stellung noch ganz unklaren Typen. Ich glaube also, dass
sich die pulpodeiitinösen Zähne aus den vasodentinösen mit der
Reduction der Grösse entwickelt haben. Die vasodentinösen sind
jedenfalls die älteren; die pulpodeiitinösen sind zwar die ein-
facheren, setzen aber eine höhere Entwicklung der Dentinröhrchen
voraus, welche bei den jüngsten Selachiern. den Carchariden in
jenem Stamm den höchsten Grad, zugleich aber auch die Grenze
des Möglichen erreicht zu haben scheint, da hier beiden grössten
Formen (Hemiprisfis) bereits ein secundärer Rückschritt zu einer
complicirteren Mikrostructur bemerkbar wird.
Unter obigen Gesichtspunkten wird zunächst der Bau der
Rostralzähne und speciell die Natur des Mittelkanals verständlich
sein. Das Vasodentin hat insofern eine Reduction erfahren, als
immer nur 1 Mittelkanal zur Entfaltung kommt, derselbe steht
aber bei den verschiedenen Formen bereits auf sehr verschiedenen
Stufen der Differenzirung, indem er z. B. bei P. suevicus (vergl.
Taf. HI. Fig. 1) noch seitliche Verästelungen treibt, also typische
Vasa bildet, während er bei den lebenden Arten und noch mehr
bei Prisfiopliorus ensifer (vergl. Taf. HI. Fig. 4) so erweitert
ist und so gerade verläuft, dass man ihn namentlich bei letzt-
genannter Art für eine andere Bildung halten könnte, wenn nicht
die vergleichende Anatomie im Verein mit der Palaeontologie uns
jene Bildung nur als das Resultat einer allmäliliclien Verein-
fachung vor .4ugen stellte und uns zwänge, jene Ausbildung phylo-
genetisch an jene ursprünglicheren Bildungen anzuschliessen. Ich
möchte übrigens hier hervorheben, dass eine Beurtheilung der
histologischen Elemente mir unter den vielen Hunderten von Prä-
paraten, die ich von Selachiern angefertigt habe, niemals die
Schwierigkeiten bereitet hat, wie in diesem Falle. In der Regel
liegen gerade die Verhältnisse des inneren Baues so klar, dass
95
die Natur der einzelnen Elemente nicht einen Augenblick zweifel-
haft ist. Dass die Verhältnisse gerade hier so schwer verständ-
lich sind, hat darin seinen Grund, dass in den Rostralzähnen von
Fristwphoncs sehr eigenartige Differenzirungen vorliegen.
Man muss selbstverständlich annehmen, und der später zu
besprechende SeIerorhi/)ichns aiavns Sm. Woodw. ist ein Beweis
hierfür, dass jene Rostralzähne ursprünglich kleine Hautzähnchen
waren, die erst allmählich jene Grössenentwicklung und hohe
Diiferenzirung erlangten. Die Zahnbildungen der Spinaciden be-
fanden sich aber jedenfalls, als sich die Pristiophoriden von diesen
abzweigten, bereits in einem vorgeschrittenen Stadium der Ver-
einfachung der inneren Structui", welche wohl hauptsächlich in der
geringen Grösse der Zahnbildungen ihren Grund hatte. Diesen
vereinfachten Bau, welchen z. B. die Spinaciden der oberen Kreide
schon deutlich erkennen lassen, erhielten jene ältesten Pristiopho-
riden für ihre Rostralzähnchen bereits als Erbtheil und vererbten
diese Eigenschaft weiter, trotzdem mit der zunehmenden Grösse
jener Gebilde wieder für die Entfaltung zahlreicherer Vasa Raum
wurde. Bei Besprechung der Dentinröhrchen werden wir auf
analoge Verhältnisse stossen. Aus obigen Betrachtungen erklären
sich auch die scheinbaren Unterschiede, welche die Mundzähne
und die Rostralzähne von Pristiopliorns aufweisen, und die bis-
weilen nicht ganz unbeträchtlichen Abweichungen, welche sich
bei bedeutender Grössendifferenz zwischen Hautschuppen und
Mundzähnen anderer Gattungen finden.
Die Dentinröhrchen gehen bei allen von mir untersuchten
Rostralzähnen ungefähr rechtwinklig von dem Mittelkanal aus, nur
am oberen Ende des Kanals richten sie sich wie bei den Spina-
ciden (vergl. Taf. IV. Fig. 2) bündelförmig nach der Spitze. Durch
jene rechtwinklige Stellung und den parallelen Verlauf der Dentin-
röhrchen unterscheiden sich diese Rostralzähne von allen mir be-
kannten Hartgebilden bei Selachiern. In phylogenetischer Hinsicht
interessant ist die verschiedene Stärke und Dichtigkeit der Dentin-
röhrchen. Bei der Form aus dem Miocän (Taf. IH. Fig. 1) ist
nämlich die Zahl derselben relativ sehr gering, was wohl nur so
zu erklären ist, dass sich in Folge der schnellen Längenzunahme
dieser Gebilde der Abstand zwischen den Dentinröhrchen ver-
grösserte. Bei den lebenden Formen, die sich in dem Aeusseren
sehr nahe an jene jung - tertiäre Art anschliessen , ist dieses
Missverhältniss, welches ich deshalb als solches auffasse, weil ich
nirgends bei Selachiern ein Analogon dafür finde, wieder ausge-
glichen, indem sich die Zahl jener Dentinröhrchen wieder ver-
mehrt hat. Dasselbe ist auch bereits bei dem einen anderen
Formenkreis repräsentirenden Prisfiophorus ensifer der Fall,
96
bei welchem sich die Zalil der Dentinröhrchen erheblich vermehrt,
deren eigene Grösse aber verringert hat.
Die äussere Schicht der Rostralzähne würde für sich allein
die Zugehörigkeit von Pnsfiophorns zu den Spinaciden beweisen.
Sie stimmt gerade in den feinsten Organisations-Verhältnissen so
vollständig mit der der Spinaciden überein. dass sich die stammes-
geschichtliche Verwandtschaft beider nicht bezweifeln lässt. Ich
meine nämlich, dass gerade diejenigen Theile des
Organismus, welche bei den Veränderungen desselben
im Kampf um's Dasein am letzten und am wenigsten in
Mitleidenschaft gezogen werden, am längsten die er-
erbten Eigenschaften bewahren und somit den besten
Anhaltspunkt zum Studium der Stammesgeschichte des
Organismus bieten. Was aber soll bei den vielfachen Ver-
änderungen der Lebensbedingungen und dem Wechsel der
äusseren Form weniger beeinflusst werden, als die
innersten und feinsten Structurverhältnisse der Organe,
und welche können unter diesen unabhängiger von dem
Einfluss der äusseren Lebensbedingungen sein, als die
der Hartgebilde? Alle diejenigen Organe, welche an der Er-
nährung und an sonstigen Lebensfunctionen direct betheiligt sind,
müssen von dem Wechsel derselben, wie solche in einer Gruppe
oft und schnell eintreten, mehr oder weniger beeinflusst werden,
während für die Ausscheidung von Hartgebilden die Bedingungen
immer wohl im Wesentlichen die gleichen bleiben, wenn nicht ein
Organismus seine Existenz aus marinem in süsses Wasser oder
gar auf das Land verlegt. In diesem Falle, allerdings aber auch
nur in diesem, kann ich mir eine schnelle und tiefgreifende Ver-
änderung in den Structurverhältnissen der Hartgebilde vorstellen ^).
Als derartig feinere Structurverhältnisse in dem Bau der
äusseren Schicht, welche ich gemäss den früher von mir ausge-
sprochenen Anschauungen (1. c. p. 293) als Placoinschnielz bezeichne,
betrachte ich den Verlauf und die Störung der vom Dentin in den
Placoinschnielz eintretenden feinsten Röhrchen. Man sieht nämlich
(vergl. Taf. IV. Fig. 1 und Taf. V). dass sich die Dentinröhrchen bei
ihrem Eintritt in die äussere Schicht, den Placoinschnielz. sehr
plötzlich und unregelmössig verästeln und ein wirres Netzwerk
bilden, in welchem zahlreiche grosse Hohlräume liegen. Der Aus-
druck „Interglobularräume" ist für dieselben eigentlich nicht gerecht-
fertigt, da dieselben nicht Zwischenräume zwischen der inter-
^) Vergl. E. Koken: Die Entwicklung der Gastropoden vom Cam-
brium bis zur Trias. N. Jahrb. f. IVnn./l889, p. 426. — Derselbe:
Neue Untersuchungen au fossilen Fisch -Otolithen. Diese Zeitschrift
1888, Bd. XL, p. 274.
97
zellurareii Matrix darstellen, sondern zweifellos mit den Dentin-
röhrchen im Zusammenhang stehen. Es sind locale Anschwellungen
bezw. Ausbuchtungen der Dentinröhrchen, welche höchst wahr-
scheinlich auf die gleiche Ursache wie die Störung der Dentin-
röhrchen zurückzuführen sind. Ich glaube nämlich und werde au
anderer Stelle versuchen, umfassende Beweise hierfür zu bringen,
dass die mit ihren feinsten Verästelungen präformirten Dentin-
röhrchen in die sich zuerst absetzende, vom Epithel ausgeschiedene
Placoinschicht hineinragten, und während sie selbst noch unver-
kauft und weich waren, durch den Absatz jener Substanz gestört
wurden. Die allgemein bekannte, so zu sagen normale Form des
Schmelzes, bei welcher nur ganz ausnahmsweise ein Dentinröhrchen
noch eine Strecke weit in den Schmelz hineinragt, ist als die höchste
Ausbildung des Schmelzes durch zahlreiche Uebergänge, wie ich
an Teleostiern und anderen Wirbelthieren nachweisen kann, mit
jener primitiven Placoinschmelz-Bildung verknüpft, welche wir bei
Selachiern ganz ausschliesslich finden.
Ich glaube, dass hinsichtlich der Ausstülpungen der Dentin-
röhrchen im Placoin ein, ich möchte sagen, pathologischer Zustand
regelmässig eintrat, den ich an dem Bilde, Taf. V, bei x und y
ausnahmsweise an Dentinröhrchen innerhalb der Dentinzone beob-
achtet habe. Man sieht etwa in der Mitte des Bildes bei x eine
grosse dreieckige Ausbuchtung eines Dentinröhrchens , welche ich
sonst nie beobachtet habe und welche ich auf später zu be-
sprechende Erscheinungen zurückführe. Anschliessend an jene
dreieckige Ausbuchtung findet man wirr verlaufende dünne Dentin-
röhrchen zu einer echten Anastomose mit dem benachbarten Den-
tinröhrchen führen. Dieselben sind ebenso ungefärbt wie die
feinen gestörten Röhrchen im Placoin, während jene dreieckige
Ausbuchtung ebenso wie jene Räume im Placoin gelblich erschei-
nen, wie die fossilisirten Dentinröhrchen innerhalb der Dentin-
zone stets thun. Jene Uebereinstimmung der beiderlei Bildungen
spricht aber dafür, dass dieselben von dem gleichen Gesichtspunkt
aus beurtheilt werden können. Es würde mich hier zu weit führen,
auf diese und verschiedene andere histologischen Verhältnisse,
welche an dem Taf. V. gezeichneten Präparat sichtbar sind, näher
einzugehen, da dieselben nur für den Histologen ein besonderes
Interesse haben, doch muss ich eine Erscheinung noch kurz be-
rühren, da dieselbe leicht zu Irrthümern verleiten könnte.
In dem genannten, Taf. V. u. Taf. III, Fig. 1 wiedergege-
benem Bilde eines Rostralzahnes von P. suevicus m. sieht man
nämlich wurmartige Gänge, Avelche von dem Mittelkanal ausgehen,
sich zwischen den Dentinröhrchen hindurchziehen und namentlich
an der Basis des Zahnes (vergl. Taf. III. Fig. 1 unten) so dicht
Zeitschr. d. D. geol, Ges. XLII. 1. 7
98
werden, dass sie einen strauchartigen Eindruck maciien. Bis-
weilen, namentlich in der Nähe des Mittelkanals, beobachtet man
kugelig-traubige Anschwellungen, im übrigen bleibt ihr Lumen immer
das gleiche. Das merkwürdigste ist nun. dass jene Kanäle nicht
in irgend welchen Gefässen des Zahnes, sondern in der anorgani-
schen Zwischensubstanz verlaufen, ja die Kanälchen fast zu meiden
und zu umgehen scheinen. Dieselben haben nicht die gelbliche
Färbung die für das Innere der Dentinröhrcheu charakteristisch
ist, sondern sind mit einer schwärzlich grauen Masse infiltrirt.
An mehrfachen Stellen (vergl. Taf. V. links) sehe ich diese
Kanäle in die Pulpa eindringen und sich in dieser theilen. Thei-
lungen bezw. seitliche Ausstülpungen und Seitengänge sind nicht
selten, doch bleibt, wie gesagt, stets auch nach solcher Abzweigung
das Lumen des Kanals das gleiche.
Ich habe verschiedene Kenner pathologischer Erscheinungen
bei Zähnen über obige Bildungen zu Rathe gezogen in der An-
nahme, dass hier eine einfache pathologische Erscheinung vorläge.
Dies ist jedoch z. B. nach Ansicht von Herrn Prof. Dr. Busch
hierselbst nicht der Fall, wenigstens sind genanntem Herrn der-
artige Erscheinungen bei höheren Wirbelthieren nicht bekannt.
Die Natur jener Bildungen lässt aber, wie ich glaube, keinen Zweifel
darüber bestehen, dass wir es hier nicht mit nonnalen Gefässen,
sondern mit secundär entstandenen Gängen zu thun haben. Für
die Entstehung derselben kann ich mir nur die bohrende Thätig-
keit fremder Organismen denken, da ich für die auffallenden, in
diesem Grade kaum sonst beobachteten pathologischen Erscheinun-
gen an den Dentinröhrchen nur unter diesem Gesichtspunkte eine
nahe liegende Erklärung finden kann. Dass der Zahn krank war,
dafür spricht auch der Umstand, dass man die Scheiden seiner
Dentinröhrchen sehr deutlich erkennt, was bei gesunden Zähnen
nie der Fall sein solP). Unter diesem Gesichtspunkt erscheint
es also wahrscheinlich, dass die Entstehung jener Gänge in die
Zeit der Bildung des Zahnes fiel, so dass dieselbe dadurch nicht
unerheblich alterirt wurde. Dann wüi'de sich auch dafür eine
Erklärung finden, dass jene Gänge durch die verkalkte Inter-
cellularsubstanz verlaufen; man brauchte sich nui' vorzustellen, dass
jene Gänge entstanden, während das sie umgebende Dentin noch un-
verkalkt war und eine weiche Matri.x; bildete, wie sie Ch. Tomes
(1. c, p. 48) in den Interglobularräumen verkalkenden Dentins
beobachtete. Zu obiger Annahme müsste man das bohrende Ein-
dringen fremder Organismen voraussetzen, welcher Art dieselben
^) Ch. Tomes. Die Anatomie der Zähne des Menschen und der
Wirbelthiere sowie deren Histologie und Entwicklung. Uebersetzt von
L. Holländer. Bedin J877, p. 45.
99
aber waren, darüber wage ich zur Zeit keine Ansicht zu äussern.
Man könnte an LepMlirix denken (vergl. Ch. Tomes I. c, p. 48),
aber der Gesanimteindruck. den Zerstörungen dieser Art machen,
weicht von den hier besprochenen Erscheinungen vollständig ab.
Jedenfalls wollte ich durch obige Ausführungen das klar-
stellen, dass jene Gänge nicht etwa für die Mikrostractur von
Pnsfiophorus charakteristisch sind, sondern als eine abnorme Er-
scheinung betrachtet werden müssen^).
III. Das innere Skelet.
Das knorplige Innen-Skelet der Selachier ist von dem aller
höheren Wirbelthiere in zwei Punkten prinzipiell verschieden:
1. stellen sich in ihm niemals während der ganzen phylo-
genetischen und ontogenetisclien Entwicklung echte Knochenbil-
dungeu ein,
2. bildet sich ausschliesslich bei ihm eine besondere Art der
Verkalkung aus. indem sich auf seiner Oberfläche kleine polygo-
nale Kalkplättchen ausscheiden, welche, jedes selbstständig ver-
kalkend, eine harte Kalkkruste um die Knorpelstücke bilden. Ich
schlage für diese zuerst von Jon. Müller beobachtete Erscheinung
den Namen „inkrustirten Knorpel" vor, bis eine genauere
Kenntniss seiner Bildung eine schärfere Bezeichnung ermöglicht.
Diese beiden Eigenthümlichkeiten . welche in der stammes-
geschichtlichen Entwicklung der Selachier constant sind, geben
diesem Stamme der Fische eine ausserordentlich selbständige
Stellung unter den Wirbelthiei-en. Denn während sich bei den
übrigen im Allgemeinen höher organisirten Wirbelthieren gerade
^) Während des Druckes dieser Arbeit las ich auf Veranlassung
von Herrn Gelieirarath Waldeyer in einer Arbeit von Roux: Ueber
eine im Knochen lebende Gruppe von Fadenpilzen (3Iycelitc-s on-sifrugn/i)
(Zeitschr. für Wissenschaft!. Zoologie, Leipzig 1887) nach, und fand,
dass sich die oben besprochenen Erscheinungen von den durch Eoux
beschriebenen in keiner Weise unterscheiden. Es handelt sich also
jedenfalls auch hier um die gleichen Ursachen. Neu ist hier gegen-
über den Untersuchungen von Roux, dass jene Gänge auch in Dentin-
bildungen auftreten, während sie bisher nur in Knochen und Knor])el
beobachtet waren. Die beschriebenen Störungen in dem Verlauf der
Dentinröhrchen veranlassten mich, entgegen der Ansicht Roux"s anzu-
nehmen, dass die Einwanderung und Tbätigkeit jener Fadenpilze noch
während des Lebens, bezw. während der Verkalkung der intercellu-
laren Substanz jener Hartgebilde stattfand.
Vergl. auch 0. Jaekel: Ueber Gänge von Fadenpilzen in Dentin-
bildungen (Sitzungsb. d. Ges. naturforsch. Freunde, Berlin 1890, p. 92),
wo nach Abschluss dieser Arbeit obige Erscheinung ausführlicher be-
sprochen wurde und der Nachweis gebracht werden konnte, dass die-
selbe in der That auf die ItoluiMule Thätigkeit eingewanderter Orga-
nismen zurückzuführen ist.
100
in der Skeletbildung alle Uebcrgäiige von niedrigen und niedrigsten
Differenzirungen zu den höchsten verfolgen lassen, bleibt sich
jene Skeletbildung immer gleich und lässt von keinem Punkte
ihrer phylogenetischen Entwicklung aus einen Uebergang in die
höheren Ditl'erenzirungen anderer Wirbelthierstärame erkennen.
Wir kennen bis heute keinen Selachier. welcher in den genannten
Punkten eine vermittelnde Stellung zu höheren Wirbelthieren ein-
nähme. Ich glaube überhaupt, dass in der ganzen Klasse der
Wirbelthiere kaum ein anderer Stamm so selbstständig und un-
vermittelt dasteht, wie gerade die Selachier Y
Während so in den allgemeinen Verhältnissen des Skelet-
baues der Selachier eine auftallende Constanz waltet, ist die äussere
Form des Skeletes und der einzelnen Stücke desselben ausser-
ordentlich variabel. Nicht nur ist zwischen verschiedenen Gruppen
die Mannigfaltigkeit eine sehr grosse, sondern auch innerhalb sehr
nahe verwandter Formen, ja bei derselben Art unterliegt die Form
und Lage der einzelnen Skelettheile oft sehr beträchtlichen Schwan-
kungen. Hierin zeigt sich, wie ich glaube, eine viel geringere
Constanz. als gewöhnlich angenommen wird.
Der Knorpel ist auch zweifellos ein viel modulationsfähigeres
Gebilde als der Knochen, und so sind naturgeraäss auch die knorpe-
ligen Skelettheile der Selachier viel variabler, als die laiöchernen
Skelettheile höherer Wirbelthiere. Dies ist von den vergleichen-
den Anatomen kaum in Rechnung gezogen worden, indem man bei
Beurtheilung des Skeletbaues der Selachier mit denselben Factoren
rechnete, welche bei den höchsten Wirbelthieren Geltung haben.
Der Schädel.
Der Schädel der Selachier stellt zwar eine einheitliche un-
getheilte Kapsel dar, aber nach der Lage der drei Organe. Nase,
Auge, Ohr, und nach gewissen damit in Beziehung stehenden
äusseren Fortsätzen und Ausbuchtungen der Schädelkapsel lassen
sich stets drei Regionen deuthch unterscheiden : 1 . eine Nasen-
region (Regio nasalis); 2. eine Augenregion (Regio orbitalis);
3. eine Ohrregion (Regio auditiva). Gegenbaur^) unterschied
noch als jenen gleichwerthig eine Regio occipitalis, durch
welche die Verbindung mit der Wirbelsäule hergestellt wird; ich
glaube, dass man dann mit noch mehr Recht eine Regio ros-
tralis unterscheiden köinite. welche zwar bei einigen Selachiern
fehlt, bei den meisten aber selbstständig entwickelt ist und bei
^) Vergl. 0. Jaekel: üeber Phaneropleuron , Uemictenodus und
die Stammesgeschichte der Dipnoer. Sitzungs-Berichte d. Ges. naturf.
Freunde, Berlin 1889, p. 8.
^) Gegenbaur. Kopfskelet der Selachier, p. 30.
101
vielen sogar einen besonders holien Grad der Difierenzirung er-
langt hat.
Das Kopfskelet der lebenden Pristiophoridcii ordnet sich in
jeder Hinsieht dem Typns der Spinaciden unter, doch ist es nicht
möglich, dasselbe zu einer bestimmten Gattung derselben in directe
Beziehung zu bringen, indem es sich in den verschiedenen Punkten
an verschiedene der heut lebenden Formen anschliesst.
Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass sich die Pristio-
phoriden eher vom Stamm der Spinaciden abzweigten, ehe eine
Gliederung desselben in die heut lebenden Gattungen und Familien
stattfand. Hiermit stehen die geologischen Thatsachen im Ein-
klang, indem aus der oberen Kreide, aus der uns bis jetzt der
erste echte Spinacide bekannt ist, auch bereits die ältesten Reste
von Pristiophoriden vorliegen.
Die Form des hinteren Theiles der Schädelkapsel wird
wesentlich bestimmt durch die Verbindung desselben mit der
Wirbelsäule, die Articulationen des Zungenbein- und des Kiemen-
bogens an den Seiten und die Lage des Ohres. Was zunächst
die Hinterwand des Schädels und die Verbindung derselben mit
der Wirbelsäule betrifft, so finden wir. dass bei Fnstiophorus das
Foramen magnum zu beiden Seiten umgeben wird von halbmond-
förmigen Gelenkhöckern (Condyli occipitales) , welche unten fast
zusammenstossen. oben durch einen breiten Einschnitt getrennt
sind (s. CO in umstehender Figur). Es zeigt sich hierin eine
sehr grosse Uebereinstimmung mit Fristis^) welchem in Folge
jener Gelenkung das höchste Maass von Beweglichkeit zwischen
Schädel und Wirbelsäule zukommt. Gegenbaur hebt aber aus-
drücklich hervor, dass Pristis in diesem Punkte sich auch von
den Rochen beträchtlich unterscheidet, bei denen ebenfalls eine
Artikulation zwischen Kopf und Wirbelsäule ausgebildet ist. Es
unterliegt nun keinem Zweifel, dass die gleiche Ausbildung der
Gelenkverbindung bei Pristiopliorus auf die gleiche Function
schliessen lässt. Daraus widerlegt sich nun zunächst die
in den meisten Lehrbüchern verbreitete Behauptung,
dass bei Haien im Gegensatz zu Rochen keine Arti-
culation zwischen Schädel und Wirbelsäule stattfände,
sondern die Wirbelsäule mit dem Schädel verwachsen
sei, indem bei Pristiophorus ebenso wie bei Pristis das höchste
Maass der Beweglichkeit an dieser Stelle erreicht ist. Diese
Thatsache drängt aber noch zu weiteren Erwägungen, welche ich
hier kurz in folgende Sätze zusammenfasse.
') Vergl. über Vristis auch Gegenbaur: Kopfskelet der Sela-
chier, p. 32.
102
Das ursprüngliche VerhaJ-
ten ist das, dass die Wirbel-
säule coutinuirlich in den
Schädel übergeht (Hexan-
chus, HeptancJms). Dieses
Verhältniss wird bei den spin-
delförmigen Haien im Princip
nur wenig alterirt, indem sich
die Wirbelsäule in selbststän-
dige Wirbel gliedert, und da-
durch der Gegensatz zwi-
schen Schädel und Wirbel-
säule bedeutend schärfer
hervortritt. Bei denjenigen
Formen (Pristis, Pristiopho-
rus), bei welchen sich vorn
am Kopf eine lauge Waife in
Gestalt einer Säge entwickelt,
welche an den Lebensfunctio-
nen des Thieres so bedeu-
tenden Antheil nimmt, dass
sich sogar das Gebiss sehr
reducirt . muss dem Kopf
zum Gebrauch jener Waffe
eine grössere Beweglichkeit
verschafft werden. Dies ge-
schieht eben durch jene halb-
mondförmigen Gelenkhöcker,
welche eine Drehung und
Bewegung des Kopfes nach
allen Seiten ermöglichen.
Mit der platten Ausbrei-
tung des Körpers bei Ro-
chen und deren sehr ver-
minderter Schwimmfähigkeit
wird die Wirbelsäule, soweit
sie innerhalb der breiten
Scheibe des Rumpfes liegt,
als Stütze für die Bewegung fast functionslos und bildet sich zu
einem ungegliederten Rohr um, welches innerhalb der Scheibe
nur noch als Träger des Rückenmarks dient. Um nun dem Kopfe
sowohl beim Schwimmen wie bei der Nahrungsaufnahme eine ge-
wisse Freiheit der Bewegung zu ermöglichen, bildet sich zwischen
dem Schädel und jenem ungegliederten steifen Rohr der vorderen
103
Wirbelsäule eine Articulatiüu in Gestalt zweier seitlich vom
Foraraen stehender zapt'enarliger Condyli aus. durch welche nicht
eine allseitige Drehung, sondern nur eine Auf- und Abwärts-Be-
wegung des Schcädels gestattet ist.
Es scheint also, dass die Articulatiou des Schädels
und der Wirbelsäule bei Pristis und Pristiophorus mit
der gleichen Erscheinung bei den Rochen entwick-
lungsgeschichtlich nichts gemein hat, sondern dass
dieselbe, wie sie an sich von jener verschiedenen ist,
auch anderen Ursachen ihre Ausbildung verdankt. Ich
möchte aber auch hier ausdrücklich hervorheben, dass durch jene
Uebereinstiunnung Pristis und Pristioxjhonis sich durchaus nicht in
systematischer Hinsicht einander nähern. Jene Erscheinungen sind
als Convergens und nur als analoge nicht als homologe Bildungen
aufzufassen, indem sie nur die secundäre Folge der Sägenbildung
sind, welche ihrerseits in beiden Fällen als sehr verschiedene
Differenzirungen aufgefasst werden müssen.
Neben dem Foramen magnum und den es umschliessenden
Condyli occipitales liegt jederseits in den ungefähr kreisförmigen
Ausbreitungen der hinteren Schädelwand die grosse Austritts-
öffnung für den Vagus (Vg). Da diese Oeffnungen als die vordere
Grenze der Occipitalregion nach Gegenbaur aufgefasst werden
müssen, so liegt also die ganze Occipitalregion wie bei den meisten
Selachiern ausschliesslich in der Hinterwand des Schädels. Eine
Wand oder Grenze als Theil des Ganzen, als eine besondere
Region des Schädels aufzufassen, halte ich aber nicht für natur-
gemäss. Gegenbaur ging hierbei von den Notidaniden aus, bei
denen die Oeffnungen für den Vagus noch nicht in einer Ebene
mit dem Foramen magnum liegen, sondei-n etwas nach vorn an
die Seiten des Schädels gerückt sind. Hierdurch wird allerdings,
wenn man die Grenze durch jene Vagusöffnungen legt, ein Raum
des Schädels abgeschnitten.
Man betrachtete nun jene Veränderung, wie sie bei unserer
Gattung und den höher differenzirten Selachiern vorliegt, als eine
Verkürzung der Occipitalregion. Ich glaube, dass es einfacher
ist. die Sache so aufzufassen, dass bei jenen Formen, bei denen
noch keine Articulatiou zwischen Schädel und Wirbelsäule statt-
findet, die Hinterwand des Schädels auch noch nicht abgeplattet
sondern gerundet ist, dass es aber immerhin nichts weiter als
die Hinterwand der hier als regio auditiva aufgefassten Schädel-
region ist.
Die Seiten der hinteren Schädelkapscl (Regio auditiva hier,
= Regio labyrinthica Gegenbaur) zeigen bei Prisiiophorus kaum
bemerkenswerthe Eigenthümlichkeiten. Der Gelenkfortsatz für das
104
kräftige Hyoniandibulare tritt ziemlich stark hervor , wie bei
Scymtms, Sjyinax und Arnnthias, und bildet grosse seitliche Ge-
lenkfacetten. Dagegen ist der Fortsatz für die primäre Articu-
lation des Palatoquadratum . der Processus postorbitalis , etwas
weiter zurückgebildet als bei den meisten Spinaciden, was darin
seinen Grund haben dürfte, dass durch die Verbreiterung des
ganzen Kopfes der Kieferbogen sehr in die Breite gezogen und
deshalb wahrscheinlich früher und schneller seine primäre Articu-
lation mit dem Schädel aufgegeben haben mag, als dies bei den
Verwandten unserer Art der Fall war. Die zAvischen beiden
Fortsätzen gelegene Labyrinthregion ist ziemlich kurz, etwa wie
bei Acnnthias uyatus, bei welchem die Form des Schädels über-
haupt sehr grosse Uebereinstimmung zeigt.
Die obere Wand der Regio auditiva ist in der Mitte unter-
brochen durch die grosse ovale Parietal grübe, an deren ziemlich
tiefem Grunde sich jederseits eine Oeflfnung nach dem Lab}Tinth
findet. Eine Crista occipitalis fehlt, was bei der flachen De-
pression des Schädels durchaus naturgemäss ist. Dass dieselbe
den Spinaciden ebenfalls mangelt, ist bekannt. Ueber sonstige
Formdetails dieser Region wage ich nichts zu sagen, da dieselben
durch die Eintrocknung des Skeletes sehr verändert sein können.
Unter dem Postorbitalfortsatz liegt die grosse Oeffnung für den
Austritt des Nervus trigeminus genau an derselben Stelle wie bei
Spinaciden und bildet nach Gegenbaur die vordere Grenze gegen
die Augenregion des Schädels.
Die mittlere, Augen- oder Orbital-Region des Schädels zeigt
keine besonderen Eigenthümlichkeiten. Sie ist wie der ganze
Schädel dorso-ventral etwas comprimirt, so dass namentlich die
Oberseite ziemlich eben erscheint.
Fig. 3.
intT'^r
Von besonders hohem systematischen Werth sind aber die
Austrittsöffnungen der Nerven in der Orbitalgrube. Die Anord-
nung derselben ist bekanntlich sehr verschieden, aber innerhalb
der einzelnen Gruppen sehr constant. Vergleicht man die hier
105
gegebene Abbildung (Fig. 3) mit den Bildern, welche Gegenbaur
in seinem trefflichen Werk auf t. L, II. und III. gegeben hat,
so überzeugt man sich sofort, dass dieselbe in dem genannten
Punkte die vollkommenste Uebereinstimmung mit Acanthias auf--
weist, während die übrigen Bilder, besonders von Cestracion,
Galeus, Prionodon, Raja, Torpedo, Pristis, ein durchaus anderes
Bild darbieten. Auch bei Scymnus ist die Anordnung nicht
wesentlich verschieden. Die Uebereinstimmung mit Acanthias,
sowohl nach der Abbildung Gegenbaur' s wie nach den mir vor-
liegenden Skeleten. ist so vollkommen, dass man, auch ohne die
Nerven selbst zu sehen, über die Deutung der Austrittsöifnungen
nicht einen Augenblick im Zweifel sein kann.
Die obere Wand der Schädelkapsel, das Schädeldach (vergl.
Fig. 2, pag. 101), ist ebenfalls besonders durch die Anordnung
der Nervenaustritte bemerkenswerth , indem die hier vorliegende
Anordnung in zwei dem Seitenrand parallel verlaufenden Reihen
kleiner Oeifnungen sich nur bei Spinaciden wiederfindet. Be-
sonders ähnlich scheint unter diesen wieder Acanthias zu sein,
nur dass bei unserer Gattung die Austrittsötfnung des Ramus
ophthalmicus auf das Schädeldach klein bleibt, während dieselbe
bei Acanthias die anderen an Grösse bedeutend übertrifft. Der-
selbe Fall wie bei Pristiophorus liegt in dieser Hinsicht auch bei
Scymnus vor^).
An der Unterseite des Schädels werden die Augenhöhlen
nicht von einer basalen Ausbreitung Avie bei Scijllinm und anderen
Formen umschlossen, sondern die Unterseite ist in der Orbital-
region sehr verschmälert. Auch hierin zeigt die Gattung also
vollständige Uebereinstimmung mit den Spinaciden.
Die vordere Nasal- oder Ethmoidal-Region des Schädels
(vergl. Fig. 2 p. 101) verdient naturgemäss besondere Beachtung,
weil dieser Theil die bedeutendste Differenzirung erlangt hat.
Ueber die Anatomie der Nase kann ich leider keine Angaben
machen, da an dem mir vorliegenden Skelet nur die verkalkte
Knorpeldecke derselben erhalten ist. Die über der Augenhöhle
liegende Verbreiterung des Schädeldaches setzt sich nach aus-
wärts biegend als Kante auf die Nasendecke fort und lässt so eine
vordere und eine hintere Abdachung derselben erkennen. Die
hintere bildet die vordere Wand der Augenhöhle und besitzt zwei
grosse Durchbohrungen , eine innere für den Durchtritt des
Ramus ophthalmicus (frontale Oeffnung des Praeorbitalkanals) und
eine äussere, nahe der Säge. Für letztere finde ich nur insofern
^) Vergl. Gegenbaur. Kopfskelet der Selachier, t. VII f. 3, p. 69.
106
ein Homologon, als bei Spiiiaciden an der gleichen Stelle der
Knorpel uiiverkalkt ist.
Die vordere und seitliche Abdachung der Nasenkapsel geht
basal in die Knorpel der Säge über, vorn findet sich jedoch
jederseits vor der Nasenkapsel und an den Seiten des mittleren
Rostralknorpels eine Durchbohrung, welche den gleichen Oeffnun-
gen bei Centrophorus calceiis^) und den tiefen Ausschnitten ent-
spricht, welche sich bei Acanthias jederseits an der Basis des
Rostrums finden. Die Differenzirung des Rostrums lässt sich
am besten von einer Ausbildung ableiten, wie sie unter den
lebenden Formen Centrophorus calceus besitzt (vergl. die Zeich-
nung bei Gegenbaur, 1. c, t. VIII, f. 1). Man bi'aucht sich
nur vorzustellen, dass sich der mittlere Knorpel bedeutend ver-
längert und danach an seiner Basis verbreitert, so kommt man
auf das scheinbar befremdliche Bild, welches uns Pristiophonis in
seinem Rostrum darbietet. Bei Centrophorus granulosus und
anderen Arten ist die Ausbildung noch nicht so weit vorge-
schritten wie bei Centrophorus calceus, indem bei Centropltorus
granulosiis z. B. wohl seitliche Fortsätze vorn am Rostrum vor-
handen sind, aber noch keine Verbindung derselben mit der Nase
besteht. Bei Acanthias fehlen auch jene seitlichen Fortsätze,
dagegen bietet bei dieser und der vorgenannten Art die breite
Basis des Rostralknorpels grössere Uebereinstimmung mit Pristio-
phorus, als wir sie bei Centrophorus calceus sahen.
Bei dem mir vorliegenden voll entwickelten Embryo von
Pristiophorus ist die Säge. bezw. das Rostrum noch sehr kurz
und nimmt nur etwa ein Fünftel der Länge des ganzen Fisches
ein, während bei älteren Individuen dieses Verhältniss sich etwa
bis zu einem Viertel steigert.
Während sich bei dem lebenden Pristiophorus der mittlere
Theil des Rostrums (der ursprüngliche mediane Rostralknorpel)
mit geraden Seiten stetig nach vorn verschmälert, finden wir in
dieser Hinsicht bei Sclerorhynchus atavus, dem ältesten mir be-
kannten Pristiophoriden, ein etwas abweichendes Verhältniss,
welches für die phylogenetische Entwicklung des Rostrums von
besonderem Interesse ist. Man sieht nämlich (vergl. Taf. 11,
Fig. 1), dass der Rostralknorpel an seiner Basis etwas ver-
schmälert ist und sich dann nach den Seiten der Säge ver-
breitert. Ich erblicke hierin eine Annäherung an die löftelartige
Rostralbildung bei Acanthias und das Verhalten von Centrophorus
calceus und sonach ein Uebergangsstadium von jenen Aus-
bildungsformen zu der von Pristiophorris. Ich glaube daher, dass
') Vergl. Gegenbaur. Kopfskelet der Selachier, t. A'III, f. 1.
107
diese Erscheinung ia phylogenetischer Hinsicht ein besonderes
Interesse verdient , weil sie uns auch für das bei Pristiophorns
am eigenartigsten differenzirte Organ den x\nschluss an die Spina-
ciden erkennen lässt.
So befremdlich also auch die Rostralbildung bei Pristio-
phonts auf den ersten Blick aussieht, so einfach lässt sie sich
auf normale Verhältnisse bei verwandten Formen zurückführen.
Eine derartig exceptionelle Rostralbildung finden wir übrigens ab-
gesehen von Pn'sfis auch bei einer fossilen Lamniden-Gattung,
Scapanorhi/nchus Smith-Woodwakd , aus der oberen Kreide des
Libanon, und auch bei Carchariden sind die Schwankungen in der
Länge des Rostrums nicht unbeträchtlich. Dass bei Pristiopliorus
noch die Bezahnung des Rostrums hinzukommt, erscheint ebenfalls
nicht ungewöhnlich, wenn man die mannigfachen Ditferenzirungen
der Zahngebildc namentlich bei Rochen in Vergleich zieht.
b. Das Visceralskelet.
Das Visceral- oder Kiemenskelet der Selachier ist von
Gegenbaur so eingehend besprochen worden, dass ich mich hier
darauf beschränken kann, die bei Pristiopliorus gemachten Beob-
achtungen der von jenem Forscher gegebenen Darstellung einzu-
reihen. Dieselben sind überdies unvollständig, insofern es mir
auf Grund des einzigen getrockneten Skeletes nicht möglich war,
über äussere Kiemenbögen und Kiemenstrahleii der inneren Bögen
irgend Avelche Beobachtungen anzustellen, und die Eintrocknung
gerade bei diesen Skelettheilen die äussere Form derselben nicht
unerheblich verändern kann. Es empfiehlt sich die verschieden
differenzirten Theile desselben gesondert zu besprechen, zumal
dieselben ihrer Function nach mit sehr verschieden Namen belegt
worden sind.
Die Kiemenbögen im enge-
ren Sinne sind, wenn man von
den Kiemenstrahlen absieht, in zwei
verschiedene Bildungen differenzirt,
1) in die eigentlichen Bogenstücke,
2) in die ventralen Verbindungs-
stücke der letzteren.
Die eigentlichen Bogenstücke
sind durch die Eintrocknung des
Skeletes so in ihrer Form ver-
ändert, dass man nur die Zahl und
Lage — zwei seitliche und das dor-
sale Stück der Bögen — . aber nicht
deren Gestalt genauer beobach-
ten kann.
Fig. 4.
108
Die ventralen Verbindungsstücke oder Copularia bestehen
aus einer grossen herzförmigen Endplatte und drei paarigen
vorderen Spangen, welche, an der Vorderseite der Endplatte
inserirt, sich bogenförmig nach aussen richten. Sie nehmen
von vorn nach hinten schnell an Länge ab. derart, dass die
zweite etwa die Hälfte . die diitte ein Viertel der Länge der
vordersten erreicht. Die vordere Spange ist dagegen verhält-
nissmässig schmal und verjüngt sich nach dem distalen Ende.
Die drei Spangen jederseits sind untereinander durch unverkalkte
Haut, bezw. Bindegewebe verbunden, und vorn bildet dasselbe
eine schmale Brücke zwischen den vordersten Spangen. Vergleicht
man dieses in obenstehender Figur 4 gezeichnete Bild mit den
von Gegenbaur gegebenen Darstellungen des Visceralskelets der
verschiedenen Plagiostomen, so ergiebt sich eine sehr nahe Ueber-
ein Stimmung mit der 1. c, t. XVI gegebenen Abbildung von
Centrophonis calceiis, eine weniger grosse mit Acanthias und
Sinnax niger (t. XMH. f. 3 u. 6). Ein in manchen Beziehungen
ähnliches Bild zeigen auch liaja und Torpedo.
Der Hyoidbogen wird gebildet aus den paarigen Hyoman-
dibulare (hm) und Hyoid (hy) und der ventralen unpaaren Copula.
Das an dem hinteren Schädel articulirende Hyomandibulare ist
eine breite kräftige Spange, w'elche am Tragen des Kieferbogens
sehr wesentlich betheiligt ist, das Hyoid ist dagegen sehr viel
schwächer und wie die Copula als lange dünne Spange entwickelt.
Der Hyoidbogen schliesst sich sonach in seinem Verhalten an das
der Spinaciden an, unter denen er fast vollständige Ueberein-
stimmung mit Acanthias aufweist.
Der Kie fei' bogen besteht aus den paarigen Stücken des
Oberkiefers (Palatoquadratum) und Unterkiefers. Die Palatoquadrata
sind verhältnissmässig schlanke Knorpel, welche vorn in der
Symphyse fest verwachsen sind und zusammen einen halbkreis-
förmig gebogenen Oberkiefer bilden. Der Unterkiefer ist dem
Oberkiefer ähnlich, er besteht ebenfalls aus einem dünnen halb-
kreisförmigen Bogen, dessen paarige Mandibular stücke in der
Symphyse fest verbunden sind.
Was das Verhältniss des Kieferbogens zum Schädel, bezw.
dessen Befestigung an letzterem betrifft, so ist es, glaube ich, auf
Grund der Entwicklungsgeschichte zw'eckmässig, im Allgemeinen
drei Arten der Befestigung zu unterscheiden, welche als eine
primäre, eine secundäre und eine tertiäre aufzufassen sind.
Die primäre Befestigung besteht darin, dass sich das nach hin-
ten verbreiterte Palatoquadratum direct mit dem Cranium am Post-
orbitalfortsatz verbindet und durch diese Verbindung ausschliess-
lich oder fast ausschliesslich getragen wird. Dieser Zustand ist als
109
der primäre aufzufassen, weil er sich in der embryonalen Entwick-
lung zuerst ausprägt und weil ihn die niedrigst organisirten und
zugleich die ältesten Typen von Selachiern besitzen, nämlich die
Xenacanthini , Notidanidne und Cesfracionidae , wenn sich auch
bei letzteren bereits die Tendenz nach einer anderweitigen Be-
festigung zu erkennen giebt. Dieser Befestigung entspricht eine
starke Ausbreitung des hinteren Theiles des Palatoquadratum nach
oben; und der Umstand, dass wir wenigstens einen Vorsprung
am Knorpel als Rudiment jener ursprünglichen Articulation noch
J)ei fast allen Selachiern antreffen, bei welchem derselbe in Folge
einer veränderten Articulation höchst wahrscheinlich functionslos
geworden ist, beweist, dass seine Bildung eine sehr ursprüngliche
und jedenfalls sehr lange bewahrte Eigenthümlichkeit der Pla-
giostomen ist.
Mit dem allmählichen Aufgeben jener primären Articulation
(Spinaciden) stellt sich eine neue secundäre Verbindung am vor-
deren Theil des Schädels ein. welche bei Notidaniden noch
schwach angedeutet ist und in frühen Embryonalstadien der ver-
schiedenen Plagiostomen noch ganz fehlt. Nach der allmählichen
Vereinigung und Verfestigung der Palatoquadrata in der Symphyse
bildet sich am Schädel hinter der Nasalregion ein Gelenkfortsatz
— der Palatobasalfortsatz — und am Palatoquadratum zur Gelenk-
verbindung mit jenem ein Gaumenfortsatz aus. Diese secundäi'e
Articulation muss wohl bei den Formen, bei denen die Mund-
öflfnung vorn am Kopfe steht und zum Schnappen vorzugsweise
eingerichtet ist, entschieden als ein Fortschritt in der Organisation
aufgefasst werden, da hierbei die Kieferbogen in den Mund-
winkeln eine erheblich freiere Beweglichkeit erlangen, als bei der
schwerfälligen Verbindung ihres hinteren Endes am Schädel.
Als eine tertiäre Verbindung fasse ich diejenige auf, welche
zwischen dem Oberkiefer und dem Schädel durch das Hyomandi-
bulare vennittelt wird; als tertiär im Hinblick auf die beiden
anderen deshalb, weil sie sich von dem den einzelnen Visceral-
bögen zu Grunde liegenden Bauplan theoretisch am weitesten
entfernt und weil sie practisch erst bei den Formen (Kochen) zur
vollen Entfaltung kommt, welche sich hinsichtlich ihrer Difteren-
zirung von dem ursprünglichen Typus am weitesten entfernt haben.
Prisfiophorus zeigt nun in den genannten Punkten folgendes
Verhalten. Die primäre Verbindung ist zwar ganz aufgegeben,
aber der Articulationsfortsatz für jene primäre Articulation mit
dem Schädel ist am Oberkiefer wie bei den Spinaciden noch be-
deutend entwickelt (p). Zur Befestigung am Schädel dienen da-
gegen wie bei der Mehrzahl der spindelförmigen Plagiostomen die
secundäre und die tertiäre Articulation. Die secundäre Verbin-
110
düng durch den Gaumenfortsatz ist bereits etwas riickgebildet.
was jedenfalls in der Verbreiterung des Schädels und der starken
Auseinanderziehung des Gebisses seine Erklärung findet. Dagegen
ist die tertiäre durch das Hyoniandibulare vermittelte Articulation
sehr wohl entwickelt, was dadurch um so deutlicher hervortritt,
dass das Hyoniandibulare sehr kräftig, das Hyoid sehr schwach
entwickelt ist. Diese Befestigung erinnert daher an die bei den
meisten Rochen übliche, welche unter dem gleichen Einfluss der
Verbreiterung des Kopfes den gleichen Weg der Ditierenzirung
eingeschlagen hat. Ich kann aber hierin nur eine aus der glei^
chen Function hervorgegangene Convergenzerscheinung erblicken^).
Dass die Kiefer äste bei Pristiophorus im Gegensatz zu den
Spinaciden verhältnissmässig dünn und gerundet im Querschnitt
sind, ist wohl unzweifelhaft die Folge davon, dass mit der mäch-
tigen Bewaffnung durch die Rostralsäge das ganze Gebiss eine
Rückbildung erfahren hat. Während sich das Verhalten des
Kieferbogens auch in allen wesentlichen Punkten auf das bei
Spinaciden zurückführen lässt. nähert es sich in der Art der
Bezahnung derjenigen der Rochen und der Scylliden. Hierbei ist
indess auch der Umstand noch zu erwägen, dass fossile Reste
von Pristiophorus ebenso alt sind, als uns echte Spinaciden (Acan-
thias latidens Dav. sp.) bis jetzt bekannt sind, und dass es sehr
wahrscheinlich ist, dass die Scylliden auf einen gleichen Stamm
zurückzuführen sind, sich demnach auch in der Kreide -Periode
noch näher standen als heute.
c. Die Wirbelsäule.
Hasse standen bei seinen eingehenden Untersuchungen der
Wirbelsäule von Pristiophorus nur Schwanzwirbel zur Verfügung.
Seine Annahme, „dass ein wesentlicher Unterschied im Baue
der Rumpfwirbel nicht existiren wird*-' (1. c. p. 98), kann ich
jedoch nach Betrachtung der mir vorliegenden vollständigen Wir-
belsäule nicht bestätigen, und hierin liegt, wie ich glaube, der
Grund, dass ich in der Beurtheilung der Wirbelsäule von Pristio-
phorus zu anderer Ansicht gelangt bin als der genannte For-
scher. Auch in der Arbeit von Hasse wird Pristiophorus un-
mittelbar nach den Spinaciden besprochen, aber an die Spitze
einer anderen Gruppe, seiner TectospondyH, gestellt.
Was zunächst den letztgenannten Begritf betrifft, so kann
ich demselben einen systematischen Werth in dem Sinne von
Hasse nicht zuerkennen, da ich in der Tectospondylität der Wirbel
nur ein Stadium der Differenzirung, und zwar einer Rückbildung
erblicken kann. Dieselbe kann aber in verschiedenen phylogene-
1) Haswell, 1. c, p. 100.
111
tischen Gruppen selbstständig erfolgen und ist z. B. bei den ver-
schiedenen Rochen in sehr verschiedener Weise vor sich gegan-
gen; die einen sind sicher auf asterospondyle, die anderen auf
cyclospondyle Typen zurückzuführen. Ich glaube, dass man in
dem Bau der Wirbelsäule naturgemäss folgende Typen unter-
scheiden muss:
1. einen indifferenten Typus, bei welchem im einfach-
sten Falle (Notidaniden) nur eine Gliederung der Chordascheide
in wirbelartige Segmente stattfindet, im zweiten Falle als höheres
Differenziruugsstadium eine sanduhrförmige Einschnürung des Wir-
belkörpers erfolgt (Spinaciden = Cydospondyli Hasse). Von
letzterem Typus kann man als Dift'erenzirungen in verschiedener
Richtung folgende auffassen:
2. einen asterospondylen Typus, bei welchem sich zwi-
schen den Doppelkegeln des sanduhrförmigen Wirbels Längsleisten
ausbilden, welche dem Wirbelkörper im Querschnitt ein sternför-
miges Aussehen verleihen. Stets sind zwei obere und zwei untere
Einstülpungen vorhanden, in welchen die oberen und die unteren
Bögen Halt bekommen. Diesen Typus zeigen noch wenig difte-
renzirt die Cestracioniden, am höchsten entwickelt die Lamniden,
rückgebildet z. B. die Trygoniden und Rhinobatiden ;
3. den sklerospondylen M Typus, bei welchem die Ver-
festigung der Doppelkegel nicht durch Längsleisten, sondern durch
concentrische Ablagerung von Kalk erfolgt. Die vier Einstül-
pungen, die beiden oberen für die Neurapophysen , die beiden
unteren für die Haemapophysen , sind auch hier vorhanden. Am
klarsten ausgeprägt zeigen diesen Bau die Carchariden, weniger
deutlich und etwa in der Mitte zwischen diesen und den Spina-
ciden stehend die Scylliden.
Uebergänge zwischen den beiden letztgenannten Typen sind
naturgemäss vorhanden, da auch bei den asterospondylen Wirbeln
durch die Längsleisten eine concentrische Schichtung geht. Bei
der Rückbildung, welche die Wirbelsäule z. B. in der breiten
Rumpfscheibe der Rochen erfährt, oder bei der Vereinfachung
des Baues in den kleinen Wirbeln des Schwanzes ist der ur-
sprüngliche T}q3us oft sehr verwischt.
Was imn Pristiophorus anbetrifft, so finde ich in dem Bau
der Wirbelsäule durchaus keinen Unterschied gegenüber Acanthias,
höchstens ist zwischen den Doppelkegeln die Verkalkung im Sinne
des sklerospondylen Typus etwas weiter vorgeschritten, sodass
Prisiiophorus sich dem Entwicklungsstadium nähert, welches in
dieser Hinsicht Scyllium catulus einnimmt. Es sind an dem
^) axÄT;(vo; = hart, fest, wegen der stärkeren Kalkablagerung zwi-
sclieu den Doppelkegeln.
112
eigentlichen Wirbelkorpcr stets die '2 oberen und unteren Ein-
stülpungen vorhanden und im Rumpfe sogar sehr tief, derart,
dass an den eingetrockneten Doppelkegeln bisweilen zwischen den
oberen und unteren Einstülpungen jederseits ein offener Durch-
bruch erscheint (vergl. Fig. 5, p. 113). Am Schwanz allerdings
werden jene 4 Einstülpungen flacher, und zugleich tritt die Ver-
kalkung stärker hervor, und so erscheint schliesslich das Bild,
welches Hasse uns (1. c. , t. XEH , f. 4 u. 5) gegeben hat. Eine
mikroskopische Untersuchung der Wirbel konnte ich leider nicht
vornehmen, doch glaube ich mich als Basis füi^ die von mir ver-
tretene Autfassung, dass Prisiiophorus ein Spinacide sei, der
Worte Hasse's bedienen zu können, der hierüber folgendes sagt
(1. c, p. 99): „Das Bild des geweblichen Aufbaues der Wirbel-
säule des Prisiiophorus ist ein ungemein complicirtes, freilich
auch höchst anziehendes, und es hat lange gedauert, ehe ich
mich in diesem Labyrinthe zurechtgefunden habe. Das ist mir
an der Hand der Kenntnisse von den ältesten unter den Plagio-
sfomi cyclospondyli und den Notidaniden gelungen." Wenn also
Hasse zum Verständniss des Baues von den Cyclospondylen, d. h.
den Spinaciden ausgehen musste, so liegt darin wohl der beste
Beweis, dass sich Pristiqphorus auch in dieser Hinsicht am näch-
sten an die Spinaciden anschliesst.
Die bereits von Hasse gemachte Beobachtung, dass die Form
der Neurapophysen und Intercalarstücke sehr unregelmässig sei,
kann ich für die ganze Wirbelsäule bestätigen (Hasse, 1. c, p. 98).
Der Querschnitt der Wirbel ist übrigens in der Rumpfregion
vierseitig, indem die Längskanten der 4 Einstülpungen stark
hervortreten. Danach fällt das Bedenken fort, welches Hasse
gegen die Bestimmung des fossilen Wh-bels aus dem Miocän von
Baltringen hegte (Hasse, 1. c, p. 103).
d. Die unpaaren Flossen.
Ln Besonderen die beiden Dorsalia, weniger das Caudale
erhalten in ihrem Skeletbau dadurch ein sehr charakteristisches
Aussehen, dass die Zahl und Grösse der Stützplatten sehr be-
trächtlich ist (vgl. die nebenstehende Fig. 6). Es ist eine grosse,
länglich Aierseitige Mittelplatte, eine Reihe kleinerer davor und
dahinter und über der mittleren und den hinter ihr liegenden
noch eine Reihe kleiner Plättchen, von denen die Hornfäden der
Flosse ihren Ausgang nehmen. Ein derartiges Flossenskelet ist
nur bei wenigen Formen von Selachiern vorhanden. Es ist ganz
abweichend von dem der Cai'chariden , Scylliden und anderen
Haien, schliesst sich dagegen vollständig an ein Verhalten an,
wie wir es bei Äcanfhias vulgaris antreffen. . Auch hier bilden
grosse, auf den oberen Bögen aufsitzende Platten die Basis der
113
Figur
Flosse, darüber liegen kleinere Platten, auf denen direct die
Hornfäden inseriren. xiuch vor dem Stachel sieht man bei Acan-
fhias noch mehrere Stützplatten. Man braucht sich also nur
nach Fortfall des Stachels die Zahl der Platten vermehrt zu
denken, um zu demselben Verhalten zu gelangen, welches wir bei
PrisHophorus antrafen. Nicht unähnlich ist die Anordnung der
grossen Stützplatten bei den sog. unechten Rochen Pristis und
Bliynchohatus, bei denen sich aber über den Stützplatteu noch
mehrere Reihen länglicher Knorpelstäbe finden, welche der Flosse
einen anderen Charakter als bei Pn'stiopJionisi und Acanthlas ver-
leihen. Die Aehnlichkeit jener mag lediglich durch die auch ver-
hältnissmässig starke Entwicklung der Dorsalia herbeigefülirt sein.
Das Schwanzflossenskelet ist dadurch gekennzeichnet, dass
die unteren Bögen sich zu gekrümmten Stäben verlängern und
die vorderen von ihnen sich auch erheblich verbreitern. Ebenso
gleichmässig wie die Zunahme ihrer Länge von der Insertion der
Flosse an ist ihre Abnahme nach dem Ende der Wirbelsäule zu.
Auf jeden Wirbelkörper kommt dabei eine Knorpelspange. Auf
der oberen Seite der Wirbelsäule finden sich kleinere, schärfer
nach hinten gebogene Stäbe in der Anordnung, dass anfangs
mehrere auf einen Wirbelkörper kommen, weiter nach hinten aber
je ein Stäbchen auf den oberen Bögen aufsitzt. In allen diesen
Punkten stimmt Pristiophurns mit Aainfhias vollständig überein,
während in anderen Grujjpen von Selachiern ziemlich abweichende
Verhältnisse des Skeletbaues vorliegen.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 1.
114
e. Die paarigen Flossen mit Scliult(>r und Becken-
Gürtel.
Die Brustflosse besitzt ein Skelet, welches sich unter den
mir bekannten am nächsten an das von Acanfliias anschliesst.
Die Basis wird von drei Stücken gebildet . einem breit - keilför-
migen mittleren, einem axtförmigen. etwas schmäleren und län-
geren hinteren und einem kleinen schmalen vorderen Stücke.
Nach dem Schema Gegenbaur's wäre also ein Pro-, Meso- und
Meta-Pterygium vorhanden. Ich halte aber eine conseiiuente Durch-
führung dieser Bezeichnungen füi* unausführbar, weil diese sehr
plastischen Gebilde von den Veränderungen der äusseren Form
der Flosse so beeinflusst werden, dass bei sehr nahe verwandten
Formen die Anordnung jener Stücke eine ausserordentlich nian-
nichfaltige ist, und weil jene Mannichfaltigkeit eine sichere Be-
stimmung der einzelnen Elemente oft unmöglich macht. Aus der
bei Scymmis z. B. ganz einheitlichen Platte sondert sich aller-
dings meist ein hinteres Stück ab, welches dem der Bewegung
weniger ausgesetzten, am Körper anliegenden Theil der Flosse
stützt und sich wegen seiner meist beträchtlichen I^ängenausdeh-
nung wieder in eine Reihe grösserer und kleinerer Stücke glie-
dert. Um der Brustflosse, namentlich wenn sie sich in der Längsaxe
des Körpers ausdehnt, in dieser Richtung eine grössere Beweg-
lichkeit zu verleihen, gliedert sich auch vorn noch ein Knorpel-
stück ab. welches sich namentlich dann, wenn es sich wie das
hintere Stück an den Körper anlegt, beti-ächtliche Ausdehnung
und eine Gliederung in der Längsaxe erfährt. Alles Andere aber
lässt sich im Skelet der Brustflosse sehr schwer schematisiren,
und namentlich ist durchaus nicht festgestellt und wahrscheinlich
überhaupt nicht nachweisbar, welche Lage - Veränderungen und
Umbildungen die einzelnen Stücke einer dreieckigen Haiflossc bei
deren Umwandlung und Verbreiterung zu einer Rochenflosse er-
fuhren. Dass die vielfachen Bemühungen , das Extremitäten-
Skelet der höheren Wirbelthiere auf das der Selachier zurück-
zuführen, beziehungsweise das der letzteren nach dem Muster
jener zu schematisiren, illusorisch sind, ist mir nach dem hier
Gesagten und den bereits von mir an anderer Stelle hervorgeho-
benen Rücksichten nicht mehr zweifelhaft^).
An jene genannten Basalstücke schliessen sich in der Brust-
flosse von PrisHopliorns einige unregelmässige Platten und ein
Kranz radial gestellter Knorpelstäbe an, welche bei jungen Indi-
') 0. Jaekel. Ueber Plumeroplenron und Hemictenodus , Sitz.-
Berichte d. Ges. naturf. Freunde, Berlin 1890, p. 8.
115
viduen nur ciufacli, bei älteren, wie die beistehend gezeichnete
Fig. 6 zeigt, verdoppelt zu sein scheint.
Figur 6.
Figur 7.
Der sogenannte Schultergürtel, d. h. die die Pectoralia tra-
genden Knorpelstücke, stimmen in ilirer äusseren Form ganz mit
Acanthias überein.
Die Bauchflossen zeigen
keine besonderen Eigenthüm-
lichkeiten. Man sieht (vergl.
die beistehende Fig. 7) einen
langen, säbelförmigen Knor-
pel auf der Innenseite bis
etwa zur Hälfte der Länge
der Flosse verlaufen und von
ihm eine Reihe von 18 Span-
gen ausgehen, deren vorde-
ren 11 in ihrer Verlänge-
rung noch kleine Knorpel
angelagert sind. Die vor-
derste breite Spange ist aus
der Verw^achsung mehrerer
hervorgegangen.
Der die Bauchflossen tragende Beckenknoi'pel stellt eine
einfache, wenig gekrümmte Spange dar. An den Seiten besitzt
er kleine, nach vorn gerichtete Praepubical-Fortsätze.
Aus der Besprechung der Hartgebilde der Haut und der ein-
zelnen Theile des Innenskelets ergiebt sich demnach Folgendes:
8*
116
Alle Hartgebilde der Haut stimmen bis in die fein-
sten Structurverhältnisse mit denen der Spinaciden
überein.
Die einzelnen Tbeile des Innenskelets zeigen die
grösste Uebereinstinimung mit denen der Spinaciden,
ihr Bau lässt sich dem allgemeinen Typus der Spina-
ciden unterordnen, aber nicht in allen Beziehungen an
eine bestimmte Gattung derselben anschliessen.
Die Uebereinstinimung in der Anordnung der Oeff-
nungen für den Austritt der Nerven mit Acanfhins be-
weist, dass der Verlauf auch dieser Organe im Wesent-
lichen derselbe ist wie bei Spinaciden.
Die eigenthümliche Rostralbildung bei Pristiopho-
rus hat mit der von Prisfis nichts zu thun. lässt sich
aber ungezwungen auf die einiger Si>inaciden zurück-
führen.
IV. Die fossilen Formen.
Ich glaube, mich nach vorstehenden Ausführungen bei der
Besprechung der an sich unbedeutenden Reste kurz fassen zu
können.
1. Pristiophorns suevicus n. sp.
Taf. HI. Fig. 1 u. 2. Taf. IV, Fig. 1. Taf. V.
Sj'n. Pristis sp. Probst: Beiträge zur Kenntniss der fossilen Fische
aus der Molasse von Baltringen, II: Batoidei. Sep. -Abdruck
a. d. Württ. iiatui-w. Jahresheften, 1877, p. 81, t. I, f. 22.
Mein verehrter Freund, Herr Pfarrer D. Probst, hatte die
grosse Freundlichkeit, mir einige Rostralzähne dieser Art zur
mikroskopischen Untersuchung anzuvertrauen. Hierbei ergab sich
die p. 96 besprochene vollkommene' Uebereinstinnnung im inneren
Bau mit den Rostralzälmen lebender Pristiophoriden. Ich kann
hinsichtlich der Mikrostructur auf das verweisen , was ich p. 96
darüber gesagt habe. Taf. III, Fig. 1 stellt einen Längsschliff
durch einen solchen Rostralzahn in ca. 20facher Vergrösserung
dar. Auf Taf. IV. Fig. 1 habe ich die Verästelung des oberen Endes
des Mittelkanals gezeichnet und dazu zum Vergleich das mikrosko-
pische Bild des oberen Theiles eines Kieferzahnes von Scymrms
fnnnguhis Probst gesetzt, welcher ebenfalls aus der Baltringer
Molasse stammt. Auf Taf. V habe ich schliesslich einen Theil
jenes Rostralzahnes in noch stärkerer, etwa 350facher Vergrös-
serung dargestellt und p. 96 — 99 ausführlich besprochen.
Ueber die äussere Form jener Zähne sagt Probst Folgendes:
„Diese nicht ganz seltenen Zähne sind schlank, nur 0,01 m lang
117
oder etwas darüber und kaum über 1 rani breit, meist gerade,
bisweilen etwas säbelförmig gekrümmt, auf beiden Seiten schnei-
dend, schmelzglänzend.- Dieser Beschreibung möchte ich nur
das hinzufügen , dass die Zähne flach comprimirt sind . dass
die Compression nach der Spitze zuninnnt und dass an der Basis
ein verdickter Kranz um den Zahn verläuft, welcher die Grenze
von Wurzel und Krone bezeichnet und durch die Fossilisation
stärker hervortritt, weil die schmelzlose Wurzel unterhalb jenes
Kranzes der Verwitterung in höherem Maasse ausgesetzt war
(vergl. Taf. III, Fig. 2 und Probst. 1. c, t. I. f. 22).
Die Form stammt aus den marinen Molasse -Schichten Ober-
schwabens und ward von Herrn Probst in Baltringen in einer
Reihe von Exemplaren aufgefunden.
Bei der Seltenheit von Pristiophoriden ist es wohl nun nicht
zweifelhaft, dass der von Hasse beschriebene und nach meiner
Ansicht sicher zu Pristiophorus gehörende Wirbel (vergl. p. 1 1 2)
auch dieser gleichen Art angehört. Wir haben also noch im
Miocän Reste von Frisfophonis und zwar Rostralzähne und Wir-
bel im Gebiet Württembergs, eine Thatsache. welche iin Hinblick
auf die heutige geographische Verbreitung von FrisfiopJtonis nicht
bedeutungslos ist.
Pristiojihorus (Sclerorhi/nchfis) atarns Sm. Woodw.
Taf. II, Fig. 1. Copie nach Sm. Woodward.
Sdcrorhynclms atarns Smith Woodward, Catalogue of the fossil
fishes in the British Museum (Natural Historv), London 1889,
p. 76, t. III, f. 1.
Smith Woodward sagt über die systematische Stellung des ein-
zigen Taf. II. Fig. 1 copirten Schnauzenfragmentes Folgendes: ..The
portion of snout described bclow indicates a hitherto unrecognized
genus, either of Pristidae or Pristioplwridae. The robust cha-
racter of the rostral cartilages, and the apparent absence of pro-
minent pre - palatine processes in advance of the nasal capsules,
suggest that it may most probably be placed in the first of these
families. The teeth of the rostrum are comparatively small and
loosely attached to the skin."
Ich glaube, dass es nach dem eingangs über die Bezahnung
des Rostrunis Gesagten keiner weiteren Begründung bedarf, dass
jenes Schnauzenfragment nicht zu den Pristiden, sondern zu den Pri-
stiophoriden gehört. Der von Smith Woodward angegebene Unter-
schied, dass die Praepalatinknorpel fehlen, wird dadurch irrele-
vant, dass derselbe auch bei den lebenden Formen unverkalkt
bleibt. Davon kann man sich bei ausgestopften Exemplaren sofort
überzeugen, weim man sie gegen das Licht hält, wobei die
118
betreffende Stelle durchscheinend ist. Ein unverkalkter Knorpel
konnte aber selbstverständlich nicht fossil erhalten bleiben.
Es entsteht danach die Frage, ob man jenen Rest der Gat-
tung Pristiophorns direct zuzählen soll, oder den Gattungsnamen
Sclerorhynchus aufrecht erhalten kann. Ich glaube nun zwar,
dass jene Form unmittelbar der Ahnenreihe von Pristiophorns
suevicus und der heut lebenden Arten angehört, aber in der
p. 106 besprochenen Ausbreitung des Rostralknorpels (Fig. 1, a)
liegt ein Merkmal, welches zusammen mit der geringen Entwick-
lung der kurzen Rostralzähnchen wohl die Beibehaltung des Na-
mens Sderorht/ncJms als eines Subgeims von Pristiophorns recht-
fertigen dürfte. Der trefflichen Beschreibung von Smith Wood-
WAARD habe ich im üebrigen nichts zuzufügen. Das Fossil
entstammt den turonen Kreideschichten von Sahel Alma im
Libanon.
Pristiophorus ensifer Davis sp.
Taf. m, Fig. 3 u. 4.
Try<jon ensifer Davis: On Fossil - Fish Remains from the Tertiary
Formations of New Zealand. Scient. Transact. ot tlie Royal
Dublin Societv, Vol. IV, Ser. II, Dublin 1888, p. 37, t. VI,
f. 14 und 15 \\\o\\ 13).
Durch Zufall gelangte ich bei dem Fossilienhändler Butler —
London — in den Besitz zweier Fossilien aus dem unteren Eocän
von Le Ante. Neu -Seeland. Dieselben passten sehr gut zu den
von Davis , I.e., abgebildeten Fossilion , und da die in meinen
Besitz gelangten Exemplare von dem gleichen Fundort und dem-
selben Horizont des Tertiärs entstammen, so kann übei- die Iden-
tität dieser Reste kein Zweifel sein. Unbegreiflicher Weise sind
dieselben von Davis als Schwanz stach ein von Trygon aulgefasst
worden.
Ich habe das eine vollständige Exemplar auf Taf. III, Fig. 3 a,
b u. c in doppelter Grösse abgebildet und auf Taf. HI. Fig. 4
einen Längsschlift' durch das zweite, weniger vollständige Exem-
plar gezeichnet. Man sieht an Fig. 3 a zunächst, dass das Fossil
nicht symmetrisch ist, indem, abgesehen von der Krümmung, die
Zähnelung beider Seiten ganz verschieden ist. Auf der linken
(hinteren) Seite gehen die Zähnchen weiter nach der Spitze her-
auf und sind erheblich kräftiger als auf der anderen Seite, wo
sie tiefer unter der Spitze beginnen, aber dafür etwas tiefer (unter
die Mitte) hinabreichen. Man sieht ferner in Fig. 3a, dass die
Wurzel unter der Schmelzkante der Krone abgesetzt ist und der
Zahn schnell nach der Spitze zu flacher und messerklingenförmig
wird. Schliesslich sieht man an dem Fig. 4 gezeichneten Bilde
119
der Mikrostrnctur. dass ein grosser Mittelkanal vorhanden ist
und die Structur in allen wesentlichen Punkten mit den ent-
sprechenden Bildern von Pn'stiophonts übereinstinnnt. Letzteren
Verhältnissen seheint Davis gar kein Gewicht beigelegt zu haben,
da er den Mittelkanal wohl sah, aber den darin beruhenden
Unterschied gegenüber den Schwanzstacheln von Trygonideu nicht
berücksichtigte. Bei letzteren besteht bekanntlich ebenso wie bei
Myliobatiden das Innere aus Yasodeutin mit zahlreichen längs
verlaufenden Gefässkanälen .
Es kann auf Grund obiger Verhältnisse der äusseren Form
und der Mikrostructur nicht einen Augenblick zweifelhaft sein,
dass die Bestimmung dieser Reste als Trygonideu - Stacheln auf
einem bedenklichen Irrthum beruhte. Andererseits stinnnen die-
selben in allen wesentlichen Merkmalen, wie ein Blick auf Taf. III
zeigt, mit den gleichen Hartgebilden bei Fristiophorns vollkommen
überein. Nur in dem einen Punkte unterscheiden sie sich von
allen bisher bekannten Arten dieser Gattung, dass der vordere
und hintere Rand der Rostralzähne gezähnelt ist. 3Ian muss
diese Zähnelung entschieden als einen höheren Grad der Dift'e-
renzirung betrachten, ein Umstand, Avelcher zusammen mit der
sehr beträchtlichen Grössenentwicklung (der Fisch dürfte etwa
3 m lang gewesen sein) deshalb besonders bemerkenswerth ist,
weil die Form, wie erwähnt, aus den untersten Tertiärschichten
stammt. Es ergiebt sich daraus, dass bereits in jener Erdperiode
die Pristiophoriden eine bedeutendere Entwicklung und Formen-
mannichfaltigkeit erlangt hatten, als unsere heute lebenden Arten
dieser Gattung besitzen. Ich halte es aber für sehr wohl mög-
lich, dass auch gegenwärtig noch solche Formen mit gezähnelten
Rostralzähnen leben. liCrnen wir solche k(!nuen, dann wird sich
auch zeigen, ob mit jener Zähnelung andere Merkmale Iland in
Hand gehen, welche eine generische Selbstständigkeit der sie be-
sitzenden Formen verlangen. Zunächst scheint mir zu einer der-
artigen Sonderstellung kein zwingender Grund vorzuliegen, da
ich in allen Gruppen von Selachiern hinsichtlich solcher Zähne-
lungen der Hartgebilde bezw. deren Mangel eine sehr grosse
Mannichfaltigkeit und viel geringere Constanz finde, als gewöhnlich
angenommen wird. Ich glaube also, dass man auch die Formen
mit gezähnelten Rostralzähnen der Gattung Pristiophorus zu-
zählen kann und dass man dementsprechend den Begriff der
Gattung in dem genannten Punkte erweitern nniss.
Pn'stiophonis ensifcr stammt aus den Kalkschichten der
Amuri-Series. welche an der oberen Grenze des Waipara- Systems
liegen. Die Einreihung der letzteren in unsere Formationsglieder
scheint noch ein strittiger Punkt zu sein, da das Waipara-Systcm
120
von F. W. Hutton ^) in clie obere Kreide gestellt, den darüber
liegenden Schichten aber ein oligocänes Alter zugeschrieben wird.
Nach anderen Auffassungen lässt sich die gleiche Schichtenfolge
in Cretaceo-tertiary, Upper -Eocene und Lower-Miocene eintheilen.
Danach dürfte man wohl nicht fehlgreifen, wenn man den oberen
Schichten des Waipara-Systems, also auch unseren Rostralzähnen,
ein unter- oder mittel-eocänes Alter zuschreibt.
Die Originale zu Taf. III, Fig. 3 und 4 betin den sich in
meiner Privatsammlung ^).
Aus obiger Beschreibung der fossilen Formen ergiebt sich
demnach :
1. dass sich die fossilen Formen zunächst bis in
die obere Kreide zurück verfolgen lassen;
2. dass sich bei der ältesten Form noch eine ge-
ringere Differenzirung des Rostrums und der Rostral-
zähne gegenüber den heut lebenden Arten erkennen
lässt, und sich hierin ein Uebergang zu Spinaciden
zeigt;
3. dass die Gattung bereits im Eocän eine rei-
chere Entfaltung zeigt als die gegenwärtig bekannten
lebenden Arten, indem sich sehr grosse Formen mit
höher differenzirten Rostralzähnen einstellen;
4. dass die geographische Verbreitung in früheren
Erdperioden nicht auf das heutige Gebiet der lebenden
Formen — Südsee und Japan — beschränkt war und
Vertreter der Gattung noch im Miocän in nordalpinen
Gebieten lebten.
J) Quart. Journ. of the Geol. Soc, Vol. XLI, p. 194.
^) Aller Wahrscheinliclikeit nach gehört auch der von Davis,
1. c, t. III, f. 12 a — d als Lamna lanceolata abgebildete Zahn als
Rostralzahn zu einem Pristiophoriden aus der Verwandtschaft von P.
cirratus. Dass derselbe kein Lamnidenzahn ist, hebt schon Smith
Woodward (Catal. Foss. Fish. Brit. Mus. I, London 18S9, p. 410)
hervor. Der Annahme dieses Autors, dass der Zahn überhaupt keinem
Selachier angehöre, möchte ich aber nicht beipflichten, da sowohl die
Zeichnung wie die ausführliche Beschreibung bei Davis (1. c. , p. 20)
sehr gut zu Rostralzähnen von l'vistiophorus passen. Die Fonn stammt
aus den Schichten der Oamaru Series in Neu -Seeland, welche von
Hutton in das Oligocän, von J. Hector in das Ober-Eocän gestellt
wird.
121
6. lieber das Alter einiger Theile der (süd-
amerikanischen) Anden.
III. (Schluss)
Von Herrn Carl Ochsenius in Marburg.
Mit dem Satze: „Der Bericht über die erwarteten Blattab-
diTicke von Potosi wird besser den Händen eines unserer ge-
wiegten Phytopaläontologen anzuvertrauen sein, als den nieinigen"
beendete ich den Aufsatz II über das Alter einiger Andentheile
im Jahrgang -1887, p. SOlti". dieser Zeitschrift. Der Bericht ist
ZAvar längst fertig erschienen, die aus ihm zwinglich zu ziehenden
Folgerungen haben aber erst kürzlich noch eine so charakteri-
stische Bestätigung erhalten, dass ich schon aus diesem Grunde
nicht bedauere, mit dem Schluss meiner kleinen Arbeit bis heute
gezögert zu haben.
H. Engelhardt in Dresden hat die Potosiner Abdrücke
bestimmt und ihre Beschreibung in Abb. 4 der . Ges. Isis dort
veröffentlicht.
Ich entnehme derselben nur folgende Notizen.
„Die Pflanzenreste befinden sich, recht wohl erhalten, in
einem grauen, bisweilen durch vegetabilischen Detritus schwärzlich
gefärbten, sehr feinkörnigen Sandstein, der unter der Loupe
stellenweise winzige Glimmerblättohen erkennen lässt. Sie sind
in dem nach N. einfallenden schiefrigen Theile des Cerro de
Potosi in einer Höhe von 4100 — 4200 m, also etwa 300 — 400 m
unterhalb des Gipfels gefunden worden und entsprechen
den Blättern solcher recenten Arten, die zur Zeit das tropische
Amerika bewohnen. Daraus geht hervor, dass die Pflanzen, von
denen sie herrühren, nicht in so bedeutender Erhebung über dem
Meeresspiegel gewachsen sein können, sondern dass nach ihrer
Einbettung ein Aufsteigen des Gebietes stattgefunden haben muss.
Es sind: Myrica hanksioides Engelh., der europäisch ter-
tiären M. hanksiae folia Ung. sehr nahe stehend. (Andere Myrica-
arten kommen jetzt noch in Jamaika, Carolina, am Cap und in
Nepal vor).
122
Cassia ligustnnoides Engelh. identisch mit C. ligustrina L.
aus Westindien und Cayenne.
Cassia chrysocarpioicles Engelh., dieselbe wie C. chrysocarpa
Desv., C. chrysotriche Collad., die im tropischen Brasilien und
in Guyana wächst.
Cassia cristoides Engjelh. entspricht der C. crista Jacq.,
C. hiflora L.. noch vorkommend in Central-Amerika , Westindien
und Nordbrasilien.
Sweefia tertiär ia Engelh., harmonirend nach allen Rich-
tungen hin mit der noch im tropischen Brasilien einheimischen
S. elegans Benth.. Leptolobium elegans YoG.
Ausserdem Phyllites Franckci Engelh., den Blättchen von
Cassia dentata Vog. sehr ähnlich '^.
Soweit Engelhardt über die Potosiner Blattabdrücke in
seißer ausführlichen Abhandlung.
Derselbe hat nun auch die recht schwierige Bearbeitung der
von mir in den 60er Jahren, namentlich bei Coronel in Chile
(37^ S. Br.) und weiter südlich gesammelten, zahlreichen tertiären
Pflanzenreste beendet. Ein Bericht über den Vortrag, den der
genannte am 12. December v. J. in der -Isis*^ hielt, besagt
(auszugsweise! etwa Folgendes.
Unsere Kenntniss über die Tertiärgcbilde Südamerika' s
reicht trotz deren grossen A'erbreitung doch kaum über das an-
fängliche hinaus, besonders was die damalige Flora betrift't.
Wohl habe Wolf in tertiären Schieferthonen Ecuadors Diko-
tyledonen-Abdrücke gefundenen, die noch nicht bearbeitet seien,
aber bekannt seien bis jetzt nur die paar Potosiner Blätter und
die der Veröffentlichung entgegen gehenden chilenischen. Das sei
alles, wogegen man über die vorweltliche Flora von Nordamerika
doch weitaus besser unterrichtet sei. Die chilenischen Petrefacten
bestehen aus Blättern und Früchten, die grösstentheils eine so
überraschende Uebereinstimmung mit solchen von Pflanzen des
tropischen Süd- und Mittelamerka's zeigen, dass man nicht umhin
kann, die tertiären Gewächse mit diesen wenigstens als nächst-
verwandt zu bezeichnen, bezw. sie als Voreltern der jetzigen zu
betrachten.
Sie deuten fast durchgängig auf ein feucht-tropisches Klima
hin, das in das heutige kühlere allem Anschein nach durch die
Erhebung der Anden verwandelt worden.
Jetztjfindet man dieselben Arten nicht mehr auf der West-
seite der Cordilleren, sondern nur nördlich und östlich davon, in
Brasilien. Peru u. s. w. Sie müssen also fortgewandert sein dahin,
wo mehr Wärme und Feuchtigkeit vorhanden war. Eine Weiter-
wanderung nach Norden auf der Insel, die sich in langsamem
123
Tempo zu den Anden erhob, ward nmsomehr begünstigt, als jene
dort die gleichen klimatischen Verhältnisse trafen, die früher im
Süden geherrscht hatten. Als sie später auf den bedeutenden
Höhen aussterben mussten. blieben sie in den tiefen und warmen
Thälern und an den Ostabhängen der Cordilleren bestehen, durch
welche bereits damals die Gewässer in die Tiefen strömten,
ihre Früchte dorthin mitnehmend. Das erweist sich durch ihre
vorzugsweise Verbreitung längs der Flüsse auf dem heutigen Fest-
lande. Die Uebcrführung zu den mittelamerikanischen Inseln über-
nehmen die bekannten Meeresströmungen.
Es geht aus allem hervor, dass nicht nur die chilenischen
Tertiärpflanzen, sondern auch die bolivianischen — Potosi liegt
unter 19*^21 S. Br. — ■ zur Auswanderung nach Norden und
Osten in wärmere Tiefen gezwungen worden sind, und das kann
doch nicht anders als vermittels der Hebung der Anden gedeutet
werden. Und langsam muss diese gewesen sein; denn Pflanzen
brauchen mehr Zeit zum Ausziehen als Thiere.
„Wir müssen warten auf mehr Licht'', ruft Le Conte aus
in seinem Aufsatz über Hebung der Cordilleren und Senkung des
Grossen Oceans.
Allmälig scheint es zu dämmern. Wenn z. B. Ball in
No. 910 der Nature. p. .029, die Vermuthung ausspricht, dass
die Vorfahren der brasilianischen Flora und zum Theil auch die-
jenigen der in den Anden auftretenden Pflanzenwelt zuerst in den
alten, hohen Gebirgsketten von Brasilien vorhanden gewesen seien,
so wissen wir jetzt, umgekehrt aus den Untersuchungen Engel-
hardt's, dass wenigstens ein Theil jener Flora aus dem Westen
stammt; die Waldregion des tertiären Südchiles und die Gegend
von Potosi in Bolivia gaben Besiedeier Brasiliens her.
Hoft'entlich macht man noch weitere Aufschlüsse dort.
Ein Brief eines Herrn F. A. Canfield über Potosi (abge-
druckt in: Geologische Mittheilungen von vom Rath 1887, p. 19).
endet mit den Worten: ., Schliesslich will ich erwähnen, dass ich
zwei Fundstätten fossiler Pflanzen in unseren Bergen entdeckt
habe, welche es ermöglichen, das Alter der betreifenden Schichten
zu bestimmen" M.
') Vielleicht sind es von Canfield eingeschickte Petrefacten, welche
im Geschäftslocal der Royal Silver Mines of Potosi -Gesellschaft in
London, E. C, Moorgate Street 57, in einer Schieblade im Septem-
ber 1888 umherlagen. Obwohl ich selbst eine Potosi-Actie besitze,
gelang es mir damals, als ich an dem internationalen Geologencongress
in London Theil nahm, nicht, vom Directorium auch nur einen jener
50—60 herrlichen Blattabdrücke etc. vom Cerro de Potosi leihweise
behufs wissenschaftlicher Verwerthnng zu erlangen. Spätere Versuche
bolivianischrv Hauptactionäre, deren Vermittelung ich erbat, blieben
ebenso erfolglos.
124
Zugleich mit den Blattabdrücken erhielt ich zwei versteinerte
Seeigel. Dieselben stammen von Miraflores , etwa 40 km nord-
westlich von Potosi, und gehören dem Genus Diadema bezw.
Psendodiadema an. Leider ist ihr Erhaltungszustand nicht so,
dass man die Art bestimmen könnte, und somit ist auch nicht
auszufinden, ob sie der Kreide oder dem Tertiär zuzurechnen sind.
Mancherlei Notizen haben sich noch angefunden, welche auf
meine Ansicht betreffs sehr junger Hebungen in Theilen der Anden
Bezug haben. Ich glaube nicht unterlassen zu dürfen, solche
dem vorliegenden letzten Aufsatze über dieses Thema, wenn auch
mosaikartig, beizugeben und das umsomehr, als ein Geolog von
so hoher Bedeutung, wie E. Suess ist, seine Zustimmung zu mei-
ner Auffassung verweigert hat, indem er im „Antlitz der Erde"
L p. 692 sagt:
.,Es ist zu wiederholten Malen die Ansicht ausgesprochen
worden, dass die Anden in der jüngsten Zeit eine sehr beträcht-
liche Erhöhung erfahren haben, und es sind hierfür mehrere
Gründe angeführt worden. Man hat die über 7000. ja bis
12 500 Fuss hoch liegenden salinaren Ablagerungen als unmittel-
bare Abdampfungsreste von Meerestheilen angesehen. Aber östlich
von den Anden haben seit Woodbine Parlsh zahlreiche For-
scher, wie insbesondere Burmeister, Zeballos und Schicken-
DANz geleugnet, dass die Salinas der Pampas solche Abdampfungs-
reste seien, und auch im Westen hat sich z. B, Pissis mit guten
Gründen und mit Entschiedenheit dagegen ausgesprochen."
Daraus erwächst mir die Pflicht, das, was zur weiteren. Be-
gründung meiner Anschauung dient, in aller Bescheidenheit als
Rechtfertigung meines Standpunktes vorzubringen.
Was die salinaren Ablagerungen betrifft, so habe ich in
allen meinen Veröffentlichungen nur die allbekanntlich in den
hohen Anden liegenden unermessUchen Steinsalzflötze als unmittel-
bare Verdampfungsreste von partiell abgeschnürten Meerestheilen
hingestellt, alles andere salinischc befindet sich mit wenigen Aus-
nahmen auf secundärer Lagerstätte. Die Mutterlaugenreste, die
nach dem Aufsteigen der C'ordilleren sich von ihren Steinsalz-
flützen trennten und in die tieferen Horizonte liefen, sind es,
welche das Material für die Salinas der östlich der Anden gele-
genen argentinischen Pampas, der Salares und Nitratbetten der
westlich der Anden liegenden chilenischen Provinzen Tarapacä
und Atacama hergegeben haben. Das letztere ist erwiesen in
meiner Arbeit: „Die Bildung des Natronsalpeters aus Mutter-
laugensalzen"; das erstere wird demnächst gezeigt werden; ob-
wohl die Sache nunmehr sich eigentlich von selbst versteht, sind
doch einige besondere Umstände, die namentlich von A. Stelzner
125
dabei hervorgelioben werden, zu erklären. Bürmeister, Zeballos
und Schickend ANz haben also ganz recht, ebenso wie Santiago
Roth, wenn sie behaupten, die Salze in den Pampas rührten
niclit von Meeresbedeckungen her; wohl aber sind die colossalen
Steinsalzniassen der nordchilenischen . bolivianischen und perua-
nischen Anden s. Z. direct aus dein Ocean abgesetzt worden,
und erst lange nachher haben sie salinische liösungen in das
tiefer liegende Gelände entsandt. Was Pissis betriift. so leitet
er den Ursprung des Natronsalpeters und von dessen Begleitsalzen
in Atacama (An. Un. Santiago. 1877, p. 573 — 597) ab aus der
Zersetzung kiesigen Feldspathes in Alcalicarbonate. aus atmo-
sphärischer Nitrosäure und (dort nicht vorhandenem) vulkanischem
Chlor neben jodhaltigen (da noch nicht aufgefundenen) Quellen;
die massigen Magnesiumsalze übergeht er mit Schweigen. Da-
gegen stützt er seine Ansicht darübei-, dass das Nitrat nicht von
einer Meeresbedeckung stammen könnte, auf das Fehlen von
marinen Conchylien; solche fehlen aber in weitaus den meisten
Steinsalzflötzen naturgemässer Weise (s. Ochsenius, Bildung der
Steinsalzlager etc.. p. 14 — 15).
Ausser der längst bekannt gewesenen Gewissheit, dass die
chilenischen Salz- und Nitratfelder ihr Dasein keiner Meeres-
bedeckung iln-er jetzigen (secundären) Lagerstätte verdanken, blieb
von der ganzen in den Annalen der Universität von Santiago de
Chile entwickelten Hypothese Pi.s.si.s' nur die Möglichkeit, dass
ein Theil des in jenen Feldern reichlich vertretenen Gypses aus
der Zersetzung von kiesigen Feldspäthcn stammen könnte.
Auf p. 310 (1887) berührte ich im Hhiblick auf die ver-
schiedenartigen Porphyre der chilenischen Anden die recente Bil-
dung von Anorthit aus Dampferschlacken, die auf hoher See
entleert werden, und fügte hinzu, dass alte Schlackenhalden un-
serer Schmelzhütten nichts von solchen Neubildungen erkennen
Hessen, weil Süsswasser- oder Humusbedeckungen anders wirken
als Seewasser, und hoher Druck neben grosser Ruhe, we solche
auf dem Oceangrunde herrschen, wohl zu derartigen Umbildungen
nöthig seien, indem auch vulkanische Strandklippen nichts Aehn-
liclies aufweisen.
Diese meine Meinung hat sehr rasch eine Bestätigung er-
halten. Die alten Bleischlacken von Laurion, welche aus der
Römerzeit herrühren und in die Tiefe der Bucht geschüttet wur-
den, sind da nach vom Rath's mineralogischen Mittheilungen,
Bonn 1887, in Laurionit 2 (PbO. HCl) verwandelt worden.
Der von mir wenigstens für einzelne Theile der chilenischen
Feldspath - Porphyrite vermuthete Charakter untermeerischer Bil-
dung erhält durch A. Plagemann in dessen Beschreibung der
126
Hacienda de Cauijuenes einen weiteren Beleg. Nach ihm wechsel-
lagern dieselben mit Kalkstein- und Sandsteinbäuken und Schiefer-
letten, welche Einbettungen von Pflanzenresten führen.
lieber den Gesammteindruck des Gebirges äussert er: „Weit
und breit keine thätigen oder erloschenen Feuerberge, wohl aber
ein grosses Bimssteinlager. Wir dürfen daher wohl annehmen,
dass die jüngeren Eruptivgesteine längs Spalten hervorbrachen
und sich deckenartig ergossen haben. Den Eindruck früherer
gewaltiger, vulkanischer Ereignisse empfängt Jeder dort. Das
ganze Gebirge ist ungemein gestört, beständig wechselt das Fallen
der Schichten. Oftenbar sind durch den Gebirgsschub die Sedi-
mente des Cerro del Yeso (Gypsberges) unter der colossaleu An-
desitdecke hervorgepresst und dabei die Schichten gestaucht,
verworfen, gebrochen und emporgerichtet worden."
Demselben Schicksale der Schichten des G>i)sberges im mitt-
leren Chile sind nun die weiter nördlich und in Peru u. s. w. im
Bereich der Anden liegenden jungen Steinsalzflötze wohl auch
nicht entgangen, und die über ihnen stehen gebliebenen oder
nachher gebildeten Salzlösungen müsseu ihr Dasein noch docu-
mentiren. Und das ist auch der Fall. Es geschieht augen-
scheinlich durch das massenhafte Vorkommen von Thermen und
Minerakiuellen längs der Abhänge der hohen Cordillere, während
solche im Litoral fast absolut fehlen, obwohl die Salzterrains und
Salzlagunen recht häufig sind.
Die bei der Hebung der Gebirgsketten frei werdenden Mut-
terlaugenreste (die sich als solche kennzeichnen durch verhältniss-
mässig bedeutenden Gehalt an Kalium. Magnesium, Brom. Jod,
Bor und Lithium) erfüllten damals mit Leichtigkeit die zahl-
reichen, in ihrer nächsten Nachbarschaft sich öffnenden Klüfte
und lieferten das salinische Material für jene Quellen, konnten
aber da, wo sie. wenn überhaupt, das viel weniger durch die
Hebung afficirte Litoral erreichten, nur in geringe Tiefen ein-
dringen, sie wurden dort von klastischen Massen der Oberfläche
eingesogen und nur theilweise von einzelnen schon vorhandenen
Gangspalten, deren Ausfüllungsmaterial etwas durchlassend war.
aufgenommen. Auf diese Weise erklärt sich auch das Auftreten
von Chlor-, Brom- und Jodverbiudungen von Silber. Quecksilber,
Kupfer, Blei. Wismuth u. s. w. in den oberen Teufen derartiger
(nicht sämmtlicher) Erzgänge, sowie die Gegenwart von Boraten
in den Kupfergruben von Tamaya. in deren Nebengestein keine
Spur von Bor aufzufinden ist.
Gehen wir noch weiter nördlich, so finden wir, dass H.
Karsten, der seine geologischen Studien schon 1844 in Vene-
zuela begann und sie bis vor Kurzem weiter betrieben hat, sich
127
so ziemlicli auf deinselben Boden der Anschauung über die geo-
logische Jugend der Anden gestellt hat.
Während Humboldt die Cordillere als das ältere Gebirge
Columbiens betrachtete, von dem ostwärts später die Höhen von
Guyana mit den zwischen beiden befindlichen unermesslichen
Ebenen aus dem Meere hervortreten, meint Karsten (Geol. de la
Colombie. p. 51), dass der Gebirgsstook von Guyana das Erhe-
bungscentrum gewesen sei, um das sich in aufeinander folgenden
Epochen die verschiedenen Gebirgsketten, und zwar in Venezuela
als Nord-, in Neugranada bis Bolivia sich als Westränder erho-
ben. Die neptunischen Schichten dieser Umrandung gehören zu
geologisch jüngeren Epochen, im Gegensatze zu denen, welche
die plutonischen Gebirgsstöcke Brasiliens westlich und südlich
umgeben und bis zu den ältesten sedimentären Systemen hinab-
reichen.
Die hebende Kraft, Avelche diesen Spalt im Umkreise des
granitischen Centrums Golumbiens in der festen Erdrinde ent-
stehen Hess, scheint im Norden nach Osten und Süden gewirkt
zu haben, und zwar im grössten Maassstabe im Norden bei Ca-
racas, Merida. Santa Marta. aber von da nach Süden immer
schwächer werdend: dagegen befolgte die letzte bedeutende He-
bung, welcher zur Tertiärzeit die Hochcordilleren ihre Entstehung
verdanken, den entgegengesetzten Gang.
Im Norden erreichten die das Meer begi'enzenden plutoni-
schen Gebirgsketten schon bei der ersten Hebung fast ihre jetzige
Höhe, wurden am Ende der Kreide und zu Beginn des Tertiärs
nur wenig noch emporgetrieben, während die äquatorialen Abthei-
lungen. Inseln bildend, vom Meer bedeckt blieben und erst am
Schlüsse des Tertiärs durch das hier am kräftigsten auftretende,
nordwärts sich mässigende Hervorbrechen der trachytischen Massen
und Laven ihre jetzige Gestaltung und Höhe erhielten.
So schliesst Karsten aus den zahlreichen Beobaclitungen
der Lagerungsverhältnisse und discordanten Lagerungen der ver-
schiedenen Schichtenfolgen. Während die syenitischen Gebirge
der Nordküste nur bis zu geringer Höhe mit jüngeren Gesteinen
bedeckt sind, finden sich tertiäre Sedimente bis nahe an die
höchsten Kuppen der Aequatorialcordillere, deren Jugend kenn-
zeichnend.
Das ist gewiss deutlich geimg.
Ein Forscher, der sich so lange mit der geologischen Kennt-
niss der nördlichen Anden beschäftigt hat, muss doch wissen,
dass zwischen dem Bilde, das entsteht, wenn Sedimentgesteine
durch seitlichen Druck gefaltet, oder durch Eruptivmassen durch-
brochen und verworfen, in beiden Fällen aber gehoben werden,
128
und dem anderen, das ersclieint. wenn Gebirgsflanken nur durch
das rechts- und linksseitige Versinken von ursprünglich horizontal
abgelagerten Schichten forrairt werden — zwischen diesen beiden
Bildern Unterschiede existiren müssen, die für jeden Naturforscher
kenntlich sind.
Warum hätten Laven und Trachyte zum Durchbrechen
gerade die sie am mächtigsten überlagernden Gesteinsmassen, die
Horste, ausgesucht, um da nach oben zu streben und die Kämme
zu bilden?
Weshalb haben sie nicht die Tiefen, die Muldenspalten oder
Einbruchsfelder, wo sie auf geringeren Widerstand stossen muss-
ten, durchbrochen? Das sollte man eher meinen, und so ist es
anscheinend bei den Anden und höchst wahrscheinlich auch an-
derwärts an vielen Orten der Fall gewesen.
Hettner (d. Zeitschr.. 1888, p. 205 if,) berichtet über die
Centralcordillere der columbianischen Anden: „Sowohl die kry-
stallinischen Schiefer, wie die Kreideschichten lagern nirgends
horizontal, sondern sind meist unter steilem Winkel, im Mittel
■15 ^, aufgerichtet. Die Streichrichtung ist im Allgemeinen -nord-
südlich. also der der Kämme parallel. Demnach ist die Central-
cordillere im wesentlichen ein Faltengebirge, wahrscheinlich post-
cretacischen Ursprungs. Einzelne Kämme, wie der Picona, ent-
sprechen tektonischen Gewölben. Der Einfall der Schichten an
diesem 3000 m hohen Gipfel ist auf dessen Ostseite östlich, auf
der Westseite westlich. Auf ihnen finden wir vulkanische Sande
horizontal abgelagert; jenseits des Rio Guarino bei Vitoria treten
in 10 km breiter Zone eigentliche Eruptivgesteine auf, am Ruiz-
wege ist die Zone vulkanischer Augitandesite schon an 50 km
breit und bei Manizales erscheinen Zeichen recenter vulkanischer
Thätigkeit. Der schneebedeckte, breite, über 5000 m hohe Ruiz
ist Avahrscheinlich der nördlichste Vulkan von Südamerica und
noch in histoi-ischer Zeit thätig gewesen.
Den aufgerichteten und gefalteten Massen, welche bis in die
Kreidezeit hinabreichen, sind jüngere quartäre oder tertiäre Sedi-
mente horizontal aufgelagert, ein Beweis, dass die Gebirgsfaltung
gegenwärtig hiebt mehr fortdauert oder wenigstens verschwindend
klein ist."
Lekk und Felix sagen über Mexico: „Die geologische Bil-
dung lässt erkennen, dass die, wenn auch nicht plötzliche doch
deutliche Hebung des mittleren Mexico eine Spalte hervorgerufen
hat, aus der sich vulkanische Massen theils in einzelnen Gipfeln,
theils in Wällen über die Plateaux hinaus aufthürmten."-
Der nordamerikanische Staatsgeolog J. S. Dillek drückt
sich auf Grund dreijähriger stratigraphischer Studien in Nord-
129
Californien und Oregon folgenderniaassen im Am. J. of Sc. 1887,
p. 152 aus: „Die letzte Faltung, welche gewiss die Sierra Ne-
vada in Form einer abgesonderten und verschiedenen Kette auf-
baute, indem sie dieselbe von der grossen Hochebene trennte,
die sich ostwärts bis in die Region der grossen (Salz-) Secen
erstreckt, begann erst gegen Ende der Tertiär- oder Anfang der
Quartärzeit. ''
Aber nicht überall müssen Zusammenschiebungen, Schrum-
pfungen. Faltungen, Wickelungen und Ineinanderknetungen von
Gebirgstheilen als Hölien bildende Momente hingestellt werden.
Für die Rocky Mountains östlich der grossen Salzseeregion
beansprucht dk Lapparent eine verticale Hebung nicht gefalteter
Schichten und weist die Idee einer Senkung von mehreren Kilo-
metern des ganzen Geländes ringsherum entschieden zurück. Und
sicher mit Recht; denn im selben Gebiet der Rocky Mountains
steigen die Spanish Peaks bis zu 4152 m auf. die Berge des
Huerfano - Gebietes , die Höhen um Park View Mount; und die
sind klar erweislich alle durch verticale Hebungen entstanden.
Schichtgesteine (von dem oberen Carbon an bis zur Kreide
einschliesslich) sind da durch domförmig gewölbte Trachytmassen,
Lakkolithe. in die Höhe getrieben worden. Der nach oben ge-
wölbte Schichtencomplex hat bei den von 2362 bis 3429 m von
der rechtsseitigen Hochebene des Colorado in Süd - Utah aufra-
genden Henry Mountains, welche in Gemeinschaft mit den Massen
der Sierras la Sal, Abajo, Carriso, el Late. San Miguel, la
Plata etc. auch zu den Lakkolithen gehören, eine noch sichtbare
Mächtigkeit von 1300 m, und nach Gilbert's Aussage sind an
1000 m darüber ursprünglich vorhanden gewesene Tertiärbildun-
gen bereits durch Erosion vollständig vernichtet.
An 50 Berge setzen die Henry Mountains zusammen, und
vom Gebiete der Basin Ranges, westlich vom Colorado Plateau
berichtet Clarence King, dass rhyolitische Ejectionen Berggruppen
aufgebaut haben, fast 1000 — 2000 m mächtig in Blöcken von
100—130 km Länge.
Eine grosse Lavafluth bedeckt ausserdem die beiden Terri-
torien Oregon lind Washington. Amerika ist das Land der
gigantischen Dimensionen, dort ist fast alles vielmal grossartiger
als bei uns; wir haben in Europa nur winzige Beispiele von
Lakkolithen. aber sie fehlen nicht; und dass sich über einem
solchen späterhin noch ein echter Vulkan erheben kann, der be-
zeugt, dass die eruptive Kraft andauert, wird im westlichen Theile
der Euganeischen Berge südlich von Padua. bewiesen. (S. Neu-
MAYR. Erdgeschichte. I, p. 202.)
Weiter darf ich hier wohl einige weitere Notizen aus Nord-
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 1 . 0
130
Amerika verzeichnen. Eine offenbare Hebung von Koralleninseln
liegt bei den Bermudas, lieber 70 Fuss Kalkschlanmi, Korallen-
sand und zuletzt animalische und vegetabilische Reste (aufrecht
stehende Baumstümpfe. Landconchylien. Vogelknochen) liegen dort
unterhalb des Meeresniveaus auf hartem Kalkstein, wie Tief-
arbeiten bei einer Dockanlage ergaben.
Hier, so sagt E. Subss sehr bedeutungsvoll, ist positive Be-
wegung festgestellt, obgleich seit 1609 keine merkbare Verän-
derung eingetreten ist.
Und wie viele grosse Veränderungen in jenen bisher be-
rührten Gegenden mögen erst in jüngster Zeit sich vollzogen haben!
Inmitten der Kalktuffmassen des Lake Lahontan wurde be-
kanntlich kürzlich eine von Menschenhand zurecht geschlagene
Speerspitze gefunden. Basalt (basaltische Lava?) des Cinder Cone
am Snag Lake, 10 engl. Meilen nordöstlich vom Lassen Peak
hat einen Theil der dort noch vorhandenen Waldungen von Pinus
ponderosa nach J. S. Diller zerstört.
Auf Grund floristischer Eigenthümlichkeiten der Inseln des
südcalifornischen Litorals und der Funde von Mammuthknochen
auf der grössten und weitest abliegenden Insel Santa Rosa spricht
Le Conte die Ueberzeugung aus, dass diese Eilande zweifellos
erst in der Quartärzeit vom Festlande abgetrennt worden sind.
Also Hebung der Sierra und Sinken des (damaligen) Ocean-
ufers. höchst wahrscheinlich zur Zeit des menschlichen Geschlechts.
Die ganze Hälfte des grossen Foxbeckens der Cumberland-
Halbinsel an der Davisstrasse ist flach, und die Ebenen sind der
trocken gelegte Meeresboden, wie die Knochenreste von Walen,
Wallrossen u. s. w. beweisen.
Auch bei uns fehlt es nicht an Zeugen von Hebungen.
Die Niveauveränderungen an der Süd-und Südwestküste von
England sprechen da sehr deutlich.
Ganz Kent scheint in der Hebung begriffen, Sussex theils
in Hebung und Senkung, die Grafschaften weiter westlich sämmt-
lich in Senkung. Die Erscheinungen machen nach T. St. Gar-
DENER (Geol. Mag. erw. Jahrb. Min., 1888, II, p. 70) jeden
Versuch, sie durch eine Niveauänderung des Meeres zu erklären,
unmöglich.
Bei Gelegenheit der Besprechung der grossen basaltischen
Ströme der inneren Hebriden und der früheren dortigen vulka-
nischen Erscheinungen bemerkt E. Suess (a. a. 0., I, p. 205):
„Die grössten Aschenkegel, jene von Mull und Skye dürften über
4000 m Höhe erreicht haben.
Die früher gebildeten granitischen Massen geben auch wirk-
liche Lakkolithen in die mesozoischen Schichten ab."
131
Und wer wollte wohl den Hunderten von Basalt- und Peri-
dotit-Dykes, die gleichlaufend aus dem Gneiss an der Küste von
Suterland im Nordwesten von Schottland nahe bei einander her-
ausgebrochen sind, eine hebende Kraft absprechen?
Das Aufsteigen Schwedens, welches bestritten wurde und
dessen Anschein durch das Zurückweichen des Ostseewassers er-
klärt werden sollte, ist nun doch wohl als Factum hinzunehmen;
denn von einem Entleeren der Ostsee ist an den Schweden be-
nachbart gegenüber liegenden deutschen Küsten nicht das Ge-
ringste wahrnehmbar, wie v. Drygalsky sehr richtig hervorgehoben
hat. Nach Svevonius finden sich in Lappland die Spuren von
erstorbenen Nadelholzwaldungen sogar oberhalb der Birkenregion
bisweilen mehrere Meilen jenseits der heutigen Coniferenbestände.
Auf der kleinen Insel Andersky der Solowetzky-Gruppc im Weissen
Meere sind i)arallele Lagen von StrandgeröUen sichtbar, und
Inostranzefp glaubt auch aus gewissen Streifen am Fusse einer
1799 erbauten Ufermauer des Klosters auf Solowetzky eine He-
bung vermuthen zu dürfen.
Was die Schweizer Alpen betrifft, so muss ich auf Rbne-
vier's Aufsatz im Arch. Sc. Geneve. October 1887, verweisen.
V. KcENEN sagt mit Bezug auf diese Gebirgsmasse am Schlüsse
seines Beitrages zur Kenntniss von Dislocationen (Berlin 1888):
„Sehr viel wichtiger, schon weil sie weit näher als die Anden
und Sierra Nevada belegene Gebiete betrifft, ist die Mittheilung
von Heim (Tierteljahrschr. Naturf. Ges., Zürich 1887. p. 187),
dass nach trigonometrischen Messungen in der Zeit von etwas
über 30 Jahren die Lägern sich dem Rigi und Napf um einen
Meter genähert hätten."^).
Einen historisch merkwürdigen Fund hat Chorherr Grenat
von Sitten auf dem grossen St. Bernhard unweit des Hospizes
gemacht, welcher nicht nur beweist, dass zur heidnischen Zeit
sich auf der Spitze dieses Berges eine Opferstätte befand, son-
dern auch, dass der Canton Wallis schon zur Steinzeit von Men-
schen bewohnt wurde. Dieser Fund besteht nämlich aus fünf
grossen Granitaltären und steinernen Opfergeräthen, Messern und
') Wenige Zeilen vor dieser Notiz ist v. Kcenen ein lapsus calami
mit untergelaufen. Ich habe nicht von einer Senkung der Anden,
wie solche bei Quito (nach gewiss unzuverlässigen barometrischen
Messungen) seit 174.5 stattgefunden haben soll, in meinen beiden frü-
heren Aulsätzen in dieser Zeitschrift (1886, p. 766 und 1887, p. 301)
gesprochen, sondern eine bis in die jüngste Zeit reichende Hebung
von Theilen derselben behauptet. — Orton hatte früher die schon
1880 von Reiss wiederlegte Meinung über das Sinken der Anden aus-
gesprochen.
132
Aexten zum Schlacliten der Opferthiere. Das ist eine Beobacli-
tung, die sich an die von mir 1886. p. 770 erwähnten That-
sachen über das Vorkommen eines Fichtenstammes im Gletschereis
oberhalb der jetzigen Verbreitungsgrenze dieses Nadelholzes und
über die A^ereisung eines Alpenpasses in den letztvergangenen
300 Jahren anschliesst.
Auch das Erzgebirge ist höchst wahrscheinlich noch in lang-
samer Hebung begriffen. Der Gesteinsbau des sächsischen Vogt-
landes, das häufig von Erderschütterungen betroffen wird, erklärt
• im Verein mit jener Annahme alle die betreffenden Erscheinungen.
V. K(ENEN zeigt in seiner vorhin erwähnten Abhandlung bei
Erörterung der Hebung der Harzes zur Quartärzeit, bewiesen
durch das Vorkommen von Geschieben auf dem Osttheil dessel-
ben, dass die Flüsse in der Glacialperiode annähernd in dem-
selben Niveau geflossen sind, wie diejenigen der Jetztzeit, und
ein Anstauen unserer Flussläufe allein durch das in postglacialer
Zeit etwas höher gestiegene Niveau des Meeres gewiss nicht an-
zunehmen ist, da ausgedehnte Ablagerungen von Lösslehm in der
Gegend von Kreiensen u. s. w. sich noch in einer Höhe von
200 m über dem Meere befänden, und dass keinerlei Anzeichen
dafür vorhanden sind, dass das Meer in postglacialer Zeit auch
nur an den Harz herangereicht, geschweige denn hier eine nen-
uenswerthe Höhe — ■ (die nordischen Blöcke liegen 452 m hoch)
— gehabt hätte.
Vvir müssen daher diese Anstauungen des Wassers durch
Niveauveränderungen der Erdoberfläche erklären, sei es durch
Oscillationen, sei es durch Dislocationen."
Durch Drift sind also die Blöcke nicht da hinauf gekom-
men, sie müssen eben in situ mit ihrer Umgebung gehoben wor-
den sein.
Der Beweis, den v. Kcenen geführt hat darüber, dass der
Harz erst in der Quartärzeit seine jetzige Höhe erreicht habe,
wird noch dadurch wesentlich verstärkt, dass er in der Nähe von
Seesen, westlich vom Harz eine Verwerfung aufgefunden hat,
welche, wie die auf ihr eingesunkenen nordischen Geschiebe zei-
gen, erst nach Ablagerung von diesen, d. li. in postglacialer
Zeit sich geöffnet haben kann.
Wer vermöchte nach dem Vorgetragenen den 18 durchschnitt-
lich je 10 m mächtigen Eruptivgesteinsgängen, die im Trusenthal
im Thüringerwald eine nicht ganz 2 km lange Linie kreuzen,
eine hebende Kraft absprechen ! Zwischen der Restauration Itters-
hagen und dem Wasserfall in derselben Gegend folgt (nach
BüCKiNG, Eruptivgesteine der Section Schmalkalden, 1887) Gang
133
auf Gang; 8 meist mehr als 10 m starke Gänge sind auf dieser
nicht ganz 0,5 km betragenden Strecke anstehend beobachtet.
Aus den umfassenden Forschungen Abich's in Ai-menien
lernen wir, dass die an Versteinerungen reichen Ablagerungen der
ersten Mediterranstufe auch in dem südlichen Theile dieses Ge-
bietes durch späte Gebirgsbewegungen in Schollen zei'brochen und zu
grossen Höhen emporgetragen worden sind (Suess, Antlitz, I. 395).
Der 3147 m hohe Palandokän bei Erzerum, dessen mäch-
tiger Krater aus jungen Eruptivmassen besteht, hat Serpentine,
Chloritschiefer, Kalke und Gypse mit hinaufgehoben.
Bei Urmia liegen tertiäre Kalktuffe , durch Trachyte nach
oben befördert, 3300 m (nach Pohlig) über dem Meere.
Aehnlich wie mit den Basaltländern Oregon und Washington
verhält es tich mit den „Amben" von Abessinien.
Das sind zerrissene Hochebenen, die zum grossen Theile
aus gluhtreichen , vulkanischen Gesteinen bestehen und oft von
fürchterlichen Abgründen begrenzt, steil aus der Tiefe aufragen.
Abessinien gleicht in seiner orographischen Beschaffenheit dem
Coloradogebiet von Arizona; die Hochebene von Talanta z. B. ist
eine ungeheuere Amba vulkanischen Ursprungs, begrenzt im Nor-
den von der Djidda, die sich in den sie südlich abschneidenden
Baschilo ergiesst, während die Ostseite von einem steil nach
Osten abfallenden Grat gebildet wird.
iVndere Amben bestehen aus Sedimentgebilden. Das ganze
Semien - Gebirge, in denen das Terrassenland Abessinien seinen
höchsten Ausdruck findet, scheint vulkanisch gehoben zu sein.
1848 entstand während eines Erdbebens eine Kluft an der
Südktiste der Cookstrasse (Neuseeland) gleichlaufend mit dem
Gebirge der Südinsel in der Richtung SSW nahezu 100 km lang.
Am 15. Januar 1855 setzte sie sich während eines Bebens
fort auf die Nordinsel und erreichte da eine Länge von 145 km.
Alles Land östlich der Kluft blieb unverändert, westlich davon
sank alles auf der Südinsel um etwa 5 Fuss und stieg um 9 Fuss
(nahe dem Riss) auf der Nordinsel. Eine Nulliporen - Zone an
der Muka-Muka-Klippe wurde durch die Spalte getheilt und behielt
im Osten ihre Lage bei. hob sich dagegen im Westen um 9 F'uss,
welche est in 37 km Entfernung nach Westen hin sich verliefen.
Die Dislocation ist auch innerhalb des Landes bemerkbar
und ausser Zweifel gewesen. (Subss, Antlitz, II, p. 34.)
Genug der Thatsachen aus allen Theilen der Erde glaube
ich beigebracht zu haben, um meine Ansicht zu rechtfertigen.
Von 4000 m an bis auf wenige Fuss herab, aus allen Pe-
rioden bis auf unsere Tage, wo vor Augenzeugen Hebungen statt-
fanden, liegen Belege vor. Was für Gründe existiren nun für
134
die Amialirae, dass jetzt die sämmtliclien Kräfte, die früher
enorme Gebirge mit Riesenvulkanen aui'thürmteii . sei es durcli
Faltung, durch Zusamraenschiebung oder unmittelbare Hebungen,
mit einem Male total verloren gegangen sind? Schwächer mögen
sie geworden sein, aber an ein gänzliches Aufhören von ihnen
glaube ich nicht, so lange ich sie noch wirken sehe, und deshalb
glaube ich auch nach wie vor, dass Theile der Anden noch vor
Kurzem in aufsteigender Bewegung waren und vielleicht noch
nicht vollständig zur Ruhe gelangt sind.
Wenn erst die südamerikanischen Andenrepubliken im Stande
sein werden, ein Geologencorps wie die Vereinigten Staaten aus-
zubilden, auszurüsten und auszusenden, dürften wir neben Trac.hyt-
domen. Granit-Narben, Rückenvulkaneu u. s. w. wohl noch gross-
artigere Lakkolithen kennen lernen aus den dortigen Gegenden
als aus dem Westen Nordamerikas.
H. BücKiNG äusserte bei Besprechung meiner beiden Anden-
aufsätze: „Im Allgemeinen sind wir nicht gewöhnt, in der Geologie
solch junge Niveauveränderungen anzunehmen; dass sie aber wirk-
lich vorkommen, darauf deuten auch nocli andere Beobachtungen."
Später sagt M. Neumayr (in seiner Erdgeschichte, I, 176 ff.):
„Die Ansichten von Lyell und Poullet Scrope gegen die He-
bungstheorie sind jetzt die allgemein herrschenden geworden. In
der That ist es ein grosser Fortschritt, dass man nicht mehr in
jedem Ringwall eine Erhebung sieht; aber wenn wir auch darin
mit der Mehrzahl der Geologen übereinstimmen, so drängt uns
doch eine strengere Kritik die üeberzeugung auf, dass man in
der Reaction vielfach zu weit geht, indem man überhaupt das
Vorkommen irgend welcher Hebungserscheinungen bei Vulkan-
ausbrüchen durchaus in Abrede stellt. Man hat das Kind mit
dem Bade ausgeschüttet und unbestreitbare Thatsachen iguorirt,
indem man alle Elevationserscheinungen in Abrede stellt
Die active Rolle der ausbrechenden Gesteine ist unterschätzt und
ihre Fähigkeit, selbstthätig gewisse Verschiebungen von Massen
hervorzurufen, übersehen worden."
Ich denke, das bisher Vorgebrachte genügt, um meine Aus-
sprüche über den Glauben an junge und jüngste Hebungen in
einigen Theilen der Anden vollkommen zu rechtfertigen.
Ob diese Hebungen nun durch Faltung hervorge-
rufen wurden, die aus der Schrumpfung der Erdrinde
hervorgingen, oder durch Aufsteigen vulkanischer Mas-
sen, bleibt sich ganz gleich. Ob bei dort noch vorkommen-
den Erdbeben die Cordilleren mit ihren Gipfeln in seitlicher
Richtung afficirt werden, wie Schiffsofficiere beim Beben von
135
Arica beobachtet haben wollen, oder nicht, bleibt sich ebenfalls
ganz gleich.
Ich gehe zwar nicht so weit zu sagen: „Wenn sich Berg-
spitzen in den Alpen nähern, können auch Bewegungen der Art
in den Cordilleren vorkommen", möchte aber hier doch betonen:
„Bei Hebungen sind schon Menschen als Augenzeugen zugegen
gewesen, bei Schrumpfungsfaltungen aber noch nicht; an der
Existenz von ersteren ist daher nicht zu zweifeln; an die von
letzteren glaubt man nur, weil man sie für die beste Erklärungs-
weise der beobachteten Lagerungsverhältnisse hält."
Auch mir hat es widerstrebt, an Oscillationen unseres Bo-
dens zu glauben bei Betrachtungen von zuweilen hundertfachem
Wechsel von marinen und lacustrischen oder fluvio - terrestrischen
Schichten; ebenso wenig konnte ich jedoch an einen periodischen
Wechsel von so langer Dauer und Tragweite des Meeresspiegels
denken.
Jetzt weiss man, dass eine Barre derartige Veränderungen
in einem unterseeischen Gelände hervorrufen kann.
Wenn ein Busen oder eine Bai partiell von der See durch
eine Barre abgeschlossen ist, so werden je nach deren verschie-
denen Höhenlagen auch in dem abgetrennten Meerestheile ver-
schiedene Vorgänge Platz greifen.
So wehrt z. B. eine niedrige Barre, wie sie vor dem Ein-
gange vieler norwegischer Fjorde liegt, das Eindi'ingen des kalten
Oceanwassers aus der Tiefe in den Fjord selbst ab, wie die Tem-
peraturbeobachtungen an Ort und Stelle ergeben.
Sehr auffallend wird diese Thatsache noch bewiesen durch
die im Mittelmeer obwaltenden Wärmeverhältnisse. Dasselbe zeigt
bis in seine grössten Tiefen von 4000 m eine Temperatur von
etwa 14", weil die Wassertheilchen an der Oberfläche von der
Sonne erwärmt, durch theilweise Verdunstung salziger und somit
specifisch schwerer werden, untersinken und dem ganzen Medi-
terranbecken-Inhalt ihre Wärme mittheilen und conserviren, weil
die Schwelle der flachen Meerenge von Gibraltar den kalten Ge-
wässern der Tiefe des Atlantischen Oceans den Eintritt verwehrt.
Dieser hat westlich von Gibraltar schon in viel geringerer Tiefe
als 4000 m nur 0 0 — 3".
Ist die Barre einer Bai höher, sagen wir so hoch, dass sie
nahe unter der Meeresfläche herläuft, so ist die Grösse der Zu-
flussöffnung zwischen Barrenhöhe und Meeresspiegel maassgebend.
Eine Bucht, die einen Süsswasserzufluss aufnimmt, wird ein
Süsswassersediment auf dem Grunde erhalten, wenn ihre Barre
so hoch ist. dass nur das vom Lande zuströmende Süsswasser
tiber sie in den Ocean treten kann. Der ganze Inhalt der Bai
136
besteht dann aus Süsswasser und diesem zukommenden Orga-
nismen. Ist dagegen die Barre niedriger, sodass das offene Meer
freien Zutritt hat, so wird die Bucht Salzwasser enthalten und
nur dicht bei der Flussmündung brakische Schichten absetzen,
wogegen im Uebrigen ein mariner Niederschlag den ganzen Grund
bedeckt.
Hieraus geht hervor, dass es bei einer Bai mit Süsswasser-
zufluss und einer hohen Barre nur des Wechsels der Barrenhöhe
bedarf, um einen Wechsel von marinen und fluviatilen bezw.
lacustren Sedimenten entstehen zu lassen. Vollzieht sich die
Höhenänderung der Barre rasch , so tritt eine unvermittelte
Wechsellagerung zwischen fluviatilen und marinen Schichten ein;
ist die Aenderung langsam, so muss eine brakische Lage den
Uebergang einleiten. Eine solche wird sich vielleicht auch bil-
den, wenn in der hohen Barre irgendwo ein tiefer Einschnitt
existirt, der dem Meerwasser gestattet, die tieferen Theile der
Bucht einzunehmen, während die oberen aus Flusswasser bestehen.
Dann werden Süsswasser - Organismen nach dem Absterben aus
den Oberflächenschichten herabsinken zu den Meeresmuscheln etc.,
die am Grunde hausen, und somit im Verein mit deren Resten
der Schlammschicht einen brakischen Charakter ertheilen.
Das Pariser Becken, das in tertiärer Zeit die Loire auf-
nahm, würde ein treffliches Erläuterungs-Beispiel einer derartigen
Reihe und Wechselung von Vorgängen abgeben.
Auf die angegebene Weise erklärt es sich leicht, dass auch
Kohlenflütze mit marinen Thon- etc. Schichten alterniren kön-
nen, ohne dass man genöthigt ist, bei der Erklärung der strati-
graphischen Verhältnisse zu mehrfach wiederholten Vertical-Oscil-
lationeu des Landes mit Meeresbedeckungen, Wiederauftauchen
u. s. w. seine Zuflucht zu nehmen. Veränderungen der Barren-
höhe, wie wir sie noch täglich nach starken Stürmen beobachten
können , erklären Alles in ungezwungener Weise ohne unglaub-
liche Veränderungen der Lage des Starren oder des Niveaus des
Flüssigen.
Zwischen den oberschlesischen Flötzen wurden marine Ein-
schaltungen von F. RcEMER 1863 entdeckt und 1870 mit den
Gannister beds oder Pennystone englischer Kohlenre\iere ver-
glichen. Kosmann hat gezeigt, dass sie sich in bestimmten Ho-
rizonten wiederholen. Marine Bänke enthalten PhiUipsia, Bel-
lerophon, Prodtictus etc., die mit limnischen Merkmalen führen
Anthracosia, Modiola, Planorhis u. s. w.
Auch im ganzen mittleren Theil der Vereinigten Staaten,
in Grossbritannien. Frankreich. Belgien. Westfalen, Oberschlesien,
Mähi'en. Russland. Nordchina findet sich dasselbe Verhalten.
137
Denkt man sich nun eine Bai. deren Barre rasch erhöht
wird, mit einem Niloberlauf aus üppigst tropischem Vegetations-
gebiet als Zufluss, welcher etliche Kilometer oder Meilen der
colossalen Grasinseln etc. anbringt, wie sie beschrieben werden, so
lässt sich die nach Suess räthselhafte Existenz von Brachiopoden
oder aufgeklappter Exemplare von Mytihis u. s. w. innerhalb eines
viele Pflanzenreste bergenden Sandsteins höchst einfacli begreifen.
Schlannu, Sand, vegetabilische Substanzen und Seethiere, ja
annehmbar auch Tange, helfen zugleich dieselbe Schicht, die viel-
leicht nur tagelang vorher einen entschieden marinen Charakter
besessen hatte, als lacustre fortsetzen. In manchen Fällen mag
eine enge Barre auch durch Grasinseln oder ähnliche Gebilde
förmlich verstopft oder erhöht worden sein — es ergeht ja man-
chen africanischen Binnenseeen heute noch so — bis eine ausser-
gewöhnliche Hochfluth vom Meere her den Status quo wieder
herstellte, nachdem der Stoff für ein mächtiges Kohlenlager all-
mählich herangeschwommen war. Dass die meisten Complexe von
Kohlenflötzen marine Schichten als Liegendes haben, ergiebt sich
gewissermaassen von selbst aus der eben skizzirten Situation;
die Bucht war vorhanden, die Barre erschien erst später und so
auch ihre Wirkungen.
Die in Neubraunschweig beobachtete Einschaltung von Bän-
dern gypshaltiger Mergel ist ebenfalls nicht schwer zu deuten,
obwohl sie nur als Ausnahmefall zu verzeichnen wäre.
Versiegen des Süsswasserzuflusses her so enger Barre, dass
die Menge des über dieselbe eindringenden Seewassers nur so
viel beträgt, als die Busenoberfläche verdunsten kann, ruft, sobald
das spec. Gewicht des Buseninhaltes auf 1,13 gelangt ist, einen
Gypsniederschlag hervor.
Wiedereintritt des Süsswasserzuflusses mit Material für Sumpf-
kohle liess dann, ohne dass der Gypsniederschlag so rasch wieder
gelöst werden konnte — in reinem Wasser ist Calciumsulfat
bekanntlich viel weniger löslich als in salzigem — den Gyps-
mergel bestehen und Kohle darüber absetzen.
Ich bin aber weit entfernt, die Entstehung aller Kohlenflötze
auf eine und dieselbe Weise erklären zu wollen; Vorstehendes
kann nur als eine Erläuterung bezw. Bestätigung der von Neu-
MAYR (Erdgeschichte U, p. 173) im Schlusssatz über Kohlenflötz-
Bildung ausgesprochenen Ansicht gelten.
Sehr treffend sind dessen Worte: „Es waren das offenbar
Becken, welche nahe am Ocean lagen und in welche durch irgend
eine Veränderung im gegenseitigen Stande von Land und Meer
das letztere für kurze Zeit vordrang, ohne das Gebiet zu be-
haupten. "
138
Meine Erklärung beseitigt nur die Nothwendigkeit, Verän-
derungen von Oceanniveau und Landhölie anneliraen zu müssen
— und das ist im vorliegenden Falle wohl immer schon „etwas".
Was nun die in letzter Zeit aufgestellte Behauptung über
bedeutende Schwankungen des Meeresspiegels betrifft, so muss ich
zum Schlüsse doch auch noch einiges dazu sagen, weil das ja in
engster Verbindung steht mit der von mir ausgesprochenen An-
sicht über Hebungen. Man wirft dem Ocean sehr, sehr grosse
Veränderlichkeit vor, er soll Länder überschwemmen und wieder
verlassen, sich an den Küsten, gleichsam mit periodischer Ueber-
spülung, drohend erheben u. s. w.
Sechszehn Reisen auf dem Mittelmeer, dem atlantischen und
stillen Ocean, sowie ein zwölfjähi'iger Aufenthalt dicht am Ge-
stade des letzteren berechtigen mich wohl, wenige Worte zu
Gunsten der Beständigkeit des äusseren Antlitzes von -O-aXaTra
zu reden.
1. Wenn in einem der neuesten geologischen Werke, wie
schon vorhin erwähnt, gesagt wird: „Aber Schweden erhebt sich
nicht, sondern das baltische Meer in seiner umschlossenen Lage,
abhängig von klimatischen Einflüssen, befindet sich in einer Phase
zunehmender Entleerung, welche in den von seinen Pforten ent-
fernteren Theilen mehr und mehr die Strandlinie sinken lässt",
so bemerkt v. Drygalski dagegen sehr richtig, dass von einem
Zurückziehen des Meeres an den Schweden verhältnissmässig nahe
benachbart gegenüber Itegenden Küsten durchaus nichts davon zu
bemerken sei Umgekehrt könnte eher angenommen werden, dass
sich die nahezu ausgesüssten Theile der Ostsee in ein etwas
höheres Niveau eingestellt hätten, als die, bei denen der salzige
Unterstrom aus der Nordsee sofort seine Wirkung äussert. See-
wasser hat im Allgemeinen ein spec. Gewicht von 1,0275 gegen
1,0 von Süsswasser, sodass also bei zweien vom Erdencentrum
gleich weit entfernten Punkten des Meeresgrundes der Ostsee,
von denen einer im finnischen Busen, der andere vielleicht west-
lich von Bornholm läge, der erste eine Meerestiefe von 100 m
gegen eine solche von etwa 102.75 m des zweiten ergeben könnte,
falls dieser Busen ganz ausgesüsst wäre, und wenn Laborato-
riumsversuche für die Natur überall maassgebend wären, was sie
aber bekanntlich nicht sind.
Aus diesem Grunde kann ich nicht an erhebliche Niveau-
differenzen des Meeresspiegels auf verhältnissmässig unbedeutende
Entfernungen in Meerbusen glauben, Differenzen, die dadurch
entstehen sollen, dass die See sich von einem Ufer desselben
Beckens zurückzieht und vom anderen nicht.
Ich bezweifle auch, dass sich die See überhaupt aus Buchten
139
zurückzieht, so lange sie nicht dazu gezwungen wird, und kann
ich daher auch die Bucht der Gironde, aus der (nach Suess) das
Meer mehrmals zurückgewichen sein soll, um wieder in dieselbe
zurückzukehren, nicht als dafür maassgebend betrachten.
Ich habe mich allerdings nie lange genug in Paulliac und
Bordeaux aufgehalten, um die marinen Ufersedimente genau zu
Studiren. aber eine andere Lösung wird sich mit der Zeit doch
wohl noch anfinden.
2. Auch auf weitere Entfernungen glaube ich nicht an be-
deutende Niveau - Unterschiede an den verschiedenen Küsten von
Europa, weil auf der IX. Generalversammlung der internationalen
Erdmessung (2. bis 12. Oct. 1889) in Paris sich das Gegentheil
von früher behaupteten Verschiedenheiten der Meereshöhen an
den europäischen Gestaden ergeben hat.
In einem Bericht über diese Generalconferenz heisst es:
„Ein sehr bemerkenswerthes Resultat hat die nivellitische
Verbindung der verschiedenen Mareographen unter einander er-
geben. Während man noch vor wenigen Jahren nicht unbeträcht-
liche Höhenunterschiede der einzelnen Meere als erwiesen annahm,
hat sich jetzt bei Berücksichtigung aller erforderlichen Correc-
tionen herausgestellt, dass abgesehen von vereinzelten localen
Störungen innerhalb der Europa umgebenden Meere nirgends
Höhenunterschiede aufgefunden worden sind, welche sich nicht
durch die Unsicherheit der die Meere verbindenden Nivellements
erklären lassen. "
Diese Thatsache spricht also ganz entschieden gegen die
Annahme eines Unterschiedes zwischen dem Wasserstand des
Mittelmeeres und dem des atlantischen Oceans.
Ausserdem müsste der Nil, das Schwarze Meer und die
höchst wahrscheinlich unterirdische Verbindung mit dem Rothen
Meere schon für die Ausfüllung einer Depression im östlichen
Theile des Mittelmeercs , von welcher oft geredet worden ist,
Sorge tragen, falls der Atlantische Ocean nicht im Stande wäre.
Das scheint aber in ausgiebigem Maasse der Fall zu sein; denn
bekanntlich geht ein salziger Unterstrom noch aus dem Mittelmeer
bei Gibraltar durch hinaus in das Atlantische und ein ebensolcher
durch die Dardanellen in das Schwarze Meer; an Wassermangel
leidet also das Mittelmeer nicht.
3. Wenn gesagt wird, dass ein allmähliches Ansteigen des
Meeresspiegels gegen die Küsten stattfindet , dass in der Mitte
des Oceans die Oberfläche des Wassers weit tiefer liege, d. h.
unter gleicher geographischer Breite dem Erdmittelpunkte sich
näher befände, als an der Küste des Festlandes, so kann das
meines Erachtens auch nicht richtig sein.
140
Man hat aus Pendelbeobachtuugen geschlossen, dass die
Strandlinie auf isolirten Inseln einen niedrigeren Stand einnähme,
als an den grossen Continentalmassen und dass das Meer, wenn
es nicht mehr vom Festlande angezogen würde, diese Inseln
überschwemmen müsste.
Aber die Pendelbeobachtungen stimmen auch in den Küsten-
gegenden nicht ganz unter einander. Das Secundenpendel auf
den Bonin-Insehi macht H,2 Schläge mehr in einem Tage, als
man nach der geographischen Lage schliessen sollte, auf Ualau
12,6; St. Helena 10,3; Isle de France 9,9; Fernando Norouha
9,4 u. s. w. , während an continentalen Küstenstationen die Zahl
der Schläge im Gegentheile kleiner ist als man vermuthen sollte.
Nun heisst es, dass die See an von einander entfernten
Punkten eines und desselben Continentes (der verschiedenen von
der Landmasse abhängigen Anziehungskraft wegen) auch verschie-
den hoch stände (für Europa gilt das schon nicht mehr!); Süd-
Amerika z. B. wird an seiner Westküste, wo die gewaltige Kette
der Anden liegt, das Wasser stärker an sich ziehen als an seiner
flachen Ostküste, ja Fischer hat berechnet, dass die Emporhebung
dort ungefär 1100 m betragen muss.
Bei dem Lesen anderer in diesem Sinne verfasster Aufsätze
findet man:
„Die Continente müssen das Meer anziehen, dasselbe also
an den Küsten schwellen und auf der weiten offenen See eine
Vertiefung hervorbringen lassen, die ihre Oberfläche dem Mittel-
punkte der Erde nähert; denn das ist die Erscheinung, die wir
alle Tage an einem Glase Wasser an der Wandung beobachten
können. Die Vermehrung um eine Pendelschwingung entspricht
einer Annäherung an den Mittelpunkt der Erde von 122 m. Auf
9 Schwingungen mehr beträgt das 1098 m.
Wenn ein Schiff die Küste verlässt, wird es demnach einen
sehr sanften Abhang hinabgleiten, sodass es mitten auf dem Meere
in einer 1 km tiefen muldenförmigen Aushöhlung fahren würde.
Ist das genau? Niemand kann es noch beweisen, doch haben
wir schon in nächster Zeit weitere Aufklärungen zu erwarten."
Nun hat Faye, wenn ich nicht irre, schon darauf hinge-
wiesen, dass ein Pendel auf der Oberfläche in der Mitte des
Meeres eigentlich weniger Schwingungen machen müsste als sonst
überall, weil die anziehende Masse zunächst unter ihm, doch dem
Gewicht nach weit weniger ist. als auf den Felsmassen der Con-
tinente. Wenn aber trotzdem die Schwingungen des Pendels
eine Zunahme nach der Mitte der See hin anzeigen, so muss
unter der Wassermasse eine uns bis jetzt unbekannte, jedoch
ununterbrochen fortwirkende Ursache vorhanden sein, die diese
141
Anziehung vermehrt. Faye vermuthet jene in der durch die
grosse Kälte veranlassten Verdichtung der Erdrinde unmittelbar
unter den Meeren; vielleicht nicht mit Unrecht. Sicherlich geht
daraus hervor, dass auch der Pendel keine brauchbaren Resultate
giebt, weil wir die anzubringenden Correcturcn noch nicht kennen.
Da habe ich nun an das Barometer gedacht; das muss die
Höhe derjenigen Luftsäule, die über irgend einem Punkte unserer
Litho- oder Hydrosphäre lagert, mit wenigstens ziemlicher Ge-
nauigkeit angeben, und die Isobaren liefern uns da gutes Ver-
gleichmaterial. Ich entnehme der Hann' sehen Isobaren -Karte
(No. 32 der neueren Ausgabe von Berghaus' Physikalischem Atlas)
einige Daten.
Die mittlere Jahres - Isobare von Kusaie (Ualau) , der öst-
lichsten der Carolinen -Inseln giebt 758,5 mm an; dieselbe Linie
erreicht die Ostküste des australischen Continents etwa bei Tri-
nity Bay, 17*^ südl. Br., und verlässt diesen bei Exmouth Golf
auf der Westküste unter 22" südl. Br., geht durch den indischen
Ocean bis Barawa an der ostafrikanischen Küste unter 1 ^ nördl.
Br. , um von da nach Norden umzubiegen und durch Arabien,
Herat, Bangkok, und Saigon etwas südlich lassend, über Manila
wieder zu den Carolinen zurückzukehren.
Wenn nun Ualau dem Pendel nach 122. 12,6 = 1537 m
unter einer gewissen Oceanniveaus-Normale liegt und Barawa we-
gen der Anziehung des Continentes nur einige Hundert über
derselben, wo bleibt da die Isobare, die von Rechts wegen 190 mm
runden barometrischen Unterschied zwischen 2000 m Höhenunter-
schied aufweisen müsste?
Die Isobare von 762 mm von Isle de France, das nach dem
Pendel 1208 m unter die Oceansnormale taucht, läuft über Mo-
sambique durch Afrika nach St. Helena, das 1256 m tief liegen
müsste, von da nach Trinidad, ei-reicht die brasilianische Küste
bei der Insel S. Catarina nördlich von Porto Alegre und wendet
sich zurück über Tristan da Cunha nach Melbourne, um von da
westwärts wieder Isle de France zu treffen.
Demselben berührten brasilianischen Küstenstrich gegenüber
rein westlich davon lagert eine gleichwerthige Isobare von 762 mm
auf der Insel Mocha dicht am chilenischen Litoral, läuft von da.
Valparaiso westlich lassend, nach Caldera und von dort wieder
nach Westen.
Da werden also vier einzelne, ganz isolirte oceanische Eilande,
die sämmtlich kilometertief unter dem Normal-Wasserspiegel liegen,
und zwei Ost- und zwei Westküsten grosser Ländermassen von
Continenten. welche das Meer kilometerhoch — an der Pacitic-
küste sogar fast 1 1 00 m — angezogen haben sollen, angelaufen,
142
und überall muss da das Meer demnach gleich hoch stehen,
weil derselbe Druck gleicher Luftsäuleu auf ihm lastet.
Noch befremdender steht die Sache mit Fernando-Noronha,
das, wie der Pendel sagt, sich 1147 m zu tief befindet. Von
dieser Insel bis zur brasilianischen Küste sind nur 48 geogr.
Meilen, eben so viel wie die Breite der Ostsee zwischen Merael
und Karlskrona beträgt, — und auf solche kleine Entfernung hin
soll ein so ungeheurer Niveauunterschied des Oceans existiren,
abgesehen von dem, welcher noch durch die vermeintliche An-
ziehung der Wasser durch den südamerikanischen Continent hin-
zukommt? ^)
Solche Widersprüche sind doch unvereinbar mit der An-
nahme, dass der Oceanspiegel ein veränderlicher sei.
Man bedenke doch, dass schon 500 m Höhenunterschied
den Barometerstand um rund 500. 0,105 mm = 52,5 mm ver-
ändern; und keineswegs trifft man in der Mitte der grossen
Oceane Inseln maximalen Luftdruckes, die eine solche Annahme
irgendwie stützen könnten. Die Isobare von 762 mm auf der
nördlichen Hemisphäre begleitet den Seeweg vom Canal über - den
Atlantischen Ocean nach New York; von einer Vertiefung im
Meere zwischen Europa und Amerika kann also doch da keine
Rede sein und auch nicht von einem Aufsteigen des Wassers an
den Küsten; denn es wäre doch noch keinem Schiffscapitän der
unzähligen Fahrzeuge, die diese Linie seit Jahrhunderten frequen-
tiren, der Umstand entgangen, dass das Barometer der Regel nach
viel falle, Avenn er sich der Küste nähert und umgekehrt steige,
sobald er der hohen See zusteuert.
Wenn in Fernando Noronha das Meer fast 1150 m zu tief
steht, so muss es an der brasilianischen Küste wegen der Massen-
anziehung zu hoch stehen. Eine Beobachtung darüber von dem
nur 48 Meilen entfernten Küstenpunkt S. Roque liegt nicht vor;
dagegen wird für die Insel Maranon (wohl Maranhäo unter 2 "32
südl. Br.) dicht am brasilianischen Continente, 175 m westlich von
Fernando Noronha, 140 m von S. Roque, -f- 567 m angegeben.
Nimmt man nun die Hälfte dieser Zahl für San Roque, also
1146,8 -| — 5"', so giebt das eine Differenz von 1430 m auf die
48 Meilen zwischen Fernando Noronha und dem Festlande.
') Sollte der annehmbar vulkanische Untergrund der erwähnten
Inseln nicht seine Hand im Spiele haben bei den Pendelresultaten?
Die Bonin-Inseln werden zwar nicht als vulkanisch bezeichnet, fallen
aber in die gerade Linie zwischen dem japanischen Feuerberg Fusiyama
und den vulkanischen Ladronen; Aehnliches gilt von den Carolinen,
wogegen Mauritius, St. Helena und Fernando Noronha ausgeprägt vul-
kanischen Charakter besitzen.
143
48 Meilen sind 356179,2 ni Länge, und dabei 1430 m
Höhe ergeben in einem rechtwinkligen Dreieck eine Tangente von
0,004016, d. h. einen Winkel von 13,85 Minuten, oder fast
einen Viertel Grad, um den das Meer von Fernando Noronha
nach der Küste bei S. Roque ansteigen müsste.
Das ist doch wohl nicht wahrscheinlich. Zwischen den bei-
den Punkten Fernando Noronha und Maranhäo ergiebt sich ein
Neigungswinkel von 4,55 Minuten bei der Annahme, dass die
See dazwischen geradlinig verläuft^).
Aber alle dergleichen Folgerungen sind noch keine Gegen-
beweise. Ein solcher ist jedoch leicht zu erbringen auf dem
Gebiete der Nautik.
4. Ein im Rahmen der Nautik , sagen wir in Form einer
Dampferlinie zwischen den Carolinen und Neuguinea, . construirtes
Beispiel wird die Unhaltbarheit an den Glauben von Meeres-
thälern und Bergen schlagend erhärten. Ualau oder Kusaie, die
östlichste der Carolinen, liegt, wie schon vorhin p. 141 gesagt,
den Pendelbeobachtungen nach 1,537 km unter dem normalen
Oceanniveau bei 5 ''SO' nördl. Br. Lassen wir dieses in Erman-
gelung anderweitiger bestimmter Daten auch für die weiter west-
lich gelegenen Inseln derselben Gruppe gelten, also auch für die
Eauripik-Inseln (6^ 45' nördl. Br.).
Da nun weiter die Anden in Südamerika nach Pendelaus-
sagen den Meeresspiegel um 1,1 km an der Küste erhöhen, so
dürfen wir wohl 0.463 km annehmen für die Nordküste von Neu-
guinea in der Gegend zwischen den Torricelli Mountains und dem
Jullien - Berge , welche beide einer dicht am Meere hinlaufenden
mächtigen Kette angehören, die Gipfelhöhen von 2000 — 3500 m
aufweist.
Die erwähnte Gegend liegt südlich von den Eauripik-Inseln
ziemlich genau unter 3" 15' südl. Br., sodass also die Entfernung
zwischen beiden Punkten 10", d. h. 1113,1 km beträgt.
Dann ergiebt sich aus der Figur auf pag. 1 45, bei der nur
die eingeschriebenen Zahlen maassgebend sind: Meereshöhe bei
Torricelli (T), d. h. Entfernung vom Erdeucentrum C ^ C^T (Erd-
radius) = 6377,397 km + 0,463 k = 6377,860 km; wogegen
die von Eauripik EC^ ist: 6377.397 — 1.537 = 6375,860 km.
') Ich unterlasse nicht, zu bemerken, dass schon der hochver-
diente Geolog Fr. Pfaff in dieser Zeitschrift 1884, p. 1 ff. auf die
vielen Widersprüche hingewiesen hat, die sich aus den Folgerungen
ergehen, welche man den Angaben über die Höhenlagen der Inseln
und den benachbarten Festländern entnehmen muss. Er hebt u. a.
den negativen Werth der Falklaiids - Inseln gegenüber dem positiven
des nicht fern liegenden Cap Horu hervor.
144
Damit haben wir ein Dreieck C^TE. in dem eine Seite
C^T — 6377,860, die andere C^E — 6375,860 und der von
beiden (nahezu gleichen Schenkebi) eingeschlossene (Scheitel- bezw.
Centri-) Winkel TC^E = 10'^ ist.
Die Basis dieses Dreiecks ist ein Theil einer Socante des
Erdkreises in einer Meridionalebene, und diese Secante mit ihrer
Verlängerung bei T würde also diejenige Linie bilden, welche
der Ocean zwischen Torricelli und Eauripik einnimmt, wenn er
sich geradlinig zwischen diesen beiden Punkten stellt. Der
Basiswinkel bei Eauripik. der Carolineninsel, ergiebt sich aus
einer einfachen trigonometrischen Rechnung; er hat 85*^ 6' 10";
der Basiswinkel bei Torricelli dagegen 84^ 53' 50", und die
Länge der Basis beträgt (nach dem Ausdrucke c = — ^ — r-. wo
A der Basiswinkel bei E. d. h. 85^6' 10") 1111.56; also nur
1,5 kra weniger als der in dem (kugelförmig angenommenen) Geoid
für 10^' entsprechende Bogen zwischen E^ und T^ von 1113.06 km
Länge, wobei E^ die Lage von E -|- 1.537 bedeutet und T^ die
von T — 0,463.
Wollte man annehmen, dass die Meeresoberfläche zwischen
den beiden Stationen eben wäre, also in der Figur die Gerade
TE darstellte, so würde an dem Schnittpunkt dieser Geraden mit
dem Bogen T^E^ bezw. dessen Tangente ein Winkel von 5*^3'
vorliegen; das wäre demnach der Betrag der Aenderung der bei-
den Horizonte, die den Seeleuten zur Bestimmung der Polhöhe
dienen müssen!
Das wird gewiss Niemand glauben, ebenso wenig als dass
das Meer, statt wagerecht zu stehen, bei Torricelli eine Neigung
von 90» — 84" 53' 50" = 5» 6' 10", und bei Eauripik eine
Steigung von 90" — 85" 6' 10" = 4*^ 53' 50" zeigt, sondern
es muss den Ausgleich zwischen den beiden Punkten ungefähr
in der punktirten Bogenlinie TE — wir gehen dabei nicht so
weit wie E. Suess, welcher concave Niveauflächen stellenweise
für den Oceanspiegel beansprucht, wodurch natürlich sich die
Sache noch bedeutend verschlimmert — suchen.
Diese punktirte Linie TE stellt den convexen Bogen eines
Kreises vor, dessen Radius das arithmetische Mittel aus den Ent-
fernungen C^T und C^E ist. d. h. 6376.86 km. Der Mittelpunkt
C dieses Kreises liegt 11,4 km von C^E und etwa 1 km vor-
wärts von C^
Dann würde sowohl an den beiden Endpunkten der Neigungs-
winkel V der Tangenten dieser beiden Kreise, als auch derjenige
im Schnittpunkt M derselben (welcher etwa 7 " 42 ' von E ent-
fernt liegt) nahezu 6' 10" betragen.
145
Tamcelli .Neuguinea
Winkel V berechnft £'11'
(EauripikLCamlinfii
Erdcenfrum,
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 1.
lU
146
Wir nahmen nun an. dass eine regelmässige Dampferlinie
die Fahrten zwischen den beiden genannten Localitäten lebhaft
betreibe. Täglich wird dabei auf hoher See an Bord die Mittags-
höhe mit dem Sextanten genommen und daraus die Breite etc.
sofort berechnet.
Bei einer solchen Berechnung repräsentirt bekanntlich jede
Minute eine Seemeile oder 1.852 km. Man weiss also immer
ziemlich genau, wo und wie weit man vom Lande sich befindet.
Nun betrachte man die Lage eines Fahrzeuges, das etwas südlich
vom Aequator auf der besprochenen Dampferlinie in die Nähe
der Ritte von Echiquier. Durour, Matty u. s. w. gelangt, nach-
dem es die Nähe des wahrscheinlichen Schnittpunktes der wirk-
lichen Oceanfläche T^E^ mit der punktirt angedeuteten TE passirt
hat. Die dort berechnete Breite muss um den Winkel v ditfe-
riren von der wahren auf das wirkliche Geoid bezogenen, und
doppelt differiren, je nachdem die Sonnenhöhe nach Süden (October-
März) genommen wird, oder nach Norden (März - October). Im
ersteren Falle wird die Breite bezw. Zenithdistanz. weil auf einen
höheren Horizont berechnet, um v Seemeilen zu klein, im letzteren
um ebenso viel, auf einen niederen Horizont bezogen, zu gross.
Ein Unterschied, d. h. ein Irrthum von 2 v, also von über
12 Seemeilen in dortigen Meeren in der Region der Wirbel-
stürme gehört aber nicht nur in dunkler Nacht oder bei strö-
mendem Regen, sondern auch am hellen Tage in der Nähe nie-
driger, nicht weit sichtbarer Inseln unter die Umstände, die zu
den verhängnissvollen gezählt werden müssen; denn freien Raum
hat jedes Schitt nöthig. um bei Klippen. Untiefen und dergleichen
vorüber zu kommen, sonst geht es durch Auflaufen verloren.
Aehnliche Fälle wie der angenommene zwischen Eauripik
und Torricelli liegen auch vor beim Ansegeln der nordbrasilia-
nischen Küste von Norden und beim Anfahren der Capland-Gestade
von Süden her.
Constant auftretende Difterenzen bei der Berechimng der
Entfernung von einem gesuchten Hafen in jenen Theilen müssten
doch schon längst die Aufmerksamkeit der beobachtenden See-
leute, deren Zahl an Bord der grösseren Dampfer gleichzeitig oft
3 bis 4 ist, auf sich gezogen haben. Denn das ist doch klar,
dass ungleich (und gar noch etwa napfartig) gebogene Flächen
nicht überall dieselbe Sonnenhöhe geben können, als gleichmässig
gebogene. Ohne Vertrauen auf seinen Sextanten sinkt der Nau-
tiker auf den Standpunkt des Küstenfahrers herab. Aber bis
jetzt sind noch keine Kundgebungen von Seiten der Seeleute
erschienen, welche auf continuirlich falsche Resultate ihrer Breiten-
berechnuugen in gewissen Gegenden basii't wären, und das müsste
doch heute, wo wir auf dem Festlandc eine Breitendiiferenz von
147
weniger als einer drittel Secunde, von 10 m Verschiebung, astro-
nomisch nachweisen, der Fall sein, wenn überhaupt Unregel-
mässigkeiten in unserer Hydrosphäre — nicht zu reden von wirk-
lichen Meeresbergen und -Thälern von Tausenden von Metern
Höhe und Tiefe — existirten. Mit grossem Rechte verwerfen
daher die meisten Geodäten die Ansicht vom Vorhandensein be-
deutender Unregelmässigkeiten im Meeresniveau. Wahrscheinlich
existiren sie gar nicht, und die Pendel -Versuchsresultate werden
da, wo sie im Widerspruch miter sich oder mit anderen Um-
ständen stehen, eine andere Erklärung finden, als die von Niveau-
verschiedenheiten.
Wenn z. B. die Attractionswerthe (bezw. Niveauverschieden-
heiten im Meere) für London mit 118 ra, für Königsberg mit
92,6 m angegeben werden (Listing, erw. Suess, Antlitz, I, p. 21),
so zeigen doch die geodätischen Resultate, dass eine Differenz in
den Meereshöhen der beiden genannten Orte, wie überhaupt an
den europäischen Küsten, nicht vorkommt, obwohl dieselbe den
Attractionswerthen nach 25,4 m betragen müsste.
Und gerade so wird es an den Küsten der anderen Conti-
nente sein, und nicht nur an den Küsten, sondern auch in den
Meerestlieilcn zwisclien den Continenten. d. li. auf hoher See.
Ein Anhänger der Ansicht von der Existenz von Meeres-
bergen und -Thälern sagt: „Mit dem Barometer kann man die
Störung der Niveauflächen durch ungleiche Massenvcrtheilung,
d. h. deren Abweichung von der Oberfläche eines regelmässigen
Rotations-Ellipsoides ebenso wenig bestimmen, wie z. B. die An-
schwellung der Erde unter dem Ae([uator. Die Flächen gleichen
Druckes im Wasser und in der Luft folgen in ihrer Gestalt den
gestörten Niveauflächen, sie gehen mit ihnen bergauf und bergab,
wenn man so sagen darf, genau so wie die Lothlinie. Man
kann deshalb die Störungen auch durch ein Nivellement nicht
entdecken. Das Pendel dagegen zeigt die Abplattung der Erde
an. Aber so viel steht fest, dass, wenn nicht durch eine be-
sondere Vertheilung in der Dichte der tieferen Erdschichten die
Unregelmässigkeiten der Massenvcrtheilung, wie sie die Erdober-
fläche darbietet, compensirt wird, Unregelmässigkeiten der Niveau-
flächen bis zu und über 1000 m Einsenkung resp. Erhebung vor-
kommen müssen, die man jedoch mit dem Barometer nicht
messen kann."
Hiergegen möchte icli Folgendes bemerken:
Der verhältnissmässig niedere Barometerstand in den Polargegen-
den ist leicht erklärlich dadurch, dass auch die Atmosphäre wegen der
Erdrotation in der Aequatorialgegend etwas angeschwollen ist.
Ein höherer Barometerstand müsste an den Polen herrschen,
als am Aequator, wenn die Luft in Form einer Kugel den Erd-
10*
U8
ball umgäbe; aber aus der geringen Höhe der Luftsäule über
den Polen folgt durchaus nicht , dass Luftschichten gleicher
Schwere allen Unebenheiten der irdischen Litho- oder Hydro-
sphäre folgen. Wäre das der Fall, so wäre ja überhaupt alles
barometrische Hölienmessen ein Unding. Eine Einsenkung im
Atlantischen Ocean muss sich durch den Barometer nachweisen
lassen, gleichviel, ob die Meeresoberfläche flüssig oder fest, sagen
wir gefroren ist. Wäre sie letzteres, so würde kein Unterschied
existiren zwischen einer barometrischen Höhenniesstour auf dem
Ocean und einer solchen auf dem Festlande, z. B. von den nord-
amerikanischen Prairien nach den Rocky Mountains, oder von den
argentinischen Pampas nach der Cordillere. Die Jahres- und
Monats-Isobaren, ja sogar die Jahres- und Monats-Lsothermen ent-
fernen sich nicht weit von der Dampferroute zwischen dem Canal
und New York, niclits deutet auf eine Unregelmässigkeit der ocea-
nischen Fläche hin. welche sicherlich durch die Fülle von meteo-
rologischen Beobachtungen und geodätischen Messungen (Bestim-
men der Breite und Länge auf hoher See durch Sextant und
Chronometer) auf dieser Linie sich schon längst sehr, sehr fühlbar
gemacht haben müsste. wenn sie existirte; denn für das Baro-
meter ist es schliesshch doch gewiss einerlei, ob es von einem
Berggipfel bis an oder auf den festen Strand des Meeres, oder
in ein auf dem Wasser schwimmendes Boot getragen wird, oder
auf die gefrorene Eisfläche des Gewässers; es giebt den Höhen-
unterschied eben an. und richtig, wenn die erforderlichen Cor-
rectionen wegen der Temperatur, Feuchtigkeit, Schwere etc. in
entsprechender Weise angewandt werden. Aber nicht einerlei ist es
für unsere Seeleute, ob sie ihre Sonnenhöhe auf einen richtigen,
d. h. tangentialen oder falschen, d. h. geneigten Horizont basiren.
Die hätten längst ihre Sextanten bei Seite gelegt, wenn sie sich
nicht auf sie verlassen könnten. Kurz, die Physiker werden die
Gründe der Nichtübereinstimnmng der Pendelversuche schon mit der
Zeit austinden^); die aus denselben gezogenen Folgerungen betrefls
der Meeresthäler und -Berge aber waren, wie die Thatsachen
allseitig nach meinem Dafürhalten beweisen, falsch; und dieses
ist für die Geologen wichtig genug, denn man sieht daraus, dass
die sogen. Strandverschiebungen am otleiien Meer das bedeuten,
für was sie ursprünglicli angesehen wurden, nämlich Hebungen
^) Man hat ja schon die Yermuthung auspesprochen, dass unter
dem Meere die Schichten dicker seien, weil tiefer abgekühlt, dass die
Continente gleichsam wie in einem Kuchen aufgetriebene, specifisch
leichtere Schichten darstellen, und somit eine pi-ästabilisirte Harmonie
in der Verthcilung der Massen herrschen soll.
Unmöglich wöre das gar nicht; denn an contincntalen Knsten-
stationen ist die Zahl der Pendelschläge im Gegensatze zu der auf
isolirten Inseln im Ocean kleiner, als man vermuthen sollte.
149
und Senkungen des Landes und nicht etwa Auf- und Ab-
laufen des Oceans.
Gegen letzteres bringe ich, hiermit wiederholend, vor:
1. Die Widerlegung des Beweises, dass die Ostsee auslauft.
Ihr Zurückweichen von den schwedischen Küsten beruht
auf der Hebung der letzteren: denn die Ostsee bleibt an
den südbaltischen Küsten stabil, (v. Drygalski.)
2. Alle Meere um Europa stehen gleich hoch (Intern. Geodät.
Congress in Paris 1889); die ein anderes Resultat an-
zeigenden Pendelbeobachtungen werden also durch etwas
anderes als die Meereshühe beeinflusst sein.
3. Das Benehmen des Barometers, darunter die Lage der
Isobaren, seine Anwendung zum Höhenmessen etc, ver-
neinen total die Existenz von Unebenheiten der Oceanfläche.
Dasselbe thun die Angaben des hypsometrischen Thermo-
meters bei Bestimmung des Wassersiedepunktes und die
barometrischen Beobachtungen (in anderer Weise) in Luft-
ballons.
•1. Die auf die Regelmässigkeit des Meereshorizontes basirten
Bestinniiungen der Ortsbreite auf hoher See lassen ebenso
wenig Höhen- und Tiefenlagen der oceanischen Fläche
erkennen, und das müsste der Fall sein bei schon viel
geringeren als jetzt angenommenen Untei'schieden.
Nachschrift.
R. S. Woodward bespricht in No, 48 des Bull. Geol. Survey
U. S. (Washington 1888) die Form und Lage des Meeresniveaus,
führt ein Beispiel an. das nach G, K. Gilbert erkennen lässt,
dass Inseln in der Mittelpartie der quartären Inland - Depression
des früheren Lake Boimeville Strandlinien zeigen, die jetzt mehr
als 100 Fuss über den correspondirenden Linien der Uferränder
liegen, und kommt zu dem Schlüsse (p. 85), dass die Erhebung
des Oceanspiegels nach einer Berechnungs-Hypothese für das Innere
der asiatisch -europäischen Continentalmasse 2900 Fuss betragen
müsste, wogegen sie nach einer anderen kaum 10 Fuss erreicht.
Angesichts solcher Widersprüche überzeugt man sich, wie
sehr Recht schon Fr. Pf äff hatte. 1884 sich gegen die An-
nahme der Existenz von Meeresthälern und -Anhöhen zu wenden.
Seine überaus triftigen Gegengründe werden durch eine Antwort
Hann's keineswegs abgeschwächt . geschweige denn widerlegt.
Ebenso wenig sind die Einwände Leipoldt's durch den Hinweis
auf verschiedene Barometerconstructionen u, s. w. widerlegt wor-
den (6. Geographentag, 1880, p. 73 it.).
150
7. lieber die Altersfol^e der Sedimentforma-
tionen in Griechenland.
Von Herrn Alfred Philippson in Berlin.
Unsere Keinitniss des geologischen Baues Griechenlands be-
ruht bisher im Wesentlichen auf zwei grundlegenden Werken:
der Expedition scientifique de Moree. Section des Sciences Phy-
siques. T. II, 2epe. , Geologie et Mineralogie par Puillon de
BoBLAYE et Theodohe ViRLET, Paris 1833. für den Peloponnes;
und den Arbeiten von Bittner u. Neumayr in den Denkschriften
der Wiener Akademie der Wissenschaften, math.-naturw. Classe,
40. Bd.. 1880. für Mittel-Griechenland (das eigentliche Hellasl.
Nach Bittner und Neumayr wird ganz Mittel-Griechenland,
abgesehen von den krystallinischen Gesteinen, welche nur in Attika,
dem südlichen Euboea und dem östlichen Othrys auftreten, und
abgesehen von den Neogenablagerungen . ausschliesslich von Ge-
steinen der Kreideformation eingenommen, und zwar unterscheiden
genannte Forscher einen „Unteren Kalk", einen darüber liegenden
Complex von Schiefern und Sandsteinen, welcher in einigen Ge-
genden einen „Mittleren Kalk" einschliesst, und einen über den
Schiefern lagernden „Oberen Kalk". Sämmtliche Kalke Mittel-
Griechenlands werden von Bittner und Neu.mayr der einen oder
der anderen dieser Kalketagen zugezählt. An vielen Steilen führen
diese Kalke Rudisten und andere unbestimmbare Fossilien, aber
nur an zwei Stellen fanden sich Organismen, welche eine genauere
Altersbestimmung zuliessen : im „Oberen Kalk" des Hörnerbergs
bei Livadia eine Turon-, speciell Provencien -Fauna, und bei
Agoriani im „Mittleren Kalk" eine wahrscheinlich dem Gault
zuzuweisende Fauna. (Bittner, 1. c, p. 70.)
Wesentlich anders erscheinen die geologischen Verliältnisse
im Peloponnes durcli das Auftreten von Nummuliten-Kalk.
Dort reichten die veralteten Untersuchungen der Expedition scien-
tifique de Moree nicht hin, um ein genügendes Bild von der geo-
logischen Zusammensetzung und dem Gebirgsbau des Landes zu
bieten. Der Verfasser dieser Mittheilung unterzog sich, mit Unter-
stützung der Karl RiTTER-Stiftung in Berlin, der Aufgabe einer
geologischen und geographischen Erforschung des Peloponnes,
welche er in den Jahren 1887 — 89 ausführte. Es ergab sich
dabei — abgesehen von einigen nocli fraglichen Kalken der Halb-
151
insel Argolis ^ im Grossen und Ganzen in üebereinstimmung mit
den Resultaten der „Expedition"- folgende stratigraphische Reihen-
folge der vor-neogcnen Sedimontbildungen von unten nach oben;
Ueber den krystallinisehen Schiefern folgt discordant:
1. Der „Tripolitzakalk"'. ein sehr mächtiges System mas-
siger oder grobbankiger. dichter, feinkörniger oder krystallinischer,
meist dunkel grau bis schwarz gefärbter, bitunienreicher Kalke;
in den unteren Theilen sind sie doloniitisch und hell gefärbt.
Diese Kalke enthalten in den unteren und mittleren Theilen reich-
lich Rudisten- und andere, nicht bestimmbare Fossil-Durchschnitte,
und gleichen in diesen Partieen. auch petrographisch, durchaus den
Rudisten -Kalken des östlichen Mittel -Griechenland. In den oberen
Theilen führen sie dagegen eine reiche Fauna von Numnuiliten.
2. Darüber folgt, mit dem Tripolitzakalk an der Grenze
stellenweise durch Wechsellagerung innig verbunden, ein fossil-
leeres System von Sandsteinen. Schief erthonen und Con-
glome raten, welches in der Nähe der unteren Grenze Linsen
von Nummuliten-Kalk einschliesst.
2a. In einigen Gegenden des Peloponnes. besonders an der
Westküste, liegt dem unteren Theil der Sandsteinformation eine
mehrere Hundert Meter mächtige, hell gefärbte Kalkmasse ein-
geschaltet, welche Rudisten und Nummuliten. dann besonders
auch Alveolinen in inniger Vereinigung führt. Icli neiuie diesen
Kalk „Kalk von Pylos".
3. Ueber der Sandsteinformation folgen dichte, helle Plat-
tenkalke, fast lithographischen Kalken ähnlich („Olonoskalk"),
mit Hörn steinlagen wechselnd, und namentlich von den unter-
liegenden Sandsteinen in vielen Gegenden durch einen Complex
rothen Hörn stein s geschieden. Diese Plattenkalke sind frei
von makroskopischen Fossilien.
Wir finden also auch im Peleponnes, gerade wie in Mittel-
Griechenland, einen „Oberen'', „Mittleren" und „Unteren Kalk",
durch eine flyschartige Schiefer- Sandsteinformation von einander
geschieden. Aber der „Untere" und „Mittlere" Kalk des Pele-
ponnes führt neben Rudisten auch Nummuliten. während in
Mittel-Griechenland bisher noch kein Nummulit gefunden war.
Das schon von der „Expedition" constatirte Zusammenvor-
konnnen von Rudisten und Nummuliten, die man sonst als aus-
gezeichnete Leitfossilien der Kreide, bezüglich des Eocän be-
trachtet, ist eine in vielen Gegenden des Orients verbreitete Er-
scheinung. Im ganzen Westen der Balkan-Halbinsel, auf Kreta,
Rhodos, in Lycien und anderen Theilen Kleinasiens berichten die
geologischen Reisenden von dem untrennbaren Zusammenhang von
Rudisten - und Nummuliten - Kalk. Man hat es hier jedenfalls
152
überall mit ein und derselben Kalkformation zu thun, und so ge-
winnt die Frage nach der Altersstellung dieses Kalkes ein weit
über die Grenzen des Peleponnes hinausreichendes Interesse.
Zunächst sah ich mich in meinen vorläufigen Reiseberichten
(Verhandlungen d. Gesellsch. f. Erdkunde. Berlin. Bd. 14. 15
und 16) bewogen, diesen Rudisten-Nummuliten-Kalk, und damit auch
die darüber liegenden Sandsteine und Olonos- Plattenkalke einst-
weilen bei der Kreide zu belassen, zu welcher sie bisher stets
gerechnet worden waren, indem ich es nicht für angezeigt hielt,
das Ueberlieferte zu zerstören, ehe ich etwas Sicheres an seine
Stelle zu setzen vermochte. Zudem war bereits das Vorkonnnen
einzelner Vorläufer der Nuniinulitcn in vor-eocänen Formationen
bekannt, während das Vorkommen der Rudisten im Eocän noch
nicht beobachtet war. Der wichtigste Grund für diese vorläufige
Annahme war aber die augenscheinliche Identität der peloponne-
sischen Ablagerungen mit denen des westlichen Mittel-Griechenland,
welche doch, zufolge der Autorität Neumayrs. als Kreide gelten
mussten. Die west-ätolische Sandsteinzone setzt sich nämlich
jenseits des Golfes von Patras in der Richtung ihres Streichens
in den Peloponnes hinein fort und überlagert hier Nummuliten-
Kalk; die oberen Olonos-Plattenkalke waren nach der Beschreibung
Neumayr's in den „oberen Kalken" Aetoliens wieder zu erkennen:
war also Aetolien Kreide, so war es auch der Peloponnes!
Dagegen hat nunmehr die genauere paläontologische Unter-
suchung der von mir gesammelten reichen Nummuliten-Fauna des
Peloponnes. welche der ausgezeichnete Foraminiferenkenner. Herr
C. ScHAVAGER in Münclicn. zu übernehmen die Güte hatte — die
jedoch noch nicht abgeschlossen ist — ergeben, dass diese Num-
niuliten und die anderen mit ihnen zusammen auftretenden Fora-
miniferen zumeist bekannten eocänen Arten angehören. Zudem
hat unterdess Stäche das Vorkommen von Rudisten im untersten
Eocän (Protocän) Istriens bekannt gemacht '). Es galt nun das
Räthsel zu lösen: war der Rudisten -Nuramuliten- Kalk des Pelo-
ponnes eocän. und also auch der darüberliegende Flysch und
Plattenkalk, wie konnten dieselben Gesteine im westlichen Mittel-
Griecheidand gänzlich frei von Nummuliten sein und der Kreide-
formation zugehören'.''
Um diesen dunklen Punkt aufzuhellen, unternahm ich in
diesem Frül)jahr eine flüchtige Durchreisung Mittel-Griechenlands.
Die Reise ging am 17. März von Athen aus über Theben.
Chostia, Livadia, Arachova, Amphissa. Galaxidi, Kisseli. Paläoxari,
Naupaktos, Missolonghi, Agrinion nach Vonitza im äussersten
') Stäche. Die liburnische Stufe und deren Grenz -Horizonte. I.
Abhaudl. d. k. k. geol. Reichsanstalt, Bd. XIII, Wien 1889.
153
Nordwesten und dann auf einer nördlicheren Linie nach Osten
zurück: von Karavasara durch die südlichen Pindos -Ketten, über
die Brücke von Tatarna, nach Karpenisi. Lamia. Atalanti, Chalkis,
Kakosialesi. Tatoi und Athen, wo ich am 16. April wieder eintraf.
Das Hauptresultat dieser Reise war die Auffindung zahl-
reicher Nunimuliten in Aetolien und Akarnanien im „Unteren"
und „Mittleren" Kalk Neumayr's. die von diesem Forscher über-
sehen worden sind. Dadurch erleidet unsere Ansicht vom geolo-
gischen Bau Mittel - Griechenlands eine gänzliche Umgestaltung,
und zugleich ergiebt sich uns eine treffliche Verknüpfung dieses
bisher isolirt dastehenden Landes mit den nördlichen und süd-
lichen Nachbargebieten. Hier sollen diese Ergebnisse nur in kur-
zen Zügen skizzirt werden^).
Wenn dieselben vielfach im Gegensatz zu Neumayr's An-
sichten stehen, so soll damit das grosse Verdienst dieses allzu
früh dahin geschiedenen Meisters nicht im Geringsten verkleinert
werden I Man muss die Schwierigkeiten geologischer Aufnahmen
in Gegenden, wie es die ätolischen Gebirge sind, aus eigener
Erfahrung kennen, um trotz des jetzt zu Tage tretenden Irrthums
das Werk Neumayr's bewundern zu lernen!
Gegenüber von Patras erheben sich an der ätolischen Küste
mitten aus niedrigem Sandstein-Hügelland zwei schrotfe, stolz ge-
formte Kalkgipfel , welche als die auffallendsten Züge im Land-
schaftsbilde des Golfes von Patras Jedem in Erinnerung sein
werden, der einmal diese herrliche Erdenstelle passirt hat. Die
Klokova. der östliche der beiden Berge, bildet ein elliptisches
Kalkgewölbe, dessen Schichten nach W. N und 0 deutlich unter
die Sandsteinformation einfallen, während es im Süden durch die
Küste steil abgeschnitten ist. Hier führt der Weg Naupaktos-
Missolonghi am Felsen hoch über dem Meere in schwieriger,
Kaki-Skala genannter Passage entlang. Auf diesem Felsenstege
erhält man ein sehr deutliches Profil. Der hell graue bis schwarze,
dichte bis körnige Kalk zeigt viele Rudisten- und andere Con-
chylien-Durchschnitte. Wenn man sich aber der Westgrenze des
Kalkes nähert, wo ein Stück unvollendete Fahrstrasse in den
Felsen gesprengt ist, sieht man den Kalk ganz erfüllt mit Alveo-
linen und Nunimuliten , bis schliesslich dieser Nunmiuliten - Kalk
mit ungefähr 35" nach W unter Schieferthon einfällt, der hier
mächtige Conglomeratbänke einschliesst. Die Foraminiferen-Fauna
scheint der des Kalkes von Pylos zu entsprechen. Dieser Kalk-
') Man vergleiche dazu Neumayr's und Bittners geologische
Karte a. a. 0.
154
stock, den Neumayr nur von Weitem gesehen hat, wurde von
ihm als „Mittlerer Kalk^ eingetragen.
Die Höhen nördlich von Missolonghi bestehen aus- dem
Sandstein der grossen Avest-ätolischen Sandsteinzone; nordwestlich
der Stadt tritt aber ein heller, dichter Kalk auf. der nach 0
flach unter den Sandstein einfällt. In diesem Kalke sind einige
Steinbrüche angesetzt, welche die Bausteine für Missolonghi lie-
fern. Der Kalk ist stellenweise ganz erfüllt mit Numniuliten,
die man in den Strassen von Missolonghi bei Neubauten in be-
liebiger Menge sammeln kann. Auch dieser Kalk ist von Neu-
mayr als ..Mittlerer Kalk- bezeichnet.
Die Landschaft Akarnanien (westlich des unteren Acheloos)
wird nach Neumayr von einer einheitlichen Kalkmasse gebildet,
welche er als ^Unteren Kalk" bezeichnet, weil sie nach Osten
flach unter die ätolische Sandsteinformation einfällt.
An dieser Grenze, wo das Einfallen auf das Deutlichste zu beob-
achten ist. führt dieser übrigens helle und sehr dichte, fast litho-
graphische Kalk zahlreiche Numniuliten. Ich fand sie am Südende
des Höhenzuges, der sich vom Dorfe Lepenü nach Süden gegen
die Fahrstrasse Agrinion - Karavasara erstreckt. Ebenso finden
sich Nummuliten in demselben Kalk auf der Passhöhe zwischen
Katuna und Vonitza. Dieser Kalk von Akarnanien. der übrigens
durchaus nicht eine so einheitliche Masse bildet, wie Neumayr
glaubte, sondern von Lutraki über Katuna nach Machalas von
einem breiten Streifen einer jüngeren Kalkbreccie mit Gypsstöcken
unterbrochen ist. scheint mir durchaus identisch mit den Kalken
von Missolonghi und der Klokova. In dem Gebirge zwischen
Katuna und Yonitza erscheint Sandstein auch unter diesem akar-
nanischen Nummuliten -Kalk. Es ist daher gar kein Grund vor-
handen, das Akarnanische Gebirge als ..Unteren" Kalk, dagegen
die Kalke der Klokova und von Missolonghi als „Mittlere Kalke"
zu bezeichnen. Alle diese hellen Nummuliten-Kalke bil-
den Einlagerungen in den unteren Theil der ätolischen
Sandsteinformation und entsprechen sowohl ihrem petrogra-
phischen Habitus wie ihrer stratigiaphischen Stellung als auch,
wie es scheint, ihrer Fauna nach dem Kalk von Pylos im Pe-
loponnes. Uebrigens ist es sehr wahrscheinlich, dass sich beide
Vorkommnisse über die jonischen Inseln hinweg berühren, denn
auf Zante sind von Fuchs ^) Nummuliten und Rudisten zusammen
aufgefunden worden; der Kalk von Leukas bildet aber wohl die
Fortsetzung der akarnanischen Kalkmasse.
') Pliocänbildungen von Corfu und Zante. Sitzungsber. d. Wien.
Akad., math.-naturw. Classe, 75. Bd., 1877.
155
An der Nordgrenze Aetoliens, zwischen dem Acheloos und
dem Ambrakischen Golf, ragt ein mächtiges Kalkgebirge gleich
einer Riesenklippe über die tiachen Wellen der Sandstein - Land-
schaft empor: es ist der Kalkzug des Gabrovo. Er besteht
aus einem dunkelfarbigen, körnigen, grob geschichteten, völlig
dem Tripolitzakalk ähnlichen Kalke, der bei der Acheloos-Brücke
von Tatarna flach nach Osten unter die Sandsteinfonnation ein-
fällt, weshalb das ganze Kalkgebirge von Neumayr seinem ^Un-
teren Kalke" zugezählt wurde. Eben an dieser Stelle ist der
Kalk aber stellenweise ganz erfüllt von Nummuliten und anderen
Foramiiiiferen. Unter ersteren zeichnet sich ein sehr grosser
Nummulit aus. der im Peloponnes im Tripolitzakalk besonders
häutig auftritt. Wir haben es hier also augenscheinlich mit einem
dem Tripolitzakalke äquivalenten Nummuliten-Kalke zu thun. —
Die Aetoli sehen Kalkalpen, welche die Landschaft Aeto-
lien in ihrer Mitte von N nach S durchziehen, sind von Neumayr
dem ^Oberen Kalke" zugezählt worden. Alles was auf Neumayr's
Karte in den Eparchien Eurytania. Triclionia und Naupaktia als
„Oberer Kalk" bezeichnet ist, besteht aus hellen, dichten Platten-
kalken in innigem Verein mit rothen Hornsteinen und über-
lagert deuthch die Sandsteinsteinformation; es ist das genaue
Aequivalent der Platteiikalke des Peloponnes. welche hier wie
dort die vor - neogene Schichtreihe nach oben abschliessen. Da
diese Plattenkalke im Peloponnes gänzlich makroskopischer Fos-
silien entbehren, so ist es nicht zu verwundern, dass Neumayr
in den Aetolischen Kalkalpen ..auch nicht eine Spur von Fossilien
entdecken konnte" (1. c. . p. 118). Welch" grosser Unterschied
gegenüber den oft von Rndisten winnnelnden massigen Kreide-
kalken des östlichen Mittel-Griechenland! —
Das Kalkgebirge des Phtheri. das Neumayr dem „Mittleren
Kalke" zuzählt, habe ich nur von Weitem gesehen; danach schien
es mir eher den oberen Plattenkalken anzugehören.
Fassen wir diese Beobachtungen in Aetolien und Akarna-
nien zusammen. In beiden Landschaften bilden die liegendsten
Schichten massige Kalke mit Rudisten und Nummuliten; darüber
folgt die mächtige Sandsteinformation , darüber die oberen Horn-
steine und Plattenkalke. Die Nunmmliten - Kalke treten sowohl
in der Ausbildungsweise des Tripolitzakalkes (Gabrovozug) als in
derjenigen des Pyloskalkes (Akarnanien. Missolonghi, Klokova)
auf. Sind die Nummuliten - Kalke eocän , so sind es auch die
darüber lagernden Sandsteine und Plattenkalke. Diese Ueberla-
gerung ist unanfechtbar deutlich an zahllosen Punkten sowohl des
Peloponnes als Aetoliens aufgeschlossen; in letzterem Gebiet wird
156
sie ebensowohl durch Neumayr's als durch meine Beobachtungen
bestätigt. — Der ganze westliche Theil Mittel-Griechen-
lands ist also aus der Kreideformation auszuscheiden
und dem Eocän zuzurechnen! Davon auszunehmen ist viel-
leicht der untere Theil des Gabrovokalkes. ebenso wie im Pelo-
ponncs der untere Theil des Tripolitzakalkes, welcher letztere
wahrscheinlich den oberen Kreidekalken entspricht. In dieser
petrographisch nicht zu sondernden Kalkmasse scheint ein allmäh-
licher Uebergang. bezüglich eine innige Verwachsung von Kreide-
und Eocänkalk stattzufinden.
Diese Eocäuablagerungen sind nicht nur identisch mit denen
des Peloponnes, sondern reihen sich trefflich den Fhsch- und
Nummulitenkalk-Bildungen ein. welche auf der ganzen Westfront
der Balkan -Halbinsel, von Istrien bis Messenien. auftreten und.
wie es scheint, namentlich auch in den Pindosketten die erste
Rolle spielen. Freilich sind sie dort. Avie auch in Epirus und
Albanien, meist noch fälschlich als Kreide auf den geologischen
Karten verzeichnet. —
Wenden wir uns nun zu dem östlichen Mittel -Griechenland,
den Landschaften Attika. Böotien. Lokris. Doris und Phokis!
Hier ist nirgends auch nur ein einziger Nummulit aufzufinden.
Ueberall herrschen graue bis schwarze, massige oder grob ge-
schichtete, meist körnige Kalke vor, welche fasst überall nicht
näher bestimmbare Rudisten- und andere Conchylien-Durchschnitte
enthalten, und in welchen die bereits erwähnten cretacischen
Faunen von Livadia und Agoriani auftreten. Es scheint, wie
schon gesagt, dass der obere Theil dieser Kreidekalke dem im-
teren (Rudisten führenden) Theil des Tripolitzakalkes entspricht.
Jene mächtige Sandsteinformation Aetolicns findet sich hier nicht.
Die Schiefer und Sandsteine bilden theils niu- geringfügige Ein-
lagerungen zwischen den Kalkmassen und erlangen dann nur
selten eine grössere Ausbreitung, theils bilden sie das Liegende
der ganzen Kalkformation in Gestalt von halbkrystallinen Thon-
glimmer - Schiefern („Schiefer von Athen''). In beträchtlichen
Theilen des östlichen Mittel - Griechenland werden die Kreide-
schiefer durch Serpentine ersetzt, die den ätolischen eocänen
Sandsteinen gänzlich fehlen. Die Eintheilung der Kreidekalke
im östlichen Mittel-Griechenland, wie sie Bittner versucht hat,
in zwei Etagen (den „Oberen" und den „Mittleren" Kalk, denn
der „Untere" kommt im östlichen Mittel -Griechenland überhaupt
nicht vor), scheint mir vielfach recht unsicher und überhaupt nur
bei einer genauen Specialaufnahme durchführbar- zu sein. Ob
nicht manche dichte Plattenkalke, die hier und da im östlichen
157
Mittel - Griechenland auftreten , vielleicht dem Eocän zuzuweisen
sind, kann auch nur durch eine erneute genaue Aufnahme ent-
schieden werden.
Jedenfalls lässt sich kaum ein grösserer petrographischer
Unterschied zwischen zwei Kalksteinen denken, als zwischen der
grossen Masse der cretacischen „Oberen Kalke" im östlichen Mittel-
Griechenland und den eocänen „Oberen Kalken^ Aetoliens be-
steht. Es war ein verhängnissvoller Irrthum der österreichischen
Geologen, diese verschiedenartigen Gebilde zu identiiiciren , bloss
weil sie beide über Schiefer, bezüglich Sandstein lagern, ohne
dass bewiesen war, dass diese Schiefer und Sandsteine („Macigno")
auch wirklich überall dieselben seien. Die Unterscheidung der
griechischen Formationen muss sich nicht auf die indifterenten,
fossilleeren und in verschiedenen Altersstufen sich wiederholenden
Schiefer , sondern auf die petrographisch wie paläontologisch
leichter zu sondernden Kalketagen gründen!
Wo liegt nun die Grenze zwischen dem Eocän Aetoliens
und der Kreide des östlichen Mittel - Griechenland, und wie ver-
halten sich an dieser Grenze die beiden Formationen zu einander?
Die Linie, an welcher die ätolischen Sandsteine an die
Rudisten - Kalke des Ostens anstossen. verläuft in N-S - Richtung
von Hypati im Spercheiostliale über Lidoriki nach Kisseli am
Golf von Korinth. Neumavk hat diese Linie an den genannten
drei Stellen gekreuzt. Bei Hypati giebt Neumayr nur an, dass
die Rudisten - Kalke dort nach W plötzlich „abbrechen" (1. c,
p. 101). ohne sich über die Lagerungsverhältnisse deutlicher aus-
zusprechen. Ich habe diese Gebirge nur von der etwa 6 km
weiter nördlich vorüberziehenden Strasse Karpenisi-Lamia aus ge-
sehen. Von dort aus scheinen mir die Rudisten - Kalke
des Katavothra-Gebirges deutlich nach W steil unter
die Sandsteine einzufallen. Bei Lidoriki bin ich nicht ge-
wesen; Neumayr hat dort beobachtet, dass die Rudisten -Kalke
des Elatovuno dort steil nach W unter die Schiefer
einfallen. Da er aber von der Ansicht ausging, dass die Ru-
disten - Kalke jünger seien als die Schiefer, nimmt er hier eine
Ueberkippung an (1. c, p. 103). Auf der südlichen Route über
Kisseli sind die Verhältnisse durch zahlreiche Verwerfungen, welche,
wie es scheint, die Küste des Golfes von Korinth begleiten, so
verworren, dass ich bei meiner flüchtigen Durchreise zu keiner
Klarheit über die Lagerung gelangen konnte. Neumayr geht wohl
aus demselben Grunde auf diese Route nicht näher ein (1. c,
p. 106).
Es scheint also aus den Verhältnissen bei Hypati und Li-
doriki hervorzugehen, dass die Kreidckalke — wohl an einer
158
grossen Flexur — nach W unter die eocänen Sandsteine hinab-
tauchen. Jedenfalls kann diese Grenzlinie späteren Untersuchun-
gen als besonders lohnendes Object empfohlen werden. Es ist
recht wohl möglich, dass dort in den obersten Theilen der Ru-
disten - Kalke an der Grenze gegen die Sandsteine Xumnmliten
gefunden werden.
Die westlich dieser Grenzlinie bis zu den bereits besproche-
nen ätolischen Kalkalpen auftretenden Kalkpartieen müssen noch
kurz erwähnt werden. Die Kalkkappe der Gulina gehört, soweit
man von Weitem beurtheilen kann, dem eocänen Plattenkalke an.
Die Vardussia habe ich von Palaeoxari (von SW aus) bei klar-
stem Wetter gesehen. Den Farben und Oberflächenformen nach
scheint der von Neumayr als „Oberer Kalk" bezeichnete östliche
Kamm des Gebirges eocäner Plattenkalk zu sein, der die Schiefer
überlagert; dagegen möchte ich die als ..Mittleren Kalk" bezeich-
nete Kalkpartie , welche unter den Schiefern liegt , dem Tri-
politzakalk zurechnen. Die „Oberen Kalke" bei Vitrinitza und
Xylogaidara sind Plattenkalke. —
Nördlich der Spercheiosebene setzt diese Grenzlinie nach X
fort. Dort trennt sie freilich nicht mehr Kalk von Sandstein,
sondern (bei dem Dorfe Kastri) einen halbkrystallinischen Thon-
glimmerschiefer im Osten, der dem ..Schiefer von Athen- ähnelt
und bei Lamia Serpentin führt, von den eocänen Sandsteinen
im Westen. Beide Gesteine besitzen so ähnliche Oberflächen-
formen, dass es leicht erklärlich ist. dass sie auf der österrei-
chischen Karte als ein und dasselbe Gestein eingetragen wurden.
Es scheint, dass wir in dieser Grenzlinie zwischen Kreide
und Eocän eine tektonische Linie von der höchsten Bedeutung
zu erblicken haben. Denn sie scheidet nicht bloss verschieden-
alterige Formationen, sondern auch Gebiete verschiedener Streich-
richtung: NNW— SSO -Richtung im Westen, von N^\'^SO über
W — 0 bis SW — NO drehendes Streichen im Osten. Auf diese von
Neumayr und Bittner hervorgehobene Verschiedenheit im Strei-
chen des östlichen und westlichen Griechenland, eine Verschieden-
heit, welche sich weit nach Nord bis in das Centrum der Balkan-
Halbinsel hinein fortsetzt, wirft der Fund von Nummuliten in
Aetolien und das dadurch bedingte Hinaufrücken der westgrie-
chischen (Pindos-) Gebirge in das Eocän ein ganz neues Licht!
Zum Schluss sei in einer kleinen Tabelle zusammengefasst.
wie sich nach den im Vorhergehenden kurz skizzirten Befunden
jetzt die ^Gliederung der vor-neogenen Schichtenreihe Griechen-
lands darstellt.
159
P e 1 0 p 0 n n e s.
Westliches Mittel-
Griechenland.
Oestliches Mittel-
Griechenland.
Ober 1)-
Eocän.
Olonoskalke (Platten-
kalke) u. Hornsteine.
Plattenkalke u. Horn-
steine d. Aetolischen
Kalkalpen.
Plattenkalke??
Mittel- 1)
Eocän.
Hauptmasse der Sand-
stein - und Schiefer-
formation (Flysch).
Hauptmasse des Flysch.
Pyloskalk (mit Rudisten
und Nummuliten).
Kalk von Akarnanien,
Missolonghi, Klokova.
Unter- 1)
Eocän.
Flysch.
Flysch.
Tripolitzakalk, oberer
Theil mit Nummu-
liten).
Kalk des Gabrovo (Ta-
tarna), oberer Theil.
Obere
Kreide.
Tripolitzakalk, unterer
Theil (mit Rudisten).
Gabrovokalk , unterer
Theil (?).
Obere Rudisten -Kalke
(Provencien).
Mittlere
Kreideschiefer mit Ser-
pentin.
oder
untere
Kreide
1
Untere Rudisten-Kalke
(mittlerer Kalk Bitt-
ner's).
Schiefer mit Serpentin
(Schiefer von Athen?)
Krystallinische Schie-
fer und Marmore.
Krystallinische Schie-
fer und Marmore.
*) Die Eintheilung des Eocän in Ober-, Mittel- und Unter - Eocän bezieht
sich nur auf die Abtheilungen der griechischen Eocänformation, ohne damit
eine Parallelisirung mit bestimmten Stufen des Eocän in anderen Ländern mit
Sicherheit aussprechen zu wollen.
160
B. Briefliche Mittheiluiigen.
1. Herr Sapper an Herrn W. Dames.
lieber Erderschütteningen in der Alta Verapaz.
Campur bei Coban (Guatemala), den 16. Februar 1S90.
Erdbeben sind eine ziemlich häufige Erscheinung in der Alta
Verapaz (einem Departamento der Republik Guatemala), allein sie
sind gewöhnlich leicht und richten auch bei heftigeren Stössen nur
selten Schaden an, da die überwiegende Mehrzahl der menschlichen
Wohnungen aus mit Blättern gedeckten Holzhütten bestehen und die
Stein- oder Luflziegelhäuser der besser gestellten Bewohner fast
ausnahmslos einstöckig sind. Ich würde daher an dieser Stelle
nicht von diesen an sich unbedeutenden Vorkommnissen sprechen,
wenn nicht manche der hierbei gemachten Beobachtungen der oft
geäusserten Behauptung widersprechen würden, dass bei Erdbeben
der erste Stoss stets der heftigste sei. Solches ist auch hier
die Regel, von welcher aber auch Ausnahmen vorkommen: so
zeichnete mein Vetter Ludwig Sapper in Chiacam (28 km östlich
von Coban) ein am 17. Jan. 1890, 9 h. a. m. stattgehabtes, ziem-
lich heftiges Erdbeben auf, bei welchem unter den 5 — 6 Stössen
der dritte der stärkste war. Und wenn man etwa die Möglich-
keit einer Täuschung bei dieser von einem Einzelnen gemachten
Beobachtung zugeben wollte, so ist dies ausgeschlossen bezüglich
des Erdbebens vom 11. November 1889, 7h. 4.5m. p.m. Ich
verspürte damals in Chimax (1 km nördlich von Coban) etwa
10 Secunden nach einem leichten, aber deutlichen Erdstoss einen
zweiten heftigen, welcher von Osten zu kommen schien, und die-
selbe Beobachtung machten gleichzeitig zahlreiche im deutschen
Club in Coban anwesende Herren. (Hier wie dort schien das Erd-
beben mit einem unterirdischen Geräusche verbunden zu sein,
doch machte das alsbald beginnende Bellen der Hunde, sowie das
Getöse des Blechdachs (in Folge der Erschütterung) eine sichere
161
Feststellung unmöglich; in Chiacam, wo dasselbe Erdbeben zur
gleichen Zeit verspürt wurde, war es gewiss nicht mit einem Ge-
räusch verbunden, denn die sonst unaufhörlich ziependen Cicaden
hielten im Moment des Stosses für einen Augenblick innc. sodass
tiefe Stille eintrat; auch in Tactic (15 km südlich von Coban).
wo das Erdbeben leicht auftrat, wurde nichts von einem Ge-
räusch vernommen). Es ist nach diesem als unzweifelhaft zu
betrachten, dass hier der erste Stoss eines Erdbebens nicht immer
der heftigste sei. und angesichts der vermuthlichen Ursache dieser
Erschütterungen ist auch kein Grund einzusehen, warum er es
sein sollte, denn es ist ziemlich wahrscheinlich, dass die Erd-
stösse in der Alta Verapaz zum grössten Theile durch Einsturz
unterirdischer Höhlen entstehen.
Dafür spricht vor Allem die physikalische Beschaffenheit
des Untergrundes, denn das Kalk- und Dolomitgebirge, welches
hier vorherrscht, ist von zahlreichen Höhlen durchzogen, welche
zum Theil (wie die berühmte Höhle von San Agustin Lanquin)
ganz ausserordentliche Ausdehnung besitzen; das Verschwinden
von Flüssen und Bächen ist hier an der Tagesordnung; ausser-
dem sind Erdfälle in erstaunlicher Menge vorhanden, und die
Neuentstehnng derartiger Gebilde (allerdings meist in kleinem
Maassstab) ist gar nicht selten. Die Erdfälle sind oft von
beträchtlicher Ausdehnung und zeigen 'bei genauerer Untersuchung
gewöhnlich eine Anordnung in Zügen, welche zweifellos dem Ver-
lauf unterirdischer Höhlen und wohl auch Wasserläufen ent-
sprechen, denn die jährliche Niederschlagsmenge ist in der Alta
Verapaz sehr bedeutend, und trotzdem macht sich hier häutig
Wassermangel geltend. Die Erdfälle (in der Sprache des hier
wohnenden Indianervolks „siguan" genannt) sind meist kessel-
oder trichter-, nicht selten auch schlotförmig und zeigen oft noch
eine Oeffnung an ihrem Grunde; zuweilen (so in einem Siguan
am „kleinen Weg" zwischen Coban und Sta. Cruz) gelangt man
durch diese Ueffnung zu einem Wasserbache; auch die Siguane
im Chiacamthale stehen zweifellos in Beziehung zu unterirdischen
Wasseransammlungen, denn bei Hochwasser füllen sich diese Erd-
trichter von imten her durch die an ihrem Grunde befindliche
Oeffnung mit Wasser, und es gelingt dann zuweilen, Fische mit
rudimentären Augen darin zu fangen — ein sicherer Beweis für
das Vorhandensein ausdauernder unterirdischer Wasserbecken oder
-Läufe.
Bei einer so ausgedehnten Entwicklung von Höhlensystemen,
welche durch die beträchtlichen Niederschlagsmengen dieser Ge-
genden eine wesentliche Förderung erfahren haben muss. ist die
Entstehung von Erdbeben durch Einsturz an und für sich schon
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XL IL 1. H
162
wahrscheinlich, und neben der zeitweise häufigen Wiederholung
derartiger Erschütterungen an ein und demselben Ort spricht vor
Allen die Art des unterirdischen Geräusches, welches viele Erd-
beben begleitet oder (häutiger) ihnen unmittelbar vorangeht, für
eine solche Entstehungsursache. Das Getöse ist gewöhnlich ein
dumpfes, nicht näher zu beschreibendes Rollen: zuweilen aber
unterscheidet mau auch einzelne Schläge, welche Aehnlichkeit mit
Geschützdonner haben und leicht durch das Auffallen von mäch-
tigen Gesteinsbrocken beim Zusammensturz eines Höhlengewölbes
erklärt werden können. Dieser Fall trat bei einem Erdbeben in
der Nacht vom 10. Februar 1889 in San Cristöbal (15 km
südwestlich von Coban) ein, wobei die Bevölkerung dieser Ort-
schaft glaubte, es sei eine Revolution oder Krieg ausgebrochen,
und die Nacht hindurch Patrouillen aussandte; in Chiniax. wo
dasselbe Erdbeben verspürt wurde und etliche auf einander ge-
schichtete Kaffeesäcke in Folge desselben herunterfielen, wurde
ein solches Geräusch nicht vernommen. Man kann sich versucht
fühlen, aus diesem Umstand und ähnlichen derartigen Vorkomm-
nissen den Schluss zu ziehen, dass der Sitz solcher Erdbeben
ziemlich nahe der Erdoberfläche zu suchen sei.
Wichtiger ist der Umstand, dass der Yerbreitungsbezirk
dieser Erderschütterungen ein sehr kleiner zu sein scheint. Leider
hat das Observatorio meteorologico in Guatemala seit einigen
Jahren seine Arbeit eingestellt, daher eine Vergleichung mit den
in jenen Gegenden vorkommenden Erdbeben vorläufig nicht mög-
lich ist; eine etwa 8 Secunden dauernde, wellenförmige Erd-
erschütterung, welche ich am 21. November 1889, 6 h. 20 m. p m.
anf einer Reise in El Jicaro (Departement Jalapa) beobachtete,
wurde nirgends in der Verapaz bemerkt. Es ist zwar selbst-
verständlich, dass auch die Alta Verapaz an den über weite Ge-
bietstheile sich erstreckenden Erdbeben theilninmit. die Mehrzahl
der hier auftretenden dürfte aber Sitz und Verbreitungsbezirk
innerhalb des erwähnten Landstrichs haben. Als directer Beweis
für die geringe Ausbreitung dieser Erderschütterungen möge die-
nen, dass in Chiacam Ende Januar und Anfang Februar 1890
eine ganze Reihe von Erdbeben beobachtet wurde, von welchen
ich in Campur (12 km nordöstlich davon) keine Spur bemerkte,
während umgekehrt ein leichtes undulatorisches Erdbeben dort unbe-
merkt blieb, welches ich in Campur am 11. Februar. 8 h. 55 m.p.m.
verspürte. Allerdings muss ich hinzufügen, dass zwischen Canipur
und Chiacam ein ost-westlich streichender Bergzug und parallel
dazu eine Verwerfungsspalte verläuft und diese ein wirksames
Hemmniss für die Weiterfortpflanzung der Erdschwingungen bilden
dürften. Ueberhaupt sprechen manche Beobachtungen dafür, dass
163
(Tabelle zur folgenden Seite gehörig.)
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(MiMiM-^— iiM^tM'-i ^CO tH^yH
') Die Hängematte, in welclier icli mich eben schlafen gelegt
hatte, gerieth nach dem Stosse in lebhafte <^)uerschwingungen, wodurch
die ost-westliche Kichtung der Stosslinie sicher gestellt war; ob aber
der Stoss aus 0 oder W kam, weiss ich nicht.
11 =
164
die Erdbeben sich hauptsächlich in ost- westlicher Linie parallel
den Bergketten fortpflanzen.
Da es hier aus vielen Gründen unmöglich ist, systematische
seismische Beobachtungen anzustellen, kann über Zahl und Aus-
dehnung der wirklich stattgehabten Erdbeben keine bestimmte
Angabe gemacht werden, und aus demselben Grunde — zugleich
in Anbetracht der kurzen Beobachtungsdauer — vermeide ich es,
irgend etwas über Periodicität und dergleichen auszusagen, ich
bemerke hier nur, dass in den Regenperioden, insbesondere gegen
Ende derselben, eine grössere Häufigkeit der Erdbeben erwartet
werden muss. als während der trockenen Jahreszeit, sofern man
nämlich annehmen will, dass die Erdbeben hier wirklich durch
Einsturz von unterirdischen Hohlräumen entstehen, denn die che-
mische und vor Allem die mechanische Thätigkeit der in die
Tiefe sinkenden Wassermassen muss den Zusammenhalt des Ge-
steins im Laufe der Zeit mehr und mehr lockern und so die
Entstehung von Einsturzbeben fördern. Eine eigentliche Trocken-
zeit giebt es in der Alta Verapaz nicht, immerhin aber treten
im Verlauf von 3 — 4 Monaten vor dem Sommersolstitium ' und
etwa 1 Monat vor dem Herbstäquinoctium Niederschläge minder
häufig auf als in den übrigen Monaten, namentlich der eigent-
lichen Regenzeit (Oetober-. Januar), wo feiner Landregen zuweilen
2 — 3 Wochen anhält. Wemi man unter diesem Gesichtspunkt
die auf p. 163 gegebene Zusammenstellung der seit 15 Monaten in
der Alta Verapaz beobachteten Erdbeben betrachtet, kann man eine
gewisse Bestätigung der oben ausgesprochenen Erwartung heraus-
lesen; Sicherheit aber könnte man nur auf Grund vieljähriger
Beobachtunaen erlangen, welche bisher nicht bestehen.
2. Herr A. Baltzek an Herrn C. A. Tp:nne.
Lössähnliche Bildungen im Canton Bern.
Bern im Februar 1890.
Eine von mir im 38. Band dieser Zeitschrift, p. 709 über
Löss im Canton Bern gemachte Mittheilung hat seither durch die
Arbeit von Herrn Dr. Jenny \). eines Schülers von mir, theils
Berichtigung, theils Erweiterung erfahren.
Zunächst ergaben Analysen, die ich durch Dr. Grete in
Zürich ausführen Hess, dass das Material von Wyl (wiewohl
') Ueber Löss und lössähnliche Bildungen in der Schweiz. Ber-
nische Iiiaugural- Dissertation, auch in den Mittlicü. der Bern, naturf.
Ges., 1889. '
165
plastisch und früher zu geringen Backsteinen Verwendung findend)
doch nur geringen Tliongehalf besitzt, vielmehr in der Haupt-
sache kohlensauren Kalk darstellt (90 pCt. und mehr). Auch die ein-
geschalteten Tuffbänke, die nach Jenny schwankende Korngrösse.
das Vorkommen in der Moränenlandschaft abseits der Aare,
sprechen dafür, dass diese meist lockeren, fein erdigen, pla-
stisclien. weissen oder grauweissen Kalke vom typischen
Löss zu trennen sind. Man könnte sie in Ermangelung eines
besseren Namens als Tufferde oder Moränen kreide (terrestre
Aequivalente der „Seekreide'-) bezeichnen. Dieselbe ist. wenn
auch nicht Löss, so docli merkwürdig lössähnlich, bildet unge-
schichtete Steilabstürze, führt Concretionen und enthält eine der
des typischen Lösses verwandte Landschnecken -Fauna mit HeJix
arbustorum, Succinea oblonf/a, Pitpa muscorum (selten). Heliäi-
j)leheja und Hyalina lutidula. Helix hispiän fehlt. Als Höhen-
form ist cliarakteristiscli Painla rnderata. Vergl. Jennv's Zu-
sammenstellung.
Jenny hat hauptsächlich die nacli ihm typisclien schweize-
rischen Lössvorkommnisse von Aarau. Basel und dem st-gal-
lischen Rheinthal einer eingehenden Untersuchung mit Bezug auf
Fauna, chemische Zusammensetzung, Vergleich mit dem deutschen
Löss u. s. w, unterworfen. Das letztgenannte Vorkommen vom st-
gallischen Rheinthal bildet nach Jenny eine Ausnahme von der
durch Penck und Brückner aufgestellten Regel, dass der Löss
dem inneren Moränengebiet fehle. Der schweizerische
typische Löss wäre daher, sofern die Auflagerung auf inneren
Moränen im st-gallischen Rheinthal sich bestätigt, nicht immer
interglacial. — Die bernische Moränenkreide halte ich zum Theil
für glacial, wie sich aus der Lagerung (schwache Moränenschutt-
Bedeckung, Verbindung mit Bergmoränen der älteren Eiszeit) und
den Schnecken ergiebt; sie ist ein Extractionsproduct der Mo-
ränen,, erzeugt durch die in der Diluvialzeit stärkeren Regengüsse,
durch die kohlensäurehaltigen Sickerwässer, und dieser Process
dauerte auch nach der Eiszeit noch fort. Nach dieser Anschauung
sollte auch in anderen Moräuengcbieten die Bildung ähnlichen Ma-
terials auftreten. Bei Al. Wettstein ^) findet sich eine Andeutung
mit Bezug auf das Linthgletscher- Gebiet. Dr. H. Schardt") be-
schreibt neuerdings nach Material, Zusammensetzung und Schnecken-
fauna ähnliche Bildungen („limon calcaire crayeux") von Vallorbe
im Jura, die er als chemisch und petrographisch der „Seekreide"
sehr nahestehend bezeichnet. Ueber den Zusammenhang mit dort
*) Geologie von Zürich und Umgebung, p. 46.
*) Quelques depots quarternaires fossiliferes du Ct. de Vaud, iu
Bull. Soc. Vaud. Sc. Nat., XXV, p. lOU.
166
vorhandenem Glacialsclnitt wird niclits angegeben, die Entstehung
wird auf ähnlithe Weise erklärt, wie ich sie früher ^j gegeben habe.
Bedenkt man die Mächtigkeit der alten Moränenablagerungen
in der Gegend von Bern, deren Auslauguiigsproduct die mir von
zehn Localitäten bekannte feine Moränenkreide ist, so liegt es
nahe anzunehmen, dass dieselbe, in die Aare imd ihre Zuflüsse
geschwemmt, einen namhaften Beitrag zum Kalkgehalt der fluvia-
tilen Lösse bei Aarau. Basel etc. geliefert hat.
3. Herr E. Naumann an Herrn W. Dames.
Stegodon MindanensiSf
eine neue Art von üebergangs -Mastodonten^).
Dresden, den 4. März 1890.
Vor zwei Jahren sah ich im anthropologisch-ethnographischen
Museum zu Di-esden einige Elephantenreste, von den Philippinen
stammend, die sich auf den ersten Blick als der Gruppe der
Stegodonten zugehörig erwiesen. Der Director des Museums,
Herr Hofrath Dr. Maier. war so freundlich, mir die Fossilien
nebst einigen anderen Eesten (von Malakka und Siunatra) zur
Untersuchung zu übergeben, und ich habe die Resultate meiner
Studien in den Abhandlungen und Berichten des königl. zoolo-
gischen, anthropologisch - etnographischen Museums zu Dresden
veröffentlicht^). In dieser Publication wurde ein Zahn von der
Insel Mindanao, der am meisten Interesse beansprucht, mit der
von Martin nach javanischen Funden aufgestellten Art Stegodon
in'f/oiiocephnliis^} identificirt. Nach Erscheinen meiner Abhand-
lung ging mir eine briefliche Mittheilung des Autors dieser Art
zu, in welcher sich derselbe mit aller Entschiedenheit gegen meine
Bestimmung des Mindanao-Zahnes erklärte. Ich habe mich schon
durch die brieflichen Mittheilungen Martin' s überzeugt, dass die
Form von den Philippinen und die javanische allerdings aus
1) Mitth. der bern. nat. Ges., 1885, Heft III, p. 124.
^) Die vorstehende Arbeit hätte schon früher verötfentlicht werden
sollen. Verfasser hatte gehofft, neues Material von den Philippinen
zur Untersuchung zu erhalten, da ihm solches in Aussicht gestellt
war. Da dieses Material noch immer auf sich Avarten lässt, glaubt er
nicht länger mit der Publication der obigen Notiz zögern zu dürfen.
*) Naltviann. Fossile Elephantenreste von Mindanao, Sumatra und
Malakka. Abh. u. Ber. d. k. zool. u. anthr.-etnogr. Mus. zu Dresden,
1886 87. Berlin, Friedländer & Sohn 1887.
*) Martin. Fossile Säugethierreste von Java und Japan. Samm-
lungen d. zool. R.-Mus. in Leiden. — Beiträge zur Geologie Ost-Asiens
und Australiens, Bd. IV, Heft 2. Leiden 1887.
167
einander gelialten werden müssen, und sehe mich deslialb veran-
lasst, in Folgendem die Aufstellung einer neuen Art zu unter-
nehmen. Martin hat sich, nachdem wir uns auf dem Wege
brieflicher Correspondenz bezüglich des Stegodon trigonocephahis
verständigt hatten, in seiner neuesten Arbeit über Säugethierreste
von Java über die strittigen Punkte ausgesprochen^). Es möge
auch mir gestattet sein, einiges zu meiner Rechtfertigung zu sagen.
Wenn ich mich meine frühere Bestimmung umzustossen ge-
zwungen sehe, (so bleibt doch das früher erzielte Resultat, nach
welchem durch die Untersuchung der beiden Zahnbruchstücke von
Mindanao ,.die Verbreitung der Siwalikfauna über das Gebiet
der Philippinen bewiesen und die enge Verknüpfung einer wahr-
scheinlich jungtertiären Säugcthierfauna auf Java und den Philip-
pinen durch eine in der Entwicklungsreihe der Stegodonten und
Elephanten hochwichtige Art'- constatirt sein sollte, zu Recht
bestehen. ^ Die beiden Inselgebiete haben allerdings nach den
neueren Martin' sehen Mittheilungen die Art Stegodon trigonoce-
phalus, soweit die bis jetzt erzielten Funde ein Urtheil gestatten,
nicht gemein. Aber den Philippinen kommt doch in Stegodon
Mindniiaensis eine Form zn, welche zu der genannten von Java
in ziemlich naher Verwandtschaftsbeziehung steht. Es ist nur
ein Zahnbruchstück, um das es sich hier handelt. Auf Gi'und
näherer Untersuchung muss das Fragment als zweiter Milchzahn
der rechten Unterkieferhälfte angesehen werden. Als hervor-
stechende Eigenthümlichkeit ist die mauerförmige Gestaltung der
Joche anzuführen. Dieselben sind hoch und platt, die Thäler
eng, tief, spaltförmig. Durch dieses Merkmal wird eine Annähe-
rung an den elephantincn Charakter und eine entsprechende Ent-
fernung von den Mastodonten hergestellt. /Merkwürdig ist ferner
ein medianer Einschnitt der Krone, der jederseits von einem
secundären Einschnitt begleitet wird. Durch diese Spaltungen
werden die Mamilleiu'eilien in Gruppen zerlegt. ^ Der erstbezeich-
netc Cha)"akter kommt Stegodon Mindanaensis ausschliesslich zu,
das letztgenannte Merkmal, nämlich die dreifache Einschnürung
der Joche, zeigt eine sehr autfallende Uebereinstinmiung mit ver-
schiedenen von Martin abgebildeten Molarbruchstücken des St.
trigonoecphaJus. Bei Aufstellung der Zahncharaktere durcli Martin
gescliiclit allerdings nur der medianen Spalte Erwähnung, während
die seitlich begleitenden Einschnürungen unberücksichtigt bleiben.
Dass Stegodon trigonoeejyhalns nicht mauerförmige, sondern
dachförmige Joche besitzt, ist durch Martin's neueste Publica-
*) Martin. Neue Wirbelthiervesto vom Pati - Ajam auf Java,
Bd. IV, 1886.
168
iion vollständig klargestellt. Ein Blick auf t. XT, f. 4 genügt
in der That. dies zu erweisen. Wenn ich mich früher über diesen
Punkt im Unklaren befunden habe, so glaube ich doch, dass ich
die Vorwürfe, welche mir gemacht worden sind, nicht so ganz
verdiene. Auch andere Autoren werden es zum mindesten nicht
leicht gefunden haben, sich aus den MARTiN'schen Darstellungen
ein klares Bild zu machen. Eine zusammenfassende Diagnose
fehlte. Sehr viel kam auf die taf. II gegebenen Abbildungen an,
und in Bezug auf diese Figuren beklagte ich die ..unvollkounnene
Seitenansicht der Zähne". Nicht die Abbildungen der taf. I
hatte ich im Auge, wie Mattin meint. Das ist ja aus der be-
züglichen Angabe im Texte meiner Abhandlung klar zu ersehen.
Noch jetzt führt mich eine Prüfung der Figuren der taf. II von
Martin, wenn ich die neueren Mittheilungen dieses Autors un-
berücksichtigt lasse, zu der Anschauung, als müssten die Joche,
nach der Ansicht der Kaufläche zu schliesscn. nur am oberen
Theile zugeschärft sein, während mir die Thäler. besonders bei
Betrachtung der Seitenansicht, tief zvv'ischen die nahe an einander
tretenden Joche eingesenkt zu sein scheinen. Was den auf taf. I
zur Darstellung gebrachten Zahn betrifft, so gebe ich die an
seiner Zugehörigkeit zu Sfef/odon. trkioiioreplinhts gehegten Zweifel
auf, nachdem der dachförmige Charakter der Joche klargestellt
worden ist.
Eine nahe Verwandtschaft zwischen den beiden Arten wii'd
von Martin zugegeben. Mit einem der javanischen Zahnfrag-
mente, nämlich mit dem t. II. f. 1 dargestellten, besteht sogar
eine sehr weit gehende Analogie. Doch hält Martin die Zuge-
hörigkeit dieses Bruchstückes zu der von ihm aufgestellten Art
für unsicher.
Ich möchte dem Vorstehenden noch einige kurze Erörterun-
gen über den japanischen Elejjhas Namadicus beifügen. Ich
bedaure. dass ich mich, was die MARTiN'schen Auffassungen be-
züglich dieser Form betrift"t, noch immer nicht zu einer besseren
Ansicht bekennen kann, als zu der, die ich früher aufgestellt
habe. Ganz so wie früher muss ich es als einen Widerspruch
ansehen, wenn Martin bei der Erwägung der Frage, ob EJephas
Namadicus oder Elephas antiquns in Japan verkomme, nicht
dieselben Gründe gelten lassen will, die er für Java als maass-
gebend hinstellt, und die ich vor ihm in meiner Monographie über
japanische Elephanten der Vorzeit als entscheidend aufgestellt
habe. Die Bestimmung als antiquus hat keineswegs mehr für
sich als die andere. Wir müssen daran festhalten, dass in Japan
Siwalik-Formen vorkommen. Das ist einer der Hauptgründe, das
169
Auftreten der Siwalik-Form. K Namndims, anstatt der europäischen
Art, E. afififpms, in Japan für wahrscheinlich zu halten. Wenn
die fraglichen Reste in Japan in der That mit E. primigenius
zusammen gefunden worden wären, so könnte ich jetzt ebenso
wenig wie früher einsehen, warum die Bezeichnung aniiquns
den Vorzug verdiiMien sollte. Ek-phns NanKiäicns reicht in Indien
in das Diluvium hinein. Ueherdies zeigt der von mir beschrie-
bene Zahn des japanischen E. primigenius einen ganz anderen
Erhaltungszustiind als die anderen Reste von Elephanten und
Stegodonten. welche ich vor die Oeffentlichkeit gebracht habe.
Nur der kleine Zahn von Yedobashi macht eine Ausnahme. Martin
sagt: „Wäre bekannt, dass der fragliche Rest mit dem Stego-
donten der gleichen Schicht entstamme, würde man sich aller-
dings der Benennung Numadiciis als der wahrscheinlich richti-
geren zuwenden müssen. Aber ebenso gut können die in Rede
stehenden Molaren dem Elephas antiqmis angehören und aus
pleistocänen Schichten abkünftig sein, wo ihr Vorkommen zusam-
men mit Elephas priniigeiiiits ein durchaus erklärliches genannt
werden müsste. da bekanntlich auch in den pleistocänen Schichten
Europas Elephas auticpnis neben Elephas priinigeiiius angetroffen
wird." Diese Behauptung fällt in sich zusammen, wenn man
bedenkt, dass E. Namadicus, wie vorhin erwähnt, ebenso gut
pleistocäii sein kann wie E. anfi(piiis. Ich nuiss nach alledem
bei meiner ersten Bestimmung des Elephas Namadieus festhalten.
170
C. Verliaiidluiiaeii der Gesellseliaft.
1. Protokoll der Januar -Sitzung.
Yerhanflelt Berlin, den 8. Januar 189U.
Vorsitzender: Herr Beybich.
Das Protokoll der December- Sitzung A\-urde vorgelesen und
genehmigt.
Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesellschaft
eingegangenen Bücher und Karten vor.
Der Vorsitzende forderte alsdann zur Neuwahl des Vor-
standes auf; auf Vorschlag des Herrn Berendt wurde der bis-
lierige Vorstand wiedergewählt.
Herr Jaekel sprach über Pristiophorus und dessen
Beziehungen zu Pristis und den übrigen Haien. Vergl.
den Aufsatz in diesem Heft.
Herr Fkech sprach über angebliche Spuren der sog.
carbonen Eiszeit.
Herr A. Schneider sprach über zwei durch besondere
Textur ausgezeichnete Vorkommen von Zinkblende unter
Vorlegung von Handstücken. — Das eine Vorkommen, zu den
Ringel- oder Cocardenerzen gehörig, stammt von der Zink- und
Bleierzgrube Lüderich bei Bensberg und zeigt in einer Grund-
masse von grobkörniger, dunkel brauner Zinkblende kleinere und
grössere Bruchstücke von Ganggestein (sandige Grauwacke des
Lenneschiefers) und einer hell braunen Blende, welche von einer
2 mm breiten Kruste von hell gelblich grauem Eisenspath umhüllt
sind. Das andere Vorkommen war während des letzten Sommers
auf der Blei-. Silber- und Zinkerzgrube Wildermann bei Musen
gefunden worden und bestand aus erbsengrossen krystallinischen
Körnern einer dunkel braunen Zinkblende, welche die aus weissem,
171
krystallinischem Gangquarz gebildete Grundmasse so anfüllten,
dass das Ganze ein lebhaft getiegertes Aussehen besitzt. Die
Genesis beider Vorkommen wurde besprochen.
Herr Beushausbn legte vor und besprach eigenthümliche.
von Herrn Piedboeuf in Düsseldorf aufgefundene. Anodonta-
ähnliche Zweischaler, welche als bis jetzt einzige thierische
Reste mit Calamarien - artigen Pflanzenresten zusammen bei Gräf-
rath in Schichten zweifelhaften , vermuthlich mitteldevonischen
Alters vorkommen. Betont wurde besonders, dass die einzigen
vergleichbaren und zugleich den unserigen sehr nahe verwandten
Formen, Amnifjema CatsJdllensis Conrad aus dem Oweowfa-Sand-
stein von New - York und Änodonta Julcesi Forbes aus den
Schichten von Kiltorcan bei Kilkenny in Irland, gleichfalls mit
Resten von Landpflanzen zusammen sich finden, zu denen sich
bei Kiltorcan ausserdem noch Reste von Coccosfeiis, Bothriolepis,
Ftericldkys gesellen.
Herr Frech bemerkte hierzu, dass ähnliche Dinge auch in
Devonshire vorkommen.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
V. w. 0.
Beyrich. Dames. Koken.
2. Protokoll der Februar -Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 6. Februar 1890.
Vorsitzender: Herr Beyrich.
Das Protokoll der Januar- Sitzung wurde vorgelesen und
genehmigt.
Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesellschaft
eingegangenen Bücher und Karten vor.
Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten:
Herr Dr. R. Canaval aus Klagenfurt,
vorgeschlagen durch die Herren Penecke, Dölter
und HCERNES.
Herr Dames legte ein Schädelfragment von Cervus
euryceros (= Megaceros hibernicus Owen) aus dem Inter-
glacialsande von Rixdorf bei Berlin vor. — Die geologisch - pa-
172
läontologische Sammlung des königlichen Museums für Natur-
kunde verdankt das werthvollc Stück der Hoclilierzigkeit des
Herrn Kiesgrubenbesitzer Körner hierselbst, welcher bereits im
vorigen Jahr einen völlig intact erhaltenen Schädel (ohne Unter-
kiefer) von Tichorrhimis aiitiquiiaiis Blümenb. derselben Samm-
lung überwiesen hatte. — Das Interesse des Stückes berulit in
der bisher hier noch nicht angetroffenen Vollständigkeit der Er-
haltung. Es besteht nämlich aus dem unverletzt erhaltenen hin-
teren Theil des Schädels, also der Occipital-. Parietal- und
Frontalregion. Die Nasalia und Maxillae fehlen, somit auch das
Gebiss. Auf den Frontalien erheben sich die Rosenstöcke und
auf diesen die beiden Geweihhälften mit den distal abgebrochenen
Augensprossen, und zwar auf eine Länge von ca. 400 mm er-
halten. — Einige der wichtigsten Dimensionen sind folgende:
Breite der Hinterhauptscoiidj^len 110 mm
Breite des Hinterhauptsloclies 42 „
Höhe desselben 35 „
Höhe des Hinterhaupts vom oberen Rande des
Foramen magnnm bis zur Occipitalcrista 74 „
Grösste Breite der Hinterhauptstläclie . . . 185 „
Länge von der Occipitalcrista bis zu einer
Linie, welche die Mitten der Rosenstöcke
verbindet 140 „
Breite der Frontalien zwisdirn den lieiden
Rosenstöcken 45 „
Umfang der Rosenstöcke an ilirer Basis . . 22ü „
Umfang der Rosen 255 „
Umfang der Geweihstangen oberhalb der
Augensprosse 220 „
Entfernung d. Supraorbitalloches von d. Rose 87 „
Breite der Frontalien zwischen den Supra-
orbitallöchern 115 „
Länge der Thränengruben 45 „
Entfernung vom Yorderrande d. Supraorbital-
löcher bis z. Hinterrand d. Thränengruben 65 „
Durchmesser der Orbita 75 „
Ein Vergleich mit einem etwas grösseren Schädel eines
Riesenhirsches aus Irland hat einige Unterschiede ergeben. Ein-
mal stehen bei dem märkischen Exemplar die Rosenstöcke fast
senkrecht auf den Stirnbeinen, während sie bei dem irischen
merklich divergiren, ferner biegen sich bei erstcrem die Frontalia
vor den Rosenstöcken viel jäher und tiefer abwärts, und endlich
sind die Thränengruben hier bedeutend tiefer als dort. Alle
diese Merkmale sind jedoch lediglich auf Altersverschiedenheit
der beiden in Vergleich gestellten Schädel zurückzuführen, worauf
Herr Professor Nehring aufmerksam machte, nicht auf Racen-,
geschweige denn Art -Unterschiede.
173
Ueber das Vorkommen des Riesenhirsches habe ich zuerst
in der Juni -Sitzung 1875*) unserer Gesellschaft Mittheilung ge-
macht. Damals konnte ich nur das proximale Ende einer linken
Geweihstange mit Rose und Ansatz der Augensprosse vorlegen.
Inzwischen hat sich die Zahl der Funde vermehrt. Das Museum
für Naturkunde besitzt ausser den heute und damals vorgelegten
Stücken noch ein Geweihfragment, eine Oberkiefer- und eiue
Unterkieferhälfte mit fast vollständig erhaltener Bezahnung. Auch
in der Sammlung der hiesigen geologischen Landesanstalt befindet
sich ein Rest des Riesenhirsches in Gestalt eines Metatarsus.
Immerhin ist der Riesenhirsch entschieden eines der selteneren
Mitglieder unserer Interglacialfauna.
Der vorgelegte Schädel wurde in der kiesigen Schicht an
der Basis des Interglacialsandes unmittelbar über dem unteren
Geschiebemergel gefunden, die. wie bekannt, die Hauptmenge der
Knochen der giossen Säugethiere geliefert hat. Von Funden aus
anderen deutschen Gebieten, wie Schlesien. Rheinprovinz u. s. w.
ist es. so viel mir bekannt, nicht möglich gewesen, das Niveau
der Quartärablagerungen, welche sie enthielten, so genau anzu-
geben wie in diesem Falle.
Herr Rix^e sprach über die Morphotropie der Sauer-
stoff- und Schwefelverbindungen. Vergl. den Aufsatz p. 62.
Hen- Schreiber legte geschrammte Grauwacke von
Magdeburg vor. Yergl. den Aufsatz im vorigen Jahrgang p. 603.
Bezüglich der die geschichteten Grauwackenschichten über-
ragenden Conglomeratwand wurde nachgetragen, dass dieselbe nur
an ihrer äussersten Oberfläche eine Lockerung der Rollstücke in
ihrem festen Verbände zeigte : einzelne derselben waren zerbrochen
und an der oberen Bruchtläche sowohl wie an den hervoiTagenden
Seiten geritzt. Conglomerat- wie Grauwackenschichten waren 60 m
weit nach Westen zu von sandigem. Geschiebe führenden Thone
überdeckt . im weiteren Verlaufe nach Westen zu deckte den Felsen
regenerirter Grünsand, dem vorzugsweise Grauwackenbrocken und
Sandsteingescliiebe beigemengt waren; in der Erstreckung von
weiteren 105 m nach Westen zu bildete der mitteloligocäne
Griinsand die Decke. Hier, wo der Kanal nach Norden zu von
der Streichungslinie des Grauwackenriickens sich etwas entfernte,
dachte sich derselbe vom -i- 50 m auf 4- 47 m ab.
Hen- Jaekel sprach über die Graptolithen und ihre
Organisation. Vergl den Aufsatz im vorigen Jahrgange p. 653.
') Diese Zeitschrift, Bd. 27, 1S75. p. 4>>1.
174
Herr E. Zimmermann legte vor und besprach einen neuen,
von ihm bei Gelegenheit der geologischen Aufnahmen in einem
Exemplar gefundenen Nautilus aus dem Grenzdolomit des
Unteren Keupers zwischen Arnstadt und Stadtilm in Thüringen
und schlug dafür den Namen Trematodiscus Jugafonodosus
vor. Eine genauere Beschreibung des in der Sammlung der kgl.
geologischen Landesanstalt niedergelegten Stückes wird im näch-
sten Jahrbuch dieser Anstalt gegeben werden.
Hierauf Avurde die Sitzung geschlossen.
V. w. 0.
Beyrich. Dames. Koken.
3. Protokoll der März - Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 6. März 1890.
Vorsitzender: Herr Beyrich.
Das Protokoll der Februar - Sitzung wurde vorgelesen und
genehmigt.
Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesellschaft
eingegangenen Bücher und Karten vor.
Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten:
Herr K. Lent aus Klagenfurt. z. Z. in Wien,
vorgeschlagen durch die Herren Stbinmann, Böhm
und Gräff.
Herr E. Dathe sprach über die Discordanz zwischen
Culm und Obercarbon bei Salzbrunn in Schlesien.
Redner wurde von der Direction der königl. geologischen
Landesanstalt im Herbst vorigen Jahres beauftragt, eine Unter-
suchung der Mineralquellen des Bades Obersalzbrunn in Schlesien
vorzunehmen und ihre etwaigen Beziehungen zu dem im benach-
barten Obercarbon umgehenden Bergbaue auf Steinkohlen, namentlich
in dem Felde der Davidgrube bei Conradsthal, festzustellen und
darüber sich gutachtlich zu äussern. Um diese zweifache Aufgabe
zu lösen, wurden die geologischen Verhältnisse der Umgebung von
Obersalzbrunn eingehend untersucht und auf Grund dieser Be-
gehungen eine geologische Specialkarte der Umgebung von Salz-
brunn im Maassstab 1 : 2500(> entAvorfen. Auf der letzteren
gelangten folgende Formationen zur Darstellung, nämlich 1. die
Gneissformation, 2. der Culm, 3. das Obercarbon, 4. das Dilu-
vium und das Alluvium.
Der Gliederung des Culras, welcher von Conglomeraten, Grau-
175
wackensandsteinen und Tlionscliiefern aufgebaut wird und in dessen
Bereiche die berühmten Mineralquellen von Obersalzbrunn zu Tage
treten, wurde besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Nach ihrem
Auftreten und in ihrer Verbreitung sind die einzelnen Gesteins-
arten derart mit und unter einander verbunden, dass bald die
eine, bald die andere vorheiTscht. während die anderen merklich
dagegen zurücktreten oder gänzlich verschwinden. Durch dieses
Verhalten der genannten Felsarten Hessen sich in den zwischen
Obercarbon und Gneissformation verbreiteten Gebirgsschichten des
Culms bei Salzbrunn folgende Stufen unterscheiden: a. die Stufe
der Thonschiefer (es), b. die Stufe der Thonschiefer. Grauwacken
und Conglomerate (es -f cg) ; c. die Stufe der Variolit führenden
Conglomerate (cgv), d. die Stufe der Thonschiefer und Conglo-
merate (es -!- cg). e. die Stufe der rothen Conglomerate (cgr),
f. die Stufe der grauschwarzen Thonschiefer und Conglomerate
(es + cg) und g. die Stufe der Gneissconglomerate (cggn). —
Das auf der Karte dargestellte Obercarbon besteht aus Quarz-
conglomeraten und conglomeratischen Sandsteinen von weisslich
grauer Farbe nebst eingelagerten Schieferthonen und Kohlenflötzen.
Nach ihrer Lagerung und Pflanzenführung gehören diese an den
Culm bei Salzbrunn grenzenden obercarbonischen Schichten dem
Liegendzug an. den bekanntlich D. Stur als Waldenburger
Schichten bezeichnet und als Ob er culm aufgefasst hat. Man
hatte bisher und bis in die jüngste Zeit (so namentlich Stur,
Schütze und Weiss) angenommen, dass die Waldenburger
Schichten oder der Liegendzug gleichförmig dem Culm
im Waldenburger Becken (Unterculm Stur's) aufgelagert
sei. In der untersuchten Gegend') — nämlich zwischen Altwasser
über Salzbrunn nach Conradsthal — hat sich jedoch dies Ver-
halten nicht bestätigt, sondern es hat sich herausge-
stellt, dass die Waldenburger Schichten, also das Ober-
carbon, in seinen liegendsten Schichten ungleichförmig
auf Culm gelagert sind.
Die Discordanz zwischen Culm und Obercarbon ist aber erstlich
darin begründet, dass auf der oben angegebenen Grenzlinie
die Waldenburger Schichten verschiedene Culmstufen
abschneiden. Zuerst grenzt von Altwasser bis östlich,der Wilhelms-
höhe die Stufe der reinen Thonschiefer (es) an dieselben; dann wird
weiter westlich die Stufe der Thonschiefer und Conglomerate (es -feg)
von denselben überlagert. Westlich vom Wachberge bis ins Salz-
bachthal bildet sogar die dritte Culmstufe, die der Variolit füh-
^) Anm. während des Druckes : Bei den inzwischen weitergeführten
Aufnahmoarbeiten hat sich herausirestellt, dass die Discordanz zwischen
btideu Formationen auch südlich von Altwasser bis nach Neu-Krausen-
dorf vorhanden ist.
176
reiiden Conglomerate die Grenze; und schliesslich ist zwischen
Salzbrunn und Conradsthal die zweite Stufe (es -f- cg) längs der
unteren Formationsgrenze des Obercarbons zu verfolgen.
Die Discordanz zwischen Culm und Obercarbon ist aber
zweitens dadurch erwiesen, dass die Schichten beider For-
mationen in der Nähe ihrer Grenzlinie verschiedenes
Streichen und Fallen besitzen. Diese Verschiedenheit der
Lagerung spricht sich im Allgemeinen am auffallendsten dadurch
aus. dass die Schichten des Culms stark, sogar meist steil
aufgerichtet sind, während die obercarbonischen Schichten (Wal-
denburger) entweder eine schwebende Lage oder nur geringe Nei-
gung (10 — 20*) gegen S oder SW aufweisen. Folgende Beob-
achtungen mögen im einzelnen diese Sätze erläutern.
Die Culmschiefer (es) im Eisenbahn -Einschnitt nördlich des
Bahnhofs in Altwasser streichen 0 — W und fallen 70 — 80* ge-
gen N. Die darüber nach S folgenden und in einem kaum
100 m vom Bahneinschnitt entfernten Steinbruch aufgeschlosse-
nen Waldenburger Schichten streichen N35" W und fallen 35*
gegen SW ein. Westlich der Wilhelmshöhe streichen die Ober-
carbon-Schichten in einem Steinbruch im dortigen Gehölz N 15* W
und fallen 15 — 20* gegen WWS ein; dagegen besitzen die zu-
nächst in NO anstehenden Schichten des Yariolit führenden Culm-
Conglomerats, 160 m von der Obercarbon - Grenze entfernt, ein
Streichen in N 55* W und fallen 80* in SW. Ebenso streichen
die Felsen des Variolit-Conglomerats des Wachberges bei W der
Karte und fallen 60* gegen SW. Im Steinbruch an der Nord-
west - Ecke des erwähnten Gehölzes und südlich des Weges von
der „Schönen Aussicht nach der Wilhelmshöhe" weisen die Ober-
carbon-Schichten folgende Schichtenlage auf: Streichen N 20* W,
Fallen 10* in WWS. Im zunächst angrenzenden Yariolit -Con-
glomerat in der Umgebung des Schafferthals ist ein Streichen in
N45*W und ein Fallen von 70* gegen SW" zu beobachten.
Fast die gleiche Schichtenlage kommt den Schichten derselben
Stufe bei der Annenhöhe in Salzbrunn zu, welche N55*W
streichen und 55 — 65* gegen SW einfallen. Drei südlich des
letzteren Punktes in Hartau gelegene Steinbrüche im Obercarbon
zeigen fast schwebende Schichtenlage, und fallen die Schichten
mit etwa 10* entweder gegen SW oder gegen NO ein. Auch
westlich von Salzbrunn kommt die Discordanz zwischen Culm und
Obercarbon zur Geltung, denn das Obercarbon im Steinbruch beim
Kirchhof Conradsthal streicht N65*W und fällt 5 — 10" gegen
SW ein; die nächsten allerdings etwas entfernter liegenden und
gut aufgeschlossenen Culmschichten, namentlich in der Nähe der
Yariolit führenden Conglomerate, beispielsweise am Hügel 462,2
streichen 0-W und fallen 60 * gegen S ein. Die Culmschichten im
177-
Bahiieinschnitt nordwestlich der Haltestelle CoiiradstUal weisen ein
Streichen in 0-W und ein Fallen von 30 — 35" in S auf, wäh-
lend das Obercarbon in den Einschnitten bei der Haltestelle
Conradsthal bei gleichem Streichen nur mit 15" gegen S einfällt.
Diese fluche Meigung behalten die Obercarbon - Schichten auch in
grösserer Entfernung von der Culnigrenze bei. wie in den Stein-
brüchen südlich Couradsthal zu erkennen ist.
Die hier niedergelegten Beobachtungen beweisen auch, dass
die steile Aufrichtung der Culmschichten in der unter-
suchten Gegend schon vor Ablagerung des Obercarbon erfolgt
ist. Wenn auch bei dieser Annahme die Möglichkei übrig bleibt,
dass bei der ersten Aufrichtung der Culmschichten der gegen-
wärtig zu beobachtende Grad der Steilheit nicht erreicht wurde,
so bleibt diese früher nicht erkannte und gewürdigte Thatsache
doch bestehen; im P^inzelnen muss sie noch durch Special-Unter-
suchung begründet werden. Eine Reihe von Beobachtungen liegen
jedoch schon jetzt zur weiteren Beurtheilung der Frage vor. Zu-
nächst sei daran erinnert, dass die kleine, im Neuhäuser Schloss-
berg aus dem höheren Obercarbon, den Schatzla'er Schichten Stur's
hervorragende Culmpartic ungleichförmig von den letzteren umlagert
wird; denn die norclsüdlich streichenden Culmschichten fallen sai-
ger. und die Carbonsrhichten fallen flach (10 — 15") nach W ein.
Diese isolirte Culmpartie beweist ferner, dass vor Ablagerung
sämmtlicher Stufen des Obercarbons eine bedeutende Abtragung
des Culms zwischen dem Neuhäuser Vorkommen einerseits und
dem jetzigen Hauptculm- Areale bei Altwasser - Salzbrunn stattge-
i'unden habe, und dass somit unter dem productiven Kohlengebirge
der Waldenburger Gegend Culm, und zwar in abweichender und
wahrscheinlich ebenfalls in stark aufgerichteter Lagerung zu er-
warten ist. Die ungleichförmige Auflagerung des Obercarbons ist
von mir in anderen Theilen des niederschlesisch-böhmischen Bek-
kens auch beobachtet worden. In der Ebersdorfer (hier auch von
TiETZE^) beobachtet) und Gabersdorfer Bucht greift Ober-Carbon
über verhältnissmässig alte Culmschichten über.
Nach den Ergebnissen der Untersuchung kann mit grosser
Wahrscheinlichkeit die Behauptung aufgestellt werden, dass die
Discordanz zwischen Culm und Obercarbon im ganzen nieder-
schlesisch-böhmischen Becken vorhanden sei-).
') K. TiETZE. Uebcr die devonischen Schichten bei Ebersdorf un-
weit Neurode in der Grafschaft Glatz, 1870, p. 4.
-) Mit der weiteren Verfolgung und Festlegung dieser Discordanz
Itiii ich gegenwärtig beschäftigt und hoffe, die Resultate dieser Unter-
suchung in einer grösseren Abhandlung im nächsten Winter zusammen-
fassen zu können. E. D.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 1. ] 2
178
Herr E. Zimmermann legte ein neues, ihm durch einen
zuverlässigen Sammler zugegangenes Exemplar des Ammonifes
(Ptychiies) Drix Giebel vor. Dasselbe stammt aus dem
Schaumkalk (m u 2 y^ der geologischen Karte) von der Diebs-
krippe bei Wöllnitz unweit Jena. Es zeichnet sich bei vortrett-
licher Erhaltung des letzten Umgangs durch besondere Grösse
aus (mindestens I6Y2 cm an der Wohnkammer bis zum Mittel-
punkt des Nabels), gegen die das grösste im Berliner Museum
für Naturkunde aufbewahrte Exemplar aus Rüdersdorf allerdings
wenig zurticksteht. Das vorliegende Stück hat die königl. geo-
logische Landesanstalt erworben.
Herr Ebekt sprach über einen neuen Aufschluss in
der Steinkohlenformation Oberschlesiens.
Durch F. RcEMER wurde der marine Fauna führende Hori-
zont im Liegenden des Sattelflötzes an melireren Orten Obcr-
schlesiens nacligewiesen und damit ein wichtiger Anlialtspunkt für
die Gliederung der oberschlesischen Steinkohlenformation gegeben.
Sodann parallelisirte Stur, namentlich auf die pflanzlichen Reste
hin, die Schichten des oberschlesischen Steinkolilenbeckens mit
denen des Ostrauer Reviers und gelangte zu dem Schluss, dass
die Sattelflötzgruppe gleichalterig mit der V + IV Gruppe seiner
Ostrauer Schichten sei. Er nahm als Grenze zwischen Ostrauer
und Schatzlarer Schichten in Oberschlesien das Einsiedelflötz an.
KossMANN und JuNGHANN machten uns dann mit den Schichten
im Liegenden des Sattelflötzes bis zu dem Andreasflötz auf der
Königs- und Grätin Laura-Grube bekannt, und es gelang Kossmann,
fünf Horizonte mit mariner Fauna in diesen Scliichten nach-
zuweisen, welche durch Schichten mit pflanzlichen Resten und
brackischen Conchylien von einander getrennt werden. Seitdem ist
die Gliederung der Schichten des oberschlesischen Steinkohlen-
beckens auf paläontologischer Grundlage nicht weiter gerückt.
Der sog. „Muschel-führende'-' Horizont Rcemer's ist an einer Reihe
von weiteren Punkten nachgewiesen worden und scheint durchweg
das Niveau von 15 — 25 m unter dem Sattelflötz inne zu halten.
Die Schichten des Rybnicker Reviers, aus dem durch Weiss
ebenfalls marine Ostrauer Fauna (in den Loslauer Bohrlöchern)
nachgewiesen wurde, Hessen sich bisher aber noch nicht in sichere
Beziehung zu den Zabrze-Königshütter Flötzzuge bringen und ist
die Frage noch eine offene, ob dieser Horizont mit mariner J'auna
mit dem Rcemer' sehen Muschelhorizont ident ist oder einem tie-
feren Niveau angehört.
Unter diesen Umständen ist jeder Aufschluss, auch der ge-
179
ringste, in dem Liegenden des Sattelflötzes resp. Andreasflötzes,
namentlich wenn er Versteinerungen ergiebt, von Wichtigkeit.
In neuerer Zeit ist nun der Kronprinzschacht der Giesche-
Grube bei Schoppinitz bis auf ca. 190 m im Liegenden des
Sattelflötzes niedergeführt worden. Ich erhielt durch die Güte
des Herrn Director Bernhardi und der Bergverwaltung in Schop-
pinitz nicht nur das genaue Profil der durchsunkenen Schichten,
sondern auch Gebirgsproben , und spreche ich den Herren hier
nochmals meinen verbindlichsten Dank für ihr freundliches Ent-
gegenkommen aus.
Es fanden sich unter dem Sattelflötz dort:
1. 8,0 Meter Schiefer.
2. 5,0 > Sandstein,
3. 7,0 ^ Schiefer, theilweise mit Sphäro-
sideriten,
4. 1.75 ,, Sandstein,
5. 0.25 „ Kohle.
6. 0,75 „ Schiefer,
7. 0.25 „ Kohle,
8. 4,0 „ Schiefer.
9. 1.50 „ Sandstein.
10. 2,0 „ Schiefer,
11. 20,0 „ Sandstein,
12. 16.20 . Schiefer.
13. 1,0 „ Kohle.
14. 0.80 „ Sandstein,
15. 4,70 „ Schiefer,
16. 6,30 „ Sandstein,
17. 0,20 „ Kohle,
18. 4,80 „ schiefriger Sandstein,
15. 1,20 „ Kohle,
20. 12,30 „ Schiefer.
21. 0,30 „ Kohle,
22. 21,70 „ Sandstein,
23. 6,50 „ Schiefer,
24. 1,50 „ Kohle = Andreasflötz.
25. 2,0 „ Schiefer,
26. 2,0 ,, schiefriger Sandstein,
27. 15,0 „ Sandstein,
28. 1,50 „ Schiefer,
29. 0.20 „ Kohle,
30. 7,25 „ Schiefer,
31. 0,50 , Kohle,
180
32.
0,70
Meter
Schiefer,
33.
0,60
^
Sandstein,
34.
0,30
:■)
desgl., schieferig.
35.
12,25
.,
Sandstein.
36.
1,65
-
dunkel grauer, feinkörniger Sand-
stein,
37.
0,80
•n
feinkörniger Sandstein,
38.
1,00
•n
Schiefer.
39.
2,15
^
schiefriger Sandstein,
40.
4,85
.,
Schiefer,
41.
0,70
VI
Sandstein,
42.
2,50
•n
fester, grauer Schiefer.
43. noch nicht durchsunken, Schiefer.
Ich erhielt Proben aus den Schichten No. 3. 36, 39, 40.
42 und 43.
Aus Schicht 3 konnten mir auf meine Anfrage hin noch
einige Sphärosiderite zugesandt werden.. In ihnen fand ich Cri-
noidenstielglieder, jY^cw^a -Reste, sowie andere, aber unbestimm-
bare Muschel- resp. Schneckenreste. In Schicht 3 dürfte somit,
dem Niveau entsprechend, der Ra^MEu'sche Horizont vorliegen.
Die Schichten 5 — 7 dürften demgemäss als Aequivalent des
sogen. Muschelflötzes anzusehen sein.
Dass Schicht 24 das Andreasflötz ist. geht aus den Lage-
rungsverhältnissen hervor, ist auch dem Niveau nach denkbar.
In Schicht 42 fand sich ausser undeutlichen Pflanzenresten
ein schönes Exemplar der typischen Leitpflanze der Ostrauer
Schichten, des Sp]ieno]jhuUum fei/en-itiium, und Siigmaria sp.
In Schicht 43 Lingula m/jfüoides Sow. in grosser Menge,
ausserdem Kalksteinknollen.
Herr Bp:rendt sprach: Üeber die von Prof. Schreiber
vorgelegten Stücke aus der Oberfläche der Grauwacke von
Magdeburg.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
V. w. 0.
Beyrich. Dames. Koken.
Druck von J. F. Starcke in Berlin.
der
Deutschen geologischen Gesellschaft.
2. Heft (April, Mai, Juni) 1890.
A. Autsätze.
1. Die phonolithisclien Gesteine des Laacher-
see-Gebiets und der Hohen Eifel.
Von Herrn A. Martin in Bonn.
Seit Jahrhunderten sind die im Laachersee-Gebiete auftreten-
den Tuff- und Lavamassen Gegenstand ausgedehnten Steinbruch-
betriebs gewesen, der für die Bevölkerung von ausserordentlicher
wirthschaftlicher Bedeutung war und noch zur Zeit ist.
Es ist natürlich, dass die Literatur^), die, soweit mir be-
kannt geworden ist, bis in die letzte Hälfte des vorigen Jahr-
hunderts zurückreicht, sich Anfangs vorwiegend mit diesen Vor-
kommen beschäftigte und die in der Gegend weniger verbreiteten
und verhältnissmässig technisch selten verwendeten Leucitophyre
vernachlässigte. Kurze Angaben über dieselben linden sich bei
NosE^), Steiningek^), van der Wyck^), Schulze'') und Nöc^ge-
RATH®).
') Siehe die sorgfältigen Zusammenstellungen bei von Decken:
Geognostischer P'ührer zu dem Laachersee und seiner Umgebung,
Bonn 18G4; bei von Decken und R.\uff: Geologische und mineralogische
Literatur der Rheinprovinz und der Provinz Westfalen. Yerhandl. des
naturh. Vereins der Preuss. Rheinlande, Westfalens und des Regierungs-
bezirks Osnabrück, Bd. 44. 2, p. 181.
■') Nose: Orographische Briefe über das Siebengebirge und die
benachbarten z. Th. vulkanischen Gegenden an beiden Ufern dos
Niederrheins. Bd. 1. Frankfurt a. M. 1789. Bd. 2, ebenda, 1791.
*) Steininger: Die erloschenen Vulkane der Eifel und am Nieder-
rhein. Mainz 1820. — Ders., Geognostische Beschreibung der Eifel.
Trier 1853.
*) VON DER Wvck: Uebersicht der rheinischen und Eifeler er-
loschenen Vulkane u. s. w. Bonn 1826.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 2, 13
182
Erst VON Oeynhausen hat diese Gesteine in seiner 1847
mit Erläuterungen veröffentlicliten Karte des Laachersee-Gebiets in
ausgedehnterem Maasse berücksichtigt. Sorgfältige Studien machte
auch VON Decken, der seine Beobachtungen in dem geognostischen
Führer zum Laacher See resp. zur Vulkanreihe der Vorder-
eifel etc. niedergelegt hat. Anfang der sechsziger Jahre unter-
nahm VOM Rath eine Reihe sehr mühsamer Untersuchungen^),
vornehmlich über die petrographische und chemische Zsammen-
setzung der Leucitophyre , die bis dahin so gut wie gar nicht
bekannt waren. Eine Bestätigung und Ergänzung fanden dieselben
durch die mikroskopischen Analysen Zirkel's^). Für die systema-
tische Zusammengehörigkeit der verschiedenen Vorkommen ist ein
schon vor der ZiRKEi/schen Arbeit erschienener Aufsatz von
Laspeyres ^) bedeutsam , in dem der Autor auf Grund der Unter-
suchungen VOM Rath's, auf dem Wege chemischer Speculation
die innige Verwandtschaft derselben darthat.
Der Darstellung des Laachersee-Gebiets auf der grossen
VON Dechen' sehen geologischen Karte der Rheinprovinz und West-
falens (1 : 80000) wurden bis auf einige, die Tuffe betreffende,
Veränderungen die Aufnahmen von Oeynhausen' s zu Grunde ge-
legt^"). Die Erläuterungen derselben geben auszugsweise die
Resultate der bis zu ihrer Veröffentlichung gemachten Forschungen.
Abgesehen von kurzen, denselben Zweck verfolgenden, theils mit
kritischen Bemerkungen versehenen Darstellungen in den Lehr-
büchern von Zirkel, Rosenbusch und Roth sind meines Wissens
seit 1868 nur einzelne Vorkommen betreffende Notizen veröffent-
licht worden, welche an geeigneter Stelle ihre Erwähnung finden
werden.
Was das Vorkommen phonolithischer Gesteine in der Hohen
Eifel betrifft, so ist als solches nur das Gestein des Seibergs bei
Quiddelbach^^) von der grösseren Zahl der dasselbe behandelnden
*) Schulze: Die Mühlsteinbrüclie zwischen Mayen und dem
Laachersee. Karsten's Archiv für Bergbau und Hüttonwesen. 1828.
Bd. 17, p. 386.
*) NöaGERATH: Zur architektonischen Minei'alogie der Prcussischen
Rheinprovinz. Karstens und von Dechen's Arcb. f. Mineralogie,
Geologie u. s. w. 1844.
') Diese Zeitschrift Bd. 12 p. 29, Bd. 14 p. 65, Bd. 16 p. 73.
») Ebenda Bd. 20 p. 122.
«) Ebenda Bd. 18 p. 311.
'") Begleitw. z. geol Uebersichtskarte der Rheinprovinz und West-
falens, p. 39.
") Nicht zu verwechseln mit dem Gestein des Seibergs im Riedener
Thale, welches als „Leucitophyr vom Seiberg" in der Literatur be-
schrieben worden ist.
isa
Autoren angesprochen worden, zuletzt von Rosenbusch in der
neuen Auflage seiner „Massigen Gesteine".
Meine Arbeit will unter Berücksichtigung der vorhandenen
Literatur auf Grund eigener, an authentischem, selbst gesammeltem
Material gemachten Untersuchungen eine vergleichende Darstellung
der petrographischen Verhältnisse sämmtlicher bekannten Vor-
kommen phonolithischer Gesteine des Laachersee-Gebiets und der
Hohen Eitel geben. Ich hielt eine neue, von diesem Gesichts-
punkte aus unternommene Bearbeitung des Stoffs trotz mannich-
facher Studien von berufener Seite niciit für unlohnend, da einer-
seits bei der grossen Zerstreuung der einzehien Angaben eine
zusammenfassende Schilderung dieser interessanten Gesteinsgruppe
für die genaue Kenntniss derselben erforderlich, andererseits eine
Revision bei der geringen Uebereinstinunung in den Beobachtungen
verschiedener Autoren dringend geboten erschien.
Von der Darstellung der Lagerungsverhältnisse konnte Ab-
stand genommen werden, nachdem eine wiederholte Begehung des
Gebiets nui- die Bestätigung der sorgfältigen und eingf^henden
Beobachtungen von Dechrn's und vom Rath's brachte. Wenige
unwesentliche Ergänzungen habe ich den einleitenden, die allge-
meinen geologischen Verhältnisse betrettenden Bemerkungen beigefügt.
In der Nähe der phonolithischen Gesteine anstehende Eruptiv-
gesteine wurden, sobald irgend welche Beziehung zwischen beiden
vermuthet werden konnte, mit in den Kreis der Untersuchung
gezogen. Die Resultate haben ihren Platz in einem Anhang
gefunden.
Für die vorhandenen Bauschanalysen gebe ich die Literatur-
nachweise. Da die zu ersteren benutzte Substanz und die von
mir untersuchten Dünnschliffe von verschiedenem Gesteinsmaterial
stammten, so konnten ihre Resultate nicht zur Deutung und Ver-
vollständigung der mikroskopischen Beobachtungen herangezogen
werden. Dieselben geben lediglich ein allgemeines, durch mannig-
fache Verwitterungseinflüsse getrübtes Bild des ursprünglichen
Gesteinsmagmas.
Als Vergleichsmaterial diente eine Reihe von Schliffen der
Laachersee-Leucitophyre, welche jedoch meist zu allgemeine Orts-
bezeichnungen trugen, als dass sie einem bestimmten Vorkommen
zugesprochen werden komiten, ferner Schliffe des Hauynophyi's
von Monte Vultur, des Gesteins vom Eichberg bei Rothweil im
Kaiserstuhl und von Capo di Bove.
Der Uebersicht halber will ich schon hier, ehe ich zui" Dar-
stellung der Einzelheiten übergehe, die Hauptergebnisse meiner
Untersuchungen in Kürze auftühren:
13*
184
1. Für die niederrheinischen Leucitophyre ist der Melanit
klassiticatoriscli bedeutsam. Mit seinem Eintritt in die
Gesteinszusammensetzung ist gewöhnlich sowohl eine che-
mische, als auch petrographischc Veränderung verbunden.
2. Die sogenannten Leucittuffe des Laachersee-Gebiets gehören
zu den Leucitophyren desselben.
3. Die Ausbrüche der Leucitophyre haben bis in die Zeit
der Lössbildung gedauert; diese Gesteine gehören also, min-
destens zum Theil, zu den jüngsten Producten vulkanischer
Thätigkeit im Laachersee-Gebiete.
4. Die Ausbruchsstelle für einen Theil der Leucittufte. ver-
muthlich für die ganze grosse Partie bei Rieden, liegt im
Riedener Kesselthale.
5. Das von verschiedenen Autoren theils als Trachyt. theils
als Phonolith bestimmte Gestein des Seibergs bei Quiddel-
bach ist ein echter Phonolith.
6. Die Hannebacher Ley besteht aus einheitlichem Gestein,
welches den Nepheliniten zuzurechnen ist.
I. Die Leucitophyre des Laachersee-Gebiets.
I. Die aligemeinen geologischen Verhältnisse^).
Die Leucitophyre finden sich in dem Quellgebiete des Yinxt-
und Brohlbachs und der linken Zuflüsse der Nette, westlich und
nordwestlich des Laachersees. — welches den nordöstlichen Theil
des sich nach dem Rheine sanft abdachenden Eifler Tafellandes
bildet. Eine Linie von der Form einer gestreckten Ellipse, deren
grössere Axe bei einem Streichen von SO. nach XAV. etwa
1 o km lang ist , während ihre Breite 6 km beträgt , umschliesst
sännntliche Vorkommen. Soweit die bisherigen Untersuchungen
reichen, besteht das Grundgebirge der ganzen Gegend aus ver-
steinerungsarmen, dem Devon angehörenden Grauwacken und Thon-
schiefern, die gleichförmig von NO. nach SW. streichen und in
Mulden und Sätteln gefaltet nach entgegengesetzten Richtungen
einfallen.
Das Devon bildet sanft gerundete, plateauartige Bergrücken
^) Vergl. die von DECHEN'sche Karte 1 : 80000, Section Mayen,
nach der die nebenstehende Skizze angefertigt wurde. Die bei den
einzelnen Vorkommen in eckigen Klammem beigesetzten Zahlen be-
ziehen sich auf die beigegebene Kartenskizze. Die von mir gesam-
melten Belegstücke befinden sich im Aachener mineralogischen Insti-
tute, in welchem aucli die benutzten mikroskopischen Präparate aufbe-
wahrt werden.
185
Skizze.
iil)cr dan Vorkoinin<ni
der
phoTiolithisrhcTi (rcsleine
in dor Ei fei
nachttvnnDerhcns Karte.
186
von {lurchschnittlich 400 m^) Höhe. Die Abhänge nach den
engen, von Bächen dnrchflossenen Thälern sind oft steil und zei-
gen das in schroffen Felspartien entblösste Grundgebirge.
Der höchste Punkt der ganzen Gegend ist die Wasserscheide
zwischen Brohl-, Vinxt-, Nette- und Kesselingerbach (letzterer ein
Zufluss der Ahr), westlich von Schelborn mit 587,95m über
Meereshöhe. Von hier aus findet eine bedeutende Abflachung
nach Norden, der Ahr zu, statt (Höhe der Wasserscheide zwi-
schen Yinxtbach und Ahr 384.28 m). Die tiefsten Punkte liegen
in den Thälern der Brohlzuflüsse mit 259,87 m bei Niederdürren-
bach und 231,61 m bei Oberzissen — ein Höhenunterschied von
328,08 bezw. 356.34 m gegen den Schelborner Rücken.
Ein scharf ausgeprägter Unterschied besteht zwischen dem
nördlichen und südlichen Theile unseres Gebiets. Während im
crsteren im Allgemeinen nur eine dünne Ackerkrume^), die oft
das Grundgebirge zu Tage treten lässt. die alten Sedimentär-
schichten bedeckt, überlagern den südlichen mächtige, den jüng-
sten geologischen Perioden angehörend(! Tutfmassen.
In diesem eben flüchtig skizzirten Gebiete bilden die Leuci-
tophyre eine Reihe der Hauptsache nach in zwei Gruppen angeord-
neter Kuppen, Kegel, Rücken und kleinerer Felspartieen (Gänge?),
welche annähernd au der oben erwähnten, nahezu senkrecht zu
dem allgemeinen Streichen des Devons stehenden , grösseren
Ellipsenaxe liegen. Auffallend ist der Parallelismus letzterer zu
der Streichungslinie der Vordereifler Vulkane vom Goldberg bei
Ormont bis Bertricli einerseits . andererseits zu dem Spalten-
system, welches nach Kayser^) den östlichen Abhang des Hunds-
rücks (am Kühkopf), nach neueren, noch nicht veröffentlichten
Forschungen Ed. Holzapfel' s'') auch den Westtaunus durchsetzt.
Da, soweit bisher bekannt geworden ist, das linksrheinische
Schicfergebirge einen dem Westerwalde und Taunus analogen
Bau zeigt, so liegt die Vermuthung nahe, dass in beiden Ge-
bieten des Laacher Sees und der Vordereifel die eruptiven Massen
auf schon vorhandenen alten Spalten des Devons emporgedrun-
gen sind.
^) Sämmtliche Höhenangaben sind von v. Dechen's Erläuterungen
unter ümwaiullung der Pariser P^iss in Meter entnommen.
°) Abgesehen von dem kleinen Braunkohlen -Vorkommen am Per-
lerhof und den Tuifinseln, die wohl als Ueberreste einer durch Denu-
dation vernichteten, umfangreicheren Tuffbedeckung zu betrachten sind.
*) Jahrb. d. pr. geol. Landesanst. für 188,5, Bd. LX.
*) Nach einer gütigen mündlichen Mittheilung des Herrn Prof.
Holzapfel fliesst der Rhein zwischen Braubach und Coblenz in einem
diesem Systeme angehörenden Spaltenthale.
187
Die Vertheiluiig der Ltuicitopliyre auf der Streichungslinic
ist folgende: an ihrem nördlichen Endpunkte liegt das kleine
Vorkommen von Ramersbach, ungefähr in ihrer Mitte die grösstc
Gruppe bei WoUschcid und Engeln, an ihrem südlichen Endpunkte
treten die Riedener Vorkommen auf.
a. Das Ramersbacher Vorkommen^) [1].
Auf der Wasserscheide zwischen Vinxtbach und Ahr, nord-
östlich des Kreuzungspunktes der Wege Ramersbach -Vinxt und
Blasweiler - Lühndorf. besteht eine flache, wenig hervortretende
Kuppe aus Leucitophyr, auf deren Abhängen sich Trümmer von
dem plattenförraig abgesonderten, stark verwitterten Gesteine zu-
sammen mit solchen von rothgebranntem Schiefer finden. An der
Südseite liegt ein kleiner, verlassener Schürf. In unmittelbarer
Nähe, östlich des Leutocitophyrs, steht an zwei Punkten Pla-
gioklasbasalt^) an, desgleichen etwa 400 m nordöstlich auf dem-
selben Rücken. An letzterem Punkte bildet er eine sehr kleine
Kuppe von etwa 5 m Höhe. Zwischen Basalt und Leucitophyr
ist ein Contact nicht zu beobachten.
b. Gruppe Wollscheid-Engeln.
Zu dieser Gruppe gehören die Vorkommen von
1. Olbrück^) [2].
2. Perlerkopf ^) [3].
1) V. Decken. Laachersee, p. 1, 2, 11, 199, 230. In diesem
Theile der Arbeit führe ich nur die geognostischen Verhältnisse be-
treffende Angaben auf; solche mineralogischen oder petrographischen
Inhalts finden weiter unten ihre Berücksichtigung.
^) Mikroskopische Einzellieiten, siehe Anhang.
^) V. Oeynhausen, Erläuterungen, p. 47. — Steininger, Eifel,
p. 103. — VOM Rath, Diese Zeitschr. , XII, p. 29. — v. Decken,
Laachersee, p. 209 ff., und Erlänt., 1, p. 73; 2, p. 820.
*) V. Oeynhausen, Erläut., p. 18. — Steininger, Eifel, p. 103.
V. Decken, Laachersee, \). 215 ff., und Erläut 1, p. 57.
Bei der Beschreibung des Profils in der südlichen Einfahrt des
Steinbruchs (Laachersee, p. 220) sagt v. Decken: „In der Sohle der
Einfahrt liegt die scharfe Grenze zwisclien dem Tuff und dem festen
Gestein den Schichten parallel, aber in der Höhe von 10 bis 15 Fuss
über der Sohle legt sich diese Grenze bogenförmig flacher, sodass die
unregelmässig abgesonderten Pfeiler des festen Gesteins auf den Schich-
tenköpfen des Tuffs aufruhen."
Der Nachsatz muss heissen: „sodass die Tuffe auf den Schichten-
köpfen der unregelmässig abgesonderten Pfeifer des festen Gesteins
aufruhen." —
Ein ideales Profil durch den Perlerkopf giebt Dressel: Geogn.-
geolog. Skizze der Laacher Vulkangegend. Münster, 1871, p. 36.
188
3. Nordabhang des Stevelskopfes ^) [4].
Auf der von Oeynhausen' sehen Karte sind bei Hei-
lingshof zwei Vorkommen von Leucitophyr angegeben. Trotz
längeren Suchens habe ich an der nördlich vom Rabenköpfchen
gelegenen, als Leucitophyr aufgeführten kleinen Kuppe, möglicher-
vyeise in Folge der sehr dichten Bewachsung, keinen Aufschluss
finden können. Die umherliegenden Blöcke schienen mir nicht
beweisend, da sie ebenso gut aus den Tuffen des Rabenköpfchens
herstammen konnten.
Die Verbreitung der hellen Tuffe bei Heilingshof ist eine
grössere als sie auf den Karten v. Obynkausens und v. Decken' s
angegeben wird. So besteht nördlich des Gehöfts der nach Osten
zu in eine kleine Kuppe auslaufende, als Devon bezeichnete
Rücken in seinem westlichen Theile aus Tuffen, die entgegen-
gesetzt zu den Schiefern nach Norden einfallen. Ferner stehen
ähnliche, sehr grosse Leucitophyrblöcke enthaltende Tuffe, deren
Schichten in den Berg fallen, am nordöstlichen Abhänge des
Stevelskopfs an. Beide Vorkommen sind durch Schürfe aufge-
schlossen.
4. Engelerkopf^) |5].
5. Schillköpfchen 2) [6|.
6. Schillkopf^) [7],
7. Lehrberg 2) [8].
Das am Südabhange des Perlerkopfs liegende Vorkommen
der Hannebacher Ley^) ist in Folge des gänzlichen Fehlens des
Sanidins im Gestein nicht den Leucitophyren , sondern den Ne-
pheliniten zuzurechnen.
c. Die Riedener Vorkommen.
In die grosse, ein Hochplateau bildende Leucittuff-Partie in
dem südlichen Abschnitte unseres Gebiets ist das von drei Seiten
(0, S undW^) von dem „ Gänsehals'- genannten Ringwall umschlossene
Kesselthal von Rieden etwa 150 m tief eingeschnitten. Im Nor-
den lagert sich der breite, langgezogene Bergrücken der Höhe
vor, dessen südlicher Abhang in seinem westlichen Theile Seiberg,
im östlichen, etwas vorspringenden, die Hardt heisst. Von der
') V. Oevnhausen, Erläuterungen, p. 47. — Steininger, Eifel,
p. 103. — V. Decken, Laachersee, p. 202 ff. — vom Rath, diese Zeit-
schrift, XIV, p. 656.
*) v. Oeynhausen, Erläut., p. 47. — Steininger, Eifel, p. 103.
— V. Decken, Laachersee, p. 202 ff. — VOM Ratk. diese Zeitschr.,
XIV, p. 6.56.
^) Siehe Anhang.
189
östlichen Seite des Ringwalls ziehen sich zwei aus Tuifen beste-
hende Rücken nach der Mitte des Thals zu: der nördliche, viel
breitere ist der Schorenberg, der südliche ist durch einen schmalen
Sattel mit dem kegelförmigen, sich etwa 90 m über die Thalsohle
erhebenden Burgberg verbunden.
In dem Thale von Rieden stehen Leucitophyre an folgenden
Stellen an:
1. Burgberg 1) [9].
2. Südabhang des Schorenbergs ^) |10J.
VON Decken erwähnt noch eine Localität am Schoren-
berg, Taufskopf oder Königsthal •'^). Es ist nicht recht ersichtlich,
ob er anstehendes Gestein meint. Königsthal ist die enge, vom
Gänsehals südlich des Schorenbergs sich nach dem Fusse des
Burgbergs herunterziehende Schlucht, Taufskopf die nördlich von
ihrem Ausgange liegende Anhöhe. An beiden Stellen habe ich
nur zahlreiche Trümmer, kein anstehendes Gestein gefunden.
3. an der Hardt an zwei etwa 150 Schritt von einander
entfernten Punkten, unmittelbar am Feldwege von Rieden nach
der Hardt -1) [11].
Der seit etwa zwei Jahren eröfi'nete Steinbruchbetrieb
hat die beiden Punkte weiter aufgeschlossen. Es ist jedoch zur
Zeit noch nicht möglich, ein entscheidendes Urtheil darüber zu
gewinnen, ob es sich hier um ein gangförmiges Vorkommen im
Tuff, wie V. Dechen anzunehmen geneigt ist, handelt, oder ob
grössere, ältere Gesteinsmassen vorliegen, die durch Denudation
von einer jüngeren, überlagernden Tuffdecke theilweise entblösst
worden sind. Unzweifelhaft ist nur, dass die Felsmassen weit
bedeutendere sind, als sie v. Decken und vom Ratk nach den
damaligen Aufschlüssen angeben.
4. als Gang (?) am Abhang des Sclbergs^) [12].
5. an dem alten Wege von Rieden nach Obermendig, öst-
lich vom Nudcnthal*^) [13].
1) V. Oeynhausen, Erläut., p. 47. — Steininger, Eifel, p. J02.
— V. Decken, Laachersee, p. 141. — vom Rath, diese Zeitschr.,
XYI, p. 102.
-) V. Oeynhausen, Erl., p. 47. — Steininger, Eifel, p. 103. —
V. Decken, Laachersee, p. 142. — vom Rath, diese Zeitschr., XVI,
p. 99.
^) V. Decken, Laachersee, p. 142.
*) V. Decken, Laachersee, p. 144. — vom Ratk, diese Zeitschr.,
XVI, p. 90.
*) V. Decken, Laachersee, p. 141. — vom Ratk, diese Zeitschr.,
XVI, p. 91.
*) V. Oeynhausen, Erl., p. 4(5. — v. Decken, Laachersee, p. 141.
— VOM Ratk, diese Zeitschr., XVI, p. 103.
190
Leider sind an diesen beiden Puidden keine neueren Auf-
schlüsse vorhanden, welche einen Einblick in die noch unbekann-
ten Lagerungsvcrliältnisse dieser Vorkommen gestatteten.
6. an dem Wege von Rieden nach dem Altenberg [14].
Dieses neue, noch nicht beschriebene Vorkommen ver-
dankt gleichfalls seinen Aufschluss dem Steinbruclibetrieb. Es
liegt etwa 5 Minuten von Rieden entfernt an dem Wege
nach dem Altenberg. Hier steht eine eigenthümliche , von an-
deren Stellen des Gebietes noch nicht bekannt gewordene Leu-
citophyr- Varietät an. Abgesehen von dem Interesse, welches die
mineralogisch - petrographischen Abweichungen erwecken . sind es
vor Allem die Absonderungsverliältnisse des Gesteins, welche die
Aufmerksamkeit auf diesen Aufschluss lenken. Während im All-
gemeinen die niederrheinischen Leucitophyre entweder in grosse,
ungefüge, rundliche Blöcke \) oder massige, senkrechte Pfeiler^)
zerklüftet sind, treten hier dünne, polygonale Säulen von etwa
20 cm Durchmesser auf. die mit schwacher Neigung gegen den
Bergabhang stehen und eine fächerförmige Structur des Gesteins-
massivs vermuthen lassen. Oberhalb des Steinbruchs finden, sich
am Abhänge viele lose Blöcke der Schorenberger Varietät, wäh-
rend nach dem Gipfel zu unter denselben das Hardter Gestein
vorherrscht.
Ausser diesen anstehenden Vorkommen liegen allenthalben
auf und in den Tuffen Auswürflinge der verschiedensten Leuci-
tophyr- Abarten. Vom Gesteine der Punkte 2, H und 4 erreichen
dieselben oft die Grösse von mehreren Kubikmetern und tinden
sich zugleich mit Blöcken devonischer Grauwacke überaus reich-
lich am Seiberg und der Roth, einem westlich von ersterem an
dem Wege nach Volkesfeld gelegenen Abhang. Vom Seiberg,
von welcher Localität diese Varietät zuerst beschrieben wurde,
erhielt sie den Namen „Leucitophyr vom Selberg". Da jedoch
hier kein Vorkommen als unzweifelhaft anstehend erkannt worden
ist, so möchte ich die Bezeichnung „Leucitophyr von der Hardt",
an welcher Stelle diese Abart an zwei Punkten anstehend auf-
tritt, in Vorschlag bringen und habe dieselbe im weiteren Ver-
folg dieser Arbeit stets angewendet. Eine weitere, mineralogisch
von allen anstehenden Gesteinen abweichende Varietät findet sich
in Auswürflingen im Königsthal ^) und auf den Feldern zwischen
Rieden und Laach.
^) Steinbruch am nördlichen Ausgang von Kenipenich, Abhang des
Engelerkopfs.
*) Steinbruch im Perlcrkopf.
^) Siehe die Bemerkung zu dem A'orkomnien vom Schorenberg.
191
2. Die mineralogische Zusammensetzung der Leucitophyre.
Die einzelnen Diagnosen der Mineralien beruhen nicht nur
auf dem optischen, sondern auch dem chemischen Verhalten. In
allen Fällen, wo die optischen Eigenschaften Zweifel Hessen,
wurden mikrochemische Reactionen angewandt. Da ich jedoch
die Kenntniss der Methoden voraussetzen zu können glaube, habe
ich es unterlassen, dieselben in jedem einzelnen Falle anzuführen,
und dieses nur dort gethan, wo es einer besonderen Begründung
meiner Deutung bedurfte.
Zu den die Gesteine als Leucitophyre (im Sinne Rosen-
busch's) charakterisirenden Gemengtheilen Sanidin, Leucit und
Nephelin gesellt sich als ständiger Begleiter ein kalkhaltiger
Xosean. Die Menge des stets vorhandenen Augits schwankt sehr
stark. Während er in einzelnen Vorkommen (Hardt, Perlerkopf)
reichlich auftritt, spielt er vorzüglich in den melanitfreien Ge-
steinen eine untergeordnete Rolle. Von Uebergemengtheilen ist
in erster Linie der Melanit zu nennen, der für die eine Gruppe
bezeichnend ist. — ferner ein dunkler Glimmer, Titanit. Apatit.
Magnetit, im Olbrücker Gestein nach Chrustschofp Zirkon und
Spinell. Hornblende wird von einzelnen Autoren in den Vor-
kommen des Perlerkopfs, des Schillkopfs und der Hardt (Seiberg)
erwähnt. Soweit meine Untersuchungen reichen, liegt überall eine
Verwechslung mit Augit vor. Es scheint, als ob jenes Mineral
in den niederrheinischen Leucitophyren fehlt. — Die Sanidine
treten sowohl in Gestalt von Einsprenglingen, als auch in der
Grundmasse auf. Die wasserhellen Einsprenglinge erreichen
manchmal bedeutende Dimensionen. (An der Hardt fand ich einen
Krystall von 5 cm Länge). Die Ausbildungsweise ist entweder
leistenförmig nach der Axe a, oder tafelförmig nach der Svmmetrie-
ebene. Letzterer Typus ist besonders schön an den winzigen
Kryställchen in den Poren des Perlerkopfgesteins ausgebildet (nach
VOM Rath ooP (110), ooPa (130), ooPoD (010). OP (001),
2P^ (201). P (111)^). Zwillingsbildungen scheinen bei den
grösseren Individuen selten zu sein; die mikroskopischen Ein-
sprenglinge zeigen fast durchweg Karlsbader, seltener ßavenoer
Zwillinge. Ausser den Spaltbarkeiten nach OP (001) und qcPqo
(010) tritt eine ausgesprochene Absonderung nach der Querfläche
ooPqö (100) auf, nach welcher die Krystalle sehr leicht zer-
bröckeln. Die optischen Eigenschaften mehrerer Vorkommen
(Burgberg. Seiberg. Olbrück) hat Weiss ^) genauer studirt. Nach
seinen Beobachtungen ist die Lage der Ebene der optischen Axen
1) Dipse Zeitschr. XIV, p. 668.
^) Beiträge zur Feldspathbilduiig etc. Haarlem, 1866, p. 7ü u. f.
192
keine constante. so wechselt sie z. B. in den Krystallen vom
Seiberg. Rosenbusch ^) fand die Lage der Axenebene in den von
ihm untersuchten Stücken senkrecht zu xPoc (010). Die von
mir an Spaltblättchen der Hardter Krystalle gemessene Auslöschungs-
schiefe betrug im Mittel 6 ^. Zonare Bildung tritt selten auf.
Die Mikrostructur der Sanidin-Einsprenglinge ist eine ziemlich gleich-
massige. Schwärme von rundlichen Gasbläschen durchziehen in
langen Reihen die Krystalle. Ferner kommen langgezogene, den
Spaltrichtungen parallel angeordnete Poren vor; endlich sind auch
Glaskörner mit fest stehender Luftblase nicht selten. Flüssigkeits-
einschlüsse mit beweglicher Libelle, wie sie von Zirkel beobachtet
wurden, habe ich weder im Sanidin noch in den übrigen Gemeng-
theilen finden können. An Einschlüssen älterer Gemengtheile sind
vor Allem die Sanidine der Melanit führenden Varietäten reich.
In dem Gesteine der Hardt beschränken sich dieselben vornehm-
lich auf die Ränder, während in dem Perlerkopf- und Rieden-
Altenberg - Vorkommen die einzelnen Individuen vollständig von
fremden Kryställchen und Körnern durchspickt erscheinen, sodass
bei zurücktretender Grundmasse die meist nach dem Karlsbader
Gesetz verwachsenen Krystalle von etwa 7? bis 1 mm Grösse
gleichsam den Kitt bilden, in dem die übrigen Gemengtheile ein-
gebettet sind. Mit blossem Auge schon ist die überaus häufige
Einwachsung von Nosean zu beobachten. Die oft fiuidal ange-
ordneten, meist verzwillingten , leistenförmigen Sanidinmikrolithe
der Grundmasse sinken manchmal in ihren Dimensionen zu
äusserster Feinheit herab. (Rieden-Nudenthal).
Der Leucit. dessen Mikrostructur ebenso wie die des
Nephelins und Noseans zuerst durch Zirkel" s mühsame Unter-
suchungen bekannt geworden ist, erreicht bis 6 mm Grösse (nach
VOM Rath an der Hardt). Er ist meist als Einsprengling vor-
handen und betheiligt sich nur sehr zurücktretend an der Zu-
sammensetzung der Grundmasse. Ausser den schon bekannten,
oft zonar gelagerten Einschlüssen von Glasbläschen, Glaskörnern
und Augitmikrolithen, ferner von Nephelin, Nosean. Augit, Titanit,
Melanit, Apatit und Magnetit fand ich Glimmer (Auswürfling von
Obermendig) und Sanidin (Hardt). Rosenbusch-) hebt ausdrück-
lich hervor, dass letzterer niemals als Einschluss im Leucit vor-
käme. Der betreffende Sanidin ist eine verzwillingte Leiste von
0,11 mm Länge und 0,02 mm Breite, die am Rande einen zwischen
gekreuzten Nicols sehr schön gestreift erscheinenden Leucite ein-
gelagert ist. Das Auftreten dieser mannigfaltigen Einschlüsse ist
') Massige Gesteine, 2. Autl., p. 609.
*) Ebenda, p. 614.
193
bezüglich der Menge in den Leuciten der einzelnen Vorkommen
ein verschiedenartiges. Sehr einschlussreich an Augitnädelchen,
die dann, nach Zirkel's Vergleich, den Leuciten im Dünnschliff
das Ansehen eines durclischnittenen Knäuels geben, sind sie in
den Gesteinen vom Perlerkopf und Rieden-Altenberg, an Kryställ-
chen der übrigen Gemengtheile die Leucite der Vorkommen vom
Schorenberg und der Hardt. Schöne Glaseinschlüsse finden sich
in den Leuciten des zuletzt erwähnten Gesteins und denen von
Rieden-Nudenthal. Durch verhältnissmässig einschlussfreie Leucite
zeichnen sich aus: Burgberg. Schillkopf, Schillköpfchen, auch
Olbrück.
Um die Leucite mancher Vorkommen legen sich die bekannten,
oft beschriebenen Kränze von Auyitraikrolithen, besonders schön
im Olbrück- ') und Engelerkopfgestein und erzeugen dadurch ein
Gefüge, für welches Rosenbusch -) die Bezeichnung Ocellar-Structur
vorgeschlagen hat.
Dieselbe Erscheinung erhielten FouQuii und Michel-Levy^)
in ihrem künstlich dargestellten Leucitit.
[Analyse des Leucits aus einem Blocke vom Seiberg in dies.
Zeitschr. Bd. 16, p. 92 (Bischof)j.
Derjenige Gemengtheil, welcher quantitativ am gleichmässig-
sten in allen Vorkommen auftritt, ist der Nephelin. Da er durch-
schnittlich nur ü,l mm, selten bis Ü,2 mm (Ramersbach) lange,
gedrungene Säulchen bildet, so ist er mit blossem Auge nirgends
erkennbar. Die Einsprenglinge weichen in Bezug auf Krystall-
fonn, Spaltbarkeit und Mikrostructur nicht von den Nephelinen
anderer Phonolithe ab, sodass ich von einer weiteren Schilderung
füglich absehen kann. Augitische Kranzbildungen sind ebenso ver-
breitet wie beim Leucit.
Die Nepheline der Grundmasse sinken in den meisten Vor-
kommen (besonders Burgberg, Rieden-Nudenthal) zu unendlich
winzigen Grössenverhältnissen herab. Nur bei Anwendung stärkster
Vergrösserung und durcii Senken des Polarisators erzeugten diver-
genten Lichts ist ein Erkenneji der überall scharf begrenzten
Formen möglich.
Als bei Weitem häufigster, mit unbewaffnetem Auge sicht-
barer Einsprengung tritt der Nosean auf. Vom Rath (diese
Zeitschr. XVI.. p. 81) hat in ausführlichster Weise eine Beschrei-
bung seiner makroskopischen Eigenschaften gegeben, auf die ich
hier verweise. Die mikroskopischen Kryställchen sind besonders
') Cohen, Mikrophotographien, t. XI, f. 3.
-) Massige Gesteine, 2. Aufl., p. ()25.
*) Synthese des Mineraux, p. 64.
194
schön als Einschlüsse in jüngeren Gemengtheilen erhalten und
haben als solche oft eine sehr geringe Grösse. Als Grundmassen-
gemengtheil habe ich den Nosean nicht beobachtet. Seine be-
kannte Milirostructur ^) ist in mannigfaltigster Weise entwickelt.
Während vorwiegend in den augitarmen Varietäten der Reichthum
von Einschlüssen ein kleinerer zu sein scheint, verdichten sich
manchmal in den Gesteinen vom Perlerkopf und der Hardt u. a.
die bei eintretender Verwitterung sich roth färbenden Strich-
systeme ^) so stark, dass die Durchschnitte kaum mehr lichtdurch-
lässig sind. Die anfangs vermuthete, chemische Verschiedenheit
der an Einschlüssen reichen und armen Noseane Hess sich auf
mikrochemischem Wege nicht nachweisen.
An Einschlüssen fremder Minerale sind die Noseane meist
arm. Im Hardt er Gestein treten jedoch öfters grosse Individuen
auf. welche Krystalle von Apatit. Melanit. Titanit, Augit und
Nephelin zahlreich beherbergen. Leucit ist von mir nur einmal
als Einschluss beobachtet worden^) (Riedener Auswürfling). Die
Noseane verfallen von allen Gemengtheilen der Leucitophyre am
leichtesten der Zersetzung, die unter sehr reichlicher Ausschei-
dung von Kalkspath in trübe, von Eisenoxyden gefärbte Massen
erfolgt. Mit blossem Auge ist an den Gesteinen die von den
Nosean-Einsprenglingen ausgehende Verwitterung an hellen, sie
umgebenden Höfen zu erkennen, die den ersteren ein geflecktes
Aussehen geben.
[Analyse des Noseans von der Hardt. dies. Zeitschr. Bd. 16,
p. 83 (vom Rath)].
Als ständiger, aber in seinem Mengenverhältniss stark wechseln-
der Gemengtheil tritt, wie schon oben erwähnt wurde. Augit in
die Zusammensetzung der Leucitophyre ein. Seine Ausbildungs-
form ist eine zweifache: eine ältere, dem gemeinen Augit ähnliche
und eine jüngere, saftgrüne, die theils als Rinde die Krystalle
erster Generation umgiebt, theils als kleinere Krystalle, als Lappen
oder nadeiförmige IVIikrolithe in der Grundmasse vorhanden ist.
Eingehender haben sich mit dem Augite des Hardter (Selberger)
Vorkommens, vorzüglich mit seiner chemischen Zusammensetzung,
A. Merian"*) und P. Mann^) beschäftigt. Meriax's Material
stammt von dem als Gang (?) bezeichneten Vorkommen am Sel-
') Cohen, Mikrophot., t. LVII, f. 8.
*) vergl. Zirkel, Poggend. Annal. p. 131, 319.
*) VOM Rath erwähnt schon diese Erscheinung (diese Zeitschr. XVI,
p. 105), während Zirkel sagt, dass niemals kleine Leucite in Nosean-
krystallen beobachtet wurden (diese Zeitschr. XX, p. 1'29).
*) Neues Jahrb. Beil.-Bd. III, p. 274.
") Neues Jahrb., 1884, 2, p. 197.
195
berg; P. Mann hat angeblich den Augit des Burgberger Leucito-
phyrs untersuclit, in Wahrheit jedoch in Folge einer Verwechslung
des Materials gleichfalls von der Hardt oder dem Seiberg her-
rührendes Gestein, wie weiter unten gezeigt werden wird, benutzt.
Merian enthält sich einer näheren Charakteristik des Selberger
Gesteins, aus dem die von ihm untersuchten Augite stammen, da,
wie er sagt, schon Zirkel dieselbe in seinem Aufsatz über den
Leucit^) gegeben hätte. In dieser letzteren Arbeit ist jedoch
nirgends von dem Selberger Gestein die Rede. Durch ein eigen-
thümliches Spiel des Zufalls behält Merian jedoch mit seiner Behaup-
tung Recht. Bei einem sorgfältigen Vergleich der ZiRKEi/schen
Beschreibung des Burgberger Gesteins mit aus authentischem
Material angefertigten Dünnschliffen stellten sich sehr weitgehende
Differenzen heraus. Erstere passte in keiner Weise zu den von
mir gemachten Beobachtungen. So spricht Zirkel von grösseren
Krystallen von Nosean, Sanidin, Augit, Leucit, welche letztere
^weniger zahlreich" als im Sohorenberger und Olbrücker Gestein
auftreten, aber niemals eigentlich ,.zu mikroskopischer Kleinheit"
herabsiiiken sollen. In meinen Schliffen ist das Burgberger Ge-
stein sehr arm an Einsprenglingen. grössere makroskopische
fehlen überhaupt in den Handstücken, die zahlreichen mikro-
skopischen erreichen höchstens etwa 0.2 bis U,3 mm Grösse.
Die Grundmasse soll nach Zirkel sehr deutlich im polarisirten
Lichte in ihre einzelnen Elemente zerfallen; nach meinen Beob-
achtungen ist sie nur mit stärkster Vergrösserung auflösbar. Nach
Zirkel enthält das Gestein grössere, schön ausgebildete Apatit-
krystalle^), mir gelang es trotz längeren Suchens nicht ein
Körnchen davon zu finden "^j u. n. A. m.
Meine Verrauthung, dass hier eine Verwechslung mit dem
Hardter Gesteine, auf das die Beschreibung sehr gut passt, vor-
läge, wurde durch das Studium eines mir gütigst von Herrn Ge-
heimrath Zirkel überlassenen, die Bezeichnung „Burgberg" tragen-
den Dünnschliffs zur Gewissheit.
Augenscheinlich hat nun P. Mann, der seine Arbeit auf
Anregung des Herrn Geheiraraths Zirkel unternommen hat. das-
selbe Material verwendet. Aus den MANN'schen Ausführungen
scheint mir für das Hardter Gestein vor allen Dingen die Er-
wähnung des sehr bezeichnenden Zusammenvorkommens von Augit,
>) Diese Zoitschr., XX, 131.
*) Diese Zeitschr., XX. 135. Die im letzten Absätze sehr genau
beschriebenen, jedoch in ihrer Natur noch nicht erkannten, Krystalle
sind später als Apatit bestimmt worden.
*) siehe p. 4.5.
196
Titanit. Melanit, Magneteisen bezw. Titaneisen und Apatit be-
weisend zu sein, das nur noch im Perlerkopfgestein und dort viel
zurücktretender vorhanden ist.
Das Burgberger Gestein führt überhaupt kernen Melanit,
Augit spärlich, Titanit sehr selten, Apatit fehlt, wie eben erwähnt,
in meinen Dünnschlitfen ganz, obwohl ich in Rücksicht auf sein
Auftreten in sehr verwandten Gesteinen (Schillkopf. Schillköpf-
chen, ülbrück u. A.) dieses Fehlen nur als ein zufälliges, auf die
untersuchten Schliffe beschränktes, annehmen möchte.
Soweit ich aus der genauen Charakteristik der Augite, welche
gut mit den Ergebnissen meiner Untersuchungen übereinstimmt,
schliessen kann, hat Merian authentisches Material benutzt.
Die Augit-Einsprenglinge , deren Grösse selten wenige Milli-
meter überschreitet (ausnahmsweise erreichen dieselben an der
Hardt 2,5 cm), sind vielfach tafelförmig nach der Quei-fläche ent-
wickelt, nach welcher auch wiederholte Zwilliugsbildungen öfters
auftreten. Die beobachteten Flächen entsprechen denen des basalti-
schen Augits. Unter dem Mikroskop zeigen die meist zonar ge-
bauten, grösseren Individuen (Hardt, Perlerkopf) hell grüne, oder
nelkenbraune Kerne, die oft durch eine hellere Zone in den oben
erwähnten, saftgrünen Mantel übergehen. Der Pleochroisraus der
hell grünen Kerne ist ziemlich kräftig, für
a grünlich graugelb,
b grün.
C bläulich grün,
derjenige der Ränder ist sehr stark und bewegt sich in gleichen
Farbentönen. Die braunen Kerne sind schwach pleochroitisch.
a und b gelbgrau,
c violettgrau.
Die Auslöschungsschiefe auf der Längsfläche wurde im Maximum
zu 43 " gemessen. (Nach Mann 30 ", nach Merian 45 "). Bei
zonareni Bau ist eine deutliche Abnahme der Schiefe nach dem
Rande zu bemerkbar (Für diesen letzteren würde die von Mann ^)
angegebene Zahl wohl richtig sein). Durch die hierdurch er-
wiesene Zusammensetzung der einzelnen Individuen aus Schaalen
isomorpher Verbindungen mag möglicherweise die in manchen
Punkten bestehende Abweichung in den Resultaten der beiden
eben genaimten Autoren ihre Erldärung linden. An Einschlüssen
beherbei'gen die Augite der Hardt und des Perlerkopfs zahlreich
*) In Folge der irrigen Bestimmung der Schiefe seitens Mann's
müssen die von ihm auf Grund des Vergleich letzterer mit den Re-
sultaten der chemischen Analyse gemachten Schlussfolgerungen für die
Augite des Hardter Gesteins wenigstens als unzutreffend bezeichnet
werden.
197
grössere Glasmassen, ferner Kry stalle von Apatit, Magnetit, Melanit,
Titanit, Nephelin und Nosean. an der Hardt auch Glimmer, in
den übrigen Vorkommen sind die Krystalle meist einschlussfrei.
In der Grundmasse tritt der Augit. wie erwähnt, vorwiegend
in kleinen, saft- bis dunkel grünen Lappen auf. Scharfe krystallo-
graphische Begrenzung ist selten. In Form feiner, nadeiförmiger
Mikrolithe, die dann auch die Einsprenglinge durchdringen, findet
er sich in den Vorkommen von Kieden-Altenberg. Lehrberg und
Ramersbach besonders gut entwickelt. Hier scheint die Augit-
ausscheidung lange Zeit neben der Auskrystallisirung der übrigen
Bestandtheile vor sich gegangen zu sein. Der kranzförmigen Um-
lagerung älterer Gemengtheile durch Augitmiki'olithe (Ocellar-
Structur) ist schon oben gedacht worden.
Der Melanit ist makroskopisch im Perlerkopfgestein in scharf
ausgebildeten Rhombendodekaedern von 2 bis 3 mm Grösse, die
oft eine gerade Abstumpfung der Kanten zeigen, vorhanden. Die-
selben schälen sich vorzüglich aus dem verwitterten Gesteine, das
massenhaft in den Tuffen der südlichen Steinbrucheinfahrt liegt,
heraus.
Mikroskopisch sind zwei Ausbildungsweisen, zwischen denen
Uebergänge vorhanden sind, zu unterscheiden: in scharfen, fast
durchweg sehr kleinen Kryställchen (Schorenberg, Rieden-Alten-
berg, Hardt, Perlerkopf) und in gerundeten, stets grösseren, oft
lappenförmig entwickelten. Körnern. Die Farbe des Melanits ist
eine satt braune; die Durchschnitte sind vollkommen isotrop und
zeigen nui" manchmal den für Melanit gewöhnlicli als charakte-
ristisch aufgeführten zonaren Aufbau ^). Als Einschluss wurde
Apatit beobachtet. (Hardt, Perlerkopf j.
Wie sich aus den weiter unten citirten Analysen ergiebt, ist
das Auftreten von Melanit in den niederrheinischen Leucitophyren
an ein gewisses Vorwalten der Basen gegenüber der Kieselsäure
im Gestein gebunden^). Sobald von vornherein im Gesteinsmagma
der Gehalt an letzterer überwiegt, oder durch Ausscheiden der
Gemengtheile von stark basischer Zusammensetzung der Schmelz-
fluss saurer geworden ist, scheinen nur die Bedingungen für die
Bildung des Augits gegeben zu sein. Abgesehen von dem, soweit ich
beobachtet habe, stets jüngeren Alter des letzteren im Vergleiche
zu dem des Melanits, sprechen vor Allem die synthetischen Ver-
suche von FouQUE und Michel -Levy^) für obige Annahme
») Vergl. Sauek über die Melanite der Obei-wiesenthaler Leucito
phyre und Phonolithe. Erl. z. geol. Specialkarte Sachsens. Sect.
Wiesenthal, p. 58.
') Siehe Anmerkung 3 zu p. 199.
*) Synthese des mineraux, p. 63, 64.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 2. 14
198
Diese beiden Forscher erhielten beim Zusammenschmelzen von
Augit und Nephelin im Verhältniss von 1.3 : 3 ein mikrolithisches
Gemenge der beiden Componenten, während bei Verminderung des
Augits bis zum Verhältniss von 1 : 10 sich schöne Krystalle von
Nephelin, Oktaeder von Spinell und isotrope bräunliche Melanit-
dodekaeder ausschieden.
Der Glimmer spielt in den Leucitophyren eine geringe Rolle;
bis auf das Gestein des Perlerkopfes ist er zwar überall, aber
in sehr unbedeutender Menge vertreten. In grösseren, manchmal
einige Centimeter messenden Krystallen findet er sich im Hardter
Gestein und den eigenthümlichen Auswürflingen des Königsthals
und des Weges Laach-Rieden ^). Unter dem Mikroskop zeigt er
sich kräftig pleochroitisch; die Richtung der stärksten Absorption
liegt parallel der Spaltbarkeit. Der Axenwinkel ist klein, aber
deutlich wahrnehmbar. An Einschlüssen enthält er vielfach sehr
reichlich ausgeschiedene, opake Körnchen, die manchmal blätter-
oder streifenartig angeordnet sind. Magmatische Resorption unter
Umwandlung in Augit bis zum völligen Verschwinden des Glim-
mers ist nicht selten.
Die Verbreitung des Titanits ist in den Gesteinen eine ver-
schiedene. Sehr reichlich ist er im Hardt- und Perlerkopfgestein
vorhanden, wo er gern in gut ausgebildeten Berührungszwillingen
nach OP (001) auftritt.
Der Apatit findet sich weniger in langen, quer gegliederten
Nadeln, als vorwiegend in kurzen, säulenförmigen Krystallen und
kleinen, gerundeten Körnern von bestäubtem Aussehen. Auffallend
reichhch betheiligt er sich an der Zusammensetzung des Gesteins
der Hardt und des Perlerkopfs, in denen die Individuen oft meh-
rere Zehntel Millimeter Länge messen.
Der Magnetit ist nur in wenigen Körnern vorhanden, die
selten makroskopische Grösse erreichen; eine Ausnahme bilden die
schon öfters erwähnten - Auswürflinge des Königsthals, in denen
dieses Mineral einen wesentlichen Gesteinsgemengtheil ausmacht.
Die Grundmasse der Leucitophyre besteht in den meisten
Vorkommen aus Nephelin und Sanidin. denen sich in wechselnder
Menge Augit und Leucit zugesellen. Die Ausbildung derselben
ist vielfach eine ausserordentlich feinkörnige (wie schon erwähnt:
Burgberg, dann Rieden-Nudenthal. Schillkopf, Schillköpfchen). Bei
stärkster Vergrösserung sieht man eine wasserklare, lichtgelbe
Masse, die die einzelnen, meist gut begi-enzten Kryställchen in
dünnster Schicht umhüllt. Eine Prüfung auf ihr Verhalten zwischen
gekreuzten Nicols ist bei der grossen Lichtschwäche des Bildes
^) Vergl. Anmerkung 3, p. 189.
199
sehr schwer auszufüliren und ihr Resultat nur zu leicht von sub-
jectiver Auffassung abhängig, Soweit ich es beurtheilen konnte,
war diese (rlasbasis (?) in allen Vorkommen vorhanden und isotrop.
Entglasungsproducte habe ich nicht beobachtet; da überall in den
Gesteinen durch Verwitterung staubförmige opake Körnchen aus-
geschieden sind, so ist leicht eine Verwechslung dieser mit globu-
litischen Bildungen möglich. Letztere werden von Rosenbusch ^)
im Olbrücker Gestein angegeben. Als besonders Glas führend
werden das letztere (ibid.) und das Vorkommen vom Engeler-
kopf genannt^).
3. Eintheilung der niederrheinischen Leucitophyre.
Die Leucitophyre unseres Gebietes gliedern sich in zwei
Hauptgruppen, welche sowohl durch ihre chemische Zusammen-
setzung als auch ihre petrographischen Verhältnisse deutlich ge-
schieden sind; mineralogisch thut sich dieser Unterschied durch
einen Gehalt an Melanit kund, welchen letzteren ich deshalb für
die niederrheinischen Leucitophyre classificatorisch zu verwenden
vorschlage.
Nach diesem Eintheilungsgi'unde würden zu den melanitfreien
Leucitophyren — Gruppe I — das Vorkommen von Ramersbach,
die Gruppe Wollscheid-Engeln mit Ausnahme des Perlerkopfs, der
Burgberg und das Rieden-Nudenthalgestein, zu den Melanit führen-
den — Gruppe II — der Perlerkopf und die im Riedener Kessel-
thaie anstehenden Vorkommen vom Schorenberg, Rieden-Altenbei'g
und von der Hardt gehören.
Chemisch unterscheiden sich die beiden Gruppen durch den
Gehalt an Si02, der bei den Gliedern jeder derselben, soweit es
sich nach dem vorhandenen Analysenmaterial ^) beurtheilen lässt,
sehr gut übereinstimmt.
^) Massige Gesteine, 2. Aufl., p. 620.
^) V. Decken, Erl. 2, p. 45. Wahrscheinlich ein Versehen des
Setzers. Die Klammer soll wohl vor Engelerkopf stehen und bezöge
sich dann auf Olbrück.
') Gruppe I:
o/o Gehalt an Si 0„
Olbrück .... 54,02 VOM Rath, d. Zeitschr. XII, p. 38, XVI. 107.
Engelerkopt . , 54,20 van Emster, diese Zeitschr. XVI, p. 109.
Schillkopf . . . 53,30 „ „ „ „ „ „
"^"teif S!;S \ 53,54 VOM RATH, diese Zeitschr. XVI, p. 106.
lose Blöcke . . ( ''^^^^ " " " " ^^^' ?" ^^^-
Gruppe II:
Schorenberg . . 49,18 vom Rath, diese Zeitschr. XVI, p. 100.
Seiberg .... 48,25 „ „ „ „ X\l, p. 97.
Perlerkopf . . . 48,95 „ „ „ „ XIV, p. 666.
14*
200
Derselbe beträgt für Gruppe I 53 — 54 7o. füi' Gruppe 11
48 — 49 7o- Die mannigfachen petrographischen Abweichungen
finden auf den nächsten Seiten ihre Besprechung.
a. Die melanitfreien Leucitophyre.
Die Gesteine der einzelneu Vorkommen dieser Gruppe gleichen
sich nach jeder Richtung so ausserordentlich, dass zur Vermeidung
ermüdender Wiederholungen eine gemeinsame Schilderung ange-
zeigt erscheint. Soweit besondere Eigenthünilichkeiten dieses oder
jenes Gemengtheils oder sonstige Einzelheiten nicht schon oben
erwähnt worden sind, finden sie hier ihre Berücksichtigung.
In brauner oder grünlich brauner, (Engelerkopf, Lehrberg)
phonolithartiger Grundmasse liegen reichlich 2 bis 3 mm grosse
Einsprengunge von Nosean eingebettet, spärlicher solche von
Sanidin, selten Augit. Magnetit. Titanit. Glimmer (etwas reich-
licher Engelerkopf, Lehrberg) und Leucit') (Engelerkopf). Die
Grundmasse überwiegt stets bedeutend gegenüber den Einspreng-
ungen. Die Gesteine spalten gut in hellklingende Platten, die
flach-muschligen Bruch zeigen. Bei eintretender Zersetzung bleichen
dieselben aus (das Engelerkopfgestein wird hell blaugrün), werden
unter Verlust ihrer Spaltbarkeit erdig und erhalten, in Folge der
Auswitterung der Noseane, ein löchriges, zerfressenes Aussehen.
Beim Olbrücker Gestein treten die bis dahin in der Grundmasse
versteckteiv Leucite als kleine Punkte hervor.
Mikroskopischer Befund: die Grundraasse besteht in der
Hauptsache aus einem sehr feinkörnigen Gemenge von Nephelin-
kryställchen und Sanidinleisten, zu denen sich zurücktretend
Leucite und grüne Augitmikrolithe gesellen. An Einsprenglingen
sind in erster Linie Leucit, Nephelin und Nosean zu nennen,
letzterer meist in schon makroskopisch sichtbaren Lidividuen,
ferner Sanidin. spärlicher Augit. Ganz untergeordnet treten Mag-
netit. Glimmer und Apatit auf. Auch unter dem Mikroskop ist
ein unzweifelhaftes Vorwalten der Grundmasse zu constatiren, von
der sich, gleichsam wie von einem Teppich, die einzelnen Ein-
sprengunge abheben. An grösseren Einschlüssen sedimentärer Ge-
steinstrümmer sind das Olbrücker -j und das Stevelskopfer ^) Gestein
reich. Eigenthümliche, oft über faustgrosse Einschlüsse, die nach
der mikroskopischen Untersuchung vorwiegend aus stark ver-
ändertem Glimmer, hell grünem Augit, — letzterei in selbststän-
*) VOM Rath, diese Zeitschr. XII, 34,
^) Derselbe, ebenda, XII, 33, XYI, 103.
3) Derselbe, ebenda, XIY, 661, XYI. 103.
201
digen Krystalleii und als Uniwandlungsproduct an den Rändern
der Glimmerblättchen — wenigen Magnetitkörnchen und sekun-
därem, fasrigeni Natrolith bestehen, enthält das Vorkommen am
Engelerkopt'M. Die Grenzen dieser Einschüsse gegen das Gestein
sind überall sehr scharf abgesetzt. Was ihr Verhältniss zu dem
Leucitophyr betriift. so glaube ich. dass dieselben als erste, feste
Ausscheidungen aus dem Gesteinsflusse aufzufassen sind; jedenfalls
deutet die eben erwähnte starke Veränderung des Glimmers auf
eine energische Einwirkung des Magmas hin, welche durch obige
Annahme ihre natürliche Erklärung fände.
(Literatur siehe Anni. 2).
b. Die Melanit führenden Leucitophyre.
Die vier hierher gehörenden Abarten zeigen in ihrem äus-
seren Habitus kaum irgend eine Aehnlichkeit. Das Gestein von
Rieden-Altenberg ist blaugrün, wenn etwas verwittert, bräunlich
und grauwackenähnlich mit kaum hervortretenden Einsprengungen;
das Schorenberger nähert sich in seinem Aussehen etwas dem
des Engelerkopfs. In graugrüner Grundmasse liegen zahllose Ein-
sprengunge von Nosean und Leucit, letztere meist in nur mit der
Lupe sichtbaren Individuen, seltener in grösseren Krystallen (4 mm).
1) VOM Rath, diese Zeitschr. XIV, 661, XVI, 103.
2) 01b rück: vom Rath, diese Zeitschr. XII, p. 33. — Zirkel, d.
Zeitschr. XX, p. 122. — Weiss, Feldspatlibilduug, p. 75. — Zirkel,
Min. u. Gest., p. 397. — von Dechen, Laachersee, p. 594. ; Erl. 2,
p. 46. — Rosenbusch, Phvsiogr., 2. Aufl. I, 279, II, 609, 620, 629.
Referat über Föhr, N. J. 'l882, 1, p. 413. — Roth, Geol. 2, p. 270.
— VON Chrustschoff, N. J. 1886, 2, p. 183 bis 184. — Cohen,
Mikroph. t. X, f. 1 u. 2. — Fouque et Michel Levy, Miner.
microg. Planches LI. — Stevelskopf: vom Rath, diese Zeitschr.
XIV, p. 661, XVI, p. 102. — Engelerkopf: vom Rath, diese Zeitschr.,
XII, p. 34, XIV, p. 661, XVI, p. 102. — von Decken, Laachersee,
p. 202, 594.; Erl. 2, p. 45. — Rosenbusch, Mass. Gest., 2. Aufl., p. 629.
— Schillkopf: vom Rath, d. Zeitschr., XIV, p. 660, XVI, p. 102.
— von Decken, Laachersee, p. 203, 594. ; Erl. 2, p. 45. — Rosen-
busch, Massige Gest., 2. Aufl., p. 629. — Lehrberg: von Decken,
Laachersee, p. 203, 594. — Zirkel, diese Zeitschr. XX, p. 127; Min.
u. Gest., p. 398. — Rosenbusch, Massige Gest., 2. Aufl., p. 629. —
Burgberg: Steininger, Eifel, p. 102. — von Decken, Laachersee,
p. 141, 594. — vom Rath, diese Zeitschr. XII, p. 39, XVI, p. 102,
spec. 105. — Weiss, Feldspatlibilduug, p. 70. — Rosenbusch, Massige
Gest., 2. Aufl., p. 29. [Die Angaben Zirkel"s, diese Zeitschr. XX,
p. 130; Miner. u. Gest., p. 398; PoGG. Ann., p. L31, 319, ebenso
P. Mann's N. J. 1884, 2, p. 197 beziehen sieh auf Hardter Vorkommen
— Roth's Notiz, Geol. 2, p. 270, da auf den citirten Arbeiten be
ruhend, gleichfalls irrig] Cohen, Mikroph. t. LVIII, f. 3. (Nosean).
202
Hier und da findet sich ein Sanidinsäulchen . ganz vereinzelt ein
Titanit- oder Magnetitkorn.
Das Perlerkopfgestein ist dunkel grau, von sehr feinkörniger,
scheinbar holokrystalliner. manchmal poröser Structur. Die Grösse
der einzelnen Gemengtheile überschreitet selten 1 mm. Mit der
Lupe sind zu unterscheiden: Sanidin. Nosean und Augit. die sich
gleichmässig an dem Aufbau des Gesteins betheiligen, ferner
Melanit, selten Titanit und Magnetit. — Das Hardter Vorkommen
zeigt eine porphyrische Structur. In einer sehr feinkörnigen,
hell grauen, stark zurücktretenden Grundmasse liegen eng an ein-
ander gedi'ängt etwa 2 bis 3 mm grosse Krystalle von Sanidin,
Augit, Leucit, Nosean. vereinzelt Glimmer. Einzelne Einspreng-
unge eiTcichen Dimensionen bis zu 5 cm. An Einschlüssen in
diesem Gestein finden sich Stücke eines, den Königsthaler Aus-
würflingen sehr gleichenden. Leucitophyrs. nach vom Rath^) auch
„wesentlich aus Sanidin und Nosean bestehende Aggregatmassen,
gewissen Laacher Auswürflingen ähnlich".
Unter dem Mikroskop zeigen die Melanit führenden Gesteine
im Gegensatz zu den melanitfreien eine selbst bei schwacher. Ver-
grösserung sehr deutlich in ihren mineralogischen Bestandtheilen
erkennbare Grundmasse. Dieselbe ist in den einzelnen Varietäten
ziemlich mannigfaltig entwickelt. Im Hardter Gestein besteht sie
vorwiegend aus kleinen Nephelinen und Sanidinleistchen, wenig
mikrolithischem Augit, im Schorenberger aus Nephelin und Augit-
säulchen und sehr zurücktretendem Sanidin; das Perlerkopfer und
Rieden- Altenberger Gestein endlich hat imr wenig eigentliche Grund-
masse; dieselbe wird meist durch grössere Sanidine ersetzt, in
denen die übrigen Gemengtheile eingebettet sind^). Kleine Leucite
finden sich wohl überall, ohne aber quantitativ irgend eine Be-
deutung zu erlangen. — Ferner ist für die Gruppe H das Zurück-
treten der Grundmasse gegenüber den Einsprengungen charakte-
ristisch. Als solcher findet sich der Sanidin in mikroskopischen
Krystallen an der Hardt und am Perlerkopf, sehr spärlich in den
beiden anderen Vorkommen. Der Leucit herrscht im Schorenberger
und Rieden-Altenberger Gestein; an der Hardt erscheint er in
einzelnen gi'össeren Individuen, während er am Perlerkopf nur
sehr untergeordnet ist. Nephelin ist in allen Vorkommen gut
entwickelt; Nosean ist selten im Rieden - Altenberger , meist nur
in makroskopischen Krystallen im Schorenberger Vorkommen vor-
handen; Hardt und Perlerkopf führen ihn reichlich und in ver-
>) Diese Zeitschr. X\l, p. 94.
-) Siehe p. 192.
203
schiedenster Grösse. Der Augit tritt in der Gruppe II im All-
gemeinen reichlicher als in den melauitfrcicn Gesteinen auf. Vor
Allem herrscht er in den Yorkonnnen der Hardt und des Perler-
kopfs, während er sich in dem Schorcnberger und Rieden-Alten-
berger Gestein, in welchem die Ausbildung eine feinnadelförmige
ist, mehr auf die Grundmassc beschränkt. Was den Melanit
anbetrifft, so ist schon oben seiner doppelten Ausbildungsweise
gedacht worden. Für das Hardt- und Perlerkopf-Vorkommen ist
die Association Augit, Melanit. Titaiiit, Apatit und Magneteisen
äusserst charakteristisch '). Der Gehalt an Titanit und Apatit ist
hier ein ungewöhnlich hoher. Rosenbusch ^j erwähnt vom Perler-
kopf Perowskit. Er hält die kleinen, braunen Oktaeder, die im
Dünnschliffe zu beobachten sind, für dieses Mineral und sieht in
seinem Auftreten einen Hinweis auf die verwandtschaftlichen Be-
ziehungen der Leucitophyre zu den Leucittephriten und Leuci-
titen. In meinen Präparaten sind die verhältnissmässig seltenen,
viereckigen Durchschnitte in Farbe und optischem Verhalten in
keiner Weise von den sechseckigen unterscliieden. deren Bestim-
mung als Melanit von keiner Seite bisher angezweifelt worden
ist. Ein Vergleich der fraglichen Kryställchen mit den als Pe-
rowskit erwiesenen, bräunlichen, schwach doppelbrechenden, haken-
förmigen Fetzen im Gesteine der Hannebacher Ley lässt keine
Aehnlichkeit zwischen beiden erkennen. Bei der Unlöslichkeit
des Perowskits in Säuren war die endgültige Entscheidung dieser
Frage nur auf chemischem Wege herbeizuführen. Eine gröbere
Menge des sehr fein gepulverten Perlerkopf - Gesteins wurde zu-
nächst mit Chlorwasserstoff, dann mit Fluorwasserstoff behandelt,
wonach durchaus kein Rückstand zurückblieb. Hierdurch wird
der Nachweis geliefert, dass Perowskit und auch Picotit, als
welcher vielleickt die braunen Kryställchen angesprochen werden
können, in dem Gesteine nicht vorhanden sind. Meiner Ansicht
nach sind die scheinbar oktaedrischen, voUkonnuen isotropen,
braunen Durchschnitte Melanite, deren Umrisse durch die Lage
der Schliffebene bedingt sind.
(Literatur siehe Anmerkung 8).
1) Siehe die Anmerkung auf p. 196.
^) Massige Gesteine, 2. Aufl., p. 630.
*) Schorenberg: von Decken, Laachersee, pag. 142, 594.;
Erl. 2, p. 45. — VOM Rath, diese Zeitsclir. XYI, p. 73, spec. p. 99. —
Zirkel, diese Zeitschr. XX, p. 127; Min. u. Gest., p. 398. — Rosen-
busch, Massige Gest., 2. Aufl., p. 629. — Hardt (Seiberg): von
Dechen, Laachersee, p. 142 u. f., 594. — vom Rath, d. Zeitschr. XYI,
p. 73, spec' 90. — Weiss, Feldspathbildung, p. 72. — Merian, N. J.
B. B. III, p. 274. — Rosenbusch, Massige Gesteine, 2. Aufl., p. 629.
204
4. Das geologische Alter der Leucitophyre.
Für die Altersbestiniimiiig der Leucitophyre ist durch die
Lagerungsverhältnisse kein Aveiterer Anhalt gegeben, als dass die-
selben die schon aufgerichteten Schichten des Devons zu einer
Zeit durchbrochen haben, in der die Thalbildung kaum begonnen
hatte. Hierfür beweisend ist das Olbrücker Vorkommen ^). Das
auf der Grenze des Devons und des Leucitophyrs eingeschnittene
Thal des Wollscheider Bachs umgiebt im Norden in nahezu rechtem
Winkel den eruptiven Kegel, dessen Abhang steil nach den ersteren
abfällt. Beim Bestehen des Thals zur Zeit des vulkanischen Aus-
bruchs hätte ohne Zweifel eine Ausbreitung der Lava auf der
Thalsohle stattfinden müssen, eine Aufthürmung wäre unter diesen
Umständen undenkbar gewesen. Das Thal ist also erst nach der
Eruption durch Erosion entstanden.
Die Vorkommen am Seiberg und an der Hardt sind in Folge
mangelhafter Aufschlüsse nicht geeignet, ein klares Urtheil über
die Beziehungen zwischen Leucitophyr und den ihn umlagernden
Tuffen zu gestatten. Obwohl der Gehalt an Leucit. den letztere
führen, ebenso auch die zahlreichen, ihnen eingelagerten Blöcke
von Leucitophyr die Zusammengehörigkeit vermuthen lassen, so
fehlte bisher dafür der strenge Beweis. Für die Altersfrage der
Leucitophjre aber wäi'c die Erbringung desselben mitentscheidend,
da die Bildung der Leucittuffc in der Hauptsache als gleichzeitig
mit der Lössablagerung. also in nachtertiärer Zeit, nachgewiesen
ist^). — Eine Entscheidung dieser Frage versuchte ich auf mikro-
skopischem Wege zu erlangen.
Ausser den schon in den Leucittuffen bekannten Mineralien :
Sanidin, Glimmer, Augit fand ich Nosean, Nephelin, Titanit,
Apatit und Melanit, letzteren in den Tuffen von vier Stellen: in
einem neu angelegten, kleinen Steinbruche, östlich vom Wege
Obermendig - Forstberg , im Süden der Flur „ in der Erle " ;
ferner in den einige hundert Schritt von einander entfernten Stein-
brüchen der beiden Besitzer Bergweiler und Monreal; in der
zwischen Forstberg und Sulzbuscli liegenden Flur „Hasenstoppel"
und endlich in einem Block am nördlichen Fusse des Burg-
— Vergl. Allgaben über Burgberg p. 201. — Perlerkopf: Nöggerath,
Karsten's u. von Dechens Archiv 18, p. 472. — von Oeynhausen,
Erl. p. 18. — VOM Eath, diese Zeitschr. XII, 31, XIV, 665. — von
Dechen, Laachersee, p. 215 u. f., 596; Diese Zeitschr., XYll, p. 142.
— Laspeyres, diese Zeitschr. XVIII, 311. — Zirkel, d. Zeitschr. XX,
p. 133; Min. u. Gest., p. 398. — Rosenbusch, Massige Gest., p. 630.
') von Dechen, Laachersee, p. 210, 594.
^) von Decken, diese Zeitschr. XVII, p. 186—137.
205
bergs. Der vollkommen frische Melanit ist in der staubartigen
Grundmasse des Tuffs eingebettet und gleicht in seiner Ausbil-
dungsweise den grösseren, öfters gelappten Individuen des Hardt-
und Perlerkopfgesteins. Selbst die charakteristische Verwachsung
mit grünem Augit ist zu beobachten. Der vorzügliche Erhaltungs-
zustand schliesst die Annahme der Auswitterung und des späteren
Transports durch Wasser aus. Das Auftreten des Melanits in
den Leucittuffen, welche sich augenscheinlich an primärer Lager-
stätte befinden, ist, da kein anderes Gestein des Laachersee-
Gebiets ausser den beschriebenen vier Leucitophyrvorkommen dieses
Mineral enthält, für die Zusammengehörigkeit der Leucittuffe mit
letzteren beweisend. Da, wie schon erwähnt, die Ausbildungs-
weise des Melanits auf das Vorkommen von der Hardt und am
Perlerkopf hinweist, letzteres aber, abgesehen von seiner örtlichen
Entfernung, schon des reichlichen Glimmergehaltes der Tuffe wegen,
nicht mit diesem in Beziehung gebracht werden kann, so sind
die Leucittuffe der untersuchten Punkte insbesondere dem Hardter
Vorkommen zuzurechnen. Die Schlüsse, welche sich aus diesen
Thatsachen ergeben, sind schon in den einleitenden Bemerkungen
erwähnt worden, so dass ich eine nochmalige Aufführung unter-
lassen kann.
Durch die oben erwiesene Thatsache, dass eine Ausbruchs-
stelle der Leucittuffe im Riedener Thale liegt, gewinnt die öfters
aufgestellte Hypothese, dieser Kessel sei ein dem Laachersee und
dem Thale von Wehr gleichender Krater, an W^ahrscheinlichkeit.
Die Leucitophyrfelsen des Schorenbergs , der Hardt und an den
Wegen Rieden-Altenberg und Rieden-Nudenthal würden unter dieser
Annahme ihre Erklärung als Lavamassen finden, die an der Zu-
sammensetzung des Kraterrandes theilnehmen und von überla-
gernden, jüngeren Tuffen durch Denudation theilweise entblösst
worden sind, während sich der Burgberg als ein kleiner im Boden
des Kraters aufgerichteter Kegel darstellt. Der Gänsehals würde
dann als hoher Tuffwall anzusehen sein, welcher östlich und süd-
östlich der Haupteruptionsstelle in Folge der herrschenden, in ihrer
Richtung durch die Lage der See bestimmten West- und Nord-
westwinde aufgethürmt worden ist.
Die oben erwähnte, ausserordentlich übereinstimmende, che-
mische Zusammensetzung der Melanit führenden Gesteine einerseits,
der melanitfreien andererseits machen es sehr wahrscheinlich, dass
die derselben Gruppe angehörenden Vorkommen gleichzeitige Bil-
dungen sind. Für die Beantwortung der sich weiter aufdrängenden
Frage über das relative Alter der beiden Varietäten habe ich
keine Anhaltspunkte gefunden.
206
IL Der Phonolith des Seibergs bei Quiddelbach ^). [15]
Der Seiberg, ein stumiofer, etwa 100 m hoher Kegel, liegt
eine Stunde südlich von der Kreisstadt Adenau, bei dem Dorfe
Quiddelbach, in einem kesselartig erweiterten Thale. Meines
Wissens geschieht seiner in der Fachliteratur die erste Erwähnung
im Jahre 1859 durch Zirkel^), auf dessen ausführliche Schilde-
rung ich in Bezug auf die orographischen Verhältnisse verweise.
Südöstlich vom Seiberg steht, nur durch wenige Meter Grau-
wacke vom Phonolith getrennt. Basalt'') an; lose Blöcke eines
scheinbar sehr ähnlichen Gesteins finden sich auf den Abhängen.
Nach der mikroskopischen Untersuchung ist ersterer ein Plagioklas-
basalt; letztere gehören einem Leucitbasalte "^j an. Das Selberger
Gestein ist vorzüglich an der Westseite in grossen, an der Chaussee
liegenden Steinbrüchen aufgeschlossen. Da stark wucherndes
Unterholz oder Haidekraut die Abhänge bedecken, so tritt das-
selbe spärlich zu Tage. Anstehend findet es sich noch an den
kleinen, den plateauartigen Gipfel krönenden Kuppen, ferner am
Westabhang und am Rande des sich im Süden um den Seiberg
herumziehenden, durch ein Erosionsthal getrennten Walls In den
Steinbrüchen der Westseite ist das Gestein in ungefüge Bänke
abgesondert, die durch zwei nahezu senkrecht auf einander
stehende Kluftsysteme in grosse Quader gespalten werden. Bei
beginnender Verwitterung tritt eine platten förmige Absonderung
stärker hervor, sodass das Gestein in Bezug auf seine Structur
geradezu den Eindruck eines Schiefers macht. Aus vier Messungen
der Fall- und Streichrichtung dieser Absonderung an den Kuppen
des Berges zog Zirkel den Schluss, die Structur des gesammten
Gesteinsmassivs sei die bei Phonolithen vorzüglich auftretende
glockenförmige. Elf von mir an den verschiedensten Punkten
vorgenommene Messungen haben ein festes Gesetz in dem Auf-
bau nicht nachweisen lassen. Die Schwankungen sind ausser-
') Zirkel, diese Zeitschr. XI, p. 507. — Mitscherlich, lieber die
vulk. Ersch. d. Eifel, p. 13. — v. Dechen, Laachersee, p. 12; diese
Zeitschr. XVII, p. 85: Erl. 1, p. 59; Erl. 2, p. 44; Vordereifel, 2. Aufl.,
p. 259. — VOM Rath, diese Zeitschr. XVI, p. 112, XVIII, p. 580 Anm.;
Verh. d. naturh. Vereins f. Rheinl. etc. 23, p. 46. — C. Emmons, on
some phonolites from Velay and the Westerwald (Dissertation), Leipzig
1874, p. 28. — Rosenbusch, Mass. Gesteine, 1. Aufl., p. 223, 2. Aufl.,
p. 614 n. p. 620. — Busz, Verh. d. naturh. Vereins d. pr. Rheinl. etc.,
42, p. 445. — Roth, Geol. 2, p. 258. — Analysen: partielle v. Zirkel,
diese Zeitschr., XI, p. 534, vollständige von Dodge, mitgeth. in von
Dechen, Vordereifel, 2. Aufl., p. 266.
1) Diese Zeitschr. XI, p. 509.
^) von Dechen, Vordereifel, p. 279, No. 41.
') Siehe Anhang.
207
ordentliche; so zeigte sich zwischen der Falh-ichtung an zwei
kaum zwanzig Schritt von einander entfernten Punkten der höchsten,
westlichen Kuppen ein Unterschied von eO*". Dass in einem und
demselben Eruptivmassiv die Absonderung nicht eine durchweg
gleichmässige ist. wird durch das ausgezeichnet aufgeschlossene
Profil der Erpeler -Ley gegenüber von Remagen bewiesen. Hier
scheinen verschiedene Abkühlungsflächen vorhanden gewesen zu
sein. Während nach dem Gipfel zu die Basaltsäulen stark con-
vcrgiren. zeigen in dem tieferen Theile mehrere gesonderte Partieen
die Anordmuig sich nach oben ausbreitender Büschel.
Ausser der plattenförmigen Absonderung tritt am Seiberg
auch eine ausgezeichnet kugelige auf, die sich gleichfalls bei be-
ginnender Verwitterung geltend macht. Losgelöste Schalen finden
sich zahlreich in den westlichen Steinbrüchen. Das Gestein des
Seibergs ^) zeigt deutlich porphyrische Structur. In überwiegender,
dunkel grauer, fettglänzender Grundmasse von ebenem bis splittrigem
Bruche liegen Einsprengunge von einer schwarzen, stark glän-
zenden Hornblende, ferner spärlicher: Augite und Sanidine; un-
regelraässig nesterweise auftretend Olivin. Titanit und Magnetit
sind überall in kleinen Körnchen sparsam vorhanden. Die durch-
schnittlich etwa centimeterlangen Hornblendesäulen treten scharf
hervor und geben dem Gestein ein sehr charaktei'istisches Gepräge.
Ihre Vertheilung scheint, ähnlich wie beim Olivin, eine nicht
ganz gleichmässige zu sein. Am stärksten vertreten sind sie an
der Westseite, nach dem Gipfel ist eine entschiedene Abnahme
zu constatiren. — Als Seltenheit führt Zirkel Zirkon in kleinen,
bräunlich rothen, gerundeten Körnchen auf: in Drusenräumen hat er
Halbopal und fleischrothe, krystallinische Ueberzüge beobachtet,
die er für Zeolithe hält. Nach Angabe Zirkel' s ist das Gestein
des Gipfels von kleinen Analcimkrystallen durchsetzt. Es ist mir
nicht geglückt, dieselben in dem von mir untersuchten Material
nachzuweisen. — Einschlüsse von sedimentären Trümmern sind
selten.
Bei der mikroskopischen Untersuchung richtete sich natürlich
das Hauptaugenmerk auf diejenigen Gemengtheile, über welche die
*) Zirkel nahm eine Yerschiedonhcit dos Gesteins dos westlichen
Theils einerseits, des höchsten Gipfels und des östlichen Theils anderer-
seits an, ein Irrthum, den von Decken aufgeklärt hat. (1886. Vorder-
eifel, p. 261). Aus der Fassung des betreffenden Absatzes scheint
hervorzugehen, dass von Decken diese Berichtigung Emmons zuschriebe.
In der Arbeit des letzteren (1874) findet diese Frage keine Berück-
sichtigung. Noch im 2. Bande seiner Erläuterungen (1884, p. 44) hält
VON Decken eine nähere Untersuchung für wünschens\Yerth, zu der er
kurze Zeit darauf Busz angeregt hat.
208
Angaben der Autoren abweichen; es sind dieses Nephelin und
Olivin. Ersterer wird von Roth ^) angegeben, Rosenbuscu^) ist
im Zweifel, ob derselbe nicht gänzlich durch ein der Hauyngruppe
zugehörendes Mineral verdrängt wird; Emmons erwähnt ihn nicht,
Busz^) bemerkt endlich, dass er ihn nicht gefunden habe. Ebenso
widersprechend lauten die Notizen über den Olivin. Zirkel'^)
und MiTSCHERLiCH^'') haben ihn makroskopiscii beobachtet, ersterer
sogar ziemlich häufig (er erwähnt auch die randliche ümwachsung
mit Hornblende, die durch den mikroskopischen Befund bestätigt
wird); Emmons (1. c, p. 31) fand ihn im Dünnschliff, während von
den jüngsten Beobachtern Rosenbusch *"') in der ersten Auflage seiner
„massigen Gesteine" eine Verwechslung mit farblosem Augit sei-
tens der älteren Autoren annimmt, in der zweiten sich darauf be-
schränkt, für Olivin Emmons zu citiren. Busz führt ihn nicht als
Gemengtheil auf. Nach meinen Beobachtungen sind beide Minerale
vorhanden. Der Nephelin ist nachweisbar als Einschluss in den
grösseren Feldspathkry stallen. Emmons (1. c, p. 29) hatte recht-
eckige und sechseckige Durchnitte in diesen bemerkt und sie, da
„ein oder zwei der rechtwinkligen deutlich isotrop waren und eine
Reihe von dunklen Strichen in der Mitte zeigten " für Nosean
gehalten. Ohne Zweifel konnnt dieses Mineral in den Feldspathen
eingeschlossen vor. Die überwiegende Zahl der Rechtecke möchte
ich jedoch dem Nephelin zuschreiben. Mit Hülfe eines einge-
schalteten Glimmerblättchens erwies sich eine grössere Anzahl
derselben als doppelbrechend und parallel den Rändern auslöschend.
Die in den Laachersee-Nephelinen so schön ausgebildete, rahmen-
artige Mikrostructur ist allerdings nicht vorhanden, doch sieht
man bei sehr starker Vergrösserung einzelne, den Kanten parallel
geordnete Mikrolithe; auch tritt die Faserung bei beginnender
Zersetzung gewöhnlich parallel der längeren Axe auf.
Der Olivin ist in einem meiner Handstücke bei flüchtiger
Zählung in 15 hanfkorn- bis kirschkerngrossen Individuen vor-
handen. In den von mir durchgesehenen Dünnschlift'en habe ich
ihn selbst nicht gefunden, häufig jedoch sind seine Umwandlungs-
producte in unverkennbarer Ausbildung. Körner, die die charakte-
ristischen Formen des Olivins zeigen, werden von einem System
durch Serpentinfäserchen eingefasster Sprünge durchzogen; die
entstehenden, abgegrenzten Felder sind von Kalkspath ausgefüllt,
') Geolog. 2, p. 258.
^) Massige Gesteine, 2. Aufl., p. 614.
^) Verh. d. naturh. Vereins d. pr. Rhein!, etc., 42, p. 448.
*) Diese Zeitschr. XI, 522.
*) Eifel, p. 13.
«) Massige Gesteine, 1. Aufl., p. 223, 2. Aufl., p. 620.
209
in dem viel Eiseiioxydhydrate abgelagert sind. Die Durchschnitte
sind regelmässig von Hornblendeblättchen eingefasst, welche rand-
liche Umwandlung in Augit zeigen. In Bezug auf die übrigen
Resultate der mikroskopischen Untersuchung kann ich mich kurz
fassen, da dieselben mit den Busz' sehen Beobachtungen im Grossen
und Ganzen übereinstimmen. Die Grundmasse besteht vorwiegend
aus in Strömen geordneten, meist nach dem Karlsbader Gesetz
verzwillingten Sanidinleistchen, denen sich ein hell grüner Augit
und Magnetit in geringer Menge zugesellen. Ausser den schon
erwähnten Einsprengungen sind noch Plagioklas, Nosean und Apatit
zu erwähnen. Glimmer fehlt vollkommen.
Die Sanidinie sind selten scharf umrandet, zeigen vielmehr
die Einwirkungen chemischer Corrosion; auch Knickungen und
Zerbrechungen in Folge von mechanischen Einflüssen sind überaus
häufig. Zonare Bildung ist meist ausgezeichnet entwickelt. Spar-
samer als die Sanidine treten die Plagioklase auf. die vielfach
von Sanidinmänteln umhüllt sind. An Einschlüssen führen beide
Feldspatharten in gleicher Weise alle übrigen Gemengtheile ; doch
ist die Zahl der in einem Individuum auftretenden fremden Körner
eine verhältnissmässig geringe.
Die sehr stark pleochroitischen Hornblenden (Absorption
c > b > a von dunkel braun bis hell gelb) haben beinahe durch-
gängig dieselben mechanischen und chemischen Veränderungen wie
die Feldspathe erfahren. Die Ränder der meist lang gestreckten
Bruchstücke sind in ein Aggregat von hell grünen Augitmikrolithen
umgewandelt, die vielfach (durchaus nicht immer, wie Busz meint)
mit der Hornblende die Verticalaxe gemeinschaftlich haben. Bei
mehr rundlich geformten Blättchen kommt auch häufig tangentiale
Lagerung der Augite vor (Die zugleich erfolgende Ausscheidung
von Magnetit findet in dem verschiedenen Verhältniss von Fe, Mg
einerseits und Ca andererseits in Hornblende und Augit ihre leichte
Erklärung^). Als Ursache der Corrosionserscheinungen an zuerst
ausgeschiedenen Gemengtheilen führt Lagorio^), ausser der auch
von anderen Autoren vielfach erwähnten, durch die Ausscheidung
einer nachfolgenden Generation von Gemengtheilen veränderten,
chemischen Zusammensetzung des Schmelzflusses, die bei der
Krystallisation durch Zusammenziehung entstehende Temperatur-
steigerung an. welche die lösende Wirkung des noch geschmolzenen
Theils des Magmas erhöht. Neben dieser auf physikalischen
Vorgängen beruhenden Erhöhung der Temperatur dürfte als weitere
Wärmequelle die bei der Bildung der Minerale — als chemischer
^) Verhältniss von (Fe, Mg): Ca in Hornblende 3 : 1, in Augit 1 : 1,
*) Tschermak's Mitth. VIII, 1887, p. 463.
210
exothermischer Verbindungen — freiwerdende Wärme in Anspruch
zu nehmen sein.
Die Hornblenden zeigen ausser der typischen, ausgezeichneten
prismatischen Spahbarl<eit Streifen von äusserst feinen Sprüngen,
die in verschiedenen Richtungen die Krystalle durchlaufen; die-
selben sind möglicherweise als Erkaltungserscheinungen aufzufassen.
— An Einschlüssen finden sich Magnetit und Apatit. Der Olivin-
umrandung ist schon gedacht worden. An einer Stelle wurde die
Hornblende als Umhüllung eines blass violetten Augits beobachtet;
sie zeigte an ihrem Rande wiederum die Umwandlung in Augit-
mikrolithe. sodass hier zonar älterer Augit, Hornblende und secun-
därer Augit gelagert waren.
Die Augit - Einsprengunge sind in zwei verschiedenen Ab-
arten ausgebildet, einer grünen, stark pleochroitischen . meist in
kleineren säulenförmigen Krystallen, und einer hell grauvioletten,
von schwachem Pleochroismus , in grösseren, mehr gedrungenen
Lidividuen. Nach meinen Messungen beträgt für beide die grösste
Auslöschung auf der Längsfläche 41 ". (Busz giebt für die grünen
Augite 45", für die hellen 36 — 38 "^ an). Pleochroismus der
hellen Varietät : a = b gelbgrau, c hell grauviolett, — der grünen :
a hellgelbgrün, b gelbgrün, c hell blaugrün. Zonarer Bau tritt
häufig auf. Zwillingsverwachsungen nach dem gewöhnlichen Gesetze
sind nicht selten und makroskopisch zu beobachten. Die Schäden,
welche aus denselben Ursachen wie beim Sanidin und der Horn-
blende öfters an den Krystallen vorhanden sind, werden durch
einen jüngeren, grünen Augit ausgeheilt, der auch als Umrandung
der älteren Generation auftritt. Nach seinem Habitus scheint er
den Mikrolithen der Grundmasse zu gleichen.
Nosean ist reichlich, meist in kleinen, scharf begrenzten
Krystallen vorhanden. Die Zersetzungserscheinungen sind die
gleichen wie bei den Noseanen der Leucitophyre.
Apatit tritt in kurzen Säulen von bestäubtem Aussehen spar-
sam, Titanit in sehr kleinen, oft gut ausgebildeten Krystallen
reichlicher auf.
In Bezug auf das Vorkommen von Zirkon bestätigt Busz die
Zirkel' sehen Angaben.
Was die systematische Stellung des Selberger Gesteins be-
trifft, so ist dieselbe, je nach der Abgrenzung der Begriffe Phono-
lith und Trachyt einerseits, andrerseits nach der Erkcnntniss der
mineralogischen Zusammensetzung eine sehr schwankende gewesen.
Von Zirkel und Busz wii'd das Selberger Gestein zu den
Trachyten. von Emmons, Rosenbusch und Roth zu den Phono-
lithen gestellt. — Nach dem oben gegebenen, mikroskopischen
Befunde ist dasselbe durch die Association Sanidin-Nephelin als
211
Phonolith (im Sinne Rosenbusch's) charakterisirt. Der hervor-
tretende Gehalt an Hornblende bei gleichzeitiger Anwesenheit von
Plagioklas vermittelt den Uebergang zu den Tephriten bezw. Horn-
blendeandesiten , während die Plagioklas- und Olivinführung bei
dem reichlichen Magnetit in der Grundinasse eine Verwandtschaft
mit den Basaniten in der diesem Begritie von Rosenbusch gege-
benen Abgrenzung erkennen lässt.
III. Anhang.
I. Der Nephelinit der Hannebacher Ley^j. [20]
In Bezug auf die Lagerungsverhältnisse verweise ich auf die
Angaben vom Bath's und von Decken' s.
Was die petrographisehe Zusammensetzung betrifft, so sind
die Angaben der xiutoren, welche das Gestein in neuez'er Zeit
untersucht haben, bis auf die Rosenbusch's übereinstimmend.
Nach ersteren ist dasselbe durch das Fehlen von Feldspath und
seinen Gehalt an Nephelin , Augit , Leucit , Nosean , Mililith,
Magnetit und Perowskit gekennzeichnet und wird, je nachdem
dem Nephelin oder Leucit mehr Bedeutung beigelegt wird, zu
den Nepheliniten oder Leucititen gerechnet. Rosenbusch führt
von der Hannebacher Ley Leucitophyr, Xephelintephrit und Ne-
phelinit auf. In dem Ortsregister p. 861 finden sich nämlich
folgende Angaben: ^Hannebach. Rheinpr. , Leucitoph. , p. 620,
629, 630. Hannebacher Ley. Rheinpr. Ntephr. , p. 785.
Nepht., p. 794."
Hiernach scheint es, als ob Rosenbusch unter Hannebach und
Hannebacher Ley zwei verschiedene Localitäten meint. Da sich
jedoch die oben unter Leucitophyr citirten Angaben unzweifelhaft
auf einen und denselben Fundort beziehen, dieser aber einmal
(p. 620) als Hannebach, andererseits (p. 629) als Hannebacher
Ley bezeichnet wii'd und in beiden Fällen vollkommen derselben
Eigenschaft, des Reichthums an Glasbasis. Erwähnung geschieht,
so muss ich annehmen, dass der Autor beide Bezeichnungen, Han-
nebach und Hannebacher Ley. gleichwerthig füi- dieselbe Localität
gebraucht. Auf pag. 785 soll nach dem Register von Nephelin-
^) Betreffend die Lagerungsverhältnisse: v. Oeynhausen, Erläut.,
p. 18. — VOM Rath, diese Zeitschr., XIY, p. 662. — v. Decken, Laacher-
see, p. 221 ff.; Erläut. p. 1, 72. — Betreffend petrogr. Verhältnisse:
VOM Rath, d. Zeitschr., XIV, p. 672^ — v. Dechen, Laachersee, p. 596;
Erläut., 2, p. 51. — Zirkel, Basalte, p. 78, 178; Äliii. u. Gest., p. 452.
— HussAK, Wien. Akad. Sitzb., I. Abth., Bd. 77, 1, p. 342. — Stelzner,
N. Jahrb., B.-B., 2, p. 432. — Roth, Geolog. 2, p. 271. — Rosen
BUSCH, Mass. Gest., 2. Aufl., p. 620, 629, 630, 785, 794.
212
tephriten der Hannebacber Ley die Rede sein; bier stebt jedocb
nur eine kleine Notiz über die Farbe der Augite dieses Vorkom-
mens; ein Plagioklasgebalt, der die Bezeicbnung recbtfertigen
würde, wird niclit erwähnt. ScbliessUcb erbält pag. 897 das Ge-
stein seine Stellung im petrographischen System als den Nepbe-
liniten von doleritiscbem Typus nabestebend.
Soweit meine Untersucbungen reichen, besteht die Hanne-
bacber Ley aus einem einheitlichen Gestein, welches die von
Zirkel angegebene Zusannnensetzung bat: Augit, Nepbelin, Mag-
netit, Melilith, Nosean, ganz wenig Leucit und leberbraune,
schwach polarisirende Körnchen, die von Hussak ^) als Perowskit
bestimmt worden sind.
Ausserdem fand ich ziemlich reichlich auftretenden Apatit in
lang-säulenförmigen Individuen, die theilweise Bestäubung zeigten.
Von Sanidin oder Plagioklas, die dem Gestein den Cha-
rakter eines Leucitophyrs , bezw. Nepbelintephrits geben würden,
war kein einziges Kryställcben vorhanden. Die Ausbildung der
diesem Nephelinit mit dem benachbarten Perlerkopf - Leucitopbyr
gemeinsamen Gemengtheile ist in beiden Fällen eine recht ver-
schiedene, zumal geben die hellen, gelblichen, kaum pleocbroi-
tischen Augite und das i-eicblicbe Vorbandensein von Magnetit dem
Gesteine ein ausgesprochenes Gepräge, das, abgesehen von den
mineralogischen, tief einschneidenden Verschiedenheiten, eine Ver-
wandtschaft der beiden in Frage stehenden Gesteine nicht er-
kennen lässt.
2. Einige Basalte aus dem Laachersee-Gebiet und der nächsten
Umgebung des Seibergs bei Quiddelbach.
a. Der Basaltkopf auf der Wasserscheide Vinxtbach-
Abr bei Ramersbacb [18].
Die Grundmasse besteht aus hell braunen Augitkörnchen und
Plagioklasleisten . zwischen denen eine von stabförmigen Den-
driten (Magnetit?) erfüllte Glasbasis eingeklemmt ist. Magnetit,
in theilweise sehr gut ausgebildeten Krystallen, betbeiligt sich
gleichfalls an der Zusammensetzung der Grundmasse.
An Einsprengungen sind vorhanden: Plagioklas, Augit und
Olivin, welcher letztere zahlreiche sehr kleine, scharf begrenzte,
isotrope Oktaeder von braunem Pikotit fühit. In den Augiten
tritt manchmal in grösseren, öfters auch oktaedrischen Individuen
ein Mineral auf. welches ich in Folge seines isotropen Verhaltens
1) Irrthümlicher Weise schreibt Roth (Geol. 2, p. 271) diese Be-
obachtung Stelzner zu.
gleichfalls zu den Spinellen zu rechnen geneigt wäre. Nach
seiner olivengrünen Farbe möchte es wohl Pleonast sein.
b. Das Basaltvorkommen in der Nähe des Ramers-
bacher Leucitophyrs [19].
In der Grundmasse, welche aus Plagioklasen . Magnetit und
sehr zurücktretenden schmalen, stark pleochroitischen Hornblende-
nädelchen und -Blättchen besteht, sind grössere Krystalle eines
hell bräunlichen Augits . von Olivin und Plagioklas eingebettet.
Bis 0,7 mm lange Nadeln eines wasserklaren, einschlussfreien
Apatits durchspicken die übrigen Gemengtheile. In der Grund-
masse ist Glasbasis mit irgend welcher Sicherheit nicht nach-
weisbar.
Das Gestein ist stark verwittert und durch einen grossen
Gehalt an secundärem Kalkspath ausgezeichnet.
c. Basaltvorkominen südlich des Seibergs bei Quiddel-
bach^) [16] und von der Nürburg [17|.
Die Grundmasse bilden Augit. Plagioklas und sehr viel fein-
körniger Magnetit. Einsprenglinge von Augit und Pikotit füh-
renden Olivin sind vorhanden. Zum Vergleich wurde das von
Zirkel-) beschriebene Gestein der Nürburg herangezogen. In
den von mir untersuchten Dünnschlitfen weicht der mikroskopische
Befund so wesentlich von der Beschreibung des Autors ab. dass
ich vermuthen muss. demselben habe nicht authentisches, von der
Nürburg stammendes Material vorgelegen. Nach meinen Beob-
achtungen ist das Gestein ein vollkommen pragioklasfreier Ne-
phelinbasalt. — • Zwisclien den die (h-undmasse zusammensetzen-
den Augitmikrolitheu. Nephelin- und Magnetitkörnchen ist reichlicii
eine bräunliche, von schwarzen und braunen Stäbchen durchsetzte
Glasbasis eingeklemmt. Einsprenglinge von Augit und Olivin,
welclie beide sehr grosse Glaseinschlüssc enthalten, sind nicht
selten. Pikotit tritt im Olivin wie gewöhnlich auf. Apatit-
Nadeln durchdringen die übrigen Gemengtheile. Die von Zirkel
erwähnten eigenthümlichen Gebilde aus Augit und Hornblende
fehlen vollkommen.
d. Lose Basaltblöcke vom Abhang des Seibergs bei
Quiddelbach.
Das Gestein zeigt makroskopisch eine von den beschriebenen
Basalten etwas abweichende Ausbildung und zeichnet sich durch
die verhältnissmässig grossen Augit- und Olivin - Einsprenglinge,
*) V. Decken. Vordereifel, p. 279, No. 41.
*) Basalte, p. 116.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 2, 15
214
welche letzteren theihveise in Serpentin übergegangen sind, und
durch viele weisse, etwa hanfkorngrosse Körner aus, die meist
mit Säuren brausen. Unter dem Mikroskop erscheint die Grund-
masse als aus Augit, Magnetit. Nephelin und sehr reichlicher
Glasbasis, die dieselben Ausscheidungen wie die des Nürburger
Gesteins zeigt, bestehend. Von Einsprengungen sind Augit mit
recht grossen Glaseinschlüssen (0.25 mm lang), der den im Ge-
stein von der Wasserscheide Yinxtbach-Ahr bei Ramersbach [18j
auftretenden Pleonasten ähnliche Körner enthält, ferner Olivin und
Leucit zu erwähnen: letzterer ist meist in kugelige oder nieren-
förmige, schwach polarisirende. radial - faserige Aggregate eines
Zeoliths umgewandelt. Die Leucite. bezw. ihre Pseudomorphosen
werden oft von breiten Glasrändern in den Durchschnitten einge-
fasst. sodass es scheint, als ob sich die Krystalle innerhalb eines
grossen Glastropfens ausgeschieden hätten. — Besonders beach-
tenswerth sind sehr eigenthümliche Interpositionen führende Augite.
Braune, stark pleochroitische. meist säulentorniig entwickelte Mi-
krolithe sind parallel der Hauptspaltbarkeit nnd in zwei dazu
unter einem Winkel von 60-' liegenden Richtungen manchen
Augiten eingelagert. In einzelnen Durchschnitten treten zu ihnen
Körner von Magnetit bis zur Verdrängung der ersteren. Diese
Intei'positionen sind meist so massenhaft in den betreffenden
Wirthen vorhanden, dass nur durch die gleiche optische Orien-
tirung die getrennt liegenden Theile der letzteren als zusammen-
gehörig erkannt werden können. Was die Natur der braunen
Körper betriftt. so spricht vor Allem der kräftige Pleochroismus
bei stärkster Absorption in der Richtung der l^ängsaxe für Horn-
blende, gegen dieselbe die an verschiedenen Blättchen gemes-
sene, bis 38*^ betragende Auslöschungsschiefe. Eine weitere
optische Untersuchung war leider in Folge Fehlens geeigneter
Durchschnitte nicht möglich. Ausser den einzelnen Augitpartieen,
welche zwischen den Stäbchen liegen, finden sich öfters grünlich
gelbe Stellen, die ich bei ihrem isotropen Verhalten zwischen ge-
kreuzten Nicols für Glasbasis halte. An einzelnen Punkten der-
selben zeigt sich Aggregatpolarisation, die für die Annahme einer
zeolithischen Neubildung spräche; da jedoch die Behandlung mit
kochender Salzsäure ohne Einwirkung blieb, so liegen hier ver-
muthlich globulitische Ausscheidungen aus der Glasbasis vor.
Eine befriedigende Deutung der Einlagerungen ist nicht
leicht zu geben. Nach ihrer satt braunen Farbe zu schlies-
sen, ist ihr Eisengehalt ein bedeutend höherer als der der
hellen Augite. Will man nun die Interpositionen, wie einige
Autoren es gethan haben, als Producte einer molekularen Um-
lagerung. Avelche durch Einwirken des Gesteinsmagmas auf die
215
in ihm schwimmenden, schon ansgeschiedenen Augitkrystalle lier-
vorgebracht worden ist, ansehen, so findet man für den höheren
Eisengehalt der ersteren keine genügende Erklärung. Hierzu
kommt nocli. dass ganz wider Erwarten zugleich mit den Inter-
positionen meist reiclilich Magnetit auftritt. Ein weiteres Moment,
welches stark gegen die Annahme einer magmatischen f^inwirkung
spricht, sind die vollkommen scharfen Umrisse, welche die.
zwischen den braunen Leisten liegenden Augitpartieen zeigen. Wie
ich glaube, haben sich die braunen Säulchen den skeletartig
wachsenden Augiten eingelagert, während etwaige Zwischenräume
durch Glasmasse ausgefüllt wurden^).
Die bisherigen Beobachter haben in dem Gebiete der Eitel streng
zwischen Basalten und Basaltlaven unterschieden, indem sie das Haupt-
gewicht auf die äussere Erstarrungsform legten ; zu den ersteren wur-
den die dichten, oft Kuppen bildenden Gesteine, zu letzteren die Ge-
steine vulkanischer Ströme und Kegel, die eine blasige oder schlackige
Structur zeigen, gerechnet. Bekanntlich hängt die Form und die
Structur, welche ein vulkanischer Erguss bei der Erstarrung an-
nimmt, wesentlich von dem Grade der Dünnflüssigkeit des Schmelz-
flusses und der Menge der eingeschlossenen Gase und Dämpfe
ab. sodass ein und dasselbe Magma, je nach den physikalischen
Bedingungen, welche bei der Eruption obwalten, die eine oder die
andere Form anzunehmen vermag. Auf die chemische und minera-
logische Zusammensetzung der resultirenden Producte brauchen
aber diese Verhältnisse durchaus keinen Einfluss zu üben. Petro-
graphisch kann das Gestein einer Kuppe mit dem eines Stroms
identisch sein, was um so weniger autfällt, da ja. wie es in der
Natur der Bildung begründet ist, Uebergänge von der einen Er-
starrungsform zu der anderen öfters beobachtet worden sind. Es
folgt hieraus, dass diese äussere Erstarrungsform vom Standpunkte
der Petrographie als Eintheilungsgrund nicht verwendet werden
kann und dass also die Unterscheidung von Basalten und Basalt-
laven undurchführbar ist. Eine Bestätigung dieser Behauptung
lieferten die wenigen Untersuchungen basaltischer Gesteine, welche
bei Gelegenheit dieser Arbeit ausgeführt wurden. Es hat sich
im Gegensatz zu der bisherigen Ansicht ergeben, dass auch unter
den dichten Varietäten echte Nephelin- und Leucitbasalte auf-
treten und dass dieselben in Bezug auf die wesentlichen Gemeng-
theile nicht von den soaenamiten Basaltlaven abweichen.
^) Vergl. Zirkel, Basalte, p. 118. — Sommerlad, N. Jahrb., B.-B.,
2, p. 150. — DÖLTER und Hussak, N. Jahrb., 1884, 1, p. 24. —
Lenk, Zur geol. Kenntniss d. südl. Rhön. Verli. d. phys.-med. Ges.
zu Würzburg^, N. F., XXI, p. 80.
15
216
Es ist mir eine angenehme Pflicht, auch an dieser Stelle
Herrn Prof. Dr. Arzruni, auf dessen Anregung diese Arbeit,
welclie im Sommer 1889 im Aacliener mineralogischen Institute
ausgeführt wurde, entstanden ist, für die liebenswürdige Unter-
stützung verbindlichst zu danken.
Erst nach Abschluss dieser Arbeit gelangte das Referat eines
Vortrags des Herrn Dr. Busz (Sitzungsberichte der niederrheini-
sclien Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Bonn, 11. No-
vember 1889) zu meiner Kenntnis« . in welchem dieser einige
Resultate seiner begonnenen Studien über das Verhältniss der
Leucitophyre zu den Leucittuft'en und I>imssteinen des Laachersee-
Gebiets mittheilt. Es war mir sehr interessant, dieser Notiz zu
entnehmen, dass Busz der Nachweis der Zusammengehörigkeit der
Bimssteine und Leucitophyre gelungen ist. wodurch meine Unter-
suchungen eine dankenswerthe Erweiterung erfahren.
217
2. lieber einig:e Spoiis^ien aus dem Ciivieri-
Pläiier Ton Paderborn.
Von Herrn Philipp Pocta in Prag.
Hierzu Tafel VI — VIII.
Anlässlich meiner Arbeiten in dem geologisch - paläontolo-
gischen Institute der kgl. Universität zu Bonn erhielt ich von
dem Director dieses Instituts. Herrn Prof. Dr. Cl. Schlüter,
die in dortigen Sammlungen aufbewahrten und durchwegs von
demselben selbst gesammelten Spongien aus dem Cuvieri - Pläner
von Paderborn in Westfalen zur Bestimmung und wissenschaft-
lichen Bearbeitung.
Ich ergreife hier die Gelegenheit, Herrn Prof. Schi.l:ter für
das Wohlwollen, das er mir in der ganzen Zeit meiner Arbeiten
in Bonn entgegeubraclite . sowie für seinen werthvollen wissen-
schaftlichen Rath, den er mir stets angedeihen liess, meinen ver-
bindlichsten Dank auszuspi-echen. Desgleichen danke ich Herrn
Assistenten Fried. Vogel für die mir erwiesenen freundschaft-
lichen Dienste.
Von jedem der mir mitgetheilten Stücke suchte ich durch
Aetzung einzelner Partieen mit Salzsäure das Skelet auszuprä-
pariren. Wie die Abbildungen der unter einem Mikroskop von
Zeiss vergrösserten Partieen des Skeletes. so sind auch dieje-
nigen der ganzen Spongien mittelst Camera lucida von mir selbst
gezeichnet.
Da die Literatur der Spongien in den meisten neueren Wer-
ken über dieselben, insbesondere aber in der Monographie von
HiNDE ^) vollständig und kritisch zusammengestellt ist, habe ich
von Wiedergabe eines Verzeichnisses einschlagender Publicationen
Abstand genommen und mich mit der nöthigsten Citirung ein-
zelner Werke an betreffenden Stellen begnügt.
Ueber die geologischen Verhältnisse der Schichten, aus wel-
chen die hier zu beschreibenden Spongien stammen, hat Prof.
^\ A Monograph of the british fossil 8poiiges. Palaeontogra-
phical Society, 1886.
218
Schlüter^) näher berichtet, und es wird hiermit auf seine Erör-
terungen verwiesen.
Alle hier zu behandelnden Stücke sind in Paderborn selbst
oder in der nächsten Umgebung gefunden worden, und es entfällt
somit bei Beschreibung einzelner Arten die Angabe des Fundortes.
Der Erhaltungszustand der vorliegenden Spongien ist für
die mikroskopische Untersuchung des Skeletbaues ein sehr un-
günstiger. Die Kieselerde des Skeletes ist in ihrer Reinheit,
wie sie in den Spongien aus anderen Schichten der Kreidefor-
mation vorkommt, nie erhalten. Bei den am besten erhaltenen
Skeleten findet man die Kieselerde stark verwandelt, gefärbt (ins-
besondere durch das Eisen) und undurchsichtig, sodass die Axen-
kanäle nicht zu sehen sind. Bei verkieselten Exemplaren ist das
Skelet durch Ablagerung secundärer Kieselmassen derart verun-
staltet, dass es seine ursprüngliche Form nur an wenigen Stellen
zeigt. Auch erschwert Eisenoxyd in kleinen, an einzelnen Na-
deln festhaftenden Partikeln die Erkenntniss der das Skelet
aufbauenden Elemente. Besonders interessant ist die gänzliche
Umwandlung des Skeletes in Schwefelkies, welcher aber die. For-
men des Skeletes so treu nachahmte, dass auch die feinsten
Verzierungen wie Dornen, die dünnen Axenkanäle in den oktae-
drisch durchbohrten Kreuzungsknoten und dergleichen zu beob-
achten sind. Neben diesen verschiedenen Arten der Erhaltung
des Spongienskelets kommt dann noch die gänzliche Verkalkung
der Schwammkörper vor. die jede Spur des inneren Baues
zerstörte.
IlexactineUidae.
1. Craticularia plicata nov. spec.
Taf. VI, Fig. 2a, b; Taf. VII, Fig. 2a, b.
Von dieser grossen, ziemlich häufig vorkommenden Art lagen
ein plattenförmiger Theil des Bechers und dann mehrere nega-
tive Abdrücke vor.
Der Schwammkörper ist beclier- oder trichterförmig, sehr
breit und in unregelmässige Falten gelegt, vielleicht auch in
Aeste getheilt. Diese Falten sind meist in der Breite des
Schwammkörpers, oft aber ist die Wand auch in der Höhe um-
gebogen, wodurch es dann den Anschein nimmt, als wären zwei
becherförmige Individuen durch die Ränder ihrer Wand mit einan-
der verwachsen (Taf. VI. Fig. 2a). Die Höhe der grössten Exem-
plare beträgt gegen 13 cm, die Breite des erhaltenen Stückes
') Diese Zeitschr., J8(i6, 1&76. — Verhaiidl. d. iiatinhist. Vereins
der preuss. Rheinlande u. Westfalen, 1876.
219
23 cm; die Wand ist etwa 5 — -6 mm breit. Die äussere Ober-
fläche ist mit 1 — 2 nmi breiten, oft dichotomisch sich theilenden
Längsfurchen bedeckt, in welchen runde oder häufiger längliche
Ostien von 0,5 — 1,5 mm im Durchmesser gelegt sind. Auf einem
Stücke sind die Ostien etwas grösser (2 mm) und die Furchen
nicht so scharf ausgebildet. Die Beschatfenheit der iimeren Ober-
fläche ist eine ähnliche, nur sind hier die dichotomisch sich thei-
lenden Furchen sehr kräftig markirt und die Ostien an den Ab-
drücken schwach und nur stellenweise angedeutet.
Das Skelet ist sehr ungünstig erhalten. Eine secundäre
Ablagerung der Kieselerde bekleidet dasselbe und lässt nur wenig
von den Nadeln sehen. Insbesondere sind gewöhnlich die Kreu-
zungsknoten verdeckt (Taf. VII. Fig. 2 b). Um einzelne Ostien
wird das Skelett unregelmässig und die hinzutretende fremde
Kieselerde erschwert noch bedeutend die Erklärung dieser Ver-
hältnisse (Taf. Vn, Fig. 2 a).
Schon in ihrer äusseren Form besitzt diese Art eine Be-
schaftenheit. welche bisher bei keiner Hexactinellide bekannt war.
Einige Aehnlichkeit könnte man in der von Rcemer 'j . t. VIII,
f. 5 abgebildeten Dendrospomiia dafhratn erblicken, welche von
ziemlich unregelmässiger Form ist und Ostien in einfachen, selten
dichotomirenden Längsreihen trägt. Doch ist das baumartige,
ästige Aeussere dieser Art von unserer Form ganz verschieden.
2. ? Coscinopora macropora Goldf.
GoLDFUss ^) bildet einen Abdruck dieser Art ab, welche sich
von Coscinopora ivfumllhiiliformis durch grössere und weiter von
einander gestellte Ostien unterscheidet. Das abgebildete Stück,
welches nur einen kleinen Bruchtheil darstellt, lässt eine becher-
förmige Form vermuthen.
Mir lagen einige Stücke vor, welche vielleicht zu dieser Art
gerechnet werden können. Vorerst war das ein kleines, trichter-
förmiges Exemplar, 25 mm hoch und 34 mm oben breit. Es
verengt sicii ziemlich rascli nach unten und ist hier abgebrochen.
Die Wand ist nicht gleich dünn, etwa 1,6 — 3 mm und ist nach dem
oberen Rande zu etwas zugeschärft. Unten auf der Bruchfläche
des Stieles ist die Wand 1.5 mm breit. Die äussere Oberfläche
trägt runde, 0.6 — 0,8 mm breite Ostien dicht an einander in
regelmässiger Quincunxordnung gestellt. Die erhabenen Wälle
zwischen einzelnen Ostien erscheinen beim Betrachten mit blossem
Auge wie kleine Rhomboeder. Dieselbe Beschaffenheit hat auch
') Palaeoiitograpliica, Bd. XIII, 1884.
^) Petrefacta Germaniae, t, IX, f. IT.
220
die Oberfläche des Stieles. Die Zählung einzelner Ostien ergab,
dass wie auf dem beschriebenen kleinen Trichter so auch auf
dem Gold puss' sehen Originale, welches mir zum Vergleiche vor-
lag, die Ostien in der Weise vertheilt sind, dass 5 auf 4 mm
kommen.
Neben diesem Exemplare sind mir noch mehrere Abdrücke
verschiedener Grösse bekamit, welche ebenfalls ähnliche Verthei-
lung der Ostien zeigen.
Vom Skelete konnte man im Rückstande nach Aetzung
einiger Proben nur sehr kleine Bruchstücke finden, da der ganze
Körper in Kalkstein verwandelt ist.
3. Coscinopora sp.
Ein negativer Abdruck der äusseren Oberfläche, etwa 10 cm
lang und ebenso hoch, lässt auf einen ausgebreiteten, vermuthlich
becherförmigen und in 10 — 15 mm breite, wulstartige Falten ge-
legten Schwammkörper schliessen. Die Ostien sind rundlich,
7 bis 9 auf 10 mm vertheilt und sind insbesondere gegen unten
regelmässig in Quincunx gestellt. Dem Rand zu wird die An-
ordnung der Ostien unregelmässiger. Das Skelett der wenigen
an dem Abdrucke noch anhaftenden Partikel der Körperwand ist
nicht erhalten, und aus diesem Grunde ist auch die sichere Be-
stimmung unmöglich. ,., .,,,
Ventriculites.
t)iese Gattung ist im CVy/^?«- Pläner von Paderborn durch
mehrere Arten vertreten. Wegen ungünstiger Erhaltung des Ske-
letes, sowie in Folge des Umstandes, dass die grösste Anzahl der
hierher zu stellenden Arten meist nur in Bruchstücken vor-
kommt, ist es oft nicht möglich, dieselben sicher zu bestimmen.
Desgleichen besitzt die Gattung Venfricnlites eine Fülle von oft
nicht genügend begründeter und in Betreff ihrer Verwandtschaft
bisher wenig besprochener Allen.
4. ? Ventriculites radiatus Mant.
Es lagen einige flache Bruchstücke des Schwammkörpers
vor, welche mit dieser in letzter Zeit von Hinde^) so trefflich
neu beschriebenen Art zu vergleichen sind.
Die innere Oberfläche trägt 3 — 6 mm breite Falten, die sich
dichotomisch verzweigen, und zwischen diesen liegen dann die
ovalen Ostien. Die äussere Oberfläche ist ähnlich beschaffen, die
Falten erscheinen jedoch etwas dicker und unregelmässig gebildet.
Das Skelet ist nicht erhalten.
') Catalogue of the fossil Sponges, 1883, p. 108.
221
5. ?Ventriculifes infu n d ihn lifo rmis Woodw.
Schwammkörper kegelförmig verlängert, über 7 cm lang,
unten gekrinnmt und oben 35 mm, unten 16 mm breit. Die
Körperwand ist ziemlich dick (6 mm) und trägt auf der äusseren
Oberfläche grobe, unregelmässige Falten, die sich oft zu Maschen
vereinigen. Unser Schwanmi stimmt dem Aeusseren nach mit der
Art Woodward's überein, ist jedoch kleiner als das von Hinde,
1. c, t. XXVI, f. 1. abgebildete Exemplar. Kein Skelet erhalten.
6. Ventrieulites angtistatus Ra-:M. sp.
Schwammkörper kegelförmig verlängert, mit tiefer Magen-
höhle und dicker Wand. Die Falten auf der äusseren Oberfläche
verbinden sich in rundliche oder etwas eckige Maschen. Avelche
bald in mehr oder weniger deutlichen schrägen Reihen, bald ohne
Ordnung zerstreut stehen. Das vorliegende Exemplar besitzt aber
auf der inneren Oberfläche feine, gedrängte und dichotomisch sich
theilende liingsfalten und unterscheidet sich so von den unter
diesem Namen bisher beschriebenen Arten, die auf der innei'en
Oberfläche runde Ostien in horizontalen Reihen tragen. Das
Skelet ist nicht erhalten.
7 . FVent r ic n Ute s m n 1 1 ic ost a t u s Rcem.
Schwammk()rper verlängert kegelförmig, etwa 75 mm hoch,
gegen unten langsam sich verjüngend, trägt auf der äusseren
Oberfläche 1.6 — ■ '2 mm breite, nicht sehr hohe Längsfalten,
welche sich selten dichotomisch verzweigen. Zwischen den Falten
liegen ovale Ostien. Kein Skelet vorhanden.
8. ?Venfricii.lites splssontgatiis n. sp.
Taf. Vm, Fig. 5.
Es lag mir ein negativer Abdruck vor, der auf nachstehende
Beschaftenheit des Schwammkörpers schliessen lässt. Aeussere
Gestalt breit, schüsseiförmig, gegen unten sich allmählich in einen
dicken Stiel verengend und von etwa 8 cm Halbmesser. Auf der
inneren Oberfläche, deren Beschaftenheit der Abdruck allein zeigt,
verlaufen vom Stiele grobe und sehr dicke (6 — 10 mm) Falten,
die sich dichotomisch theilen. In den von diesen Falten gebil-
deten Furchen liegen grosse, lange Ostien, welche am Abdruck
durch hervorragende Abgüsse angedeutet sind. Die Ostien sind
meist ländlich oval, messen 6 — ^12 mm in der Länge, ja hie
und da kommen Abgüsse derselben von einer Länge bis 20 mm
vor. Das Skelet ist in kleinen Bruchstücken erhalten, die aber
genügen, um diese Art für einen der Familie der Ventriculitiden
222
gehörigen Schwamm bezeichnen zu können. Obgleich diese Art
nur im Abdruck vorliegt, ist sie dennoch der äusseren Form
nach typisch und leicht wiederzuerkennen, und aus diesem Grunde
glaubte ich dieselbe als eine neue Art aufstellen zu sollen.
9. Ventriculiies sp.
Taf. VII, Fig. 3 a— e.
Es lagen einige Bruchstücke des Bechers von sehr unzu-
reichender Erhaltung vor. Die Falten sowie die in den Furchen
liegenden Ostien sind nicht erkennbar und diese Stücke darum
auch nicht näher bestimmbar. Das Skelet ist aber stellenweise
sehr gut erhalten und zeigt in Betreff seiner chemischen Zusam-
mensetzung eine interessante Eigenthümlichkeit. Es ist nämlich
zum grössten Theil in Schwefelkies verwandelt und nur kleine
Partieen haben ihre Kieselerde bewahrt, sind aber mit dem ver-
kiesten Skelete noch im Zusannnenhange, sodass oft die Grenzen
zwischen beiden das Skelet aufbauenden Materialien zu beob-
achten sind. Der Schwefelkies hat daneben die Umrisse der
ursprünglich kieseligen Elemente scharf erhalten, sodass er auch
die feinsten Verzierungen der Nadeln, die Axenkanäle in den
durchbohrten Kreuzungsknoten u. a. wiedergiebt. Nach Aetzung
der Proben mit Salzsäure verbleibt ein feiner, grün gefärbter
Sand, der bei Betrachtung unter dem Mikroskop in Skelettrümer
sich auflöst. Man findet einzelne oft zerbrochene Laternen-
nadeln (Fig. 3 b, c) und dann das feine , unregelmässige Gewebe
(Fig. 3 d, e) von Nadeln mit undurchbohrten Kreuzungsknoten, das
bekanntlich bei dieser Gattung eine an der Innenseite des Schwamm-
körpers gelegene Lage bildet. Grössere Partieen von zusammen-
hängendem Skelett kann man auf der Oberfläche der Bruchstücke
unter dem Mikroskop bei auffallendem Licht gut beobachten
(Fig. 3 a), weil die dunkel gefärbten Nadeln scharf vom weiss-
lichen Pläner abstehen. Diejenigen Theile des Skeletes, welche
noch ihre ursprüngliche Kieselerde bewahrt haben, verlieren ihre
Umrisse bei Aufbewahrung in Canadabalsam.
10. Ventrienlites sp.
Taf. VIII, Fig. 4.
Von den undeutlichen Bruchstücken, die zur Gattung Ven-
triculites zu stellen sind, ist noch ein walzenförmiger, 55 mm
langer Stengel, der unten in zahlreiche feine Wurzeln sich theilt,
anzuführen. Das Ganze ist mit Eisenoxyd stark rostbraun ge-
färbt und ist einer mineralogischen Infiltration in der Art eines
Dendriten nicht unälmlich. Dieser Stengel wird jedoch von gut
223
erhaltenem, feinem und charakteristischem Skelet gebildet. Er
besteht aus langen, parallel neben einander liegenden Kieselnadeln,
die mit einander durch kürzere und dümiere Balken verbunden sind.
11. Plocosci/2)hia cavernosa R(em. sp.
Unregelmässiger Knollen aus mäandrisch gewundenen, 1 bis
1.5 mm dicken Röhren bestehend, welche auf vorliegendem Exem-
plare theilweise in zerbröckeltem Pläner frei liegen. Die Röhren
öffnen sich nach aussen mit einer meist elliptischen Oeff'nung,
deren Durchmesser 4 — 10 mm beträgt. Der Schwammkörper ist
in dunklen Brauneisenstein verwandelt, und aus diesem Grunde ist
sein innerer Bau vernichtet. Der äusseren Form nach stimmt
dieser Knollen mit der von R(emer, 1. c, t. XVIII, f. 8, gege-
benen Abbildung der Macandrospomjia cavernosa überein.
12. ? Flocoscyphia reticulata Hinde.
Taf. VI. Fig. 3a, b.
Schwannnkörper flach, ungleichmässig dicke Platten bildend,
im Ganzen etwa 14 cm lang, 9 cm breit und aus mäandrischen
Röhren gebildet, deren Wand 3 — 4 mm dick ist. Die Oeftnungen
der Röhren sind rundlich oder oval und liaben 10 — 15 mm im
Durchmesser. Die Oberfläche der Körperwand ist mit kleinen
Poren besetzt. Das Skelet ist in kleinen Bruchstücken erhalten
und von zweierlei verschiedenen Grössen. Es besteht aus sehr
grossen Sechsstrahlern mit durchbohrten Kreuzungsknoten (Fig. 3a)
und dann aus bedeutend kleinerem, unregelmässigem Gewebe,
welches ebenfalls hie und da oktaedrisch durchbohrte Kreuzungs-
knoten besitzt. Die grossen Laternennadeln nehmen die Mitte
der Wand ein, wogegen die kleineren auf beiden Oberflächen
dünne Lagen bilden. Li dieser Richtung unterscheidet sich das
beschriebene Exemplar von dem von IIinde, 1. c, p. 35, t.XXIX,
f. 3, angeführten. Dem Aeusseren nach ähnelt unsere Art auch
der aus den cenomanen Phosphoritlagern von Galizisch Podolien
von DuNiKOwsKi ^) beschriebenen Floeoscypliia podolien.
13. Flocoscyphia prosirnfa nov. sp.
Schwammkörper dicke Platten von bedeutender Grösse (etwa
16 cm lang und 11 cm breit) bildend, der vorgehenden Art ähnlich.
Die Wand der mäandrisch gewundenen Röhren verhältnissmässig
dünn, 0.8 — 12 mm. Die Oberfläche mit feinen Poren besetzt.
') Die Cenonian-Spongien aus dem Phosphorit-Lager von Galizisch-
Podolieii. Denkschriften d. math. - naturw. CL der Äkad. d. Wiss. in
Krakau, Bd. XVI, 1S8S, t. II, f. 1.
224
Die Art ist durch ihre äussere Form von allen bisher bekannten
verschieden. Das Skelet ist nur in kleinen Bruchstücken er-
halten.
14. Plocoscyphia arhorescens nov. sp.
Taf. VIII , Fig. 3.
Schwammkörper knollenförmig, etwa 32 mm hoch und oben
40 mm breit, aus mäandrisch gewundenen, durch Verästelung aus
einer einzigen Röhre entstandenen Röliren zusammengesetzt. Die
Oeffnungen sind rundlich oder oval, auch verzogen, haben 6 bis
10 mm im Durchmesser, und ihre Wand ist 1 — 1,.5 mm dick.
Das Skelet ist nur in kleinen Bruchstücken erhalten, welche auf
ein feines Gewebe von Laternennadeln schliessen lassen. Durch
ihre baumartig verästelte Form unterscheidet sich diese neue Art
von allen bisher bekannten.
15. Plocosci/phia pertusa Gein.
Ein in Brauneisenstein verwandeltes Exemplar von eiförmi-
gem Aeusseren. etwa o cm lang und 3 cm breit. Die Röhren
treten zu Tage durch runde Oetfnungen von o mm Durchmesser,
die Wand ist 1 mm dick. Das Skelet ist nicht erhalten. Diese
Art wurde von Geinitz^) aus dem cenomanen *Se/-p?/^a- Sande von
Bannewitz und Welschhufa bei Dresden beschrieben, ist aber auch
in Böhmen in den Teplitzer Schichten bei Settenz^) gefunden
worden.
16. ? Plocosct/i)hia hihyrinthica Mant. sp.
Plattige Knollen, etwa von 7 cm im Durchmesser, zeigen
Durchschnitte von gewundenen 2. .5 — 3,.^ mm dicken Wänden, die
nur selten sich zur Röhre einrollen. Das Skelet ist nicht er-
halten. Mit dem Namen Fl. hihyrinthica sind zwei von einander
gänzlich verschiedene Spongien belegt worden. Mantele^) nannte
so eine Form aus dem englischen Upper Chalk und Reuss*) eine
solche aus den Teplitzer Schichten von Böhmen. Die ältere Be-
zeichnung ist aufrecht zu erhalten und die von Reuss beschriebene
Art mit einem neuen Namen zu belegen.
') Das Elbthalgebirge in Sachsen, I, p. 26, t. 2, f. 5a, b, t, 3,
f. la, b.
^) Ph. Pocta. Ueber zwei neue Spongien aus der böhmischen
Kreifleformation. Sitzungsber. d. k. böhm. Ges. d. Wiss., 1885, p. .^87.
^) Fossils of the South Downs, p. 165, t. XV, f. 7.
*) Die Versteinerungen der böhmischen Kreideformation, II, p. 77,
t. XVIII, f. 10.
225
17. Plocoseyphia sp.
Kleine Knollen, etwa 4,5 cm im Durchmesser, welche auf
der Oberfläche der Durchschnitte mäandrisch gewundene Röhren
tragen. Die Körperwand ist 10- — 12 mm dick; die Oeft'nungen
der Röhren haben 4 — 6 mm im Durchmesser. Das Skelet ist
nicht erhalten. Diese Art wäre mit PL flexuosa Mant. *) zu
vergleichen.
18. Camer ospongia suhrofu nda Mant. sp.
Schwammkörper kugelig oder eiförmig, wenig von oben zu-
sammengedrückt, etwa 16 nun oben breit, meist in gemeinschaft-
lichen Colonien auftretend. Die Höhe des Schwammes konnte
nicht gemessen werden, da die unteren Theile der Schwamm-
körper mit Gestein verdeckt sind. Die Oberfläche des Schwam-
mes ist an erhaltenen Stellen ziemlich glatt. Am Scheitel trägt
diese Art eine kreisrunde oder nur sehr unbedeutend verlängerte
Oeffnung. die 6 — 7 mm im Durchmesser hat. Auf dem mir vor-
liegenden Stücke liegen zwei an einander gedrängte Exemplare,
und ausserdem sieht man noch Spuren von anderen Individuen.
Ueber die Anheftungsweise dieser Art. die bei unseren unten
verdeckten Exemplaren nicht beobachtet werden kann, sagt Hinde,
1. c, p. 140: ,.The sponge appear to have been atached by a
few divergent rootlests given of laterally*.
Unsere Exemplare stimmen gänzlich mit der 1. c. gege-
benen Abbildung überein. Wird im Upper Chalk bei Lewes in
Sussex, Charing in Kent und Whitehead bei Belfast nicht selten
gefunden.
19. Camerospongia Schlüteri nov. sp.
Taf. Vm, Fig. 1 a, b.
Schwammkörper in der Form eines dicken Trichters mit
schräg abfallendem Rande, gegen unten rasch sich verjüngend.
Die Höhe des Schwammes beträgt etwa 43 mm. die Breite in
der längeren Axe 65 mm. in der kürzeren 52 mm. Die Magen-
höhle ist, soweit dies zu sehen ist. nicht tief, trichterfönnig.
Oben bildet der Schwammkörper einen scharfen Rand, der die
im Umrisse elliptische, 52 mm lange und 32 mm breite Magen-
höhle umzäunt. Von diesem Rande fällt schräg ein breiter Saum
ab. der nacli unten scharf durch eine wellig gebogene Linie von
dem unteren Theile des Körpers abgetrennt ist. Von da verengt
sich allmählich der Schwamm bis zu einer dünnen Spitze. Der
ganze Körper besteht aus mäandrisch gewundenen Röhren oder
') Bei Hinde, 1. c, p. 136, t. XXIX, f. 4
226
Falten. Der breite Saum ist etwa zur Hälfte mit einer Deck-
schicht bedeckt, zur anderen lässt er die mäandrische Faltung
sehen. Der untere Theil des Kiirjjers ist ähnlich gebildet, nur
sind die Falten etwas feiner und meist in die Längsrichtung ge-
ordnet. Dieses hier beschriebene einzige Exemplar ist verkalkt
und sein Skelet demnach nicht erhalten. Bei Betrachtung mit
der Lupe kann man jedoch an gewissen Stellen den Hexactinel-
liden-Typus erkennen.
Diese wunderliche Art weiclit von den typischen Vertretern
der Gattung Camer ospomjia ziemlich ab und nähert sich der
äusseren Form nach der Gattung Coelopti/chmm. Die den Körper
zusammensetzenden Falten sind hier mäandrich unregelmässig im
Gegentheil zu dem bekannten, bei wahren Coeloptychien auftre-
tenden regelmässigen Bau.
20. ? Camer ospongia sp.
Neben den oben beschriebenen zwei Arten dieser Gattung
stammt aus dem Pläner von Paderborn noch eine andere Form,
deren Erhaltungszustand eine nähere Bestimmung nicht zulässt.
Der Schwammkörper ist im festen Pläner eingeschlossen, sodass
von einer Seite der obere Theil. von der anderen der Stengel
desselben zum Vorschein konnnt. Da diese beiden Theile nicht
gerade unter einander liegen, sondern etwas verschoben sind, ist
anzunehmen, dass der Körper schräg verdrückt ist. Der Schwamm-
körper ist knollenförmig, misst oben etwa 34 mm im Durchmesser
und trägt am Scheitel in der Mitte eine runde Oeffnung von
15 mm, die durch einen dicken, wenig erhabenen Rand umgrenzt
wird. Die Oberfläche ist mit glatter Deckschicht bedeckt und
trägt hie und da schwache Depressionen.
Der auf der unteren Seite der Plänerplatte hervortretende
Strunk ist im Durchschnitt kreisrund, meist etwa 16 mm im
Durchmesser und spitzt sich gegen unten allmählich zu. Seine
Oberfläche ist sehr glatt und mit feinen Längsstrichen bedeckt.
Diese Beschaffenheit des Strunkes, welche selir an bekannte.
durch Reibung entstandene Glättung erinnert, ist bei der Beur-
theilung des organischen Ursprungs dieses hier beschriebenen
Exemplars zu beachten.
Das Skelet ist nicht erhalten, und keine von den geötzten
Proben hat eine Spur davon gezeigt.
21. Licmosinion folium RtEM. sp.
Mir lagen drei sehr ungünstig erhaltene Stücke dieser Art
vor. welche im Allgemeinen mit der von Riemer. 1. c. , p. 23,
t. IX, f. t), beschriebenen Beschaffenheit dieser Species übercin-
227
stimmen. Keines von diesen Stücken stellt ein ganzes Individuum
dar. sondern es sind das nur Bruchstücke, welche aber, wie aus dem
zugerundetem Rande geschlossen werden kann, die weit grössten
Theile einzelner Individuen sind. Sie sind alle beinahe gleich
gross, 35 mm lang und 22 — 25 mm breit. Die Decke der Wand
beträgt 3,5 — 5 mm. Eines von den vorhandenen Exemplaren ist
unten mit einem engen Stiel versehen, die beiden anderen lassen
eine ähnliche Bildung durch allmähliche Verengung vermuthen,
sind aber eben an dieser Stelle abgebrochen. Die beiden Ober-
flächen sind nun nicht auf gleiche Weise verziert. Zwei von den
Exemplaren tragen auf der ausgehöhlten (inneren) Seite runde,
ziemlich tiefe Ostien, die in radiale Reihen gestellt sind, an den
Rändern des Schwammkörpers aber unregelmässig sich vertheilen.
Auf der gewölbten (äusseren) Seite ist der Schwamm mit ähn-
lichen Ostien bedeckt, welche aber durch ungleiche Grösse und
Verzweigung der Reihen, in welche sie gestellt sind, mehr Un-
regelmässigkeit zeigen. Das dritte mir vorliegende Exemplar ist
auf beiden Seiten mit grösseren, verzogenen und gänzlich un-
regelmässig zerstreuten Ostien bedeckt, die insbesondere auf der
äusseren gewölbten Seite zwischen kammartig hervortretenden Par-
tieen des Skeletes liegen. Die Deckschicht ist stellenweise an-
gedeutet. Alle drei Exemplare sind in Brauneisenstein umge-
wandelt.
Lithistidae.
1. Chonella sp.
Schwammkörper trichterförmig, etwa 55 mm hoch und oben
9 cm breit, gegen unten allmählig in einen 22 mm dicken Strunk
übergehend. Die Körperwand ist 6 — 8 mm dick, die Magenhöhle
tief trichterförmig. Die äussere Oberfläche ist meist abgerieben,
stellenweise sind kleine, runde Poren erhalten. Das Skelet ist
durch secundäre Kieselerde zerstört, hie und da glaubt man
Rhizomorinen-Elemente beobachten zu können.
2. Verrticulina sp.
Einige Bruchstücke des blattförmigen, sehr dünnwandigen
(2 — 4 mm) Schwanmies tragen auf der einen, inneren Oberfläche
eine glatte Deckschicht, in welcher ziemlich weit von einander
die etwa 1 -1,5 mm im Durchmesser habenden, runden Oscula
mit wenig erhöhtem und hie und da ganz abgeriebenem Rande
liegen. Die Structur der äusseren Oberfläche ist verwischt.
Die Oscula auf der inneren Fläche scheinen stellenweise in
Reihen geordnet, bei Betrachtung grösserer Partieen gewinnt man
jedoch die Ueberzeugung . dass sie ohne Ordnung liegen. Das
228
Skelet ist nicht erhalten. Von den bereits beschriebenen Arten
tritt dieser Schwamm der cenomanen VerrucuUna suhtüis Pocta ^)
am nächsten.
3. Pachypoterion cupnlare nov. spec.
Taf. VII, Fig. 1 u. la.
Der mir vorliegende Schwamm ist niedrig schüsselförmig.
wie es scheint miregelmässig seitlich verlängert, sodass die eine
Wand höher ist als die gegenüber stehende, etwa 50 mm hoch
und oben 95 mm breit. Die untere Fläche ist an der Seite abge-
brochen, sodass man nicht entscheiden kann, ob dieser Schwamm
mit einem seitlichen Stiel versehen oder ungestielt war. Die
Wand ist bedeutend dick und misst 22 — 25 mm. Die äussere
sowie die innere Oberfläche trägt runde, etwa 0,5 — 0,7 mm im
Durchmesser habende, eingesenkte Ostien. Der grösste Theil der
äusseren Oberfläche ist mit einer dünnen Deckschicht bedeckt,
deren Structm- an dem Exemplare nicht zu ermitteln war. Das
Skelet ist theilweise erhalten und besteht aus sehr grossen, 2
bis 2,5 mm langen. 0,5 — 0,8 mm breiten, auf der Oberfläche
stark erodirten Körperchen, die sich unregelmässig in kurze Aeste
verzweigen. Gewöhnlich verwachsen mehrere Elemente zusammen
in ausgebreitete Platten, von denen dann hie und da noch ein
Arm abzweigt. Für napf- oder becherförmige Magamorinen er-
richtete ZiTTEL") die Gattung Heferosfinia auf Grund eines ihm
aus dem Senon von Ronen vorliegenden und mit den als Clienen-
dopora suhplaena und Ch. öbliqua bei Michelin ^) beschriebenen
Arten übereinstimmenden Schwammes.
Die Abbildungen bei Michelin (Zittel bildet nur eine Partie
des Skeletes ab. 1. c, t. VI, f. 3) lassen auf einen dünnwandi-
gen Becher schliessen und Hinde, 1. c. , p. 53, bestätigt diese
Vermuthung, indem er die Dicke der Wände der Art H. obliqtia
Ben. sp, auf 7 — -10 mm angiebt.
Für Megamorinen von ähnlichem Ausseren, jedoch mit dicke-
ren Wänden, schuf Bünde die Gattung Pachupoterion, welche sich
jedoch auch noch durch andere Beschaffenheit des Skeletes von
Heterostinia unterscheidet. ,,It diifers". sagt Hinde 1. c, p. 51,
„from Heterostinia Zitt. in the apparent absence of those mi-
nute spicular bodies in which, according to Zittel. the larger
') Beiträge zur Kenntniss der Spongien der böhmischen Kreide-
formation. Abb. d. k. böhm. Gesellscli. d. AViss. , VI. Folge, Bd. 12,
1884; Abth. II, p. 23, Abb. 13.
^) Studien über fossile Spongien, II. Abth., p. 138.
*) Iconographie zoophytologique, t. 41, f. 1, 2.
229
spicules of tliis lattei- geuus are iinbedded, aud which form the
principal niass ol" the skeletoii.'-
Von den zwei bereits beschriebenen Arten dieser Gattung
Pachypnterlon röbnstnm und P. compactum aus dem Upper Green-
sand Englands ist unsere neue Art sclion durch äussere Form
verschieden. Es tritt aber noch die ungewöhnliche Grösse ein-
zelner Nandeln unseres Schwammes hinzu.
4. Isoraphinia simplicissima nov. spec.
Taf. VI. Fig. la, b.
Schwammkörper umgekehrt kegelförmig, etwas gebogen, 10 cm
lang. Wände 8 — 12 mm dick, mit 35 mm weiter Magenhöhle,
unten allraählicli in einen einfachen, walzenförmigen Strunk über-
gehend. Der Rand der Körperwand ist abgerundet oder wenig
zugeschärft. An zwei einander gegenüber liegenden Stellen ist
die Wand 'etwas ausgeschnitten. Die Structur der Oberfläche ist
nicht erhalten, stellenweise sieht man dichte, kleine Oeftnungen,
hie und da Lager der ausgelaugten Nadeln.
Das Skelet ist theilvveise erhalten, aber mit Eiscnoxyd-
Partikeln verunreinigt- Es besteht aus einfachen, wenig gekrümm-
ten Nadeln, die sich zu einander legen und sich auch verflechten.
Partikeln von secundärer Kieselerde, die durch Eisenoxyd gefärbt
ist. halten oft in den untersuchten Proben grössere Partieen des
Skeletes zusanmien. Die Elemente des Stieles sind nicht viel
verschieden, nur etwas schlanker und länger.
Von der durch grosse, einfache Nadeln ausgezeichneten Me-
gamorinen-Gattung Isoraphinia wurden bisher die Arten I. iexia
R(EM. ^) und I. iserica Poe. ^j beschrieben und dann von Sipho-
nococlia hirta Rcem. angeführt, dass dieselbe möglicher Weise
auch zu dieser Gattung zu zälilen wäre. Von allen diesen bisher
bekannten Schwämmen unterscheidet sich die hier beschriebene
neue Art schon durch die äussere Form, indem sie becherförmig
und nicht walzenförmig ist, wie die oben angeführten, insbesondere
aber durch die Beschaffenheit der einfachen das Skelet bilden-
den Nadeln. Bei I. kxta R(em. sp. verflechten sich einzelne
Nadeln in einander, indem sie sich um die benachbarten Elemente
winden und drelien; bei unserer Art liegen sie aber meistens
gerade oder nur sehr unbedeutend bogenförmig gekrümmt an
einander gereiht.
>) ZiTTEL, 1. c, II, p. 133, t. V, f. 8; t. VIT, f. 3.
*) Beiträge, Abth. II, p. 30, Abb. 17.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 2. Iß
230
f). Pliymatella sj).
Es lag mir ein Bruclistück von 5 cm Länge vor. dessen
Mitte die gegen oben ziemlicli enge Magenliölile durchläuft. Die
Oberfläche ist nur am Scheitel wenig angedeutet, der untere Tbeil
des Stückes ist zerbrochen. Das Skelet ist im Stücke wie ma-
cerirt, sodass die Anordnung der Kanäle sehr schön zu sehen ist.
Es ist jedoch' durch Zufuhr von Eisenoxyd und secundärer
Kieselerde in solch bedeutendem Grade degenerirt, dass nur sehr
selten einzelne autfallend kleine Vierstrahler gefunden werden
können. Die Anordnung der feinen, von der Magenhöhle zur
Aussenwand verlaufenden Kanäle lässt auf Vhymafdla schliessen.
6. Thccosiphonia granäis Rcem. sp.
Taf. Vm, Fig. 2.
Schwammkörper gross, meist kugelig, knollenförmig, auch
zuweilen walzenförmig, mit einer dicken Kieselepidermis auf der
ganzen Oberfläche, oder aber wenigstens am unteren Theile be-
deckt. In Betreff der Verbreitung dieser kieseligen Epidermis,
sowie der äusseren Umrisse weichen die mir vorliegenden Stücke
von den bereits bekannt gegebenen Abbildungen ziemlich ab. Die
Erfunde von Paderborn tragen gewöhnlich am Scheitel keine
Mündung, sondern sind ganz von der Epidermis umhüllt; nur
selten ist diese Mündung unter der Hülle angedeutet.
Die Dimensionen einzelner Individuen sind verschieden. Kugel-
förmige Exemplare sind 6 cm hoch und 7,5 cm breit. Weiter
kommen, meist nur in Bruchstücken, Formen von 8 — 10 cm Höhe
und 7 — 8 cm Breite vor. Ein beinahe ganzes Exemplar misst
bei 10.6 cm Höhe an 9.2 cm in der Breite. Von den keulen-
förmigen oder walzenförmigen Exemplaren hat ein ganzes 17,6 cm
Höhe und 9 cm in der grössten Breite im oberen Theil, wogegen
der untere, etwas abgebrochene Stiel, mit welchem es aufsass,
3,5 mm in der Breite misst. Viele Bruchstücke lassen aber auf
noch bedeutend grössere Dimensionen schliessen.
Die Deckschicht ist sehr compact, ohne besondere Structur
und gegen unten in concentrische Falten gelegt. Ihre Dicke
steht im Verhältniss zur Grösse des Schwammkörpers und dem
zu Folge zum Alter einzelner Individuen. Bei kleinen Formen ist
sie 0,8 mm dick, bei grossen, ausgewachsenen bis 4 mm, auch ist
sie bei vorliegenden Exemplaren in homogenen Kiesel verwandelt.
Hie und da ist diese Deckschicht in kleinen Partieen abgesprun-
gen und lässt hier das unten näher zu beschreibende Skelet
sehen.
Auf der Oberfläche ragen an manchen Stellen 4 — 9 mm
231
dicke, runde Höcker oder Fortsätze vor. die meistens an den un-
teren Theilen der Schwamndvörper zahlreicher sind, bei den knol-
ligen Formen, die kein deutliches Osculum tragen, aber auch am
Scheitel bemerkt werden. Diese Fortsätze sind meist nah am
Schwämme abgebrochen, und nur einige an den kleineren Exem-
plaren sind in der Form oben abgerundeter Höcker entwickelt.
Man hält diese Gebilde für Wurzeln, mit denen der Schwamm-
körper seitlich festgeheftet war. Das Skelet ist meist verkieselt
und durch den Umstand, dass diese Art grösstentheils in Bruch-
stücken vorzukommen pflegt, schon von aussen gut bemerkbar,
wobei es dem Bruche von Knochen ziemlich ähnlich sieht. Im
Innern des Schwammkörpers verlaufen 1 — 2 mm breite Kanäle,
und zwar parallel zum äusseren Umrisse desselben. Diese Ka-
näle sind an den Bruchstellen schon mit blossem Auge sehr deut-
lich und kommen da in verschiedenen Flächen geschnitten vor.
Das Skelet wird von grossen Vierstrahlern aufgebaut, deren Arme
sich in kugelförmigen, aus den verzweigten Enden der Arme ge-
bildeten Knäueln vereinigen.
Im Ganzen konnte ich im Pläner von Paderborn 26 Arten
bestimmen und zwar:
CraticAilaria plicata n. sp.,
? Coscinopora macropora Goldp. sp.,
Coscinopora sp.,
? Ventriculites raäiatus Mant..
Ventriciilites infundibuliformis Woodw.,
— angiistatus Rcem. sp.,
? Ventnciclites multwostatus Rcem. sp.,
— spissorugatus n. sp.,
VenlricuHtcs sp.,
Plocoscijphia cavernosa Rcem. sp..
? PlocoscT/pliia reticulaia Hinde,
Plocoscyphvi xn'ostrata n. sp.,
— arhorescens n. sp..
— pertusa Gein..
? Plocosciipläa labyrinthicn Mant. sp.,
Plocoscyphia sp.,
Catmrospongia subrotunda MAnt. sp.,
— ScMueteri n. sp..
? Camerospongia sp.,
Licmosinion folinm Rcem. sp.,
Chonella sp.,
VerrucuUnu sp.,
16*
232
Pachypoterion cupulare n. sp.,
IsorapJnnia simpUcissima ii. sj).,
Phymatella sp.,
Thecosiplionia granäis Rcem. sp.
Obgleich die Resultate meinei- Untersuchungen nur wenig
Neues bieten, so dürfte vielleicht ein Verzeichniss von Arten aus
dem Cuvien-V\MQY bei dem Umstände, dass aus diesem Hori-
zonte in anderen Ländern wenig und nur sehr ungünstig erhaltene
Spongien bekannt sind, von Interesse sein.
2H3
3. Zur Keiiiitiiiss des Gangsystems des Aiier-
berges im Harze und der Füllung desselben.
Von Herrn Ferdinand Horxung in Berlin.
Weit greifende Folgerungen, welche ich an die Verbreitung
des Felsitporphyrs vom Auerberge im Harz knüpfe und die an
anderer Stelle Besprechung finden sollen, veranlassten mich seiner
Zeit, das Ganggebiet dieses Berges einer möglichst gründlichen
Untersuchung zu unterwerfen.
Das Ergebniss derselben war die Auftindung verschiedener bis
dahin unbekannter Gänge resp. Gangtheile. deren Füllung z. Th.
eine so eigenartige Beschatfenheit offenbart, dass sie eine nähere
Besprechung verdient und Avohl geeignet sein kann, in die dunkle
Frage der Porphyr-Entstehung einiges Licht zu bringen — so weit
eine grössere Verallgemeinerung bezüglich eines oftmals in einem
und demselben Handstücke, geschweige in von einander unabhän-
gigen Vorkommnissen überaus verschieden erscheinenden Erstar-
rungsproductes auf Grund an eng begrenzter Localität gewon-
nener Erkenntniss überhaupt statthaft und möglich ist.
Beobachtungen im Auerberg-Reviere versprechen aber an sich
schon deshalb einen gewissen Nutzen, weil die dortigen Porphyre
frei von dem rothen Pigmente geblieben sind, welches die Un-
tersuchung der Gesteine anderer Localitäten oft nur zu sehr
erschwert.
Das Vorkommen, mit welchem wir uns zunächst beschäf-
tigen, bildet einen lang hinstreichenden und stellenweis wohl eine
Anzahl von Metern mächtigen Gang, welcher, bald mehr, bald
weniger gut, von der östlichen Abdachung des Mittelberges bis
zum Stolberg - Güntersberger Fusswege zu verfolgen ist , hinter
welchem er im tiefgründigen, etwas sumpfigen Waldboden der
Hochfläche einstweilen nicht mehr aufzufinden war^).
') Die umstehende Kartenskizze, SO-Ecke von Blatt Hasselfelde
und SW-Ecke von Blatt Hai'zgerode, mit den Wasserläufen, 100' -Ho-
rizontalen und — in abweichender Schraftiiimg — mit den benach-
barten Porpbyrgängen der kgl. geolog. Landesaufnahme versehen, ge-
stattet die Uebersicht des in Rede stehenden (gekreuzt schraffirten)
Porphyrvorkommens.
234
Bl. Hasselfelde
S O.-Ecke.
Bl. Harzgerode
S W.-Ecke.
Der Gang zeigt sich — wie alle übrigen, wenn sie nicht
durch Steinbruchsbetrieb aufgeschlossen sind, was hier nirgends
der Fall — als ein Blockwerk meist kleinerer, stellenweis aber
auch wohl mehrere Centiier schwerer Blöcke, welche theils frei
liegen, theils mehr oder weniger leicht im Waldboden gefunden
werden. Besonders offenbar liegen sie auf dem Mittelberge, we-
niger handgreiflich an den westlicheren Localitäten. Für die
Kartirung diente unter diesen nicht allzu günstigen, sich aber
überall auf dem Flarzer Hochlande gleichmässig wiederholenden
äusseren Umstände als Richtschnur, dass überall dort, wo sich
mit dem Porphyr zugleich auch Schieferfragmente. Gangquarz-
stücke u. s. w. fanden, der Porphyr als übergerollt angesehen
Avurde — eine Annahme, welche, an sich betrachtet, genau so
viel gegen sich wie für sich hat, da ja genannte fremde Frag-
mente ebenso gut wie der Poi*phyr übergerollt sein können —
gleichwohl glaubte ich, mir diese Selbstbeschränkung schuldig zu
sein, um dem Porphyr, wie ich schon hier anführen will, als dem
widerstandsfähigeren der dortigen Gesteine kein allzu grosses
Gebiet zu überlassen.
Wenn sich Porphyr ausser an den angezeichneten Stellen
auch neben und in dem Teichdamme im südlichsten der drei
parallelen, zu den Kilians - Teichen entwässernden Thalgründen
findet, so gestattet dieses keine Schlüsse auf das dortige An-
stehen unseres Gesteines, weil der Damm und vielleicht auch
seine nähere Umgebung möglichen Falls aus dem Materiale be-
235
steht, welches bei der Stollenanlage des Neudorfer Kunstgrabens
gewonnen wurde, bei welcher man walirscheinlfch auf Porphyr
getrotten; denn der die Hauptwasserscheidc durchbrechende Stollen
führt zu diesem Thälchen und nicht zum nördlichsten (vergl. das
anliegende Kärtchen und Bl. Hasselfelde).
Die allgemeine Lage des Ganges entspricht ganz den in
meiner denniächst erscheinenden Abhandlung »Der Gang des
schwarzen Porphyrs und seine Beziehungen zur Architectur des
Südharzes'' bezüglich der Hauptverbreitung der Auerberger Gänge
zu entwickelnden Gesichtspunkten: es gelang bisher durchaus
nicht, ihn über sein kartirtes Gebiet hinaus nach Osten zu ver-
folgen. Einige scheinbare Vorkommnisse in dem auf dem Rücken
des Mittelberges auf Bl. Harzgerode entlang führenden, schliess-
lich bei dem Damme des Frankenteiches in den Stolberg- Strass-
berger Fussweg einmündenden Holzwege erweisen sich als zum
Zwecke der Wegebesserung in nasse Stellen geschüttetes, oben
vom Mittelberge stammendes Material, welches dort zu diesem
Behufe gegraben wird.
Am Mittelberger Porphyr ist eine hervorragende Festigkeit
bemerkenswerth, durch welche er sich vor den Gesteinen der an-
deren Gänge des Auerberg-Gebietes auszeichnet, da letztere ein mehr
sandiges oder auch thoniges Aeusseres darbieten. Er hat ferner
eine grosse Neigung zu einer gewissen paralleltiächigen Abson-
derung, welche oft hellklingende Platten entstehen lässt, ohne
jedoch eine weitergehende Spaltbarkeit zu verursachen. Nicht
selten zeigen sich solche Absonderungsflächen mit kleinen Würfel-
hohlformen dicht bedeckt . welche man wohl auf ehemaligen
Schwefelkies beziehen darf, da dieser allenthalben im Auerberg-
Reviere in entsprechenden- Ausbildung häutig ist.
Etwas abweichend ist das Gestein im Güntersberger Wege
entwickelt; hier zeigt es vorwiegend eine dünnschalige Zusammen-
setzung, wobei die einzelnen Schalen im Querbruche durch einen
gewissen krystallinischen Schimmer entfernt an Gangquarz erin-
nern (Belegstück^) 26). Die Farbe des Porphyrs ist gleichmässig
hell graugclb, oft bis weit in das Innere grosser Blöcke; nur
selten erkennt man an Stellen besondei-er Frische, dass sie wohl
ursprünglich ein helles Grau war. Die Oberüäche der einzelnen
Stücke ist meist recht glatt und wird durch eine äusserst dünne
braune Rinde gebildet.
Ziendich grosse Quarze, welche meist rundum auskrystalli-
sirt oder in rundlichen Körnern vorhanden sind, wie in dem be-
kannten Gesteine des Auerberges selbst, sind nicht gerade selten;
') Die Belegstücke befinden sich in der Sammlung des Museums
für Naturkunde.
236
ebenso wenig fehlt Orthoklas, wenn dieser auch in der Regel
gänzlich kaolinisirt oder zerfressen erscheint. Ein, wie es scheint,
recht constanter accessorischer Gemengtheil ist der Turraalin,
doch ist er meist nur mikroskopisch nachzuweisen. Am Mittel-
berge dagegen ist er local so reichlich, dass seine strahligen
Rosetten oder Knötchen die helle Porphyrmassc schon dem blossen
Auge seltsam schwarzfleckig erscheinen lassen. Man sieht hier
wohl auch, dass die Turmalinknoten schichtenweis besonders dicht
liegen (Bei. 24 und 25). Die mikroskopische Untersuchung zeigt,
dass der Turmalin entweder in Form divergent-strahliger Büschel
in der Grundmasse verstreut liegt — so in den turmalinärmeren
Varietäten — oder zu Rosetten vereinigt ein Mosaik ziemlich
reinen Quarzes umschliesst resp. durchwächst. Der helle Glim-
mer, welcher einen Hauptgemengtheil des Gesteins bildet, tritt
dann in der Nähe des Turmalins deutlichst sichtbar zurück. Bis
jetzt nie angetrotfen habe ich den Turmalin im Orthoklase, was
um so bemerkenswerther ist, als im Gesteine des Auerberg-Massivs
ihn meistens gerade die Orthoklaskrystalle beherbergen. In der
Grösse seiner Individuen, seiner tinten- bis indigoblauen Farbe,
dem starken Dichroismus, der Stärke der Doppelbrechung, der
oft deutlich zu beobachtenden Entwicklung eines dunkleren Kerns
im Innern seiner Kryställchen schliesst sich der Turmalin vom
Mittelberge dem Auerberger vollständig an.
Die Grundmasse des Mittelberger Porphyrs zeigt eine recht
beachtenswerthe Ausbildung. Im Dünnschlitfe sieht man schon
mit der Lupe das ganze Gestein dicht gefleckt durch rund-
liche, bräunliche, weniger durchsichtige Pünktchen. Unter dem
Mikroskop ist diese Erscheiniing entsprechend deutlicher: die
einzelnen Fleckchen machen den Eindruck von graubraunen
Staubbällchen, welche im Innern dichter, nach aussen lockerer
werden. Bei Einführung polarisirten Lichtes sieht man die ganze
Gesteinsmasse zu einem ziemlich groben Pflaster individualisirt,
dessen einzelne Componenten unregelmässig mit ein- und aus-
springenden Ecken in einander greifen, in sich, mehr noch zwi-
schen sich den hellen Glimmer umfassend. Zugleich sieht man,
dass jedes Staubhäufchen deutlich den Mittelpunkt so einer Indi-
vidualisation einnimmt, also dass es nie durch die Grenze zweier
optischen Individuen geschnitten wird. Dieser braune Staub bleibt
auch im polarisirten Licht, wenn auch schwach, bemerkbar, indem
er die völlige Auslöschung seines Wirthes verhindert, er ist dop-
pelbrechend. Es muss dahingestellt bleiben, woraus er eigentlich
besteht, wie viel Antheil an seiner Zusannnensetzung vielleicht
feinem Glimmer oder feiner Feldspathzubstanz zukonmit. Die
solchermaassen im Innern getrübten optischen Individuen des
Grundmassenpflasters erweisen sich nun unzweifelhaft als Quarz.
237
Man erkennt das an der Stärke ihrer Doppelbrechung, welche mit
derjenigen zufällig vorhandener und entsprechend geschnittener,
oder absichtlich mit hinzugeklebter und mitgeschliffener Quarz-
krystalle durchaus übereinstimmt. Dass die Masse die entspre-
chende Halte hat und vor dem Löthrohre fast unschmelzbar ist,
d. h. an den Kanten papierdünner Splitter im schärfsten Feuer
eben noch zu sintern beginnt, schliesst sich gut dem optischen
Befunde an.
Wollen wir uns über die Entstehungsweise jener Gesteins-
ausbildung Rechenschaft geben, so haben wir einen hochbedeut-
samen Fingerzeig zu benutzen: die Quarzkörner resp. -Krj'stalle,
welche, wie schon erwähnt, hie und da in der Grundmasse liegen,
zeigen durchgängig die vom Auerberge her bekannten Höfe ').
Unter dem Mikroskop im gewöhnlichen Lichte beobachtet man in
diesen dicht am Quarzkrystalle eine Verfeinerung des Kornes der
Grundmasse und eine bessere Durchsichtigkeit. Im polarisirten
Lichte fällt in ihnen das Zurücktreten, bezw. Fehlen der gi'ös-
seren Glimmevblättchen auf. Vor Allem aber erkennt man. dass
die Substanz des Hofes (also Quarz der Grundmasse) genau dem
Quarzkrystalle axenparallel oricntirt ist. Man sieht z. B. , wenn
man ein Gypsblättchen in der 45 ** - Stellung einschaltet und der
Hauptelasticitätsaxe desselben parallel oder normal den Quarz-
krystall einstellt, dass die resnltirende Subtractions- resp. Addi-
tionsfarbe des Quarzkrystalles in ihrer feinsten Nuance stets auch
den ganzen Hof einnimmt und sich sogar, in unregelmässiger
Abgrenzung, zwischen umgrenzende grosse Glinunerblättchen hin-
durch meist über den eigentlichen feinkörnigen Hof hinaus weit
in die Grundmasse fortsetzt^).
Es bildet so ein Hof in gewissem Sinne ein Seitenstück zu
den als „krystallisirter Sandstein'' bekannten Kalkspath - Rhom-
boedern, indem er, ungestört durch fremde Substanz als Fort-
setzung des Quarzkrystalls in dem Magma weitei'gewachsen. nach-
dem letzteres bereits so viel schwerer beweglich geworden, dass
das Fremde ihm nicht mehr auszuweichen vermochte, sondern
umschlossen wurde.
') An den Ortlioklasen dagegen, hier wie am Auerberge, liabe ich
bisher noch nie Höfe beobachtet.
-) Diese Beobachtung erklärt zugleich die bekannte Thatsache,
dass die aus den Aiierberger Porphyren isolirten Quarzkrystalle nie
glänzende Flächen zeigen, sondern stets rauh sind; einfach, weil ihnen
eine scharfe Grenze fehlt, denn knstallographisch gehört zu ihnen
noch eine Schicht Quarz der Porphyrgrundmasse, der Hof, und diese
glänzt natürlich nicht, da sie stark mit den anderen Gcmengtheilen
des Porphyrs impräfrnirt ist; und auch der Quarzkrystall kann nie
elänzen. selbst wenn die letzten thonigen Theilchen von ihm abgelöst
sind, wie leicht einzusehen.
238
Wenn wir nun — duicli die Höfe überzeugt voa dem Vor-
handensein einer krystallograpliischen Orientirung des Quarzes der
Grundmasse um grössere Einsprengunge desselben Minerals —
eine ganz augenfällige Beziehung zwischen den Höfen der Quarz-
krystalle und den spontanen, ohne älteie Quarzkr} stalle hervor-
gerufenen Individualisationen der Grundmasse in der Art ausge-
drückt finden, dass in Gesteinen von höchst feinkörniger, nicht
mehr oder kaum als solche erkennbarer Individualisation (Stein-
bruch an der Südseite des Auerberges (1), Steinbruch bei Stein
4,9 km der Stolberg-Harzgeroder Strasse (2)) die Quarzkrystalle
keinen sichtbaren (1). oder einen nur eben erkennbaren Hof be-
sitzen (2), in solchen von mittelkörniger Individualisation (Stein-
bruch an der Nordseite des Auerberges) auch die Höfe deutlich
hervortreten, endlich in solchen gröbster Individualisation (Mittel-
berger Gang) auch die Höfe am grössten und vollkommensten aus-
gebildet sind, so wird uns die Individualisation der Grundmasse als
spontane (ohne Erregung durch einen Krystall vor sich gegangene)
Quarzkrystallisation. jedes optische Individuum des Grundmassen-
pfiasters als ein den Höfen durchaus entsprechendes Gebilde er-
scheinen.
Das Innere der Quarzindividualisation ist in den Gesteinen
des Mittelberges, wie wir gesehen, der Ort. wo die Hauptanhäu-
fung des schon erwähnten bräunlichen Staubes Statt hatte. In
der schaligen Varietät vom Güntersberger Wege liegen die Ver-
hältnisse noch etwas anders: auch hier haben wir zwar die Quarz-
individualisation, doch fehlt im Innern der Individuen der Staub,
oder er ist spärlicher, sodass sie innen vollkommen rein und
durchsichtig oder doch heller erscheinen. Man könnte sie für
echte, mit einem Hofe umgebene Quarzkrystalle halten, wenn
ihnen nicht ein Hauptmerkmal derselben abginge: während näm-
lich bei umhöften Quarzkrystallen Krystall und Hof stets von
einander zu unterscheiden sind, ist eine solche Unterscheidung
hier nicht möglich; der im Innern reine Quarz wird nach aussen
immer unreiner, bis schliesslich weiter auswärts nur noch jene
anderen, nur zum Theil sicher als Glimmer definirbarcn Massen
zu sehen sind, welche, local zu br-eiten. sich vielfach verzwei-
genden und wieder vereinigenden Bändern zusammengedrängt, eben
die schalige Absonderung hervorrufen, durch welche sich diese
Gesteinsvarietät auszeichnet. Dass diese Abtrennung individua-
lisirter Quarzsubstanz als Art der Grundmassen - Ausbildung von
umhöften Quarzkrystallen als Einsprengungen selbst in diesem
Falle, in welchem die Substanz innen ganz vorwiegend durchaus
rein erscheint, in sich wohl begründet ist, wird noch weiter durch
die Thatsache bestätigt, dass auch in diesem Gestein zugleich
239
wohl ausgebildete, umhöfte Quarzkrystalle als Einsprenglinge vor-
kommen, ganz wie in den Grundmassen am Mittelberge oder
Auerberge. und als solche nach ihren angeführten Merkmalen scharf
von allem Uebrigen zu unterscheiden sind.
Auch auf den wasserhellen Quarz, welcher auf hin und wie-
der das Gestein durchsetzenden Trümchen auskrjstallisirt ist,
erstreckte sich die orientirende Kraft der Quarzsubstanz der Grund-
masse, da die einzelnen Thcile eines solchen Trümchens stets
genau die kiystallographische Fortsetzung oder Ergänzung der
jeweilig angrenzenden, durch das Trümchen getrennten Theile der
Individuen der Grundmasse darstellen.
üebrigens darf die beschriebene Grundmassen - Ausbildung
durchaus nicht mit der sog. Sphärolithstructur verwechselt wer-
den, letztere ist von jener ganz wesentlich verschieden, sie wurde,
beiläufig bemerkt, auf der ganzen Erstreckung des Mittelberger
Porphyrganges bisher nirgends beobachtet, besteht aber an an-
deren Localitäten zugleich neben jener, zuweilen in einem und
demselben Haiidstücke. Wir werden ihrer bei einer anderen Ge-
legenheit ausführlich gedenken.
Das Mittelberger Porphyr - Vorkommen wird uns in hohem
Maasse bemerkenswerth durch seine klar hervortretende innere
Verwandtschaft mit den Graniten, trotz grosser äusserer Un-
ähnlichkeit. insofern uns die Quarzsubstanz hier ihrer weitaus
überwiegenden Hauptmenge nach (wenn wir von den spärlichen
Körnern und Krystallen derselben absehen) deutlichst als der
zuletzt festgewordene Bestandtheil entgegentritt , ganz wie im
Granite. Ob wir es hier thatsächlich mit einer Erstarrungs-
Modification einer Masse zu thun haben, welche unter anderen
äusseren Umständen Granit geworden wäre, das muss freilich
dahingestellt bleiben; gleichwohl braucht man diese Vorstellung
nicht ohne Weiteres abzuweisen, zumal die Anwesenheit von Tur-
malin, die bisher beobachtete Abwesenheit von Glas einer solchen
Vorschub leistet, und die grosse Nähe des gleichfalls farblosen,
weissen Ramberggranites noch weiter an vorhandene wechselseitige
Beziehungen erinnert.
240
4. Die Stegocephalen iind Saurier aus dem
Rotliliegenden des Plauen'sclieu Grundes
bei Dresden.
Von Herrn Hermann Credner in Leipzig.
Neunter Theil.
Hierzu Tafel IX bis XI
und 6 Textfigui'en.
Hylononius und Petyobates,
Im Jahre 1882 brachten H. B. Geinitz und J. Deichmüller
auf pag. 38 bis 40 und in tig. 1 bis 9, t. VIII ihrer „Nach-
träge zur Dyas 11" die Reste einiger kleinen, langrippigen Ste-
gocephalen unseres Niederhässlicher Kalksteinlagers zur Darstel-
lung, welche sänimtlich sie als Zugeliürige einer Species der von
A. Fritsch aufgestellten Gattung Hyloplesion zu erkennen
glaubten und mit dem Namen Hyloplesion Fritsch i belegten.
Drei Jahre später gab auch ich im V. Hefte meiner Mono-
graphie über die permischen Quadrupeden des Plauen' sehen Grun-
des (d. Zeitschr., 1885, p. 724 — 736. t. XXIX, f. 3 --20) die
Beschreibung und Abbildung mehrerer, im Laufe der Jahre in
meinen Besitz gelangter Exemplare, welche ich mit jenem Gei-
NiTz'schen Hyloplesion Fritschi identificiren musste, nur dass
ich versuchte, den früher von Dawson creirten Gattungsnamen
Hylonomus an die Stelle von Hyloplesion zu setzen.
Leider war das Material von ..Hyloplesion Fritschi"-,
welches Geinitz und Deichmüller vorlag, ebenso wie das mei-
uige im Vergleiche mit demjenigen anderer Stegocephalen des
Plauen' sehen Grundes sehr spärlich bemessen und beschränkte
sich, abgesehen von je einem vollständigeren Exemplar, nur auf
isolirte Skeletpartieen. Gemeinsam aber waren allen derselben
die einheitlichen amphicoelen Wirbelkörperhülsen , die langen,
schwach gebogenen Rippen, der eine Sacralwirbel, die secreten
Ossa pubica und die glatten, spitz conischen Zähnchen, wie denn
auch sämmtliche Reste auf die eidechsenartige Gestalt und die
gleiche Grösse der Individuen hinwiesen.
241
Aus diesen Thatsaclien erklärt es sich, dass sowohl Geinitz
und Deichmüller, wie nach diesen auch ich zwei verschiedene,
wenn auch durch die eben namhaft gemachten Merkmale in vielen
Beziehungen einander ähnliche Thierformen für eine gehalten
und die Merkmale zweier Gattungen zur Diagnose von Hiflo-
plesion Fritsclii zusammengefügt haben. Erst das jetzt vorlie-
gende reiche, z. Th. aussergewöhnlich schöne Material hat genügt,
um diesen Irrthum zu erkennen und zu beseitigen. Es steht jetzt
fest, dass ein Hyloplesinn Frifschi, wie er von uns Dreien
beschrieben wurde, nicht existirt, dass viehnehr unter diesem
Namen zwei Vertreter verschiedener Genera, ja vielleicht noch
viel weiter getrennter Kategorien versteckt sind.
So gehört in der That zunächst eine Anzahl der bisher
unter dem Namen II. Fritschi vereinigten Reste unbedingt der
Gattung Hyloplesion Fritsch (nach Credner = Hylono-
mus Dawson) an^). Dies gilt von allen denen, an welchen
sich die langen, dünnen Rumpfrippen in ein Capitulum und Tu-
berculum gegabelt zeigen und welche ovale, sich dachziegelartig
deckende Schuppen des Bauchpanzers aufweisen, also von Geinitz
und Deichmüller's fig. 2, 5, 6, t. VIII, 1. c. sowie von tig. 13, 15,
16. 17, 19 und 20, t. XXIX meiner oben citirten Abhandlung.
Alle diese Reste vereinigen sich mit den seither gemachten, z. Th.
vorzüglichen Funden zu dem fast vollständigen Bilde eines Hylo-
plesion im Sinne von A. Fritsch. Da sich jedoch der Name
H. Fritsclii nicht ausschliesslich auf diese Formen , sondern
ausserdem auch noch auf Vertreter einer ganz anderen Gattung
bezieht, also auf eine künstliche Miscliform angewandt wurde, so
muss er, um eine sonst unvermeidliche Verwirrung auszuschliessen.
fallen. An seine Stelle tritt für diese sächsische Hyloplesion-
(Hylonomns-) Art die Bezeichnung Uylonomus Geiniizi.
Der zweite bis dahin unter dem erstgenannten, jetzt aufzu-
gebenden Namen mit inbegriffene Quadrupede kennzeichnet sich
im Gegensatze zu den oben angeführten Criterien durch den
Besitz von an ihrem Proximalende zwar verbreiterten, nicht aber
zweitheiligen Rumpfrippen, sowie eines an Stelle des Bauchpanzers
getretenen Systemes strähniger, aus zahlreichen, spindelförmigen
Elementen zusammengesetzter Bauchrippen. Hierher gehören die
in tig. 1, 7 u. 9, t. VIII von Geinitz und DEiCHMtJLLER , sowie in
fig. 3. 4, 9, 10 u. 11, t. XXIX von Credner 1. c. fälschlich als H.
Fritschi abgebildeten Reste. Für diese, wie später einleuchten
wird, wesentlich von Hyloplesion differirende, in vielen Beziehun-
"■) A. Fritsch. Fauna der Gaskohle etc., Bd. I, 1884, Heft IV,
p. 16U.
242
gen an Rhynchocephalen erinnernde Foi-ni wii-d die Gattung Pe-
trobates aufgestellt.
Auf Grund des vorliegenden Gesannntmateriales sollen beide
perniische Vierfüssler und zwar zunächst Hylonomus Geinitzi,
dann Pctrohates truncatus einer ausführlichen, durch die Ab-
bildungen auf Tafel IX und X unterstützten osteologischen Be-
schreibung unterworfen, dann mit einander verglichen und schliess-
lich nach ihrer systematischen Stellung thunlichst üxirt werden.
Hylonomus (Hyloplesion) Geinitzi Cred.
Taf. IX, Fig. 1 bis 11.
Die allgemeine Gestalt von H. Geinitzi war eidechsenförmig,
sein Rumpf schlank, lang gestreckt, auf der Bauchseite mit einem
Schuppenpanzer versehen, — sein Schädel verhältnissmässig breit
mit ziemlich kleinen, nach vorn gerückten Augenhöhlen, -- sein
Schwanz kaum halb so lang als der Rumpf. Die Länge des
grössten Individuums betrug 78 mm. wovon 13 mm auf den Schä-
del, 45 mm auf den Rumpf und 20 mm auf den Schwanz entfielen.
Der Grad der Ossification des Knorpelskelcts ist ein sehr
geringer und beschränkt sich überall auf dünne, oberflächliche
Ueberrindungen des Knorpels, sodass dieselben nach Verwesung
des letzteren in fossilem Zustande als zarte, meist an beiden
Enden ofi'ene Knochenröhren erscheinen.
Der folgenden Beschreibung liegen die Reste von etwa einem
Dutzend Individuen vor. welche im Laufe von 8 bis 9 Jahren
allmählich sich ansammelten. Es geht daraus hervor, dass IL
Geinitzi eine im Vergleiche mit Brancltiosanrns und Pelosaurus
seltene Thierform ist.
Der Schädel.
Vergl. Taf. IX, Fig. 2, 3, 5, 6.
Der Schädel von Hylonomus Geinitzi besitzt spitz dreiseitige,
vorn und an den hinteren Ecken abgerundete Gestalt, ist etwas
länger als sein Hinterrand breit und erreicht fast ein Drittel der
Rumpflänge. Die im Vergleiche mit Branchiosaurus und Pelo-
saurus kleinen, ovalen Orbitae sind nach vorn gerückt und liegen
vor der Naht zwischen Parietalien und Frontalien und demnach
noch weiter vor dem Foramen parietale. Die Parietalia sind
gross imd breit, augenscheinlich ebenso die Supraoccipitalia, wäh-
rend die Postfrontalia, Postorbitalia und Jugalia nichts benier-
kenswerthes zeigen, nur ist die Zartheit aller dieser Deckknochen
eine ausserordentlich grosse, sodass sie fast stets in einem frag-
mentaren, der Identificirung spottenden Zustande vorliegen.
243
An dem stark zusamraeiigepressten Schädel des in Fig. 3,
Taf. IX abgebildeten Exemplars nimmt man in der vorderen
Hälfte der Unterseite Fragmente breiter Knoclienlamellen wahr,
welche mit dicht hechelförmigen Gruppen kleinster Zähnchen be-
deckt sind und augenscheinlich die bezahnten Vomera oder Vo-
meropalatina vorstellen. Hinter denselben glaubt man die wenig
scharf conturirten Reste des Parasphenoids zu erkennen, wel-
ches in einen verhältnissmässig kurzen, spitzen, vorderen, stiel-
förmigen Fortsatz ausläuft.
Die Zähne der Kiefer sind kegelförmig, glatt, höchstens an
der Basis schwach gekerbt, dünnwandig mit grosser Pulpa und
so dicht an einander gereiht, dass sie sich an ihrer Basis be-
rühren.
Die Wirbelsäule.
Die Rumpfwirbelsäule von Hi/lonomus besteht aus 22
bis 23 Wirbeln; die Länge jedes derselben beträgt 2 mm. lieber
die Anzahl der Schwanz wirbel giebt keines der vorliegenden
Skelete sichere Auskunft, doch dürfte nach der Grössenabnahme
der Wirbel des überlieferten Schwanzstummels deren Zahl nicht
viel mehr als 20 betragen. Keinesfalls aber hat der Schwanz
von Hylonomtis die Länge desjenigen von Petrobates erreicht.
Sämmtliche Rumpfwirbel, sowie die ersten 4 oder 5 Caudalwirbel
tragen Rippen.
Die W^irbel. Jeder Wirbel besteht aus einem einheitlichen
Wirbelkörper und einem von ihm durch eine Naht getrennten
Neuralbogen.
Die Wirbelkörper besitzen fast cylindrische , in der Mitte
wenig verengte Gestalt und ergeben sich im Querbruche als sand-
uhrförmige Hülsen von spoiigiösem Gefüge, durch deren nach innen
gerichtete intravertebrale Verdickung eine massige Einschnürung
des continuirlichen Chordastranges bewirkt wird. Die Steinkerne
dieser Wirbelkörper erscheinen ebenso wie z. B. bei PalaeoJiaf-
teria ^) zart concentrisch gerieft. Zwischen die Wirbelcentra ein-
geschobene Intercentra sind nicht zu beobachten.
Der obere Bogen der Rumpf wirbel ist höher als der
Wirbelkörper, mit welchem er in nur lockerem Zusammenhang
gestanden und von dem er sich deshalb gewöhnlich getrennt hat
{n, Fig. 2). Der Steinkern des von seinen Schenkeln gebildeten
Neuralcanales wird nach Auswitterung dieser Knochenlamellen als
ein oberhalb der Wirbelkörper liegender Kalkspathcylinder sichtbar.
Der Dornfortsatz bildet einen schräg nach rückwärts aufstei-
genden flachen Kamm.
») Diese Zeitschr., 1888, p. 492, Textfigur 1.
244
Die Rippen.
Die Rippen des Rumpfes sind 4 mal so lang als die Wirbel,
dünn, grätenartig, fast fadenförmig mit rundem, ziemlich bis zur
Spitze gleich bleibendem Querschnitt. Ilire Krünnnung ist eine
schwache und vertheilt sich gleichmässig auf die ganze Rippen-
länge. Die Knochenkruste ihrer Knorpelanlage ist so zartwandig,
dass die Rippen eine grosse Nachgiebigkeit besassen und deshalb
zuweilen bei ihrer Einhüllung in den Schlamm wellen- oder knie-
förmige Biegungen erlitten haben, ohne zu zerbrechen.
Das distale Ende der Rippen ist zugespitzt, ihr proximales
hingegen, wenigstens in den vor-
ce
e:Q ^3 <?^
Figur 1. Die Berippung von
Hylonomus Geinitzi Cred.
ce ■= Halsrippen, — c = Rumpf-
rippen, — es = Sacralrippen, — ■
cc = Caudalrippen.
deren Abschnitten der Rumpf-
wirbelsäule behufs zweifacher An-
heftung an die Wirbel in ein
Capitulum und Tuberculum
getheilt (Fig. 8. Taf. IX).
Sämmtliche präsacrale Wir-
bel tragen Rippen (vergl. Text-
tigur 1) und zwar besitzen diese
im ganzen Rumpfe vollkommen
gleiche Länge, nur in der Len-
denregion, also an den letzten
3 bis 4 vor dem Becken gele-
genen Wirbeln nimmt dieselbe
allmählich ab und reducirt sich
schliesslich auf etwa ein Drittel
(Fig. 1, 4 und 5, Taf. IX). In
Folge dieser im bei Weitem
grössten Theile der Wirbelsäule
herrschenden Gleichheit der Rip-
pen erhält der Rumpf von Ni/lo-
nonins eine schlank cylindrische
Gestaltung und ein schlangen-
artig gestrecktes Aussehen.
Ganz abweichend von den
Rippen des Rumpfes sind die-
jenigen der beiden ersten über-
haupt überlieferten Wirbel ge-
formt, indem sie. ohne dass sich
Uebergänge zu den langen Rip-
pen der Brustgegend bemerklicli
machen, zu kurzen Stummeln
von der Gestalt schlanker, zar-
245
ter Meissel werden (Fig. 1 u. o). Diese Gegensätziichkeit in der
Berippung kennzeichnet die ersten Wirbel als Halswirbel.
Die 2 Sacralrippen heben sich aus dem durch Zusammen-
drückung des Beckens entstandenen Knochengewirre nur selten
deutlich hervor (Fig. 4 u. 5; es). Bei Fig. 5 ist die linke dieser
beiden Rippen in ihrer natürlichen Richtung nach dem Ileum zu
erhalten und giebt sich hier als ein im Vergleiche mit den vor-
deren Rumpfrippen kurzer, kaum halb so langer, aber kräftigerer
und distal etwas verbreiterter Röhrenknochen zu erkennen.
Die ersten 4 oder 5 Schwanzwirbel ti^agen Gaudalrippen
(Fig. 1 u. 11; sowie Textfigur 1; cc); dieselben sind fast gerad-
linig, zart fadenförmig und am Proximalende verbreitert.
Der Schultergürtel.
Auch in dem wenig günstigen Erhaltungszustande des Schulter-
gürtels gelangt eine nur schwache Yerknöcherung dessen knorpe-
liger Elemente zum Ausdruck. Jedoch ist selbst an den z. Th.
geringfügigen Resten des Episternums. wie sie einige Exem-
plare (so Fig. 1, 4 u. 6, Taf. IX) aufweisen, nicht zu verkennen,
dass dasselbe aus einer breiten, aber kurzen Knoclienlamelle mit
verdicktem Hinterrande und zartem, verschwimmendem Yorderrande
bestand, welche nach hinten in einen sich schliesslich zuspitzen-
den Stiel auslief und dadurch die Gestalt eines ausgebreiteten
gestielten Fächers erhielt, also freilich nur ganz im Allgemeinen ähn-
liche Configuratiou aufwies, wie das Episternum von Melanerpeion
und Biscosaurus. Die Claviculae (cl, Fig. 1. 2. 4 u. 6, Taf. IX)
haben die bei fast allen unseren Stegocephalen sich wiederho-
lende knieförmig gebogene Gestalt, wobei sich der eine Schenkel
unten an die Episternalplatte anlegte, während der andere auf-
wärts gerichtet war. Auch die bisher von uns als Scapula an-
gesprochene Knochenplatte, wohl das Coracoid, weist die ge-
wöhnliche, ungefähr halbkreisförmige Gestalt auf (.sc, Fig. 2, 3,
4 und 5, Taf. IX).
Direct hinter dem Episternum und auch, wo dieses fehlt, an
der gleichen Stelle, nimmt man, wie in Fig. 6 u. 9, Taf. IX zur
Darstellung gebracht, ein pflaster artiges Mosaik von minimalen.
z. Th. rundlichen, z. Th. polygonalen Kalktäfelchen wahr. die. wo
in urspünglicher Lage befindlich, nur durch schmale Zwischen-
räume getrennt, fast unmittelbar an einander stossen, sonst etwas
weitläufiger zerstreut liegen. Dieselben haben mit Schuppen-
bildungen, speciell mit den zierlich gezeichneten ovalen Schuppen
von Hylonomns keine Aehnlichkeit, sind vielmehr gleichmässig
starke, rings scharf umrandete Blättchen von compacter, homo-
gener Kalkmasse, ohne jede oberflächliche Sculptur (vergl. Taf. IX,
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 2. 17
246
Fig. 10). Da sie dem Hautskelet kaum aii<:^eliürt haben dürften,
so liegt es bei ihrer conslanten Vergesellsclialtung mit dem Epi-
sternuni nahe, sie für partiell verkalkte Elemente des Schulter-
gürtels, und zwar vielleicht des Sternums anzusprechen.
Das Becken.
Die Erhaltung des Beckens leidet gleichfalls unter der für
die Ueberlieferung ungünstigen geringfügigen Verknücherung des
Gesammtskeletes. Nur hier und da sind einzelne schärfer con-
turirte Beckenelemente wahrzunehmen. Die II ea sind kurz,
ausserordentlich stark, an ihren mit dem Ischium und der Sacral-
rippe in Verbindung stehenden Rändern noch mehr verbreitert
(i, Fig. 1 u. 5, Taf. IX). Die Ischia, höchst zarte Knochenlamellen,
haben die bei Branchiosanrus, Pelosanrus u. s. w. constant sich
wiederholende dreiseitige Gestalt. In Fig. 11, Taf. IX zeigt sich
vor deren geradem Vorderrande eine zweite kleine, sehr dünne
Platte, welche wohl eines der beiden Ossa pubica repräsentiren
dürfte. Aehnliches ist in Fig. 4, ersichtlich.
Die Extremitäten.
Die Gliedmaassen von JIi/IoHonms sind im Vergleiche mit
dem Rumpfe von unbeträclitlicher Grösse, unter sich verglichen,
fast gleich lang; nur um ein Minimum ist die hintere länger,
dahingegen viel stämmiger als die vordere. Sänimtliche Extre-
mitätenknochen sind zartwandige Knochenröhren . welche deshalb,
weil die Gelenkenden knorpelig verblieben, beiderseits offen er-
scheinen. Der Humer US (//, Fig. 2, 3, 4 u. o, Taf. IX), 6 mm lang,
ist schlank, in der Mitte dünn, an beiden Enden bis zu 2 mm
verbreitert. Proximal- und Distalverbreiterung stehen in fast
rechtem Winkel auf einander. Ein Foramen epicondyloideum ist
nicht vorhanden. Radius und Uliia sind auffallend dünne,
gerade, fast cylindrische Knöchelchen von 3 inm, also der halben
Länge des Humerus.
Das P^emur (f, Fig. 1, 4, 5 und 11) zeichnet sich vor dem
Humerus dadurch auf den ersten Blick aus, dass es zwar kaum
länger, aber viel kräftiger ist als jener, ferner dass sein distales
Ende auf der Unterseite durch eine Fossa supracondyloidea tief
gefurcht und eingekerbt ist, während derselben auf der Oberseite
ein ziemheh scharfer Längskiel entspricht. Fibula und Tibia
sind halb so lang als das Femur. Die Tibia ist an ihrem distalen
Ende fächerartig, und zwar derartig nach innen zu ausgebreitet,
dass ihr Aussenrand geradlinig verläuft, ihr Innenrand aber eine
tiefe Ausschweifung erhält und ihr tarsales Ende schräg abge-
stumpft erscheint.
247
Carpus und Tarsus weisen geringgradige Ossificationen auf.
So liegen in Fig. 5, Tat'. IX einige kleine, rundliche Carpal-
blättclien zwischen Unterarniknuchen und einem Metacarpale. — bei
Fig. 1 hingegen zwei viel grössere Scheibchen von spongiöser Structur
direct am hinteren Ende der linken Tibia und mehrere ausser-
ordentlich kleine, nicht scharf begrenzte Ossificationen der Ele-
mente der zweiten Tarsalreihe unmittelbar vor den Metatarsalien.
Sind bei dem wenig günstigen Erhaltungszustande dieses Tarsus
Vergleiche überhaupt gestattet, so würde man in demselben eine
autfallende Uebereinstiinmung mit demjenigen von Falaeohatteria
finden, deren Tarsus sich ebenfalls aus 2 Tarsalien erster Reihe
(dem Astragalus und Calcaneus) , ferner aus 5 direct vor den
Metatarsalien liegenden Knochenblättchen besteht.
Die Zehen der Hand scheinen, nach den wenigen über-
lieferten Grliedern derselben zu schliessen, schlanker gewesen zu
sein als diejenigen des Fusses, — ihre Zahl und die der sie
zusammensetzenden Phalangen war nicht festzustellen. Die End-
phalangen sind zugespitzt.
Der Bauchpanzer.
Taf. IX, Fig. 1, 2, 3, 6 u. 7.
Der verhältnissmässig starke Bauchpanzer von Hylonomus
besteht aus Schuppenreihen, welche in stumpfem Winkel von der
Medianlinie aus nach aussen und hinten divergiren. Die Breite
jeder solchen Schuppenreihe beträgt die Hälfte einer Wirbellänge.
Die quer-ovalen Schuppen selbst decken sich dachziegelartig, ha-
ben einen leistenförmig verdickten, schwach bogigen Hinterrand
und sind mit zarten, erhabenen Linien verziert, welche vom letz-
teren aus schwach divergirend nach vorn verlaufen (vergl. Fig. 7).
Petrohates truncatus Cred.
Taf. X, Fig. 1 bis 7.
Die allgemeine Kör per form von Petrohates war zwar wie
diejenige von Hylonomus ebenfalls eine eidechsenartige, jedoch
beruhte dies weniger auf der Schlankheit des Rumpfes wie bei
letzterem, sondern vielmehr auf der Schmalheit des Schädels, der
Länge des Schwanzes und der Stämmigkeit der Gliedmaassen,
während der Rumpf ein mehr gedrungenes, gedunsenes Aussehen
aufzuweisen hatte.
Die Länge des vollständigsten Individuums beträgt 75 bis
78 mm, ist also etwa die gleiche wie diejenige von Hylonomus,
vertheilt sich aber in ganz anderen Verhältnissen auf die Haupt-
körperabschnitte, indem auf den Schädel etwa 10, auf Hals und
17*
248
Rumpf 35 und auf den Scliwanz 30 bis 33 mm entfallen, —
während bei Hylonomus der Schädel 13. Hals und Rumpf 45,
und der Schwanz kaum 20 mm misst. Petrohates hat dem-
gemäss einen verhältnissmässig kleineren Kopf und kürzeren
Rumpf, aber einen längeren Schwanz als Hylonomus.
Die gedrungene kräftige Gestalt von Petrohates spiegelt sich
gegenüber seinem erstgenannten Aufenthaltsgenossen in der stär-
keren Ossification des Skelets wieder. Ist es auch noch nicht
zur Bildung knöcherner Gelenkenden der Gliedmaassenelemente
gekommen, und beschränkt sich die Ossihcation der letzteren
sowie der Rippen auch noch auf eine oberflächliche Incrustation
des Knorpels, und hat die Chorda ihre Continuität ebenfalls noch
nicht verloren, so sind doch die sämmtlichen Knochenröhren und
-hülsen dickwandiger als bei Hylononins.
Von einem Bauchpanzer sind bei Petrohates keine Spuren
anzutreffen, vielmehr scheint sich derselbe bereits zu einem aus
zahlreichen Elementen zusammengefügten Bauchrippensystem
umgebildet und von der Bauchfläche in die Bauchwandung zurück-
gezogen zu haben.
Die Wirbelsäule.
Die Wirbelsäule von Petrohates besteht aus etwa 45 Wir-
beln, von welchen 3 auf den Hals. IG auf den Rumpf- und 1
auf den Sacralabschnitt entfallen. 25 hingegen den Schwanz bil-
den (Fig. 1, 2 u. 6, Taf. X). Sämmtliche 19 präsacrale Wirbel,
der Sacralwirbel und die ersten 5 oder 6 Caudalwirbel tragen be-
wegliche Rippen.
Die Wirbelkörper umschliessen in Form einheitlicher
Knochenhülsen die continuirliche Chorda und schnüren dieselbe
ganz allmählich um ungefähr die Hälfte ihres intervertebralen
Durchmessers ein. Ihre sehr häufig anzutreffenden Steinkerne
besitzen in Folge dessen Sanduhrform. Die Wandungen dieser
Hülsen sind stärker als bei Hylonomus; auf ihrem Querbruche
nimmt man nicht selten die feinen Poren des spongiösen Knochen-
gewebes wahr. Nur im Schwänze werden die Hülsen ausser-
ordentlich zart.
Die Länge der Hals-, Rumpf- und Sacralwirbel ist überall
die gleiche und beträgt bei den Fig. 1, 2 u. 6, Taf. X abgebil-
deten Individuen 2 mm bei einem Durchmesser von 1 mm und
einer Höhe des ganzen Wirbels von 2,5 mm.
Der Sacralwirbel zeichnet sich als solcher auf keinerlei
Weise vor den Nachbarwirbeln aus.
Der Schwanz besteht aus etwa 25. also aus mehr Wir-
beln als der Rumpf und ist beinahe so lang wie dieser (Fig. 1),
249
also verhältnissmässig viel länger als dei-jeiiige von Hylonomus.
Die Schwanzwirbel nehmen naturgemäss nach hinten zu an Grösse
stetig ab.
Interccntra scheinen zu fehlen, nirgends Hess sich eine
Spur derselben nachweisen, auch gewährt der enge gegenseitige
Anschluss der Wirbelkörpcrhülsen keineji Raum für die Einschal-
tung von Intercentren. Dahingegen keilen sich in der Schwanz-
wirbelsäule zwischen die ventralen Ränder je zweier zart hülsen-
förmiger Centra die stumpfwinklig zugeschärften Enden eines zum
unteren Bogen modificirten Intercentrums ein. Dieselben er-
scheinen in ihrer Seitenlage wie kurze und breite Lamellen. —
die in einem Falle (Fig. 2 u. 5) zu beobachtende Querlage giebt
ihre Gestalt als zart- und kurzschenklige, stimmgabelförmige Bogen
mit kurzem unteren Fortsatz zu erkennen.
Der Neuralbogen besitzt ein fast noch grösseres Lumen
als die Wirbelkörperhülsen in ihrem mittleren Durchmesser. Der
Steinkern der oberen ßogenreihe. also der Abguss des Rücken-
markstranges bildet in Folge dessen einen Kalkspathcylinder von
etwas depressem Querschnitt mit oberflächlichen, der Segmenti-
rung der Wirbelsäule entsprechenden Einschnürungen, der sich
oberhalb der gegliederten Kette von sanduhrförmigen Steinker-
nen der Wirbelkörper continuirlich dahinzieht (Fig. '2 und 4).
Weist schon diese an fast allen vorliegenden Exemplaren von
Pefrubates wiederkehrende constante Verbindung der Steinkerne
beider Wirbeltheile darauf hin, dass die Schenkel des oberen
Bogens mit den Wirbelcentren in ziemlich fester Verbindung ge-
standen haben müssen, so wird dies durch die directe Beob-
achtung au den längsgespaltenen Schwanzwirbeln von Fig. 2
und 5 bestätigt, wo durchaus keine Andeutungen einer Xaht
zwischen beiden Elementen sichtbar sind. Bei Fetrohatcs scheint
also im Gegensatze zu seinen sämmtlichen übrigen Aufentlialts-
genossen und namentlich zu Hylonomus eine Verwachsung der
Wirbelcentra mit den oberen Bogen stattgefunden zu haben.
Der Dornfortsatz des letzteren besteht aus einer niedri-
gen, schräg nach hinten emporsteigenden, abgerundet endenden
Lamelle, welche bis auf den nächsten Bogen übergreift, von
dessen spitzen vorderen Gelenkfortsätzen sie an ihrer Basis um-
fasst wird.
Querfortsätze sind nicht vorhanden.
Die Rippen.
Die Berippung von Petrobates (vergl. Textfigur 2 auf p. 251)
erstreckt sich auf folgende 25 bis 26 Wirbel:
250
3 Halswirbel,
sämrntliche 16 Rumpfwirbel,
1 Sacralwirbel,
5 — 6 Caudalwirbel.
Die Rumpf rippen sind in der vorderen Hälfte des Rum-
pfes ziemlich stark gebogen, jedoch fällt diese Biegung aus-
schliesslich in das proximale Drittel der Rippenlänge, während
der Rest geradlinig verläuft. An solchen Exemplaren, bei denen
die Rippen ihren Zusammenhang mit den Wirbeln bewahrt, also
Seitenlage nicht angenommen haben, ist ihre Krümmung durch
den Druck des sich über dem Skelet anhäufenden Kalkschlammes
verloren gegangen, sodass sie fast vollkommen geradlinig erschei-
nen (Fig. 2. Taf. X).
Die Rippen von Petrohates sind im Gegensatze zu den faden-
förmigen Rippen von Hylonnmns namentlich in ihrer proximalen,
die Biegung aufweisenden Hälfte compress bandförmig, hierbei an
ihrem oberen convexen Rande merklich verdickt, an der unteren
concaven Seite zugeschärft und erscheinen deshalb in der ge-
wöhnlich anzutreffenden Seitenlage beträchtlich breiter als dieje-
nigen des eben genannten Stegocephalen. In ihrer distalen Hälfte
hingegen nehmen sie einen mehr rundlichen Querschnitt an und
enden mit einer stumpfen Abrundung.
An ilirem proximalen Ende zeigen die Rippen der vorderen
Rumpfregion eine keilförmige Verbreiterung mit schräg ab-
schneidender Articulationsfläche (Fig. .1. 2. 8 und 7). Letz-
tere ist schwach concav ausgeschweift, ohne dass es zu einer
Gabelung, also zur Abtrennung eines abgesetzten Tuberculums
gelangt wäre. Augenscheinlich aber war die Rippe mit dem
oberen Vorsprunge ihrer ausgeschweiften Verbreiterung auf einer
Facette des Neuralbogenschenkels, mit der unteren auf einer
solchen des Wirbelcentrums eingelenkt. Nur bei den 5 letzten
präsacralen Rippenpaaren erreicht die Abschrägung und Aus-
schweifung des proximalen Endes einen solchen Grad, dass an
letzterem ein langes Capitulum und ein kleines Tuberculum zur
Ausbildung kommen.
Die grösste Länge, nämlich 8 — 9 mm, also das Vierfache
der Wirbelkörper weisen die Rippen in und etwas hinter der
Mitte des Rumpfes, also diejenigen des 9.. 10., 11. und 12. Wir-
bels auf. Dann aber (vergl. Textfigur 2, sowie Fig. 1, 2 und 6.
Taf. X) beginnt nach hinten zu eine ganz gleichmässige Abnahme
der Rippenlänge, indem sich jede weiter folgende Rippe um das
gleiche Maass und zwar um 1 mm, also das 13. Rippenpaar auf
8 , — das 14. auf 7 , — das 15. auf 6 mm verkürzt, bis
schliesslich das 19. und somit letzte Paar sich auf nur 2.5 mm
251
ce
laoge Stummel reducirt hat.
Mit dieser Abnahme der
Länge geht eine solche der
Krümmung der Rippen Hand
in Hand, welche letztere end-
lich in der Lendengegend
fast vollkommen verloren
geht. Auch nach vorn zu
vermindert sich die Länge
der Rippen allmälilich bis
zum 5. Wirbel um etwas,
ohne dass die Biegungsver-
hältnisse und die allgemeine
Gestalt der Rippen eine we-
sentliche Aenderung erführen.
Eine solche beginnt sich erst
am 4. Rippenpaare geltend
zu machen. Dasselbe ver-
kürzt sich ziemlich unver-
mittelt auf die Hälfte der
längsten Rumpfrippen und
nimmt gleichzeitig eine stark
bogenförmige , gleichmässig
auf die ganze Rippenlänge
vertheilte hakenartige Krüm-
mung an (Figur 1 und 2).
Von nun an, also zunächst
an den Rippen des 2. und
3. Wirbels geht die bis da-
hin herrschende Biegung und
Schlankheit vollkommen ver-
loren, indem dieselben die
Gestalt kurzer, gerade ge-
streckter Meissel annehmen, deren breites distales Ende geradlinig
abschneidet {cc, Fig. 1. 2 und G). Auch der wohl als erster
anzusprechende Wirbel scheint derartige . aber noch kleinere
stummeiförmige Rippen zu tragen. Dieser ihrer von den übrigen
Wirbeln durchaus abweichenden kurzen Berippung wegen sind die
3 ersten Wirbel als Halswirbel aufzufassen.
In Folge der verhältnissmässigen Länge der Rippen des
mittleren Rumpfabschnittes und ihrer beträchtlichen Verkürzung
nach vorn und hinten erhält der Rumpf ein plumpes, gedunsenes
Aussehen, welches zu der schlanken, cylindriscli gestreckten Lei-
besgestalt von Uijlonoinas in starkem Contraste steht.
Figur 2. Die Berippung von
Petrobates truncutus Cred.
ce = Halsrippen; — c ^= Rumpf-
rippen; — CS = Sacralrippen; —
cc = Caudalrippen.
252
Die beiden Rippen des Sacra Iwirbels (es, Fig. 1. 2 u. 6,
Taf. X) zeichnen sich in noch höherem Grade als bei anderen
verwandten Quadrupeden durch ihre Stärke aus, welche hier mit
der Verknöcherung sämmtlicher Beckenelemente und der Stäm-
migkeit der Hinterextremitäten, die sie zu tragen bestimmt ist,
in Einklang steht. So beträgt bei Fig. 1 die Breite des
Distalendes der 2,5 nnn langen, kurzen, geraden Sacralrippen
fast 2 mm.
Von den Schwan zwirbeln tragen die ersten 5 oder 6
Rippen (cc, Fig. 1, 2, 3, Taf. X). Diejenigen des ersten Caudal-
wirbels sind etwa 3 mm lang und dornenförmig gestaltet, also
an ihrem Proximalende breit, distalwärts spitz zulaufend und an
der Spitze sanft nach unten gebogen, — die nächsten 2 Paare
weisen eine starke, gleichmässig hakenförmige Krümmung auf, —
das vierte Paar ist kurz und biegt sich fast rechtwinkelig nach
unten: die nun folgenden letzten Paare sind kurze, stummelartige
Spitzchen.
Auch in der Art der Schwanzberippung weicht somit Fetro-
hates von Hylonomns wesentlich ab, indem sich die Caudalrippen
des ersteren wie bei Kadaliosmirus und Palaeohatteria gekrümmt,
diejenigen von Hylonomus gerade gestreckt wie bei Branchio-
saurus und Pelosaurus erweisen.
Der Schädel.
Der Schädel ist. wenn überhaupt, dann im Zustande solcher
Zerberstung und Zertrümmerung fast aller seiner einzelnen Knochen-
stücke überliefert (Fig. 1, 2, 3 und 6, Taf. X), wie sie selbst an
sehr jugendlichen Individuen von z. B. Brandnosaurus selten
wiederkehrt. Es kann dies einerseits in der Zartheit der Schädel-
deckknochen seinen Grund haben, andererseits aber auch in einer
den übrigen Stegocephalen fremden hohen Wölbung des Schädel-
daches, welche bei dessen Zusammenpressung zu seiner vollstän-
digen Zertrümmerung führte. Es ist in Folge der letzteren sogar
unmöglich geworden, mit Sicherheit zu entscheiden, ob der Schädel
von Pefroha/es einen stegocephalen oder rhynchocephalen Habitus
besass. Jedenfalls aber ist derselbe im Verhältniss zu der Kör-
perlänge des Thieres auftällig klein und schmal gewesen.
Die Parietalia sind bei Fig. 1 sehr breit, reichen
also weit nach links und rechts. Im vorderen Drittel ihrer Me-
diannaht liegt das Foramen parietale. Die Frontalia greifen
mit langen, spitzen Fortsätzen zu beiden Seiten der Parietalia
weit nach hinten. Die Postfrontalia sind schmal sichelförmig,
— die Augenhöhlen klein, rundlich und liegen weit nach vorn
gerückt, — die Zähne glatt, dünnwandig, spitz kegelförmig.
253
Der Brustgürtel.
Der Brustgüi'tel dürfte, soweit man aus den geringfügigen
Resten desselben zu schliessen vermag, grosse Aehnlichkeit mit
demjenigen von Hylonomus gehabt haben. So läuft die quer-
rhombische Platte des Episternums {ep, Fig. 3, Taf. X) gleich-
falls in einen hinteren Stiel aus {ep, Fig. 6), während die sehr kräf-
tigen Claviculae die nehniliche bumerangähnliche Krümmung auf-
weisen {cl, Fig. 1 und 3). Die Scapulae, richtiger Coracoidea
{sc, Fig. 1 , 2 . 6) , geben sich als starke Knochenplatten zu
erkennen, deren Hinterrand verdickt und schwach ausgeschweift
ist. Ein Sternal-Mosaik wie bei Hylonomus (p. 245, Fig. 9 u. 10,
Taf. IX) ist bei Petrohates nicht vorhanden.
Der Beckengürtel.
Ueber das Becken von Petrohates giebt das in Fig. 1, Taf. X
abgebildete Skelet vollkommen klaren Aufschluss. Es steht fest,
dass dasselbe von nur einem einzigen Wirbel und zwar mittelst
der oben beschriebenen sehr kräftigen Sacralrippen getragen
wird (vergl. auch es, Textfigur 2. sowie Fig. 2, Taf. X). Dem
meisselartig verbreiterten und gerade abgestutzten Distalende der
letzteren fügt sich das stämmige, 4 mm lange Ileum an (Text-
figur 3). Dieses ist in der Mitte etwas eingeschnürt und erleidet
Figur 8. Das Becken von Petrohates truncatus Cred.
in eine Ebene ausgebreitet.
i =z Ilea; — p = Pubica; — is = Ischia.
namentlich an seinem unteren Ende eine sehr beträchtliche, flügel-
artig nach vorn und hinten gerichtete Verbreiterung. Mit dem
Vorderrande derselben hat das Pubicum, mit dem Hinterrande
das Ischium in Verbindung gestanden. Die beiden Schambeine
sind zarte, dünne Knochenlamellen von derartiger halbkreisför-
miger Gestalt, dass ihr geradliniger Rand nach vorn, der Bogen
254
nach hinten gerichtet liegt. Zarte Anwachsstreifen laufen diesen
Conturen parallel. . Direct an den Hinterrand der Pubica stossen
die Ischia. welche umgekehrt einen bogigen Vorderrand haben,
nach hinten spitz zulaufen und auf der Aussenseite etwas ausge-
schweift erscheinen, also fast spitz dreieckige Gestalt aufweisen.
In Folge der Bogengestalt der einander zugewandten und zusam-
menstosscnden Ränder der beiden Ischia und Pubica wird ein von
diesen 4 Knochenlamellen umgebener Zwischenraum, ein grosses
Foramen cordiforme frei gelassen. Auf diese Weise erhält
das Becken von Petrohafes Reptiliencharakter, und zwar speciell
durch die Plattengestalt der Pubica eine gewisse Aehnlichkeit mit
demjenigen von Palaeohatteria^) und demnach auch von Fle-
siosaiirus.
Die Extremitäten.
Taf. X, Fig. 1 und 6.
Verglichen mit den viel schlankeren und schwächeren Knochen
der Gliedmaassen von Hylonomiis erscheinen diejenigen von Petro-
hafes bei ungefähr gleicher Länge beträchtlich stärker und kräftiger,
wodurch die Extremitäten ein autfällig stämmigeres Aussehen ge-
winnen. Trotzdem scheinen Carpus und Tarsus eine geringer
gradige Ossification erfahren zu haben, wenigstens waren nur einige
wenige kleine Carpal- und Tarsalknöchelchen vorzufinden (Fig. 1
und 2). Auch die Gelenkenden der Knochenröhren sind knorpelig
verblieben. Knochenleisten zur Anheftung von Muskeln sind ebenso
wenig wie ein epicondylares Foramen wahrzunehmen.
Das Abdominalskelet.
Zwischen den Rippen verschiedener Exemplare, namentlich
des in Fig. 1, Taf. X wiedergegebenen, erkennt man kleine, zarte,
beiderseits scharf zugespitzte Knochengebilde zerstreut liegen,
welche in dieser ihrer haferkornartigen Form grosse Aehnlichkeit
mit den Bauchschuppen von z. B. Archer/osnurns haben. Ihre
Zahl ist jedoch eine so geringe, ihre Verstreuung auf der Rumpf-
fläche eine so weitläufige, dass von vornherein Bedenken ent-
stehen, dieselben als Elemente eines die ganze Bauchseite be-
deckenden, dicht schliessenden Schuppeiipanzers anzusprechen.
Vielmehr erinnern sie an solche Abdominalossificationen. wie wir
sie früher an Palacohatterin und Kndaliosaurus kennen
gelernt haben-). Bestätigt wird diese Vermuthung durch den
Befund an dem in vorzüglicher Erhaltung überlieferten Ske-
') Vergl. diese Zeitschr., 1888; Textfigur 2f) auf p. 524.
*) Diese Zeitschr., 1888, p. 537 und 1889, p. 324; Textfigur 1, B.
255
lete Fig. 6, Taf. X. Hier sind diese Knocheufädchen nicht isolirt
und verstreut, sondern z. Th. noch in ihrem gegenseitigen Zusam-
menhang und in ihrer ursprünglichen Anordnung zu den Rippen
verblieben, sodass ihre Natur als Einzelelemente eines sträh-
nigen Bauchrippensystems klar vor Augen liegt. Es sind, wie
gesagt , lauter sehr kleine . kurze Knocheufädchen (Fig. 7),
welche beiderseits in schärfste Spitzen auslaufen, entweder gerade
oder schwach gebogene Gestalt besitzen und, wie die braunen,
sie haarzart durchziehenden Steinkerne beweisen, im Innern knor-
pelig verblieben, also nur oberflächlich verkalkt waren. Dieselben
legen sich mit ihren Spitzen reiheiifürniig zu fadenartigen Ossi-
ticationsstreifen an einander, deren jeder aus 5 bis 6 solcher
Einzelstückchen besteht. Je zwei derartige Strähnen, eine linke
und eine rechte, laufen von der Medianlinie aus in nach hinten
geötfnetem Winkel, also divergirend nach hinten. Ein unpaares,
beide seitliche Streifen verbindendes ]\Iittelstück scheint nicht
vorhanden gewesen zu sein.
Die Anzahl dieser gegenseitig durch weite Zwischenräume
getrennten Ossificationssträhnen scheint die doppelte der Rippen
zu betragen, sodass jede der letzteren an ihrem distalen Ende
mit zwei der ersteren in Verbindung gestanden haben würde.
Bezieht sich das Gesagte wesentlich auf Beobachtungen in der
Brustregion des Pefrohafes-^keletes , so erstrecken sich doch die
Ossificationsstreifen, sich allmählich verkürzend, auch noch bis
in das hintere Drittel des Rumpfes.
So weist denn das abdominale Ossificationssystem von Pe-
frohafes in seiner Bauweise die grösste Uebereinstimnmng mit
demjenigen von Kadaliosanrits auf, wie es sich in dessen
hinterer Rumpfgegend gestaltet^).
Diagnose und Vergleichung von Hylonomus
Gcinitzi und Petrohates truncatus.
liylonomns Geinitzi Cred. Petrohates Iruncatns Crbd
Eidechsenförmige Quadrupeden von 70 bis 80 nmi Länge;
Chorda continuirlich , in der Mitte der Wirbel schwach ein-
geschnürt ;
einheitliche, amphicoele Wirbelhülsen;
Rumpfrippen lang, schwach gebogen;
2 bis 3 Paare kurzer, meisselförmiger Halsrippen;
1 Paar sehr kräftige Sacralrippen;
') Diese Zeitschr., J889, t. XV, f. 2 und B in Textfigur 20, p. 324.
256
Hylonomus Geinitsi Cred. Petrohates truncatus Cred.
etwa 5 Paar Caüdalrippen;
secrete Ossa pubica;
das Episternum nach hinten in einen stielförmigen Fortsatz
auslaufend ;
das Extremitätenskelet besteht aus Knochenröhren;
die Gelenkenden derselben sind nicht ossificirt;
schwache Ossificationen im Carpus und Tarsus ;
Zähne spitz kegelförmig, dünnwandig, glatt.
Echter Stegocephalen - Schädel,
mit hechelartiger Gaumeiibe-
zahnung;
Verknöcheruug der Skelettheile
sehr zartwandig;
Zahl der Rumpfwirbel 20:
Schwanz kaum halb so lang als
der Rumpf:
Rumpfrippen dünn, grätenartig.
fadenförmig mit rundem
Querschnitt ;
sehr wenig gebogen;
das distale Ende zugespitzt;
das proximale Ende in Capi-
tulum und Tuberculum ge-
gabelt;
sämmtliche Rumpfrippen von fast
gleicher Länge, nur die letz-
ten 3 oder 4 Paare sich ver-
kürzend, in Folge dessen der
Rumpf cylin drisch , langge-
streckt;
Schwanzrippen schlank, gerade;
Schädel klein , schmal ,
schlecht erhalten;
stets
dickwandigere Verknöcherung;
Zahl der Rumpfwirbel 16;
Schwanz fast so lang wie der
Rumpf;
Rumpfrippen kräftiger , com-
press. bandförmig;
stärker gebogen und zwar im
proximalen Drittel;
das distale Ende abgerundet;
das proximale Ende stark keil-
förmig verbreitert, die Arti-
culationsfläche concav ausge-
schweift ; nur die letzten
Rippenpaare mit Capitulum
und Tuberculum;
Rippen in der mittleren Rumpf-
region am längsten, dann sich
nach vorn allmählich, nach
hinten rasch und zuletzt zu
kleinen Stummeln verkürzend,
in Folge dessen der Rumpf
stark aufgedunsen ;
Schwanzrippen kräftig, haken-
förmig gekrümmt;
in der Schwanzwirbelsäule inter-
vertebral eingekeilte untere
Bogen;
257
HylonoiHits Geinit^i Cred.
Fctrubdtes tru/icdtu^ Cred.
Humerus, Radius und Ulna dünn
und schlank;
auf der Bauchseite ein Panzer
von querovalen, sich dach-
ziegelartig deckenden Schup-
pen.
Humerus, Radius und Ulna stär-
ker und viel stämmiger;
mit einem abdominalen Ossifi-
catioussysteni ; die strähnigen
Bauchrippen aus spitz spin-
delförmigen Elementen zu-
sammengesetzt.
Systematische Stellung von Ilylonomus und
Petrohates.
Die Frage, ob Hylonomus, und namentlich ob Petrohates den
Stegocephalen oder aber den Rhynchocephalen zuzurechnen
seien, lässt sich nicht durch ein kurzes Wort entscheiden.
Beiden Quadrupeden verleihen die langen, gebogenen Rumpf-
rippen, die Markirung eines Halsabschnittes durch kurze, abwei-
chend gestaltete Rippen, das rhombische, gestielte Episternum,
die knöchernen Pubica, die Ossiticationen im Carpus und Tarsus
in ihrer Gesammtheit einen reptilienhaften Habitus. Dieser ge-
langt bei Petrobdtes zu einem noch bestimmteren Ausdruck durch
das Auftreten von Bauchrippen und von intercentral zwischen die
Wirbelcentra des Schwanzes eingefügten unteren Bogen.
Dem gegenüber theilen Hylonomus und Petrohates das Vor-
handensein von nur einem Sacralwirbel mit den Amphibien,
ebenso wie beiden durch die Persistenz des continuirlichen Chorda-
stranges, durch die nur geringfügige, oberflächliche Ossification
der Skeletelemente . die Nichtverknöcherung der Gelenkenden der
Extremitäten-Röhrenknochen, die indifferente Gestalt der Zähnchen
ein primitiver Habitus aufgeprägt wird. Dieser wird bei Hylo-
nomus noch verstärkt durch eine augenscheinlich echt stegoce-
phalische Schädeldeckc, ferner durch die dichte Hechelbezahnung
des Gaumens, endlich durch einen Bauchpanzer aus Knochen-
schuppen. Durch die Vereinigung aller dieser Züge neigt sich
Hylonomus mehr den Stegocephalen zu, während sich Pe-
trohates durch seine Bauchrippen und intercentralen Bogen mehr
den Rhynchocephalen nähert. Mit anderen Worten: es be-
sitzen beide einen noch sehr generellen, noch wenig differenzirten
Gesaramthabitus , — jedoch wiegt bei Hylonomus der primitive
Typus noch mehr vor als bei Petrohates, in welchem schon eine
grössere SpeciaUsirung in der Richtung der Rhynchocephalen
zum Ausdruck gelangt ist. Wenn man bei Petrohates vom Schä-
del absieht, welcher nicht genau genug bekannt ist. so könnte
man diesen Vierfüssler für einen kleinen Rhynchocephalen aus
258
der Familie der Proterosaurideii halten, wenn dem nicht das
Vorhandensein von nur einem Sacralwirbel entgegenstünde. Es
scheint, als ob Ilylonoinns, Petrobafes, Palaeohfifferia und Kada-
liosaurus einer natürlichen Gruppe von zeitgenössischen Quadru-
peden angehören (alle mit continuirlicher Chorda, intervertebral
verengten hülsenförmigen Wirbelcentren, allgemeiner oder theil-
weiser Vertretung der Intercentra. langen gebogenen Rippen, ver-
knöcherten plattenförmigen Pubicis, meist mit 2 Tarsalien in
erster Reihe), zugleich aber ebenso viel Stadien der Specialisi-
rung in der Richtung des Reptilienthums zum Ausdruck bringen:
in Hylonomus vorwiegend stegocephalische Charaktere, — in
Petrohates modificirt durch strähnige Bauchrippen, — in Pa-
laeohatteria specialisirt durch vermehrte Zahl der Hals- und
Sacralwirbel und durch die Perforirung des distalen Huraerus-
endes, — in Kadaliosaurus durch vollständige Üssitication
der Gliedmaassenknochen und deren Gelenkenden.
Discosanrus ijermianus Cred.
Taf. X, Fig. 8, 9, 10 und Taf. XI, Fig. 1 bis 7.
In einem früheren Jahrgange dieser Zeitschrift (1883, p. 294)
beschrieb ich aus dem Rothliegend - Kalkstein von Niederhässlich
einen Stegocephalen, welcher sich u. a. durch die Scheibengestalt
seiner zierlichen ßauchschuppen vor allen seinen Aufenthalts-
genossen auszeichnet und deswegen den Namen Biscosaurus
erhielt^). Das dieser Darstellung zu Grunde liegende Original
war leider nur ein auf die hintere Hälfte des Gesammtskelets
beschränkter Torso und liess den Verlust des Schädels, des
Schultergürtels und der Vorderextremitäten beklagen. Längere
Zeit hindurch blieb dieser Skeletrest der einzige Repräsentant der
neuen Gattung, bis im Laufe der letzten Jahre unter der im
Plauen' sehen Gnmde gesammelten Stegocephalen- Ausbeute allmäh-
lich noch fernere 3 Exemplare auftauchten: das eine vom Schädel
bis zum Schwanz in vollständiger Ueberlieferung, die beiden an-
deren in tadelloser Erhaltung grösserer Skeletpartieen, ergänzen
sich alle drei derartig, dass es jetzt möglich ist, ein bis in's
Kleinste gehendes Bild dieses interessanten und seltenen Sohup-
penlurches zu geben.
') Die von Leidy 1851 als Biscosaurus vctustus bezeichneten
Rauiiei'wirbel aus der Kreide von New Jersey gehören zu Cimolio-
sanrun mmjnus Leidy. Das für jene crftaceischen Reste gegründete
Genus Discosaurtis ist also verfallen und dieser Gattungsname wie-
der frei geworden (vergl. R. Lydekker, Catalogue of the fossil Rep-
tilia etc., Part. II, London 1889, p. 18U u. 211).
259
Als überraschendes Resultat stellt sich jetzt heraus, dass Bü-
cosaurus iu der Gestaltung seines Schädels, der Elemente seines
Schultergürtels und seiner Gliedmaassen eine fast täuschende
Aehnlichkeit mit Melanerpeton pulcherrimum Fritsch M
besitzt, — dahingegen von diesem im Bau der Wirbelsäule von
Grund aus und in der Form und Articulation der Rippen in
hohem Grade abweicht, vor ihm auch die Bedeckung der Unter-
seite durch zierliche Scheibenschupi)en voraus hat.
Nach A. Fritsch's Abbildungen und auch noch 1885 in
Band 11, Heft 2. p. 51 seines citirten Werkes wiederholten Dar-
legungen besitzt Melanerpeton gerade so wie Branchiosaiirus
Wirbelhülseu mit intravertebral erweiterter Chorda und
sehr kräftigen Querfortsätzen (1. c, Bd. I, p. 95, 103 u.
107), — während Discosaurus geradezu als Typus des rhachi-
tomen Wirbelbaues gelten kann. Ferner sind bei Melaner-
peton und zwar auch bei dem „prachtvoll erhalteneu" pul-
cherrimum sämmtliche Rumpfrippen von gleicher Form, nämlich
kurz, schlank, fast gerade und nur am proximalen Ende ver-
breitert, hier aber niemals gegabelt. Bei Biscosaurus hingegen
sind die vorderen Rumpfrippen gebogen und an beiden Enden
ruderförmig ausgebreitet, während in der mittleren und hinteren
Rumpfregion eine ausgezeichnete Gabelung des proximalen Rippen-
endes Platz greift. Trotz aller sonstigen Aehnlichkeiten oder
sogar Uebereinstimmuiigen in der Form des Schädels, des Schul-
tergürtels und der Extremitäten genügen. — ganz abgesehen von
der charakteristischen Beschuppung des Biscosaurus, — diese
principiellen Unterschiede im Bau der Wirbelsäule und ihrer An-
hänge, um in Melanerpeton und Biscosaurus difterente Genera
zu erkennen. Ja, da die Art des Wirbelbaues das Hauptcriterium
unserer Classification der Stegocephalen bildet, so bedingen die
oben angedeuteten Abweichungen sogar, dass die genannten bei-
den Gattungen ganz verschiedenen Unterordnungen zugetheilt
werden müssen: Melanerpeton den Hülsenw^irblern (Lepo-
spondyli) und zwar den tonnenwirbeligen Branchiosau-
riden, — Biscosaurus aber den Kranzwirblern (Bhachi-
tomi).
Fällt freilich statt eines einigermaassen vollständigen Ske-
letes von Melanerpeton oder Biscosaurus nur ein isolirter Schädel
oder Brustgürtel derselben dem Paläontologen anheim, so muss
er es unentschieden lassen, welcher von den beiden Gattungen
deren ursprünglicher Besitzer zugehört. Dieses Schicksal theilen
*) A. Fritsch. Fauna der Gaskohle und der Kalksteine der
Permformation Böhmens, Bd. I, Heft 2, p. 9i), t. XTV u. XV, 1880,
260
jene Reste mit jedem nur durcli seinen losgetrennten Schädel
bekannten Stegocephalen; er bleibt „incertae sedis'', bis der Fund
der zugehörigen Wirbelsäule seine Unterbringung im System
ermöglicht.
Bei der Erörterung der Avichtigsten Charaktere von Disco-
saurus, also des Baues seiner Wirbelsäule und ihrer Anhänge,
sowie des Beckens und des Schuppenkleides gehen wir von einem
Fragmente aus. welches nicht nur diese Einzelheiten am klarsten
zur Schau trägt, sondern andererseits auch im Umfange und Er-
haltungszustande der überlieferten Reste dem Original -Exemplar,
dem „type-specimen'' von Biscoaaurus (d. Zeitschr., 1883, t. XII,
f. 6) am nächsten kommt. Von ihm aus gehen wir zur Beschrei-
bung der beiden anderen in noch grösserer und in grösster Voll-
ständigkeit erhaltenen Exemplare über, um dadurch zu einem
detaillirten Bilde des Gesammtskeletes zu gelangen und dieses
schliesslich in eine Diagnose der Gattung Discosaurus zusammen
zu fassen und zu fixiren.
A. Beschreibung der in Figur 8 bis 10, Tafel X, sowie in
Figur 1 bis 7, Tafel XI abgebildeten Exemplare von
Discosaurus pnmimms Orp:d.
I. Exemplar Taf X, Fig. 8 bis 10.
Das zu beschreibende, in Fig. S, Taf. X in dreifacher Ver-
grösserung abgebildete Fragment von Discosanrus liegt auf der
Schichtfläche einer dünnen Kalksteinplatte und besteht aus einem
grösseren Abschnitte der Rumpfwirbelsäule nebst den zugehörigen
Rippenpaaren, der Mehrzahl der Beckenknochen und neben diesen
aus einzeln verstreuten oder gruppenweise zusammengeschaarten
Schuppen des Bauchpanzers.
Die Rumpfwirbelsäule liegt flach auf der rechten Seite,
besitzt eine Länge von 35 mm und besteht aus 11 sich gerad-
linig an einander reihenden Wirbeln, sodass auf jeden der letz-
teren eine Länge von etwa 3 mm kommt. Die bei der Seitenlage
der Wirbelsäule dem Beschauer zugewandte linke Reihe der Rip-
pen ist mit ihren proximalen Enden noch auf ihre ursprünglichen
Articulationsstellen zu gerichtet, — die andere zwar noch in
ihrer ungestörten Anordnung und Lage verblieben, jedoch nach
oben umgebogen, sodass sie oberhalb der Wirbelsäule zwischen
die bogigen Einkerbungen der Dornfortsätze zu liegen kommen.
Die Wirbel.
Die Mehrzahl der 11 Wirbel dieses Columnarabschnittes ist
vorzüglich erhalten. Ihr Bau ist ein ausgezeichnet rhachitomer;
sie setzen sich also zusammen aus:
261
1. dem oberen (Neural-) Bogen mit den Gelenkfortsätzen und
dem Dornfortsatz,
2. den beiden Pleurocentren.
3. dem Intercentrmn.
Der Neuralbogen. Die Schenkel des oberen Bogens bil-
den je eine sich schräg von oben nach vorn hinabsenkende La-
melle, M^elche an ihrem unteren Ende stumpf abgerundet ist und
sich nach oben zu verbreitert (Fig. 8 u. 10, Taf. X). Hier sendet
sie den vorderen Gelenkfortsatz aus. welcher nach vorn spitz aus-
läuft und hier unter den durch eine Verdickung an der Basis
des Processus spinosus markirten hinteren Gelenkfortsatz des
vorhergehenden Wirbels untergreift.
Auf der etwa 6 mm langen Verbindungslinie zwischen beiden
erhebt sich der Processus spinosus zu einem im Vergleiche mit
z. B. Archegosaurus sehr niedrigen, halbmondförmigen Kannn mit
scharfem ungekerbtem Rande. Die Höhe des Neuralbogens sammt
Dornfortsatz beträgt 4 mm.
Das Wirbelcentrum und Intercentrum. Das Wirbel-
centrum besteht, wie oben und durch die Bezeichnung des Wirbel-
baues als „rhachitom" bereits zum Ausdruck gebracht worden ist,
aus 2 secreten Knochenstücken, den beiden die Seitenflächen der
Chorda deckenden Pleurocentren. Zwischen je 2 solcher durch
ihre beiden lateralen Elemente repräsentirten Wirbelcentra schiebt
sich ein der Unterseite der Chorda anliegendes, beiderseits aber
etwas nach oben reichendes Intercentrum ein.
Die Pleurocentra schliessen sich an die unteren Ränder
jedes der Neuralbogenschenkel in Gestalt einer kleinen, abgerun-
det rechteckigen oder trapezförmigen Knochenplatte meist so
dicht an. dass sie bei erster Betrachtung nur wie eine nach
unten gerichtete Verlängerung derselben erscheinen, heben sich
jedoch schon durch ihre grob spongiöse Structur von den angren-
zenden Theilen des Neuralbogens ab und sind von diesen durch
eine zarte, schräg nach oben und hinten ansteigende Naht ge-
trennt. In mehreren anderen und zwar weiter nach dem Sacrum
zu gelegenen Wirbeln ist die Trennung dieser Platte von dem
Bogenschenkel in Folge stattgehabter kleiner Verschiebungen noch
viel deutlicher ausgesprochen.
Zwischen je zweien dieser Knochenstücke liegt, in gleicher
basaler Linie mit diesen beginnend und sich bis in die von der
vorderen und hinteren Zygapophyse zweier benachbarter Wirbel
bogenförmig überspannte Lücke erhebend, ein Intercentrum.
Dasselbe ist in Folge der Seitenlage der Wirbelsäule aus seiner
urspünglichen Position an der Unterseite der letzteren seitlich
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 2. 18
262
etwas emporgeschoben worden , sodass jetzt seine ganze Unterseite
dem Beobachter zugewandt ist. Auf diese Weise giebt es sich
als eine quer-ovale Knochenplatte von grob spongiöser Structur zu
erkennen, welche, nach aussen (bei ursprünglicher Lage nach
unten) ziemlich stark gewölbt, mit ihren Enden einwärts gebogen
ist (vergl. namentlich ic, Fig. 10. Tat. X). Denkt man sich die-
selbe wieder in ihre ursprüngliche basale Lage geschoben, so
bildet sie eine sichelförmig, fast hufeisenförmig nach oben ge-
krümmte Platte.
Bei Discosaurus sind demnach Pleurocentra und Intercentra
ziemlich gleichwerthig entwickelt; erstere. also die seitlichen Ele-
mente der Wirbelkörper stehen unmittelbar unter den Bogen-
schenkeln. die Intercentra hingegen unterhalb der Gelenkstelle
zwischen je zwei Neuralbogen. Es ist dies ein Verhältniss, wel-
ches auch dort überall wiederkehrt, wo die Pleurocentra stark
entwickelt und als pleurocentraler Complex zu einem einheitlichen
Stücke, dem eigentlichen Wirbelcentrum, verschmolzen sind. In
allen diesen Fällen dienen sie als Träger des Neuralbogens und
bilden dessen Basis, während das getrennt bleibende Interceatrum
zwischen je zwei Wirbelkörpern seinen Platz hat.
Erhärtet wird diese Deutung der in Frage kommenden Wir-
belelemente durch den Bau der Caudalwirbel des bereits im Jahr-
gange 1883 d. Zeitschr. , t. XII. f. 6 abgebildeten und beschrie-
benen Exemplars von Discosaurus. Hier liegt ebenfalls unmittelbar
unter dem oberen Bogen ein kleines Blättchen (eines der Pleuro-
centra) und zwischen je zweien derselben ein unterer Bogen
(also ein moditicirtes Intercentrum; vergl. diese Zeitschr., 1888,
p. 501, Textfigur IV). somit genau an der Stelle der oben als
Intercentra gedeuteten Knochenplatten.
Die Rumpfrippen.
Die Rippen des an diesem Exemplare ausschliesslich über-
lieferten hinteren Rumpfabschnittes, zartwandige Knochenröhren
mit grossem Lumen, sind fast vollkommen geradlinig und erreichen
an den ersten der vorliegenden Wirbel 10 mm Länge, das ist
mehr als das Dreifache der Wirbellänge. Da sie ausserdem
dünn und am distalen Ende nicht verbreitert sind, so erscheinen
sie neben den kui-zen. an beiden Enden meisselförmig ausgebrei-
teten, geraden Rippen von Brancldosaurns, Pelosaurus und Mela-
nerpeton lang, schlank und fast grätenartig. Der wesentlichste
Unterschied von letzteren beruht jedoch darauf, dass ihr proxi-
males Ende gegabelt ist, dass dieses mit anderen Worten in
ein lang gestrecktes Capitulum ausläuft und oberhalb des letz-
teren ehi deutlich abgesetztes Tuberculum trägt. Die Rippen
263
der hinteren Rumpfhtälfte von Biscosaurits articulirten also an
zwei Stellen mit dem Wirbel. Welche Stücke des letzteren es
sind, an die sich die Rippe anheftet, verräth sich durch die con-
stante .Stellung der Proximalcnden sännntlicher vorliegenden linken
Rippen zu den Elementen der Wirbel. Ausnahmslos legt sich
nämlich auch jetzt nocli das Capitulum jeder Rippe an ein
Intercentrum, — das Tuberculum an das dahinter stehende
Pleurocentrum an. p]s ist deshalb in hohem Grade wahrschein-
lich, dass die Rippen thatsächlich in der durch fossile üeberlie-
ferung angedeuteten Weise, und zwar ohne Vermittelung von
Querfortsätzen, an diesen beiden Knochenplatten articulirt haben.
Dieses höchst auffällige Verhältniss würde jedoch keineswegs
isolirt dastehen, sondern wiederholt sich genau so bei gewissen
Sauriern aus dem Perm Nordamerikas, den Pelycosauriern Cope's,
und kehrt in ähnlicher Weise wieder bei Hafferia. So beschreibt
CoPE^) die Rippen von Emholophorus und deren Articnlation
wie folgt: „Die Rippen sind an ihrem proximalen Ende gegabelt.
Das Capitulum lenkt in eine Grube am Hinterrande des Inter-
centrums ein, welches vor dem den oberen Bogen tragenden Cen-
trum liegt, während sich an letzteres das Tuberculum anheftet.''
Aehnlich verhält sich die Rippenarticulation bei Hafteria. Nach
Baur^) trägt der zweite, dritte und vierte Wirbel dieser Species
gegabelte Rippen, deren Capitulum mit dem Intercentrum und
deren Tuberculum mit einem Querfortsatze des sich jenem hinten
anschliessenden Centrums in Verbindung steht. Bei den folgenden
Wirbeln wiegt die Tubercular - Articulation vor. das Capitulum
wird rudimentär und ligamentös, steht aber immer noch mit dem
Intercentrum in Verbindung. Auch bei dem meinen Vergleichun-
gen zu Grunde liegenden Spiritus - Skelet von Hatfcria ist das
zuerst beschriebene Verhalten des Rippenendes zum Wirbel in der
Art ausgesprochen, dass das ziemlich lange Capitulum der Rippen
des vierten Wirbels auf dem Intercentrum ruht und das breite
Tuberculum mit dem nächst folgenden Centrum in Verbindung
steht, während die beiden vorhergehenden Wirbel noch keine
Rippen tragen. Baur bezeichnet die intercentrale Capitular-Arti-
culation als den ursprünglichen Zustand, aus welchem sich alle
übrigen Verbindungsarten von Rippen und Wirbeln ableiten las-
sen'^). Ist ersteres der Fall, so offenbart sich bei JJiscosanrus
ein höchst primitiver Bau der Wirbelsäule: eine conti-
^) CoPE. Extinct Batvachia aud Beptilia etc. Palaeontol. Bullotin
No. 29, April 1878, p. 518.
') Baur. Amer. Naturalist., November 1886, p. 979.
ä) Ibidem, October 1887, p. 945.
18*
264
nuirliche, durch Verknöcheruiig nur wenig oder gar nicht einge-
schnürte Chorda. — die oberflächliche Verknöcherung der Chorda-
scheide nur partiell, also auf getrennt bleibende Pleurocentra
und Intercentra beschränkt. — die Schenkel der oberen Bogen
nicht mit dea Pleurocentren verwachsen und, wie wir später
zeigen werden, auch dorsal noch getrennt verbleibend. — die
Articulation des Capitulunis (wenigstens an den letzten 1 1 prae-
sacralen Wirbeln) eine intercentrale.
Die oben beschriebenen, verhältnissmässig langen Rippen des
Rumpfes werden nach hinten zu rasch kürzer, um endlich an
den letzten praesacralen Wirbeln zu kurzen geradlinigen Stum-
meln von kaum 3 mm Länge herabzusinken.
Das Becken (vergl. Texttigur 6, p. 276).
Die Elemente des Beckengürtels sind zwar an dem 1883
beschriebenen Exemplare etwas vollständiger und in grösserem
gegenseitigem Zusammenhange überliefert, als bei dem jetzt zur
Darstellung gelangenden, doch erhält letzteres insofern Bedeutung,
als auch an ihm die bei unseren Stegocephalen innnerhin unge-
wöhnliche Betheiligung selbstständiger Ossa pubica am Aufbau des
Beckengürtels zur Erscheiimiig gelangt.
Die Ilea [i, Fig. 8. Tat". X) sind sehr kräftige, stänmiige
Knochen mit grobstrahliger Ossiticationsstructur. Dieselben breiten
sich nach oben zu fächerartig aus, sodass ihr costaler Rand
die doppelte Breite des mittleren Durchmessers erlangt. Diese
Ausbreitung ist in höherem Grade nach hinten als nach vorn
gerichtet, sodass das Ileum an seinem Hinterrande tiefer ausge-
schnitten erscheint als am vorderen. Das acetabulare Ende ist
stark verdickt und läuft in einen vorderen, urspünglich wohl dem
Pubicum zustrebenden Fortsatz aus. Beide Ileen liegen noch
symmetrisch zu Seiten der Wirbelsäule und wenden derselben
ihren costalen Rand zu; dahingegen sind ihre Träger, die Sacral-
rippen, an diesem Exemplare nicht deutlich erhalten.
Das einzige vorliegende Ischium (is), und zwar das linke,
hat im Allgemeinen die Gestalt einer dreieckigen Knochenplatte,
deren Spitze nach hinten gerichtet, deren lateraler Rand verdickt
und dessen der Symmetrieebene zugewandte Contur scharfrandig
und bogig geschweift erscheint. Ihre grösste Dicke erreicht diese
Platte an ihrer vorderen, acetabularen Ecke.
Das ursprünglich dicht vor diesem Ischium gelegene, jetzt
von ihm durch das zwischen beide eingepresste Ileum getrennte
Pubicum (p) hat fast kreisrunde Gestalt und setzt sich aus zwei
sehr zarten Knochenscheiben zusannnen, welche eine dünne Knor-
265
pelschicht zwischen sich einschlössen, die jetzt durch eisenschüssige
Masse ersetzt wird.
Das ventrale Schuppenkjeid.
Von dem Schuppenkleidc, welches hei l)iscosaun<s die Bauch-
fliiche sowie die Unterseite von Schwanz und Extremitäten be-
deckte, sind trotz der Zartlieit der dasselbe zusammensetzenden
Elemente auch an vorliegendem Exemplar ausgedehntere Partieen
überliefert. Durch den Druck von Seiten des sich dem Cadaver
auflagernden Kalkschlammes ist dessen beschuppte Bauchfläche
nach rechts gepresst worden und gelangt hier in Gestalt eines
sich durch etwas lichtere Farbe von der rostgelben Gesteinsfläche
abhebenden, 15 mm breiten, hauchartigen Streifens zur Erschei-
nung. Derselbe besteht aus einer Vergesellschaftung von theils
gegen einander verschobenen und meist zerquetschten, theils aber
auch vollständigen und in ihrem ursprünglichen gegenseitigen
Verbände verbliebenen ausserordentlich zarten Schüppchen. Wie
bei Anwendung des Mikroskops einleuchtet, stimmen dieselben bis
in's Kleinste mit den früher beschriebenen DiscosaurusSchu^pen
überein. tragen also die gleiche Aehnlichkeit mit Gymnophionen-
Schuppen zur Schau (vergl. die 1 2 fache Vergrösserung in Fig. 9,
Taf. X). .,Sie sind kreisrund, besitzen einen Durchmesser von
etwa 2 mm und sind aus 7 — 9 concentrischen. flachen Reifen
von weisser Kalksubstanz zusammengesetzt, welche sich, durch
schmälere Zwischenräume getrennt, augenscheinlich auf einer hauch-
artig dünnen, nicht erhaltungsfähigen, scheibenförmigen Grund-
schicht reliefartig erhoben haben. Jeder dieser Reifen besteht
aus einer grösseren oder geringeren Anzahl von kürzeren oder
längeren Theilstückchen. "
Wenn nun auch die Verbindung dieser Schuppen mit der
ihre Unterlage bildenden Haut eine so lockere gewesen ist. dass
sie nach Verwesung der letzteren meist jeden Zusammenhang ver-
loren haben und in ein wirres Durcheinander geriethen, so ist
doch die gegenseitige Anordnung dieser Schuppen an einer Gruppe
derselben zwischen der zweiten und dritten rechtsseitigen Rippe
noch recht deutlich sichtbar geblieben, und scheinen die Schuppen
reihenförmig neben einander gelegen zu haben, ohne sich randlicli
zu decken.
Von keinem einzigem anderem Stegocephalen sind ähnliche
Schuppengebilde bekannt.
II. Exemplar Taf. XI, Fig. I, 2, 3, 4 und 5.
Das Original der in Fig. 1 , Taf XI wiedergegebenen Abbil-
dung ist durch eine derartige Vollständigkeit ausgezeichnet, wie
266
sie selbst das an wohl erhaltenen Stegocephalen-Resten so reiche
Niederhässlicher Kalksteinflötz nur selten darbietet. Ursprünglich
lag das Skelet dieses Thicres zwischen zwei Kalksteinplatten ein-
gebettet. Durch die* Trennung beider kam es, bis in's Kleinste
der Länge nach gezweitheilt , gewissermaassen also in duplo, auf
jeder der einander zugewandten Gesteinsflächen zum Vorschein,
und zwar von fast dem Vorderrande des Schädels bis zur Spitze
des Schwanzes und in beinahe allen seinen Einzelheiten erhalten.
Die Gesaramtlänge dieses Thieres beträgt 140 mm, wovon
28 auf den Schädel. 67 auf den Rumpf und 45 auf den Schwanz
entfallen.
Um bei der schon vorn betonten mehrfachen Uebereinstim-
mung gewisser Theile dieses Skelets mit MeJanerpet<M piilcherri-
mum Fritsch die Zugehörigkeit desselben zu Discosmirus ausser
jeden Zweifel zu stellen, ist es erforderlich, zunächst diejenigen
Skeletpartieen einei- Schilderung zu unterziehen, an denen die
DibCosnmus-^SituY am schärfsten zum Ausdruck gelangt, nämlich
die Wirbelsäule, die Berippung der hinteren Rumpf hälfte. das
Becken und die Beschuppung der Bauchseite.
Die Zahl der Rumpf wir bei dürfte 21 bis 22 betragen
haben. Unter den Elementen der Wirbel sind es zunächst die
oberen Bogen (Taf. XI, Fig. 1 u. 3, n) mit ihrem charakteristisch
abgerundeten, niedrigen Kammfortsatz (jx s.) , den weit hinab rei-
chenden Bogenschenkeln, den spitzen vorderen und den sie decken-
den, unter dem Ende der Processus spinosi gelegenen hinteren
Gelenkfortsätzen f^und^^^, welche bis in's Kleinste in jedem dieser
Züge mit Discosmirus überinstimraen.
Wenn auch die meisten Pleurocentra und Intercentra
in Folge der schrägen Lage der Wirbelsäule in der Gesteinsmasse
stecken, so kommen doch die Querschnitte einzelner aus dem Ver-
band gelöster Wirbelkörperstücke hier und da zum Vorschein.
Einige dieser Querbrüche zeigen deutlich, wie der pleurocentrale
Abschnitt von zwei secreten. sichelförmig nach innen gebogenen
Pleurocentren (pl) zusammengesetzt wird, welche ventral zwar fast
zur Berührung gelangen, aber getrennt bleiben. Bei zwei an-
deren etwas weiter vorn quer im Gestein liegenden Wirbelresten
scheinen sich beide seitlichen Elemente in der ventralen Sym-
metrienaht zu einem einheitlichen, hufeisenförmigen, also nach
dem Neuralbogen zu offenen Centrum verschmolzen zu haben.
Auf diese Weise würden die vordersten Rumpfwirbel eine An-
näherung zu embolomerem Wirbelbau bekunden, wobei jedoch das
Intercentrum auf die ventrale Hälfte des AVirbels beschränkt
bleibt, also nicht bis in das Niveau der Neuralbogen hinaufreicht.
Einige solche aus ihrem Verbände gelöste Intercentra (ic) von
267
sichel- oder apfelschnittförniiger Gestalt liegen zwischen den Rip-
pen zerstreut.
Genau die gleiche Gestalt wie bei dem Fig. 8 u. 10, Taf. X
abgebildeten Exemplar von Discosanrus besitzen die Rippen der
hinteren Hälfte der Runipfwirbelsäule (c, Fig. 1 u. 3. Taf. XI) des
vorliegenden Skelets. Ihr charakteristisches Aussehen beruht auf
ihrer Schlaidiheit, ihrer massigen Biegung, ihrem durchweg runden
•Querschnitt, namentlich aber auf der ausgezeichneten Gabelung
ihres Proximalendes in ein langes Capitulum (ca) und ein kräf-
tiges Tuberculum (t) . von denen, wie früher gezeigt wurde, das
erstere mit dem Intercentrum. das zweite mit einem Pleurocentrum
in Verbindung gestanden hat. Es sind die letzten 12 bis 13 prae-
sacralen Wirbel, welche derartige Rippen trugen, von denen die
vorderen 10 mm lang sind, während sie sich nach hinten zu
allmählich bis zu 5 mm Länge verkürzen.
Der nun folgende Sacralwirbel (es) verräth sich auch hier
durch die auffällige blattförmige Ausbreitung seines Rippenpaares.
Der Schwanz hat aus etwa 25 Wirbeln bestanden. Die
oberen Bogen derselben laufen nach vorn in längere und kräf-
tigere Gelenkfortsätze aus als diejenigen der Rumpfwirbel, wäh-
rend zugleich die Processus spinosi allmählich mehr nach hinten
rücken, ihre Halbmondgestalt verlieren und zu einer schwach nach
hinten aufsteigenden Lamelle werden. Weiter nach der Schwanz-
spitze zu, also vielleicht in den letzten 12 bis 14 Wirbeln, stellen
deren Ossificationen nur noch kleine, wenig regelmässig conturirte
Blättchen vor. Die den ersten Caudalwirbeln zugehörigen Rip-
pen sind schwach gekrümmt und proximal erweitert.
Die kräftige, durch die beträchtliche Ausbreitung an beiden
Enden noch verstärkte Gestalt der Ileen (i) kommt an vorlie-
gendem Exemplare nur an dem rechten Ileum zur Erscheinung,
weil das andere nicht mit seiner Breitseite auf der Gesteinsfläche
liegt, sondern von dieser zwar der Länge nach, aber im Quer-
bruche getheilt wird, wodurch es in leistenförmigem Schnitt
sichtbar wird.
An den Ischien oflenbart sich genau die pag. 264 be-
schriebene Gestaltung. Von den Ossa pubica (p) ist das eine
in Form einer rundlichen, zarten Knochenlamelle erhalten.
Eine der bezeichnendsten Eigentliünilichkeiten von Disco-
saurus besteht in der Bedeckung der Unterseite des Bauches,
des Schwanzes und der Extremitäten durch lauter kleine, sehr
zarte, runde, mit concentrischen Reifen gezierte Schuppen. Auch
an vorliegendem Exemplare findet man dieselben überliefert. Sind
es auch meist nur fast bis zur Unkenntlichkeit zerdrückte Frag-
mente dieser ausserordentlich vergänglichen Schüppchen, welche,
268
dicht zusammengehäuft, wie ein hauchartiger Streifen das Rumpf-.
Gliedmaassen- und Schwanzskelet begleiten, so sind doch an
einigen Stellen Gruppen besser erhaltener derartiger Scheiben-
schuppen wahrzunehmen, die bei Anwendung starker Lupe genau
das gleiche charakteristische Bild gewähren (Fig. 4, Taf. XI) wie
am Original-Exemplare fig. 6 — 10. t. XII. Jahrg. 1883 d. Zeitschr..
sowie an der oben beschriebenen Fig. 9. Taf. X. Unter dem
Mikroskop erhält man einen sehr interessanten Einblick in die
Structur der sich zu den concentrischen Reifen der Scheiben-
schuppen an einander reihenden kleinen Kalktäfelchen (Fig. 5,
Taf. XI). Sie bauen sich aus 3 ausserordentlich zarten Lagen
auf. Die unterste derselben besteht aus lauter parallelen, recht-
winklig zur Längsausdehnung des Blättchens gestellten feinsten
Fädchen. welche sich gegenseitig nicht berühren (f). Auf sie folgt
eine siebartig durchlöcherte Xetzschicht (n) und zuoberst eine
solide, aber hauchartig dünne Kalklamelle (s).
Rhachitomer Wirbelbau, — halbmondförmige Umrandung der
niedrigen oberen Bogen, — am Proximalende gegabelte Rippen
in der hinteren Rumpfhälfte. — blattförmig ausgebreitete Sacral-
rippen, — secrete scheibenförmige Ossa ijubica. — zarte, runde,
concentrisch gereifte Bauchschuppen kennzeichnen den vorliegen-
den Stegocephalen unbedingt als ein Exemplar von Biscosaurus
permicDias. Wäre von demselben nichts als die Hinterhälfte
des Rumpfskeletes nebst den Bauchschuppen überliefert, so würde
dieser Rest kaum etwas Neues zu dem bereits über Biscosaurus
Gesagten hinzufügen. Neu aber ist das, was die Vorderhälfte
des vorliegenden Exemplars zur Vervollständigung des Gesammt-
bildes von Biscosaurus darbietet.
Zunächst ist die Thatsache überraschend, dass die Berip-
pung des vorderen Drittels der Rumpfwirbelsäule eine durchaus
andersartige ist. wie die für den weiter hinten folgenden Ab-
schnitt als so charakteristisch gekennzeichnete (vergl. Textfigur 4.
p. 274). Diese Verschiedenheit stellt sich fast ohne jeden ver-
mittelnden Uebergang. ganz plötzlich an dem Rippenpaare des
9. oder 10. Wirbels ein. Während die dann folgenden Rippen
noch grätenartig, rund, sehr schwach gebogen, in ihrer ganzen
Länge von gleicher Stärke sind, stumpf enden und proximal sich
in Capitulum und Tuberculum gabeln, treten, wie gesagt, vom
10. Wirbel an deren Stelle Rippen, welche sich distalwärts all-
mählich, proximalwärts viel rasclier, fast fächerartig um das drei-
bis vierfache ihres mittleren Durchmessers und zwar nach unten
zu verbreitern (Fig. 2, Taf. XI). Ihr Distalende ist gerade ab-
gestutzt, ihr proximales behufs Articulation am Wirbel schwach
concav ausgeschweift. Vom 10. bis zum 1. Wirbel bleibt die
269
Gestalt derselben fast die gleiche, nur ihre Länge vermindert
sich gleichmässig von 8 bis auf kaum 4 mm.
So wird denn in den zehn ersten Wirbeln ein Rippentypus
erzeugt, der von demjenigen in der hinteren Rumpfregion so
durchaus abweicht, dass man beide Skelethälften. wenn sie durch
Zufall getrennt in die Hände des Paläontologen gelangt wären,
unbedingt zwei ganz verschiedenen Gattungen überwiesen haben
würde.
Der freilich nicht ganz vollständig erhaltene Schädel würde
nach seiner Ergänzung 34 mm breit und 28 mm lang sein, be-
sitzt abgerundet dreiseitige Gestalt, ist vorn abgestumpft, wäh-
rend am Hinterende die Schädelkapsel hinter die flügelartig aus-
geschweiften Supratemporalia zurückspringt und beiderseits von
tiefen bogenförmigen Ohrausschnitten begrenzt wird. Die Parie-
talia sind 8. die Frontalia 9, die Nasalia 7 mm lang. — die
letzteren und namentlich die Parietalia etwas breiter als die
Frontalia, — die sich beiderseits an die Parietalia anlegenden
Squamosa verhältnissmässig schmal und durch eine Quernaht in
2 Knochenplatten getheilt, jede mit selbstständiger radiärer Ossi-
ficationsstructui', — die Supratemporalia tief ausgeschweift, mit
ihrem äusseren Flügel weit nach hinten reichend. Die Supra-
occipitalia und Epiotica sind nicht er])alten. Die Umrahmung
der Orbitae ist durch Zusammenquetschung mit zerdrückten
Knochen der Schädelbasis verundeutlicht. Man erkennt nur, dass
das Jugale sich nach vorn, der Oberkiefer nach hinten spitz
auszieht, sodass der äussere Rahmen der Orbitae nur ein schmaler
war. An den linken Rand der Schädeldecke legt sich der lange,
vom hinteren Ende des Supratemporales bis nach vorn reichende
Unterkiefer. Die Zähne sind spitz konisch mit grosser Pulpa,
an der Basis schwach gefaltet.
Die Elemente des Schultergürtels haben zwar ihren Zu-
sammenhang verloren find eine ziemlich weite Zerstreuung er-
fahren, sind jedoch jedes für sich gut erhalten. Das Epister-
num (ep) ist nach vorn geschoben und randlich etwas vom
Unterkiefer bedeckt, unter welchem es jedoch grösstentheils frei
hervorragt. Seine Gestalt ist die einer abgerundet fünfseitigen
Platte, welche am Yorderrande zerschlitzt ist. hinten in einen
langen Stiel ausläuft und dadurch fächerförmig wird. Die derben
Verknöcherungsstrahlen gehen radiär von einem hinter der Mitte
der Platte gelegenen Ossificationspunkte aus und erstrecken sich
von dort bündeiförmig auch bis zum Ende des Stieles (vergl.
Textfigur 5, pag. 275). Der Durchmesser der Platte beträgt
10 mm. die Länge des Stieles 12 mm, die Breite des letzteren
anfänglich 2,5, weiter hinten 1,5 mm. Schräg hinter dem Stiel-
270
ende des Episternums und zugleich auf dem Gelenkende des
Unterkiefers erkennt man eine der beiden Claviculae (d). Ihr
ventraler Abschnitt ist blattförmig ausgebreitet und verjüngt sich
ziemlich rasch zu einem stielförmigen. ursprünglich nach aufwärts
gerichteten Stab. Noch etwas weiter von den übrigen Knochen
des Schultergürtels entfernt liegt eines der beiden Coracoidea^),
eine kräftige Platte von 7 mm Länge und 4 mm Höhe, welche
ihre fast halbmondförmige Gestalt dadurch erhält, dass ihr Aussen-
rand ziemlich tief concav ausgeschweift ist, während ihr Innenrand
in convexem Bogen verläuft.
Direct an diesem Coracoid liegt der eine Humerus und
hinter ihm das Knochenpaar des Vorderarmes. Die Reste der
rechten Extremität linden sich noch mehr in Zusammenhang auf
der anderen Seite der Wirbelsäule. In hohem Grade auffällig
ist die im Vergleiche mit den sonstigen Grössenverhältnissen des
Skelets und seiner Theile ausserordentliche Kürze der Annknochen
und zwar namentlich des Humerus. Letzterer besitzt nur eine
Länge von 7 mm, bleibt also sogar um etwas hinter derjenigen
der vorderen Rumpfrippen zurück. Dahingegen erhält derselbe
durch seine Dicke (an beiden Enden 5 mm) ein höchst stämmiges
und kräftiges Aussehen. Radius und Ulna sind fast vollkom-
men gleichgestaltete und gleichgrosse, nämlich fast 6 mm lange,
an beiden Enden 2 mm breite Knochenröhren. Spuren ossificirter
Carpalelemente werden vermisst. Sämmtliclie überlieferte Meta-
carpalia und Phalangen sind in der Mitte verengt und an den
verdickten Enden offen, also ebenso wie die Armknochen ur-
sprünglich mit knorpeligen, nicht verknöcherten Gelenkenden ver-
sehen gewesen. Der einzige gut erhaltene Finger besteht aus
einem Metacarpale und 4 Phalangen, von denen die letzte zu-
gespitzt und klauenförmig gekrümmt ist.
Von den Hinterextremitäten sind rechtes und linkes
Femur nebst Tibia und Fibula überliefert. Ersteres ist zwar
wesentlich länger als der Humerus, aber inmier noch verhältniss-
mässig kurz, nämlich 10 mm lang, dabei jedoch an beiden Enden
5 mm breit. Die Unterschenkelknochen sind gleich lang (6 mm)
und scheinen sich auch nicht durch ihre Gestalt zu unterscheiden.
Einige Zehenglieder liegen zwischen den Elementen des Schwanzes
zerstreut, die Metatarsalia des anderen Fusses seitlich von den
zugehörigen Extremitätenknochen.
^) bei andei-en Stegocephalen früher von uns als Scapulae be-
zeichnet.
271
Hl. Exemplar Taf. XI, Fig. 6 und 7.
Wenn sich auch das dieser Abbildung zu Grunde liegende
Discosauriis - Exemplar bei Weitem niclit jener Vollständigkeit
erfreut, wie das soeben beschriebene, so dient es doch in mehr-
facher Beziehung zur Ergänzung des letzteren. Dies gilt vor
Allem bezüglich des Baues der Wirbelkörper, welcher in dem
Fig 1 , Taf. XI wiedergegebenen Skelete nicht so klar wie wün-
schenswerth zum Ausdruck gelangt. Dadurch, dass einerseits die
Wirbel des in Folgendem zu beschreibenden Restes ihre rhachi-
tome Gliederung in grösster Klarheit zur Schau tragen und an-
dererseits diese rhachitome Wirbelsäule einen mit dem eben ge-
schilderten durchaus übereinstinmienden Schädel und Brustgürtel
trägt, dient dieses Exemplar als Bindeglied zwischen dem zuerst
beschriebenen, auf die hintere Hälfte des Rumpfes reducirten
Dtseosatints-'Rest (Fig. 8. Taf. X) und dem einzigen vollständigen,
in manchen Beziehungen Melaner^ieton-älmWchen Exemplar (Fig. 1,
Taf. XI) und erhebt deren Zusammengehörigkeit über jeden Zweifel.
In Folge dessen, dass sich die Rumpfwirbelsäule wie-
derum in Seitenlage befindet, offenbart sich deren, wie gesagt,
rhachitomer Bau vollkommen klar. Die oberen Bogen mit
ihren halbmondförmigen, niedrigen Känmien. welche weit zurück-
reichen, um hier mittelst an ihrer Basis gelegenen Gelenkflächen
mit den unter sie greifenden, spitzen, vorderen Zygapophysen des
nächsten Wirbels zu artikuliren, sind vollständig ident mit den
auf p. 261 u. 266 beschriebenen. Zugleich aber zeigt sich hier,
dass eine Verwachsung beider Bogcnschenkel in der dorsalen
Symmetrielinie nicht stattgefunden hat, ja dass jeder derselben
seinen eigenen, dem Dornfortsatz entsprechenden Kannn trägt,
dass somit der Processus spinosus paarig angelegt und es zu
einer Verschmelzung beider Hälften nicht gekommen ist. In Folge
dieses lockeren Zusammenhanges beider Bogen- und Fortsatz-
hälften sind dieselben gegen einander in der Weise verschoben,
dass der eine an den vertebralen Rand, also gewissermaassen zu
Füssen des anderen gerückt ist (Fig. 7). Die Höhe des Neu-
ralbogens nebst Kammfortsatz beträgt 3,5 mm, die Länge des-
selben an des Basis des letzteren mit Einschluss der Gelenk-
fortsätze 4.5 mm, weiter unten, also an der Basis der Bogcn-
schenkel, 2 mm.
Direct unter letzteren liegen die Pleurocentra (p/), ziem-
lich dicke . vierseitige , spongiöse Knochenstücke , — in die
Zwischenräume zwischen ihnen, also unterhalb der Articulations-
stelle der Gelenkfortsätze zweier Bogen, schalten sich die Inter-
centra ein.
272
Die Länge der Rumpfwirbelsäule beläuft sich auf 72 mm,
die Anzahl ihrer Wirbel dürfte etwa 20 betragen. Diese Be-
stimmungen werden dadurch ermöglicht, dass einer der letzten
Wirbel durch eine sehr kräftige, sich gleich vom Proximalende
aus stark verbreiternde, dadurch blattförmige Sacralrippe {es,
Fig. 6 u. 7. Taf. XI) als Beckenwirbel gekennzeichnet wird.
Die übrigen Rippen sind bis auf eine oder zwei nicht erhalten.
Der Schädel, welcher mit dieser i'/.sco.sr««»« - Wirbelsäule
in Verbindung gestanden hat. zeichnet sich durch das Zurück-
springen der Schädelkapsel hinter die Supratemporalia und durch
die weiten , tiefen Ohrausschnitte zwischen beiden aus. Die
Knochenplatten der Schädeldecke sind glatt, auf der Oberseite
mit kleinen, weitläufig zerstreuten Grübchen. Die Orbitae sind
etwas nach vorn gerückt, massig gross; in einer derselben liegen
die Knochenplättchen des Scleralringes zerstreut. Die Pa-
rietalia sind fünfseitig und umschliessen in der Vorderhälfte
ihrer 9 nnn langen Mediannaht das Foramen parietale. Die
Frontalia sind rechteckig, verhältnissmässig breit und ebenfalls
9 mm lang; die Nasal ia 8 mm lang, aber etwas breiter als, die
Frontalia. Der sehr scharfe Xegativabdruck des Squamosums
läs-st keine Naht bemerken, welche auf die Zweitheilung dieses
Deckknochens hinwiese. Das Supratemporale ist am Hinter-
rande tief ausgeschweift und nach aussen und hinten lang flügel-
artig ausgezogen. An seinen Aussenrand und zugleich hinten an
die Jugalia legt sich ein schmales, sich nach hinten verjüngendes
Quadratojugale an. Supraoccipitalia und Epiotica sind ebenso
wenig wie bei Fig. 1, Taf. XI überliefert. Die Unn-ahmung der
Orbitae wird wie bei anderen Stegocephalen gebildet: innen von
dem Prae- und Postfrontale, deren einander zugekehrte Spitzen
sich in der Mitte des Orbitalrandes gerade berühren, sodass die
Frontalia von der Betheiligung an letzterem ausgeschlossen wer-
den, — hinten von dem dreieckigen Postorbitale und der
Verbreiterung des Praefrontale. — aussen von dem nach vorn
spitz zulaufenden Jugale. — vorn von dem sich hier erwei-
ternden Praefrontale. An den beiden Unterkiefern (iin, Fig. 1,
Taf. XI) markiren sich die sie zusammensetzenden 3 Knochen
(Articulare, Angulare und Dentale) sowohl durch ihre Nähte, als
auch durch die Richtung der Ossificationsstrahlen. Das Dentale
ist mit einer Reihe von dicht an einander stehenden, spitz kegel-
förmigen, ein Minimum nach hinten gebogenen, an der Basis
schwach gefalteten Zähnen besetzt.
Als zum Gaumen gehörig kennzeichnet sich ein hinter den
Schädel gerückter Knochen durch seine Hechelbezahnung (vo).
Derselbe ist vorn stielförmig ausgezogen, nach hinten flügeiförmig
273
verbreitert und hier auf seiner ganzen Unterseite von kleinen,
dicht und ordnungslos stehenden, spitz conischen Zähnchen be-
deckt. Dieselben stecken theils noch in dem Gestein, welchem
die zahntragende Fläche zugewandt war. theils sind sie heraus-
gefallen und haben dann ihre tutenförmigen Negativabdrücke in
demselben hinterlassen.
Vom Schultergürtel sind sämmtliche Knochenelemente
überliefert, wenn auch ihres Zusammenhanges beraubt und regellos
zerstreut. Links unterhalb des Schädels liegt das Episternum
(ep), eine an den Ecken abgerundete Platte von 10 mm Durch-
messer, in der Mitte mit feinwarzigem Relief. Die ursprünglich
nach hinten, jetzt bei der umgekehrten Lage des Episternums
nach vorn gerichtete Ecke derselben läuft in einen langen, längs-
streifigen Stiel aus. An die Platte des Episternums legt sich
das massig ausgebreitete ventrale Ende der Clavicula. welche
sich nach oben zu einem langen, schlanken Stiel umbiegt. Auf
der rechten Seite der Wirbelsäule liegt die andere Clavicula und
unter ihr eine am distalen Ende schwach lötfelförmig verbreiterte
Knochenspange, welche früher als Clavicula aufgefasst wurde,
jetzt als Scapula zu bezeichnen ist (vergl. Textfigur 5. p. 275).
Alle diese Theile des Schultergürtels von Biscosaurus stimmen
zugleich in hohem Grade mit denjenigen von Melanerpeton
pulcherrimidn Fritsch und M. spiniceps Cred. überein ^).
Zwischen Episternum und Wirbelsäule erkennt man den wenig
scharf conturirten Rest eines Coracoids und neben demselben
solche der kräftigen, stämmigen Armknochen.
B. Diagnose der Gattung Biscosaurus Cred.
Allgemeine Gestalt; diejenige eines Lurches mit grossem
Kopf, mittellangem Schwanz und sehr kurzen, aber stämmigen
Gliedmaassen. Die Gesannntlänge des vollständigsten der vor-
liegenden Exemplare beläuft sich auf 140 nun, wovon 28 auf
den Schädel, 67 auf den Rumpf und 45 auf den Schwanz
entfallen.
Die Wirbelsäule besteht aus 22 Rumpfwirbeln, einem
Sacralwirbel und etwa 25 Schwanzwirbeln. Ihr Bau ist ein aus-
gezeichnet rhachitomer; sie setzen sich also zusammen aus dem
oberen Bogen, 2 Pleurocentren und einen Intercentrum. Die
Schenkel der Xeuralbogen mit spitz auslaufenden vorderen Ge-
lenkfortsätzen und unter dem Hinterrande des Processus spinosus
gelegenen verdickten, hinteren Gelenkflächen bleiben dorsal ge-
1) Vergl. diese Zeitschr., 1883, t. XII, f. 3; sowie 1885, t. XXVII,
f. 1 und 5.
274
5S=3 CÄi^
l^S"^^
&^
trennt. Die Processus spinosi
sind i^aarig angelegt und bilden
niedrige, halbmondförmige Kämme.
Die Pleurocentra legen sich
unmittelbar an den basalen Rand
der Bogenschenkel an, dienen als
Träger der letzteren und stellen
im Querschnitte sichelförmig nach
innen gebogene Knochenplatten
dar, welche auf der Unterseite
des Wirbels zur Berührung ge-
langen , ja in dem vordersten
Rumpfabschnitte zu einem huf-
eisenförmigen, oben offenen Com-
plexe verwachsen können. Die
Intercentra schieben sich in
die Lücke zwischen zwei auf ein-
ander folgende Pleurocentra ein,
liegen also unterhalb der Articu-
lationsstelle zweier Neuralbogen
und bilden quer-ovale, mit ihren
Enden nach oben gebogene Kno-
chenplatten. In der Schwanz-
wirbelsäule gestalten sich diesel-
ben zu unteren Bogen um.
Die Rippen des ersten Drit-
tels der Rumpfwirbelsäule und
zwar namentlich des vierten bis
neunten Wirbels (vergl. Textfigur
4) sind in ihrer Mitte rund, an
beiden Enden beträchtlich, näm-
lich um das Vierfache flächen-
haft, also fächerähnlich ausge-
breitet. Das distale Ende ist
gerade abgestutzt, das proximale
behufs Articulation mit dem Wir-
bel concav ausgeschweift. Nach
vorn zu findet eine allmähliche
Verkürzung dieser Rippen statt,
während sich nach hinten zu.
also vom 10. Wirbel an. fast
ganz unvermittelt eine vollstän-
dige Umgestaltung derselben vollzieht. Die Rippen dieses zweiten
Drittels der Kumpfwirbelsäule sind gleich laug (9 -- 10 mm),
==^ ^^^=_
-^ >-
Figur 4. Die Berippung von
Discosaurus permianuft
Cred.
cft = Sacralrippen.
275
grätenartig, sehr schwach gebogen, in ihrer ganzen Länge von
rundem gleich bleibendem Querschnitt und gabeln sich proximal in
ein schlankes Capitulum und ein kräftiges Tuberculum. Im letzten
Drittel nimmt die Länge der Rippen allmählich um mehr als die
Hälfte ab, ohne dass sie jedoch der Gabelung des Proximalendes
verlustig gehen. Das Capitulum aller dieser Rippen hat mit
einem Intercentrum, das Tuberculum mit einem der dahinter
stehenden Pleurocentra und zwar ohne Vermittelung von Quer-
fortsätzen artikulirt. Die Rippen des nun folgenden Sacral-
wirbels sind bereits vom Proximalende an ausserordentlich kräftig
und breiten sich distalwärts noch mehr, also blattförmig, aus.
Die Rippen der ersten Schwanz wirb el sind sclnvach gekrümmt.
Der Schädel besitzt abgerundet dreiseitige, vorn abge-
stumpfte Gestalt, eine Länge von 28, und eine Breite von 34 mm.
Die ovalen, mit Scleralring versehenen Augenhöhlen liegen ziem-
lich in der Mitte der Schädellänge. Die Schädeldecke weist
ganz die nämliche Zusammensetzung auf. wie sie bei z. B.
Branchiosaurns und Pelosaunis, namentlich aber bei Melaner-
pefun herrscht. Mit der letzteren hat sie ausser der freilich
nicht constant. sondern wie es scheint individuell eintretenden
Zweitheilung des Stjamosums vorzüglich noch das gemeinsam,
dass die Schädelkapsel ziendich betrachtlich hinter die stark aus-
geschweiften und nach hinten tiügelartig verlängerten Supratem-
poralia zurückspringt und beiderseits von tiefen, bogenförmigen
Ohrausschnitten begrenzt wird. Die Zähne sind spitz conisch
mit grosser Pulpa, an der Basis schwach gefaltet. Der Gaumen
ist hechelartig von kleinen spitzen Zähnchen dicht besetzt.
Der Schulte rgürtel (vergl Texttigur 5) besteht aus dem
Figur 5. Der Schultergürtel von Discos-nurus
jjermianus Cred. in eine Ebene ausgebreitet.
ep = Episternum; — cl = Claviculae; — sc = Scapulae;
CO = Coracoidea.
276
Episternum , einer abgerundet fünfseitigen, vorn zerschlitzten
Platte von 10 nun Durchmesser, welche nach hinten in einen
12 mm langen Stiel ausläuft und in Folge dessen fächerartig ge-
staltet ist, — aus 2 Claviculis, deren ventraler, sich von bei-
den Seiten her unten dem Episternum auflegender Theil blatt-
förmig ausgebreitet ist und sich stielförmig zu einem nach oben
gerichteten Stabe verjüngt, — aus 2 Scapulis, schwachen, am
oberen Ende etwas verbreiterten Knochenspangen. — endlich aus
2 halbmondförmigen Coracoideen. deren convexer Rand nach
innen gerichtet ist.
Das Becken (vergl. Textfigur 6) besteht aus 8 secreten
Knochenpaaren: den sehr kräftigen, am Costalrande stark ver-
breiterten Ileen, deren verdicktes unteres Ende nach vorn in
Figur 6. Das Becken von Discosaurus perviianns
Cred., in eine Ebene ausgebreitet.
i =: Ilea; — P =^ Pubica; — is = Ischia.
einen auf die Pubica zustrebenden Fortsatz ausläuft, — ferner
den dreieckigen, ihre divergirenden Spitzen nach hinten wenden-
den Ischien und den rundlich ovalen bis kreisrunden, isolirt
vor letzteren liegenden Pubicis. Die acetabulare Partie des
Beckens verblieb knorpelig.
Die Gliedmaassen sind aufl'ällig kurz, aber sehr stämmig
und kräftig, die hinteren Extremitäten etwas länger als die vorderen.
Sämmtliche Elemente derselben erscheinen als beiderseits offene
Knochenröhren, sind also ursprünglich mit knorpeligen Gelenk-
enden versehen gewesen. Weder Carpus noch Tarsus haben
Ossificationen aufzuweisen.
Das ventrale Schuppenkleid dehnt sich von der Bauch-
fläche aus bis auf die Unterseite des Schwanzes und der Extre-
mitäten aus und besteht aus ausserordentlich zarten und zierlichen
kreisrunden Schuppen. Dieselben sind aus 7 bis 9 concentrischen.
flachen Reifen von weisser Kalksubstanz zusammengesetzt, welche
sich, durch schmälere Zwischenräume getrennt, augenscheinlich
auf einer hauchartig dünnen, scheibenförmigen Grundschicht relief-
277
artig erhoben liaben. Jeder dieser Reifen besteht aus einer grös-
seren oder geringeren Zahl von kürzeren oder längeren Theil-
stücken. Die letzteren setzen sich aus 3 Lagen zusammen, einer
fadigen Basisschicht, einer mittleren Netzschicht und einer oberen
soliden Lamelle. Die Verbindung dieser Schuppen mit der Haut
war eine sehr lockere.
Systematische Stellung. Discosaurtis ist ein Ste-
gocephale und gehört der Unterordnung der Bhachitomi an.
Die in dem grössten Theile der Rumpfwirbelsäule herrschende
Articulation des Capitulums der gegabelten Rippen mit dem Inter-
centrum, sowie die bleibende Trennung der beiden Neuralbogen-
schenkel und des paarig angelegten Processus spinosus weisen
der Gattung Discosaurus selbst unter den Bhachitomi eine sehr
niedrige Stellung an.
Species: Discosaurus pernnamis Cred.
Geologischer Horizont: Mittel -Rothliegendes.
Fundort: Kalkwerk Niederhässlich im Plauen' sehen Grunde
bei Dresden.
2eitschr. d. D. geol. Ges. XLll. 2.
19
278
5. Beiträ2:e zur Keiiiitiiiss der Gattung
Protospliyraena Leidy.
Von Herrn Johannes Felix in Leipzig.
Hierzu Tafel XII bis XIV.
Auf einer meiner Reisen in den Vereinigten Staaten Nord-
Amerikas im Jahre 1S88 fand ich in dem reichhaltigen Lager
des naturhistorischen Etablissement der Herren Ward und Howell
in Rochester, N. Y., diverse Fisch- und Saurier - Reste aus der
Kreideformation von Kansas, welche ich sofort erwarb. Das
Hauptstück dieser Suite bildete ein prächtiger Schädel, der Gat-
tung Protosphifraena Leidy {■= Erisicldhe Cope) angehörig, ferner
enthält sie weitere Fragmente derselben Gattung sowie von Pe-
lecopterus, Pachyrliizodiis, Entpo, Plafecarpiis etc. In Folgendem
sollen nun die der Gattung Protosphyraena angehörenden Reste
näher besprochen werden, welche wohl geeignet sind, unsere
Kenntniss dieser interessanten Fische in Bezug auf ihre Osteo-
logie zu erweitern. Sämmtliche genannten Reste stammen aus
dem sogen, j'ellow chalk der Kreideformation des Staates Kansas
und zwar aus der Trego County. Der Schlämmrückstand des
äusserst feinerdigen, Kreide - ähnlichen, weisslich gelb gefärbten
Gesteins erwies sich bei näherer Untersuchung als zum grössten
Theil aus Globigerinen - Schalen bestehend, zwischen denen sich
auch solche der Gattung Textularia fanden.
Für mancherlei Belehrungen im Gebiete der Fisch-Osteologie
sowie für werthvolle Winke bei der Bearbeitung des genannten
Materials fühle ich mich Herrn Professor Dr. K. von Zittel so-
wie nicht minder Herrn Dr. Otto Reis, k. bayr. Landesgeologen
in München, zu lebhaftem, herzlichem Danke verpflichtet, welchem
Ausdruck zu geben mir auch an dieser Stelle gestattet sein möge.
Von dem erwähnten Schädel fehlt die Occipital- Region und
der Opercular - Apparat. Das übrige ist ausgezeichnet erhalten,
abgesehen von einer Deformation, welche der Schädel durch einen
schräg von oben und von hinten wirkenden Druck erlitten hat.
Durch letzteren ist z B. das rechte Parietale nach abwärts ge-
279
drückt und ein wahrscheinlich ah Squaniosum. möglicherweisfi
auch als Hyoniaiidibel zu deutender Knochen nach vorn gescho-
ben, sodass er, in Bezug auf die Längsaxe des Schädels betrachtet,
fast horizontal liegt und vorn an das Frontale anstösst. Ausser-
dem ist der rechte Oberkiefer etwas mehr über den Unterkiefer-
ast hinüber geschoben, als dies bei geschlossenem Munde die
normale Lage zu sein pflegt.
Ausser den erwähnten Deformationen, welche, wie gesa.gt.
auf einen schräg von oben und hinten wirkenden Druck zurück-
zuführen sind, ist der Schädel noch ein wenig comprirairt worden;
dadurch sind die beiden Unterkieferäste in sehr ungleiche Höhe
gekommen und etwas von einander gerückt worden. Indem nun
der linke Unterkieferast nach oben gedrückt ist, ist in Folge
dessen zwischen diesem und dem rechten Ast ein Theil des Zun-
genbein - Kieniengerüstes mit den Radii branchiostegi auf das
Schönste zum Vorschein gekommen.
Der Schädel ist vollständig frei aus dem Gestein heraus-
präparirt, und ist von letzterem nur soviel zwischen den Knoc^lien
gelassen, als die Festigkeit des Stückes es erforderte. In Folge
der erlittenen Deformationen gewähren die beiden Seiten des
Schädels ein vollkommen verschiedenes Bild und ergänzen sich
gegenseitig sehr wesentlich. Er ist daher auf Taf. XIII von der
rechten und auf Taf. XII von der linken Seite gesehen dar-
gestellt. Die Taf. XIV bringt sodann noch osteologische Details
und die Ansicht eines complet erhaltenen Rostrums eines an-
deren Exemplares.
Von der Occipital-Region und dem Opercular-Apparat
ist, wie schon oben bemerkt, leider nichts vorhanden; von dem
linken Parietale nur ein unbedeutendes Fragment der hinteren
Partie, welches in der Schädelansicht auf Taf. XII in Folge
des Formates wegbleiben musste; dagegen ist das rechte Pa-
rietale fast vollständig erhalten (Taf. XIII, Fig. 1; Fa). Es
erscheint als ein platter Knochen, welcher nach hinten einen stiel-
förmigen Fortsatz entsendet. Auf der vorderen Hälfte der Ober-
seite benierkt man zwei nach voi'n divergirende schwache Leisten.
Auf der Unterseite verläuft in der Medianlinie ein kräftiger,
breiter Kiel. Auf der Oberseite zeigt sich auf der von den bei-
den erwähnten Leisten eingeschlossenen Fläche eine eigenthüm-
liche Sculptur, bestehend aus kleinen, rundlichen Grübchen, welche
nach voi-n allmählich in eine stärker werdende Tuberkulirung
übergeht Die Oberfläche der hinteren Pai'tie ist nicht intact
erhalten.
Es folgen nach vorn die beiden Frontalia (Taf. XII, Fig. 3
und Taf. XIII, Fig. 1 ; Ff) von breit plattenförmiger Gestalt. Sie
280
sind durch kurze, wirr verlaufende Runzeln sculpturirt, welche
indess auf den seitlichen Rändern und auf der vorderen Partie
eine längliche Form annehmen. Die Ossificationscentren sind nur
mit Punkttuherkeln versehen. — An die Frontalia setzt sich das
unpaare Ethmoidale (Taf. XII und XIII ; 7*,?/^) , welches massig
entwickelt ist und sich nach vorn in ein langes Rostrum ver-
längert; hinten überlagert es die Frontalia und ist an dieser,
wie es scheint, seiner dünnsten Stelle zerbröckelt. Die Verlän-
gerung dieses Knochens in ein Rostrum ist schon von Cope *)
beobachtet worden, indem er angiebt, dass jene Offensiv- Waffe
„probably by the ethmoid hone" gebildet werde. Neben der
hinteren Partie dieses Ethmoidale, zwischen diesem und den
Praemaxillaria liegen zwei Knochen, welche wohl als Eth-
moidalia lateralia (Taf. XIII; Eili. l.) aufzufassen sind. Bei
dem vorliegenden Schädel ist das Rostrum leider nicht voll-
ständig erhalten; zunächst ist es abgebrochen, sodann fehlt
auch ein Stück seines Ansatztheiles an den Schädel, sowie
auch seine vordere Spitze, vergl. Taf. XIV. Fig. b. Dagegen
liegt mir von einem anderen Exemplar ein vollständig erhal-
tenes Rostrum vor. welches auf Taf. XIV, Fig. 1 und la ab-
gebildet ist und die einzelnen Knochen, aus denen es sich zu-
sammensetzt, in grösster Deutlichkeit zeigt. An der Bildung des
Rostrum betheiligen sich ausser den Ethmoidalia auch die Prae-
frontalia, das Parasphenoid und der paarig entwickelte Vomer.
Letzterer sendet, wie dies am Vorderabbruch des grossen Schä-
dels deutlich zu sehen ist, dem medianen Ethmoid eine starke,
senkrechte Lamelle entgegen, welche dieses stützt, wie bei den
meisten F'ischen; seitlich an diese schliesst sich zwischen das
Ethmoid und den vorderen Theil des Praemaxillare ein weiterer
Knochen an, das erwähnte Ethmoideum laterale. Ferner bethei-
ligen sich an der Rostrum -Axe noch die Praefrontalia (Taf.
XIV, Fig. la; prfr). Sie sind ebenfalls sehr verwachsen, na-
mentlich mit den Ethmoidalia, sodass ihre vollständigen Grenzen
nicht mehr wahrzunehmen sind; sie zeigen sich jedoch unmittelbar
hinter dem Vomer in Gestalt von zwei starken Tuberkeln, wie
sie die meisten Teleostier und Ganoiden auf den Praefrontalia
zum Ansatz des Pterygo-palatin-Bogens, bezw. des Palatiimm ha-
ben. Ihre Lage ist hier wie bei den meisten Fischen durch die
Grenze von Frontale und Ethmoid oben, sowie Vomer und Pa-
rasphenoid unten bestimmt. Auch das Parasphenoid schien
vorn stark in senkrechter Richtung entwickelt zu sein.
') Cope. On the gonus Erisichthe. Bull. Gool. Surv. Territ.,
Vol. III, 1877, p. 821.
281
Die beiden Hälften des Vom er umfassen einerseits das vor-
dere Ende des im Allgen)einen lanzenschaftförniigeii Parasphe-
noides und lagern sich andererseits an die Innenflächen der ver-
wachsenen Ethnioidalia an. Jede Voinerhälfte trug nahe ihrem
vorderen Ende einen mächtigen, schräg nach vorn und abwärts
gerichteten Fangzahn. Derselbe ist von elliptischem Querschnitt.
Die Aussenflächen sind glatt. Bei dem mir isolirt vorliegenden
Rostrum (Taf. XIV, Fig. la) ist nur der linke der beiden Zähne
z. Th. erhalten. Die rechte Alveole scheint leer zu sein. Auch
bei den von Cope untersuchten Exemplaren scheint das gleiche
Verhältniss stattgefunden zu haben, denn er giebt an (1. c,
p. 822): „Anterior to the premaxillarv bones, on the inferior
aspect of the ? ethmoid, is situated a paire of large, compressed,
double edged teeth, whose alveoli are close together. Only one
of these teeth is in functional service at a time." Ueber
der leeren rechten Alveole ist auf der Ethmoid - Oberfläche eine
geschwulstförmige Erhöhung sichtbar (vergl. Taf. XIV, Fig. 1).
Anfangs könnte man geneigt sein, sie für eine zufällige Erschei-
nung des betreffenden Individuums aufzufassen, da jedoch auch
Cope (1. c. , p. 822) angiebt: „In the Erisichthe penctrans, the
superior surface of the skull is swoUen above the fundus of this
alveolus (nämlich eben der Alveole des fehlenden Vomer- [? Eth-
moid, Cope] Zahnes) while no such enlargement marke the Po-
sition of its young companion", so dürfte die eigenthümlichc
Erscheinung doch nicht individuell sein. Es wäre zu seltsam,
wenn unter den wenigen bisher aufgefundenen Schädelfragmentcn
von Erisiehthe sich zwei Exemplare finden sollten, welche an
genau derselben Stelle an einer Knochengeschwulst gelitten hätten.
Auch macht die Erhöhung in der That durchaus nicht den Ein-
druck eines pathologischen Productes, wenngleich ihr Auftreten
in letzter Instanz doch wohl auf die Druckwirkung des mäch-
tigen Fangzahnes zurückzuführen ist. Cope giebt auch an, dass
sie sich nur bei Erisichfhe penefrans finde, zu welcher Ai't dann
auch unser isolirtes, Taf. XIV, Fig. 1 u. 1 a abgebildetes Rostrum
gehören würde, da es auch in den übiigen für diese Art ange-
gebenen Merkmalen übereinstimmt. In ganz analoger Weise finden
sich auch um die Basen der grossen Fangzähne im Praedentale
und vorderen Spleniale Verdickungen, (s. u.). Die Entfernung
des vorderen Alveolarrandes der Vomerzähne von der Spitze des
Rostrmn beträgt 0.145 m.
An dem completen Schädel ist ferner noch das hintere Ende
des Parasphenoides sichtbar (Taf. XIII, Fig. 1; PSph), welches
unten einen kräftigen Kiel trägt. Die Oticalregion ist sehr
verdrückt und lässt eine sichere Deutuns^ der dort sich findenden
282
Knochen und Knochentragmente kaum zu. Es lässt sich vielleicht
ein vorderer, der Orhita zu gelegener Knochen als Prooticuni
(oder Alisphenoid) , ein hinterer als Opisthoticum ansprechen.
Die jetzige Aussenfläche des letzteren lag einst dem Primordial-
knorpel auf. wie das die rauhe Aussenfläche beweist. Dieses
?Opisthoticum (Taf. XIII, Fig. 1; OjW) besitzt in der Mitte eine
tiefe Grube, weiche vielleicht als Nervenöffnung zu deuten ist.
am Hinterrand . mit welchem es auf der hinteren Partie des Para-
sphenoides aufliegt, einen Einschnitt.
Unter dem Frontale liegt die massig grosse Orbita, na-
mentlich auf der linken Schädelhälfte (vergl. Taf. XII) recht gut
erhalten. Sie ist von einem Kranze von Knochen eingefasst,
welche in ihrer Gesammtheit gewöhnlich als Suborbitalia be-
zeichnet werden. Nur ihr oberes Dach scheint direct von dem
Frontale gebildet zu w'erden. Die vordere Begrenzung der Orbita
bildet ein relativ sehr kräftiger, aussen schwach convexer, an
seiner Innenseite entsprechend ausgeliöhlter Knochen von ungefähr
breit mondsichelförmigem Unu-iss. Er ist mit grubig - runzliger
Sculptur bedeckt. Diejenigen Suborbitalia. welche den Hinterrand
der Orbita bilden, oder wenigstens das breite unterste derselben,
waren nach hinten stark verlängert, ähnlich wie bei den Gattun-
gen ÄDu'a und SikUs. Ihre gegenseitigen Suturen sind leider
nicht deutlich wahrzunehmen, namentlich auch deshalb, weil die
Knochen nach hinten dünn und brüchig werden, und kann man
daher die Frage, ob zwei oder drei vorliegen, nicht wohl ent-
scheiden. Vorn sind sie mit runzligen Sculpturen bedeckt, nach
hinten werden sie glatter und besitzen nur dicht gestellte win-
zige, rundliche Grübchen wie das Parietale. Vor ihnen liegen
noch zwei kleinere, gröber sculpturirte Knöchelchen, welche wohl
ebenfalls an der Umrandung der Orbita theilnehmen. Zwischen
dem erwähnten, die Orbita vorn begrenzenden mondsichelförmi-
gen Knochen und dem Maxillare liegt ein Lacrymale (Taf. XII
und XIII; L). Ungefähr in der Mitte ist es am breitesten, nach
hinten und besonders nach vorn verschmälert es sich beträcht-
lich. Zwischen dem vorderen Theil desselben und dem vorderen
Theil des Frontale liegen ein oder mehrere Knöchelchen, welche
die untere Begrenzung der Nasenhöhle bilden und vielleicht Ho-
mologa des Anteorbitale gewisser Ganoiden und Teleostier
sind. Es ist indess nicht mit Sicherheit zu ermitteln, ob es
zwei Knochen sind, oder ob die scheinbare Trennungslinie nur
durch einen Schleimkanal hervorgebracht wird. Auch auf ihnen
ist eine starke runzlige Sculptur zu bemerken.
Am hinteren Ende des Maxillare sind nocli Knochenreste wahr-
zunehmen, welche vielleicht eineni Jugale angehören, vielleicht
283
indess auch nur überschobene Bruchstücke der hinteren Orbita-
Begrenzung darstellen. — Im Innern des Schädels ist ferner der
vollständig intact erhaltene hintere Theil des Pterygoid (Ekto-
pterygoid) sichtbar, von dreieckiger Form. Dasselbe ist voll-
ständig mit kleinen Zähnchen besetzt (Taf. XIII; Pf). Es ist
dies also der Theil des Pterygo-Palatin-Bogens. an welchen sich
direct das Quadratum nach hinten ansetzt, welch" letzteres selbst
aber nach hinten verlagert und daher ebenso wie das ünter-
kiefergelenk leider nicht mehr erhalten ist. Die Zähnchen dieses
Pterygoids stehen dicht gedrängt; sie sind spitz-conisch und er-
heben sich auf kleinen, halbkugeligen Tuberkeln. Von den mei-
sten sind nur die letzteren erhalten. Etwas vor diesem Pterygoid.
an die hintere Partie des Parasphenoid angepresst, liegt ein wei-
terer dünnplattiger Knochen, wohl das Mesopterygoid (oder
Entopterygoid). Dieses ist in genau gleicher Weise bezahnt wie
das Pterygoid selbst. Vor und über dem Mesopterygoid liegt ein
länglicher Knochen (Taf. XIII; HM), welcher als Hyomandi-
bulare oder wahrscheinlicher als Squamosum aufzufassen ist.
Jedenfalls ist er aus seiner ursprünglichen Lage verschoben und
weit nach vorn und unten gerückt, sodass er mit seinem jetzigen
vorderen Ende das rechte Frontale berührt und in die rechte
Orbita hineinragt, während sein hinteres Ende an der Innenseite
des linken Unterkieferastes anliegt. Es ist ein kräftiger Knochen,
in seiner jetzigen vorderen Partie schaufeiförmig verbreitert, in
seiner hinteren stielförmig verschmälert.
Der Oberkiefer besteht aus den Maxiilaria und den Prac-
maxi Ilaria. Letztere legen sich mit ihren vorderen Innenflächen
seitlich fest an das mediane Ethmoid an und helfen so die Ein-
fügung des Rostrum in den Schädel verstärken; ihre gegenseitigen
Hälften berühren sich in Folge dessen in der Medianlinie natür-
lich nicht. Mit dem hinteren Theil seines Oberrandes grenzt
das Praemaxillare an das Lacrymale, welches z. Th. noch auf dem
Maxillare liegt; der vordere Theil liegt unmittelbar dem Ethmoi-
dale laterale angeschlossen. Die hintere Partie des Praemaxillare
ist verbreitert, nach vorn verschmälert es sich beträchtlich, indem
sein Unterrand sich nach aufwärts biegt. Es trägt in seiner mitt-
leren Partie zwei mächtige Fangzähne, von denen der vordere
schräg nach vorn, der hintere fast gerade abwärts gerichtet ist;
der vordere steht stets an der Aufbiegung des Unterrandes zu
dem langspitzigen Vorderende des Knochens, dessen Oberrand fast
horizontal verläuft. Zwischen diesen beiden Fangzähnen steht
ein kleiner Zahn, gleich denen auf den übrigen Kieferrändern, und
zwei eben solche auf dem hintersten Theilc des Randes.
284
Das Maxillare ist ein schlanker Knochen, der Längsaxe des
Schädels parallel liegend und oben den grösseren Theil der Be-
grenzung der Mundspalte bildend. Es trägt längs seines ganzen
Unterrandes grosse innere und sehr kleine äussere Zähnchen. Die
ersteren sind spitzig, stai'k comprimirt, mit glatten, schneidenden
Vorder- und Hinterrändern. Sie stehen bemerkenswerther Weise
sämratlich in besonderen Alveolen. Auf dem rechten Maxillare sind
15, auf dem linken dagegen 19 erhalten. Die äusseren Zähnchen
stehen nicht in Alveolen, sondern sind direct dem Knochen auf-
gewachsen. Sie sind sehr klein, von spitz -conischer Form, von
rundlichem Querschnitt und aussen, besonders gegen die Basis
zu, längs gefurcht (vergl. Taf. XII, Fig. 2 u. 2 a). Ihre Stellung ist
eine etwas unregelmässige. Die kleinsten derselben erscheinen
nur als spitze Tuberkeln. Derjenige Theil des Knochens, wel-
cher der äusseren Zahnreihe zunächst liegt, ist runzelig sculptu-
rirt, unmittelbar am Rand verlaufen die Runzeln senkrecht zu
diesem (vergl. Taf. XII, Fig. 3; Mx). Bei einem isolirt vorlie-
genden Maxillen- Fragment eines anderen Exemplars lösen die in
der Mitte der Knochens längs verlaufenden Runzeln sich erst in
einzelne Tuberkeln auf, ehe sich die zum Kiefen^and senkrechten
liunzeln bilden. Mit dem vorderen Theil des Oberrandes legt
sich das ^Maxillare an den hinteren Unterrand des Lacrymale. Die
hintere Endfläche des Maxillare ist leider nicht erhalten, man sieht
nur, dass ihre Höhe -hinter der Orbita grösser wird.
Der Unterkiefer besteht aus dem Dentale, Angulare und
auffallender Weise noch einem Praedentale nebst zwei inneren
Splenialia! Das Articulare ist nicht erhalten. Er zeigt also
einen relativ sehr complicirteu Bau. Das Praedentale trug in
seiner vorderen Partie zwei grosse, schräg nach vorn und auf-
wärts gerichtete Fangzähne, vor dem vorderen dieser beiden steht
ein dritter grosser Zahn, doch etwas Ideiner als die beiden an-
deren, welcher fast horizontal nach vorn gerichtet ist. Der hin-
terste dieser drei genannten Zähne ist an dem Taf. XII ab-
gebildeten Schädel nicht mehr erhalten. An seiner Stelle befindet
sich nur eine Zahngrube, die sogar halb verwachsen zu sein
scheint. Bei der Präparation des Praedentale jedoch brach das-
selbe einmal (juer durch, und wurde dadurch gerade die Alveole
des dritten grossen Fangzahnes der Länge nach geöffnet. Dabei
fand sich denn der im Kieferknochen steckende Theil des betr.
Zahnes vollständig erhalten vor.
In dieser vordersten Partie ist das Praedentale am dicksten
und kräftigsten (vergl. Taf. XIV, Fig. 6); unmittelbar hinter der
erwähnten Grube des letzten Zahnes verschmälert sich seine Dicke,
der Knochen wird dünner, aber nun durch ein Element verstärkt,
285
welches mit Rücksicht auf ein weiter voihandeiies , abweichend
bezahntes hinteres Spleniale als ein vorderes Spleniale ge-
deutet werden niuss, so auttallend dies auch für einen Teleoslier
erscheinen mag. Zu der Anfügung dieses Spleniale besitzt der
vorderste Theil des Praedentale auf seiner Innenseite eine lang-
gestreckte, polsterförmigc Verdickung (Taf. XIV, Fig. 6), auf
welche sich das Spleniale auflegt (Taf. XIV, Fig. 3). Die Wich-
tigkeit dieses Vcrliältnisses zwischen Dentale bezw. Praedentale
und Spleniale. nämlich der Auflagerung des letzteren auf ersteres,
ist bereits von Reis bei Aspidorhynclms^) und den Coelacan-
thinen-) betont worden. Die obere Partie des Spheniale ist ver-
breitert, auf ihrer Innenseite ist dieselbe flach rinnenförmig aus-
gehöhlt (vergl. Taf. XIV. Fig. 2 a). und schmiegt sich dadurch
eng an die flach convexe Oberfläche des Praedentale - Polsters
an. Das Spleniale (vergl. Taf. XII, Fig. 3, Taf. XIV. Fig. 2 u. 3)
besitzt nahe seinem vorderen Ende ebenfalls zwei mächtige Fang-
zähne. Auf dem Taf. XII abgebildeten Schädel ist nur der hin-
tere dieser beiden Zähne complet erhalten, der vordere zu etwa
ein Viertel seiner ursprünglichen Länge abgebrochen. An dem
Taf. XIV, Fig. 2 dargestellten, mir isolirt vorliegenden Spleniale
ist dagegen der hintere Zahn ganz ausgefallen. Ausser diesen
beiden Fangzähnen besitzt das Spleniale nun ferner noch eine
reiche Bezahnung. Die Zähne derselben bilden im vordersten
Theil des Spleniale zunächst eine einfache Reihe, welche sich nach
hinten zu bald verdoppelt. Die hinterste Partie des Spleniale
schliesslich ist ganz mit kleinen, kurz kegelförmigen Zähnen dicht
bedeckt. Dieselbe ist bereits auf dem Dentale selbst gelegen,
und es ist wahrscheinlich, dass diese so abweichend bezahnte
Stelle schon das Vorderende des hinteren Spleniale andeutet, wie
auch gewisse Anzeichen cinei- Trennungslinie trotz engster Ver-
wachsimg vorliegen. Die Zähne auf dem vorderen Theil des
Spleniale sind seitlich comprimirt, die vorderen und hinteren Kan-
ten jedoch nicht gerade „schneidend" zu nennen. Sie sind längs
gefurcht. Die hintersten sind niedriger und nicht mehr compri-
mirt, und vermitteln dadurch einigermaassen den Uebergang zu
den kleinen, conischen Zähnchen der hintersten Partie des Sple-
niale, welche ebenfalls längs gefurcht, aber von rundlichem Quer-
schnitt sind. — Die Sutiu- zwischen Dentale und Praedentale ist
') Reis. Ueber Belonostomn.s, Ätipidorhijnchns und ihre Beziehun-
gen zum lebenden Lepido-stmti. Sitzungsber. d. köiiigl. bayr. Akad. d.
Wiss., II. Bl., 1887, p. 170.
■^i Reis. Die Coelacanthinen mit besonderer Berücksichtigung der
im Weissen Jura Baverns vorkommenden Gattungen. Palaeontogr.,
]888, Bd. 3r>, p. 15.
286
auf dem ersten Unterkieferast ausgezeichnet erhalten, der linke
Unterkiefer ist gerade in der betreffenden Sutur durchgebrochen.
Sie liegt ungefähr 2 cm vor der Sutur z\Yischen Maxillare und
Praemaxillare. ist auf der Aussenseite des Kieferknochens winkelig
gebrochen und daher > förmig, wie die Sutur zwischen Dentale
und Angulare. Bemerkenswerth ist schliesslich zu dem Praeden-
tale-Ansatz, dass ein Bruch durch die vordere Partie des Unter-
kiefers, wie zwei Exemi3lare meiner Sammlung zeigen, stets der
Praedentale - Sutui- nach geschieht, quer durch die, wie oben be-
merkt, wahrscheinlich eng verwachsenen Splenialia hindurch. Dies
Verhältniss findet ebenso bei dem von Cope abgebildeten Spe-
cimen statt ^).
Das Dentale selbst ist ein langer, schlanker, aber kräftiger
Knochen. Auf seinem oberen Rande ist er mit Zähnen besetzt,
welche vollkommen mit denen des Maxillare übereinstimmen, nur
dass sie durchschnittlich etwas grösser sind. Namentlich gilt
dies für die Zähne auf der hintersten Partie des Dentale. Vor
diesen eigentlichen Kieferzähnen steht ebenfalls, wie bei dem
Maxillare, auf dem äusseren zugeschärften Rande eine Reihe
von kleinen, festen, nicht in Alveolen stehenden Randzähnchen
von der gleichen Form und Grösse wie die entsprechenden Ge-
bilde auf dem Oberkiefer. Unter dem hinteren Theil des rechten
Dentale kommt das Angulare zum Vorschein (Taf. XIII, Fig. 1;
Ang), welches sich nach vorn spitz auskeilt. In seiner unteren
und hinteren Partie ist es stark sculpturirt, ein Verhältniss, wel-
ches hier mit den Verzweigungen des mandibularen Schleimkanals
in Beziehung steht.
Dem grössten Theil der Innenseite des Dentale, mit dem
hinteren Ende des vorderen Spleniale. wie oben bemerkt, wahr-
scheinlich verwachsen und bis zum Unterrand des Unterkiefers
reichend, liegt nun das zweite hintere Spleniale auf, welches
ebenfalls über und über mit kleinen Zähnchen bedeckt ist
(Taf. Xm, Fig. 1; Spl p.). Der Oberrand der hinteren Hälfte
des Dentale ist sehr verdickt bezw. verbreitert. Wie weit diese
Verdickung, auf welche sich dieses Spleniale auflegt, nach vorn
reicht, ist nicht sichtbar; dass sie in der That dem Dentale und
nicht dem Spleniale angehört, zeigt deutlich der hintere Quer-
bruch des Schädels. Die Zähnchen des Spleniale selbst erheben
sich auf halbkugeligen Knochen-Tuberkelchen, sind von conischer
Form und ringsum längs gefurcht. Nahe dem Dentale -Zahnrand,
') Cope. The vertebrata of the cretaeeous formations of the
West, in Hayden, Rep. of the U. S. Geol. Surv. of the Territ., Vol. II,
1875, PI. 48, f. 6 a.
287
direct unter welchem sich der Oberrand des Spleniale anfügt,
zeichnen sich einzehie Splenialzähnclien durcli besondere Grösse
vor den übrigen aus.
Auf beiden Unterkiefer- Aesten ist die Seitenlinie deutlich
erhalten. Die Oeifnungen derselben, welche namentlich auf dem
linken Dentale gut sichtbar sind (vergl. Taf. XII. Fig. 3; B),
müssen im Yerhältniss zur Grösse des Fisches ausserordentlich
klein genannt werden. In dem Angulare verästelt sie sich, wo-
durch die schon erwähnte runzelig -netzförmige Sculptur auf der
hinteren Partie dieses Knochens erzeugt wird.
Was den Zahnwechsel anlangt, so findet derselbe bei Pro-
tos2)]i//raena, wie dies bei der Befestigung der Zähne in beson-
deren Alveolen nicht anders erwartet werden kann, in der Art
statt, dass sich der junge Zahn unter dem alten bildet und
letzteren in verticaler Richtung aus dej- Alveole schiebt (vergl.
Taf. XII, Fig. 2. 2a). Bemerkenswerth ist aber, dass dieser
Wechsel bisweilen in auffallend regelmässiger Weise einen Zahn
um den anderen ergreift. In Fig. 1 , Taf. XII ist ein derartiges
Maxillar-Fragment dargestellt; regelmässig zwischen je zwei Zähnen,
deren Spitzen allerdings sämmtlich abgebrochen sind, befindet sich
eine leere Alveole.
Was schliesslich die Bildung der Symphyse des Unter-
kiefers anlangt, so betheiligen sich an derselben ausschliesslich
die Praedentalia. Die Symphysialfläche ist nicht eben, sondern
trägt zwei Wülste, welche um die Basen der beiden vordersten
Fangzähne entstanden sind.
Zu einem anderen Resultate bezüglicli der Zusammensetzung
des Unterkiefers gelangte Copb'}. Er schreibt nämlich: „A re-
markable feature of the genus is displayed in the mandibles.
Each of these is Compound in the region usually composed of
the simple dentary bone. It tliere consists of three parallel ele-
ments, an internal and an external embracing a median element.
The inner bears a band of teeth en brosse on its inner and
superior aspect, and the external a few teeth of similar character
on its superior edge. The large lancet-shaped teeth are borne
by the middle element. excepting some of the largest near the
Symphysis. Two of these on the inner side of the ramus ori-
ginate in the internal bone." Wenn wir auch den Unterkiefer,
abgesehen von dem Articulare und Angulare. aus vier Stücken
bestehend gefunden haben, dem Praedentale und Dentale, sowie
einem vorderen und einem hinteren Spleniale, so können doch
dies nicht die Elemente sein, welche Cope meint. Denn das
1) Bull. Gfol. Surv. Terr., p. 821.
288
hiutcre Splciiiale reicht vorn nur bis an das hintere Ende des
vorderen Spleniale, nirgends liegen drei Elemente parallel neben
einander, keins von ihnen kann „niiddle element'' genannt werden.
Vergleicht man mit der citirten Beschreibung die früher von ihm
gegebene Abbildung ^) des vorderen Mandibel-Theiles, so niuss man
es auch befremdlich finden, dass Cope die grossen Fangzähne,
mit Ausnahme allerdings von zwei, welche er in dem inneren
Knochen entstehen lässt, von dem mittleren Theil getragen wer-
den lässt, da dieselben dem äusseren Rande so nahe stehen,
dass zwischen ihnen und jenen nur eine sehr dünne Knochen-
lamelle gedacht werden kann. Was sollte diese aber in osteo-
logischer Hinsicht darstellen?
Zwischen den Aesten des Unterkiefers tritt nun in nur
wenig gestörter Lagerung der Zungenbein apparat hervor.
Seitlich liegen die langen, kräftigen Ceratohyalia (Taf. XII,
Fig. 3; CHy), welche zahlreiche Radii branchiostegi (RBr)
tragen. Bei dem linken Ceratohyale zählt man deren ungefähr
40, doch sind die hinteren Enden der Ceratohyalia nicht voll-
ständig erhalten, sodass vielleicht eine noch etwas grössere Zahl
angenommen werden kann. Zwischen den vorderen Enden der
Ceratohyalia liegt eine kräftige, breite Knochenplatte mit Grüb-
chen - Sculptur, gleich derjenigen anderer Hautknochen des Schä-
dels, welche etwas unter den linken Unterkiefer geschoben ist
und als Urohyale (UHy) aufgefasst werden muss. Au dem
vorderen Ende derselben sind zwei dicke Knöchelchen eins hinter
dem anderen gelegen; das eine scheint das rechte Hypohyale
zu sein, das vordere das Linguale (Glossohyale) ; das linke
Hypohyale ist von dem Urohyale bedeckt, welches seinerseits noch
imter das Vorderende des linken Ceratohyale gedrückt ist. Der
ganze Complex Linguale -Hypohyale und -Urohyale ist daher von
den Ceratohyalia abgerissen und nach innen und vorn gedrückt
worden. Zwischen dem Urohyale und dem vorderen Ende des
rechten Ceratohyale wird die mittlere Partie des hinteren Sple-
niale des rechten Unterkiefers sichtbar. An der auf Taf. XHI dar-
gestellten Schädelansicht sind schliesslich noch mehrere Kiemen-
bögen sichtbar (Br). starke Knochen mit einer tiefen unteren
oder inneren Höhlung.
Die Taf. XH gegebene Schädelansicht zeigt ferner, abge-
sehen von der Orbita, zwei Oetfnungen. Unter dem Vorderrand
des Frontale erblickt man ein grosses, wohl erhaltenes Nasen-
loch, der Durchmesser beträgt an seinem Eingange 8 mm. hinter
demselben, über dem als ? Anteorbitale gedeuteten Knochen ist
') Cope. Vertebrata of the cret. form, of the "West. t. 48, f. 6 a.
289
eine zweite kleinere Oefll'nung, die wohl als das hintere Xasenloch
zu deuten ist.
Nachdem wir im Vorausgehenden versucht haben, die ein-
zelnen Knochen des Schädels zu beschreiben und zu deuten, er-
übrigt es noch, einige Beobachtungen über die Mikrostructur
des Rostrum und der Zähne mitzutheilen.
Von dem vorderen Ende des auf Taf. XIV, Fig. 5 abge-
bildeten Rostrum wurde ein Querschlitt' angefertigt, von welchem
Taf. XIII, Fig. 2 u. 2 a einige Partien dargestellt sind. Die Un-
tersuchung des Schliffes ergab folgendes: Der Bau des Rostrum
lässt sich im Allgemeinen mit dem eines Röhrenknochen ver-
gleichen. Im Centrum verläuft ein Hauptkanal, um ihn herum
eine Anzahl ebenfalls noch ansehnlich grosser Haversi' scher Kanäle.
Dieselben werden gegen die mittlere Partie zu immer kleiner,
gegen die Randzone zu jedoch wieder etwas grösser. Um jeden
dieser Kanäle hat sich die Knochensubstanz in concentrischen
Lamellen gebildet. Bemerkenswerth ist noch, dass auch die Tu-
berkel - Streifen und liängsriefen der Oberflächen - Sculptur aus
Knoohenlamellen und nicht aus dem Dentin bestehen.
Sehr merkwürdig für einen Teleostier ist der Bau der Zähne.
Bei den grossen vorderen Fangzähnen ist die Pulpa in viele
Theilpulpen aufgelöst. In einem vollständigen Querschliff des
Zahnes (vergl. Taf. XIV, Fig. 4^)) lassen sich mehrere Zonen
unterscheiden, deren gegenseitige Grenzen indess durchaus nicht
scharf sind. Im Centrum findet sich eine Partie, in welcher die
Theilpulpen einen ganz unregelmässigen Umriss besitzen; sodann
werden sie regelmässiger rundlich, während sie in der nächsten
Zone in überwiegender Anzahl radial verlängert sind. Darauf
folgt schliesslich ein äusserster Kranz von ganz kleinen randstän-
digen Pulpen. Die einzelnen die Pulpen umgebenden Vasodentin-
complexe werden nun durch eine Schicht getrennt, welche keine
Dentinröhrchen . sondern nur eine dunkle Körnelung zeigt (gra-
nulär layer J. Tomes). Diese Zahnstructur unterscheidet sich also
nur dadurch von einer typischen Dendrodontie , dass bei Profo-
sphyraena die Körnerschicht nicht jene baumförmigen Veräste-
lungen zeigt, wie sie sich bei Beitdrodits finden.
Es wurde ferner ein Querschliff' durch die Krone eines
') Zu diesem Schliff" wurde ein mir isolirt vorliegender Fangzahn
benutzt, welcher wahrscheinlich im vorderen Spleniale gestanden hat.
Die Krone desselben war abgebrochen, doch liegt die Ebene des Schlif-
fes, der Länge des noch übrigen Fragmentes nach zu urtheilen, dicht
unter dem Alveolenrand. Eine Schmelzschicht fehlt daher im Schliff",
welcher nur Vasodeutin zeigt.
290
Maxillarzahiies') gefeitigt, und zeigte sich bei der Unter-
suchung dieses Schuftes, dass die Kieferzähne einen mit dem der
Fangzähne vollkommen übereinstimmenden Bau besitzen, nur dass
bei ersteren die oben genannten Zonen in Folge der Kleinheit
der Querfläche nicht so deutlich hervortreten. Anders verhalten
sich dagegen die Zähnchen des Pterygoids. In einem Vertical-
schlitf dieses Knochens (vergl. Taf. XIV. Fig. 7) zeigten sich die
Pulpen der Zahnchen einheitlich, aber so gross, dass letztere fast
als Hohlzähnchen bezeichnet werden können; im Uebrigen beste-
hen sie aus Dentin, welches von einer dünnen Schmelzkappe be-
kleidet ist.
Wohl die interessanteste osteologische Eigenthümlichkeit des
ProtosphyraenaSchädels besteht in dem Vorhandensein eines Prae-
dentale und zweier Splenialia am Unterkiefer. Vielleicht ist
es daher nicht unangebracht, hier einen ganz kurzen Uebcrblick
über die Verbreitung dieser letzteren Belegknochen zu geben.
Unter den Dipnoern wird von Traquair-) in der Ordnung der
Cienodipferini ein Spleniale bei Palaeäaphus angegeben, von
Pander^) ist ein solches auch bei iJipferus beobachtet, welches
jederseits den einzigen grossen Unterkieferzahn trägt. Dergleichen
Splenialia dürften indess auch den anderen Gattungen nicht fehlen.
In der Ordnung der Sircnoidcd besitzt Cernfodus ein Spleniale,
auf welchem jederseits. analog wie bei Dipterus. ein grosser,
fächerförmig gefalteter Zahn aufsitzt. Unter den Ganoiden sind
Splenialknochen ziemlich verbreitet, und tritt bei manchen Gattun-
gen ein Spleniale gegen das Zurückgebildete Dentale sogar ganz
bedeutend hervor. Bei der Crossopterjgier- Familie der Coela-
canthinen scheinen Splenialia nirgends zu fehlen, sondern stets in
mehi'facher Anzahl entwickelt zu sein. Beobachtet sind sie bei
Undina, bei welcher Gattung sie von Reis*) auf das Gründ-
lichste untersucht und beschrieben wurden, ferner bei Lihys,
Coccoderma, Macroptoma, Graphmrus und Bhahdoderma. Unter
der derselben Ordnung angehörenden Familie der Cyclodipterini
besitzt Dendrodus drei innerhalb des Dentale gelegene bezahnte
') Zu diesem Schliff wurde der Zahn benutzt, welcher in der
Fig. 2 a aut Taf. XII dirert über der I'igurennummer links von dem
jungen Ersatzzahn stand.
*) Traquair. On the Genera Dipterus, Palaedaphus, Holodt4s,
Cheirodus. Ann. Mag. nat. bist., 1878, 4. ser., Vol. XMI und 5. ser.,
Vol. II, p. 1.
^) Pander. Die Ctenodipterinen des devonischen Systems, 1858,
p. 12.
*) Reis. Die Coelacanthinen, p. 12.
291
Plättchen, welche von Pander^) als „dentalia interna" beschrie-
ben, von Reis (1. c, p. 13) dagegen ebenfalls als Splenialia auf-
gefasst werden, welche Anschauung sich auch in v. Zittel, Hand-
buch der Palaeontologie, III. Bd., p. 177 verti-eten findet. Bhlzo-
dopsis und Verwandte besitzt mehrere Splenialia, welche frei-
lich von Traqrair^) auch „dentalia interna" genannt werden^).
Unter der Familie der Rhomhodipterini zeigt Osfeolepis nur ein
einziges Spleniale, welches auch die Form des hintersten Sple-
niale bei den Coelacanthinen hat^). Unter der Ordnung ITefero-
cerci haben gewisse Platysomiden nur ein Spleniale, so z. B.
Cheirodus M' Coy (non Pander). Bei Lepidotus wird ebenfalls
ein grosses Spleniale angeführt, ebenso bei der zu den Lauro-
dontidae gehörenden Gattungen EugnatJms^) und 3Iacrosemms.
Die RhjTichodontiden haben ebenfalls, wie es scheint, nur ein
Spleniale (Asindorhynchus und BeJonostomus^)), mehrere dagegen
der recente Lepidosfeus und vielleicht Polyprerns. Für letztere
Gattung wird allerdings von Agassiz nur ein Spleniale (Opercu-
lare Ag.) angegeben, doch sind, der Abbildung nach zu urthei-
len^), deren wohl zwei vorhanden. Unter den Amiadae hat Ca-
turus ein Spleniale, Amia sogar sieben. Die Pycnodoiitidae
haben ein grosses Spleniale.
Unter den Teleostiern findet sich nur in der Familie der
Osteoglossidne ein Spleniale bei Sudis (Arapeima). Es entspricht
dem hinteren Spleniale anderer Formen; nach vorn reicht es bis
ziemlich an die Symphyse, wie ich an einem grossen Exemplar
des Münchener zoologischen Museums beobachten konnte. Um
so interessanter ist daher das Auftreten zweier Splenialia bei
einem geologisch so alten Teleostier wie Proiosphyraena aus der
oberen Kreideformation, welcher daher in dieser Beziehung die
bekanntlich ohnehin nicht scharfe Grenze zwischen Teleostiern und
Ganoiden weiter überbrücken hilft.
Gehen wir nun zur Vergleichung des Schädels mit schon
*) Pander. Die Sam-odipterinen , Dendrodonten, Glyptolepiden
und Cheirolepiden des devonischen Systems, 1860, p. 40 u. 45.
^) Traquair. On the cranial osteologv of Bhisodopsis. Trans.
Roy. Sog. Edinbm-gli, Vol. XXX, 1881.
^) Da bei Bhizodopsis ausserdem noch Infradentalia entwickelt
sind, so erklärt sich, wie v. ZrrTEL aus Versehen letztere als gleich-
werthig mit den Zahn tragenden Splenialplatten von Dendrodus (= den-
talia interna Pander) erwähnt (Handbuch, 111. Bd., p. 182).
*) Reis. Die Coelacanthinen, p. 12.
*) AuASSiz. Poissons fossils, T. II, P., 2, p. 42.
®) Reis. Ueber Belonostomns etc., p. 169.
') Agassiz. Poissons fossils, T. II, P. 2, p. 42, t. Ca, f. 14,
292
beschriebenem Material über, so tiiidcii wir bei Cope unter dem
Namen ErisicJifhe nitida^) eine Anzahl Schädelknochen abge-
bildet, welche z. Th. mit denen des uns vorliegenden Schädels
vollständig übereinstimmen. Später-) hat dann Cope noch zwei
weitere Arten dieser Gattung bekannt gemacht, nämlich Erisichthe
penefrans und E. ziphioides. Auch von seinem Portliens angtt-
latus bemerkt er: „P. angnlafns Cope, from North Carolina,
perhaps belongs to the genus Erisichthe.^ Was zunächst die
Gattung Erisichthe Cope selbst anlangt, so hat schon Newton^)
dieselbe als Sjnionj^m mit Protosphyraenn Leidy erkannt.
Die Vollständigkeit des uns vorliegenden Schädels gestattet
einige Angaben von Cope zu berichtigen. Er giebt folgende
Diagnose von Erisichthe: „The teeth are implanted in deep
pockets as in other Sanrodontidae, and the subalveolar line of
foramina seen in Saurocephnlus is wanting. The crowns of the
teeth are compressed and knife-like, as in Baptimis; but those
of the anterior parts of the dentary and maxillary bones are
greatly enlarged. Maxillary hone short, and rapidly tapering to
a narrow edentulous extremity. Greater part of the dentary with
a rugose band on the inner side of the teeth; its distal portion
with a row of small compressed teeth, separating the large teeth
into two areas." Was Cope damals (1875) für das Maxillare hielt,
ist in Wirklichkeit das Praemaxillare , wie er dies später (1877)
selbst berichtigt hat. Auf dem Maxillare sind die Zähne jeder der
beiden Reihen, welche früher geschildert worden sind, alle gleich-
artig. Die grossen Fangzähne werden oben von dem Praemaxillare
(und dem Vomer) getragen. Der in fig. 3 auf t. 48 (Cope, Ver-
tebrata) abgebildete Knochen stellt das rechte Praemaxillare vor,
während fig. 5 wahrscheinlich als das Palatinum aufzufassen
ist. Jedenfalls ist es ein mit der Kante nach unten gerichteter
Knochen, wie dies beim Palatinum in der That der Fall ist.
Ausser einem Streifen , der dicht mit ganz kleinen conischen
Zähnchen besetzt ist, trägt es am Rande etwas weitläufig ste-
hende, kräftige, schräg nach vorn gerichtete Zähne. Das spricht
ebenfalls für einen Knochen aus der vorderen Schädelpartie, Denn
bei den übrigen Knochen dieser Region, dem Praemaxillare, dem
Vomer und dem Praedentale, sind die Zähne nach vorn gerichtet,
sodass die Annahme berechtigt ist. auch auf dem Palatinum wür-
') Cope. Vertebrata of the cret. form, of the West, p. 217, t. 48.
*) Cope. On the genus Erisichthe, p. 821.
*) Nev^^ton. Remarks on Snurocephalus and on the species
which have been refened to this genus. Quart. Journ., 1878, Bd. 34,
p. 788.
293
den die Zähne diese Stellung innc gehabt liaben. Dass überhaupt
ein kräftiges Palatiuuni dagewesen ist, dafür sprechen die früher
erwähnten starken Praefrontal-Tuberkeln. Mit der Deutung dieses
Knochens als Palatinuni stimmt denn schliesslich auch der Um-
stand, dass er sich mit keinem Knochen des mir vorliegenden
fast completen Schädels identificiren lässt, und dass bei diesem
eben gerade das PaUitinum nicht erhalten bez. nicht sichtbar ist.
Was CoPE in der angeführten Diagnose schliesslich von dem
distalen Ende des Dentale sagt, muss dahin berichtigt werden,
dass jene Reihe von „small corapressed teeth separating the large
teeth into two areas" bereits zu dem vorderen Spleniale gehört,
ebenso wie die hintere Gruppe der grossen Zähne. Die fig. 6 a
(bei Cope) zeigt in der That die Grenze zwischen Praedentale und
Spleniale sehr scharf; fig. 4 dürfte die Innenansicht des hinte-
ren Theiles des linken Praemaxillare sein. Zwischen den beiden
fragmentarisch erhaltenen grossen Fangzähnen befindet sich eine
Alveole für einen dritten, hinter dem letzten grossen Zalme ste-
hen nun noch eine Anzahl kleinerer Zähne, welche unter sich
in ihrer Grösse wieder etwas diii'eriren. Sie sind, wie Cope
angiebt, flach, zugespitzt, vollkommen glatt und schliesslich klei-
ner als die Zähne auf dem Dentale. Bei dem mir vorliegenden
Exemplare (vergl. Taf. XIII, Fig. 1; Fiiu) stellen ebenfalls hin-
ter den beiden grossen Fangzähnen des Praemaxillare zwei kleine
Zähne, dieselben sind jedoch in ilirer Grösse vollkommen überein-
stimmend sowohl untereinander als auch mit den Zähnen auf dem
Maxillare. Ein ebensolcher Zahn steht zwischen den beiden
grossen Fangzähnen, wo sich in der x\bbildung von Cope die
Alveole für einen dritten grossen Zahn findet. Es muss vorläufig
dahingestellt bleiben, ob diese Differenz zwischen dem Cope'-
schen und meinem Exemplar nur als eine individuelle anzusehen
ist, oder ob sie zwei verschiedene Species bezeichnet. Cope
unterscheidet (1877) die oben genannten drei Arten — von Pro-
theus angulatus = ? Erkichfhe vorläufig abgesehen — haupt-
sächlich nach der Form des Rostrum. Es ergiebt sich hieraus,
dass die früher (1875) als E. nitida beschriebenen und abge-
bildeten Knochen nicht nothwendig alle zu einer Species gehören
müssen. Der mir vorliegende, fast complete Schädel scheint
zu E. nitida zu gehören, worauf später noch zurückzukommen
Gelegenheit sein wird.
Auch die von Dixon') als Satirocephahis laneiformis ab-
gebildeten, aber nur zum Theil beschriebenen Reste geben una
1) DixoN. Geology of Susscx, 1850, p. 374, t. 30, f. 21; t. 31,
f. 12; t. 32, f. l; t. 34, f. 11.
Zeitsclir. d. D. geol. Ges. XLII. 2. 20
294
Aiilass zu einigen Bemerkungen. Davies-) schreibt über das
eine Exemplar — er giebt nicht direct an über welches, aber
aus dem, was er sagt, ergiebt sich, dass er das t. 34, f. 11
meint — Folgendes: „The maxillary figured in Dixon, but of
which no description is given, is also sub-triangular in form, but
much deeper in proportion to its length than the Eristchfhe ni-
tida, Cope; the surface having an irregulär rugose ornamentation.
It shows a continuous series of seven lanciform and equidistant
teeth, increasing in size from the anterior tooth to the fourth; this,
and the posterior teeth, appear from the alveoli to have been
of uniform size. It also differs from E. iiifida, in so much that
it has no outer row of small lancet-shaped teeth. The anterior
termination of the hone is wanting. '• Was zunächst die Bestim-
mung des eben beschriebenen Knochens anlangt, so halte ich ihn
für das rechte Praemaxillare. Dass die Zähne vom ersten bis zum
vierten an Grösse zunehmen sollen, geht aus der Abbildung bei
Dixon nicht hervor und ist mir auch unwahrscheinlich, indem
bei Protosphyraena keine Uebergänge zwischen den grossen Fang-
zähnen und den eigentlichen Kieferzähnen vorzukommen scheinen.
Es finden sich vielmehr auf dem betreffenden Praemaxillare zwei
mächtige Fangzähne, wie auch bei dem von Cope abgebildeten
(1. c. t. 48, f. 3) und demjenigen unseres Exemplars (Taf. XIII,
Fig. 1; Pnix), zwischen ihnen steht ein kleinerer Zahn von einer
Grösse, wie sie auch auf den übrigen Kieferrändern vorkommen
und wie ein solcher sich auch, wie erwähnt, bei unserem Exem-
plare zwischen den beiden grossen Fangzähnen vorfindet. Vor
dem vorderen dieser beiden standen nun bei dem von Dixon
abgebildeten Exemplar noch 4 weitere kleine Zähne, unter sich
an Grösse etwas differirend, aber, der Abbildung nach zu ur-
theilen, ebenso wenig regelmässig an Grösse von vorn nach hinten
zunehmend, als man sie „equidistant" nennen kann. (Die Alveole
des zweiten ist z. B. schmäler als der erste Zahn, der dritte
scheint ebenso gross gewesen zu sein wie der erste; nur der
vierte ist in der That grösser als die drei vorangehenden.) Diese
Zähne fehlen nun bei dem Cope' sehen und dem unsrigen Exem-
plar, und es liegt hierin entschieden eine specifische Verschieden-
heit zwischen dem englischen und dem amerikanischen Fisch,
welche auch noch darin ihren Ausdruck findet, dass das Prae-
maxillare der englischen Art plumper und gedrungener gebaut zu
sein scheint als bei E. nitida. Nicht völlig verständlich erschei-
') Davies. On the nomenclatur of Saurocephalus lanciformis of
the Brit. cretac. deposits with description of a new species. Geolog.
Magazine, 1878, Dec, II, Vol. V, p. 257.
295
neu mir die Worte von Davies: „It also differs from E. nituhi,
in so much that it lias no outer row of small lancct - sliaped
teetli." CoPE giebt für das Praemaxillare keine äussere Zahnreihe
an, sie war bisher nicht beliannt. Es lässt sich übrigens un-
serer Ansiolit nach an dem bei Dixon abgebildeten Stück nicht
entscheiden, ob eine solche vorhanden war oder nicht. Wie wir
sahen, ist der Kieferrand ausserordentlich zugeschärft, und fast
direct an diesem scharfen Rande sitzt die äussere Zahnreihe.
Nach innen zu fällt der Kieferrand zunächst steil ab bis zu der
schmalen sclirägen Fläche, in welcher die Alveolen für die eigent-
lichen Kieferzähne eingesenkt sind. Sieht man nun die Prae-
maxillaria in ihrer normalen Stellung von aussen, so verdeckt der
hohe, die äusseren Zähnchen tragende Rand die Insertionsfläche
der Kieferzähne (vergl. die CoPE'sche Abbildung fig. 3 und unsere
Taf. XIII, P^'ig. 1 ; Pinx). Bei der Figur von Dixon übersieht
man jedoch bei gleicher Stellung des Knochens (wenn auch die
Figur selbst umgekehrt gestellt werden muss) die ganze, die
grossen Kieferzähne tragende Fläche. Daraus möchte ich fol-
gern, dass der hohe scharfe, die äussere Zahnreihe tragende
Rand abgebrochen ist. Dass eine solche wirklich vorhanden war,
scheint mir aucli nach der am Rande besonders starken Sculptur
sehr wahrscheinlich; „lancet-shaped" sind freilich die Zähnchen
der äusseren Reihe auch bei K nitida nicht, sondern einfach
spitz -conisch.
Dixon bildet ferner ein Unterkiefer-Fragment ab (1. c, t. 31.
f. 12). Er sagt (1. c, p. 374) über das betreffende Exemplar
Folgendes: „The finest specimen of this species hitherto dis-
covered belongs to Mr. Bowerbank; it shows the extremities of
the two rami of the lower jaw; the dentary bones thicken out
as they converge to the Symphysis to give space for the Implan-
tation of six^) large lanciform teeth, whith project forwards
nearly in a horizontal direction; the dentary hone immediately
behind the Symphysis is armed on its inner edge with streng
laniary teeth; the two hinder ones being on either side consi-
derably larger than those that precede them; the specimen is
broken off a short distance from the commencement of the outer
row, the anterior teeth of which are small." Der Bau dieses
Stückes scheint von demjenigen unseres Exemplares nicht we-
sentlich verschieden zu sein. Die Grenze zwischen dem vor-
deren Spleniale und dem äusseren Kieferknochen ist sehr deut-
^) Gezeichnet sind jederseits nur fünf — drei vordere (auf dem
Praedentale) und zwei hintere (auf dem Spleniale) — , welche Zahl
in der That wohl auch die richtige ist.
20*
296
Hell, wie auch Davies angiebt (1. c, p. 259): „The mandible
figured by Dixon has two parallel elements in each ranius."
Auf dem rechten Kiefer - Ast erscheint auch die Sutur zwischen
Dentale und Praedentale gut sichtbar, während sich das Spleniale
noch über diese Sutur hinweg nach hinten fortsetzt — soweit
man dies und die anderen besprochenen Verhältnisse nach einer
Abbildung beurtheilen kann. Eine Diti'erenz besteht jedoch darin,
dass sich die Reihe der kleinen Splenialzähnchen nicht an den
grossen Fangzähnen vorbei auf den hinteren Theil des Spleniale
fortsetzt. Im Praedentale stehen drei, im Spleniale zwei grosse
Fangzähne, übereinstimmend mit unserem Exemplar und denjeni-
gen von CoPE.
Es mag schliesslich noch eine üebersicht über die bis jetzt
bekannten iirten der Gattung Protosphijraena gegeben werden.
CopE sagt über die drei amerikanischen Arten Folgendes ^) :
„Three species are represented by the specimens received. They
are readily distinguished by the forms of the beaks. In the E.
nitida, this weapon is distinguished by the flat superior surface
of its distal half. The section of this region is semicircular,
a strong angle on each side bounding the superior plane, while
at the base the section is a transverse oval. The flat surface
is only finely rugose, while the remainder is closely marked with
raised ridges. wliich are generally parallel, but which send oif
many lateral free or inosculating branchlets. This beak is stout,
and contracts abruptly at the tip. It is also recurved, and the
form does not appear to be due to distortion. Length from the
inferior pair of large basal teeth 0,155 m; transverse diameter
at base 0,025 m; depth at base 0,021 m." Nach dem, was
CopE hier über die Sculptur des Rostrum angiebt, dürfte der
oben beschriebene fast complete Schädel zu dieser Art gehören,
welche dann die bisher bestgekannte sein würde. Das distale
Ende fehlt freilich bei dem zugehörigen. Taf. XIV, Fig. 5 abge-
bildeten Rostrum, ebenso wie das proximale, indem es noch vor
den beiden grossen Vomerzähnen abgebrochen ist. Sein hinterer
Querschnitt besitzt rundlichen Umriss, der vordere ist unregel-
mässig elliptisch, die eine Fläche ist glatter als die gegenüber
liegeiule. einen „strong angle" bilden freilich diese beiden Contour-
linien noch nicht. Was jedoch Cope über die Art der Sculptur
(Form und Verlauf der Sculpturriefen) sagt, stimmt fast voll-
ständig mit der Sculptur des in Rede stehenden Rostrumfrag-
mentes überein. was mich hauptsächlich bestimmt, den Schädel
als E. nitidd zu bezeichnen. Darin besteht jedoch immerhin
*) Cope. On the genus Erisichthe, p. 822.
297
noch eine Differenz, dass Cope angiebt: „The flat surfaee is only
finely rugose"-', denn bei c|em mir voiliegenden Rostrum ist die
Sciilptur ringsum gleichmässig stark entwickelt, und es ist wohl
nicht anzunehmen, dass die ganze distale Plälfte fehlt.
Ueber die zweite Species (E. penetrans) sagt (Jope (1. c.,
p. 822) Folgendes: „The second species. which J call E. pe-
netrans, has a snout of uniformly oval section at all points.
The long diameter of the section is transverse. The axis is
straight and the form acuminate, the contraction being uniform
and gradual to acute apex. Thus it follows that a beak of
greater diameter at the base than one of the E. nitida has a
more slender shaft. The teeth of the inferior basal pair are,
in the specimen described. of large size, and, as in other species,
smooth, compressed. and with opposite fore and aft cutting edges.
The surfaee of the beak is thrown into numerous sharply defined
longitudinal ridges, which more or less inosculate with each.
There is no difference between the superior and inferior surfaces
in this respect. Length of beak from basal teeth 0,150 m;
transverse diameter at base 0,035 m; vertical diameter at the
same point 0.020 m; width at middle of the fossae for the
premaxillary bone 0,060 m.''
Der Hauptunterschied scheint in der Sculptur des Rostrum
zu liegen: Bei E. penetrans zahlreiche, dicht gedrängte, scharfe,
kurze, ziemlich gerade verlaufende Leisten; bei E. nitida die
Leisten weniger gedrängt, weniger hoch, oft gekräuselt verlaufend
und zahlreiche kurze Seitenzweige entsendend (vergl. Taf. XIV,
Fig. 1 und 5). Vielleicht wäre als ein weiterer Unterschied noch
die Erscheinung hinzuzufügen, dass sich auf dem Ethmoidale über
der Alveole des (fehlenden) Vomerzahnes eine geschwulstartige
Erhöhung bildet (vergl. oben pag. 281).
Zu der dritten Species (E. ziphioules) bemerkt Cope (1. c,
p. 822): „The third species of Erisichthe is represented by a
muzzle of an old individual, which has lost a good deal of its
apex by attrition. Its surfaee lacks the sculpture of the other
species; but whether this smoothness is due to attrition or not is
uncertain. The alveolae for the basilar teeth are empty and
alraost filled up with bone. The form of the muzzle is quite
peculiar. Its shaft is depressed, with a strongly convex inferior
surfaee, the two separated by an obtuse angular border. Behind
the alveolae, the inferior surfaee is narrowed by a strong lateral
contraction. in which the superior surfaee shares in a slight de-
gree. The latter is continued in a prominent border. The in-
ferior surfaee is divided by an angular depression. the apex of
which is directed forward. It is perhaps the articular face for
298
the extremity of tho vonier. As compared with thc otlier spe-
cies, this one is charactcrized by the lateral longitudinal oonca-
vity at the base. which appears to be an anterior Prolongation
of the grooves for the preniaxillary bones. The small size and
anterior position of the alveolae of the basal pair of teeth is
also a niarked character. The superior surface of the skull at
the base of the beak is apparently unworn: it is smooth. In
E. nitida it is sculptured with ridges. Length preserved, an-
terior to dental alveolae 0,045 m; transverse diameter in front
of alveolae 0,025 m; vertical diameter 0.020 ra. This species
niay be called E. ziphiotdes, from the Ziphius-like form of the
beak."
Die von Cope erwähnte winklige Depression an der Unter-
seite des Rostrum ist nicht für E. ziphiaides charakteristisch:
wie erwähnt zeigt sie das mir vorliegende Rostrum von E. pene-
irans auch (vergl. Taf. XIV. Fig. la). Es ist. wie gezeigt,
7.. Th. der unten etAvas concave Yomer, z. Th. mag sie mit der
vorderen Ausdehnung der Weichtheile in Verbindung stehen.
Leider erwähnt hier Cope nichts von der vierten amerikanischen
Art, dem früher als Portheus anffulafns beschriebenen Fisch ^),
welchen er später auch zu Erisichthe zu stellen geneigt war.
Eine eventuelle fünfte Art findet sich nun im „white chalk"
von Lewes und Burham (Kent). Amberly und Washington (Sussex)
und dem „upper greensand" von Cambridge und anderen englischen
Localitäten. Zu ihr gehören die von Dixon abgebildeten Reste.
Sie wurden von Leidy^) „Protosphyracna ferox^'- genannt. Syno-
nym mit diesem Namen ist Xiphias Dironi Leidy. welch' letz-
terer Name von dem amerikanischen Paläontologen für die iso-
lirten Rostra aufgestellt wurde, da sie seiner Meinung nach einem
anderen Fisch angehörten. Das Praemaxillare ist bei Protosphy-
raena ferox gedrungener und kräftiger gebaut als bei Pr. nitida,
auch das vordere Spleniale ist, wie es scheint, abweichend be-
zahnt, indem die Reihe der kleinen Zähnchen vor den beiden
grossen Fangzähnen sich nicht an letzteren vorbei nach hinten
fortsetzt und dort verbreitert (vergl. oben pag. 296). Namentlich
aber ist Pr. ferox durch ihr Rostrum von all' den angeführten
amerikanischen Arten verschieden, indem New'ton (1. c, p. 789)
angiebt: „The rostrum figured by Dixon (1. c. t. 32*. f. 1) is
nearly circular in section throughout". Diese englische Pr. ferox
scheint die grösste Art der Gattung gewesen zu sein. In dem
1) Geol. Surv. X. Carolina by W. C. Kerr, p. 32.
-) Leidy. Remarks on SaurocepJudus and its allies. Trans. Am.
Phil. Sog., 1860, vol. XI, p. 9L
299
Vomer sind oft (?iiiimer) beide Zähne entwickelt und zwar sind
sie einander gleich, oder der eine ist etwas kräftiger als der
andere'). Die Schwaiizwirbel waren z. Th. verwachsen-!.
Auch Agassiz'^) beschreibt aus der weissen Kreide von Lewes
diverse Reste als Tefrapfenis minor Ag., welche z. Th. mit Sicher-
heit ebenfalls der Gattung Protospliyraena zuzutheilen sind. Diese
Reste bestehen nämlich einerseits aus dem wohl erhaltenen distalen
Ende eines Rostrum (t. 60a, f. 9 u. 10), andererseits aus einigen
Wirbeln (f. 11 — 13). Das Rostrum ist ausgezeichnet durch
eine an der einen Seite verlaufende Längsfurche. Der Abbildung
nach zu urtheilen ist sie zu regelmässig und zu scharf begrenzt,
als dass man sie für eine zufällige Verletzung des betretfenden
Stückes halten könnte. Man kann sich indessen andererseits
schwer vorstellen, was dieselbe für einen Zweck gehabt hat.
Die Sculptur der übrigen Oberfläche besteht aus schmalen aber
scharfen, schwach w'ellig verlaufenden liängsriefen. Das Stück
deutet daher wohl eine weitere 6. Art an. welche als Protospliij-
raena minor Ag. sp. zu bezeichnen sein würde. An den Wir-
beln ist bemerkenswerth , dass ihre Neurapophysen und die Dorn-
fortsätze die Form breiter Lamellen besitzen. Ihre Zugehörigkeit
zu Frotosphyraena ist unsicher.
Die von Agjassiz^) als Saurocephalus lanciformis Harl.
beschriebenen und abgebildeten isolirten Zähne endlich gehören
ebenfalls zu Protosphyraena ferox Leidy und eventuell zu Pr. minor
Ag. sp. Dagegen ist der von Geinitz^) als Saurocex)halus lanci-
formis Harl. aus dem turonen Plänerkalk von Strehlen bei Dresden
beschriebene Zahn wohl nicht zu Protosphyraena zu rechnen,
ebenso wenig wie das von Reuss^) aus dem Pläner von Bilin
unter dem gleichen Namen erwähnte Exemplar; eher könnte ein
von Geinitz zu Hypsodon Lewesiensis Ag. gerechneter Zahn ')
zu Protosphyraena gehören. Ich besitze jedoch aus dem Pläner-
kalk von Weinböhla bei Meissen einen Zahn, dessen Zugehörig-
keit zu Protospliyraena keinem Zweifel unterliegen kann. Er
stimmt mit Zähnen von Pr. ferox Leidy aus der Kreide von
Kent, von denen vier Exemplare, ebenfalls in meiner Sammlung
1) Davies, 1. c, p. 259, t. VIII, f. 3.
2) Nach Davies, 1. c, p. 256.
^) Agassiz. Poissons fossils, T. V, p. 91, t. 60a, f. 9 — 13.
*) Ebendaselbst, T. V, p. 102, t. 25 c, f. 21—29.
*) Geesiitz. Das Eibthalgebirge. Palaeontographica, Bd. XX,
2. Abth., p. 225, t. 43, f. 10.
*) Reuss. Die Versteinerungen der böhmischen Kreideformation,
1. Abth., p. 18, t. 4, f. 67.
') Geinitz, 1. c, t. 42, f. 6.
300
befindlicli. zur Yergleichuiig vorliegen, vollküiniueu übereiii. Üb
er nun in der That zu derselben Species zu rechnen ist, niuss
indessen natürlich dahingestellt bleiben.
Vergleichen wir Protosphyraena mit der ebenfalls mit einer
dolchförniigen Offensivwaiit'e ausgerüsteten Gattung Äsjridorhf/n-
eJiKS, deren Details bezüglich des Schädelbaues namentlich Keis^)
kennen gelehrt hat, so finden wir eine interessante üebereinstim-
mung darin, dass den Haupttheil des Rostrum bei beiden das
Ethmoidale bildet. In der hinteren Partie der Unterfläche des
Rostrum finden wir bei Aspidorlnjnclius ebenfalls kräftige, spitze
Fangzähne. Dieselben werden jedoch von dem Praemaxillare ge-
tragen, während bei Pvotospltyraena die beiden grossen Basal-
zähne im Vomer sitzen. Letzterer Knochen ist bei Aspidorln/nclms
vollkommen zahnlos. Eine weitere Uebereinstimmung zwischen
beiden Gattungen besteht in der starken Zahnbewaffnung der
Mundhöhle, indem auch bei Aspidorhi/ncJnrs sowohl das Pala-
tinüm als das Ptervgoideuni stark bezahnt sind, wenngleich letz-
teres schwächer als ersteres. Beide Gattungen besitzen schliess-
lich ein Praedentale.
Im Gegensatz zu diesen mesozoischen Schwertfischen in Bezug
auf die Bezahnung sowohl als den Bau des Rostrum stehen die
recenten Xiphio'iden. bei welchen die Zähne nur sehr klein sind
oder auch fehlen. Ueber die Zusammensetzung des Rostrum der
Gattung Tetrapterus schreibt Agassiz^): „Le bec est forme
par les intermaxillaires qui sc soudent enscmble pour former un
cylindre pointu; les os du cräne sont petits et tres-reduits."
Claus '^j dagegen giebt bei X/))Jn'as an: „Oberkinnlade (Inter-
maxillaria, Vomer, Ethmoideum) stark verlängert, schwertförmig."
Der Abbildung bei Awassiz nach zu urtheilen, nehmen allerdings
den Hauptantheil an der Bildung des Rostrum die Praemaxillaria,
welche auch für sich allein die vorderste Partie desselben bilden.
Auf der Oberseite betheiligt sich indess auch das Ethmoid, auf
der Unterseite wahrscheinlich der Vomer.
Möglicherweise waren bei Protosphyraena gleichwie bei den
recenten Xiphio'iden einige Schwanzwirbel verwachsen. Davies*^)
(1. c, p. 250) schreibt nämlich: „Associated in the same de-
posits are frequently obtained coalesced caudal vertebrae similar
to, but less symmetrical. and also shorter, higher and thicker,
than the Consolidated caudal vertebrae of the Tetrapterus. "
Diese Wirbel sah Davies für zugehörig zu Ptorosphyraena an,
') Reis. Ueber Bdonostomits etc., p. 170.
-) AciASSiz. Poissons fossils, Vol. V, p. 90, t. E.
') Claus. Grundzüge der Zoologie, Bd. II, p. 235 (4. Aufl., 1882).
301
da or cltMi Schluss zog, dass ein Fisch mit einer so gewaltigen
Offensivwaffe auch den Schwanz als das hauptsächlichste Fort-
bewegungsüi'gan im Wasser möglichst kräftig gebaut haben würde.
Er bemerkt noch: „such coalesced vertebrae we find in the tail
of Xiphias and other recent fishes". Auch über das übrige
Skelet von Proiosphyraena, ist etwas absolut Sicheres nicht be-
kannt. Es ist jedoch auch mir sehr wahrscheinlich, dass, wie
schon Davies und Cope vermutlieten, die von letzterem Forscher
als Pelecopterus beschriebenen Brustflossen in der That zu
jenem Genus gehören. Wood\vard scheint es schon als festste-
hende Thatsache zu betrachten, da er in seiner „Synopsis of the
vertebrate fossils of the English Chalk" i) angiebt: „The fins
of Profosphyracna were originally described by Agassiz^) as the
dorsal fin-spines of the Selachian fish Ptychodus, and were first
recognized as Teleostian by Prof. Cope who refered them to a
genus Pelecopterns, indicating a previously unknown order (Adi-
nochiri) and family (Pelecopteridae).^ Das Zusammenvorliommen
der Pe/ecopfents-F\ossen mit Profosphjraena ist von Davies und
Cope beobachtet worden. Davies schreibt (1. c. p. 256): „In
the sanie deposits frequently occur either singly, or in displaced
groups. some long bony and unarticulated fin-rays. which pro-
bably appertain to the same species."' Cope erhielt zahlreiche
Stücke eines Schädels nebst dem Fragment einer Brustflosse,
welche von Prof. Mudge in der Gegend des Salomon River in
Kansas aufgefunden worden waren. Ueber dieses Flossenfragment
giebt Cope (1. c. , p. 218) nur an: „The ray is of the Com-
pound character already described as belonging to other genera
of this family; its edge is not preserved." Auch ich selbst erwarb
gleichzeitig mit dem beschriebenen Schädel und den anderen Schä-
delfragmenten ein, wenn auch unvollständiges Exemplar einer
I'elecopterns-YXoi'äQ, welche von dem gleichen Fundorte stammt.
Nach diesem Exemplar kann ich der Beschreibung von Cope
noch hinzufügen, dass gegen die Spitze der Flosse zu eine Zer-
theilung der einzelnen Flossenstrahlen eintritt, welche gegen den
Hinterrand in eine förmliche Zerfaserung ausartet. Die Zähnung
des Vorderrandes verliert sich gegen die Spitze zu.
Was schliesslich die Frage anlangt, ob Proiosphyraena zu
der Familie der SanroccphaJidae Zitt. (Sanrodontidac Cope) zu
stellen oder als Repräsentant einer eigenen Familie zu betrachten
') Proceed. of the Geologisf s Association, Vol. X, No. 5, p. 321 (49).
-) Agassiz. Poissons fossils, Vol. III, p. 56—59, t. Xa, Xb, f. 18.
ä) Cope. Vertebrata of the cret. form, of the West, 1875, p. 244.
302
ist, so glaube ich. dass die Verlängerung der Schnauzeupartie
in ein Rostruni. sowie der eigcnthüniliclie Bau des Unterkiefers
(namentlich die Abgliederung eines Praedentale) mehr für eine
Sonderstellung von Protosphyraena spricht. Sobald die Zuge-
hörigkeit der Pelecopierus-¥\o%sQ\\ zu jener Gattung mit Sicher-
heit erwiesen ist. würde man am zweckmässigsten für diese Fa-
milie den bereits von Cope vorgeschlagenen Namen ,,Pelecoptc-
ridae'' anwenden.
303
6. Ueber Schwan klingen in der Intensität
der Erdanziehung.
Von Herrn F. W. Pfaff in Erlangen.
Hierzu Tafel XV u. XYI.
Während über die Entstehimg der Gesteine und Formationen
der jüngeren Erdperioden fast bei allen Geologen so ziemlich die-
selben Meinungen herrschen, gehen diese bei Besprechung des
Urzustandes der Erde und der Bildung der ältesten Gesteine stark
aus einander. Auch zur Erklärung verschiedener Erscheinungen,
wie vulkanische Ausbrüche, manche Erdbeben. Hebungen und Sen-
kungen einzelner Theile der Erdoberfläche u. s. w., stehen sich
zwei vollständig verschiedene und entgegengesetzte Ansichten, die
der Neptunisten und jene der Plutonisten gegenüber. Während
diese, ein Kind früherer Zeiten, bis in dieses Jahrhundert herein
herrschte, kam jene erst in der neueren Zeit hauptsächlich zur
Geltung. Jene Lehre, die der Plutonisten, besagt, dass die Erde
im Innern eine noch ihrem feuerflüssigen Urzustand gleiche ge-
schmolzene Kugel bilde, und die P^rdrinde eine durch die Abküh-
lung entstandene, im Vergleich zur ganzen Erde dünne Kruste
sei. Sie giündet sich auf Beobachtungen, welche ergeben haben,
dass die Bodenwärme an allen Orten der Erde mit zunehmender
Tiefe, die jedoch unterhalb der durch die Sonnenwärme noch
beeinflussten Tiefe liegen nuiss. eine, wenn auch nicht überall
gleiche Zunahme zeigt. Da nun aber an vielen Stellen der Ei-de
noch heutzutage geschmolzene Massen aus der Tiefe an die Ober-
fläche gelangen, so weist jene überall mit der Tiefe zunehmende
Erdwärme auf ein überall geschmolzenes Erdinnere hin.
Fragt man nun auch bei den Neptunisten nach, so hört
man, dass diese von einem feuerflüssigen Zustande im Innern der
Erde nichts wissen wollen. Sie erklären, dass jene allgemein
zunehmende Erdwärme viel zu schwankend sei. um jene Schlüsse
zu rechtfertigen, und sich auf verschiedene in der Erde statt-
findende chemische Vorgänge zurückführen lasse. Ebenso seien
die geschmolzenen Laven durch in gewissen Tiefen vorkommende
Verbrennungen organischer Stoffe zum Schmelzen gebracht und
304
ausgepresst Avortloii. Der HauptuiiterschiGd dieser beiden Lehren
beruht also darauf, dass jene behaupten, der grösste Theil der
Erde sei jetzt noch ghditflüssig, diese, er sei fest und starr.
Neigt man nun mehr zur einen oder anderen Theorie hin,
so wird man doch immer zugeben müssen, da die ganze Erde
ein specitisches Gewicht von 5.4 hat. die hauptsäcldichste Masse
der Erdoberfläche aber nur 2,5. dass im Innern der Eixle sich
viel specitisch schwere Massen befinden müssen. Da nun aber
auch der Schwerpunkt mit dem geometrischen Mittelpunkt der
Erde zusammenfällt, so müssen im Innern die allmählich schwerer
werdenden Schichten wie concentrische Kugelschalen auf einander
folgen.
Diese im Mittelpunkt sich befindenden schwereren und schwer-
sten Theile der Erde werden nun auf der Erdoberfläche, von
localen Störungen abgesehen, eine gleichniässige. und da die Erde
annähernd ein Umdrehungsellipsoid ist, vom Aequator zu den
Polen zunehmende Wirkung äussern. Würde nun die Erde jene
von denNeptunisten vorausgesetzte Beschaffenheit haben, so müsste
sich diese Kraft, die Schwerkraft, fast vollständig gleich und für
alle Zeiten, wenn nicht etwa durch unterirdische ,.Faulberge''
grosse Veränderungen erzeugt würden, constant bleiben. Eine
geringe Aenderung wird jedoch Mond und Sonne, erstens durch
ihre dire(;te, der Schwerkraft der Erde entgegenwirkende Anzie-
hung auf die Erde ausüben, zweitens durch die Fluhtwelle,
welche, wie Thomson berechnet hat, entstehen würde, wenn die
Erde sogar die Starrheit von Stahl hätte, da sie in diesem Falle
doch noch den Fluth erzeugenden Einflüssen von Mond und Sonne
ungefähr Ys soviel nachgeben müsste, wie wenn sie vollständig
flüssig wäre und keine Starrheit besässe'). Durch diese Fluth-
welle würde nämlich die Entfernungen vom Mittelpunkt grösser an
einigen Stellen, geringer an anderen, und so die Anziehungskraft
geändert.
Betrachtet man nun unter derselben Voraussetzung die Lehre
der Plutonisten, so gestalten sich hier diese Verhältnisse etwas
anders. Doch bevor wir diesen Fall in Ueberlegung ziehen,
müssen wir uns diese Theorie etwas genauer besehen. Die Erde
ist hiernach also äusserlich mit einer im Verhältniss dünnen
Rinde umhüllt, dann folgt der flüssige Theil. wenn wir den viel-
leicht halb geschmolzenen, halb festen übei-gehen. Je weiter man
sich nun dem Mittelpunkte nähert, werden die Massen unter
einem desto höheren Drucke stehen. Da aber experimentell nach-
gewiesen wurde, dass mit Zunahme des Druckes auch der Schmelz-
') Cfr. Thomson: Theoretische Physik.
305
punkt steigt, so kann man auch annehmen, dass von einem Punkte
an im Erdinnern die Hitze nicht mehr hinreicht, um die Massen
nocli tiüssig zu halten. Es wird sich also im Mittelpunkte selbst
ein fester Erdkern beiinden, der die specitisch schwersten Massen
enthält, jedocli seiner Grösse nach unbekannt ist. Ohne nun
näher auf die mathematische Form dieses Kernes, sowie die wirk-
liche Gestalt der ganzen Erde und die, durch ihre sphäroidische
Gestalt und letzterwähnte Eigenschaft bedingte Anziehung auf
einen Punkt ihrer Oberfläche einzugehen, da dies zu den schwie-
rigsten mathematischen Verhältnissen gehört, wird man doch zu-
geben müssen, dass, da die P^i'de nicht die Starrheit einer Stahl-
kugel besitzt, über ihre Oberfläche sich Fluthwellen hinziehen.
Eine wird ihre Ursache in der Anziehungskraft des Mondes, die
andere in der der Sonne haben, und zwar wird die erstere die
letztere überwiegen. Thomson berechnete nun, dass die Inten-
sität der scheinbaren Schwerkraft der Erde um Veoonoon durch
den Mond, und ungefähr um Y12000000 durch die Sonne geringer
ist, wenn diese im Median dieses Punktes stehen.
Es wird also für den Fall, dass Sonne und Mond im Zenith
stehen, ein Maximum in der Verminderung der Intensität der
Schwerkraft eintreten, das ungefähr Y-ioonono beträgt. Diese Stö-
rungen, hervorgerufen durch die directe Anzielmng und die durch
die Fluthwelle entstandene grössere oder kleinere Entfernung eines
Punktes der Oberfläche vom Mittelpunkt, geben uns nun ein Mittel
an die Hand, experimentel nachzuweisen, ob die Erde durch und
durch so fest und hart wie Glas und Stahl, oder ob sie im
Innern einen noch flüssigen Theil besitzt. Denn kann mm nach-
gewiesen werden, dass die Schwerkraft sich um mehr als diese
Grösse, nämlich Y4000000 ändert, so kann die Erde nicht voll-
ständig starr sein.
In den folgenden Zeilen soll nun eine Reihe von darauf
bezüglichen Beobachtungen, die mit einem eigens von mir hierzu
construirten und ausgearbeiteten Apparate gemacht wurden, be-
schrieben werden. Der Verfasser legt dieselben vor, mit dem
Vorbehalt weiterer nachträglicher Verbesserungen und Aenderun-
gen an den Resultaten, da die vorliegenden, wenn es erlaubt ist
zu sagen, nur eine „qualitative" Voruntersuchung sein soll. Er
bittet um Entsclmldigung. wenn er mit so lückenhaften Beobach-
tungsreilien vor die Oetfentlichkeit tritt, aber er glaubt, dass, da
seines Wissens noch keine derartigen Untersuchungen angestellt
sind und dieselben von Interesse sein dürften, es doch geboten
ist, einiges darüber mitzutheilen. Es scheint ilim aber auch
nothwendig zu sein, dass dieselben an anderen Orten, sowie wäh-
rend längerer Zeit Tag und Nacht fortgesetzt werden sollten,
306
was für ihn, da er allein auf sieb angewiesen war und ist, nicht
leicht durchzuführen sein dürfte. Zugleich giebt er sich der Hoff-
nung hin, in späterer Zeit, da es ihm gelungen zu sein scheint,
durch geeignetere feinere Constructionen die Beobachtungen ge-
nauer und automatisch aufuzeichnen, besseres Material liefern zu
können. Möge es ihm nun erlaubt sein, kurz zu erwähnen, wie
er zur Inangriffnahme dieser Frage galangte.
Schon im Jahre 1883 hatte mein im Sommer 1886 ver-
stobener Vater. Univers. -Professor Pf äff, diese Arbeit begonnen.
Grund dazu waren verschiedene Arbeiten über Aenderung des
Meeresspiegels, deren nächste Folge eine kleinere in dieser Zeit-
schrift, 1884 erschienene Schrift war: „Zur Frage der Verän-
derung des Meeresspiegels durch den Einfluss des Landes". Da
nun nach den Berechnungen, die auf Grund der genauesten Pendel-
schwingungen, angestellt au verschiedenen Punkten, die Erde sich
als dreiaxiges Ellipsoid ergab, so construirte er einen Apparat,
der ähnlich einem Barometer, jedoch ohne Zuhülfenahme der Erd-
atmosphäre, dazu benutzt werden konnte, um diesen verwickelten
Verhältnissen etwas näher zu treten, das heisst um die etwa höher
oder tiefer gelegenen Theile der Erdrinde anzuzeigen, mit an-
deren Worten, es sollte ein Nivellirungs- Instrument sein, jedoch
ohne Nivelle. Bevor jedoch derartige Versuche angestellt werden
konnten, war es nothwendig, experimentell nachzuweisen, sollte
nicht alle Arbeit umsonst sein, dass die Schwerkraft der Erde
an einem Punkte sich constant erlialte.
Es möge mir nun erlaubt sein, kurz die von meinem Vater
und mir hierzu construirten Apparate, die sich jedoch alle in
der Praxis als unbrauchbar erwiesen, zu beschreiben, um. sollten
von anderer Seite derartige Versuche vorgenommen werden, einem
resultatlosen Arbeiten vorzubeugen. Zugleich möchte der Ver-
fasser den schon von seinem Vater für diesen Apparat gebrauchten
Namen „Geobarometer" vorschlagen.
1. ilpparat: Es wurde die Elasticität der Luft, die einer
bestimmten Quecksilbersäule das Gleichgewicht halten musste, be-
nutzt. Ohne näher auf diese Construction einzugehen, scheiterte
die Brauchbarkeit dieses Apparates an dem Reibungswiderstand
des Quecksilbers am Glas. Obwohl dieser Apparat in den ver-
schiedensten Formen und mit der verschiedensten Aenderungen
ausgeführt wurde, so konnten doch die vielfachen Missstände nicht
beseitigt werden, sodass, nachdem auch eine ganz einfache Con-
struction, bei welcher die Reibung des Quecksilbers am Glase
hätte so ziemlich wegfallen müssen, nämlich ein sehr weiter Glas-
barometer, eingeschmolzen in einem grossen Glasgefäss, versehen
mit einem sehr feinen Thermometer, bei dem die Ablesung mit-
307
telst des Mikrogoniometers erfolgte, sich als unbrauchbar erwies,
von diesem Princip Abstand genommen und die weiteren Versuche
nur noch mit feinen Federn angestellt wurden.
Es waren zu diesem Zwecke 2 Uhrfedern, die auf ihre ün-
veränderlichkeit schon längere Zeit geprüft waren, einerseits an
einer Axe. andererseits auf einer Platte befestigt; die Axe ruhte
auf 2 mit Achatlagern versehenen Trägern, welche ebenfalls auf
der Platte ruhten. An der Axe selbst war ein Hebelarm an-
gebracht, der mit einem derartig gewäliltem Gewicht belastet war,
dass die Federn soweit angespannt wurden, um sich noch frei zu
bewegen, ohne ein Berühren der einzelnen Windungen herbeizu-
führen. Als Indicator diente eine feine Nivelle. Aber auch dieser
Apparat gab kein Resultat.
Soweit waren die Versuche bis zum Sommer 1886 ge-
schritten. In der dauf folgenden Zeit setzte ich nun diese Ver-
suche fort, doch im Anfang auch mit keinem besseren Erfolg.
Was mich nun veranlasste, diese Untersuchungen dennoch weiter
fortzuführen, war erstlich, dass ich es als ein Vermächtniss be-
trachtete, das wenigstens soweit fortgeführt werden musste, bis
ein, wenn auch negatives, Resultat erzielt worden war, sodann
der Umstand, dass mir die so günstige Lage meines Hauses die
beste Gelegenheit zu diesen Beobachtungen bot. Selbstverständ-
lich ist ja bei solchen Versuchen die erste Bedingung ein voll-
ständig ruhiger Stand, der nicht etwa durch schwere vorbeifah-
rende Wagen oder durch Bahnzüge sowie andere Einflüsse in.
wenn auch nur die kleinsten Bewegungen versetzt wird. Nun
liegt mein Haus auf einem dem obersten Keuper angehörigen
Hügel, der aus dem sogenannten Stubensandstein aufgebaut ist,
circa 50 m über der Thalsohle. Vollständig nach allen Seiten
abgegrenzt, ist er von allen störenden Einflüssen frei, nur geht
circa 100 m westlich und 45 m tiefer der Eisenbahntunnel durch.
Obgleich nun der ganze Hügel wechsellagernd aus Stein und Mer-
geln besteht, so merkt man doch schon die störenden Einwir-
kungen der Bahn, am stärksten dann, wenn ein von Bamberg,
das heisst von Norden kommender Zug in den Tunnel einfährt,
viel weniger, wenn er ihn verlässt. Nach Süden und Westen fällt
der Berg ziemlich steil ab, etwas langsamer nach Norden, und
nach Osten verflacht er sich mehr und mehr. Seine längste
Ausdehnung geht von Osten nach Westen, seine kürzeste von
Norden nach Süden. In dem Hause selbst befindet sich ein ^/s
unter und '/s über der Erde liegender Raum, der zum Theil in
den Felsen eingehauen ist. zum Theil aber im lockeren Sand-
boden liegt. In diesem Geschoss wurde zu diesen Versuchen ein
1 m langer und 40 cm im Geviert haltender Stein in den Fuss-
308
bogen eingefügt, der noch, um die Erschütterungen abzuhalten,
die durch das Betreten des Raumes entstehen, vollständig von
dem ihn umgebenden Erdreich und Fussboden mit einem starken
Holzkasten getrennt ist.
Zwei weitere Apparate, die daselbst ihre Aufstellung fanden,
waren ebenso ergebnisslos; der eine bestand aus einem biftilar
aufgehängten Gewichte, das durch eine feine Uhrfeder aus seiner
Gleichgewichtslage um 120^' gedreht war und einen langen Zeiger
hatte. Der andere bestand aus einer Anaroidbarometerkapsel, die
angebohrt worden war, und ein dem Luftdruck entsprechendes
Gewicht trug. Die Kapsel ruhte auf einem starken Stahlträger,
das Gewicht aber war so angebracht, dass es unter ihr selbst
und um sie herum hing, von oben aber auf sie selbst aufge-
schraubt war. Da nun nach den bis dahin gemachten Erfahrun-
gen die Schwankungen äusserst gering sein mussten, so wurde
hier zum Beobachten derselben die Interferenz des Lichtes einer
Natriumweingeistflamme benutzt. Dazu war auf dem Gewichte
eine sehr schwach convexe Linse angebracht, an einem selbst-
ständig daneben befindlichen Träger jedoch ein über die Linse
übergreifendes Spiegelglasstück. Das Licht fiel seitwärts herein
und erzeugte bei richtiger Stellung so jene bekannten hellen und
dunklen Interferenzringe. Der Durchmesser dieser Ringe nun
wurde mittelst eines Okularmikrometers, der auf ein schwach
vergrösserndes Mikroskop aufgesetzt war. gemessen. Doch auch
hier ergab sich keine Veränderung, die Ringe blieben während
wochenlanger Beobachtungen immer von demselben Durchmesser.
Im August vergangenen Jahres nun wurden diese Versuche,
die längere Zeit ausgesetzt worden waren, wieder in Angriff ge-
nommen. Diese letzten Versuche waren nun endlich auch von
Erfolg gekri3nt.
Das Princip. das bei diesem Apparat in Anwendung kam,
ist kurz folgendes: Da das Gewicht eines Körpers von seinen
physikalischen Eigenschaften und der Anziehungskraft der Erde
herrührt, so kann, da sich die phj'sikalischen Eigenschaften bei
den richtigen Vorsichtsmaassregeln nicht ändern, die Anziehungs-
kraft der Erde bestimmt werden. Diese kann durch die Elasti-
cität eines Stoffes, am leichtesten die des Stahles gefunden werden.
Es ist nun bekannt, dass richtig gehäi'tete Stahlfedern, wenn sie
vor der chemischen Einwirkung feuchter Luft, dem Rosten, be-
wahrt werden. Jahre lang vollständig constant bleiben, so lange
nicht ihre Elasticitätsgrenze überschritten wird. Wird nun an
einer Feder eine Masse gehängt, so kann daraus ihr Gewicht
oder die Anziehungskraft der Erde gefunden werden, sobald man
nur die Ausdehnung oder Biegung derselben gemessen hat. Wird
309
nun diese Ausdehnung genau gemessen, so kann man, wenn sich
die Anziehungskraft der Erde ändert und die Messmethode ehen
noch fein genug ist, um die entsprechende Veränderung bemerk-
bar zu machen, die Aenderungen der Anziehungskraft selbst be-
stinnnen.
Zu diesem Zwecke wurde nun folgender Apparat construirt
und ausgearbeitet, der deshalb etwas genauer beschrieben werden
soll. Dieser Apparat (siehe Tafel XV) besteht aus zwei Federn,
die sich zu einer ergänzen. Aus einer in einer Ebene gewun-
denen (a) und einer einfachen Stangenfeder (b). Diese sind an
den Endstellen bei d etwas keilförmig und mittelst einer ein-
fachen, der Form der Feder entsprechenden durchbrochenen Stahl-
stückes (d) zusammengehalten. Um Verrückungen zu verhüten,
trägt b am äussersten Ende einen Stift, der in ein Loch der Feder
a genau eingepasst ist. Die Feder a ist beinahe doppelt so stark
wie b, letztere ist am hinteren Theile stärker und nach vorne zu
stark verjüngt, sodass sie bei d genau 2 mm dick, am an-
deren Ende nur noch '/a mm stark ist. a ist in einer Axe (e)
eingekeilt und festgekeilt, die seitlich von zwei Schrauben (q) mit
Gegenschrauben geklennnt und gehalten wird. An der Axe e ist
noch ein kleiner Hebelarm (f) befestigt, auf den eine Schraube
(g) drückt, um das Einstellen der Feder zu erleichtern und um
ein allenfallsiges Nachgeben zu verhüten. Diese Axe e ruht in
einem U-förmig rechtwinklig gebogenem, oben offenem Eisen (c),
das auf einer starken Eisenplatte vernietet ist. Fast an ihren
Enden tragen beide Federn ein Achatlager (h) und zwar ist jenes
auf a viel stärker wie jenes auf b. In diesen Lagern ruhen 2
Stahlschneiden, ähnlich jenen an den Wagen, von denen jede
wieder mit einer anderen, jedoch umgekehrt gerichteten Stahl-
schneide verbunden ist. Auf diesen Schneiden ruhen nun wieder
zwei Achatlager, die auf einer einem T-Eisen entsprechenden,
keilförmig gefeilten Stahlstange (i) befestigt sind. Auf dieser
Stahlstange lagert nun bei r ein Gewicht (k) = 2000 gr schwer.
Um nun die geringen Veränderungen in der Lage des Gewichtes,
erzeugt durch die wechselnde Anziehungskraft der Erde, noch
beobachten zu können, ist auf der Feder b am äussersten Ende
eine sehr schwache couvexe Linse (1) mittelst einfacher Schraub-
vorrichtung horizontal angebracht; darüber liegt eine concavc
Linse von etwas grösserem Krümmungsradius in einer Fassung (o)
auf einem seitwärts angebrachten Trüger (mj, festgehalten durch
zwei Federn (n). Diese Linse ruht in ihrer Fassung o auf 3
feinen Mikrometerschrauben (p). die durch den Träger m hindurch
gehen, um die durch die beiden Linsen erzeugten Interferenzringe
in die Mitte zu bringen. Von der einen Seite fallen parallele
Zeitsclir. d. D. geol. Ges. XLU. -2. 21
310
Natriumlichtstrahlen von einer Spirituslampe auf dieses Linsen-
system . und von der anderen Seite werden die Interferenzringe
durch eine schwach (circa 18 mal) vergrössetes Mikroskop, das
einen Ocularmikrometcr trägt, beobachtet. Bei der Ausführung
des Apparates war genau darauf geachtet worden, dass sämrat-
liche Theile. da eine gleichmässige Temperatur in dem Aufstel-
lungsraume doch nicht erzielt werden konnte, die durch Tempe-
raturschwankuiigen Aederuiigen erzeugen mussten. von demselben
Material und derselben Länge hergestellt wurden. Da beim An-
zünden der Lampe und beim Beobachten selbst kleine Erschüt-
terungen nicht vermieden werden konnten, so war der Beleuch-
tungs- und Beobachtungstheil abseits auf einem unverrückbaren
Gestell angebracht. Der ganze Apparat war mit einer doppelten
Hülle von Holz und Pappdeckel umgeben, die Oetfnung zum Beob-
achten der Ringe mit Spiegelglas belegt, und um den störenden
Einfluss einseitiger Erwärmung, von der Lampe herrührend, mög-
lichst zu beseitigen, wurde eine Lösung von Alaun und ein durch-
sichtiger Kochsalzkrystall benutzt. Bevor der Apparat mit dem
Gewichte, das. da es keinen Raum mehr zwischen Feder und
Eisenplatte hatte, durch diese hindurch in einem fest verschlos-
senen Gehäuse hing, belastet worden war. wurde die Feder län-
gere Zeit bis nahe zu ihrer Elasticitätsgrenze angespannt, um
jedem spi^teren Nachgeben vorzubeugen.
Zur Aufstellung gelangte dieser Apparat Ende August ver-
gangenen Jahres, die Beobachtungen konnten jedoch wegen man-
cherlei nothwendiger Aenderungen, namentlich an der Beleuchtung,
erst Anfang October systematisch angestellt werden. Gewöhnlich
wurde von Morgens 8 bis Nachts 12 beobachtet, alle 10 bis 14
Tage in der Regel einmal während 24 Stunden. Zur Beobachtung
selbst wurden immer ein Interferenzring, und wenn sich in der
Mitte ein Punkt zeigte, auch dieser benutzt, und zwar wurde stets
der Durchmesser eines Ringes oder Punktes luittelst des Ocular-
mikrometers gemessen und dessen Länge aufgeschrieben. Ein Wach-
sen der Ringe bedeutet natürlich immer ein Steigen des Gewichts
oder Abnahme in der Intensität der Erdanziehung, und umgekehrt.
Wenn nun. obschon längere Zeit beobachtet wurde, das Resultat
doch nur ein qualitatives genannt werden kann, so liegt das eben
in dem schon früher genannten Umstände, dass Tag und Nacht
hätte stündlich beobachtet werden müssen. Avas mir natürlich nicht
möglich war, und in einem weiteren Grunde, nämlich dass, wenn
selbst 24 Stunden stündlich die Beobachtungen vorgenommen
worden wären, doch öfter, namentlich aber bei etwas schnellerem
Wechsel, die Art der Bewegung nicht mehr festgestellt werden
konnte, da ja. wenn ein Ring, dessen grösster Durchmesser 25
311
Theilstriche des Ocularmikrometers betrug, um 12 Uhr beispiels-
weise 17 Striche zählte, nach einer Stunde sich zu einem Punkte,
das heisst zu einem 9 Striche haltenden dunklen Fleck gestaltet
hatte, man nicht mehr bestimmen konnte, ist der Ring von 25
auf 27 weiter gegangen, und ist so ein neuer, durch Heben ent-
standener Anfang eines Ringes in dem Punkte zu sehen, oder ist
17 auf 9 heruntergesunken. Mit anderen Worten, hat sich das
Gewicht gesenkt oder gehoben.
Um nun aucli einem etwaigen Einfluss der Temperatur genau
festzustellen, so wurden zwei Thermometer, in 0.1 Grad getheilt,
aufgehängt. Der eine reichte durch die Undiüllung des Appa-
rates hindurch, der andere war in einiger Entfernung davon auf-
gehängt. Doch konnte eine Veränderung des Apparates durch
die wechselnde Wärme nicht nachgewiesen werden. Ebenso wurde,
da ja ein stärkerer oder geringerer Luftdruck einen Einfluss
ausüben sollte, der Barometerstand genau aufgezeichnet, doch
auch dieser zeigte keinen Einfluss auf den Gang des Apparates.
Um nun die bei den Beobachtungen gefundenen Schwankungen
ihrer Grösse nach bestimmen zu können, das heisst, um sich
Rechenscliaft von der Aenderung in der Intensität der Schwer-
kraft abzulegen, war es nothwendig. die Emfindlichkeit des Appa-
rates zu untersuclien. Zu diesem Zwecke wurde versucht, um
den Apparat nicht ganz aus einander zu nehmen und ein tage-
langes Unterbrechen der Beobachtungen herbeizuführen, da das
Zusammenstellen und Einstellen der Interferenzringe immer eine
sehr langwierige und mühsame Arbeit ist, zur Bestinunung des
Elasticitätscoefficienten so zu verfahren, indem ein bekanntes
Gewicht auf das GcAvicht am Apparat gelegt und vor und nach
dem Auflegen der Durchmesser der Interferenzringe geraessen
wurde. Es dauerte jedoch immer 45 Minuten, wie vielfache an-
gestellte Beobachtungen ergaben, bis der Apparat wieder seine
vollkommene Ruhe hatte; aus der Differenz der Ringe hätte dann
der Coefticient berechnet werden können. Es zeigte sich leider,
dass diese Methode zu sehr verschiedenen Resultaten führte, da
der Gang des Apparates natürlich während dieser 45 Minuten nicht
bekannt war. Um ein brauchbares Resultat zu erhalten, hätte
ein zweiter gleicher Apparat vorhanden sein müssen, der mir
leider nicht zu Verfügung stand. Ist es jedoch erlaubt, bei Fe-
dern vorauszusetzen, dass dieselben auch bei ganz kleinen Diffe-
renzen proportional der Belastung nachgeben, so könnte auch hier
ungefähr die Bewegung berechnet werden. Die Beobachtungen
ergaben nun , dass der grösste Gangunterschied , das heisst der
tiefste vom niedrigsten Stand, um 3 Wellenlängen des Natrium-
lichtes unterschieden sind. Nun ist eine Natriumlicht- Wellenlänge
21*
312
gleich 0,000589 mm. folglicli 3 = 0,001767. Da nun die Feder
mit einem Gewicht von 2000 gr, zu dem noch 27 gr von der
Tragstange kommen, im Ganzen also mit 2027 gr belastet ist.
so findet man, da dieses Gewicht nicht am Ende, sondern 128 mm
davon aufgehängt ist, die ganze Länge der beiden Federn a und
b zusannnen aber =356 mm ist. dass dies einem am Ende
befindlichen Gewichte von 1298 gr entspricht. Diese 1298 gr
werden nun also um 0,001767 mm gehoben oder gesenkt. Die
Feder aber wird selbst von diesem Gewichte um 92 mm gebo-
gen. Rechnen wir nun diesen Ausschlag ^"/o.oonci unter obiger
Voraussetzung aus, so finden wir die Maximalbewegung gleich
V52066 oder = 7.52000.
Berechnen wir nun andererseits auch, um die Empfindlich-
keit zu prüfen, wie gross die geringste Schwankung ist, die noch
nachgewiesen werden kann, so finden wir, da eine Natriumlicht-
Wellenlänge einen Ring von 25 Mikrometertheilstrichen Durch-
messer bildet ö^^fo.össy^. _ 0,0000235 nun oder = Va-ao^ooo.
Dieses ist also die Differenz, welche ein Tiieilstrich des Ocular-
mikrometers angiebt.
Wohl wissend, dass bei so kurz angestellten Beobachtungs-
reihen man nicht vorsichtig genug mit der Deutung der Resultate
zu Werke gehen kann, sollte diese Berechnung nur ein Versuch
sein, die Schwankungen ihrer Grösse nach im .'allgemeinen zu
bestimmen. Um sich ein richtiges Bild von denselben machen
zu können, mtissten an verschiedenen Orten, in verschiedenen
Breiten und mit den genauesten Apparaten Jahre lang beobachtet
werden, da sich möglicher Weise diese Verhältnisse mit steigen-
der Breite merklich ändern können. — Gehen wir nun etwas
genauer auf die Schwankungen selbst ein, so möge bemerkt sein,
dass hier nur jene berücksichtigt wurden, welche vom 24. October
1889 an, nachdem der Apparat seine feste Aufstellung und Um-
hüllung gefunden hatte, bis zum 2i. März 1890 angestellt wor-
den sind.
Seit dieser Zeit wurden 1218 einzelne Beobachtungen an-
gestellt. Wegen Unsicherheit der Bewegung und mancher anderer
Vorkomnmisse konnten leider manche Tage nicht mit in Rech-
nung gezogen werden. Wie schon frülier bemerkt, handelt es
sich hier um die Schwankungen, welchen ein an einer Feder
aufgehängtes Gewicht im Laufe der Zeit unterworfen ist. Ohne
weiter darauf einzugehen, woher diese Schwankungen nun kom-
men könnten, entspricht eine aufwärts gehende Bewegung natürlich
einer Abnahme, eine abwärts gehende aber einer Zunahme in der
Intensität der Erdanziehung. Zur leichteren Uebersicht wurde
31.3
nachstehende Tabelle entworfen, auf der vorn das Datum der
Tage verzeichnet ist; in den vier folgenden Reihen ist verzeichnet,
wann jedesmal der höchste und der tiefste Stand eintrat . und
zwar enthält die erste Reihe die Stunde des höchsten Standes
bei Tag. die zweite bei Nacht; die dritte die des tiefsten Standes
bei Tag. die vierte bei Nacht; in den drei folgenden sind die
Grössen der Schwankungen je eines Tages aufgezeichnet, ausge-
drückt in den Durchmessern der Interferenzringe, bezogen auf
die Theilstriche des Ocularmikrometers. Diese Zahlen sind also
die direct abgelesenen grösseren oder kleineren Durchmesser der
dunklen Ringe, von denen 25 immer einer Natriumlicht-Wellen-
länge, 'also 0,000589 mm entsprechen. Ist die Zahl grösser als
25. so zeigt das an, dass an diesem Tage die Bewegung um
ebenso viel grösser als eine Natriumlicht-Wellenlänge war. als sie
selbst 25 übersteigt. Die erste der drei letzten Reihen enthält
Difl'erenzen. welche die aufsteigende Bewegung, die zweite jene,
welche keinen auf- noch absteigenden Charakter erkennen lassen,
und die dritte solche, die absteigende Bewegung erkennen lassen.
In der letzten ist die Phase des Mondes eingetragen. Der Tag
ist wie bei der Bahn von ^Morgens 6 bis Abends 6, die Nacht
von Abends 6 bis Morgens 6 gerechnet.
Zeit
des
Differenz u. Charakter
höchsten
tiefsten
der
Bewegung,
Tag.
Standes
Tag. Nacht.
1
Stai
Taff.
ides
Nacht.
stei-
nend.
unent-
schie-
den.
fal-
lend.
Mond
7. Nov. 1889
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9
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16
1. Dec. 1889
10
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12
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4
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1
■ —
314
Tag.
Zeit des
höchsten
Standes
Tag. Nacht.
tiefsten
Standes
Tag. Nacht.
Differenz u. Charakter
der Bewegung,
stei-
gend.
unent-
schie-
den.
fal-
lend.
7. Dec. 1889
8.
9.
10.
11. „
12.
13. „
14. „
15. „
16.
17. „
18.
19.
20.
21.
22.
23. „
24. „
25.
26.
29.
30.
31.
1. Jan. 1890
')
-■ n
3.
4. „
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8. „
9.
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Tag. Nacht.
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3. Febr. 1890
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12. März 1890
—
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20. „
9
— •
—
9
—
10
—
Ueberblickt man diese Tabelle, so zeigt sich, dass meistens
das Steigen und Fallen in längeren, während mehrerer Tage an-
haltenden Perioden stattfindet. Gewöhnlich werden diese entgegen-
gesetzten Bewegungen durch einen Tag vermittelt, der unentschie-
den ist, also kein Steigen oder Sinken erkennen lässt. Oefters
kam es vor, dass an solchen unentschiedenen Tagen der Apparat
wie festgeschraubt dastand, sodass kaum der Durchmesser der
Ringe um einen einzigen Theilstrich schwankte, während Baro-
meter und Thermometer ziemlich lebhaften Aenderungen unter-
worfen waren. Bemerkt soll hier nur kurz werden, dass die
Temperaturschwankungen eines Tages selten mehr als 'Yio " be-
trugen. Neben diesen fast keine Difterenz aufweisenden Tagen
stehen dann solche, an denen die Aenderungen 20 und mehr
Theilstriche umfasste. Die Dauer der einzelnen Perioden hat.
soweit die bis jetzt gemachten Beobachtungen erkennen lassen,
nie mehr als höchstens 5 Tage gewährt, daneben schliessen sich
solche von 4, 3, 2 und einem Tage an. Rasch steigende und
fallende Perioden von je einem Tage konnten ebenfalls nur selten
beobachtet werden.
Betrachten wir nun jene Perioden selbst etwas gerauer, so
sind zu diesem Zweck die Curven auf Taf. XVI gezeichnet worden,
die auch zu gleicher Zeit die Unabhängigkeit des Apparates von
316
der Temperatur beweisen sollen. F^s bedeuten die horizon-
talen Höhen die Schwankungen des Apparates, ausgedrückt wie-
der, wie in der Tabelle, in den Durchmessern der Interferenz-
ringe, gemessen durch den Okularmikrometer, die horizontalen
einzelnen Längen die Stunden, und zwar fällt immer 12 Uhr Mittags
oder Nachts auf einen stärkeren verticalen Strich. Da die Schwan-
kungen in den Curven jedoch durch dirccte Eintragung zu gross
ausgefallen wären, so wurde immer nur die Hälfte davon genommen
und eingezeichnet. Neben dem Stande des Thermometers wurde
bei einigen zugleich der des Barometers mit eingetragen. Es zeigt
sich also, dass hier die grösseren Pei'ioden sich aus kleineren
zusammensetzen, die selbst wieder eine auf- oder abwärts gehende
Bewegung erkennen lassen. Bei diesen jedoch folgen, verschieden
von den zuerst genannten grösseren Perioden, sehr häufig plötz-
lich und unvermittelt entgegengesetzte Bewegungen. Ob nun diese
raschen kleineren Aenderungen durch die Construction des Appa-
rates bedingt sind, indem das Gewicht vermittelst seines Behar-
rungsvermögens längere Zeit seine angenommene Bewegung bei-
beihält. und dann auf einmal wieder, indem es dadurch über
seinen richtigen Stand sich hinaus begeben hatte, in die entgegen-
gesetzte Richtung verfällt, oder in etw^as anderem seinen Grund hat,
kann natürlich bis jetzt noch nicht angegeben Averden, doch scheint
ersteres das wahrscheinlichere zu sein. Aus diesem letzt angeführten
Grunde, der in dem Beharrungsvermögen des Gewichtes liegt, ist
es sehr wahrscheinlich, dass jene oben angeführte Zahl von 7^2000
zu hoch gefunden Avurde. doch konnte leider nicht berechnet
werden, wie viel etwa davon durch Construction des Apparates
in Abrechnung zu ziehen ist. Einmal wurde, um diese Bewe-
gungen genauer kennen zu lernen, während 86 Stunden ununter-
brochen stündlich beobachtet, doch ergab auch diese Beobach-
tungsreihe keine genauere Uebersicht.
Um einer etwa gefassten Meinung von der allzugrossen Starr-
heit der Erdrinde etwas entgegenzutreten, möchte ich hier noch
eine bei diesen Untersuchungen gemachte andere Beobachtung
erwähnen, die auf den Gang des Apparates während kurzer Zeit
sehr störend einwirkte. Es herrschte nämlich hier zwischen dem
22. und 25. Januar dieses Jahres ein sich bis zu ziemlicher
Stärke steigender Sturm, der 8 — 12 Stunden nach seinem Beginn
den ganzen Berg, oder doch wenigstens den Ort. an dem der
Apparat seine Aufstellung gefunden hatte, der doch 1,5 m unter
dem Boden liegt, so heftig erzittern machte, dass ein Beobachten
unmöglich war. Dieses Zittern dauerte mehrmals mehrere Stun-
den und hörte ebenfalls circa 8 Stunden, nachdem sich der Sturm
fast vollständig gelegt hatte, erst AAieder auf.
317
Nachdem nun die hier erwähnten Aenderungen erkannt wa-
ren, lag ein anderer Gedanke sehr nahe, nämlich zu sehen, ob
diese Bewegung sich nicht in einer Schwankung der Erdrinde
äussern würde. Es wurde zu diesem Zweck ein Apparat con-
struirt und ausgearbeitet, der eine etwaige, über die Oberfläche
der Erde hinziehende Welle, wie sie ja von Thomsen berechnet
wurde und Herr R. Falb sie wenigstens im Innern der Erde zur
Erklärung der Erdbeben annimmt, anzeigen sollte. Ohne auf den
sehr einfachen Apparat und die durchaus nicht negativen Resul-
tate desselben weiter einzugehen, da diese Beobachtungsreihen
noch zu kurz sind, möchte ich nur erwähnen, dass eine solche
Bewegung oftenbar vorhanden zu sein scheint. Anführen will ich
nur noch, dass jener von Herrn Falb als kritisch bezeichnete
Tag. der 15. März, sich auch hier in der sonst so ruhigen
Gegend in einem schwachen sonst unbemerkten Erdstoss bemerk-
bar machte, der von dem Apparat angezeigt wurde, und eine
west-östliche Richtung darnach haben musste. Es könnte also
auch dieser Apparat als Seismograph für schwache Stösse ver-
wandt werden. Vielleicht ist mir später Gelegenheit geboten.
Genaueres noch mitzutheilen, doch ist für diese Untersuchungen
die Lage meines Hauses weniger gut geeignet.
Ueberblicken wir zum Schluss noch einmal kurz die Ergeb-
nisse dieser Arbeit , so findet man . dass die Intensität der Erd-
anziehung gewissen Aenderungen unterworfen ist. Und zwar
überschreiten diese Schwankungen jene von Thomsen theoretisch
berechneten, von Sonne und Mond hervorgerufenen, um ein ganz
Beträchtliches. Es dürfte in Folge dessen hierdurch auch jener
Streit über die Beschaftenheit der Erde im Innern entschieden
sein, und dieselbe sich als eine gluhtflüssige Kugel mit Erstar-
rungskruste erwiesen haben, zumal da die Erdobei"fläche sehr
wahrscheinlich ziemlich beträchtlichen Schaukelbewegungen unter-
worfen ist.
Ob nun jener oben erwähnte erste Grundgedanke dieser Ar-
beit, die wahre Gestalt der Erde mittelst eines Instrumentes zu
finden, sich verwirklichen lässt, muss der Zukunft überlassen
bleiben.
318
7. Das Eocäii in Syrien, mit besonderer
Berücksichtigung Nord- Syriens.
Ein Beitrag zur Geologie Syriens.
Von Herrn Max Blanckenhorn in Cassel.
ffierzu Tafel XVll— XIX.
I. Geologischer Theil.
unter den geologischen Systemen, welche an dem Aufbau
Syriens betheiligt sind, kommt nach der Kreide^) das Eocän in
erster Linie in Betracht. Mit der Wichtigkeit, welche demselben
bei dem grossen von ihm eingenommenen Areal zukommt, steht
die Kenntniss, die man bislier von demselben hatte, wenig im
Verhältniss.
A. Das Eocän in Süd- und Mittel- Syrien.
Aus Palästina wissen wir durch Fraas. Lartet und Hüll
von einer ununterbrochenen Folge von Sedimenten des Kreide-
und Eocänsystems. Die letzteren sind petrographisch nicht we-
sentlich verschieden von den unterlagernden Senonschichten und
nur durch ihre charakteristischen Leitfossilien (Nummuliten) zu
unterscheiden. Eine Vergesellschaftung von cretaceischen Thier-
formen (Rudisten, Nerineen. Gr)j2)](aea oesicnlaris) mit echten
Nummuliten, wie sie von Fraas aus den Grenzschichten zwischen
beiden Systemen in Süd- und Mittel-Syrien mitgetheilt wurde, ist
bis jetzt, wenigstens für Syrien, von keinem anderen Beobachter
bestätigt worden. Lartet wie Diener halten eine Grenzbestim-
mung überall sehr wohl für durchführbar.
Die oberste cretaceische Stufe, das Senon, besteht im süd-
lichen und mittleren Syrien aus weisen Kreidemergeln und der
*) Vergl. hierüber: M. Blanckenhorn , Beiträge zur Geologie
Syriens: Die Entwicklung des Kreidesystems in Mittel- und Nord-
Syrien. Eine geognostisch - paläontologische Monographie, mit 3 Ta-
bellen und 11 Tafeln mit Abbildungen. Cassel, 1890. 4^ In Com-
missiou bei R. Friedländer u. Sohn. Berlin.
319
darüber folgenden Feuersteiiikreide mit Gryphaea vesicularis. In
den obersten Feuersteinlagen stellt sich nun schon eine eocäne
Foraminiferen-Fauna ein. speciell Numniulites variolaria. Echte
Nuramuliten - Kalke sind noch wenig in Palästina beobachtet wor-
den. Lartet giebt vom Berge Garizim und Ebal bei Sichem
Kalkstein und kreideartige. Feuerstein führende Mergel mit Num-
mulites mriolariu, N. Biaritzensis und N. Gueltardi an; Bel-
LARDi erhielt Nunmiuliten vom Karmel-Gebirge.
Erst im nördlichen Galiläa gewinnt der Xummuliten - Kalk
grössere Verbreitung und zieht sich, wie es scheint, in zusam-
menhängender Verbreitung über den Nähr el-Käsimije, den Grenz-
fluss Süd-Syriens gegen Mittel- Syrien, bis zum Nähr el-Zaheräni
und längs der Küste bis über Saida hinaus. Sonstige Vorkomm-
nisse von echtem Nummuliten-Kalk in Mittel -Syrien, die Denuda-
tionsreste einer vielleicht ursprünglich zusammenhängenden Decke,
welche vermuthlich das Kreidegebirge des Libanon grossentheils
überzog, sind nur vereinzelt und zerstreut vorhanden, so am
Dahar el-Litani bei Medjdel Belhis und im Osten der ßekä'a
am westlichen Rande des Antilibanon bei Ba'albek. „Die Mäch-
tigkeit dieser eocänen Schichtgruppe ist vergleichsweise gering."
Diener^) veranschlagt sie im Maxinmm auf 50 m. „Den grossen
Schwierigkeiten, welche Lartet und Fraas in Palästina bei dem
Versuche einer Trennung der obersten Kreidebänke von den Num-
muliten führenden Schichten der nächst höheren Etage fanden",
ist Diener im Libanon nirgends begegnet. Hier ist eine Scheidung
der weissen, feuersteinreichen Senonmergel von den überlagern-
den, gleichfalls sehr feuersteinreichen Kalken beinahe allenthalben
durchführbar. Die schon durch ihre lithologischc Beschaffenheit
von den Senonmergeln unterschiedenen Nummuliten - Kalke ent-
halten einen überraschenden Reichthum an Foraminiferen, die mit
Ausschluss aller anderen Thicrklassen in denselben vorzuherrschen
scheinen. Die von Diener „gesammelten Nummuliten sprechen
für ein eocänes Alter jener Ablagerungen."
„Während im Libanon, der Scholle des Dahar el - Litäni,
und bei Ba'albek die Senomuergel von Nummuliten -Kalken über-
lagert werden, bildet im Antilibanon und den Gebirgen der
Palmyrenc ein anderer wohl bis zu 600 m mächtiger Schicht-
complex das Hangende der Oberen Kreide." Das Eocän erscheint
sonach, sofern die Diener' sehe Deutung dieses Kalksteins als
eocän gerechtfertigt ist, in Mittel- Syrien in einer zweifachen Aus-
bildung, und zwar in der Facies der Nummuliten-Kalke im Westen
^) Libanon. Grundlinien der pliysik. Geogr. u. Geol. von Mittel-
Syrien. Wien 1886, p. 46.
320
und in jener des von Diener sogenannten Wüstenkalksteins im
Osten. Letzterer „tritt im Antilibanon sowohl in geschichteter
Facies, als auch in der Ausbildung schichtungsloser Korallen-
Kalke auf. welche von den geschichteten Sedimenten überlagert
werden. Die corallogene Facies des Eocän ist namentlich auf
der Ostseite des Antilibanon in bedeutender Mächtigkeit ent-
wickelt und setzt hier den ausgedehnten Steilabfall der Terrassen
von Asal el-Ward und Saidnäja zusanunen'^ ^).
„In der östlichen Stufe des Antilibanon, in dem Zuge des
Djebel Kasiun und in dem nördlichen Theile der Beka a" be-
stehen nach Diener „die höchsten Abtheilungen des Wüstenkalk-
steins fast ausschliesslich aus dickbankigen, undeutlich struirten
Breccien und Conglomeraten . deren Mächtigkeit an einzelnen
Punkten bis auf 50 m und selbst darüber steigen mag. "
Diese Conglomerate bilden den Untergrund der nördlichen
Bekä'a, in deren tief eingeschnittenen AVadis östlich Hörmül sie
unter jüngeren Bildungen steil aufgerichtet und mit 30 — 40 "^
nach W einfallend zu Tage treten. Die Trennung dieser Eocän (?)-
Bildungen von den diluvialen Schottermassen, welche sowohl in
der Thalebene der Beka a als an den Rändern der beiderseitigen
Gebirge aufgeschüttet sind, ist nicht immer leicht. Zwischen Zahle
und Mu'allaka am iVusgang des Bardünithals beobachtete ich in dem
Chausseeeinschnitt Conglomerate und Geröllschichten von zusam-
men mehr als 100 m Mächtigkeit, welche steil aufgerichtet unter
45'' nach W zur Bekä'a fallen. Die Stadt Zahle selbst oberhalb
dieser Zone soll nach Fraas^) z. Th. auf neogenen Süsswasser-
mergeln ruhen, welche ihrerseits sich (im W?) „an die fast auf
den Kopf gestellten Nunimulitenbänke anlehnen''. Es erscheint
mir vorläufig zweifelhaft, ob diese Conglomerate nur verfestigte
diluviale Schotteranhäufungen des Bardüni, vielleicht aus einer
Zeit der Vergletscherung des hohen Sannin sind, wie es Fraas
nach seiner mir vorliegenden geologischen Kartenskizze aufgefasst
zu haben scheint, und nicht vielmehr der obersten Abtheilung des
Eocäns entsprechen, wie die Conglomerate des Antilibanon. Auf
meiner schnellen Rückreise durch diese Gegend konnte ich (in
Folge Unwohlseins) diesen Fragen nur geringe Aufmerksamkeit
widmen. Es wäre wünschenswerth, wenn von späteren Reisenden
genauere Beobachtungen über die gegenseitigen Beziehungen der
eocänen?, geschichteten, versteinerungsleeren Conglomerate, der
neogenen Süsswassermergel und -Kalke und der diluvialen Schotter-
') Näheres hierüber vergl. Diener: Libanon, p. 48.
*) Geologisches aus dem Libanon. Württemb. naturw. Jahresh.,
1878, p. 362.
321
massen etc. in der Bekä'a und deren Umgebung angestellt wür-
den, sowie eine kartographische Fixirung dieser Gebilde vorge-
nommen würde.
Dieselben versteinerungslosen Kalke und Conglomerate („Wü-
stenkalkstein" Dienek's) wie im Norden der Bekä'a traf ich auf
meinem Uebergang über den nordwestlichen Ausläufer des Libanon,
den Djebel Akkum. Sie herrschen von el-Kasr in der Bekä'a
(570 m) bis zur liuine der Djisr el-Kamar („Mondbrücke'') (267 m)
über den Nähr el-Chalid an dem alten Karawanenweg von Tri-
polis nach Homs, soweit sie nicht von Basaltergüssen bedeckt
sind. So ist auf den höchsten Punkten (603 m) des Plateaus
bei el-Hit, welches die niedrige Wasserscheide zwischen dem
70 m tieferen Orontes im Osten bei Ribla und dem Nähr el-Kebir
resp. Wadi Chalid bildet, horizontal geschichtetes Kalkconglomerat
anstehend. Die beiden Thalseiten am unteren Wadi Chalid wer-
den von Kalk gebildet, der im Osten wie im Westen muldenartig
gegen das Thal einzufallen scheint. Diese durch persönliche
Beobachtung auf der Durchreise gewonnene Auffassung bezeich-
neter Localität steht in vollständigem Gegensatz zu Ingenieur
Cernik's Durchschnitt No. 1 in Ergänzungsh. zu Petermann's
Mitth., No. 44, t. 2 und der vermuthlich hierauf sich stützenden
Darstellung auf der geologischen Karte Diener" s. Erst ganz am
Ausgang des Thaies, direct am Djisr el-Kamar, erscheint blos
auf der rechten Seite des Thaies eine Decke von Basalt über
dem Kalke.
Wenn sich die Zugehörigkeit der erwähnten Kalkconglome-
rate bei Zahle, in der Bekä'a und auf der Wasserscheide bei
el-Hit zur eocänen Epoche wirklich erweisen sollte, so würde
deren Verbreitung rings um die nördlichen höheren Theile des
Libanon für die Existenz einer gebirgigen Insel oder wenigstens
einer Festlandsküste an dieser Stelle schon zur Eocänzeit spre-
chen, worauf schon Diener hingedeutet hat.
B. Das Eocän in Nord -Syrien.
Am Nähr el-Kebir betreten wir die Schwelle Nord-Syriens^).
In diesem Gebiete nimmt das Eocän im Gegensatze zu Mittel-
Syrien auch an der Zusammensetzung des Küstengebirges, der
nördlichen Fortsetzung des Libanon, nämlich des Djebel el-
'Ansärije oder Nusairier-Gebirges. einen wesentlichen An-
*) Zur Verfolgung der im Folgenden genannten Localitiiten ver-
weise ich auf meine demnäclist erscheinende geognostische Karte von
Nord-Syrien im Maassstab 1 : oOüÜOO in: „Grundzüge der Geologie und
physikalischen Geographie von Nord-Syrien." 1890. Vorlag v. R. F'rieu-
LÄNDER u. Sohn. Berlin.
322
theil, wenn derselbe aucli nicht ganz so gross ist als ihn Diener's
geologische Kartenskizze vermuthen lässt. Die von mir besuchte
Feste Kal'at el - Hösn steht z. B. im Gegensatz zu dieser Karte
noch auf basaltischem Boden. Nur im W und NW derselben
erkennt man von den Zinnen der Burg helles, kalkartiges Gestein
auf der gegenüber liegenden Thalseite des Nebu el - Fuwar oder
Sabbathflusses. Es sind Gesteine obercretaceischen Alters, na-
mentlich weisse krystallinische Dolomite mit Rudisten, Nerinea
(jenmufera, Ceritliinm cf. sexangitlum etc. , wie sie z. B. an der
Grotte der berühmten intermittirenden Quelle des Sabbathflusses
anstehen und auch in Kal'at el-Hösn vielfach als Bausteine neben
dem Basalt Verwendung gefunden haben. Nördlich von diesem
Kalk-Dolomit-Gebiet traf Thomson nach Ueberschreitung des Nähr
el-' Abrasch hinter Tulaije auf ein Gebiet, bedeckt von harten
y, gelben Kieselsteinen"^). Es ist wohl nicht zu viel gewagt,
wenn ich diese Gebilde für identisch halte mit den Hornsteinen
des unteren Eocäns. welche wir später im Osten Nord-Syriens bei
Kal'at Sedjar, Hama und am Djebel el-A'lä wieder treffen Averden.
Muschelig brechende Kieselsteine von gelblicher, röthlicher, bis
brauner Farbe dürften überhaupt im Innern des südlichen Nu-
sairier-Gebirges eine ziemliche Rolle spielen; denn überall an den
Flussmündungen und auf den erhobenen Küstenterrassen triift man
auf einem Marsche längs des Meeres, besonders zwischen Tartüs
und Bäniäs in der Umgegend der Marakija - Mündung zahllose
kleine, bald eckige, bald abgerundete Bruchstücke von „den
schönsten Jaspis-, Achat- und Chalcedonkieseln"-). Die Berge
direct an der Küste scheinen nach meinen Beobachtungen vor-
wiegend aus Rudisten führenden Kieselkalken, Dolomiten und Sand-
steinen des Turon, weissen Mergeln des Senon und Basalt zu
bestehen. Die turonen Kalke führen wohl auch zerstreute Con-
cretionen oder dünne Lagen von dunklem, schwarzem Feuerstein;
niemals erscheinen die letzteren aber von jener röthlich gelben,
chalcedon- und jaspisartigen Farbe wie die an der Küste zer-
streuten Fragmente, welche allem Anschein nach einem jüngeren,
mehr im Innern des Gebirges vorherrschenden System angehören.
Gerolle von echtem Nummuliten-Kalk sali ich auf meiner
Küstenwanderung zuerst im Alluvium des nördlichen Nähr el-
Kebir bei Lädikije. Sie stammen aus dem Innern des nördliclieii
Nusairier - Gebirges , das ich auf der Route von Lädikije nach
Djisr esch-Schughr durchquerte.
In einer Mächtigkeit bis vielleicht 100 m erheben sich dort
1) Ritter. Die Erdkunde, XVI. Theil; Syrien, I, 1854, p. 825.
') Vergl. C. Ritter, 1. c, p. 887.
323
echte Nummuliten - Kalke direct auf den weiclieren Senonmergeln
in steilen Klippen, namentlich die Gipfel in der Region der
Wasserscheide zusammensetzend. Die Lagerung weicht in der
Regel nicht viel von der Horizontalen ab. Die Schichtensysteme
scheinen concordant zu folgen, doch ist die Grenze zwischen
beiden durch das herunter gestürzte Gesteinsmaterial oft verdeckt.
In einem Falle aber konnte an einem sehr guten Aufschluss auf
der Ostseite des Gebirges eine ganz unzweifelhafte, wenn auch
geringe Discordanz der Lagerung wahrgenommen werden zwischen
senkrecht zerklüftetem Kalk mit vielen Nummuliten oben und
weichen, dünn geschichteten Senonmergeln unten. Oftenbar fand
dort mit dem Ende der Kreideperiode eine kurze Unterbrechung
in der Sedimentation und später eine Transgression statt, worauf
auch der sonst beobachtete plötzliche Uebergang in petrographi-
scher Hinsicht hinweist.
Die Nummuliten-Kalke des Djebel el-'Ansärije sind schon in
ihren tiefsten Lagen durch eine reiche Fauna ausgezeichnet. Auf
den Djebels Ruweise. Dabo und Hassan Erai (604 m) bei Kastal
Bigdasch (411 m) an der Wasserscheide zwischen dem Nähr el-
Kebir von Lädikije resp. seinem Zufluss Nähr Sakh el-Adjüs und
dem Nähr el-Abjad, der zum Orontes strömt, fand ich Alveolina
fnmientiformis, Operculina sp. . Nnmmulifes rarioJaria, N. Lu-
cnsana var. ohsoleta, sowie eine grössere Form ebenfalls mit
grosser Centralkanmicr (N. curviyn'ra Men.? oder N. TcJiihachefft
d'Arch.?), andere Nummuliten. Korallen in grosser Zahl, Lamel-
libranchiaten und Gastropoden ^).
Gross ist der Reichthum an Nunmiuliten an den eigenartigen
Felsenruinen von Ruweise el - Hersch bei Dämat, Grabkammern,
Wohnräumen , einer Oelpresse etc. , die auf einem Hügel voll-
ständig aus dem natürlichen Kalkfelsen herausgearbeitet sind.
Letzterer enthielt vereinzelt kieselige Concretionen.
Aus dem nördlichen Nusairier-Gebirge liegen mir - — speciell
aus dem Stromgebiete des Nähr el-Abjad, der ^/4 Stunden nörd-
lich Djisr esch-Schughr sich in den Orontes ergiesst — folgende
Eocänfossilien vor, die ich vor der Mündung des genannten Flusses
in dessen Bett als Flussgerölle aufsammelte:
L'ithothmmvmm sp . ,
Alveolina frumenfifonnis Schwag.. häufig,
Orhitolites cmiplanatus Lam.,
Nnmmidües sp.,
') Diese schöne Suite von Versteinerungen ist mir leider dm-ch
den Verlust der betreffenden Kiste zum grossen Theil abhanden ge-
konnuen.
324
Pontes interminata n. sp.,
Troch osmilia ? sp . ,
Anthozomn div. sp.,
Pecten sp.,
Natica sp.,
CeritMum sp.,
Mitra sp.,
Das einschliessende Gestein ist weisser Kalk.
An dem Fusse des Steilabfalls des Djebel el-'Ansärije zum
breiten Orontesthal bei Djisr escb - Schughr liegt eine Scholle
von weissem, z. Tb. breccienartigem Marmorkalk mit vereinzelten
Feuersteinen zwischen Verwerfungen neben pliocänen Süsswasser-
schichten eingeklemmt. Dieser Kalk war z. Th. reich an grös-
seren Lithothamnien , dagegen arm an Nummuliten und Gastro-
poden.
Der Oront es Strom selbst hat in dem Städtchen Djisr esch-
Schughr und unterhalb desselben die Nummuliten - Kalke in dem
Grunde der Grabensenke unter den bedeckenden Paludinen-Schich-
ten blosgelegt. Sie führen hier kleine, dünnästige Lithothamnien,
Poriies cf. incrusfans und Pecten - Reste. Unterhalb Djisr folgt
eine landschaftlich höchst charakteristische Partie des Orontes-
thales , indem dieser Pluss eine bis 200 m tiefe, enge Schlucht
in den massigen Nummuliten- (Nulliporen-) Kalk eingegraben hat.
Während der Gebirgsabfall im Westen der breiten Thalebene
des mittleren Orontes, der östliche Steilrand des Djebel el-'An-
särije von den Quellen des Sarüdj in dem Breitengrade von
Restan bis zum Nähr el-Abjad w'esentlich aus harten Kalken der
Oberen Kreide (des Turon) sich aufbauen dürfte, das Eocän aber
wahrscheinlich erst westlich Djisr sich am Gebirgsfuss einstellt,
setzt sich auf der rechten Seite der Orontes -Thalebene von Kal'-
at el-Mdik an, das ganze, etwas niedrige Gebirge bis vielleicht
in die Gegend von Derküsch aus Numnuiliteu- Kalken zusammen.
Es herrscht ganz das nämliche Vcrhältniss wie zwischen Libanon
und nördlichem Antilibanon am Oberlauf des Orontes. Der Ent-
blössung des Numnmliten -Kalks durch Erosion in der Thalsenke
selbst unterhalb Djisr esch-Schughr entspricht die Bloslegung des
Eocängebirges (Conglomerates) in der nördlichen Bekä'a bei Ka-
moat el-Hörmül. Und schliesslich, wie in Mittel-Syrien das Eocän
nach Diener die Bergzüge des Hinterlandes, die palmyrenischen
Ketten im Wesentlichen zusammensetzt, ähnlich ist es, wie wir
sehen werden, in Nord-Syrien der Fall. Verfolgen wir die Vor-
kommnisse des östlichen Nord-Syrien von S nach N.
Ueber dem niedrigen Wüstenplateau zwischen Homs und
325
Selcmije mit soiiicm üntorgrund von Hellten senonen Mergeln,
der freilicl) nur in tiefei-en Wadis. so am Bach von Selemije,
zum Vorschein kommt, erhebt sich im NO eine Reihe von Tafel-
bergen, der sogenannte Djebel el-A'lä bei Selemije. Sämmt-
liche gleich hohe Hügel desselben bestehen aus horizontal gela-
gerten Kieselkalken, die übergehen in gelben, grauen und braunen
Hornstein von muscheligem Bruch. Diese Sedimente sind bedeckt
und geschützt von einer ursprünglich zusammenhängenden Basalt-
decke, welche jetzt durch Denudation zerstückelt, die Gipfel der
isolirten Tafel- oder Kegelberge (^ Spitzkopjes Süd-Afrikas) bildet.
Diese Hornstein -Schichten und Kieselkalke bilden fast im ganzen
südlichen Nord -Syrien die Basis des Eocäns direct über den se-
nonen Kreidemergeln.
Wir finden sie zunächst wieder im Westen von Hama,
indem sie, diesmal ohne eine schützende Basaltdecke, das Pla-
teau zwischen dieser Stadt und Kal'at Sedjar zusammen-
setzen. Dasselbe enthält im Allgemeinen dunkel grüne, im fri-
schen Bruch oft rostgelblich oder röthlich gefärbte Gesteine,
welche bei genauerer Prüfung sich bald als grauer, mittelkörniger
Sandstein, bald als rosa gefärbter, sehr feinkörniger Kalkstein
oder Kieselkalk erweisen. In dem sandigen Kalkstein kommen
auch ganze Lagen von dunklem Feuerstein vor. Unbrauchbare
Bivalven-Abdrücke waren die einzigen mit Mühe gefundenen P^os-
silien-PtCste. Die Schichtung ist wie am Djebel el-A'lä fast ho-
rizontal mit geringer, kaum merklicher Neigung nach NW. Durch
dieses Plateau hat sich der Orontes in nordwestlicher Richtung
eine enge, wohl bis 50 m tiefe Schlucht gegraben, um bei Kai
'at Sedjar in eine zweite grabenartige Senke, das sogenannte
el-Ghäb, analog der Bekä'a, zu gelangen.
Der im Anfang niedrige östliche Bergsaum dieser Thal-
ebene wird zuerst noch von pliocänen Süsswasserbildungen ein-
genommen, ebenso wie der Boden der Senke selbst. Erst bei
Kal'at el-Mdik tritt das Eocängebirge an der Basis des Plateau-
abfalls wieder hervor in Gestalt von harten kieseligen Kalken
ohne Fossilien. Im Norden der Feste KaVat el-Mdik. die selbst
auf einem Hügel von Süsswasserschichten ruht, erheben sich die
Randberge des Grabens bald zu bedeutenderen Höhen und setzen
sich nunmehr vollständig aus Eocänkalken zusammen, ohne eine
Decke von Süsswasserschichten, die jetzt auf die Thalsenke sich
beschränken. In diesem Eocänkalke findet man hin und wieder
Feuersteinknollen. Je weiter nach Norden um so eher trifft man
vereinzelt z. B. bei el-Amkije, Nummuliten und kleine Gastro-
poden an. Der ziemlich genau nord-südlich streichende Gebirgs-
rand erfährt eine Unterbrechung südöstlich Djisr esch-Schughr in
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XL 11. 2. 99
326
der Tlialsenke er-Rüdj^), welche den Anfang einer eigenthüm-
lichen Abzweigung des Ghab - Grabens ^) darstellt. Dieser secun-
däre, schräg auf das Orontes-Thal (wie der Golf von 'Akabah, das
Wadi 'Araba und Todte Meer etc. auf das Rothe Meer) zulaufende
Quergraben besteht aus einer Kette von abflusslosen Seebecken,
dem Rüdj. dem Sumpf Bal'a etc., welche unter einander und
vom Orontes - Thal durch sehr niedrige Wasserscheiden getrennt
sind. Für den südlich vom Rüdj gelegenen Theil des Rand-
gebirges des Ghäb bis nach Kal'at el-Mdik giebt es keinen all-
gemein gebräuchlichen Collectivnamen. Die von Burckhardt ent-
lehnte Bezeichnung Djebel Schachsabou (besser Scheich Säbü)
der Rey' sehen Karte bezieht sich nach Sachau eigentlich nur auf
eine seiner höchsten Kuppen.
Die nördliche Fortsetzung von der Unterbrechung am Rüdj
an bis nach Härim und Inmia in der Niederung el-'Amk ist der
über 400 m hohe Djebel el-A'la, das Haupt-Eocängebirge Nord-
Syriens, wohl gänzlich aus milchweissen, oft marmorartigen Nuni-
muliten-Kalkcn gebildet, die eine Mächtigkeit von mehr als 300-m
darin erreichen mögen. In diesem höchst einförmigen, öden .Kalk-
gebirge sind typische Karrenfelder eine allgemein verbreitete Er-
schehmng. Fossilien lassen sich bei längerem Suchen inniierhin
darin vortinden. wenn sie auch nicht so häufig sind als im Nu-
sairier-Gebirge. Charakteristisch sind Reste zierlicher, dünnästiger
Lithothamnien . während kleine Nummuliten- und Pecten - Reste
schon vereinzelter auftreten. Bei Mischlamün. im Osten von
Djisr esch-Schughr, fand ich neben letzteren zwei Alveolinen-
Arten.
An die plateauförmigen Gebirge im Osten des Ghäb schlies-
sen sich gegen Osten andere von derselben Gesteinsbeschaffenheit.
Der Djebel el-Bära zwischen el-Bära und Ma'arrat en Na'män,
der Djebel el Arba'in oder er-Riha im Süden von Riha, der
Djebel Uaslai zwischen der Grabensenke Bal'a und der Ebene
von Edlib, dessen nördliche Fortsetzung der Djebel Barischa
und schliesslich vielleicht auch der hohe Djebel Sim'än oder
Scheich Barakät, setzen sich alle, wenigstens in ihrem Kern,
aus denselben Eocänkalken zusammen, an die sich im Osten das
Miocänbecken von Edlib - Aleppo, im Norden das des unteren
'Afrin-Thals anschliesst.
Gegen Nordosten treffen wir zwischen Aleppo und Euphrat
bei Halise und Deana, wenige Stunden von Aleppo, noch einmal
') lieber diese und andere Verhältnisse vergl. M. Blanckenhohn :
Grundzüge der Geologie und pliysikalischen Geographie von Nord-
Syrien mit einer orograpliischen und einer geognostisclien Karte.
Berlin 1890.
327
einen Zug von körnigen Eocänkalken mit Operculinen und (?) Nutn-
mulites variolaria, welche den Uebergang von dem Miooänbecken
von Aleppo zu den ausgedehnten Kreideterritorien (Senon) am
Sadjür Su, Kirsun Tschai und Euphrat vermittehi.
Es bleibt jetzt noch ein höchst wichtiges und ausgedehntes
Eocängebiet im äussersten Norden Syriens zu besprechen, das
eigentliche Stromgebiet des "Afrin (im Süden) . ferner des oberen
Sadjür und Kirsun Tschai (im Osten), sowie des 'Ak Tschai (im
Norden). Diese ganze gebirgige Landschaft, von der breiten Thal-
ebene des Kara Su und It schere Su im Westen, vom Unterlauf des
'Afrin im Süden begrenzt, im Osten bis zum Euphrat reichend,
trägt im Allgemeinen einen ziemlich einheitlichen Charakter, näm-
lich den eines von zahlreichen tiefen Thälern durchfurchten Pla-
teaus, und diese Einheit documentirt sich auch in geognostischer
Beziehung insofern, als wenigstens unter den Sedimentärsystemen
das Eocän allein vorherrscht. Da ein passenderer, allgemein ge-
bräuchlicher Collectivname für dieses plateauartige Gebirge nicht
existirt, so werden wir uns hier am besten nach dem Vorgange
C. Rjtter's des Ausdrucks „Kurdischer Berge" bedienen,
indem • wir den Namen des am höchsten aufragenden Gebirgs-
rückens Kardalar Dagh oder Kurd Dagh dieses Gebietes ver-
allgemeinern.
Wir betrachten zunächst, dem Thale des 'Afrin aufwärts fol-
gend, die südlichen Theile der Kurdischen Berge. In genanntem
Thale steht von der Niederung el-'Amk bei el - Hammäm bis in
die Gegend zwischen Karnabe und Killis in zerstreuten Partieen
das oberste scnone Kreidegebirge an, weisse, weiche Mergel oft
von eigenthümlich schalig muscheligem Bruch mit Resten von
Pteropoden.
I a. Hierauf folgen gegen NW z. B. am 'Afrin bei Kar-
nabe und am unteren Sabün Su, einem rechten Zufluss des 'Afrin,
bei Kyrrhos. schiefrige Kalkmei'gel und grau-blaue Schieferthone,
vermuthlich die untersten, allerdings versteinerunglosen Lagen des
Eocän. Diese thonigen Gesteine, an der Luft leicht zerfallend,
erscheinen in unzähligen kleinen Hügelchen und abgerundeten
Rücken an den Gehängen der Flussthäler und zwischen den vie-
len sich verzweigenden Wadis oder Trockeininnen.
Gegen oben stellen sich härtere, z. Th. kieselige Mergel-
bänke ein. welche an den Thalwänden aus den lockeren umge-
benden Schichten vorragen. Am Ufer des Sabün Su zeigte sich
etwa ^/t Stunden nördlich von dem Ruinenfeld von Kyrrhos fol-
gendes Profil von oben nach unten:
22*
328
rundlichen Blöcken sieh
1 Hl grauweissc Mergel, zu
schalig absondernd.
1 „ bröcklige Thonletten,
0,50 „ grauweisse, harte Mergel von muscheligem Bruch,
I Kalkspathschicht, ungleich stark, wellenförmig ge-
0,2 — 0.10 „ { faltet, in die tieferen Letten eingreifend,
( Thonletten.
1,20 „ grauer Schieferthon,
0,40 „ härtere Mergel,
0,20 — 1,30 „ weicher Schieferthon mit Kalkspathadern,
0,40 „ härtere weisse Mergelbank,
0,25 „ grauer Schieferthon,
0,55 „ harte Bank,
0,30 „ weiche Bank,
1 „ harte Bank,
1.40 „ weiche Bank,
1 „ harte Bank.
Sämmtliche Schichten sind ohne Spur von Fossilien.
Die harten Mergelbänke gehen weiterhin nach oben in harten
Kalk über, der zunächst noch ebenso bankweise vorspringt.
Ib. lieber diesem Schichtencomplex la (1 in der unten fol-
genden Abbildung) folgt am Sabün-Su aufwärts ein harter, grauer
Kalk, etwa von der Beschaffenheit der Dachsteinkalke in den
Alpen, aber mit grauen Feuersteinen (vergl. 2 der Abbildung).
Von organischen Resten konnte ich nur Korallen- und Bivalven-
Durchschnitte entdecken. Dieser Kalk bildet vornehmlich die
enge, von hohen Steilwänden umschlossene Gebirgsschlucht Ba-
rosklin Boghaz bei dem gleichnamigen Dorfe. durch welche sich
der Sabun Su in eiligem Laufe hindurchwindet.
Partie aus dem Kurdengebirge am mittleren Sabun Su
bei Barosklin Boghaz.
Maassstab 1 : 100000.
Barosklin Thal des
Boghaz Sabün Su
4- ; ;
Thal des
Sabün Su
1 — 3 Eocän: 1 = grauer, weicher Schieferthon und härtere
Mergelbänke; 2 = Feuerstein führender Kalk; 3 =: Quarzit.
4 = Basalt.
329
Au der oberen Grenze dieses vielleicht 150 m mächtigen
Kalkcomplexes begegnet man unterhalb genannten Dorfes einer
Lage schwärzlichen Kalkschiefers mit Fischschuppen. Auf die-
selbe folgt unmittelbar ein 100 m mächtiger Complex von grauem
und grünlichem, sehr hartem Kieselkalk oder kieseligem Mergel,
der vollständig in Mergelquarzit, bei dem noch ein Vorhandensein
von wenig Kalk durch Brausen in Säuren sich verräth, oder in
kalkfreien Thonquarzit übergeht. Innerhalb dieser Quarzitzone
zeigten sich im Westen von Barosklin grosse, concentrisch? scha-
lige Einlagerungen? von rOthlichem jaspisartigem Ilornstein. Bei
Barosklin wird der Quarzit von Basalt bedeckt. Weiter westlich
erscheinen an einer Biegung des Sabün-Thales , wo der von NO
nach SW gerichtete Oberlauf des Flusses in den südöstlichen
Mittellauf übergeht, wieder Kalkfelsen, direct den Grünsteinmassen
(bastithaltigen Serpentinen) des eigentlichen Kurdu Dagh aufruhend,
lieber das Yerhältniss dieser Kalke zu den Quarziten von Ba-
rosklin, ob sie noch jünger sind oder den älteren Kalken ent-
sprechen, lässt sich vor der Hand nichts entscheiden. Oernik^)
giebt in einem Profil bei Gjömrik und Kurt Kalleh am mittleren
'Afrin Kalke concordant über' Quarziten an. Indess haben sich
die geologischen Profile ebenso wie die Höhenmessungen etc. des
Ingenieur Oernik sonst z. Th. so wenig über allem Zw'eifel er-
haben und den thatsächlichen Verhältnissen entsprechend erwiesen,
dass mir hier die Annahme einer umgekehrten Schichtenfolge fast
ebenso erlaubt erscheint. Von jener Ecke zwischen Mittel- und
Oberlauf des Sabün Su sei übrigens hier noch erwähnt, dass dort
nesterartige Bildungen von rothem und grauem Jaspis innerhalb
des Serpentins wahrgenommen wurden.
Der hohe, östlich der Quellen des Sabün Su gelegene Ge-
birgszug, der Kardalar Dagh im engeren Sinne, der sich weithin
in gerader Linie nach NO erstreckt, zugleich die Wasserscheide
zwischen 'Afrtn und Kara Su, stellt sich nördlich vom .'^7. Brei-
tengrade als ein lang gestreckter, durchschnittlich 1200 m hoher,
oben abgeflachter Rücken dar, mit einer Hochfläche von 2 — 4 km
Breite auf seinem Gipfel. Den Kern des Gebirgszuges bilden
mächtige Eruptivmassen, Grünsteine aus der Gruppe der Gabbro-,
Schillerfels- und Serpentin-Gesteine. Hierüber erscheint als hori-
zontale Decke zunächst ein Conglomerat oder porphyrartige Breccie
von abgerundeten oder eckigen Grünsteinfragmenten, verkittet
durch röthliches Kalkcäment; sodann ein nur wonig (vielleicht
50 m) mächtige Lage von röthlichem und grauem Kalk. Von
organischen Resten enthielten nur die tieferen Lagen Schalenreste
') Ergänzungshefte zu Petermann's Mitth., No. 45, t. 1, f. 22,
330
unbestimmbarer Austorii. Unzweideutig gelit jedenfalls aus den
Verhältnissen hervor, dass die kalkigen Sediinente hier jünger
sind als die genannten Eruptivmassen im Gegensatz zu der Obe-
ren Kreide des Djebel el 'Okrä, welche von Serpentinen durch-
brochen wurde.
Diese Kalke vom Plateau des Kardalar oder Kurd Dagh gehören
einer im nördlichen Kurdengebirge weithin verbreiteten, ursprünglich
zusammenhängenden, im Allgemeinen horizontalen Ablagerung an.
welche theils (im Westen) direct auf den Serpentinen, theils (im
Osten) auf den diese vertretenden unteren Eocänmergeln. Mergel-
kalken und Thonen aufruhte, jetzt aber, durch Denudation gros-
sentheils zerstört, nur noch in einzelnen Resten erhalten ist. die
dann immer die Gipfel der Berge oder Gebirgsrücken einneh-
men. So finden wir auf einer nördlichen Durchquerung des
Kurdengebirges unter 37" 5' nördl. Breite zwischen Kartal und
Jailadjik wieder zwei Gebirgszüge des Sarikaja, welche wie der
westlich gelegene eigentliche Kurd Dagh in hora 4 von SW nach
NO streichen, von ähnlicher Beschaftenheit. der Hauptsache nach
aus Serpentin bestehend oben tlieilwcise mit einer Kalkdecke.
Im SW von Jailadjik hat übrigens Serpentin an einigen Stellen
auch den Kalk stockförmig durchbrochen und sich zu niedrigen
Kuppen über dem Kalkplateau aufgethürmt. Es geht daraus
hervor, dass die Grünstein-Eruptionen sich niclit lediglich auf die
Zeit vor der Ablagerung des Eocäns des Kurdengebirges be-
schränkten, sondern wenigstens vereinzelt auch noch später (wäh-
rend des Eocäns) erfolgten. Der Kalk enthält häufig Lager oder
Nester und Gänge von rothem Hornstein oder Jaspis, neben dem
der Kalk selbst in ^Marmor umgewandelt erscheint. Durchgehende
Quarzitschichten, wie am Sabün Su. mit welchen dort das Vor-
kommen von Jaspis verknüpft war, wurden im Norden nicht mehr
beobachtet.
la. An dem Gebirgszuge von Jailadjik selbst liegt der Kalk
nicht mehr direct dem Serpentin auf. sondern wird von ihm ge-
trennt durch graue, grünliche, auch röthliche Mergel und Schiefer-
thone, die auf der Westseite des Rückens nach unten allmählich
in die hier schiefrigen, sehr verwitterten Serpentine übergehen.
Auf der Ostseite hingegen herrschen sie allein vor und erreichen
eine grössere Mächtigkeit. So schreitet man vom Dorfe Jailadjik
an, das an dem Ostrande des betreffenden Plateaurückens gelegen
ist, auf bunten Mergeln bis zu den Gewässern des oberen 'Afrin
hinab. Zunächst unter den Kalken erscheinen grau-weisse und
grünlich graue Mergel, dann im tieferen Theil des 'Afrin -Thaies
ein mächtiger Complex von rothen Thonmergeln. welche durch-
zogen sind von hellen Kalkspathadern. Man glaubt sich in einer
331
deutscheu Roth- oder Keuponnergel - Laiidscliaft zu befinden, so
ähnlich ist die Bcschatfcnheit des Gesteins und die dadiuxh be-
dingten Obertiäclienfonnen. Dieser ganze bunte Mergelconiplex
unter dem Kalk dürfte ohne weiteres den mergeligen Schichten
la am Mittleren 'Afrin und unteren Sabün Su bei Kyrrhos pa-
rallel zu stellen sein, wenn er auch in der Farbe und geringeren
Härte nicht unwesentlich abweicht.
Ib. Auf die jetzt östlich folgende Wasserscheide zwischen
'Afrin und Sadjür oder 'Aintäb Su, einem Nebenfluss des Euphrat.
steigen wir aus den rothen durch die hellen Mergel von neuem
in die Region d(^s horizontal gelagerten Kalkes empor. Hier
endhch gelang es. brauchbai'e Fossilien zu entdecken. Die zahl-
reichen Feuersteine, welche der Kalk einschliesst, bestehen oft
beinahe nur aus Foran^iniferenresten: Nunnnuliten und Orbitoiden.
la. Und nun beginnen am Oberlauf des 'Aintäb Su auch die
oberen grauen Mergel schon Spuren von Fossilien aufzuweisen:
Pflanzenreste. Seeigel, kleine Austern etc.
In der G-egend von 'Aintäb erreicht das Eocän seine
interessanteste Entwicklung. Hier ist in allen Schichten ein be-
deutender Reichthum an Fossilien geborgen:
la. Die Stadt 'Aintäb selbst, auch das Grundstück des Sy-
rian Protestant College der amerikanischen Mission, steht auf den
untersten Lagen des Eocän. weissem, weichem, erdigem, zuweilen
kreideartigem Kalk, der im Grossen eine schiefrige. in Platten
spaltbare Structur besitzt. Herr Livonian. Professor der Natur-
wissenschaften an dem amerikanischen CoUeg, hat in diesen
Schichten in und bei 'Aintäb nach den mir freundlichst vorge-
legten und von mir untersuchten Pj'oben gesammelt:
Fossiles Holz,
Pecten TÄvoninni n. sp. (mit Schale).
Chama sp..
Voluta liarpa Lam. (Steinkern),
Nautilus sp.. von 15 cm Grösse.
Einer vermuthlich etwas höheren Lage dieser Schichten,
einem weissen, wenig härteren Kalk entstammen nach Herrn
Livonian' s Aufsammlung:
ScJu'zasfer vicmalis Ac4,, 1
— cf. rimosus Ac;., } mit Schale.
- ? sp. j
Ib. Aus einer gelblich grauen. hart(Mi Kidkbaiik, eine Stunde
südlich 'Aintäb sollen stammen:
Anunchytcs votumlatus n. sp., j
Fxhinolampas sp. aft. Suessi Laube, I Schalen.
— aintahensis n. sp., j
Pecten Livioniani, Steinkern.
Als kieselige Steinkerne aus hornsteinartigen Schichten er-
hielt ich durch Herrn Livonian:
Ananchytes et", rotrmdatus n. sp.,
Schizaster cf. foveaius Ag..
Ditremaster sp..
Pericosnms sp.
Auf Excursionen in der Umgebung von 'Aintäb, die ich
unter der kundigen Führung des Herrn Livonian unternahm,
gelaug es mir selbst, noch eine beträchtliche Suite von Fossilien
zusammenzubringen.
Die Hügel im Süden von 'Aintab bestehen in ihren höheren
Lagen aus gelblich grauem, hartem, marmorartigem Kalk, röthlich
grauem. Feuerstein führendem Kieselkalk und kalkarmem Horn-
stein von grauer, gelblicher oder röthlicher Farbe. Diese harten
Gesteine sind mehr oder weniger löcherig durchsetzt von Hohl-
räumen, welche die Schalen der Fossilien hinterlassen haben.
Die Fauna ist ungefähr die gleiche bei ^j-i Stunde Entfernung süd-
lich 'Aintab, wie ^ji Stunden und 1 Stunde südsüdöstlich 'Aintab.
Nach meinen Aufsammlungen besteht sie aus:
Ojperculma sp.. sehr häufig,
Nummulites variolaria Lam.,
— sp.,
Styhtphord cf. B<(incsi Felix,
Eupatagns sp. und zahlreiclie andere leider unbe-
stimmbare Abdrücke von Seeigel -Schalen,
Membranipora sp., häufig,
Eschara sp.,
Pecten quinquepartitus n. sp., vereinzelt,
— sp.,
Cardita aintahensis n. sp., häufig,
Crassatella c&inpressa Lam., häufig.
Cardiimi acutnw n. sp.,
Turritella imbricataria Lam.,
— vittata Lam., häufig,
— sp. ind.. häufig,
Natica sp.,
Strombus? sp..
333
Murex? sp.,
Mitid sp..
Voluta lincolala Desh. ?
Ter ehr a sp.,
Conus sp'.,
Balaniis sp.. häufig.
Im Westen und Nordwesten von 'Aintäb befinden sich in den
Thälern der Quellflüsse des 'Aintäb Su zunächst weiche Kalke ohne
Feuerstein, wie in der Stadt 'Aintäb, wechselnd mit weichen Thon-
zwischenlagen und Platten von weissen Plänermergeln. Sie wer-
den bedeckt von grau-röthlicliem Kieselkalk, der in Hornstein
übergeht und ähnliche Petrefacten enthält wie im Süden von
'Aintäb. besonders
Operculiiien.
fisastraca Michelottina Cat. sp.,
Bryozoen.
Pecfen qninquepartifus n. sp..
Cardin m sp.. gross.
II. Hinter Tab trifft man etwa drei Stunden Ritts nordwest-
lich 'Aintäb nach Ueberschreiten des oberen 'Afrin auf hell graue
Mergel und ein tuffartiges, grünlich graues, sandiges Kalkgestein mit:
Einzelkorallen.
Xumiiudites intermedia dArch.,
— Fichteli Mich..
■ — et". Chavannesi de la Harpe,
Thracia Bellardi May.
Endlich erscheint über diesen weicheren Schichten typischer,
harter, weisser Nummuliten-Kalk oder -Marmor. Von hier stammt:
Isastraea Michelott ina, von mir gesammelt,
Solenastraea sp., 1 von Herrn Livonian
Heliastraea Livoniani n. sp. j gesammelt.
Dieser harte Kalk enthält auch gelbliche, kieselige Lagen,
die ganz den Kieselkalken und Hornsteinen des tieferen (?) Eocän
südlich bei Tab entsprechen und sich durch folgende Fauna
auszeichnen :
Operculinen, sehr zahlreich,
Trochosmilia sp.,
Cupularia? sp.,
Pecten quinquepartitua , häufig,
Turritella angulata Sow., häufig.
334
Auf dem weitere Wege nach Marasch. 4 — 5 Stunden von
Aintäb, bei dem Dorte 'Arablar will Herr Livonian sowohl Num-
muliten^) als Rudisten und andere Fossilien, die auf Kreide ver-
weisen, gefunden haben. Leider war es mir unmöglich, diese
wichtige Stelle des Beginns der Kreideformation bei Arablar
selbst zu «Teichen. Ein Zusammenvorkommen von Xummuliten
und Rudisten in denselben Schichten anzunehmen, liegt vor der
Hand kein Grund vor.
Aus der Gegend nördlich von Arablar auf dem Wege nach
Mar'asch. sieben Stunden von Aintäb entfernt, erwähne ich hier
Desmodadia scpttfera Reuss. eine Korallenart des Oligocäns von
Castelgomberto . welche ich der Güte des Herrn Livonian ver-
danke.
Auch östlich von Aintäb lassen sich Eocänschichten noch
weiterhin verfolgen. Das zwischen Aintäb und Nisib gelegene
Plateaugebirge hat dieselbe Zusammensetzung wie die Berge im
Norden. Süden und Westen von 'Aintäb.
la. In den Thälern. welche das Plateau durchfurchen, sind
die tiefsten Lagen des Eocäns entblösst. Thon und Mergel an
der Oberfläche, in kleine Stücke zerbröckelnd, wechseln mit feste-
ren Lagen von feuersteinfreiem Kalk.
Ib. Es folgen grau-weisse Kalke mit dunklen Feuersteinen,
bald weicher und grobkörnig, bald härter, kieselig und dicht.
Die Feuersteine enthalten Foraminiferen-Reste , aber schlecht er-
halten. In dem Feuerstein führenden, grobkörnigen Kalke des
Plateaus, ungefähr ^ji Stunden im Osten von 'Aintäb, fand ich:
Operculina sp. sp., zahlreich.
Nnmmulites variolnria Lam.?.
Heterostegina assilinoiäes n. sp. , häufig,
Seeigel-Reste,
Bryozoen,
Pecten sp.,
Baianus sp.
Es entsprechen diese Schichten also paläontologisch den
harten Kalken im Süden von "Aintäb. Petrographisch stehen sie
namentlich dem an Operculinen und grossen Gastropoden -Stein-
kernen (Conus, Sfronihus) reichen Kalk auf dem Berge, eine
^) Angeblich aus der Gegend von 'Arablar erhielt ich in 'Aintäb
durch Herrn Livonian ein prächtiges Handstück, das ganz aus Xum-
wulites Gizehensis Ehr. und N. currispim Schwag. in vortrefflicher
Erhaltung bestand. Doch zeigt dasselbe so auffallende Aehnlichkeit
mit den in der ganzen Welt verbreiteten Haudstüeken vom Mokattam
bei Cairo, dass mir seine angegebene Herkunft zu verdächtig vorkommt.
335
Stunde siUlst'ulöstlioli "Aiiitab, sowie dem oben crvväluiteii körnigen
Operculinen-Kalkc im Nordosten von Aleppo nahe.
Verfolgt man die aus horizontalen Eocänschichten aufge-
bauten Gebirgszüge im Osten von "Aintäb weiter gegen den
Euphrat hin. so zeigt sich bei Nisib schon das Liegende des
Eocäns, senone Kreide, in dem tiefereu Flussthale des Kirsun
Tschai entblüsst, sodass dort, wo diese Ausläufer des Kurdeu-
gebirges den Euphrat erreichen, bei Horum Kal'at und Rum Kal'at,
die Ufer des grossen Stromes schon zur unteren Hälfte aus lich-
tem, cretaceischcm Kalk bestehen und nur in der oberen dunkleren
Hälfte nach dem Eocän angehören dürften.
Wir haben die Entwicklung des Eocänsystems in ganz Sy-
rien, soweit es möglich war, verfolgt. Es bleibt nunmehr übrig,
auch eine allgemeine kurze Gliederung desselben und Paralleli-
sirung der Schichten in den einzelnen Gegenden zu versuchen.
Freilich bei dem unzureichenden Material an vorliegenden Beob-
achtungen kann diese Eintheilung eben nur als ei'ster Versuch,
als provisorisch gelten, und dieser Versuch muss sich vor der
Hand auf Nord-Syrien beschränken. Denn für Mittel- und Süd-
Syrien, wo das Eocän auch weniger mächtig, viel einförmiger
und ärmer an Fossilien entwickelt scheint, liegen noch zu wenig
Beobachtungsrcsultatc vor. die sich zu irgend einer Eintheilung
verwerthen Hessen.
In Nord-Syrien können wir zwei Hauptabtheilungcn wohl un-
terscheiden, deren höhere (H) die eigentlichen Nummuliten-Kalke
und Marmore repräsentiren. Die untere Abtheilung (I) bietet in
vcrticaler Richtung einen grösseren Wechsel.
I. In ihr lassen sich noch trennen eine tiefere Stufe (la) der
vorherrschenden Mergel und Thone, oft unterbrochen von feuer-
steinfreien Kalkbänken und eine höhere (Ib) mit harten, Feuer-
stein führenden Kalken, Kieselkalken, ganzen Hornstein- oder
Quarzitlagen und nesterartigen P^inlagerungen von rothem Jaspis.
la. Die tiefste Stufe der Mergel erkannten wir von der fol-
genden getrennt nur im Norden einer Linie von der Mündung
des "Afrin über Killis und Nisib zum Knie des Euphrat. In dem
nördlich davon gelegenen ausgedehnten Kurdengebirge sind graue
Mergel verschiedener Härte als directes Hangendes der lichten
Senonmergel des unteren -Afrin - Thaies das herrschende Gestein
in der Umgegend der Ruinen von Kyrrhos am mittleren 'Afrin
und unteren Sabun Su. Nördlich dieser Gegend sind sie nur in
den Thälern durch Erosion entblösst. Aus der Gegend von
•Aintäb sind als charakteristische Fossilien der entsprechenden
Schichten anzuführen :
336
Pecten Livoniani,
Schizaster vicinalis,
— cf. rimosus,
Voluta harpa,
Nautilus sp.
Ib. Die folgende Stufe der harten Kalke liegt im westlichen
Kiirdengebirgc. so in dem Höhenzuge des eigentlichen Kurd Dagh,
direct den Grünsteinen auf. Von Jailadjik über 'Aintäb und Nisib
bis zum Euphrat folgen die an Feuerstein reichen Kalke und Hoi-n-
steine auf die Mergelzone und sind oft sehr reich an Fossil-
einschlüssen. Die grösste Rolle spielen die Operculinen. daher
man diese Schichten auch als Operculinen-Kalke bezeichnen könnte.
Vielleicht darf man ihnen die Schichten mit Operculina lihyca
in Aegypten parallel stellen. Nummuliten sind noch spärlich ver-
treten. Es wurde besonders beobachtet Nummulües variolaria Lam.
eine Art. die in Aeg3'pten nach Zittel am häufigsten im oberen
Theil der „libyschen Stufe'- (Zittel' s Untereocän) vorkommt.
Zahlreich sind die Reste von Seeigeln hi diesen Schichten:
Echinolampas aft. Suessi,
Schizaster cf. foveatns,
Pericosmus sp. etc.
Als besonders interessant ist eine Ananchytes- Art (A. rotun-
daius n. sp.) hervorzuheben, die der A. ovata am nächsten steht.
Es ist das einzige Fossil, dessen Vorkommen mehr fär Kreide-
schichten sprechen würde.
Von höheren Thierformen erwähne ich:
Pecten quinquepartittis n. sp..
Crassatella compressa,
Cardium acutum sp.,
Tiirritella imbricataria,
— vittata,
Arten von Oonus, Strombus, Mitra,
Terebra cf. Flemingi,
Baianus sp.
Im südlichen Nord-Syrien ist eine Zweitheilung der unteren
Eocän - Abtheilung vorläufig unthunlich. Wahrscheinlich besteht
auch ein analoger Unterschied gar nicht, sondern die dortigen
Kieselgesteine und Kalke, welche petrographisch mit der zweiten
Zone des unteren Eocäns im Kurdengebirge correspondiren, folgen
direct auf die Senonkreide. Hierher gehören die Gesteine im
höheren centralen Theil des südlichen Nusairier-Gebirges , ferner
337
die des Djebel ol- A'la bei Selemijc und des Plateaus zwischen
Restän, Orontes. Hania einerseits und Kai at Sedjar andererseits.
In Palästina dürften die feuersteiureicben Nuniniuliten-Kalke
direct im Hangenden des Senons mit Gryphaea vesicnlaris als
Aequivalent aufzufassen sein.
Aus ihnen werden namhaft gemacht:
Nummulites variolaria,
— Biarriizensis,
— Giteitardi.
Ob in Aegypten die libysche Stufe Zittel's unserem syri-
schen unteren Eocän entspricht, werden spätere Studien auf-
zuklären haben.
II. Als oberes Eocän möchte ich in Nord-Syrien zunächst bei
'Aintäb die mergelig sandigen, tuffartigen Kalke mit Nummulites
intermedia, N. Fichfeli und N. cf. Chavanncsi im Norden von
Tab an den Quellen des 'Afrin auffassen; Aveiterhin die massigen
marmorartigen Nummuliten-Kalke im Süden von 'Arablar. Num-
muliten und Korallen (Isnstraea Michelottina, Solenastraea, Heli-
astraea, TrocJi().s)ni/ia, Desmocladin sepfifera) sind die häufigsten
Fossilien. In kieseligen Lagen treten noch Fecten quinquepar-
titus und Turritelht (uiguJata auf.
Im Orontesgebiet könnte man dem oberen Eocän die Masse
der mächtigen Kalke in den karstartigen Gebirgen der nord-
syrischen Wüsten, z. B. des nördlichen Djebel el-A"lä. des Djebel
Barischa, sowie im nördlichen Nusairiergebirge zurechnen. Nul-
liporen [Lithothamttirtm sp. sp.), Nummuliten (N. curvispira?),
Alveolinen, Korallen, besonders Forites-kvX&w sind charakteristisch
für diese Marmorkalke am mittleren Oroutes bei Djisr csch-
Schughr. Aloeoliiia frumentiformis, Nummulites variolaria und
N. Lncasana v. obsoleta vom Nähr el-Abjad im Nusairier-Gebirge
verweisen freilich als Leitfossilien für die obere Abtheilung der
Libyschen Stufe Aegyptens auf das (obere) Untereocän Zittel's.
Andererseits ist aber die wichtige Thatsache der beobachteten
Discordanz und Transgression der Eocänkalke auf Senon gerade
im Stromgebiete des Nähr el-Abjad hervorzuheben, eine Thatsache,
aus der ich auf eine wenn auch kurze Unterbrechung der ma-
rinen Absätze wenigstens im Anfang des Untereocäns in jener
Gegend schliessen möchte.
In Mittel-Syrien mögen die Nummuliten- und Korallen-Kalke
vielleicht der ganzen Eocänperiode angehören, auch dem unteren
Eocän. da sie überall concordant dem Senon auflagern.
338
II. Palaeontologischer Theil.
Plantae.
Lithothamnium sp.
Strauchartig mit dünnen Aestclien.
Vorkommen: Im Eocän - Kalk in Djisr esch-Schughr am
Ufer des Nalir el-'As_y (Orontes) und nördlich davon.
Lith 0 th a m n tu m sp.
Strauchartig mit dickeren Aasten.
Vorkommen: Im Nummuliten- Marmor westlich von Djisr
esch - Schughr am Fusse des östlichen Abfalls des Djebel el-
'Ansärije ; vereinzelt im körnigen Kalk mit Numnmlites vario-
laria (?), 1 Stunde östlich 'Aintäb.
Fora/ininifera.
Alveolina frumentiformis Schwag.
Schwager. Die Foraminiferen aus den Eocänablag. der libyschen
Wüste und Aegyptens. Palaeontographica, XXX, p. 100, t. 25,
f. 4 a — i.
Spindelförmig bis fast cylindrisch. Mittelpartie nicht bauchig
hervortretend. Abfall nach den Enden zu gering und gleich-
massig. Enden meist kugelig abgerundet, seltener spitz zulau-
fend. Vcrhältniss der Länge zur grössten Dicke vorwiegend
= 5:1. zuweilen auch geringer bis 2:1. Mittlere Länge
10 mm bei 2 mm Dicke (vergl. Schwager. 1. c. , t. 25, f. 4g).
Ein vereinzeltes gedrungeneres Exemplar misst bei 6 mm Länge
schon 3 mm Dicke und entspricht ungefähr der bei Schwager,
t. 25, f. 4h abgebildeten Form, noch mehr aber der Alveolina
cf. oblonga d'Orb. bei Schwager, ibidem, t. 25, f. 5e. von der
sie sich indess durch geringere Anzahl Kammern in einem Um-
gang (nur 10, bei A. cf. oUonga 12 — 11) unterscheidet.
7 — ^9 Umgänge mit je 8 — 10 Kammern.
Vorkommen: Häufig in den aus dem östlichen Nusairier-
Gebirge stammenden Flussgeröllen im Nähr el-Abjad, einem linken
Nebenfluss des Orontes im Norden von Djisr esch-Schughr; ver-
einzelt im Nummuliten- Kalk von Kastal Bigdäsch auf der Wasser-
scheide im nördlichen Nusairier-Gebirge zusammen mit Nummu-
lites varlolaria und N. Lncnsaiui. — In Aegypten ist A. frumen-
tiformis Leitfossil für die obere Abtheilung der libyschen Stufe.
339
Alveolina sp.
Elliptisch. Enden regelmässig gerundet. Länge mindestens
6 mm, Breite 4 mm. Etwa 1 5 Umgänge.
Vorkommen: Nummuliten - Kalk von Mischlamün östlich
Djisr esch-Schughr.
Alveolina sp.
Cylindrich. an den Enden kugelig abgerundet. Das einzige
vorliegende Exemplar, an einem Ende abgebrochen, ist 24 mm
lang. Die ursprüngliche Länge — ergänzt - muss mindestens
26 mm betragen haben. Die Dicke, 5 mm. ist in der ganzen
Länge gleichmässig.
Etwa 14 Umgänge mit je ca. 18 Kammern.
Vorkommen: In dem weissen Nummuliten - Marmor von
Mischlamün im Osten von Djisr esch-Schughr im Orontesthal.
Orlritolites cf. romplanatus Lam.
Scheibenförmig, concentrisch gestreift, in der Mitte vertieft.
Durchmesser 9 mm.
Vorkommen: Im Alveolinen - Kalk des nördlichen Djebel
el-'Ansärije. Flussgerölle im Nähr el-Abjad.
Operculina sp.
Taf. XVII. Fig. 1.
Klein. Durchmesser 5 mm. 2 — 27-2 Umgänge, langsam
zunehmend. Scheidewände regelmässig gebogen.
Vorkommen: ^Ja Stunden östlich 'Aintäb in grobkörnigem
Kalk mit Numnmlites iHiriolaria, ferner im Kieselkalk mit Pecfen
qiiinquepartitus Blanck. bei Tab nordwestlich 'Aintäb.
Operctilina sp.
Taf. XVII, Fig. 2.
Durchmesser 8 — 15 mm. 2 Y^ Umgänge, schnell zunehmend
an Breite. Scheidewände gebogen.
Vorkommen: Oestlich 'Aintäb mit voriger zusammen, ebenso
bei Tab nordwestlich 'Aintäb.
Nil muri! li(es^) variolaria Lam. sp.
Klein. Durchmesser 2 mm. Bikonisch oder linsenförmig mit
scharfem Rande, beiderseits in der Nabelregion knopfförmig an-
') Von dieser wiclitis'sten FiOcängattuiit;: Hoot mir aus Nord-Syrien
leider nur mehr un\ollstiiiidiges Material vor, da meine scliöne Samm-
lung' von Nummxditcn aus den nördlichen Nnsairier-(iebirge zwischen
Lädikije und Djisr esch-Schughr verloren gegangen ist.
340
geschwollen. Oberfläche mit genäherten, ziemlich geraden Radial-
falten versehen, welche am Rand stärker hervortreten und dort
deutlich nach hinten gekrünnnt sind. Spira regelmässig an-
wachsend. Spiralblatt viel dünner als die Kammerhöhe. Central-
kanimer klein. Tier Umgänge. Kammerwände besonders im letzten
Umgang stark gebogen.
Vorkommen: Erster Vertreter des Xummuliten-Geschlechts
im (Unter-) Eocän von 'Aintäb, vereinzelt im Feuerstein führen-
den Foraminiferen-Kalk mit Operculinen. Heterosteginen, Balanen
etc., ^/4 Stunden östlich und 1 Stunde südsüdöstlich 'Aintäb;
ferner in ähnlichem grobkörnigem Kalk bei Halise. 3 Stunden
nordnordöstlich Aleppo. — Im Nusairier- Gebirge bei Kastal Big-
däsch auf dem Gebirgsübergang von Lädikije nach Djisr esch-
Schughr im Numniuliten - Kalk zusammen mit N. Lucasana v.
ohsoleta und Ah-eolina fnvmentiformis.
Fraas führt dieselbe Art aus Uebergangsschichten von Kreide
in Eocän Palästinas an, nämlich aus den obersten Schichten des
Oelbergs. weisser Kreide mit Feuerstein, welche er noch als cre-
taceisch auflasst, da sie Osfrea vesicnlaris führen. Die Nunnnu-
liten „stellen sich'" dort aber erst „in den obersten Feuersteinen
ein, die gänzlich von den ausgezeichnet erhaltenen kleinen Ge-
häusen erfüllt sind" und wohl richtiger ähnlich wie bei 'Aintäb
als Anfang der Eocänbildungen gedeutet werden.
In Aegypten tritt N. rariolaria nach Zittel hauptsächlich
in der oberen Abtheilung der libyschen Stufe fUntereocän) , aber
auch in den jüngsten eocänen Ablagerungen in Begleitung von
K infer media und N. Fichieli auf.
Nummulifes Lucas an a v. ohsoleta de la Harpe.
De LA Harpe. Bull. sog. geol. P'rance, 1877, 3. ser., vol. V, p. 824,
t. 14, f. 8. — Mon. der in Aegj-pten und der libyschen Wüste
vorkommenden Nummnliten. Palaeont., XXX, 1883, p. 54.
Durchmesser der grössten Exemplare 5 mm bei 27-2 nun
Dicke, kleine Exemplare 3 mm bei IY2 mm Dicke. Linsenförmig,
bikonisch, oft in der Mitte verdickt mit angeschwollenem Nabel
und zugeschärftem Rand. Querschnitt rhombisch bis spindelförmig.
Centralkannner gross. Das ziemlich regelmässige Gewinde besteht
aus fünf Umgängen.
Vorkommen: Im Nummuliten-Kalk des Nusairier-Gebirges
bei Kastal Bigdäsch zusammen mit ÄlreoHna fnimeufiformis und
NumniuUtes rariolaria. Ferner in Feuersteinknollen des harten
Kieselkalks, 1^2 Stunden westlich Aintäb.
3^1
NummuJites cf. C//at;awwesi de i.a Harpe.
6 mm Durchmesser. Niedrig linsenförmig. Oberfläche glatt
Rand gekielt (?). Centralkammer klein. Fünf Umgänge, im Ver-
hältniss von 1 : P/a bis 1:2 an Breite zunehmend.
Vorkommen: In einem grünlich grauen, buntkörnigen,
porösen, conglomeratartigen Kalkgestein bei Tab. 3 Stunden nord-
westlich -Aintäb an den Quellflüssen des 'Afrin (Obereocän?).
Nnmmulites intermedia d'Arch.
Durchmesser 11 mm, 10 — 12 Umgänge. Schale stark wellig
gebogen, linsenförmig niedergedrückt. Obei-fläche glatt. Septal-
wanderungen wellig hin und her gebogen, schnurförmig , ver-
schmelzen in unregelmässiger Weise mit einander, sodass ein Netz
von wurmförmig gewundenen, länglichen Maschen entsteht.
Vorkommen: Mit voriger zusammen in conglomeratarti-
gem, sandigem Kalkgestein, nordwestlich von Aintäb am Wege
nach Mar'asch (Obereocän?).
Nummulites Fichteli Mich.?
Durchmesser 3 — 3^/4 mm. Dicke 1 — 1 Y2 mm. Linsen-
förmig, in der Mitte angeschwollen. Rand stumpf oder schnei-
dend. Oberfläche glatt. Wird dieselbe geätzt, so sieht man eine
netzförmige Zeichimng von polygonalen, nicht verlängerten Maschen.
Vorkommen: Mit voriger zusammen bei Tab nordwestlich
'Aintäb. auf dem rechten Ufer des oberen "Afrin.
Nummulites div. sp.
Vorkommen: In den Nummuliten- und Alveolinen- Kalken
der Kammhöhen und Westabfälle des Djebel el-'Ansärije (Kastal
Bigdäsch, Dämat, Ruweise el - Hersch) ; Gebirge im Osten des
mittleren Nähr el-'Asy (Mischlamün bei Djisr esch-Schughr, Dje-
bel el-Alä); Umgegend von 'Aintäb.
Ueber das angebliche Vorkommen von Nummulites Gisehensis
Ehr. und N. cnrvispira Men. bei Arablar im Nordwesten von
'Aintäb siehe oben im geologischen Tlieil dieser Arbeit.
Aus Mittel-Syrien kann ich nur anführen:
Nummulites curvispira Men.
Durchmesser 8 mm. Umgänge 7 bei einem Radius von 4 mm.
8 Scheidewände auf ^/i des dritten, 12 — 13 auf Y4 des sie-
benten Umganges. Centralkammer sehr gross. Umgänge vom
Centrum nach aussen an Entfernung zuerst abnehmend, später
sich gleichbleibend.
Vorkommen: Ba'albek.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 2. 23
342
Aus Süd -Syrien werden noch von Lartet erwähnt:
Nummulites Biarritzensis d'Arch.,
— Guettardi d'Arch.
aus Kalkstein und kreideartigem Mergel mit Feuerstein vom Djebel
Garizim. von Sichern und Saida, Schichten, welche dort unmittel-
bar über der Kreide liegen.
Heterostegina assilinoides n. sp.
Taf. XVn, Fig. 4 — 6.
Durchmesser 16 mm. Oberfläche glatt. In der Mitte knopf-
förmig verdickt. Umriss annähernd kreisförmig. 2 — 3 Umgänge.
Spiralblatt äusserlich kaum zu erkennen (vergl. Fig. 4 a). Haupt-
septa dicht gedrängt in langen, wellig gebogenen Spiralen, der
Peripherie fast parallel, um das Centrum kreisend und nach ihm
hinstrebend. So haben Bruchstücke dieser Heterostegina voll-
ständig das Aussehen von Assilinen und erinnern auch an Orbi-
culinen (0. numismalis d'Orb. des Pliocäns).
Secundärsepta senkrecht zu den Hauptsepten, häufig noch
dichter als diese gedrängt ; daher Kammerabtheilungen meist
oblong, in radialer Richtung gestreckt, wie dies Fig. 4a zeigt.
Diese schmale Beschaffenheit der kleinen Kammern ist aber
keineswegs innner vorhanden, sondern ihre Gestalt variirt. Sind
die Kammertheile mehr quadratisch bis sechseckig rundlich und
die Hauptsepta mehr radial (vergl. Fig. 5). so ist diese Hete-
rostegina von H. ruida Schwager aus dem Eocän Aegyptens nur
durch die grössere Nähe beider Arten von Septen und die demge-
mäss viel grössere Zahl der Kammerabtheilungen zu unterscheiden.
Vorkommen: Häufig östhch "Aintäb in Feuerstein führen-
dem Kalk mit Operculinen, Nummulites variolaria, Pecfen (Unter-
eocän).
Orhitoides sp.
Linsenförmig, fast regelmässig gewölbt. Abfall von der
Mitte zu den Rändern gleichmässig; Rand scharf. Durchmesser
3 — 7 mm. Dicke ^/^ — 2 mm. Durchschnitt spindelförmig.
Vorkommen: Sehr häufig in den Feuersteinen 1 Y2 Stunde
westlich 'Aintäb.
Orhitoides sp.
Flach scheibenförmig, in der Mitte einerseits knopfförraig
angeschwollen. Durchmesser 7 mm. Dicke 1 mm, im Centrum
2 mm. Durchschnitt mehr oder weniger parallelrandig.
Vorkommen: Mit voriger zusammen sehi' häufig in den-
selben Feuersteinknollen.
343
Anthofioa,
Porites intertninata n. sp.
Ein Knollen (abgerundetes Flussgerölle) von 13 : 10 : 6 cm
Durchmesser, ganz aus dieser Koralle zusammengesetzt.
Die einzelnen Sternzellen sind als solche nicht zu erkennen,
da eine deutliche Umgrenzung fehlt. Der Querschnitt entspricht
vollkommen demjenigen von Porites raniosa Cat. bei Reuss ^
Es ist ein feines unregelmässiges Gewebe von kurzen Fasern, die
an knotigen Verdickungen unter einander verbunden sind. Nur
mit Mühe erkennt man hie und da etwa sechs oder zwölf solcher
Fasern in radialer Stellung, die nach einem Centrum streben,
aber kurz vor demselben in einer knotigen Verdickung endigen,
den sechs bis sieben Pfählchen, welche direct unter einander ver-
bunden scheinen. Innerhalb dieses Kranzes erscheint im Centrum
ein schwach entwickeltes Säulchen.
Die Längsansicht der Zellen zeigt feine parallele oder kaum
divergirende „Stäbchen", die durch dünnere, kurze Querfäden
verbunden sind, daher in verticaler Reihe stehende rundliche
Löcher zwischen sich lassen. Es entsteht dadurch ein zartes,
symmetrisches Netzwerk, genau wie bei Pontes incrustans Defr.
sp. aus dem Miocän^).
Diese Koralle war nicht ästig verzweigt, wie die eocäne
Porites ramosn und mehr oder weniger auch P. nuwmulitica,
sondern bildete vermuthlich grosse zusammenhängende, massive
Stöcke, wovon ein abgerundetes grosses Bruchstück vorliegt.
Schichtung wie bei P. ramosa ist nicht vorhanden.
Da das GeröUe oberflächlich mit Bohrmuschellöchern behaftet
ist, die letzte Meeresbedeckung der betreffenden Localität, wäh-
rend welcher diese Löcher entstanden sein konnten, aber in das
Miocän fällt, so vermuthe ich, dass die Koralle selbst älteren
Datums ist, also dem am Nähr el-Abjad hauptsächlich verbrei-
teten Eocän angehört, in dem die Gattung Porites zweifellos auch
durch die folgende Form vertreten ist.
Vorkommen: Flussgerölle im Nähr el-Abjad, einem linken
Nebenfluss des Orontes nördlich von Djisr esch-Schughr im Djebel
el-'Ansärije.
Porites cf. incrustans Defr. sp.
Steinkern. Bildet deutlich übereinander liegende Schichten.
Die einzelnen Zellen sind an der sternförmigen Anordnung der
') Reuss. Anthozoen und Bn,-ozoen von Crosara. Denkschr. d.
k. Akad. d. Wiss. math.-naturw. Cl, XXIX. Bd., 1869, t. 26, f. 3.
•') Bei Reuss. Denkschr. d. Wien. Ak., XXXI, 1872, t. 17, f. 6.
23=^
344
ausgefüllten Zwischenräume zwischen den Sternlamellen, die selbst
meist verschwunden sind, erkennbar.
Diese Porites-Form lässt sich kaum unterscheiden von dem
Pontes incrustans des Miocänkalks im Norden des Djebel el-"Okrä
und von Beirut.
Vorkommen: Im Eocänkalk der Stadt Djisr esch-Schughr
am Ufer des Orentes.
Heliastraea Livoniani n. sp.
Taf. XVII, Fig. 7 — 8.
Die Kelche sind einander genähert und von rundlicher bis
länglich ovaler Form. Sie besitzen einen dicken Rand. Dieser
wie auch die Kelchmitte ragen etwas aus ihrer Umgebung empor.
Der Durchschnitt der Kelche beträgt 7 — 11 mm. Es sind
drei deutliche Cyclen von Septen vorhanden, deren erster von
12 Septen bis zur dicken spongiösen Axe reicht. Die Septen
werden in grossen Abständen durch sehr dünne Endothekallamellen
verbunden.
Die ca. 48 Rippen stossen in den Zwischenräumen der
Kelche winklig zusammen. Zwischen ihnen finden sich zahlreiche
dicke Exothekallamellen.
Vorkommen: Von Herrn Prof. Livonian aus 'Aintäb im
Eocän 4 Stunden nordwestlich 'Aintäb auf dem Wege nach
Mar'asch gesammelt.
Solenastraea sp.
Taf. XVn, Fig. 9.
Knolliger Polypenstock. Kelche vertieft, von kreisrunder
Form. Durchmesser 3 — 4 mm.
Septa sehr dünn, zickzackförmig hin und her gewunden.
Drei deutliche Cyclen. Erster Cyclus von 10 — 12 Septen bis in
die Nähe der Mitte reichend, an seinem Innenrand oft verdickt.
Axe spongiös, rudimentär, im Querschnitt nur in undeutlichen Spu-
ren erscheinend. Ganze Zelle meist von blasigem Endothek erfüllt.
Rippen kurz. Zellen unter einander durch bald reichliche,
bald spärliche Exothek verbunden.
Vorkommen: Im Eocän? bei 'Arablar nordwestlich 'Aintäb
von Herrn Prof. Livonian gesammelt.
Isastraea Michelottina Cat. sp.
Astraea 3IicIielottina Catullo: Dei terr. sedim. sup. delle Venezie
etc., p. 60, t. 13, f. 1.
Prionastraea Michelottina Meneghini in d'Achiardi: Corall. foss.
del terr. numm. dell' Alpi Venete. Catalogo delle specie etc.,
1867, p. 7.
345
Isastraea Mtchelottina Reuss: Die fossilen Anthozoen und Bryo-
zoen der Schichtengruppe von Crosara. Denkschr. d. k. k. Ak.
d. Wiss. Wien 1869, XXIX, p. 247, t. 24, f. 1.
Vorkommen: Diese Art des Obereocäns von Crosara fand
ich in mehreren Stücken im Nnmmuliten-Kalk fObereocän) zwi-
schen Tab und -Arablar nordwestlich Aintäb.
Desmocladia septifera Reuss.
Besmodadia septifera Reuss: Paläont. Studien über die älteren
Tertiärbild. d. Alpen, I. Die fossilen Anthozoen der Schichten
von Castelgomberto. Denkschr. d. Wien. Ak., 1868, XXVIII,
p. 37, t. 55, f. 1—4.
Vorkommen: Sieben Stunden nördlich 'Aintäb gesammelt
von HeiTn Prof. Livonian. — • Sonst ist die Art nur bekannt
vom Monte Sta Trinita bei Castelgomberto (Oligocän).
Trochosmilta? sp.
Niedrige Einzelkoralle von elliptischem Querschnitt. 4 cm
lang. 3V2 cm breit. Septen dünn, geradlinig, fast bis zur Mitte
reichend, schwach gekörnelt, an Zahl ungefähr 72. Die Aussen-
wand ist mit scharf leistenartig hervortretenden Rippen bedeckt,
unter denen etw'a 12 mehr als die übrigen (4 mm weit) schneidig
vorragen. *
Vorkommen: Bei Tab nordwestlich 'Aintäb in dunklem
Hornstein, der erfüllt ist von Operculinen.
Trochosmilia? sp.
Steinkern. Niedrig kreiseiförmig, seitlich zusammengedrückt.
20 mm hoch. 35 mm lang, 28 mm breit. Ungefähr 100 Septen.
Vorkommen: Im Alveolinen-Kalk am Nähr el-Abjad im
nördlichen Nusairier- Gebirge.
Stylophora cf. Bamesi Felix.
Taf. XVn, Fig. 10.
Vergl. Stylop/m-a Bamesi Felix: Korallen aus ägypt. Tertiärbild.
Diese Zeitschr., 1884, p. 434, t. 4, f. 1 — 4.
Aestiger Korallenstock. Aeste seitlich comprimirt, 5^8 mm
breit, 3 mm dick.
Die warzenförmig hervortretenden Kelche stehen ziemlich
dicht; ihre gegenseitige Entfernung ist ebenso breit als sie selbst.
Sie gruppiren sich in schräg nach oben gerichteten Spiralen. Der
ümriss der Kelche ist oval. 1 mm lang. 7^ J""i breit. Sie sind
rings von einem scharfen . steil aufragenden Rand umgeben.
Septalapparat nicht erhalten.
346
Die Oberfläche rles zwischen den Zellen befindlichen Coenen-
chyms zeigt feine, gekörnelte, wenig gebogene Linien, welche,
von den Kelchen ausgehend, meist in verticaler Richtung oder
schräg aufwärts verlaufen. Ein besonderes Zäpfchen am Unter-
rand des Kelches, von dem bei Sti/lopJiora Damesi diese Linien
ausgehen, wurde nicht beobachtet. Die Rippchen sind sowohl
unter als neben und über den Kelchen vorhanden.
Vorkommen: Ln grauen Hornstein südlich von 'Aintäb. —
Stylophora Damesi Felix stammt aus der untertertiären Schicht
„AA" Schweixfurth's vom Nordabhang der Steilwand, 100 Fuss
über dem Wadi Bela ma nördlich Wadi Dugla in Aegypten.
Echinoidea,
Echinolompas aintahensis n. sp.
Taf. XMIL Fig. L
Länge 65 mm. Breite 60 mm. Höhe 27 mm. Umriss breit
elliptisch. Grösste Breite in der Mitte der Längsausdehnung.
Oberseite niedergedrückt, gleichniässig gewölbt, in der Mitte am
höchsten. Scheitel excentrisch nach vorn. Unterseite fast flach,
gegen die Ränder sehr gerundet, leicht kissenförmig, um das
Peristom etwas eingesenkt.
Die vier Genitalporen weit offen; Madreporenplatte in der
Mitte des Scheitelapparates.
Porenfelder ungleich lang und ziemlich breit. Das vordere
unpaare etwas kürzer als die vorderen paarigen. Bei letzteren
sind die vorderen Porenzonen nur schwach gebogen, die hinteren
um 13 Porenpaare länger als die vorderen. Die hinteren Ambu-
lacren sind länger als die drei vorderen; ihre beiden Porenzonen
sind genau gleich lang. Die sechs hinteren Porenzonen sind
gegen den Scheitel etwas eingedrückt. Sämmtliche fünf Zwischen-
porenzonen merklich erhaben.
Die Unterseite ist an dem vorliegenden Exemplar schlecht
erhalten. Die Afterlücke liegt hinten hart unter dem Rand und
ist von quer elliptischem Umriss.
Verwandtschaft: Diese Art hat ihre nächsten Verwandten
im Eocän Aegyptens. von denen sie sich aber wohl unterschei-
den lässt:
Ech. Perrieri de Lor. ^) aus den obersten Nummuliten - Ab-
lagerungen östlich der Oase Sinah hat im Verhältniss zur Länge
eine geringere Breite. Die Poreiizoncn sind in allen Ambulacren
eingedrückt, die der hinteren Ambulacren ungleich lang.
') De Loriol. Eocene Echiniden aus Aegvpten und der libvsch.
Wüste. Palaeont, XXX, 2. Cassel, 1883, p. 25, t. VII, f. 2 — 3.
347
Bei E. Aschcrsoni de Lor. ^) aus der Mokattamstiifc der
Oase Beharieh sind die Fühlergänge alle viel länger, die Inter-
poriferenzone nicht erhaben. Die grösste Wölbung liegt excen-
trisch vorn am Scheitel.
E. istrianus Bittn. -) aus dem südalpinen Eocän ist höch-
stens 51 mm lang und vorn am breitesten, auch höher gewölbt.
E. discoideus d'Arch. ^) hat denselben Umriss und dieselbe
Höhe. Nur ist der Scheitel der höchste Punkt. Die Petala sind
länger und flach. Ein EcJdnolampas von ähnlicher Beschaffenheit
wie E. discoideus wird von d'Archiac*) aus Kleinasien (Kappa-
docien) citirt. Möglicherweise ist dieser mit der vorliegenden
Form des Kurdengebirges ident.
Vorkommen: Aus der Gegend von 'Aintäb, mit verän-
derter Schale erhalten, aus hartem Kalk stammend (Geschenk des
Herrn Prof. Livonian).
Echinolampas sp. äff. Stiessi Laube.
Tat". XYin, Fig. 2.
Vergl. Denkschr. d. k. Akad. d. Wiss. Wien, XXIX, 1869, p. 247,
t. 4, f. 2.
Längsdurchmesser 86 mm, Breite 79 mm. Höhe 24 mm.
Noch etwas flacher als E. Snessi. Scheitel noch excentrischer
nach vorn gerückt. Ambulacra etwas hervorragend aus der all-
gemeinen Oberfläche. Porenzonen nicht bis zum Rande reichend,
blos ^/i des Radius einnehmend. Genitalporen schwach erkennbar.
Unterseite gegen das Peristom etwas eingesenkt.
Vorkommen: Wie vorige aus Kalk von •Aintäb, mit Schale
gut erhalten.
Ananchytes orhicularis n. sp.
Ein Exemplar mit Schale.
Halbkugelig. Grösste Breite und Länge an der Basis. Letz-
tere kreisförmig, nur hinten etwas zugespitzt, ebenso lang als
breit (72 mm). Vom abgerundeten Rande der Basis erhebt sich
die Schale zuerst steil, dann in regelmässiger Wölbung zu einer
Höhe von 44 mm am Scheitel. Basis etwas vertieft. In der
Mitte verläuft vom Munde, der in einer vertieften Grube liegt,
1) De Lokiol, 1. c, p. 28, t. VIII, f. 2.
*) BiTTNER. Beitrag zur Kenntn. d. altt. Echiniden der Südalpen,
p. 36, t. VlII, f. 1—2.
^) DArchiac et Haime. Anim. foss. de l'Inde, p. 209, t. 14, f. 3.
*) D'Archiac, Fischer et de Verneuil. Paleontologie de l'Asie
mineure, p. 185.
348
ein Wulst zum After. Letzterer ist rundlich und liegt hart
am Rand.
Oberseite glatt, ohne Furchen, nur die hinteren Interambu-
lacralfelder erheben sich ein wenig gegen das Periprokt hin. Sänimt-
liche Interanibulacraltafeln von gleicher Höhe. Anibulacraltafeln viel
niedriger, ungleich, gegen oben an Höhe abnehmend. An den
Seiten über dem Rand entsprechen einer Interambulacraltafel 1 Y2
Anibulacraltafeln. Nahe dem Scheitel ist das Verhältniss 1 : 5.
Poren eiförmig, durch eine seichte Furche paarweise ver-
bunden. Porenpaare horizontal.
Verwandtschaft: Der Unterschied von der nächstver-
wandten Ä. ovata und allen anderen auf die Kreide beschränkten
Arten dieser Gattung beruht in der kreisförmigen Gestalt der
Basis. Auch hat A. ovata keine vertiefte Basis.
Vorkommen: Aus weichem, hellem Kalkstein, eine Stunde
südlich Aintab gesammelt von Herrn Prof. Livonian, wahrschein-
lich aus denselben Schichten wie Sehizaster vicinalis, ScIi. ? cf.
amhulacrum und Seh. cf. rimosus. Ich selbst habe den speciellen
Fundpunkt nicht besucht , in seiner Nähe aber sah ich nur
eocäne Schichten.
Ananchytes sp. cf. orhiciilaris Blanck.
Kieseliger Steinkern. Basis kreisförmig oval, 68 mm lang,
64 mm breit, vorn abgestumpft, hinten nur wenig zugespitzt, von
den Seitenrändern aus nach der Mitte stark eingesenkt. In der
Längslinie zwischen Mund und After eine wulstartige Erhebung.
After rund, direct am Rande.
Oberseite relativ niedriger gewölbt als bei voriger Form,
von der Basis schief aufsteigend. Höhe 24 mm. Sonst wie vorige.
Verwandtschaft: Die flachere Wölbung und geringere Höhe
ist vielleicht nur durch die Art der Versteinerung nachträglich ent-
standen, und es gehört das Individuum doch noch zu voriger Art.
Vorkommen: In dem eocäncn Kieselkalk resp. Hornstein
von 'Aintab gefunden von Herrn Livonian, vermuthlich zusam-
men mit Pencosmus sp. . der genau dieselbe Erhaltungs- und
Gesteinsart zeigt.
Sehizaster vicinalis Ag.
COTTEAU. Pal. fran§., p. 328, t. 98 — 99.
Dames. Palaeontrgr., XXV, t. 9, f. 4.
Vorkommen: Mit Schale wohl erhalten aus einem weissen,
weicheren Kalkgestein der Umgegend von 'Aintab, gesammelt von
Herrn Livonian. Die Art ist sonst nur bekannt aus oberem
Eocän.
349
Schizaster cf rimosus Ag.
Taf. XVm, Fig. 3.
CoTTEAU. Pal. frang., t. 100.
Ein weniger gut erhaltenes Schalenexemplar zeigt mit S.
rimosHs die grösste Aehnlichkeit , ist aber nicht genauer be-
stimmbar.
Vorkommen: Vermuthlich in denselben Schichten, hellem
Kalkstein, wie vorige Art bei 'Aintäb gefunden von Herrn Livonian.
Schizaster sp.
Taf. XVIII, Fig. 4.
Kieseliger Steinkern. Länge 39 V2 mm. Breite 37 mm. Höhe
2572 mm. Schale breit eiförnig. Seitenränder gerundet. Vorder-
rand unmerklich eingebuchtet. Hinten wenig verschmälert. Ober-
seite hoch gewölbt. Der höchste Punkt liegt auf dem Interam-
bulacralfelde etwas excentrisch nach hinten. Unterseite gewölbt.
Hinterseite vom Periprokt an bis zur Unterseite plötzlich schief
abgestutzt.
Scheitelapparat excentrisch nach vorn gelegen. Das unpaare
Ambulacrum, 16 mm lang, liegt in einer breiten, regelmässig
concaven Furche, welche, vom Ende der Poren an seichter wer-
dend, sich deutlich erkennbar bis 7A\m Peristom fortsetzt, wo sie
sich wieder vertieft. Die Poren jedes Porenpaares durch ein
Korn getrennt. Porenzonen breit, etwa von derselben Breite wie
die Zwischenporenzone.
Vordere Interambulacralfelder gekielt. Die vorderen paa-
rigen Ambulacra, 12 mm lang, liegen in einer noch tieferen,
schwach S förmig gekrümmten Furche. Im Ganzen bilden sie in
ihrer allgemeinen Erstreckungsrichtung mit einander einen Winkel
von ungefähr 86 ". Porenzone breiter als die Interporiferenzone
und als die Porenzone des unpaaren Ambulacrums, ganz auf den
aufsteigenden Seitentheilen liegend, die äusseren Poren beinahe
oben auf dem Rand. Interporiferenzone sehr schmal, die Rinne
bildend.
Hintere paarige Ambulacra sehr kurz, 4^2 mm lang,
von kreisrundem Umriss.
Die Furchen der zwei kurzen hinteren Ambulacra setzen sich
auf der Oberseite noch deutlich bis zur Höhe des Afters fort.
Peristomgegend vertieft. Das Peristom scheint dreieckig ge-
wesen zu sein mit stumpfem Winkel an der vorderen Seite oder
Oberlippe. After eiförmig, an der unteren Seite zugespitzt, oben
gerundet. Darunter befindet sich eine flache Area, der abge-
stutzte Theil der Hinterseite.
350
Verwandtschaft: Dieser Schizasfer steht dem Seh. foveatus
Ag. aus dem französischen Eocene superieure ') und aus den
tiefststen und höchsten, Nummuliten führenden Lagen der liby-
schen Wüste und des Djebel Mokattam-) nahe. Indessen giebt
es genug Unterschiede, um beide leicht auseinander zu halten,
so besonders die geringere Grösse, die subcentrale Lage des
Scheitelapparates, den stumpfen Winkel der vorderen paarigen
Ambulacren. die relativ grössere Länge der hinteren Ambulacra
etc. bei Seh. foveatus.
Vorkommen: In der Umgegend von 'Aintäb aus kiesel-
reichem Kalk, gesammelt von Herrn Livoxian.
Schizaster? sp.
Taf. XVm, Fig. 5.
Ein Exemplar mik Schale erhalten. Länge 60 mm, Breite
61 mm, Höhe 3272 mm. Form und Grösse stimmt mit Sehi-
caster lucidus Laube emend. Dämes ^) überein; nur ist der
Vorderrand etwas weniger ausgebuchtet, und die Wärzchen im
Plastrum stehen so dicht wie bei Seh. ambulacrum Desh. sp.'*).
Diesen Seeigel könnte man sehr wohl als eine Zwischenform
von Schizasfer lucidus Laube und Seh. ambulacrum Ag. ansehen,
wenn nicht der aufli'allende Umstand vorhanden wäre, dass die
für die Gattung Schizasfer charakteristischen Lateralfasciolen trotz
der relativ guten Erhaltung der Oberseite nicht zu sehen sind,
während man die Peripetalfasciolen sehr wohl beobachtet. liCtz-
tere springen zwischen den Ambulacralfeldern winklig ein, die
Ambulacra sind alle stark vertieft: es kann also von einer He-
miaster - Art nicht die Rede sein. Vorläufig möchte ich dieses
Fehlen der Lateralfasciolen nur für individuell und zufällig hal-
ten; anderenfalls hätte man ein neues Genus vor sich.
Ditremaster sp.
Taf. XVm, Fig. 6.
Kieseliger Steinkern. Länge 33 mm. Breite 29 mm. Höhe
17 mm. Hat die Grösse von Ditremaster dux (Des.) Munier
Chalm. bei Cotteau, Pal. franQ. Echinides, t. 118, während er
^) Cotteau. Pal. fran?., Echinides, t. 106.
^) De Loriol. Eoeäne Echiniden aus Aegypten u. d. lib. Wüste.
Palaeont., XXX, 2, 1, p. 44, t. 9, f. 8 — 9.
5) Laube. Echin. Vic. Tert., p. 32 (ex parte). — Dames. Die
Echiniden d. vicentin. Tertiärabi. Palaeont., XXV, p. 69, t. 10, f. 1.
*) Deshayes. Coq. caract., p. 225, t. 7, f. 4. — Agassiz. Cat.
syst. Ech. foss., p. 3. — Dames. Echin. d.vicent. Tert., p. 60, t. 10,
f. 1. — Cotteau. Pal. fran^., t. 95.
351
in der Form mehr dem D. Begrangei Cotteau, ibidem, t. 118,
f. 5 — 9 entspricht.
Vorkommen: Grauer, kieseliger Kalk oder Hornstein bei
'Aiutäb, gesammelt von Herrn Livonian.
Pericosmus sp.
Zwei kieselige Steinkerne aus grauen Hornsteinschichten bei
'Aintäb.
Eupatagus sp.
Zahlreiche Abdruckfragmente im gelblichen Hornstein süd-
lich 'Aintäb.
Bryo&oa.
Membranipora sp. 1 in grauem und gelblichem Horn-
Eschara sp. } stein im Süden und Nordwesten
Cupularia? sp. j von Aintäb.
Latnellihranchiata,
Anoniia sp.
Flach. 35 mm hoch. 25 mm breit, mit ca. 50 dicht ge-
drängten, concentrischen Anwachsstreifen und zarten Radiallinien.
Vorkommen: Im weissen Kreidekalk von 'Aintäb (Unter-
eocän), am Hügel des Syrian Protestant College der amerika-
nischen Mission, auf Valuta hurpa aufsitzend.
Pecten Livoniani n. sp.
Taf. XIX, Fig. 1 a. b.
Pecten sp. ind. cf. laerüjatus Goi.df. bei Fischer, d'Archiac et
DE Verneuii.. Paleontologie de TAsie Mineure, p. 147 in
TcHiHATCHEFF : Asie Mineure.
Maasse zweier mit Schale erhaltenen Individuen:
Höhe . . 34 beziehungsweise 36 mm,
Länge . . 33 „ 35 „
Dicke . . 12 „ 13 „
Im Maximum erreichte diese Art nach den vorliegenden
hierher gehörigen Steinkernen 44 mm Höhe bei 43 mm Länge.
Fast gleichklappig, aber ungleichseitig, schief rundlich, indem
die Schale in einer schiefen Querlinie parallel der Basislinie des
vorderen Ohres ausgedehnt ist. Wölbung bei beiden Klappen
ganz gleichmässig.
18 — 19 glatte Rippen laufen gleichmässig über die Ober-
fläche, nacli den Septen regelmässig an Stärke zunehmend.
352
Auf der linken Klappe sind die Rippen ein wenig höher und
von halbkreisförmigem Querschnitt, gegen den Rand zuweilen mit
sehr stumpfer Kante in der Mitte versehen. Auf der rechten
Klappe sind sie mehr abgeflacht.
Die Zwischenräume zwischen den Rippen sind auf beiden
Schalen gleich gross, daher ebenso breit wie die Rippen. Coii-
centrische Streifung ist sehr zart vorhanden und leicht verwischt.
Ohren ungleich, glatt. Das vordere Ohr tiefer in Folge des
unsymmetrischen Zurücktretens des berippten Schildes.
Verwandtschaft: Diese Art steht unzweifelhaft am näch-
sten dem Pecten Jaengatus Golfuss. Petr. Germ., p. 68, t. 97,
f. 6, aus dem Oligocän von Bünde, von dem er aber doch durch
einige Merkmale unterschieden ist. P. laevigatus lerreicht eine
Grösse von 30 mm. Die Rippen sind gerade auf der rechten
Schale schmaler und höher und mit stumpfer Kante versehen,
auf der linken breiter und flacher. Die vorderen Ohren haben
zwei deutliche, die hinteren drei schwache Radialfurchen.
Bemerkung: Ich nenne diesen Pecten zu Ehren des Pro-
fessors der Naturwissenschaften. Herrn Livonian, am 'Aintäber
College der amerikanischen Mission, welcher die vorliegenden
Stücke auf dem Gartengrundstück des College in 'Aintäb gesam-
melt und mir freundlichst geschenkt hat.
Vorkommen: Lichter, weicher Kalkstein und kreideartiger
Mergel von Aintäb. — Tchihatcheff ^j erwähnt von Gökagatsch
und nordwestlich Angora im nördlichen lOeinasien aus einem
weissen Kalk neben einer Reihe anderer Eocänfossilien (z. B.
Nummnlites Lucasann) einen Pecten äff. laevigatus Goldf., der
höchst wahrscheinlich identisch ist mit unserer Art.
Pecten quinquex>artitn,s n. sp.
Taf. XIX, Fig. 2 — 3.
? Pecten äff. opercularis d'Archiac, Irischer et de Verneuil. Pa-
leontol. de l'Asie Mineure, 18G6, p. 146. — TcHfflATCHEFF.
Geologie de l'Asie Mineure, 1867, p. 223 und 238.
Steinkerne und Abdrücke. Höhe 36 mm. Breite 33 mm.
Beide Schalen convex, ziemlich gewölbt, gleichseitig, nahezu
gleichschalig.
17- — 20 dachförmige Rinnen schliessen sich ohne merkliche
Zwischenräume direct an einander. Jede Rippe ist mit 5 Reihen
von Schuppen verziert, die auf dem Abdruck längliche, quer ge-
stellte Löcher hinterlassen haben. Die zwei äussersten, am tief-
sten liegenden Schuppenreihen führen kleinere, an Zahl mindestens
^) Geologie de l'Asie mineure, p. 238.
353
anderthalbmal so viele Schuppen als die drei mittleren Reihen.
In dem sehr schmalen Zwischenraum zwischen den fünfgetheilten
Rippen zeigt sich oft noch eine einzige Reihe ganz winziger
Schüppchen.
Ohren gross, mit 7 — 10 schuppigen Radialstreifen. Das vor-
dere Ohr ein wenig länger, an der Basis ausgeschweift.
Verwandtschaft: Dieser Fecten gehört zu der vielgestal-
tigen Gruppe des Pecien opercnlnris etc., von der man viele
Vertreter von der Kreideperiode bis zur Jetztzeit kennt. Ver-
wandte Formen sind besonders:
Pecten mimidus Coq. aus dem Urgon Algeriens,
— sectns (lOLDF. aus Grünsand von Quedlinburg,
— Palassoui Leim, aus der Oberen Kreide der Pyrenäen,
— suhtripartitus d'Arch. 1 j r^ •• -o
,,,, , • , . } aus dem Eocan von Bayonne,
— Ihorenh d Arch. j
— Trhiliafcheffi d'Arch. aus dem Eocän Kleinasiens.
— helUcosintns Wood aus dem Eocän Englands,
maerofis Sow. aus dem Miocän von Lissabon,
— Malvinae Dub. bei Fuchs fnon Hörnes) aus dem Miocän
Aegyptens.
— opercularis aus Pliocän und Jetztzeit.
Unter den eocänen Formen sind bei Pecien suhtripartitus
d'Arch. ^) die Rippen auch in mehr als zwei Längsstreifen ge-
theilt, aber die Theile zeigen nicht so hohe Schuppen; vor Allem
sind die Rippen viel zahlreicher (26 — 28). Der Name P. Tho-
renti d'Arch. bezieht sich auf eine flache rechte Schale mit 22 bis
23 halbkreisförmigen schuppigen Rippen, zwischen denen breite,
ebenfalls längsgestreifte, ebene Zwischenräume sich befinden,
jP. heUicostatus Wood, ^) hat 20 — 24 abgerundete Rippen
mit dachziegelförmigen Schuppen. Die ebenso breiten Zwischen-
räume zeigen 5 Strahlen feinerer und dichter stehender Schuppen.
Das vordere Ohr der rechten Klappe ist nicht wie das unserer Art
bedeckt mit feinen gekörnelten Strahlen, sondern zeigt besonders
am Grunde concentrische Anwachsstreifen.
P. Tcldhntcheffi d'Arch.^) ist relativ flach und trägt 25
schmale, wenig ausgesprochene Rippen.
Näher könnte stehen P. atf. opercularis d" Kucn.'^) , ebenfalls
>) Mem. SOG. geol. France, I. ser., tome 3, p. 434, t. XII, f. 14—16.
^) A monogr. of the Eocene Bivalves of England. The palaeont.
Society, 1870, p. 38, t. 8, f. 11.
ä) d'Auchiac, Fischer et de Verneuil. Paleont. de TAsie Mi-
neure, p. 143, t. 4, f. 6.
*) Ibidem, p. 146.
354
aus dem kleinasiatischen Eocän, bei dem indess breite Zwischen-
streifen zwischen den 18 — 20 Rippen und eine Höhe von 80 mm,
eine Breite von 70 mm angegeben werden.
Vorkommen: Als Steinkerne und Abdrücke vereinzelt in
grauem Hornstein südlich 'Aintäb. häufig in hartem, gelblichem
Kieselkalk zusammen mit zahlreichen Operculinen nordwestlich
'Aintäb, zwischen dieser Stadt und dem Dorfe Tab, unter dem
eigentlichen weissen Nummuliten - Kalk; schliesslich in ähnlichen
harten . kieseligen Lagen im Nummuliten - Kalk selbst zwischen
Tab und 'Arablar.
Pecten div. sp.
Verschiedene unbestimmbare Abdrücke im weissen Alveolinen-
Kalk am Nähr el - Abjad nördlich Djisr esch - Schughr im Nu-
sairier - Gebirge ; in weissem, körnigem Kalk mit Niimmniites va-
riolaria Lam. östlich Aintäb; in grauem Hornstein südlich 'Aintäb.
Cardita aintabensis n. sp.
Taf. XIX, Fig. 4 — 7I).
Schale quer eiförmig länglicJi bis viereckig, 32 mm lang,
23 mm hoch.
20 schmale hohe Rippen werden getrennt durch flach con-
cave Zwischenräume, die gegen den Wirbel relativ breiter als
die hier schärferen Rippen, gegen den Rand ebenso breit als
diese sind. üeber Zwischenräume und Rippen laufen concen-
trische Anwachslamellen. Hinter den vom Wirbel zum Hintereck
verlaufenden Rippen erscheint auf der Hinterseite der linken
Schale constant eine breite Furche, hinter ihr bis zum Schloss-
rand noch zwei feineren Rippen.
Schloss beider (?) Schalen mit je einem? Schloss- und einem
leistenartigen hinteren Seitenzahn.
Verwandtschaft: Aeusserlich im Umriss und in der An-
zahl der Rippen gleicht diese Art der Cardita Bazini Desh. ")
aus den oberen Sauden von Ormoy im Pariser Becken (Mittel-
oligocän), doch sind dort die Rippen mit Warzen oder Schuppen
versehen, und das Schloss zeigt wesentlich andere Beschaffenheit.
Vorkommen: Zahlreiche Steinkerne und Abdi'ücke im i'öth-
lich grauen Hornstein, Y2 Stunde südlich 'Aintäb.
') Vergl. die Anmerkung auf der Tafelerklärung.
') Deshayes. Animaux sans vertebres du bassin de Paiis, I,
p. 775, t. 60, f. 1 — 3.
355
CrassateUa comprcssa Lam.
Taf. XIX, Fig. 8 — 10.
Orassatdla compressa Deshaybs: Desci-. des coq. des environs de
Paris, t. III, f. 8—9 und t. V, f. 3—4 (varietas c).
Vorkommen: Sehr häufig als wohl erhaltene Steinkerne
und Abdrücke in dem rötlilich grauen Hornstein, ^2 Stunde
südlich 'Aintäb, zusammen mit voriger Art. Sonst bekannt aus
dem Pariser Grobkalk (Mitteleocän).
Cardium acutum n. sp.
Taf. XIX, Fig. 11.
Schale schief herzförmig bis viereckig, stark gewölbt. Höhe
15 mm, Länge 17 mm.
Vom Wirbel verläuft nach dem hinteren Ende eine sehr
stumpfe abgerundete Kante. Es sind ungefähr 32 sehr scharfe,
gekörnelte Rippen vorhanden, getrennt durch dreimal so breite,
flache Zwischenräume. Letztere sind mit dichten, regelmässigen
Anwachs streifen geziert, welche nicht über die Rippen verlaufen.
Je einer Kerbe oder einem Korn der Rippen entsprechen 2 — 3
Anwachsstreifen der Zwischenräume.
Verwandtschaft: In Form und Grösse stimmt die Art mit
Cardium ohliquum Lam. aus dem Eocän des Pariser Beckens
überein. aber die Berippung ist gänzlich verschieden.
Vorkommen: Abdrücke im röthlich grauen Hornstein Ya
Stunde südlich 'Aintäb.
Cardium sp.
Hälfte eines Steinkerns, radial gerippt, 5 cm hoch, 5 cm dick.
Vorkommen: Röthlich grauer Hornstein 1 Stunde nord-
westlich 'Aintäb.
Thracia Bellardi May.
Taf. XVn, Fig. 11.
Anatina rugosa Bellakdi; Cat. rais. des numm. foss. du comte de
Nice. Mem. soc. geol., 2. ser., tome IV, t. 16, f. 13.
Tfiracia BeUardii (May.) Gümbel: Gcogn. Beschr. d. Bair. Alpen,
p. 668.
60 mm lang, 33 mm hoch.
Vorkommen: In grauem, weichem, körnigem, etwas san-
digem Kalk mit vereinzelten Nummuliten, 3 Stunden nordwestlich
'Aintäb bei Tab (Obereocän). — Sonst bekannt in Obereocän-
schichten der Alpen.
356
Gastropoda.
Turritella imhricataria Lam.
Taf. XIX, Fig. 10.
Deshayes: Descr. des Coq. foss. des env. de Paris, t. 35, f. 1 — 2.
Vorkommen: Ys Stunde südlich "Aintäb in grauem,
äusserlich röthlichera Hornstein.
Turritella vitfafa Lam.
Turritella fasciata (Lam.) Deshayes: Descr. des Coq. foss. des
env. de Paris, II, p. 284, t. 38, f. 13, 14, 17, 18.
Turritella vittata (Lam.) Deshayes: Ibidem, t. 39. f. 1 — 20.
Grösste Höhe 35 mm. Breite der letzten Mündung 12 mm,
10 Umgänge.
Entweder sind bloss drei gleichmässige Spiralkiele, gleich
■weit von einander entfernt, auf dem gewölbten Theil des Um-
gangs vorhanden, oder der unterste Spiralkiel rückt etwas an
den mittleren, und es schieben sich (auf den letzten Umgängen)
noch 1 — 2 schwächere Spiralstreifen zwischen ihm und der un-
teren Naht ein. Der concave Raum an der Naht zwischen einem
oberen und einem unteren Kiel zweier Umgänge ist fast noch
breiter als der von dem unteren und oberen Kiel begrenzte ge-
wölbte Theil eines Umganges.
Verwandt ist T. subfasciata d'Archiac et Haime: Descr. des
an. foss. du groupe numm. de l'Inde. Paris 1853, p. 297. t. 28,
f. 3 , wo sich 1—2 schwächere Kiele oberhalb der drei stär-
keren zeigen.
Vorkommen : Zusammen mit voriger im Kieselkalk und
Hornstein Y2 Stunde südlich 'Aintäb.
Turritella sp.
Gehäusewinkel 15". Höhe 25 mm. Etwa neun flache Um-
gänge. Naht kaum vertieft mit zwei Hauptrippen an der oberen
und unteren Naht; die obere breiter, von schiefen Anwachsstreifen
gestrichelt, die untere gekörnelt. Zwischen beiden drei oder vier
schwächere Rippen, die unterste zuweilen stärker und deutlicher
gekörnelt als die anderen ; ebenso noch eine schwächere Rippe
über der oberen Hauptrippe. An der Naht ganz feine Spiral-
streifen.
Verwandtschaft: Diese Turritella gehört in die Verwandt-
schaft von T. grarmlosa Desh. und T. fanicnlosa Desh., welche
Deshayes aus dem Grobkalk von Paris beschrieb.
Vorkommen: Mit voriger zusammen häufig in Hornstein
und Kieselkalk 72 Stunde südlich 'Aintäb,
357
Turritella angulata Sow.
Abich. Pal. des asiat. Russland, 1858, p. 24, t. 1, f. 4.
d'Archiac et Haime. Croupe numm. de linde, t. 27, f. 6 — 9.
Diese Turritella ist eine nahe Verwandte und Vorläuferin
der T. c/radrifa Menke des Miocäns.
Vorkommen: Häufig zusammen mit Pecten quinquepartitus
Blanck. in röthlich grauem Kieselkalk nordwestlich 'Aintäb zwi-
schen Tab und 'Arablar.
Natica sp. sp.
Unbestimmbare Steinkerne im Alveolinen - Kalk am Nähr el-
Abjad im nördlichen Djebel el-'Ansärije und im Kieselkalk süd-
lich 'Aintäb.
Cerithium sp.
Schlecht erhaltene Abdrücke, 16 mm hoch. Letzter Um-
gang 5 mm breit. 8 Umgänge, wenig gewölbt, je mit zwölf
knotigen Querrippen geziert. Spiralstreifen nicht sichtbar. Ge-
häusewinkel gegen die Spitze stumpfer werdend.
Vorkommen: Im Alveolinen-Kalk am Nähr el-Abjad {Djebel
el-'Ansäilje).
Strombus (oder Voluta?) sp.
Riesiger Steinkern. 14 cm hoch, 10 cm breit. Gewinde
stumpf.
Vorkommen: Im Operculinen-Kalk 1 Stunde südsüdöstlich
'Aintäb.
Fusus? oder Murex? sp.
Thurmförmig, klein. Umgänge mit 8 — 10 Querwülsten, die
nahe der oberen Naht sich scharfknotig verdicken. Zahlreiche,
abwechselnd feinere und etwas gröbere Spiralstreifen laufen über
die Umgänge.
Vorkommen: Abdrücke im Kieselkalk Y2 Stunde südlich
'Aintäb.
Mitra sp.
7 mm hoch, an der Basis 2 mm breit, sehr spitz, conisch,
thurmförmig. Etwa sieben Windungen, flach, jede mit 9 — 10
schief auf der Naht stehenden Querrippen, die sich regelmässig
untereinander zu Radiallinien ordnen. Innenlippe mit ^^er deut-
lichen Falten.
Vorkommen: Abdruck und Steinkern im Alveolinen-Kalk
am Nähr el-Abjad bei Djisr esch-Schughr.
Zeitschr. d. D. geol. Ues. XLII. 2. 24
358
Voluta harpa Lam.
Yoluta harpa Lamark: Ann. du Mus., t. 1, p. 476 et t. 17, p. 74,
No. 1.
Voluta cithara Lamark: Anim. sans vertebres, tome 7, p. 346, No. 1.
Voluta harpa Deshayes: Descr. des coq. foss. des env. de Paris,
II, p. 681, t. 90, f. 11—12.
Steinkern, 14 cm hoch, 6 — 7 cm breit.
Vorkommen: In dem weissen, weichen Kreidekalk der
Stadt 'Aintäb.
Voluta cf. lineolnta Desh.
Deshayes: I. c, t. 92, f. 11—12.
Steinkern, nur halb so gross als die citirte Abbildung ge-
nannter Art, im Uebrigen ganz derselben entsprechend.
Vorkommen: Steinkern im Kalk 1 Stunde südlich Aintäb.
Terehra sp. cf. Flcmingi d'Arch.
d"Archiac: Foss. numni. de linde, t. 31, f. 17.
Noch spitzer als genannte Art. Gehäusewinkel 19^. Grösse
5 — 6 cm. Die Windungen nehmen schneller an Höhe zu. sind
daher relativ weniger zahlreich, nur neun. Umgänge flach. Die
obersten fünf zeigen etwa 15 senkrecht stehende Querrippen auf
jedem Umgang. Die übrigen Umgänge sind glatt. Mündung
elliptisch eiförmig.
Vorkommen: Steinkern und Abdruck im Kieselkalk 72
Stunde südlich 'Aintäb.
Conus (?) sp.
Steinkern. 6 cm hoch, 47 mm breit. Gehäusewinkel stumpf.
Vorkommen: Im Operculinen-Kalk 1 Stunde südsüdöstlich
'Aintäb.
Cephalopoda.
Nautilus sp.
Durchmesser 15 cm.
Vorkommen: Weiche, kreidige Kalke mit Voluta harpa
und Pecten Livoniani in der Stadt 'Aintäb. Original in der
Sammlung des Prof. Livonian in "Aintäb.
C^'iistacea,
B ala n n s sp.
Reste von kegelförmigen Schalen, die eine Höhe von fast
40 cm und eine Breite von 22 cm erreichten. Kalkplatten von
859
zelliger Structur aus einer äusseren und einer inneren Kallc-
lamelle zusammengesetzt, welche durch einander parallele Septen
verbunden sind. Diese werden ihrerseits unter einander durch
Querscheidewände verbunden, sodass rektanguläre Maschen ent-
stehen. Die einzelnen KalUplatten sind durch feinwellige Nähte
verbunden.
Nähere Angaben über die einzelnen Kalkplatten sind bei
dem Zerdrücktsein der Cxehäuse leider uuthunlich, da der Zu-
sammenhang der Theile zu einander nicht mehr ersichtlich ist.
Deutlich erkennbar ist der Abdruck einer Carina.
Die Zugehörigkeit dieser Reste zu der Familie der Bala-
niden scheint mir zweifellos.
Vorkommen: Schalenreste im körnigen Kalk mit Num-
niuUfes variolaria ^ji Stunden östlich 'Aintäb, Abdrücke häufig
im Kieselkalk ^'2 Stunde südlich 'Aintäb.
24 =
360
B. Briefliche Mittheilun^en.
Herr Ferd. RcEiAiEK aa Herrn W. Dames.
Plagioteuthis, eine neue Gattung dibranchiater Ce-
phalopoden aus dem Eussisclien Jura.
Breslau, den 9. Juni 1890.
Mit der grossen Sammlung russischer Jui"a- Versteinerungen,
welche Staatsrath H. von Traütschold durch einen vieljährigen
Samraelfleiss vereinigte und seitdem dem Breslauer Museum" gü-
tigst überliess. gelangte auch das Fossil, welches den Gegenstand
der nachstehenden Bemerkungen bildet, hierher.
Es ist ein fingerförmiger, von den Seiten etwas zusammen-
gedrückter. 40 mm langer und 20 mm breiter Körper, der nicht
ganz gerade gestreckt, sondern etwas schief gebogen ist. Das
untere Ende ist stumpf zugerundet, das obere Ende abgebrochen.
Eine Längswulst, welche sich scharf von der übrigen Oberfläche
absetzt und sich auch durch die verschiedene Sculptur unter-
scheidet, zieht sich an einer der schmaleren Seiten entlang. Am
oberen abgebrochenen Ende nur 6 mm breit, erweitert sie sich
nach unten und umfasst das ganze untere Ende. Die ganze
Oberfläche des Körpers ist mit einer dünnen, perlmutterglänzen-
den, bräunlich grauen Schicht bedeckt, welche auf der Längs-
wulst mit deutlichen, aber unregelmässigen Längslinien, auf der
der Wulst gegenüber liegenden Seite aber mit viel schwächeren,
von undeutlichen feinen Anwachslinien gekreuzten Längslinien ver-
sehen ist.
Die innere Schalenstructür ist an dem abgebrochenen vor-
deren Ende deutlich wahrzunehmen. Dasselbe zeigt eine läng-
liche mittlere Oeffnung von subrhomboidischer Form, welche von
einer dicken Wand imigeben ist. Die Substanz dieser Wand ist
ein mit Säuren lebhaft brausender Kalk von hell grauer oder weiss-
licher Färbung, welcher ganz ähnlich wie die Scheide der Be-
lemniten aus concentrischen, 72 — 2 mm dicken Lagen zusammen-
361
gesetzt ist. Bei genauerer Prüfung mit der Lupe erkennt man,
dass diese concentrischeu Lagen eine selir feine, senkreclit fase-
rige Structur besitzen. Auch die Längswulst zeigt sich auf dem
Querschnitt aus denselben concentrischcn Lagen zusammengesetzt,
welche hier einen spitzen Winkel bilden. Nach der Art, wie die
Wulst sich scharf von der übrigen Oberfläche absetzt und durch
eine abweichende Sculptur sich auszeichnet, hätte man auch eine
eigenthümliche innere Structur derselben vermuthen sollen.
Die centrale Höhlung reicht, wie man sich durch Einführung
eines dünnen Stäbchens leicht überzeugt, fast bis zum unteren
Ende des Körpers hinab. Sie ist mit einer glänzend glatten
Schicht von gelblicher Farbe ausgekleidet.
Die nachstehenden Figuren stellen den Körper in natürlicher
Grösse dar.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 5.
Figur ]. Ansicht gegen eine der beiden breiteren Seitenflächen
mit der Längswulst auf der linken Seite.
Figur 2. Ansicht gegen die andere der beiden breiteren Seiten-
flächen mit der Längswulst auf der rechten Seite.
Figur 3. Ansicht gegen die Längswulst.
Figur 4. Ansicht gegen die der Längswulst gegenüber liegende
schmalere Seitenfläche mit der am anderen Ende übergrei-
fenden Wulst.
Figur 5. Querschnitt des oberen abgebrochenen Endes mit der
mittleren Oeffnung. Der obere eckig vorspringende Theil ist
der Querschnitt der Längswulst.
362
Bei dem Versuche die sj'stematisclie Stellung des Körpers
zu ermitteln gelangt man bald zu der Ueberzeugung, dass nur
bei den dibranchiaten Cephalopoden und im Besonderen in den
Familien der Belosepiden. der Belopteriden oder der Belemnitiden
ein Platz für dieselbe zu finden sei. Sowohl durch die allgemeine
Form, wie auch durch die innere Structurbeschaffenheit wird man
zu der Annahme geführt, in demselben die Scheide oder das
Rostrum eines Thieres aus einer der genannten Familien zu
sehen. Die allgemeine Form erinnert an diejenige gewisser zu-
sammengedrückter Belemniten wie z. B. Belemnites digitalis. Die
unsymmetrische und etwas schief gedrehte Gestalt ist freilich bei
keinem Belemniten bekannt, ebensowenig die einseitige Längswulst.
Die innere Structur erinnert lebhaft an diejenige von
Belosepia und Spinilirostra. Wie bei diesen letzteren Gat-
tungen besteht die Schale aus concentrischen Lagen von weiss-
lichem, unkrystallinischem Kalk mit verstecktem, fein radial-
faserigem Gefüge. Die concentrischen Lagen sind jedoch viel
deutlicher als bei den genannten Gattungen und noch mehr
als bei Belemnites gesondert. Bei Belemnites sind dieselben ge-
wöhnlich nur durch feine concentrische Linien auf dem Quer-
schnitte angedeutet und nur bei Einwirkung der Verwitterung
werden sie deutlich erkennbar und trennen sich auch wohl voll-
ständig. Freilich wäre es möglich, dass auch unser Fossil eine
gewisse Verwitterung erfahren habe und dadurch die blätterige
Structur deutlicher hervorgetreten sei als bei frischen, unzer-
setzten Exemplaren.
"Wenn man. wie angenommen wurde, das Fossil mit solchen
Gattungen wie Bdosepia und Spinilirostra vergleichen darf, so
wird man naturgemäss dazu geführt, die mittlere Höhlung als
den zur Aufnahme des Alveolar - Kegels oder Phragmokon's be-
stimmten Raum zu deuten. Freilich ist von einem solchen ge-
kammerten Schaltheile selbst keine Spur mehr erhalten. Die
glänzend glatte, gelbliche Schalschicht. welche die Höhlung aus-
kleidet, beweist aber, dass die Höhlung nicht etwa zufällig durch
Auswitterung entstanden ist; der rhomboidische Querschnitt der
Höhlung ist allerdings verschieden von dem bei Belemnites und
Spirnlirostrn , wo er stets kreisrund ist. Auffallend ist auch,
dass die Höhlung bis zum unteren Eude der Scheide binabreicht.
In dieser Beziehung verhält sich jedoch Zittel's Gattung iJiplo-
conus ganz ähnlich.
Obgleich bei der unvollständigen Erhaltung des Körpers die
generische Bestimmung nur mangelhaft sein kann, so genügen die
angegebenen Merkmale doch, ihn als eine neue Gattung der di-
branchiaten Cephalopoden zu bezeichnen. Bei der gewählten Be-
363
nennung Plagioteuthis Moscoviensis soll in dem Gattungsnamen
die schief gedrehte, unsymmetrische Gestalt des Körpers ange-
deutet sein.
Nur das einzige beschriebene Exemplar liegt, vor. Es wurde
in den den Kohlenkalk bedeckenden dunklen , sandig - thonigen
Schichten von Mjatschkowa unweit Moskau, welche durch Ammo-
nites cordntiis und andere Fossilien als zur Oxford - Gruppe ge-
hörig bezeichnet werden, gefunden. Es wird die Auffindung von
vollständigeren Exemplaren abzuwarten sein, um die generischen
Merkmale zu ergänzen und die Beziehungen zu den bekannten
dibranchiaten Cephalopoden genauer festzustellen.
364
C. Verliaudluiigen der Gesellschaft.
1 Protokoll der April -Sitzung.
Yerhandelt Berlin, den 2. April 1890.
Vorsitzender: Herr Beyrich.
Das Protokoll der März -Sitzung wurde vorgelesen und
genehmigt.
Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesellschaft
eingegangenen Bücher und Karten vor.
Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten:
Herr Dr. R. RtJoiGER aus St. Gangloff, z. Z. in Rostock,
vorgeschlagen durch die Herren E. Geinitz. H. B.
Geinitz und G. Wigand.
Herr Scheibe legte die Photographie einer Sandstein-
platte mit Thierfährten. ferner Pflanzenreste aus dem
Rothliegenden von Tambach vor.
Jene Platte befindet sich im Museum in Gotha. Auf der-
selben befinden sich mehrei'e Tapfen eines Thieres, dessen fünf-
zehiger Fuss etwa 10 cm gross war. — Die Pflanzenreste werden
als solche von einer kräftigen Walchia (piniformis?) angesehen,
sind aber denen von Ullmannia ähnlich. Von Interesse sind
aber weniger die Reste als solche, als vielmehr ihr Vorkommen.
In der Gegend zwischen Friedrichroda und Tambach tritt eine
Schichtein-eihe von Gesteinen des Rothliegenden auf, die man,
VON Seebach und E. Weiss folgend, als Oberrothliegendes auf-
fasst und gewöhnlich in 1. ein liegendes, grobes Porphyrconglo-
merat, 2. eine Folge von Sandsteinen und Schieferthonen, 3. ein
hangendes, bunt zusammengesetztes, weniger grobes Conglomerat
zerlegt. Aus den Sandsteinen der mittleren Abtheilung stammen
die oben genannten Reste: die Pflanzen aus dem Steinbrucli im
365
Vitzerod an der Georgenthal-Tambacher Strasse, die Fährten aus
dem Steinbruch an der Seeberger Fahrt bei Tambach.
Dass jene Ablagerungen oberrothliegende seien, wurde dadurch
gestützt, dass sie sowohl zu den hängendsten Partieen des Rothlie-
genden gehören, als auch frei von Eruptivgesteinen und Tuffen und
von Fossilien befunden worden waren. Gegenüber dem letzteren
Umstände, der in neuerer Zeit von E. Weiss als Charakteristicum
des Oberrothliegenden besonders betont worden ist, muss nun im
Auge behalten werden . dass er in der Friedrichroda - Tambacher
Mulde keine Geltung besitzt. In wie weit die anderen Kenn-
zeichen in Thüringen zutreffen, bedarf noch des weiteren Studiums.
Herr G. Berendt berichtete über die Erbohrung von
Schichten des mittleren Lias in einem zu Hermsdorf bei
Berlin zum Zweck der Sool- Gewinnung mit Erfolg gestossenen
Bohrloch. Die Schichten wurden unter überlagerndem Oligocän
mit verhältnissmässig dünner Diluvialdecke bei 224 m Tiefe er-
reicht und auf weitere 100 m bis zur Erschrotung der Soole
durchsunken. Die Bohrproben sowie die durch Herrn Dames be-
stimmten Schalreste wurden vorgelegt. Näheres bringt ein später
erscheinender Aufsatz.
Herr Otto Jaekel sprach über tertiäre Trygoniden.
Fossile Trygoniden -Reste gehören zu den Seltenheiten, und
diejenigen, welche bisher dafür gehalten wurden, gehören z. Th.
nicht dieser Familie der Rochen, oder wenigstens nicht dieser
Gattung im engeren Sinne an. Dies gilt namentlich von der
Gattung Cyclohatis, welche, wie an anderer Stelle gezeigt werden
soll, eine echte Rajide ist, sowie von der Mehrzahl der übrigen
bisher beschriebenen Reste. Andererseits lässt sich eine ganze
Reihe fossiler Selachier - Reste als Hartgebilde von Trygoniden
bestimmen, welche bisher andere und sehr verschiedene Deutun-
gen erfahren hatten. Aus dem reichen Material der marinen Mo-
lasse von Baltringen, welche Herr Pfarrer D. Probst die Liebens-
würdigkeit hatte, dem Redner zur erneuten Untersuchung zu über-
lassen. Hess sich mit vollkommener Sicherheit eine Art bestim-
men, welche der lebenden Trijgon ilialassia so nahe steht, dass
sie nur als eine var. fossüis bezeichnet werden kann und also
Trygon tkalassia fossilis Jaekel
zu benennen ist. Von dieser sind sämmtliche Theile des Haut-
skelets nachweisbar und bisher unter folgenden Namen beschrie-
ben worden.
Hautschilder und Schuppen auf dem Schwanz:
366
Itaja Philippn Münster,
Acipenser molassicus Probst,
Raja molassica v. Zittel,
Acipenser tuherculosus Probst,
Acanthohatis tuherculosus y. Zittel,
Dynohatis Lakrazet.
Baja mammillaris Probst,
applanata Probst,
— conica Probst.
Hautschuppen auf dem Rumpf:
Raja ornata Ag.
Zähne :
Raja cavernosa Probst,
— riigosa Probst,
? — strangulata Probst.
Schwanzstacheln :
Baus lineatus Probst,
Myliobatis canaliculatus Probst,
? — Haidingeri MtJNST.
Die fossile Art, welcher alle diese isolirt gefundenen Theile
angehören, übertraf die lebende Form, bezw. die Exemplare,
welche ich im British Museum und dem städtischen Museum in
Strassburg gesehen habe, noch erheblich an Grösse. Letztere
gehören übrigens mit einer Länge von etwa 2 m zu den grössten
Arten lebender Rochen.
Eine ähnliche Art findet sich in der raiocänen Meeresmolasse
der Schweiz, eine andere in den tertiären Schichten am Rio
Parana in Süd-Amerika. Auch im Miocän Frankreichs kommen
vereinzelt hierher gehörige Reste vor.
Herr Fkech sprach über Calostylis und die Stellung
der perforaten Korallen.
Herr K. A. Lossen sprach über J. E. Hibsch's wichtige
Mittheilung über „den Dolerit" von Rongstock im böh-
mischen Mittelgebirge^), indem er dieselbe an lehrreichen
Handstücken erläutez'te. die er der Freundlichkeit des Autors
verdankt.
Das durch die Elbe , fast im Centrum des genannten Ge-
^) Der Doleritstock und das Vorkommen von Blei- und Silber-
erzen bei Rongstock im böhmischen Mittelgebirge. Verh. d. k. k. geol.
Keichsanst., No. 11, 1889.
367
birges angesclinittene und im Eiseubalinprolil vortrefflicli ent-
blösste Gestein setzt auf dem linken Flussufer einen oberflächlich
etwa 500 m messenden und nahezu 200 m über den Eibspiegel
aufragenden kleinen Stock zusammen, der durch einen Contact-
hof von mehr als 800 m radialer Ausdehnung umgeben ist. Der
Lerchenberg rechts der Elbe ist die durch die Elberosion abge-
trennte grössere Hälfte des Stockes mit entsprechender Umge-
bung. Die metamorphosirten Contactgesteine bestehen aus um-
gewandelten senonen Baculiten-Mergeln und darüber aus
mittel oligocänen Sandsteinen. Letztere, weniger gut aufge-
schlossen, lassen doch deutlich „eine scharfe Frittung des tho-
nigen Bindemittels" erkennen, wonach an Stelle von ursprünglich
mürben Gesteinen sehr harte, quarzitähnlich aussehende getreten
sind. In cretaceischen Mergeln dagegen gestattet das Bahnprofil
die Umwandlung Schritt für Schritt mit der Annäherung an das
Eruptivgestein vom bläulich grauen, foraminiferenreichen Thon-
mergel bis zum Epidot, Granat (doppelbrechend) und unterge-
ordnet Quarz führenden, harten, durchaus krystallinen. weissgrauen,
grünlich gelb gestreiften und gefleckten Kalksilicathornfels zu
verfolgen.
Das tertiäre Alter des Eruptivstockes ist darnach unzweifel-
haft. Herr Hibsch sieht sich „bei voller Berüchsichtigung aller
„hier zu Tage tretenden Erscheinungen gezwungen, die gesanmite,
„jetzt durch das Elbthal zertheilte Doleritmasse aufzufassen als
„einen Gesteinskern, welcher in der Tiefe eines grösseren ter-
„tiären Kraters unter höherem Drucke allmählich erstarrte." Er
erinnert dabei an J. W. Judd's und J. v. Szabo's Schilderung
der Verhältnisse von Schemnitz und des ersteren Autors Auf-
fassung der Hebrideninseln Skye, Mull u. s. w. Es bleibt abzu-
warten, ob die in Aussicht gestellte Detailforschung den greif-
baren directen Zusammenhang des Stockes mit vulcanischen
Tertiärgesteinen nachweist. Für jetzt sagt Herr Hibsch „ein
unmittelbarer Zusammenhang mit dichten Feldspathbasalten ist
nicht erkennbar".
Lässt man also diese Auffassung des Stockes als Krater-
füllung zunächst auf sich beruhen, wie dies ja auch nach A.
Geikie's neueren Mittheilungen für die analogen angezogenen
Vorkommen der Hebriden richtig erschehit, so ist darum das
Interesse an dem tertiären Eruptivstock mit einem so ausgezeich-
neten Contacthof, wie wir in Deutschland und auch allermeistens
anderwärts einen solchen um Granite oder Gabbro's in palaeo-
zoischen Schichten oder Urschiefern zu beobachten gewohnt sind,
wahrlich kein geringeres. Die Vorstellung, dass eugranitische
Eruptivgesteine ihre Structur und die Art ihrer Einwirkung auf
368
das Nebengestein nicht einem relativ liohen geologischen Alter,
sondern einer Erstarrung unter hohem Druck in relativ grosser
Tiefe verdanken, ist uns zwar durch Ch. Lyell und B. y. Cotta
bereits vermittelt, ein so greifbares, leicht erreichbares und gut
aufgeschlossenes Beispiel, das zu allseitigem Studium einladet,
gleichwohl nicht bekannt. Was v. Cotta' s Banatite und zumal
Inseln mit bis zum Meeresspiegel niederreichenden Profilen wie
die Hebriden oder die durch zahlreiche wackere Fachgenossen,
neuerdings zumal durch B. Lotti's Untersuchungen erforschte
Insel Elba erkennen lassen, bietet hier das Erosionsthal der Elbe
in ähnlicher Weise dar.
Nur in ähnlicher Weise, denn von einem Gabbro (Euphotid)
im strengen Sinne des Wortes wie in Schottland oder auf Elba
ist bei Rongstock nicht die Bede. Herr Hibsch hat das „nüttel-
bis grobkörnige, durchaus holokrystalline Gestein, welches ehedem
,, Syenit'- oder „Syenit-ähnlicher Grünstein" genannt -worden war,
als „hypidiomorph-körnigen Dolerit" bezeichnet und an der Hand
von Rosenbusch' s Gruppirung der Plagioklas- Basalt -Typen mit
dem Gestein von der Löwenburg im Siebengebirge annähernd ver-
glichen. An der Löwenburg fehlen indessen nach des Referenten
Erfahrung, wie auch aus Rosenbusch's photographischer Abbil-
dung des zur Illustration der Structur ausgewählten Scliliffes
ersichtlich ist, rhyodiabasische Tj'pen nicht, deren Herr Hibsch
keine Erwähnung thut. Mit dem ophitischen Diabas und dem
echten Meissner Dolerit aber kann das Gestein von Rongstock
Mangels der Intersertalstructur und mit letzterem obendrein Man-
gels der Basis nicht zusammengefasst werden. Ist schon das
Löwenburg-Gestein kein echter Dolerit, so steht das Gestein von
Rongstock dem Augitdiorit und Gabbro näher, als dem Dolerit.
Der augitische Gemengtheil des böhmischen Gesteins ist freilich
kein Diallag, er verhält sich zum typischen brauneu Diallag in-
dessen kaum anders, als der Hypersthen des Quarz -Diorits von
Klausen zum Hypersthen der echten Norit- Gabbro' s, d. h. die
prismatische Spaltbarkeit tritt hervor, die auffällige Theilbarkeit
nach dem Orthopinakoid fehlt, und die Krystalle sind häufig
automorph (idiomorph) begrenzt und der Hauptmasse nach vor
dem Plagioklas erstari't. Letztere Eigenschaft erinnert an die
dioritischen Kersantite. mit welchen das Gestein auch durch seine
Nebengemengtheile (Magnesiaglimmer reich, sehr untergeordnet
Hornblende) Verwandtschaft besitzt.
Von besonderem Interesse aber dürfte es sein, dass nach
Beobachtungen des Vortragenden stabförmige, undurchsichtige und
durchsichtige Körperchen, wie solche den Diallagen, Hypersthenen,
Labradoren und Olivinen der Gabbro's, den augitischen Mine-
369
ralen mancher Augitsyenite und Augitdiorite , dem Amphibol der
Cortlandite (Hudsonite) zu eignen pflegen, dem Augit des Rong-
stocker Gesteins nicht ganz fehlen. Sie liegen im klinopina-
coidalen Schnitt entweder parallel oder geneigt zur Hauptaxe.
Aehnliche Stäbchen hat Redner allerdings auch in einem grü-
nen Augit eines Hypersthen - Andesits von St. Angelo (Liparen)
beobachtet, hier aber in einem porphyrisch ausgeschiedenen,
also wohl in der Tiefe gebildeten Krystall. Dagegen kommt am
Staarfels bei Baumholder im Rothliegenden der Saar-Nahegegend
ein dem Rongstocker substanziell und structurell nahe ver-
wandtes Eruptivgestein vor, dessen Augit ebenfalls M i kr op la-
ute führt.
Herr Wahnschaffe legte im Auftrage des durch Krankheit
am Erscheinen verhinderten Herrn Schreiber in Magdeburg einige
in Gemeinschaft mit ihm ausgewählte Proben von den Schichten-
köpfen der Grauwacke im Untergrunde Magdeburgs vor, deren deut-
liche Schramnuing keinen ZAveifel darüber aufkommen lässt, dass sie
auf eine Wirkung des Inlandeises zurückgeführt werden muss.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
V. w. 0.
Beyrich. Dames. Koken.
2. Protokoll der Mai -Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 7. Mai 1890.
Vorsitzender: Herr Beyrich.
Das Protokoll der April -Sitzung wurde vorgelesen und
genehmigt.
Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesellschaft
eingegangenen Bücher und Karten vor.
Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten:
Herr stud. rer. nat. Stoleey aus Kiel,
vorgeschlagen durch die Herren Lehmann, Haas
und Gottsche;
370
Herr Freiherr v. Wöhrmann, z. Z in München.
Herr Dr. E. Fraas. Privatdocent in Münclien.
beide vorgeschlagen dnrch die Herren v. Zittel,
Dames und Koken.
Herr Scheibe legte Krystalle von Magneteisen von
Moriah Mine. New York und Magnet cove. Arkansas, vor.
Dieselben sind oktaedrisch gestaltet und zeigen sämmtlich
deutliche Zwillingstreifung nach dem Spinellgesetz. Parallel den
Venvachsungsflächen der Zwillings - Individuen . also parallel der
Oktaederfläche, tritt zum Theil deutliche blättrige Absonderung
auf, die mit der Verzwillingung ursächlich zusammenhängt. An
einzelnen Krystallen wurde ausserdem deutliche Zwillingsstreifung
nach einer Fläche des Pvramidenoktaeders 3 0 (331) wahrgenom-
men. Die Streifen bilden z. B. auf 0(111) mit der Kante
(lll):(lll) Winkel von 79^'— 80« und auf c^ 0 (101) mit der
Kante (101) : (111) solche von 29 ^ — 30^ Krystalle von Moriah
mine zeigten, z. Th. neben der Zwillingsstreifung nach 3 0 (331),
auch solche nach dem Pyramidenwürfel oo 0 2 (201). und hier Avar
auch eine blättrige Absonderung (Gleitung?) nach der letzteren
Zwillings- und Verwachsungsebene erkennbar. An einer Ecke des
Krystalls trat oo 0 2 (201) als Absonderungsfläche auf. Auf den
anliegenden Flächen des Oktaeders und Granatoeders zeigte sich
dann die Streifung den Combinationskanten von (201) gegen
(111), (iTl). (101) parallel.
Herr Frech sprach über die letzte Eruption des Yulcano.
Herr Remele sprach über Geschiebe von Betioliies-
Schiefer.
Herr LoKETZ sprach über ein Vorkommen von verkie-
seltem Zech steinkalk.
In der Gegend von Schwarzburg . nahe dem nördlichen
Rande des Thüringer Waldes, kommen an mehreren Stellen, be-
sonders aber in der Gemarkung des Dorfes Cordobang, zahlreiche
lose Blöcke eines gelbbraunen, quarzitischen Gesteins vor, wel-
ches nach der Ansicht des Vortragenden verkieselter oberer
Zechsteinkalk, bezw. Plattendolorait ist. Diese Meinung stützt
sich besonders darauf, dass an einer nicht weit davon entfernten
Stelle, bei Pennewitz unweit Königsee. Verkieselung von Platten-
dolomit in verschiedenen Stadien, vom Carbonat durch theilweise
erfolgte bis zu völliger Umwandlung beobachtet und auch mila-o-
skopisch und chemisch bestätigt werden konnte, und dass das
371
umgewandelte Gestein dieser Stelle mit dem Gestein jener Blöcke
stimmt. Leider wurden in denselben keine Petrefacten, die den
vollgültigen Beweis liefern würden, gefunden. Mit Braunkohlen-
quarzit, an welchen jene Blöcke auch erinnern könnten, besteht
weniger petrographische Uebereinstimniung. — An einer anderen
Stelle in der Nachbarschaft von Schwarzburg wurden auch nach
Farbe und Structur etwas anders beschaffene Quarzitblöcke ge-
funden, welche als verkieselter mittlerer Zechsteinkalk gedeutet
werden; dem Gestein nach stimmen sie mit den von E. Zimmer-
mann weiter nordwestlich im Thüringer Walde entdeckten und
beschriebenen Blöcken eines dunkel graubraunen Quarzits überein,
der sich dort durch deutlich erhaltene Exemplare von Prodnctus
horridus als Umwandlungsproduct nach Zechsteinkalk erwiesen hat.
Herr G. Berendt legte einige neue, von Herrn Schreiber.
Magdeburg, für die Sammlung der königl. geologischen Landes-
anstalt eingesandte Gesteinsstücke aus der vom Diluvium be-
deckten Oberfläche der Kulm-Grauwacke unter Magdeburg vor.
Dieselben beseitigen endlich die Zweifel, welche durch eine
frühere Sendung angeregt wurden und ihren Ausdruck in Erör-
terungen gelegentlich zweier der vorhergegangenen Sitzungen
fanden. Während nämlich die frühere für die genannte Samm-
lung bestimmte Sendung nxw die durch die Verwitterung und
Abspülung von Schichtenköpfen eines dünngeschichteten Gesteins
entstandene Riefung erkennen Hess, zeigen die nunmehr vorlie-
genden Stücke bei ziemlich grobkörnigem Material, ohne erkenn-
bare Schichtung, Rundhöckerform und deutliche Glacialschrani-
mung. welche sich wesentlich von der Riefung bei der früheren
Sendung unterscheidet. Herr Wahnschaffe, welcher bei seiner
jüngsten Anwesenheit in Magdeburg bereits ähnliche Stücke in
der Sammlung des Herrn Schreiber gesehen hatte, war deshalb
schon in der April-Sitzung für das wirkliche Vorhandensein echter
Glacialschrammung auf der Magdeburger Grauwacke eingetreten,
erkennt aber ausdrücklich die Verschiedenartigkeit der aus beiden
Sendungen vorliegenden Stücke und die mangelnde Beweiskraft
der ersteren an.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
V. w. 0.
Beyrich. Dames. Koken.
372
3. Protokoll der Juni -Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 4. Juni 1890.
Vorsitzender: Herr Beyrich.
Das Protokoll der Mai - Sitzung wurde vorgelesen und
genehmigt.
Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesellschaft
eingegangenen Bücher und Karten vor.
Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten:
Herr Privatdocent Dr. von Siemiradzki in Lemberg.
vorgeschlagen durch die Herren Berendt, Rcemer
und Dames.
Herr P. Oppenheim sprach über das Auftreten hetero-
gener Geschiebe in den basaltischen Tuffen des Vicen-
tiner Tertiärs.
Nachdem der Vortragende zuerst eine kurze Uebersicht der
hier in Betracht zu ziehenden Ablagerungen theils limnisch-ter-
restrer, theils mariner Natur gegeben, constatirt er das reiche
Vorkommen von heterogenen Gestainselementen in der grossen
Mehrzahl derselben. Die Hauptrolle nimmt unter diesen fremden
Bestandtheilen naturgemäss der Kalk ein. Kalkbrocken und Kie-
selscherben, wie sie für die Scaglia charakteristisch sind, finden
sich überall in unserem Gebiete in den Tuffen eingestreut; doch
zeigten sich auch Bruchstücke von Sedimentärkalken, welche,
theils jünger, dem unteren Eocän, der Membrogruppe angehören,
theils älter, anscheinend auf Tithon und Jurakalke schliessen
lassen. Diese Kalkgeschiebe nun sind nicht metamorphosirt . an
ihrer Oberfläche häufig abgerollt und gerundet und tragen so die
Spuren des Wassertransportes an sich. Sie sind als die Analoga
der KalkgeröUe aufzufassen, welche sich auch in den Transport-
tuffen des Busens von Neapel in grosser Anzahl vorfinden (Castel-
lamare, Gragnano, Capri) und wie diese als vom Wasser einge-
schwemmt zu betrachten. Bei den linmisch - terrestren Tuffen
waren es Regengüsse, stellenweis wohl auch Bergströme, welche
das vulkanische Material an den Gehängen herunterpeitschten,
die Knochen, Zähne und Schalen Land bewohnender Organismen
mit dem Gehängeschutte vereint aufrafften und schliesslich auf
ebener Fläche, in den Vertiefungen und Thälern zum Absätze
brachten. Bei den marinen Tuffen spielte das Meer die gleiche
Rolle; die Brandung nagte Stücke des anstehenden Gesteins los,
378
und diese wurden daim zugleich mit dem vulkanischen IVIaterial
niedergeschlagen; so vermnthet der Vortragende auch, dass die
reiche Fauna von Kiftkorallen, welche sich in den grünen Tuffen
des Monte Grumi bei Castelgoniberto vorfindet, dem darunter
liegenden Korallen-Kalke entnommen ist und sich so also als Kalk-
geschiebe schon auf secundärer Lagerstätte befindet. Der Redner
hält diese seine Erklärung der in den Tuffen auftretenden Ge-
schiebe für eine nothwendige und selbstverständliche, er habe sie
auch nur angeführt. Aveil sie seiner Ansicht nach Geltung besitzt
nicht nur für diese, sondern auch für das analoge Vorkommen
von rein krystallinischen Gesteinen, wie sie an drei Punkten un-
seres Gebietes, bei Novale. Ai Fochesatti nahe Pugniello und
Sudiri nahe Mussolon in den Basalttuffen zu beobachten sind.
Von diesen drei Localitäten keimt der Redner nur die zwei
ersten aus eigener Beobachtung; die dritte ist erst in den letzten
Wochen von dem unermüdlichen und vielgewandten Sammler im
Vicentiner Tertiär. G. Meneguzzo, aufgefunden und sind die
vorliegenden Stücke dem Vortragenden zugesandt worden.
In den grünen Tuffen von Novale, welche in ihren obersten
Schichten in Süsswasserkalke übergehen, in denen die bekamite,
hoch interessante Landflora enthalten ist, fand Redner neben den
zahlreichen Gerollen von Membrokalk auch Stücke eines Thonglim-
merschiefers , welche auffallende habituelle Aehnlichkeit zeigten
mit dem im Norden bei Recoaro anstehenden gleichartigen Ge-
stein, welches durch die Untersuchungen von Stäche und Suess
als dem obersten Carbon angehörig erkannt worden ist. Am
interessantesten und lehrreichsten ist aber für den vorliegenden
Gegenstand der grüne Tuff' von Ai Fochesatti bei Pugniello,
welcher, eine echte Landbildung, die Reste eocäner Landschnecken,
insbesondere zahlreiche Clausilien einschliesst, wie sie in den dem
Faldostrome folgenden Süsswasserbildungen vorkommen und letzthin
durch den Vortragenden in den Denkschriften der Wiener Aka-
demie beschrieben worden sind. Dieser Tuff' ist so erfüllt mit
theils basaltischen, theils fremden Geschieben, welche, in ihrer
Grösse und Gestalt ausserordentlich mannichfaltig. ein Gewicht
bis zu 10 kg erreichen können, während sie häutig wieder nur
hirsekorngross auftreten, dass ihn Sandbergek mit Recht als
Tuffbreccie bezeichnen konnte. Hier wie in Sudiri finden sich
nun ausser den basaltischen und kalkigen Geschieben Granite,
Syenite. Porphyre und. Glimmerschiefer. Diese krystallinischen
Einschlüsse sind in der Literatur bisher nicht unerwähnt ge-
blieben. Suess fand bei Gelegenheit seiner bahnbrechenden,
für die Stratigraphie des Vicentiner Tertiärs grundlegenden Ex-
cursionen in unserem Gebiete in den sechziger Jahren gelegent-
Zoitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 2. 9n
374
lieh ein Stück, welches er in Wien dem dortigen Privat docen ton
Dr. Schuster zur Bearbeitung überliess. Nach des Letzteren
Tode gelangte sein Aufsatz aus den hinterlassenen Papieren in
den Sitzungsberichten der Wiener Akademie zum Abdruck.
Schuster fasst darin den betreffenden Einschluss als einen Syenit
vom Habitus eines Monzonisyenites auf. glaubt, dass er nach
Analogie der Somma- Bomben bei der Eruption mit an's Tages-
licht geworfen und so eingebettet worden sei. und vergleicht ihn
mit einem analogen Vorkommen anstehenden Gesteins, welches
von TcHiHATSCHEFF aus den Euganeen mitgetheilt wird. Diese
Erklärung scheint dem Vortragenden eine sehr wenig plausible
und nicht stichhaltige zu sein. Die betreffenden Geschiebe sind,
soweit wenigstens makroskopisch erkennbar, nicht metamorpho-
sirt, dagegen äusserlich meist abgerundet und angewittort, sie
liegen in ungeheurer Menge und in den verschiedensten Grössen-
verhältnissen vor und finden sich in Gemeinschaft mit jenen
charakteristischen Kalkbrocken, für welche jede andere Erklärung
als die des Wassertransportes, wie bereits einleitend erwähnt,
von der Hand zu weisen ist. Sie müssen daher dem anstehen-
den Gesteine entnommen worden sein, und da drängt sich deim
die Frage auf, wo sie wohl in der Periode, in welcher ihr Ab-
satz erfolgte, also im Mitteleocän, als Gebirge bereits entwickelt
waren. Heute zeigen sich nun in der näheren Umgegend des
Vicentiner Tertiärs nirgends krystallinische Gesteine entwickelt;
um dieselben zu finden, müssen wir uns bis weit in den Norden
hinein begeben, wo wir im Etschthale einmal die Quarzporphyre
des Trentino und weiter im Osten das Granitmassiv der Cima
d'Asta vorfinden. Mit den dortigen Gesteinen zeigen nun unsere
Geschiebe wenigstens äusserlich auffallende Aehnlichkeit ; wir
hätten also anzunehmen, dass im Mitteleocän sich das Gebiet,
welchem die Landtufte von Vicenza ihre Entstehung verdanken,
bis weit in den Norden hinein als reich gegliederte Bergkette
erstreckte , oder dass vielleicht die Quarzporphyre des südlichen
Tyrols und die Granite des Cima d'Asta - Massivs in jener Pe-
riode noch weiter hinab nach Süden reichten. In jedem Falle
hätten wir für jenen Theil der Südalpen im älteren Tertiär be-
reits eine gebirgige Aufstauung und ausgedehnte Landverbindungen
anzunehmen, und da erinnert der Vortragende daran, dass auch
in den Centralalpen keine Spur einer eocänen Meeresbedeckung
vorhanden ist. dass die im Norden und .im Süden dieser Alpen-
kette entwickelten, zumal im Norden dieselbe wie ein Saum um-
zielienden Ablagerungen des älteren Tertiärs alle Charaktere eines
litoralen Absatzes an sich tragen und sich trotz vielfacher Ana-
logien doch in ihren Faunen wesentlich unterscheiden, dass wir
375
zudem im Oligocän auf beiden Seiten, sowohl bei Reit im Winkel
in Oberbaiern als bei Montecchio und Castelgomberto im Vicen-
tinischen, echte Saumriffe entwickelt sehen, kurz dass alle diese
Anzeichen für die Existenz eines gebirgigen Alpenfestlandes der
älteren Tertiärperiode zu sprechen scheinen. — Eine genauere
mikroskopische Untersuchung der Geschiebe und eine petrogra-
phische Vergleichung derselben mit den anstehenden Gesteinsele-
menten steht von Seiten des Herrn Dr. H. Finkelstein in Leipzig
für die nächste Zeit zu erwarten.
Herr KOKEN sprach über die Beziehungen triassischer
Gastropodenfaunen der Alpen zu einander und zu dem
ausseralpinen Muschelkalk und Kohlenkalk.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
V. w. 0.
Beyrich. Dames. Koken.
Druck von J. F. Starcke in Berlin.
Zeitschrift
der
Deutsclieii geologischen Gesellseliaft.
3. Heft (Juli, August, September) 1890.
A. Aufsätze.
1. Labyrinthodoiiten-ßeste des oberschle-
sisclieii Muschelkalkes.
Von HeiTü Hermann Kunisch in Breslau.
Hierzu Tafel XX.
Die Familie der Labyrinthodonten ist im Musclielkalkc spär-
lich vertreten und aus dem oberschlesischen Muschelkalke bis zum
Jahre 1884 überhaupt nicht bekannt geworden. Seitdem sind
folgende hierher gehörige Versteinerungen aus diesem Gebiete ge-
fördert worden.
I. Schädeldecke von Capitosanrus Silesiacus nov. spec.
Die Schädeldecke habe ich im Frühjahre 1889 zu Gogolin
in einem Kalkstcinbruche der Gogolin -Goradzer Kalk -Actien- Ge-
sellschaft, welcher dem von Eck^) als Chorzower Schichten be-
zeichneten Mveau des oberschlesischen Muschelkalkes angehört,
aufgenonniien. Sie ist nicht vollständig, sondern nur in der
linken Hälfte überliefert, und zwar im Abdruck (Taf. XX, Fig. 1)
und theilweise auch im Substanz (Fig. 2). Die Versteinerung
hebt sich durch weissliche Farbe von der Unterlage, welche von
bräunlich grauem, dichtem und festem Kalksteine gebildet wird,
deutlich ab. Um selbige in ein handliches Format zu bringen,
musste die Kalksteinunterlage zersägt werden. V^ährend dieses
Verfahrens lösten sich die Knochenreste stückweise los und Hessen
*) Eck. Ueber die Formationen des bunten Sandsteins und des
Muschelkalkes in Oberschlesien etc., Berlin 1865, p. 44 ff.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 3. 2ö
378
den unversehrten Abdruck zurück. Die Knochenstücke wurden sorg-
fältig gesammelt und konnten theilweise wieder verbunden werden.
Der Abdruck (Fig. 1) besitzt einen annähernd elliptischen
Umfang, ist 19 cm lang und misst in der grössten Breite 8 cm.
Aus ihm tritt die AugenöiTnung (A) durch die braune Farbe und
das unregelmässige Relief der sie ausfüllenden Gesteinsmasse auf-
fällig hervor. Dieselbe liegt an der rechten Seite, und zwar am
unteren Ende des obersten Drittels. Sie ist rechtsseitig in der
Länge eines knappen Viertels der ganzen Peripherie ein wenig
verletzt und gestattet deshalb keine ganz genaue Angabe der
Grösse und Gestalt. Nichtsdestoweniger wird man keinen grossen
Fehler begehen, wenn man den Umriss mit einer Eilinie ver-
gleicht und den kleineren Durchmesser auf 2,5 cm angiebt; der
grosse Durchmesser beträgt 3.5 cm. Das stumpfe Ende des
Ovals liegt nach oben, das wenig spitzere nach unten.
Die Nähte der Schädeldecken sind im Abdrucke als schwache
Erhabenheiten fast durchweg deutlich erkennbar. Unter Berück-
sichtigung derselben lassen sich folgende Knochen unterscheiden:
das Frontale, F, das Praefrontale . Pr.F, das Jugale, Ju, das
Postorbitale . Pt. Orb. , das Postfrontale . Pt. F, das Squamosum,
Sq, das Supratemporale. S. Tenip., das Maxillare. 3Ijc, das Lacri-
male. L, und das Nasale, N, von welchen die ersten fünf an
der Begrenzung der Augenhöhle theilnehmen.
Die von dem Abdrucke losgelösten Knochenreste, welche die
Suturen in Form feiner Vertiefungen aufweisen, gehören dem
Jugale, Praefrontale, Postorbitale und Maxillare an. Die Scholle,
welche durch Zusammenkitten kleinerer Stücke wiedergewonnen
worden ist (Fig. 2). ist etwa 5,5 cm lang und 3,5 bis 4,5 cm
breit. Die übrigen Stückchen, welche wegen Losbröckelung von
Substanz an den Rändern nicht mehr zusammenpassen und des-
halb durch Kitt nicht mehr ordnungsgemäss verbunden werden
konnten, stammen aus dem Praefrontale, Jugale und Maxillare
und haben in ihrer Gesaramtheit eine Fläche von ungefähr 16 qcm
bedeckt. Die Dicke der Ivuochen schwankt zwischen 5 und
10 mm; am kräftigsten sind die Reste des Maxillare und die
angrenzenden Theile des Jugale. Am Augenhöhlenrande, welcher
die benachbarten Regionen nur wenig (1 — 2 mm) überragt, kan-
ten sich die ihn zusammensetzenden Knochen keilförmig ab. Die
Knochenmasse ist grauweiss von Farbe, in der obersten, die Skul-
pturen bildenden Lage dicht und daher porzellanartig, in der
mittleren und unteren Lage aber porös und theilweise auch
faserig. Die Innenfläche der Knochenplatte ist meist glatt, zu-
weilen aber auch mit einer feinen Längsstreifung versehen; als
anfälligere Unebenheiten treten lediglich die Knochennähte hervor.
379
Zur Herstellung mikroskopischer Präparate erwies sich das mürbe
und bröckelige Material als ungeeignet.
Die Knochenmasse ist übrigens auch vielfach von unregel-
mässig verlaufenden Sprüngen durchsetzt, welche zu dunkelfarbi-
gen, dendritischen Bildungen Veranlassung gegeben haben. Durch
diesen Umstand wird auch die Oberflächensculptur in ihrer Deut-
lichkeit ungünstig beeinflusst. Dendriten stören übrigens auch
ein wenig die Deutlichkeit des im Negativ sich darbietenden
Oberflächenreliefs, bezw. des natürlichen Abdrucks.
Die Sculptur der durchaus unebenen Oberfläche besteht im
Wesentlichen aus mehreren Grubensj'stemen (Buckeln im Abdruck),
welche in Furchen (Wülste im Abdruck) ausstrahlen und dabei
in einander übergehen. Dieses eigenthümliche Relief wird im
Abdruck überragt durch eine Wulst, welche hinter dem Auge im
Gebiete des Postfrontale und des Squamosum zweiästig anhebt
und nach der Vereinigung der beiden Aeste in schlanker S-Form
das Supraorbitale und Jugale durchsetzt, um dann ungefähr in
der Höhe des vorderen Augenrandes in einem spitzen Winkel von
ungefähr 60" umzubiegen und in das Maxillare überzugehen.
Diese Wulst entspricht offenbar einem stark vertieften Schleim-
kanale auf den Knochen der Wangengegend. Weniger deutlich
und nicht gleichmässig zusammenhängend, sondern mehrfach durch
seichte und quer gerichtete Vertiefungen unterbrochen ist die Wulst,
welche vom inneren Rande der Augenötl'nung ausgeht und sich in
kurzem, kühnem Bogen nach rechts, bezw. nach der Mittellinie
des Schädels wendet, um dann in rückläufigem, sehr flachem
Bogen sich über den vorderen Theil der Schnauze zu erstrecken;
sie entspricht einem von der Augen- zur Nasenöffnung sich hinzie-
henden Schleimkanale der knöchernen Schnauzendecke. Die Ein-
zelheiten werden bei der Sonderbetrachtung der Schädeldecken-
knochen Erwähnung finden.
Das Frontale ist nur fragmentarisch erhalten und zwar mit
einem an das Praefrontale angrenzenden Theile von 4,5 cm Länge
und bis 1 cm Breite. Die in der Längsrichtung des Schädels
verlaufende Knochennaht ist deutlich und einfach. Die Sculptur
des Fragmentes ist undeutlich und zeigt keine ausgesprochene
Orientirung.
Das Praefrontale ist eine schmale Platte von etwa 10 cm
Länge und 4 cm gi*össter Breite. Sie schliesst sich seitlich
an das Frontale einerseits und das Jugale andererseits an.
bildet mit ihrer hinteren Endigung den vorderen Theil des
Augenrandes und ragt vorn mit einer scharfen Spitze tief zwi-
schen das Lacrvmale und Nasale hinein. Die Suturlinien sind
wohl erkennbar und erscheinen am zungenförraigen Vordertheile
26*
380
deutlich ausgefranst. Während die Naht zwischen Yorderstirn-
hein und Jochbein nächst dem Auge auf dem Abdi'ucke und der
Oberfläche der Knochenscholle einfach erscheint, erijmert sie auf
der unteren Fläche der Knocheuscholle, auf welcher sie sich
übrigens vom Augeurande aus 22 mm weit verfolgen lässt, an
zahnstangenartiges Ineinandergreifen. Die scharf hervortretende
Sculptur besteht in einem central gelegenen Netzwerk von rund-
lichen Löchern, welche nach der Peripherie hin eine mehr ge-
streckte Form annehmen, insbesondere nach dem Augenrande hin
sich in radial gestellte Strahlenfurchen umwandeln und nach dem
Schnauzenende zu in Furchen übergehen, welche der Längsaxe
des Schädels ziemlich parallel laufen. Dieser Knochenplatte ge-
hört der grösste Abschnitt der bereits als Schleimfurche ange-
sprochenen lyraförmigen Vertiefung an. welche, wie bereits be-
merkt, nicht gleichmässig und scharf ausgeprägt, sondern mehr
andeutungsweise vorhanden ist. Ihr Bau besteht lediglich darin,
dass die in ihr Gebiet fallenden Maschen und Furchen vorherr-
schend tief und breit ausgebildet sind, ohne mit einander zu
einem einheitlichen Kanäle zu verschmelzen.
Das Najsale ist nur theil weise und zwar mit dem an das
vordere Stirnbein und das Thränenbein angrenzenden Theile über-
liefert. Derselbe weist bei einer Länge von etwa 5 cm eine
grösste Breite von 1.2 cm auf. Die Naht zwischen dem Nasen-
bein und dem Thränenbein ist nicht erkennbar. Die längsstrahlige
Sculptur der Oberfläche kann als Fortsetzung der vorderen Längs-
furchen des Praefrontale angesehen werden. Eine der Längs-
furchen fällt in das Gebiet der Lyra und zeichnet sich dem-
entsprechend durch Mächtigkeit vor den benachbarten aus.
Das Lacrymale ist ebenfalls nur als Bruchstück vorhanden.
Letzteres besitzt annähernd die Form eines gleichschenkligen
Dreiecks und ist keilförmig zwischen das Praefrontale und Jugale
eingefügt. Die Höhe des Dreiecks beträgt 5,5 cm, die Breite
an der Basis ungefähr 3 cra. Die Naht zwischen Thränen- und
Jochbein erscheint wenig gefranst. Die Sculptur besteht aus
ziemlich parallelen Längsfurchen, welche hinten seicht anheben
und nach vorn an Tiefe und Breite zunehmen.
Das Jugale ist im Abdruck vollständig, in Substanz im
hinteren Drittel erhalten. Es ist die grösste der vorhandenen
Knochcnplatten. ist vorherrschend in die Länge ausgedehnt und
unregelraässig begrenzt. Es ist nahezu 15 cm lang und misst
in der Augenregion, der Stelle der grössten Breite, 4,6 cm. Es
berührt das Praefrontale und das Lacrymale in der bereits an-
gedeuteten Weise, stösst mit einer ziemlich geradlinigen, mit der
-Längsaxe des Schädels fast parallel laufenden Naht an das
381
Maxillare, mit einer kreisbogenförniigen Suturliiiie an das Supra-
temporale und mit einer unregelmässig wellig gebogenen Linie
an das Postorbitale, um schliesslich den grössten Theil des
äusseren Augenrandes zu bilden. Die Grenzlinie gegen das Maxil-
lare ist auf dem Abdrucke am schlechtesten sichtbar. Die Su-
turen zwischen Jugale einerseits und Supratemporale und Post-
orbitale andererseits sind auf dem Abdrucke, auf der oberen und
der unteren Seite der Knochenscholle deutlich erkennbar. Die
wohl ausgeprägte Sculptur besteht aus einem vor der Augen-
region und unmittelbar am Maxillare anliegenden Maschennetze,
welches sich aus massig grossen Löchern zusammensetzt und nach
hinten, nach der Schädeldeckemnediane und nach vorn in radiale
Furchen ausläuft. Die nach der Schnauze gerichteten Strahlen
erlangen dabei eine Länge von etwa 6.5 cm. In den hinteren
äusseren Zipfel des Jochbeines fällt der winkelförmige Theil des die
hintere Hälfte der Schädeldecke besonders bezeichnenden Schleim-
kanales, welchen die Oberflächensculptur der Knochenplatte als
tiefere und breitere gekielte Furche und den Abdruck als mäch-
tige kantige Wulst rücksichtslos durchsetzt.
Das Maxillare superius erscheint fragmentarisch als un-
gefähr 9 cm lange und weniger als 1 cm breite Knochenleiste,
welche dem Jugale fast geradlinig ansitzt und unter einem stum-
pfen Winkel von ungefähr 120" nach unten (im Abdruck nach
oben) umgebogen ist. Die undeutliche Sculptur scheint längs-
strahlig zu sein.
Das Postorbitale ist vollständig erhalten. Es ist durch-
weg krummlinig begrenzt, hat aber immerhin noch eine entfernte
Aehnlichkeit mit einem regelmässigen Sechseck; Seitenlänge an-
nähernd 1,8 cm. Es bildet den hinteren äusseren Ausgenrand,
berührt im übrigen das Supratemporale, das Squamosum und das
Postfrontale. Die Suturen sind im Abdruck und auf dem Kno-
chenreste nicht sonderlich scharf. Die Sculptur wird beherrscht
durch die das Feld schräg durchsetzende Schleimfurche bezw.
Wulst. Der nach aussen zu gelegene Theil des Feldes besitzt
einige Löcher ohne ausgesprochene Orientirung; der dem Auge
anliegende Abschnitt enthält längliche Löcher, welche in der
Nähe des Jugale in dessen Strahlonfurchen einlenken und sonst
mit der Längsaxe senkrecht auf den Augenrand gerichtet sind.
Letztere Oiientirung findet sich auch bei dem aus länglichen
Löchern bestehenden Ornament des
Po st frontale, welches den hintersten Theil des Augenrandes
bildet, dem Postfrontale seitlich benachbart ist und hinten an das
Squamosum anstösst. Die Naht zwischen dem Postfrontale und
dem Squamosum ist dnrch den vorderen Ast des Gabelendes der
382
Schleimfurche (bezw. Wulst) fast unkenntlich urd deshalb zweifel-
haft gemacht. Die Länge und Breite des Plattenfragmentes be-
trägt annähernd 1,5 cm.
Das S quam OS um ist nur in seinem vorderen Theile über-
liefert, welcher an das Postfrontale. Postorbitale und das Supra-
temporale angelagert und annähernd o cm lang und o.n cm breit
ist. Die Nähte sind bis auf die bereits erwähnte, das Postfron-
tale verbindende Sutur deutlich erkennbai'. Es wird durch den
oberen Ast der Schleimfurchengabelung in einen grösseren äusse-
ren und einen kleineren inneren Abschnitt zerlegt. Beide sind
dui'ch ein groblöcheriges Maschennetz ohne bestimmte Orien-
tirung erfüllt.
Das Supratemporale ist nur im vorderen Theile vorhanden.
Derselbe liegt mit einer S förmigen Naht dem Jugale, Postorbitale
und Squamosum an. und misst etwa 5,5 cm in der Länge und
etwa 3 cm an der Stelle der grössten Breite. Das Bildwerk der
Obei-fläche besteht in wohl ausgeprägten Längsfurchen, welche in
die benachbarten Strahlenfurchen des Jugale übergehen.
Bezüglich der systematischen Einreihung stellen sich wegen
der UnVollständigkeit der Schädeldecke und ganz besonders we-
gen des Fehlens des hinteren Schädelrandes Schwierigkeiten ein.
Die überlieferten Reste, insbesondere die Grösse und Gestalt der
einzelnen Knochenplatten und des Auges, die Zusammensetzung
des Augenrandes und die auffällige Breite der Schnauze genügen
aber vollständig zum Nachweise der nahen Verwandtschaft mit
dem Genus Capitosaurus Graf Münster und dem Genus Cycloto-
satirns Eberh. Fraas^). Letzteres Genus ist hauptsächlich ge-
gründet und ersterem gegenübergestellt worden mit besonderer
Berücksichtigung auf die geschlossene Ohrenspalte und die Lage
der an der Ohrbildung theilnehmenden Knochen. Da bei der
vorliegenden Versteinerung der hierbei in Frage kommende Schä-
deltheil fehlt, muss auf unwesenthchere Merkmale gesehen werden.
Ein solches haben wir in der als Lyra bezeichneten Gesichtsfurche,
welche bei Cyclotosaurus so gut wie gar nicht, bei unserem
Exemplare aber ziemlich deutlich, wenn auch nicht musterhaft,
entwickelt ist. In guter Uebereinstimmung dagegen befindet es
sich in dieser Beziehung und überhaupt bezüglich der Gesammt-
heit der Sculptur mit dem Genus Capitosaurns.
Von den bekannten Arten des Genus Capitosaurus unter-
scheidet sich aber unser Exemplar auffällig durch den vorderen
Rand des Postorbitale. Derselbe ist unregelmässig wellig ge-
^) Eberhard Fraas. Die Labyrinthodonten der schwäbischen
Trias. lu Palaeoutographica, 36. Bd., Stuttgart 1889, p. 121 ff.
383
bogen und ragt mit oiiiom zungcuföniiigen Abschnitt etwa 2 cm
tief in das hintere Ende des Jugale hinein. Sehr bezeichnend
hebt sich unser Exemplar von den vorhandenen Arten auch ab
durch die das Bildwerk der hinteren Schädeldeckcnhälfte beherr-
schende gegabelte Schleimfurche. Ich glaube, dass diese auft'äl-
ligen Eigenthümlichkeiten zur Aufstellung einer neuen Species
genügen, welche ich in Hinweis auf den Fundort als Capito-
saufus Silesiacus bezeichnen will.
Der Schädel dieses Thieres scheint hinsichtlich der Grösse
dem Capifosaurus nahisus H. v. Meyer nahe gestanden und den
Capitosaurus Fronto H. v. Meyer ^) nicht unwesentlich überragt
zu haben. Bei unserem Exemplare dürfte die Länge des Schä-
dels ungefähr 30 — 35 cm. die Breite in der Augengegend etwa
22 — 25 cm betragen haben.
IL Unterkiefer.
Unterkiefer in fragmentarischer Erhaltung sind bis jetzt vier
bekannt geworden. Ein 24 cm langes, sehr unvollkommen über-
liefertes Bruchstück des linken Untei'kieferastes von Lagiewnik
bei Königshütte wurde bereits 1884 von Gürich^) beschrieben.
Schon im Jahre 1885 kam ich in die Lage, ein 26 cm langes,
wohl erhaltenes Stück des rechten ünterkieferastes, welches einen
Fangzahn und Backzahnreste aufweist und den Bau des Kiefers
genauer erkennen lässt, aus Sacrau bei Gogolin unter dem vor-
läufigen Namen Mastod onsaurus Silesiacus der Oeffentlichkeit^)
zu übergeben. Zittel"*) hält die Zugehörigkeit dieses Kiefers zu
dem Genus Capitosaurus für wahrscheinlich, welcher Ansicht ich
mich nunmehr um so lieber anschliesse, als der oben beschrie-
bene Schädelrest von Capitosaurus Silesiacus das Vorhandensein
dieses Genus in den Chorzower Schichten von Gogolin und Um-
gegend ausser Zweifel gestellt hat.
Aus demselben Kalksteinbruchc von Sacrau stammt ein
Kieferbruchstück, über welches ich in der naturwissenschaftlichen
Section der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur 5)
1) Vergl. H. V. Meyer. Die Labyrinthodonten aus dem bunten
Sandstein von Bernburg. In Palaeontographica, W. Band, p. 221 ff.,
t. XXIY — XXYIII.
*) GÜRiCH. Ueber einige Saurier des oberschlesischen Muschel-
kalkes. Diese Zeitschrift, Jahrg. 1884, p. 141.
^) KuNisCH. Ueber den Unterkiefer von Mdstodoiisaurus Silesiacus
nov. spec. Diese Zeitschr., Jahrg. 1885, p. 528 ff.
*) Zittel. Handbuch der Paeontologie, I. Abth. , III. Bd., Mün-
chen und Leipzig 1888, p. 404.
^) 66. Jahresber. der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische
Kultur, p. 90.
384
eine vorläufige Mittheilung gemacht habe. Dasselbe ist durch
mich aus den von Herrn Rittergutsbesitzer Madelung zu Sacrau
zurückgelegten Versteinerungen, von welchem mir übrigens seiner
Zeit auch der oben erwähnte Kieferrest zugegangen ist, ausge-
lesen worden und ist aller Wahrscheinlichkeit mit dem letzteren
zusammen gefunden worden und nur, weil man die Zusammen-
gehörigkeit nicht sofort erkannt hat. zu anderer Zeit in meinen
Besitz gelangt. In der äusseren Beschatf'enlieit stinnnen die bei-
den Unterkieferfragmente so auffällig überein. dass man wohl
Grund hat anzunehmen, sie hätten dem rechten Kieferaste des-
selben Individuums angehört und wären unter denselben äusseren
Bedingungen conservirt worden. Wenn man sie zusammenhält,
so ersieht man, dass zwischen beiden eine Lücke von ungefähr
10 cm Länge besteht. Unter Hinzurechnung dieser Lücke wäre
somit der rechte Unterkiefer eines zu dem Genus Capitosaurus
gehörigen Thieres in der Länge von annähernd 47 cm mit einer
Reihe von etwa 85 Backen- und Schneidezähnen und einem Fang-
oder Eckzahne nachgewiesen. Da das hintere Ende unseres
Fragmentes eine Bruchfläche ist. muss der ganze Unterkiefer noch
länger gewesen sein. — Ein viertes Kieferbruchstück, welches
dem linken Unterkieferaste eines jüngeren, bezw. kleineren Exem-
plares derselben Species anzugehören scheint, wurde in Sacrau
1889 gefunden. (Genaueres darüber im 67. Jahresber. d. schles.
Ges. für vaterl. Kultur, p. 100.)
III. Wirbel.
Unter den zahlreichen Wirbeln, welche ich in den letzten
10 Jahren in dem Gebiete des oberschlesischen Muschelkalkes
gesannnelt habe, befindet sich ein einziger Wirbelkörper, welcher
unbedenklich den Labyrinthodonten zugeschrieben werden kann,
und. den ich als den Rest eines Wirbels aus der hinteren Rumpf-
region anspreche. Er stannnt aus Gogolin. Er ist in der
Vorder- und Hinteransicht nierenförmig, in der Seitenansicht
keilförmig und an beiden Gelenkflächen schwach concav. Unter
Miteinschätzung der verletzten Stellen lassen sich Höhe und Breite
auf etwa 6 cm und die Dicke auf 1.5 — 3,5 cm schätzen. Der
auf der oberen Seite in der Mittellinie gelegene rinnenförmige
Einschnitt (Chordaloch) ist annähernd 2 cm tief und erscheint im
Querschnitt als ein am Scheitel abgerundeter Winkel von un-
gefähr 60^'. Die mechanischen Verletzungen des Wirbelkörpers,
welche uns das Anschleifen und somit die Vernichtung eines
weiteren Theiles der für unser Gebiet seltenen Versteinerung
ersparen, geben einigen Aufschluss über die Structur des Kno-
chens: letztere ist im peripheren Theile der unteren zwei Drittel
385
ausgesprochen lainellar - concentrisch und in den tieferen Lagen
schwammig; im oberen Drittel des Wirbelkörpers, wo die äusserste
Lage fehlt, erscheint die Knochenmasse nur schwammig.
IV. Rippe.
Als eine der beiden Enden beraubte rechte Rippe aus der
Rumpfgegend eines Labyriuthodontcn glaube ich eine Versteine-
rung von Gogolin bezeichnen zu müssen, welche folgende Be-
schaffenheit besitzt: Das bogenförmige und an der Aussenseite
geflügelte Knochenfragment ist etwa 12 cm lang. Die Breite
beträgt au der proximalen Bruchfläche 2,5 cm, an der distalen
dagegen 3.4 cm, wovon im ersten Falle etwa % und im letzten
Falle ungefähr % auf den flügelartigen Fortsatz entfallen. Sieht
man von diesem keilförmig gestalteten flügelartigen Anhange ab,
so erscheint der Querschnitt des Knochens an der vorderen
Bruchfläche annähernd in der Gestalt eines Kreises von 1.5 cm
Durchmesser, an einer mittleren Bruchfläche wie ein fast quer-
liegendes, an den Ecken abgerundetes Rechteck von 1 bezw. 2 cm
Seitenlänge und endlich an der hinteran Endfläche wie ein dem
Quadrat nahestehender Rhombus von etwa 1,1 cm Seitenlänge.
Die flügelartige Verbreiterung bildet mit dem Haupttheile des
Knochens auf der Unterseite einen stumpfen Winkel von etwa
120^, wogegen sie auf der oberen Seite in einer Kante zusam-
menstossen, welche an der vorderen Bruchfläche einen Neigungs-
winkel von 100 — 110" aufweist, sich im weiteren Verlaufe all-
mählich abflacht und sich schliessliöh in der halben Länge des
Knochens in zwei Aeste spaltet, von welchen der eine flach
bleibt und längs des Haupttlieiles verläuft, während der andere
wieder schärfer wird und die flügelartige Verbreiterung als wohl
ausgeprägter Grat diagonal durchsetzt. Der Verlauf des äusseren
Randes des Flügelansatzes ist bogenförmig gewesen, lässt sich
aber einiger Verletzungen wegen nicht ganz genau angeben. Das
Rippenfragment ist nicht hohl, sondern besteht durchweg aus
fester, kleinporiger Knochensubstanz.
Die hier beschriebenen Originale werden demnächst in den
Besitz des mineralogischen Museums der königl. Universität zu
Breslau übergehen.
386
2. Beiträge zur Keniitiiiss der Plioccänfauiia
Süd -Spaniens.
Von Herrn F. Schrodt in Heidelberg.
Hierzu Tafel XXI und XXII.
Den ersten Anstoss zu dieser Arbeit gab eine von Dr.
MoLDENHAUER in Garrucha gesammelte Schlämmprobe, welche
sich bei näherer Untersuchung als ungemein reich an gut erhal-
tenen Foraminiferen erwies. Der gleiche Herr hatte die Güte,
uns auch fernerhin reichlich mit Material zu versehen. Die
übrigen erwähnten Fossilien wurden von Herrn Dr. Osann bei
einem längeren Aufenthalte in der Provinz Almeria gesammelt.
Ihm verdanken wir auch die geologischen Daten in Bezug auf
die Lagerungsverhältnisse. Die paläontologische Untersuchung des
Materials wurde von mir auf Anregung und unter gütiger Leitung
von Herrn Professor Andreae unternommen, wofür ich demselben
an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank ausspreche,
Lagerungsverhältnisse d6r Pliocänschichten in der Bucht
von Vera.
In dem ganzen nahezu horizontal ^) gelagerten Pliocäncomplex
von Vera (Provinz Almeria) scheinen blaugraue Mergel das Lie-
gende zu bilden. Dieselben ruhen bei dem Orte Garrucha direct
auf alten (wohl paläozoischen) Schiefern, in denen bisher keine
Fossilien gefunden wurden. Diese Schiefer setzen wesentlich die
benachbarten Sierren. S. Cabrera und S. Almagrera. zusammen.
Beziehungen der Mergel zu den von L. N. Monreal aus dieser
Gegend angeführten angeblich miocänen Schichten sind nicht be-
kannt^). Die Mergel von Garrucha stehen in dem Orte selbst
*) Nur in einzelnen Ausnahmefällen zeigen die Tertiärschichten
eine steilere Schichtenstellung, so z. B. wurden Neigungen bis über
50" an der Strasse von Vera nach Almeria, wo dieselbe den Rio de
4ntas überschreitet, beobachtet.
-) Cf. Boletin de la Comision del Mapa geol. de Espana, T. Y,
1878. Monreal: Apuntes fisico - geol. de la Prov. de Almeria. Aus
dem angeblichen Miocän werden von Fossilien angeführt: Ostrm lon-
girostris Lmk. , 0. lamellosa Brocchi, Clypeaster laganoides Aü. und
387
oberflächlich an. Sie wcrdeu in kleinen Gruben gewonnen und
zur Herstellung von porösen Thonkrügen. sogenannten „Jarras"
und „Botijos"', verwendet. Ihre Mächtigkeit soll wenigstens 10
bis 15 m betragen. Die tieferen, frisch aufgeschlossenen Par-
tieen sind graublau, die mehr oberflächlichen Schichten gelblich,
wahrscheinlich in Folge der Oxydation durch die Atmosphärilien.
Den Mergeln von Garrucha durchaus gleichende Mergel sind
in der ganzen Bucht von Vera verbreitet und bilden die tiefsten
Pliocänschichten. Nach oben hin werden sie sandig und reich
an Glimmer, sodass sie in glimmerreiche Sandsteine übergehen
können. In diesen Schichten wurden an der Chaussee von Vera
nach Almeria etwa 5 km von Vera einige Fossilien gesammelt,
deren Liste anbei folgt:
LithotJiamnmm pliocaenicum aut.,
Orhulina umversa d'Orb..
Rotalia Soldnnü d'Orb..
PolystonieUa iherica n. sp.,
Kleines Fragment einer hexactinelliden Kieselspongie mit un-
durchbohrtem Axenkreuz. -^
Cidaris sp.. Stacheln und Asseln,
Ärhacia sp.,
Echiniis, kleine Fragmente, oligopor, imperforirt und un-
gekerbt,
Clypeaster, kleines Fragment,
Serpula, 3 spec,
Memhraniporn cf. suhtilimargo Rss.,
— annuhcs Manz.,
— calpensis Busk.,
Reiepma cellnlosa Lam.,
Lepralia rudis Manz.,
— utriculus Manz. (:= Microporella ciliata Fall, sp.),
— innominata Couch.,
— ohelisciis Manz.,
Schizoporella (Pachycraspedon) sp..
Myriozoum truncatum Pall., sehr häufig,
Gellepora pumicosa Lin.,
Hm-nera sp., eine kriechende Art,
Bliynchonella cf. bipartita Brocch. sp.,
?Melania decussata. — Aus dem Pliocän werden angegeben: Ostrca
lamellosa Brocchi, Spondyliis (joedtropiis L. , Pecten opercidaris Lmk.,
P. duhius Broc.?, P. striatus Goldf.?, Jan ira jacobuta Lmk. sp., J.
■ma.dma Lmk. sp., Terehratvla f/randis Blumb. ; ferner von anderem Orte
und jedenfalls sehr fraglich : Ostrea Oellovacina Isyst. und Pecten
tenuis Lea. ?
388
Terebratula ampulla Brocch., flache Varietät,
Pecten scabrellus Lam., sehr häufig, eine Form, die aucli im
Miocän sehr verbreitet ist,
Janira jacohaea Lin., Fragment,
Hinnites pusio Lin. sp.,
Ostrea (Älcdryonio) atf. cristata Born.,
— cochlcar Poli,
Baianus sp.
Im Anschluss an diese Liste folgen noch einige Fossilien,
die vermuthlich aus demselben Horizonte, von Cuevas, 1 Stunde
nördlich von Yera, stammen:
Textilaria (Plecaninm) ahbreciata d'Orb.,
Nodosaria hacillum Defr..
Marr/inulina Pecketi n. sp. (vergl. pag. 409),
CristeUaria calcar Lin. sp..
TJviyerina pygmaen d'Orb. var. tennistriata R.S8. Bei einzel-
nen Exemplaren sind die oberen Kammern ungestreil't und
etwas rauh.
Glohigerina hidloides d'Orb.,
TriDicatulina tenera Brady,
— WueUerstor/i Schwg. sp., die typische flache
Form,
Spatangen - Stacheln,
Oxyrhina hastalis Ag. Ein Zahn von 70 mm Länge und
12 mm Dicke (Taf. XXE, Fig. 10). Unser Exemplar
stimmt genau mit derjenigen Form überein. die Agassiz
als 0. trigoiuidon beschreibt und abbildet (Recherches s.
1. poissons foss.. p. 279, t. 37, f. 17 u. 18) und die mit
(). hastalis Agj. synonym ist. Die gleichen Formen sind
aus dem angeblichen Miocän von Tejares und Malaga
bekannt (S. Woodward, Catalogue of the foss. fishes in
the British Mus., Part. I, p. 388),
? Balaenoptera rostrata F. Neben einigen kleinen, unbestimm-
baren Knochenfragmenten von überaus spongiöser Natur
liegt ein vollständig erhaltenes Zungenbeinhorn des vor-
deren Zungenbeinbogens (Stylohyale) von der linken Seite
vor. Der leicht gekrümmte Knochen misst 190 mm in
der Länge, 50 mm in der grössten Breite und die Dicke
beträgt in der Mitte nicht ganz 20 mm, am oberen Ende
fast 30 mm. Die beiden etwas verjüngten Enden sind
spongiös und ohne deutliche Contour, was den Uebergang
in Knorpel und Bandmasse andeutet. Die ungemein flache
Gestalt dieses Stylohyale erinnert an Zyphioideen, sowie
389
auch an Balaenoptera rast rata; die noch im Mittehiieer
vorkommende B. musculus (van Beneden et Gervais,
Osteographie des Cetaces viv. et foss., p. 185) ist wegen
ihres mehr rundlichen Stjlohyale ausgeschlossen. Die
Uebereinstimmung, welche der gleiche Knochen an einem
recenten Skelete von B. rostrata (dem nordischen Schnabel-
wal) in dem zoologischen Museum von Heidelberg dar-
bietet, ist sehr gross, weshalb dieser Knochen wohl zu
dieser Art oder einer sehr nahe verwandten Form ge-
hören wird. In den grossen AVerken von van Beneden
(van Beneden et Gervais. Osteographie d. Cetac. viv. et
foss. und VAN Beneden, Descript. d. osseraents foss. des
environs d'Anvers. Annal. d. mus. d'hist. nat. de Bel-
gique, Ser. palaeont. , I, IV und VII) ist nichts abge-
bildet, was eine grössere Verwandtschaft zeigt. Angeb-
lich miocäne Bildungen Portugals (van Beneden, 1. c,
IV, pag. 40 und VII, pag. 58) haben schon früher Wal-
fischreste geliefert. Auch Botella (Boletin de la Co-
mision del Mapa geologico de Espana 1882: Resena
fisica y geologica de la region SO de la provincia de
Almeria. p. 58) erwähnte einen Walfischwirbel wahrschein-
lich von Balaenoptera aus pliocäncn Ablagerungen von
Huecija, ca. 75 km WSW von Cuevas entfernt. Ihre
ungemeine Häufigkeit und Verbreitung. namentlich in den
Pliocängebilden Englands und Belgiens, sowie ihr Vor-
kommen im italienischen Pliocän ist bekannt.
Ueber den glinnnerreichen Schichten liegen Conglonierate,
mit denen vermuthlich diejenigen aus der Rambla del Esparto,
nahe der Strasse von Vera nach Aguilas gleichalterig sind, aus
welcher nachfolgende sparsame Fossilien stammen, die auf ober-
pliocänes Alter hindeuten:
Patella peraff. Adunsoni Dunk. Die Form steht der am
Senegal lebenden P. Adansoni überaus nahe.
Trochns (Osilinus) turtjinatus Gmel. (auch noch lebend im
Mittelmeer).
Stromhus coronatus Defr. Diese Form aus der Verwandt-
schaft des recenten Str. huhonius von den Cap Verden
steht in den meisten Merkmalen dem pliocänen Str. coro-
natus näher als dem pleistocänen Str. niedäerranctcs Ducl.
(= Str. sferracarallensis De Greg.) , cf. Boll. R. Com.
geol. d'Italia, vol. XX. 1889 (Simonelli: foss. dell' Isola
di Piaiiosa etc.), p. 203.
390
Liste der Foraminiferen aus den pliocäiien Mergeln
von Garrucha, verglichen mit anderen Fundorten.
I.
II.
III.
IV.
V.
VI.
VII.
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?Pelosina apiculata n. sp ...
Saccammina sphaerica Sars. . .
Psaymnosphaem fusca Schulze .
BJmhdammina irregularis Cakp. .
Jthizammina cf. algefwmis Brdy .
Planisperina celata CosT. sp. . .
Spiroloculina limbata d'Orb. . .
— tenuis Czjz. sp. . .
Textilaria sayittula Defr. . . .
- — abhreviata d'Orb. . .
— trochus d'Okb. . . .
— splmerica n. sp. . . .
Tritaxia lepida Brdy
Bigenerina nodosaria d'Orb. . .
— capreolus d'Orb. sp. .
Gaudryina ckilostoma Rss. . . .
Clavulina communis d'Orb. . .
— cylindrica Hajs'TK. . .
Bulimina pyrida d'Orb. ....
var. spinescens Brdy. .
— piupoidcs d'Orb. . . .
— aculcata d'Orb. . .
— inflata Seg
Bolimna punctata d'Orb. . . .
— dilatatu Rss
— robitsta Bedy
— Beyrichi Rss
— var. alata Seg
Pleurostomella altermins ScHWG. .
Cassidulina oblonga Rss
Hippocrepina constricta n. sp. . .
Lagena laevis Montag, sp. . . .
— clavata d'Orb sp. . . .
— hispida Rss
+
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391
I.
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III.
IV.
V.
VI. VII.
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Laijena aspern Rss
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— sulcata Walk. u. Jag. .
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— hexagmia William . . .
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Ghnduliiin lacini/ata d'Orb. . .
+
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Nodosaria radicula LiN. sp. . . .
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— soluta Ess
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— ■ suhtertenuata Schwg. .
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—
—
— (IJ) communis d'Orb. .
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+
— (IJ) subtilis Neugb.
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—
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. — (V) consobrina d'Orb .
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—
+
— — var. emaciata
Rss. . . .
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—
+
— (D) approximata Rss. .
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—
— mucronata Neugb. . .
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—
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+
+
— hispida d'Orb. . . .
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+
+
— • verruculosa Neugb. . .
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—
—
—
— Scolaris Ratsch, sp. .
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+
— (D) elcgantissima d'Orb.
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—
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+
—
— catenulata Erdy. . .
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—
—
—
— vertebrcdis Ratsch sp. .
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+
• — cf. microptycha Rss.
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—
—
—
— punifens Rss
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—
—
—
— obliqua LiN. sp. . . .
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— bacillum Defr. . . .
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—
— acuminata Hantk. . .
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—
? Nodosaria Ewaldi Rss
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—
—
— annulata Terq. und
Berth
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—
—
—
Marginulina glabra d'Orb. . . .
+
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—
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— acumi)iata n. sp. . .
—
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—
—
— ventricosa n. sp. . .
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—
—
—
— curvata n. sp. . . .
+
—
—
—
— problematica n. sp. .
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—
—
—
— hirsuta d'Orb. . .
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—
— Fecketi n. sp. . . .
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—
—
— — var. spinosa w. var.
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—
—
Lingidiita costata d'Orb. . . .
—
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—
—
— (data n. sp
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—
—
Frondicularia alata d'Orb. . .
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—
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+
— interrupta Karr, .
+
—
—
—
Bhahdogoiiium tricarinatum d" Orb.
sp
+
—
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392
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II.
III.
IV.
V.
VI.
VII.
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Cristellaria reniformis d'Orb. . .
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— dentata Karr. . . .
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— tricarinella Rss. . . .
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— cymha d'Orb. . . .
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— semiluna d'Orb. . .
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—
— MoldenJumeri n. sp. .
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—
—
— — var. lata n. var.
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—
—
—
—
— crepidida Ficht, u.
Moll. sp. ...
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—
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— italica Defr. sp. . .
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—
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inornata dOrb. . .
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—
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—
—
— rotulata Lam. sp. . .
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vortex Ficht, u. Moll
sp. ..... .
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+
— orbicularis D Orb. sp.
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—
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—
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— crassa d'Orb. . . .
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—
— cidtrata Montf. sp. .
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— calcar Lin. sp. . . .
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— tanyentkdis Rss. . .
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—
—
— cassis Ficht, u. Moll
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+
— mamüligera Karr. . .
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—
—
—
—
— echinata d'Orb. sp. .
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—
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+
+
— aciücata d'Orb. . . .
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+
—
+
- — arimiuensis d'Orb. sp.
+
+
+
+
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Vaginulina striatissima u. sp. . .
+
—
—
—
—
—
—
— Icgumen Lin. sp. . .
+
+
—
—
—
+
+
— marguritifera Batsch.
sj). vai\ striata n. var.
+
+
—
—
—
—
— linearis Montag, sp. .
+
—
—
—
—
+
Polymorphina communis d'Orb. .
+
—
—
—
—
—
+
— gibba d'Orb. . . .
+
—
—
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+
Dimordhina tnherosa d'Orb. . .
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—
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Thngerinii ligginaca d'Orb. . . .
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—
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— asperida Czjz. . . .
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—
—
—
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—
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Sagrina virgida Bray
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—
—
—
—
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— nodosa Park. u. Jon. . .
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—
—
—
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Globigeriim bulloides d'Orb. . .
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—
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u. var. Globigerina bilobata d'Orb.
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—
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—
—
Orbtdina imiversa d'Orb. . . .
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Sphacroidina bulloides d'Orb. . .
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jhiUenia splmeroides d'Orb. sp. .
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Discorbina Vilardeboana d"Orb. sp.
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Truncatulina Haidimjeri d'Orb. .
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— f/n^enan« d'Orb. sp.
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— Dutenq)lei d'Orb. sp.
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—
—
— pygmaea Hantk.
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—
—
—
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— praecineta Karr. sp.
—
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—
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— reticulaUi Czjz. . .
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Anomalina anunonoides Rss. sp. .
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—
—
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— ariminensis d'Orb. sp.
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Pulvinulina auricula Ficht, u.
Moll sp
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—
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— umbonata Rss. .
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—
—
—
+
— Schreibersi d"Orb. sp.
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+
+
— Partschiana d'Orb. sp.
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Eotalia Soldanii d'Orb
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+
—
—
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Noniolina ttmbicilattda Montag.
sp
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—
—
—
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— pompiloides Ficht, u.
Moll sp
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—
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Polystomella crispa LiN. sp. . .
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+
+
+
— Josephina d'Orb. . .
+
—
—
—
■
121
57
40
12
65
51
66
Gesammtzahl der Foi'men in
der Fauna von Garrucha und
Anzahl der Formen, welche
diese Fauna mit anderen plio-
cänen und recenten Faunen ge-
meinsam hat
129
Gesammtzahl der Formen aus
dem Pliocäa von Malaga und
Alcantara
87
29
Zeit.schr. d. D. geol. Ges. XLII. 3.
27
394
Bemerkungen zur Foraniinifcrcn-Liste.
No. I. Diese Rubrik entspricht der Fauna des tiefen, blauen
Mergels (creda azul) von Garruclia. Derselbe ist ausgezeichnet
durch die gute Erhaltung der Foraminiferen. Bemerkenswerth
ist der Reichthum an Globigerinen, Nodosarien und Cristellarien.
Es fanden sich in Allem 116 Species darin.
No. II. Entspricht der Fauna der meist höher gelegenen
gelben Mergel (creda amarilla) von Garruclia. Die Erhaltung ist
eine v^^eniger gute. Globigeriniden sind ebenfalls häufig. Beson-
ders charakteristisch ist der Reichthum an Lingulina costata
d'Orb., die in No. I fehlt.
No. III. Enthält die Fauna, die Parker und Jones aus den
Mergeln von Malaga anführen (Quart. Journ. Geol. Soc, 1860,
T. 16, p. 302). soweit dieselbe zum Vergleich mit unserer Fauna
in Betracht kommt. Die Localität Malaga hat ausserdem noch
eine Anzahl Formen geliefert, welche bisher bei Garrucha fehlen.
Die Liste verselben folgt anbei:
Nodosaria raphaniis Lin., N. rnphanistrum Lin., N. den-
ialina Lam. , Dentalina acicnia Lam.. D. Adoljyhma d'Orb.,
D. elegans d'Orb., D. guttifera d'(Jrb.. Frundiculina complanata
Depr., Ritmilina glahra d'Orb., Vaginulina hadenensis d'Orb.,
MarginnUna rajjhciNUs Lin. M. littius d'Orb., CristeUaria lan-
eeolata d'Orb., Cr. clypeiformis d'Orb.. Cr. ornata d'Orb.,
Etitosofenia marginata Montag.. BuUiitina Buchiana d'Orb.,
B. ohfum d'Orb., Uvigerina angularis William, U. nodosa
d'Orb.. Tea-filaria agglutinans d'Orb., T. gibhosa d'Orb.. T.
Partschi Czjz., Bigcnerina digifata d'Orb., Grammosfomum
gramen d'Orb., Verneuillina tricarinata d'Orb., Y. commu-
nis d'Orb , Planarltnlina fr acta Ficht, u. Moll., Truncatii-
lina lobatula W. u. Jac. , AnomaUna variolaria d'Orb., Ro-
talia repanda Ficht, u. Moll, R. cxcavata d'Orb., R. Beccarii
Lin., R. orhicularis d'Orb., R. trochidiformis Lam., Nonio-
nina scapha Ficht, u. Moll., N. asterisans Ficht, u. Moll..
PolystomeUa striafopunctata Ficht, u. Moll. , Amphistegina
milgaris d'Orb.. SpirolocMlina canicuJahi d'Orb.. Qninque-
oculina semimdnm Lin.. Qu. triangiifnris d'Orb.. Biloctihna
depressa d'Orb., Lituola nautiloidea Lam.. L. Soldanü Park.
u. Jon.
No. IV. Umfasst die Formen, welche die Fauna der Gar-
rucha - Mergel mit derjenigen der blauen Mergel von San Pedro
de Alcantara (vergl. die Liste von Schlumberger in: Memoires
preseut. ä l'acad. des scienc. de l'institut de France, T. XXX,
1888. Mission d'Andalousie. Etüde geol. de la Serrania de
395
Ronda p. Lew et Bergekon. p. 344) gemein hat. Ausserdem sind
dort aus dem Mergel von San Pedro noch folgende Arten erwähnt:
SpiroJoculma hadenensis? d'Orb., Sp. cannliculata d'Orb..
Sp. excavaia d'Orb . Biloculina lunula d'Orb. , B. sphaera
d'Orb., B. n. sp., Trüociilina cf. angiilans d'Orb., Quinque-
loculina Bnchiann d'Orb., Adclosina 2iuJchella d'Orb., TJenta-
lina e/ef/ans d'Orb.. D. gnUifera d'Orb., Ämphisteginn Lessoni
d'Orb., Botaliiia sp.. Planispinna contraria d'Orb., ?Gutfu-
lina problema d'Orb.. Cldlostomella ovoidea Rss.
No. Y, VI u. VII. Enthalten die Faunen des italienischen
Pliocäns (Quart. Journ. Geol. Soc, 1860, Bd. 16, p. 302), die
recenten Faunen des Mittelmeeres (ibid.) und des nordatlan-
tischen Oceans (nach den Angaben von Brady in Report of Chal-
lenger Exped., Tom IX), soweit sie zum Vergleiche in Betracht
kommen. Die entsprechenden Gesammtfaunen sind bedeutend
artenreicher.
Vergleich der Garrucha-Mergel mit anderen Localitäten.
Der blaue Mergel von Garrucha (Probe A) liat die statt-
liche Anzahl von 116 x\rten (ohne Varietäten) geliefert, ist also
in dieser Beziehung viel reicher als die bis jetzt bekannten spa-
nischen Foraminiferen-Faunen aus dem Neogen.
In dem gelben Mergel (Probe B) wurden dagegen nur 54
Species aufgefunden , wenn man von den wegen schlechter Er-
haltung fraglichen Formen absieht, die meisten kommen auch in
Probe A vor. Sieben wurden darin nicht beobachtet. Von die-
sen gehören fünf, nämlich Textilaria ahbreinata d'Orb.. Nodo-
saria vmicronata Neugb., Lagena hispida Rss.. Marginulina acu-
minata n. sp. . Truncatulina praecincta Karr. sp. . zu den Sel-
tenheiten; Gristellaria aculeata d'Orb. kommt ziemlich häufig
vor und Lingulina costata d'Orb. ist gemein. Es ist merkwür-
dig, dass von L. costata d'Orb. keine Spur in Probe A gefunden
ward. Dieser Umstand spricht dafür, dass der gelbe Mergel
nicht einfach ein oberflächliches Verwitterungsproduct des blauen
Mergels darstellt, oder dass wenigstens die höheren gelb gefärbten
Schichten des gesammten Mergelcomplexes eine etwas abweichende
Fauna enthalten, was vielleiclit veränderten Tiefenverhältnissen
entsprechen dürfte. Mit dieser Anschaung würde auch der nach
oben hin beobachtete Uebergang der gelben Mergel in sandige
Schicliten in gutem Einklang stehen.
Im Anschluss an die Garrucha-Mergel sei hier noch das Er-
gebniss der Untersuchungen von zwei anderen Proben erwälint.
die auch aus der Provinz Almeria stammen. Die eine wurde bei
27*
396
Alifragas unweit Vera, die andere ebenfalls in der Umgegend von
Vera (etwa 4 km südlich von diesem Orte) gesammelt. Die Probe
von Alifragas, die der Kürze wegen mit Probe C bezeichnet
werden soll, zeigt dieselbe bläuliche Färbung wie Probe A. Auch
in der Foraminiferen-Fauna gleichen sie sich, nur ist Probe C in
dieser Beziehung weniger artenreich. Es fanden sich 47 Species!
Auffallend ist der Mangel an Cristellarien, von denen sich nur
3 Arten fanden, sowie das Fehlen von Marginulinen und Vagi-
nulinen. Auch die Nodosarien treten viel spärlicher auf als in
den Proben A und B. Folgende 7 Arten wurden in den Proben
A und B nicht beobachtet: MilioUna agghifinans d'Orb. sp.,
VirguUna Mustoni Andr. , Bolivina cf. textilaroides Rss. , Cy-
clammina cancellafa Brdy. , Nodosaria rticlis d'Orb., N. pyrula
d'Orb., N. perversa Schv^g. Es sind dies jedoch verhältniss-
mässig seltene Formen, über die sich weitere Bemerkungen im
speciellen Theile finden.
Die Probe D aus der Umgebung von Vera hat eine gelb-
liche Färbung und gleicht hierin etwas der Probe B. Sie ist
jedoch viel ärmer an Arten. Die Schalen sind meistens schlecht er-
halten und corrodirt. Ihre Bestimmung wird daher oft sehr pro-
blematisch. Es wurden nur 28 sicher bestimmbare Arten beob-
achtet, die fast alle auch in den drei übrigen Proben vorkommen
bis auf eine, nämlich Textilaria conica d'Orb. var. , die jedoch
sehr selten zu sein scheint. Näheres hierüber und über einige
Abnormitäten und Problematica wird im speciellen Theile erwähnt
werden. Nach allem diesen scheinen die vier besprochenen Mer-
gel, wenigstens was ihre P'oraminil'eren- Fauna betriflt, nicht we-
sentlich von einander abzuweichen.
Anders verhält es sich, wenn man die blauen Mergel von
Andalusien bezüglich der Foraminiferen mit den Mergeln aus der
Provinz Almeria vergleicht. Diese scheinen nicht nur viel ärmer
an Arten zu sein, sondern die Zusammensetzung der Fauna ist
auch eine andere. Von den durch Schlumbbrger bestimmten
29 Arten wurden 12 auch in unseren Proben gefunden. Die
Milioliden sind ziemlich reichlich vertreten. Es werden 9 Arten
aufgeführt, von denen Bilocnlina hninla dOrb. als häufig, Qtiin-
qtieloculina Btirhiana d'Orb. und Adelosina j^^fMwUa d'Orb. als
sehr häufig bezeichnet werden. Auffallend ist das Fehlen von
Globigerii.ien und das seltene Vorkommen von Orhulina imwersa
d'Orb. Es scheint hier mehr eine Milioliden-Facies vorzuliegen,
analog der des Pariser Grobkalkes oder einzelner Pliocänthone
Italiens, während die Mergel von Garrucha und Umgebung eine
Globigerinen-Facies repräsentiren. Doch ist es auch sehr möglich,
dass wir es hier mit anderen Tiefenverhältnissen zu thun haben,
397
wofür allerdings, wie später gezeigt werden soll, einige Vorkonun-
nisse sprechen.
Geringer ist der Unterschied, wenn man die Fauna von
Malaga mit der unserer Proben vergleicht. Von Parker und
Jones werden aus den Mergeln von Malaga 87 Arten aufgeführt,
von denen 40 auch in den vorliegenden Proben angetroffen wur-
den. Beide Faunen zeichnen sich durch den Artenreich thum der
Cristellarien. Nodosarien und Rotaliden aus. Es wurden bei
Malaga jedoch keine Astrorhizen. Planispirinen. Gaudryinen. Cla-
vulinen. Pleurostomellen, Cassidulincn. Lingulinen. Polymorphinen
und Sagrinen beobachtet. Bolivineu. Marginulinen und Vaginu-
linen sind viel spärlicher vertreten. Im Grossen und Ganzen
zeigt sich hingegen eine gewisse Verwandschaft beider Foraraini-
feren- Faunen.
Grösser ist die Anzahl der gemeinsamen Arten, wenn man
die hii italienischen Pliocän auftretenden Foraniiuiferen. wie sie
Parker und Jones in seiner Vergleichsliste aufführt, mit den in
den Almeriaproben beobachteten vergleicht. In dieser Tabelle
sind 129 italienische Species enthalten, von denen ca. 40 in
unseren Proben sich wiederfinden. Jedoch ist die Anzahl der
gemeiusamen Formen noch grösser und beträgt mindestens 63,
mit Varietäten 65. da genannte Autoren nicht alle aus dem
Mittelmeer bekannten Arten anführen. Es fehlen bis jetzt im
italienischen Pliocän die Astrorhizen. Die Lagenen, Marginulinen
und Vaginulinen scheinen weniger häufig zu sein. Dagegen sind
die Milioliden viel artenreicher. Alle übrigen Gattungen sind
ungefähr gleich stark vertreten. Bemerkenswerth ist das Auf-
treten von Polystomellen für manche Faunen des italienischeu
Pliocäns. Diese Formen fehlen in vorliegenden Proben fast voll-
ständig, nur in Probe A fanden sich einige dürftige Exemplare
von Polystomella crispa Lin. sp. und P. Jose])1iina d'Orb.
Auch mit den recenten Foraminiferen-Faunen zeigt die un-
serer Mergel grosse üebereinstimmung. etwa .51 Arten leben
noch im Mittelmeere, etwa 66 Formen im atlantischen Ocean.
Es dürfte diese Verwandtschaft der Faunen für die Geologie von
Interesse sein.
Tiefenverhältnisse der Garrucha- Mergel.
Die Tiefen, in welchen unsere Mergel zum Absätze ge-
langten, lassen sich aus der Menge und Art der gefundenen Or-
ganismen wenn nicht genau, so doch annähernd bestimmen.
Jedenfalls kann man ermitteln, ob man es mit Ablagerungen aus
seichtem oder tiefem Wasser zu thun hat. Dazu liefern die
Foraminifercn wichtige Anhaltspunkte, da man die recente bathy-
398
inctrisclio Verbreitung von vielen Formen in Folge der Tiefsee-
forschung kennt. Besonders verdienen in dieser Beziehung die
agglutinirten Formen erwähnt zu werden, denn sie sind als Be-
wohner des Meeresgrundes für die Tiefenbestimmung sehr werth-
voll '). Der grösste Theil der vorliegenden agglutinirten Arten
bewohnt das tiefere Meer wie Saccmiu'na spJtaerica Sars (Nord-
atlant. Ocean 173 — 1443 Faden ^)). Psanimosphnera fnsca Schulze
(sie findet sich nur in kälteren Meeren in seichterem Wasser),
lihahdammina irref/ularis Carp. (kommt zugleich mit Wi. abys-
somm- in grossen Tiefen vor) , Jtlnzammma aUjaeformis Brdy.
(Nordatl. Ocean 630 — 2435 Faden), Plamsperina celata Cost.
sp. (hauptsächlich 300 — 1500 Faden), B igenerina capreohis b'Orb.
sp. (350 — 675 Faden), Clavnlina communis d'Orb. (147 — 2200
Faden) und Cl. cylindrica Uastk. (155 — 1900 Faden). Es sind
dies meistens Formen, die sich ziemlich häufig in unseren Pro-
ben finden. Ebenfalls zahlreich vertreten ist Bifienerina nodo-
snria d'Orb., welche geringere Tiefen bewohnt, aber doch bis zu
1620 Faden angetroffen wurde. Eine andere agglutinirte Form,
die fast ausschliesslich das seichte Wasser bewohnt, wurde in
Probe C aber nur in wenigen Exemplaren beobachtet. Unter den
agglutinirten Formen überwiegen also die im tieferen Meere ^)
vorkommenden Arten entschieden.
Nicht agglutinirte Formen unserer Proben wurden bis jetzt
folgende nur in tieferem Meere gefunden: Tritaocia lepida Brdy.
(1240 Faden). Biaimina pyrnJa D'OviB. (100 — 200 F.), B.
aculeafa d'Orb. (ca. 1000 F.). B. inflnta Seg. (340—2435 F.),
Bolinna dilatnta Rss. (96 — 1180 F.), B. Beyriclxi Ess. mit B.
var. (datti Seg. (95 — ^1125 F.), Plcurostomella alternuns Schwg.
(129- -2075 F.), Nodosaria soluta Rss. (300 — 1360 F.), N.
consohrina d'Orb. mit N. var. emacinfa Rss. (Nordatl. Ocean
290 -725 F.). N. hispida d'Orb. (Nordatl. Ocean 390—450 F.l,
K verfchmlis Batsch sp. (Nordatl. Ocean 300—1000 F.). Fron-
dicularia alata d'Orb. (Nordatl. Ocean 390—435 F.), Bhahdo-
gonium fricarinatiim d'Orb. sp. (390 — 1360 F.). Cristellaria
reniformis d'Orb. (Nordatl. Ocean 300 — 1000 F.), Cr. vartex
^) Die agglutinirten Formen können nicht pelagisch, sondern müs-
sen auf dem Meeresgrunde leben, da sie Sand zum Aufbau ihrer Schale
verwenden.
2) 1 Faden = 1,3716 Meter.
') Es ist unter Tiefmeerablagerung eine Tiefe von mindestens
mehreren Hunderten von Faden verstanden, jedoch nicht eine eigent-
liche abyssische oder Tiefseeahlagerung, die mindestens 1000 oder
mehr Faden umfasst und im europaischen Pliocän überhaupt nicht
vorkommen dürfte.
199
F. u. M. sp. (Nordatl. Oeean 435 F., Mittelmeer 90— 360 F.),
Cr. crastsa d'Orb. (210 F.), Cr. cultraia Montf. sp. (Hauptent-
wicklung über 100 F.)- Cr. cakar Lin. sp. (Nordatl. Ocean 390
bis 450 F.). Cr. mamilligeiui Karr. (95 — 210 F.). Cr. ecldnata
d'Orb. sp. (95 — 210 F. I. Cr. amleata d'Orb. (390 — 450 F.),
Truneatulma Haidingeri d Orb. sp. (90 — 1776 F.). IV. JÜutem-
pki dOrb. sp. (1070 — 1900 F.), Piilvimilina Parischiana
d'Orb. sp. (300 — 2000 F.), Rotalia Soldanii d'Orb. (am häu-
figsten tiefer als 1000 F.). Nonionina ijompüoides F. u. M. sp.
(1000 — 2750 F.) Ausserdem finden sich ziemlich viele Formen,
welche weder ausgesprochene Seicht - noch Tiefwasser - Foramini-
feren sind, sondern von der Littoralzone bis in grosse Tiefen
hinab vorkommen. Diese sind zur Tiefenbestimmung natürlich
nicht verwendbar. Zu denjenigen unserer Formen, welche tie-
feres Wasser bevorzugen ohne im seichten zu fehlen, gehört Pul-
lenia sphaeroides d'Orb. sp. und die Lagenen, von denen 5 Arten
beobachtet wurden. Von Foraminiferen, die gleichfalls vom seich-
ten Wasser an bis in grosse Tiefe hinabgehen, aber das seichte
Wasser vorziehen , wurden Spirolociilina limhata d' Orb. , Texti-
laria sagittula Defr. , Vaginutinu legumen Lin. sp. , V. marga-
ritifera Batsch. sp. und CristeUaria crepidnla F. u. M. sp. ge-
funden. Ausgesprochene Seichtwasserformen sind nur spärlich
vertreten. Die wenigen Formen, die hierher zu rechnen sind, liefer-
ten die Genera Polystmnella und Polymorphina. Polyinorphinen fin-
den sich in Tiefen von weniger als 80 — 100 Faden. Es kamen in
unseren Proben nur einige Exemplare von Polymorphina gibba
d'Orb. und P. commums d'Orb. vor. Von der sonst so häu-
figen Seichtwasser-Foraminifere Polystomella crispa Lin. sp. wur-
den nur wenige dürftige Stücke beobachtet. Nach allem diesem
überwiegen auch unter den kalkschaligen Foraminiferen die For-
men des tieferen Wassers bedeutend über diejenigen des Seicht-
wassers, besonders da manche Tiefwasserarten mit grosser Indi-
viduenzahl auftreten, z. B. Bnliniina inflata Seg. , Nodosaria
consohrina d'Orb., N. hispida d'Orb., CristeUaria vortex F. u. M.
sp., Cr. ndtrata Montf. sp., Tnmcaiulina Haidingeri d'Orb.
Dieser Umstand und das fast vollständige Fehlen von ausschliess-
lichen Seichtwasserformen deutet also auf tieferes Meer hin.
Dazu kommt ein anderes sehr wichtiges Moment, nämlich
das massenhafte Auftreten der wohl meistens pelagisch lebenden
Globigerinen und Orbulinen, deren abgestorbene Gehäuse dann
in der Tiefe den Globigerinenschlannn bilden. In unserer Probe
bestehen gegen 80 pCt. aller Foraminiferen aus diesen Formen,
und ist das Verhältniss in allen 4 Proben fast das gleiche.
Diese grosse Menge von Globigerinen und Orbulinen kommt nur
400
in grösserer Tiefe in dem Globigerincnsclilannne vor. der von
450 bis gegen nOOO Faden angetrotlen wird. Unsci'e ausgc-
schlänmiten Mergel entsprechen ziemlich genau einer Globigerinen-
schlamm- Probe.
Auch das Vorkommen resp. Fehlen anderer Organismenrestc
spricht zu Gunsten einer Tiefmeerfacies. Es fehlen nämlich die
Organismen, die sonst im seichteren Wasser häutig auftreten,
wie Bryozoen, Muschel- und Schneckenschalen nahezu gänzlich.
Von Bryozoen wurde nur Baiopora sp. einigermaassen häufig ge-
funden. Ausserdem kamen von organischen Resten Spatangiden-
Stacheln. sowie einige Ostracoden nicht selten vor. Als Selten-
heit fand sich ein kleiner etwas abgeriebener Fischotolith und
ein Fragment eines unbestimmbaren Fischzahns. ' ''^•r^ir.^i ■ _.
Im scharfen Gegensatze hierzu steht die Fauna der die
Mergel überlagernden sandigen Schichten von Vera und der Rambla
del Esparto. In diesen treten nämlich Bryozoen. Muschel- und
Schneckenschalen massenliaft auf, ausserdem neben anderen See-
igeln ein Fragment eines Clypeastet: Diese Vorkommnisse deuten
auf seichteres Wasser, was auch durch die sandige Natur der
Schichten bestätigt wird. Es wurden in diesen Schichten einige
wenige Foraminiferen gefunden, von denen Polysfomella iberica
n. sp. (siehe spec. Theil) ziemlich häufig zu sein scheint.
Zu einem ähnlichen Ergebiiiss führt der Vergleich der Fauna
unserer Mergel mit der von Malaga und San Pedro de Alcan-
tara. Auch diese Mergel sind reich an Muschel- und Schnecken-
schalen, scheinen sich also gleichfalls in seichterem Wasser ge-
bildet zu haben. Die Mergel von San Pedro weichen ausserdem a;
durch die Foraminiferen-Fauna erheblich ab. Es finden sich in &•, . ^ .
derselben ausgesprochene Seichtwasserformen . wie Polijfitomella %^:Vi^'
cri'spa LiN. sp. und Am2)Jnsfcrfina Lessor/i dOrb. , die beide
häufig sind. Auffallend ist der Mangel an Globigerinen.
Geologisches Alter der Garrucha-Mergel.
Eine weitere wichtige Frage ist die nach dem geologischen
Alter unserer Mergel. Mit den Foraminiferen allein lässt sich
dieses nicht genau bestimmen. Immerhin kann im Allgemeinen
gesagt werden, dass die grosse Verwandtschaft sowohl mit den
pliocänen Faunen Spaniens und Italiens, als auch mit den re-
centen des Mittelmeeres und atlantischen Oceans auf verhältniss-
mässig junges geologisches Alter hindeutet. Dazu kommt, dass
unsere Mergel von Schichten überlagert werden, die nach den
darin gefundenen I''ossilien wohl dem Über-Pliocän angehören
(s. Einleitung). Eine besonders nahe Beziehung zu den reicheren
und bekannteren miocänen Foraminiferen -Faunen, wie z. B. der
401
des Wiener Beckens ist dagegen niclil gerade zu bemerken, wäli-
rend die überaus grosse Zald reccnter. sowohl mediterraner, wie
nordatlautischer Formen in die Augen fällt. Unsere Fauna hatte
51 Arten mit dem Mittelmeer und 66 Formen mit dem nord-
atlantischen Ocean gemeinsam, beides Zahlen, die sich gewiss
noch mit der Zeit vergrössern werden. Diese Momente, ebenso
wie der allmähliche Uebergang in typisch pliocäne Gebilde nach
oben hin, drängen zur Annalnne eines pliocänen Alters. Die
tiefste Stellung, welche die Garrucha - Mergel in dem dortigen
Tertiär einzunehmen scheinen , ihre unmittelbare Auflagerung auf
dem gefalteten alten Gebirge, ihre auf grössere Tiefe hinweisende
Facies, verglichen mit ihrer jetzigen Höhenlage von etwa 20 m
über dem Meeresspiegel, lassen ein unterpliocänes Alter ver-
muthen. Botklla (Boletin de la Comision del Mapa geol. de
EspaTa 1852: Resena fisica y geolog. de la region SO de la
provincia de Almeria, p. 54 if.) beschreibt aus einem anderen
Theile der Provinz Almeria Tertiärschichten, die theilweise mit
unseren höheren Schichten viele Aehnlichkeit zeigen. Er spricht
dieselben als mittleres und oberes Pliocän an. ohne jedoch irgend
eine speciiisch bestimmte Versteinerung anzuführen. Die tiefsten
Foraminiferen-reichen, blauen Mergel unseres Gebietes scheinen (?)
dort zu fehlen.
Von Wichtigkeit bei den Altersbestimmungen von pliocänen
und pleistocänen Ablagerungen sind auch die Temperaturver-
hältnisse, da die der Eiszeit aequivalenten pleistocänen Bil-
dungen der mediterranen Gebiete nordisclie Elemente in ihrer
Fauna erkennen lassen, die zuweilen schon ihre Vorboten im
()berpliücäu. haben. In der Fauna unserer Mergel fanden sich
aber keine typisch nordischen Formen, und spricht im Gegentheil
das reichliche Vorkommen von Globigerinen , deren Hauptverbrei-
tung zwischen ca. 40 '^ nördliclier und 40 " südlicher Breite liegt,
für eine wärmere oder mindestens gemässigte Temperatur, wäh-
rend in hohen Breiten, die bei uns seltene kleinere und dürftige
Varietät Glohigerina horealis {=^ Gl pacliyderma Ehrbg. sp.)
überwiegt^).
') Der Golfstrom scheint das Vorkommen von Globigerinen in
hohen Breiten zu begünstigen, da von der Procupine- Expedition im
Bereiche dieses Stromes noch bei 55" nördl. Br. Globigerinenschlamm
beobachtet wurde. (Brady, 1. c, p. 120.)
402
Bemerkungen zu den einzelnen in dieser Arbeit erwähnten
Foraminiferen und Beschreibung der neuen Arten und
Varietäten.
AstrorJiiziilae,
? Pelosina npiculata n. sp.
Taf. XXII, Fig. 7.
Schale verlängert, nach dem aboralen Ende zu sich ver-
jüngend. Besitzt zwei ziemlich tiefe horizontale Einschnürungen,
ist aber allem Anscheine nach nur einkammerig. Der End-
abschnitt ist gezipfelt. die zwei anderen Abschnitte kugelig. Die
Mündung liegt auf einer dünnen Röhre. Die Oberfläclie ist rauh.
Länge 0,7 mm, Breite 0,3 mm.
Die in Probe A sehr seltene Form weicht von allen be-
kannten Pelosinen durch die starken horizontalen Einschnürun-
gen ab.
Die im Wesentlichen nordische Saccamnüna sphaerica M.
Sars findet sich verhältnissmässig selten in Probe A. Es wur-
den sowohl Exemplare mit Mündung beobachtet als auch solche,
bei denen sie zu fehlen schien. Auch bei lebenden ist eine
Mündung oft nicht nachzmveisen (Bkady, Report Challg. Forani.,
pag. 253).
Von Rhizammina alyucformis Brady liegt nur ein kleines
Fragment aus Probe A vor. Es ist sparsam agglutinirt. Zum
Aufbau der Schale sind auch Globigcrinen und Cristcllarien
verwendet.
Die Schale von liliahäammina ü-regularis Carp.. die häufig
in Probe A und B, seltener in Probe C vorkommt, ist fein und
dicht agglutinirt mit sehr eisenreichem Cement. Zuweilen werden
Globigerinen und andere kleine Foraminiferen mit agglutinirt.
MlUolidae,
Bemerken swerth ist der Mangel an Milioliden- Es fanden
sich nur einige kleine Spiroloculinen und dann agglutinirte For-
men wie Planispirina celata Cost. sp., die besonders in den
Proben A und B ziemlich häufig beobachtet wurde. Planispenna
celata Cost. sp. kann beim ersten Anblick leicht mit 31ilioUna
agglutinans d'Orb. sp. verwechselt werden, doch unterscheidet sie
sich von ihr durch die eigenthümliche Anordnung der Kannnern.
Diese zeigen .^vorliegende Exemplare sehr deutlich, wenn man Prä-
parate in der Weise herstellt, dass mau die Stücke mit einem
scharfen Messer quer durchschneidet. — Sehr viel seltener als
403
Pkiuispirixa cclatd Cost. sp. ist Miliolina (uiylntinans d'Orb.
sp., die nur in Probe C sich vorfand.
Textilavidae.
Textilaridcn koninien in vorliegenden Proben ziendicli liäutig
vor und zwar sowohl agglutinirte als kalkschalige Formen. Unter
den ersteren findet sich in Probe D eine der lexiilaria sagit-
tula Defr. sehr nahe stehende Form. Sie weicht vom Typus
insofern ab, dass sie weniger comprimirt ist und die Nähte nicht
so deutlich erkennen lässt. Was Textäarid cf. conica d'Orb.
aus Probe D betrifft, so unterscheidet sich unser Exemplar von
der tj'pischen Texfilana conica d'Orb., wie sie Brady beschreibt
und abbildet (1. c, p. 365, t. 43, f. 13 u. 14), besonders durch
die sehr comprimirte Gestalt. Sie stimmt besser mit der 1. c,
t. 113. f. 1 abgebildeten kurzen Varietät. Unter den aggluti-
nirten Formen fand sich eine neue Art:
Textilaria sphaerica n. sp.
Taf. XXII, Fig. 6 a u. b.
Schale wenig comprimirt. gedrungen, beinahe kugelig mit
kurzer Spitze. Das orale Ende ist gerundet; das aborale endigt
ziemlich stumpf. Der Querschnitt erscheint kreisförmig. Die
Segmente sind wenig an der Zahl, vielleicht nur 3 bis 4 in jeder
Reihe; die ersten sind äusserlich kaum wahrnehmbar. Die letzte
Kammer ist stark aufgeblasen und nimmt über die Hälfte des
Gehäuses ein. Die Nähte sind schwach vertieft und werden ge-
gen das spitze Ende hin sehr undeutlich. Die Schale ist massig
fein und dicht agglutinirt. Länge und Breite 0,8 mm. Sie findet
sich in Probe A nicht selten.
Diese auffallend kugelige Art lässt sich direct mit keiner
der zu Gebote stehenden Abbildungen vergleichen. Am besten
stimmt sie noch mit Textilaria aspera Brady (1. c, p. 367,
t. 44, f. 9 — 13), besonders was die llundung der Kammern be-
trifft. Textila ria aspera ist jedoch länglicher, die Nähte sind
tiefer und alle deutlich wahrnehmbar. Auch scheint vorliegende
Form nie aufgewachsen vorzukommen wie die Brady" sehe Art.
Vielleicht kann man noch Textilaria, trochus d'Orb. (Brady,
1. c, p. 366, t. 43. f. 1.5 — 19 u. t. 44, f. 1 — 3), Textilaria
tiirris (ibid., p. 366. t. 44. f. 4 u. 5) und ihre Verwandten zum
Vergleiche heranziehen; doch unterscheiden sich alle diese For-
men durch ihr gerade abgestutztes kantiges Mündungsende, so
dass sie umgekehi'te Kegel mit ebener Basis darstellen. Das
nicht seltene Vorkommen in unserer Probe und das Fehlen aus-
404
gewachsener Exemplare von Textilariou und Gaiuhyineu in der-
selben, welche hier in Betracht kommen könnten, schliesst die
Annahme aus. dass unsere neue Form nur ein Jugendstadium
darstellt.
Von dreireihigen Textilariden kommt Tritwia lepida Brady
(Taf. XXII. Fig. oa. b) in den Proben A und C ziemlich selten
vor. Diese zierliche kleine Form zeichnet sich vor allen an-
deren Tritaxien durch die hyaline Beschatrenheit ihrer Schale
aus, wie auch Brady (1. c. p. 389) es ausdrücklich hervorhebt
(„texture hyaline"). Sie ist lebend sehr selten. Gandryina
chilosfoma Rss. (Denkschr. der Wien. Akad. d. Wiss.. Bd. 25,
p. 120. t. 1, f. 5) wurde als Species beibehalten und nicht zu
Gandryina impoides d'Orb. (Wien. Becken, p. 197. t. 21, f. 34
bis 36) gezogen, wie es Brady thut. da sie in unserem Falle
genau mit der REuss'schen Originaiabbildung übereinstimmt und
sich hinreichend von der anderen Form unterscheidet.
Von Clavulinen fanden sich zwei Arten. Die fein agglutinirte
Claviilina communis d'Orb.. die in allen Proben häutig vor-
kommt, und die grob agglutinirte Clavulina cylindrica Hantk.,
die nur in Probe A beobachtet wurde. Die grob agglutinirten
Formen zeichnen sich dadurch aus, dass sie Globigerinen zum
Aufbau ihrer Schale verwenden. Die eigenthümliche Mündung
mit vorspringender Zunge (valvulär tongue), wie sie die von Brady
abgebildeten Challenger-Formen zeigen (1. c, p. 396, t. 48, f. 32
bis 38), wurde auch an vielen unserer Exemplare constatirt.
Die in Probe C sehr seltene Vin/ulina Mustoni Andr.
(Beiträge zur Kenntniss d. Elsässer Tertiärs, p. 162, t. XI. f. 4a
u. b) ist eine von denjenigen Formen, die zwischen den Gattun-
gen Bulimina und Virgulina stehen, ähnlich wie die schlanken
Varietäten der Bulimina elef/ans d'Orb.. welche sich in grös-
seren Tiefen, namentlich im nordatlantischen Ocean findet. Vir-
gulina Mustoni Andr. steht dem Formenkreis der Virgulina suh-
squamosa Egger (Neues Jahrb. f. Mineral, etc., 1857. p. 295, t. 12,
f. 19 — 21; — Brady, 1. c, p. 415, t. 52. f. 7 — 11) nahe,
unterscheidet sich aber durch die mehr biseriale Anordnung der
Kammern, sodass sie sich den Bolivinen nähert. Unter den Bo-
livinen fand sich in Probe C in wenigen Exemplaren eine mit
Bolivina textilaroides Rss. (Brady, 1. c. p. 419) verwandte Form,
die sich vom Typus durch die etwas zahlreicheren Kammern un-
terscheidet.
Von Cassidulinen wurde nur eine Art. und zwar in Probe A
häufig, seltener in Probe C beobachtet. Sie stimmt fast genau
mit Cnssidulina ohlonga Rss. (Denkschr. d. Wien. Akad., Bd. I,
p. 376, t. 48, f. 5 u. 6) überein, ist aber seitlich weniger com-
405
primirt, fast kugelig. Weniger gut stimmt sie mit C. crassa
d'Orb. (Wiener Becken, p. 213. t. 21, f. 42 u. 43), welche tie-
fere Nähte zeigt. Nach Brady ist Cassidulina crassa d'Orb.
mit C. ohlonga d'Orb. synonym.
lAtuolidae.
Die Abtheilung der Lituolidae ist in unseren Proben sehr
spärlich vertreten. In Probe C fand sich als Seltenheit Cyclam-
■minn canrellata Brady, die vielleicht mit der im Oligocän so
häufigen CycJamnnna placenta Rss. sp. ident sein dürfte. Ausser-
dem wurde in Probe A ein einkammeriges Gehäuse beobachtet,
das bei näherer Untersuchung Verwandtschaft zur Gattung Hip-
jiocrepina zeigt, ohne mit der einzigen bekannten Art, H. indivisa
Park. (Brady. 1. c. p. 325, t. 26. f. 10 bis 14), vereinigt wer-
den zu können.
Hippocrepina constricta n. sp.
Taf. XXII, Fig. 4.
Schale frei, einkammerig. verlängert, kaum gebogen, mit
vier queren Einschnürungen. Das eine offene Ende ist breit und
gerundet, das andere geschlossene läuft in eine kurze Spitze aus.
Die Mündung ist eine weite runde Oeffnung mit wulstartigem
Rande und liegt im Centrum des breiten Schalenendes. Die
Schalenoberfläche ist rauh. Länge 0,8 mm. Breite 0,3 mm. Ist
in Probe A sehr selten.
Unsere Form unterscheidet sich von Hippocrepina indivisa
Park, hauptsächlich durch die starken horizontalen Einschnü-
rungen, obwohl im Innern keine Scheidewände vorhanden sind.
Auch besitzt sie eine rauhe Oberfläche, während Hippocrepina
indivisa Park, glatt ist.
Noclosar klae.
Nodosariden kommen in unserem Materiale häufig vor; be-
sonders bemerkenswerth ist der grosse Reichthum an Nodosarien,
Marginulinen und Cristellarien in den beiden Garruchaproben
(A und B|.
Von Lngenen finden sich in Probe A 5 Arten, die meist nur
in geringer Individuenzahl auftreten. Die beobachtete Lagena
laevis Montg. sp. ist nicht ganz typisch, da sie eine etwas
rauhe Oberfläche besitzt. Brady bildet eine solche Modification
1. c, t. 56, f. 10 u. 11 ab.
Unter den Glandulinen findet sich in Probe D sehr selten
eine Form, die feine Längsstreifen auf der Schale erkennen lässt
und var. sithfi/isfriafa n. v. heissen mag. Brady bildet 1. c,
406
t. 61. f. 19 eii)e Ghindidii/a laecüjata d'Orb. ab, die ebenfalls
Andeutung von feiner Längsstrcifung zeigt. Auch sonst stimmt
sie mit unserer Form ziemlich genau überein. nur ist das Em-
bryonalende bei dieser mehr zugespitzt. Im Text erwähnt Bradv
nichts von Streifung.
Nodosaria annul/ifa Terq. u Berth.. eine namentlich im
Lias häufige Form mit nach oben hin an Grösse abnehmenden
Kammern, findet sich in Probe A in ganz typischen Stücken, ist
jedoch nicht häufig. Ihre wulstige runde Mündung erinnert etwas
an Sagrinen. Mit Nodosaria radicnla Lin. sp., zu welcher sie
Brady als Varietät ammlata stellt, hat sie wenig Aehnlichkeit.
Nodosaria radicula Lin. sp. wurde auch in der gleichen Probe
beobachtet. Sie weicht durch ihre schmale Gestalt etwas vom
Typus ab. In Probe A findet sich sehr selten eine kleine Den-
taline mit schräg gestellten Nähten, welche gut mit der von
Hantken in den Clavulina-Sznhoi -^cXnchi^w beobachteten Form
von Denfalina suhtilis Neugb. {Mittheil. d. k. ungar. geol. Anst.,
Bd. IV, Heft 1, p. 33, t. Iltr 4'. 13) stimmt. Vielleicht ist diese
ihrerseits ident mit der nich^ vollständig bekannten Bentalina
hadenensis d'Orb. (Wiener Becken, p. 44, t. I, f. 48 u. 49).
Unsere mit Nodosaria (Bent) äff. mieropti/cha Rss. (Sitzb. d. Wien.
Akad. d. Wiss., Bd. 42, p. 365, t. I, f. 4) bezeichnete Form
ist der Keuss' sehen Art sehr ähnlich, der Unterschied liegt haupt-
sächlich darin, dass vorliegende Form auf den ersten Kammern
gestreift ist. Als häufigste Nodosarie in unseren Proben ist die
Dentalinenform Nodosaria consohrina d'Orb. und ihre schlanke,
kurzkammerige Varietät (N. emaeiaia Rss.) bemerkenswerth. Viel-
leicht ist zu ihr auch ein Fi-agment aus Probe B zu rechnen,
das nur aus den drei letzten Kammern besteht. Das orale Ende
ist in eine lange, dünne Röhre ausgezogen, deren etw^as ange-
schwollene Spitze die gestrahlte Mündung trägt. In Bezug auf die
in Probe A und B ziemlich häufige Nodosaria approximata Rss.
ist zu erwähnen , dass der Name N. approximata beibehalten
wui'de, da diese Form nicht mit Bentalina pleJjeja Rss. (diese
Zeitschr., Bd. VU, p. 267, t. 8, f. 9) aus der Schreibkreide iden-
tisch sein dürfte. Brady vereinigt beide Formen zu einer Art.
Die in Probe A sich nicht selten findende Nodosaria cate-
nulata Brdy. (1. c. , p. 515. t. 63, f. 32 u. 33) könnte, wenn
man sie nicht als selbstständige Form ansehen will, nach vorlie-
gendem Materiale eher als Varietät zu B. elegantissima d'Orb.
(Wiener Becken, p. 55, t. II, f. 33 — 35) und nicht, wie Brady
meint, zu N. vertehralis Batscii sp. (Brady. 1. c. p. 514. t. 63,
f. 35 und t. 64, f. 11- — 13) ge?;ogen werden.
In Probe A fanden sich einige schmale, cylindrisclie Nodo-
407
sarien mit dickem, eiförmigem Embryonalende (Taf. XXII. Fig. 3).
Die nähere Untersuchung der Sclialenbeschatt'enheit ergab, dass
eine feine Punktirung vorhanden ist. Unsere Exemplare, denen
der Münduiigstheil fehlt, dürften zu Nodosaria Eiva/di Rss. ge-
hören, besonders nach der Abbildung wie sie Bornemann giebt
(diese Zeitschr..Bd. Yil, t. 12. f. 10). Bei vorliegenden Stücken
hat jedoch das kugelige Ende einen grösseren Durchmesser im
Verhältniss zum übrigen Schalentheil; auch ist es nicht aus zwei
Kammern zusammengesetzt, sondern die erste Scheidewand be-
findet sich über dem kugeligen Embryonaltheile. Beuss (diese
Zeitschr. , Bd. III, t. 3. f. 2) bildet auch ein angeblich zu K
Eicaldi gehöriges Embyonalende ab. das jedoch nicht angeschwollen,
sondern schmal und spitz ist. Es handelt sich vielleicht hier um
zwei verschiedene Arten, wenn nicht ein Fall von Dimorphismus
vorliegt, was immerhin möglich wäre, oder die Form mit dicker
Embryonalkammer überhaupt zu den Sagrinen gehört.
Zwischeiiformeii von Xodosaria und Mavffinulina.
In unseren Proben konnnen als Seltenheiten einige Formen
vor. bei deren Bestimmung man im Zweifel ist, in welche der Gat-
tungen Nodosaria oder Margimilina man sie einreihen soll. Sie
gehören in die Formenreihe der Maryinulina ylahra d'Orb., doch
weichen sie so wesentlich von diesen Formen ab, dass sie als
besondere Arten gelten können.
Marf/innlina acmninnta n. sp.
Taf. XXI, Fig. 3 a, b.
Schale länglich, stark gebogen, gegen das orale und aborale
Ende sich zuspitzend. Der Querschnitt ist nahezu kreisförmig.
Das Gehäuse besteht aus 5 Kammern, die durch sehr schräg
stehende Nähte getrennt sind. Der äusserlich sichtbare Theil der
4 ersten Kammern ist breiter als hoch. Die letzte Kammer ist
stark aufgeblasen und in eine dünne Mündungsröhre ausgezogen.
Die Oberfläche ist glatt. Länge 0.4 mm. Breite 0.15 mm. Sie
findet sich sehr selten in Probe B.
Unsere Form ist nahe verwandt mit der schlankeren Modi-
fication von Margimilina tnfnrcta Rss. (= M. glahra d'Orb.
nach Brady. 1. c. p. 527), Sitzber. d. Wien. Akad.. Bd. 48. t. 3,
f. 37; doch weicht sie von dieser durch die stärkere Krümmung
der Schale, durch die in eine Röhre ausgezogene Mündung und
das schärfer zugespitzte Embryonalende ab. Die beiden ersten
Merkmale unterscheiden sie auch von der verwandten Nodosaria
mueroxafa NEuaB. (Brdv. . 1. c. , p. 506). Dazu kommt für 31.
acroiiit/afa noch die grössere Aufgeblasenheit der letzten Kammern.
408
Marge nulina ventricosn ii. sp.
Taf. XXI, Fig. 4c% b, c.
Schale verlängert, ungefähr in der Mitte am breitesten und
rund im Querschnitt. Das Mündungsende läuft spitz zu; das
Embryonalende ist gerundet. Die 5 Kammern sind schräg ge-
stellt; die ersten haben die Tendenz, sich spiral einzurollen; die
letzte und vorletzte sind auf der Concavseite der Schale bauchig
aufgetrieben. Die gestrahlte Mündung liegt randlich auf einer
vorgezogenen Spitze. Länge 0,7 mm. Breite 0,3 mm. Sie findet
sich sehr selten in Probe A.
MarginuJina ventricosa ist verwandt mit M. pedum d'Orb.
(Wien. Becken, p. 68, t. 3, f. 13 und 14), iH similis d'Orb.
(1. c. , p. 69, t. 3, f. 15 u. 16) und M. pediformis Bornem.
(diese Zeitschr., Bd. VII, p. 326, t. 13, f. 13). Sie unterscheidet
sich von diesen Formen hauptsächlich durch die starke Aufge-
blasenheit und Breite der beiden letzten Kammern im Vei'hältniss
zum übi'igen Schalentheile und durch die auf der convexen Scha-
lenseite winklig erscheinenden Nähte. Brady zieht alle diese
Formen zu Marginulina glahra dOrb.. von der unsere Form
durch die spitz zulaufende Endkammer abweicht.
Marginulina curvata n. sp.
Taf. XXI, Fig. 5.
Schale verlängert, fast überall gleich breit und schwach
S-förmig gebogen. Das Mündungsende ist schief abgeschnitten,
das Embryoalende gerundet. Die 7 schräg gestellten Kammern
nehmen gegen das orale Ende hin nach und nach an Grösse zu.
Die Nähte sind bogenförmig und nur die beiden letzten ^ vertieft.
Die gestrahlte Mündung liegt randlich. Die Oberfläche' ist glatt.
Länge 0,7 mm, Breite 0,2 mm. In Probe A sehr selten.
Es giebt ziemlich viele Formen, die Aehnlichkeit mit M.
curvaia haben. Die oben erwähnte M. infarcta Rss. gleicht ihr
etwas in der äusseren Contour. doch ist bei M. curvata das
Embryonalende stärker gekrümmt, die Nähte des Anfangstheiles
stehen steiler und sind sich mehr genähert, auch ist die letzte
Kammer stärker aufgeblasen. Ferner sind mit M. curvata die
Karrer' sehen Formen Crist. (31.) nnralnlis Karr. (Abhandl.
d. k. k. geolog. Reichsanst. , Bd. IX, p. 382, t. 16b, f. 35)
und Gr. (31.) ampla Karr. (1. c, p. 382, t. 16b, f. 36) ver-
wandt,' sie unterscheiden sich jedoch durch die plumpere, bei
Cr. ampla fast kugelige Gestalt. Zu diesem Forraenkreis sind
noch zu rechnen 31. tumida Rss. (diese Zeitschr., Bd. III, p. 64,
t. 3. f. 4 und Sitzungsber. d. Wiener Akad. d. Wiss., Bd. 48,
409
p. 48, t. 3. f. 32 — 35). M. nhhren'afn Karr. (Sitzber. d. Wien.
Akad. d. Wiss., Bd. 44, p. 445, t. 1. f. 7) und auch die jetzt zu
beschreibende Form, die vielleicht nur eine Abnormität darstellt.
Marginulina prohleniatica n. sp.
Taf. XXI, Fig. 6.
Schale länglich, fast gerade, spindelförmig. Das Mündungs-
ende ist zugespitzt, das Embrj^onalende gerundet. Es sind 5
Kammern vorhanden. Von den flachen Nähten sind die 3 ersten
schräg gestellt, die letzte jedoch verläuft horizontal. Die ge-
streifte Mündung liegt central. Die Oberfläche ist glatt. Länge
0,7 mm, Breite 0,2 nun. Sie findet sich in Probe A sehr selten.
Marginnlinn prohleniaficd unterscheidet sich von allen ge-
nannten, in diesen Formenkreis gehörigen Arten, durch die letzte
horizontal verlaufende Scheidewand. Sie stellt vielleicht eine
abnorme Varietät von M. curvaia n. sp. dar. Es fehlt aber
vorliegender Form die stärkere Krümmung der Schale, auch ist
die Mündung mehr central gelegen. Einige Aehnlichkeit im Um-
riss hat M. proUematica auch mit Cristellaria (M.) Inimilis
Karr. (Abhandl. d. k. k. Reichsanst. . Bd. IX, p. 382, t. 1Gb.
f. 33), doch ist diese Form etwas grösser, besitzt etwas tiefer
liegende Nähte, die alle ein wenig schräg gestellt sind.
Unter den echten typischen Marginulinen unserer Proben
findet sich eine elegante, reich ornanientirte neue Form.
Marginulina Peckcti^) n. sp.
Taf. XXI. Fig. 1.
Schale verlängert, gerade, fast cylindrisch. Sie verjüngt
sich etwas gegen das Embryonalende, welches mit Stachel ver-
sehen ist. Es sind durchschnittlich etwa 8 Kammern vorhanden.
Nur die letzten Nähte sind vertieft. Die marginale Mündung
liegt auf einer kurzen cylindrischcn Röhre, die durch eine kleine
gestrahlte Pyramide geschlossen ist. Die Oberfläche ist mit un-
gefähr 12 kräftigen, in gleicher Entfernung von einander ste-
henden Rippen verziert, die über die Nähte hinweglaufen. Die
Rippen sind am Embryonalende manchmal etwas dornig. Länge
durchschnittlich 2.3 mm. Breite 0.6 mm. Findet sich häufig in
Probe A und B, ist in B jedoch etwas seUener.
Ausser dieser Form konnnt noch eine Modification vor, die
als Varietät spinosa bezeichnet werden soll (Taf. XXI. Fig. 2).
1) Diese Form wurde benannt zu Ehren des englischen Consuls
George Clifton Pecket, der unseres Wissens zuerst das Vorkonuueu
von Foraminiferen in den Mergeln von Garrucha beobachtete.
Zeitsclir. d. D. geol. Ges. XLII. 3. 2S
410
Bei dieser sind nändicli die Rippen der ganzen Länge nach mit
Dornen versehen. Die gedornte Form sclieint nach vorliegendem
Materiale mit der ungedornten durch Uebergänge verbunden zu
sein, wie es auch schon das Vorkommen von Dornen am Em-
bryonalende der glattrippigen Stücke vermuthen lässt. Die Varietät
besitzt tiefere Nähte auf dem oralen Theile der Schale, als der
Typus. Das Primordialende ist manchmal etwas eingerollt, dann
gerundet, comprimirt und mit einem Kiele versehen. Auf dem
gekrümmten Schalentheile treten bisweilen unregelmässig vertheilte
Tuberkeln auf. Die Varietät kommt in Probe A und B häufig
vor; in Probe C ist sie seltener und schwächer gedornt.
Margimilina Pecheti und ihre gedornte Varietät haben in der
äusseren Gestalt einige Aehnlichkeit mit Brady's Challenger-Form
von Marginulina costata Batsch sp. (Brady, 1. c, p. 528, t. 55,
f. 10 — 13). Unsere Art unterscheidet sich aber duixh die mehr
horizontal verlaufenden Nähte, durch die kugelige Form der letzten
Kammer und durch die röhrige Mündung. Die Varietät spi-
nosa lässt sich ausserdem noch mit Crisfellaria semäuherculata
Karr. (Sitzber. d. Wiener Akad. d. Wiss., Bd. 55. p. 355, t. 1,
f. 7) vergleichen, sie ist jedoch grösser. Ihre Länge beträgt
ungefähr 3 mm, während Cr. semituherculata Karr, nur 1 Y2 bis
2 mm misst. Auch sind unsere Exemplare vollständig und viel
kräftiger gedornt. Das P^mbryonalende scheint bei Cr. semireti-
culata nicht so stark eingerollt zu sein.
Von Lingulinen fanden sich zwei Arten:
Liiigulina costata d'Orb.,
deren häufiges Vorkommen in Probe B um so merkwürdiger ist,
als sie in dem übrigen Materiale zu fehlen scheint, und eine Art,
die von den bekannten Lingulinen erheblich abweicht und als eine
neue Species angesehen werden niuss.
Lingulina ulata n. sp.
Taf. XXII, Fig. 1 a, b, c.
Die Schale ist sehr verlängert, gerade, bedeutend compri-
mirt und besitzt einen breiten, flügelartigen Kiel. Sie verjüngt
sich etwas nach dem Embryonalende zu. Das Mündungsende
fehlt an unseren Stücken; das aborale Ende ist gerundet. Die
Kammern sind zahlreich; die erste verhältnissmässig klein, läng-
lich eiförmig. Die wenig vertieften Nähte verlaufen horizontal.
Die Schale besitzt auf dem oberen breiteren Theile jederseits
3 Längsstreifen, auf dem schmäleren Anfangstheile finden sich
nur noch 2. Die Länge ist fraglich, jedenfalls mehr als 2,2 mm,
die grösste beobachtete Breite 0,35 nun. Sie kommt in Probe A
ziemlich häufig vor.
411
In dei- zu Gebote stellenden Literatur ist keine Art aufzu-
finden, die mit unserer Form nähere Verwandtschaft zeigt. Viel-
leicht stellt diese ein Bindeglied zwischen Lingulinen und Nodo-
sarien dar.
Unsere Exemplare von Frondicnldria aluta d'Okij. sind da-
durch bemerkenswerth, dass sie Dimorphismus in Bezug auf die
Embryonalkammern zeigen. Es kommen nämlich Formen mit
grosser, aufgeblasener und solche mit flacher Embryonalkammer
vor, analog wie das bei Milioliden, Nummuliten und vielleicht
auch Nodosarieu (cf. N. Ewaldi, p. 407) beobachtet wurde. Die
Embryonalkammer hat 4 bis 6 Längsstreifen. Bezüglich der nur
in Probe A gefundenen Fr. interrnpta Karr, ist zu erwähnen,
dass von einem Alterniren der allerersten Kammern, wie es
Brady bei der recenten Fr. interritpta Karr, erwähnt (1. c,
p. 523) und 1. c. . t. 66. f. 7 abbildet, nichts Avahrgenommen
werden konnte, auch zeigt die Originialabbildung der Karrer'-
schen Miocänform (Abliandl. d. geol. Reichsanst., Bd. IX, p. 380,
t. 16b, f. 7) kein solches Alterniren, ebensowenig bemerkt Karrer
im Text etwas davon.
Unser Bhahdogoniwn tricaröiatnni d'Orb. sp. (Taf. XXII,
Fig. 2a, b). welches sich in Probe A ziemlich selten fand, stimmt
mit dem i/OnBiGNY'schen Modell No. 4. da auch bei diesem die
Mündung nicht central, sondern in einem der 3 Winkel liegt.
Die von Brady beobachtete und mit der von u'Orbigny aufge-
stellten identificirte Art zeigt eine centrale Mündung.
An Cristellarien waren unsere Proben A und B besonders
reich, sowohl was die Individuen als die Artenzahl anbelangt.
Die meisten fanden sich in typischen Stücken, sodass sie sich
mit Hülfe der vorhandenen Literatur identificiren Hessen.
Die miocäne Cndellaria arinunensis dOrb. wird von Brady
(1. c, p. 555) zu Cf. costata Ficht, u. Moll sp. gestellt. Un-
sere Exemplare iseig'^n grössere Achnlichkeit mit ersterer Form;
die D'ORBiGNY'sche Bezeichnung wurde deshalb beibehalten. Sie
fanden sich ziemlich häufig in Probe A und B.
In denselben Proben wurde eine Form beobachtet, die als
neu angesehen werden muss.
Cristellaria Moldcnhdueri n. sp.
Taf. XXI. Fig. 7 a. b. c.
Schale verlängert, comprimirt. flach auf beiden Seiten und
ungefähr in der Mitte am breitesten. Mündungs- und Embryonal-
ende laufen spitz zu. Kannnern sind durchschnittlich 10 vor-
handen; die letzte erstreckt sich fast bis an's Enibryonalende.
Zwischen den Kammern ist durchsichtige Schalensubstanz abge-
28-
412
lagert. Die Nähte sind kaum vertieft und verlaufen vom aboralen
Ende aus bogenförmig nach dem Rücken {richtiger der gekielten
Seite) hhi. Die jüngeren Nähte sind weniger gebogen als die
älteren. Manchmal gabeln sich die Kamraerscheidewände in der
Nähe des Rückens. Dieser ist mit einem Kiele versehen, der
fast bis an das untere Ende reicht. Nahe dem Rücken und
parallel zu diesem verläuft ein erhöhter Längsstreifen, unter dem
man die Mündungen der einzelnen Kammern durchschimmei'n
sieht. Ausserdem befinden sich auf dem Embryonalende 4 bis 5
viel kürzere Längsrippen. Länge 2,8 mm, Breite 0,8 mm. Sie
findet sich häufig in Probe B. weniger häufig in A.
Ausserdem wurde in Probe A als Seltenheit eine Form
beobachtet, die als breite, stark berippte Varietät (var. latu n. v.)
der soeben beschriebenen Cnstellaria gelten kann. Dieselbe zeigt
auch einen mehr unregelmässigcn Verlauf der viel längeren und
stärkeren Rippen, indem diese in ihrer Krünnnung mehr oder
weniger dem Aussenrande parallel laufen und somit auf dem un-
teren nicht gekielten Kammertheile den Nähten folgen. Sowohl
Typus als Varietät gehören der alten von Defkance aufgestellten
Formengruppe der Planularien an, in der ganz flache Arten von
Cristellarien- oder Vaginulinen - ähnlichem Habitus vereinigt wur-
den. Unsere Formen nähern sich überhaupt sehr den Vaginu-
linen wegen der fast verschwindenden spiraligen Einrollung der
ersten Kammern, was das einzige sehr inconstante Unterschei-
dungsmerkmal beider Gattungen ist.
In Probe A findet sich eine nachstehend beschriebene Form,
die ebenfalls eine Mittelstellung zwischen Cristellaria und Vagi-
mdina einnimmt, indem sie in ihrer Gestalt einestheils an die
ensiformen Cristellarien, anderentheils an die kürzeren Arten von
Vaginulina erinnert :
Yaqinnlina strintissinia n. sp.
Taf. XXI, Fig. 9 a, b.
Die verlängerte Schale nimmt nach unten an Breite ab. Das
Mündungsende ist schief abgestutzt. Das ziemlich stark ver-
schmälerte und etwas gebogene Embryonalende ist gerundet. Die
Kammern sind schräg gestellt. Ihre wenig tiefen Nähte sind un-
deutlich und verschwinden gegen unten hin ganz. Die runde
Mündung liegt randlich. Die Oberfläche ist dicht mit feinen
Längsstreifen bedeckt. Länge 1,4 nun. Breite 0.4 mm. Ist in
Probe A sehr selten.
In ihrer äusseren Gestalt hat diese Form Aehnlichkeit mit
gewissen langgestreckten Cristellarien. doch war weder unter die-
sen, noch unter den Vaginulinen eine Art mit so auffallender
Ornamentik der Schale aufzufinden.
413
Ausserdem wurden noch drei ander-e gestreifte Yaginulincn
beobachtet, nämlich V((fiwifh'n(( linearis Montao. sp.. die ziem-
lich selten in Probe A vorkommt, ausserdem zwei Varietäten von
zwei sonst glatten. Von der einen. Vaginnla kr/unicn Lin. sp..
findet sich in Probe A ziemlich häufig eine Modification mit
dickem Embrvonalende. das einige Streifen trägt. Man hat es
wahrscheinlich mit einer ähnlichen Erscheinung zu thun. wie oben
bei Fnindicnlarid nlatn d'Orb.. nämlich mit einem Dimorphismus.
Neben diesen Formen kommt auch der Typus, jedoch viel seltener
vor. Von der anderen Art. Vaginulina margaritifera Batsch
sp.. wurde in den Proben A und B eine ziemlich stark gestreifte
Varietät beobachtet. Sie soll als Varietät striata n. var. auf-
gestellt werden (Taf. XXI. Fig. 8). Abgesehen von der Strei-
fung stimmt unsei'e Form genau mit dem Typus überein. Die
Streifen zeigen sich hauptsächlich auf dem Embryonaltheile. Sie
laufen von der convexen Seite aus etwas schräg über die Schalen-
oberfläche hinweg. Einige derselben sind manchmal in Knötchen
aufgelöst. Ausserdem treten in der Nähe des Rückens bisweilen
1 oder 2 Längsstreifen auf. die parallel dem Rande verlaufen.
Die Exemplare variiren sehr an Grösse. Die grössten sind 0,8 mm
lang, 0,7 mm breit. Unsere Form ist in den Proben A und B
ziemlich häufig. In Probe B finden sich fast glatte Individuen,
die also dem Typus nahe konniien. Vaginnla legnmen Lin. sp.
und V. margaritifera Batsch sp. wurden nach Brady (1. c,
p. 532) noch nie für sich allein, sondern immer vergesellschaftet
gefunden. Dieses gilt auch für unser Material. Ferner bemerkt
Brady (1. c, p. 532). dass die Vaginulincn mit wulstartig ver-
dickten Kammerscheidcwänden (limbatc varicties) sowohl recent
als fossil durchweg seltener seien, als diejenigen mit unverdickten
Nähten (non limbatc sutures). Es zeigte sich nun. dass in
Probe A beide Formen ungefähr gleich liäufig sind, in Probe B
aber die Exemplare ohne Liinbation seltener sind, als die mit
einer solchen.
Die in Probe A gefundenen Stücke von Dimorph i na tube-
rosa d'Orb. (Taf. XXI. Fig. 10) stimmen mit d'Orbicjny's Mo-
dele No. 60 (Brady, Parker u. Jones: A monography of the
genus FolgmorpJiina. Trans. Lin. Soc. . 1870, Bd. 27. t. 42,
f. 39 a) gut überein, nur sind die Nähte des Polymorphinen-ähn-
lichen Anfangstheiles nicht so tief, auch ist die Mündungsspitze
etwas mehr ausgezogen. Diese Unterschiede sind jedoch von zu
geringem morphologischen Werthe. um selbst nur eine Varietät
darauf zu gründen. Schon unsere verhältnissmässig wenigen Exem-
plare variiren ein wenig in dieser Hinsicht.
Uvigerina pygntaea d'Orb. und ihre feingestreifte Varietät
414
(U. temiisfriatd Rss.) kommen in fast allen unseren Proben vor.
Besonders häufig ist die Varietät und die Uebergangsformen von
dieser zum Typus. In Probe D fand sich ein Exemplar einer
feingestreiften Uvigerina, das jedoch comprimirt ist. Ausserdem
wurde in Probe C eine zur Gattung Sagrina führende Ueber-
gangsform beobachtet. Sie gleicht der gestreiften Varietät von
JJ. pygmnea, doch ist sie etwas länger im Verhältniss zur
Breite und der Mündungstheil beginnt einreihig zu werden. Sie
stellt also wahrscheinlich eine Zwischenform von U. pygmaea
var. temmtriata Rss. und Sagrina nodosa Park. u. Jon. dar.
Diese Sagrina fand sich in Probe A in mehreren typischen
Stücken. Der einreihige Schalentheil besteht bei denselben aus
5 geradlinig aneinander gereihten Kammern.
Die vorliegenden Exemplare von Sagrina virgnJa. Brady, die
in den Proben A und C häufig ist. sind alle vom Embryonalende
an einreihig gebaut, wie das auch bei anderen Sagrinen manchmal
vorkommt. Solche Formen sind dann schwer von Nodosarien zu
unterscheiden, besonders von denjenigen, welche eine runde, un-
gestrahlte. mit Wulst umgebene oder Uvigerinenmündung^) be-
sitzen, wie die Sagrinen. Es sind vielleicht diese aberranten
Nodosarien, zu denen z. B. Nodomria annnlafa Terq. u. Berth.,
N. abyssormii Brady gehören, aus der Gattung Nodosaria auszu-
scheiden und Sagrina beizufügen. IS. Ewald i gehört, wie oben
angedeutet, möglicher "Weise auch hierher. Wenn also die Form
der Mündung, nicht die Anordnung der ersten Kammern, die
sogar innerhalb einer Art sehr schwankend ist, das Hauptcharakte-
risticum der Sagrinen bildet,, so dürfte Brady' s Diagnose von
Sagrina: ~,Earlier Chambers Uvigerine. later ones Nodosarian"
nicht ganz zutreffend sein. Selbst die von ihm, allerdings mit
Vorbehalt, zu Sagrina gestellten S. anmiJata und S. tesselata
fügen sich nicht seiner Definition, indem an ihnen von einem
TJvigerinen-ähwWchew Anfangstheile nichts zu erkennen ist. Viel-
leicht würde man die Diagnose der Gattung Sagrina besser in
folgender Weise umändern: Schale hyalin, älterer Kammertheil
Uvigerinen - ähnlich oder einreihig, jüngerer stets einreihig n)it
runder, gewulsteter oder Uvigerinenmündung. aber nie Nodosarien-
ähnlich. d. h. mit typisch gestrahlter oder Entosolenienmündung,
während man im Gegensatz dazu bei der Diagnose von Diinor-
phina Werth auf die gestrahlte Mündung zu legen hätte.
^) „Uvigpriiieiimündmit;" soll der Kürze -wegen diejenige Mün-
dungsfonii genannt werden, die eine stielartige Röhre und an deren
Ende einen die Mündung umgebenden ringförmigen Wulst oder Um-
schlag besitzt, sodass sie etwa dem Halse einer Bierflasche ähn-
lich sieht.
415
Berücksichtigt man die Schalenbeschaffenheit und die An-
ordnnntr der Kammern, so lässt sich folgendes Schema aufstellen:
Meist relativ gross und
dickschalig, mit gestrahl-
ter Mündung.
Meist klein und sehr zart-
schalig mit ungestrahlter,
gewulsteter oder Uvige-
rinenmündung.
einkammerig.
(Lyenu ylohofsu) ^). i Lcujtna.
einreihig
Nodosaria.
Sagrina p. p.
anfangs spiral,
dann einreihig
DiiHorphina.
Sayrina p. p.
unregelmäs-
sig Spiral.
Polyxwrphina.
l'cigerina.
ganz oder
theilweise Spi-
ral in einer
Ebene.
Cr id teilen- ukie.
—
Entosoleuienraündung kommt neben den genannten Mündun-
gen in beiden Reihen vor. so bei La<jena, Nodosaria, Poly-
morphina.
GlobUjeriKiidue,
Die kosmopolitisch und pelagisch lebende Glohigcfina hul-
hoides d'Orb. findet sich nebst Orhiilina universa in allen un-
seren Proben in so grosser Zahl, dass mehr als 7^ ^^Ig^' Fora-
n^iniferen zu diesen Arten gehören. Von Glohk/erina hulhoiäes
d'Orb. kommen, wie sich das bei der grossen Individuen -Anzahl
vermutlien lässt. nicht selten Varietäten vor. So trifft man
manchmal äusserlich scheinbar dreikammerige Exemplare (var.
trilohu Rss.) und solche Modificationen, die (Muhkicriim cvetacea
d'Oku. (Brady. 1. c, p. 596) und (}l. comilohafa Brady (1. c.
p. 60o) ähnlich sind. Auch finden sich hie und da kleine For-
men mit sehr wenig tiefen Nähten, die der Gl. pachyderma
Ehrbg. (Brady, 1. c. , p. 600, t. 114, f. 19, 20) nahe stehen.
Manche Stücke besitzen Kammern, deren ümriss etwas eckig ist,
wie bei Gl. inflata Brady (1. c, p. 601). doch ist die Schale
unserer Exemplare nicht Rotaliden - ähnlich gebaut , sondern die
*) Bei Lagena globosa Montag, sp. sollen nach Brady (1. c, p. 441,
f. 11 f, g) gestrahlte Mündungen hie und da vorkommen.
416
Anordnung der Kammern gleiclit mehr der von Gl. huUonles
d'Orb. Als anormal sind diejenigen Individuen zu betrachten,
bei denen die Kammern nicht regelmässig spiralig aneinander
gereiht sind, sondern ein unregelmässiges Haufwerk bilden. Aehn-
liche monströse Formen bildet Brady 1 c. t. 81, f. 6 u. 7 ab.
Schliesslich finden sich, doch nur in Probe D, ganz flach ge-
drückte, scharfkantige Formen. Sie erinnern etwas an Discor-
binen. besitzen aber keine regelmässige spiralige Anordnung der
Kammern. ""
Von Orhnlina nniversa d'Orb. kommen Individuen mit und
ohne grössere Oeffnung vor. Auch zweikammerige Exemplare
(Gl. hilohata d'Orb.) sind nicht selten. Bemerkens werth ist noch
das Auftreten von Orbulinen mit eingeschlossener Globigerinen-
schale.
In Probe D kommen eigenthündiche Schalen vor. die durch-
schnittenen Orbulinen gleichen, indem sie nämlich Kugelsegmente
darstellen. Die convexe Oberfläche ist fein punktirt und zeigt
keine Spur von Nähten, sodass an eine mehrkammerige Form.
z. B. Discorl)ina, nicht zu denken ist.
Hotalidae.
Die Rotaliden sind durch zahlreiche Arten vertreten, von
denen manche eine stattliche Individuenzahl aufweist. Besonders
zeichnet sich in dieser Hinsicht Anomalina ariminensis d'Orb.
sp. aus, die sich in allen Proben häufig findet. Die in Probe D
vorkommenden Exemplare von Uiscorhina Vüardeboana d'Orb. sp.
weichen vom Typus insofern ab. als sie eine fast ebene Spiral-
seite und eine etwas convexe Nabelseite haben. Neben typischen
Stücken von Truncafxlina Haiclinffen' d'Orb. sp. wurden in
Probe B einige Individuen beobachtet, die wegen des etwas schär-
feren Randes und wegen Ablagerung von Schalensubstanz auf den
inneren Umgängen der Oberseite (Spiralseite) etwas von der nor-
malen Form verschieden sind. Bei manchen Exemplaren der in
den Proben A. B und C nicht seltenen Traneatalina reficulata
Czjz. sp. treten auch auf den Suturen der Unterseite (Nabelseite)
kurze, tuberkel artige Röhrchen auf, ähnlich wie bei Tr. solnta
Brady (1. c. p. 670, t. 96. f. 4). In Probe A fand sich nur
in einem Exemplar eine eigentliümliclie Truncatulinen - ähnliche
Form, die auf ihre kalkige, deutlich perforirte Schale fremde
Substanzen (Sandkörner etc.) aufgeklebt hat. also agglutinirend
geworden ist. Sie mag deshalb Trvncatulina agglutinans
n. sp. (Taf. XXII. Fig. 8) heissen. Auf der Oberseite lässt sich
nur der letzte Umgang erkennen. Eine Mündung ist nicht wahr-
417
nehmbar. Der Durchmesser beträgt 0,7 mm. Ob man es hier
mit einer Trnncatulina , die nur gelegentlich durch äussere Ein-
flüsse agglutinirend geworden, oder mit einer constant agglutini-
renden Art zu thun liat, L'isst sich nach dem spärlichen Vorkom-
men Jiicht entscheiden. Brady (1. c. t. 115, f. 3. 4) bildet eine
fest gewachsene agglutinirende Form als Tninedtiila lobatida W.
u. J. ab. die jedoch schon wegen ihrer Anheftung hier kaum in
Betracht kommt. Anomnlina ammonoides Rss. sp. tindet sich in
allen Proben. Daneben kommen besonders in Probe A und B
Stücke vor. die durch ihre etwas mehr gerundete Peripherie und
durch die Ausfüllung des Nabels der flacheren Seite mit Schalen-
substanz abweichen. Einige Exemplare von Pulvinnlina Part-
schiana dOrb. sp. aus Probe A zeigen sehr schön die margi-
nalen Epistominen-Mündungen. Bei den vollständigen Stücken ist
die ursprüngliche Pulvinulinen-Mündung der letzten Kammer ge-
schlossen, während sie an den vorhergehenden Kammern vorhan-
den und die marginale ^Mündung verklebt ist. Dasselbe wurde
auch von Pizehak bei Pnlviitnlina (Epistomtna) clegans d'Orb.
sp. beobachtet (Annal. d. Wien. Hofmus., Bd. III, p. 265). Pul-
vinidina Partschiana ist die Tiefwasserform von P. elqians
d'Orb. sp. (Brady, 1. c. p. 699). In Probe C findet sich, jedoch
selten, neben der typischen Nonioniha ainhilicatala Montag, sp.
eine Zwischenform zwischen N. iuHhilirafnla Montac. sp. und
N. Boueana Rss.
Ni tmni iilitidae,
Nummulitiden sind in unseren Proben sehr spärlich ver-
treten, dagegen scheinen sie in den sandigen Schichten, welche
über den Garrucha-Mei'geln liegen, häufiger zu sein. Aus diesen
sandigen Schichten stannnt folgende Form:
Polystomella ihcrtca n. sp.
Taf. XXII. Fig. 9.
Schale comprimirt, Peripherie nicht gekielt. Die Kammern,
deren Anzahl bis 50 betragen kann, sind durch rückwärts ge-
bogene Scheidewände getrennt. Im Centrum befindet sich eine
deutliche, etwas grubige Nabelscheibe. Der Dui'chmesser beträgt
bei den grössten Stücken 1.5 mm. Die Breite beträgt etwa V^
des Durchmessers.
Unsere Form steht zwischen Polystomella crispa Lin. sp.
und P. craiiculata F. u. M. In Folge der ziemlich flachen Ge-
sammtgestalt konmit sie Poli/stoinella crispa Lin. sp. näher, wäh-
rend sie die hohe Zahl der Kammern mit Polystomella craticulata
418
F. u. M. (mit ca. 40 Kanmiern) gemeinsam liat. Die Unterschiede
von P. crispa Lin. sp. sind die geringe Kammerzahl, nur ca. 25,
und die geringe Höhe der Kammern, die etwas flachere Gestalt
und die grössere, stärker punktirtc Nabelscheibe. Von P. crafi-
culata unterscheidet sie sich durch geringere Grösse, viel flachere
Gestalt und durch die gewölbte, deutlicher abegesetzte Nabelscheibc.
Schlussresultate.
Die Mergel von Garrucha in der Provinz Almeria, welche
die Basis des Pliocäns in der Bucht von Vera bilden und direct
dem alten gefalteten Gebirge auflagern, sind eine in tiefem Meere
abgelagerte Bildung. Dieselben enthalten eine reiche Foramini-
feren-P^auna. in der an 122 Arten, mit Varietäten 129 Formen
nachgewiesen wurden. Die Facies ist eine ausgesprochene Glo-
bigerinen-Facies mit ca. 80 pCt. Globigerinen. — Die Ueberein-
stimmung unserer Foraminiferen- Fauna mit derjenigen des italie-
nischen Pliocäns. sowie mit den recenten Faunen des Mittelmeeres
und des nordatlantischen Oceans ist eine sehr grosse. Nach oben
hin gehen die Globigerinen-Mergel in sandige Gebilde über. Die-
sem Niveau entstammen vermuthlich die Reste von grossen Walen
und Haien, welche sich bei Cuevas finden. Eine andere Loca-
lität bei Vera lieferte eine an Bryozoen namentlich reiche, eben-
falls jüngere Fauna, die auf eine Verflaclmng des Meeres hin-
deutet. Das jüngste Glied der pliocänen Schichtenreihe der
dortigen Gegend dürften die groben Conglomerate der Rambla
del Esparto mit Sfronihiis, Paiella und TrorJius bilden, die als
eine directe Küstonbildung anzusehen sind.
419
3. lieber eine Kohlenkalk- Fauna aus der
ägyptisch- arabisclien Wüste.
Von Herrn Jonannes Waltiiek in Jena.
Hierzu Tafel XXIII — XXVIII.
Als ich Allfangs März 1887 in Sues meine Caravane für
eine Reise nach den Küstengebirgen der Sinai - Halbinsel zusam-
menstellte, erhielt ich von Professor Schweinfurth in Cairo die
Einladung: am 20. April nach dem Leuchtthurm von Safarana
(Westküste des Rothen Meeres) zu kommen, um mit ihm von
hier aus nach dem üadi el 'Arabah und den Galala- Gebirgen zu
reisen und dort die fossilreichen Bänke im Nubischen Sandstein
genau zu untersuchen.
Mit grosser Freude nahm ich diese Einladung an, denn es
galt, die interessanteste Localität des nordöstlichen Afrikas zu
studireii und eine der räthselhaftesten Erscheinungen in der Geo-
logie Aegyptens aufzuklären.
Der mächtige Sandsteincomplex. welcher in Aegypten von
der Kreide überlagert wird, galt als fossilleer, bis Herr Prof.
ScHv^'EiNFURTH das Glück hatte, in demselben paläozoische Bra-
chiopoden zu entdecken; und die Aufgabe unserer Expedition
sollte es sein, das genaue Alter und die Lagerung dieser fossil-
reichen Schichten im Verbände der Sandsteine festzustellen. Ich
unterbrach meine Arbeiten auf der Sinai-Halbinsel, und nachdem
ich fünf Tage lang in einem gebrechlichen arabischen Fischer-
boote mit den stürmischen Wellen des Rothen Meeres gekämpft
hatte, erreichte ich endlich am 25. April den Leuchtthurm von
Safarana und am nächsten Tag das Lager von Prof. Schwein-
furth im Uädi Arabah. wo wir geraeinsam über eine Woche
sammelten und beobachteten.
Der grösste Theil des gesammelten Materials wurde von
Herrn Prof. Schvs'einpurth dem geologischen Museum in Berlin
geschenkt, einen Theil habe ich der paläontologischen Sammlung
zu München überlassen, eine kleine Suite endlich beündet sich
in meinem Besitz.
420
Leider liat sich die Ausarbeitung meiner Beobachtungen und
die Bearbeitung des dort gesammelten Materials durch äussere
Umstände verzögert.
Ich schulde Herrn Geh. Bergrath Prof. Byerich und Herrn
Prof. Dr. VON Zittel aufrichtigen Dank für die Erlaubniss, das
Material in ihren Instituten bearbeiten zu dürfen. Ausser den
genannten Herren haben mich die Herren Professor Dr. Dames,
421
Dr. Fkecii, Dr. Koken und C. Schwager mit freundlichem Rath
und mit Literatur unterstützt, wofür ich ihnen an dieser Stelle
meinen besten Danli ausspreche. Die Gastropoden des Berliner
Museums waren durch Herrn Dr. Koken bestimmt worden.
Bei der Ausarbeitung und Bestimmung wurden folgende Ab-
handlungen benutzt und werden im Text citirt:
J. L. VON Buch. Ueber Terebrateln, mit einem Versuch sie zu
classificiren und zu beschreiben. Abb. der Berliner Aka-
demie, mathem.-pbysik. Ciasse, 1834.
2. De Koninck. Description des Aniniaux fossils qui se trouvent
dans le terrain Carl)onifere de Belgique. Liege 1842 — 44.
3. J. E. Portlock. Report on the Geology of the County of Lon-
donderry. London 1843.
4. A. RcEMER. Die Versteinerungen des Harzgebirges. Hannover
1843.
5. J. RussEGGER. Reise in Aegvpten , Nubien und Ost - Sudan.
Stuttgart 1843.
6. M' CoY. A Sypopsis of the Characters of the Carboniferous
Limestone. Fossils of Ireland. Dublin 1844.
7. De Koninck. Recherches sur les Aniniaux fossils, I. Pt. Mono-
graphie des Genres Pi-odnctus et Chonetes. Liege 1847.
8. De Koninck. Faune du Calcaire Carbonifere de la Belgique.
Ann. du Musee Royal d'Histoire Naturelle de Belgique.
T. VIII. Gasteropodes,
T. XIV. Brachiopodes,
T. XI. Lamellibranches.
9. Sedgwick and M" Coy. A Synopsis of the Classification of the
British Palaeozoic Rocks. AVith a systematic discription of
the British Palaeozoic fossils in the Geological Museum of
the University of Cambridge. London 1855.
10. Th. Davidson. British foss. Brachiopoda, Vol. II, Pt. V. Car-
boniferous Brachiopoda. Pal. Soc. London 1857 — 62.
11. FiGARi Bey. Studii scientifici sull' Egitto e sue adiacenze, 1864.
12. 0. Fraas. Aus dem Orient. Stuttgart 1867.
13. Bauermann. Quat. Journ. Geol. Soc, XXIV, 1868.
14. F. TouLA. Ueber einige Fossilien des Kohlenkalkes von Bolivia.
Sitzungsber. d. math.-physik. Classe d. k. Akad. d. Wissen-
schaften. Wien, März 1860.
15. Lartet. Essai sur la Geologie de la Palestine. Ann. de la
Soc. geol., 1869, Vok I.
16. K. A. ZiTTEL. Beiträge zur Geologie und Palaeontologie der
Libyschen Wüste und der angrenzenden Gebiete von Aegyp-
ten. Palaeontogr., XXX. Cassel 1883.
17. G. Stäche. Fragmente einer afrikanischen Kohlenkalk - Fauna
aus dem Gebiet der West -Sahara. -- Bericht über die Un-
tersuchung der von Dr. 0. Lenz auf der Reise von Ma-
rocco nach Tinibuktu gesammelten Gesteine und Fossilreste.
Denkschr. d. mathera. -naturw. Classe d. Akad. der Wissen-
schaften, Wien, 1883, Bd. XLVI.
18. E. HuLL. The Survey of Western Palestine. Memoirs on the
Physical Cieology and Geographie of Arabia Petraea, Pale-
stine and adjoining Districts. Dublin 1886.
422
19. G. ScHM^EiNFURTH. Siir la (lecouveito d'uiip Faune paleoy.oique
dans le Gres d'Acgvpte. Bull, de llnstitat egy])tipn, II Sor.,
No. 6. Le Caire 1886.
20. W. Waagen. Salt ränge fossils. Meni. of the Geol. Survey of
India, Ser. XIII, A^ol. I. Calcutta 1887.
21. G. ScHWEiNFURTH. Sur une recente exploration geologique de
rOuadi Arabah. Bull. Inst. Egypt., 1887. Le Caire 1888.
Eine 100 — 300 m mächtige Schichtenreihe gelber und rother
Sandsteine ist in Nord -Afrika weit verbreitet. Dieser Sandstein
findet sicli in Nubien. in Ober-Aegypten, in der libyschen Wüste,
in der arabischen Wüste, auf der Sinai -Halbinsel, ja bis nach
Syrien und Abyssinien lässt er sich verfolgen. Viele der Kata-
komben in Ober-Aegypten sind in demselben angelegt, und mäch-
tige Tempel aus seinen Quadern gebaut. Deshalb bezeichnete
RoziERE, der Geologe der Napoleonischeii Expedition, diesen Sand-
stein als gres monumental. Die jMchrzahl der Reisenden nach
RoziERE erwähnen den Sandstein, ohne über seine geologische
Stellung ein begründetes Urtheil abzugeben.
Später untersuchte ihn Russeüger (1. c. p. 275) genauer
und gab ihm den Namen: Nubischer Sandstein, der bis heute
gültig geblieben ist, und den man auch wohl als Allgemeinbenen-
nung beibehahen muss. Russegger urtheilt über den Nubischen
Sandstein folgendermaassen :
„Von Kairo bis in die Gegend von Siut bestehen beide Berg-
züge, die das Nilthal bilden, aus Ablagerungen der Tertiärzeit,
ruhend auf denen der Kreide und bedeckt von Diluvium und Allu-
vium, unter welch' ersterem sich ein eigenthümlicher, quarziger,
verstehierungsarmer Sandstein auszeichnet. Bei Theben treten
die Ablagerungen der Kreide, besonders im libyschen Gebirge, in
grosser Entwicklung hervor, werden aber oberhalb Esne von einer
Sandstein-Formation verdrängt, die weiter nach Süden eine kolos-
sale Entwicklung gewinnt, indem sie nicht nur in dem südlichen
Theile von Ober-Egypten. sondern auch in ganz Nubien, bis zu
den Grenzen von Kordofan und Sennaar, also durch mehr als
10 Breitegrade, die durch ihre Ausdehnung vorherrschende Fels-
bildung darstellt. Dieser Sandstein liegt unter den Ablagerungen
der Kreide, was sich bei Theben und an mehreren Punkten, wie
wir sehen werden, nachweisen lässt. Da er aber einerseits mir
als Decke massiger, krystalliiiischer Gesteine, höchstens als solche
Grauwacken ähnlicher Bildungen erscheint, andererseits wieder,
statt durch die Kreide, durch tertiäre Bildungen und durcli Di-
luvialsandsteine bedeckt wird, die ihm in ihrem äusseren Habitus
ganz gleichen, und ich in ihm ausser Dikotyledonen-Stännnen und
423
einer Cyclas bei Assuaii keine Versteinerungen auffinden konnte,
so ist die Bestininning seiner geognostischen Stellung äusserst
schwierig, und das Schwankende, was sich in meinen Angaben
bisher darüber aussprach, wohl verzeihlich. Nach einer genauen
und sorgfältigen Vergleiclmng dieses Sandsteingebildes mit ähn-
lichen Formationen und anderen Ländern der Erde, durch seine
Lagerung unter der Kreide, durch seine Uebergänge in dieselbe,
durch die gleichen kieseligen Einschlüsse, durch seine Salz-
und Eisenerzführungen etc. glaube ich endlich, wenn es mir
erlaubt ist, meine Meinung bestimmt auszusprechen, zur Ueber-
zeugung gelangt zu sein, dass dieser Sandstein von Ober-Egypten,
gleich dem von Nubien und gleich dem von Sinai, den Sandsteinen
der unteren Kreidereihe, dem Grün- und Quader Sandstein
angehört."
RussEGGER fasst seiu ürtheil in dem auf pag. 570 gege-
benen Satz zusammen: „Als ganz erwiesen glaube ich ansehen
zu dürfen, dass der untere Sandstein von Nubien in keinem
Falle jünger ist, als die Kalkablagerungen der Kreidezeit."
FiGAKi Bey erklärt in seinen geologischen Studien den
Nubischen Sandstein für ti'iasisch, ohne das Problem durch exacte
Beobachtungen zu fördern. (Räthselhaft ist es, wie Figari zu
dei' Vernmthung kam. dass bei den Klöstern Zechstein. Trias
und Jura vorkomme, und warum er dort nach Steinkolilen ge-
graben hat. da unsere Untersuchungen thatsächlich Carbon dort
nachweisen)
Lartet und Fkaa.s beschäftigen sich eingehend mit der
Frage nach dem Alter des Nubischen Sandsteins, doch auch ihre
Untersuchungen ergaben keine sicheren Resultate.
Als ein Wendepunkt in unseren Anschauungen müssen die
Entdeckungen Bauermann's gelten, welcher in dem Sandstein
der Sinai - Halbinsel Steinkohlenpflanzen und carbonische Meeres-
conchylien entdeckte, denn ausser Leinclodendron Mosaicum und
Sicjlllaria sp. bestimmten Wilson und Holland aus diesen
Schichten:
Orthis Michelini,
Streptorhi/nchus crenistvia,
Spirifera,
Murchisonin,
Fjulima,
Hhodocrinus,
Poteriocrinus,
und zu diesen Resten fand Hüll noch:
S//riii(/opoi-a ramulosa Goldf.,
424
FenesteUn (plehea?),
Frodnctus pustulosns Phill.,
— äff. longispifm Phill.,
also lauter echte Kohlenkalk- Versteinerungen.
Es war durch diese Funde sichergestellt, dass ein Theil des
Sandsteins der Sinai - Halbinsel (den Russegger ebenfalls als
„Nubischen" bezeichnet hatte) von carbonischem Alter sei. Und
wenn auch viele Gründe dafür sprechen, dass auch auf afrika-
nischem Boden ähnliche Verhältnisse sprechen könnten, so blieb
es doch ScHWEiNFURTH vorbehalten, für Afrika den thatsäch-
lichen Beweis dafür zu liefern.
ZiTTEL (1. c, p. 60), welcher auf der berühmten RoHLr'schen
Expedition den Nubischen Sandstein in der Oase Dachel und west-
lich von Chargeh eingehend untersuchte, fand, wie Rrssegger früher,
nur versteinertes Hoiz und einige unbestimmbare Steinkerne darin,
und wie Russegger konnte er feststellen, dass die obersten
Schichten des Nubischen Sandsteins allmählich in die cenomane
Kreide übergehen. Die versteinei'ten Hölzer betrachtet er" als
Beweis für cretaceisches Alter.
Viele Jahre hindurch hatte inzwischen Schweinfurth die
ägyptischen Wüsten durchstreift, und trotz grösster Aufmerksam-
keit im Nubischen Sandstein keine Fossilien gefunden, als ein
glücklicher Zufall ihn nach der Galäla-Wüste führte.
Im Winter 1884 — 85 besuchte G. Schw^einfurth das Uadi
el 'Arabah und fand östlich vom Kloster St. Antonius, in der Nähe
des Hauptrinnsales des Uadi el "Arabah mitten zwischen fossilleeren
Bänken des Nubischen Sandsteins eine Bank mit Crinoiden - Glie-
dern und mit Brachiopoden , welche durch E. Beyrich als Spi-
rigera concentrica bestimmt wurden. Schweinfurth schreibt über
seine Entdeckung im Bulletin de rinstitut Egyptien, 1885, p. 15
bis 17 Folgendes:
„La localite en question se trouve ä 25 kilometre ä Tonest
du phare de Zattarana sur le torrent principal de l'ouadi Ara-
bah qui se rapproche ici jusqu'ä 10 kilometres du plateau num-
mulitique qui limite la grande vallee vers le nord. L'ouadi
Arabah. ([ui a une largeur de 30 ä 40 kilometres sur 90 de
longieur se dirige en moyenne du sud ■ ouest vers le nord - est
entre les deux flaues du plateau calcaire dont la partie septen-
triouale s'appelle Galäla-el-baharieh et l'autre qui est plus elevee
Galäla-el-giblieh. Les escarpements s'elevent ä pic sur les deux
cötes et atteignent 700 et 1000 metres d'elevation absolue et
500 et 600 metres au-dessus de la vallee.
425
L'ouadi Arabäh, en quelque sorte, iie forme qu'un vaste
golfe lateral, devenu sec, du golfe de Suez, dont il partage ä
peu pres les dimensions de largeur. A l'instar d'une rauipe large
et unie dont les deux parapets sout formes par les flaues du
plateau calcaire, le foiid de la vallee monte jusqu'a 300 metres
d'elevation , donnant ainsi insensiblement un acces ä ce meme
plateau qui plonge vers le Nord-ouest.
Le fond de la vallee est uni, releve sur les bords et par-
couru par de nombreux torreuts qui descendeut des vallees creu-
sees sur les deux cotos dans le plateau calcaire et qui s'unissent
ä un torrent central, l'ouadi Arabäh par excellence. Mais dans
la partie oriental de cette grande depression qui s'elargit vers la
mer, d'innonibrables collines de gres se raugent Tune aupres les
autres, separant ainsi les torrents. Ces collines se presentent
generalement sous la forme de longues et etroites digues ou
remparts, allignes souvent d'une fagon tres reguliere et se ran-
geant aussi parallelement ä travers la vallee.
Ces collines depassent rarement 20 metres en liauteur et
leur stratification est toujours horizontale et non interrompue.
C'est sur le dos d'une de ces petites collines remparts qui
fait face au torrent central de 1' Arabäh sur sa rive droite et
situee ä 130 metres au dessus de la Mer Rouge que se trouve la
localite, ä un endroit oü de l'autre cote debouchent, Tun pres de
l'autre, deux torrents secondaires descendant de la Galäla du
nord l'ouadi Beheit et l'ouadi Abu-Sille, 12 kilometres au sud-
est de la source de Deir-el Bekheit. Ici je trouvai une assiette
tres mince d'un calcaire siliceux et blanchätre intercale dans le
gres psammite ferrugineux et dur. Cette couche contenait une
grande quantite de valves d'une brachiopode pareille ä une tere-
bratule, des fragnients de tiges et d'articles d'Encrins et plu-
sieurs empreints de bivalves. Les brachiopodes transformees avec
leur valves et leurs squelette spirales ä l'interieur en calcaire
dur et cristallin se sont eculees par suite de decomposition
aerienne de la röche d'une fagon tellement complete qu'aucun
artiste n'aurait pu les detacher mieux avec un ciseau.
Le professeur Beyrich, de Berlin, dont l'opinion pese tant
en pareille matiere a soumis les exemplaires de brachiopode que
j'avais recueillis en grande quantite ä un examen attentif et il a
reconnu en eile une espece du genre Spirigera (Athyris), voisine
de l'espece appelee concenirica.'--
Das Ziel unserer Expedition war es nun. die fossilreichen
Bänke weiter auszubeuten, um das Alter derselben genauer fest-
zustellen, und mir speciell war die Aufgabe gestellt, die geolO'
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 3. 29
426
gisch-tektonische Stellung der betreffenden Schichten aufzuklären
und ihr Verhältniss zu der darüber lagernden Kreide zu unter-
suchen. So lagerten wir denn fünf Tage im Uadi el' Arabah. dann
noch einige Tage am Kloster St. Antonius, und während Prof.
ScHWEiNFURTH die Topographie der Gegend durch genaue Pei-
lungen festlegte und die Fossilienbänke ausbeutete, suchte ich
durch Excursionen zu Kamel und zu Fuss die Verbreitung der
Schichten und ihre Tektonik zu enträtliseln. Es stellte sich bald
heraus, dass die Schichten sehr stark und manuichfaltig dislocirt
waren, dass die leitende Crinoiden-Kalkbank in oftmaliger Wieder-
holung auftritt und dadurch der Anschein erweckt wird, als ob
die fossilreichen Bänke eine grössere Mächtigkeit hätten, als sie
thatsächlich besitzen.
Ueber unsere Resultate hat Herr Prof. Schweinfurth einen
kurzen Bericht im obengenannten Bulletin. Jhrg. 1887, erstattet,
und mir liegt es jetzt ob, diese Ergebnisse hier weiter auszuführen
und im Einzelnen zu belegen.
1. Verbreitung und Topographie der Carbonregion.
Das Uadi el' Arabah ist eine Ebene Von 30 km Breite und
90 km Länge, im Norden und im Süden begrenzt von den Steil-
abstürzen der Galäla-Gebirge . welche mit fast senkrechten Wän-
den 1000 m hoch emporragen. In dieser weiten Ebene, dem
Nordrande etwas genähert, findet sich das flache Rinnsal des
eigentlichen Uadi mit seinen Nebenthälern eingeschnitten in eine
niedi'ige Hügellandschaft von etwa 60 Qu. - km Fläche. Als ein
wahres Labyrinth kleiner Bergketten und Hügel von Sandstein.
Kalk und Mergel ragt diese Kohlenkalk -Region 10 — 50 m hoch
wie ein Inselarchipel aus der mit Sand und Kies bedeckten
Wüstenebene hervor, und nur im Nordosten, am Anfang des Uadi
Rod-el-Hamär hängt die Region mit den Felsen der nördlichen
Galäla zusammen.
Das Rinnsal des Uadi el' Arabah theilt die Region in eine
nördliche und eine südliche Hälfte; die erstere wird ausserdem
getheilt durch die Rinnsale des Uadi - Abu - Sille und Rod - el-
hammäl.
Der Einmündung des Uadi -Abu -Sille gegenüber entdeckte
Schweinfurth 1883 die ersten Carbon -Fossilien. Hier ist ein
halbmondförmig gekrümmtes Plateau mit horizontaler Schichten-
stellung. Ein zweites fast ebenso horizontales Plateau befindet
sich der Mündung des Rod-el-hammäl gegenüber; von hier stam-
men die Mehrzahl der gesammelten Fossilien. Denn die ganze
427
übrige Region ist dislocirt, die Schichten durch viele Verwerfun-
gen zerbrochen, basaltische Gesteine sind an 9 verschiedenen
Stellen hervorgebrochen, und in der Nähe dieser kleinen Eruptiv-
punkte sind häufig die Schichten verändert und die Fossilien
schlecht erhalten. Nur die Crinoiden-Breccie tritt immer wieder
leicht erkennbar zu Tage und bildete für meine Aufnahmen den
leitenden Horizont. Südlich des Uadi el' Arabah lässt ein Staffel-
bruch dieselben Crinoidenbank viermal hervortreten, entsprechend
vier heteroklinen Längsthälern. Aber die auffallendste Erschei-
nung in der Topographie und Tektonik der Gegend sind circus-
artige Thalkessel von 200 — 2000 m Durchmesser, in denen die
Sandstein- und Kalkschichten mantelförmig nach allen Seiten ab-
fallen. Solcher kleiner aufgebrochener Gewölbe habe ich in der
Region etwa 5 gezählt; ihnen steht als Gegenstück eine Stelle
gegenüber, wo die Schichten auf kleinem Raum nach dem Mittel-
punkt einer Depression radial einfallen (vergl. das Fallen der
Schichten auf der Karte, Taf. XXIII).
Wer die Wüste aus eigener Anschauung nicht kennt, wird
sich keine Vorstellung von der Klarheit machen können, mit der
sich derartige Dislocationen in der Wüste erkennen lassen. Der
Mangel von Humus- und Alluvialgebilden lässt solche Erschei-
nungen so klar und deutlich werden, dass die ägyptischen Wüsten-
gebiete für tektonische Studien als Modell dienen könnten.
Das Streichen und Fallen der Schichten wechselt also un-
gemein, und nur auf der Westseite des Rod-el-hammäl konnte
ich die Sandsteine in grösserer Mächtigkeit und ungestört beob-
achten.
Beigefügtes Profil wurde auf Grund mehrerer von mir auf-
genommener Einzelprofile durch Prof. Schweinfurth zusammen-
gestellt:
Es besteht aus fünf Stücken, die in derselben Richtung,
aber nicht in der gleichen Ebene liegen. Zwei mit Geröll und
Sand bedeckte Flächen schieben sich noch ausserdem dazwischen,
sodass die Continuität des Profils nicht ganz einwurfsfrei ist.
Allein ich habe geglaubt, das Profil meiner Abhandlung beilegen
zu sollen, weil es die topographische Karte im Text und die
Karte Tafel XXIII ergänzt und den Zusammenhang der Carbon-
region mit den Steilwänden der beiden Galäla - Gebirge erläutert.
Prof. Schweinfurth hat die Eruptivgänge im Streichen verscho-
ben, um sie alle zur Darstellung zu bringen.
Von links nach rechts reicht das erste Eiuzelprofil bis zum
Fuss der nördlichen Galäla. wo ein Spaltenthal die Crinoiden-
Bank zu Tage bringt. Das zweite Profil beginnt am Eruptiv-
29^^
428
gang G und reicht bis zur Sohle des Uadi el' Arabah, das dritte
und vierte von hier bis zum Beginn der Arabah - Niederung, das
fünfte wurde 2 km östlich vom Kloster St. Antonius bis in
1000 m Höhe aufgenommen.
Sollte künftig ein Geologe das Glück haben, die interessante
Gegend zu besuchen, so wird er hotfentlich in der Lage sein,
meine Aufnahmen zu vervollständigen und zu verbessern.
2. Die Fauna des Uadi el' Arabah.
Wie aus dem vorher beschriebenen Profil hervorgeht, ist
die fossilreiche Schichtenreihe eingeschaltet zwischen fossilleere
Sandsteine und von Dislocationen vielfach durchkreuzt. Als con-
stanten Horizont kann man die Crinoiden - Kalkbank durch das
ganze Gebiet hindurch verfolgen, während die fossilreichen Mergel
nur eine geringere Verbreitung besitzen und am besten entwickelt
sind südlich vom Eingang des Rod - el - hammäl in das üadi el'
Arabah.
Hier konnten wir folgendes Einzelprofil beobachten:
11. 2 m fester Sandstein mit vielen Fossilienresten.
(Schicht A.)
10. 2 m grüne Mergel.
9. 4 m sandige Mergel mit Kalkbänkchen und Bryozoen-
Schichten. (Schicht B.)
8. Im fester, blau-grauer Crinoiden-Kalk mit Brachiopoden.
(Schicht C.)
7. 3 m hell grüne Mergel.
6. 3 m dunkel graue und roth-braune Mergel.
5. 2 m fester Kalk mit Mergelschichten, sehr fossilreich.
(Schicht D.)
4. 5 m rothe und gelbe Sandsteine.
3. 5 m weisser, oberflächlich gebräunter Sandstein.
2. 5 m röthlicher, lockerer Sandstein.
1 . 25 m grauer Sandstein mit gelben Mergelschichten.
Die Fossilien sind leider zum grösseren Theil durch den
Flugsand stark abgerieben, ein Theil nur als Steinkerue erhalten.
Es gelang folgende Formen zu bestimmen.
429
I. Fo7'atifiiniferea.
1. Cormispira sp.
Auf Schliffen sind die Querschnitte von Cornusjnra deutlich
zu erkennen. Die Schale beginnt mit einem D'iloculina-^tadimn,
welches die Mitte des Querschnittes einnimmt, daran reihen sich
beiderseits die Durchnitte von 4 Kammern, welche einen nieren-
förmigen Querschnitt besitzen.
Die Aufiindung dieser Gebilde gelang dem geübten Blick
des Herrn C. Schwager in München, der mich durch die Mit-
theilung seiner Schliffe zu besonderem Dank verpflichtet.
2. Trocliammina incerfa? Brady.
Aus einem Mergelstück gelang es Herrn Schwacher, auch
diese zweite Form heraus zu präpariren, welche ziemlich genau
übereinstimmte mit der von Waagen auf Geol. Survey of India;
Salt-range fossils, t. CXXVHI. f. 7 — 8 gegebenen Abbildung.
II. Antlw^oa.
3. cf. Zaplirentis Guerangeri ME. u. H.
Taf. XXV. Fig. 11, 13.
Der vorliegende, in zwei Stücke zersprungene Kelch ist 6 cm
hoch und am Kelchrand 4 cm, an der Basis 3 cm dick. Das
Epithek ist fast vollkommen durch Sandgebläse corrodirt. sodass
auf der ganzen Aussenseite die Septen und Böden deutlich .sicht-
bar sind. Der Kelch ist von ovalem Querschnitt, die Septen
sind regelmässig angeordnet, und etwa 40 derselben zu erkennen,
welche am Aussenrande je 1,.'') mm von einander abstehen.
Die Böden erscheinen auf der Aussenseite als zarte Linien
in den Interseptalräumen. welche 1 — 2 mm verticalen Abstand
haben ; die Böden benachbarter Interseptalräume entsprechen sich
meist nicht. Eine sichere Diagnose auf Zaplireniis oder Ayn-
plexris dürfte nicht zu stellen sein; nach dem Urtheil von Dr.
Frech steht der Kelch Zaphreniis näher.
Münchener Museum.
4. Fistulipora sp.
Taf. XXVn, Fig. 15.
Das Stück besteht aus Crinoiden-Kalk, auf welchem eine 5 mm
dicke Korallenrinde aufgewachsen ist. Diese Rinde lässt auf dem
Querbruch drei weisse und dazwischen zwei braune Schichten er-
keiineu. wclclie von zarten, röthlichen Linien durchquert werden.
430
Dieselben entsprechen den kleinen Kelchröhren, welche auf der
Oberfläche der Colonie als Punkte erscheinen. Diese Punkte
sind so angeordnet, dass sie, wie die Figur zeigt, 3 — 5 mm
lange und 1 — 2 mm breite punktfreie Flecken auf der Oberseite
frei lassen. Die starke Corrosion des Stückes erlaubt keine ge-
naue Bestimmung. Am besten stinnnt es überein mit der von
Waagen (Salt-range Fossils, t. CV, f. 1) gegebenen Abbildung,
was mich veranlasst, es als FistuUpora zu beschreiben.
Berliner Museum.
III. Urachiopoda.
5. Sprigera ambigua Sow^.
Taf. XXIV. Fig. L 2, 4, 5.
Vorkommen: Diese Form ist nächst Crinoiden - Stielglie-
dern und Bryozoen das häutigste Fossil der ganzen Ablagerung.
Einzelne Bänke (besonders B und C) sind ganz erfüllt mit den
Brachiopoden - Schalen . welche theilweise in festen . braunrothen
Kalk eingeschlossen, theils durch Wüstendenudation herausmo-
dellirt sind und die Hügel an den Gehängen des Uadi bedecken.
Wenn ihnen noch eine Schicht von dem umgebenden Sediment
anhaftet, so sind sie wie dieses braun-roth gefärbt, die meisten
aber sind durch den Wüstensand polii't und angeschliffen. Dann
tritt die weisse oder graue Farbe des die Schale erfüllenden
Kalkspathes hervor. Viele sind durch das Sandgebläse ganz de-
formirt. sodass die Durchschnitte des Armgerüstes auf der Ober-
fläche als dunklere Liniensysteme sichtbar werden. Taf. XXIV,
Fig. 1 ist ein nach dem „Dreikantertypus" durch Wüstensand
zugeschliifenes Kalkstück, welches diese Erscheinung deutlich zeigt.
Grössen Verhältnisse: Die Abbildungen von Davidson.
British Carboniferous Brachiopoda, 1857 — 62, t. XV, f. 15 — 26
und t. XVII. f. 11 — 14, zeigen, welche Mannichfaltigkeit die bri-
tischen Formen darbieten, und dieser Mangel an Formbeständig-
keit ist auch für unsere Funde charakteristisch. Damit hängt
es auch zusammen, dass einige Zeit Zweifel über die genaue
Altersbestimmung der betrefi'enden Ablagerung herrschen komiten.
denn ein Theil der Individuen ist von rundliclior Form, der
Sinus ist nur wenig ausgeprägt, der Schnabel ragt unbedeutend
über den Schlossrand hervor. Diese Formengruppe nähert sich
sehr der Sjyirigera concentrica v. Buch. Das andere Extrem ist
flacher, von polj^gonalem ümriss, mit wohl ausgeprägtem Sinus
versehen und schliesst sich an die typischen amhigiia - Formen
an. Daher wechseln die Dimensionen der Schalen ungemein, wie
aus folgenden Zahlen hervorgeht:
431
a. b. c. d. e.
Länge .... 20 mm 19 mm 17 mm 16 mm 16 mm
Breite . . . . 17 „ 16 ,, 13 „ 16 „ 14 „
Dicke . . . . 13 „ 13 ,, 10 „ 8 „ 10 „
Dicke des Stirn-
randes ... 2„ 6„ 0„ 0„ 1„
Durch Altersunterschiede lassen sich diese Differenzen nicht
erklären, es sind vielmehr variirendc Typen einer wenig bestän-
digen Form, wie sie in gleicher Weise in England, Belgien und
Aegypten auftritt.
Beschreibung: Auf Taf. XXIV. Fig. 2, 4, 5 habe ich drei
verschiedene Typen der Schalen darstellen lassen und will die-
selben bei der Beschreibung auseinander halten. Fig. 2 zeigt die
ambigua-Ch&rakteve am deutlichsten. Die grosse Schale ist 21 mm
lang und (20) 1 9 mm breit. Die kleine Schale ist nur 1 8 mm lang,
sodass der Schnabel 3 mm vorragt. Das Schnabelloch ist 2 mm
gi'oss. von länglich ovalem Umriss. Der Stirnrand ist scharf und
dreilappig eingebuchtet. Anwachsstreifen bedecken die Schalen-
oberfläche. Der mittlere und zwei seitliche Wülste auf der klei-
nen Schale entsprechen einem mittleren Sinus und zwei Wülsten
auf der grossen Schale.
Im Gegensatz zu Fig. 2 ist Fig. 4 von rundlichem Umriss.
sowohl in der Flächen- wie in der Seitenansicht. Der Stirnrand
wird durch einen je 3 mm breiten Umschlag beider Schalen stark
verbreitert; derselbe ist mit vielen Anwachsstreifen versehen, die
der eigentlichen Schalenoberfläche fehlen. Die Dimensionen sind
oben unter b. angegeben. Wenn auch von kleineren Dimensionen,
macht Fig. .5 doch den Eindruck einer ausgewachsenen Schale,
und unter dieser Annahme weicht sie erheblich von den beiden
anderen Typen ab. Die Schale ist in die Länge gezogen, die
Wülste und der Sinus flacher als bei Fig. 2. Der Schnabel
ragt relativ weit über den Schlossrand hervor. Die Dimensionen
sind oben unter e. angegeben.
Verwandtschaft: Diese drei verschiedenen Formen wer-
den durch so viele Uebergänge verbunden, das reichhaltige Ma-
terial gestattet so lückenlose Variationsreihen anzuordnen, dass
kein Grund vorhanden ist, die Formen specifisch zu trennen,
umso weniger als die englischen und belgischen Formen densel-
ben Wandelungen unterlegen sind; und da durch die begleitenden
anderen Fossilien die ganze Ablagerung als Kohlenkalk bestimmt
werden kann, so trage ich kein Bedenken, auch diese Spirigera
mit ihrem carbonischen Speciesnamen zu bezeichnen, obwohl man
vom rein morphologischen Standpunkt den Namen concentrica
432
ebenso gut auweiKleii könnte, wie solches früher von Beyrich
geschehen ist.
Fig. 1: Jena. Fig. 2, 4, 5: Berlin.
6. IJieldsma hastattim Sow. att". vir(/oides M' Coy.
Taf. XXIV, Fig. 7, 8, 10.
Davidson. British Carboniferous Brachiopoda, t. I, f. 12.
De KoNiNGK. Faune du Calcaire Carbonifere, Pt. VI, t. 4, f. J9— 22.
Vorkommen: Die Mehrzahl der gesammelten Stücke, aus
den Schichten C und D, sind zerdrückt und del'ormirt, nur we-
nige sind soweit erhalten, dass man den Umriss und die Form
der Schalen feststellen kann. Die drei besten Stücke habe ich
abgebildet. Leider ist an allen dreien die Schnabelgegend corrodirt.
Grössenverhältnisse und Beschreibung: Am besten
erhalten ist Fig. 7, doch fehlt auch hier die Schnabelspitze; die
Form ist viel gestreckter als die der beiden anderen Stücke.
Der Schnabel ragt spitz aus dem Schlossrand hervor, der Stirn-
rand ist scharf und zeigt eine ausgeprägte Einbuchtung, welche
sich als tiefer Sinus über die grosse Schale bis in die Nähe des
Schnabels verfolgen lässt. Diesem Sinus entspricht am Stirnrand
der kleinen Schalen ein kurzer Wulst. Länge 27 mm. Breite
18 mm, Dicke 13 mm. Einige Anwachsstreifen sind am Schloss-
rand erkennbar. Fig. 8 stellt ein etwas grösseres Exemplar dar,
dessen Form wesentlich gedrungener ist; leider fehlt der Schnabel.
und ist die kleine Schale dui'ch den Wüstensand corrodirt und
mit einem Geäder von Furchen bedeckt, die einige Aehnlichkeit
mit Blutgefässeindrücken haben. Solche Skulpturen sind auf
Kalksteinen in der Wüste häufig und haben keinen Zusammen-
hang mit organischer Structur. Die grosse Schale ist besser
erhalten und zeigt einen flachen aber wohl ausgeprägten Sinus
und zahlreiche Anwachsstreifen. Der Stirnrand ist unvollständig.
Länge (wahrscheinlich): 33 mm, Breite 25 mm. Dicke 17 mm.
Obwohl das dritte Exemplar (Fig. 10) Spuren der perlmutter-
glänzenden Schale erkennen lässt, so ist es doch im Uebrigen
ebenfalls unvollständig; es steht dem Fig. 7 abgebildeten nahe
und schliesst sich am engsten an die Form I). virgoides an.
welche Davidson, t. I, f. 12 abbildet. Länge 29 mm. Breite
20 mm, Dicke 12 mm. Der Sinus ist flach und lässt sich nur
bis in die Mitte der grossen Schale verfolgen.
Verwandtschaft: Obgleich die drei Formen in einigen
Charakteren variiren, so fasse ich sie unter einem Namen zu-
sammen, denn keine ist so gut erhalten, dass eine vollständige
Diagnose zur Begründung specifischer Unterschiede aufgestellt
werden kann.
Fig. 7, 10: Berlin. Fig. 8: München.
433
7. lihynchonella pleurodon Phill.
Taf. XXIV, Fig. 9 a, b, c, d.
De KoNiNGK. Faune du Calcaire carbnnifere de Belgique, Pt. VI,
t. 15, f. 1—23.
Davidson. British Carboniferous Brachiopoda, t. XXIII, f. 1 — 22.
Vorkommen: Die kleinen Schaloi kommen in zwei ver-
schiedenen Erhaltmigszuständen vor. Zuerst in den gelben Mer-
geln. Hier sind sie meist flach zusammengedrückt, sodass es
schwer fällt, die Umrisse genau zu erkennen. Im Kalk dagegen
fanden sich einige Exemplare, deren Schalenlumen mit Sediment
erfüllt war, sodass sie ihre Form erhielten.
Grössenverhältnisse und Beschreibung. Ein kräftiger
Sinus und scharfe Rippen sind die aufl'allendsten Charaktere. Die
Rippen sind in der Mitte der Schalen am kräftigsten und ver-
flachen sich nach dem Seitenrande zu. 2 Rippen im Sinus ent-
sprechen 3 Rippen auf dem Mittelwulst, während auf den Seiten-
wülsten 3 — 4 Rippen gezählt werden. Das Fig. 9a. b. c abge-
bildete volle Exemplar ist leider am Wirbel abgebrochen. Es
beträgt die Länge wahrscheinlich 9 mm. die Breite 10 mm, die
Dicke 7 mm. Der Schlossrand ist. den Rippen entsprechend, mit
3 mm hohen Zähnen versehen, welche fest ineinander greifen.
Verwandtschaft: Es könnten Zweifel darüber herrschen.
ob die betreffenden Formen zu lihynchonella oder zu Camero-
phoria gehören, und ich habe die Schnabelgegend aller, auch der
verdrückten Exemplare daraufhin genau untei'sucht. Das Fig. 9d
abgebildete Stück, dessen Schnabel abgebrochen ist. zeigt im
Innern auch einige braun glänzende Platten, welche als Cama-
rophorin - Gerüst gedeutet werden konnten . allein ich habe an
keinem der verdrückten Exemplare Aehnliches gesehen und glaube
daher, dass jene Platten nichts anderes sind, als die hier ent-
blösste Steinkern -Oberfläche. Soweit die Schalen bestimmt wer-
den können, schliessen sie sich an Bh. pleurodon Phill. so eng
an, dass ich kein Bedenkon trage, diesen Namen hier anzu-
wenden.
Berlin.
8. Productus semireticulatus Martin
Taf. XXVI, Fig. 8, 9, 10, 11.
De Koningk. Monographie du genre Productus, t. VIII, f. 1.
Vorkommen: Nächst der Spirigera ambü/ua ist dieser
Productus wohl das wichtigste Fossil für die Altersbestimmung
der Schichten. Er findet sich in der Kalkbank C in wohl
erhaltenen Exemplaren. Schalen- und Stachelfragmente sind in
434
den weicheren Schichten mit silberglänzender Oberfläche zu beob-
achten. Einer unserer Beduinen brachte Productus-^chalen auch
vom Nordende des Rod-el-Hamär; ich suchte diese Localität auf,
wo an einem Basaltgang (G) die fossilreichen Schichten durch eine
Verwerfung zu Tage treten, allein die Fossilien sind hier (viel-
leicht in Folge des nahen Eruptivgesteins) schlecht erhalten.
Grössenverhältnisse: Das Fig. 11 abgebildete Exemplar
ist auf der Oberseite zwar durch den Wüstensand corrodirt,
Theile des Randes sind abgebrochen . der Schlossrand unvoll-
ständig, doch lassen sich daran alle wichtigen Charaktere des
Pr. semireficulatus erkennen. Länge 46 mm, Breite (wahrschein-
lich) 55 mm. Breite des Schlossrandes (wahrscheinlich) 35 mm,
Dicke 20 mm.
Beschreibung: Die grosse Schale von massiger Wölbung
ist mit stachelbesetzten Längsrippen bedeckt, welche sich am
Stirnrande gabeln. Unregelmässige Querrippen kreuzen die ersteren
in den ersten zwei D)-itteln der Schalenlänge. Der Wirbel ragt
nur wenig über den Schlossrand hervor. Der Schlossrand ist
gerade, die Ohren der grossen Schale mit Stachelansätzen besetzt.
Die kleine Schale ist flach concav, ihre Längsrippen gabeln "sich
in verschiedenen Abständen vom Schlossrand und sind mit Kno-
ten besetzt, welche sich zu unregelmässig verlaufenden Querrippen
anordnen. Einem Sinus auf der grossen Sehale entspricht ein
flacher Wulst auf der kleinen.
Ein Stück silberglänzender Oberschale ist Fig. 9 abgebildet,
um die in verschiedenen Abständen auf den Längsrippen auf-
sitzenden Stacheln zu zeigen, welche nach dem Stirnrand ge-
richtet, aber meist abgebrochen, in 1 mm langen Stümpfen
erhalten sind.
Fig. 8 und 10 sind Schalenfragmente mit kräftigen Stacheln,
welche bis 15 mm lang sind, doch waren sie zweifellos noch
länger. Einzehie dieser (nicht hohlen) Stacheln sind glatt und
cylindrisch, andere sind, besonders am Unterende, mit Varicosi-
täten bedeckt und unregelmässig gestaltet.
Verwandtschaft: Die Form des beschriebenen Exemplars,
ebenso wie die (nur theilweise erhaltenen) Charaktere der übrigen
gesammelten Stücke lassen die Zugehörigkeit zu Pt: semircticu-
latus deutlich erkennen.
Berlin.
In der Schicht D fanden sich ausserdem aber 2 kleine Pro-
f??wfMS- Exemplare, welche auf Taf. XXVI, Fig. 5 und 6 abge-
bildet sind und deren Bestimmung mir nicht mit Sicherheit ge-
lang (s. u.). Ich kann nur feststellen, dass sie nicht zu Pr.
semireticulatus gehören :
435
9. Froductiis sp., cf. longispinns de Koningk.
Taf. XXVI, Fig. 5, 6.
DE Koningk. Monogr. du genre Froductus, t. X, f. 2.
Von den beiden Exemplaren ist nur die grosse Schale erhalten.
Dieselbe ist 10 mm lang, 12 mm breit, 5 mm dick. Der Schloss-
rand ist eben so breit als die übrige Schale und mit deutlichen
Ohren versehen. Von einem Ohr zum andern verläuft über die
Schalenhöhe eine gerundete Kante, durch welche die Schnabel-
hälfte der Schale von der Stirnhälfte geschieden wird. Längs-
rippen bedecken die Schale und zeigen Andeutungen von Stachel-
ansätzen. In der Nähe des Schnabels lassen sich zarte Quer-
rippen erkennen. Da die Schalen beschädigt und unvollständig
sind, muss ich auf eine genauere Bestimmung verzichten.
Berlin.
10. Strepforhi/iichut! crenistria Phill.
Taf. XXV. Fig. la. b, 2, 5.
Davidson. British Carboniferous Brachiopode, t. XXVII, f. 1 — 10.
Vorkommen: Dieser Brachiopode findet sich in Schicht D
ziemlich häufig und zwar von allen Dimensionen. Allein die
Schalen sind alle entweder zerdrückt, oder durch einen eigen-
thümlichen Concretionsprocess zersprengt. In dieser Schicht sind
Septarien ziemlich häufig, und die Mehrzahl der Streptürliynchus
haben ebenfalls zur Septarienbildung Anlass gegeben. Durch den
im Innern der Schale sich ansammelnden Kalk wurde die Schale
auseinander gesprengt. Die einzelnen meist rechteckigen Stücke
werden zwar durch Kalksepten zusammengehalten, allein dieser
cämentirende Kalk ist weicher als die Schale und wurde deshalb
von dem Denudationsprocess ') stärker angegriffen. In Folge dessen
ist die Schalenoberfläche netzförmig mit quadratischen und poly-
gonalen Rissen bedeckt, und dadurch die Mehrzahl der Exem-
plare entstellt.
Grössenverhältnisse : Das in Fig. 1 abgebildete Exem-
plar misst: Länge 85 mm, Breite 45 mm. Dicke 11 mm, Breite
der Area (ergänzt) 85 mm. Höhe der Area 6 mm.
Beschreibung: Soweit die mir vorliegenden Exemplare die
ursprüngliche Form erkennen lassen, ist die grosse Schale flach
concav, die kleine Schale etwas convex. Beide sind mit zarten
radialen Rippen bedeckt. Zwischen diesen Rippen erkennt man
feine Querstreifen. Der Schlossrand ist gerade, die Area mit
Längsstreifen versehen, welche, beiderseits vom Pseudodeltidium,
') Vergl. J. Walther. Die Denudation in der Wüste und ihre
geolog. Bedeutung. Abh. d. k. sächs. Ges. d. Wissensch., Bd. XXVII.
436
von feinen Querstreifen gekreuzt werden. Das Pseudodeltidium
ist hoch, und mit Anwachsstreifen versehen.
Verwandtschaft: Davidson (I.e., t. XXY, f. 16 — 21;
t. XXVL f. 1—6; t. XXVn, f. 1 — 10) vereinigt unter oben ste-
hendem Namen eine solche Formen -Mannichfaltigkeit. dass meine
Formen hier Platz linden müssen, wenn es auch nicht möglich
ist, sie einer bestimmten Varietät zuzuweisen, da sie alle etwas
deformirt sind.
Fig. 1: München. Fig. 2, 5: Berlin.
.11. Spirifer convohifus Phill.
Taf. XXV. Fig. 10.
Davidson. Br. Carb. Brach., t. V, f. 2 — 15.
Vorkommen: Das einzige hierher gehörige Exemplar stammt
aus der Schicht C und liegt zum Theil im Crinoiden-Kalk ein-
gebettet. Die grosse Schale scheint nicht vorhanden zu sein.
Beschreibung: Obwohl der eine Flügel theilweise abge-
brochen ist. so lässt sich doch das Exemplar auf obige, von Schott-
land bis Australien verbreitete Art beziehen. Länge (ergänzt) etwa
30 mm. Breite (ergänzt) 66 mm. Höhe 16 mm. Die Area ist 6 "mm
hoch, flach concav und quergestreift. Auf dem Rücken der Schale
befindet sich ein von zwei kräftigen Rippen begrenzter Sinus, die
übrigen nach aussen divergirenden Rippen verflachen sich.
Berlin.
12. Spirifer cf. lineatus Martin.
Taf. XXV, Fig. 3.
Davidson, 1. c, t. XIII, f. 4—13.
Das hier abgebildete Exemplar stammt aus der Schicht C
und ist sehr unvollständig erhalten. Die kleine Schale fehlt ganz,
von der grossen fehlt ein ziemliches Stück des Stirnrandes, sodass
der hervorragende Schnabel, die Querstreifung und ein flacher
Sinus am Stirnrand die einzigen Merkmale sind, w^elche eine Be-
stimmung möglich machen. Daraufhin aber lässt sich mit einiger
Sicherheit die Verwandtschaft mit *S/5. lineatus begründen.
Berlin.
13. Spirifer striatics Martin.
Taf. XXV, Fig. 7.
Davidson. Br. Carb. Br., t. V, f. 25 — 37.
De Koningk. Faune du Calcaire Carbonifere, Pt. \l, t. 26, f. 5, 6.
— Ann. foss. terr. carb., t. XVI, f. 3.
Zu dieser Form, von welcher Davidson pag. 222 sagt:
,,No species is more variable in its general aspect. or in the
number of its ribs. still every intermediatc form maj' be found
437
in our carboniferous limestones district" , mag das abgebildete
Stück gehören, obwohl es so unvollständig ist, dass eine genaue
Bestimmung unmöglich erscheint. Ebenso, vielleicht noch schwie-
riger ist die Beurtheilung eines zweiten Stückes :
Berlin.
14. Spirifer cf. siriatns var. multico Status Toula.
Taf. XXV, Fig. 9.
Dasselbe ist durch den Wüstensand so stark abgeschliffen,
dass es sogar zweifelhaft bleiben muss. ob die scharfe Wulstkante
auf der Schalenniitte eine anatomische Eigenthümlichkeit ist, oder
nachträglich durch das Sandgebläse erzeugt worden sei. Die
Rippen scheinen bündeiförmig angeordnet zu sein.
Berlin.
IV. Pelecypoda.
15. Mynlina depressa de Kon.
Taf. XXIV, Fig. 3, 6.
De Koningk. Faune du Calc. Carb. de Belg., Pt. V, t. 29, f. 3, 4.
In der Crinoiden-Bank erscheinen mehrfach spitzige Schloss-
felder eingefügt, welche mit den Schalenfragmenten zusammenzu-
gehören scheinen, welche in den begleitenden Mergeln frei liegen.
Leider sind nur die schnabelförmigen Wirbel erhalten und lassen
auf den Umriss der Schale keinen Schluss machen. Das Band-
feld ist mit 6 — 8 Streifen versehen. Fig. 5 ist von einer lin-
ken, Fig. 6 von einer rechten Schale.
Berlin.
16. Aviculopecten aegypticns n. sp
Taf. XXIV, Fig. 11.
Das Exemplar stammt aus den SU-eptorhynclms - Schichten
und ist wie diese Schalen mit polygonalen Sprüngen bedeckt.
Es sitzt auf einem Fragment einer solchen Schale. Es ist eine
rechte Schale von 26 mm Länge. Der Hinterflügel ist abge-
brochen. Der Vorderflügel, durch eine scharfe Furche von der
Schale abgesetzt, zeigt drei Reihen von kleinen stacheligen War-
zen. Die Schale ist radial gerippt.
Berlin.
17. Edmondia ohlonga M' Coy.
Taf. XXVI, Fig. 4.
Sedgwick u. M' Coy. : British palaeozoic fossils in the geolog. Mus.
of the University of Cambridge, t. 3 F, f. 10.
Vorkommen: In ziemlicher Menge finden sich in Schicht D
.438
die grossen Muscheln, leider fast durchgängig vom Wüstensand
angeschliffen und ihrer Schale beraubt, sodass eigentlich nur
Steinkerne zur Untersuchung gelangen. Weder die ursprüngliche
Scbalenoberfläche , noch Theile des Schlosses sind genau zu be-
stimmen.
Beschreibung: Die Steinkerne sind 45 — 65 mm lang,
38 — 40 mm breit, 20 — 30 mm dick. Die Oberfläche ist bedeckt
mit breiten, kräftigen Anwachsstreifen. Die Wirbel erheben sich
kaum über den Schlossrand und umgreifen eine Lunulagrube. Ob
die Schalen klafften, kann ich nicht feststellen.
18. Ednionclia sp.
Taf. XXVI, Fig. 3, 7 a, b.
Es sind nur drei unvollständige Exemplare dieser kleinen
Form erhalten, doch scheinen sie sich von E. ohlonga durch den
Mangel deutlicher Anwachsstreifen zu unterscheiden. Unter und
vor dem Wirbel der einen (rechten) Schale ist eine wohl ausge-
bildete, wenig gekrümmte Zahnleiste sichtbar. Länge der Schale
ungefähr 10 mm. Breite 6 mm. Schicht B.
Berlin.
19. cf. Saguinulites variahiJis M' Cor.
Taf. XXVI, Fig. 2, 4.
Sedgwick u. M' Coy. Brit. Pal. Foss. in the Geol. Mus. of the
Univ. of Cambridge, t. 3F, f. 6.
Vorkommen: Gemeinsam mit Edmondia^ und fast ebenso
zahlreich wie diese. Die Schalen dieser Art sind noch viel mehr
zerbrochen als die Edmondien, so dass sie meist deformirt sind.
Besonders ist die Schale in der Verlängerung der Seitenrippe
gebrochen und diese dadurch bis zum Schaleurand scheinbar
verlängert.
Beschreibung: Durch grössere Dicke des Vorderkörpers,
durch die stark heraustretenden Ilintcrflügel des Schlossrandes
und durch eine Rippe, welche vom Wirbel quer über die Schale
hinweg nach unten und hinten verläuft, unterscheidet sich diese
Form leicht von Edmondia. Im Uebrigen ist der Erhaltungs-
zustand auch hier ein mangelhafter; die Schale, mit denselben
Anwachsstreifen versehen, ist abgerieben, sodass man in einigen
Fällen wohl im Zweifel sein kann, ob die Form sich von einer
zerbrochenen Edmondia wirklich unterscheide. Länge 40 bis
64 mm, Breite vorn 22 bis (ungefähr) 30 mm, hinten 26 — 36 mm,
Dicke vorn 18 — 31 mm, hinten sich zuspitzend. Schicht D,
Berlin.
439
Es wäre möglich, dass die unter diesem Namen hier be-
schriebenen Stücke nur stark zerbrochene und deformirte Edmon-
dien sind — eine sichere Entsclieidung dieser Frage ist nicht
zu führen.
20. Nuculnna cf. leiorliynclius M' Coy.
Taf. XXV, Fig. 4 a, b.
Griffilth. Carbonif. Limestone of Ireland, t. XI, f. 27.
De Koningk. Faune du Calc. Carb. d. Bei., Pt. V, t. 26, f. 44-46.
Das abgebildete Schälchen stammt aus Schicht B, ein zweites
darin gefundenes Stück ist zerdrückt. Während dieses letztere
sich durch die feinen Anwachsstreifen eng an die Abbildung de
Koningk's, t. 26, f. 44, anschliesst, sind bei dem hier abgebil-
deten Stück nur wenige, flache Anwachsstreifen zu sehen, obwohl
die Schale nicht als Steinkern, sondern vollständig erhalten ist.
Denn auf der Innenseite sieht man die Zähnchenreihen, bez.
Zahngruben ganz deutlich. Obwohl also gewisse Verschieden-
heiten obwalten, so rechne ich wegen der zweiten gefundenen
Schale, welche den gleichen Umriss und die gleiche Grösse be-
sitzt, auch diese zu der oben genannten Species.
Berlin.
V. Qastropoäa.
Ein grosser Tlieil der Gastropoden sind nur als Steinkerne
erhalten und daher für eine genaue und sichere Bestimmung nicht
recht geeignet. Mehrere Stücke des Berliner Materials waren
durch Herrn Dr. Koken schon bestimmt.
21. Bellerophon cf. tenuifascia de Kon.
Taf. XXVn, Fig. 16.
Diese Form ist ziemlich häufig, aber von der Schale ist
keine Spur erhalten. Das hier abgebildete grösste Exemplar
misst in der längsten Dimension 30 mm, grösste Breite 26 mm.
Der Steinkern lässt erkennen, dass die Schale nur Avenig involut
war und einen kreisförmigen tiefen Nabel besass. Die Umrisse
lassen sich am ehesten mit oben genannter, von de Koningk,
t. 42. f. 1 abgebildeten Species vergleichen.
Berlin.
22. Bellerophoii carinatus n. sp.
Taf. XXVII, Fig. 20.
Die Form steht dem B. hisnlcatus Rcemer (t. IX, f. 1) ziem-
lich nahe, allein der dachförmig gestaltete Rücken mit medianem
440
Kiel, unterscheidet sie von dieser Species. Der letzte Umgang
erweitert sich rasch. Es sind auch von dieser Art nur Stein-
kerne erhalten.
23. Bellerophon (Enphemus) Siff. d'Orhignii Voutlock.
Taf. XXVII, Fig. 23.
Die äussere Körperform ähnelt dem B. tenmfascia, nur ist
sie kugeliger, die Umgänge sind flachgedrückt und mit dünnen
Längsrippen verziert, deren man auf dem abgebildeten Stück 14
zählen kann. Der Nabel scheint tief gewesen zu sein. Die Rip-
pen des letzten halben Umgangs sind grösstentheils abgerieben.
Die Form stimmt ziemlich genau mit Portlock' s Species (Geol.
of Londonderry, t. XXIX, f. 12 a — -b) überein.
Berlin.
24. Bellerophon Antonii n. sp.
Taf. XXVII, Fig. 19.
Diese Art ist in mehreren Exemplaren erhalten . deren
letzter Umgang leider vollkommen abgebrochen ist bis auf die
flügeiförmigen, den Nabel umgreifenden Seitenwände. Die rund-
liche Schale zeigt einen wohl abgesetzten medianen Kiel, von
dem beiderseits nach vorn gebogene Anwachsstreifen ausgehen.
Der Nabel ist sehr tief, die Anwachsstreifen lassen sich bis in
denselben verfolgen.
Berlin.
25. Stachella striata n. sp.
Taf. XXVII, Fig. 24.
Mit dem Namen Stachclla bezeichnet Waagen (Saltrange
fossils, I, 2, p. 171) stark unsymmetrische Bellerophontiden ; zu
diesen gehört auch die vorliegende Sehale, welche so gut erhalten
ist, dass sogar bräunliche Querstreifen vielleicht als Reste ur-
sprünglicher Färbung zu deuten sind. Der Nabel der einen Seite
ist etwa 3 mm um den gegenüber liegenden verschoben. Die
gute Erhaltung des Fossils schliesst die Annahme aus, dass es
verdrückt sei. Der Rücken ist wenig gekielt. Sehr feine Längs-
streifen lassen sich über die ganze Schale verfolgen.
München.
26. Platyceras sp.
Taf. XXVII. Fig. 18.
Der abgebildete Steinkern lässt wenig mehr erkennen als
die Zugehörigkeit zu dieser Gattung. Die letzte Windung ist
stark erweitert. Der Steinkern besteht zum Theil aus Cri-
noiden-Kalk.
Berlin.
441
27. Naticopsis äesertoruni n. sp.
Taf. XXVII, Fig. 22.
Obwohl die Form mit K plicistria Phill. und N. hrevis
DE Kon. manche äussere Aehnlichkeit hat, so scheint doch eine
neue Species vorzuliegen. Die Schale ist ziemlich dick (über
1 mm). Die Unterseite ganz flach, 20 mm lang, 15 mm breit,
mit einem flach eingesenkten Nabel (?). Der Wirbel ist spitz,
die Umgänge nehmen rasch an Grösse zu und viele zarte An-
waclisstreifen bedecken die Oberfläche. Die Umgänge werden
durch eine seichte Furche von einander getrennt. Höhe der
Schale 11 mm.
Berlin.
28. Fleurotomaria sp.
Taf. XXVII, Fig. 8, 9.
Die beiden vorliegenden Stücke weichen zwar im Spitzen-
winkel und in der Form der Uebergänge etwas von einander ab,
doch sind sie beide so ungenügend erhalten, dass eine Trennung
unthunlich erscheint. Im äussern Habitus ähneln sie dem Piyclt-
omphalus Benedensis de Kon., P. IV, t. 30, f. 27. Höhe der
Schale 5 mm. Breite der Basis 5 mm. Ein Schlitzband scheint
vorhanden zu sein, die Umgänge sind durch eine vertiefte schmale
Naht von einander getrennt.
Berlin.
29. Macrochilina aperta n. sp.
Taf. XXVn, Fig. 21.
Es ist nur ein Steinkern erhalten. Die Spitze ist abge-
brochen. Die Umgänge greifen weit um einander, sodass die
gewundene Spitze mit 3 Umgängen nur halb so hoch ist wie der
letzte Umgang allein. Eine tiefe Nahtfurche trennt die einzelnen
Windungen. Die Mündung ist gross, ohrförmig. Der Nabel
scheint tief gewesen zu sein. Höhe der ganzen Schale 48 mm,
Höhe der Mündung 38 nun, Breite der Schale 35 mm.
München.
30. Macrochilina cf. conspicua de Kon.
Taf. XXVH, Fig. 14.
Im Gegensatz zu der vorher beschriebenen Form ist diese
mehr thurmförmig, die Windungen weniger umfassend, die Mün-
dung ist halb so hoch (15 mm) als die gesammte Schale
(30 mm). Soweit der stark abgeriebene Steinkern eine Bestim-
mung erlaubt, liegt hier die von de Koninck, III, t. 3 , f. 34,
abgebildete Species vor.
Berlin.
üeitsclir. d. D. geol. ües. XLIL ;i, 30
442
VI. Uchinoderniata.
31. Crinoiden.
Eine Kalkbank, welche fast ausschliesslich aus Crinoiden-
Fragmenten besteht, ist das verbreitetste Glied der ganzen Ab-
lagerung. Die Crinoiden -Bank lässt sich in dem ganzen Gebiet
verfolgen und tritt sogar am Abhang der Galäla wieder heraus.
Ja bis zur Sinai-Halbinsel im Uadi Schelläl konnte ich dieselbe
Crinoiden-Bank verfolgen. Erhaltene Crinoiden-Kelche habe ich mit
einer Ausnahme nicht beobachtet, und in diesem Fall gelang es
mir leider nicht, die Krone aus dem Gestein herauszulösen. Da-
gegen fanden wir in den Mergeln B eine zarte Kelchplatte,
welche wahrscheinlich zu einem Crinoidenkelche gehört.
Taf. XXVII, Fig. 10.
Diese Platte ist fünfeckig, 6 mm breit, sehr dünn und mit
radial angeordneten grösseren und kleineren Rippen bedeckt. Eine
bestimmte Anordnung dieser Rinnen ist nicht erkennbar.
Von dem Armskelet eines Crinoiden-Kelches zeigt einige Reste :
Taf. XXVII. Fig. 4.
Ein Armfragment von 1 mm Dicke und 10 mm Länge be-
steht aus 16 Gliedern, welche abwechselnd durch gerade und
schräge Gelenkflächen gegliedert sind. Neben diesem Arrastück
sieht man 3 Pinnula - Fragmente aus cylindrischen bis 1,5 mm
langen Gliedern bestehend. Endlich sind auf derselben Platte
einige Stielglieder wohl erkennbar, von fünfeckigem Umriss, welche
wahrscheinlich dem oberen Stielende angehörten. Denn der grös-
sere Theil der Stiele war von rundem Querschnitt, wie die un-
zähligen, aus der Crinoiden-Bank ausgewitterten Stielglieder zeigen.
Es sind unter diesen 3 verschiedene Tj^pen zu erkennen.
Taf. XXVn, Fig. 1, 2, 3.
Runde Stielglieder, deren Gelenkfläche mit radialen Rippen
bedeckt sind, welche abwechselnd bis zum Centralkanal und bis
zum halben Radius reichen. Dadurch entsteht eine Andeutung
eines inneren vertieften Ringes.
Taf. XXVII, Fig. 5, 6, 7.
Die hier abgebildeten Formen besitzen dieselbe glatte Aussen-
seite, auf der Gelenkfläche aber treten 1 bis 2 deutliche Ring-
furchen auf.
Taf. XXVII, Fig. 11, 12, 13.
Die Aussenseite jedes Trochiten ist mit einem scharfen Kiel
443
verseben, der Centralkanal ist weit, die ringförmig-e Gelenkfläclie
mit wohl ausgeprägten Radialrippen versehen.
32. Archaeocidaris sp.
Tat". XXV, Fig. 6, 8. 12. 14.
In der Schicht D fanden sich wohl erhaltene und auch zer-
brochene Asseln, und in der Crinoiden-Bank sind Stachelfragmente
nicht selten.
Die beiden besten Asseln sind Fig. 6 u. 8 abgebildet. Fig. 6
ist von etwas unregelmässig sechsseitigem Umriss, 14 mm lang,
13 mm breit, 2 mm dick. Aus einem weiten Höfchen erhebt
sich die Stachelwarze, welche durchbohrt und von einem scharf
ausgeprägten Warzenring umgeben ist Längs des Asselrandes
zieht sich eine Reihe von fast 1 mm breiten Warzen, die sich
an einer Seite zu einer 3 mm breiten , mit Warzen bedeckten Zone
verbreitert. Der Asselrand ist am unteren Rande von innen her
zugeschrägt, und diese schräge Gelenkfläche ist mit Rippen ver-
sehen. Die ebenso abgeschrägte Gelenkfläche einer Schmalseite
ist weniger gut erhalten.
Die in Fig. 8 abgebildete Assel misst etwa 10 mm in's
Geviert. Zwei Ecken sind abgestumpft, so dass im Ganzen sechs
Ecken noch hier vorhanden sind. Zwei der (ielenkflächen sind
wie oben abgeschrägt und mit Rippen versehen. Die Oberfläche
ist wie dort gestaltet, nur ist die warzenbedeckte Fläche schmäler.
Schicht D.
Berlin.
Endlich befindet sich unter dem Material der Münchener
Sammlung ein kleines, aus mehreren Asseln bestehendes Echi-
niden - Fragment :
Taf. XXV, Fig. 14.
Es sind zwei 5 — 6 mm grosse Asseln vollständig, zwei wei-
tere in Fragmenten erhalten. In der Mitte jeder Assel erhebt
sich eine Warze, durchbohrt und umgeben von einem kleinen Hof.
Der Rand der Assel ist besetzt mit kleineren, ebenfalls durch-
bohrten Warzen. Ausserdem liegt neben den Asseln ein Stachel,
6 mm lang, scharf zugespitzt.
Taf. XXV, Fig. 12.
Stellt den Kopf eines Echiniden-Stachels dar. Es sind zwar
unter dem Material mehrei-e, bis 25 mm lange Stacheln vorhan-
den, doch sind dieselben so vom Sand abgeschliffen, dass nichts
Näheres an ihnen zu sehen ist. Das hier abgebildete Stück da-
gegen zeigt einen durch eine Ringkante ausgezeichneten Stachel-
kopf. Die Gelenkfläche ist vertieft.
30*
444
VII. Bryosioa.
Von den fossilreichen Bänken am Rande des Uadi el' Arabah
ist nächst der Crinoiden-Bank eine rostgelbe Bryozoenschicht am
bemerkenswerthesten. Dieselbe ist 2 — 3 cm dick und besteht
fast ausschliesslich aus den platt gedrückten Stockfragmenten von
Bryozoen, unter denen Fenestella weitaus am häufigsten ist. Die
zarten Skelette scheinen so vorzüglich erhalten, dass man mit
blossem Auge die wesentlichsten Charaktere leicht erkennt; frei-
lich stellt sich bei mikroskopischer Betrachtung heraus, dass die
Oberfläche der Colonien gelitten hat.
Die häufigste Form ist
33. Fenestella carinata M' Coy.
Tef. XXVIII, Fig. 1,2.
Der Kiel auf der Oberseite, welcher diese Species besonders
auszeichnet, ist wohl entwickelt, die Längsäste sind kräftig, die
Queräste von geringerer Breite. Sie umschliessen rundlich vier-
eckige Lücken. Auf beiden Seiten des Kieles steht je eine Reihe
von runden Zellen, welche oft alterniren und durch einen scharfen,
ringförmigen Rand bezeichnet sind. Die Unterseite (Fig. 2) ist
mit ki'äftigen Längswülsten bedeckt, deren äussere an den Quer-
ästen umbiegend, auf diese übergehen.
34. Fenestella cf. multipora M' Coy.
Taf. XX Vm, Fig. 3.
Diese wesentlich gröbere Form habe ich nur in einem Stück
gefunden, welches auf der Oberseite ganz abgerieben ist; eine
genaue Bestimmung muss daher unterbleiben. Das Gitterwerk der
Colonie besteht aus grossen Längsbalken, welche in Zwischen-
räumen von 2 mm durch etwas dünnere Queräste verbunden werden.
Berlin.
35. Polypora sp.
Taf. XXVIII, Fig. 4.
Wie die Abbildung erkennen lässt, sind breite Längsäste
und schmälere Queräste vorhanden, die von länglichen Lücken
durchbrochen werden und auf ihrer Oberfläche von unregelmässig
vertheilten Zellen bedeckt werden.
36. Goniocladia sp.
Taf. XXVIII, Fig. 4.
Die hier darstellte Form bildet ein unregelmässiges Netzwerk
meist gleich dicker Aeste, die an den Verbindungsstellen sich
445
mehr oder minder stark verbreitern, und auf denen vereinzelte
Zellen zu beobachten sind.
Die oft sehr unklaren Abbildungen, welche die Bryozoen-
Literatur aufweist, mag" es entschuldigen, dass ich die Bryozoen
nicht genauer bestimmt habe. Da meistens nur eine Seite der
Colonien erhalten ist, wird es selbst schwer, die Gattung mit
Sicherheit festzustellen.
Blicken wir zurück auf die soeben beschriebene Fauna, so
ergiebt sich, dass sie etwa 36 verschiedene Arten enthält, welche
sich folgendermaassen vertheilen:
I. Foraminifera:
1. Cornuspira sp.,
' 2. Trochammina incerta.
IL Anthozoa:
3. cf. Zaphrentis Guerangeri,
4. FistuUpora sp.
in. Brachiopoda:
5. Spirigera ambigua,
6. Diclasma hastatiim,
7. Bhyoclionella pleurodon,
8. Productus semireticulaius,
9. — cf. longispinus,
10. Streptorhynclius crenistria,
11. Spirifer convolutus,
12. — cf. lineafus,
13. — sfriatus,
14. — stnatus \3iY. multicostatus.
IV. Pelecypoda:
15. Myalina depressa,
16. Aviculopecten aegypticus n. sp..
17. Edmondia ohlonga,
18. — sp.,
19. Saguinulites variabüis,
20. Nuc'ulcma cf. leiorhynchus.
Y. Gastropoda:
21. Bellerophon tenuifascia,
22. — carinatus,
23. — • äff. d'Orhignn,
24. — Antonii n. sp..
25. Stach ella striata n. sp.,
446
26. Plaiyceras sp.,
27. Naticopsis desertorum n. sp.,
28. Pleurotomaria sp.,
29. Macrochilina aperta n. sp.,
30. — cf. conspicua.
VI. Echinodermata:
3 1 . Crinoidenglieder,
32. Archaeocidaris sp.
VII. Bryozoa:
33. Fenestella carinata,
34. — cf. multipora,
35. Polypora sp.,
36. Goniocladia sp.
Von diesen sind, soweit es das Material zu entscheiden
erlaubt. 5 Formen als neu zu bezeichnen, während alle übrigen
als echte Kohlenkalk-Arten bestimmt werden konnten. Es finden
sich darunter sogar mehrere Arten, welche ausgezeichnete Leit-
fossilien des Kohlenkalks sind, und einige unter ihnen, die mit
dem Kohlenkalk eine fast kosmopolitische Verbreitung besitzen.
Aus allem dem geht hervor, dass die betreffenden Mergel und
Kalkschichten des Uadi xlrabäh als subcarbon zu bezeichnen sind.
3. Das Alter des Nubischen Sandsteins.
Das Auftreten einer Schichtenreihe von carbonischem Alter
in nächster Nähe von Kreide bringt die Vermuthung nahe, dass
die grosse Kluft zwischen beiden Formationen eine nur scheinbare
sei, und dass entweder durch grössere Dislocationen beide For-
mationen einander so nahe gebracht worden seien, oder aber dass
eine Transgressionsgrenze zwischen ihnen vorhanden sei. welche
erklärt, warum Perm, Trias und Jura fehlen. Es musste dem-
gemäss meine wichtigste Aufgabe sein, nach diesen beiden Rich-
tungen die Lagerung der Schichten im Uadi el' Arabah zu unter-
suchen.
Ich habe daher das Profil der Carbonschichten sowohl nach
der nördlichen Galäla wie nach der südlichen Galäla weiter
verfolgt, um das Problem zu enthüllen. Hierbei ergab sich
Folgendes:
Unterhalb der fossilreichen Schichten finden sich etwa 50 m
Sandsteine und Mergel, oft von Gypsschnüren durchzogen, in
dünnere und dickere Schichten gegliedert. Dann tauchen die
Schichten unter den Kies der weiten Ebene. Nach Norden im
447
üadi el" Arabah, also im Hangenden der Carbonschichten fand icli
folgende Lagerung'):
4 m helle Sandsteine,
2 „ Mergel,
1 ,, feste Mergelbank.
33 „ Sandsteine,
5 „ braune Sandsteine.
3 „ rothe Sandsteine,
4 „ Sandsteine,
2 „ grüne Mergel,
2 „ weisse Sandsteine,
versteinertes Holz,
6 ,, Sandsteine,
0.10 „ rothe Crinoiden-Bank.
Senkung des Uadi, wahrscheinlich einem Bruche entsprechend.
9 m Mergel.
3 „ rothe Sandsteine,
10 „ grüne Mergel,
5 „ braune Sandsteine,
30 „ weisse Sandsteine,
3 „ Sandsteine,
5 „ grüne Mergel,
23 „ Sandsteine,
4 „ hellrothe Sandsteine,
6 „ Sandsteine mit braunen Punkten,
2 „ Sandsteine,
2 „ grauer, sandiger Mergel.
16 „ hellrother Sandstein, nach oben mit schwarzen
Punkten,
2 „ grüne Mergel,
4 „ brauner Sandstein,
1 „ grüner Mergel mit bröckeligen Kalkbänkchen,
5 „ braune Sandsteine,
2 „ graue Mergel.
3 „ rothe Sandsteine,
5 „ braune Sandsteine.
Beginn der Ebene am Fusse des nördlichen Galäla.
Von diesem Profil sind 140 m vollkommen concordant der
carbonischen Crinoiden-Bank aufgelagert; nirgends ist eine Dis-
^) Ich habe das ganze Profil abgeschritten und die einzelneu auf
einander folgenden Schichtenkopfabstände petrographisch verschie-
dener Schichten taxirt. Die Zahlen haben daher nur einen Nähe-
rungswerth.
448
cordanz der Schichten zu erkennen. Aber da dieses soeben an-
geführte Profil unter die Vorebene der nördlichen Galäla hinab-
taucht, so war damit die Aufgabe noch nicht gelöst und ich
niusstc versuchen, an der Steilwand der Galäla selbst eniporzu-
klettern bis zu den ersten Kreideschichten. Ich ritt daher, von
zwei Beduinen begleitet, bis zum Fuss der Galäla und stieg von
hier direct über die steilen Wände und Schichtenköpfe empor.
Nachdem ich über eine lange Reihe (gegen 100 m) von Sand-
steinbänken geklettert war, fand ich in concordanter Lagerung
darauf die wohlbekannten carbonischen Schichten, eharakterisirt
durch eine 50 cm dicke Crinoiden-Bank, dann folgten:
20 m Mergel und Sandsteine,
30 „ Sandsteine,
10 „ rothe Sandsteine mit versteinerten Holzstämmen
(Araucarioxylon),
15 „ weisse Sandsteine,
3 „ violette Mergel,
2 „ rothe Sandsteine mit schwarzen Punkten,
10 „ weisse Sandsteine mit Mergel-Zwischenschichten,
6 „ rothe Sandsteine,
15 „ bunte Sandsteine,
Mangankugeln aus dem Sandstein ausgewittert,
15 „ hell rothe Sandsteine,
15 „ rothe Sandsteine und Mergel,
35 „ weisse und rothe Sandsteine,
20 „ Sandsteine . nach oben in Mergel übergehend,
welche mit Schutt überrollt sind, in denen sich
mehrere Arten von Exogyra fanden (eine 10 cm
grosse glatte, eine 4 cm grosse glatte, stark
eingerollte und eine 4 cm grosse gerippte).
Das Profil liess sich dann in einem Wasserriss weiter ver-
folgen bis zur Quelle Abu el Mesäd, oberhalb welcher 100 m
hohe, senkrechte Kalkwände ein Weiterklettern unmöglich machten.
Grosse Blöcke voll Exogyra und voll Ammoniten lagen überall
in dem Rinnsal. Ein plötzlich hereinbrechender Chamsinsturm
mit 42'' C. im Schatten machte mich unfähig, meine Beobach-
tungen weiterzuführen und Fossilien zu sammeln. Allein aus den
bis dort gemachten Beobachtungen geht mit Sicherheit hervor,
dass im Hangenden der carbonischen Crinoiden-Bank etwa 200 m
Sandsteine mit Mergelschichten vollkommen concordant folgen,
dass in denselben wie in dem vorigen Profil 50 m über der Cri-
noiden-Bank versteinerte Hölzer auftreten, und dass weder hier,
noch dort bis zur darauf lagernden Kreide irgend eine Discor-
449
danz oder ein Brucli die regelmässige Folge der Schichten unter-
bricht.
Wir konuiien somit zu dem Schluss, dass die Saudsteine des
Uadi el' Arabah, die bisher als ^Nubischer Sandstein" betrachtet
und der Kreide zugerechnet wurden, in 3 historisch verschiedene
Glieder zerfallen:
1. 100 m Sandstein und Mergel, welche vorcarbonisch sind,
2. 20 m Mergel und Kalk, welche dem Kohlenkalk zuge-
rechnet werden müssen.
3. 200 m Sandstein, welche in dem Zeitraum zwischen Sub-
carbon und Kreide gebildet worden sind und die man als
Aequivalente von Perm. Trias oder Jura betrachten darf.
Das einzige Fossil dieser Schichtenreihe ist versteinertes
Holz, das nach den Bestimmungen von Prof. Schenk als Arau-
carioxylon bezeichnet werden muss.
Leider gestattet diese Bestimmung nach dem Ausspruch
Schenk's keinerlei ürtheil über das Alter der Ablagerungen, da
Hölzer von solcher Structur in paläozoischen ebenso wie in ter-
tiären Schichten gefunden werden. Es ist deshalb vorläufig un-
möglich, eine genauere Altersbestimmung der jüngeren Hälfte der
Sandsteine zu unternehmen, und sicher ist nur, dass ein Theil der
früher als cretaceisch betrachteten Sandsteine älter als Kohlenkalk,
ein zweiter Theil jünger als Carbon und älter als Kreide ist.
450
3. Geologische und petrographisclie Studien
am Monte Aviölo im italienischen Antheil
der Adamellogruppe.
Von Herrn Wilhelm Salomon in Leipzig.
Hierzu Tafel XXIX.
Seit der Mitte der 40 er Jahre unseres Jahrhunderts wurde
das im südlichen Theile der Ostalpen gelegene Adamello-Gebirge
von einer Reihe von Forschern besucht, beziehungsweise zum
Gegenstande längerer und mühsamerer Arbeiten gemacht. Es
ergaben sich dabei zahlreiche, bemerkenswerthe Resultate; in-
dessen reichen diese, wenigstens soweit sie publicirt sind^), nicht
aus, um ein in allen Zügen klares Bild von dem verwickelten
geologischen Bau jener Gegenden zu entwerfen. Zu der Ver-
vollständigung dieses Bildes beizutragen ist der Zweck der vor-
liegenden xlrbeit. — Im Folgenden möge zunächst kurz dar-
gestellt werden, was für dieselbe von den bisher gemachten
Beobachtungen wesentlich in Betracht kommt.
Der ungefähr 1200 Quadratkilometer grosse Adamellostock
besteht aus einem Kern von Tonalit und einem Gürtel von
sehr verschiedenartigen Schichtgesteinen. Es sind das im SO
und S permische und triassische Schichten vom „Grödener Sand-
stein" aufwärts bis zu den mittleren triassischen Kalken, im N
und 0 aber Gneisse. Glimmerschiefer und Phyllite von grössten-
tlieils unsicherem Alter. Im W herrschen ganz besondere, eigen-
thümliche Verhältnisse, die wir später bei der Besprechung der
Stäche' sehen Untersuchungen kennen lernen werden. An der
Südgrenze wurde über viele Kilometer hin eine contactmetamor-
') Aus einer freundlichen Privatmittheilmig des Herrn Ober-Berg-
rath Stäche in AA'^ien habe ich ersehen, dass derselbe beabsichtigt,
sobald es ihm seine Berufs-Oblicgenheiten gestatten werdeu, eine grös-
sere Arbeit über die Adamellogruppe herauszugeben, die zahlreiche,
bisher nicht von ihm veröffentlichte Beobachtungen lunfassen wird.
451
phische Umwandlung der Sedimentärgebilde beobachtet und von
verschiedenen xlutoren mehr oder weniger genau beschrieben. Sie
ist sehr ähnlich der viel früher bereits in Predazzo und am Mon-
zoni bekannt gewordenen Metamorphose gleichartiger Schichten.
Die Kalksteine wurden in Marmor verwandelt und je nach dem
Grade ihrer Verunreinigung durch Kieselsäure und andere Sub-
stanzen mit Granat. Yesuvian. WoUastonit und anderen bekannten
Contactmineralien imprägnirt. Der Grödener Sandstein wurde zu
braungrauem Quarzit verändert^).
So genaue Nachrichten nun aber über die Umwandlung dieser
Schichtcomplexe gegeben sind, so spärlich fliessen die Quellen in
Bezug auf die Wirkungen, die der Contact des Tonalites auf die ande-
ren Theilen des Eruptivstockes benachbarten Schichten ausgeübt hat.
Der erste, der darüber etwas angab, war Escher von der Linth. Er
sagt^): „Am Nordufer des Sees (sc. Lago d'Arno östlich von Cede-
golo im Val Camonica) herrscht ein schwärzliches Gestein, das wie
veränderter Thonschiefer aussieht. Eine Viertelstunde bevor ich
den See erreichte, sah ich in einem Seitentobel Glimmerschiefer
anstehend; zugleich fanden sich viele Blöcke von weissem Mar-
mor, deren Stammort in der Nähe liegen muss. Gegen den See
hin folgt ein bei 100 m breiter, auch am Ostufer des Seeaus-
laufes fortsetzender Streifen höclist eigenthümlicher Gesteine, die
zum Theil in hohem Grade an die Contacterscheinungen von
Monzoni oder an die Silicatbildungen der Sommablöcke im Tuff
von Neapel erinnern. " Benecke ^) bestätigte diese Beobachtungen
und bezeichnete die fraglichen Gebilde als „harte, kieselige,
graue, grünliche Gesteine von sehr eigenthümlichem Aussehen,
etwa wie umgewandelter Thonschiefer'-. Darauf fand Lepsius*)
im Glimmerschiefer des Val San Valentino, nahe dem Tonalit.
Andalusit und Staurolithkrystalle auf und traf am Nordwest-Ende
des Lago d'Arno „Frucht- und Knotenschiefer'- an. Die betref-
fende bemerkenswerthe Stelle heisst: „Um den Südwest-Fuss des
Re di Castello (südwestlicher Theil des Adamellomassivs) sind die
Grauwacken. Thonschiefer und Conglomerate des Rothliegenden
herumgeworfen; dieselben stossen ebenso scharf, wie die Muschel-
kalke, an den senkrecht abstürzenden Seiten des Tonalitstockes
ab. Das ganze übrige Massiv des Tonalit ist umgeben von Gneiss
und Glimmerschiefer. Eine Contactwirkung auf diese Umwallung
1) SuESS. Antlitz der Erde, Bd. I, p. 316.
2) Studer's Geologie der Schweiz, Bd. I, p. 292 — 295.
*) Heber Trias und Jura in den Südalpen. Gcogn.-paläont. Bei-
träge, Bd. I, Heft 1. München 1866, p. 61 u. 62.
*) Das westliche Süd -Tirol, p. 151.
452
hat sicherlich .stattgefunden; die Andalusite und Staurolithe im
Glinunerschiefer der Yal Valentine nahe dem Tonalit weisen viel-
leicht darauf hin; sicherlich aber jene Frucht- und Knotenschiefer,
welche ich am Nordwest - Ende des Lago d'Arno anstehen sah."
Später fand Stäche^) auf der Westseite des Adam ello- Gebirges
an der Grenze des Tonalits eine „Randzone, bestehend aus eigen-
thümlichen, fein gebänderten Schiefern. Lagen von krystallini-
schen, Granat führenden Kalksteinen und lagerförmigen Massen
von dioritischen Gesteinen." Er beobachtete sie an vielen Punkten
zwischen „Val d'Avoli"^) im N und Yal Caffaro im äussersten
SO und stellte fest, dass ihre äussere Umhüllung von „Gneiss,
Gneissphyllit und Glimmerschiefer" gebildet wird. Ueber die
Natur und tektonische Position der „Randzone" spricht er sich
in seiner letzten diesbezüglichen Publication ^) aus. Es heisst
dort: „Die schmale, durch einen Wechsel von krystallinischen
Kalkschichten mit deckenartigen, dioritischen Lagermassen ausge-
zeichnete Gesteinszone, welche auf der Westflanke des Adamello-
Gebirges in langen Strecken zwischen dem Tonalit - Gebirge und
dem angrenzenden Gneiss- und Quarz-Phyllit-Gebirge eingeschaltet
liegt", repräsentirt „zum grössten Theil wahrscheinlich Aequiva-
lente der unteren Servinoschichten von Paspardo"^). Weiterhin
fährt er fort: „Es haben also übergreifend über die älteren
permischen Quarzite von Paspardo, welche direct auf Quarzphyllit
liegen, über Gneiss- und Quarzphyllite und die oberen Granit-
und Dioritdecken (sc. der Hauptmasse des Tonalits) hinweg auf
dieser Seite schon in der Schlussperiode der permischen Bildun-
gen Ablagerungen von Kalk, quarzitischen Schiefern und Tuifen
unter dem anormalen Verhältniss eines wiederholten Wechsels mit
dioritischen Decken stattgefunden. Diese repräsentiren somit eine
eigenthümliche , unter besonderen, nicht normalen Verhältnissen
gebildete Facies." Er schlägt für diese den Namen „epikrystal-
linische oder eventuell subvulcanische Facies" vor und spricht
sich dafür aus. dass die ihr angehörigen Schichten grösstentheils
ursprünglich in ihrer jetzigen Beschaffenheit abgelagert und nur
„regional oder local" nach erfolgtem Absatz metamorphosirt
^) Verhandl. der k. k. geol. Reichsanstalt zu Wien, 1879, p. 300
bis 310.
') Val d'Avoli ist mir nicht bekannt. Sollte vielleicht ein Druck-
fehler vorliegen? — Val d'Aviolo ist der bei den Einwohnern gebräuch-
liche Name für Val Paghera der Karten.
3) Verhandl. der k. k. geol. Reichsanstalt, 1880, p. 252—255. —
Wegen der grossen Wichtigkeit dieser Angaben möge es gestattet
sein, die eigenen Worte des Verfassers^ausführlich wiederzugeben.
*) In der Nähe von Breno, unteres Val Camonica.
453
wurden. Da er nun ferner Thatsachen auffand, die für die
Existenz von Bruchspalten in der „alten Kernmasse und ihrer
Umrandung" sprechen, so nahm er an. dass grosse Theile der
„epikrystallinischen Randfacies" in diesen Bruchspalten absanken
oder eingequetscht wurden. Zum Schluss fasst er seine Beob-
achtungen wie folgt zusammen: „Ich sehe in der schmalen, im
Westen des Adamellostockes zwischen dem Tonalit und dem
Phyllitgebirge eingezwängten, durch krystallinische Kalklager aus-
gezeichneten Zone die in tektonisch sehr merkwürdiger Weise
postirten Reste jener jüngeren epikrystallinischen Randbildungen,
welche einst beiläufig entlang der älteren Grenzlinie zwischen
Tonalit und Phyllitgebirge übergreifend auf Phyllit und Tonalit
lagen. Nur die zwischen Tonalit und Phyllit den jungen Bruch-
linien entlang eingezwängten Theile dieser Randzone blieben von
der späteren völligen Zerstörung durch die Erosionsarbeit der
glacialen und postglacialen Zeit verschont." Soweit gehen Stache's
interessante Mittheilungen über die relativ jüngeren Randbildun-
gen entlang der westlichen Grenze des Tonalitstockes. Ueber
dort vorhandene Beziehungen zwischen dem Tonalit und dem
alten „Phyllit- und Gneissphyllit-Gebirge" selbst giebt er dagegen
nur wenig an. Er erwähnt, dass eine „Gneissphyllitzunge" zwi-
schen Cinia Casinella und Passo della Forcellina auf der Rand-
zone des Tonalits und daher indirect auf diesem selbst lagert
(1. c, 1879). Ueber den Tonalit spricht er sich in seiner letzten
bereits citirten Publication des Jahres 1880 wie folgt aus:
„Welches Bildungsalter und welche Bildungsweise dem Tonalit
der nördlichen Presanellamasse mit ihrer rindenartigen Gneiss-
decke und dem Granit des centralen Adamello zugeschrieben wer-
den muss, darüber will ich mich hier noch nicht äussern."
Ueberblickt man all die angeführten Beobachtungen, welche
im Contact mit dem Tonalit aufgefundene Schichten betreffen,
so beziehen sie sich auf vier ganz verschiedenartige Schichtgrup-
peu. Es sind das: 1. die breite, mit Contactmineralien im-
prägnirte Zone von Trias- und Permschichten des Südens; 2. die
von Stäche untersuchte eigenthümliche Randzone, die den grössten
Theil der Westflanke des Tonalits begleitet; 3. die von Lepsius
erwähnten „Grauwacken. Thonschiefer und Conglomerate des Roth-
liegenden" am Südwestfusse des Re di Castello und 4. das alte
Gueiss-, Glimmerschiefer- und Phyllit-Gebirge, im Westen durch
die Stäche' sehe Randzone vom Tonalit getrennt, aber ursprüng-
lich unter dieser an den Tonalit stossend. im Norden und Osten
für sich allein die Begrenzung des Eruptivstockes bildend. Ueber
die beiden erstgenannten Schichtcomplexe liegen ausführliche Be-
richte vor. Auf die dritte Gruppe beziehen sich die Beobach-
454
tungen von Lepsius über „P'ruclit- und Knotenschiefer" am Lage
d'Arno, sowie wenigstens ein Theil der Beobachtungen von Escheh
und Benecke, lieber eine Contactmetamorphose der letztgenann-
ten Gruppe ist ausser jener allein stehenden Wahrnehmung von
Lepsius im Val San Yalentino noch gar nichts bekannt geworden.
Es gelang mir nun auf einer im Jahre IbSS in diese Gegenden
unternonuuenen Reise an dem Monte Aviolo, dem nordwestlichsten
Tonalitpfeiler der Adamellogruppe, einige Thatsachen aufzufinden,
die für eine contactmetamorphische Umwandlung des dort an den
Tonalit angrenzenden Gneiss-Phyllit-Gebirges sprachen. Ich wurde
indessen damals durch Erkrankung verhindert, jene Beobachtungen
fortzusetzen. Da mir nun später auch Herr Ober-Bergrath Stäche
auf eine Anfrage in liebenswürdigster Weise mittheilte, dass er
glaube, eine petrographische Specialuntersuchung jenes kleinen
Abschnittes der Tonalitgrenzzone könne zu interessanten Resul-
taten führen, so verwendete ich einen grossen Theil des Sommers
1889 auf eine genaue Untersuchung des Aufbaues jener Zone.
Im Folgenden sind die Resultate der Aufnahmearbeiten,
sowie der im Winter und Frühling 1889 — 90 daran angeknüpften
petrogi'aphischen Untersuchungen enthalten. Es dürfte dabei am
zweckmässigsten sein, zunächst eine topographische Schilderung
des Gebietes zu entwerfen, darauf die Darstellung der geologi-
schen Beziehungen zu bringen und zum Schluss erst die petro-
graphische Einzelschilderung folgen zu lassen.
Topographische Schilderung ^).
Am Passo Tonale berühren sich die südlichsten, rundlich
geformten Ausläufer des Ortlerstockes (im orographischen Sinne)
mit den nördlichsten, gleich wild und schroff ansteigenden Tonalit-
felsen der Adamellogruppe. Die Passhöhe selbst ist eine flache,
sumpfige, fast eine halbe Stunde lange Hochebene, über die quer
hinweg die italienisch-österreichiche Staatsgi-enze verläuft. Steigt
man nach Westen hinunter, so erreicht man bald den Lauf des
Oglio. der nun für eine weite Erstreckung hin die orographische
Grenzlinie des Adamello - Gebirges bildet. Das Thal, in dem er
fliesst. trägt den Namen „Val Camonica". Es verdankt seine
eieenthümliche Schönheit, die durch den Contrast zwischen wilder
^) Man vergleiche die nebenstehende Kartenskizze event. Blatt
Adamello - Tione der Österreich. Generalstabskarte in 1 : 75 000. Ge-
nauere Details enthalten die Blätter Edolo und Monte Tonale der
italienischen Generalstabskarte in 1 : 50000. Bezüglich der Literatur-
angaben vergl. man das am Schluss der Arbeit abgedruckte Yer-
zeichniss.
455
Corno BailOTie.,
ProftJIuLLe. TonahJj^rau.e
Hochgebirgsiiatur auf den Höhen ringsum und üppigem, südlichem
Pflanzenwuchs im Grunde neben dem Flusse charakterisirt ist,
nicht zum kleinsten Theil der Eigenart des geologischen Baues,
wie wir später sehen werden. Es zieht von Ponte di Legno,
dem ersten Orte unter dem Tonale in ungefähr westlicher Rich-
tung bis nach Vezza. biegt dann allmählich immer mehr nach
Süden um, bis es sich bei Edolo. dem Hauptort dieser Gegenden,
sogar südöstlich richtet, indessen nur für eine kurze Strecke;
denn bei dem nur eine halbe Stunde von Edolo entfernten So-
nico nimmt es wieder SSW-Richtung an und behält sie bis Breno,
dem Hauptort des unteren Thaies. Folgt man auf dieser langen
Strecke dem Laufe des Flusses, so fällt ein eigenthümlicher Zug
der Landschaft zur Linken auf. Im Allgemeinen nämlich ver-
decken niedrige bewaldete Vorberge die Aussicht auf die der
456
Karte nacli gar nicht weit entfernten hohen Erhebungen des
eigentlichen Adamello- Massivs. In kurzen Zwischenräumen aber,
gewöhnlich von einer halben oder ganzen Stunde, öffnet sich
ganz plötzlich senkrecht auf die Richtung des Hauptthaies ein
Querthal und bietet nun ein durch sein unerwartetes Erscheinen
um so stärker fesselndes und anziehendes Bild erhabener Hoch-
gebirgsnatur dar. Die höchsten Spitzen der mit Schnee und Firn
bedeckten, in den Hintergrund der Thäler Gletscher entsendenden
Berge erreichen 3600 m. Das Hauptthal senkt sich zwischen
Ponte di Legno und Edolo bis auf 700 m hinunter. Die Höhen-
differenz zwischen der Thalsohle und den z. Th. nur wenige Kilo-
meter in der Luftlinie entfernten Bergesgipfeln beträgt also, we-
nigstens auf dieser Strecke, fast immer über 2000 m. — Mit
dem raschen Abfall des Gebirges zum Oglio hin steht eine an-
dere Erscheinung in Verbindung. Die Bäche der erwähnten Seiten-
thäler besitzen nämlich in Folge ihres kurzen Laufes, der grossen
Niveaudifferenz zwischen Quelle und Mündung und ihrer relativ
bedeutenden Wassermengen gewaltige bei Gewittern oder nach
anhaltendem Regen oft entsetzliche Verheerungen hervorbringende
Kraft. Sie bilden Wasserfälle von ansehnlicher Höhe und haben,
was an dieser Stelle am meisten in Betracht kommt, regelmässig
den Contact zwischen dem Tonalit und den Schichtgebilden dem
Auge des Beobachters entblösst. Denn die Linie des Contactes,
die auf dem Passo Tonale mit der orographischen Grenzlinie zu-
sammenfällt, bildet weiter westlich einen spitzen Winkel mit der
Richtung des Hauptthaies und entfernt sich daher immer weiter
von ihm. Während auf dem Passo Tonale zur Linken unmittelbar
Tonalit ansteht, steigt man im Aviothal bereits eine Stunde auf-
wärts, bis man ihn erreicht, und muss in dem Val Moja zu dem-
selben Zweck 1500 m Höhendifferenz und 4 km Horizontal -Ent-
fernung überwinden. Wo der Contact verläuft, das kann man
schon aus grossen Entfernungen gewöhnlich mit Sicherheit be-
stimmen. Denn der Tonalit ist härter als die ihn umgebenden
Schiefer und widersteht auch der Verwitterung besser als diese.
Dazu kommt, dass wo die Verwitterung und der Spaltenfrost in
ihn eindringen, sie in Folge seiner eigenthümlich verlaufenden
Kluftsysteme andere Formen erzeugen als bei den Schichtgesteinen.
Endlich hebt er sich von diesen auch durch seine lichtere Farbe
deutlich ab.
Schon diese Erscheinungen mit den durch sie erklärten Gon-
trasten der Oberflächenformen geben der Landschaft eine gewisse
Abwechselung. Dasselbe, wenn auch mit ganz anderen Mitteln,
erreichte ein anderes Phänomen, nämlich die Thätigkeit der in
der Diluvialzeit Haupt- und Seitenthäler erfüllenden Gletscher. —
457
Da über die scliöii und typisch ausgebildeten Glacialerscbeinun-
gen des oberen ^'al Cainonica bis jetzt so gut wie gar nichts
bekannt geworden ist , so will ich hier beiläufig einige be-
merkenswerthe Thatsachen aus dem Aviologebiet ') hervorheben.
In der Umgebung von Edolo erscheinen fast sämmtliche Hügel
und Auslaufer der höheren Berge als tyi^ische „roches mouton-
nees". Als Beispiele seien angeführt: 1. Die „colline di Nembra",
eine Viertelstunde von Edolo im Cortenothal. 2. Alle Hügel auf
der Südseite desselben Thaies vom „Ponte militare" bis Santi-
colo, was für die schon von Amigiietti erwähnte Comnmnication
zwischen Oglio- und Valtellina-Gletscher spricht, o. Der Hügel,
auf dem der kleine dem Herrn Folonari in Edolo gehörige Aus-
sichtsthurm neben der Kaserne steht, -i. Fast sänmitlichc Berg-
ausläufer, östlich neben der Chaussee zwischen Edolo und Sonico.
5. Ein grosser Theil der Ausläufer nördlich von dem unteren
Val Moja; besonders schön der Felsvorsprung nahe der Baita
Felici. — Nicht weit von der Baita Vestaz. südlich von dem
Val Moja sah icli an einem durch Abrutschung der Humusdecke
erst kürzlich entblössten Schliff auf Phyllit auch noch die be-
kannten Schrammen, die unter einander ziemlich parallel, schwach
im Sinne des Thaies geneigt waren. Nicht selten findet man an
Stellen der Oberfläche solcher Rundhöcker, wo Bäche ganz sicher
niemals fliessen konnten, massig grosse, rundliche oder länglich
ausgezogene Vertiefungen, die gewöhnlich mit Regenwasser erfüllt
sind. Ich halte dies, wenigstens z. Th., für Reste von Gletscher-
töpfen, obwohl ich ganz sichere Beweise dafür nicht beibringen
konnte. Ein weiteres Kennzeichen der ehemaligen Vereisung sind
die Reste der alten Gruiidmoräne des Ogliogletschers, die sich
an verschiedenen Stellen, besonders schön aufgeschlossen aber
bei den Boscavegno genannten Sennhütten südlich von dem Val
Moja, 300 m über dem Oglio finden. Sie bedecken dort einen
grossen Theil der Bergflanke, sind durch kleine, im Sommer ge-
wöhnlich trockene Wasserläufe gut aufgeschlossen und lassen alle
charakteristischen Merkmale von Grundmoränen erkennen. Ihr
Material ist feinster, lehmiger Sand, ganz erfüllt mit Geschieben
von allen möglichen Grössen bis hinauf zu über ein Meter im
Durchmesser haltenden Blöcken. Es sind hauptsächlich Tonalit-
') Ich muss mir versagen, an dieser Stelle über die Glacialerschei-
nungen des Val d'Avio zu berichten, möchte aber auf die 4 perl-
schnurartig an einander gereihten, von Rundhöckern abgeschlossenen,
theilweise jetzt bereits ausgefüllten Seeen dieses Thaies aufmerksam
machen. Dieselben liegen auf 4 in schroffen Felswänden abbrechenden
Terrassen, über deren Rand das Wasser des Baches in gewaltigen
Wasserfällen niederstürzt.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 3. 31
458
stücke und sehr verschiedenartige Schiefervarietäten. Bemerkens-
werther Weise finden sich auch, wenngleich nur selten, kleinere
Stücke eines weissen, gebänderten Marmors, petrographisch voll-
kommen mit dem Gestein aus den Steinbrüchen von Vezza nörd-
lich des Oglio übereinstimmend. Anstehend wurde Marmor auf
dieser Seite des M. Aviolo niemals gefunden. Gerade diese
Stücke nun waren in Folge ihrer geringeren Härte viel häufiger
als die aus Schiefer bestehenden in der für Grundmoränen - Ge-
schiebe charakteristischen Weise auf den sonst abgeschliffenen
Flächen geschrammt und zerkratzt. Auch die Abrundungsart,
welche man treffend als „Kantenrundung" bezeichnet hat und bei
Flussgeröllen nicht in dieser Weise trifft, zeigt sich hier überaus
häufig an den Geschieben. Daneben finden sich dann auch Stücke,
besonders grössere Blöcke, die kaum irgend welche Spur von
Politur und Bearbeitung aufweisen. Landschaftlich tritt die Bosca-
vegno-Moräne dadurch sehr deutlich hervor, dass an einer Stelle,
wo mehrere kleine Wasserläufe sie dicht neben einander an-
schneiden, inu- noch sehr merkwürdig geformte Reste von ihr
erhalten blieben. Es sind 4 — 5 m hohe, scharfe Kämme, die zu
beiden Seiten in Folge der wohl den meisten Grundmoränen ge-
meinsamen Zähigkeit ihrer Substanz mit sehr grossem Neigungs-
winkel abfallen. Oben sind sie oft nur wenige Centimeter breit.
Mitunter ragen grössere Blöcke in den oberen Theilen nach bei-
den Seiten frei heraus. Jeder Regenguss erniedrigt die Kämme,
und es ist dann nicht ungefährlich, die schmalen Rinnen zwischen
ihnen zu passiren. Demi wenn der Regen das sandig - lehmige
Cäment erweicht, welches die stützende Unterlage der schweren
Blöcke bildet, so stürzen diese oft ganz plötzlich und unerwartet
nieder. Wahrscheinlich werden sich aus diesen eigenthümlichen
Producten der Erosion im Laufe der Zeit bei stärkerem Ein-
schneiden der jetzt noch unbedeutenden seitlichen Furchen „Erd-
pyramiden" herausbilden. — • Hier also markirt sich die Moräne
in sehr auffallender Weise an der Oberfläche. An vielen an-
deren Orten aber erkennt man ihr Dasein nur an einzelnen grös-
seren, aus dem Boden hervorragenden Blöcken, die an der Stelle,
wo man sie findet, nicht anstehend vorkommen und dorthin auch
nicht durch fliessendes Wasser, durch Sturz oder durch Lawinen-
transport getragen sein können, sowie an der grösseren Frucht-
barkeit des Terrains. Die letztere ist sehr auffällig. Die pracht-
vollen Wälder von Edelkastanien finden sich gern auf solchem
Boden. Daneben bedecken sie allerdings auch die flachen Schutt-
kegel vor den Ausmündungen mancher kleinen Seitenthäler. Eben
diese Kastanien sind es aber, die im Verein mit Maulbeer- und
459
Nussbäumeii, sowie den in Edolo zuerst auftretenden, nach Süden
immer häutiger werdenden Weinpflanzungon und Feigenbäumen
der Vegetation der untersten Tlialgeliänge den südliclien Charakter
verleilien. der einen so reizvollen Gegensatz zu der echt alpinen
Natur der höheren Erhebungen bildet. Beiläufig sei hier bemerkt,
dass Latschen. Lärchen und andere Pinus-Arten in der Foppa bei
Edolo bis zu ungefähr 2300 m, in der Nähe der Wallfahrtskirche
von San Vito oberhalb Incudine bis etwa 2200 m Meereshöhe
hinaufgehen, und dass hier die Baumgrenze ziemlich scliarf mit
der Grenze zwischen Schiefer und Tonalit zusammenfällt. — All'
die geschilderten Eigenthümlichkeiten der Landschaft übersieht
man mit einem Blick von dem Thalkessel von Edolo aus, wenn
man das Auge auf deu M. Aviolo richtet. Man unterscheidet
an diesem eine untere Zone, in der rundliche, wenig individua-
lisirte Formen vorherrschen, darauf eine breite mittlere Zone, die
ebenso wie jene aus Schiefer besteht, aber wenigstens in ihren
höchsten Theilen gar nicht oder nicht stark von der mechanischen
Thätigkeit der Gletscher beeinflusst wurde. Sie weist im Gegen-
satz zu der unteren Zone der „roches moutonnees" wohl charak-
terisirte Kämme und Vorsprünge auf. Ganz oben folgt der die
höchsten Theile des Berges zusammensetzende Tonalit, der sich
durch seine zackigen, zerrissenen Formen, sowie durch seine hel-
lei-e Farbe deutlich von der zweiten Zone abhebt.
Die bisher angeführten allgemeinen Erscheinungen sind wichtig,
wenn wir uns von der geologisch zu untersuchenden Gegend auch
landschaftlich ein Bild machen wollen. Gehen wir jetzt zu
einer specielleren topographischen Darstellung des Aviologebietes
über. Es sei hier gleich im voraus bemerkt, dass von den ver-
schiedenen Thälern. die den Monte Aviolo durchfurchen, das Val
Moja bei Edolo wohl die meisten und interessantesten Auf-
schlüsse bietet. Es wurde daher mit besonderer Sorgfalt unter-
sucht, und die geologische Darstellung des weiter unten folgen-
den Abschnittes wird hauptsächlich aus einer Schilderung des
in ihm gegebenen geologischen Profils bestehen. Bei der topo-
graphischen Schilderung wollen wir daher dem Bache des Val
Moja von seiner Mündung in den Oglio aufwärts folgen bis
zum Gipfel des Monte Aviolo und daim über die von dort leicht
zu übersehenden anderen Theile des Berges einen Ueberblick zu
gewinnen suchen. — •
Von Edolo ^) kommend überschreiten wir die Ogliobrücke,
^) Die Wegangabeu sind hier absichtlich sehr ausführlich gehalten,
um späteren Besuchern derselben Gegenden das Auffinden der inter-
essantesten Punkte zu erleichtern bezw. überhaupt zu ermöglichen,
31*
460
welche die beiden nur durch den Fluss von einander getrennten
Gemeinden Edolo und Mü verbindet, steigen ziemlich steil zu
der beiden Ortschaften gemeinsamen grossen Kirche an und fol-
gen darauf einem gepflasterten Karrenwege in nordostliclier Rich-
tung. Wenige 100 Schritte hinter dem Campanile erreichen wir
den Bach des Val Moja. Er ist hier sehr unansehnlich und
unbedeutend, da die Anwohner weiter oben den grössten Theil
seines Wassers in zahlreichen kleinen Kanälen in ihre Felder
und Matten ableiten. Auf dem rechten Ufer stellen schroffe
Klippen von aufgerichtetem Phyllit an, die ersten Aufschlüsse,
denen wir begegnen. Wir benutzen nun einen der vielen kleinen
Fusspfade, die an dem Bach entlang aufwärts führen. Der un-
terste Theil des Thaies, den wir zunächst durchwandern, bildet
eine ziemlich breite, aber nicht sehr tief eingeschnittene Furche
zwischen den in der Glacialzeit geglätteten Ausläufern der un-
tersten Zone des Berges. Bis zu 900 m Meereshöhe, d. h. 200 m
über der Sohle des Hauptthaies, bleibt der Charakter der Land-
schaft derselbe. Dann aber fällt es uns auf, dass die Kastanien
allmählich verschwinden, dass das Thal sich verengt und seine
AVände höher und schroffer werden.
Unterhalb der Baita Daone verlässt endlich auch der
Weg den Grund , und es folgt imn ein weit weniger zu-
gänglicher Abschnitt , den ich bis zu einer Höhe von un-
gefähr 1200 m rechne. Die Neigung ist hierin eine viel grös-
sere; dreimal bildet der Bach hohe Wasserfälle, die über die
Schichtflächen steil aufgerichteter Quarzphyllite herunterstürzen.
Einen Weg findet man nur auf einer ganz kurzen Strecke. Da
nun ausserdem noch dichtes Buschwerk das Vorwärtskommen
erschwert, so ist es sehr mühsam, stellenweise sogar schwierig,
dem Lauf des Baches zu folgen. Hat man indessen diesen schwer
zugänglichen Abschnitt überwunden, so erreicht man in etwa
1200 m Höhe eine k-esselartige Thalweiterung, die von einem
Wege gekreuzt wird. Von hier aus führt wieder ein schlechter
Fusspfad auf dem rechten Ufer entlang. Folgen wir ihm, so
verengt sich das Thal von neuem, und es^ fällt uns auf, dass die
schiefrigen Gesteine der Felswände nicht mehr das Aussehen
normaler Quarzphyllite haben. Bald darauf erblicken wir einen
schmalen Porphyrgang und erreichen, wenige hundert Schritte
weiter, das untere Ende eines kleinen Eruptivstockes von Quarz-
diorit, der hier die Schiefer durchbrochen und verändert hat. Zu
demselben Punkt führt auch ein breiter Weg südlich von dem
Val Moja, von den Boscavegnohütten aus. Etwa 60 Schritte
oberhalb der Einmündung desselben, aber auf dem anderen Ufer,
geht ein schwierig zu findender, ganz schmaler Pfad in dem
461
Eruptivstock in die Höhe und stösst nach liurzcr Zeit auf einen
anderen, dort zicmlicli horizontal verlaufenden Weg, der weiter
im Thale entlang führt. Bald ist der Diorit. dessen horizontale
Ausdehnung nur etwa 200 m beträgt, durchschritten, und es
folgen von neuem schiefrige Gesteine. Noch eine Strecke weit
fehlt es nicht an Aufschlüssen; dann aber wird die Thalwand,
auf der wir uns betinden, flacher; Buschwerk und Wiesen treten
auf, und man sieht nur noch wenig anstehendes Gestein. In
1450 m Höhe quert ein guter Weg das Thal; er führt nördlich
nach Pozzolo. südlich nach Preda, den beiden höchsten Senn-
hütten auf dieser Seite des Monte Aviolo.
Dann aber beginnt ein neuer sehr steiler, auch geologisch von
dem vorigen unterschiedener Abschnitt des Val Moja. Leider ist es
hier zunächst unmöglich, neben dem Bach in die Höhe zu steigen, um
die durch ihn angeschnittenen Felsen zu untersuchen. Denn die
schmale, glatte Rinne, in der das Wasser steil herunterstürzt, ist
nicht gangbar. Man ist daher genöthigt einen Umweg zu machen und
erreicht die Aufschlüsse erst sehr viel höher. Da triti't man
dann aber Gesteine, welche sich von den bisher beobachteten
phyllitisch-quarzitischen wesentlich unterscheiden und nun bis zum
Contact mit dem Tonalit anhalten. Wir werden uns später ausführ-
lich mit ihnen beschäftigen müssen. Hier sei nur erwähnt, dass
man in ihnen an einem zweiten, in gi'össerer Höhe von Pozzolo
nach Preda führenden Wege einen Porphyritgang aufgeschlossen
sieht, aller Wahrscheinlichkeit nach das von Stäche aufgefundene
und von v. Foullon (1. c. 1886) genau beschriebene Vorkommen,
jedenfalls aber petrographisch damit völlig identisch. In dieser
Höhe beginnt dei' Bach sich mehrfach nach oben in einzelne
kleinere Zuflüsse zu gabeln. Gleichzeitig werden die Furchen der
Wasserläufe entsprechend kleiner, und bald ist auch die Einsen-
kung des Hauptbaches mir noch eine so geringe, dass man nicht
mehr gut von einem eigentlichen Thal sprechen kann. Man
erhält vielmehr, namentlich aus der Entfernung, den Eindruck
einer ziemlich ebenen, stark geneigten Bergwand, die auf beiden
Seiten von höheren Ausläufern der sich darüber erhebenden Gipfel
und Kämme begrenzt wird, in der Mitte aber von unbedeutenden
kleinen Wasserläufen durchfurcht ist. Sie reicht bis zu einer
Höhe von 1820 m hinauf. Dicht unter ihrem oberen Rand bricht
das Wasser des Hauptbaches als Quelle ans dem Erdreich her-
vor; steigt man aber bis zu dem Rande selbst hinauf, dann
erblickt man plötzlich ein eigenthümliches. offenbar die Fortsetzung
des Val Moja bildendes Hochthal. Es wird von den Bewohnern
des Hauptthaies „La Foppa" genannt und für ein streng von dem
462
Val Moja getrenntes Gebilde gehalten. Den Ursprung des letz-
teren sehen sie dort, wo der Bach sich tiefer in die Bergwand
einzuschneiden beginnt.
Die Foppa ist eines jener merkwürdig gebauten, im Hin-
tergrunde kesselartig gestalteten Hochthäler , wie sie in der
Adamellogruppe so weit verbreitet sind, Sie hat ebenso wie
das Yal Moja, bei dem nur der unterste ONO verlaufende
Abschnitt eine Ausnahme macht, eine ziemlich scharf östliche
Richtung, ist fast eine Stunde lang und etwa eine Viertelstunde
breit. Nördlich und südlich wird sie von zwei langgezogenen,
die Thalsohle 3 — 400 m überragenden Kämmen begrenzt. Im
Hintergründe ist sie durch eine mächtige Tonalitwand, die den
Fuss des eigentlichen Aviologipfel - Massivs bildet, senkrecht auf
ihre Längserstreckung abgeschlossen.
Ungefähr in der Mitte befindet sich eine steilere Thalstufe , au
der man auch anstehendes Gestein sieht; sonst aber ist sie wenig ge-
neigt und vollständig mit Bergtrünnnern bedeckt. Diese letzteren
sind Stücke von allen mtiglichen Grössen, mitunter die Seimhütten der
Bergbewohner an Rauminhalt übertreffend, wild umhergewürfelt und
auf einander liegend. Ihren Ursprung erkennt man leicht, -wenn
man die langen, mächtigen Schutthalden betrachtet, die von den
Felsrippen und Wänden der Kämme zu dem Trümmermeer des
Grundes, abwärts sich immer mehr verbreiternd, herunterziehen.
Eine Folge dieser Schuttanhäufung auf dem felsigen Boden des
Thaies ist es, dass die Bäche, welche in den höchsten Theilen
des Aviolo entspringen, schon ganz im Hintergrunde unter den
Trümmern verschwinden. An manchen Stellen hört man freilich
das Wasser in der Tiefe rauschen. Doch ist es nicht zugänglich
und erreicht das Tageslicht erst wieder an dem oben beschrie-
benen Ort als „Quelle" des Mojabaches. ■ — Es sei noch erwähnt,
dass die äussersten Ausläufer der beiden Foppakämme von Edolo
aus gesehen wie zwei selbstständige Bergspitzen erscheinen. Der
südliche höhere, mit einem trigonometrischen Signal versehene
trägt den Namen „Colmo", in dem brescianischen Dialekt der
Thalbewohner „Collem-'. Der nördliche, niedrige hat keine Be-
zeichnung. Da es mir aber im Folgenden wichtig ist, mich einer
solchen bedienen zu können, so werde ich den Namen „Monte
Piccolo " anwenden.
Dringt man auf dem schmalen Pfade, der von Hirten durch
die Felstrümmer hindurch gebahnt ist, in des Innere der Foppa
ein , so erreicht man nach ^/i Stunden drei kleine, flache Wiesen,
die einzigen nicht von Trümmern bedeckten Stellen des Thalgrun-
des. Bei ihnen hört der Weg auf. Richtet man hier den Blick
463
nach Norden, so erkennt man sofort, dass man auf der Höhe
des Kammes den Contact zwischen Tonalit und Schiefer vor
sich hat. Alle die bereits beschriebenen landschaftlichen Merk-
male des Gesteinswechsels zeigen sich auf's Deutlichste (vergl.
Tafel XXIX). Schon der Farbenunterschied ist sehr erheblich.
Dann aber gehen die Klippen des Tonalits viel tiefer in das Thal
herunter, während sich der Kamm ganz plötzlich um ein bedeu-
tendes Stück erhebt. Ausserdem unterscheidet sich der Tonalit
durch seine eigenthümliche Zerklüftung von den ihm benachbarten
Gesteinen. Es ist dies ein schönes Beispiel für den Zusammen-
hang zwischen der landschaftlichen Physiognomie und dem geolo-
gischen Bau einer Gegend. Auch auf der Südseite, wo gleichfalls
der Contact entblösst ist. kann man bei günstiger Beleuchtung
an den geschilderten Kennzeichen die Grenzlinie unterscheiden.
Da aber die Yerbandverhältnisse hier viel complicirter sind, ist
auch die Erscheinung lange nicht so klar und schön zu beob-
achten^). — Mehrere Gründe sprechen dafür, dass auch die
Foppa zur Diluvialzeit einen selbstständigen Gletscher ernährt
haben dürfte. Erstens nämlich fand ich an einer Stelle auf
dem Abhänge des Piccolokannnes abgerundete und geglättete
Felsflächen, die jedenfalls auf die Thätigkeit eines Gletschers
zurückzuführen sind. Zweitens bleiben noch jetzt in manchen
Sommern vereinzelte kleine Firnflecken an günstigen Stellen
das ganze Jahr hindurch liegen"). Drittens spricht schon die
Configuration der Foppa ganz allein dafür, dass sie unter sol-
chen klimatischen Bedingungen, wie sie während der Glacialzeit
geherrscht haben müssen, einen Gletscher ernähren konnte.
Der Anstieg zu der Spitze des Aviolo bietet weniger
Schwierigkeiten, als man nach dem Aussehen der schroffen
Felswände erwarten sollte. Andere Gesteine als Tonalit treten
nicht auf. Auch der 2881 m hohe Gipfel'') wird von ihm auf-
gebaut. Sind wir aber oben angelangt, so können wir uns nun
leicht über das ganze Gebiet ringsum orientiren. Im Osten, un-
mittelbar zu unseren Füssen, liegt der grosse ehemalige Seeboden
des Pagherathals. Jenseits desselben erhebt sich die lange Kette
zackiger Berghäupter, die vom f!orno Baitone nach Norden aus-
') Die der Arbeit auf Tafel XXIX beigegebeue Photographie habe
ich auf der höchsten der drei Wiesen aufgenommen. Sie stellt den
Contact auf der Nordseite dar.
^) Im Sommer 1889 erhielt sich der Firu nicht einmal in den
höchsten Punkten des Aviolo, 1888 blieb er an vereinzelten Flecken
selbst bei 2000 m Höhe liegen.
^) Häufig nicht als „Monte Aviolo", sondern als „Castello della
Foppa" bezeichnet.
464
strahlt, im (.'orno Porniua und Monte Avio ciilminirt. Parallel
zu dieser Kette erstreckt sich auch von unserem Standpunkt ein
mächtiger Kamm nach Norden, das Val Paghera im Westen be-
grenzend. Zwischen seinen nordwestlichsten Ausläufern liegt der
bereits erwähnte Thalkessel von San Vito sowie der Ursprung
des kleineren, bei Incudine mündenden Val Moriana. In ungefähr
westlicher Richtung von unserem Gipfel strahlen die beiden zu-
nächst die Foppa, weiterhin das Val Moja umschliessenden Kämme
des Colmo und des Monte Piccolo aus. In dem Winkel zwischen
diesem letzteren und dem schon beschriebenen, nach Norden ge-
richteten Kamm entspringen die Bäche des Val Finale, dessen
untersten Theil wir bis zu seiner Einmündung in das Ogliothal
gegenüber von Monno überblicken. Der zweite südliche Foppa-
kamm theilt sich in ungefähr 1 Kilometer Entfernung von dem
Gipfel in zwei Aeste ^) , deren einer eben in dem Colmo endigt.
Der andere verläuft scharf nach Südwesten und schliesst mit jenem
den Ursprung eines bei Sonico mündenden kleinen Thaies ein.
Dasselbe ist den Einwohnern als die .,Valletta di Sonico" be-
kannt, aber auf der österreichischen Generalstabskarte als „Val
Re". auf der italienischen als ,,Valle Grandi'* bezeichnet. Ich
werde mich im Folgenden des bei den Einwohnern gebräuchlichen
Namens bedienen. Endlich verläuft parallel mit dem zuletzt be-
schriebenen Kamm, in südwestlicher Richtung das Val Gallinera,
das den M. Aviolo im Süden begrenzt. Nur im Südosten steht
dieser mit dem A damello-Hauptmassiv in directer Verbindung, und
zwar durch den vom Gipfel zuerst in östlicher Richtung fortzie-
henden, dann nach Südosten umbiegenden Gallinerakamm. der zu
dem höheren. Gletscher tragenden Corno Baitone hinüber führt.
Aber auch hier ist die Einsenkung eine ziemlich beträchtliche.
Der niedrigste Punkt des verbindenden Ausläufers liegt fast 600 m
unter dem Gipfel des Aviolo. Man benutzt ihn als Pass, um
von der Malga Levedole im Pagherathal in das Val Gallinera zu
gelangen. Daher ist die orographische Grenzlinie des Aviolo-
gebietes auch hier eine scharfe. Später werden wir sehen, dass
dasselbe geologisch gleichfalls gut individualisirt und begrenzt ist.
Um schliesslich auch noch eine Vorstellung von seiner absoluten
Grösse zu geben, sei bemerkt, dass die Basis, über der sich
seine Berge erheben (zwischen Val Camonica. Val Paghera und
Val Gallinera) nicht ganz 50 Qu.-Kilom. Oberfläche hat.
^) Der Punkt der Theilunjj;- ist auf den beiden Generalstabskarten
als „Monte Foppa" bezeichnet. Es beruht das wohl auf einer Ver-
wechselung mit „La Foppa", dem beschriebenen Hochthal.
465
Geologische Beschreibung.
Wir haben auf unserer Wanderung durch das Val Moja und
auf der sich daran anknüpfenden Besteigung des Aviologipfels er-
kannt, dass an dem Aufbau dieses Berges in hervorragendem
Maasse nur der Tonalit und ein manniclifaltiger Complex ver-
schiedenai'tiger Schichtgesteine theihiehmen. Diese letzteren wol-
len wir im Folgenden auf Grund der schiefrigen Structur der
meisten ihnen zugehörigen Gesteine der Kürze halber als
„Schiefer" bezeichnen. Es dürfte dies umsomehr berechtigt sein,
als wir erkennen werden, dass die wenigen, keine Schieferstructur
besitzenden Gesteine unter ihnen die jetzige Anordnung ihrer Ge-
mengtheile, ja diese selbst grössten Theils erst secundären Pro-
cessen verdanken.
Der Tonalit bildet den eigentlichen Kern des Berges. Er
wird aber nur in den obersten Theilen desselben sichtbar, da
ihn rings umher, mit Ausnahme eines Theiles der Ostseite, ange-
lagerte, steil aufgerichtete Schiefermassen umhüllen und ver-
decken. Bis zu ungefähr 2300 m Höhe reichen diese hinauf,
und erst die höchsten Kämme und Gipfel zwischen 2300 und
2881 m bestehen ausschliesslich aus Tonalit. Dieser letztere
bildet eine geologisch vollkommen einheitliche Masse. Kein An-
zeichen deutet darauf hin, dass man in ihm Theile von ungleichem
Alter unterscheiden müsse. Im Gegensatz dazu zerfallen die Schie-
fer nach ihrer petrographischen Ausbildung in zwei verschiedene
Abtheilungen. Die jüngere gehört dei- STACHE'schen Quarzphyllit-
Gruppe ^) an. Sie setzt den äusseren, niedrigsten Theil des Ber-
ges zusanmien, reicht im Val Moja bis zu ungefähr 1550 m Höhe
hinauf und überlagert die Schichten der älteren Abtheilung. Die
letztere dürfte, wie später erörtert werden wird, wahrscheinlich
der Gneissphyllit- Gruppe Stäche" s, beziehungsweise einer Ueber-
gangszone zwisclien Gneissphyllit und Quarzphyllit angehören.
Ausser diesem mächtigen Schiefercomplex und dem Tonalit be-
theiligen sich noch eine Reihe untergeordneter, wenig ausge-
dehnter Intrusionen von porphyrisch struirten Eruptivgesteinen an
dem Aufbau des Gebirges. Sie durchsetzen in derselben Weise
sowohl die Schiefer wie den Tonalitkern und sind dadurch als
jüngste Glieder des Ganzen charakterisirt. Endlich findet sich
noch in den Quarzphylliten des Val Moja ein zweiter dioritischer
Eruptivstock, fällt aber seinei' Masse nach gegenüber dem Tonalit
nur wenig in's Gewicht. Wegen der nahen Beziehungen, in de-
M G. Stäche. Die paläozoischen Gebiete der Ostalpen. J. k. k.
R., 1874, Hett 'J.
466
iien diese beiden Eruptivstöcke zu den sie umgebenden Schiefern,
nicht aber unter einander stehen, wurde es für zweclimässig ge-
halten, bei der nun folgenden Darstellung der geologischen Be-
ziehungen eine entsprechende Anordnung zu treffen. Es wird
daher zuerst der Quarzphyllit-Coniplex zusammen mit dem zu ihm
gehörigen Dioritstock, darauf der ältere Schiefercomplex mit dem
Tonalit und zum Schluss die Gruppe der porphyrisch struirten
Eruptivgesteine besprochen werden.
l Der Quarzphyllit-Complex und der zu ihm gehörige
Dioritstock.
A. Die Quarzphyllite.
Die hierher gehörigen Schichten setzen eine geologisch ein-
heitliche Masse zusammen, deren Theile unter einander concor-
dant gelagert sind und von allen Bewegungen des Gebirges in
gleicher Weise erfasst wurden. Die Schichten sind steil aufge-
richtet, streiclien zwischen Edolo und Yezza in NO- bis ONO-
Richtung, d. h. ungefähr parallel dem Laufe des Oglio, und fallen
nach NW, beziehungsweise NNW ein. Da die Nebenthäler- auf
der linken Seite des Oglio ungefähr senkrecht gegen dessen Lauf
gerichtet sind, so gelangt man. wenn man in einem derselben,
z. B. in dem Val Moja emporsteigt, stets in ältere, die vorher
durchschrittenen unterteufende Schichten hinein, Dabei beobachtet
man, dass der Fallwinkel in der Nähe des Hauptthaies etwa 40
bis 50" beträgt, je weiter man sich aber von diesem entfernt,
um so mehr zunimmt, bis schliesslich eine fast saigere Schicht-
stellung vorherrschend wird.
Allerdings ergeben in diesem Gebiet die Messungen der
geologischen Richtungen oft ganz verschiedene Resultate, selbst
wenn der Horizontal- und Verticalabstand zwischen den Beob-
achtungspunkten nur ein unbedeutender ist. Das hat seine
Ursache darin, dass das ganze Gebirge in hohem Maasse von
Stauung und Faltung ergriffen ist. Diese Erscheinungen las-
sen sich im kleinen, im einzelnen Fels und selbst im Hand-
stück auf das deutlichste erkennen. Sie äussern sicli in Fal-
tungen, Fältelungen und Knickungen der Schiefer, die durch ihre
Zusammensetzung aus abwechselnden, dünnen Lagen von verschie-
denartigem Material die erwähnten Phänomene deutlich zeigen.
Auch mit dem Mikroskop kann man derartige Wirkungen der
Gebirgsbewegung studiren. Viel schwieriger, ja fast immer un-
möglich war es, die durch sie im Grossen erzeugten tektonischen
Verhältnisse zu übersehen und zu verfolgen. Hier ist das Haupt-
hinderniss der Mangel an wohl charakterisirten , über grössere
467
Erstreckungeu hin anhaltenden Horizonten. Es wäre daher durcli-
aus nicht unmöglich, dass der scheinbar aus einander regehnässig
unterlagernden Schichten bestehende Schiefercomplex aus einer
grösseren oder geringeren Zahl von überschobenen und eng zu-
sannnengepressten Falten mit abgetragenen Sätteln bestünde. In-
dessen lassen sich in unserem Gebiet schon aus dem angeführten
Grunde keine Anhaltspunkte für eine derartige Annahme auffinden,
und es möge daher gestattet sein, so lange die scheinbare
Schichtenfolge als wirkliche und normale anzusehen, bis sich,
etwa bei einer genaueren Untersuchung grösserer Gebirgsabschnitte,
das Gegentheil erweisen sollte.
Der ganze hier betrachtete Complex gehört, wie bereits angeführt,
der Stäche' sehen Quarzphyllit-Gruppe an, die ihren mehr im geolo-
gischen Sinne gefassten Namen von dem in ihr dominirenden Gestein,
dem petrographischen Begriff „Quarzphyllif- erhalten hat. Auch
in den hier zu besprechenden Schiefern hat dieses Gestein selbst
die grösste Verbreitung. Es besteht aus abwechselnden dünnen La-
gen von Quarzkörnchen in (luarzitischem Gefüge und solchen von
Phyllit. die ihrerseits wieder häutig mächtigere Knauern und Lin-
sen von weissem, gröber körnigem Quarz umschmiegen. Es ent-
spricht der „Quarzite micacea" Curioni's, der von ihm sagt^),
seine Bänke seien „costituiti esclusivamente di quarziti talvolta
finamente arenacee con alternanza di leccature micacee". Je
nachdem nun darin die Zahl und Mächtigkeit der Phyllit- bezw.
Quarzitlagen auf Kosten der anderen zunehmen, erhält das Ge-
stein mehr den Habitus echter Phyllite oder echter Quarzite. Die
letzteren sind indessen nicht so häufig ausgebildet wie die Phyl-
lite. Diese finden sich auch in zahlreichen Varietäten, gehören
aber immer der Glimmerschiefer -ähnlichen, deutlicher krystallini-
schen Abtheilung an, die man „Thonglimmerschiefer'* oder „g'lim-
merige Phyllite" zu nennen pflegt. Sie entsprechen demnach
der von Gümbel vorgeschlagenen Bezeichnung „Phyllite" im Ge-
gensatz zu den mehr Thonschiefer-ähnlichen ,, Schistiten". Echte
Vertreter dieser letzteren Abtheilung treten nur ganz untergeordnet
auf. Dagegen entstehen umgekehrt durch Vermehrung des Glim-
mergehaltes und die dadurch bedingte Zunahme des Glanzes auf
den Schichtflächen Gesteine, die man bei gesonderter Betrachtung
vielleicht als Glimmerschiefer bezeichnen würde. Da dieselben
indessen nur ganz local und untergeordnet ausgebildet sind und
in ihrer mikroskopischen Structur sehr grosse Aehnlichkeit mit
den Phylliten zeigen, so wurden sie in der Beschreibung nicht
von diesen getrennt. Endlich kommen noch einzelne, petrogra-
^) Geologia, 1, p. 25.
468
phisch z. Th. ganz abweichende Gebilde \oi'. die den Phylliten
concordant eingeschaltet und geologisch aufs Engste mit ihnen
verknüpft sind, nämlich Phyllitgneisse. verschiedene Arten der
Amphibolite, vielleicht auch Lager von Pyrit ^). Doch konnte die
Art und Weise, in welcher dieser letztere auftritt, nicht festge-
stellt werden. Die Phyllitgneisse und Amphibolite bilden wahr-
scheinlich dickbauchige Linsen.
Ordnen wir nun all' die Gesteine, welche den bisher betrachteten
unteren Schiefercoraplex zusammensetzen, in einer Reihe an. entspre-
chend ihrer Verbreitung und Wichtigkeit, so müssen wir mit den
Quarzphylliten und den normalen Phylliten beginnen. Es folgen dann:
Quarzite. kohlenstoffreiche Phyllite. Chloritphyllite, sericitische Phyl-
lite, Granatphyllite, Biotitphyllite, Feldspath- und Epidotamphibolite,
Phyllitgneisse. ganz vereinzelt auch Lagen von Feldspath führen-
dem Quarzit. endlich noch seltener Lagen von Thonschiefer- ähn-
lichem Phyllit-Schistit. Allerdings wird diese Anordnung in ver-
schiedenen Gebieten sehr variiren. und selbst in einem bestimmten
Gebii'gsabschnitt ist es durchaus nicht immer möglich zu ent-
scheiden, welche von zw'ei Varietäten verbreiteter ist. Es soll
auch dadurch nur ungefähr eine Vorstellung von der Verbreitung
der einzelnen Gesteine gegeben werden.
Vergleichen wir die bisher entworfene Schilderung mit der, welche
Stäche von der Quarzphyllit-Gruppe giebt. so erkennen wir, dass
wir es hier jedenfalls nur mit der unteren, älteren Abtheilung dersel-
ben zu thun haben, die ihrerseits wieder auf dem Gneissphyllit-Com-
plex auflagert. — • Was das Alter unserer Schiefer betrifft, so gelang
es nicht, in dem Aviologebiet selbst irgend welche Anhaltspunkte
für eine absolute Bestinnnung desselben zu linden. Dagegen lässt
sich ihr relatives Alter, wie Avir weiter unten sehen w^erden, mit
Sicherheit feststellen. Das Ergebniss ist, dass die Quarzphyllite
älter sind als sämmtliche Eruptivgesteine, mit denen wir sie in
Berührung finden, jünger nur als die, geologisch betrachtet, unter
ihnen liegenden, aber in grösserer Höhe an dem Berge aufge-
schlossenen Gneissphyllite. Es muss noch erwähnt werden, dass
^1 Was mir über das Auftreten dieses Minerals bekannt wurde,
ist sehr wenig. Ich sah nämlich bis faustgrosse Stücke von dichtem
Pyrit, die jedenfalls nicht concretionären Ursprungs waren. Arbeiter
hatten sie vor einigen Jahren bei Gelegenheit einer Brunuengrabung
an einem Hügel östlich des Oglio nicht weit von Mü gefunden und
dem Besitzer des Grundstückes übergeben. In welcher Weise das Erz
dort vorkommt, ob in Form eines Ganges oder eines den Schichten
concordant eingeschalteten Lagers, habe ich nicht erfahren können.
CuRiONi (Geologia, Bd. II, p. 144 — 149) beschreibt von mehreren
Punkten der Adamellogruppe sowohl Lager als Gänge („filoni'') von
Pyrit.
469
CuRioNi darauf liingewieson liat, dass die pctrograiiliiscli durch
Reichthuin an Kohlenstoff ausgezeichneten Phyllite, seine „scisti
arenacei (oder silicei) niehnosi antracitici", in der nordwestlichen
und nördlichen Eandzone des Aviolo im Allgemeinen zu den
jüngsten Schichten gehören und sich stets in ziemlich hohen Ho-
rizonten befinden. Er betrachtet sie sogar als eine besondere,
geologisch geschiedene Unterabtheilung der Quarzphyllite ^). Ob-
wohl nun das erstere entschieden richtig ist. so ist es doch durch-
aus noch nicht bewiesen, dass der Kohlenstoff- Reichthum immer
ganz demselben Horizont der Quarzphyllit - Gruppe zukommt. —
In all' den oben angeführten Varietäten der Phyllite ist
Chlorit ein weit verbreiteter und charakteiistischer Gemeng-
theil. Neben ihm findet sich in ungefähr gleicher Menge Mus-
covit . und zwar entweder in grösseren . meist unregelmässig
conturirten Lamellen, oder als Sericit in winzigen Schüppchen,
bezw. in faserigen Aggregaten von innig mit einander vei-filzteu
Blättchen. Die letztere Ausbildungsweise ist die häufigere. Biotit
wurde nur sehr selten beobachtet. Er fehlt gewöhnlich ganz; wo
er aber vorkommt, da findet er sich mit Vorliebe in quarzreichen
Lagen, und zwar in Form von kleinen, unregelmässig begrenzten
Fetzchen. Ausserdem tritt er in einer wenig verbreiteten Varietät
als accessorisches Mineral in vereinzelten, auffallend grossen,
wohl conturirten Lamellen auf. Turmalin ist constant, aber nur
spärlich vorhanden. Von den Eisenerzen herrscht der Ilmenit bei
Weitem vor. Magnetit scheint recht selten zu sein, und auch
Pyrit wurde nur ganz vereinzelt beobachtet. Piutil tritt in sehr
geringen Mengen auf. Die Titansäure scheint fast ganz und gar
zur Bildung des Ilmenits verwendet worden zu sein.
B. Der Dioritstock und die durch ihn bewirkte
Contactmetamorphose der Quarzphyllite.
Das Gestein des Moja-Eruptivstocks. in dem man mit unbe-
waffnetem Auge Quarz. Glimmer und Feldspath in granitisch-
körnigem Gefüge unterscheidet, ergiebt sich bei der mikrosko-
pischen Untersuchung als ein Diorit; denn der Feldspath ist
darin ausschliesslich Plagioklas. Da ferner Hornblende gänzlich
fehlt und der Quarz einen wesentlichen Antheil an dem Aufbau
des Gesteins nimmt, so werden wir es vollständiger als „horn-
blendefreien Quarzglimnierdiorit '' bezeichnen müssen. Es ist jün-
') Geologia, I, p. 76. Der betreffende Passus lautet; „In questa
valle (sc. del Fopjione, eines der Aviolothäler, wahrscheinlich die Val-
letta cli Sonico) gli scisti arenacei melmosi antracitici sonn intima-
mente connessi colle suddette quarziti micacee, che ne costituirebbero
il piano inferiore."
470
ger als die Soliiefer, liat diese durdibrocheii und bildet einen
kleinen Eruptivstock in ihnen. Leider sind die Aufschlüsse nicht
so günstig, dass man sich ein klares Bild von der Gestalt des
Stockes machen könnte; es ergiebt sich nur. dass dieselbe eine
sehr unregelmässige sein muss. Die rechte Thalwand ist in ho-
rizontaler Richtung 200 — 2.50 m weit, in verticaler bis zu mehr
als 250 m Höhe über dem untersten Aufschluss des Eruptiv-
gesteins fast ausschliesslich aus diesem zusammengesetzt. Auf
dem linken Ufer bestehen nur weniue Felsen unmittelbar an dem
Bache daraus. Die Querausdehnung des Stockes konnte aus
Mangel an geeigneten Aufschlüssen überhaupt nicht ermittelt wer-
den, und ebenso wenig Hess sich auf dem rechten Ufer die Grenze
zwischen Diorit und Schiefer tiberall feststellen. Die Thalwand
fällt nämlich an vielen Stellen sehr steil ab und konnte dort nur
mit Gefahr oder überhaupt nicht begangen werden. Soweit mir
die Grenze indessen bekannt wurde, verlief sie ganz unregel-
mässig, etwa in der Art und Weise, wie es die nebenstehende
Skizze andeutet. Dieselbe stellt einen una,efähr in der Ebene
McJga Molken ea <•? iSZOm,
Val Moja c». 1370-m,.
lÜJit au/bescMossem. oder Jiicht iegeoigene
Creme, tzoischai £tuirzcUorU u ^uarzjOuiliüb .
*.W,| Quarzdij/rrtt.
rmtoTTv. Quarzp}a/lUt .
h' und b" Apopliysen dos Quarz-Diorits, //' unmittelbar neben dem Bach.
1 und 2 Runsen, davon 1 mit kleinem Bach, 2 wasserlos,
3 bis 5 Fusspfade, 3 aufwärts führend, 4 und 5 ungefähr horizontal,
letzterer unterhalb Molgen.
des Abhanges geführten Schnitt durch das Gebirge dar. Sie
kann freilich nur in zwei Dimensionen ein Bild von der Aus-
dehnung des Diorits geben, lässt aber doch die Thatsache erken-
nen, dass dieser nicht etwa den Schichten des hier fast senk-
recht stehenden und fast senkrecht gegen die Zeichnuugsebene
streichenden Schiefers concordant eingelagert ist. sondern diesel-
ben in durchgreifender Lagerung durchsetzt. Ferner sieht man
daraus, dass er wenigstens zwei grössere Schollen von Schiefer
umschliesst und an mehreren Punkten schmale Apophysen in
471
diesen entsendet. Ausser den grossen Schollen wurden in ihm
noch kleine, eckige Bruchstücke von einem Aktinolith-Schiefer und
einem Feldspath-Amphibolit beobachtet. Besonders die letzteren
häufen sich au einer Stelle neben dem Bach so sehr in dem Diorit
an, dass dieser förmlich eine breccienartige Structur erhält.
Für die Betrachtung der coutactmetamorphen Veränderungen,
welche die Schiefer erlitten haben, beginnen wir unsere Beobachtun-
gen am besten in jener kesseiförmigen Thalweiterung, welche wir bei
Gelegenheit unserer Wanderung durch das Val Moja erwähnten.
Dort steht auf dem rechten Ufer, wenig oberhalb des Baches ein
ausserordentlich chloritreicher Phyllit in stark gefältelten und ge-
falteten Schichten an. Das Gestein enthält ausser dem Chlorit
noch Muscovit von nicht sericitischem Habitus in vereinzelten,
sehr grossen Lamellen, spärlich auftretenden Turmalin und Körner
von Eisenerz. Quarz findet sich hauptsächlich in einzelnen Linsen
und Lagen. Biotit fehlt ganz. Das Gestein zeigt keine wesent-
lichen Unterschiede von anderen in grosser Entfernung von jedem
Eruptivgestein beobachteten normalen Phyllitvarietäten und muss
demnach als gänzlich unbeeinflusst angesehen werden. Folgen
wir aber von dem beschriebenen Punkte dem oben erwähnten
kleinen Fusspfade aufwärts, so erreichen wir sehr bald Gesteine,
die in ihrem Habitus von den normalen Schiefern abweichen.
Unser Weg ist stets ungefähr senkrecht gegen den Verlauf der
Schichten gerichtet. Seitwärts, im Sinne ihres Streichens sind
Aufschlüsse entweder nicht vorhanden oder nicht zugänglich. Die
ersten Veränderungen, die man in den Schiefern überhaupt wahr-
nimmt, bestehen darin, dass mitten in den grünlich oder bräun-
lich grau gefärbten Phyllitlagen kleine dunklere Punkte und Flecken
von selten mehr als 2 mm im Durchmesser auftreten. U. d. M.
erkeimt man, dass diese zum grössten Theil von Anhäufungen
kleiner Blättchen eines braunen Glimmers gebildet werden, der
sich durch seine Gestaltung und durch die Art der Zusammen-
lagerung seiner Lamellen wesentlich von dem sonst in normalen
Phylliten auftretenden Biotit unterscheidet. Daneben finden sich,
auch Flecken, die aus einem Korn von Ilmenit und einem rand-
lichen, schmalen Hof von Biotitblättchen bestehen. In beiden
Fällen ist der letztere jedenfalls auf Kosten urspilinglich vorhan-
denen Chlorits gebildet worden, während die Binenitkörner wohl
schon ursprünglich vorhanden waren und den Biotitblättchen nur
als Ansatzpunkte dienten. Uebrigens überwiegen in den meisten
Lagen des Gesteins die Ilmenit enthaltenden Flecke über die
anderen, verdrängen sie sogar nicht selten vollständig. Neben
dem Biotit ist in diesen Gesteinen stets noch eine beträchtliche
Menge Chloiit vorhanden und weist darauf hin. dass sie nur einen
472
verhältnissmässig geringen Grad der Metamorpliose erlitten Labeii.
Ich möchte sie nach ihrem cliarakteristischsten (iemengtheil und
ihrer Structm^ als „Umenit-Fruchtschiet'er" bezeichnen. Das Ma-
terial, aus dem sie hervorgegangen sind, ist unzweifelhaft ein
chloritischer Phyllit gewesen.
Xach den Ilmenit - Fruchtschiefern folgen in der Rich-
tung zum Diorit zunächst sehr quarzreiche Gesteine und zwar
vorwiegend Quarzite. Sie sind trotz ihrer geringeren Ent-
fernung von dem Eruptivgestein in Folge ihrer chemischen
Zusammensetzung nur wenig von diesem beeinflusst worden
und unterscheiden sich makroskopisch von den normalen Quar
ziten nur durch ihre hellere Färbung und anscheinend gerin-
gere Fissilität. Auch u. d. M. kann man an den Quarzen
keine Veränderung wahrnehmen. Ziemlich häufig findet man aber
glimmerige Zwischenlagen, die in ihrem jetzigen Zustande aus
wenig braunem, viel farblosem Glimmer und mitunter etwas ganz
zersetztem Feldspath bestehen. Primärer Chlorit fehlt. Ob in
diesen Lagen eine Veränderung stattgefunden hat, ist zweifelhaft,
doch wegen des Mangels an dem sonst in den Quarziten gewöhn-
lich auftretenden Chlorit wahrscheinlich. Der Feldspath findet
sich auch in rein quarzigen Lagen mitunter in vereinzelten Kör-
nern. Er ist jedenfalls als ein primär vorhandener Gemengtheil
der ursprünglichen Gesteine aufzufassen.
Weiterhin sind den Quarziten wieder deutlich spaltende, sehr
glimmerreiche Gesteine eingelagert, die gegen den Diorit hin immer
mehr an Mächtigkeit zunehmen und schliesslich vorherrschen. Sie
unterscheiden sich schon makroskopisch durch ihren bedeutend grös-
seren Glanz auf den Schichtflächen und ihre dunklere, violettlich
graue Färbung von den normalen Phylliten. U. d. M. erkennt man,
dass sie hauptsächlich aus Muscovit, Quarz und Biotit bestehen, zwi-
schen denen sich ganz vereinzelte, spärliche Krystalle von Andalusit
finden. Der JMotit tritt gern in bestinmiten Lagen auf, fast stets
jedoch in geringerer Menge als der Muscovit. Mitunter, aber
selten, trifft man auch noch die oben beschriebenen, von Biotit-
höfchen umgebenen Ilmenitkörner an. Diese Schiefer bilden den
Uebergang zu den am stärksten umgewandelten, von nun an bis
zum Contact vorherrschenden Gesteinen, die im Grossen und Gan-
zen der von Dalmer^) gegebenen Beschreibung der ,, schiefrigen
Andalusit-Glimmerfelse" mancher Granitcontacthöfe Sachsens ent-
sprechen. Sie sind offenbar aus ehemaligen Quarzphylliten ent-
standen. Denn der häufige Wechsel zwischen glimmerigen und
^) Erläuterungen zur geologischeu Specialkarte des Königreichs
Sachsen, Section Schneeberg und Lössnitz, p. 39.
473
quarzigen Lagen, wie er für diese sehr cliaraliteristiscli ist. tritt
in ihnen noch sehr deutlich hervor. Man erhält schon dadurch
den Eindruck eines gescliichteten Gesteines. Ausserdem aber
zeigen auch die feinschuppigen, glininierigen Lagen für sich allein
eine nicht gerade sehr ausgeprägte, aber doch erkennbai-e Parallel-
structur. Die Farbe ist oft ebenfalls violettlich bis bläulich grau.
U. d. M. erkennt man wieder in den Quarzlagen keine wesent-
lichen Veränderungen, während die anderen Theile des Gesteins
sehr stark beeinflusst sind. Eine solche lagenweise verschiedene
Stärke der Metamorphose ist indessen nicht auflallend, wenn man
an die chemisch ausserordentlich verschiedene Zusammensetzung
der quarzigen und der glimmerigen Lagen deiikt . auch steht
diese Beobachtung durchaus nicht vereinzelt da. Erst vor Kur-
zem wieder wurde sie von Beck ') an ähnlichen Gesteinen eines
sächsischen Contacthofes gemacht und mit folgenden Worten be-
schrieben: „Bei denjenigen Quarzitschiefern. welche durch dünn-
schichtige Wechsellagerung mit Phyllit verknüpft sind, erstrecken
sich die Contactwirkungen nur auf den letzteren'-, nicht aber auf
den Quarzit. — Untersuchen wir jetzt auch die glininierigen La-
gen unseres Gesteins unter dem Mikroskop, so erkennen wir als
Gemengtheile vorwiegend Muscovit, Biotit und demnächst Anda-
lusit, ausserdem aber Eisenerzkörnchen, etwas zersetzten Feld-
spath, wenig Quarz. In ganz vereinzelten, seltenen Lagen, aber
in diesen sehr häufig, finden sich blaue, mitunter ziemlich scharf
kry.stallisirte Körner von Korund. Der Biotit und der Andalusit
besitzen oft eine eigenthümliche. wohl nur in metamorphischen
Gesteinen zu beobachtende Structur, die weiter unten genau be-
schrieben werden soll. Eisenerzkörner sind nicht selten, aber es
fehlen ihnen die für das erste Stadium der Metamorphose so
charakteristischen Höfe von Biotit.
Es bleiben uns nun noch drei Gesteine zu erwähnen,
die nur untergeordnet zwischen den übrigen bereits beschrie-
benen umgewandelten Schiefern auftreten. Das erste von ihnen
hat weisse Farbe, ist relativ grobkörnig struirt und besteht
aus meist polysynthetisch verzwillingtem Feldspath , grossen
Quarzindividuen und zu Chlorit zersetztem Biotit. der an Menge
hinter den beiden anderen Mineralien zurücksteht. Accesso-
risch kommen Titaneisen , Titanit und Zirkon vor. Es fin-
det sich zwischen den Quarziten. ist aber zu schlecht aufge-
schlossen, als dass man die Art des Verbandes mit dem Neben-
gestein genau feststellen könnte. Durch sein gröberes Korn
') R. Beck. Erläut. zur geol. Specialkaite. des Königr. Sachsen,
Section Berggiesshübel, p. 50.
2eitschr. d. D. geol. ües. XLII. 3. 32
474
unterscheidet es sich von allen übrigen, mit ihm zusanmien auf-
tretenden Gesteinen. Vielleicht ist es als ein pegmatitischer
Secretionsgang aufzufassen. Gegen die Annahme, dass man es
mit einer Apophyse des Diorites zu thun habe könnte, spricht
das abweichende Mengungsverhältniss der Gemengtheile. sowie die
relativ erheblichere Korngrösse. Das zweite noch zu erwähnende
Gestein hat bläulich schwarze Farbe, erscheint dem unbewaffneten
Auge ganz dicht und zerfällt bei der Verwitterung genau so wie
manche daneben anstehende Quarzgesteine in scharfkantige, lang
prismatische Bruchstücke. U. d. M. erkennt man, dass es fast
ganz und gar aus innig mit einander verwebten Nädelchen und
Garben von hell grünem Aktinolith besteht, zwischen denen nur
wenig von einer farblosen, wohl aus winzigen Quarzkörnchen ge-
bildeten Masse zu sehen ist. Es wurde an vier oder fünf Stellen
beobachtet, theils in den Quarziten. theils in den schiefrigen An-
dalusit-Glimraerfelsen. An einer Stelle und zwar gerade da, wo
der Quarzit dieselben Verwitterungsformen aufweist, fand ich ein
Stück, das einen Uebergang zwischen den beiden Gesteinen dar-
zustellen scheint. Makroskopisch glaubt man darin einen lagen-
artigen Wechsel von dem verschiedenartigen Material zu erkennen.
U. d. M. sieht man, dass sich zwischen den Quarzkörnern des
Quarzits zuerst ganz vereinzelte, dann zu Garben zusammen-
tretende Nadeln der Hornblende einfinden, bis schliesslich durch
Ueberhandnehmen derselben das echte Aktinolitligestein entsteht.
In manchen Varietäten kann man eine schiefrige Structur beob-
achten; sie wird durch reihenförmige Anordnung von Eisenerz-
körncheu hervorgebracht. Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch
diese Gesteine nicht in ihrer ursprünglichen Ausbildungsweise
erhalten sind; aber es gelang nicht, Aufschluss darüber zu be-
kommen, aus welchem primären Material sie entstanden sein
mögen. Das dritte hierher gehörige Gestein tritt auf der berg-
wärts gelegenen Seite des Dioritstockes wenige Meter vom Cou-
tact entfernt auf. Es besteht zum allergrössten Theil aus einer
schmutzig braunen, nicht sehr lebhaft pleochroitischen Hornblende,
die für einen Amphibolit auffällig gut krystallisirt ist. Neben ihr
tritt eine zweite, hell grüne, nur ganz schwach pleochroitische
Hornblende auf. die dem Aktinolith angehört. Die letztere um-
wächst gern die braune und zwar in der Art und Weise, dass
sie krystallographisch ganz in der gleichen Weise orientirte,
schmale Zonen um die Krystalle der ersteren herum bildet.
Andererseits tritt sie aber auch selbststäirdig auf und reichert
sich sogar an manchen Stellen so an, dass von der braunen
Hornblende gar nichts mehr zu sehen ist. Von anderen Mine-
ralien finden sich noch Quarz in kleinen Mengen, auffällig zahl-
475
reiche, durch staubartige Interpositionen ganz dunkel gefärbte
Apatitlaystalle und Eisenerzkörnchen. Das Gestein besitzt rich-
tungslose Structur und unterscheidet sich ebenso sehr von den
Hornblendporphyriten wie von den übrigen Amphiboliten , welche
in dem Aviologebiet beobachtet wurden. Sein Ursprung konnte
nicht festgestellt werden. — lieber die räumliche Ausdehnung der
contactmetamorphischen Wirkungen ist nicht viel zu sagen. Die
am wenigsten veränderten Gesteine, die wir beim Durchschreiten
der Contactzone antrafen, nämlich die Ilmenit-Fruchtschiefer, sind
ungefähr 100 bis 150 m von dem ersten Aufschluss des Quarz-
diorits entfernt. Dagegen scheint auf der östlichen, d. h. berg-
wärts gelegenen Seite des Eruptivstocks die Einwirkung desselben
auf die Schiefer sich nicht so weit in diese hinein erstreckt
zu haben.
Soviel ist in diesem Theile der Arbeit über die Umwand-
lungen, welche die Phyllite und Quarzphyllite durch den Quarz-
diorit des Val Moja erlitten haben, anzuführen. Es müssen aber
noch die Gesteine der von dem Diorit umschlossenen Bruchstücke
kurz besprochen werden; denn diese unterscheiden sich durch
ihren Mineralbestand zum Theil so sehr von den zur Untersu-
chung gelangten umgewandelten Quarzphylliten , dass man zu der
Vermuthung gedrängt wird, sie könnten anderen, in der Tiefe
anstehenden Gesteinen entstanmien, seien von dem Eruptivgestein
losgerissen und mit in die Höhe transportirt worden. Es bezieht
sich das indessen nur auf die Felsart der grösseren Schollen,
während die kleineren Bruchstücke von Feldspathamphibolit und
Alvtinolithschiefer doch immerhin eine solche Aehnlichkeit mit
dem oben erwähnten, dicht neben dem Contact anstehenden eigen-
thümlichen Amphibolit haben, dass ihre Zusammengehörigkeit mit
diesem sehr wahrscheinlicli ist. Von dem Aktinolithschiefer wur-
den überliaupt nur zwei, wenige Kubikcentimeter Inhalt besitzende
Stückchen beobachtet, die wohl ursprünglich einem einzigen grös-
seren Fragment angehörten. Sie haben hell grau -grüne Farbe,
ausserordentlich dünnschieferige Structur und sind ganz unregel-
mässig eckig gestaltet. Der Aktinolith, der sie fast ausschliess-
lich zusammensetzt, erscheint u. d. M. in grösseren, nur ganz
schwach pleochroitischen Individuen. Er ist dem Aktinolith des
oben beschriebenen, apatitreichen Amphibolits sehr ähnlich, nur
dass er hier nicht mit brauner Hornblende zusammen vorkommt.
— Von dem Feldspathamphibolit wurden sehr zahlreiche, bis
faustgrosse Bruchstücke aufgefunden. Sie haben gewöhnlich eckige,
seltener rundliche Formen und sind, wie ich hervorheben möchte,
keinesfalls den später zu besprechenden, hornblendereichen, dun-
kelen, sphäroidalen Körpern im Tonalit analog. Dagegen ist hier
32*
476
die Aehnliclikeit mit dem apatit reichen , ausserhalb des Diorits
anstehend gefundenen Amphibolit noch viel autfallender, obwohl
ein Gehalt an Plagioklas. die grosse Menge der hell grünen, das
anscheinend gänzliche Fehlen der braunen Hornblende und be-
sonders die viel gröber körnige Structur immerhin deutliche Un-
terschiede hervorrufen. — Ganz anders steht es mit den erst
erwähnten grösseren Schollen. Welche Form und Ausdehnung
dieselben besitzen, liess sich nicht feststellen. Jedenfalls sind
sie ihrer Masse nach gar nicht mit den kleinen Amphibolitfrag-
menten zu vergleichen. Sie sind meist nicht scharf gegen das
Eruptivgestein abgegrenzt, scheinen vielmehr, wohl in Folge von
partieller Einschmelzung, allmählich in den Diorit überzugehen.
Dennoch kann auch bei ihnen kein Zweifel darüber bestehen, dass
sie nicht etwa concretionär ausgeschiedene Bestandmassen des
letzteren, sondern Einschlüsse sind. Die Hauptgemengtheile . die
sich an ihrem Aufbau betheiligen, sind Cordierit, Biotit und
Quarz, weniger wesentlich sind Plagioklas, Apatit und Eisenerz.
Muscovit und Andalusit beobachtete ich in den von mir gesam-
melten Stücken niemals. Die Formentwicklung und Anordnung
des Biotits ist ausserordentlich auftällig und kommt in derselben
Ausbildungsweise in normalen krystallinen Schiefern niemals vor.
Auch die Ausbildungsweise des Cordierit ist sehr eigenthümlich.
— Der mineralogischen Zusammensetzung nach besteht demnach
nicht die geringste Aehnlichkeit mit den vorher beschriebenen
schieferigen Andalusit-Glimmerfelsen, die aus den Quarzphylliten
hervorgehen, um so grössere aber, wie ich hier vorgreifend be-
merken möchte, mit den Umwandlungsproducten , die der Tonalit
erzeugt hat. Der Structur nach unterscheiden sie sich aber auch
von diesen. Eine eingehende petrographische Beschreibung dieses
Gesteins kann erst im letzten Theil der Arbeit gegeben werden.
Rückblick. Fassen wir in wenigen Worten die in diesem
Abschnitt gegebenen Thatsachen zusammen, so erkennen wir Fol-
gendes. Der hornblendefreie Quarz -Glimmerdiorit des Val Moja
bildet einen kleinen, unregehnässig gestalteten Eruptivstock inner-
halb phyllitischer und quarzphyllitischer Gesteine. Er hat die-
selben im Contact metamorphosirt. und man kann, wenn man von
den Unregelmässigkeiten absieht, welche durch die lagenweise ver-
schiedene chemische und mineralogische Zusammensetzung der
ursprünglichen Gesteine hervorgebracht werden, im Ganzen zwei
verschiedene Zonen der metamorphischen Einwirkung unterschei-
den: 1. Die Zone der Ilmenit-Fruchtschiefer, in denen die Haupt-
masse des Gesteins im Wesentlichen unverändert ist, und die Um-
wandlung des Clilorits in Biotit sich noch auf einzelne kleine
Flecke beschränkt. 2. Die Zone der völlig veränderten ..schie-
477
ferigeu AiKlalusit-Glinniioifelse."' Da wo man zwischen diesen bei-
den Zonen in anderen Contactgebieten gewöhnlich Frucht- oder
Garbenschiefer mit krystallin veränderter Gesteinsmasse autgefun-
den hat, sind hier quarzitische Gesteine eingelagert, die in weit
geringerem Maasse von der Contactmetamorphose beeinflusst wur-
den als die weiter von dem Diorit entfernten chloritischen Phyllite.
Ausserdem umschliesst das Eruptivgestein noch Bruchstücke frem-
der Gesteine, die in ihrem jetzigen Zustande gleichfalls wohl als
metamorphosirt aufzufassen sind und theils mit noch jetzt an-
stehend in der Nähe zu beobachtenden Felsarten übereinstimmen,
theils aus der Tiefe heraufgetragen zu sein scheinen.
II. Der Tonalit und der ihn umgebende Schiefercomplex sowie
ihre gegenseitigen Beziehungen \).
Um die Contactfläche zwischen Tonalit und Schiefer zu un-
tersuchen, mögen wir etwa von der Mitte der Foppa aus den
Golmokamm. der sie im Süden abschliesst. ersteigen. Wandern
wir dann zu dem Tonalit hin. das heisst also in ungefähr öst-
licher Riclitung. so schreiten wir über die Schichtköpfe von
Schiefern hinweg. Allerdings ist die Schichtung oft nur un-
deutlich wahrzunehmen, weil in Folge der später zu besprechen-
den metaraorphischen Veränderungen ihre ursprünglich schieferige
Structur zum Theil verwischt wurde und weil ferner auch hier
Bewegungen des Gebirges zahlreiche Faltungen und Fältelungen
erzeugten, die eine genauere Bestimmung der geologischen Rich-
tungen unmöglich machen. Dennoch kann man feststellen, dass
die Schiefer im Grossen und Ganzen fast senkrecht stehen, nicht
selten aber äusserst steil gegen den Tonalit einzufallen scheinen,
und in ungefähr nordwestlicher bis nördlicher Richtung streichen.
Sie setzen den allergrössten Theil des Kammes zusammen, und
erst kurz vor dem Punkt, wo sich dieser mit der eigentlichen
Gipfelmasse des Aviolo vereinigt, treffen wir die Grenze zwischen
ihnen und dem Tonalit.
Kehren wir jetzt auf dem Kamm einige hundert Schritte
zurück und steigen durch eine der zahlreichen , nordwärts
hinunter führenden Runsen in gerader Richtung zur Foppa ab.
^) In diesem Abschnitt werden alle Gründe, welche den Nachweis
liefern, dass die den nordwestlichen Adamello umgebenden Schiefer
von gluhtflüssigem Tonalit durchbrochen und im Contact metamorpho-
sirt-worden sind, der Tonalit demnach für jünger als jene zu erklären
ist, mit besonderer Ausführlichkeit behandelt werden, da Stäche diese
Fragen entweder noch gar nicht berührte oder sich ganz unbestimmt
äusserte (vergl. Einleitung dieser Arbeit) , Lepsiis aber gerade das
Gegenthtil zu erweisen suchte (vergl. weiter unten, p. 484, Anm.).
478
so sehen wir . dass die untersten anstehenden Felsen . die
wir an dem Abhang treffen, wieder aus Tonalit bestehen, der
sich von dort an dem Abhang entlang, in östlicher Richtung bis
zu dem rein tonalitischen Gipfelniassiv des Aviolo verfolgen lässt.
Auf dieser Strecke lagert also der Schiefer auf dem To-
nalit. Man kann diese Erscheinung bei günstiger Beleuchtung
bereits aus der Entfernung an dem Farbenunterschied der Felsen
wahrnehmen. Obwohl nun die dem Tonalit unmittelbar benach-
barten Gesteine jetzt durchgehends richtungslose Structur besitzen,
so muss man doch auf Grund der an allen anderen Stellen des
Kammes beobachteten Lagerungsverhältnisse annehmen, dass die
Schichten der hier ursprünglich vorhandenen Schiefermassen an
der Contactfläche scharf abschnitten. Dass eine concordante An-
lagerung derselben gar nicht denkbar ist. beweist übrigens auch
der schon aus der Entfernung erkennbare, unregelmässig zackige
Verlauf der Contactlinie. Ein Irrthum ist dabei ausgeschlossen;
denn ich constatirte auch bei einem Anstieg durch die allerdings
sehr schroffen und steilen und daher zum grössten Theil ganz
unzugänglichen Felswände das Eingreifen unrcgelmässiger grosser
Lappen des Contactgesteins in den Tonalit. Die angeführten
Thatsachen scheinen mir insofern von Bedeutung zu sein, als sie
beweisen, dass die Contactfläche zwischen Tonalit und Schiefer-
gebirge wenigstens an dieser Stelle die ursprüngliche, nicht etwa
eine durch Brüche hervorgebrachte ist. Ferner aber kann ich
mir dann den eigenthümlich zackigen Verlauf der Contactlinie
bezw. Contactfläche nur durch die Annahme erklären, dass der
Tonalit jünger ist als das Schiefergebirge und dies
durchbrochen hat.
"Wenden wir uns jetzt zu der nördlichen Seite der Foppa.
das heisst also dem im Monte Piccolo endigenden Kamm der-
selben, so bemerken wir. dass die Contactstelle hier in unge-
fähr NNW-Richtung von der auf dem Colmokamm besuchten ge-
legen ist. In derselben Richtung verlief aber auch das Strei-
chen der dort untersuchten Schiefer, und ungefähr ebenso ver-
läuft es an all' den Punkten des Piccolokammcs, wo man die
Schichtstellung noch erkennen kann. Was die Neigung der
Schichten betrifft, so ist dieselbe häufig ungefähr senkrecht; doch
findet man sehr oft ein äusserst steiles Einfallen gegen den To-
nalit. Bemerkt sei bei dieser Gelegenheit, dass auch die Felsen,
welche die oben erwähnte Thalstufe im Grunde der Foppa bilden,
ungefähr NW streichen und deutlich aber steil gegen den Tonalit
einfallen.
Vom Grunde des Thaies gesehen scheint der Rücken west-
lich von der Contactstelle des Piccolokammes ganz und gar aus
479
Schiefer zu bestehen . der scharf au dem Toualit abschneidet.
Der Contact zwischen den beiden Gesteinen ist aber nur in einer
etwa 5 — 6 m hohen, stark geneigten Fläche entblösst. während
weiter unten alles von Trümmern und Schutt bedeckt ist. In das
Verbandverhältniss lässt sich vom Thalgrunde aus kein Einblick
gewinnen. Steigt man aber an den Tonalitklippen entlang zu der
Contactstelle empor, so erkennt man Folgendes: Auf der linken
westlichen Seite stehen sehr verschiedenartige, grösstentheil den
Eindruck von veränderten Schiefern machende Gesteine an Schie-
ferige Structur lässt sich in den meisten nicht mehr beobachten.
Besonders auffällig ist ein ausserordentlich feinkörniges, dunkel
graues Gestein, das makroskopisch einem Eruptivgestein nicht
unähnlich ist und auch völlig massiges Aussehen besitzt. In die-
sen Gesteinscomplex entsendet in dem untersten Theil der vorher
erAvähnten schrägen Fläche der Tonalit eine kurze, anscheinend
apophysenartige Zunge hinein. In der Mitte der Fläche sieht
man sogar in dem feinkörnigen grauen Gestein schmale Adern
einer grobkörnigen, aus Quarz. Plagioklas und grossen Biotit-
blättern bestehenden Masse, die wohl als eine Modification des
Tonalits aufzufassen ist. Ganz oben aber, auf der Höhe, wo man
nach der andeien Seite in das Val Finale tief hinunterschaut,
reicht der Tonalit über die Contactstelle westlich hinaus und be-
theiligt sich demnach auch dort noch an der Zusammensetzung
des Kammes. Jedenfalls muss die Contactfläche zwischen ihm
und dem Schiefergebirge ziemlich steil stehen und eine Strecke
weit in ungefähr westlicher Richtung verlaufen. Da nun die
Schiefer, wie bereits hervorgehoben, in NNW streichen, so schnei-
den die Schichten! demnach auch hier an der Contactfläche ab.
Vergleichen wir die auf den beiden Thalseiten der Foppa
gemachten Beobachtungen, so erhalten wir, in wenigen Worten
zusammengefasst. folgendes Resultat. Die Contactfläche zwischen
dem Tonalit und dem Schiefer hat eine ganz unregelmässige Ge-
stalt Sie entspricht nämlich nicht etwa einer ebenen oder regel-
mässig schwach gewölbten Fläche, sondern sie ist regellos buckelig
geformt; auf der einen Thalseite steht sie steil, auf der anderen
ist sie schwach geneigt und verflächt beide Male in verschiedenen
Richtungen. Die Schichten der Schiefer liegen stellenweise auf
dem Tonalit und schneiden mitunter scharf an der Contactfläche
ab. Dabei ist im Grossen und Ganzen ihr Streichen aber den-
noch dem Verlauf der Gi-enzlinie parallel. Die eigenthümliche
Gestaltung der Contactfläche beweist einerseits das Fehlen von
Brüchen, andererseits die intrusive Natur des Tonalits.
Weitere Beweise für diese Thatsachen sollen im Folgenden
erbracht werden. Am Grunde der Foppa, nicht weit von den
480
üben erwähnten drei Wiesen, tiiiden sich zwischen Trümmern ver-
schiedener Tonalitvarietäten auch lose Blöcke eines liornblende-
freien Tonalits, der zahh'eiche, mehr oder weniger eckig gestaltete
Einschlüsse von anderen Gesteinen führt. Die mikroskopische
Untersuchung dieser letzteren ergab ihre Uebereinstimmung mit
einem auf beiden Foppakämmen in der Nähe des Contacts auf-
tretenden charakteristischen Cordieritgestein und deutete ferner
darauf hin, dass Theile der ihrer chemischen Zusammensetzung
nach sehr basischen Einschlüsse von dem saureren Tonalitmagma
anfgelöst worden sind. Dafür spricht auch die Thatsache, dass
rings um diese Fragmente in dem Tonalit zahlreiche braun-rothe
Granaten und auffällig grosse, nach der c - Axe säulenförmige
Biotitkrystalle ausgeschieden sind. Die dadurch erzeugte eigen-
tühmliche Varietät des Eruptivgesteins wird man, da ihre beson-
dere Ausbildungsart unzweifelhaft auf eine stoffliche Beeinflussung
des flüssigen Magmas durch den Contact mit dem eingeschlosse-
nen Gestein zurückzuführen ist, als eine „endogene Contactmodi-
lication"- des Tonalits bezeichnen müssen. Diese Aulfassung wird
noch dadurch bestätigt, dass dieselbe, durch grosse braunrothe
Granaten ausgezeichnete Varietät des Tonalits auf dem Piccolo-
kamm in losen Blöcken, auf dem Colmokamm auch anstehend,
beide Male aber in der Nähe des Contactes gefunden wurde.
Allerdings darf es nicht unverwähnt bleiben, dass auch das Ne-
bengestein an dem letzteren Fundort ganz ähnliche Granaten
führt. Indessen ist es mir nicht wahrscheinlich, dass die Gra-
naten des Tonalits nur von der Einschmelzung verschonte Reste
dieses Nebengesteins sind, da ja an der ersterwähnten Fundstelle,
an der die Granaten am reichlichsten in dem Tonalit auftreten,
in dem eingeschlossenen Gestein nichts davon zu sehen ist.
Nicht weniger Beachtung verdient eine zweite Thatsache, die
gleichfalls an einem losen Block beobachtet wurde. Derselbe fand
sich in dem mittleren Val Moja, unmittelbar neben dem Bach an
der Stelle, wo die oben erwähnten Ilmenit-Fruchtschiefer in dem
Contacthof des Mojadiorites anstehen. Er hat ungefähr einen
Kubikmeter Inhalt und besteht auf beiden Seiten aus einem eigen-
thümlichen, schieferigen Gestein, wie es anstehend in der Foppa,
also in nicht grosser Entfernung von dem Tonalit beobachtet
wurde. Man erkennt in ihm die Schichtung nur noch an den
Quarzlinsen und Lagen; doch sind diese in Folge des Gebirgs-
druckes in mannichfaltiger Weise gebogen, verzerrt und zerrissen.
Durch den Schiefer hindurch setzt ein ungefähr einen halben
Meter breiter Gang von echtem. Hornblende führendem Tonalit.
Die Grenze ist scharf und geradlinig. Die gebogenen Quarzlinsen
schneiden an ihr ab. — Es geht daraus zweierlei hervor, erstens.
481
dass der Tonalit den Schiefer elurchbroclien hat. zweitens, dass
die Intrusion erst stattfand, als bereits Bewegungen des Gebirges
die Faltungen und Biegungen des Schiefers erzeugt hatten. —
Ausser diesem unzweifelhaften Gang von Tonalit wurden noch
vier andere gangförmige Vorkonnunisse. worunter drei anstehend,
beobachtet, von denen es zwar sehr wahrscheinlich ist, aber niclit
mit absoluter Sicherheit festgestellt werden konnte, dass sie gleich-
falls als Tonalit aufzufassen sind. Es sind sämmtlich grobkörnige,
aus Plagioklas, Quarz und Biotit bestehende Gesteine, die makro-
skopisch dem hornblendefreien Tonalit gleichen und auch mikro-
skopisch ganz dieselbe Structur wie dieser besitzen. Sie um-
schliessen zum Theil Bruchstücke des cordieritreichen Neben-
gesteins und vereinzelte Körner von Cordierit. Das eine dieser
Vorkommnisse fand sich sehr schön aufgeschlossen, aber nicht
ganz leicht zugänglich an einer von dem Piccolokamm der Foppa
nach Süden herunterziehenden Felsrippe. Es ist ein ungefähr
1 m breiter Gang, an dem die gebogenen Lagen der Schiefer in
der gleichen Weise scharf abschneiden, wie es bei dem nicht an-
stehenden Block aus dem Val Moja beschrieben wurde. Zwei
andere Vorkommnisse wurden anstehend, aber nicht so gut auf-
geschlossen auf dem Colmokamm beobachtet, das vierte als loser
Block jenseits des Colmokammes in der Valletta di Sonico.
Gerade dies letztere umschloss bereits makroskopisch deutlich
erkennbare Bruchstücke des charakteristischsten Contactgesteins
der Foppa und muss, nach dem Auftreten des letzteren zu ur-
theilen, aus ganz geringer Entfernung von dem Tonalit stammen.
Die drei ersten anstehend beobachteten wurden gleichfalls in der
näheren Umgebung des Tonalits aufgefunden.
Es kommen daher zu den oben angeführten Beobachtungen über
das Verbandverhältniss zwischen Tonalit und Schiefer noch folgende
Ergebnisse hinzu: 1. Der Tonalit durchsetzt das Nebenge-
stein mitunter in Form schmaler Gänge. 2. Er umschliesst
Bruchstücke desselben. 3. Das Tonalitmagma ist au
manchen Stellen im Contact mit dem Nebengestein
stofflich von diesem beeinflusst worden. Die dadurch
entstandene Granat führe nde Varietät ist demnach eine
endogene Contactmodifica tion des Tonalits.
Aus all' den angeführten Gründen kann an dem jüngeren
Alter des Tonalits den Schiefern gegenüber nicht gezweifelt wer-
den. Denken wir nun aber an die Grösse des von ihm gebil-
deten Eruptivstockes, an die gewaltigen Wirkungen, die er im
Contact mit dem Grödener Sandstein und den kalkigen Schichten
der Trias im Süden der Adamellogruppe ausgeübt hat. und ziehen
wir endlich zur Vergleichung die Erfahrungen heran, die man bei
482
der Untersuchung so zahlreicher grosser Granit-, Syenit- und
Dioritstöcke der ganzen Welt gemacht hat. dann werden wir von
vorn herein auch eine contactmetamorphische Veränderung der ihn
in unserem Gebiete umgebenden älteren Schieferschichten erwarten.
Und wirklich finden Avir denn auch hier entlang der Grenze des
Tonalits eine mächtige, bisher unbekannt gebliebene Zone von
contactmetamorphisch umgewandelten Gesteinen.
Die petrographische Beschaffenheit derselben lässt mit Sicher-
heit erkennen, dass die ursprünglichen Gesteine zu einem grossen
Theil jedenfalls nicht Phyllite waren. Ebenso besteht der schmale
Saum von zweifellos unveränderten Gesteinen zwischen der Contact-
zone und den schon besprochenen Quarzphylliten. soweit er in
dem Val Moja aufgeschlossen ist, fast ausschliesslich aus Gneissen
mit untergeordneten Einlagerungen von Glimmerschiefer. Der
ganze Complex liegt unter den Quarzphylliten und ist also älter
als dieselben. Diese Lagerungsw^eise sowie der petrographische
Charakter der Schichten machen es wahrscheinlich, dass sie der
Gneissphyllit-Gruppe Stache's ^) angehören. Damit stimmen auch
die Beobachtungen überein, Avelche dieser Forscher in der nord-
westlichen und wohl auch der nördlichen Randzone des Adamello
machte. Er fand dort immer zwischen dem Tonalit und dem
äusseren Quarzphyllit- Gebirge eine Zone von „Gneissen, Gneiss-
phylliten und Glimmerschiefern" eingeschaltet, welche jedenfalls
mit dem älteren Schichtcomplex des Val Moja identisch ist. Eine
„durch einen Wechsel von krystallinischen Kalkschichten mit
deckenartigen, dioritischen Lagermassen" ausgezeichnete Gesteins-
zone, wie sie nach Stäche-) auf der Westflanke des Adamello
entlang der Tonalitgrenze übergreifend über den Tonalit und das
angrenzende Schiefergebirge ausgebreitet war. ist auf der West-
seite des Monte Aviolo nicht vorhanden, bezw. nicht erhalten.
Uebrigens hat Stäche selbst bereits angeführt, dass diese eigen-
thümliche Gesteinszone nur dort, wo sie in Spalten zwischen
Tonalit und Schiefer eingequetscht wurde, vor der Zerstörung
durch Denudation und Erosion bewahrt blieb.
Für die Betrachtung der Lagerungsverhältnisse der Gneiss-
phyllitzone unseres Gebietes müssen wir auch die bereits bespro-
chene Lagerung der Quarzphyllite und einige Angaben von Curioni
und VOM Rath zur Vergleichung heranziehen.
Die Quarzphyllite des unteren Val Moja haben im Allge-
meinen NO -Streichen bei NW, also von dem Tonalit weggerich-
') Man vergleiche die Schilderung desselben in: J. d. k. k. R.-A.,
1874, Heft 2.
^) Man vergleiche die ausführlichen Citate in der Einleitung.
483
tetem Fallen. Der Fallwinkel ist in grösster Entfernung von
dem Eruptivgestein am geringsten und wird mit der Annäherung
an dasselbe immer grösser, bis endlich verticale Stellung der
Schichten vorherrscht. In der Foppa dagegen trafen wir bei den
contactmetaniorphisch veränderten Schiefern fast immer ein N-
bis NNW-Streichen ungefähr entsprechend dem dort beobachteten
Verlauf der Contactlinie. Dabei ist das Verflachen dieser Schichten,
wenn sie nicht ganz senkrecht stehen, fast stets steil gegen den
Tonalit gerichtet. Die Uebergangszone zwischen den Quarzphyl-
liten und dem älteren Schichtcomplex ist einerseits ausserordent-
lich verworren gelagert, andererseits wenig oder unklar aufge-
schlossen und gestattet in Folge dessen keinen deutlichen Ein-
blick in die Structur der von ihnen zusammengesetzten Theile des
Berges. Dafür beobachtete aber auch Curioni in der Valletta del
Foppone^) südlich von dem Val Moja, dass der äussere, tiefer
am Berge gelegene Schichtcomplex die Schichten des anderen,
höher am Berg gelegenen überlagert uiul demnach jünger ist als
dieser. Der bezügliche Passus lautet; „Nella valle del Foppone
a mozzodi della Valle di Moja ed a levante di Mü, si incontrano,
oltrepassato un potente deposito di roccie di trasporto, gli scisti
silicei con melme micacee antracitiche (die kohlenstoffreichen
Phyllite). Essendo i terreni rialzati a levante, progredendo nella
valle si giunge ai banchi che sotto giacciono a quelli antracitiferi.
Essi si appoggiano alle masse sienitiche del gruppo di monti
deir Aviolo; sono contorti, molto micacei, e contengono vene
quarzose." Diese letzteren glimmerreichen Schiefer, die er nicht
näher untersuchte, gehören ohne Zweifel zu den von mir in dem
Val Moja und in der Valletta di Sonico beobachteten Glimmer-
schiefern und Gneissen. — Ausser dieser Angabe Curioni' s sind
noch Gerhard vom Rath's (1. c, 1864) Beobachtungen über die
Lagerung der Schiefer in dem 9 km in ONO - Richtung vom Val
Moja entfernten Val d'Avio bemerkcnswerth. Auch dort nämlich
sind die Schichten unmittelbar an dem Tonalit am steilsten, ja
fast senkrecht aufgerichtet, streichen parallel dem Verlaufe der
Contactlinie und fallen, je weiter man sich von dem Tonalit ent-
fernt, immer flacher von der Gesteinsgrenze fort. Fassen wir
diese Beobachtungen zusammen, so ergiebt es sich, dass die ur-
sprünglich concordant gelagerten Schiefer in der nördlichen und
nordwestlichen Umrandung des Tonalits jetzt gewisse Unterschiede
in der Schichtstellung und zwar immer in dem Fallen, mitunter
auch in dem Streichen aufweisen. Dabei werden diese Diver-
^) Vergl. Anmerkung auf pag. 469.
484
genzen im Allgemeinen um so stärker, je mehr man sieh dem
Contact mit dem Tonalit nähert. Ihre Grösse ist also gewisser-
maassen eine Function der Entfernung von dem Tonalit. Ich
habe mir diese Verhältnisse durch Annahme derselben Erschei-
nungen zu erklären versucht, welche man stets dort beobachtet
hat, wo geschichtete Systeme durch Gebirgsbewegung an vorlie-
genden festeren Massiven gestaut wurden.
Dass grossartige Bewegungen auch das Adamello-Gebirge betrof-
fen haben, das ist wenigstens für seine östlichen Theile längst nach-
gewiesen. Denn wir erkennen ihre Wirkungen an dem Judikarien-
bruch. an der von Teller (1. c. 1886) beschriebenen Ueberschie-
bung am Corno Alto, an der langen, den Tonalit im Osten begrenzen-
den Bruchlinie und an den Faltungen der Schieferschichten zwischen
dieser und der Judikarienlinie. Ebenso wie dort wurde die Adamello-
masse auch im N und NW einem gewaltigen Druck ausgesetzt,
der sie zum Ausweichen und somit zu Bewegungen nöthigte. Es
geschah dies zu einer Zeit, in welcher der Tonalit bereits längst
erstarrt war und längst die später zu beschreibende Contactmeta-
morphose der Schiefer bewirkt hatte. Da er nun schon in Folge
seiner grösseren Homogenität und durch seine mineralogische
Zusammensetzung die gleichzeitig mit ihm bewegten Schiefer an
Festigkeit und Widerstandskraft bedeutend übertraf, so bewirkte
der Druck in ihm nicht so sehr eine innere Auslösung der Span-
nung durch Verschiebung der einzelnen Theile gegen einander als
eine einheitliche Bewegung der ganzen Masse im Grossen. Er
wurde in Folge dessen wie ein fester Klotz \) gegen die ihn um-
gebenden Schiefer gepresst. Es ist für die dabei erzielte Wir-
kung gleichgültig, ob man sich die bewegende Kraft von der
Tonalit- oder von der Schieferseite ausgehend denkt. In jedem
Fall wurden die geschichteten Gesteine so an die Contactfläche
angedrückt, dass sie, wo dies nicht schon ursprünglich der Fall
war, ein im Grossen imd Ganzen mit dem Verlauf der Contact-
fläche tibereinstimmendes Streichen erhielten. Was das Fallen
betrifft, so wurden sie unmittelbar am Contact gewöhnlich senk-
^) Ich entnehme diesen Ausdruck von Lepsius, der zuerst die
beschriebenen Lagerungsverhältnisse durch Bewegungen der starren
Tonalitmasse erklärte. Seine Anschauung unterscheidet sich aber da-
durch sehr wesentlich von der hier vertretenen, dass er den Tonalit
für älter als die ihn umgebenden Sedimentgehilde hielt. Er nahm
nämlich an, dass ersterer in festem Zustand aus einer Tiefe von
wenigstens 20(X)0 Fuss emporgehoben , durch die ihn bedeckenden
Schichten durchgestossen und neben die ihn jetzt umlagernden For-
mationen geworfen worden sei. Die Contactmetamorphose fühi'te er
auf die „Eigenwärme" zurück, welche der feste Tonalit als Glied jener
Tiefenstufe besass.
485
recht oder fast senkrecht emporgerichtet, an manchen Punkten,
wie in der Foppa. sogar in eine überkippte Stellung gebracht.
Je weiter man sich von dem Contact entfernt, um so geringer
wird die Abweichung der Lagerung von der ursprünglichen. In
noch grösserer Entfernung geht das Fallen und Streichen all-
mählich in das des umgebenden Schiefergebirges über. Dieses
letztere ist zwar auch in Falten geworfen, aber dieselben lassen
keine Beziehungen zu der Tonalitmasse und deren jetzt entblösster
Grenzlinie erkennen.
Ein besonderer Fall konnte eintreten, wenn die Bewegungs-
ditferenz zwischen dem Tonalit und der Schiefermasse so gross
wurde, dass sie zu Zerreissungen ursprünglich fest mit einander
verbundener Gebirgstheile führte. Es bildeten sich dann, wie
Stäche (1. c, 1880) bereits für die Westseite annahm, grössere
und kleinere Brüche entlang der Contactlinie. Dazu kam es in-
dessen weder in der Foppa, noch überhaupt an dem Westabhang
des Monte Aviolo.
Jedenfalls aber haben wir in dem Profil des Yal Moja drei ver-
schiedene tektonische Zonen zu unterscheiden. Erstens nämlich eine
ganz schmale Zone in der unmittelbarsten Nachbarschaft des Tonalits,
in welcher die mit der Intrusion des Eruptivgesteins in Verbindung
stehenden Unregelmässigkeiten der Lagerung noch jetzt maassgebend
sind. Dort beobachten wir local discordantes Abschneiden der
Schichten an der Contactfläche. Zweitens eine dem Tonalit im weite-
ren Sinne benachbarte Gesteinszone, in welcher das Streichen der an
die Contactfläche herangepressten Schiefer parallel der Grenzlinie,
d. h. NNW verläuft. Drittens eine am weitesten entfernte Zone,
welche das ONO -Streichen des tektonisch nur noch unbedeutend
beeinflussten Grundgebirges jenseits des Oglio besitzt. Alle drei
Zonen gehen allmählich in einander über. Dort, wo der Verlauf
der Tonalitgrenze mit dem Streichen des unbeeinflussten Schiefer-
gebirges übereinstimmt, wie es in dem Aviothal der Fall zu sein
scheint, kann natürlich eine Divergenz in dem Streichen der
Schichten nicht beobachtet werden. —
Bei der nun folgenden Beschreibung der durch den Tonalit in
den Schiefern hervorgebrachten Contactmetamorphose sind die Er-
gebnisse der petrographischen Untersuchungen, soweit sie zur Er-
kenntniss der geologischen Vorgänge beitragen können, mit aufge-
führt. Da indessen für die hier vorliegenden Contactgesteine ein
neues Benennungsprincip angewendet wurde, so ist vorher in we-
nigen Worten auseinandergesetzt, weshalb und in welcher Weise
dies geschah. Die von Naumann. Lossen, Zirkel, Rosenbusch,
Dalmer und zahlreichen anderen deutschen, französischen und
englischen Forschern beschriebenen Contactgesteine unterscheiden
486
sich meist durch ihren Mineralbestand, ihre Structur und durch
die Natur der ursprünglichen, von der Metamorphose ergriffenen
Gesteine so sehr von den hier untersuchten, dass mir die dort
gewählten und mehr oder weniger passenden Benennungen ^) nicht
anwendbar erschienen. Es wurde deshalb nöthig. neue Bezeich-
nungen zu wählen, und es geschah dies nach dem Grundsatz,
dass der Name, wenn es irgend angeht, gleichzeitig den Mineral-
bestand und die Genesis des Gesteins ausdrücken soll. Freilich
liess sich beides der gleichfalls wünschenswerthen Kürze des Na-
mens wegen nicht immer vollständig erreichen. Indessen wurde
es wenigstens erstrebt. Wenn daher die wesentlichen Gemeng-
theile des vorliegenden Gesteins eine Mineralcombination ergaben,
die durch einen bestimmten Namen der petrographischen Nomen-
clatur bezeichnet zu werden pflegt, so wurde dieser angewendet,
ohne Rücksicht darauf, dass er eigentlich für normale Gesteine
der archäischen Formationen bestinmit war. Gleichzeitig aber
wurde durch Vorsetzung des Wortes „Contact" angedeutet, dass
ein oder mehrere, oder alle Gemengtheile des Gesteins entweder
ganz und gar, oder doch in ihrer jetzigen Structur Producte einer
Contactmetamorphose sind. Betheiligten sich noch besonders
charakteristische Gemengtheile ausser der im Namen bereits aus-
gedrückten Mineralcombination wesentlich an der Zusammensetzung
des betreffenden Gesteins, so wurde ihr Name der ganzen Be-
zeichnung vorangesetzt. Nicht schiefrige Gesteine wurden Contact-
felse benannt und gleichfalls durch Hinzufügung des Namens des
wichtigsten Gemengtheils etwas näher charakterisirt. Eine ge-
nauere Angabe des Mineralbestandes war hier nicht möglich, weil
sonst die Bezeichnung zu lang geworden w^äre. Nach diesen
Auseinandersetzungen dürften Ausdrücke wie Andalusit-Contact-
gneiss und Cordierit-Contactfels ohne weiteres verständlich sein.
An der Zusammensetzung der charakteristischsten Contact-
gesteine der Foppa betheiligen sich in erster Linie: Cordierit,
Andalusit, Biotit, Muscovit, Quarz, Fekispath und zwar gewöhn-
licher Orthoklas, ein eigenthümlich faserig erscheinender Ortho-
klas, ziemlich wenig Plagioklas; in zweiter Linie sind zu nennen,
weil nur untergeordnet oder doch nur in vereinzelten Fällen in
grösserer Menge auftretend: Granat. Turmalin, Sillimanit. Spinell,
Korund , Zirkon , Ilmenit . vielleicht etwas Magnetit . ganz selten
Pyrit. — Von den zuerst aufgeführten wichtigeren Mineralien
besitzen drei eine ausserordentlich auffallende und merkwürdige
Structur, die ich, wie hier gleich im voraus bemerkt sei. in den
^) Hornfels, Knotenthonschiefer, Knotenglimmerschiefer, Andalusit-
glimmerfels, Cornubiaiiit, Leptynolitb, Fruchtgnciss u. s. w.
487
vorliegenden Gesteinen überall für ein Cliarakteristicum der durch
die Contactmetamorpliose erzeugten Neubildungen halte und daher als
Contactstructur bezeichne. Die drei Mineralien, bei denen sie sich
findet, sind der Cordierit, der Andalusit und jener faserige Or-
thoklas. Bemerkenswerther Weise treten diese in den unverän-
derten Gneissen und Glimmerschiefern der äusseren Zone über-
haupt niemals auf. Die Contactstructur äussert, sich bei ihnen
auf die folgende Art und Weise.
In den allermeisten Cordierit führenden Gesteinsarten snid bald
sämmtliche Körner des Cordierits, bald wenigstens ein grosser Theil
desselben von oft sehr zahlreichen, eigenthümlich gestalteten Biotit-
blättchen erfüllt. Während diese letzteren nämlich, wo sie in nor-
malen krystallincn Schiefern, z.B. in den unveränderten Gneissen und
Glimmerschiefern des Aviologebiets als Interpositionen auftreten,
ganz uni'egelmässige, nicht selten ausgefranste oder in kleinen Zacken
vorspringende und umgekehrt wieder eingebuchtete Conturen be-
sitzen, sind sie hier mit Vorliebe kreisrund, länglich oval, scharf
sechseckig oder rechteckig, und wenn unregelmässiger, dann jeden-
falls geradlinig polygonal umrandet, nicht aber in der beschrie-
benen Weise ausgefranst. Dabei sind ihre Dimensionen gewöhn-
lich ausserordentlich gering. Sie gleichen , wie Sauer ^) bei der
Beschreibung derselben Interpositionen in neugebildeton Quarzen
metamorpher Gesteine sagt, „winzigsten braunen Glaseiern ". Mit
ihnen zusammen finden sich gleichfalls sehr zahlreiche, aber nicht
so regelmässig gestaltete Titaneisenkörnchen, mitunter auch ver-
einzelte kleine runde Quarzkörnchen eingeschlossen. Schon die
Zahl der Interpositionen ist oft in hohem Grade auffällig. Ich
zählte in den Cordieritkörnern mancher Contact-Felse und -Gneisse
gar nicht selten in noch nicht Quadratmillimeter grossen Durchschnit-
ten mehrere hundert Biotitblättchen. Zur Vergleichung wurden
normale, Cordierit führende Gesteine der archäischen Formationen
herangezogen. Auch in diesen fanden sich mitunter vereinzelte
rundliche oder scharf geradlinig conturirte Biotitblättchen im Cor-
dierit, auch wohl zusammen mit einzelnen Erzkörnchen, aber
niemals auch nur annähernd mit der Beständigkeit, in der Zahl
und mit der Regelmässigkeit der Ausbildung, welche sie in den
hier vorliegenden Gesteinen erreichen.
Sehr ähnlich ist die Contactstructur bei dem faserig erscheinen-
den Orthoklas entwickelt. Was zunächst diesen selbst betrifft, so
möchte ich hier gleich bemerken, dass er keine Aehnlichkeit mit Mi-
kroperthit hat. Ebenso wenig scheint die Faserung mit der von Sauer
^) Erläuter. zur geol. Specialkaite des Königr. Sachsen, Section
Meissen, 1889, p. G7.
488
in contactmetamorphisch neu gebildetem Feldspath (1. c, p. 66 — 67)
beobachteten übereinzustinunen. Worauf sie in den von mir unter-
suchten Gesteinen beruht, habe ich niclit mit Siclierheit feststellen
können. Eine genaue Schilderung folgt weiter unten in dem petro-
graphischen Theil der Arbeit. Immerhin ist es auftällig, dass auch
hier gerade derjenige Feldspath, welcher durch die Contactstructur
als Neubildung charakterisirt ist, ebenso wie in den Contactge-
steinen der Meissener Gegend durch eine eigenthümliche , sonst
nicht beobachtete Faserung ausgezeichnet ist. Ausser den sehr
charakteristischen, ganz in der gleichen Weise wie im Cordierit
ausgebildeten Biotitblättchen besitzt unser Feldspath an Interpo-
sitionen auch noch etwas grössere, meist runde bis ovale Quarz-
körnchen in wenigstens ebenso grosser Zahl, doch ist die Ge-
sammtzahl der Interpositionen hier niemals so gross wie in dem
Cordierit. Auch die dort so häufigen Erzkörner fehlen hier
meistens ganz. Jedenfalls aber ist der Anblick dieses faserigen,
von runden Quarzkörnchen vielfach durchbrochenen Feldspathes
mit den in seinem Innern angesammelten, eigenthümlich gestal-
teten Biotitblättchen so charakteristisch, dass eine Verwechselung
mit selbst ganz Einschluss - erfüllten Feldspathen normaler ar-
chäischer Schiefer^) gar nicht denkbar ist. Wieder passt auch
hier die von Sauer (1. c.) gegebene Schilderung von den Inter-
positionen seines faserigen Feldspathes ganz genau für die hier
beschriebenen Verhältnisse.
Beim Andalusit ist die Contactstructur wenigstens mit dersel-
ben, eher aber mit noch grösserer Regelmässigkeit ausgebildet wie bei
dem Cordierit und dem faserigen Orthoklas. . Sie wird in ihm haupt-
sächlich durch Quarzkörnchen, demnächst durch Erzpartikel, selten
nur durch Biotitblättchen hervorgerufen. Die Gestaltung der
Quarzeinschlüsse ist etwas abweichend von der im Feldspath
beobachteten. Erstens nämlich sind die Dimensionen der Körner
entschieden geringere; zweitens treten neben den auch hier vor-
herrschenden rundlichen bis ovalen Formen noch andere mannich-
faltigere auf. Nicht selten sind Körner von dem Aussehen einer
Thräne; sehr häufig findet man andere, die länglich ausgezogen
sind und eigenthümlich gebogene und gekrümmte, bald sich ver-
engernde, bald wieder breiter werdende, fladenartige oder wurm-
ähnliche Gestalten besitzen. Die Zahl dieser Interpositionen ist
gewöhnlich ganz ausserordentlich gross und der Anblick, den ein
von ihnen erfüllter, im Dünnschliff durchbrochen erscheinender
*) Man vergl. z. B. die von v. Foullon beschriebenen und abge-
bildeten Feldspathe gewisser Gneisse in: Ueber die Gesteine und Mi-
nerale des Arlbergtunnels. J. d. k. k. R., 1885, p. 70 — 7i.
489
Andalusit gewährt, sehr eigenthümlich. Immerhin ist bei der be-
schriebenen Ausbildungsart der Structur der Zusammenhang der
umschliessenden Krystalle noch vollkommen gewahrt. Es kommt
aber niclit selten zu der Ausbildung einer förmlichen Skelett-
structur, bei der dann die Interpositionen den die Rolle des
Wirthes spielenden Krystall an Menge und Masse bei Weitem
übertreffen. Es ist nun eine vielfach beobachtete Thatsache, dass
die neu gebildeten Andalusite der Contactgesteine mit zahlreichen
Einschlüssen von Quarz, Erz, Biotit und anderen Mineralien
erfüllt zu sein pflegen. Auch in den umgewandelten Phylliten
des oben beschriebenen Contacthofes im mittleren Val Moja sind
die neu gebildeten Andalusite durch Reichthum an Interpositionen
ausgezeichnet. Ja, diese letzteren besitzen sogar ganz dieselben
Formen wie in dem Andalusit der Tonalit- Contactgesteine. Die
gleiche Structur beobachtete auch Sauer wieder an den in so
vielen Punkten eine völlige Analogie mit den Foppagesteinen auf-
weisenden metamorphen Felsarten der Meissener Gegend. Ausser-
dem liegen noch zahlreiche Beobachtungen anderer Autoren vor,
die ganz dieselbe Structur bei dem Andalusit der Schiefercontact-
höfe auffanden.
Berücksichtigt man all' die geschilderten Thatsachen, und
erinnert man sich des bereits oben erwähnten Factums , dass
weder der Cordierit, noch der Andalusit, noch der faserige
Orthoklas in den unveränderten Gneissen und Glimmerschiefern
des äusseren Gürtels auftreten, so dürfte es gerechtfertigt er-
scheinen, dass die beschriebene Structur in den vorliegenden
Gesteinen als ein Charakteristicum durch die Contactmetamor-
phose erzeugter Mineralien aufgefasst wurde. Ich halte dement-
sprechend sowohl den Cordierit, den Andalusit und den faserigen
Orthoklas, wie die von ihnen umschlossenen Quarzkörnchen und
Biotitblättchen für Xeubildungen.
Daraus ergiebt sich nun aber eine Anzahl von Anhaltspunkten
zur Bestimmung der Genesis anderer Gemengtheile derselben Gesteine.
Es sind nämlich die Biotitinterpositionen besonders in den Cordierit-
Contactfelsen, aber auch in den Contactgneissen mitunter durch deut-
lich erkennbare Uebergänge mit dem selbstständig auftretenden Biotit
verbunden. Ferner treten der Korund und der Spinell nur in Verbin-
dung mit dem Cordierit, niemals ohne diesen auf. Das Gleiche gilt
von dem allergrössten Theil des Sillimanits. Sodann wurden in grös-
seren, porphyrischen Plagioklaskrystallen eines sehr feinkörnigen
Cordierit-Contactgneisses Andalusitkörner und Sillimanitnadeln als
Einschlüsse aufgefunden. Endlich beobachtete ich in vereinzelten
Fällen Interpositionen von Quarzkörnchen im Muscovit, in selbst-
ständigem Biotit und im Turmalin bestimmter Contactgneisse, diq
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 3. " 33
490
sehr reich au faserigem Orthoklas mit der beschriebejien Contact-
structur sind. Obwohl nun die genannten Mineralien durch diese
Interpositionen nocli nicht ein derartiges Aussehen erhalten, dass
man auch bei ihnen von einer förmlichen Contactstructur sprechen
könnte, ja obwohl sie ganz gut in derselben Ausbildungsweise
auch in unveränderten krystallinen Schiefern auftreten könnten,
so halte ich sie doch wenigstens in diesen Gesteinen gleichfalls
für Neubildungsproducte der Contactmetamorphose. Mit Bestimmt-
heit aber nehme ich den Korund, den Spineil, wenigstens den
grössten Theil des Sillimanits, die erwähnten porphyrischen Pla-
gioklaskrystalle, den Biotit der Contactfelse und einen Theil des
Biotits der Contactgneisse als Producte der Metamorphose in
Anspruch. Dieselbe Genesis ist für den Turmalin schon aus dem
Grunde wahrscheinlich, weil er seiner Vertheilung nach in der
Art und Weise auftritt, wie sie für die Anschaung. die man sich
von seiner Bildung in Contactgesteinen macht, charakteristisch ist.
Im Allgemeinen ist er nämlich nur in ganz vereinzelten Säulchen
in den Gesteinen verstreut zu finden. Wo er aber in etwas
grösserer Menge auftritt, da ist sein Vorkommen nicht etwa an
ein bestimmtes Gestein geknüpft, sondern an eine bestimmte ' Lo-
kalität, derart, dass alle Felsarten, welche in der Nähe derselben
auftreten, den Reichthum an Turmalin gemeinsam haben. Näheres
über diese bekannte Erscheinung ist überflüssig.
Ganz anders ist die Sachlage bei den nocli übrigen Gemeng-
theilen der Contactgesteine. Weder bei dem Quarz, noch bei dem
gewöhnlichen, nicht faserigen Orthoklas noch bei dem allergrössten
Theil des Muscovits habe ich jemals irgend ein Anzeichen getroffen,
welches das Auftreten dieser Mineralien von dem in den unverän-
derten Gneissen und Glimmerschiefern beobachteten unterscheidet.
Sie sind den unveränderten und den verändeiten Schiefern in
gleicher Ausbildungsart gemeinsam. Bemerkens werth ist es ferner,
dass der gewöhnliche Orthoklas und der Muscovit in grösseren
Mengen überhaupt erst in den äusseren Theilen der Contactzone
aufgefunden wurden, der inneren aber theils ganz (Muscovit),
theils fast ganz (Orthoklas) fehlen. Ganz dasselbe gilt auch von
dem allerdings nur accessorisch auftretenden Apatit, der sich hier
stets in grossen, unregelmässig begrenzten Körnern, nur selten in
den bekannten schmalen Säulchen findet. Ich halte es daher für
sicher, dass diese Mineralien in ihrer jetzigen Ausbildungsweise
wenigstens zu einem sehr grossen Theil bereits in den ursprüng-
lichen Gesteinen vorhanden waren und von den umwandelnden
Processen bei der Contactmetamorphose nicht wesentlich oder gar
nicht beeinflusst wurden. Eine solche partielle Metamorphose
kann durchaus nicht befremden. Ganz analoge Verhältnisse hatten
491
wir ja auch in dem Contacthof des Mojadiorits gefunden, wo in
den Ilmenit-Fruchtschiefern neben neu gebildetem Biotit noch grös-
sere Mengen von Chlorit vorbanden waren, und wo die Quarz-
lagen selbst in ganz stark umgewandelten Gesteinen in der Nähe
des Contactes durchaus keine Anzeichen von Metamorphosirung
durch Umkr3'stallisirung erkennen Messen. Ferner möchte ich
darauf verweisen, dass ganz dieselben Verhältnisse nach den
später noch ausführlich zu citirenden Arbeiten von Beck ^j und
ScHALCH^j in den von diesen Autoren aufgefundenen, partiell con-
tactmetamorphen Andalusit-Gneissen und -Glimmerschiefern be-
stehen müssen. Wir werden auf all' diese Thatsachen später
noch einmal zurückkommen, wenn wir zu der Frage gelangen,
aus welchen Gesteinen die Contactzone der Foppa ursprünglich
zusammengesetzt war. —
Sehen wir jetzt, in welcher Weise die beschriebenen Mine-
ralien an dem Aufbau der Contactgesteine betheiligt sind. In
dem Gürtel, auf den sich die metamorphosirenden Wirkungen des
Tonalits erstreckt haben, können Avir zwei Zonen verschieden
starker Einwirkung unterscheiden. Die Ausdehnung der beiden
Zonen ist auf dem Colmokamm geringer als auf dem Piccolo-
kamm. Auf diesem beträgt die Breite der inneren Zone etwa
100 bis 150 m, die der äusseren gegen 600 m. Daher erreicht
die Gesammtbreite der ganzen Contactzone von dem letzten ent-
blössten. nicht gangförmigen Tonalitvorkommen bis zu den äusser-
sten, schon zwischen unveränderten Gneissen und Glimmerschie-
fern auftretenden Contactgesteinen gerechnet, noch nicht 800 m.
Indessen ist diese Bestimmung nur unsicher, da man ja über die
Gestalt der Tonalitmasse . soweit sie unter der Oberfläche ver-
borgen ist, gar nichts weiss.
Die Gesteine der inneren Zone sind fast ausnahmslos rich-
tungslos struirt, und nur untergeordnet kommen schiefrige Gebilde
zwischen ihnen vor. Das bei Weitem charakteristischste Gestein,
das auch den grössten Theil der ganzen Contactzone fast aus-
schliesslich zusammensetzt, besteht in den meisten Varietäten zur
Hälfte, sehr häufig wohl zu 60 — 70 7o, mitunter in noch höherem
Maassc. aus Cordierit. Damit zusammen finden sich stets, aber in
wechselnden Mengen, Biotit, Andalusit, Quarz, Sillimanit. Titan-
eisen, Zirkon. Nur in vereinzelten Varietäten wurden beobchtet
Plagioklas. sehr wenig Orthoklas, Granat, Spinell, Korund. —
Muscovit fehlt ganz. Je nachdem sich nun die hier aufgeführten
') R. Beck. Erläut. zur geol. Spcc- Karte von Sachsen, Soction
Elster und Schönberg.
^) Fr. Schalch. Ebendort, Section Schwarzenberg.
33*
4Ö2
Mineralien neben dem Cordierit an der Zusammensetzung des
Gesteins betheiligen, entstehen sehr verschiedenartige Varietäten,
die durch zahlreiche Uebergänge mit einander verbunden sind.
Sie erhielten sämmtlich den Namen „Cordierit - Contactfels". da
in ihnen der Cordierit sowohl der wesentlichste als auch der
charakteristischste Gemengtheil ist. Gewisse Eigenschaften sind
allen in gleicher Weise gemeinsam. Das gilt besonders von der
auffälligen, dunkel grau-blauen Farbe, die. verbunden mit eigen-
thümlichem Fettglanz, bereits bei der Betrachtung mit unbewaff-
netem Auge auf einen Cordieritgehalt deutet. Die neben dem
Cordierit vorhandenen Gemengtheile kann man schon mit blossem
Auge fast stets deutlich erkennen. Nur die Cordieritkörner selbst,
obwohl selten unter '/^ n^m Durchmesser heruntersinkend, lassen
sich meist nicht von einander unterscheiden. Das Gefüge des Ganzen
ist völlig richtungslos. Nur ganz local scheinen lagenweise stärker
angereicherte Biotitblättchen eine ursprüngliche Schichtung anzudeu-
ten. Beim Schlagen mit dem Hammer nimmt man eine nicht unbe-
trächtliche Härte und Festigkeit wahr. — An der südlichen Wand der
Foppa findet sich unmittelbar neben dem Tonalit in ziemlicher Mäch-
tigkeit ein anderes Gestein, das mit den besprochenen nahe ver-
wandt ist, da der Cordierit auch in ihm als wesentlicher Ge-
mengtheil auftritt. Die anderen wesentlichen Gemengtheile sind
trikliner Feldspath. Biotit und Granat. Quarz findet sich nur in
sehr geringen Mengen. Andalusit scheint lokal vorhanden zu
sein. Das Gestein ist durch Uebergänge mit den Cordierit-Con-
tactfelsen eng verknüpft, hat die gleiche Zähigkeit und Härte,
dieselbe Structur und, obwohl der Cordieritgehalt ein geringerer
ist, auch dieselbe dunkel grau-blaue Farbe wie diese. Es wurde
daher als eine etwas abweichende Varietät betrachtet, nicht aber
von ihnen getrennt. An der Contactstelle des Piccolokammes
fand ich zusammen mit den typischen Cordierit - Contactfelsen in
nicht unbeträchtlicher Mächtigkeit ein Gestein, das von jenen nur
dadurch verschieden ist, dass der Quarz darin über den Cordierit
überwiegt. Lokal führt er auch Plagioklas. Andalusit fehlt ihm
stets; Glimmer ist nur sehr wenig vorhanden. Es ist etwas
gröber körnig als die eigentlichen Cordierit-Contactfelse und auch
heller gefärbt als diese, stimmt aber in allen wesentlichen Eigen-
schaften so sehr mit jenen überein, dass es nur als eine be-
sonders quarzreiche Varietät aufgefasst wurde. Es erreicht gerade
an der Contactstelle eine ziemliche Verbreitung und nimmt lokal
durch sehr grosse Quarzbrocken eine eigenthümliche Structur an.
Hier müssen wir auch etwas näher auf die oben erwähnten,
in dem Granat-Tonalit aufgefundenen Einschlüsse eingehen. Die-
selben gehören unzweifelhaft zum Cordierit - Contactfels . unter-
493
scheiden sich aber von den normalen ^\^rietäten durch einige
auffallende Eigenthüralichkeiten. Erstens nämlich führen sie den
grünen Spinell, der in den anderen Varietäten stets nur spärlich
beobachtet wurde, in aussergewöhnlich grosser Menge. Zweitens
sind sie durcli einen sonst niemals beobachteten grossen Gehalt
an Korund ausgezeichnet. Drittens fehlen dem Cordierit meist
die sonst gewöhnlich vorhandenen Biotiteinschlüsse; dafür findet
man in ihm in grossen Mengen kleine, selten oktaedrische. meist
unregelmässig gestaltete Spinellkörner, schmale, lang stabförmig
erscheinende Ilmenitkrystalle. Korund in flachen Tafeln und langen,
schmalen Vertikalschnitten durch diese Tafeln, vereinzelt auch
roth-braune Rutilsäulchen. Viertens treten an manchen Stellen
Anhäufungen grosser Biotitblätter und Plagioklaskrystalle auf, die
den Habitus der Gemengtheile des Tonalits tragen. Der Glimmer
umschliesst nicht selten Spinell und Korund, der Plagioklas sehr
häufig diese beiden Mineralien, aber auch noch Titaneisen und
Sillimanit. Er macht oft ganz den Eindruck, als ob er durch
»Einschmelzung anderer Gemengtheile entstanden wäre. Fünftens
ist in manchen Präparaten eine scharfe Grenze zwischen dem
Tonalit und dem an solchem Biotit und Plagioklas i^eichen Cor-
dierit-Contactfels gar nicht vorhanden. — Ich glaube, dass man
nicht fehlgehen wird, wenn man sich diese Verhältnisse auf fol-
gende Weise erklärt. Die in dem Tonalit eingeschlossenen Schiefer-
stücke erlitten eine etwas andere Metamorphose, als die weiter
vom Eruptivgestein entfernten, lange nicht in dem Maasse den
umwandelnden Agentien zugänglichen Gesteinsmassen. Die Folge
davon war die Bildung des Korunds, der grossen Spinellmengen,
der eigenthümlich geformten Titaneisenkrystalle und der anderen
von dem normalen Contactfels unterscheidenden Merkmale. Gleich-
zeitig mit der Metamorphosirung der Einschlüsse fand aber auch
noch eine Einschmelzung der äusseren Theile derselben statt.
Ausserdem drang das flüssige Tonalit - Magma auf Spalten und
Rissen in das Innere ein, nahm auch dort fremde Bestandtheile
in sich auf und erfuhr dadurch selbst eine Modificirung in seiner
chemischen Zusammensetzung. Bei der Erstarrung schieden sich
dann die erwähnten grossen Granaten aus.
Ausser den Cordierit - Contactfelsen nehmen an der Zu-
sammensetzung der inneren Contactzone noch mehrere andere
Gesteine Theil. Sie treten aber nicht so regelmässig auf, sind
stets nur untergeordnet und lange nicht so charakteristisch wie
jene. Das erste hierher gehörige Gestein ist jene oben erwähnte
graue, sehr feinkörnige Felsart, die makroskopisch einem Eruptiv-
gestein nicht unähnlich ist. Unter dem Mikroskop löst sie sich
zu einem Aggregat von farblosen Feldspath- und Quarzkörnchen
494
auf, zwischen denen braune Biotitblättehen und meist unregel-
niässig begrenzte Körnchen einer hell grünen, fast gar nicht
pleochroitischen nionoklinen Hornblende liegen. Der Feldspath
ist grösstentheils ungestreift. Er ist ganz frisch und oft nicht
von dem Quarz zu unterscheiden. Ganz vereinzelt finden sich
in dem Gesteinsgemenge grössere, oft nur einmal verzwillingte.
trübe Feldspathkrystalle. Diese raineralogische Zusammensetzung
stimmt mit der eines auf dem anderen Foppakamm anstehenden,
aber deutlich schieferigen Gesteins überein. Auch die Yerschrän-
kung der einzelnen Gemengtheile in einander spricht dafür., dass
man es hier mit einem ehemaligen krystallinischen Schiefer zu
thun hat. Dennoch ist seine Natur einigermaassen zweifelhaft.
Mikroskopische Merkmale, die auf eine metamorphische Entste-
hung hinw^eisen würden, habe ich nicht beobachten können. Ueber-
haupt weicht seine Structur etwas von der der übrigen umge-
wandelten und nicht umgewandelten Gesteine der Foppa ab.
3Iakroskopisch dem eben beschriebenen ähnlich, aber durch
eine undeutlich schieferige Structur, mikroskopisch auch noch durch
das Fehlen des Aktinoliths unterschieden ist ein anderes Gestein,
das auf dem Piccolokamm neben der Contactstelle beobachtet
wurde. Mit diesem aber gehört wieder eine etwas glimmerärmere,
gröber körnige Felsart zusammen, die im Wesentlichen aus Or-
thoklas, Quarz und Biotit besteht und deutlich schieferige Structur
besitzt. Beide haben jedenfalls mehr Aehnlichkeit mit den später
zu besprechenden Contactgneissen als mit den Cordierit-Contact-
felsen. —
Das sind die wesentlichsten in der Foppa aufgefundenen
Gesteine der inneren Contactzone des Tonalits. Allerdings darf
nicht unerwähnt bleiben, dass namentlich auf dem Colmokamm.
in geringerem Maasso aber auch auf dem Piccolokamm selbst in
dieser inneren Zone mehrfach Gesteine auftreten, wie sie eigentlich
für den geringeren Grad der Metamorphose, d. h-. für die äussere
Contactzone charakteristisch sind. Jene beiden Zonen sind also
nicht scharf getrennt, sondern es findet besonders an der Grenze
beider fast ein lagenweiser Wechsel in der Ausbildungsweise der
Gesteine statt. Indessen überwiegen immerhin, namentlich auf
dem Piccolokamm die Contactfelse so bedeutend, dass eine Schei-
dung der beiden Gruppen entschieden zweckmässig ist. —
Die Felsarten der äusseren Zone sind fast innner mehr oder
weniger deutlich geschiefert. Nur untergeordnet kommen rich-
tungslos struirte Einlagerungen vor. Die weiteste Verbreitung
haben Gesteine, welche wesentlich aus Feldspath. Quarz und Glim-
mer bestehen. Da sie zum allergrössten Theil jene Structur-
eigenthümlichkeiten besitzen, welche für die metamorphe Natui"
495
wenigstens eines Theiles ihrer Geruengtheile sprechen, so wurden
sie in's Gesamnit als Contactgneisse bezeichnet. Ausser den ge-
nannten Mineralien betheiligen sich fast stets noch Andalusit oder
Cordierit oder beide zusammen an der Zusarinnensetzung der Ge-
steine. AVeniger verbreitet sind Felsarten, welche im wesentlichen
aus Quarz und Glimmer bestehen, gewöhnlich Cordierit oder Andalusit
führen, mitunter aber auch frei davon sind. Sie wurden als Contact-
Glimmerschiefer bezeichnet. Endlich treten mit den letzteren und
den Contactgneissen zusannnen untergeordnet Gesteine auf, an denen
man ^Merkmale, die eine Umwandlung andeuten, nicht wahrnimmt,
die demnach einfach „Gneisse'- und „Glimmerschiefer'' hätten
benannt Averden können. Da es aber durchaus nicht sicher
ist, dass die Metamorphose stets derartige Merkmale
erzeugt und da die betreffenden Gneisse geologisch aufs Engste
mit den echten Contactprodukten verbunden sind, so wurde von
einer Trennung abgesehen. Sowohl in den Contactgneissen, wie
in den Contactglimmerschiefern ist der Biotit weiter verbreitet
und in grösseren Mengen vorhanden als der Muscovit; häufig
genug fehlt dieser letztere ganz und gar, und nur in wenigen,
meist sehr weit nach aussen liegenden Felsarten überwiegt er den
Biotit. Es wird schon dadurch ein Gegensatz zu den fast immer
muscovitreichen , gewöhnlich biotitarmen . unveränderten Gesteinen
erzeugt.
Es wäre nun vielleicht zu erwarten, dass die äussere Con-
tactzone, weil fast ausschliesslich aus den oben beschriebenen
beiden Gesteinsarten aufgebaut, eine, petrographisch betrachtet,
einförmige Zusammensetzung besitzen sollte; das ist in AVii-klich-
keit aber durchaus nicht der Fall. Denn durch Variationen in
der Deutlichkeit der Schieferung und der Korngrösse, durch ver-
schiedenartige Anreicherung der einzelnen am Gesteinsbestandc
theilnehmenden Gemengtheile, durch Hinzutreten von Turmalin,
Sillimanit. Granat und anderen accessorischen Mineralien werden
sehr zahlreiche, auch makroskopisch z. Th. ganz verschiedenen
Habitus besitzende Varietäten erzeugt. Ausserdem wurden auch
noch untergeordnet Einlagei'ungen sehr abweichend zusammenge-
setzter Schieferarten gefunden; so auf dem Colmokamm ein Con-
tactgneiss, in dem der Glimmer grösstentheils durch Aktinolith
ersetzt ist; auf dem Piccolokamm ein hauptsächlich aus Quarz
und kleinen Epidotkörnchen zusammengesetzter Schiefer, der durch
"Wechsellagerung mit einem Quarz - Biotitschiefer verbunden ist;
auf demselben Kamm, aber an anderer Stelle, eine aus Quarz
und gemeiner Hornblende bestehende Felsart. — Es sei noch
erwähnt , dass es für die Andalusit führenden Gesteine sehr
charakteristisch ist. dass bei den allermeisten von ihnen auf den
496
Yerwitterungstiäohen die lang säulenförmigen Krystalle des Anda-
lusit je nach ihrer Lage bald als Knoten, bald als lange, scharfe
Leisten hervortreten.
Der Uebergang aus der äusseren Contactzone in das aus
unveränderten Gneissen und Glimmerschiefern bestehende schmale,
saumähnliche Gebiet wird theils dadurch vermittelt, dass sich nor-
male Gesteine zwischen den Contactgneissen einschalten, nach
aussen hin immer mehr und mehr an Zahl und Mächtigkeit zu-
nehmen, bis schliesslich die metamorphen Gesteine gänzlich ver-
schwinden, tlieils dadurch, dass die Contactmineralien allmählich
an Zahl abnehmen. —
Wir haben nun das Material kennen gelernt, aus dem sich
die beschriebene Contactzone des Tonalits aufbaut. Ferner haben
wir durch eine Reihe von geologischen und petrographischen Be-
ziehungen den Beweis dafür zu erbringen versucht, dass die be-
treffende Zone Avirklich als metamorph aufzufassen ist. Im Fol-
genden sollen einige andere Thatsachen angeführt werden, die den
Grad der Wahrscheinlichkeit dieses Beweises noch bedeutend zu
erhöhen geeignet sind. Sie stehen in engster Beziehung zu dem
Mineralbestand der beschriebenen Gesteine.
Von dem Andalusit ist es bekannt, dass sein Vorkommen
in normalen arcliäischen Schiefern übei'haupt nur ein ausseror-
dentlich beschi-änktes ist. Zahlreiche Andalusit führende Gesteine
gehören Contactgebieten an, und umgekehrt fand man in dem
grössten Theil der zur Untersuchung gelangten Schiefer -Contact-
höfe ') den Andalusit als ein sehr wesentlich an dem Aufbau der
umgewandelten Gesteine theilnehmendes Mineral. Die Bedeutung
dieser Thatsache wird für den hier betrachteten Fall noch da-
durch erhöht, dass das Vorkonnnen von Andalusit bis auf eine
einzige Ausnahme niemals in dem den Adamellostock umgebenden
Schiefergebirge beobachtet worden ist. Jenes eine Vorkommen
aber ist das von Lepsiüs ^) bekannt gemachte „im Glimmer-
schiefer des Val San Valentine nahe dem Tonalit". Dasselbe
kann in Folge der Lage seines Fundortes nur die Annahme der
Entstehung des Andalusits durch die Contactmetamorphose bestä-
tigen. Dass auch seine Structur und der Umstand, dass er nur
in den Gesteinen der für metamorph gehaltenen Zone, nicht aber
in denen des sicher unveränderten Saumes auftritt, für diese Ent-
stehungsart sprechen, wurde bereits ausführlich dargelegt. —
^) Andalusit fanden z. B. in Schiefer - Contaethöfen der Vogesen:
RoSENBUCSCH, der Pyrenäen: Zirkel, des sächsischen Erzgebirges:
die Geologen der sächsischen ^eol. Landesanstalt, am Granit des
Hennberges hei Weitisberga: F. E. Müller u. s. w.
^) Vergl. Einleitung dieser Arbeit.
497
Etwas anders liegen die Verhältnisse bei dem Cordierit. Dies
Mineral ist sehr oft als Gemengtheil durchaus normaler Gesteine
der archäischen Formationen, namentlich der nach ihm benannten
Cordierit-Gneisse beobachtet worden und bildet stellenweise sogar
den Hauptgemengtheil der ganzen Felsart. Man hat derartige,
übrigens nur ganz lokal und niemals in grösserer Mächtigkeit
entwickelte Gesteinsmassen als ,, Cordieritfels " bezeichnet. An-
dererseits ist der Cordierit aber auch in mehreren Schiefer-Contact-
höfen ^j beobachtet worden. Indessen ist seine Menge in diesen
meist ziemlich gering, sein Vorkommen nicht so verbreitet und
charakteristisch wie das des Andalusits. Nur ein einziges Mal
wurde ein Contactgestein aufgefunden, das in Bezug auf seine
mineralogische Zusammensetzung möglicher Weise mit den Cor-
dierit-Contactfelsen der Foppa Aehnlichkeit hat. Es ist das die
von Dlller auf der Halbinsel Troas im Contact mit Quarzdiorit
beobachtete Felsart, der er den Namen Cordierit -An dalusit-Horn-
fels gab. Ob dieser Name indessen gewählt worden ist, weil der
Cordierit ein sehr wesentlicher oder nur weil er ein sehr auifäl-
liger Gemengtheil des Gesteins war, geht aus seiner Darstellung
nicht hervor. Die betreffende Stelle^) lautet: „The quartz-diorites
form a number of comparatively small masses about the base of
Mount Ida and are evidently younger than the quartzose argillite,"
— „which, in one case. has been metamorphosed into a cordie-
rite- and andalusite-hornfels". — Vergleichen wir aber jetzt die
Thatsachen, welche über das Vorkommen des Cordierit in den
krystallinen Schiefern der dem Adamellostock benachbarten Theile
der Ostalpen beobachtet worden sind, so finden wir, dass ein
Cordieritgestein dort überhaupt mir ein einziges Mal bekannt ge-
worden ist. Es ist das von Stäche'^) in der Umgegend von
Sondalo in Veltlin aufgefundene und nach dem Fundort „Son-
dalit" genannte Gestein, das er, wie folgt, kurz beschreibt:
„Bläulich bis grünlich graue, fettige Masse von Cordierit und
Quarz in verschwommen grobkörniger Verwachsung mit unvoll-
kommen auskrystallisirtem oder derbem, licht rothem Granat, fein
durchsprengt mit feinen, schwarzen Turmalinkörnchen , und mit
seltenen, lebhaft glänzenden Nadeln von ?Disthen durchschossen."
Eine mikroskopische Schilderung ist leider noch nicht veröffent-
') Z. B. „Unter dem Rebstall und im Rapsloch im Andalusit-
schiefer." Rosenbusch, Abhandlungen zur geolog. Specialkarte von
Elsass-Lothringen, Bd. I, 1877, p. 220; vergl. auch p. 224.
^) J. S. Diller. Notes on the geology of the Troad. Quarterly
Journ. of the Geolog. Society of London, A"ol. 39, 1883, p. 631.
^) Die Gesteine der Zwölferspitzgruppe in West-Tirol. J. d. k. k.
geol. R.-A., 1877, p. 194.
498
licht. Es lässt sich daher nicht mit Sicherheit sagen, üb der
Sondalit von dem Cürdierit-Contactfels der Foppa wesentlich ver-
schieden ist oder niclit. Auf keinen Fall aber stimmt er ganz
genau mit den beschriebenen Varietäten des letzteren überein.
Nun entstannnt er ferr^er einer Gegend, in der eine grosse An-
zahl sehr merkwürdiger, meist ihrer Natur nach ebenso wenig
wie der Sondalit aufgeklärter Felsarten vorkoramen. In nenne nur
den STACHE'schen „Veltlinit", „Granatporijhyr" und die verschie-
denen Hypersthengesteine der Gegend von Leprese. Ferner ist
dieser Fundort in der Luftlinie fast 20 km von der Foppa ent-
fernt und auf dieser ganzen Strecke durch normal ausgebildetes
Schiefergebirge getremit. Ich glaube daher, dass kein Grund
dafür vorliegt, irgend welche Beziehungen zwischen den beiden
Gesteinen vorauszusetzen. In dem ganzen Schiefergürtel aber,
welcher den Toualit umgiebt und noch zur Adamellogruppe zu
rechnen ist, wurden bisher niemals Cordierit führende Gesteine
beobachtet. Berücksichtigt man diese Thatsachen und erinnert
man sich dessen, was weiter oben über die Structur des Cor-
dierits und die Art seines Auftretens in den Felsarten des Aviolo-
gebiets gesagt wurde, so dürfte die Behauptung, dass er darin
als ein Contactproduct aufzufassen ist, gerechtfertigt erscheinen. •^
Es sind jetzt nur noch einige Beobachtungen aufzuführen,
die sich auf die Verbreitung der beschriebenen Contactgesteine
beziehen. Bevor wir aber darauf eingehen können, ist es nöthig,
noch kurz den Verlauf der Contactlinie in dem Aviologebiet zu
besprechen. Wie z. Th. bereits in der topographischen Beschrei-
bung angedeutet wurde, verläuft die Grenze zwischen Tonalit und
Schiefer aus dem Aviothal, wo sie nur eine Stunde von dem
Hauptthal entfernt ist, in ungefähr WSW - Richtung durch den
obersten Theil des Val Valiaro, ziemlich weit hinten durch das
Val Paghera ^) nach dem Circusthal von San Vito. Dort biegt
sie alhnählich nach Süden um, erreicht den nöi'dlichen Foppa-
kamm, verläuft in der Foppa selbst nach SSO, biegt von neuem
stark um, sodass sie östliche Richtung erlangt, und zieht dann
im Val Gallinera und über den Passo Gallinera in ungefähr ONO-
Richtung entlang. Die nördliche Thalwand des Val Gallinera be-
steht ganz und gar aus Schiefern bis auf eine einzige Stelle, wo
sie durch Erosion entfernt sind, und wo nun der Tonalit sichtbar
wird. Sie streichen auf der ganzen Strecke von dem Val d'Avio
an im Grossen und Ganzen parallel zu dem Verlauf der Contact-
linie, umgeben den Tonalit des Monte Aviolo auf drei Seiten
vollständig und schneiden ihn, da er auf der vierten durch das
Vergl. die Kartenskizze, p. 454.
499
tiefe Val Paghera yüu dciii Tonalit des Monte Avio getrennt ist,
ganz und gar vom Hauptniassiv des Adamello ab. Die Länge
der Contaetlinic beträgt zwischen dem Val d'Avio und dem Passo
Gallinera etwa 14 km; dagegen ist die Entfernung der beiden
Punkte in der Luft in Folge des bogenförmig gekrümmten Ver-
laufs der üesteinsgrenze imr etwa 8 km. Erwähnt sei übrigens
bei dieser Gelegenheit, dass die Schieferzone, welche zwischen
den Tonalit des Monte Aviolo und den der westlichen Ausläufer
des Corno Baitone in sehr merkwärdiger "Weise eingekeilt über
den Passo Gallinera in das oberste Val Paghera hinüberstreicht,
um dort scheinbar plötzlich abzubrechen, in den schwer zugäng-
lichen Kämmen und Gipfeln zwischen Monte Avio und Corno
Baitone der österreichischen Generalstabskarte eine Fortsetzung
zu haben scheint. Wenigstens deutet darauf eine Reihe von
Gesteinsstücken, die Herr Prof. K. Schulz in Leipzig bei den
zahlreichen von ihm in jenen Gegenden unternommenen Bergbe-
steigungen sammelte und mir in liebenswürdigster und dankens-
werthester Weise zur Verfügung stellte. Es wirft das ein sehr
eigenthümliches Licht auf die Structur des nördlichen Theils der
Adamellokernmasse. Eine weitere Verfolgung der Beobachtung
ist nöthig.
Es wurden nun einige zum Theil weit von einander entfernte
Punkte der Contactlinie besucht, um festzustellen, ob auch dort
die Tonalitgrenze von ähnlichen Gesteinen begleitet würde, wie
sie in der Foppa zur Beobachtung gelangt waren. Das Resultat
war folgendes: Bei dem Anstieg von dem obersten Theil des
Val Paghera zu dem Passo Gallinera und auf diesem selbst fand
ich Andalusit führende Cordierit-Contactfelse und -Contactgneisse
in losen Blöcken und anstehend. Auf dem schlecht aufgeschlos-
senen, die Valletta di Sonico im SO begrenzenden Ausläufer des
Colmokammes der Foppa wurden Cordierit - Contactgneisse beob-
achtet. Endlich wurden in dem Thalkessel von San Vito und
auf dem westlichen^) Gehänge des Aviothales typische, Andalusit
führende Cordierit - Contactfelse in der Nähe der Gesteinsgrenze
angetroffen. Allerdings konnten genauere Untersuchungen über die
Art des Auftretens dieser Gesteine an den betreffenden Punkten
noch nicht angestellt werden. Innnerhin ergeben jene Ausflüge
aber folgendes Resultat: Der Tonalit des westlichsten
Theiles der Adamellogruppe wird auf der ] 4 km langen
Strecke vom Val d'Avio bis zum Passo Gallinera von
*) Das viel besser aufgeschlossene östliche Gehänge konnte ich
leider nicht mehr besuchen.
500
einem Gürtel eigenthünilich ausgebildeter, meist Anda-
lusit führender, bezw. andalusitreicher Cordieritge-
steine umgeben. Dieselben fehlen dem Grundgebirge in
der weiteren Umgebung des Adamellostockes und sind
die Producte einer Contactmetamorphose des Tonalits.
Es bleibt uns mir noch die Frage zu erledigen, welches die
ursprüngliche Beschaftenheit der uns jetzt vorliegenden Contact-
gesteine gewesen sein mag. Betrachten wir zunächst die äussere
Contactzone. Die in dieser hauptsächlich auftretenden Cordierit-
und Andalusit-Contactgneisse und -Glimmerschiefer gehen, wie wir
bereits sahen, nach aussen allmählich in normale Gneisse und
Glimmerschiefer über. Sie haben mit diesen Quarz, Muscovit,
Biotit und einen grossen Theil des Feldspathes in der gleichen
Ausbildungsweise gemein. Diejenigen Gemengtheile aber, welche
den unveränderten Gesteinen fehlen, nämlich Cordierit. Andalusit
und der faserige Orthoklas sind durch die Contactstructur im
Gegensatz zu den anderen Mineralien als metamorph charakte-
risirt. Wahrscheinlich ist auch ein kleiner Theil des Muscovits,
ein grösserer Theil des Biotits und der Turmalin, wo er in be-
trächtlicheren Mengen auftritt, als Neubildung aufzufassen. In-
dessen waren in ihnen aller Wahrscheinlichkeit nach Quarz, Mus-
covit, Biotit und ein Theil des Orthoklases bereits vor der Me-
tamorphose vorhanden; d. h. die ursprünglichen Gesteine waren
Gneisse und Glimmerschiefer, gleich oder ähnlich denen, die wir
noch jetzt in dem äusseren, sicher unveränderten Gesteinsgürtel
antreffen. Die ton alitische Contactmetamorphose be-
wirkte demnach aller Wahrscheinlichkeit nach in der
äusseren Contactzone die Umwandlung von normalen
Gneissen und Glimmerschiefern in Cordierit- und An-
dalusit-führende Gneisse und Glimmerschiefer.
Analoge Erscheinungen sind bisher, so viel mir bekannt, nur
zweimal beobachtet worden, nämlich erstens von Beck, zweitens von
ScHALCH in den oben angeführten Arbeiten (p. 490) '). Die bei-
den genannten Forscher wiesen nach, dass Gneisse, bezw. Glim-
merschiefer der archäischen Formationen im Contact mit Granit
Andalusit-Krystalle und -Körner aufnehmen und zwar in Mengen,
die proportional mit der Annäherung an das Eruptivgestein
wachsen. Ferner fanden sie local sehr grosse Mengen von Tur-
') Wahrscheinlich sind auch noch die neuerdings von G. H. Wil-
liams beschriebenen Verhältnisse des „Contact-Metamorphism produeed
in the adjoining Micaschists and Limestones by the Massive Rocks of
the Cortland Series" ganz analog. Yergl. N. Jahrb. für Mineral, etc.,
1890, Bd. I, Heft 1, p. 88—91. (Referat.)
501
maliii auf. Schalch beobachtete ausserdem noch die Neubildung
von braunem Glimmer, der den unveränderten Gesteinen fehlt.
Danach zu urtheilen besteht eine gewisse Analogie zwischen
den dort constatirten Umwandlungserscheinuiigen und denen un-
serer Contactgesteine. Andererseits sind aber auch mehrere Unter-
schiede vorhanden. Dieselben bestehen in der hier beobachteten,
dort fehlenden Neubildung von Feldspath und Cordierit und in dem
sehr viel unbedeutenderen Auftreten des Tunnalins in den Foppa-
gesteinen. In allen drei Fällen scheint eine stoffliche Verände-
rung der von der Metamorphose ergriffenen Felsarten eingetreten
zu sein, da mit dem Auftreten des so ausserordentlich basischen
Andalusits nicht etwa eine entsprechende Ausscheidung von Quarz
Hand in Hand geht. Auch die Neubildung des faserigen Ortho-
klases kann nicht für geeignet gehalten werden, eine chemische
Ausgleichung herbeizuführen, da der Andalusit auch in Gesteinen
auftritt, welche jenen Orthoklas nicht enthalten.
Die innere Contactzone besteht der Hauptsache nach aus rich-
tungslos struirten Cordierit-Contactfelsen, daneben wurden aber auch
untergeordnet Einlagerungen von abweichend zusammengesetzten,
z. Th. ganz mit den Contactgneissen übereinstimmenden Gesteinen ge-
funden. Der Uebergang in die äussere Zone scheint dadurch vermit-
telt zu werden, dass die Cordieritmengen abnehmen. Eine scharfe
Grenze zwischen den beiden Zonen ist jedenfalls nicht vorhanden.
Andererseits bestehen aber zwischen den t}T)ischen Contactfelsen
und den typischen Contactgneissen gewisse auffällige Unterschiede
in der raineralogischen Zusammensetzung. In den ersteren fehlen
der in den Contactgneissen so weit verbreitete faserige Orthoklas
und der Muscovit ganz und gar . Feldspath ist in ihnen über-
haupt nur sehr spärlich vorhanden und dürfte fast immer zum
Plagioklas gehören. Gemäss dieser mineralogischen Verschieden-
heit scheinen auch chenische Unterschiede vorhanden zu sein.
Es beweist dies das ungleich stärkere Auftreten von so basischen
Mineralien wie Cordierit und Andalusit in den Contactfelsen und
das damit verbundene Zurücktreten des Quarzes und des Ortho-
klases. Auch dadurch, dass der in Bezug auf Kieselsäuregehalt
noch hinter dem Cordierit zurücktretende Muscovit in den Contact-
gneissen und Glimmerschiefern reichlich vorkommt, dürfte eine
völlige Ausgleichung nicht stattfinden. Eine ausführliche chemische
Untersuchung dieser Verhältnisse schien mir indessen aussichtslos
zu sein, weil es bei der ausserordentlich wechselnden petrogra-
phischen Zusammensetzung der jetzt vorliegenden Gesteine sehr
wahrscheinlich ist, dass schon die ursprünglichen Felsarten in
ihrem Mineralbestande z. Th. sehr stark von einander abwichen,
sichere Resultate sich demnach gar nicht hätten ergeben können.
502
Immerhin bestätigte die Analyse ^) eines Cordierit - Contactfelses
die Vermuthung von der sehr basischen Constitution dieses Ge-
steins. Ich fand dabei folgende Zalilen:
Si02 . . .
. 44.62 pCt.
Ti02 . . .
. 2.04 „
AI2O3 . .
. 33,33 „
Fe2 03 . .
. 7,32 ^
FeO 2) . .
. 5,45 „
MgO . . .
. 5,46 „
CaO . . .
. 0.12 „
MnO . . .
Spuren
K2O . . .
0,68 „
Na20 . .
0,53 „
Glühverlust .
1.47 ,,■
101,02 pCt.
Allerdings muss bemerkt werden, dass sich die zur Unter-
suchung benutzte Varietät in einigen Punkten von den am wei-
testen verbreiteten, also normaleren Arten des Cordierit -Contact-
felses unterscheidet. Da nämlich der Hauptzweck der Analyse
eine Bestätigung der mikroskopischen Diagnose sein sollte, so
wurde eine sehr biotitarme. fast Feldspath-freie Varietät ausge-
wählt, die andererseits durch einen nicht unbeträchtlichen Gehalt
an Titaneisen und Andalusit vor den übrigen ausgezeichnet war.
Es erklärt sich daraus der relativ hohe Gehalt an Thonerde und
Titansäure ^) , der relativ geringe an Alkalien und Kalk. Die
Menge des Quarzes ist etwa die normale. Wenn nun auch der
Kieselsäuregehalt durch die etwas abweichende chemische Zusam-
mensetzung selbst um mehrere Procente hcrabgedrückt worden
wäre, so kann dennoch über den ausserordentlich basischen Cha-
rakter des vorliegenden Gesteins kein Zweifel bleiben.
Es bestehen demnach nicht nur mineralogische, sondern auch
chemische Verschiedenheiten zwischen den Gesteinen der
äusseren und denen der inneren Contactzone. Da sich
dieselben auf keinen Fall nur durch Unterschiede in der Inten-
sität der metamorphosirenden Kraft ohne die gleichzeitige An-
nahme einer stofflichen Veränderung der Contactgesteine begründen
') Ausgeführt im Laboratorium des Herrn Prof. Ostwald.
-) Nach der DÖLTER'schen Methode bestimmt.
^) Die Titansäure wurde erst mit dem Eisen und der Thonerde
ziisammen durch Anunoiiiak abgeschieden, dann vermittelst wieder-
holter Ausfällung durch Kochen unter Zusatz von SO2 getrennt und
gereinigt.
503
lassen, so sind nur die beiden folgenden Erklärungsweisen mög-
lich: 1. Bei der Contactnietaniorphose des Tonalits hat eine
stoffliche Beeinflussung der von der Umwandlung ergriffenen ur-
sprünglich übereinstinmiend gewesenen Gesteine stattgefunden, und
zwar in dem Sinne, dass sie, sei es durch Zufuhr basischer
Bestandtheile, sei es durch Extrahirung von Kieselsäure und viel-
leicht auch von Alkalien einen basischeren Charakter erhalten haben
2. Die Gesteine der inneren jetzt vorliegenden Contactzone waren
bereits ursprünglich anders und zwar basischer zusammengesetzt
als die der äusseren Zone. — Bei dieser Erklärungsweise wären
aber immer noch zwei Fälle möglich, nämlich 2a. Ausser der
bereits primär abweichenden Beschaffenheit der Gesteine haben
noch, wenn auch mehr untergeordnet, Vorgänge, wie sie in 1.
angeommcn wurden, den jetzigen Charakter der Contactgesteine
hervorgerufen. 2 b. Der jetzige Charakter der Contactgesteine ist
lediglich durch die primär abweichende Zusammensetzung der
Gesteine bedingt. Betrachten wir die Gründe, welche für bezw.
gegen diese einzelnen Ei-klärungsweisen sprechen.
Für 1 und gegen 2b sprechen: a. In den beiden bisher
bekannt gewordenen Fällen, in welchen eine Umwandlung von
Gneissen und Glimmerschiefern durch contactmetaraorphische Vor-
gänge stattgefunden hat, wurde gleichfalls eine stoffliche Verän-
derung der von der Umwandlung ergriffenen Gesteine beobachtet
und zwar ebenfalls in dem Sinne, dass diese gegen den Contact
hin basischei'' wurden (Beck, Schalch). 3. Aller Wahrschein-
lichkeit nach haben auch die Gesteine der äusseren C'ontactzone
des Tonalits eine Stoffveränderung, bestehend in Anreicherung
der basischen Substanzen erfahren. Um so mehr muss dies also
für die innere Contactzone Geltung haben j. Es ist zum we-
nigsten auffällig, dass ganz derselbe Horizont die Grenze des
Tonalits auf der 14 km langen Strecke zwischen Val d'Avio und
Passo Gallinera begleiten soll. 5. Drei der charakteristischen
Mineralien des Contactes, nämlich Cordierit, Andalusit, Biotit
sind den Gesteinen der äusseren und der inneren Contactzone
gemeinsam. Nur ihi'e Menge (Cordierit. Biotit) ist in den dem
Contact benachbarten Gesteinen grösser als in den von ihm ent-
fernten. Es entspricht dies ganz den Verhältnissen, welche man
erwarten muss, wenn eine stoffliche Beeinflussung ursprünglich
gleichartiger Schichten stattgefunden liat.
Gegen 1 und für 2 sprechen: a. Die bedeutend gerin-
gere Ausdehnung der Contactzone auf dem Colmokamm, die sich
durch primäre Verschiedenlieit der Horizonte, aus welchen die
beiden Zonen hervorgingen, leicht erklären lässt. jj. In die innere
Zone sind, besonders auf dem Cohaokamm. auch Gesteine ein-
504
gelagert, welche mit den Felsarten der äusseren Zone übereinzu-
stimmen scheinen, jedenfalls aber ihnen näher verwandt sind, als
den Contactfelsen. y. Das gänzliche Fehlen des faserigen Ortho-
klases und des Muscovits in den Contactfelsen begründet eine
mineralogische Verschiedenheit, welche der Annahme widerspricht,
dass die Gesteine der beiden Zonen aus demselben Urmaterial
hervorgegangen seien, o. Da das Streichen der Schiefer, abge-
sehen von gewissen, auf eine ganz schmale Zone begrenzten Un-
regelmässigkeiten, parallel mit der Contactlinie verläuft, ist es
erklärlich, dass auf der ganzen Strecke stets derselbe Hoi'izont
in Berührung mit dem Eruptivgestein ist. e. Die chemische Zu-
sammensetzung mancher, besonders chloritischer Phyllite scheint
der für den Cordierit-Contactfels nachgewiesenen ähnlich zu sein.
^. In der Gneiss - Phyllitgruppe , zu der die Contactgesteine des
Tonalit gehören, ist ein Wechsel phyllitischer Gesteine mit gneiss-
artigen Felsarten ausserordentlich verbreitet^).
Ueberblicken wir all' die aufgeführten Gründe, so erkennen
wir, dass kein einziger unter ihnen gegen die unter 2 a gegebene
Erklärungsweise spricht. Ich glaube deshalb, dass diese we-
nigstens vorläufig am meisten begründet ist. Allerdings ist es
nicht unmöglich, dass weitere Untersuchungen der Contactgebiete
des Tonalits auch neue und maassgebendere Anhaltspunkte für
die Beurtheilung der Frage ergeben können. Bis dies geschieht,
möchte ich aber daran festhalten, dass die verschiedene Zusam-
mensetzung der beiden Contactzonen des Tonalits sehr wahrschein-
lich zum grösseren Theil auf verschiedenartige Zusam-
mensetzung der ursprünglichen Gesteine , zu einem
kleinen Theile aber auch auf stoffliche Veränderung
durch die Metamorphose zurückzuführen ist. Ueber die
Frage, welche Felsarten es wohl gewesen sein mögen, aus denen
die Contactfelse hervorgegangen sind, darüber kann ich mich vor-
läufig noch nicht äussern.
lil. Geologische Beziehungen der porphyrisch struirten
Eruptivgesteine.
In dem eigentlichen Aviologebiet wurden an 17 verschie-
denen Punkten porphyrisch struirte Eruptivgesteine anstehend auf-
gefunden. Dazu kommen noch zwei Vorkommnisse, die jenseits
des Oglio, aber unmittelbar an einem anderen Ufer neben der
Strasse zwischen Edolo und Incudine aufgeschlossen sind, und
') Vergl. die Schilderung, welche Stäche von der Gneiss-Phyllit-
gruppe entwirft. Gesteine der Zwölferspitz - Gruppe. Jahrb. d. k. k.
R.-A., 1877.
505
ein drittes auf dem westlichen Gehänge des Yal d'Avio aufge-
fundenes Gestein ^) , im Ganzen also 20 verschiedene Vorkomm-
nisse. Es wäre sicherlich leicht möglich, bei einer genauen Be-
gehung der Berghänge, aber aucii manclier von mir nur flüchtig
besuchter Thäler. wie des Yal Finale, diese Zahl noch erheblich zu
vergrössern. — AU' die aufgefundenen Gesteine sind durch ihre por-
phyrische Structur und die trikline Natur des an ihrer Zusammen-
setzung betheiligten Feldspaths als Poi-phyrite charakterisirt. Sie
treten fast sämmtlich in schmalen, mitunter nur wenige Decimeter
breiten Gängen auf, durchsetzen in gleicher Weise die Quarzphyllite
und die Gneisse, die Contactzone des Mojadiorits und des To-
nalits, ja sogar den Tonalit selbst. Fraglich ist ihr Altersver-
hältniss lediglich gegenüber dem Mojadiorit. Die in der Contact-
zone desselben auftretenden Gänge lassen zwar keine Beeinflus-
sung durch eine Contactmetamorphose erkennen, sind aber auch
soweit vom Contact entfernt, dass man eine solche auch dann
nicht erwarten könnte, wenn sie älter als der Diorit wären. Sieht
man indessen von diesem ab, so sind sie die jüngsten Glieder
des ganzen Gebirges. Meist fand ich sie zu schlecht aufge-
schlossen, als dass ich die Streich- und Fallrichtung ihrer Gang-
spalten hätte feststellen können. Wo dies aber gelang, da ergab
sich bis auf eine einzige Ausnahme mit Sicherheit, dass die
Gänge die Schichten der Schiefer schräg durchschneiden, also
nicht Lagermassen bezw. Lagergänge sein können. Bei einem
einzigen Yorkommniss auf dem nördlichen Foppagehänge ist die
Möglichkeit der Einschaltung parallel der Schichtfläche der Schiefer
nicht ausgeschlossen. Doch schien mir auch dort wenigstens eine
geringe Yerschiedenheit zwischen dem Streichen des Ganges und
dem der Schichten stattzufinden. Eine gesetzmässige Anord-
nung der Gangspalten wurde nicht beobachtet. In einem Falle
fanden sich Stücke des Nebengesteins in dem Eruptivgestein ein-
geschlossen. Contactmetamorphische Processe haben nicht statt-
gefunden. Genauere Einzelangaben werden zusammen mit der Be-
schreibung der Fundorte, um Wiederholungen zu sparen, erst in
dem petrographischen Theil der Arbeit gegeben werden.
Das umstehende Profil des Monte Aviolo ist auf Grund der
Aufnahmearbeiten entworfen.
') Es wird dies trotz der entfernten Lage seines Fundortes au
dieser Stelle besprochen, da dasselbe mit den Eruptivgesteinen des
Aviolo eng vei-wandt ist.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 3. 34
506
MAOLOLO ■JSÜfr,
Pucolo KamTn. 23S0n
Giiei&se u.. CU/n/nersciuefcr
^•^^^TonalU OLunma-scIueter
j:rv\Ouarz-
Petrographische Beschreibung.
Die Gesteine, die im Folgenden zu besprechen sind, lassen
sich in drei grosse , geologisch und petrographisch scharf- von
einander getrennte Gruppen eintheilen. nämlich erstens die Ge-
steine der älteren Schieferabtheilung, zweitens die der jüngeren
Schieferabtheilung, drittens die Eruptivgesteine. Dementsprechend
wird auch die Beschreibung in dieser Reihenfolge vorgehen. —
Bemerkt sei, dass diejenigen petrographischen Beobachtungen,
welche in der vorangegangenen geologischen Schilderung bereits
ausführlich besprochen wurden, hier höchstens ganz kurze Er-
wähnung finden werden.
A. Gesteine des älteren Schiefercomplexes.
A. Normale Gesteine.
Hierher gehören die Gneisse und Glimmerschiefer jenes
schmalen Gesteinssaumes, den wir zwischen dem Quarzphyllit-
Complexe des Val Moja und der Contactzone des Tonalit einge-
schaltet fanden. Leider sind die Aufschlüsse gerade dieses Ho-
rizontes in dem Val Moja recht ungünstig. Es wurden deshalb
auch einige Gesteinsstücke, die von Ausflügen in die Yalletta di
Sonico herrühren, mit zur Untersuchung herangezogen. Dennoch
ist es wahrscheinlich, dass man bei genauen Begehungen mancher
anderer Thäler, welche die Tonalit-Randzone durchschneiden, voll-
ständigeres und reichhaltigeres Material von Felsarten dieses
Horizontes sammeln könnte, als mir diesmal zur Verfügung stand.
Unter all' den Gesteinen, welche hierher gehören, besitzen
507
Muscovitgesteine die grössto Mächtigkeit und Verbreitung. Sie
führen stets auch Biotit in kleineren, aber wechsehiden Mengen
und gehen durch Anreicherung des letzteren in Biotitgneisse mit
meist nicht unbedeutendem Muscovitgehalt über. Es finden sich
auch Gesteine, welche zwischen beiden etwa in der Mitte stehen
und demnach als zweiglimmerige Gneisse zu bezeichnen sind.
Gerade aus diesen letzteren entstehen gern durch Herabminderung
des Feldspathgehalts zweiglimmerige Glimmerschiefer, in denen
bald der Biotit. bald der Muscovit etwas überwiegt. All' die
genannten Gesteine haben indessen meist nur einen relativ ge-
ringen Glimmergehalt. Was ihre Structur betrifft, so besitzen
sie grösstentheils ein schwach und verworren flaseriges Gefüge
bei geringer, 1 mm nur selten übersteigender Grösse des Kornes.
Scharfe Grenzen zwischen den einzelnen Gesteinsarten sind nicht
vorhanden. Sie sind im Gegentheil durch Uebergänge eng mit
einander verknüpft und unterscheiden sich überhaupt nicht so
sehr durch qualitative als durch quantitative Gegensätze in der
mineralogischen Zusammensetzung. Da ausserdem aucli noch die
Structur der einzelnen Gemengtheile in allen Gesteinsarten durch-
aus übereinstimmt, so werde ich im Folgenden lediglich die an
ihrem Aufbau betheiligten Mineralien beschreiben, von einer Einzel-
besprechung der Gesteine aber ganz absehen.
Ausser den makroskopisch bereits erkennbaren Gemengtheilen
Quarz. Feldspath. Muscovit. Biotit kommen, wie die mikrosko-
pische Untersuchung lehrt, auch noch vor: Turmalin, Apatit,
Eisenerz. Zirkon, Chlorit, Granat.
Der Quarz erscheint dem unbewaffneten Auge in Aggregaten
winziger, graulich weisser, fettglänzender Körnchen, die nicht von
einander zu unterscheiden sind. Makroskopisch und mikrosko-
pisch erkennt man, dass er bald in den Gesteinen Lagen und
Linsen fast ausschliesslich zusammensetzt, bald in normaler Weise
und Menge im Verein mit den übrigen Gemengtheilen an dem
Aufbau Tlieil nimmt Endlich beobachtet man einzelne Lagen,
in denen er fast ganz und gar fehlt oder doch nur in seltenen,
isolirten Körnchen auftritt. Diese letzteren, im gewöhnlichen Licht
einheitlich erscheinend, sind, wie man bei gekreuzten Nicols er-
kennt, aus mehreren kleineren Individuen zusammengesetzt. Der
Durchmesser der einzelnen Körner beträgt gewöhnlich etwa 0,5 nun.
Kleinere Körner treten aber fast stets noch in Avechselnden Men-
gen auf. Li einem eigenthümlichen Gestein, das einem dichten
Quarzit ähnlich ist und durch Wechsellagerung mit Glimmerschie-
fern verbunden ist, aber keine grössere Verbreitung erlangt,
erreicht der Durchmesser der einzelnen Körnchen nur selten
34*
508
0,04 mm mid bleibt gewöhnlich sogar noch hinter 0.02 mm zurück.
Ausserordentlich verbreitet ist die Erscheinung, dass in Präpa-
raten, welche senkrecht gegen die Schieferungsebene der Gesteine
gerichtet sind, zahlreiche Individuen auflallend in die Länge ge-
zogen sind. Körner, die im Durchschnitt viermal so grosse Länge
als Breite besitzen, sind gar nicht selten. Sie sind .stets in dem-
selben Sinne angeordnet und lassen daher auch mikroskopisch auf
das deutlichste die Textur des Gesteins erkennen. Die einzelnen
Individuen zeigen niemals Krystallconturen. sondern sind entweder
unter einander oder mit den übrigen Gemengtheilen, namentlich
dem Feldspath. in jener unregelmässigen Weise verwachsen, wie
sie für die Gemengtheile krystalliner Schiefer charakteristisch ist.
Flüssigkeitseinschlüsse und Hohlräume sind im Ganzen nicht sehr
häufig. Die letzteren dürften die P'lüssigkeitseinschlüsse an Zahl
bei Weitem übertreffen. Der Quarz umschliesst gelegentlich wohl
sämmtliche mit ihm zusammen auftretende Gemengtheile. Die Ge-
staltung der Interpositionen lässt kein bestinnntes Gesetz erkennen.
Der Feldspath tritt so häutig in nicht polysynthetisch
verzwillingteu Körnern auf, dass ein Theil wohl zum Orthoklas
zu rechnen ist. Mikroperthitische Structur wurde nur selten beob-
achtet. In Bezug auf die Gestaltung der Körner gilt Wort für
Wort, was oben bei dem Quarz gesagt worden ist. Auch die in
die Länge gezogenen, platten Individuen sind oft sehr charakte-
ristisch ausgebildet. Die Grösse der Körner stimmt im Allge-
meinen mit der beim Quarz beobachteten überein. doch sind
Körner von 1 mm Durchmesser hier nicht gerade selten. In all*
den untersuchten Gesteinen ist der Feldspath bereits durch Zer-
setzung mehr oder weniger stark getrübt und lässt sich daher
stets leicht vom Quarz unterscheiden. Interponirung fremder
Mineralpartikel ist in ihm nicht selten, und zwar scheinen auch
hier alle anderen Gemengtheile gelegentlich dazu befähigt von ihm
umhüllt zu werden. In manchen noch ziemlich frischen Feld-
spath-Individuen. besonders in Plagioklaseii. hifit man kleine, fast
farblose, bezw. äusserst schwach gelbliche Körnchen in grossen
Mengen an. Dieselben scheinen, nach ihrer Anordnungsweise und
ihrem ganzen Habitus zu urtheilen, primär zu sein. Ich möchte
sie für Epidot halten, konnte aber allerdings in Folge der un-
regelmässigen Conturen keine sicheren Anhaltspunkte für eine
Bestimmung erlangen. — Selbst wenn die Zahl der Interpositio-
nen des Feldspaths sehr gross wird, ei-hält er doch niemals eine
der Contactstructur des faserigen Orthoklases der Contactgesteine
ähnliche Beschaffenheit.
Der Muscovit ist schon makroskopisch bemerkbar, mi-
kroskopisch durch die ausgezeichnete Spaltbarkeit , scheinbar
509
gerade Auslöschung und lebhaften Polarisationsfarben leicht zu
erkennen , in basischen Schnitten durch grossen Winkel der
optischen Axen charakterisirt. Er ist in fast all' den unter-
suchten Gesteinen in beträchtlichen Mengen vorhanden und tritt
gewöhnlich in unregelmässig umrandeten . grösseren Lamellen
auf. Ausserdem kommt er aber auch nicht selten in feinblätte-
rigen Aggregaten vor. die man wohl am besten als Serieit be-
zeichnen wird. In dieser Ausbildungsart findet er sich gern in
enger Verwaclisung mit kleinen Quarzkörnchen. Die grösseren
Lamellen erscheinen in quer gegen die Schiefernng geschnittenen
Präparaten meist parallel gestellt. Er tritt in vielen anderen
Gemengtheilen als Einschluss auf, führt aber selbst nur ausnahms-
weise fremde Interpositionen . unter diesen noch am meisten
kleine, unregelmässig geformte Quarzkörnchen.
lieber den Biotit ist nur wenig zu sagen. Er zeigt den be-
kannten starken Pleochroismus (zwischen bräunlich gelb und dunkel
braun) und lässt in basischen Schnitten bei der Untersuchung im con-
vergenten Licht erkennen, dass der Winkel der optischen Axen
sehr klein ist. Man muss auch bei ihm zwei Ausbildungsarten
unterscheiden. Er tritt nämlich entweder in grösseren, unregel-
mässig umrandeten Lamellen anf oder in Anhäufungen kleiner,
gern mit Muscovit vergesellschafteter Fetzchen. Die grösseren
Lamellen sind fast stets parallel der Schieferung angeordnet.
Interpositionen fremder Mineralien sind selten. Es finden sich
eigentlich nur Eisenerzkörnchen und kleine Zirkonkrystalle. Letz-
tere sind häufig von dunkler gefärbten Höfen umgeben. Bisweilen
scheidet er bei beginnender Zersetzung Rutilnädelchen in geringer
Zahl aus. Einmal wurde eine offenbar gesetzmässige Verwach-
sung mit Muscovit beobachtet. Eine Lamelle des letzteren war
so zwischen zwei gleich grosse Lamellen des Biotit eingeschaltet,
dass die c - Axe gemeinsam, die Basis Verwachsungsfläche zu
sein schien.
Wir gehen jetzt zu den accessorischen Gemengtheilen
über. Der Turmalin findet sich in vielen der hierher gehörigen
Gesteine in vereinzelten Kryställchen. Nur in wenigen schmalen
Lagen tritt er etwas häufiger auf. Er erscheint gern in zier-
lichen, schlanken Säulchen, die auf dem einen Ende rhomboe-
drisch begrenzt, auf dem anderen unregelmässig abgebrochen zu
sein pflegen. Gew^öhnlich, aber nicht immer, sind die Conturen
scharf und geradlinig. Einschlüsse wurden nicht gefunden. Der
Pleochroismus ist sehr lebhaft. (e schwach gelblich, m dunkel
violettlich grau, mitunter auch braun.) — Chlorit wurde nur in
zwei auf dem Abhang oberhalb der Sennhütte Pozzolo anstehen-
den Gesteinen, aufgefunden, von denen das eine eigentlich mehr
510
pliyllitisclieu Charakter trügt. Es ist darin ein unzweifelhaft pri-
märer, aber nur untergeordneter Gemengtheil. Sein ganzer Ha-
bitus unterscheidet ihn von dem in echten Phylliten auftretenden
Chlorit. Er erscheint in vereinzelten, basisch gut begrenzten,
bis zu 0.6 mm langen Lamellen. In dem phyllitälmlichen Gestein
liegen dieselben gewissermaassen porphyrisch in einem feineren
Gewebe von Biotitfetzchen und soricitischem Muscovit. In dem
anderen betheiligt er sich in derselben Weise an der Zusammen-
setzung des Gesteins wie die Glimmer. Parallel der Basis ver-
laufen Spaltrisse, doch sind dieselben wenig zahlreich. Der
Pleochroismus ist ziemlich schwach, aber immerhin deutlich wahr-
nehmbar. Der Farbenwechsel geht von fast farblos, bezw. äus-
serst schwach grünlich bis zu hell grün. Zwischen gekreuzten
Nicols zeigt er meist jenes eigenthümliche Blau, welches bei den
Chloriten durch die Combination der Eigenfarbe und der nie-
drigen Polarisationsfarben entsteht^). Die Lichtbrechung ist sehr
schwach. Die Auslöschungsrichtung geht parallel der Basis.
Mitunter sind dem Chlorit winzige, unregelmässig geformte Quarz-
körnchen eingelagert. -- Der Apatit ist ein nie fehlender, aber
fast immer nur sehr untergeordneter Gemengtheil sämmtlicher
hier beschriebener Gesteine. Mitunter tritt er in den bekannten
langen, quer gegliederten Säulchen auf; weit häufiger aber findet
er sich in anscheinend von jenen ganz verschiedenen, meist voll-
kommen unregelmässig contui'irten , nur selten Andeutungen kry-
stallographischer Begrenzung aufweisenden Körnern. Die grösste
Ausdehnung derselben beträgt gewöhnlich nur Bruchtheile eines
Millimeters, erreicht indessen bisweilen auch Ibis 1.5 mm, ja in
einem Glimmerschiefer vom nördlichen Gehänge des Colmokammes,
nahe dem Ausgang der Foppa, bis über 8 mm Länge und 1 ^2 mm
Breite. Die Körner zeigen ziemlich regelmässig eine Absonde-
rung quer auf ihi'e Längserstreckung und löschen auch .parallel
zu derselben aus. Sie sind nicht selten durch zahllose winzige
Pünktchen ganz getrübt und erscheinen in Folge dessen dem un-
bewaffneten Auge in den Präparaten als weiss, während ihre
eigentliche Substanz farblos durchsichtig ist. Die Lichtbrechung
ist stärker als die der übrigen farblosen Mineralien dieser Ge-
steine, fast so stark, bei gleicher Dicke der Schnitte, wie die
des Andalusits der Contactgesteine. Die Doppelbrechung ist recht
schwach; in den nicht basischen Schnitten erzeugt sie das für
Apatit charakteristische Grau -blau. Dass man es wirklich mit
Apatit zu thun hat, beweist auch die Thatsache, dass sich die
dafür gehaltenen Durchschnitte in den Präparaten leicht in heisser
Rosenbusch. Mikrosk. Physiographie, I, p. 869.
511
Salzsäure lösen lassen. Ausserdem wurden aucli einmal die bei-
den verschiedenen Ausbildungsarten neben einander und durch
Uebergänge mit einander verbunden beobachtet. — Eisenerz
findet sich in fast all' den untersuchten Gesteinen in kleinen
Mengen und zwar entweder in einzelnen unregelmässig begrenzten
Körnern oder in Zusammenhäufungen solcher. Leukoxenartige
Umwandlungsproducte wurden nicht beobachtet. Es ist deshalb
wahrscheinlich, dass Magneteisen vorliegt. Eine sichere Bestim-
mung dei- Natur des Erzes konnte nicht vorgenommen werden.
— Zirkon findet sich in der bekannten Ausbildungsweise. Mit-
unter sind die Krystalle in einzelne, gegen einander verschobene
Stückchen zerbrochen.
In einem Biotitgneiss aus der Yalletta di Sonico wurden
vereinzelte, z. Th. scharf sechsseitige Durchschnitte beobachtet.
Sie waren durch Zersetzung so sehr getrübt, dass sich über
ihren Ursprung nichts Sicheres feststellen Hess. Vielleicht sind
sie aus Granat hervorgegangen.
B. Contactgesteine.
Ein Ueberblick über die hierher gehörigen Gesteine, sowie
eine Besprechung mancher geologisch wichtiger Einzelheiten be-
züglich ihrer Structur und mineralogischen Zusammensetzung
wurde bereits gelegentlich der geologischen Schilderung gegeben.
Es möge deshalb hier gleich die Beschreibung der an ihrem Auf-
bau betheiligten Mineralien und erst zum Schluss eine kurze
zusanunenfassende Darstellung der Gesteine folgen.
Als wesentliche Gemengtheile treten auf: Cordierit,
Andalusit, Quarz, Orthoklas. Plagioklas, Muscovit. Biotit; als
accessorische, bezw nur in vereinzelten Fällen als wesentliche
Gemengtheile: Sillimanit, Turmalin, Granat, Spinell. Korund,
Ilmenit. Magnetit, Pyrit, Apatit, Zirkon. Rutil.
In all' den Gesteinen, in denen der Cordierit beobachtet
wurde, tritt er in gänzlich farblosen, in der Grösse zwischen
0,1 mm und 2 mm variirenden Körnern auf. In den Cordierit-
Contactfelsen ist die durchschnittliche Ausdehnung zwischen 0,5 mm
und 0,9 mm. Daneben trifft man aber auch stets in geringeren
Mengen bedeutend kleinere und umgekehrt bis zu 1.5 mm und
2 mm grosse Körner darin an. In manchen Contactgneissen, in
denen er gewissermassen porphyrisch in einer Art Grundmasse
von kleinen, gewöhnlich nur 0,1 mm erreichenden Quarz und
Feldspathkörnchen, sowie Biotitblättchen liegt, ist seine durch-
schnittliche Grösse 1.5 — 2 mm. In den anderen Contactgneissen
und Contact-Glimmerschiefern hat er dieselbe Ausdehnung wie die
übrigen Gemengtheile. Die Spaltbarkeit nach x P oo äussert sich
512
nur selten durch meist nicht ganz regelmässig verlaufende, pa-
rallele Risse. Was die Formenausbildung der einzelnen Indivi-
duen betrifft, so sind krystallograpliisch gut begrenzte Körner nur
dort häufiger vorhanden, wo der Gordierit in den Contactfelsen
mit Quarz zusammen auftritt. Der letztere füllt dann gern die
unregelmässigen Räume zwischen den Krystallflächen der verschie-
denen Cordieritkörner aus. Dort aber, wo diese allein dicht an
einander gedrängt liegen oder wo sie mit Feldspath. Andalusit,
und Glimmer zusammenstossen, pflegt die Umrandung eine un-
regelmässigere zu sein. Dennoch springt die Begrenzungslinie
nicht so ganz regellos aus und ein, wie dies von den Quarzen und
Feldspathen der normalen Gneisse beschrieben wurde. Gerad-
liniger oder gleichmässig gebogener Verlauf der Umrandung herrscht
vor. Die besser conturirten Individuen liefern selten sechsseitige,
meist rechteckige bis quadratische Formen. Bei den letzteren
sind gern die Ecken abgestumpft odei- unregelmässiger abgerundet-,
Yerzwillingung ist sehr häufig, meist aber nicht so typisch aus-
gebildet, wie in den von Hussak \), v. Lassaulx ^), Dittmar ^),
Vogelsang'*) und aaideren beschriebenen Cordieriten der vulca-
nischen Auswürflinge bez. Schiefereinschlüsse in Eruptivgesteinen.
Im Allgemeinen äussert sie sich nur dadurch, dass im gewöhn-
lichen Licht vollkommen einheitlich erscheinende Körner im pola-
risirten Licht in zwei oder mehrere Felder zerfallen; dabei ver-
läuft die Begrenzungslinie dieser letzteren durchaus nicht immer
ganz regelmässig. In vielen Fällen entsendet das eine Indivi-
duum Zahn- oder Band - artige Fortsätze in das andere hinein,
vergl. Figur 1. Diese Erscheinung äussert sich dann bei anderer
^) E. HussAK. lieber den Cordierit in vulkanischen Auswürflingen.
Sitzungsber. der k. Akad. d. Wissensch., Wien, I. Abth., April 1883;
vergl. auch N. Jahrb. für Mineral, etc., 1885, II, p. 81: lieber die Ver-
breitung des Cordierits in Gesteinen.
^) A. V. Lasaulx. lieber Cordieritzwillinge in einem Auswürfling
des Laacher See's. Zeitschr. f. Krystallogr., 1883, Bd. VIII.
^) C. Dittmak. Mikrosk. Untersuchung der aus krystallinen Ge-
steinen, insbesondere der ans Schiefer herrührenden Auswürflinge des
Laacher See's. Verh. d. naturli. Vereins f. Rheinland u. Westfalen,
1887, p. 502 — 503.
*) Karl Vogelsang. Beiträge zur Kenntniss der Trachyte und
Basalte der Eifel. Diese Zeitschr., 1890, p. 26.
513
Lage der Sclinittebene des Präparates dadurcli, dass man bei
gekreuzten Nicols mitten in einem sonst einheitlichen Kr.ystall
mehrere kleine, scharf begrenzte, meist polygonale Felder erkennt,
die sämmtlich die gleiche optische Orientirung haben. Sie sind
jedenfalls nichts weiter als quer gegen ihre Längserstreckung ge-
schnittene Ausläufer eines ursprünglich oberhalb oder unterhalb
der jetzigen Schnittebene des Präparates gelegenen zweiten Zwil-
lings - Individuums, vergl. Figur 2. Häufig sind kleinere und
grössere Körner, die durch eine gerade verlaufende Naht in zwei
verschieden polarisirende Theile zerlegt werden, vergl. Figur 3.
Einmal wurde ein typisch ausgebildeter Juxtapositionsdrilling beob-
achtet, den Figur 4 darstellt. Elndlich gelang es in einem be-
sonders günstigen Fall auch die Lage der Zwillingsebene mit
Sicherheit zu bestimmen. Der betreffende Schnitt ist unregel-
mässig rundlich begrenzt und durch eine gerade verlaufende Zwil-
lingsnaht in zwei verschieden polarisirende Felder zerlegt. In
jedem dieser beiden Felder beobachtet man im convergenten po-
larisirten Licht das Axenbild des Cordierits, wobei die Axen-
ebenen um 60 ^ gegen einander verwendet sind. Dem entsprechend
bilden auch die Auslöschungsrichtungen im parallelen polarisirten
Licht gleichfalls einen Winkel von 60 '^ mit einander. Das
sind aber ganz genau die Verhältnisse, welche beim Cordierit basi-
schen Schnitten durch nach cc> P zerzwillingte Individuen
zukonnnen. — Mitunter ist es in Präparaten, die aus ganz frischen
Gesteinsstücken angefertigt sind, nicht möglich, verzwillingte Kry-
stalle von solchen, welche regellos neben einander gelagert sind,
aber eine gerade Begrenzungslinie besitzen, mit Sicherheit zu
unterscheiden. Wo aber die Zersetzung des Cordierits nur ein
wenig begonnen hat, da wird sofort der Unterschied zwischen
gesetzmässig und nur zufällig an einander gelagerten Krystallen
erkennbar. Die Zersetzung folgt nämlich stets mit Vorliebe zu-
nächst den Krystallgrenzen und Spaltrissen, verschont aber die
Zwillingstracen , weil an diesen, wenn man so sagen darf, das
Gefüge des Krystalls nicht lockerer ist als an beliebigen anderen
Stellen. Dringt sie abei- endlich in das Innere der Krystalle ein,
so sind aus dem gleichen Grunde die Zwillingstracen durchaus
nicht etwa bevor-zugte Richtungen ihres Fortschreitens. Sehr
häufig kann man sogar beobachten, dass sie von den Strängen
der Zersetzung durchzogen werden, ohne irgend welchen Einfluss
auf die Richtung und den Verlauf derselben auszuüben.
Bei den Umwandlungsvorgängen selbst bilden das haupt-
sächlichste zuerst entstehende Product grünliche, faserige, pi-
nitische Substanzen, die die Krystalle umranden und in Form
von Strängen durchziehen, wobei sie gern zwei senkrecht auf
514
cinanilor stelifeuden Kichtuiigen folgen. Von den liauptsträn-
gen gehen nach den Seiten kleinere secundäre aus. die immer
weiter in den Krystall hineinwachsen, bis schliesslich die ur-
sprüngliche Substanz desselben vollständig aufgezehrt ist. Dabei
bleiben die Krystallconturen gut erhalten, und man erkennt erst
bei gekreuzten Nicols an der Aggregatpolarisation, dass man nicht
mehr eine einheitlich orientirte Substanz vor sich hat. Aus den
wohl pinitischen Uniwandlungsproducten bildet sich, wie es scheint,
durch einen neuen secundären Vorgang Muscovit heraus. Dabei
findet oft eine Ortsveränderung der umgewandelten Substanz statt,
und es sind dann auf allen Spaltenräumen des Gesteins zahlreiche
grosse Muscovitblätter angesiedelt. Andererseits trifft man aber
auch mitunter an der Stelle des ursprünglichen Cordieritkrystalls
ganz feinfaserige Muscovitgewebe , die man wohl am besten als
Sericit bezeichnet. Eine sicher directe Umwandlung des Cor-
dierits in Sericit konnte nicht constatirt werden. Neben der be-
schriebenen Zersetzung konnut auch, obgleich bedeutend seltener,
eine andere Art der üniwandlung vor, bei der Serpentin-ähnliche,
meist gelb oder gelb-braun gefärbte, nicht faserig, wie der Pinit,
struirte, sondern einheitliche Producte entstehen.
Von den Biotit-Interpositionen des Cordierits haben wir
schon ziemlich ausführlich bei der Beschreibung der hauptsäch-
lich durch sie erzeugten Contactstructur gesprochen. Es möge
hier nur noch kurz einiger Einzelheiten gedacht werden, welche
dort der Uebersichtlichkeit halber nicht mit aufgeführt wurden.
Die Biotitblättchen besitzen durchschnittlich mir ein oder wenige
Hundertstel Millimeter Ausdehnung, erreichen sogar mitunter noch
nicht einmal diese Dimensionen. Dabei haben sie so geringe
Dicke, dass selbst in dünnen Präparaten nicht selten zwei oder
drei unter einander liegen und bei der Verschiebung des Tubus
nach einander sichtbar werden. Diejenigen unter ihnen, welche
längliche, und besonders die, welche rechteckige Gestalten be-
sitzen, sind recht oft parallel zu den Krystallaxen des Cordierits
angeordnet. Ausser dem Biotit wurden noch eine Reihe anderer
Mineralien als Einschlüsse in dem Cordierit aufgefunden, treten
aber viel seltener auf als jene und unterscheiden sich im Allge-
meinen nicht durch ihre Formen von den Einschlüssen, welche
im Cordierit normaler archäischer Gesteine aufzutreten pflegen.
Vor Allem sind Titaneisen, Sillimanit und Zirkon zu erwähnen.
Das Titaneisen trifft man meist in frischen, opaken, selten nur
in umgewandelten und dann Leukoxen bildenden Körnern an.
Magnetit dürfte, nach dem hohen Titansäuregehalt zu urtheilen,
welchen die oben angeführte Analyse ergab, meist nicht daneben
vorhanden sein. Im Allgemeinen haben die Körner des Erzes
515
unrcgeln)ässige Gestalt; nur in dem Cordierit der aus dein Gra-
nat-Tonalit stammendeu Einschlüsse herrschen lang stabartige For-
men vor. Der Sillimanit findet sich entweder massenhaft in
dichten Büscheln oder aber in vereinzelten, sehr häufig parallel
zu den krystallographischen Axen des Cordierits eingelagerten,
langen Nadeln. Nur selten sind dieselben undeutlich pyramidal
begrenzt, meist unregelmässig endend. Querabsonderung ist nicht
häufig wahrzunehmen und jedenfalls viel seltener als beim Apatit.
Der Zirkon tritt bald in gut krystallisirten. scharfen, kleinen
Säulchen, bald in mehr oder minder unregclmässig begrenzten
Körnern auf; er ist fast stets von den bekannten gelben, pleo-
chroitischen Höfen umgeben, deren Farbenintensität in der Stellung
am grössten ist, in welcher eine Elasticitätsaxe des Cordierits
mit der Schwingungsrichtung der Polarisators zusammenfällt. Auch
Quarzkörnchen sind mitunter in dem Cordierit eingeschlossen und
besitzen dann meist dieselben rundlichen Gestalten, wie sie den
Quarzeinschlüssen des faserigen Orthoklas eigenthünilich sind.
Audalusitkörnchen wurden nur in vereinzelten, seltenen Fällen als
Interpositionen beobachtet. Sie sind stets ganz unregelmässig
umgrenzt. Schliesslich sind noch Spinell, Korund und Kutil als
Einschlüsse zu erwähnen. Der Rutil und der Korund wurden
nur in den Cordieriten der aus dem Granat -Tonalit stammenden
Varietät aufgefunden. Ersterer tritt in dünnen, roth - braunen
Säulchen zusammen mit den oben erwähnten Ilmenitstäbchen auf.
Den Korund und den Spinell werden wir erst später besprechen,
da sie auch noch in anderen Mineralien und ferner auch selbst-
ständig ganz in derselben Ausbildungsweise vorkommen, (xlas-
und Flüssigkeitseinschlüsse wurden niemals constatirt.
Es bleibt uns jetzt nur noch übrig, kurz auf die optischen
Eigenschaften einzugehen, welche an dem Cordierit beobachtet
wurden und theilweise die besten diagnostischen Merkmale für
seine Wiedererkennung in den verschiedenen Gesteinen gewährten.
Seiner rhombischen Natur entsprechend ergab sich die Auslöschung
in all' den Schnitten als gerade, in welchen auf irgend eine Weise
ein Anhaltspunkt zur Bestimmung der Auslöschungsrichtung ge-
geben war, sei es nun durch Krystallconturen oder durch Spalt-
risse, sei es durch Richtungen, in denen die Zersetzung fort-
schreitet oder durch geradlinig parallele Anordnung von Interpo-
sitionen. Im convergenten polarisirten Licht wurden die Merkmale
optisch - zweiaxiger Krystalle mit grossem Winkel der optischen
Axen beobachtet. Die Lichtbrechung ist schwach. Dass sie sehr
annähernd mit der des Canadabalsams übereinstimmt, trat deut-
lich hervor, als Splitterchen des Minerals, die mit Thoulet' scher
Flüssigkeit isolirt worden waren, in den Balsam eingebettet wur-
516
den. Im gewöhnlichen Licht sah man ausser den Partikelclien,
welche durch Verunreinigung mit nicht zu entfernendem Biotit
sofort sichtbar waren, nur noch sehr wenige Körnchen imierhalb
des Gesichtsfeldes. Setzte man aber den oberen Xicol in ge-
kreuzter Stellung auf, so erschien dasselbe plötzlich ganz erfüllt
mit Ideinen, bunt polarisirenden Splitterchen und Körnchen. Die
Doppelbrechung hat ungefähr dieselbe Stärke, wie bei dem Quarz,
von dem er daher auch durch die Interferenzfarben nicht unter-
schieden werden konnte. Der charakteristische Pleochroismus
war selbst in dif^keren Präparaten niemals wahrnehmbar. Es
wurde daher der Versuch gemacht, ilin in der bekannten, zuerst
von BorucKY ^) angegebenen Weise künstlich zu erzeugen. Zu
dem Zweck wurden einzelne Stücke von Präparaten vom Object-
träger gelöst und auf Platinblech geglüht. Die besten Resultate
erhielt ich bei schwachem, aber anhaltendem Glühen. Es gelang
dann, einen recht intensiven Pleochroismus hervorzubringen, dessen
Farbenwechsel von gelblich weiss bis zu hell blau ging. Durch
die hierbei angewendete Temperatur wurden die pleochroitischen
Höfe rings um die Zirkonkrystalle bereits vollkommen zerstört.
Bei sehr lange fortgesetztem, kräftigerem Glühen verschwand der
Pleochroismus wieder. Es trat dabei aber eine andere Erschei-
nung auf, die man zur Unterscheidung des Cordierits von Quarz
und Feldspath benutzen kann. Während nänüich diese beiden
Mineralien klar und frisch bleiben, bräunt sich der Cordierit in
einer ganz eigenthümlichen Weise. Freilich ist die Bräunung nur
schwach, aber sie reicht vollkommen aus, um jene Unterscheidung
mit Sicherheit vornehmen zu können. Der Cordierit erscheint
in solchen Präparaten nach dem Glühen wie mit einem feinen,
braunen Pulver überstreut; seine bereits zersetzten Stellen aber
färben sich durch Ausscheidimg ihres Eisengehaltes dunkel braim.
Wahrscheinlich beruht die ganze Erscheinung darauf, dass schon
vor dem Glühen auch in der anscheinend unveränderten Substanz
zahlreiche, winzige, zersetzte Partikelchen liegen, die wegen ihrer
hellen Farbe und ihrer geringen Dimensionen leicht ganz zu
übersehen, bezw. mit Interpositionen zu verwechseln sind. Beim
Glühen verhalten sie sich dann nicht anders, als jene grösseren,
nachweislich zersetzten Partieen; sie scheiden nändich dunkle
Eisenverbindungen aus. die durch die grosse Anzahl der ehizel-
nen dunklen Pünktchen dem ganzen Durchschnitt eine eigenthüm-
lich bräunliche Färbung geben. Ganz dieselben Phänomene wur-
deu bei einer Reihe ven Versuchen wahrgenommen, die mein
^) Elemente einer neuen, chemisch -mikroskopischen Mineral- und
Gesteins -Analyse, Prag 1877.
517
Freund Dr. Karl Vogelsang in Gomeinschaft mit mir, übrigens
liauptsächlicb zu anderen Zwecken, anstellte. Genaueres darüber
vergleicbe man in seiner bereits oben (p. 511) citirten Arbeit,
p. 45 — 46.
An diesem Orte führe icb nur soviel an. als für die bier
vorliegende Arbeit in Betracbt kommt. Die Versuche bestanden
darin, dass Stückchen von C^ordieritgneiss von Lunzenau und von
Cordierit-Contactfels der Foppa in Andesitpulver eingebettet und
bei sehr hohen Temperaturen partiell eingeschmolzen wurden.
Es stellte sich dabei heraus, dass mitunter, offenbar bei nicht
sehr starker Einwirkung des Andesitmagmas einzelne Cordierit-
körner künstlichen Pleochroismus erhielten. Gewöhnlich aber war
davon in den Präparaten nichts mehr zu sehen. Dafür fand
dann eine ziemlich reichliche Ausscheidung von dunklen Eisen-
verbindungen und zwar besonders auf den Spalten und an den
Rändern des Cordierits statt.
Einen chemischen Nachweis für die Cordieritnatur des vor-
liegenden Minerals lieferte die oben angeführte Bauschanalysc
eines Cordierit - Contactfelses , der sehr biotitarm ist und ausser
dem Biotit und dem Cordierit kein einziges Magnesia enthal-
tendes Silicat führt. Der hohe Gehalt an Magnesia (5,46 pCt.)
verweist daher unbedingt auf Cordierit.
Noch auf eine höchst eigenthümliche Erscheinung möchte
icb hier eingehen, die wohl allgemeineres Interesse verdient.
Der Cordierit wurde in Eruptivgesteinen bisher in drei verschie-
denen Arten des Auftretens beobachtet, erstens nämlich als un-
zweifelhaft aus dem Schmelzfluss auskrytallisirter GemengtheiP),
zweitens als ursprünglicher Gemengtheil fremder, von dem Erup-
tivmagma umschlossener Felsarten ^), drittens als randliche Neu-
bildung rings um ursprünglich cordieritfreie Gesteinsbrocken'').
In diesem letzteren Fall verdankt er seine Entdeckung anschei-
^) Hierher gehört der Cordierit der Granite, der allerdings wohl
stets bereits zersetzte Cordierit der Quarzporphyre und z. Th. der
Cordierit der von Szabö und Osann beschriebenen jung -eruptiven
Gesteine.
') Hierzu gehören die Cordierit führenden Auswürtlnge des Ivaacher
See's, welche von Hussak, v. Lasaulx, Wolf und Dittmar beschrie-
ben wurden, die neuerdings von Vogelsang untersuchten Bruchstücke
von Cordieritgesteinen in Andesiten und Trachyten des Siebengebirges
und der Eifel, z. Th. die von Osann und Gerhard vom Rath, viel-
leicht auch z. Th. die von Szabö beschriebenen Gesteine.
'•^) Nur einmal beobachtet von Prohaska.
Anmerkung. Genauere Angaben über diese Publicationen ent-
hält die bereits mehrfach citirte Arbeit von K. VoGELSANG.
518
nend der Mischung des eruptiven Magmas mit der partiell zur
Einschmelzung gelangten Substanz der Einschlüsse.
Sieht man ab von dem unter 1. aufgeführten Cordierit, der
als Gemengtheil der Granite auftritt, und bei dem allerdings andere
Verhältnisse maassgebend zu sein scheinen ^) so sind all' den übri-
gen genannten Vorkommnissen des Cordierits nach den darüber
vorliegenden Beschreibungen gewisse Eigenthümlichkeiten mehr
oder minder gemeinsam. Vor Allem ist es das Fehlen der be-
kannten gelben, pleochroitischen Höfe. Ferner übertrifft der
Pleochroismus dieser aus Eruptivgesteinen stammenden oder von
ihnen umschlossenen Cordierite, wie Rosenbusch ^) hervorhebt,
bei weitem den, welchen man an den Cordieriten der Contacthöfe
und der normalen krystallinen Schiefer beobachtet. — Dagegen ver-
halten sie sich in Bezug auf das Auftreten von Interpositionen^j
und die Art derselben allerdings ganz verschieden. In dem erst-
erwähnten Fall führt der Cordierit Flüssigkeits- und Gaseinschlüsse
oder er ist einschlussfrei, in dem zweiten enthält er aber gern
auch Interpositionen von Glas. Hu.ssak's Auffassung von der
„unzweifelhaft primären Natur'- der Glaseinschlüsse in dem Cor-
dierit der von ihm untersuchten Laacher Auswürflinge dürfte wohl
durch die Arbeiten von v. Lasaulx, Dittmar und Vogelsang
widerlegt sein.
Offenbar liegt nun in den bereits mehrfach von uns be-
sprochenen Einschlüssen von Cordierit-Contactfels iu dem Granat
führenden Tonalit der Foppa eine ganz neue, mit den drei
erwähnten nicht übereinstimmende Ausbildungsweise vor. Der
Cordierit hat nämlich in diesen Einschlüssen zweifellos dieselbe
Genesis wie in der Hunderte von Metern breiten Contactzone,
die den Tonalit ringsum begleitet. Das heisst, er ist durch die-
selben Agentien, welche ihn in jenen, zum allergrössten Theil
niemals mit dem eruptiven Magma in Berührung gekommenen
Gesteinen erzeugt haben, auch in den Einschlüssen gebildet wor-
den, nicht etwa wie in dem von Prohaska beschriebenen Fall
durch Vermischung des eruptiven Magmas mit zur Einschmelzung
gelangter Substanz der Einschlüsse. Ganz dasselbe gilt ferner
für die oben nur kurz erwähnten Einschlüsse von Cordieritkör-
^) Vergl. Barrois. Sur le massif granitique de Huelgoat. Bull,
soe. geol. (3), XIV, 1886, p. 808: „On ne peut admettre qiie le phe-
nomene des aureoles polychroiques soit limite aux cordierites des
schistes cristallins; car 11 presente la plus grand nettete dans le cor-
dierite du granite devonien de tout ce massif du Huelgoat." (In der
Bretagne.)
2) Mikrosk. Physiogr., Bd. I, p. 416.
*)• Von den mineralischen Interpositionen wird hier abgesehen.
519
nern und Cordierit-Contactfels-Bruchstücken in dem gangförmigen
Tonalit und endlich von den Bruchstücken von Biotit - Cordierit-
gesteinen in dem Quarz-Diorit des Val Moja. Bemerkenswerther
Weise stimmt der Cordierit dieser Einschlüsse in allen Eigen-
schaften mit dem Cordierit des Contacthofes und der Contacthöfe
überhaupt überein. Das heisst, er führt gelbe, pleochroitische
Höfe rings um Zirkonkrystalle, enthält niemals Glaseinschlüsse und
ist selbst in dickeren Präparaten ganz fai-blos, ohne jede Spur
von Pleochroismus. Ganz dasselbe beobachtete ich auch in
Schliffen, die, aus Contactstücken angefertigt, auf der einen Seite
aus Cordierit- Contactfels, auf der anderen aus Tonalit bestehen,
selbst in den unmittelbar dem Eruptivgestein benachbarten Cor-
dieritkörnern. Es ist das sehr auffällig, da man wohl a priori
für derartige erst in dem Eruptiv magma durch die contact-
metamorphischen Agentien gebildeten Cordierite erwarten würde,
dass die Temperatur auch nach erfolgter Ausbildung noch hoch
genug sein müsste, um die durch organische Substanzen erzeugten
Höfe zu zerstören und dem Cordierit den bekannten Pleochrois-
mus zu ertheilen. Noch auffälliger ist es aber, wenn man be-
denkt, dass es bei den oben erwähnten Glüh- und Einschmelzungs-
versuchen ganz leicht und mühelos gelang, in dem vollkommen
übereinstimmenden Cordierit der benachbarten Contactfelse den
Pleochroismus zu erzeugen und die organischen Höfchen zu zer-
stören. Die Thatsachen entsprechen demnach in diesem Falle
nicht den Erwartungen. Man muss sich damit begnügen, die
ersteren zu verzeichnen. Eine Erklärung wird man aber wohl
erst dann dafür geben können, wenn man beobachtet haben wird,
was für eine Beeinflussung Fragmente von praeexistirenden Cor-
dieritgesteinen erleiden, die schon als solche von den Magmen
von Tiefengesteinen umschlossen wurden. Schon jetzt kann
man indessen sagen, dass die oben angeführte Beobachtung Bar-
ROTs' dafür spricht, dass die ja noch sehr unbekannten physika-
lischen Zustände, welche in den Magmen von Tiefengesteinen
herrschen, die Bildung bezvv. Erhaltung der pleochroitischen Höfe
des Cordierits gestatten. Einschmelzungen in kleinem Maassstabe
im Laboratorium vorgenommen odei- Beobachtungen, die an den
Einschlüssen von Ergussgesteinen angestellt wurden, können
zur Vergleichung mit den in unserem Falle beobachteten Vor-
gängen nicht herangezogen werden.
Der Andalusit tritt bald in compacteren, mehrere Milli-
meter langen und ungefähr 1 mm breiten, dick säulenförmigen
Krystallen auf. bald in starken bis 6 mm langen, aber nur Bruch-
theile eines Millimeters breiten Nadeln, die gewöhnlich in paral-
leler Anordnung zu einem Bündel aggregirt sind. Zwischen bei-
520
den AusbilduDgsweisen existiren Uebergänge. Fast immer sind
die Individuen in der'Veiiicalzone scharf umrandet. Die pris-
matische Spaltbarkeit äussert sich in den Längsschnitten durch
zahlreiche geradlinig verlaufende, parallele Risse, in den quadra-
tisch geformten Querschnitten durch zwei Sj'steme senkrecht auf
einander stehender Spalten, die den ganzen Krystall in mehr oder
weniger regelmässig ausgebildete kleine Quadrate zerlegen. Die
Auslöschung geht im letzteren Fall parallel der Diagonale der
Quadrate, im ersteren parallel der Krystallcontur und der Spal-
tung, ist also gerade. Im convergenten polarisirten Licht wurden
in den Querschnitten das Interferenzbild optisch zweiaxiger Kry-
stalle mit grossem Winkel der optischen Axen beobachtet. Selbst
in dünnen Präparaten war der dem Andalusit eigenthümliche
Pleochroismus (c = rosaroth, a und b = farblos) meist noch
wahrnehmbar. Sehr häufig ist die besonders von v. John ^) ein-
gehend beschriebene Erscheinung, dass der Pleochroismus auf
einen bestimmten Fleck in dem Krystall concentrirt ist. während
die übrige Krystallniasse farblos erscheint. Die pleochroitischen
Flecke sind oft. wenigstens theilweise. kryst allographisch begrenzt
und häufig in der Piichtung der c - Axe in die Länge gezogen.
Ein Zusammenhang mit Mineral - Interpositionen wurde niemals
beobachtet. In Folge der starken Lichtbrechung des Andalusits
tritt sein Relief stark und deutlich hervor. Seine Interferenz-
farben sind lebhafter als die des Cordierits und des Quarzes.
Bei der Zersetzung geht er in feinfaserige, sericitische Aggregate
über, die die Krystallformen noch vollständig bewahren. Es ist
mitunter nicht leicht, diese ümwandlungsproducte von denen des
Cordierits zu unterscheiden. Uebrigens ist zu bemerken, dass
im Allgemeinen bei dem Andalusit die Zersetzung mehr gleich-
massig von den Rändern nach innen fortschreitet, in dem Cor-
dierit aber gern durch vorausgesandte Stränge ein eigenthüm-
liches Maschennetz erzeugt, das mehrere kleine, ursprünglich
zusammenhängende, noch unzersetzte Kerne enthält, ähnlich wie
mau es bei der Umwandlung vzn Olivin in Serpentin beobachtet.
— Was die Interpositionen des Andalusits betrifft, so ist bereits
bei der geologischen Beschreibung erwähnt worden, dass der An-
dalusit durch Aufnahme zahlreicher Partikel anderer Mineralien,
besonders Quarz, Eisenerz und Biotit, häufig eine förmliche
Skelettstructur annimmt. Mitunter äussert sich das in der Weise,
dass man bei der Betrachtung im gewöhnlichen Licht im Ge-
*) F. Teller und C. v. John. Geol.-petrogr. Beiträge zur Kennt-
niss der dioritischen Gesteine von Klausen, p. 664. J. d. k. k. R.-A.,
1882.
5-21
Sichtsfelde des Mikroskops eine grössere Anzahl unregelmässig
begrenzter, von Quarz und Feldspatli- Aggregaten getrennter An-
dalusitpartieen wahrninuiit. die scheinbar unter einander in kei-
nerlei Beziehung stehen. Erst im polarisirten Licht erkennt man
an der identischen optischen Orientirung all' dieser Körner und
Fetzen, dass sie nur Theile eines einzigen grossen Krystalls sind,
dessen einzelne Partieen in Folge seiner skelettartigen Ausbildung
innerhalb der Ebene des Präparates gar keinen Zusammenhang
mehr besitzen. Im Allgemeinen sind indessen die Interpositionen
weniger zahlreich und gross, und der Zusammenhang der Anda-
lusitkrystalle ist dann nicht in dem Maasse gestört. Wenn sich
dann ausserdem noch Biotitblättchen und Eisenerzpartikelchen als
Einschlüsse einstellen, so wird die Aehnlichkeit mit der bei dem
Cordierit beschriebenen Structur deutlich und zweifellos. Sehr
viel seltener als in der geschilderten Art und Weise tritt der
Andalusit in kleineren, unregelmässig begrenzten Körnern auf.
Er kommt dann auch bisweilen selbst als Einschluss in anderen
Mineralien vor, z. B. im Cordierit und im Plagioklas.
Der Quarz tritt als wesentlicher Gemengtheil in sämmtlichen
Contact-Gneissen und -Glimmerschiefern und in den meisten Cordierit-
Contactfelsen auf. In manchen Varietäten dieses letzteren ist er in-
dessen nur in sehr geringen Mengen vorhanden. Er findet sich daim
tlieils in einzelnen, unregelmässig durch das Gestein verstreuten Kör-
nern, theils in unbedeutenden kleinen Linsen. In Bezug auf Form
und Grösse habe ich wesentliche Unterschiede gegenüber dem Quarz
der unveränderten Gneisse und Glimmerschiefer nicht wahrnehmen
können. Flüssigkeitseinschlüsse führte er zwar nie in grosser
Menge, aber doch regelmässig und in kleiner Zahl selbst in dicht
neben dem Contact geschlagenen Gesteinen. Nicht gerade selten
umschliesst er Biotit- und Muscovitblättchen; niemals aber kommt
es bei ihm in diesen Gesteinen bis zur Ausbildung jener Contact-
structur des Cordierits und Andalusits. In den Cordierit-Contact-
felsen ist es sogar ganz auffällig arm an Einschlüssen. Dennoch
geht schon aus der oben besprochenen Art seiner Begrenzung
dem Cordierit gegenüber mit Sicherheit hervor, dass er in den
Contactfelsen wenigstens z. Th. als Neubildung aufzufassen ist^j.
') Es ist auffällig, dass die Ausbildungsweise des Quarzes in den
hier untersuchten Gesteinen so sehr von der von Sauer (1. c.) be-
schriebenen des Quarzes der Meissener Contactgesteine abweicht, ob-
wohl diese in so vielen anderen Punkten vollständige Analogieen auf-
weisen. Es erweckt das den Anschein, als ob in sehr cordieritreichen
Contactgesteinen der Cordierit die Stelle des Quarzes gewissermaassen
vertritt.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 3. 35
522
Er selbst findet sich selir häufig als Einschluss in anderen Mi-
neralien und zwar mit Vorliebe in dem Andalusit und dem fase-
rigen Orthoklas, demnächst im Cordierit, seltener im Muscovit,
Biotit, Turmalin. Die Art und Weise seiner Ausbildung in all'
diesen Mineralien ist bereits in dem geologischen Theil der Arbeit
genau beschrieben worden. — Erwähnt sei nur noch, dass er in
manchen sillimanitreichen Contactgneissen oft von den Nadeln
dieses Minerals durchspickt wird.
Der Feldspath der Contactgneisse gehört zum allergrössten
Theil dem Orthoklas an, wie die recht geringe Zahl der polysynthe-
tisch verzwillingten Körner beweist. Dagegen ist er in den Contact-
felsen fast ganz und gar zum Plagioklas zu rechnen. In Bezug
auf Gestaltung und Grösse der Individuen unterscheidet er sich
nicht von dem Feldspath der unveränderten Gneisse. Neben dem
gewöhnlichen Orthoklas tritt jene bereits wiederholt erwähnte
faserig erscheinende Varietät desselben auf, die in den normalen
Gneissen niemals beobachtet wurde. In ihr erscheint das, was bei
schwacher Vergrösserung einer Faser gleicht, bei lOOfacher Ver-
grösserung als zarte, parallel zu den übrigen „Fasern" angeord-
nete Linie. In Krystallen aber, welche sich bereits zu zersetzen
beginnen, lösen sich diese Linien in Reihen von winzig kleinen,
dicht neben einander liegenden, dunklen Körnchen auf. Oft beob-
achtet man randlich schon Körnelung. während in dem frischen
Inneren die Faser noch ganz homogen erscheint. Andererseits
erkennt man selbst in anscheinend ganz frischen Krystallen bei
SOOfacher Vergrösserung, dass die Fasern auch dort häufig schon
aus Körnchenreihen bestehen. Es war mir nicht möglich, mit
völliger Sicherheit zu entscheiden, ob man die Erscheinung auf
ursprünglich homogene, erst durch Zersetzung körnelig werdende
Substanz zurückzuführen hat, die in Form von schmalen Lamellen
eingeschaltet ist, oder ob die Körner als primäre Einlagerungen
in den Feldspath aufzufassen sind. Indessen ist diese letztere
Annahme unsicher. Eine Aehnlichkeit mit Mikroperthit ist nicht
vorhanden. Bemerkenswerth ist es, dass gerade in diesem fase-
rigen Feldspath die Contactstructur stets sehr schön ausgebildet
ist, während sie dem gewöhnlichen Orthoklas und dem Plagioklas
ganz fehlt. Der gewöhnliche Orthoklas führt dagegen nicht selten
zahlreiche Einschlüsse von Biotit, Muscovit und anderen Mine-
ralien, erhält aber niemals dadurch eine Structur, die ihn mit
dem metamorphen Orthoklas verwechseln liesse. Der Plagioklas
ist meist einschlussfrei. Der oben erwähnte Fall, dass grössere
Plagioklaskrystalle eines Contactgneisses zahlreiche Interpositionen
von Andalusit. Sillimanit und Biotit enthalten, steht ganz isolirt
523
da. Bezüglich der Vertheilung der beiden Orthoklasarten ist zu
bemerken, dass in den zur Untersuchung gelangten Stücken ge-
wöhnlich nur eine der beiden Varietäten beobachtet wurde. —
Mikroskopische Verwachsung von Quarz und Orthoklas zu Schrift-
granit, die granophyrische Structur Rosenbusch' s, wurde in eini-
gen vereinzelten Präparaten wahrgenommen, ist aber nicht sehr
verbreitet.
Der Biotit ist eines der am meisten an der Zusammen-
setzung der Contactgesteine betheiligten Mineralien. In den Con-
tact-Gneissen und -Glimmerschiefern überwiegt er den Muscovit
bei Weitem, in den Contactfelsen verdrängt er ihn ganz und gar.
Einerseits findet er sich selbstständig, zwischen den Körnern der
übrigen Gemengtheile eingeschaltet, andererseits in den beschrie-
benen winzig kleinen Blättchen, welche durch ihr Auftreten dem
Cordierit fast ausschliesslich, dem Andalusit und dem faserigen
Orthoklas z. Th. jene charakteristische Structur verleihen. Was
die grösseren Blätter betrifft, so habe ich keinen Unterschied in
Bezug auf Gestaltung und Umrandung gegenüber dem Biotit der
unveränderten Gesteine wahrnehmen können. Nur ausnahmsweise
führen sie Einschlüsse und zwar hauptsächlich von Eisenerz und
Zirkon; nur in ganz vereinzelten Fällen und zwar in Gesteinen,
die sehr reich an dem faserigen Orthoklas sind, auch von Quarz.
Die optischen Eigenschaften sind durchaus normal. Er besitzt
denselben starken Pleochroisnms wie in den unveränderten Ge-
steinen. Die Untersuchung im convergenten , polarisirten Licht
ergab geringe Grösse des Winkels der optischen Axen und unter
Benutzung der durch künstlich erzeugte Schlagfiguren gegebenen
Orientirung parallele Stellung der Axenebene zu dem Klinopina-
koid. Bei eintretender Zersetzung scheidet er nicht selten Rutil-
nädelchen aus.
Der Muscovit ist nicht verschieden von dem Muscovit der
unveränderten Gneisse und Glimmerschiefer. Als primärer Ge-
mengtheil wurde er in den eigentlichen Contactfelsen nicht beob-
achtet. Dagegen tritt er in den Gesteinen der äusseren Contact-
zone mitunter, in ziemlicher Menge neben dem Biotit auf. Se-
cundär findet er sich in den meisten zersetzten Andalusit- und
Cordieritgesteinen und zwar entweder in grossen Krystallblättern
oder in feinfaserigen, sericitischen Geweben. Ausnahmsweise trifl't
man ihn in manchen Gesteinen, die sehr reich an dem faserigen
Orthoklas sind, von Quarzkörnchen durchbrochen. Er ist dann
möglicher Weise gleichfalls als eine Neubildung aufzufassen, ob-
wohl er im Allgemeinen entschieden zu den noch aus den ur-
sprünglichen Gesteinen erhaltenen Gemengtheilen gehört.
35*
524
Der Sillimanit findet sich hauptsäclilicli in der beschrie-
benen Weise als Einschluss im Cordierit. Ausserdem kommt er
aber auch noch in manchen Turmalin führenden Contactgneissen
in mächtigen Büschehi und Zügen vor. die theils zwischen den
übrigen Mineralien hindurchziehen, theils dieselben durchdringen
und erfüllen. Besonders gilt das von dem Biotit, welcher hier
ganz in der Weise, wie es Sauer (1. c, p. 45) von gewissen
Contactgesteinen der Meissener Gegend beschrieb, „mitunter bis
zur fast vollständigen Verdrängung seiner Substanz- damit im-
prägnirt ist. Aber auch im Quarz tritt er gern in Form von
dichten Büscheln und einzelnen Nadeln auf. Einmal wurde er
auch in grösseren Plagioklaskrystallen als Einschluss beobachtet.
Den Turmalin trifft man in vielen Gesteinen der äusseren
Contactzone in vereinzelten Säulchen. In grösseren Mengen findet
er sich an einer bestimmten Stelle des Piccolokammes und zwar
in einem Cordierit -Contactgneiss, einem Andalusit-Contactgneiss
und einem cordierit- und andalusitfreien Contactgneiss, die mit
einander wechsellagern, ferner auch in einem an den Felsen der
Thalstufe in der Foppa geschlagenen Contactgneiss. Fast all'
diese Gesteine sind sehr sillimanitreich. In den eigentlichen
Cordierit -Contactf eisen wurde er bisher nicht beobachtet. Meist
tritt er selbstständig auf; ausnahmsweise tritlt man ihn aber auch
als Einschluss im Cordierit und Feldspath. Gewöhnlich erreichen
seine Krystalle nur Bruchtheile eines Millimeters an Länge. Sie
pflegen scharf und deutlich ausgebildet zu sein und sind gern
auf der einen Seite rhomboedi"isch begrenzt, während die andere
unregelmässig endet. In Querschnitten beobachtet man mitunter
die charakteristischen neunseitigen Formen seiner Säulen. Die
Axenfarben sind lichtgelb und ganz dunkel braun. In manchen
Contactgneissen, die an dem neu gebildeten und durch die be-
schriebene Structur ausgezeichneten faserigen Orthoklas reich
sind, umschliesst auch er. wie bereits erwähnt, mitunter Quarz-
körnchen. Ueber seine Vertheilung in den Contactgesteinen im
Grossen w^urde bei der geologischen Beschreibung ausführlicher
gesprochen.
Das Auftreten des Granats ist ein sehr beschränktes. In
grösseren Mengen fand ich ihn nur in einem Cordierit - Contact-
fels neben dem Tonalit des Colmokammes. Dort erreichen seine
Individuen fast 1 cm Durchmesser, sind, wenn kleiner, meist
deutlich und scharf krystallisirt und lassen die Combination eines
vorwaltenden Ikositetraeders mit dem Rhombendodekaeder erken-
nen. Die Krystalle sind braunroth gefärbt, werden im Dünn-
schliff mit blass rosarother Farbe durchsichtig und sind von un-
regelmässig verlaufenden Spaltrissen durchzogen. Sie umschliessen
525
Hohlräume und Partikel eines farblosen Minerals, walirscheinlieli
Quarz, mitunter auch Glimmcrblättchen. In den Contactgneissen
fand ich Granat meist nur in ganz vereinzelten Körnern, seltener
in etwas grösseren Mengen.
Spinell, von der grünen Farbe des Pleoiiasts und des
Hercynits. wurde mehrfach in Cordieritgesteinen beobachtet, ein-
mal nämlich in einem Cordierit - Contactgneiss vom Gehänge des
südlichen Foppakammes, mehrmals in Cordierit -Contactfelsen von
beiden Foi)pagehängen, im Cordierit - Contactfels aus dem Val
d'Avio und in dem Gestein der im Tonalit gefundenen Ein-
schlüsse. Abgesehen von den Gesteinen der beiden letztgenannten
Fundorte ist seine Menge stets ausserordentlich gering. Ge-
wöhnlich beschränkt sich sein Vorkommen darauf, dass man in
einem Präparat an einer oder zwei Stellen in dem Cordierit
winzige, unregelmässig geformte Partieen von der in diesen Ge-
steinen niemals bei einem anderen Mineral beobachteten charakte-
ristischen grünen Farbe antrifft. In Präparaten, welche von einem
aus dem Aviothal mitgebrachten Handstück stammen, tritt er be-
reits weniger spärlich in Anhäufungen grösserer, selten gut octae-
drisch gestalteter Individuen auf. Endlich findet er sich in
sämmtlichen mikroskopisch untersuchten Einschlüssen aus dem
Granattonalit in recht beträchtlichen Mengen, und zwar nicht
blos im Cordierit, sondern, wie bereits mitgetheilt wurde, auch
im Biotit und dem jedenfalls aus dem Tonalitmagma ausgeschie-
denen Feldspath. Sehr selten trifft man bei ihm oktaedrischc
Formen an; gewöhnlich herrscht geradlinige, aber unregelmässige
Begrenzung vor. In manchen Gesteinen dagegen und zwar be-
sonders in den zuletzt erwähnten Einschlüssen beobachtet man
ihn in länglichen, schmalen, nicht geradlinig umrandeten, sondern
wellig gebogenen, wie geschmolzen aussehenden Formen, die man
nur noch an ihrer Fai'be als Spinell erkennt, die aber oft durch
üebergänge mit unzweifelhaftem, besser krystallisirtem Spinell
verbunden sind. Die grösseren Körner sind in dickeren Präpa-
raten undurchsichtig, bezw. nur an den Kanten durchscheinend;
in dünneren Schnitten nimmt man stets isotropes Verhalten wahr.
Ein weiterer Beweis der Spinellnatur des Minerals ist der Um-
stand, dass beim Aufschliessen des Gesteinspulvers mit geschmol-
zener Soda seine gi-ünen Körner unangegriffen zurückblieben.
Dagegen constatirte ich ebenso wie Vogelsang (1, c. , p. 30),
dass bei lange andauernder Behandlung mit HF ohne Schwefel-
säure die kleineren Partikel aufgelöst, die grösseren angegriffen
wurden, bei sehr lange (mehrere Tage) fortgesetzter Digestion
auch die grössten Splitter verschwanden, während winzige Korund-
splitterchen auch dann noch zurückblieben.
526
Der Korund wurde lediglich in den spinellreichen Ein-
schlüssen des Granat fülirenden Tonalits beobachtet und blieb
beim Schmelzen mit Soda mit dem Spinell zusammen unaufge-
scblossen zurück. Er tritt entweder in flachen, rundlich be-
grenzten Tafeln oder in unregelmässigeren , aber nach allen drei
Dimensioneii gleichmässiger entwickelten Körnern auf. Im ersteren
Fall erscheint er in Querschnitten in langen, dünnen, gerade
auslöschenden Leisten. Liegen die Tafeln aber mit ihrer OR
entsprechenden Fläche parallel zu der Ebene des Präparates, so
erkennt man nicht selten jene durch Anwachsstreifen hervorge-
brachte, die Form gleichseitiger Dreiecke besitzende Zeichnung,
die für den Korund recht charakteristisch und erst kürzlich wie-
der von Voc4ELSANCi (1. c. p. 30) beschrieben worden ist. Ent-
sprechend ihrer krystallographischen Orientirung bleiben diese
Tafeln bei gekreuzten Nicols dunkel. In dieser Ausbildungsweise
ist der Korund meist farblos, aber optisch durch seine starke
Lichtbrechung charakterisirt. Die daneben auftretenden com-
pacten Körner besitzen garnicht selten hell blaue Färbung und
einen deutlich erkennbaren Pleochroismus zwischen blau und
farblos. In Bezug auf die Dimensionen der Individuen i^t zu
bemerken, dass die Körner meist nur wenige Zehntel Millimeter,
selbst die grössten beobachteten Tafeln aber noch nicht 1 mm
Ausdehnung erreichen.
Der Apatit tritt in den Contactgesteinen der äusseren Zone
in derselben eigenthümlichen Ausbildungsweise auf, die wir bei
den unveränderten Gneissen und Glimmerschiefern beobachteten.
Den Contactfelseu aber scheint er ganz zu fehlen. Vereinzelte
Säulchen wurden zwar in der spineil- und korundreichen Varietät
beobachtet, stammen indessen doch möglicher Weise ebenso wie
z. Th. der Feldspath und der Glimmer aus dem eruptiven Magma.
Eisenerze wurden in kleinen Mengen in all' den unter-
suchten Gesteinen angetroffen. Nur ganz vereinzelt sieht man
Körner, die im auffallenden Licht gelben Metallglanz besitzen
und demnach wohl zum Pyrit zu rechneu sind. Von dem übri-
gen Erz aber, besonders dem der Contactfelse ist es wahrschein-
lich, dass der grösste Theil zum Titaneisen gehört. Darauf
deutet einerseits die bei eintretender Zersetzung oft zu beobach-
tende Ausscheidung von Leukoxen, andererseits, wie schon be-
merkt, der hohe Titansäuregehalt (2 pCt.). den die Analyse eines
erzreichen, fast biotitfreien Contactfelses ergab. Die Körner des
Erzes sind fast stets unregelmässig umgrenzt und kommen mit
Vorliebe als Einschlüsse in anderen Mineralien, besonders Cor-
dierit und Andalusit vor. In scharfen Leisten und Stäbchen
erscheint es nur im Feldspath und Cordierit der Einschlüsse des
527
Granat -Tonalits. Selbststäiidig tritt es nicht gerade häufig auf,
am meisten noch in den Contactfelsen.
Primärer Rutil wurde nur selten beobachtet. Er kommt
in braun -rothen, schlanken Säulchen als Einschluss im Quarz
einzelner Contactgesteine vor, ist aber stets nur in ganz unbe-
deutenden Mengen vorhanden. Ausserdem findet er sich zusam-
men mit Titaneisen in dem Feldspath und Cordierit der Ein-
schlüsse des Granattonalits.
üeber den Z i r k o n ist nichts Bemerkenswerthes anzu-
führen. —
Die bisher besprochenen Mineralien setzen die eigentlichen,
charakteristischen Contactgesteine zusammen. Ausserdem treten
aber noch, wie bereits in der geologischen Beschreibung erwähnt
wurde, untergeordnet und in geringer Mächtigkeit einige wenige
Einlagerungen auf, welche Gemengtheile besitzen, die den be-
sprochenen Gesteinen z. Th. ganz fremd sind. Wir lassen noch
kurz die Beschreibung derselben folgen.
Aktinolith wurde zweimal gefunden, nämlich erstens in
einem deutlich schieferigen Contactgneiss vom Colmokamm. zwei-
tens in dem schon oben geschilderten, massig struirten eigen-
thümlichen Aktinolith, Quarz, Biotit. Feldspath -Gestein von der
Contactstelle des Piccolokammes. Er ist schwach hell grün ge-
färbt, zeigt keinen Pleochroismus und ist durch schiefe Aus-
löschung und den Winkel seiner Spaltbarkeit als raonokline Horn-
blende charakterisirt. In dem Gneiss tritt er in schmalen Sten-
geln, in dem anderen Gestein in kleinen, meist unregelmässig
conturirten Körnern auf. Gut ausgebildete Querschnitte sind selten.
Gemeine Hornblende wurde nur ein einziges Mal ge-
funden und zwar in einem Feldspath führenden Quarz-Hornblende-
Gestein der inneren Contactzone des Piccolokammes. Sie ist
pleochroitisch (hell gelb -grün bis hell grün), ganz unregelmässig
conturirt und besitzt eine deutlich prismatische Spaltbarkeit, die
den für Hornblende charakteristischen Winkel aufweist.
Epidot, bezw. ein Mineral, das dem Epidot sehr ähnlich
ist (Salit?) beobachtete ich nur ein einziges Mal in einem fast
ausschliesslich aus Quarz und Epidot, sowie wenig Biotit und
Titanit gebildeten Schiefer, der in dünnen Lagen mit Quarz-
Biotitschiefer wechsellagert. Er tritt darin in kleinen, ganz un-
regelmässig begrenzten, äusserst schwach grünlichen Körnchen auf.
und ist durch starke Licht- und Doppelbrechung ausgezeichnet.
Titanit findet sich in demselben Gestein in ziemlich zahl-
reichen Anhäufungen winzigster, bräunlich grauer Körnchen. In
den übrigen Contactgesteinen habe ich ihn nicht mit Sicherheit
beobachtet.
528
Tabelle der wesentlichsten Coiitactgesteine.
1. Cordierit-Contactfelse. Structur: richtungslos. Wesent-
liche G e m eng th eile: Cordierit. dann Audalusit, Biotit,
Quarz. Accessorische Gemengtheile : Plagioklas.
Granat, Silliraanit. Titaneisen. Spinell, Korund, Zirkon.
Pyrit. Apatit.
2. Contactgneisse. Structur: mehr oder minder deutlich
schieferig. Wesentliche Gemengtheile: Orthoklas.
Quarz. Biotit. Muscovit. ferner gewöhnlich entweder An-
dalusit oder Cordierit. oder beide. Accessorische Ge-
mengtheile : Plagioklas. Turmalin. Sillimanit. Granat,
Spinell. Eisenerze. Zirkon. Apatit.
3. Contactglimmerschiefer. Wie die Contactgneisse und nur
untergeordnet durch Verschwinden des Feldspaths aus
diesen hervorgehend.
4. Vereinzelte, nicht unter die anderen Gruppen gehörige
Gesteine von meist nur untergeordneter Bedeutung.
a. Aktinolith-Quarz-Orthoklas-Biotitgestein. massig struirt,
b. Aktinolith-Gneiss, schieferig struirt.
c. Quarz-Hornblende-Plagioklasgestein, massig struirt,
d. Quarz-Epidot schiefer.
II. Gesteine des jüngeren Schiefercomplexes.
Da auch die hierher gehörigen Gesteine in ihren geologi-
schen Beziehungen und hinsichtlich ihrer petrographischen Stel-
lung bereits in dem geologischen Theil der Arbeit dargestellt
worden sind, so können wir hier dieselbe Anordnungsweise an-
wenden, wie bei dem älteren Schiefercomplex. Wir werden daher
erst die normalen, dann die metamorphosirten Gesteine besprechen,
bei jeder dieser beiden Gruppen das Hauptgewicht auf die Schil-
derung der Mineralien legen und erst zum Schluss einen ganz
kurzen tabellarischen Ueberblick über die Gesteine selbst bringen.
A. Normale Gesteine des Quarz-Phyllitcomplexes.
a. Wesentliche Gemengtheile: Quarz, farbloser Glim-
mer (Muscovit und Sericit), Chlorit.
Von all' den hier zu besprechenden Mineralien ist der
Quarz unstreitig das wichtigste und verbreitetste. Er setzt
erstens die Quarzite und die zahllosen quarzitischen Lagen der
Phyllite. zweitens die in allen hierher gehörigen Gesteinen weit
verbreiteten und mächtigen Quarz -Linsen und -Knauern fast aus-
schliesslich zusammen. Drittens nimmt er als wesentlicher Ge-
mengtheil an dem Aufbau der glinnnerigen Lagen der Phyllite
529
Thcil; viertens tiiidel er sich in kleinen Mengen in jfder belie-
bigen Gesteinsart. ja fast in jedem beliebigen Blatt eines Gesteins,
das überhaupt zu dem Quarz-Phyllitcomplex gehört. Dem Gewicht
nach bildet er sicherlich wenigstens die Hälfte des ganzen Ge-
birges, wahrscheinlich aber noch viel mehr. Die Grösse seiner
Körner schwankt von weniger als 0,01 mm bis aufwärts zu einem
Millimeter. Am häutigsten trifft man Körner von ungefähr 0,1 mm
Durchmesser. Grössere treten nur ausnahmsweise und vereinzelt
auf. Es besteht demnach entschieden ein Unterschied in der
Korngrösse gegenüber den oben beschriebenen Gneissen und Glim-
merschiefern, bei denen der Durchmesser der Quarzkörner durch-
schnittlich 0,5 mm beträgt. Die einzelnen Individuen sind stets
ganz unregelmässig conturirt. Ihre Begrenzungslinie springt zackig
aus und ein. Flüssigkeitseinschlüsse sind weit verbreitet und
zahlreicher als in den Quarzen der Gesteine des älteren Schiefer-
complexes. Auch Hohlräume und unregelmässig gestaltete Ein-
schlüsse von Muscovit und Chlorit werden oft angetroffen. Viel
seltener sind ihm die bekannten, winzig kleinen, schmalen Nä-
delchen, die wohl dem Rutil angehören, eingestreut.
Farbloser Glimmer findet sich sowohl in grösseren Kry-
stall- Lamellen als Muscovit, als in feinschuppigen und faserigen
Aggregaten als Sericit. Beide Ausbildungsweisen sind durch
Uebcrgänge verbunden, sodass man eine scharfe Grenze gar nicht
zwischen ihnen ziehen kann. Die grösseren Lamellen zeigen
deutlich die charakteristischen Eigenschaften des Muscovits (ba-
sische Spaltbarkeit, gerade Auslöschung, grosser Winkel der opti-
schen Axen. lebhatte Polarisationsfarben); in den sericitischen
Aggregaten ist das meiste davon nicht mehr wahrnehmbar. Nur
die Polarisationsfarben bilden in der Regel auch dann noch ein
gutes ünterscheidungsmittel gegenüber dem Chlorit. Nicht selten
aber sind gerade die feinsten sericitischen Anhäufungen so sehr
von feinsten Chloritblättchen und Lamellen durchdrungen und
durchwebt, dass dann eine optische Untersucliung gar nicht mehr
möglich ist. Bei den grösseren Blättern ist übrigens schon der
Farbenunterschied in den meisten Fällen recht charakteristisch,
da der Muscovit nur selten schwach grüidich wird , der Chlorit
aber meist viel lebhafter gefärbt ist. Die Blätter des Glimmers
sind gewöhnlich unregelmässig begrenzt; nur ausnahmsweise findet
man scharf basisch umrandete Lamellen. Ihre Grösse ist niemals
beträchtlich. Sie erreichen gewöhnlich nur wenige Zehntel eines Milli-
meters in der Längsausdehnung. Ausnahmsweise wurden in einem
eigenthüralichen Biotitphyllit bis 1 mm lange Blätter beobachtet.
Interpositionen von schwarzen, wohl aus Eisenerz bestehenden,
530
winzigen Pünktchen sind recht verbreitet; andere Einschlüsse
fehlen dagegen fast vollständig.
Chlorit ist ein ausserordentlich liäufig auftretender und we-
sentlicher Gemengtheil. In den normalen Phylliten trifft man ihn
gewöhnlich in ziemlich gleichen Mengen mit dem Muscovit an.
Selten fehlt er ganz. Oft aber überwiegt er den Glimmer und
reichert sich in manchen Gesteinslagen . ja ganzen Gesteins-
schichten so an, dass ich dies auch im Namen auszudrücken
suchte und diese Varietät als chloritischen Phyllit bezeichnete.
Echte Chloritschiefer habe ich nicht beobachtet. — Der Chlorit
besitzt meist ziemlich lebhaft grüne Farbe, einen nicht sehr in-
tensiven Pleochroismus zwischen hellerem und dunklerem Grün,
schwache Licht- und Doppelbrechung. In basischen Schnitten
verhält er sich oft anscheinend ganz isotrop. Häufig zeigt er
in den Verticalschnitten jenes eigenthümliche charakteristische
Blau der Chlorite. Mit heisser Salzsäure in den Präparaten be-
handelt, zersetzt er sich ziemlich leicht, und es gelingt dann, die
ausgeschiedene Kieselsäure mit Fuchsinlösung zu imbibiren. Auch
diese Erscheinung kann man zur Unterscheidung vom Glimmer
benutzen. Secundär bildet er sich aus Biotit und Granat, aber
entsprechend der geringen Verbreitung dieser Mineralien in den
Phylliten, nur in unbedeutenden Mengen.
b. Accessorische Gemengtheile : Feldspath , Biotit,
Granat, Eisenerze, Rutil, Turmalin. Zirkon. Apatit, Braunspath,
Kohlenstoff, Kalkspath.
Feldspath wurde in Phj'llitgneiss - Einlagerungen und in
Quarziten beobachtet. Er tritt in unregelmässig conturirten,
höchstens 1 mm grossen Körnern auf. Polysynthetische Verzwil-
lingung wurde nur etwa bei einem Drittel der in den Präparaten
vorliegenden Durchschnitte wahrgenommen. Da indessen die Zer-
setzungs - Erscheinungen bei all" diesen ganz in der gleichen
Weise verlaufen, so halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass
sie sämmtlich zum Plagioklas gehören. Eine sichere Bestim-
mung konnte wegen der geringen Grösse der Körner und der
stets bereits mehr oder weniger stark fortgeschrittenen Zersetzung
nicht ausgeführt werden.
Biotit ist in unseren Phylliten recht selten. Er wurde in
einzelnen Vorkommnissen in spärlichen Anhäufungen kleiner , brau-
ner Fetzchen angetroffen und betheiligte sich dann etwa in der
Art und Weise, aber nicht in der Menge wie der Chlorit und
der Sericit an der Zusammensetzung der Hauptgesteinsraasse.
Viel auffälliger ist seine Erscheinungsweise in zwei anderen ein-
ander ähnlichen, aber von ganz verschiedenen Fundpunkten stam-
menden PhyUitvarietäten. Er tritt dort als accessorischer Ge-
531
mengtheil in bis über 2 mm langen, nicht selten 1 mm breiten,
basisch \Yohl begrenzten Lamellen auf und liegt gewissermaassen
porphyrisch in einer Art Grundmasse von Muscovit und Chlorit.
Er ist intensiv braun gefärbt mit einem schwachen Stich in's
Röthliche und zeigt ausgezeichnete Spaltbarkeit. In der einen
Varietät ist er bereits voUkonmien in Chlorit umgewandelt und
in seinem jetzigen Zustande von zahlreichen, schwarzen Stäbchen
von Titaneisen (?) erfüllt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die-
selben bereits primär in ihm vorhanden waren. Die beiden Ge-
steine wurden wegen seines charakteristischen Auftretens als „Biotit-
phyllit" bezeichnet.
Granaten wurden in vielen Varietäten angetroffen. Sie
erreichen mitunter 3 — 4 mni im Durchmesser, sind bald gut kry-
stallisirt. bald unregelmässig gestaltet und ragen gewöhnlich aus
den Schichtflächen der verwitternden Phyllite heraus. Anderer-
seits konunt es aber auch vor, dass sie sich ebenso schnell wie
die übrige Gesteinssubstanz zersetzen. Dann bilden sie eigen-
thümliche dunkle Flecke von oft scharf sechsseitiger Gestalt, die,
mit unbewaffnetem Auge betrachtet, dem Gesteine eine auffallende
Aehnlichkeit mit manchen contactmetamorphen Fleckschiefern ge-
ben, ü. d. M. erkennt man aber sofort, dass man es in ihnen
nur mit zersetztem Granat zu thun hat. Durch die Umwand-
lungsprocesse wird immer Chlorit gebildet, der ein Maschennetz
grüner Stränge in den Krystallen bildet und noch zahlreiche
frische Kerne zu umschliessen pflegt.
Eisenerze treten in kleinen Mengen in all' den vorliegen-
den Gesteinen und zwar in meist rundlichen Körnern, nicht selten
aber auch in langen, schmalen Leisten auf. In den allermeisten
Fällen dürften sie zum Ilmenit gehören. Darauf deutet die über-
aus häufig beobachtete randliche oder vollständige Umwandlung
in sogenannten Leukoxen. Bemerkt sei übrigens, dass man in
diesem letzteren bei starker Vergrösserung bisweilen randlich
Formen beobachtet, welche viel eher dem Rutil als dem Titanit
zuzuschreiben sind, nämlich schmale Nadeln und Säulchen, die
spiessartig aus dem compacten Innern herausstarren. In den
meisten Fällen gehören die Umwandlungsproducte indessen auch
hier wohl zum Titanit. — In dem bereits erwähnten Phyllit-
gneiss treten auch Erzkörner auf, die im auffallenden Lichte
gelben Metallglanz besitzen und sich randlich in braunen Limonit
zersetzen. Sie sind jedenfalls zum Pyrit zu rechnen.
Rutil findet sich primär nur in äusserst geringen Mengen.
Der grösste Theil der in dem Gestein vorhandenen Titansäure
scheint eben zur Bildung von Titaneisen verwendet worden zu
sein. Ich beobachtete ihn hauptsächich in den beiden „Schistit"-
532
ähnlichen Varietäten und zwar in der Form der winzigen,
„Thonschiefer-Nädelchen" ^) genannten Gebilde. Ueber sein Auf-
treten in den Epidot - Aniphiboliten wird weiter unten berichtet
werden.
Turm al in wurde fast in allen Gesteinen, aber stets nur in
sehr Ideinen Mengen aufgefunden. Die Form seiner Individuen
ist dieselbe, wie in den Felsarten des älteren Schichtcomplexes.
Sein Farbenwechsel verläuft von schwach gelblich bis dunkel
schmutzig braun. Häufig umschliesst er in seineu innersten
Theilen zahlreiche schwarze Pünktchen. Seine Krystalle erreichen
nur selten 0,02 mm Länge.
Zirkon ist gleichfalls Aveit verbreitet. Er tritt in bis 0.02 mm
langen, bald scharf ausgebildeten, bald mehr abgerundeten Säul-
chen auf.
Apatit findet sich in grösseren, unregelmässig gestalteten
Körnern. Es gilt auch hier Wort für Wort das, was bei der
Beschreibung der unveränderten Gneisse und Glimmerschiefer über
ihn gesagt wurde. Nur erreicht er nie dieselbe Grösse wie in
jenen. Auch fehlen ihm die oben besprochenen winzigen Inter-
positionen, welche bei schwacher Vergrösserung eine Trübung
seiner Substanz zu bedingen scheinen. In einem Biotitphyllit
wurden schmale, längliche, trübe Säulchen beobachtet, die viel-
leicht gleichfalls zum Apatit gehören. Mit Sicherheit liess es
sich nicht feststellen.
In den meisten Phylliten und Quarziten finden sich bald
vereinzelte kleine Körner von Braun spath. bald ganze Schwärme
solcher Köi'iier. Sie besitzen in der Regel noch nicht O.Ol mm
Grösse, erreichen aber ausnahmsw'eise auch 0,1 nun und darüber.
Es sind fast immer sehr scharf krystallisirte Rhomboeder. die
sich gern unter Abscheidung von Eisenverbindungen zersetzen und
dann mitunter gelbe bis braune Farbtöne annehmen. Optisch
sind sie durch starke Lichtbrechung charakterisirt. Ausseror-
dentlich häufig liegen sie in bedeutender Zahl in grössere Quarz-
individuen eingebettet.
Kohlenstoff. Eine grosse Anzahl von Phyllit Varietäten
(nach CuRiONi 1. c. eine ganze Abtheilung der Schiefer) ist durch
reichliches Auftreten von Kohlenstoff charakterisirt. Er findet
sich in schwarzen Massen ohne Krystallform und ninnnt bisweilen
so wesentlich an dem Aufbau der Gesteine Theil, dass Stückchen
von ihm, mit dem Finger berührt, deutlich abfärben. Beim
Kochen des Gesteinspulvers mit Salzsäure blieb die schwarze
') Poggenddorf's Aniialeii, 1871, CXLIV, p. 319.
533
Farbe vollstiüidig erhalten. Dagegen Hess sie sich durch anhal-
tendes Glühen auf dem Platinblech ganz leicht entfernen. Ich
habe sie deswegen als „Kohlenstoffreiche Phyllite" bezeichnet.
Möglicherweise sind sie identisch mit den aus vielen anderen
Theilen der Alpen bekannten ,, graphitischen •• Schiefern der Quarz-
phyllit- Gruppe.
Kalkspath wurde imr secundär in einem stark zersetzten,
wahrscheinlicli ehemals Granat führenden Phyllit beobachtet. —
Es bleiben jetzt nur noch drei Gemeugtheile der bereits
kurz erwähnten, von den Phylliten petrographisch scharf getrenn-
ten Epidot-Amphibolite zu beschreiben. Es sind dies Hornblende.
Epidot und Rutil. Die ersteren beiden treten in den Phylliten
überhaupt nicht auf, der Rutil in ganz abweichender Bildungs-
weise.
Die Hornblende erscheint meist in ganz unregelmässig
zerlappten, in der Richtung der grössten Ausdehnung mehrere
Zehntel Millimeter nicht übersteigenden Partieen. Sie zeigt kräf-
tigen Farbenwechsel von gelblich grün in dunkleres bläulich grün.
Die prismatische Spaltbarkeit ist deutlich ausgeprägt und liess
in den seltenen Querschnitten den charakteristischen Hornblende-
wiiikel erkennen. Bei der Zersetzung geht sie in den denniächst
zu beschreibenden Epidot über. Bisweilen werden dabei auch
kleine Mengen von Calcit ausgeschieden.
Der Epidot findet sich gewöhnlich in unregelmässig um-
grenzten, deutlich gelb gefärbten Individuen, die in der Grösse
zwischen nur wenigen Bruchtheilen eines Millimeters und einem
ganzen Millimeter variiren, in manchen Lagen aber in höchstens
0,1 mm grossen, meist viel schwächer gefärbten Körnern. Die
Formen dieser letzteren erinnern mitunter an die von v. Foullon ^)
beschriebenen und abgebildeten. Doch sind sie immer mehr oder
minder stark abgerundet, niemals scharf krystallisirt. Sie uni-
schliessen nicht selten zahh'eiche, winzig kleine Quarzkörnchen.
In allen Fällen ist das markante Relief und die Lebhaftigkeit
der Polarisationsfarben charakteristisch. Die kräftiger gefärbten,
grösseren Krystalle zeigen einen deutlichen Pleochroismus zwischen
weingelb und schwach grünlich gelb. Sicher ist ein grosser Theil
dieses Epidots erst secundär aus Hornblende herausgebildet. An-
dererseits ist es aber gerade bei einem Theil der farblosen
Körner sehr wahrscheinlich, dass sie primäre Gemeugtheile des
Gesteins sind. Darauf deutet ihre Vertheilung und die grosse
Zahl der in der Hornblende nicht in solcher Menge auftretenden
') Heber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. Jahrb,
d. k. k. aeol. R.-A., 1885.
584
winzigen Quarz-Interpositionen. Mit Sicherheit lässt sich indessen
eine Entscheidung über die Genesis der einzelnen Körner nicht treffen.
Der Rutil findet sich in kurzen, mitunter bis 0,2 mm Länge
erreichenden Säulen, die zu rundlichen Gruppen aggregirt zu sein
pflegen. Er ist dunkel bräunlich roth gefärbt und tritt durch
seine ausserordentlich starke Lichtbrechung scharf und deutlich
hervor. Seine Ausbildungsweise ist demnach ganz verschieden
von der in den Phylliten beobachteten.
Ausser den besprochenen drei Mineralien nehmen noch Quarz
und spärliche Biotitfetzchen an der Zusammensetzung der Epidot-
Amphibolite Theil.
Tabelle der unveränderten Gesteine des Quarz-
Phyllitcomplexes.
1. Quarzite. Structur: meist deutlich schieferig; ausnahms-
weise richtungslos. Wesentlicher Gemengtheil: Quarz.
Accessorische Gemengtheile: Muscovit, Chlorit, Eisen-
erz, Braunspath. Turmalin, Zirkon. Apatit. Mitunter
ziemlich viel Feldspath.
2. Quarz- Phyllite. Structur: stets deutlich schieferig; be-
bestehen aus abwechselnden Lagen von Quarzit nnd dem
unter 3. aufzuzählenden Phyllit . sowie aus grösseren
Quarzlinsen und -knauern.
3. Echte Phyllite. Structur: stets deutlich schieferig. We-
sentliche Gemengtheile: Quarz, farbloser Glimmer,
Chlorit. Accessorische Gemengtheile : Eisenerz,
Braunspath . Turmalin . Zirkon . Apatit , Biotit , Rutil.
Zahlreiche Varietäten durch reichliches Hinzutreten
von anderen Mineralien:
a. Kohlenstoffreicher Phyllit^).
b. Chloritischer Phyllit,
c. Sericitischer Phyllit,
d. Granat -Phyllit,
e. Biotit -Phyllit.
4. Phyllit- Gneisse. Structur: oft nur undeutlich schieferig.
Wesentliche Gemengtheile: Quarz. Plagioklas, Mus-
covit (in grossen Blättern), wenig Chlorit. Accesso-
rische Gemengtheile: wie bei 3. Ausserdem noch
PjTit. Fundort: an verschiedenen Stellen in der Nähe
der Ruine oberhalb Mü.
^) Fundorte sind z. B. Weg von Mii nach Incudine auf dem linken
Oglio-Ufer. Umgegend von Malga Lezzavone, nicht weit von dem Val
Finale; Val d' Avio, linkes Ufer.
535
5. Schistite. Structur: deutlich schieferig, aber viel dichter
erscheinend. Wesentliche Gemengtheile: wie bei 3.
Accessorische Gemengtheile: wie bei 3., aber Rutil
in grösseren Mengen. Fundort: auf den Hügeln un-
mittelbar am Oglio.
6. Epidot-Amphibolite. Structur: meist schieferig. We-
sentliche Gemengtheile: Hornblende, Epidot, Quarz.
Mitunter sind indessen fast nur noch Epidot und Quarz
vorhanden. Accessorische Gemengtheile: Rutil,
Biotit. Fundort: anscheinend in mächtigen dickbauchi-
gen Linsen und Lagen in der Nähe der Gase Tise und
bei „C. Foppa" der italienischen Generalstabskarte an
einem vorspringenden Bergausläufer in etwa 900 m Höhe.
B. Metamorphosirte Gesteine des Quarz-Phyllit-
complexes.
a. Wesentliche Gemengtheile: Quarz, Muscovit, Biotit,
Chlorit, Andalusit.
Das Auftreten des Quarzes in diesen, durch den Moja-
Dioritstock metamorphosirten Gesteinen unterscheidet sich nicht
wesentlich von dem in den unveränderten Gesteinen. Flüssig-
keitseinschlüsse kommen selbst in grösster Nähe des Contactes
vor. Auch die Umrandung ist meistentheils ganz ebenso zackig
und unregelraässig geblieben. Nur in vereinzelten, mikroskopisch
kleinen Linsen, die den glimmer- und andalusitreichen Lagen in
der Nähe des Contactes eingeschaltet sind, schienen mir gerad-
linig polygonal umrandete Körner gegenüber den anderen we-
nigstens sehr stark vorzuherrschen. Keinesfalls aber ist diese
Erscheinung hier in der Weise ausgebildet, wie sie von Sauer
(1. c.) beobachtet wurde. Auch in Bezug auf Ai't und Zahl der
Interpositionen unterscheidet sich der Quarz nicht von dem der
unveränderten Gesteine.
Muscovit findet sich wieder in Aggregaten von Lamellen
aller möglichen verschiedenen Grössen. Man wird daher, wenn
man es überhaupt noch für zweckmässig hält, die feinblätterigen,
mehr verworrenen Aggregate durch einen besonderen Namen von
den grösseren Lamellen und Krystallen zu unterscheiden, auch
hier von Sericit neben Muscovit sprechen können. Ein Unter-
schied gegenüber dem Muscovit der normalen Schiefer ist inso-
fern entschieden vorhanden, als hier die grösseren Lamellen
ausserordentlich häufig wohl begrenzt sind. Nicht selten liegen
sie gewissermaassen porphyrisch in den sericitischen Aggregaten
eingebettet. Niemals lassen sie eine Anordnung in einem be-
536
stimmten Sinne erkennen, wie dies in den Phylliten recht häufig
zu beobachten ist. Sie liegen vielmehr in allen möglichen Rich-
tungen kreuz und quer durch einander. Bemerkt sei, dass die
Menge des Muscovits, soweit man das abschätzen kann, grösser
zu sein scheint, als in den unveränderten Schiefern.
Viel auffälliger und deutlicher tritt das bei dem Biotit
hervor. \Yährend dieser nämlich in den normalen Phylliten
und ihren Varietäten nur ganz untergeordnet auftritt, ist er
hier einer der wesentlichsten Gemengtheile geworden. Meh-
rere Merkmale unterscheiden sein Auftreten in den Contactgestei-
nen von dem in dem unveränderten Phyllitgebirge beobachteten.
Erstens ist die Grösse seiner Blättchen, wenn wir von jenen
merkwürdigen, grossen Krystallen der Biotit-Phyllite absehen, viel
erheblicher. Seine Individuen erreichen hier gar nicht selten das
Zehnfache der dort beobachteten Dimensionen und sind selbst in
den kleinsten Partikelchen nicht so unregelmässig ausgefranst und
fetzenartig gestaltet. Sehr charakteristisch ist ferner die bereits
im geologischen Theile beschriebene Art und Weise, wie sie sich
in den am weitesten vom Contact entfernten Schiefern zu dunklen,
ausschliesslich aus Biotit bestehenden Flecken und zwar entweder
selbständig oder rings um Ilmenitkörner aggregiren. Aehnliche
Verhältnisse beobachtet man auch in den stärker umgewandelten
Gesteinen, nur dass sie dort gern ganze Biotitlagen, nicht ver-
einzelte kugelförmige Anhäufungen bilden. Beiden Ausbildungs-
weisen ist es gemeinsam, dass die Blättchen, ohne jede Rücksicht
auf die Richtung der Lage selbst, la-euz und quer durch einander
liegen. — Ueber die optischen Eigenschaften des Biotits dieser
Gesteine ist nichts Bemerkenswerthes zu berichten.
Der Chlorit kommt nur in den äussersten Theilen der
Contactzone vor. Er ist dort als ein noch verschont gebliebener
Rest der ursprünglichen Gesteine zu betrachten; denn in den
inneren Theilen der Contactzone fehlt er gänzlich; und dort wo
er auftritt, stinnnt er völlig mit dem Chlorit der unveränderten
Phyllite überein. Die Neubildung des Biotits geschieht zweifellos
hauptsächlich auf seine Kosten.
Der Andalusit erscheint in zwei Ausbildungsarten, von
denen die eine genau mit der in den Contactgesteinen des To-
nalits beobachteten übereinstimmt, die andere aber abweichend
ist. In beiden Fällen ist er durch dieselben optischen Eigen-
schaften, insbesondere durch seinen Pleochroisnms charakterisirt
und leicht zu erkennen. Er findet sich erstens in bis i mm
langen, oft 1 mm breiten, säulenförmigen Krystallen, die die
Spaltbarkeit und die im Querschnitt quadratischen Formen deut-
lich erkennen lassen. In quarzitischen Gesteinen sind sie mit-
537
unter von Quarzkörnclien. in ([uarzarmon . aber sehr biotitreiclien
Gesteinen von Biotitblättclien erfüllt und erhalten dann ganz die-
selbe „Contactstructur'' wie in den von dem Tonalit nietamor-
phosirten Felsarten. Zweitens tritt der Andalusit in 0.5 — 1 nun
langen, aber selten mehr als 0,01 mm breiten Säulen auf. Ge-
wöhnlich ist dann eine grössere Zahl von diesen zu Bündeln
aggregirt. Sie unterscheiden sich von den einmal neben ihnen
beobachteten Sillimanit-Nadeln morphologisch dadurch, dass ihre
Conturen nicht so scharf ausgebildet sind wie bei diesen, optisch
durch den häufig wahrnehmbaren Pleochroismus (c = blass rosa-
rath. a und b = farblos). Zwischen den Säulchen und den
Büscheln liegen nicht selten kleine Biotitblättchen. Mitunter
bildet der Andalusit in dieser Ausbildungsart den Hauptbestand-
theil einzelner Gesteinsblätter. Auffälliger Weise fand ich mit
den Säulchen zusammen in denselben Präparaten auch die grossen
Krystalle der anderen Ausbildungsart, ohne dass sich üebergangs-
formen zwischen beiden einstellten.
b. Accessorische Gemengtheile : Korund. Eisenerz,
Apatit. Turmalin. Feldspath, Sillimanit, Zirkon.
Das Auftreten des Korunds stimmt nicht ganz mit dem in
den Einschlüssen des Granat -Tonalits beobachteten überein. Er
findet sich hier in länglichen, prismatischen, oft ziemlich scharf
begrenzten Körnern von 0,1 — 0,3 mm Länge und von höchstens
0.1 mm Breite. Gerade Auslöschung parallel den prismatischen
Conturen, starke Lichtbrechung und oft deutlicher Pleochroismus
(o hellblau, s farblos) charakterisiren ihn optisch recht gut.
Die blaue Farbe ist mitunter nicht gleichmässig über den Kry-
stall verbreitet, sondern mehr flockig vertheilt. Seine grosse
Härte äussert sich beim Schleifen der Präparate dadurch, dass
die einzelnen Körner gern herausbrechen, und es daher nicht
leicht gelingt, dünne Schliffe herzustellen Ueber die Art seiner
Verbreitung in den Gesteinen wurde bereits im geologischen Theil
gesprochen.
In allen Gesteinen des Contacthofes beobachtet man schwarze,
opake Ilmenitkörner von unregelmässiger, nur selten länglicher
Gestalt. Sie sind es. um die sich mit Vorliebe die Blättchen
des neu gebildeten Biotits herunüegen. Sie stimmen in ihrem
ganzen Auftreten mit den Erzkörnern der unveränderten Phyllite
überein und dürften daher auch kaum als Neubildungen aufzu-
fassen sein. Dass sie dem Ilmenit angehören, geht daraus her-
vor, dass sie sich selbst bei längerem Kochen in Salzsäure nicht
lösen und in der Phosphorsalzperle vor dem Löthrohr auch in
kleinsten Mengen deutliche Titanreaction ergaben.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 3. 36
538
Apatit tritt vereinzelt in den mehrfach beschriebenen, un-
regelmässig begrenzten Körnern, selten in etwas deutlicher kry-
stallisirten Säulchen auf.
Turinalin ist überall verbreitet, unterscheidet sich aber
nicht wesentlich von dem Turmalin der normalen Phyllite.
Feldspath wurde mehrfach in vereinzelten, unrcgelmässig
umgrenzten und durch Zersetzung vollständig getrübten Körnern
beobachtet. Ausserdem erscheint er als wesentlichster Gemeng-
theil in der weiter oben beschriebenen Einlagerung fraglicher
Natur. Er ist darin polysynthetisch verzwillingt.
Sillimanit fand sich nur einmal ganz untergeordnet in
scharfen, farblosen Nadeln in dem Quarz eines schieferigen An-
dalusit- Glimmerfelses.
Zirkon gelangte wohl nur zufällig nicht zur Beobachtung.
Charakteristisch scheint dagegen das Fehlen der in den Phylliten,
so weit verbreiteten Braunspath-Kryställchen zu sein.
Soviel ist über die Mineralien zu berichten, welche die we-
sentlichen Contactgesteine des Mojadiorits zusammensetzen. Die-
jenigen der in dem Diorit und neben ihm aufgefundenen Horn-
blendegesteine bereits gelegentlich der geologischen Schilderung
ihres Auftretens auch petrographisch eingehend beschrieben. Es
sind daher nur noch die an dem Aufbau des Cordierit - Biotit-
gesteins der grössten in dem Diorit aufgefundenen fremden Ein-
schlüsse betheiligten Mineralien zu besprechen; nämlich Cordierit,
Biotit und Quarz als wesentliche , etwas Plagioklas , Apatit,
Eisenerz und Zirkon als accessorische Gemengtheile.
Der Cordierit ist durch ganz dieselben Eigenschaften
charakterisirt wie in den Contactgesteinen des Tonalits. Bemer-
kenswerth ist hier die ausserordentlich grosse Zahl von recht-
eckigen, quadratischen und sechsseitigen Durchschnitten, die in-
derselben Art und Weise, wie es in den Cordierit -Contactf eisen
der Foppa beobachtet wurde, in grössere, ganz unregelmässig
gestaltete Quarzindividuen hineinragen. Die Krystallisation des
Cordierits ging demnach auch hier der des Quarzes voran. Gar
nicht selten besitzen seine Körner nur sehr geringe Dimensionen
und sind dann dem Quarz in einer ausserordentlich auffallenden
und eigenthümlichen Weise eingelagert. Sie bilden nämlich in
diesem in Folge ihrer geringen Dimensionen und ihrer grossen
Zahl ein förmliches Pflaster kleiner, farbloser, dem umhüllenden
Minei*al in Bezug auf Lichtbrechung sehr nahe stehender Körn-
chen, die auf den ersten Blick gar nichts mit Cordierit gemein
)39
zu haben scheinen. Betrachtet man sie aber, womöglich bei
stärkerer Vergrösserung eins nach dem andern, so erkennt man,
dass sie recht oft ganz dieselben regelmässigen Formen besitzen,
wie die grösseren Cordieritkrystalle. Ferner sind sie bisweilen
mit diesen durch alle möglichen Zwischenstufen in der Grössen-
entwicklung verbunden und stimmen auch in Präparaten, die aus
nicht mehr ganz frischen Gesteinsstücken angefertigt sind, in der
Art der Zersetzung so vollständig mit ihnen überein, dass man
an ihrer Identität nicht zweifeln kann. Die Dimensionen der
Cordicritkörner schwanken demnach zwischen 0,01 und 0.5 mm.
Auffällig ist ihre Reinheit. Nur ausserordentlich selten um-
schliessen sie kleine Biotitblättchen. Die Zahl der Zirkonkrj^stalle
im Cordierit und der mit diesen verbundenen pleochroitischen
Höfe ist nicht gross.
Der Biotit tritt gleichfalls in einer ganz eigenthümlichen
Ausbildungsweise auf. die sich sehr auffällig von der in normalen
Gesteinen der archäischen Formationen beobachteten unterscheidet,
andererseits aber auch weder mit der in den Foppa - Contact-
gesteinen, noch mit der in den umgewandelten Quarzphylliten ge-
schilderten übereinstimmt. Er findet sich nämlich in ganz aus-
gezeichnet hexagonal umrandeten Blättchen von 0,3 bis 0.4 mm
Durchmesser. Dieselben sind entweder gleichmässig durch das
Gestein verstreut oder an einzelnen Stellen besonders dicht an-
gehäuft. Dabei liegen sie stets ganz richtungslos kreuz und quer
durch einander. Bei eintretender Zersetzung verliert der Biotit
allmählich seine dunkle Farbe und geht schliesslich in eine farb-
lose, äusserlich dem Muscovit ähnliche Substanz über. Damit
verbunden ist die Ausscheidung von Rutil in auffällig grossen
Mengen. Obwohl diese Erscheinung zur Genüge bekannt ist,
verdient sie doch in der Ausbildungsweise, wie sie hier vorliegt,
ein gewisses Interesse. In manchen Präparaten, in denen der
Cordierit bereits von der Zersetzung ergriffen ist, erscheint der
Glimmer noch ganz frisch, tief braun gefärbt und ohne jede Spur
von fremden Einlagerungen. In anderen dagegen, in denen die
umwandelnden Processe offenbar schon stärker fortgeschritten sind,
besitzt er zwar noch ziemlich lebhaft braune Farbe, aber man
nimmt doch schon in den meisten Blättern das Vorhandensein
winziger, dunkler, schwarzer Nädelchen wahr. Gar nicht selten
sind diese am Rande des Krystalls so ausserordentlich zahlreich,
dass in der äussersten schmalen Zone die Glimmersubstanz im
Verhältniss zu ihnen fast ganz verschwindet. Aus diesem schwar-
zen Rand reichen dann einzelne Nädelchen weiter in das Innere
hinein. Nur ausnahmsweise aber finden sie sich in solchen Prä-
36*
)40
paraten auch schon in dem Centrum der Krystallc in grösserer
Zahl. Auf dieses Stadium der Zersetzung folgt ein neues, in
dem die Bleichuiig des Glimmers und das damit eng zusammen-
gehörige Verschwinden des Pleochroisnms sehr augenfällig wird.
Gleichzeitig ninnnt die Zahl der Rutil-Nädelchen erheblich zu.
Sie bilden ausserordentlich zarte, dichte Gewebe und erfüllen die
Krystalle ganz und gar. Andererseits beginnt aber auch die
Stärke der einzelnen Nadeln zu wachsen. Ja, man findet ver-
einzelt schon kurze Säulchen, die 0.03 mm Breite bei etwa
0,08 mm Länge besitzen und mit den feinen Nädelchen durch
alle möglichen Zwischenstufen in der Grösse verbunden sind. In
denselben Präparaten beobachtet man. aber noch ausnahmsweise
einzelne Biotitblättchen, die von Quarz umhüllt und so gegen die
Einwirkung der zersetzenden Agentien geschützt, keine oder nur
äusserst geringe Spuren von Umrandung aufweisen. Sie sind tief
braun gefärbt, stark pleochroitisch und entweder ganz frei von
Rutilnädelchen, oder doch auffallend arm an diesen Die secun-
däre Natur des Rutils ist dadurch ganz zweifellos erwiesen.
In dem allerletzten Stadium ist der Biotit vollkommen gebleicht.
Die Titansäure hat dann oft bereits einen Transport erlitten, so
dass man sehr grosse, über 0.1 mm Länge erreichende und fast
0,1 mm breite Körner von Rutil auch anderweitig in dem Gestein
verstreut sieht. Auch in den ehemaligen Biotitlamellen sind die
vorher verbreiteren Gewebe feiner Rutil - Nädelchen meist ver-
schwunden und haben grösseren Krystallen und Körnern desselben
Minerals Platz gemacht. An diesen kann man nun die charakte-
ristischen Eigenschaften des Rutils ganz deutlich wahrnehmen.
Die Lichtbrechung ist ausserordentlich stark und lebhaft. Die
Farbe schwankt je nach der Dicke des betreuenden Krystalls
zwischen klar goldgelb und trüb gelblich braunroth und gewährt
ein sehr bequemes Unterschcidungsmittel gegenüber dem in den-
selben Präparaten überall zu beobachtenden farblosen Zirkon.
Bemerkenswerther Weise sind nun die Nadehi und Krystalle
dieses secundären Rutils sowohl dort , wo sie in grösserer
Zahl dichte Gewebe zusammensetzen, wie dort, wo säulenför-
mige Krystalle in kleiner Zahl , ohne einander zu berühren,
in den zersetzten Glimmerblättern liegen, ausserordentlich häufig
zu regelmässigen, in basischen Schnitten einander unter 60"
schneidenden Systemen angeordnet. Da nun Zwillingsverwach-
sungen so gut wie gar nicht beobachtet wui-den, und nicht selten
auch frei und vereinzelt liegende Krystalle dieselbe Anordimngs-
weise erkennen lassen, so hat hier unzweifelhaft der in Zersetzung
begriffene Glimmer auf die in Form von Rutil ausgeschiedene
541
Titansäure eine richten de Kraft ausgeübt'). Allerdings darf nicht
unerwähnt bleiben, dass dieselbe nicht in allen Blättern des Biotits
und nicht an allen Stellen derselben in gleicher Stärke gewirkt
hat. Denn man beobachtet in manchen Blättern auch ziemlich
unregelmässigc Lagerung der Rutilnadeln, und ferner scheint die
Anordnung der kleinen Nädelchen in der äussersten oben be-
schriebenen, an sehr vielen Krystallen deutlich ausgebildeten Rand-
zone um sehr viel regelloser zu sein als in dem Innern.
Der Quarz tritt ganz in der Ausbildungsweise auf. die er
in den Contactfelsen der Foppa hat, d. h. in grossen, ganz un-
regelmässig gestalteten Individuen, welche die Zwischenräume zwi-
schen den Cordieritkrystallen ausfüllen. Flüssigkeitseinschlüsse
sind, wenigstens in kleiner Zahl, vorhanden.
Plagioklas wurde nur in vereizelten Präparaten beobachtet.
In Bezug auf Gestaltung gilt auch von ihm das eben vom Quarz
Gesagte.
Der Apatit hat ganz dieselbe Ausbildungsweise Avie in den
Contactgesteinen der Foppa; doch ist seine Menge hier auffallend
gross. — Ueber den Zirkon und die spärlichen opaken Eisen-
erzkörnchen ist nichts zu sagen.
Eine Zusammenstellung all' der Contactgesteine des Moja-
diorits dürfte unnöthig sein, da dieselben bereits bei der Schil-
derung ihrer geologischen Beziehungen sehr ausführlich besprochen
wurden.
lil. Eruptivgesteine.
Die mir bekannt gewordenen Eruptivgesteine des Aviölo-
gebietes treten theils in Form von Stöcken, theils als Gänge auf.
Die erstcre Gruppe hat nur zwei Vertreter, nämlich den Tonalit und
den hornblendefreien Quarz-Glimmer-Diorit des Val Moja. Der zwei-
ten gehören 20 verschiedene, anstehend aufgefundene Vorkommen
an. Eines von diesen wurde im Tonalit beobachtet, die anderen
treten sämmtlich im Schiefergebirge auf. Ihre porphyrische
Structur und der trikline Charakter des in ihnen dominirenden
Feldspaths kennzeichnen sie. Avie bereits hervorgehoben, als Por-
phyrite.
^) Es ist dies demnach der aucli von \. Cathrein (Neues Jahr-
buch f. Min. etc., 1888, Bd. II, p. 151 — 165) als möglich zugegebene,
wenn auch für unwahrscheinlich gehaltene Fall, dass „eine krystallo-
grapliische Orieniirunß- von Seiten des Glimmers auf die sich ausschei-
denden Rutilkryställchen" stattgefunden hat.
542
Als Stöcke auftretende Gesteine.
1. Tonalit.
Eine genaue makroskopische Schilderung dieses Gesteins ist
unnöthig. Man vergleiche darüber besonders die grundlegende
und mustergültige Arbeit Gerhard vom Rath's und die späteren
Arbeiten Baltzer's. Der Tonalit des Monte Aviolo unterscheidet
sich nicht wesentlich von dem der übrigen Adamellogruppe; den-
noch mögen die beobachteten Varietäten hier kurz Erwähnung
finden, da einige unter ihnen ein gewisses Interesse verdienen.
Das normale und am weitesten vcibreitete Gestein ist der typische,
liornblendereiche Quarz - Glinmier - Diorit . wie ihn Gerhard vom
Rath auf dem Passo Tonale fand. Hornblende und Glimmer
treten darin in ziemlich gleichen Mengen auf. Das erstere Mi-
neral findet sich mitunter in langen, schmalen Säulchen, die sich
gern mehr oder Aveniger parallel richten und dann eine Art ma-
kroskopischer Fluidalstructur erzeugen. Doch ist diese Erschei-
]mng stets nur auf wenige Quadratdecimetei- der Oberfläche des
Gesteins beschränkt. (In der Foppa stellenweise an den Wänden
des Thalschlusses.) Durch Vermehrung des Glimmer- und Horn-
blendegehaltes und Zurücktreten von Quai-z und Feldspath werden
sehr dunkel gefärbte Varietäten hervorgebracht; andererseits aber
kann bei normal bleibender Glimmermenge die Hornblende immer
mehr zurücktreten, bis schliesslich ganz hornblendefreie Tonalit-
abänderungen entstehen. Dieselben sind in der Foppa ziemlich
weit verbreitet, und es ist demnach nicht richtig, dass der Tonalit
innner durch einen Hornblendegehalt ausgezeichnet sei. Eine
umgekehrt nur Hornblende führende, glimmerfreie Varietät scheint
dagegen nirgends vorzul^ommen , wenn auch oft genug die Horn-
bleiide sehr stark den Glimmer überwiegt. Am meisten Interesse
imter allen Abarten des Tonalits verdient wohl die bereits be-
sprochene granatreiche Varietät, die aus den oben angeführten
Gründen wenigstens in der Foppa mit Sicherheit als eine „endo-
gene Contact-Modification" aufzufassen ist. Ob dieselbe auch in
anderen Theilen der Adamellogruppe eine grössere Verbreitung
besitzt, das ist zweifelhaft. Es spricht dafür eine Angabe von
FiNKELSTEiN (1. c. , p. 315) Über das Auftreten von Granat im
Tonalit des Monte Frerone in der Nähe des Contactes mit den
Triasschichten. Dennoch ist es durchaus nicht ausgeschlossen,
dass Granaten im Tonalit als accessorische Gemengtheile auf-
treten könnten, ohne dass eine stoffliche Beeinflussung des letz-
teren durch den Contact mit dem Nebengestein die Ursache ihrer
Entstehung zu sein brauchte. Ueber die Art und Weise des
Auftretens der von Curioni und Lepsius erwähnten Granat füh-
54-
reudcii Toiialit-Variotäton . ist Genaueres bisher nicht niitgetheilt
worden. Bezüglich der Fundorte solcher Gesteine in der Foppa
möchte ich angeben, dass der eine ganz leicht zu erreichen und
den Einwohnern des Hauptthaies unter dem Namen ^il buco delle
Granate'- wohl bekannt^) ist. Die Grösse der Granaten schwankt
im Allgemeinen zwischen wenigen Millimetern und einem Centi-
meter. Sie haben bräunlich rothe Farbe und sind ausserordent-
lich scharf krystallisirt. Gewöhnlich lassen sie nur die Flächen
eines Ikositetraeders erkennen. In den Varietäten aber, welche
ich auf den beiden seitlichen Gehängen der Foppa autt'and, ist
neben dem vorwaltenden Ikositetraeder auch noch das lihomben-
dodekaeder und ein Hexakisoktaeder ausgebildet. Die winzigen
Flächen dieses letzteren stumpfen die Combinationskanten der
beiden anderen Formen gerade ab , gehören also der Form
30^/2 (3 21) an. Mit den Granaten zusammen liegen an dem
erstgenannten Fundort sehr zahlreiche grosse , braun - schwarze
Glimmerkrvstalle. die nach der c-Axe säulenförmig ausgebildet
sind. Sie erreichen mitunter fast 1 cm Durchmesser. Dagegen
ist in den granatreichen Varietäten der beiden Abhänge die Be-
theiligung des Glinnners nicht stärker als in dem normalen To-
nalit. U. d. M. ^) erkennt man ausser den schon dem unbewaffneten
Auge sichtbaren Gemengtheilen noch Magnetit. Zirkon, Apatit.
Titanit^). Orthit habe ich niemals gefunden. Spinell nur als
Einschluss in dem Feldspath des Granat führenden Tonalits.
Dort ist er aber wahrscheinlich gar nicht ein diesem eigenthüm-
licher Gemengtheil, sondern nur ein nicht mit eingeschmolzener
Rest des spinellreichen Cordieritgesteins'^). — Von allen Ge-
mengtheilen sind die accessorischen: Zirkon. Magnetit, Apatit,
Titanit am wenigsten in ihrer Formentwicklung gestört. Von
den übi'igen Gemengtheilen sind im Allgemeinen Hornblende und
Glimmer früher ausgeschieden als der Feldspath, und dieser
wieder früher als der Quarz. Der letztere umschliesst alle an-
deren Mineralien, die mit ihm zusammen vorkommen. In man-
chen Varietäten, in welchen die Hornblende auffällig grosse, bis
') Auf diese Stelle bezieht sich jedenfalls die von C'urioni (Ri-
cerche, 1873, p. 348) gegebene Notiz, dass „östlich von Mü in dem
Val Camonica" Granaten im Tonalit vorkäiueii.
^) Eine genaue mikroskopische Beschreibung des Tonalits ist mei-
nes Wissens noch nicht gegeben worden. Man vergl. übrigens Rosen-
busch, Mikr. Physiogr. , II, p. 118, wo auch bereits die Vermutbnng
ausgesprochen ist, dass der Granat durch den Contact bedingt sei.
^) Nach C-ATHREiN auch Pyrit.
*) Leider geht aus der Notiz von v. Chhoustschoff nicht hervor,
woher die vou ihm untersuchte und Spinell führende Tonalit- Art
stammt, und wie sie sonst zusammengesetzt war.
544
2 cm lange Krystalle bildet, umhüllt sie nicht nur die accesso-
rischen Geniengtheile , sondern auch Glimmer und selbst Feld-
spath, ist also jünger als dieser.
Allerdings sind bei dem Feldspat h ganz besondere
Verhältnisse zu berücksichtigen. Er zeigt nämlich jene eigen-
thümliche , zuerst von Höpfner \) und Törnebohm ^) aufge-
fundene, später so vielfach beobachtete Erscheinung des Auf-
baues aus isomorphen Schichten von verschiedener und zwar
nach dem Rande hin zunehmender Acidität. Die Auslöschungs-
schiefe ist in den äusseren Partieen viel geringer als in den
inneren, nimmt aber so allmählich zu, dass das Maximum der
Dunkelheit beim Drehen des Objecttisches ganz continuirlich
über den Krystall hinwegzugleiten scheint. Die zuerst ausge-
schiedene Feldspathsubstanz. die jetzt den Kern der Krystalle
bildet, weicht in einzelnen Schnitten um fast SC* in der Aus-
löschungsschiefe von der äussersten Randzone ab und ist jeden-
falls viel kalkreicher als diese, da sie auch von der Zersetzung
rascher ergriffen wird. Sehr häufig beobachtet man das Centrum
der Krystalle bereits völlig getrübt, obwohl ihre peripherischen
Schichten noch ganz frisch erscheinen. Im engsten Zusammen-
hang damit steht die Erscheinung, dass die inneren Zonen der
Feldspathkrystalle oft ganz ungestört ausgebildet sind, während
die äusseren, deren Krystallisation schon mit der Festwerdung
des Quarzes zusammenfiel, sich mit diesem gegenseitig in der
Formentwicklung hinderten und nun mit ihren zackigen Umrissen
in einem auffallenden Gegensatz zu dem geradlinigen Verlauf der
inneren Zonengrenzen stehen. Zu bemerken ist noch, dass der
P'eldspath fast stets polysynthetische Verzwillingung nach dem
Albitgesetz aufweist. Wo dieselbe fehlt, dürfte man es dennoch
nicht mit Orthoklas-, sondern mit Plagioklaskrystallen, die pa-
rallel der Zwillingsebene geschnitten sind, zu tliun haben. Ver-
zwillingung nach dem Periklingesetz kommt nicht häufig daneben
vor. Aus dem Gesagten ergiebt sich, dass der Feldspath des
Tonalits überhaupt kein bestimmtes Glied in der Plagioklasreihe
darstellt und dass daher die von Gerhard vom Rath (1. c.) aus-
geführte Analyse nicht die Zusammensetzung eines solchen ergeben
konnte, sondern nur einen Mittelwerth der Zusammensetzungen
sämmtlicher in dem Tonalit auftretenden Plagioklase. — Dass
der Feldspath die accessorischen Gemengtlieile, sowie Hoi'nblende
und Glinnner gelegentlich umhüllt, ist bereits erwähnt worden.
^) Neues Jahrbuch für Mineralogie etc., 1881, II, p. 164. lieber
das Gestein des Monte Tajunihina in Peru.
'') Ebemla, JS77, p. ^92.
545
Auch Flüssigkeitseinsclilüsse mit beweglichen Lamellen wurden in
ihm beobachtet. In vereinzelten Fällen sah ich granophyrische Ver-
wachsung von polysynthetisch verwillingtem Plagioklas und Quarz.
Bei dem Quarz möchte ich nur hervorheben, dass die
haarförmigen Mikrolithen. die von Rosenbusch (1. c.) in ihm
beobachtet wurden, jedenfalls nicht überall vorkommen. We-
nigstens konnte ich sie in den Präparaten von dem Tonalit des
Monte Aviölo, selbst bei sehr starker Vergrösserung, nicht erkennen.
Der Glimmer besitzt den bekannten starken Pleochroisraus
zwischen hell strohgelb und tief braun. Der Winkel der optischen
Axen ist nur sehr klein; die Axenebene geht der Symmetrieebene
parallel.
Die Hornblende wird stets mit grünen Farbentönen
durchsichtig^). Die Intensität der Färbung ist bei annähernd
gleicher Dicke der Präparate in den Hornblenden verschiedener
Fundorte mitunter sehr verschieden. Ihr Pleochroismus ist in
manchen Vorkommen nicht sehr stark. Sowohl die Hornblende
wie der Glimmer liefern bei eintretender Zersetzung als Haupt-
product Chlorit, daneben aber auch sehr vielfach Epidot. Letz-
terer bleibt entweder mit dem Chlorit zusammen an der Stelle
des zersetzten Krystalls oder er siedelt sich auf Spältchen des
Gesteins an. Im Allgemeinen bildet er kleine und grössere Körn-
chen, mitunter aber tritt er in garbenförmigen , aus einzelnen
Krystallstrahlen zusammengesetzten Gebilden auf.
Von accessorischen Gemengtheilen verdient nur der Granat
noch Erwähnung. Er wird mit blass rosarother Farbe durch-
sichtig, hebt sich durch seine starke Lichtbrechung von den um-
liegenden Gesteinspartieen ab und umsclüiesst zahlreiche, farblose
Mineralpartikel , hauptsächlich wohl Quarz. Zwischen gekreuzten
Nicols bleibt er dunkel. — Auch einige von den bekannten, sphä-
roidalen, dunklen Körpern, welche sich im Tonalit so häutig
finden und von Reyer (1. c, p. 421) den drastischen, aber charak-
teristischen Namen „Schlierenknödel" erhalten haben, waxrden der
mikroskopischen ITijtersuchung unterworfen. Es ergab sich dabei
nur, dass, wie vorauszusehen, diese Körper hauptsächlich aus den
basischeren Mineralien, nämlich Hornblende und Glimmer, zusam-
mengesetzt sind. Feldspat!) ist gewöhnlich noch in ziemlichen
Mengen vorhanden, Quarz dagegen fast gar nicht. Mitunter ent-
halten sie sehr viel Apatit. Auch die übrigen accessorischen Ge-
mengtheile Titanit, Zirkon und Magnetit wurden darin beobachtet.
*) Wenigstens in all' den von mir untersuchten Präparaten. Ro-
senbusch, Mikr. Physiogr., Bd. I, p. 468, sagt dagegen: „Die gemeine
Hornblende erscheint tief braun bis braun-roth im Tonalit".
546
Die Zahl der ..SchliereukiUHlel-' ist in der Foppa nur klein.
Eine parallele Anordnung, wie sie Reyer beschreibt, habe ich
nicht wahrnehmen köiuien. Jedenfalls sind sie frülier als die
Hauptmasse des Tonalits erstarrt. Im Gegensatz zu ihnen stehen
die eigenthümlichen weissen, feinkörnigen Gebilde, die Revek
gleichfalls im Tonalit der südöstlichen Adamellogruppe beobachtet
und als ., Kluft blätter" bezeichnet hat. Ich kann dem. was er
über ihre Genesis sagt, nur beipflicliteii ^). Makroskopisch sind
sie deutlich von dem Nebengestein abgegrenzt und bilden schmale,
gangähnliche Partieen in dem normalen Tonalit; indessen erkennt
man bei genauerer Betrachtung, besonders mit der Lupe, dass
die Grenze keine so scliarfe ist wie bei echten Gängen. Auch
diese Kluftblätter haben in der Foppa nicht annähernd die Ver-
breitung, wie in den von Reyer besuchten Gebieten. In den
mikroskopischen Präparaten, die aus ihrem Gestein angefertigt
wurden, fanden sich als wesentliche Gemengtheile Feldspath und
zwar gestreifter und ungestreifter, sehr viel Quarz, sehr wenig
Biotit, aber viel offenbar primärer Muscovit. Hornblende fehlt
ganz. In seiner Strnctur unterscheidet sich das Gestein insofern
etwas vom Tonalit, als hier mitunter zahlreiche kleine Körner
von Quarz und ungestreiftem Feldspath eine Art Teig bilden, in
der die grösseren, aber unregelmässig umgrenzten (Juarz- und
Plagioklas - Individuen eingebettet sind. Der Plagioklas stimmt
ganz genau mit dem des Tonalits überein, ist aber hier viel
reiner und lässt die Erscheinung des Aufbaues aus isomorphen,
allmählich in einander übergehenden Schichten in Folge dessen
noch schöner erkennen.
2. Der horiiblendefreie Quarz - Glimmer- Diorit des
Val Mo ja.
Dieser Diorit ist ein granitisch aussehendes, kleinkörniges,
holokrystallines Gestein, in dem man mit unbewaffnetem Auge
schwarz-braunen Biotit, grau-weissen Quarz und weissen Feldspath
unterscheidet. U. d. M. erkennt man ausser diesen Mineralien
noch Apatit, Magnetit, Zirkon, Titanit als accessorische Gemeng-
theile. Feldspath und Quarz herrsclien vor und sind in ziemlich
gleichen Mengen vorhanden.
Der Feldspath scheint mit dem im Tonalit gefundenen
und bereits ausführlich beschriebenen Plagioklas völlig identisch
zu sein. Er ist fast stets polysynthetisch verzwillingt und zeigt
*) 1. c, p. 428: „Es macht entschieden den Eiiulruck, als ob aus
einer Masse, in welcher noch einige Gemengtheile beweglich waren,
gerade diese in die entstandenen Klüfte vorgeschoben (ausgeschwitzt)
worden seien."
547
ebenso wie jener das Phänomen des Aufbaues aus. isomorphen,
chemisch verschiedenen Schichten mit all' den damit verbundenen
Nebenerscheinungen. Die Differenz in den Auslöschungsschiefen
der basischen Kerne und der äussersten Zonen beträgt auch hier
mitunter 80^. Weitere Einzelheiten brauchen nicht angeführt zu
werden, weil das für den Feldspath des Tonalits Gesagte Wort
für Wort Geltung hat.
Auch von dem Quarz ist wenig zu berichten. Seine Aus-
scheidung fiel, wie im Tonalit, mit der der äussersten Feldspath-
zonen zusammen. Infolgedessen störte er diese in der Forment-
wicklung. Als Einschlüsse beobachtet man in dem Quarz die
accessorischen Gemengtheile. ferner Glimmer und Feldspath. End-
lich umhüllt er auch noch zahlreiche Flüssigkeitseinschlüsse mit
zum Theil beweglichen Libellen.
Der Biotit t.iitt in grossen, unregelmässig begrenzten Lamellen
auf. Sein Pleochroismus ist stark; sein Farbenwechsel bewegt sich
zwisclien licht bräunlich gelb und tief braun. Bei eintretender
Zersetzung wird er zuerst gebleicht, geht dann in faserige, chlo-
ritische Massen über und scheidet hierbei mitunter spärliche
Kutil - Nädelchen aus.
Der Zirkon findet sich in ausgezeichnet scharf ausgebildeten
Kryställchen . die von Pyramideniiächen begrenzt und nicht selten
parallel OP abgesondert sind. Apatit tritt in langen, farblosen
Nadeln, Titanit in schwach röthlich gefärbten Krystallen, Mag-
netit in unregelmässigen, opaken Körnern auf.
Wir haben nun dies Gestein sowohl in seinen geolo-
gischen Beziehungen wie seinem petrographischen Charakter nach
kennen gelernt. Ich möchte daher jetzt kurz auf eine Frage
eingehen, welche sich mir bei seiner Untersuchung aufdrängte.
Denkt man nämlich daran, dass der Mojadioritstock nur etwa
2 Kilom. von dem Tonalit entfernt ist, dass beide Gesteine zu
dem Quarz-Glimmer Diorit zu rechnen sind und beide eine Con-
tactmetaraorphose der benachbnrten Schiefer bewirkt haben, dass
endlich die durchgreifende Lagerung des Tonalits mit Sicherheit
constatirt wurde, so wird man die Möglichkeit nicht ohne Wei-
teres von der Hand weisen wollen, dass der Mojadioritstock
vielleicht nichts anderes sei als eine mächtige Apophyse des To-
nalits. Die drei folgenden Gründe scheinen mir indessen dagegen
zu sprechen: 1. Der Mojadiorit ist ganz hornblendefrei. 2. Er
besitzt niemals die für den Tonalit so charakteristischen, sphä-
roidalen. wesentlich aus den basischen Gemengtheilen des Eruptiv-
gesteins zusammengesetzten Körper. 3. Da die zur Beobachtung
gelangten, z. Th. noch nicht 1 m breiten Gänge von Tonalit die-
selbe grobkörnige Structur besitzen wie die Hauptmasse dieses
548
Gesteins, so würde man das auch von einer Apophyse von der
Mächtigkeit, wie sie der Mojadioritstock besitzt, erwarten. In-
dessen erreichen aber die Körner der einzelnen Gemengtheilc
niemals wesentlich mehr als 1 mm im Durchmesser, gewöhnlich
noch weniger, stehen also hinter der Grösse der tonalitischen
Gemengtheilc erheblich zurück. — Aus den angeführten drei
Gründen halte ich es für wahrscheinlich, dass der Mojadiorit
nicht in Beziehungen zu dem Tonalit steht, sondern als ein von
diesem unabhängiges Eruptivgestein aufzufassen ist.
Porphyrite.
Aus mehreren Gründen habe ich darauf verzichtet, schon
jetzt eine eingehende petrographischo Beschreibung der hierher
gehörigen Gesteine zu geben. Erstens nämlich war es bei einem
erheblichen Theil derselben unmöglich, auch nur halbwegs frische
Stücke zu erlangen. Zweitens glaube ich. dass derartige Unter-
suchungen von Eruptivgesteinen nur dann zu allgemeineren Resul-
taten führen können, wenn der Bearbeitung ein viel umfangrei-
cheres Material zu Grunde liegt als das in diesem Fall zur
Verfügung stehende, zumal da die porphyrischen Eruptivgesteine
des Aviölogebietes sehr verschiedenen Gruppen der Porphyrit-
familie angehören. Endlich ist die geologische Stellung der Ge-
steine dieser Gruppe in unserem Fall eine derartige, dass selbst
das gänzliche Fehlen einer petrographischen Beschreibung der-
selben das geologische Bild des betreffenden Gebirgstheiles kaum
wesentlich stören würde. Ich werde mich daher im Folgenden
darauf beschränken, einen üeberblick über ihre Struetur und
mineralogische Zusammensetzung zu geben, ohne auf irgend welche
specielleren Einzelheiten einzugehen.
Die 20 von mir gesammelten Vorkommen gehören den drei
Gruppen der Quarz-Glimmer-Porphyiite, der Hornblende-PorphjTite
und der Augit- bezw. Üralit-Porphyrite an. Diese verschiedenen
Gruppen sind indessen nicht scharf von einander getrennt, son-
dern durch Uebergänge verbunden. Sie wurden ihrerseits wieder
der Uebersichtlichkeit halber in Unterabtheilungen von nur localer
Bedeutung eingetheilt. — Vorausgeschickt sei noch, dass die
Grundmassen sämmtlicher Gesteine holokrystallin sind.
A. Quarz -Glimmer- Porphyrite.
]. Gestein vom Monte Colmo. Porphyrisch: gi'osse. abge-
rundete Quarzkörner, in welche die Grundmasse buchtförmig ein-
dringt. Zonar gebaute, scharf umgrenzte Plagioklaskrystalle.
Krystallographisch schlecht umgrenzte Biotitblätter. Accesso-
risch: vereinzelte Granatkörner. Die Grundmasse besteht aus
Fetzchen von Biotit, farblosen Körnchen von Quarz und meist
549
ungetreiftem Felclspath. Krystallconturen zeigen die Gemengtheile
der Gi'undniasse nur ausnahmsweise; am meisten beobachtet man
sie nocl) an dem Biotit. Der Grössenunterschied zwischen den
porphyrisclien Individuen (über 1 mm) und denen der Grundmasse
(unter 0,01 mm) ist sehr beträchtlich.
2. Gesteine aus mehreren Gängen vom Piccolokamm, mög-
licher Weise den Schichtttächen der Schiefer concordant eingedrun-
gen. Porphyrisch: ziemlich regelmässig krystallisirte, zonar ge-
baute Plagioklas-Iudividuen. Einheitliche Biotitblätter von derselben
Ausbildung, aber geringerer Grösse als bei 1. Daneben dichte
Zusammenhäufungen kleiner Glimmerblättchen , gewissermaassen
die Stelle porphyrischer grösserer Blätter vertretend. Nur aus-
nahmsweise porphyrisclie Quarzkörner, die anscheinend corrodirt
sind. Die Grundmasse besteht aus farblosen Körnchen von Quarz
und meist ungestreiftem Feldspath, aus Glimmerfetzchen und aus
ziemlich grossen Körnern und Stengeln einer hell grünen, fast
gar nicht pleochroitischen, monoklinen Hornblende (Aktinolith).
Nur diese letztere ist gut krystallisirt. Der Grössenunterschied
zwischen den porphyrischen Krystallen und den Gemengtheilen der
Grundmasse ist nicht so beträchtlich wie bei der ersten Gruppe.
Der ganze mikroskopische Habitus erinnert vielfach an manche
Contactschiefer mit porphyrartiger Structur.
3. Drei verschiedene Vorkommen aus der Valletta di Sonico.
in der Nähe des Baches. Porphyrisch: Plagioklaskrystalle. regel-
mässig aber nicht so scharf begrenzt wie in 1. und 2. Ganz
vereinzelt grosse Biotitblätter, sehr oft gewissermaassen porpliy-
risch. compacte Anhäufungen kleiner Biotitblättchen. Grössere
Quarze fehlen ganz. Die Grundmasse besteht aus Biotitfetzchen
und farblosen Körnern von Quarz und ungestreiftem Feldspath.
Der Grössenunterschied zwischen den porphyrischen und den
Grundmassen-Gemengtheilen ist sehr erheblich. Anscheinend ha-
ben mechanische Deformirungen stattgefunden. Es deuten darauf
die wahrscheinlich aus früher einheitlichen Biotitkrystallcn hervor-
gegangenen Anhäufungen kleiner Blättchen, sowie eine auffallende
parallele Anordnung der allerkleinsten Biotitfetzchen der Grund-
masse; endlich auch die mitunter unscharfe, wie angebrochen aus-
sehende Umrandung der Plagioklase. — Hierher wurde noch ein
viertes, gleichfalls aus der Valletta di Sonico stammendes Gestein
gestellt, das makroskopisch sehr ähnlich, mikroskopisch sich in
mehreren Punkten unterscheidet. Mit den übrigen Gruppen ist
noch weniger Verwandtschaft vorhanden. In ihm ist eine eigent-
lich porphyrische Structur nicht vorhanden. Die Gemengtheile
variiren in der Grösse, sind aber durch zahlreiche Zwischenstufen
eng mit einander verbunden. Der Feldspath zeigt verhältniss-
550
massig seltener Zwillingsstreifung und ist unregelmässiger umrandet.
Quarz ist sehr wenig vorhanden. Der Glimmer tritt in derselben
Weise auf wie bei den übrigen Gesteinen dieser Gruppe.
B. Hornblende-Porphyrite.
1 . Quarzfreie bis quarzarme, glimmerreiche bis glimmerarme
Hornblende - Porphyrite. Es gehören hierher zwei Vorkommen
aus dem Val Moja. zwei aus der Schlucht der Valletta di Sonico
und eins vom linken Gehänge des Aviothales, 100 bis 200 m
über dem Bach an einem schmalen Fusspfad. Von den beiden
Gesteinen aus dem Mojathal ist das eine das p. 461 erwähnte,
von Stäche und v. Foullon (1. c.) beschriebene; das zweite tritt
anstehend oberhalb des Dioritstockes auf. — Porphyrisch: scharf
krystallisirte Plagioklas- Individuen und bald scharf krystallisirte,
bald nicht sehr regelmässig umrandete Plornblendekrystalle; ferner
seltene, gewissermaassen als porphyrische Gemengtheile fungirende
Zusammenhäufungen kleiner Biotitblättchen. Die Grundmasse be-
steht aus wenig leistenförmigen , meist nur in Körnern auftreten-
dem, fast inmier ungestreiftem Feldspath. Glimmer- und Horn-
blendefetzchen und -Nädelchen. Quarzkörner dürften nicht selten
sein. Die Hornblende ist in dem von v. Foullon beschriebenen
Gestein gut krystallisirter. hell grüner, äusserst schwach pleoch-
roitischer Aktinolith und tritt darin nur in der Grundmasse auf.
In den übrigen Vorkommen ist sie deutlich pleochroitisch. Ihr
Farbenwechsel geht von hell gelb-grün bis dunkel schmutzig grün.
Sie ist in der Grundmasse unregelmässig umgrenzt, findet sich
aber stets auch porphjTisch in meist besser krystallisirtcn Indi-
vtduen. Fast immer findet man kleine Biotitblättchen mit ihr
vergesellschaftet und zwar entweder in sie eingewachsen, oder an
sie angelagert, oder endlich den ganzen Hornblendekrystall voll-
ständig umgebend.
2. Glimmer- und quarzfreie Hornblende-Porphyrite. Hierher
gehört nur ein einziges, zwei Varietäten bildendes Gestein, das
die Umenitfruchtschiefer in dem Contacthof des Mojadiorits durch-
setzt. Es ist aber so charakteristisch und abweichend ausge-
bildet, dass es nicht mit B. 1. vereinigt wurde. — Porphyrisch:
ganz scharf krystallisirte Individuen von leistenförmigem Plagio-
klas und Hornblende. Diese letztere ist lebhaft pleochroitisch
(c = b: dunkel gelblich braun, a: licht bräunlich gelb) und ausser-
ordentlich häufig verzwillingt, wobei das Orthopinakoid Zwillings-
ebene ist, die Verwachsungsnaht aber ganz unregelmässig zackig
verläuft. Die Grundmasse besteht aus stets leistenförmigem und
gestreiftem Feldspath. sowie aus einer zweiten Generation von
ebenso gefärbter, aber sehr oft unregelmässig gestalteter Hörn-
551
blende. Im Ganzen sind aber hier die Elemente der Grundmasse
besser krystallisirt als in den anderen beschriebenen Gesteinen.
Die beiden Varietäten unterscheiden sich dadurch, dass die eine
vom Salband des Ganges stammende sehr viel mehr Grundmasse
und sehr viel weniger porphyrische Plagioklaskrystalle enthält
als die andere. Es ist sogar in ihr nicht ganz ausgeschlossen,
dass Spuren einer Basis vorhanden wären.
C. Augit- bezw. Uralit-Porphyrite.
1. Uralit-Porphyrit. Gang im Tonalit des Colmokammes.
Dies Gestein vermittelt sehr gut den Üebergang von dem eben
beschriebenen zu den noch folgenden Porphyriten. Porphyrisch
treten darin erstens sehr scharf krystallisirte , nach dem Brachy-
pinakoid dünn tafelförmige Plagioklaskrystalle auf, zweitens bis
1 mm grosse Krystalle von Uralit. Derselbe lässt gar nicht
selten die charakteristischen Augitformen erkennen und wird ge-
bildet von einer zwischen hell gelb -grün und etwas dunklerem
hell grün pleochroitischen Hornblende. Auch unregelmässigere
Schnitte sind ganz von dieser Hornblende erfüllt . nur dass dann
häufig kleine Biotitblättchen innig mit ihr verbunden sind und
die gleiche Entstehung haben dürften. Die Grundmasse besteht
aus oft wohl umgrenzter, primärer Hornblende, ziemlich viel ge-
streiften Feldspathleistchen und ungestreiften Feldspathkörnern.
Die Hornblende überwiegt. Ihr PJeochroismus bewegt sich von
grünlich braun zu reinem dunkel braun. Der Grössenunterschied
der porphyrischen Gemengtheile und der der Grundmasse ist sehr
erheblich.
2. Hierher gehören fünf Vorkommen, wovon eins in dem
unteren Val Moja, zwei an der Strasse von Edolo nach Incudine,
zwei in dem unteren Val Finale gefunden sind. AU' diese Ge-
steine sind von umwandelnden Vorgängen in hohem Maasse cr-
gritfen und liegen jetzt in einem solchen Zustande vor, dass man
auf ihre ursprüngliche Structur und mineralogische Zusammen-
setzung nur unvollständige Schlüsse ziehen kann. Allen gemein-
sam sind folgende Gemengtheile: Augit in bis 0,5 mm langen,
breiten Krystallen; uralitische Hornblende in scharf begrenzten
Schnitten, in kleinen, überall zerstreuten Fetzchen und in grös-
seren Anhäufungen auf Spalträumen des Gesteins; Plagioklas in
ziemlich grossen Krystallen. Der Augit ist schwach pleochroi-
tisch. Sein Farbenwechsel bewegt sich zwischen blass rosa roth
und hell bräunlich. Meist ist er ganz in trübe Aggregate von
winzigen Körnchen zersetzt, die mitunter Aehnlichkeit mit Epidot
haben. Die uralitische schiltige Hornblende erfüllt den aller-
grössten Theil des Gesteins, umlagert, wenn auch selten, den
552
eben beschriebenen Augit, tritt im Plagioklas in kleinen Mengen,
hauptsächlich aber selbstständig in grossen Schnitten und Anhäu-
fungen auf. Sie ist völlig identisch mit dem Uralit des vorher
beschriebenen Gesteins. Auffällig ist es, dass sie an manchen
Stellen der Gesteine einen anderen Farbenwechsel, nämlich zwi-
schen gelblich grün und bläulicli grün, besitzt. Der Plagioklas
ist stark zersetzt und scheidet allerhand faserige, unbestimmbare
Producte, zum Theil Epidot aus. Ausser den genannten Gemeng-
theilen beobachtet man noch Titaneisen, das in Titanitbildung be-
gritfen ist. und unregelmässig umrandete Biotitblätter. Gewöhn-
lich entstehen nun ferner aus der secundären Hornblende, wie-
derum secundär, Epidot, Chlorit und Calcit, sodass man in dem
Gestein ein Gewirr sehr verschiedenartiger, theils w^ohl durch
mechanische, theils durch chemische Umwandlungsvorgänge er-
zeugter Mineralien vor sich hat. Ob diese Gesteine jemals eine
wirkliche Grundmasse besessen haben, ist recht zweifelhaft. Wür-
den feinkörnige Diabase aus jenen Gegenden bekannt sein, so
wären sie mit grösserer Wahrscheinlichkeit zu diesen zu stellen,
als zu den Porphyriten. Andererseits ist die Aehnlichkeit mit
dem unter C. 1. beschriebenen, echten Uralit - Porpliyrit unbe-
streitbar. Endlich wurde in dem mittleren Val Moja noch ein
anderes Vorkommen gefunden, das mit den fünf eben geschilder-
ten vollkommen übereinstimmt, nur jenen bräunlich rothen, zu
trüben Producten zersetzten Augit nicht fühi't und dadurch auch
einen Uebergang zu dem Gestein von C. 1. vermittelt. Ich möchte
übrigens der Yermuthung Raum geben, dass möglicher Weise der
jetzt als Uralit vorliegende und jener andere bräunlich rothe, so
oft noch erhaltene Augit primär verschiedenen Pyroxenarten an-
gehört haben. Es spricht dafür die Thatsache, dass der Uralit
nur sehr selten mit den trüben Zersetzungsproducten des anderen
Augits oder gar mit diesem selbst vergesellschaftet auftritt.
3. In dem mittleren Val Finale wurden zwei unzweifelhaft
gangförmige Eruptivgesteine aufgefunden, die, mikroskopisch un-
tersucht, sich als fast ganz aus Chlorit und Kalkspath bestehend
erwiesen. Ausserdem treten noch vereinzelte Körner von einem
bald auffällig frischen, bald Leukoxen ausscheidenden Eisenerz,
sowie von Quarz auf. Die Gesteine sind von weissen Adern
durchzogen, die der Hauptsache nach aus Kalkspath gebildet sind,
aber auch vereinzelte Quarzkörner führen. Letztere sind offenbar
ebenso wie der Kalkspath neugebildet. Es kann kein Zweifel
darüber bestehen, dass diese beiden Gesteine ursprünglich wie
die Gesteine der Gruppe C, 2. zusammengesetzt waren.
Zum Schluss möge mit wenigen Worten einer^ Erscheinung
gedacht werden, die bisher der Uebersichtlicldveit halber nur aus-
nahmsweise Erwähnung fand, und deren Bedeutung auch für die
hier untersuchten Gesteine Iveine sehr grosse ist; icli meine die
mikroskopisch erkennbaren Wirkungen des Gebirgsdruckes. Nur
bei den zuletzt behandelten Eruptivgesteinen haben wir mitunter
davon gesprochen; aber auch in sämmtlichen Schichtgesteinen,
welche an dem Aufbau des Monte Aviolo theilnehmen, und zwar
sowohl in den unveränderten, wie in den metamorphosirten sind
diese „kataklasti sehen" Phänomene wenigstens gelegentlich wahr-
nehmbar. Sie äussern sich besonders schön beim Feldspath und
bem Quarz, indem sie bald nur optische Anomalien hervorrufen
(undulöse Auslöschung), bald ganz erhebliche mechanische Defor-
mirungen erzeugen. Im letzteren Fall beobachtet man nicht
selten mehr oder weniger vollständige Zertrümmerung ursprüng-
lich einheitlicher Krystalle, wobei dann entweder grössere Theile
derselben an mikroskopisch kleinen Verwerfungsspalten um oft
weniger als 0,01 mm an einander verschoben werden, oder aber
das ganze Individuum in zahlreiche kleine, sehr verschiedenartig
gestellte Bruchstücke zerdrückt wird. Auch Biegungen und Stau-
chungen von Plagioklas - Zwillingslamellen sind gelegentlich zu
beobachten. Beim Biotit und heim Muscovit nahm ich ausser
den sehr verbreiteten und jedenfalls häufig nicht auf Gebirgsdruck
zurückzuführenden Biegungen, noch Zerreissungen , verbunden mit
seitlicher Verschiebung der getrennten Theile wahr. Auch bei
Zirkonkrj'stallen sind nicht selten die einzelnen parallel OP ab-
gesonderten oder durch Zerbrechung erzeugten (?) Stücke derartig
seitlich verschoben, dass man wohl nichts anderes als den Ge-
birgsdruck für die Ursache der Erscheinung halten kann.
Rückblick.
Die Hauptergebnisse der vorliegenden Untersuchungen sind
die folgenden:
1. Der Tonalit des nordwestlichsten Theils der Adamello-
gruppe ist in seiner ganzen Masse jünger als die ihn um-
gebenden krystallinen Schiefer der Gneiss-Phyllitgruppe.
'2. Er hat diese auf viele Hundert Meter Entfernung hin
metamorphosirt.
3. Die Producte der Contactmetamorphose sind petrogra-
phisch merkwürdige, durch einen auffallend hohen Gehalt
an Cordierit ausgezeichnete Gesteine.
Zeitschr. tl. D. geol. Ges. XLII. 3. 37
554
4. Die aus solchen Gesteinen zusammengesetzte Contactzone
begleitet die Tonalitgrenze sicher auf dei- fast 14 Kilom.
langen Strecke zwischen dem Passo Gallinera und dem
Val d'Avio. wahrscheinlich noch weiter.
Es drängt mich zum Schluss dieser Arbeit Herrn Geh.
Bergrath Professor Dr. Zirkel, meinen hei'zlichsten Dank für
die liebenswürdige Bereitwilligkeit auszusprechen, mit der er mir
auch bei den vorliegenden Untersuchungen seinen Rath und seine
Unterstützung zu Theil werden liess.
Verzeichniss
der Literatur des Adamellogebietes.
1847. J. Trinker. Bericht über die IX. General - Versammlung des
Vereins zur geognostisch - montanistischen Durchforschung
von Tirol und Vorarlberg. (Innsbruck.) ^)
1851. Derselbe. Jahrbuch^) der k. k. geolgischen Reichsanstalt zu
Wien, Heft 2, p. 74 — ^78. lieber die Verbreitung von erra-
tischen Blöcken in dem südwestlichen Tlieile von Tirol.
1851. Arnold Escher von der Linth in B. Studer's Geologie der
Schweiz, Bd. I, p. 292 — 295.
1853. J. Trinker. Petrographische Erläuterungen zur geognostischen
Karte von Tirol').
1858. Fr. V. Hauer. Erläuterungen zu einer geologischen Ueber-
sichtskarte der Schichtgebirge der Lombardei. J. k. k. R.,
p. 445.
1864. Gerhard vom Rath. Beiträge zur Kenntniss der Eruptiv-
gesteine der Alpen. Diese Zeitschrift, Bd. XVI, p. 249
bis 266.
1865. P. G. LoRENTZ. Excursion um den Ortler- und Adamellostock.
Petermann's Mittheilungen, Bd. IL
1865. A. Kenngott. Ueber den Feldspath der Tonalits. Diese Zeit-
schrift, Bd. XVII, p. 569.
1865. Julius Payer. Die Adaraello-Presauella- Alpen. Ergänzungs-
heft No. 17 zu Petermann's Mittheilungen.
1866. E. W. Benecke. Geognostisch-Paläontol. Beiträge, Bd. I, Heft 1
(München), Ueber Trias und Jura in den Südalpen.
1869. A. Baltzer. Geologische Notizen aus der Adamellogruppe. Im
Jahrbuch des Schweizer Alpenclub, 1869 — 70 (Bern 1870).
p. 421 — 436.
1871. A. Baltzer. Adamellogranit u. Adamellogranitglimmer. Viertel-
jahrsschrift der naturforsch. Gesellschaft in Zürich, Sechs-
zehnter Jahrgang, p. 175 — 184.
^) War mir nicht zugänglich. Citirt nach SuESS und Stäche.
*) Für „Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt zu Wien" und
„Verhandlungen der k. k. geol. Reichsanstalt zu Wien" wird liier der
Kürze wegen „J. k. k. R." bezw. „V. k. k. R." gesetzt.
555
1872. Referat über beide Arbeiten Baltzer's, die danach 1870 in
St. Gallen besonders erschienen sein sollen. Neues Jahrb.
für Mineralogie etc., p. 653.
1872. Juliiis Payer. Anhang zu den Adamello - Presanella - Alpen
des Ergänzungsheftes No. 17. In Ergänzungsheft Xo. 81 zu
Petermann's Mittheilungen.
1873. GiULio CuRiONi. Ricerche geologiche sull' epoca dell' emer-
sione delle rocce sienitiche (Tonalite) della catena dei monti
deir Adamello nella prov. di Brescia. Mem. Ist. Lonib., XII,
p. 341 — 8G0.
1874. J. MoRSTADT. Ueber die Terraingestaltung im südwestlichen
Tirol, verglichen mit jener in der Lombardei. Zeitschrift
des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins, Bd. V.
Heft 1, p. 193 — 214 und 401—406.
1875. Giuseppe Ragazzoni. Profile geognostico del pendio meridio-
nale delle Alpi Lombarde. Dai commentari dell" Ateneo di
Brescia.
1877. GiULio CuRiONi. Geologia applicata delle provincie Lombarde
(Milano bei Höpli), besonders wichtig Bd. I. Mit einer Ueber-
sichtskarte.
1878. Richard Lepsius. Das westliche Südtirol (Berlin).
1878. C. DÖLTER. Referat über einen Theil des IjEPSius'schen Wer-
kes: Die Eruptivgesteine des westlichen Süd-Tirol. Y. k. k.
R., p. 349.
1879. R. Lepsius. Berichtigung zum Referate Dölter's. V. k. k.
R., p. 31.
1879. R. BÖRNES. Referat über das LEPSius'sche Werk. V. k. k. R.,
p. 34.
1879. Guido Stäche. Die Umrandung des Adamellostockes und die
Entwicklung der Permformation zwischen Val buona Giudi-
caria und Val Camonica. V. k. k. R., p. 300 — 310.
1879. R. Lepsius. Ueber Dr. Stache"s Reisebericht, betreffend die
Umrandung des Adamellostockes. Y. k. k. R. , p. 339 — 343.
1879. G. Stäche. Erwiderung auf die voranstehende Kritik meines
Reiseberichts über die Umrandung des Adamellostockes. Y.
k. k. R., p. 844 — 350.
1880. G. Stäche. Y. k. k. R.:
1. Der krystallinische Gebirgsabschnitt zwischen dem hin-
teren Ulteugebiet und Untersidzberg, p. 250 — 251.
2. Aus den Randgebieten des Adamellogebirges, p. 252
bis 255.
3. Ueber das Yorkommen von Olivingesteinen in Süd-Tirol,
p. 287 — 288.
1880. Baron Heinrich von Foullon. Ueber Minerale führende Kalke
aus dem Yal Albiole in Süd-Tirol. Y- k. k. R., p. 146.
1880. Alexander Bittner. Die Scdimentgebilde in Judicarien. Y.
k. k. R., p. 233.
1880. C. W. Gümbel. Ein geognostischer Streifzug durch die Ber-
gamasker Alpen. Sitzungsberichte der mathematisch -physi-
kalischen Classe der k. bayerischen Akademie der Wissen-
schaften, p. 164.
1881. A. Bittner. Uebsr die geologischen Aufnahmen in Judicarien
und Yal Sabbia. J. k. k. R., Heft 3. p. 219 — 370.
1881. Eduard Reyer. Die Eruptivmassen des südlichen Adamello.
Neues Jahrbuch für Mineral, etc., Beil. -Band I, p. 419—450,
37* .
556
1883. A. BiTTNER. Nachträge zum Berichte über die geologischen
Aufnahmen in Judicarien und Val Sabbia. J. k. k. R., Heft 3,
p. 405 — 442.
1885. Eduard Suess. In „Das Antlitz der Ende'", Bd. I, p. 209,
312 — 323, 355.
1886. V. Chrustschoff. Neues Jahrbuch für Mineral, etc., Bd. II.
p. 184 (giebt eine kurze Notiz über das Vorkommen von
Spinell im Tonalit).
1886. P'riedrich Teller, lieber porphyrische Eruptivgesteine aus
den Tiroler Central -Alpen. J. k. k. R, p. 715 — 746.
1886. Baron H. v. Foullon. Ueber Porphyrite aus Süd-Tirol J. k.
k. R., p. 747 — 777.
1 889. Heinrich Finkelstein. Die Gruppe des Monte Frerone. Zeit-
schrift des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins,
Bd. XX, p. 306 — 330.
1889. Amighetti. Sac. Alessio. Nuove ricerche sui terreni glaciali
dei dintorni del lago d'Iseo (Lovere).
1890. A. Cathrein. Neues Jahi'buch für Mineral, etc., Bd. I, Heft ],
p. 73 — 74 (schlägt eine neue Benennung für den Tonalit vor).
Inhalt.
Seite.
Einleitung 450
Topographische Schilderung 454
Geologische Beschreibung 465
Der Quarzphyllit - C'oniplex und der zu ihm gehörige
Dioritstock 466
Der Tonalit und der ihn umgebende Schiefercomplex,
sowie ihre gegenseitigen Beziehungen 477
Geologische Beziehungen der porphyrisch struirten Erup-
tivgesteine 504
Petrographische Beschreibung 506
Gesteine des älteren Schiefercomplexes 506
Gesteine des jüngeren Schiefercomplexes 528
Eruptivgesteine 541
Als Stöcke auftretende Gesteine 542
Porphvrite 548
Rückblick . " 553
557
4. Lieber den oberen Gault mit Belemiütes
minimus bei Grliesmarode unweit
Braunschweig'.
Von Herrn A. von Stkombeck in Braimschweig.
Schon auf meiner geognostischen Karte von 1856 ist bei
Gliesniarode vor dem Fallersleber Thore von Braunschweig oberer
Gault an drei kleinen Stellen bezeichnet. Es gründete sich dies
auf das dortige Vorkommen von BeJemnites mininms. Die Stellen
sind in die EwALü'sche Karte der Provinz Sachsen übertragen.
Inzwischen ist an der Kreuzung der Chaussee nach Fallersleben
mit dem Wege von Riddagshausen nach Querum eine Ziegelei ent-
standen, und befindet sich die Thongrube derselben im Gault mit
Belemnites minimus. Zwar hat, nachdem dieser Thon bei Boden-
stein als oberer Gault anerkannt (s. diese Zeitschrift, Jahrg. 1853,
p. 501) und nachdem der Flammenmergel als demselben Forma-
tions-Gliede zugehörig befunden ist (s. das., Jahrg. 1856, p. 483),
der Gault, den man bis dahin in Deutschland fehlend glaubte,
eine grosse Verbreitung nicht nur nördlich vom Harze sondern
auch im Wesergebirge und in dem Teutoburger Walde bis Rheine
an der Ems, jedoch pflegt der Minimus -G^iuM nur durch die
kleinen ihn bezeichnenden Belemniten angedeutet zu werden. Es
mangelt an genügendem Aufschlüsse, zumal man die Bodensteiner
Grube seit langer Zeit verlassen hat. Einen solchen aber bietet
die Gliesmaröder Ziegelei so vorzüglich, wie kaum zu erwarten
steht. Es möge deshalb von den dortigen geognostischen Vor-
konnnnissen in den folgenden Zeilen Kenntniss gegeben werden.
Die Tbongrube der Gliesmaröder Ziegelei erstreckt sich von
Süd nach Xord auf eine Länge von etwa 100 m. Die Breite ist
verschieden, jedoch geringer. Den südöstlichen Theil, wo die Ge-
winnung anfänglich stattfand, hat man bereits wieder eingeebnet.
Der Thon wird von einer geringen Schicht von Diluviallehm und
Sand bedeckt und bis zu einer bestimmten Ebene, 4 bis 5 m
mächtig, gewonnen. Derselbe ist grubenfeucht von dunkelgrauer
Farbe mit einem Stich ins Grünliche, trocken aber hell grau und
so plastisch, dass er gegraben, ohne eine Zeit lang zu liegen,
sofort verarbeitet werden kann. Bei den älteren Gault-Thonen,
558
auch wenn aus geringer Tiefe, ist dies nicht tler Fall. Der Thon
braust mit Säure, ist also kalkig, führt aber keinen Gyps im
Zustande von Marienglas wie der ältere Gault-Thon stellenweise
sehr häufig. Dagegen umschliesst er hin und wieder runde oder
längliche Phosphoritknollen.
Deutliche Schichtung lässt der Thon nicht wahrnehmen,
durch die Einwirkung der Atmosphärilien ist sie verwischt, es
setzt indessen in der Mitte der Grube eine Gesteinsbank von
kalkigem Thon von etwa 0,5 m Mächtigkeit auf, stellenweise
unterbrochen, jedoch im Allgemeinen h. 8 streichend und mit
20 bis 25" nordöstlich einfallend. Bleibt so das Einfallen in
der Tiefe, wie es scheint, so ist der nördlich anstehende Thon
der jtingere. Auch würde diesenfalls die Ablagerung der Falte
des nahen Nussbergs angehören, wo der Buntsandstein mit h. 10
Streichen und nordöstlichem Einfallen zu Tage ausgeht. Doch
müsste der Thon der nordöstlich vorliegenden Moorhütte (Vieweg-
sche Ziegelei), da diese ältere Schichten. Speeton-Thon sind, sich
einem andern Faltensysteme anschliessen. Das in der Gliesmaröder
Thongrube nördlich Anstehende ist im Folgenden für das jüngere
und das südliche für das ältere angenommen, jedoch nicht ohne
Vorbehalt. — Flammenmergel, der den Ilim'nms-Ganlt fast regel-
mässig unmittelbar überlagei't, ist in der Nähe nicht bemerkt.
Es wird solcher ausnahmsweise fehlen oder durch Diluvium ver-
deckt sein.
Die Vergesellschaftung der organischen Reste im Gliesma-
röder Mimmus-GauW stimmt mit der des Thones von Bodenstein
vollständig überein, nur erscheint jener etwas reicher. Die Aehn-
lichkeit der Fauna an beiden Stellen mit der in Folkstone ist
überraschend. In der Gliesmaröder Grube kommen hauptsächlich
folgende Species vor:
1. Belemnites minimus Lister. Die schöne Abbildung
d'Orb., Terr. Cret.. t. 5, f. 3 — 9. nach Exemplaren von Folkstone
und dieser Fundstelle gegenüber in Frankreich von Vissant geben
die hiesigen Formen so treffend wieder, als wenn sie zur Abbildung
gedient hätten. Die keulenförmigen Stücke walten vor. diejenigen,
wo sich an das stumpfe Ende der Keule eine spindelförmige Spitze
angesetzt hat. bilden nur den 10. Theil. Junge Exemplare bis
15 mm pflegen nicht keulenförmig zu sein. Die seitlichen Doppel-
linien sind nur bei gutem Erhaltungszustande deutlich. In der
Alveole befindet sich nicht selten ein kurzer Theil des Phragmo-
kons, der mit einer verhältnissmässig grossen Kugel beginnt. Un-
sere Sammlung enthält den Theil eines Phragmokons von Eilum
unweit Schöppenstedt. der unten 2 mm und oben 10 mm im Durch-
messer hat, 22 mm lang ist und 2-1 tellerförmig in einander haf-
559
tende Kammern zeigt. Da an der Fundstelle 3Iinimt( s-Ganli an
die Oberfläche tritt, so könnte der Conus der Species angehören
und hätte solcher diesen Falls eine bedeutende Grösse gehabt
(cf. PicTET, Sainte-Croix, p. 104, t. 13, f. 9).
d'Orbigny vereinigt die beiden Species Belemnites minimus
List, bei Sow., t. 589, f. 1 — 4. und Belemnites attenuatus Sow.
t. 589, f. 8 — 10, unter welcher letzteren Sowerby die spindel-
förmig verlängerte Form versteht. Pictet nimmt Anstand, diese
Vereinigung gut zu heissen, und zwar weil die Art der Zuspitzung
an Belemnites minimiis aus Gault von St. Croix und Peile du
Rhone nicht bemerkt wurde. Indessen möchte Pictet's Anschau-
ung nicht stichhaltig sein, da fast an jedem Exemplare von Be-
lemnites attenantas äusserlich die Stelle zu erkennen ist, wo sich
an das keulenförmige Ende des jüngeren Zustandes die lange
Spitze angesetzt hat, sodass ohne den Längendurchschnitt bei
d'Orb., t. 5, f. 9, zu kennen, feststeht, dass jeder Belemnites
attenuatus einen Belemnites minimus einschliesst. Es kann daher
nicht zweifelhaft sein, dass zwischen beiden Formen kein speci-
lischer Unterschied obwaltet, und ist der jüngere Name Belemnites
attenuatus zu unterdrücken.
Im Uebrigen scheint das, was Pictet, St. Croix, p. 103,
t. 1 — 6, als Belemnites minimus von St. Croix und Perte du
Rhone darstellt, eine andere Species zu sein. Zwar sind danach
die dortigen Exemplare, in Uebereinstimmung mit vorliegenden,
nicht völlig cylinderisch, vielmehr am Alveolenende, ohne das Ab-
blätterung vorhanden ist. etwas verdünnt, und bildet sich die Spitze,
wenn auch allmählich aber rasch, jedoch betont Pictet selbst,
dass sich kein Exemplar gezeigt habe, das anstatt der Spitze
keulenförmig abgerundet oder mit der absonderlichen Spitze des
attemiatus versehen sei. Dieserhalb und da ferner die Seiten-
linien fehlen, auch die Abbildung an einigen Stücken eine Neigung
zu Actinocamax andeutet, die am hiesigen Belemnites minimus
nicht vorkommt, so dürften die obigen Zweifel nicht unbegründet
sein. Mögen Andere, denen eine grössere Anzahl des fraglichen
Belemniten zusteht, darüber befinden.
Belemnites minimus kommt in der Gliesmaröder Thongrube
in den jüngeren und älteren Schichten gleichmässig und ungemein
häufig vor.
Von Ammoniten treten mehrere Species auf, jedoch fast nur
in Windungsstücken, vollständige Exemplare sind sehr selten. Es
waltet weitaus vor:
2. Ammonites interrupfus Brug. dOrb., 1. c, t. 31 u.
32; Pictet, St. Croix, t. 28. und Quenst., Cephal., t. 10. f. 4.
In Gliesniarode finden sich die hochmündige Form, wo die Höhe bis
560
l\/2mal der Breite, und die aufgeblähetc Form, wo die Mund-
öifnungsliöhe und Breite gleicli gross oder letztei-e noch etwas dar-
über ist, in ziemlich derselben Anzahl. Die Zwischenstufen fehlen
nicht. Die Seiten sind fast flach, die Involubilität beträgt die
Hälfte, doch auch etwas mehr oder weniger. Die Rippen beginnen
schwach an der Naht und bilden nach kurzem Verlaufe einen
länglichen Höcker, den Nahtknoten, aus welchem zwei starke
Rippen entspringen. Diese Rippen verlaufen über die Seiten in
dem einen Exemplare fast radial, in dem anderen mit mehr oder
weniger Biegung und enden auf dem Rücken ^) in einem stark
nach vorn gerichteten Höcker, dem Rückenknoten, der seine grös-
sere Höhe auf der Kante zwischen Seite und Rücken hat. Diese
Knoten, von beiden Seiten herrührend, lassen auf dem Rücken
mehr oder weniger freien Raum und alteriiiren daselbst. Aus den
Nahtknoten erheben sich hin und wieder anstatt zwei Rippen deren
drei, auch schiebt sich ausnahmsweise eine einzelne Rippe ein,
die entweder an der Naht beginnt und dann einen Nahtknoten
führt, oder erst auf der Seite beginnt. Jede Rippe, sowohl die
büschelweise wie auch die einzeln entstandenen, bildet ohne Aus-
nahme einen Rückenknoten. So kommt es, dass die Anzahl der
Knoten am Rücken doppelt so gross oder um einige grösser ist
als die über der Naht. Der Rücken ist concav. in der Regel
jedoch nur gering; ein Canal fehlt. So tief wie d'Orbigny die
Einbiegung, t. 32, f. 4 — 5, zeichnet, ist sie in Gliesmarode selten.
Die Suturlinie giebt d'Orbigny im Allgemeinen übereinstimmend,
jedoch ist an Gliesmaröder Stücken die steile Wand, welche den
Dorsallobus nach Innen hin begrenzt dadurch, dass sich die
Nebenarme zwischen die alternirenden hohen Rückenknoten drängen,
zum Theil sehr unsymmetrisch und scheint auf den ersten Anblick
der Sipho bald nach rechts bald nach links gerückt. Bei näherer
Betrachtung stellt sich indessen heraus, dass dies nur scheinbar
ist und der Sipho in der Medianlinie verbleibt. Auch bildet der
Dorsalsattel, der durch einen schief gerichteten und tiefen Secun-
därlobus getheilt ist. oben nicht immer eine so gerade Linie wie
d'0rbic4ny angiebt. sondern es ist solcher auch nach dem oberen
Laterallobus abgerundet. Der obere Laterallobus und der Lateral-
sattel nehmen die ganze Seite ein. der untere Laterallobus be-
findet sich schon unter den Nahtkanten.
Die Species ist in den oberen und unteren Schichten der
Thongrube ziemlich häutig, hauptsächlich zunächst unter der fes-
ten Bank.
^) Es wird hier und in Folgendem unter Rücken und Bauch die
ursprüngliche Bedeutung beibehalten , obgleich die Analogie mit dem
noch lebenden Nautilus die umgekehrte Benennung empfehlen könnte.
561
Das vorliegende ansehnliche Material vom Gliesniaröder Amm.
interruptus — es liegen Stücke von über 100 verschiedenen In-
dividuen vor — giebt Veranlassung, damit einige nahe stehende
Formen von anderen Fundorten, die als besondere Species abge-
trennt sind, zu vergleichen, namentlich zu untersuchen, ob letztere
aufrecht zu erhalten sind. Es wird in dieser Beziehung das Fol-
gende bemerkt.
a. QuENSTEDT. Ccphal. , p. 154, sondert vom hochmündi-
gen Amm. interruptus, den er Amm. dentatus Sow. nennt (wor-
über weiter unten) den aufgeblähten Amm. Benettianus Sow.
539 und Quenst.. t. 10, f. 12. spccitisch ab. jedoch sagt er,
dass sich beide durch nichts anderes unterscheiden als durch die
grosse Breite des Amm. Benettianns. Da man aber aus dem
Gliesniaröder Material von der hochmündigen Form bis zu der,
wo die Breite ebenso gross ja noch grösser ist als die Höhe,
eine Reihe heraussuchen kann, die in der betreffenden Hinsicht
einen unmerklichen Uebergang zeigt, auch d'Orbigny und andere
Paläontologen die Spaltung nicht anerkennen, so muss solche un-
terbleiben und die Species Amm. Benettianus Sow. aufgegeben
werden.
b. PiCTET. Gres verts des env. de Geneve, p. 67, t. 7. f. 1. nennt
einen aufgeblähten Amm. interruptus. an welchen aus den Nahtkno-
ten unregelmässig bald zwei bald drei Rippen entspringen, auch
nicht selten sich noch eine andere auf der Seitenmitte entspringende
Rippe einschaltet, Amm.. Chabreyanus. An Gliesmaröder Stücken
zeigt sich zwar diese unregelmässige Beripining hin und wieder
gleichfalls, jedoch an demselben Stücke nicht so häufig als in der
Abbildung, indessen möchte jene erhöhre Unregelmässigkeit nicht
genügen, daraus eine besondere Species zu schaflen.
Wir würden keinen Anstand nehmen, das Exemplar nach der
Abbildung als eine aufgeblähte Varietät des interruptus (Benettia-
nus) anzusprechen.
c. PiCTET bezeichnet St. Croix, p. 221, t. 28, f. 7 und 8,
als Varietät von Amm. interruptus zwei Windungsstücke von fast
ausgewachsenen Individuen, an welchen sich die Rippen der beiden
Seiten auf den Rücken ohne Biegung nach vorn mit einander ver-
binden, nur in der Medianlinie eine geringe Verschwächung zei-
gend. Es findet hier also kein Alterniren statt, den .Abbildungen
nach auch nicht einmal eine Hinneigung dazu. Von Gliesmarode
sind ähnliche Formen nicht bekannt. Sollte nicht ein pathologi-
scher Zustand oder dergleichen vorliegen, so wird, da das ge-
dachte Alterniren zu den specifischen Merkmalen gehören dürfte,
hier keine Varietät von Amm. interruptus, sondern eine besondere
Species vorliegen.
562
d. Schon, im Jahre 1822 stellte Alex. Brongniart in Desc.
geol. des envir. de Paris, t 6, f. 4. für Versteinerungen von der
Perte du Rlione, die dem damals noch wenig bekannten Amm.
interniptus sehr ähneln, die besondere Species Amm. Deluci auf.
Der Unterschied zwischen beiden besteht zum Theil darin, dass
aus den Nahtknoten bei letzterem in der Regel drei Rippen ent-
springen (d'Orb., T. cret.. t. 62; Pictet. Gres verts, t. 6. f. 3 — 5;
QuENST., Cephal., t. 10. f. 15). während bei dem typischen Amm.
interriiptns aus den Nahtknoten nur zwei Rippen entspringen.
Hin und wieder entspringen jedoch am Amm. Deluci aus einem
Nahtknoten zwei Rippen, wie Pictet, 1. c, f. 3 c und 5. darstellt,
und auch Originalstücke von Perte du Rhone zeigen. Da nun am
Gliesmaröder Amm. inferruptus aus einem Nahtknoten ausnahms-
weise sich deutlich auch drei Rippen erheben und somit an beiden
Formen die bezügliche Unregelmässigkeit auftritt, so kann diese
Verschiedenheit der Rerippung keinen specifischen Unterschied be-
gründen. d'Orbigny und Quenstedt wollen nun aber am Amm.
Deluci eine Besonderheit erkannt haben, welche allerdings eine
Abtrennung erfordern würde. Es soll nämlich der Sipho und so-
mit der Dorsallobus nicht in der Medianlinie liegen, sondern bald
nach rechts bald nach links gerichtet sein. Diese Lage des Sipho
wäre eine Anomalie, die bei den x\mmoniten kaum wahrschein-
lich ist. Es befinden sich in unserer Sammlung zwei Windungs-
stücke von Gliesmarode. das eine von einer halben Windung und
das andere nicht ganz so lang. Das erste hat 6 Nahtknoten und
entspringen Rippen aus dem vordersten Nahtknoten 2 und dann
aus dem zweiten 3. aus dem dritten 2, aus dem vierten 3. aus
dem fünften 2 und aus dem sechsten nicht deutlich 2 oder 3;
das andere Fragment führt 4 Nahtknoten, die beiden vorderen
mit je 2 und die beiden dann folgenden mit je 3 Rippen. Nach
dieser Art der Berippung gehören beide Fragmente denjenigen
Ammoniten an , die Alex. Brongniart Amm. Deluci benannte.
Es liegt aber an ihnen die Mitte des kleinen Sattels, den die
beiderseitigen Endspitzen des Dorsallobus zwischen sich bilden und
somit auch der Sipho, genau in der Medianlinie. Selbst wenn
die Beobachtungen von d'Orbigny und Quenstedt richtig sein
sollten, so muss nach dem Vorkommen in Gliesmarode die ano-
male Lage des Sipho in localen Verhältnissen beruhen und die Ab-
trennung einer besonderen Species kann nicht gerechtfertigt werden.
Wenn aber die Loben an den Exemplaren vom Perte du Rhone,
die den gedachten Paläontologen zu Gebote standen, nicht deut-
licher erkennbar waren, als an den unserigen von dort, so könnte
eine Täuschung um so leichter untergelaufen sein, als die Wände
des Dorsallobus, dessen Nebenäste sich den Unebenheiten der
563
alternirendeii Rückenknoten anschliesseii und unsymetrisch er-
scheinen. Unter solchen Verhältnissen ist die Species Ämm.
Dchici nicht anzuerkennen und niuss solche mit Ämm. inferriipttis
Brug. vereinigt werden. — Dasselbe dürfte mit noch einigen an-
deren Species der Fall sein wie z. B. mit A. splendens Sow.
(die Mundöffnung etwa dreimal so hoch als breit, der Rücken
eben und der Dorsallobus nach rechts oder links gerichtet oder
in der Mitte) , jedoch liegt uns kein genügendes Material vor,
um darüber zu befinden.
Im üebrigen vereinigt d'Orbigny den Amm. Deluci anfäng-
lich (p. 211) mit Amm. interrupius, stellt ihn aber später (p. 219)
als Amm. äenarius Sow. dar, weshalb ist nicht angegeben. Nach
PiCTET indessen, der die Exemplare in Deluc's Sammlung, wo-
nach Brongniart die Species bildete, untersucht hat, stimmen
Amm. Deluci und Amm. denarius, auch bezüglich des abnormen
Dorsallobus, völlig überein (Gres verts, p. 70, und St. Croix. p. 222).
d'Orbigny. der Amm. denarius von Amm. interruptus trennt,
durfte in diesem Simie den J.mm. Deluci nicht als synonym mit
Amm. interruptus bezeichnen, auch den Amm. denarius nicht
unter dieser Benennung sondern unter der älteren Amm. Deluci
beschreiben.
Ferner nennt Quenstedt. wie schon oben erwähnt, den
Amm. interruptus Brug. nach Sow.. t. .308, Amm. dentatns und
zwar weil Brugui^re nicht einen Amin, interruptus sondern einen
Amm. Parhinsoni vor Augen gehabt habe. Es ist dies nicht un-
zweifelhaft. Wie dem aber sei, so darf die Species keinenfalls
mit Sow. Amm. dentafus genannt werden, weil diese Benennung
schon früher von Reinecke für eine Species aus dem weissen Jura
verbraucht war. Es empfiehlt sich aber umsomehr für die Gault-
Species die Benennung Amm. interruptus beizubehalten, als sich
solche bereits eingebürgert hat.
3. Amm. auritus Sow.. Min. C, t. 134; d'Orb., 1. c, t. 65.
Nur einige wenige Fragmente von ausgewachsen und jungen Exem-
plaren. Die Mundüffnung ist an den Einen doppelt so hoch als breit,
an den Andern sind diese Dimensionen fast gleich. Die Stücke des
Amm. auritus von Bodenstein, von denen eine grosse Anzahl
vorliegt, bilden hierin einen Uebergang. sodass die Form der
Mundöffnung wie bei Amm. interruptus keinen specifischen Unter-
schied bedingt. Die Seiten pflegen ziemlich flach zu sein. Der
Rücken ist gewöhnlich ein wenig concav, jedoch nichtt so viel als
d'Orbigny angiebt. Die ausgewachsen Exemplare haben auf dem
Umgang in der Regel 12 Nahtknoten und doppelt so viel Rücken-
knoten oder noch mehr. I^etztere sind ungewöhnlich hoch, bei
den aufgeblähten Exemplaren pflegt dies auch mit den andern der
564
Fall zu sein. Im Jugendzustande ist die Anzahl am grossesten.
Aus jedem Nahtknoten erhebt sich ein Büschel von 2 oder 3 Rip-
pen, unregelmässig schalten sich zwischen je 2 solcher Büschel
1 oder 2 Rippen ein. Die Rippen sind ziemlich stark und ver-
einigen sich in der Regel o derselben zum Rückenknoten, die
vorderen beiden laufen über die Seiten ziemlich radial, die an-
deren aber mit starker Biegung nach vorn. In dieser Weise ge-
staltet sich die Berippung zwar im Allgemeinen, jedoch treten an
einzelnen Stücken stellenweise und nicht lange anhaltend mancherlei
Abweichungen auf. So z. B. wird ein Rückenknoten nur von 1
oder 2 Rippen gebildet; entspringen im letzteren Falle beide aus
einem Nahtknoten, so findet entweder, nachdem die hinteren stark
nach rückwärts gebogen, eine Wiedervereinigung im Rückenknoten
statt, oder es läuft die hintere Rippe nach dem gegenüberstehen-
den und die andere nach dem nächst vorderen Rückenknoten, auf
der Seite ein Zickzack bildend. Es ist dies der Verlauf der
Rippen bei Äimn. BauHnianus d'Orb. (s. weiter unten). — Da
von Gliedmarode nur wenige Fragmente und von keiner besonde-
ren Erhaltung vorliegen ^ so sind in vorstehender Beschreibung,
so weit nöthig, Stücke von Bodenstein zur Hülfe genommen. —
d'Orbigny giebt als typische Form die hochmündige und zeichnet
die Rippen etwas flach, sodass deren Vereinigung zu den Rücken-
knoten undeutlich erscheint.
In der Gliesraaröder Thongrube sind die Amni. auritus-
Fragmente zunächst unter der festen Schicht gefunden.
4. Amm. Guersanti b'Okb., 1. c, t. 67, f. 1 — 4. Nur ein
ziemlich gut erhaltenes Windungsstück mit einem Theile der Wohn-
kammer und woran die vorhergehende Windung haftet , liegt
vor; das vollständige Exemplar mag 65 mm im Durchmesser ge-
habt haben. Die Mundöfinung hat da. wo die Wohnkammer be-
ginnt, eine Breite an der Nahtkante von 20 mm und an der
Rückenkante 12 mm und eine Höhe von 27 mm. Die Seiten sind
flach. Der Rücken ist nicht concav sondern flach, jedoch macht
sich darauf eine Verbindung der Rückenknoten der einen Seite
mit den alternirenden der anderen Seite durch eine schwache Er-
hebung bemerkbar. Die Rückenknoten, deren Anzahl die der
Nahtknoten wenig übersteigt, sind hoch und liegen spiralförmig
auf der Rückenkante, nur mit der vorderen Spitze nach dem
Rücken geneigt. Aus den Nahtknoten entspringen je 2 flache
Rippen. Von diesen Rippen verbindet sich entweder die eine mit
dem gegenüberstehenden Rückenknoten und die andere mit dem
nächst vorderen, oder es vereinigen sich die beiden Rippen, nach-
dem sie sich auseinandergebogen haben, wieder in einem Rücken-
knoten. Ausserdem entstehen auf der Seite noch einige Rippen,
565
die sich dem Rückenknoten anscWiessen, jedoch ist der Anschluss
stellenweise undeutlich. Es dürfte nach vorstehender Darstellung
nicht zweifelhaft sein, dass das Gliesmaröder Stück diejenige
Form ist. die d'Orb., t. 67. f. 3 und Pictet, Gres verts, t. 5, f. 7.
Ämm. Guersanti nennen. Da nun aber das Gehäuse des Amm.
Guersanti von dem des Amm. auritus im Wesentlichen nicht ab-
weicht, auch dieselbe Art der Berippung des Amm. Guersanti
sich stellenweise am Amm. auritus findet, so treten wir der An-
sicht von QuENST., Cephal., p. 15i und Pictet, St. Croix, p. 225,
bei. dass beide Formen ein und derselben Species angehören.
d'Orbigny fasst im Prodr. IL. p. 123 (No. 19, 16) seine
beiden Species Amm. Guersanti und Amm. Baulinianus unter
der letzten Benennung zusammen.
Das Fragment hat sich in den unteren Schichten gefunden.
5. Ämm. Raulinianus u'Orb., T. cret., t. 68; Pictet, St.
Croix, t. 29. FiS liegen 2 Stücke vor. No. 1 ist ein Stück der
Wohnkammer, hinten mit der letzten Suturlinie. Hier hat die
Mundöflfimng 22 mm Höhe und 23 mm Breite. Das vollständige
Exemplar möchte einen Durchm. von 55 mm gehabt haben. No. 2
ist ein vollständiges Exemplar von 22 mm Durchmesser. Die
vordere kreisförmige Mundöiinung ist 10 mm breit und eben so
hoch und haftet vorn daran ein kurzer Theil der nächsten Win-
dung. Dem Erhaltungszustande nach ist es nicht unwahrschein-
lich, dass beide Stücke ein und demselben Individuum angehörten.
An No. 1 ist die Nahtkante gerundet und zeigt dasselbe 4 Naht-
knoten und gleich viel Rückenknoten und würden auf einen Um-
gang je IS — 20 fallen. Die Nahtknoten beginnen als Rippen
bereits an der Naht und verstärken sich dann in fast halber Ent-
fernung zwischen der Naht und der Rückenkante zu einem länglichen
hohen Höcker, dessen Spitze einen runden Knopf bildet. Aus jedem
Nahtknoten entspringen 2 Rippen . von denen ohne Ausnahme
die eine in den gegenüberstehen den Rückenknoten, die andere
in den nächst vorderen verläuft, so den Seiten eine zickzackartige
Verzierung gebend. Die langen und sehr hohen Rückenknoten
biegen sich stark nach vorn und lassen auf dem wenig concaven
Rücken gegen die anderseitigen Knoten nur einen schmalen freien
Raum. Das Stück stimmt vollständig mit dem entsprechenden
Theile der Abbildung bei d'Orb., t. 68. — An No. 2 hat das
jugendliche Exemplar von 22 mm Durchmesser auf dem letzten
Umgange (die jüngeren sind durch Gestein bedeckt) etwa 18 Naht-
knoten, die anfänglich bereits ziemlich stark sind, und dann allmäh-
lich wachsen, so dass die letzten 3 eine verhältnissmässig sehr grosse
Höhe erreichen; die Spitzen sind knopfförmig gerundet. Aus den
Nahtknoten entspringen auf der ersten Hälfte der Windung 3 starke
566
Rippen, die ohne Zunalnne der Stärke auf dem niclit concaven
Rücken, alternirend mit denen der anderen Seite, endigen. Im
dritten Viertheile der Windung verstärken sich die Rippen und
werden sie im letzten Viertheil, welches durch das Fragment der
nächsten Windung verdeckt ist, zu Rückenknoten heranwachsen, es
mag sich daselbst auch die dritte Rippe der Nahtknoten verlieren
und sich der zickzackartige Verlauf der beiden bleibenden Rippen
bilden. An dem anhaftenden Fragment der nächsten Windung
treten die Naht- und Rückenknoten, beide ungemein hoch, auf und
verbinden sich die beiden Rippen der Nahtknoten im Zickzack
mit den Rückenknoten gleich wie in No. 1. Da aber der Ver-
lauf der Rippen im Zickzack stellenweise auch am Ämm. auritus
vorkommt und letztere Species im aufgeblähten Zustande wie
Ämm. Eaulinianus auftritt, so erscheint es nicht zulässig, beide
Formen als verschiedene Species zu trennen. Allerdings hat
Ämm. Baulinianns wie ihn d'Orbigny abbildet, ein aufl alliges
und von dem typischen Ämm. auritus abweichendes Ansehen,
jedoch kann dies unter den obwaltenden Umständen die specitische
Trennung nicht rechtfertigen. Man wird ihn als Varietät zu be-
handeln haben. Der Ämm. Banlinianus zeigt indessen mancherlei
Verschiedenheiten, Pjctet giebt eine ganze Tafel voll. — Im
Uebrigen machen wir noch darauf aufmerksam, dass die Varietät
Ämm. BauJinianus bis zur Grösse von 18 mm Durchmesser eine
grosse Aehnlichkeit mit Ämm. ititerruptus hat.
Beide Stücke haben sich in den unteren Schichten gefunden.
6. Ämm. laufusVARK. Sow..M. C. t.309; d'Orb., T. cret.,
t. 64, f. 4 — 5; PicTET. Gres verts, t. 5, f. 6; Quenst., Cephal.
t. 10, f. 14. Es haben sich nur 2 jedoch vollständige Exemplare ge-
funden, das eine von 25 mm Durchmesser und mit fast flacher Seite,
das andere von .3?) mm Durchmesser und an der Naht stark auf-
gebläht. Beide sind ihrer geringen Grösse nach Jugendzustände.
Der Rücken führt einen scharf durch senkrechte Wände begrenzten
etwa 1 mm tiefen Canal. Die Rippen sind ziemlich erhaben. Es
entspringen vorn je 3 aus einem Nahtknoten, jedoch schliess.t sich
die vordere hin und wieder dem Knoten nur undeutlich an. Von
15 mm Durchmesser an pflegt die dritte Rippe zu fehlen. Der
hohe und lange Rückenknoten, welcher spiralförmig ohne Biegung
nach dem Rücken auf der Kante ruht, wird gleichfalls von
3 Rippen gebildet und zwar von den 2 vorderen des einen Naht-
knoten und der anderen des nächst vorhergehenden Nahtknotens.
Eine gleiche Vertheilung der Rippen, die in den Abbildungen
nicht deutlich erscheint und au Ämm. Baulinianus erinnert,
findet an vorliegenden Exemplaren von Folkstone statt. — An
2 anderen Exemplaren von 1 0 und 1 2 mm Durchmesser, die, da
567
der Rücken einen deutlichen Canal zeigt, als Amm. lautns anzu-
sprechen sein dürfteil, sind zwar Xalitlcnoten aber keine Rücken-
knoten vorhanden, auch die Xahtknoten verschwinden bei etwa
6 mm Durchmesser. Die Rippen verflachen sich immermehr und
sind sie und der Canal bald selbst mit der Lupe nicht mehr zu
erkennen. Aehnlich zeichnet den früheren Jugendzustand d'Orbigny
bei Ahun. infernqjtns. t. 32. f. 6, und Aiuni. denarius. t. 62. f. 5,
und PiCTET, Gres verts, bei Amin, lantns, t. 5, f. 6 c. — Amm.
tuhercidatus Sow. (einschliesslich Amm. pruhoscidetis Sow.), der
von Gliesmarode nicht bekannt ist, reiht sich an Amm. lautus
ebenso wie Amm. Ranliniamis an Amm. unritiis und dürfte eine
specifische Abtrennung zwischen jenen beiden nicht zulässig sein.
— PiCTET und QuENSTEDT Vereinigen Amm. auritus und Amm.
lautus zu einer Species und auch wir sind früher dieser An-
schauung gefolgt (s. diese Zeitschrift. Jahrg. 1853, p. 506). In
der That stehen beide was das Gehäuse, die Berippung etc. und
was die Loben anbetrifft, sehr nahe, jedoch bleibt der alleinige
Unterschied, der Canal am Rücken bei Amm. lautus. bestehen,
wenn man auch andere als die Gliesmaröder Stücke in Betracht
zieht. Mag die Concavität des Rückens bei Amm. auritus noch
so stark sein, so haben wir doch nie einen üebergang der ge-
rundeten Einbiegung zum Canal, der stets durch senkrechte Wände
begrenzt ist, bemerkt. Es empflehlt sich daher einstweilen beide
Formen als verschiedene Species aufzufassen.
Bei Gliesmarode sind die wenigen Stücke von Amm. lautus
in den unteren Schichten gefunden.
Von glatten und gekielten Ammoniten hat sich bislang noch
nichts gezeigt.
Die Gliesmaröder Ammoniten gehören zur Familie der Den-
taten von Buch's (zur formreichen Familie der Stephanoceratidae
von ZiTTEL und in dieser zu der Gattung Hoplites Neumayr).
Dem Obigen zufolge begrenzen sich die Species kurz zusammen-
gefasst folgendermaassen :
Amm. interruptus. Mundöifnung bis 1 Y2 mal so hoch als
die Breite, jedoch letztere auch durch Aufblähung in den Naht-
kanten mit der Höhe gleich, ja noch etwas grösser. Rücken mehr
oder weniger concav. jedoch ohne Canal. 10 — 24 Xahtknoten,
aus welchen in der Regel 2 — 3 Rippen entspringen. Neben die-
sen Büscheln legt sich hin und wieder eine Rippe auf der Seite
ein. Die Rippen biegen sich in der Nähe des Rückens nach vorn
und bildet jede einzelne einen Rückenknoten. Letztere ver-
flachen sich auf dem Rücken lassen hier mit denen von der an-
deren Seite einen freien Zwischenraum und alterniren.
568
Die Species Ämm. BeneUiamis Sow., Ajmn. Chahreyanus
PiCTET, Amm. Beluci Brongt., Amni. denarius Sow. und Amm.
denfatus Sow. sind synonym mit Amm. interriiptHS.
Amm. miritus. Der Unterschied von der vorigen Species
besteht hauptsächlich darin, dass am Amui. miritus nicht jede
Rippe einen besonderen Rüclienknoten bildet, sondern bei ihm
mit seltener Ausnahme 2 — 3 Rippen in einen Rückenknoteii
zusammenlaufen, der sehr hoch zu sein pflegt. Rücken concav
ohne Canal. Involubilität etwa Y2, dies und die Mundöffnung wie
bei Amin, interruptiis. Die Art der Berippung welchselt an ein
und demselben Individuum nicht selten.
Amm. Guersanti. Der Rücken ist niclit concav viel-
mehr flach; im Uebrigen weicht die Form von der Species
Amm. miritus nicht ab. Mit dieser zu vereinigen.
Amm. Bmiliniamis. Meist aufgebläht und der Verlauf
der Rippen zickzackförmig, jedoch an ein und demselben
Individuum nicht ohne Wechsel. Vom Amin, miritus nicht spe-
cifisch zu trennen.
Atmn. lautus unterscheidet sich vom Amm. miritus . nur
dadurch, dass ersterer auf dem Rücken mit einem Canal ver-
sehen ist. — Amm. tuherculatus Sow. und Amm. prohoscideus
Sow. sind aufgeblähte Amm. Imitus.
Nächst den Ainmoniten mag hier erwähnt werden:
7. Hamites rotiindus Sow. bei d'Orb., T. cret.. t. lo2,
f. 1 — 4 und bei Pictet. Gres verts, t. 14. f. 1, obgleich davon nur ein
Stück aus den untersten Schichten vorliegt, die Species jedoch
für den oberen Gault bezeichnend ist. Dasselbe ist 28 mm hoch,
gerade und ohne jede Art der Krünunung. Durchschnitt oval,
von 23 und 27 mm Durchmesser und führt ringförmige, hohe,
einfache Rippen, die sich am Bauche verschwächen. Das Stück
gehört ohne Zweifel der Species an, welche die obigen Abbildun-
gen darstellen. Auch weicht dasselbe von Folkstoner Exemplaren
nicht ab. die sich in unserer Sammlung befinden. Wenngleich
nun die Identität feststeht, so fragt sich, ob die Benennung rich-
tig ist. Pictet (St. Croix, p. 96 und 120) verneint diese Frage.
SowBRBY bildet nämlich seinen Hmnites ro/undus, t. 61. f. 2 — 4,
nicht nur mit hakenförmiger sondern auch mit seitlicher Krüm-
mung ab, letztere so gering, dass sie kaum bemei^kbar, jedoch
wird ihi-er im Texte ausdrücklich gedacht. Hiernach wäre, wie
Pictet mit Recht behauptet. Sowerby's Hmnites rottindiis nicht
ein Hamites sondern ein Helicoceras und dürften die obi-
gen Abbildungen bei d'Orbigny und Pictet, die echte Harai-
ten sind wie auch das Gliesmaröder Stück, nicht mit Ha-
mites rotundus bezeichnet werden. Die vorliegende Form wurde
569
zur Vermeidung von Missverständnissen, als Hnmifcs »laxiiuns
Sow. anzusprechen sein, welche Species mit Ausnahme der seitlichen
Biegung mit Hamites rotundiis übereinstimmt. Da indessen diese
Biegung sehr gering ist und sie füglich durch Yerdrückung ent-
standen sein könnte, so verbleiben wir einstweilen bei der ur-
sprünglichen Benennung.
Von Bivalven sind in der Gliesmaröder Ziegelei-Thongrube
z. Zt. nur wenige Species bemerkt. Ungemein häutig iindct
sich aber:
8. Inocera inii s coi/cciifricnsVxKK. Goi^df., Petr. (t.. 1. 109,
f. 8 a, b, c nicht d, e, f; j/Orb., T. cret., t. 404; Pictet, Gres
verts, t. 42, f. 2. An einigen Stellen, so zunächst unter der festen
Schicht und etwa 20 m darüber liegt er in Bänken von 1 — 2 ni
Mächtigkeit, jedoch nach oben und unten nicht bestimmt begrenzt.
An diesen Stellen liegt Stück an Stück zerbrochen, jedoch sodass
man meistens die einzelnen Theile eines Individuum im Sinne zu-
sammenfügen kann. Sie haben hier also gelebt. Gute Exem-
plare, die sich für Sanunlungen eigneten, sind selten. Die Form
stimmt im Allgemeinen mit den citirten Abbildungen überein,
jedoch ist der Schlossrand mit der Ligamentgrube nicht so schief
wie PiCTET zeichnet, sondern parallel der Längsaxe wie bei
d'Orbigny. Die grösste Länge liegt ein wenig über der Hälfte
der Höhe. Die Höhe der Gliesmaröder Exemplare ist gewöhn-
lich 40 — 60 mm. selten bis 80 mm. Sie haben eine weisse fase-
rige Schale von Papierdicke und blättert solche beim Uebergang
der Stücke aus den grubenfeuchten in den trockenen Zustand ab.
Bei dieser geringen Dicke der Schale und folgeweise ihrer ge-
ringen Widerstandsfähigkeit muss man annehmen, dass die Mu-
schel, vor Einbettung in den Schlamm mit der inneren Aus-
kleidung der Perlenmtterschicht noch behaftet und mit Schlamm
erfüllt gewesen war. Erst später, nachdem die Perlemutterschicht,
von welcher jetzt keine Spur mehr zu bemerken ist, durch Auf-
lösung entfernt war, wird die Schale in den zerbrochenen Zu-
stand, wie sie sich jetzt vorfindet, versetzt sein. Nach Unter-
suchung von Sachverständigen besteht bei Inoceramus die äussere,
faserige Schalenschicht aus Kalkspath und die innere Perlenmtter-
schicht aus Aragonit. und da das erstere Mineral sich in kohlen-
säurehaltigem Wasser leichter auflöst als das letztere, so erklärt
sich der Vorgang bei Gliesmarode. Die Oberfläche der weissen
Schale lässt bei gutem E^rhaltungszustande zwischen den concen-
trischen Kunzein feine, jedoch mit unbewaflnetem Auge noch er-
kennbare Anwachsstreifen bemerken, die am Buckel sehr dicht
liegen, nach den Rändern zu sich von einander entfernen; bei
einem Exemplare von 50 nun Höhe folgen sie am Unterrande in
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 3. 3,>5
570
etwa 2 mm Eutfeniung aufeinander. Die Abbüdungen zeigen die
Anwachsstreifen nicht, obgleich ihrer in der Beschreibung gedacht
wird. Die Steinkerne geben die concentrischeu Runzeln der übrig
gebliebenen Schale nicht abgeschwächt.
Es möge im Folgenden noch erörtert werden, ob und inwie-
fern der Gliesmaröder Inocerainns concentricns von den nächstste-
henden Gault-Species anderer Oertlichkeiten abweicht, als I. Co-
(ßtancli d'Orb.. T. cret.. t. 403, f. 6 — 8; Pictet, St.Croix, t. 160,
f. 9_10 — I. Safowom d'Orb. Prodr. IL, p. 139 (No. 19, f. 274);
Pictet, St. Croix, t. 160, f. 5 — 6 — I. E/valdi Scuwtizr. Kreide-
Bivalv.. p. 7. Was zunächst den I. Coquandi anbetrifft, so
steht dieser den Darstellungen zufolge, dem I. concentiicus sehr
nahe, bleibt jedoch kleiner, bis 25 mm. hoch und unterscheidet
sich vom letzteren durch flachere rechte Schale und gänzliches
Fehlen der concentrischen Runzeln. Seit dem Aufsatze über den
Bodensteiner Gault vom Jahre 1853 haben sich dort Versteine-
rungen gefunden, die wir für I. concentricus halten. Es liegen
5 Stück vor, alle nur die linke Klappe zeigend, die grösste 23 mm
hoch. Obgleich aus Thon herstammend, so bestehen die Stein-
kerne doch wie die vorkommenden Concretionen aus dunkel • brau-
nen, festen Gestein, die darauf haftende Schale ist aber heller.
Der Erhaltungszustand ist gut. Das eine dieser Stücke zeigt
keine Andeutung von concentrischen Runzeln, sondern führt nur
nahe liegende feine Anwachsstreifen. Dasselbe würde als I. Co-
quanäi anzusprechen sein. Zwei dergleichen haben die Runzeln
vom Wirbel bis zum ünterrande regelmässig folgend, sie weichen
von Gliesmaröder Formen nicht ab, und müssen für I. concen-
tricus gehalten werden. Die beiden anderen Stücke führen einige
wenige, mehr oder weniger von einander abstehende Runzeln und
sind im Uebrigen glatt. Sie stehen offenbar zwischen I. concen-
tricus und /. Coquandi, wie sie normal gedacht werden. Es
könnte hiernach zweifelhaft erscheinen, ob die neuere Species
/. Coquandi beizubehalten ist. Jedoch möchte das vorliegende
Bodensteiner Material, zumal rechte Klappen fehlen, zu gering
sein, um danach zu entscheiden. — Von der Species I. Salo-
moni d'Orb., die sich vom I. concentricus durch weite Verlän-
gerung nach hinten und durch eine Einbuchtung vom Wirbel bis
zum Unterrand unterscheidet, findet sich bei Gliesmarode nichts.
Die Species möchte eine gute sein; sie ist von Folkstone und
Wissant nicht bekannt und scheint dem unteren Gault anzuge-
hören. — I. Ewa! dl, den Schlüter an bezeichneter Stelle be-
schrieben hat, unterscheidet sich danach von I. concentricus, dass
an jener Species der Wirbel der linken Schale weniger hervortritt
und dass sie sich nach hinten weiter ausdehnt. Es stinunt dies
571
mit einem gut erhalteüen Exemplare von Ahaus, das wir der Güte
des Herrn von der Makk verdanken. Die linke Schale erhebt
sich nicht mehr als die rechte des I. concentricus. Der gerade
Schlosrand ist ziemlich lang. Der Hinterrand und der Unterrand
sind kreisförmig gebogen. Eine Einbiegung ist weder an jenem
noch an diesem vorhanden. Höhe und Länge sind fast gleich.
Von I. SalomonL der gleichfalls hinten verlängert ist, unterscheidet
sich I. Eivaldi vorzüglich dadurch, dass diesem die Depression
fehlt, die zum Unterrande läuft und daselbst noch hervortritt.
Der I. Eivaldi ist bis jetzt nur aus unterem Gault mit Anuii.
Martini (Aptien) bekannt. — Die Gliesmaröder Yorkonnnen ver-
anlassen diesen Verhältnissen zufolge zu keinen Einsprüchen gegen
die Species /. Suluiiioni und I. EwaUli, dagegen dürfte die Species
I. Coquandi zweifehaft erscheinen.
L concentricus Park, kommt in der Gliesmaröder Ziegelei-
Thongrube, wie schon erwähnt, in den oberen und unteren Schich-
ten stellenweise ungemein häutig, dazwischen selten vor. /. snJ-
catus Park, der gewöhnlich der Begleiter von jenem ist. hat
sich noch nicht gezeigt.
9. Nufula xjectinafa Sow. d'Orbionv, T.cret., t. oOo, f. S
bis 14; PiCTET, St. Croix. t. 139, f. 13. Es liegt nur ein Exemplar,
jedoch in gutem Erhaltungszustande und zwar aus den tiefsten
Schichten vor. Dasselbe hat 22 mm Länge und führt die Schale
von weissem leicht zerreiblicheni Kalk, radiale breite Kippen mit
gleich breiten Zwischenfurchen. Reuss beschreibt in den Ver-
steinerungen der böhmischen Kreide H., p. 3, die Species aus
höheren Schichten, jedoch möchte dies noch weiterer Untersuchung
bedürfen. Piömer's Nuciila striatida. Nordd. Kreidegeb., p. 68,
t. 8, f. 26. aus Pläner von Strehlen, hat denselben Umriss wie
N. pectinaia, auch vorn deren grosse Lunula, aber feine radiale
Streifen anstatt der breiten Rippen.
10. Kleine Austern sind nicht selten. Sie sind länglich
oval, 20 — 25 mm lang, die Unterschale glatt ohne dass sich die
Anwachsstreifen besonders bemerkbar machten. Bei den wenig
auffälligen Merkmalen liegen indessen nicht genügsame gute Exem-
plare vor, um die Species sicher zu bestimmen. Osfrea Ar-
duenensis d'Orb., T.cret., t. 472, f. 1 — 4, die im unteren
Gault selten, im oberen jedoch häufiger ist. steht nahe.
11. Es finden sich nicht selten Fragmente von Serpulen
bis 30 mm Länge, die stielrund, 3 — 4 mm im Durchmesser, fast
gerade und nur wenig gebogen sind, sodass sie leicht für Dentalien
gehalten werden könnten, jedoch kommen Stücke von nicht regel-
mässiger Biegung vor. In der frühesten Jugend scheinen sie kork-
zieherartig gewunden und nur mit der Spitze angeheftet zu sein.
38*
.72
Längsstreifen fehlen. Auffällig sind zum Theil auf der ganzen
Oberfläche ziemlich dicht haftende Löcherchen. die mit unbewaff-
netem Auge erkennbar sind und die Schale nicht durchdringen.
Sie mögen von Parasiten herrühren. Die gleiche Species mit den-
selben Löcherchen liegt von Folkstone vor. jedoch ist sie. soviel
uns bekannt, noch nicht bestimmt.
12. Wir glauben noch eine Species Penfacrinus, die
wie es scheint anderen Orts nicht bemerkt ist und deshalb zu
Vergleichungen nicht dient, erwähnen zu sollen, weil sie bei Glies-
marode in den oberen und unteren Schichten, wenn auch nicht
häufig doch auch nicht selten vorkommt. Es liegt etwa ein Dutzend
Stielstücke vor. das längste 14 mm hoch. Die Stiele sind spitz
fünfkantig. Alle Glieder sind an demselben Stücke von gleicher
Höhe und Breite, ein Wechsel von mehr oder weniger Höhe
findet nicht statt; ein Kreis den man um die Kanten der breite-
sten legt, hat reichlich 7 mm Durchmesser. Es bestehen die Stiel-
stücke von 14: mm Länge, welche zugleich die dicksten sind, aus
8 Gliedern. Die äusseren Seiten der letzteren sind kaum be-
merkbar gewölbt und pflegen überall mit kleinen Warzen verziert
zu sein, welche sich selten in gerade Linien ordnen. Die Blumen
von 5 Blättern auf den Gelenkflächen sind sehr deutlich; die
nebeneinander liegenden Blätter treten mit ihren Zähnchen so zu-
sammen, dass dazwischen keine dreieckige Fläche bleibt. Der
innere flache Raum der Blätter ist in seiner Mitte am breitesten.
An den höchsten Stielstücken von 8 Gliedern zeigen die unter-
sten die Gelenkgruben für Hülfsarme und ist auf der oberen Ge-
lenkfläche des obersten Gliedes die Blumenkrone kaum erkennbar.
Ist dies nicht zufällig, so war das über diesem obersten Gliede
folgende, aber nicht mehr anhaftende Glied mit Hülfsarmen ver-
sehen. Diesenfalls liegen hier 7 Glieder zwischen denen mit Hülfs-
armen. Von Pentncrinus annulatus Römer (Oolithengeb, t. 6, f. 2,
und Kreidegeb.. p. 27 und Quensteht. Asteriden, p. 2(33, t. 99,
f. loS — 142) aus Hilsthon. unserer Ellingserbrinker-Schicht, vom
Ellingserbrink unterscheidet sich die Gliesmaröder Species da-
durch, dass jene weit kleiner ist. dass die Glieder keine spitzige
sondern gerundete Kanten haben, ihre Seiten stark gewölbt sind
und in der Mitte einen Gürtel führen. Noch andere Encriniden
sind aus dem norddeutschen Neocom und Gault nicht bekannt.
In der folgenden Tabelle sind die organischen Reste im
Minimus-GdiwM von Bodenstein und Gliesmarode einerseits und
aus dem Flammenmergel andererseits zusammengestellt, auch dabei
das Vorkommen in Folkstone bemerkt. Es bedeutet + das Vor-
handensein und — das Fehlen.
573
Palaeocury-ste.v Stokesi
Belemnites minimun
Nautilus NecJcerianus
Amnionife,s interruptv.s . . . . .
fiKritus
— — var. Giier.scmÜ .
— — var. RauUnianus
— laittus
— — ^ var. tuberculatits
— Benauxianus . . . .
— varicosns . . . . .
— inflatus
— • splendeus
— Maywianus . . . .
TurriUtes Puzosiamus
Hamites rotundus
— intermedius
— armatus
Serpula sp
Nucida pectinata
Area carinata
Avicula gryplmeoides
Inoceramus concentricns . . . .
— stdcatus
Ostrea Arduennensis?
Pentacrinus sp
^ .3
P5
+
+
+
+
+
H 0,
<U o
+
+
+
+
+
4-
+
+
+
+
1^
- +
+ —
+ I +
+ +
+ +
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
Bei einer Yergleichung der Petrefacteii , welche in den
Ziegelei-Thongrubeii bei Bodensteiii und Gliesmarode gefunden
sind, muss zuvörderst bemerkt werden, dass erstere Grube schon
zur Zeit unseies Aufsatzes darüber nicht mehr im Betriebe war
und bald darauf gänzlich vei'lassen wurde, sodass später nur Nach-
lese stattfand. Die Anzahl der Species von dort erscheint daher
dürftig. Von diesen sind bei Gliesmarode seither nicht erkannt:
Palaeocorijstes (Corystes) Sfol-esi, Amm. lautus var. tuhercnlatus
und Hamiies infermedins, jedoch sind von den letzteren beiden
die typischen Formen vorhanden. Alle übrigen, als namentlich
Behnm. minimtis, Amm. cmrifus und lautus, Hamites rotttndus,
Inocer. concentricns sind beiden Localitäten gemeinsam. Unter
diesen Verhältnissen und da die sämmtlichen Species
von Gliesmarode den oberen Gault in England. Frank-
reich und der Schweiz bezeichnen, so unterliegt es
keinem Zweifel, dass. wie der Bodensteiner Thon, so
auch der Gliesmaröder unserem Minimus-GdiWli ange-
574
hört. Auffällig ist indessen, dass Ämm. interruptus, der bei
Gliesmarode so häufig vorkommt, hei Bodenstein gar nicht ge-
bunden ist und dass Ämm. anritus und Ämm. lauhis, die bei
Bodenstein vorwalteten , bei Gliesmarode seither nur in wenigen
Exemplaren gefunden sind. Da die 3 Species ausserhalb Deutsch-
lands mit einander vergesellschaftet sind, wie selbst in Folkstone
der Fall ist. wo der Mrinmiis-Gault in derselben Facies aufzu-
treten scheint als hier, so dürfte jener Umstand in einer Zufällig-
keit begründet sein.
Die Fauna des Flammenmergels, der sich als solcher auf
das nördliche Deutschland beschränkt und den Minimus-GaMlt
stets überlagert, weicht von derjenigen des letzteren etwas ab.
In der obigen Tabelle ist nach dem dermaligen Stande der Er-
mittelungen das Vorkommen zusammengestellt. Danach gehen die in
dem oberen Gault ausserhalb Deutschlands weit verbreiteten Species :
Ämm. auriüis, Ä. lantus, ä. tuberculafus, Hamites rotundus
und Inocer. concenfricus von dem 31inimns-Gsiu\t in den Flammen-
mergel über, jedoch ist dies nicht der Fall mit Belemn. minimus
und Ämm. interruptus. Dagegen finden sich verschiedene Species
des Flammenmergels in dem Miiiimus-GwiM nicht, wie Ämm. in-
flatifs, Ä. varicosus und Ä. Mayormnus, Hamites armatus,
Turrilites Pusosianas, Inocer. sulcatus und Ävicula gryphaeoides.
Es folgt hieraus, dass im nördlichen Deutschland zur Zeit
des Absatzes der jüngeren Schichten des oberen Gault,
des Flammenmergels, die wichtigen Species Belemn.
minirnns und Ämm. interruptus bereits ausgestorben
waren und dass die nicht minder wichtigen zuletzt ge-
dachten Species Ämm. inflatus u. s. w. zur Zeit des Ab-
satzes der älteren Schichten des oberen Gault. des
Minimus -GüvlM noch nicht existirten. Es sind Ermitte-
lungen erwünscht, ob und in wie weit auch in anderen Gegenden
ein solches Verhältniss besteht. In Betreff Belemn. minimus und
der Ävieula grypltaeoides möchte die Facies, einerseits plastischer
Thon und andererseits kieseliger Mergel, von Einwirkung ge-
wesen sein.
Der Zweck dieser Zeilen würde erreicht sein, wenn damit
zur weiteren Kenntniss des oberen Gault beigetragen wäre und
wenn sich Andere dadurch veranlasst fänden, die selten schöne
Aufschluss-Stelle bei Gliesmarode zu besuchen. Bei dem starken
Betriebe wird es nicht fehlen, daselbst noch manches Neue zu
entdecken.
575
B. Brielliehe Mittheiluiiffeii.
1 . Herr H. Trautschold an Herrn W. Dames.
lieber Megalopteryx und JPelecyphorus.
Breslau, den 5. September 1890.
Ein Referat über meinen Artikel: „üeber Coccosfeus me-
galojiteryx, C. ohtusus und Cltelioplioriis VerneuiH im Neuen
Jahrbuch für Mineralogie etc., 1. Heft, 11. Band, 1890, p. 145,
veranlasst mich zu folgenden ergänzenden Bemerkungen.
Es wird getadelt, dass ich die dort beschriebenen Ruder-
organe zur Gattung Coccosteus gestellt, während es doch nicht
zweifelhaft sein könne, dass Coccosteus keine verknöcherten vor-
deren Ruderorgane gehabt habe. Letzteres ist betreffs der be-
kannten schottischen Coccosfeus - Arten zuzugeben , dass sie aber
gar keine Flossen gehabt haben, wird nicht behauptet. Im Ge-
gentheil wird anerkannt, dass Flossen, wenn auch verwesbare,
vorhanden gewesen sein müssen, um den mit verhältnissmässig
dicken Platten bedeckten Körper des Fisches fortzubewegen. Die
Beschaffenheit dieser Flossen war mithin sehr verschieden von
derjenigen der Panzerplatten, wie die Flossen der jetzt lebenden
Fische verschieden sind von den Knochentheilen der letzteren.
Wenn aber Flossen und Panzerplatten bei Coccosteus von ver-
schiedener Beschaffenheit gewesen sind, so liegt doch nichts
Widersinniges in der Annahme, dass auch die von mir beschrie-
benen Flossen, die keine eigentlichen Knochenkörperchen ent-
halten, möglicher Weise der Gattung Coccosteus angehört haben
und dass der Schluss in dem oben erwähnten Referat, diese
Flossen könnten nicht den Placoderraen zugeordnet werden, weil
in ihnen keine Knochenkörperchen nachgewiesen sind, ein Fehl-
schluss ist. Andererseits ist nicht zu leugnen, dass. da alle von
mir beschriebenen Bruchstücke jener Flossen isolirt gefunden
sind, sie möglicher Weise nicht dem Genus Coccosfeus, sondern
576
einer anderen Gattung Fische angehören. Meiner Geneigtheit,
die erwähnten Flossen einer besonderen Gattung zuzutheilen, habe
ich bereits dadurch Ausdruck gegeben, dass ich an verschiedenen
Stellen meiner Arbeit (pag. 41) von Megniopteryx als von einem
Genus und von einer Megalopteryx-VXdiiXQ gesprochen habe, und
so mögen die erwähnten Flossen eine besondere Gattungsbezeich-
nung erhalten, und zwar durch Erhebung des Species - Namens
Ilegalopteryx zur Gattungsbezeichnung.
Doch auch die Platte mit dem beilförmigen Fortsatz, die
ich ebenfalls mit Coccosfeus in Verbindung gebracht, ist nur
isolirt gefunden worden, und obgleich a. a. 0. die Möglichkeit
zugegeben wird, dass dieser Körpertheil und die Megnlopteryx-
Flossen einem und demselben Thiere angehört haben könnten, so
ist Möglichkeit doch nicht Gewissheit, und es ist nur folgerichtig,
wenn auch diese immerhin recht charakteristische Form von Cor-
cosfens getrennt und ihr ein besonderer Gattungsname zuertheilt
würde, für den ich die Bezeichnung Pcleci/phonis vorschlage.
Sollte sich in der Zukunft zur Evidenz die Zusammengehörigkeit
der beiden besprochenen Körpertheile herausstellen, so wäre dafür
ja Megniopteryx secnrigera eine ganz passende Bezeichnung", wo-
mit ich der Kritik hinreichendes Entgegenkommen bewiesen zu
haben glaube.
Was dagegen den in dem erwähnten Referat ausgesprochenen
Wunsch betrifft, auch für Coccosfeus obtusus eine neue Gattung
aufzustellen, so muss ich mich dagegen vorläufig noch ablehnend
verhalten, da die verschiedene Form der Leisten auf der Unter-
seite der beschriebenen Platten mir noch nicht genügenden Be-
weis für die x\btrennung von Coccosteus zu liefern scheint. Wenn
es am Schluss des Referats heisst. dass ich über CheUophorus
Verneuüi nichts Neues gebracht, so weise ich darauf hin, dass
meines Wissens die abgebildeten Platten noch nirgends producirt
worden sind. Sie sind verschieden von den bisher beschriebenen
und abgebildeten Theilen der Gattung ClteHophorus, sie sind also
entschieden neu und sie werden ohne Zweifel bei späteren Funden
zur weiteren Aufkläruns; über diese Form von Nutzen sein.
577
2. Herr F. J. P. van Calkek an Herrn C. A. Tenne.
lieber ein Vorkommen von Kantengeschieben und
von HyoUthus- und ScoUthus-Sajid^tem in Holland.
Groningen, im September 1890.
Die Beobachtungen über die unter den Namen: Dreikantner.
Pyramidalgeschiebe , Kanten - Geschiebe. -Gerolle, -Gesteine, be-
kannten Gebilde, sowohl was ihre Form- und Obei-flächen - Be-
schaffenheit, als die Weise ihres Vorkommens in verschiedenen
Gegenden betrifft, haben sich im Laufe der letzten Jahre stark
gemehrt und in Folge dessen wurde auch die Frage ihrer Ent-
stehung so vielfach erörtert, dass nun wohl in diesem Punkte
Uebereinstimmung erreicht ist. insofern die Erklärung der Ent-
stehung der genannten Gebilde durch Sandschliff „sandcutting"
gegenwärtig so gut wie allgemein angenommen ist.
Vor einigen Jahren, als noch wenig Beobachtungen über
Dreikantner gemacht und überdies einzelne darauf bezügliche
Mittheilungen und Erklärungen noch nicht zur allgemeinen Kennt-
niss gelangt waren, lag die Sache anders. Berendt^) hatte auf
deren Vorkommen im norddeutschen, erratischen Gebiete, und
zwar im Decksande, aufmerksam gemacht und für deren Erklä-
rung seine bekannte Packungstheorie eingeführt. Indem er das
Schmelzwasser des diluvialen Gletschers in Anspruch nahm, hatte
er die Dreikantner mit in den Cyclus dei- glacialen Erscheinun-
gen resp. der Phänomene der Abschmelzperiode hei-eingezogen.
Noch vor Publication seiner zuletzt citirten Abhandlung, im
Januar 1884, veranlasste mich das Auffinden von Dreikantnern
in der hiesigen Gegend mit Herrn Berendt über deren Bildung
zu correspondiren. und theilte er mir brieflich seine Erklärung
mit. Unter diesem Eindrucke erwähnte ich") das hiesige Vor-
kommen von Dreikantnern und führte an. dass „in Folge Be-
rendt's Erklärung der Entstehungsweise der Dreikantner auch
diese Gebilde, wenn auch nur mittelbar, in den Kreis der gla-
cialen Phänomene hereingezogen" seien. Dass ich auf diese
Bildungsweise nicht näher einging, hatte seinen Grund darin, dass
sich mir damals schon, anlässlich eines auf einer vom Winde
bestrichenen Sandfläche in der Provinz Drenthe aufgelesenen Drei-
kantners, die andere Erklärung der Entstehung durch Sandschliff
') Berendt. Diese Zeitschr., 1876, p. 415; 1877, p. 206. — Jahr-
buch der kgl. preuss. geol. Landesanstalt für 1884, Berlin 1885.
^) VAN Calker. Diese Zeitschr., 1884, p. 731.
578
aufgedrängt hatte. Ich erwähnte derselben nicht, da ich zu deren
Prüfung vorher mehr Anschauungen sammeln wollte, und ich hielt
es auch später nicht mehr für geboten, noch meine Ansicht über
den Gegenstand mitzutheilen. Ich hatte nämlich inzwischen
Gottsche's „Sediraentärgeschiebe der Provinz Schleswig-Holstein,
Jokohama 1883" erhalten, worin p. 6 (2) die Pyramidalgeschiebe
als „sandcuttings", als Product der vereinigten Wind- und Sand-
erosion betrachtet werden. Und bald darauf erschien die Ab-
handlung von Mickwitz ^): „Die Dreikantner. ein Product des
Flugsandschliffes" und Nathorst's^) Mittheilung über Pyramidal-
geschiebe, durch welche ich erfuhr, dass schon vor längerer Zeit
von Travers'') und Emys'^) jene Erklärung für das Vorkommen
von Pyramidalgeschieben in Neu-Seeland gegeben sei^).
Neue einschlägige Beobachtungen, welche ich im vergangenen
Herbste machte, veranlassen mich nun zu vorliegender kurzer
Mittheilung.
Unter einer Anzahl von Geschieben nämlich, welche Candidat
^) Mickwitz und F. Schmidt. Mem. d. 1. soc. Imper. miueral. ä
St. Petersbourg, XXIII, 1886. — Mickwizt. N. Jahrb. 1885, II, p. 177.
-) Nathorst. Öfvers. af kgl. Veteiisk. Akad. Förh., 1885, No. 10,
p. 5. — Neues Jahrb., 1886, I, p. 179.
^) W. T .L. Travers. On the sandworn stones of Evans Bay.
Transactions and Proceedings of the New Zeeland Inst., Vol. 2, 1869,
p. 247.
*) Emys. Quarterlv Journal Geol. Soc, London, Vol. 34, 1878,
p. 86.
^) Neuere Publicationen über Dreikantner:
1886. Berendt. Diese Zeitschr., 1886, p. 478.
„ Fegraeus. Geol. Foren. Förhandl, VIII, p. 514.
„ DE Geer. Geol. Foren. Förhandl., VIII, p. 501.
„ Geinitz. Archiv Ver. Nat. Mecklenburg, 1886.
„ Stone. Americ. Journ. of science, XXXI, p. 135.
1887. Dames. Diese Zeitsch., 1887, p. 229.
„ Geinitz. Neues Jahrb., 1887, II, p. 78.
„ Jäkel. Diese Zeitschr., 1887, p. 287.
„ AVahnschaffe. Diese Zeitschr., 1887, p. 226.
„ Walther. Sitzungsber. der math. - phys. Classe der königl.
Sachs. Ges. der Wissensch., XXXIX, p. 138.
1888. Heim. Vierteljahrsschr. der Züricher Naturf.-Ges., 1888.
Sauer u. Siegert. Diese Zeitschr., 1888, p. 575.
1890. Sauer u. Chelius*). Neues Jahrb., 1890, II, p. 89.
*) Anmerkung: Zu der zuletzt citirten Mittheilung von Sauer u.
Chelius über „die ersten Kantengeschiebe im Gebiete der Rheinebene",
nämlich zwischen Forsthaus bei Frankfurt a. M., Bahnhof Louisa und
Bahnliof Isenburg, bemerke ich, dass ich vor einigen Wochen im Frank-
furter Stadtwalde zwischen Forsthaus und Oberschweinstieg typische
Kantengeschiebe von Sandstein beschriebener Art in grosser Anzahl
fand und sammelte.
579
BoNNEMA und mein Laboratoriums - Diener Meester's von einer
Excursion mitgebracht hatten, fielen mir mehrere Stücke durch
ihre Sandschlitfe auf. Als ich deshalb im October 1889 die Stelle,
von welcher die Stücke stammten , eine vom Wind bestrichene
Sandfläche in der Haidc bei Steenbergen, nahe der nordwest-
lichen Grenze der Provinz Drenthe. selbst besuchte, fand ich
daselbst ein ausgezeichnetes Terrain, um die Entstehung der
Sandschliffe zu studiren. In ringsum stundenweit ausgedehnter
Haide streckt sich dort zwischen niedrigen, dünenartigen Sand-
hügelchen, unter welchen auch die Reste eines Hünengrabes be-
findlich, eine kahle Sandfläche aus. welche mit grösseren und
kleineren Geschieben oder Gesteinsstücken bestreut erscheint,
während einzelne grössere Blöcke zum grössten Theile im Sande
verborgen liegen und nur mehr oder weniger aus demselben her-
vorschauen. Bei einem der letzteren hatte der hervorragende
Theil die Gestalt einer dreiseitigen Pyi'amide, deren dem Niveau
der umringenden Sandfläche entsprechende Basis 40 — 50 Centim.
Seite hatte. Die Seitenflächen zeigten die charakteristische, gru-
bige und fettglänzende Oberflächen - Beschaffenheit, wie sie von
Sandschliffen bekannt ist. Bei anderen der im Sande eingebet-
teten Blöcke zeigten sich ein oder zwei solcher Flächen an dem
hervorschauenden Theile. während die durch das Zusammenstossen
der Flächen gebildete Kante meist nur nach einer Fläche scharf.
nach der anderen Seite hin wie abgerundet ist und in die meist
schwach gewölbte Fläche überzugehen scheint und dann auch,
deren Gestalt entsprechend, selbst mehr oder weniger gekrümmt
ist. Der im Sand steckende Theil dieser grösseren Blöcke zeigte
die genannten Erscheinungen nicht, sondern nur die gewöhnliche
Gestaltung von Geschieben. Was die kleineren, auf der Ober-
fläche liegenden Gesteinsstücke betrifft, unter welchen die Feuer-
steine sehr vorherrschen, so lassen dieselben zum grössten Theil
mehr oder weniger deutlich entwickelte Sandschliffe erkennen.
Bald ist es nur eine ebene oder schwach gewölbte oder auch
concave Fläche von jener bekannten charakteristischen Beschaffen-
heit, bald sind es zwei oder mehr derartige Flächen, welche ab-
gerundete oder scharfe, wenigstens einseitig scharfe Kanten mit
einander bilden. Auch typische Kantengeschiebe, namentlich von
Quarzporphyr mit scharfen Kanten und glatten, glänzenden, gru-
bigen Flächen, darunter echte pyramidale Dreikantner. wurden
in grösserer Zahl gesammelt. Dass diese Erscheinungen das Re-
sultat der Einwirkung des Flugsandes sind, davon erhält man an
dieser Localität überzeugende Beweise. Nicht nur sieht und fühlt
man oft auf recht unangenehme Weise den vom Winde getrie-
benen und aufwirbelnden Flugsand, sondern man bemerkt auch,
580
namentlich, wenn im ftonncnsclieiii die abgeschliffenen Flächen
der Steine hell erglänzen, dass die grösseren Flächen meist die-
selbe Orientirung nach der die Sandflächc bestreichenden Haupt-
windrichtung besitzen. Und in und hinter dem Hauptwindschatten
der kleinen hügelförmigen Erhöhungen, sowie der Blöcke des
Hünengrabes, wo die umherliegenden Gesteine von mehr seitlich
begrenzten Sandströmen und von Sandwirbeln getroifen werden,
welchen auch auf dem Sande markirte Wellensysteme entsprechen,
fand ich häufiger typische Dreikantner und mehrflächige Kantner
als an anderen Stellen.
Ganz gleichartige Beobachtungen wurden von mir einige Tage
später an einer anderen Stelle, nahe der nördlichen Grenze der
Provinz Drenthe. in der Nähe des etwa V2 Stunde südöstlich von
der Eisenbahnstation Vries - Zuidlaren gelegenen Weilers Zeegse
gemacht. Die Sandfläche ist dort noch ausgedehnter und stein-
reicher; aber dieselben Erscheinungen fanden sich auch wieder
auf kleineren Sandflächen seitlich von dem von Zeegse nach
Zuidlaren führenden Wege, wo namentlich ein in mehrere Stücke
zersprungener grösserer, im Sande theilweise eingebetteter Block
auf der freien Oberfläche sehr schöne Sandschliffe und söharfe
Kanten zeigte, während an einem anderen Granitblock ausser
der durch Sandschliff veränderten Oberfläche eine ungefär 40 cm
lange, ganz eben abgeschliffene und parallel geschrammte Fläche
zu sehen war. Auch viele der lose umherliegenden Kantner ga-
ben sich an den verschiedenen erwähnten Orten durch einzelne
eben abgeschliffene und geschrammte Flächen als ursprüngliche
Glacialgeschiebe zu erkennen ^). Die ursprüngliche glaciale Ober-
flächen - Beschaffenheit war aber in diesen Fällen secundär durch
Flugsandschliff verändert, sodass gegenwärtig ausserdem der eigen-
thümliche Fettglanz und die mehr oder weniger grnbige Beschaf-
fenheit zur Erscheinung kommt.
An einer solchen Localität wie der beschriebenen, wird zwar
im Allgemeinen wohl Niemand über die Entstehung der Kantner
und der eigenthümlichen glänzenden Oberflächen - Beschaffenheit
der Steine im Zweifel bleiben; indessen fiel es mir doch oft
schwer zu entscheiden, ob das eine oder andere Stück der vielen
scharfkantigen und an und für sich fettglänzenden Feuersteine
als durch Sandschliff bearbeitet zu betrachten sei. Allerdings
kommen unter denselben auch solche vor. bei welchen die nur
auf einer Hälfte vorhandene kleingrubige Flächenbeschaffenheit
und der dort von dem ursprünglichen Glanz des Feuersteins doch
M Cfr. Wahnschaffe. Diese Zeitschr., 1884, p. 411. — Stone.
Am. Journ. of Science, 1886, p. 135.
581
verschiedene charakteristische Glanz des Sandschlift's die Ent-
scheidung erleichtert. In anderen Fällen, namentlich bei con-
caven und schwach vom Sande bearbeiteten Fhächen bleibt man
auch nicht im Zweifel darüber, dass die Form hier nicht das
Resultat des Sandschliffes ist. Zwischen diesen beiden Arten
liegen die zweifelhaften Fälle, die aber wohl geeignet sind, die
u. A. namentlich von Heim^) vertretene Auffassung zu unter-
stützen, dass die Entstehung typischer Dreikantner von der ur-
sprünglichen Form des Gerölles oder Geschiebes abhängig ist.
Ich bin selbst nach meinen Beobachtungen entschieden der Mei-
nung, dass allgemein die Bildung charakteristischer Sandschlifte
auf einer oder mehreren Gesteinsflächen, abgesehen von der Ge-
steinsart, von der günstigen Lage dos Stückes gegen Flugsand
abhängt, dass aber die Entstehung der scharfen Kanten, sowie
die von typischen Dreikantnern überdies bedingt ist durch eine
günstige ursprüngliche Gestalt.
In letzterer Beziehung sind drei gleichartige der gesam-
melten Geschiebe mit sandgeschlitlener Oberfläche besonders inter-
essant. Dieselben verdienen überdies aber auch noch deshalb
hervorgeoben zu werden, weil sie einer durch ihre Petrefacten-
Einschlüsse charakterisirten Geschiebeart angehören, die meines
Wissens von hier noch nicht bekannt ist. Diese Geschiebe be-
stehen nämlich aus einem dunkel aschgrauen, quarzitischen Sand-
steine, der ganz erfüllt ist mit 1^2 — 4 cm langen, conischen
oder pyramidalen, am dicken Ende höchsens 0.5 cm dicken Stein-
kernen eines Fossils. Während letztere nun auf dem frischen
Bruch cylindrisch oder conisch hervortreten, erscheinen dieselben
auf der vom Flugsande glänzend geschlitfenen Oberfläche meist
mit einer mehr oder weniger scharfen, der Längsaxe parallelen
Kante, mit zwei in derselben unter nicht sehr stumpfem Winkel
zusammenstossenden Flächen, die bei den am meisten hervorra-
genden Exemplaren eben, sonst auch schwach gewölbt sind. Es
machte auf mich zuerst vollständig den Eindruck, als seien an
den auf dem Gesteinsbruche cylindrisch oder conisch erscheinen-
den Gebilden durch den Flugsand auf der Oberfläche Prismen-
oder Pyramidentiächen und -Kanten angeschliffen. Bei genauerer
Untersuchung bemerkte ich aber einerseits auf dem frischen Ge-
steinsbruche neben den rollrunden, cylindrischen oder conischen
Formen, auch vereinzelte ebene oder doch nur wenig gewölbte,
unter stumpfem Winkel an einander stossende Flächen, ent-
sprechend den eben erwähnten Gebilden auf der sandgeschlifienen
Oberfläche; andererseits fanden sich auf letzterer an etwas ver-
'j Cfr. IIe[M. Vierteljahrschr. der Züricher Naturf.-Ges., 1888,
582
tieften Stellen auch vereinzelt cylindrische oder conische Stein-
kerne. Ausserdem konnte ich einige dreiseitige Durchschnitte
derselben mit abgerundeten Ecken constatiren und bemerkte hier
und da, dass deren dickeres Ende schief abgestutzt oder an einer
Seite schulpartig verlängert sei, und wiewohl übrigens von einer
Oberflächen - Sculptur nichts erkeinibar ist, zeigte ein einzelner
Steinkern Spuren feiner Querrunzeln. Es unterliegt hiernach
keinem Zweifel, dass wir es hier mit einem Geschiebe mit Hyo-
?^7/^^«s- Einschlüssen zu thun haben. Eine zuverlässige Species-
Bestimmung halte ich einstweilen für nicht möglich, wenn auch
die Aehnlichkeit mit H. acutus Eichw\ gross ist.
Das Vorkommen von diesem Fossil in silurischen Diluvial-
geschieben Norddeutschlands ist unlängst sowohl von Kemele ^)
als auch von Koken ^) beschrieben w^orden, und kann ich daher,
um Weitläufigkeit zu vermeiden, was dessen Beschreibung und
die Literatur über diesen Gegenstand betrifft, auf die genannten
Abhandlungen verweisen. Namentlich ist das Vorkommen von
HyoUthus in Geschieben sowohl des hell grauen als des dunkel
grauen jüngeren Orthoceren - Kalkes bekannt^), dagegen ist mir
aus der Literatur keine Angabe über ein Vorkonmien desselben
in quarzitischen Sandstein-Geschieben, wie den vorliegenden, erin-
nerlich. Indessen darf wohl daran erinnert werden, dass liyo-
lit}M.s- Arten auch vorkommen in verschiedenen cambrischen For-
mationen Skandinaviens und Ehstlands. so im J^Jo^^^to^-Sandstein
Westgothlands , in der Abtheilung der Paradoxides - Schiefer in
Westgothland, Ostgothland, Schonen, Oeland und in quarzitischen
Sandsteinen zusammen mit Scolithus in Schonen. Vielleicht wird
durch Vergleichung mit den genannten anstehenden Gesteinen, die
mir aber noch nicht zu Gebote standen, das cambrische Alter
der vorliegenden Geschiebeart erwiesen und deren nähere Heimath-
Bestimmung möglich.
An dieser Stelle nimmt die sandgeschliffene Oberfläche auch
dieser Geschiebe unsere Aufmerksamkeit in Anspruch, da diesel-
ben die eigenthümliche Erscheinung zeigen, dass die gewölbten
Ht/olifhus -Flächen vielfach eben angeschliffen sind und in Folge
dessen unter scharfen Kanten an einander stossen. sodass die
Hi/olifhus-^temkerne auf der Obei^fläche hauptsächlich in prisma-
tischer oder pyramidaler Form hervortreten. Ausserdem zeigte
auch noch eines dieser Geschiebe die Spuren ursprünglicher gla-
1) Remele. Diese Zeitschr., 1888, p. 670; 1890, p. 762.
^) Koken. Diese Zeitschr., 1889, p. 79.
^) Remele, 1. c, und: „Untersucliungen über die versteinerungs-
führenden Diluvialgeschiebe des norddeutschen Flachlandes".
F. Rcemer. Lethaea erratica, p. 38.
583
cialer Oberflächen-Beschaffenheit, indem seine untere Fläche eben
abgeschliffen und parallel geschrammt ist.
Das Vorkommen noch einer anderen Geschiebe-Art an beiden
oben genannten Stellen erregte in hohem Grade mein Interesse;
ich meine das des wohlbekannten Sco?i^/i«.s - Sandstenies.
Trotz absichtlichen eifrigen Suchens war nämlich noch niemals
ein Scolithus -Qsindstemgeschieloe von mir, noch auch früher mei-
nes Wissens von Anderen, in der Umgegend von Groningen oder
anderswo in Niederland gefunden worden, bis ich ein solches
unter Geschieben entdeckte, die mein LabOratoriumsdiener 1885
von einer Excursion nach Buinen in Drenthe heimgebracht hatte.
Dieses war das erste (S'co/vV^m.s- Sandsteingeschiebe, das mir aus
niederländischem Diluvium bekannt wurde, dessen ich aber bisher
noch nicht Erwähnung that, um es bei passender Gelegenheit mit
anderen Geschieben zur Sprache zu bringen. Später hat van
Cappelle^) ein Stück &ofoVA?<.s' - Sandstein am „roode klif-' in
Friesland gefunden und bekannt gemacht. Nach diesen ganz
vereinzelten Funden überraschte es mich, an den beiden genann-
ten Localitäten in Drenthe ScohfJiusSanAstein in einer grösseren
Anzahl von Stücken, worunter eines von beträchtlicher Grösse
(22 : 16 : 14 cm), auflesen zu können. Auch diese Geschiebe
zeigen sämmtlich mehr oder weniger durch Sandschliff glänzende
Oberflächen, auf welchen bei einzelnen Stücken auch die cylin-
drischen Scolifhus - Röhren ebenflächig und kantig angeschliffen
erscheinen.
3. Herr G. Bekendt an Herrn C. A. Tenne.
Noch einmal die Lagerlingsverhältnisse in den
Kreidefelsen auf Rügen.
Stettin, im September 1890.
Wenn ich noch einmal die Lagerungsverhältnisse in den
Kreidefelsen auf Rügen hier zum Gegenstande der Besprechung
mache, so geschieht solches, weil dieselben, wie ich sehe, weder
mit der von mir versuchten Erklärung"), noch mit der vermeint-
lichen Richtigstellung des Herrn Hermann Credner'^) und der
^) VAN Cappelle. Handelingen van het tweede Nederl. Natuur. en
Geneesk. Congres gehenden te Leiden, 1889, p. 242. — Derselbe.
Extrait du Bulletin de la Societe Beige de Geologie, T. HI, 1889,
p. 236, 237.
-) Diese Zeitschr., Jahrg. 1889, p. 147 ff".
*) Ebenda, p. 365 ff".
584
sich im grossen Ganzen derselben anschliessenden Darstellung
der Herren Cohen und Deecke ') abgemacht sind. Jedenfalls
freut es mich, dass die in Rede stehenden Protile am Kieler Bach
in Folge meiner Meinungsäusserung einer erneuten gründlichen
Erörterung unterzogen worden sind und in der Folge hoftentlich
noch des weiteren werden. Der Zweck meiner damaligen Zeilen,
die Aufmerksamkeit recht vieler ('ollegen auf dieselben und ihi-e
Erklärung zu richten, ist insoweit erreicht.
Leider ist es mir in der Freude, endlich den Schlüssel für
so verwickelte Lagerungsverhältnisse gefunden zu haben, wie so
natürlich, begegnet, dass ich meine Ansicht mit einer, den Wider-
spruch von vornherein herausfordernden Bestimmtheit und Sicher-
heit ausgesprochen habe. Es hat namentlich, was mir aufrichtig
leid thut, die von mir gebrauchte Wendung „Absicht der Zeilen
sei es. den Blick für die dortigen Lagerungsverhältnisse zu
schärfen", eine nahe liegende Missdeutung erfahren, was durch die
Wiederholung der Worte mit Anführungsstrichelchen seitens mei-
nes Freundes Credner. wie der anderen beiden CoUegen ausser
Zweifel gestellt ist.
Wenn ich nun aber meine Ansicht der Verhältnisse s. Z.
mit einer zu grossen üeberzeugungstreue ausgesprochen habe, so
geschieht solches in der Credner' sehen Erwiderung jedenfalls
nicht minder. Recht behält vor der Hand nur Herr Johnstrup
— dessen erste Auslegung der Protile von der CREONER'schen
wohl noch mehr als von der meinen abweichen dürfte und des-
halb auch mit keinem Worte berührt wird — wenn er damals
,.die verwirrten Lagerungsverhältnisse dieser Kreidefelsen" für
schwer zu enträthseln erklärte; und ebenso die Herren Cohen
und Deecke mit ihrer schliesslichen Erklärung, dass es „einer
wiederholten und sehr eingehenden Untersuchung der Ostküste
von Rügen bedarf, um alle sich aufwerfenden Fragen mit befrie-
digender Sicherheit beantworten zu können.-'
Was nun die mir gemachten Einwürfe gegen meine Erklä-
rung betrifft, die ich naturgemäss erst nach nochmaligem längeren
Besuch der Oertlichkeit beantworten konnte, so steht unter den-
selben in erster Reihe die Annahme, dass ich das Küstenprofil
für ein echtes, d. h. für einen rechtwinklig zur Streichrichtung
gerichteten Durchschnitt gehalten habe. Nirgends steht davon
etwas in dem von mir Veröffentlichten. Gesetzt aber auch den
Fall, meine Auffassung des Küstenprofils sei eine solche gewesen,
während andererseits ein spitzwinkelig zur Küste gerichteter
*) Mittheil, des natui-wiss Vereins f. Neu-Vorpommern und Rügen,
21. Jahrgang, 1889.
585 •
Verlauf der Streichrichtuiig, sowohl der Schichten wie der frag-
lichen Verwerfungen angenommen wird, so bleibt doch in jedem
Falle eine Ueberlagerung und eine Faltung der Schichten; nur
dass der Einfallswinkel bei beiden mit zunelmiender Abweichung
vom rechtwinkeligen Querschnitt flacher und flacher erscheinen
wird. Das wirkliche Einfallen der Schichten in der im Küsten-
profil zu beobachtenden Faltung und Ueberlagerung wäre dann
eben nur ein steileres.
Eine wirkliche Ueberlagerung des Diluvium durch die Kreide
hat bisher aber noch Niemand in Abrede gestellt, seit Johnstrup
auf eine solche an dieser Stelle aufmerksam gemacht hat, zumal
inzwischen eine grosse Reihe solcher Unterlagerungen des Dilu-
vium unter Kreide oder Tertiär nachgewiesen worden sind. Und
Niemand wird bei näherer Ueberlegung glauben, dass alle Geo-
logen, welche das Kieler -Bach -Profil bisher gesehen haben, sich
einfach durch „hinter dem Diluvium emporragende Kreide"
haben täuschen lassen, welche, wie Credner sich ausdrückt, je
mehr man sich der Frontansicht der Küste näherte, „sich in
gleichem Maasse immer flacher über das Diluvium überzulegen
schien".
Geradezu lothrecht ist keins unserer Küstenprofile und folge-
richtig kann jeder, der es will, jede in einem solchen zu beob-
achtende Ueberlagerung so lange in Frage ziehen, bis ihm durch
einen saigeren Schnitt die Uebereinanderlagerung handgreiflich
bewiesen ist. So widersinnig die Ueberlagerung des Diluvium
durch eine ältere Formation nun aber auch scheinen mag, so
häufig kommt dieselbe im norddeutschen Flachlande vor und ist
dieselbe in den meisten Fällen — ich nannte deren bereits eine
Anzahl (a. a. 0.. p. 152) — sogar auf erhebliche Erstreckung
nachgewiesen, wie in der Regel durch Bohrung oder Schacht-
abteufen gerade auch der handgreifliche Beweis geliefert worden.
Natürlich habe ich bei meinem diesjährigen Besuche der
Stelle nicht verfehlt — und zwar sowohl vom Strand, wie im
Boote von der See aus — den empfohlenen Standpunkt in der
angenommenen Streichrichtung der fraglichen Verwerfung einzu-
nehmen. Immer aber, wenn man weit genug zur Seite zurück-
gewichen ist, tritt eine andere Täuschung dadurch ein, dass der
nächste Vorsprung der südlich gelegenen steilen Kreidewand das
in Rede stehende Diluvialprofil derartig abschneidet, wie es die
Credner' sehe Zeichnung als eine Verwerfungslinie darstellt. Die
Verwerfungsspalten oder Linien selbst aber sind nir-
gends — ^ie es den der meinigen gegenübergestellten Zeich-
nungen nach doch anzunehmen wäre — in der Küstenwand
zu entdecken.
Zeitpchr. d. D. geol. Ge?. XLII. 3. 39
586
Die Richtigkeit meiner Skizze, soweit solches ohne feste
Maasse überhaupt möglich, fand ich dagegen vollständig bestätigt
und lege auch ausdrücklich Verwahrung ein gegen die künstliche
Erklärung der in meiner Skizze zum Ausdruck gekommenen ge-
ringen Verzerrung der Sattelkuppe Punkt I der damaligen fig 1
und 2. wie sie in fig. 1 der Credner' sehen und. wieder ganz
abweichend davon, bei a in fig. I der Cohen und DEECKE'schen
Zeichnung zur Darstellung gebracht worden ist. In der Wirk-
lichkeit sieht man weder die abstossende discordante Schichtung
der Kreide der letzteren, noch die 3 den Sattel zerstörenden
Verwerfungen der Credner' sehen Zeichimng. Letztere, sowie
iig. in der Cohen und DEECKE'schen Abbildungen sind viel-
mehr nur schematische, die entgegenstehende Anschauung zum
Ausdruck bringende Darstellungen.
Dasselbe gilt von dem zweiten Sattel, dessen Sattelschluss
mit Hülfe der angenommenen, fast der Strandlinie parallelen
Streichrichtung wieder für eine Täuschung erklärt wird. Ich
halte ihn ebenso aufrecht wie den ersten Sattel und, trotz der
verfochtenen gegentheiligen xlnsicht, muss auch die der meinigen
gegenüber gestellte Zeichnung (b in fig. I u. II bei Cohen und
Deecke) die deutliche Umbiegung der Schichten in der zinnen-
artigen Kreideklippe zugeben. Aber auch gegen die etwas ab-
geschwächte Forin dieser Wiedergabe muss ich Verwahrung ein-
legen, da ich die von mir in fig. 3 besonders gegebene Dar-
stellung dieser Umbiegung vollkommen richtig fand.
Berichtigend möclite ich hier nur noch hinzufügen, dass die
in fig. 2 meiner damaligen Zeichnung sich unnatürlich, wie von
der Kreide durchsetzt darstellende obere Partie des Geschiebe-
mergels, zu der man nicht gelangen kann, durch inzwischen statt-
gefundenen frischen Abbruch sich als regeh-echt zusammenhän-
gender Geschiebemergel erwiesen hat, der von oben her mit
Kreide eben nur beflossen werden konnte, weil diese ihn in der
That überlagert.
Wie hier das Profil sich somit vereinfacht hat, so wird auch
die weder für noch gegen meine Ansicht sprechende Unregel-
mässigkeit bei X (fig. I u. n der Cohen u. DEECKE'schen Tafel),
die ich zeichnete, so gut als es sich ohne an den Punkt gelangen
zu können, bewerkstelligen Hess, in der Folge sich wahrscheinlich
einfacher erweisen, als es in beiden Darstellungen erscheint. Einen
besonderen Werth lege ich auf dieselbe in keiner Hinsicht.
Das Vorkommen von Verwerfungen überhaupt in der Kreide
von Jasmund aber durch meine Auffassung des Kieler-Bach-Profils
in Abrede stellen zu wollen, ist mir niemals eingefallen. Ja die
darauf hinzielende Bemerkung auf pag. 152 meiner damaligeu
587
Mittheiluiig machte icli gei-ade. weil auch mir die Lagerungsver-
hältnisse an der Kieler-Bachmündung auf eine der von v. Kcenen
angenommenen west- östlichen, mit dem Bachlaufe in ursprüng-
lichem Zusammenhange stehenden Verwerfungen hinzudeuten schien.
Geradezu nachweisen konnte ich sie aber nicht. Ist sie vorhan-
den — und ich glaube es auch heute noch — so würde sie
aber hier zu der Faltung hinzutreten und jedenfalls nicht in der
andererseits angenommenen, zum Strande spitzwinkeligen Rich-
tung verlaufen.
Ein entscheidender Beweis für die Richtigkeit der einen
oder der anderen Ansicht, wie die in der That vorhandene Ueber-
lagerung des Diluvium durch die Kreide am Kieler-Bach zu er-
klären sei, wird nur durch eine kostspielige Abschürfung des
Strandpofiles , wie sie aber vielleicht auch in der Folge ein An-
griff der See zu Stande bringt, zu liefern sein. So lange
weder der Muldenschluss des Geschiebeniergeis, noch
die abschneidende Verwerfung den Blicken klar gelegt
ist. wird die Frage eben noch eine offene bleiben
39
588
C. Verliaiidluiigen der Gesellschaft.
1 Protokoll der Juli - Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 2. Juli 1890.
Vorsitzender: Herr Beyrich.
Das Protokoll der Juni - Sitzung wurde vorgelesen und
genehmigt.
Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesellschaft
eingegangenen Bücher und Karten vor.
Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten:
Herr Generalagent Langenhan in Breslau,
vorgeschlagen dui'ch die Herren Dames, Jaekel und
Koken.
Herr P. Oppenheim spricht über „Neue oder wenig ge-
kannte Binnenschnecken des Neogen im Peloponnes und
im südlichen Mittel-Griechenland".
Das vorgelegte Material entstammt den Aufsammlungen meines
werthen Freundes Dr. Alfred Philippson, welcher dasselbe auf
seinen wiederholten zur geographischen und geologischen Erfor-
schung dieses noch wenig bekannten Gebietes durchgeführten Reisen
in den letzten Jahren sammelte und mir auf meinen Wunsch zur
Bearbeitung überliess. Eine ausführlichere Darstellung der von
uns beobachteten Verhältnisse und Begründung der daraus ge-
wonnenen Resultate wird demnächst von uns Beiden der Oeü'ent-
lichkeit übergeben werden; es kann hier nur meine Aufgabe sein,
cursorisch meine Anschauungen darzulegen, und muss ich für alle
Einzelheiten und Literaturbelege auf diese baldigst, wie ich hoffe,
erscheinenden Publicationen hinweisen.
Es dürfte zuvörderst zweckmässig erscheinen, eine kurze Dar-
stellung der Verbreitung des griechischen Neogen, seiner Zu-
589
saramensetzung und Gliederung vorauszuschicken. Wie die Arbeiten
der österreichischen Geologen, insbesondere die Publicationen von
Neumayr, Th. Fuchs, Bittner, Teller. Griesebach, Burger-
stein u. A. erkennen lassen, nimmt das Neogen einen erheblichen
Antheil an der Zusammensetzung und dem tektonischen Aufbau
der ganzen Balkaiihalbinsel. Im Norden vermitteln Süsswasser-
ablagerungen in Dalmatien, Bosnien und der Herzegowina den Zu-
sammenhang mit dem kroatisch-slavonischen Becken, ihre Fort-
setzung nach Macedonien hinein, wo sie weitverbreitet sind, dürfte
nach Neumayr durch Altserbien vom Thal der Merava in das
des Wardar zu suchen sein; Thessalien ist von allerdings versteine-
rungslosem Neogen erfüllt, im Königreich Griechenland beginnt die
Formation schon im Othrysgebirge , sie nimmt dann einen grossen
Theil der Ostküste ein (Locris) , ist insbesondere auch auf Euboea
(Flora von Kumi) mächtig entwickelt und an der Zusammensetzung
des Bodenreliefs von Attika hervorragend betheiligt. Megara und
der Isthmus von Korinth sind, wie Fuchs und Philippson nach-
gewiesen, fast ausschiesslich aus ihr aufgebaut, sie bildet dann
die Ränder der heut von den Busen von Korinth und Patras aus-
gefüllten mächtigen Grabenverwerfung des Neogen , und streift
dann etwa bei Patras sowohl nach Norden nach Atollen hinein als
nach Süden in das Bergland von Achaia und Elis herüber, wie sie
auch einen erheblichen Antheil an der Zusammensetzung der Insel
Zante bilden. In Aetolien ist es besonders Stamnä, welche mir
eine grosse Fülle von herrlich erhaltenen, mit der von der gleichen
liOcalität beschriebenen Ilelcmopsis aetolica Neumayr' s in Ver-
bindung stehender echt pliocaener Melanopsiden geliefert hat, und
eine unbedingt zu dieser Formenreihe gehörige, also mit ihnen
im Blutsverwandtschaft stehende Type wurde mir durch die Güte
des verehrten Herrn Dr. 0. Boettger in Frankfurt a. M. aus
Prevesa in Epirus zugesandt, sodass wir also jetzt in der Lage
sind, die Süsswasserabsätze der Paludinen-Schichten mit Sicherheit
bis zum Golfe von Arta zu verfolgen. Es fehlt uns nunmehr also nur
die sichere Verbindung durch das ..dunkle" Albanien^), um nach
dieser Seite hin uns ein vollständiges und anschauliches Bild zu
geben von dem Seeen- und Stromnetz des Altpliocän im östlichen
Europa, welchem die ostasiatischen und nordamerikanischen Pa-
ludinen , Tulotomen , Prososthenien und Acellen zum grössten
Theile ihre Entstehung verdanken und welches in mächtiger Aus-
dehnung das gewaltige Festland erfüllte, das, den Mt. Gargano
') Wahrscheinlich dürfte dieselbe durch die Neogenabsätze von
Selenitza, Jpek und Lushan tiegeben sein, welche Coquand, Boue und
ViQUESNEL von Mittel- und Nord- Albanien beschreiben.
590
mit Dalmaticn, die Bolcanlialbinsel mit Kleinasieu vei'bindeuLl, sich
über Sibirien und die Aleuten anscheinend nach Nordamei'ika hhi-
über zog und so drei jetzt getrennte Continente mit einander
vereinigte.
Die Westseite des Peloponnes, Elis und Achaja wie Messenien
sind von Neogen erfüllt, auch im Süden finden wir es wiederum
in Messenien und auf der lakonischen Halbinsel im Eurotasthai;
auf der Ostseite zeigt es sich dagegen nur sehr sporadisch im
südlichen Argolis, wo diese Ablagerungen indessen zweifellos mit
den auf der Nordseite bei Nemea und Phlius entwickelten Ab-
lagerungen in Zusammenhang stehen: im Innern haben wir das
Süsswasserbecken von Megalopolis in Arkadien \).
Wii" haben in Griechenland — wenn wir von der wahr-
scheinlich etwas älteren Ablagerung von Trakonaes bei Athen ab-
sehen, deren zeitliches Aequivalent uns noch nicht mit Sicherheit
ermittelt zu sein scheint — Absätze des Unter- und des Ober-
pliocaens von einandei' zu trennen, und zwar stellt sich das erstere
sowohl in Süsswasser- als in mariner Facies dar; beide wechsel-
lagern an vielen Punkten (Elis. Kumari bei Aegion. Megara u. A.)
mit einander, die limnischen Absätze haben eine ganze Anzahl
Typen mit den kroatisch-slavonischen Vorkommnissen auch speci-
fisch gemeinsam, wie auch die Umbildung der organischen Formen
durch allmäliges Erscheinen von Knoten und Kielen und Ver-
stärkung der Gehäuse durch dieselben bei den verschiedensten,
nicht verwandten Formen (Melanopsiden , Paludinen. Hydrobien)
in beiden Verbreitungscentren der gleiche ist. Die marinen Sedi-
mente lassen eine Reihe von altpliocänen Formen (Plenronec'ia
cristaia, Terebratvla ((mpnlla u. A.) erkennen, marine Zwischen-
lagen mit gleicher Fauna tinden sich, wie bereits erwähnt, an
vielen Punkten den Süsswasserabsätzen eingestreut, wie auch
charakteristische Formen der letzteren insbesondere in Elis den
marinen Vorkommnissen ehigeschaltet erscheinen. Ich glaube also,
dass beide als gleichalterig zu betrachten sind und dass das Meer
in häufigen Oscillationen die Süsswasserseeen ausfüllte, um die-
selben schliesslich ganz zu versalzen und die unumstrittene Herr-
schaft zu gewinnen. Denn an vielen Punkten, insbesondere in
Kalamaki am Isthmus, finden wir oberpliocäne Conglomcrate und
Mergel den gleichartigen Sedimenten des Unterpliocän aufgelagert.
Wenn wir also in den Binnenabsätzen Griechenlands einen
Vorgang beobachten, welcher contradictorisch entgegengesetzt ist
^) Alle auf den Peloponnes bezüglichen Angaben sind den Reise-
berichten von Dr. Philippson oder dessen mündlichen Angaben ent-
nommen.
591
deri)jcMiigen, welchen der Puhidiuen-Coiiiplex Kroatiens und Slawo-
niens erkennen lässt, nämlich allniälige xlussalznng, Avährend dort
continuirliche Aussüssung stattfand, trotzdem aber das gleiche
Verhalten der organischen Form der Veränderung des Mediums
gegenüber erkennen können, so müssen wir daraus schliessen,
dass entweder total entgegengesetzte Vorgänge hier zu den gleichen
Züchtungsergebnissen geführt haben, oder, was uns wahrscheinlicher
zu sein scheint, dass noch andere Factoren bei der ümprägung
der organischen Gestalten m.aassgebend waren, welche bisher noch
nicht erkannt wurden und über welche auch wir hier nur unser
„Ignoranius'" bekennen können.
Ich glaube in der Lage zu sein, sowohl aus den Süsswasser-
absätzen von Livonates in Locris als aus denjenigen von Stamnä
in Aetolien Formenreihen entwickeln zu können, welche sich voll-
ständig mit denen vergleichen lassen, welche in Slavonien und in
Kos aufgefunden wurden und durch deren Kenntniss Neumayr
die Wissenschaft bereichert hat; ich kann dabei nur lebhaft be-
dauern, dass die Aufsamrnlung an beiden Localitäten keine so
systematische und von Schicht zu Schicht fortschreitende war und
sein konnte als diejenige, welche der leider zu früh dahingegan-
gene österreichische Forscher auf dem klassischen Boden seiner
Untersuchungen durchgeführt hat. Im ersteren Falle sind es
Uebergänge von Hydrobia prisca Neumayr bis zur echten Pyrgiila
incisa Fuchs , wobei dann wahrscheinlich auch die Fyrgula
tricarinata Fuchs mit der letzteren Form sich verbinden lassen
würde. In Stamnä geht die Formenreihe aus von Typen, die zu
entwickeln sein werden aus der übrigens auch in Megara ver-
tretenen Mutation clavigera Neumayr des kroatisch -slavonischen
Bereiches: welches sich eng anschliesst an die costnta des gleichen
Autors; aucli nach Boettoer's. im Neuen Jahrbuch 1884, in
einer brieflichen Mittheilung niedergelegten Anschauungen ent-
spricht diese aber keineswegs der lebenden costata, sondern dürfte
als Mutation aus der Gruppe der noch jetzt in Ungarn bei Gross-
wardein ganz local vorkommenden M. Parrcyssi v. MtJHLF. zu
betrachten sein; ich habe für diese Form den Namen ijseudo-
cosiata vorgeschlagen und zwar bin ich zu der Anschauung der
Nichtidentität zwischen der lebenden costata und der fossilen Type
Neumayr' s ohne vorhergehende Kenntniss der interessanten Mit-
theilung des Herrn Dr. Boettger gelangt, auf welche ich durch
den erwähnten Herrn erst später hingewiesen wurde. Auf der
clavigera Neumayr sind bekanntlich Knoten auf den En.digungen
der Längsrippen oberhalb der Naht entwickelt; diese fangen bei
den Formen aus Stamnä an zu Längskielen zu verschmelzen
(Mutation carinata-costata ndhi); diese Kiele treten inmier schärfer
592
hervor, und die Rippen werden auf die obersten Windungen con-
centrirt. während zugleicli die Kiele unterhalb und oberhalb der
einzelnen Nähte sich zu nähern beginnen (Mut. stamnana mihi);
schliesslich fangen diese beiden Kiele an zu verschmelzen, die
Type wird kurz und gedrungen und auffallend Tulotomen ähnlich;
auf solche Formen möchte ich den Mutationsnamen aeiolica Neum.
beschränkt wissen, während die ganze Formenreihe vielleicht als
Melanosteiren zu bezeichnen sein würde, und in sie ist zwei-
fellos auch die mir als M. Conemenosi Bttg. in litt, vorliegende
Form einzureihen, welche, wie bereits oben erwähnt, aus Prevesa
in Epirus stammt.
Von weiteren, der pliocänen Binnenfauna Griechenlands ent-
stammenden Typen wären hier nach kurz zu erwähnen: die Lim-
naeus Adelinae von Fuchs und Neumayr genannte Form, welche
ich für eine Melaniade vielleicht aus der Verwandtschaft der für
die Obere Kreide so charakteristischen, lebend im Taganyka vor-
kommenden Pyrguliferen halten möchte; zwei eigenartige Valvaten-
formen, die eine aus Kumari bei Aegion im Nordpeloponnes, die
andere aus Livonates, für welche ich ein neues Subgenus, Aegaea,
vorschlage; eine echte Tulotome aus der Formenreihe der Viv. Coa-
Gorceiad Tourn. , welche aus Skrura bei Sparta stammt; endlich
eine gerippte Melanopside aus der Verwandtschaft der auf das
westliche Mittelmeerbecken beschränkten Mel. Dufourii Fer.,
welche ich, da sie aus Bizere in Elis vorliegt, M. Mets genannt
habe. Bezüglich aller Einzelheiten verweise ich hier auf meine
demnächst erscheinende Publication, welcher auch die Abbildungen
hinzugefügt sein werden.
Herr Beyrich legte typische Versteinerungen aus der
oberen Kreide von ümtamfuma vor
Herr Koken knüpfte einige Bemerkungen über Geschichte
der Lozonema und verwandte Gattungen an.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
V. w. 0.
Hauchecorne. Beyrich. Koken.
593
2. Sieben und dreissigste Versammlung der Deutschen
geologischen Gesellschaft zu Freiburg i. Breisgau.
Protokoll der Sitzung vom il. August 1890.
Herr Steinmann. Frei bürg, begrüsste die Versammlung im
Namen der Geschäftsführung mit folgender Anrede:
Hochverehrte Fachgenossen und Freunde der
Wissenschaft!
Durch die unvermuthete Wahl Freiburgs zum Orte der dies-
jährigen allgemeinen Versammlung unserer Gesellschaft bin ich in
die angenehme Lage versetzt. Sie als Geschäftsführer derselben
an dieser Stelle herzlich willkommen heissen zu können.
Der mir anvertrauten Aufgabe habe ich hauptsächlich da-
durch gerecht zu werden versucht, dass ich den Schwerpunkt
unserer Zusammenkunft auf die Excursionen verlegte, ohne gleich-
zeitig die hergebrachte Dauer der Sitzungen schmälern zu müssen.
Ich durfte das um so eher wagen, als unsere Stadt den Mittel-
punkt einer der geologisch interessantesten Gegenden Deutsch-
lands bildet und die verführerische Nähe des für den Geologen
in hohem Maasse lehrreichen Alpcngebirges zu einem Besuche
desselben im Anschluss an die Versammlung gewissermaassen
aufforderte.
Durch die gefällige Mitwirkung des Herrn Prof. Graefp
war es mir möglich, das Excursions- Programm für die nächste
Umgebung zu einem möglichst reichhaltigen zu gestalten und
Ilinen an Stelle einer mündlichen Erläuterung der Excursionen
eine gedrängte Skizze der gesammten geologischen Verhältnisse
der weiteren Umgegend zu bieten.
Bei der Herstellung des geologischen Führers hatten wir
uns der dankenswerthen Unterstützung des Grossh. Ministe-
riums des Innern und der Grossh. Geologischen Landes-
anstalt zu erfreuen; das in Ihren Händen befindliche Exemplar
des Führers verdanken Sie der Freigebigkeit des Grossh. Mi-
nisteriums der Justiz, des Cultus und des Unterrichts.
Ferner hat die naturforschendc Gesellschaft unserer Stadt
bereitswilligst die Mittel zur Verfügung gestellt, um einige inter-
essante Stellen in der Umgebung von Freiburg derart zu er-
schliessen, dass sie einer grösseren Anzahl von Besuchern leicht
zugänglich und gut sichtbar wurden.
Einigerraaassen schwierig gestaltete sich die Wahl der zu
besuchenden Oertlichkeiten in der Schweiz, theils wegen der
594
Ueberfülle an Problemen von nllgemeincr Wiclitigkeit, tlieils we-
gen der Schwierigkeit, gewisse Tlieile des Gebirges bei zweifel-
haftem oder schlechtem Wetter mit Erfolg zu besichtigen. In
dem vorgeschlagenen Programm glaube ich Ihren etwaigen Wün-
schen nicht minder Rechnung getragen zu haben, als den ge-
nannten Factoren.
Herrn Prof. Heim in Zürich gebührt unser Dank für die
BereitAvilligkeit, mit welcher derselbe meiner Bitte entsprach, die
Führung der Excursion in die Glarner Doppelfalte zu tibernehmen.
Die Wahl der Klippenregion Iberg-Mythen erklärt sich
wie diejenige der Glarner Berge aus dem ungewöhnlichen Inter-
esse, welches sich an diese Gegend knüpft. Da die hier in Frage
stehenden Probleme kaum je in der Literatur eine zusammen-
fassende Darstellung erfahren haben, so gedenke ich zu Beginn
der morgigen Sitzung eine kurze Erläuterung derselben zu geben.
Für die Sitzungen der 3 Yerhandlungstage hat uns die
alma mater eine gastliche Aufnahme in diesen Räumen ge-
währt; die Stadtverwaltung hat in zuvorkommender Weise für
Ihre Unterhaltung am heutigen Abend Sorge getragen und Ihnen
die Orientirung in der Stadt und deren Umgebung erleichtert.
So sehen wir unser Unternehmen von den verschiedensten
Seilen her in dankenswerthester Weise gefördert und verschönert;
es gebührt den genannten Behörden. Vereinen und Privaten unser
wärmster Dank für das Entgegenkommen, welches sie unseren
Bestrebungen erwiesen haben.
Meine Herren! Ihr zahlreiches Erscheinen in einer entlegenen
Grenzmark des Reiches und die Anwesenheit ausserdeutscher Mit-
glieder darf als ein erfreuliches Zeichen für das Gedeihen un-
serer Wissenschaft und unserer Gesellschaft im Besonderen gelten ;
ich vermag aber meine heutige Begrüssung nicht abzuschliessen,
ohne der ungewöhnlich schmerzlichen Verluste zu gedenken, welche
die Gesellschaft und die Wissenschaft seit der vorjährigen Ver-
sammlung in Greifswald betroffen haben. Eine erhebliche Zahl
hervorragender Männer. -z. Tli. langjährige Mitglieder und eifrige
Förderer unserer Gesellschaft, wie Friedrich August Quenstedt,
Melchior Neumayr, Edmont Hebert, Abbrecht Müller, Al-
PHONS Favre und Ernst Weiss wurden in rascher Folge ihrer
Thätigkeit entrissen.
Ich ersuche Sie, das Andenken dieser Todten durch Er-
heben von den Sitzen ehren zu wollen.
Die dann stattfindende Wahl eines Vorsitzenden für die
erste Sitzung fällt auf Vorschlag des Herrn Credner, Leipzig,
auf Herrn Beyrich, Berlin, der die Wahl annimmt.
595
Zu Sclu'iftfüliveni wurden ernannt die norren Rinne Berlin,
Schlippe, Freiburg, Futteueu. Heidelberg.
Se. Magnificenz Prof. Dr. Kkaus begrüsst die Versamm-
lung im Namen der Universität; Herr Oberbürgermeister WlN-
TEEER im Namen der Stadt Freiburg und Herr Prof. Dr.
EmminC4HAUS im Namen' der naturforschenden (resellschaft zu
Freiburg.
Der Vorsitzende, Herr BeykiCH, dankt im Namen der Ge-
sellschaft den drei Vertretern und zugleich auch der Grossher-
zogliclien Regierung.
Als Mitglieder sind der Gesellschaft beigetreten:
Herr Fritz Hillmann in Freiburg.
Herr Ed. Funk in Constanz.
Herr Herrmann in Freiburg,
vorgeschlagen durch die Herren Steinmann. (iuAEFP
und Schlippe.
Herr LOKETZ legte den Rechenschaftsbericht vor, welcher
von jetzt ab nach Titeln geführt wird.
Zu Revisoren werden gewahll die Herren Koch und Jentzsch.
Herr Steinmann machte der Gesellschaft Mittheilungen über
die Excursion und Zusammenkünfte am 11. August.
Herr Ph. Platz, Garlsruhe, sprach über die glacialen
Bildungen des Schwarzwaldes.
Die Hochthäler des südlichen Schwarzwaldes, welche sich
durch bi'eite. schwach geneigte Thalsohlen von grosser absoluter
Höhe (800 — 1000 m) auszeichnen, während ihr Mittellauf steil
und. schluchtartig in die Gebirgsmasse eingeschnitten ist. sind
dui'chweg mit Schuttablagerungen der Diluvialzeit erfüllt.
Führt schon die Nähe der Alpen, in denen die grosse Aus-
dehnung der Gletscher zur Diluvialzeit mit Evidenz nachgewiesen
ist. zur Vermuthung. dass dieselben Ursachen, welche dort ein
Herabrücken der Gletscher bis auf 100 m bewirkten, auch in den
benochbarten Gebirgen ähnliche Erscheinungen erzeugen musslen,
so wird auch die glaciale Natur dieser Ablagerungen durch deren
Lagerungsweise und Structur erwiesen. Sie erfüllen nicht nur
den Grund der Thäler, sondern sind auch über die Abhänge ver-
breitet, und zwar theils in zusammenhängenden x\blagerungen von
mehreren (6 — 20. ja 30) Metern Mächtigkeit, theils in zerstreu-
ten Blöcken, welche häufig zum Zweck des Anbaues künstlich
596
zusammengetragen wurden, sowie endlich in Form von Hügeln,
welche theils den Abhängen angelehnt sind, theils von diesen
spornartig in die Thalebene vorspringen oder endlich einzelne
isolirte oder gruppenweise beisammenliegende Hügel auf der Thal-
sohle bilden.
Alle diese Massen bestehen aus eckigen oder gerundeten
Geschieben, oft von beträchtlicher Grösse, deren Zwischenräume
theils durch feineren Kies und Sand, theils von Lehm ausgefüllt
sind; in letzterem Falle ist die Masse fest zusammengedrückt
und zeigt nach dem Urtheil der erfahrensten Kenner vollkommene
Uebereinstimmung mit dem Geschiebelehm in Norddeutschland und
Schweden. Mangel an Schichtung unterscheidet diese Massen
von den oft in denselben Thälern weiter abwärts liegenden Ab-
lagerungen, welche durch ihre Schichtung deutlich als Ströraungs-
bildungen charakterisirt sind.
Die Blöcke, besonders die grösseren, sind häufig in ausge-
zeichneter Weise geschliffen und gekritzt; der grösste bis jetzt
gefundene Block von 62 Centner Gewicht ist im Hofe der Uni-
versität zu Freiburg aufgestellt und mit einer Gedenktafel für
den verstorbenen Geh. Hofrath Dr. Fischer versehen.
Am vollständigsten sind diese Erscheinungen in den vom
Feldberg (1495 m), dem höchsten Punkte des Schwarzwaldes,
ausgehenden Thälern: dem Wutach-, Alb-, Schwarza- und Wiesen-
thal, entwickelt; im nördlichen Tlieil des Gebirges wui'den bis
jetzt keine solchen gefunden. Dort finden sich die schönsten
Moränenhügel von 18 m Höhe im obersten Albthal bei Menzen-
schwand, sowie in den Umgebungen des Titisees und Schluchsees.
Beide Seeen sind an ihrem unteren Ende durch Moränen abge-
sperrt (die Endmoräne des Schluchsees ist 30 m hoch) und vor
der Verschüttung mit Gerollen, welche die Abhänge beiderseits
und unterhalb der Seeen überdecken, durch Ausfüllung mit Eis
bewahrt worden : sie sind unzweifelhafte Zeugen der Eiszeit. ,
Die Schuttmassen des Wutachgebietes verbreiten sich vom
Ursprung des Thaies nicht bloss im Thale selbst abwärts bis zum
Titisee und gegen Neustadt, sondern auch von diesem westlich
über die flache, moorige Wasserscheide in das Dreisamthal, wo sie
durch die Höllenthalbahn in 17 Einschnitten, welche ebenso viele
einzelne Moränen repräsentiren, ausgezeichnet aufgeschlossen wur-
den. Dieselben werden nicht bloss von dem Gneiss der benach-
barten Berge gebildet, sondern schliessen auch zahlreiche Blöcke
von Granit und Porphj^r ein, welche nur im oberen Wutachthaie
anstehen und durch fliessendes Wasser unmöglich hätten über die
Wasserscheide und über den See transportirt werden können.
597
Auch auf den anderen Wasserscheiden finden sich theilweise gla-
ciale Schuttmassen, sodass die verscliiedenen Gletscher mehrfach
mit einander in Verbindung standen.
Die glacialen Schuttmassen des hohen Schwarzwaldes endigen
in einer Höhe von 7 — 800 m; durch Prof. Steinmann wurden
aber neuerdings am Fusse des Gebirges in einer Höhe von 3
bis 400 m Schuttmassen von ebenfalls glacialer Natur gefunden
(geologischer Führer der Umgebung von Freiburg, von Stein-
mann und Gräff, Freiburg 1899, p. 77), sodass trotz des Feh-
lens in der Zwischenregion eine Ausdehnung der Schwarzwald-
gletscher bis in die Rheinthalebene angenommen werden muss.
Der Vortrag wurde durch zahlreiche, vom Redner aufge-
nommene photographische Abbildungen von Moränen und geschlif-
fenen Blöcken des Schwarzwaldes, sowie durch Vorlage von ge-
ritzten Geschieben aus verschiedenen Thälern des Schwarzwaldes
unterstützt; ebenso wurden die noch unvollendeten geologischen
Karten, auf welche die Glacialbildungen im Auftrage der grossh.
badischen Landesanstalt aufgetragen wurden, der Versammlung
vorgelegt.
Herr v. Zittel, München, knüpfte an diesen Vortrag einige
Bemerkungen über die sehr eingehenden Untersuchungen betreffend
die einstige Vergletscherung der deutschen und österrei-
chischen Alpen, welche auf Veranlassung der Section Breslau
des deutschen und österreichischen Alpenvereins ausgeführt wurden.
Herr Steinmann schliesst hieran eine Erörterung über die
Vereisung des Schwarzwaldes.
Herr Jentzsch. Königsberg, sprach über ein neues Vor-
kommen von Interglacial zu Neudeck bei Freystadt,
Kreis Rosenberg, Westpreussen.
Wer mit der überwiegenden Mehrzahl der norddeutschen
Geologen den Geschiebemergel als Grundmoräne von Inlandeis be-
trachtet, der kann sich der Annahme einer Interglacialstufe nicht
entziehen. Obwohl der Verfasser seit Jahren wiederholt und ent-
schieden diese Stufe in Ostpreussen, Westpreussen, Schleswig-
Holstein und Hannover nachgewiesen zu haben glaubt, ist doch
die Thatsache. dass ein von anderer Seite bekannt gemachtes
Vorkommen angeblichen Interglacials bei Lauenburg an der Elbe
nach genauerer Untersuchung als auf Täuschung beruhend er-
kannt wurde, für Manche der Sache ferner Stehende Anlass ge-
wesen, allen Angaben über norddeutsches Interglacial mit Miss-
trauen zu begegnen. Dem gegenüber hielt Redner an seinen
früheren Angaben über Interglacial mit Entschiedenheit fest, be-
598
züglich der Fauna und des Protiles auf die soeben verölfentlichteu»
von ihm bearbeiteten Sectionen Mewe, Rehhof, Münsterwalde und
Marienwerder der geolog". Specialkarte von Preussen verweisend,
deren Text und Karten er allen Zweiflern zum Studium empfiehlt.
Das von ilim neu aufgefundene Vorkommen von Neudeck ist das
südöstlichste in Westpreussen und das höchste in Deutschland be-
kannte. Es liegt unter 53'^ 36' 30" X Br. und 36 '^ 59' 20" 0 L.,
sowie etwa 360 Fuss {114 m) über dem Ostseespiegel. Die von
Frej^stadt nach Deutsch-Eylau führende Cliaussee bildet bei dem
Rittergute Neudeck ein Knie, indem sie eine vertorfende nordsüd-
liche Seeenkette gerade an dem Punkte durchquert, welcher die Was-
serscheide zwischen Gardenga und Ossa bildet. Unmittelbar nörd-
lich der Chaussee liegt hier ein Soll bezw. ein auf der General-
stabskarte nicht verzeichneter kleiner See von 45 m nordsüdlicher
Längserstreckung. 35 m NNO vom Nordrande dieses See's, mit-
hin östlich der Seeeidcette, liegt am Gehänge der Anfang einer
40 m langen. 10 m breiten Grube, in welcher das Interglacial
ansteht: Viele Meter mächtiger Diluvialsaud wird hier von Thoii
bedeckt, welcher westlich der Seeenkette von mächtigem und weit
verbreitetem Geschiebemergel {Oberem Diluvialmergel) überlagert
wird. Der hängendste Theil des Diluvialsandes ist auf 0,5 — 0.8 m
Mächtigkeit schwach bindig und erfüllt mit Muschelschalen, welche,
obwohl zu Tausenden hier beisammenliegend, ausschliesslich 3 Arten
angehören: Cardium edule L.. TelUna solidula Pult, und Cy-
prina Islandica L. Leider sind die Schalen trotz der schützen-
den Thondecke sehr bröcklich. Doch konnten bei sorgfältiger
Behandlung zahlreiche ganze Klappen und mehrere vollständige
zweiklappige Exemplare von TeUina und Cardium herausgelöst
werden. Von Cyprina wurden ausschliesslich zerbrochene grosse
Exemplare gefunden, deren Stücke indess noch nahe beisammen
lagen, wie in dem Cyprinen führenden Thon der Elbinger Gegend,
welcher dem Frühglacial angehört, also älter als die in Rede
stehende Schicht ist. Die Cyprinen, wie viele der grösseren
Cardien sind in situ geknickt, unzweifelhaft gelegentlich der
Schichtenstörungen, welche Sand und Thon betrotfen haben. Die
Verwerfungen der letzteren sind deutlich und scharf und zeigen
ein xlbsinken der Schollen nach der Seeenkette hin.
Alle drei genannten Arten vermögen gleichzeitig im selben
Meere zu leben; insbesondere sind Cardium und Tdlina sich
gegenseitig treue Begleiter. Erhaltungszustand, Individuen-Reich-
thurn und Arten-Gruppirung der auf eine wenig mächtige Schicht
beschränkten Fauna beweisen unwiderleglich, dass zur Zeit der
Ablagerung jenes Sandes diese Faunula in nächster Nähe lebte.
Unentschieden mag es vorläufig bleiben, ob die Muschelschicht am
599
Grunde des Meeres abgesetzt wurde, oder als Strandauswurf zu
betrachten ist. ünzweifelliaft ist dagegen ferner ihre spätere
Ueberlagerung durch Geschiebemergel, mithin durch Jungglacial.
somit ihr unterdiluviales Alter. Zur Entscheidung der Frage: ob
interglacial . altglacial oder frühglacial bietet der Aufschluss —
für sich allein betrachtet — zwar keine sichere Handhabe. In
Vei'bindung mit den verwandten Aufschlüssen bei Riesenburg,
Mewe. Dirschau. Elbing, Heilsberg. Bartenstein. Heiligelinde u. s. w.,
sowie der geologischen Specialkartirung der Gegend ist es indess
dem Redner nicht zweifelhaft, dass derselbe dem Interglacial an-
gehört. Der Punkt liegt 68 km vom frischen Haff, 82 km von
der Ostseeküste entfernt. Das Interglacial Ost- und Westpreussens,
in welchem Meeres- und Süsswasserschichten theils übereinander,
theils sich vertretend bekannt sind, ist nunmehr über ein Gebiet
von der ungefähren Grösse des Königreiclis Württemberg nachge-
wiesen. In der Hälfte dieses Gebietes sind Meeresschichten be-
kannt. Die Fauna und Flora dieses Interglacial entspricht durch-
weg, soweit bekannt, einem gemässigten Klima. Die sehr ver-
schiedene Meereshöhe der Schichtenaufschlüsse dürfte in der
Hauptsache durch Dislocationen zu erklären sein.
In Westpreussen und den angrenzenden Theilen Ostpreusseus
sind die Untersuchungen nunmehr so weit gediehen, dass sich die
4 Hauptstufen M des Diluviums auch paläontologisch unterscheiden
lassen. Man sammle an einem beliebigen Aufschluss 10 Muscheln
und Muschelstücke, dann hat man (neben anderen Formen):
Im Jungglacial: Cardiitin edide neben Yoldia arctica,
meist auch Dreissena polymorplui;
In» Interglacial: Cardium edule oder, falls dies fehlt,
eine Süsswasserfauna, aber keine Yoldia;
Im Altglacial: Yoldia arctica neben Dreissena polij-
morpha oder Valoata piscinalis, aber weder Cardium, noch
Mactra, noch Nassa;
Im Frühglaci'al: Yoldia arctica , Cyprina islan-
dica, oder falls diese fehlen, reine Süsswasserfauna mit Dreis-
sena oder Valvata.
In paläontologischer Hinsicht sei noch bemerkt, dass Cyprina
im Interglacial nur in grossen, im Frühglacial nur in kleinen
Exemplaren bekannt ist.
Das Vorkommen von Neudeck soll im Jahrbuch der Königl.
Preuss. Geolog. Landesanstalt näher beschrieben werden.
1) Vergl. Jentzsch. Ueber die neueren Fortschritte der Geologie
Westpreussens. Leipzig, Engelmann, 1888, p. 5. Sonderabdruck a. d.
Schriften der Naturf. Ges. zu Dauzig, N. F., VIT, 1.
600
Hieran schloss sich eine Discussion, an welcher sich die
Herreu Credner, Jentzsch und Beyrich betheiligten.
Herr L. Milch, Breslau, sprach unter Vorlegung von Stufen
und losen Krystallen über Hintzeit. ein neues Kaliunimagne-
siumborat von StassfurtM.
In Knollen von gelbem und weissem Pinnoit fanden sich
Krystalle eines farblosen Minerals vor. ausgezeichnet durch deut-
lich monosymmetrischen Habitus und zwei zur Symmetrieebene
senkrechte, sehr vollkommene Spaltungsrichtungen. Nimmt man
die bessere zur Querfläche a. die andere zur Basis c, so wird
der Habitus bedingt durch zwei prismatische Formen, ein vor-
deres Prisma m und eine vordere Hemipyramide n, sowie durch
ein hinteres Hemidoraa x; untergeordnet tritt eine hintere Hemi-
pyramide 0 auf.
Giebt man m das Zeichen (110) ooP, n das Zeichen (111)
— P, so folgt daraus das Axenverhältniss
a : b : c = 2.1937 : 1 : 1.7338; p = 80" 12'
und X wird zu (101) Pqo , o zu (112) 72 P. Der Prismenwinkel
beträgt 49^36', der Winkel der vorderen Hemipyramide 77^ 42',
der Winkel des Hemidomas zur Querfläche 57" 48'. Die Ebene
der optischen Axen steht senkrecht zur Symmetrieebene und ist
gegen die Verticale etwa 7" nach hinten geneigt; die Symmetrie-
axe ist Axe der grössten Elasticität und halbirt einen in Oel zu
circa 105" gemessenen scheinbaren optischen Axenwinkel.
Der Glanz des Minerals steht zwischen Glas- und Fettglanz,
die Härte liegt zwischen 4 und 5, näher an der des Apatit; das
spec. Gewicht wurde zu 2,127 bestimmt. Vor dem Löthrohr
sehr leicht unter heftigem Aufschäumen zu einem weissen Emäil
schmelzbar.
Eine von Herrn Dr. Baurath, Assistenten des Herrn Geh.
Rath Ladenburg, im ehem. Laboratorium zu Breslau ausgeführte
Analyse führt auf die Formel K Mg2 B9 Oie + 8 aq.
Für dieses Mineral schlägt der Vortragende nach dem Forscher,
der es zuerst als neu erkannt, den Namen Hintzeit vor.
Herr Steinmaxn berichtete über die Gliederung des
Paläozoicums in Bolivien, insbesondere über das Vorkom-
men des Devons im östlichen Theile desselben.
Im Anschluss an letzteren Vortrag sprach Herr Ulrich,
Strassburg. über die Fauna der oben erwähnten Schichten.
*) Die genaueren Resultate der Untersuchung werden in Groth's
Zeitschrift für Krystallographie, Bd. XVIII, Heft 5 veröffentlicht.
601
Herr Graeff. Freiburg i. Br. . machte vorläufige Mitthei-
lungen über Studien am Montblancmassiv.
Dieselben betreffen zunächst die porphyrartigen Gesteine,
welche nach den älteren Beobachtungen von A. Favre und H.
Gerlach auf der Südostflanke des Massives in grösserer Verbrei-
tung vorkommen und nach verschiedenen Richtungen von Interesse
sind. Diese Gesteine sind mit dem den Kern des Gebirges bil-
denden Protogin einerseits, mit dem Mantel echter krystalliner
Schiefer andererseits so eng verknüpft, dass die Abgrenzung der-
selben früher Schwierigkeiten machte.
Der Vortragende muss diese überaus innige Verknüpfung
bestätigen, fand indess, dass von einem Uebergange der frag-
lichen Gesteine, wie ihn Gerlach vermuthete, weder nach der
einen noch nach der anderen Seite hin die Rede sein kaim. Es
ist vielmehr stets eine scharf markirte Grenze zwischen Protogin
und porphyrartigem Gestein sowohl als auch zwischen letzterem
und den krystallinen Schiefern zu erkennen. Das porphyrartige
Gestein ist nach mikroskopischem Befunde ein echter Quarz-
porphyr, ganz ähnlich den mit den Graniten von Vallorcine und
Gastern zusammen vorkommenden Porphyren. Dasselbe hat jedoch
unter reichlicher Sericit-Neubildung zum grössten Theile eine mehr
oder weniger deutliche Schieferstructur angenommen, sodass die
am meisten veränderten Partieen das Aussehen gewisser Quarzite
oder Glimmerschiefer besitzen, ganz ähnlich wie die „Alpgnofer-
platten" im Maderanerthale. Die enge Verknüpfung des Por-
phyrs als eines unzweifelliaft echten Eruptivgesteins mit dem bis
in die neueste Zeit hinein bezüglich seiner Entstehungsart um-
strittenen Protogin scheint geeignet, auch die letzten Zweifel an
der Eruptivität des letzteren zu beseitigen. Die Porphyrergüsse
sind Nachschübe des granitischen Magmas der Protogine ; der
Protogin selbst ein durch Druck partiell schiefrig gewordener
(und dabei auch mineralisch etwas veränderter) Granit, geschiefert
durch dieselbe Kraft, welche auch den Porphyr zum grössten
Theile in ein schiefriges Gestein verwandelte. Durchgreifende
Lagerung des Porphyrs gegen den Protogin ist sehr häufig zu
beobachten; sie scheint auch vorhanden zu sein gegenüber den
krystallinen Schiefern; am Contacte gegen die das Massiv umgür-
tenden Sedimente konnte sie aber (entgegen den Angaben früherer
Beobachter) nirgendwo constatirt werden.
Der Porphyr ist den krystallinen Schiefern sehr liäufig. den
Sedimenten immer in Form bald mehr, bald weniger mächtiger
Bänke oder Platten concordant zwischengelagert. Ein Lagerungs-
verhältniss, welches offenbar nicht ursprünglich, sondern durch
spätere Dislocationen bedingt ist. und welches aus dem Alter der
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 3. 40
602
umschliessenden Sedimente keinen Rückschluss gestattet auf die
Eruptionszeit des Porphyrs; der Contact ist also ein mecha-
nischer. Die Untersuchungen des vorigen Jahres waren be-
schränkt auf die Strecke vom Mont Catogne bei Orsieres bis
zum Col du Grapillon oder du petit Ferret; in diesem Jahre
sollen dieselben nach Süden zu weiter fortgesetzt werden.
Die Mittheilungen wurden durch eine passende Auswahl
von Belegstücken erläutert.
HerrRoTHPLETZ, München, sprach seine freudige Zustimmung
zur Auffassung des Montblanc-Granites, wie sie der Vorredner ent-
wickelt hat, aus, und wünschte nur, dass der alte, nicht ganz
glücklich gewählte Name Protogin einfach durch Granit oder por-
phyrartigen Granit ersetzt werde. Die theils schiefrigen, theils
massigen Quarzporphyre kommen auch auf der italienischen Seite
des Massives vor (am Mont Chetif und de la Saxe), wo sie von
A. Favre schon eingehend beschrieben worden sind. Sie treten
dort aber nicht unndttelbar in Berührung mit dem Montblanc-Granit,
sondern sind dui'ch eingebrochene Jurakalke von ihm getrennt.
Gleichmässig überlagert werden sie hingegen durch jene- Gyps
führenden Schichten, welche für triasisch zu halten man sich
gewöhnt hat.
Herr Hermann Ckedner, Leipzig, knüpfte hieran die fol-
genden Bemerkungen:
Der Herr Vorreder hat an einem neuen überzeugenden Bei-
spiele dargethan, wie gewisse Eruptivgesteine unter dem Einflüsse
gebirgsbildenden Druckes zu Schiefergesteinen umgestaltet worden
sind. Diese Darlegung aber giebt mir Veranlassung, ganz aus-
drücklich vor der vielleicht für Manche naheliegenden, unwillkür-
lichen Verallgemeinerung dieser Beobachtungen und Schlüsse auf
die Genesis der archaeischen Gneissformation zu warnen
und zugleich der neuerdings mehrfach behaupteten Entstehung der
gesammten archäischen Formationen aus massigen Erstarrungs-
gesteinen entgegen zu treten.
Letztere Anschauung dürfte sich, wo sie sich überhaupt auf
das Studium der Natur zu beziehen vei-mag, z. Tb. auf Beob-
achtungen an Complexen von krystallinen Gesteinen stützen,
welche zwar gneissähnlichen oder schieferigen Habitus aufweisen,
in Wirklichkeit aber geologisch und genetisch etwas durchaus
Anderes sind, wie die archaeischen Gneisse und die mit letzteren
innigst verknüpften krystallinischen ScWefer.
Ein Beispiel solcher gneissoiden Gebirgsglieder liefert der
Theil des Schwarzwaldes, welchen wir gemeinsam vor einigen
603
Tagen durchwandert haben. Die Aufschlüsse im Höllenthal, am
Feldberge und im Wiesethale, sie alle boten die gleiche Einför-
migkeit: überall die nämlichen streifigen, undeutlich flaserigen bis
schieferigen Gneissgesteine, selten mit Einschaltung von Augen-
gneiss-ähnlichen, „Porphyr-artigen Krystallgneissen", von glimmer-
armen, plattigen Leptiniten, sowie von Hornblendegneiss und Am-
phiboliten. In diesen eintönigen Gebieten fehlt jeder echte
Flasergneiss . jeder Muscovitgneiss und deren in archaeischen
Arealen vorhandene Fülle von Varietäten, — ebenso werden jene
Einlagerungen von Dolomit, Kalkstein und Quarzitschiefer, jene
Wechsellagerung mit Gneissglimmerschiefern und jene Verknüpfung
mit Glimmerschiefern und Phylliten vermisst, wie sie für andere,
nämlich archaeische Gneissgebiete charakteristisch sind und den-
selben ihre reizvolle Mannichfaltigkeit verleihen. Diese petrogra-
phische Verschiedenheit geht so weit, — und auch hierin stimmt
der durch seine Erfahrungen im Erzgebirge wie im Schwarzwalde
ganz besonders zu einem derartigen Vergleiche befähigte Herr
A. Sauer mit mir überein, — dass es für den Kenner kaum
möglich ist, selbst einzelne Handstücke von „Gneissen" des süd-
lichen Schwarzwaldes mit solchen archaeischer Districte, also
z. B. des Erzgebirges zu verwechseln.
Von den „Gneissen" unseres neulichen Excursionsgebietes den
Nachweis erbracht zu sehen, dass sie dynamometamorphisch ver-
änderte Granite und Syenite sind, würde nicht überraschen, tragen
sie doch schon in der z. Th. mit blossem Auge, öfter noch mit
dem Mikroskope wahrnehmbaren Kataklasstructur den Stempel
der inneren Zertrümmerung, die sie bei jenem Vorgange erlitten
haben und welcher sie ihre structurelle Umgestaltung verdanken.
zur Schau.
Dieser Nachweis aber gilt eben nur für dieses specielle Areal
und besitzt nicht die geringste Tragweite auf die genetische Deu-
tung der eigentlichen archaeischen Gneiss- und Schieferformation,
wie sie z. B. im Erzgebirge entwickelt ist. Der Gegensatz dieser
letzteren zu den „Gueissen" des südlichen Schwarzwaldes ist ein
schroffer und beruht zunächst auf der abwechslungsreichen Man-
nichfaltigkeit ihres Aufbaues. Besonders gross ist die Artenzahl
des Gneisses. diese wird einerseits bedingt dadurch, dass ent-
weder nur Biotit oder Muscovit. oder aber beide gemeinsam als
die die Flaserung bedingenden Glimmerminerale voi'handen sind,
andererseits auf der ausserordentlichen Variabilität der Structui-.
welche jede dieser 3 Gruppen des Glimmergneisses wieder in
zahlreiche Modificationen spaltet. So entstehen denn grob- und
kleinüaserige. schieferige, augenartige, plattige, dichte Biotit-
40*
604
gneisse, zweiglimmerige Gneisse und Muscovitgneisse, von denen
die oft in dünnen Bänken oder Complexen wechsellagernden Va-
rietäten der Zweiglimniergneisse in dem grössten Theile des Erz-
gebirges vorwalten, während die Muscovitgneisse mehr oder we-
niger mächtige Einlagerungen in denselben zu bilden pflegen.
Diese complicirte concordante Schichtenreihe der erzgebirgischen
Gneissformation erhält nun noch grössere Abwechslung durch
meist schlank oder plump linsenförmig gestaltete, untergeordnete
Einlagerungen von substantiell abweichenden Gesteinsarten, also
von dolomitischen Kalksteinen und Quarziten, von Granatserpen-
tinen, Amphibolschiefer, Granat-, Biotit-, Zoisit- und Plagioklas-
Amphibolit, Eklogit, Augitfels und Granatfels, sowie von Magnet-
eisenerz- und Schwefelkieslagerstätten.
Die Grenze der Gneissformation gegen die sie concordant
überlagernde Glimmerschiefer - Formation ist eine wenig scharfe,
wird vielmehr durch Uebergänge vermittelt. In noch höherem
Grade gilt dies von dem Verhältniss der Glimmerschiefer-Forma-
tion zu den darauf folgenden Phylliten, aus denen sich nach dem
Hangenden zu ganz allmählich die cambrischen und silurischen
Thonschiefer herausbilden. Von diesen letzteren hinab duich die
Phyllit- und Glimmerschiefer-Formation bis zu den Gneissen stellt
das ganze archaeische System des Erzgebirges eine durch Con-
cordanz, Uebergänge und Wechsellagerung verbundene Schichten-
reihe gleichartiger Entstehung vor. Ob dieselbe und namentlich
ihre untersten Glieder ihre heutige petrographische Erscheinungs-
weise bei oder direct nach ihrer Sedimentation erhalten, oder
erst später durch einen auf die verschiedensten Ursachen zurück-
geführten Metamorphismus angenommen haben, bleibt hier un-
erörtert. Jedenfalls aber werden die archaeischen Schichtencom-
plexe von den für jüngere, versteinerungsführende Formationen
gültigen tektonischen Gesetzen beherrscht. Hier wölben sich die
Gneisse zu flachen oder steilen Kuppeln oder Sätteln (Freiberg,
Zöblitz, Marienberg, Sa3'da), oder bilden trogförmige Synklinalen
(oberes Flöhathal), — an anderen Stellen lagern sie so flach
geneigt, dass die Gneissbänke die felsigen Thalgehänge in con-
stantem, spitzem Winkel schneiden und sich der Eintritt der
höheren Complexe in die Thalsohle mit Sicherheit construiren
lässt, indess anderorts z. B. Muscovitgneisse die Gipfel-, Biotit-
gneisse die Sockelschichten der durch Erosion von einander ge-
trennten Bergrücken bilden, genau wie es beispielsweise Keuper
und Muschelkalk in Thüringen oder Schwaben thuen.
Während sonach die archaeische Formationsreihe sich von
Complexen dynamometamorpher Eruptivmassen weit unterscheidet,
sind auf der anderen Seite unseren sächsischen Granitterritorien
605
die Producte solcher mechanischer Umgestaltung , also durch
Druckwirkungen flaserig bis schieferig deformirte Granitgesteine
nicht fremd. Sauer, Herrmann, Weber und Hazard haben die-
selben im Bobritzscher und Lausitzer Granit genau verfolgt und
in den Erläuterungen zu den Sectionen Freiberg, Pulsnitz, Rade-
berg und Moritzburg beschrieben. Stets an grosse tektonische
Störungen gebunden, erreichen diese weithin verfolgbaren Zonen
der mechanisch deformirten Granite mehrere Hundert Meter Breite,
innerhalb deren sich die Dynamometamorphose von den Andeu-
tungen beginnender Flaserung und Streifung bis zur hornschiefer-
artigen oder phyllitcähnlichen Dünnschieferigkeit steigert.
Die von ihr betroffenen Granite kennzeichnen sich zunächst
dadurch, dass ihre Biotitlamellen gestaucht, geknickt oder wurm-
förmig gebogen sind und zugleich eine annähernd parallele Lage
angenommen haben, wodurcli der gepresste Granit eine Art Fla-
serung und Streifung erhält, welche ihm ein gneissähnliches Aus-
sehen verleihen. Auch die grösseren Quax'ze sind anfänglich an
ihren peripherischen Theilen zu unregelmässigen eckigen Frag-
menten zerdrückt. Die Zwillingslamellirung der Plagioklase ist
nicht mehr geradflächig, sondern gebogen und gestaucht, von
Rissen durchzogen und auf diesen gegen einander verschoben.
Mehr nach der Dislocationsfläche zu erweisen sich die gesammten
Feldspäthe und Quarze in eckige Splitter zerdrückt, die in einem
zuckerkörnigen Cämeut von noch kleineren Mineralfragmenten
liegen. Der Biotit verschwindet gänzlich, an seine Stelle treten
hell lauchgrüne, kleinste Glimmerblättchen. Endlich entstehen
hornfelsartig dichte, heller und dunkler gebänderte oder phyllit-
artige Schiefergesteine, deren ebenplattige oder schieferige Lagen
die grösste Constanz im Streichen und Fallen einhalten und der
herrschenden Dislocationsrichtung parallel verlaufen. Sie erweisen
sich als aus feinsten Zermalmungsproducten zusammengesetzt, die
durch ein neugebildetes Quarzcäment nebst Sericit - Schüppchen
verfestigt werden und den Typus einer Mikrobreccie repräsentiren
So wiederholen sich denn an allen diesen wie anderen den
archaeischen Gneissen und krystallinen Schiefern äusserlich ähn-
lichen Gesteinen, deren Flaserung und Schieferung mit Sicherheit
auf Dislocatioiismetamorphose massiger Gesteine zurückfürbar ist,
die Erscheinungen der inneren Zertrümmerung, Zerquetschung und
Zermalmung und verrathen zuweilen schon dem blossen, stets aber
dem mit dem Mikroskop bewaffneten Auge den secundären Ur-
sprung der jene Schiefergesteine beherrschenden Parallelstructur.
An den normalen Gneissen und krystallinen Schiefern der ar-
chaeischen Formation sucht man vergeblich nach solchen Erschei-
nungen. Nur dort, wo ihnen gleichalterigo Eruptivlager einge-
606
schaltet sind, pflegt sich bei diesen die eben beschriebene dynamo-
nietamorphe Flaserung und Schieferung und mit dieser die Mikro-
breccienstructur einzustellen. Letzteres gilt auch von solchen
Partieen der Gneisse, welche beim Zusammenschub der Gneiss-
formation zum Erzgebirge in bereits fertigem Zustande,
nämlich während der Carbonperiode, besonders intensiven tekto-
nischen Störungen und hierbei einer inneren Zerberstung ihrer
bereits flaserig - schieferig aggregirten Bestandtheile unterworfen
gewesen sind.
Für die Entscheidung der Frage, ob wir in gegebenem Falle
durch Stauungsmetamorphismus flaserig -schieferig gewordene mas-
sige Gesteine vor uns haben, bietet somit die Deformations- und
Mikrobreccienstructur ein sicheres Kriterium. Fehlt dieser cha-
rakteristische Stempel, so gehört jede Behauptung stattgehabter
Dynamometamorphose in das Gebiet der Hypothese!
Herr Beyrich schloss- sich den Ansichten des Vorredners an.
Zum Vorsitzenden der Sitzung vom 12. August schlug Herr
Beyrich Herrn Ferd. Römer. Breslau, vor. Letzterer nahm die
Wahl an.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
w.
0.
Beyrich.
Rinne.
Schlippe. Futterer.
Protokoll der Sitzung vom 12. August 1890.
Vorsitzender: Herr Römer.
Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten:
Herr Dr. Schröder van der Kolk in Leiden,
vorgeschlagen durch die Herren Martin, Dames und
Wahnschaffb ;
Herr Oscar von Alberti in Freiberg i. S,
vorgeschlagen durch die Herren Stelzner, Stein-
mann und Credner;
Herr Dr. Frank D. Adams in Monreal (Canada),
vorgeschlagen durch die Herren Steinmann, Graeff
und Schlippe.
Als Versammlungsort für die nächstjährige Versammlung
wird Frei b er g i. S. gewählt und zum Geschäftsführer Herr
Stelzner ernannt.
607
Zum Vorsitzenden der Sitzung am 13. August wurde Herr Rosen-
busch, Heidelberg, vorgeschlagen. Derselbe nahm die Wahl an.
Die Revisoren lieferten die als richtig befundenen Rech-
nungs-Abschlüsse ein und beantragten, dem Schatzmeister Decharge
zu ertheilen. Die Versammlung stimmte diesem Antrage bei, und
der Vorsitzende dankte Namens der Versammlung dem Schatz-
meister und den Revisoren für ihre Mühewaltung.
Herr P. Oppenheim, Berlin, gab einige f au n istische Mit-
theilungen aus dem Vicentiner Tertiär.
Der Vortragende legte zuerst ein neues reiches Material an
Landschnecken aus den eocänen Roncatuffen des genannten Ge-
bietes vor, welches aus dem Val dei Mazzini bei Pugniello
stammt und die in den Denkschriften der Wiener Akademie 1889
niedergelegten Ausführungen des Redners über diese Fauna in
wesentlichen Punkten zu vervollständigen, stellenweis auch zu
moditiciren im Stande sein wird; die Typen wurden von dem
Vortragenden in diesem Frühjahre theils selbst gefunden, theils
von dem gewandten Localsamraler in unserem Gebiete, G. Mene-
Guzzo, käuflich erworben. Dem unteren brakischen Tuffe mit
Stromhns Forfisi, wie er bei Ronca im Val nera entwickelt ist,
und welchem die unteren Landschnecken -Schichten von Pugniello
zeitlich gleichzustellen sind, wird in den meisten Lehrbüchern ein
viel zu geringes Alter zugeschrieben. Man begreift eigentlich
kaum, dass man, gestützt auf Hebert's paläontologische Bestim-
mungen, bei denen höchst wahrscheinlich Ronca -Tuff und -Kalk
mit einander vermengt wurden, denselben für gleichaltrig mit dem
obereren Grobkalk und für älter als S. Giovanni Ilarione an-
spricht, nachdem E. Süss und Bayan beide überzeugend nach-
gewiesen, dass der den schwarzen Tuffhorizont überlagernde Kalk
mit dem grünen Tuffe von S. Giovaimi Ilarione identisch ist, die
faunistischen Resultate Hebert's also kaum mehr aufrecht zu
halten sein dürften, sondern dringend eine Nachprüfung erfordern.
Auf Grund eingehender Prüfung der vorliegenden Literatur ist
der Vortragende zu dem Ergebnisse gelangt, dass die Aequiva-
lente der Vicentiner Landschnecken-Tuffe in den nordfranzösischen
Ligniten, den gleichartigen Bildungen Ungarns und den oberen
Süsswasserbildungen des krainisch-istrischen Bereiches zu suchen
sind, dass sie also jedenfalls noch zum Untereocaen zu ziehen sein
werden. Mit dem Kalke von Rilly haben sie die Gattung Oospira
Blanf. unter den Clausilien gemeinsam {Clausilia sinuata Boissy
[Pupa sinuata Sandberger) ist nahe verwandt mit der Clausula
Pugmellensis Oppenh.), zudem dürfte die Gattung Rilly a Mun.
Chalmas, welche für die beiden von v. Sandberger wunderbarer
608
Weise zu Amphiclronms gezogenen Pupa columellarts Boissy und
I'upa Bülijensis Boissy aufgestellt ist, den erwähnten Clausilien
jedenfalls sehr nahe stehen, wenn sie nicht mit Oospira selbst
zu identificiren ist; aus den dalmatinisch-istrischen CosinaSchich-
ten, soweit wir ihre Fauna durch Stache's bisherige Publica-
tionen zu überschauen im Stande sind, steht die Gattung Kallo-
mastoma Stäche jedenfalls dem Copiochilus vnhricaius Sandb.,
wie Stäche bereits selbst angiebt, zweifellos nahe und dürfte
die oberhalb des Alveolinen - Kalkes in den adriatischen Küsten-
ländern entwickelte zweite Süsswasserfauna, deren Zusammen-
setzung wir leider noch nicht kennen, noch bedeutendere Ana-
logien mit der vicentinischen aufweisen, ihr jedenfalls stratigra-
phisch zu identiticiren sein.
Als interessante faunistische Neuigkeiten aus dem Vicentiner
Tertiär wären hier zu erwähnen: Eine typische Art der jetzt
ausschliesslich indo-malayischen Diplomatinen, eine echte Äcme
(palaearctische Type), wie zahlreiche Clausilien mit erhaltenen
Mündungscharakteren, welche die bereits gegebenen Artdiagnosen
in den wesentlichsten Punkten zu vervollständigen im Stande sind.
Der Vortragende bespracli fernev die Fauna der Lignite
vom Mt. Pulli bei Valdagno. welche in der von N nach S
gerichteten Synklinale zwischen Mt. Pulli, Crocerla und Spelacia
Alveolinen-Kalke mit NvmmuUtes Prntti d'Arch. concordant über-
lagei'n und in ihren oberen Schichten eine Fauna enthalten, die
dem schwarzen Tuffe von Ronca gleicliwerthig ist. Es sind dies
Brackwasserabsätze, mit Süsswasserbildungen und Ligniten wech-
sellagernd, welche sich in geschützten Flusslagunen gebildet haben;
sie enthalten eine reiche Zahl von tropischen Aestuar- Mollusken,
welche theils auf indo - malayische, theils auf neotropische und
afrikanische Beziehungen hinweisen. Die grosse Mehrzahl dieser
Formen ist ihnen gemeinsam mit den Ligniten des westlichen Un-
garns, wie sie in der Umgegend von Gran und Dorogh entwickelt
sind und deren Beschreibung wir v. Hantken und Boekh verdanken ;
doch scheinen auch identische Formen mit den Pariser lAgnites auf-
zutreten (Melanin inilcanica\. Schloth. ^ Cerith. GesIiniDESu.).
Die Aehnlichkeit der Formen zwischen vicentiner und ungarischem
Tertiär ist eine auffallende und in den meisten Fällen specifische
und steht durchaus im Einklänge mit den anscheinend von Neu-
MAYR (s. Erdgeschichte. II, p. 481) zuerst vertretenen Anschauun-
gen, welche die Existenz einer langgestreckten Continentalinsel
auf dem jetzt von den östlichen Alpcnketten und den Karpathen
eingenommenen Bereiche voraussetzen; dieses Festland wird im
Süden von dem noch erhaltenen centralen Mittelmeere der meso-
zoischen Peiiode begrenzt und in seinen Buchten befanden sich
609
die Aestuarien. deren Ueberreste uns in den Ligniten des Vicen-
tins und des westlichen Ungarns bis auf unsere Tage erhalten sind.
Auffallend ist am Mt. Pulli das Erscheinen einer anschei-
nend auch in Ungarn in nahe verwandter Form (Dreissensm
eocaena Mun. Chalm., Mytilus sp. v. Hantk.) vertretenen kleinen
Congerie. welche in grosser Menge und günstiger Erhaltung die
Schichtenverbände anfüllt und deren lebhafte Färbung noch gut
zu erkennen ist. Diese Form gehört wohl zweifellos nach den
äusseren Kennzeichen der Schale (eine Präparation des Schlosses
erwies sich bei der grossen Zartheit der Objecte als unmöglich)
in die Untergattung 3Iytilopsis Conrad 1857 {Praxis H. u.
Adams 1857) = Congeria Partsch 1833, welche sich durch das
Auftreten eines nach innen gerichteten zahnai'tigen Fortsatzes des
Septums von ihren Verwandten auszeichnet und heut die afrika-
nischen und südamerikanischen Ströme bewohnt. Zu diesen For-
mengruppen gehören nun einmal zweifellos alle älteren Dreissen-
sien des europäischen Tertiärs, wie das Vorhandensein des Zahnes
deutlich beweist, so Breisscnsia unguiciilus Sandb. = Brardii
Wood, aus dem englischen Obereocän. Dr. Basteroti Desh. aus
dem Oberoligocän von Bordeaux und die so allgemein verbreitete
Dr. Brnrdii Faujas aus dem Mainzer Becken; andererseits auch
die echt pontische Congeria spatlmlata Partsch der Congerien-
Schichten des Wiener Beckens und ein grosser Theil ihrer Ver-
wandten M. Es geht daraus hervor, dass wenigstens ein Theil
der charakteristischen Bevölkerung dieses letzteren Sohichtencom-
plexes allen, insbesondere von Th. Fuchs vertretenen entgegen-
gesetzten Behauptungen zum Trotz bereits seit dem Eocaen im
centralen Europa bestand, dass wir aber andererseits aus dem
Auftreten von „pontischen" Congerien im Obermiocaen allein noch
kein Recht haben, auf weite Continental-Verbindungen zu folgern
und die Gleichaltrigkeit mit marinen Absätzen auszuschliessen, ein
Resultat, welches im Hinblick auf die Verhältnisse der obermio-
cänen Congerien -Schichten Toscanas und Siciliens nicht ohne
Interesse sein dürfte,
Herr Steinmann verlas ein Schreiben der Schweizerischen
naturforschenden Gesellschaft, welche die deutsche geologische
Gesellschaft zu ihrer Versammlung in Davos einladet und theilte
mit. dass die geplanten Excursionen in die Schweiz in der Weise
modiiicirt worden sind, dass die Theilnehmer Gelegenheit haben,
^) Congeria Partsch ist nicht identisch mit Dreifisensia \.
Bened.; sie unterscheidet sidi durch das Vorhandensein einer lötifel-
förmigen Schlossapophyse. Die ecliteii rVingerien sind westindisch-
afrikanisch e, nicht pontische Tyj)en.
610
sich den Excursioiien der Schweizerischen naturforschenden Ge-
sellschaft anzuschliessen. Der Vortragende machte ferner Rath-
schläge für die Schweizer Excursionen und schlug für den
13. August kleinere Ausflüge nach Gottenheim und der Hoch-
burg vor.
Derselbe gab hierauf eingehende Erläuterungen über die
Klippenregion Mythen - Iberg.
Herr A. Schenck. Halle a. S., sprach über den Laterit
und seine Entstehung.
Es wurde besonders darauf hingewiesen, dass eine bestimmte
petrographische Definition des Laterits sich nicht geben lasse,
vielmehr die Lateritbildung als ein geologischer Vorgang aufzu-
fassen sei. Mit dem Namen Laterit bezeichnen wir in tropischen
und in einigen subtropischen Ländern (Afrika. Indien. Süd -Ame-
rika) weit verbreitete Bodenarten von nicht immer gleich bleiben-
dem Charakter, welclie aus der Zersetzung der verschiedenar-
tigsten Gesteine (Gneiss und Granit, Grünsteine. Schiefer. Sand-
steine etc.) hervorgehen. Unter dem Einfluss des tropischen
Klimas, namentlich der höheren Wärme, der grösseren Rogen-
menge und des Mangels an winterlichen Frösten findet eine
weit intensivere Verwitterung der Gesteinsmassen statt, als in
unseren Gegenden. Bis zu 100 m und darüber sind oft die
Gesteine vollständig zersetzt, wobei ihre ursprüngliche Structur
erhalten bleibt. Charakteristisch für diese Verwitterungsmassen
tropischer Länder ist ihre in der Regel röthliche Färbung im
Gegensatz zu der meist gelblichen in unseren Breiten; der Un-
terschied scheint in der schnelleren Oxydirung des Eisens unter
tropischem Klima seinen Grund zu haben (wobei vielleicht der
hohe Gehalt der I^uft an Salpetersäure in Folge der vielen und
heftigen Gewitter eine Rolle spielt), während bei dem Verwitte-
rungslehm unserer Gegenden zuerst vorwiegend Eisenoxydulsalze
und aus diesen Eisenhydroxyde sich bilden. An der Oberfläche
erleiden die Verwitterungsmassen der Tropenländer eine Verän-
derung, indem eine Aufbereitung stattfindet. Durch den Einfluss
der Regenwasser und der Winde werden die leichteren und fei-
neren Theile hinweggeführt, die schwereren und gröberen, vor-
wiegend Quarz und Eisenoxyd bleiben zurück, es findet dadurch
eine Anreicherung und Concentration des letzteren statt. Die
ursprüngliche Structur geht verloren, es bilden sich jene eisen-
reichen, zelligen, nicht selten schlackenartig aussehenden Massen,
welche man wohl im eigentlichen Sinne als Latente bezeichnet
hat. Aus diesen primären Lateriten bilden sich durch Umlage-
611
geruiig (Transportation und Wieclerablagerung). welche theils durch
die fliessenden Gewässer, tlieils durch die Winde, theils durch
die Thätigkeit des Meeres etc. bewirkt wird. Sedimente, die auch
Latente genannt worden sind, die aber mit den ersteren häufig
nur noch die rothe Farbe gemein haben. Es lassen sich hier-
nach unterscheiden :
A. Primäre oder Eluvial-Laterite und zwar
a. Tiefenlaterite (lateritisirte Gesteinsmassen, bei de-
nen die ursprüngliche Structur noch erhalten ist und
die wir als Granitlaterit , Gneisslaterit, Dioritlaterit,
Diabaslaterit , Glimmerschieferlaterit . Sandsteinlaterit,
etc. bezeichnen können;
b. Oberflächen-Laterite , aus den ersteren in der
oben geschilderten Weise hei'vorgehend.
B. Secundäre oder Detritus-Laterite (alluviale, aeolische,
marine Laterite).
Auf geologischen Karten würden die eluvialen Laterite am
besten mit einer Farbenabstufung der Gesteine, aus welchen sie
hervorgegangen sind, darzustellen, die secundären aber unter den
Bildungen derjenigen Periode, in welcher sie abgelagert wurden
(tertiär, quartär), einzureihen sein.
Zum Schluss erörterte Vortragender noch den Einfluss der
Laterite auf die Oberflächengestaltung, namentlich die Entstehung
der tiefen Erosionsschluchten und die Beziehung des Laterits zur
Vegetation. Laterite finden sich sowohl auf Hochflächen als
Untergrund von Steppen, wie auch in Niederungen und an Berg-
abhängen als Träger einer dichten Urwaldvegetation. Man hat
einerseits auf eine frühere dichtere Vegetation der ersteren wie
auch umgekehrt andererseits auf ein früheres Fehlen derselben
in den letzteren geschlossen. Die erstere Ansicht geht davon
aus, dass der Laterit sich nur unter dem Einfluss einer dichten
Vegetation bilden könne, während andererseits das Gegeutheil be-
hauptet wird. So lange es noch nicht näher dargethan ist, in
welcher Weise die Vegetation die Lateritbildung befördert oder
hemmt, müssen derartige Schlüsse als voreilig bezeichnet werden.
Es schliesst sich hieran eine Discussion, an welcher sich
die Herren Streng und Schenck betheiligen.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
V. w. 0.
F. RoEMER. Rinne. Schlippe. Futterer.
612
Protokoll der Sitzung vom 13. August 1890.
Vorsitzender: Herr Rosknbusch.
Die Gesellschaft beschliesst die Drucklegung eines Mit-
glieder-Verzeichnisses, welches als besonderes Heft jährlich
zur Versendung gelangen soll.
Herr Steinmann theilte mit, dass die für den Nachmittag
geplanten Excursionen ausfallen, um den Theilnehmern an den
Excursionen in die Schweiz eine frühere Abreise zu ermöglichen.
Herr vox Eeinach, Frankfurt a. M., sprach Folgendes: Auf-
gefordert dazu, erlaube ich mir, Ihnen eine vorläufige Notiz über
Parallelisirung des südlichen Taunus mit den Ardennen
und der Bretagne zu geben. Um kurz zu sein, will ich das
klarste Profil im Taunus . dasjenige von Wiesbaden bis zur
Platte darlegen, welches Profil übrigens auch in dem 3000 m
langen Wasserstollen der Stadt Wiesbaden controllirt werden kann.
In Wiesbaden selbst und von da bis zur Würzburg steht
mit steilem NNW - Einfallen ein Wechsel von Sericitgneissen,
Sericitglimmerschiefern und Bunten Sericitschiefern an, also die
Serie der hemi-krystallinischen Taiinusgesteine. Durch den neuen
Wegebau und einen Steinbrucli aufgeschlossen, folgen dann im
Hangenden, an der Würzburg, feste Conglomerate, deren Material
anscheinend den Gesteinen des Liegenden entstammt. Am Wald-
rand des nach Norden abbiegenden Wiesenthälchens (Kessel auf der
Karte bezeichnet) findet sich Arkose. dann die grünen und rothen
Phyllite und endlich in der Platte Hermeskeilschichten nebst
Taunusquarziten.
" Professor Gossei.et aus Lille, unter dessen Leitung ich das
unterste Devon der Ardennen genau studirte, erklärte bei seinem
Besuche des Taunus in diesem Frühjahr meine Auffassung des
Complexes klastischer Gesteine, von den Conglomeraten bis zum
Taunusquarzit als Gedinnien für richtig. Die Gliederung ent-
spreche im Ganzen derjenigen der Ardennen, hier wie dort seien
die Conglomerate und Arkosen als die unterste Grenze des De-
vons zu betrachten, die südlicher vorandene hemikrystallinische
Zone falle demnach ausserhalb des devonischen Systems. Prof.
Barrois aus Lille, welcher Herrn Prof. Gosselet begleitete, pa-
rallelisirte diese hemikrystallinischen Schichten mit der „Serie ^2
auch y." der Franzosen (Huron und Precambrium). Derselbe hatte
die Freundlichkeit, mir diese lithologisch identische Serie von
Sericitgneissen, Sei'icit - und Diabasschiefern, auch Hällefiint in
613
der Bretagne zu zeigen, daselbst auf Urgestein auflagernd und
überlagert von Petrefacten führendem Silur und Devon. Nur im
Westen der Bretagne , woselbst Granit die Schichten etwas ver-
ändert hat, treten in denselben Elemente auf, (z. B. schwarzer
Glimmer), welche dem Taunus fremd sind.
Koch hat 187.5 (Ber. d. Senckenb. naturf. Ges.) die Zu-
sammengehörigkeit der grünen und rothen Phyllite mit dem Unter-
devon erkannt und die hemikrystallinischen Gesteine einer älteren
Serie zugetheilt, also Ehre, wem solche gebührt.
Bei dieser Gelegenheit will ich Besucher des Taunus auf
den von Koch angeführten Sericitgneiss- Steinbruch in den Roth-
tannen bei Fischbach i. T. aufmerksam machen. Derselbe ist
jetzt stark erweitert, theilweise abgebaut und giebt ein vollkom-
men verschiedenes Schichtenbild als früher. Es ist keine Veran-
lassung mehr anzunehmen, dass die Sericitgneisse das älteste
Glied der hemikrystallinischen Taunusserie sind.
Es schliesst sich an diesen Vortrag eine Discussion, welche
von den Herren Roemer, Beyrich und VON Reinach ge-
führt wird.
Hsrr .j AEKEL, Berlin, berichtete über einige jüngere Cri-
noiden.
Herr Jentzsch, Königsberg i. Fr., sprach über einige
Züge in der Oberflächengestaltung Westpreussens.
Für die Eintheilung und Erklärung der baltischen Höhenzüge
sind wir in Westpreussen noch heute auf das Studium der Ober-
flächengestaltung angewiesen, da die Tektonik des tieferen Kernes
durch eine Diluvialdecke von etwa 100 m mittlerer Mächtigkeit
grösstentheils verhüllt ist. Bereits 1876 veröffentlichte der Vor-
tragende in den Schriften der physikal. - Ökonom. Gesellschaft zu
Königsberg eine Höhenkarte im Maassstabe 1 : 1.850000 mit
farbigen Höhenstufen von 100 Fuss nach den besten damals vor-
handenen Messungen. Nachdem inzwischen die Generalstabskarte
Ost- und Westpreussens vollendet, gelang es dem Verfasser von
dem Herrn Chef der Preussischen Landesaufnahme eine nahezu
vollständige Sammlung photographischer Abzüge der unveröffent-
lichten Messtischblätter beider Provinzen (im Maassstabe 1 : 25000
mit Höhenkurven von 5 m bezw. 15 Duodecimalfuss bezw. I2Y2
Decimalfuss Verticalabstand) für das Königsberger Provinzial-
museum zu erwerben. Nach dieser vorzüglichen Grundlage —
deren geringe Lücken durch die Generalstabskarte, die neuesten
Höhenmessungen und die Tiefenzahlen der Seekarten ergänzt wur-
den — hat derselbe nun gemeinsam mit Herrn Schulamtscandidat
614
Vogel eine neue Höhenkarte Ost- und Westprcussens im Maass
Stabe 1:300000 entworfen, welche von der physikal. - ökonom-
Gesellschaft herausgegeben und durch die Buchhandlung von
W. Koch in Königsberg zu dem sehr massigen Preise von 2 Mark
pro Blatt vertrieben wird. Die kürzlich erschienene Section
Marienwerder-Bromberg und die im farbigen Probedruck vollendete
Section Danzig wurden vorgelegt. Beide an einander grenzende
Blätter umfassen den zwischen 35^' und 37'^ östl. L. liegenden
Haupttheil Westpreussens . von der russischen Grenze bis zur
Ostsee, einschliesslich der angrenzenden Theile Posens und Pom-
merns. Die Höhencurven des Landes, wie die Tiefenlinien der
Ostsee haben je 20 m Verticalabstand und sind die betreffenden
Stufen durch 17 braune bezw. 6 blaue Farbentöne unterschieden.
Ausserdem sind noch zur Charakteristik der Küstengestaltung die
Linien von -j- 10 m und — 10 m durch Strichelung angedeutet.
Die dargestellten Höhen und Tiefen liegen zwischen — 113 m
und + 331 m, ergeben also Höhenunterschiede bis zu 444 m.
Zu der sehr mühsamen Bearbeitung dieser Karten bewog den Vor-
tragenden in erster Linie die Hoffnung, neue bezeichnende Grund-
züge der Landesgestaltung aufzufinden, aus denen sich geologische
Schlüsse ergeben möchten.
In der That offenbarten sich zahlreiche überraschende Be-
ziehungen und Aehnlichkeiten, auf welche Oskar Peschel's Aus-
druck „geographische Homologien", oder genauer „ orographische
Homologien" ohne Weiteres Anwendung finden kann.
Aus der grossen Zahl derartiger Thatsachen, welche an an-
derer Stelle näher beschrieben werden sollen, seien nur einige
wenige hervorgehoben, welche besonderes Interesse verdienen.
In seiner bekannten Abhandlung ..Gletschertheorie oder Drift-
theorie in Norddeutscbland?" (diese Zeitschrift, 1879, p. 1--20)
gründete Herr Berendt die Vermuthung eines ursprünglich von
Nord nach Süd gerichteten Laufes der preussischen Weichsel
hauptsächlich auf die eigenartige Ausbuchtung des jetzigen rechten
Thalrandes bei Culm, welche nur von einem in nord- südlicher
Richtung herabkommenden Gewässer ausgehöhlt kein könne, wie
der Augenschein lehre. Unsere Höhenkarte zeigt nun, dass diese
Gestaltung gar nicht durch Erosion, sondern durch tektonische
Ursachen bedingt ist. da diese auffällige NNW — SSO -Richtung
des Thalrandes genau parallel einem 6 Kilom. östlich verlaufenden,
von Grzywno nach NNW gerichteten, 27 Kilom. langen, bei Culm
mit plötzlicher Westbiegung in's Weichselthal mündenden Thale
liegt. Auch sonst noch tritt die gleiche Richtung in dieser Ge-
gend hervor. Wir haben also dicht südlich der Stadt Culm eine
von zwei parallelen Seiten begrenzte, 6 Kilom. breite, von der
615
allgemeinen Diluvialplatte abgetrennte Scholle, welche, um jeden
auf Hypothesen hindeutenden Ausdruck noch zu vermeiden, vor-
läufig als „Kulmer Platte" bezeichnet werden kann. Ganz
entsprechende Gebilde sind weiter nördlich die Marienwerderer
Platte zwischen Liebe und Weichsel mit NNO — SSW-Richtung
und die NW — SO gerichtete Mewer Platte zwischen Ferse
und Weichsel.
Die Meereshöhe der Thalsande des Weichseithaies steigt im
Allgemeinen von Nord nach Süd, wie dies der jetzigen Abfluss-
richtung der Weichsel entspricht.
Das preussische Weichselthal ersclieint auf der Höhenkarte
als eine durch Erosion umgewandelte Seeenkette. Die Stadt
Graudenz bezeicfuiet den Mittelpunkt des bedeutendsten der ur-
sprünglichen Seeen, aus welchem drei hohe Inseln hervorragten:
die heutige Festung Graudenz, und die Hügel von Kailinken und
Gruppe.
Bereits früher war es bekannt, dass ungemein häufig Seeen
und Solle zu linearen Ketten geordnet sind, von denen oft meh-
rere in geringer Entfernung derart ähnlich verlaufen, dass auf-
fällige Biegungen und Knicke der einen von den mehrere Kilo-
meter entfernten Nachbarlietten wiederholt werden (Jentzsch, das
Profil der Eisenbahn Konitz - Laskowitz . im Jahrbuch d. preuss.
geol. Landesanstalt für 1883. p. 557 ff.). Dieselbe Erscheinung
wird bisweilen auch betreffs des Verlaufs der Horizontalen beob-
achtet, so in der Gegend von Schöneck (Ebenda f. 1885, p. 398),
am grossen Gehlsee im Mohrunger Kreise u. s. f. Hin und wieder
zeigen die Horizontalen statfelförmig vorspringende Stücke mit
z. Th. geradliniger Begrenzung, die man kaum anders denn als
Verwerfungen deuten kann, so östlich von Marienburg und süd-
westlich von Schneidemühl.
Durch Herrn Berendt sind schon früher die „Aufpressun-
gen" an den Thalrändern hervorgehoben worden. Diese haben
sich nunmehr als eine in Westpreussen allgemein verbreitete,
geradezu gesetzmässige Erscheinung gezeigt. Ueberall bezeichnen
Wellen parallel der Thalrichtung den Oberrand der Gehänge. Sie
zeigen sich aber nicht nur, wie man nach Herrn Berendt's
Theorie annehmen sollte, an den 0-W-Thälern, sondern auch an
den N-S-Thälern, z. B. der Weichsel, wo es kaum möglich sein
dürfte, sie auf Eispressungen zurückzuführen.
Aehnliche, doch minder regelmässig gestaltete Wellen be-
gleiten vielfach die Ränder der Seeen. Bei länglichen Seeen
liegt häufig an dem einen Ende des See's ein beherrschender
Hügel, dessen Gestalt bisweilen (z. B. am Burgal-See im Rosen-
berger Kreise) die Umrisse des See's wie ein Spiegelbild wiederholt,
616
In und an länglichen Seeeii ragen oft Inseln und verlandete
Inseln hoch auf. welclie in kilometerlangen, schmalen Rücken die
Längsrichtung des See's genau innehalten. Eines der zahlreichen
Beispiele bietet der grosse Mausch-See. Auch solche — keines-
wegs seltene — Fälle sind durch Erosion nicht zu erklären,
sondern deuten auf tektonische Ursachen.
Bestimmte Richtungen herrschen auf der Diluvialplatte in
der Weise, dass grosse und kleine Wellen innerhalb eines ge-
wissen, mehrere hundert Quadrat-Kilometer umfassenden Gebietes
ganz oder nahezu parallel verlaufen. Diese Richtungen sind indess
in den einzelnen Landestheilen verschieden.
Die höchsten Gipfel (Thurmberg, Kernsdorfer Höhe u. s. w.)
ragen als Horste beträchtlich über ihre weite Umgebung hervor,
und ihre Längsrichtung kelirt in den niedrigeren Wellen der an-
grenzenden Landestheile deutlich ausgesprochen wieder. Kurze,
breite und tiefe Thäler von fast circusartigen Umrissen greifen
bisweilen unvermittelt in die „Horste-' ein, beispielsweise an der
Kernsdorfer Höhe.
Finden sich in der Gestaltung einer Gegend 2 Richtungen
ausgesprochen — der gewöhnliche Fall — so durchdringen sich
dieselben ungefähr rechtwinkelig. Die Folge dieser Regel ist,
dass Thäler oder Seeenketten sich rechtwinklig durchkreuzen,
bisweilen mit merklicher Verschiebung (Verwerfung). Eine weitere
Folge derselben Regel ist es aber auch, dass ein Thal, welches
— sei es schmal und ausgesprochen, oder breit und sanft —
an der Wasserscheide endet, jenseits derselben in der gerad-
linigen Fortsetzung ein gleichgerichtetes Gegenstück findet. Diese
sehr verbreitete Erscheinung scheint dem Vortragenden ganz be-
sonders deutlich für tektonische Gestaltung zu sprechen.
Für die Bestimmung des Alters der angedeuteten Stö-
rungen haben wir folgende Anhaltspunkte: Vordiluviale Schichten
(Kreide und Tertiär) ragen, soweit sie nicht durch Flussläufe
aufgeschlossen sind, mit Vorliebe in Anschwellungen des Ge-
ländes hervor. Dies gilt nicht nur für Ost- und Westpreussen,
sondern (nach mündlicher Mittheilung des Fürsten Gedroitz)
auch im Gouvernement Grodno. Die erzgebirgische Richtung der
Mucronaten - Kreide zwischen Christburg und Pr.-Holland stimmt
vollkommen mit der Hauptrichtung der Oberflächengestaltung jener
Gegend überein. Nahezu saigere Schichtenstellung zeigt die ter-
tiäre Glaukonitbildung von Nenkau bei Danzig. Aehnliche Stel-
lung zeigt auch das Frühglacial der Elbinger Yoldien-Thone, dessen
Streichrichtung gleichfalls mit der Oberflächengestaltung überein-
stimmt. Als meist langgestreckte Durchragungen treten Inter-
617
glacial und andere Uüterdüavialgebilde in Ost- und Westprousson.
sowie nach Herrn Schröder in der ückermarlv auf.
Manche ausgesprochene Thäler zeigen bei der Untersuchung
eine keineswegs ebene, sondern sehr unebene Thalsohle, welche
mit oberem Geschiebemergel ausgekleidet ist. z. B. dasjenige Thal,
welches auf Herrn Berendt's Kärtchen (a. a. 0., p. 14) bei
Neuenburg in die Weichsel mündet, in Wirklichkeit aber erst
einige Kilometer nördlich von Neuenburg beginnt, sodass es vom
Weichselthale getrennt bleibt. Für derartige Thäler bleibt freilich,
neben der Annahme postdiluvialer Einsenkung, auch die andere
Annahme zulässig, dass ein älteres Thal durch oberen Geschiebe-
mergel ausgekleidet, aber nicht ausgefüllt worden ist.
Unzweideutig erscheint endlich das postdiluviale Alter des
As-artig nur 150 — 200 m breiten. 5 Kilom. langen. 19 — 24 m
hohen N-S- Rückens von Königswalde, welcher die Verbreitungs-
grenzen der jüngsten Dilmäalschichten durchquert, ohne dieselben
zu beeinflussen (siehe Blatt Münsterwakle der geologischen
Specialkarte).
Dieser Rücken ist um so bemerkenswerther, als genau pa-
rallel 7 km wesilich, von Wielbrandowo über Grabau und Russek
bis nahe Bobau eine ganz ähnliche Welle von 12 km Länge und
29 m Höhe verläuft.
Die jüngsten bekannten Hebungen zeigen sich in den grossen
0-W-Thälern. Sie scheinen angedeutet zu sein in der jetzt durch
den Bromberger Kanal überwundenen Wasserscheide innerhalb des
alten Weichselthals westlich Bromberg. Weit deutlicher sind die-
selben in jener grossen, breiten und scharf begrenzten Thalrinne,
welche von der Danziger Bucht bei Oxhöft über Rheda, Neu-
stadt, Lauenburg bis zur Pommerschen Küste bei Leba die Nord-
spitze Westpreussens durchschneidet. Von Meer zu Meer, also
von 0 zu 0 m gehend, zeigt dieses Thal in seiner Mitte unweit
Gr.-Boschpohl eine Wasserscheide von 50 m Meereshöhe. Diese
Wasserscheide liegt dort, wo eine bis 200 m aufragende S-N-
Welle von der ost- westlichen Thalrinne durchquert wird.
Für den Strom, welcher diese Thalrinne einst durchflössen
haben muss, fehlt ein östlicher Anfang. Die mehr als 100 m
tiefe Danziger Bucht schneidet das Thal unvermittelt ab. Erst
östlich der Danziger Bucht finden wir ein ganz ähnlich gestaltetes
Thal — das alte über Insterburg und Königsberg verlaufende
Memelthal — für welches bisher die westliche Fortsetzung
fehlt. Denn sein jetziges Ende am frischen Haff unweit Königs-
berg kann nicht sein ursprüngliches Ende gewesen sein, da die
alluvialen, lediglich Süsswasserformen enthaltenden Ausfüllungen
desselben bis 20 m unter den Meeresspiegel hinabreichen. Noch
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 3. 44
618
unmittelbar an der heutigen Ostseeküste ist kürzlich in Pillau
durch eine Bohrung unter oberflächlichen Meeresschichten eine
alluviale, reine Süsswasserfauna bei 30 m Tiefe nachgewiesen
worden. Ein nicht unbeträchtliches Hinabreichen von Süsswasser-
schichten unter den Meeresspiegel ist bekanntlich auch für Mecklen-
burg durch Herrn E. Geinitz erkannt worden, während an der
liv- und ehstländischen Küste gehobene Meeresschicliten auftreten.
Verbinden wir diese Thatsachen im Geiste mit den merkwürdigen
Ancyhis - Schichten , welche Herr F. Schmidt auf Oesel . Herr
MuNTHE auf Gotland und Herr Holm auf Oeland nachwies, so
ergiebt sich ein vielbewegtes Bild der jüngsten Geschichte des
Ostseebecl\ens, welches auch nur in seinen Umrissen zu ent-
werfen, hier zu weit führen würde. Vortragender ist fern davon,
seine eben entwickelten Ansichten als bewiesen zu betrachten;
aber die berichteten Regeln und Homologien sind Thatsachen,
welche er zur Kenntnissnahme und theoretischen Verwerthung den
Fachgenossen mitzutheilen sich verpflichtet fühlte.
Herr Pfafp , Erlangen , machte Mittheilungen über ein
praehistorisches Menschenskelet aus dem fränkischen
Jura.
Auf einer im vergangenen Jahre durch den fränkischen Jura
unternommenen geologischen Excursion, auf der auch den im
Dolomit vorkommenden Höhlen einige Zeit gewidmet wurde, wurde
ich auf eine durch ihre Lage sofort auffallende Höhle aufmerksam,
von deren fast vollständigem ünberührtsein ich mich leicht über-
zeugen konnte. Da nun, wie ich erfahren hatte, schon früher
vor derselben ein Steinbeil sowie verschiedene Knochen gefunden
sein sollten, so beschloss ich, dieselbe genauer zu untersuchen.
Die Höhle befindet sich in der Nähe von Gössweinstein
(Oberfranken) auf dem rechten Wiesentufer, circa 15 m über dem
jetzigen mittleren Jahresspiegel desselben Flusses, an einer circa
60 m hohen Dolomitwand. Sie ist circa 20 m lang, 1,5 — 1,2 m
hoch und 4 — 5 m breit in ihrer jetzigen Beschaifenheit , von da
theilt sie sich in 2 enge, schmale Gänge, die. in die Höhe füh-
rend, bald enden. Vom Eingange bis tief hinein lagen grosse,
von der Decke herabgefallene Platten und Steine, die den Boden
der Höhle vor Berührung schützten. Zuerst wurde nun das Stein-
geröll entfernt, und dann 10 m vom Eingang ein Graben senk-
recht zur Längsrichtung 1 m tief ausgeworfen. Dieser legte nun
ihre Unberührtheit vollständig klar, indem er verschiedene fast
horizontal über einander gelagerte Schichten von Asche, gemischt
mit Kohle und gelbem Thon, freilegte. Da jedoch kaum ein
gutes Stück hier gefunden worden war. so wurde das Weiter-
619
graben an dieser Stelle aufgegeben, dafür aber am Eingänge an-
gefangen. Hier zeigte sich nun zuerst eine braune, aus ver-
faultem Laub und Holz bestehende, ca. 10 cm tiefe Schicht, die
jedoch vollständig frei war von Knochen oder sonstigen Gegen-
ständen. Unter dieser kam nun eine Lage, die fast imr aus
ganz feinem Material bestand, nämlich Asche und kleineren Koh-
lenstückchen und eine grau-braune Farbe hatte. Hierin nun wur-
den verschiedene Knochen und Artefacte gefunden. Was nun die
Knochen betrifft, so waren die meisten so stark zerschlagen, und
ich möclite fast sagen angenagt, sowie angebrannt, dass die Be-
stimmung sehr erschwert, ja manchmal unmöglich dadurch ge-
macht wurde. Die bestimmbaren gehören folgenden Arten an:
Reh, Hirsch, Ur, Bison. Schwein, Biber, Wolf, Bär und Fisch.
Von den Artefacten sind zu erwähnen: mit Stichverzierung ver-
sehene und mit Graphit überzogene Topfscherben, dann von Thon
gebrannte und von Gyps hergestellte, kugelige Gegenstände und
einige viereckige, ebenfalls aus Gyps bestehende Täfelchen. Yon
Feuerstein -Sachen fanden sich verschiedene Splitter, dann das
Rohmaterial in Knollen, das wohl von den benachbarten Höhen
stammte, und eine sehr schön zugeschlagene und einige angefan-
gene Feuersteinspitzen. Doch war dieses Lager im Ganzen nicht
besonders reichhaltig.
Die nun folgende Schicht bestand aus einem Gemisch fein
zerriebener Kohle, Dolomit -Sand und vielen kleineren und grös-
seren Dolomitstücken. Schon durch ihre fast vollständig schwarze
Farbe, mehr aber noch durch die Beimengung jener Steinstücke,
unterschied sich diese Lage auf den ersten Blick von der darüber
lagernden. Nicht minder aber war das durch die verschiedenen
Funde der Fall. War die obere Schicht nicht reich, so fiel
gerade diese durch das massenhafte Auftreten von Feuerstein-
stücken und Knochen anf. Letztere nun stammen meistens von
den schon erwähnten Thieren her. daneben wurden aber zum ersten
Male Renthierknochen gefunden. Was nun die Beschaffenheit der
Knochen anlangt, so war sie fast ebenso wie in der oben liegenden
Schicht, meistens zerschlagen und angebrannt. Unter der grossen
Anzahl von Feuersteinstücken ist nur schwer zu unterscheiden,
was eigentlich Gebrauchsgegenstand war. oder was als Splitter,
das heisst Abfallstück anzusehen ist, da eine feinere Bearbeitung
nicht zu sehen ist. sondern die meisten Funde nur einfache
Schlagstücke sind. Daneben machte sich wieder eine gi'össere
Anzahl von Knollen bemerklich, sodass sich einem der Gedanke
aufdrängt, es wäre hier einmal eine Werkstatt von Waffen ge-
wesen, und nur der unbrauchbare Abfall liegen geblieben. Von
anderen Watt'en-ähnlichen Gegenständen wurden noch verschiedene
620
aus einem sehr harten, schwarzen Gestein gearbeitete Stücke,
darunter ein sehr scliön zugeschlittenes gefunden, sowie ein vier-
eckiges feinkörniges Stück aus Keupersanclstein bestehend, was
wohl als Schleifstein für Knochenwerkzeuge benutzt worden sein
mag. Die Topfscherben, die aus dieser Lage stammen, sind alle
mehr oder minder rohe Stücke, die keinerlei Verzierung zeigen.
Erwähnenswerth ist vielleicht ein Stück, aus dem geschlossen
werden kann, woher die Bewohner jener Höhle ihren Thon nah-
men. Es trägt dieses Stück nämlich ein wohl erhaltenes Stück
eines Stachels des Cidaris coronata eingebacken, der aber in jener
Gegend nur bei Streitberg (ca. 3 Stunden davon) in den Thonen
zwischen den Kalkbänken des mittleren weissen Jura vorkommt.
Von anderen Gegenständen wurden noch verschiedene aus Ren-
thier- und Schwanknochen gearbeitete inesser- und nadelartige
Instrumente ausgegraben, sowie ein Stück rother Farbe, bestehend
aus Eisenoxyd. Diese Lage schloss in einer Tiefe von 80 bis
90 cm ab gegen eine aus gelben Thon gemischt mit grossen
Steinen. So tief waren diese Schicliten auf fast 6 Qu. -Meter
abgehoben worden, und es hatte sich dabei keinerlei Störung
durch späteres Graben bemerkbar gemacht. Die einzelnen Lagen
hatten sich vollständig ohne Unterbrechung über diese Strecke
verfolgen lassen. Es hatte sich also das vollständige Unberührt-
sein bewahrheitet.
Ungefäln" 1 m vom Eingange entfernt stiess man nun bei
weiterem Graben auf grosse, ein längliches Oval einschliessende
Steine. Nachdem vorsichtig die Erde weggeschafft und die
obersten Steine weggehoben waren, wurde, nachdem das sich
dazwischen befindliche Erdreich mit den Händen entfernt war,
ein Knochen gefunden, der sich als zu einem Menschenskelet ge-
hörig auswies. Unterdessen war nun Dunkelheit eingetreten und
so wurde nun beim Kerzenschein mit der grössten Vorsicht weiter
gesucht. Nach längerer Zeit imn war ein fast vollständiges
Menschenskelet aus dem Boden gehoben, und zwar zeigte sich,
dass es eine liegende Stellung eingenommen hatte. Der Kopf
war etwas nach der inneren Höhle, die Füsse nach dem Eingange
zu gerichtet gewesen.
Was nun das Skelet betrifft, so ist dasselbe fast voll-
ständig, Kopf, Wirbel, Arm- und Beinknochen u. s. w. wurden
alle gefunden, nur fehlen die meisten Hand- und die Fussknochen,
welche trotz des eifrigsten Suchens nicht mehr gefunden werden
konnten. Um nun über den Schädel ein Urtheil abzugeben, so
bin ich zu wenig Sachverständiger; bemerkt sei nur noch, dass
der Gesichtswinkel ca. 90 '^ beträgt, und das Alter des Gerippes
621
als das einem sechsjährigen Kinde angehörig betrachtet werden
niuss, da der erste Molar eben durchbricht.
Leider bot das Tiefergraben so viel Schwierigkeiten, sodass
ich davon abstehen musste.
Herr Steinmann überreichte der Gesellschaft die gedruckten
Listen der Theilnehnier an der Versammlung.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
V. w. 0.
H. Rosenbusch. Rinne. Schlippe. Futterer.
622
o
Rechnungs-
der Kasse der Deutschen geologischen
Einnahme.
o;
M/
:cl
^
ö
t:
Bestand de 1888 . .
Einnahme -Reste:
] Beitrag zu 25 Mk.
56 desgl. zu 20 „
An Beiträgen der Mitglieder für 1889:
Laut beilieeender Liste vom 10. 2. 89.
= 910 M.
Davon ab obiger Restbetrag von 25 ,,
bleiben
Besser'sche Bunclüiandlung :
Laut Yerzeichniss vom 16. 5. 89.
= 5949 M. 36 Pf.
Desgl. vom 7. 12. 89. = 984 „ 91 „
zusammen 6934 M. 27 Pf.
Davon ab obiger Restbetrag
von
1120
bleiben
Ausserdem sind direct an die Kasse ge-
zahlt:
] Beitrag zu 25 M. . . = 25 M. — Pf.
32 „ „ 20 „ . . z= 640 „ 40 .,
zusammen
Summa Tit. I.
Vom Verkauf der Schriften:
Vom Verkauf der Zeitschrift durch die
Besser'sche Buchhandlung
Desgl
Summa Tit. 11.
An extraordinären Einnahmen:
An Geschenken: Nichts.
An Vermächtnissen: Nichts.
An Zinsen:
a. von der Deutschen Bank für die De-
pots pro 1. Jan. bis 20. April 1889
b. Von 4proc. consolidirten Anleihe-
scheinen zu 1000 M. pro 1889 . . .
Seitenbetrag
Special- Haupt-
Summe.
Ji. \4\ Ji U
25
1120
885
5814
665
1188
112
27
40
10749
50
98
40
138
55
55
20559 19
623
Abschluss
Gesellschaft für das Jahr
1889.
QJ
Special- Haupt-
'S
Ausgabe.
Summe.
H
O
^
.!{.
^f
M.
_£
Vorschüsse
Ausgabe -Reste:
1. Buchdruckerei von J. F. Starcke,
3. Heft des 40. Bandes der Zeitschrift .
1/2
1075
10
4. Heft desgl. desgl.
3/4
813
25
2. W. Pütz, Zeichnung etc. einer Tafel dazu
Für Herausgabe von Zeitschriften
5
120
—
2008
35
I
und Karten.
1
Für die Zeitschrift:
a. Druck, Papier, Buchbinderarbeit:
1. J. F. Starcke, hier, 1. Heft d. 41. Bandes
820 M. — Pf.
2. Derselbe, 2. Heft desgl. 942 „ 55 „
3. Derselbe, 3. Heft desgl. 893 „ 85 „
6/7
8/9
10/11
4. Derselbe, 4. Heft desgl. 1154 „ 75 „
12/13
3811
15
b. Kupfertafeln, Lithographien etc.:
1. E. Ohmann, Zeichnung u. Lithgraphie
etc. von 2 Tafeln 141 M. — Pf.
14
2. Ders. Desgl. „ 1 „ 72 „ — „
15
"• n » )) '^ )) 14o „ „
16
'*• »5 )) )5 i n ioJ „ „
17
"-'• » >? n ^ »7 "^^ )) )7
18
6. „ „ „ 2 „ 130 „ - „
19
7. W. Pütz „ „ 3 „ 250 „ - „
20
o. „ „ „ d „ ZwO „ „
21
9. „ „ „ 2 „ 150 „ - „
22
10. „ „ „ 5 „ 415 „ — „
23
^'■- n n )) J- n "" » )>
24
12. Eugen Duval Desgl. von
1 Tafel 71 „ 75 „
25
13. Victor Wulff, Zeichnungen 4 „ — „
26
14. „ „ 16 „ - „
27
lo. „ „ 10 „ — „
28
Iß q
29
17 F,
30
18. Edm. Gaillard, Zinkogra-
phien 97 „ 40 „
31
19. Ders. Desgl 200 „ — „
32
20. E. A. Funcke in Leipzig
Desg] 137 „ 15 „
33
Seitenbetrag 2363 „ 30 „
3811
15
2008
35
624
Ueb ertrag
c. Desgl. zu 11000 M. pro April bis
September 1889
Erlös aus dem Verkauf von 4proc. conso-
lidirten Staatsanleihesclieineii :
a. im Betrage von 1000 M.
= 1082 M. 20 Pf.
b. Desgl. von 1200 M. = 1290 „ 70 „
c. Desgl. von 1500 M. = 1620 „ 15 „
d. Desgl. von 2900 M. = 3116 „ 35 „
Summa Tit. III.
Summa der Einnahmen
7/8
9/10
11/12
13/14
138 55
20559
220
358
55
7109
40
7467
95
28027 14
625
Ausgabe.
o —
Special- 1 Haupt
Summe.
Ji. I 4 JC.
Uebertrag 2363 M. 30 Pf.
21. H.Hauschild, Holzschnitte 15 „ — „
22. E. Strassberger in Leip-
Tit. II. für sich.
Zu Anschaffungen für die Bibliothek.
1. H. Wichmann, Buchbinderarbeiten .
2. Ders. Desgl.
"• )) )j
4
Summa Tit. III
Sonstige Ausgaben.
An Bureau- und Verwaltungskosten
1. Dr. Ebert, Honorar für 2 Quartale
„ pro 3. Quartal
Dr. Tenne
pro 4. Quartal
1-
3.
4.
incl
Portoauslagen
8. J. Winter, Honorar für Januar — April
9. R. Wernicke „ „ Mai — December
10. Beyer, desgl. pro 1. April 1889/90.
11. Schneider, desgl. pro 1889/90 . .
Seitenbetrag
34
zig, Zeichnungen . . .
50 „
11
35
23. Adolph Renaud, Lithogra-
phie der Tafel 27 . . .
38 ,.
25 „
36
24. Heinr. Riffarth, 2 Photo -
Chemigraphien ....
10 „
— „
37
25. Berliner Lithographisches
Institut, Druck von 2 Ta-
feln
626 „
75 „
38
26. Dies., desgl. von 3 Tafeln
582 „
25 „
39
^ ' ■ n '5 !? ■^ 11
547 „
)7
40
28. „ „ Autographien
64 „
41
S
umma
Tit. I.
An Kosten für die allgemeine
Ver-
Sammlung.
Schneider, Portoauslagen etc.
42
43
44
45
46
47
48
49
50
51
52
53
54
55
56
57
3811 15
4296
38
67
92
210
100
50
50
150
150
150
174
40
200
75
15
1154
41^
55
2008
35
8107
19
70
45
409
15
10544 65
627
'S
k
■Qß
Special- Haupt-
Ausgabe.
6^
r6
JC.
Sur
nme.
M.
4
Uebertrag
1154
—
10544
65
12. Ed. Rölcke, 1 Palmenarrangement . .
13. „ „ . .
zusammen
58
59
33
12
40
1199
40
2
Porto und Botenlöhne:
1. Prof. Dr. Dames, Portoauslagen
12 M. 50 Pf.
2. Derselbe, Desgl. . . . 12 „ 50 „
3. Dr. Tenne „ ... 32 „ — „
4. Dr. Ebert „ ... 35 „ 87 „
5. J. Winter „ ... 15 „ 62 „
6. Besser'sche Buchhand-
lung, Desgl 408 „ 48 „
7. Beyer, Desgl 13 „ 70 „
8. Ed. Prüfer, Fracht . . 2 „ 15 „
9. „ „ . . 8 „ 40 „
60
61
62
63/67
68
69
70
71
72
541
22
zusammen
3
Ankauf von Staatspapieren:
1. Diskonto-Gesellsch., 4% Consols über
9000 M. = 9680 M. 40 Pf.
2. Dies., desgl. 1000 M. = 1088 „ 10 „
3. Dies., desgl. 3000 M. = 3234 „ 10 „
73/74
75/76
77/78
14002
60
15743
zusanunen
Summa Tit. lY.
22
V
Auf das Jahr 1890 zu übertragender
Kassenbestand
Summa
1739
27
28027
14
Berlin, den 1. August 1890.
Der Schatzmeister
der Deutschen geologischen Gesellschaft.
Dr. LORETZ.
Die der Jahresversammlung der Deutschen geologischen Gesellschaft durch
den HeriTi Schatzmeister vorgelegten Rechnungen des Jahres 1889 haben wir
rechnerisch und nach den Belägen geprüft und richtig gefunden.
Freiburg i./Br., den 12. August 1890.
Eduard Koch. Alfred Jentzsch.
Druck von J. F. Starcke in Berlin.
Zeitschrift
der
Deutschen geologischen Gesellschaft.
4. Heft (October, November, December) 1890.
A. Aufsätze.
1. Beiträge zur Kenntiiiss der fossilen
Arachniden.
Von Herrn Erich Haase in Königsberg i. Pr.
Hierzu Tafel XXX u. XXXI.
1. Die „Afithraconiarti*^.
Nachdem bereits 1834 in Cyclophthalmus (= Microlahis)
CoRDA eine zu den Scorpiones gehörige Arachniden -Form der
Steinkohlenformation entdeckt worden, wurde die erste Vertre-
terin der übrigen Ordnungen der Arthrogastren erst 1868 von
G. H. ScuDDER^) unter dem Namen Architarhus rotundatus be-
schrieben.
ScuDDER erkannte sofort die Aehnlichkeit der fossilen Form
mit den „ Phalangiiden " und Phryniden, die sich besonders
in der „Anordnung der Beine" zeigte und hob den „breiten An-
satz des Thorax an das Abdomen" als einen an die „Phalan-
giiden" erinnernden Charakter hervor, während er zugleich „die
scharfe Umgrenzung, Grösse und Segmentzahl des Hinterleibes
und die Wölbung der Mitte der Grundsegmente desselben" als
Zeichen näherer Verwandtschaft mit den Phryniden anführte.
Bald darauf erkannte H. Woodward ^j eine schon 1837 von
Buckland in dem „ Bridge wat er Treatise" unter der Bezeichnung
*) G. H. Scudder. Suppl. to the Descript. of Articulates etc.
(Rep. Geol. Survey Illinois, III, 1868), p. 568.
^) H. Woodward. On the discovery of a new and very perfect
Arachnide from the Ironstone of the Dudley Coal-Field (Geol. Maga-
zine, VIII, 1871), p. 385—388, t. IX.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLU. 4. 42
,v^
630
„CurcuUoides Prestvidi"' als Rüsselkäfer gedeutete Arthropoden-
Form der Steinkohle als arthrogastres Arachnid und stellte sie
als Eophrymis Prestvicii zu den Cherneten (Psetidoscorpiones).
Im nächsten Jahre beschrieb H. Woodward ^) aus der Kohle
von Lancashire eine neue Arthrogastren - Form . welche er —
nach ihrer anscheinenden Aehnlichkeit mit Scudder's Art — der
Gattung Architarhus einreihte und A. suhovalis nannte.
Ers 12 Jahre später wurde eine weitere Arthrogastren-Form
von ausgezeichneter Erhaltung und bedeutender Grösse in der
Steinkohle von Zwickau entdeckt, welche H. B. Geinttz^) als
Kreischeria Wiedei ebenfalls zu den Cherneten und zwar näher
zu Architarhus stellte.
Im selben Jahrgange derselben Zeitschrift beschrieb auch
F. Karsch^) eine neue Arthrogastren-Form als Anthracmnartus
Voelkelianus und versuchte zugleich, eine systematische Uebersicht
der bekannten Steinkohlen -Arachniden zu geben.
So schloss er Kreischeria von den Pseudoscorpionen beson-
ders wegen ihrer „immensen Körpergrösse" aus und stellte sie
zu den Opilionen in die Familie der Troguliden. — Für Archi-
tarhus, Antliracomartus und Eophrymis glaubte er dagegen eine
neue Ordnung arthrogastrer Spinnen aufstellen zu müssen, welche
er nach seiner neuen Form Anthracomarti benannte. Zwar
unterschied er dieselbe „durch die von oben her sichtbaren Pal-
pen und Kieferfühler " von der Familie der Troguliden, doch
lässt sich seine Diagnose sowohl auf die Ordnung der Opiliones
als auch auf die der Chernetes anwenden, da sie kein diese aus-
schliessendes Merkmal enthält.
Seine Anthracomarti theilte Karsch in die zwei Familien
der Architarh(o)idae und der Eophryn(o)idae, von denen
nur erstere eine gleiche Zahl der Dorsal- und Ventralplatten des
Hinterleibes und ein glattes Integument besitzen sollte und aus
den Gattungen Architarhus und Anthracomartus bestand.
In der umfassenden Zusammenstellung der paläozoischen
Arachniden, welche Scudder zwei Jahre später gab^), bezeichnete
^) H. Woodward, On a new Arachnide from the Coal-Measures
of Lancashire (Geol. Mag., IX, 1872), p. 385—387, t. IX.
^) H. B. Geinitz. KreiscJieria Wiedei, ein fossiler Pseudoskorpion
aus der Steinkohlenformation von Zwickau (diese Zeitschr., XXXIV,
1882), p. 288 — 242, t XIV.
^) F. Karsch. Ueber ein neues Spinnenthier aus der schlesi-
schen Steinkohle und die Arachniden der Steinkohlenformation über-
haupt (diese Zeitschr., 1882), p. 556—561, t. XXI.
*) G. H. Scudder. A Contribution to our knowledge of Palaeo-
zoic Arachnida (Proceed. Amei*. Ac. Arts and Sciences, XX, Boston
1885), p. 13 — 23.
631
Dieser zwar Karsch's Definitionen etwas scharf als „botb insuf-
ficient and to some extent based on altogether subordinate cha-
racteristics", fasste aber doch alle aus der Kohle bekannten
Arachniden mit Ausnahme der bereits früher zu den echten Spin-
nen gestellten Gattungen Protolycosa Römer und Palaranea
Fritsch, weiter der als zu den Peclipalpi (i. sp. Tlielypho-
nidae) gehörig erkannten Gattung Geralinura und endlich der
echten Scorpione. in eine Ordnung zusammen, die er zwar
ebenfalls „Anthracomarti Karsch" benannte, zu der er aber im
Gegensatz zu Karsch auch die Kreischeria stellte^).
Auch ScuDDER lässt etwaige Beziehungen seiner „Ordnung"
zu den Chernetes und Opiliones unberührt.
Die AntJiracODiafHi Scudd. zerfallen in 5 Familien,
welche hauptsächlich durch den Körperumriss, die Einlenkung der
Beine und die Zahl der Hinterleibsringe sich unterscheiden:
1. Arthrolycosidae Harger mit Arihrolycosa Karger und
Rakovnicia Kusta ^) ;
2. Poliocheridae Scudd. mit PoUochera Scudd. ;
3. Architarhoidae Karsch mit Geraphrynus Scudd., Archi-
tarhus Scudd. und Anthraconiartus Karsch;
4. Eophrynoidae (Scudder nee Karsch!) mit Kreischeria
und Eophrynus.
Endlich führte J. Kusta ^) in seiner Uebersichtstabelle der
Rakonitzer carbon - permischen Fauna als zur Ordnung der An-
thracomarti Karsch gehörig die Familie der Arthrolycosidae
Harger mit llakovnicia und den drei neu aufgestellten, später
zu behandelnden Gattungen Eolycosa, Geralycosa und Scudderia,
und die Familie der Archifarbidae Karsch mit den Arten
von Anthracomartus und einer neuen Form, Eoiarhus litoralis,
auf, welche ebenfalls unten besprochen werden soll.
Der grösseren Sicherheit der Resultate wegen wollen wir mit
der Beurtheilung derjenigen P'ormen beginnen, von denen uns
bisher allein die bisher gegebene Diagnose vorliegt, um zu denen
überzugehen, von welchen auch Abbildungen cxistiren und mit
denen zu schliessen. welche wir selbst untersuchen konnten.
Scudder's PoliocJieridae (1. c, p. 16) werden von ihm
gekennzeichnet durch den viereckigen Cephalothorax, das wahr-
*") Dasselbe System der Arachniden übernahm Scudder auch für
Zittel's „Paläozoologie", II, 1885, p. 734 — 737.
*) Vergl. J. Kusta. Neue Arachniden aus der Steinkohlenforma-
tion von Rakonitz (Sitzb. d. k. böhm. Ges. d. Wiss., Prag 1884 [1885]),
p. 400, fig. 3.
ä) Ebendaselbst, 1888 (1889), p. 207.
42*
632
scheinliche (apparent) Ausstrahlen der Hüften von einer „Mittel-
linie" und die gerundete Form des aus vier Segmenten beste-
henden Hinterleibes.
Schon diese geringe Zahl der Abdominalringe dürfte darauf
hinweisen, dass wir in Poliochera eine stark durch Reduction
modificirte Form der Arthrogastren zu erblicken haben. — In
der That findet sich nun auch bei einer recenten Gattung der
Troguliden, Cryptostemma Guerin, ein ähnlicher Körperumriss,
eine Längsfurche auf dem Cephalothorax und anscheinend vier
Hinterleibssegmente, von denen ebenfalls wie bei Poliochera das
basale nur ein Drittel der Länge der übrigen erreicht. Auch ist
die „very indistinct or no" Längssculptur des Hinterleibes von
Poliochera mit den „deux inipressions obliques ä la base de
chaque segment " von Cryptostemma Wesfefmanni Guer. aus
Guinea^) vergleichbar. Schliesslich beträgt, um auch das nach
meiner Ansicht für die Bestimmung von Verwandtschafts - Bezie-
hungen epimorpher Arthropoden ziemlich nebensächliche Criterium
der Körperlänge heranzuziehen, dieselbe bei der Cryptosiemma-
Art 10 mm und bei Poliochera punctnlata Scudd. 15 mm. So-
mit dürften wir nach der blossen Diagnose Scudder's Poliochera
zu den Troguliden stellen.
Die von Scuddek zu der Familie der Archiiarhidae gestellte
Gattung Gevaphrynus (1. c. , p. 16) hat ebenfalls von einer
Mittellinie ausstrahlende Hüften, dagegen ein spindelförmiges, aus
„neun" Segmenten bestehendes, an der Basis nicht eingeschnürtes,
am Ende gerundetes Abdomen. Leider hat Scudder nicht er-
wähnt, ob die „large triangulär post-thoracic plate, crowding the
middle of the first five short segments out of a straight trans-
verse line" der Bauch- oder Rückenseite angehört, doch lässt
die entschiedene Angabe über die Insertion der Hüften annehmen,
dass die Yentralseite des Abdruckes vorliegt.
Dann entspricht die „ postthoracic plate", welche die 5
nächsten kurzen Segmente in der Mitte zusammendrängt, der stark
vorgewölbten, bei geschlechtsreifen Thieren am mächtigsten ent-
wickelten Genitaldeckplatte des zweiten Abdominalsegments der
Phryniden (vergl. Taf. XXX, Fig. 1 gen. u. 2, E). Zwar besteht
das Abdomen auch bei Phrynus (Taranhda) aus 12 Segmenten,
doch sind dieselben erst bei genauerer Untersuchung erkennbar
und hätte auch Geraphrymis, wenn unsere Deutung der „post-
thoracic plate " richtig ist , mindestens zehn Hinterleibsringe
besessen.
') Vergl. Walckenaer et Gervais. Hist. nat. Ins. Apteres, Paris
1844, III, p. 131, t 39, f. 4.
633
Weiter spricht die Angabe Scudder's über das mediane
Zurückweichen der hinter dieser grossen Platte liegenden kurzen
Segmente für die Zugehörigkeit von Geraphrt/nus zu den Pedi-
2)alpi. Denn auch bei Thelyphoniden und Phryniden springt
die rückwärts gerichtete Vorwülbung der Genitaldeckplatte gegen
die Mitte der beiden folgenden schmalen Ventralschienen vor.
Diese schmalen Platten gehören dem III. und IV. Abdominal-
segment an und tragen an ihrem Vorderrande die Lungen-
stigraata.
Auch „das Ausstrahlen der Hüften von einer Mittellinie"
spricht nicht gegen die Zugehörigkeit zu den Pedipalpen, da
sich bei den Thelyphoniden ebenfalls diese ursprünglichere
Anordnung der Beine erhalten hat. während sie schon bei den
Phryniden in die strahlige, um eine centrale Sternalplatte grup-
pirte Insertion übergeht.
Die Kiefertaster (maxillary palps, patte-mächoires) von Ge-
rnpkrijmis carhonarius, sind „slender than the legs, longer than
the cephalothorax and of uniform size throughout", was ebenfalls
auf Pedipalpen-artige Formen hinweist. Ebenso lässt das an-
scheinend sitzende, hinten abgerundete Abdomen auf die Ver-
wandtschaft mit Pltrynus schliessen, welche auch im Gattungs-
namen ausgesprochen ist.
Um nun zu denjenigen Formen der Anthracamarti Scudd.
überzugehen, von denen wir schon eine bildliche Darstellung be-
sitzen, so zeichnet sich vorerst Arthrolycosa Harger durch den
runden, das Abdomen an Breite übertreffenden Cephalothorax, das
Ausstrahlen der Hüften von einer Mittelgrube und das schmälere
ovale, aus 7 Segmenten bestehende anhangslose Abdomen aus,
dem jede „Längssculptur" ^) fehlt. Nach Scudder's Prüfung
(1. c, p. 15) der im Yale College Museum befindlichen Type enden
die Taster nicht scheerenförmig, wie Harger es angegeben.
Gestützt auf die Resultate einer neuerdings unternommenen
Freilegung der Type vermochte auch Ch. E. Beecher^) die Anga-
ben Scudder's über die Tasterform zu bestätigen. Seine weiteren
Feststellungen, welche sich auf die Anordnung der Augen, die
Gliederung und Pachtung der Mandibeln, den Besatz der Rücken-
platten des 7gliedrigen Abdomens mit Knötchen beziehen, machen
es sehr wahrscheinlich, dass engere Verwandtschaftsbeziehungen
zwischen Arthrolycosa und Protolycosa und ebenfalls der recenten
') Damit sind die später zu besprechenden Dorsopleuralnähte
gemeint.
*) Americ. Journ. of Science (3 S.), Vol. XXXVIII, p. 219 — 228
(nach Bertkau Ber. für 1889, p. 27).
634
Gattung Liplnstia (nach Bertkau, Beriebt für 1889, p. 27)
bestehen.
Hierher gehört wohl auch die von J. Kusta ^) entdeckte Qe-
ralycosa Friciif deren Cepbalothoraxdecke durch die strahligen
Intercoxaleindrücke und die centrale kleine Sternalplatte deutlich
an Theraphosiden erinnert und deren Abdomen, obwohl nur
6 Segmente erhalten sind, wohl aus mindestens 7 Ringen bestand.
Die von Kusta für generische Abtrennungen benutzte Verschie-
denheit des Grössenverhältnisses von Cephalothorax und Abdomen
dürfte oft nur ein sexuelles Merkmal sein.
Die Gattung Mcikowiicia mit der auf ein unvollkommen
erhaltenes Stück gegründeten R. antiqua wurde von J. Kusta ur-
sprünglich wegen der anscheinend scheerenförmigen Taster als
Pseudoscorpion angesprochen^), später jedoch von Scudder
und endlich auch von Kusta ^) selbst zu den Arthrolycosiden
gestellt.
In der That zeigt aber EaJcovnicia manches typische Merk-
mal der Chernetiden, auch wenn man von der zweifelhaften
Scherenform der Taster absieht.
So ist die Cepbalothoraxdecke breit und flach, überall mit
grob eingestochenen Punkten bedeckt und es fehlen ihr die für
die Araneae so charakteristisclien strahligen Intercoxaleindrücke.
Weiter las st sich von dem Hinterrande der Cepbalothorax-
decke auf der Abbildung (1. c, tig. KI), die sehr genau zu
sein scheint, eine schmale Quernaht erkennen, welche bei Cher-
neten häufig vorkommt. Ebenso lässt sich die feine Punktirung
der stark chitinisirten , gewölbten Rückenplatten des lang eiför-
migen Hinterleibes, die an ihrem Vorderrande deutliche Vorschilde
(praescuta) zu besitzen scheinen, nur bei Cherneten wiederfinden.
Auch die Gliedemng des einen besser erhaltenen Beines ent-
spricht der von Pseudoscorpionen, denn man erkennt auch
an ihm einen kurzen Trochanter, anscheinend auch die Andeu-
tung eines Trochantinus am Femur, eine entwickelte Gelenkver-
bindung am Ende des Oberschenkels und eine Zweitheilung des
Tarsus. So scheint die Patella zu fehlen, wie es Simon*) als
charakteristisch für die Cherneten angiebt.
Die Arthrolycosiden würden sich von den Liphistiidae,
die wohl die ursprüngliche Familie der recenten Tefrasfictoe
(Tetraimeumones) darstellen, durch die vollständige durchlaufende
') Vergl. Sitzungsber. d. k. böhm. Ges. d. Wiss., Prag 1888 (1889),
203, fig. 1.
') Vergl. ebenda 1884 (1885), p. 403.
ä) Vergl. ebenda 1888 (1889), p. 199.
*) E. Simon. Les Arachnides de France, VII, Paris 1879, p. 7.
635
Gliederung des Hinterleibes unterscheiden, doch ist dazu noch
nothwendig, dass letztere bei Ärthrolycosa und Geralycosa auch
auf der Bauchseite nachgewiesen wird, auf der sie bei den Tetra-
sticten schon zurücktritt.
Denn nach der Abbildung Schiödte's^) besitzt die recente
Lipldstia desuUor (vergl. Taf. XXX, Fig. 11) zwar noch neun
Rücken-, aber nur mehr zwei entwickelte Bauchplatten, welche vor
den Lungenstigmen liegen und dem II. und III. ^) Abdominalseg-
ment angehören dürften. Diese Bauchplatten lassen sich auch
noch bei Vertretern der Vogelspinnen (Avicularia) erkennen, bei
denen die Rückenplatten verschwunden sind. Somit bedarf
Karsch's Angabe (1. c, p. 559), dass das Abdomen der Araneae
bauchwärts ungegliedert ist, der Einschränkung.
Leider ist uns von der interessanten Protolycosa anthraco-
pliila F. Römers^) kein die Ventralseite zeigendes Exemplar be-
kannt. Somit empfiehlt es sich vorläufig, diese Gattung, statt
sie mit Thorell zu den recenten Liphistiiden zu stellen, denen
sie allerdings in der Behaarung und Form der Beine gleicht,
von denen sie sich aber besonders durch die Kürze des zweiten
Gliedes der Kieferfühler und die Abdominalstacheln nach Tho-
rell^) unterscheidet, zum Typus einer besonderen Familie der
Tetrasiictae, der Protolycosidae, zu erheben.
Die erst nach Scudder's Arbeit beschriebene JEolycosd Lo-
vetizi KusTA aus dem Schleifsteinschiefer von Rakonitz möchte
ich dagegen eher für eine Liphistiide halten. Zwar giebt Kusta
an, dass das Kopfbruststück deutliche Querfurchen zeigt und dass
das Abdomen blos auf der Bauchseite sechs Glieder besitzt, doch
glaube ich, dass er die Stellung der Beine irrthümlich aufgefasst
hat, da sich diese bei todten Spinnen meist dorsalwärts über den
Rücken zusammenschlagen. Somit entspricht wohl die „Gliede-
rung des Cephalothorax" den Hüften der übrigens deutlich an
Liphistia erinnernden Beine, sind die Platten dem Rücken zuzu-
sprechen und findet auch die Richtung der Cheliceren ihre Er-
klärung. Wahrscheinlicli zeigt Eolycosa noch nähere Beziehungen
*) J. C. ScHiÖDTE. Om an afvigende Slaegt of Spindlemes Ornen
(Naturhist. Tidsskrift II, 2, Kopenhagen 1846—49), p. 623, t. V, f. 6.
"') Diese Bezeichnung der Abdominalsegmente mit römischen Zif-
fern bedeutet ihre morphologische Zugehörigkeit.
*) F. RÖMER. Protolycosa anthracophila etc. (Neues Jahrb. f. Min.
etc., 1866, p. 136—143), t. III.
*) Vergl. V. Zittel's Paläozoologie, 1. c, p. 742.
*) J. Kusta. Neue fossile Arthropoden aus dem Noeggerathien-
Schiefer von Rakonitz (Sitzunpsber. d. k. böhm. Ges. d. Wisp., Prag
1885 [1886]), p. 592—593.
636
zur Gattung Palaranea, die sich nach Scudder^) von Protoly-
cosa durch das Fehlen der Hinterleibsstachehi entfernt und da-
durch Lipliistia nähert, mit der sie sich in eine Familie ver-
einigen Hesse.
Vielleicht schliesst sich auch die von Kusta zu den Arthroly-
cosiden gerechnete Seudderia earhonaria enger an die Li-
phistiiden an. Wie schon ihr Autor angiebt^), ist die viereckige
Form des Cephalothorax wahrscheinlich eine Folge ungünstiger
Lage und Erhaltung. Da sich an einer Seite 7 Beine erkennen
lassen, deren Gliederung und Form durchaus an Eolycosa erin-
nert, gehören 3 Beinpaare der anderen Körperseite an und sind
die auf dem Cephalothorax angegebenen drei Querstreifen somit
nicht, wie bei der auf der Seite liegenden Eolycosa Lorenzi, auf
Reste der freien Coxae selbst, sondern auf Vertiefungen zwischen
den auf die Oberseite durchtretenden Hüften zurückzuführen, so-
weit man nach der Abbildung schliessen darf. Dann würde das
Thier die Oberseite zeigen, die in schiefer Richtung flach zusam-
mengepresst wäre und es entspi'ächen die 6 nicht durchgehenden
Abdominalsegmentgrenzen den Rückenplatten, die 2 anscheinend
durchgehenden den Bauchplatten.
Immerhin bleibt aber der breite Ansatz des Abdomens an
die Kopf brüst eine Eigenthümlichkeit, welche der Stellung von
Seudderia bei den Araneae zu widersprechen scheint, vielleicht
aber durch eine erneute Prüfung des Abdruckes ihre Erklärung
finden dürfte.
Von der am längsten bekannten Gattung der Anthraco-
marti ScvDV., Ai^chitarbiis Scudd., besitzen wir Abbildungen
zweier Arten, die des A. rotimdatus Scudd., welche nach der
Wiedergabe in Zittel's Paläozoologie, p. 736 auch von uns in
Taf. XXX, Fig. 1 copirt wurde, und die von A. subovalis Westw.
Wenn Geraphrynus, der sich nach Scudder von ArcJntarhus
durch den vorgezogenen und eckigen Cephalothorax unterscheidet,
in dem einzigen vorhandenen Stücke wahrscheinlich die Ventral-
ansicht darbietet, lässt sich dies von der Abbildung des A. rotun-
datus mit Bestimmtheit behaupten.
Dieselbe zeigt nämlich vier Paare um eine centrale Sternal-
platte strahlenförmig angeordneter Hüften und zwischen den ersten
Paaren noch an einer Seite ein Anhangsrudiment, welches dem
Reste eines hinter den Kiefertastern gelegenen sogen, „ersten
Beinpaares" entspricht. Denn auch bei den recenten Phryniden
*) In V. Zittel's „Paläozoologie", II, p. 742.
2) Vergl. Sitsungsb. d. k. böhm. Ges. d. Wiss., Prag 1888 (1
p. 204 u. fig. 2.
637
wird dies Anhangspaar durch die mäolitige Entwicklung der Coxae
der Taster gegen die Rückcnfläche gedrängt. Somit geliöreu die
acht erkennbaren Hüften (vergl. Taf. XXX, Fig. 1 u. 2) von Archi-
farhus, denen des 2. und des 4. bis 6. Anhangspaares, d. i. den
Kiefertastern und dem 2. bis 4. Beinpaare an.
Die hinter den Hüften gelegene dreieckige Platte bei Archi-
tarhiis dürfte der Sternalplatte zwischen den Hüften des letzten
Beinpaares entsprechen, welche bei Thelyplwmis noch an erwach-
senen Stücken scharf abgeschieden, bei Phrynus wenigstens an
jüngeren Stücken durch entsprechende Furchen am Hinterrande
der Sternalplatte angedeutet ist.
Weiter würde ebenfalls die erste Bauchplatte verkümmert
sein und so wäre die „large postthoracic plate", welche Scudder
(1. c. , p. 17) offenbar mit Unrecht als ,, Rückenplatte " anspricht,
als Genitaldeckplatte (H) zu betrachten.
Dann lassen sich auch bei Arclntarhus hinter der Genital-
deckplatte zwei in der Mitte durch das Vorspringen der letzteren
stark eingeengte, schmale Bauchplatten als denen homolog erken-
nen, an deren Vorderrande bei Phrynus die Lungenstigmen liegen.
So erhalten wir bei Arckitarhus 11 deutliche Abdominal-
segmente, an deren Hinterende, ein wenig ventralwärts, in einem
besonderen Endsegment der After auftritt.
Die sich bis zum Endsegment fein am Rande hinziehende
schmale Falte (Taf. XXX, Fig. 1 , pl) dürfte der ventralen Ausbrei-
tung der weichhäutigen Pleuren, die innere Furche dagegen ihrer
dorsalen Grenze entsprechen und letztere somit zugleich die Aus-
dehnung der Rückenplatten des Hinterleibes bezeichnen.
Somit erkennen wir in Arrhi'frtrhus rohindaius eine Arthro-
gastren-Form, die in manchen Beziehungen in der Mitte zwischen
den recenten Unterordnungen der Pedipalpen steht (Sternum),
und sicher dieser Ordnung beizurechnen ist, in der sie vorläufig
die Familie der Architarhidae vertreten dürfte, deren Unter-
schiede von den Phryniden auch eine genauere Untersuchung der
Afterpartie festzustellen hat.
Einer anderen Gattung und wohl auch Ordnung als A. rohm-
äatus gehört dagegen der von H. Woodward beschriebene Arcki-
tarhus suhovalis an. Nach der anscheinend etwas schematisirten,
in unserer Fig. 3, Taf. XXX wiedergegebenen Darstellung Wood-
ward's dürfte das Exemplar auf dem Bauche liegen und lässt
sich der breite, den Cephalothorax umgebende Saum, welcher an-
scheinend zwei Beinrudimente von den zu ihnen gehörigen Hüften
trennt, nur als Dorsaldecke auffassen, die so zart war, dass sie
die Ventralfläche durchtreten Hess. Wie die breite, vorn gerun-
dete Form der Cephalothoracaldecke , erinnert auch die grosse
638
eckige Centrosternalplatte an Phynus, doch gruppiren sich um
letztere nicht 4, sondern 5 Anhangspaare, deren schmales vor-
derstes wohl als Cheliceren zu deuten ist. Die vier Hüftpaare
entsprechen mit Berücksichtigung der einseitig erhaltenen Bein-
reste wohl den vier Beinpaaren. So wäre denn das erste Bein-
paar wieder in das Niveau der übrigen herabgedrückt, wie wir
es bei allen Arachniden mit Ausnahme der erwachsenen Thely-
phoniden und Phr3'niden finden, dagegen am Foetus auch der
beiden letzteren wiederfinden.
Auch in Zahl und Form der Hinterleibssegmente weicht
Wood ward's Form von Scudder's Ärchitarhus ab.
Das vorderste Segment ist bei Ä. suhovalis viel schmäler
und springt nicht nach hinten vor; so sind auch die folgenden
Bauchplatten in der Mitte des Vorderrandes nicht eingeengt, son-
dern treten sämmtlich in flachem Bogen vor.
Wegen der eigenthümlichen , die erste Bauchplatte durch-
setzenden schiefen Längsfurchen, welche die Begrenzung eines
weiten Canals anzudeuten scheinen, darf man dies Segment für
das Genitalsegment (H) ansehen. Auf dasselbe folgen 5 schmale,
regelmässige Bauchplatten, und diesen schliessen sich drei grös-
sere Schilde an, welche durchaus denen mancher Opiliones glei-
chen, und der letzte derselben trägt ebenfalls etwas ventral die
kleine, von den Dorsalplatten überwallte Afteröffnung. Somit
lassen sich 10 Abdominalsegmente nachweisen, also weniger als
bei den Pedipalpen und mehr als bei irgend einer Form der
Opilionen.
Um noch die auffälligen, nach aussen concaven, vom Körper-
ende bis zum Vn. Abdominalsegment verlaufenden, erhabenen
Leisten („raised lines'^) zu erwähnen, so entsprechen dieselben
wohl tieferen Furchen der Rückenseite, welche vielleicht die Grenze
der Dorsal- und Pleuralplatten anzeigen uud den später zu erwäh-
nenden Dorsopleuralnähten von Kreischeria etc. homolog sind.
Somit dürfte die Gattung Phalangiotarbiis n. , welche
wir für Ä. suhovalis aufstellen und durch ihre Körperform ge-
kennzeichnet glauben, den Typus einer besonderen Unterordnung
bilden, welche anscheinend zwischen den Ordnungen der Pedipalpi
und der Opiliones steht, aber besser letzteren zugetheilt wird.
Erinnert Phalangiotarbus an erstere Ordnung durch den
Umriss und die anscheinend unausgesprochene Gliederung der
Cephalothoracaldecke, durch das fast wie bei den Phryniden ent-
wickelte centrale Sternum und die verhältnissmässig hohe Zahl
der Abdominalringe, so nähert sie sich den Opilionen durch
die Form der Bauchplatten und des Genitalsegments, dessen
Oeffnung schon relativ höher gegen den Mund gerückt ist als bei
639
den Pedipalpen, durch die Lage des Afters und vor Allem durch
die sich bei diesen wiederfindende Einlenkungsart der Beine, wäh-
rend die Dorsopleuralnähte an Formen wie Kreischeria etc. den-
ken lassen, deren nächste Verwandte wir ebenfalls unter den
Opüiones zu suchen haben.
Vielleicht gehört der sehr unvollkommen erhaltene Arach-
nlden - Rest von 4 mm Länge, welchen Kusta ^) als Eotavhus
litovalis bezeichnete und zu den Archifarbidae stellte, in die
Nähe der Phalangiotarhidae. Wenigstens spricht die gleichmässig
schmale Ausbildung der ersten 5 Hinterleibssegmente gegen die
von KusTA betonte Verwandtschaft mit Pedipalpen (Geraphrynus
i. sp.). Vielmehr erinnert Eotarhus durch die schmalen 5 vor-
deren und breiten 4 hinteren Abdominalringe mehr an Phalan-
gioiarhiis.
Von dem typischen Vertreter der Gattung JEoxjhryniiSf
welche bei Karsch allein, bei Scudder zusammen mit der von
Karsch zu den Troguliden gestellten Kreischeria die Familie der
Eophryn(o)idae bildet, von E. Prestvicii Buckl. , besitzen wir
durch Woodw'ard Abbildungen eines ausgezeichnet erhaltenen
Stückes, welche uns die sichere Ober- und Unterseite eines
Lidividuums zeigen.
Leider lässt die glatte Darstellung anscheinend etwas an
Genauigkeit zu wünschen übrig, was um so bedauerlicher ist, als
gerade dieses Stück den denkbar besten Aufschluss über die
Stellung der Gattung geben dürfte. So bin in nicht im Stande,
die Zahl der Rückenplatten des Abdomens mit Sicherheit zu
erkennen. Zwar erwähnt Woodward ihrer neun, doch ohne sie
auf der Abbildung, auf der anscheinend zehn derselben darge-
stellt sind, zu bezeichnen. Die Grenzen zwischen den Pleuren
und den Rückenplatten sind nicht angegeben, und auch die Form
des Hinterrandes der Dorsalplatten dürfte ungenau wiederge-
geben sein.
Auf der Mitte des Cephalothorax liegen am Hinterrande
2 paarige und davor 2 unpaare Platten hinter einander, während
die seitlich von diesen Dorsalplatten gelegenen Pleuren stark ent-
wickelt und ebenfalls segmental in Schilde umgewandelt sind,
welche den Epimeren entsprechen und deren sich jederseits drei
besonders scharf abheben.
Die hinter dieser Thoraxpartie gelegene, deutlich abgesetzte,
vorn noch durch eine quere Einsenkung begrenzte Platte rechne
ich ebenfalls zum Cephalothorax. Dieselbe entspricht durchaus
1) Vergl. Sitzungsber. d. k. böhm. Ges. d. AViss., Prag 1888 (1889),
p. 204, Fig. 3.
640
der Hinterrandsplatte des Cephalothorax am Embryo der Pha-
langiiden, welche von Balbiani^) als Rückenplatte (da) des vor-
letzten Beinpaares angesehen wurde. Dieselbe ist aber eher als
verschmolzene Decke der zwei letzten embryonalen Thoracal-
segmente anzusehen, während Balbiani's „d4'' im Gegeutheil die
erste Abdominalplatte darstellt, welche der „zweiten Dorsalplatte "
Tulk's entspricht. Am Hinterleibe zählt man nach dieser Auf-
fassung an der Figur von E. Prestvicii 9 Dorsalplatten, doch
möchte ich glauben, dass deren in der That nur 8 vorhanden
sind und dass die vier auch an der Oberseite dargestellten Rand-
spitzen den Pleuren der beiden letzten dieser Segmente ange-
hören.
Die Bauchseite scheint genauer wiedergegeben zu sein. Man
erkennt an ihr, dass die Hüften des 2. bis 6. Anhangspaares in
einer Ebene schwach strahlig um eine centrale Vertiefung grup-
pirt sind, in der sich kein Sternum unterscheiden lässt. Das letzte
Hüftpaar ist auffallend stark abgeflacht und verbreitert und
schmiegt sich innig an das Abdomen an, das mit seiner vor-
dersten Bauchplatte, welche dem HI. Abdominalsegment angehören
dürfte, stumpf zwischen die Hüften vorspringt und wohl die Stig-
mata enthielt, während die Genitalöfl'nung am Vorderrande des
Vorsprungs lag.
Die IV. bis VHI. Bauchplatte trägt jederseits eine flache,
mediane Vertiefung, welche von Woodward zu „about six pairs
of stomata or tracheae" gerechnet wird und jederseits mit den
übrigen eine etwas nach aussen convexe Reihe bildet. Ich möchte
diese Eindrücke lieber für Muskelansatzpunkte halten, wie sie bei
den Pedipalpen und Pseudoscorpionen in ähnlicher Lage und
Grösse an der V. bis VIH. Bauchplatte auftreten. Solche Ansatz-
punkte sind auch bei den Opiliones seit Treviranus besonders
an den ersten Bauchplatten bekannt und wurden als „falsche
Stigmata" bezeichnet.
Somit fänden wir an der Bauchseite von Eopliryniis acht
Hinterleibssegmente, deren zwei letzte sich in den Pleuren zu
den erwähnten Hinterrandsspitzen ausziehen. Der After selbst
liegt dann in einem besonderen neunten, rein ventralen Segment^).
Von den Anhängen scheinen die Cheliceren klein und un-
entwickelt, die Kiefertaster dagegen lang beinförmig und zugleich
kräftig ausgebildet gewesen zu sein. Sie ragen frei hervor, sind
^) Balbiani. Memoire sur le developpement des Phalangides.
(Ann. Sc. Nat., XVI, 1872, art. 1, t. 1, f. 6.
*) Eine nochmalige Untersuchung hat herauszustellen, ob dieses
Endsegment nicht noch ein besonderes Afterstück trägt, das den After
umschliesst und auf der Zeichnung angedeutet erscheint.
641
fast so stark als die Beine und entsprechen vielleicht in ihrer
Form den Tastern der Phalangiiden. — An den Beinen lässt
sich feststellen, dass kein Trochautinus, aber eine kräftige Pa-
tella entwickelt ist, wie bei den meisten Opiliones. Auch die
Verbreiterung der letzten Hüften scheint nur bei den Opiliones, be-
sonders aber bei den Mecostheti E. S. (Laniatores Thor.) vorzu-
kommen, bei welchen auch der Quereindruck über der Basis sich
wiederfindet, welchen die Darstellung von Eophrynus zeigt (vergl.
Fig. 10, Taf. XXX).
Ebenso lässt sich der eigenthümliche Besatz der Rückenseite
mit Körnchenreichen nur mit der bei Opi Honen weiter verbrei-
teten Sculptur vergleichen, und finden auch die am 7. und 8.
Abdominalsegnient aufsitzenden Integumentaldornen und der Zerfall
des Cephalothorax in einzelne Platten sich nur in dieser Ordnung
der receuten Arachniden wieder (vergl. Fig. 7, Taf. XXX).
Dagegen fehlen den recenten Formen meist die deutlichen
Epimeren am Cephalothorax, die nach Simon allerdings bei Ischy-
rop)S^'lis noch „affectent la forme d'etroites lanieres effilees en
arriere"^). während sie am Embryo von Phalangium noch deut-
Uch sind. Ebenso sind bei den recenten Formen die Cheliceren
und die Beine meist stärker verlängert.
So müssen wir immerhin den Eophrynus zu den Opiliones
rechnen , mit denen er die Ausbildung der Anhänge , die Gliede-
rung des Cephalothorax und die ungefähre Zahl der Hinterleibs-
ringe gemeinsam hat.
Sicher haben sich die Opiliones schon in früher Zeit in
mehrere Familien gespalten, denn Vertreter der echten Phalan-
giiden treten uns schon in Hasseltides primigenius^) im oberen
Jura Solnhofens entgegen.
Einen wichtigen Beitrag zur richtigen Deutung von Eophry-
nus Prestvicii liefert die treffliche Darstellung Stur's^) von
seinem Eophrynus Salmi, einer Form, von welcher ich durch die
Güte des Herrn Autors einen ausgezeichneten Abdruck erhielt.
Die Cephalothoraxdecke des die Rückenseite zeigenden Thieres
gleicht der von E. Prestvicii bis in die Einzelheiten der Platten-
bildung und Sculptur hinein.
Wie schon Stur feststellte, besteht der Hinterleib aus acht
1) E. Simon, 1. c, Bd. VII, p. 117.
^) M. Weyenbergh. Sur les Ins. fossiles etc. Mus. Teyler,
Harlem 1869, p. 7, f. 1. — Derselbe. Notes s. quelques Ins. du Calc.
jurass. etc., Harlem 1878, p. 1 — 3.
*) D. Stur. Die Culmflora der Ostrauer und Waldenburger
Schichten. Abhandl. d. k. k. geolog. Reichsanstalt, VIII, 2, Wien
3877, p. V.
642
Segmenten, die sich besonders an ihren Rückenplatten durcli die
an die Sculptur von E. Prestvicii erinnernden vier Reihen grober
Granulationen unterscheiden lassen.
Wie Stur weiter angiebt, finden sich anscheinend am un-
teren Rande auch vier Dornen, von deren innerem Paar jederseits
ein vertieft gebogener linearer Eindruck bis zu den zwei tiefsten
Höckern der inneren beiden Höckerreihen verläuft, sodass das
achte Segment in drei Felder getheilt wird. Diese Furchen,
welche wir an der Darstellung des E. Prestvicii vermissten,
trennen die Dorsalplatten von den ebenfalls segmentirten Pleuren
ab und lassen uns dadurch die nahe Verwandtschaft von E. Sturi
mit der Kreischeria erkennen, welche schon Scudder heraus-
gefühlt hatte.
Der Abdruck einer noch unbeschriebenen Art von Eophrynus,
welchen ich ebenfalls der Güte des Herrn Hofrath Prof. D. Stur
verdanke, vermittelt einen Uebergang von E. Prestvicii zu E. Salmi.
So zeigt er eine nur undeutliche Ausbildung der Pleuralnaht,
welche ebenfalls an der Hinterecke der Pleuren des 8. Abdomi-
nalsegments beginnt, und lässt somit die beginnende Verschmel-
zung der Pleuren mit den Rückenplatten erkennen.
Somit ist auch bei E. Prestvicii die Grenze zwischen Dorsal-
und Pleuralplatten am Aussenrande der inneren paarigen Tuber-
kelreihe zu suchen und finden wir von E. Salmi zu E. Prestvicii
eine allmähliche Zunahme der Erhärtung der Pleuren und ihrer
Verschmelzung mit den Hauptplatten.
Am Hinterrande des Cephalothorax liegt die hintere Deck-
platte, welche ebenfalls mit zwei Höckern der inneren paarigen
Reihe besetzt ist und am Vorderrande sich in einen breiten Rand-
wulst verdickt, welcher vom vorderen grösseren Theil durch eine
schmale Vertiefung geschieden ist. Am Hinterrande des letzteren
lassen sich zwei scharfe, durch eine schmale Furche getrennte
Querleisten erkennen, wie sie sich ebenfalls entsprechend bei re-
centen Phalangiiden wiederfinden lassen.
Schon durch das Fehlen der zierlichen, durch die regel-
mässige Anordnmig der Tuberkeln entstehenden Sculptur der
Rückenmitte unterscheidet sich von Eophrynus die Gattung Kvei-
sclieria.
Von der einzigen Art derselben, Kr. Wiedei Gein., verdan-
ken wir der Geschicklichkeit J. Deichmüller' s eine vortreffliche
Darstellung des günstig erhaltenen Abdruckes, den ich in Dresden
durch die Güte des Herrn Prof. H. Geinitz damit vergleichen
durfte. Ich gebe in Fig. 6, Taf. XXX eine halb schematische Dar-
stellung der Oberseite der interessanten Form, welche aus den
Abbildungen derselben combinirt und nur theilweise ergänzt ist,
643
Die Gliederung der Cephalothoraxdecke erinnert durchaus an
Eophri/nus. Wie dort finden sich ähnlich angeordnete mediane
Dorsalplatten, deren vorletzte durch eine tiefe Mittelgrube getheilt
ist, und lassen sich jederseits vier Epimeralplatten erkennen, denn
auch der von Geinitz als D bezeichnete, durch eine tiefe Quer-
furche abgetheilte hinterste Abschnitt gehört, wie schon Geinitz
erkannte, dem Cephalothorax an und entspricht, wie oben ge-
zeigt, der hintersten Platte der Cephalothoracaldecke der Opi-
lionen.
Hinter dem Thorax liegen wie bei Eoplirynus acht mediane
Rückenplatten, die nur ^5 der Gesammtbreite des Rückens ein-
nehmen und an ihrem Aussenrande, im 4. und 5. Segment aber
noch innen, je einen grösseren Höcker tragen, sodass auch hier
vier Tuberkelreihen angelegt sind.
An diese Rückenplatten schliesst sich seitlich je ein nach
hinten zu allmählich breiter werdendes Randstück an, das den
Pleuren angehört, auf welche sich die Segmentfurchen durch-
gehend fortsetzten und so Halbschienen abschnitten, die durch
stärkere Chitinisirung zu Randplatten erhärteten.
Die Pleuren des 7. und 8. Abdominalsegments sind, eher
dorsal als ventral, wie bei Eophrynus am Hinterwinkel in ge-
zackte Fortsätze ausgezogen . wie der Gegendruck (fig. 2 bei
Geinitz) zeigt, während die letzte Rückenplatte am Hinterrande
stumpf abgeschnitten erscheint.
Durch einen glücklichen Zufall bei der Spaltung zeigt das
Original auch die Innenfläche der Bauchplatten zum Theil er-
halten. Dieselben sind wenig breiter als die Rückenplatten, neh-
men wie diese nach hinten an Grösse ab und lassen am hin-
tersten Ende eine kleine rundliche Platte erkennen, welche dem
Afterstück entspricht und uns gestattet, auch die Bauchseite
des Hinterleibes zu construiren. Dieselbe zeigt 7 stark chitini-
sirte Bauchplatten, welche in ihrer Lagerung besonders an Siro-
niden (vergl. Fig. 5, Taf. XXX) erinnern, jedoch wie bei Phalan-
giotarhus auch am zweiten Bauchsegment breit entwickelt sind,
wie das bei den recenten Opiliones nicht mehr vorkommt. Die
Ausbildung der Pleuralplatten nimmt mit der Verschmälerung der
Bauchplatten von vorn nach hinten zu und ist somit am achten
Segment am stärksten entwickelt. Hier stossen sie seitlich an
das Afterstück, auf welches sich offenbar noch die Hinterrands-
Verbindungshaut der 8. Dorsalplatte herunter neigt, um es von
hinten zu begrenzen.
So haben wir auch hier eine besonders an die Cherneten
erinnernde Lage des Afterstückes, wie sie sich unter den recenten
644
OpiUones nur bei den Sironiden erhalten hat (vergl. Fig. 4
u. 5, Taf. XXX).
Wie die meisten OpiUones scheint auch Kreischeria nur
zwei Ocellen zu besitzen, welche jederseits eines schmalen, nasen-
artigen Vorsprunges nahe dem Vorderrande des Cephalothorax
liegen.
Der auf Deichmüller' s tig. 1 von Kreischeria erkennbare,
ebenfalls körnige Plattenrest am Vorderrande des Cephalothorax
gehört offenbar den Pleuren des letzteren an und entspricht wohl
dem auf Fig. 7 , Taf. XXX vor dem Augenschilde liegenden
Randsaum.
Besonders auffallende Uebereinstimmung zeigt KreiscJieria
in vielen Punkten mit der recenten Gattung Trogulus, wie Karsch
1. c, p. 559 bereits treffend hervorgehoben hat.
In der That weichen die Troguli den (vergl. beistehende
Figur), von denen ich durch die Güte des Herrn Prof. Stein-
Cephalothoracaldecke.
I. Abdominalsegment.
Dorsalpleuren.
1. Beinpaar (Femur).
2. Beinpaar (Trochanter).
Mittelfurche d. Cephalothoracaldecke.
3. Beinpaar (Trochanter).
3. Beinpaar (Trochantiniis).
4. Beinpaar (Trochanter).
Dorsaler Mittelkiel.
Seitenpleuren.
4. Beinpaar (Femur).
VI. Al)dominal.«egment.
Trogulus lyyaeiformis (L.Koch, 3mal vergr.)
DACHNER und C. KÖLBL in Wien den grossen Trogulus lygaei-
formis C. L. Koch aus Griechenland untersuchen durfte, von Krei-
scheria nur gradweise ab, sodass sie davon abgeleitet werden
können.
So finden sich auch noch bei Trogulus, wenngleich verwischt
und undeutlich, die Epimeralstücke und Deckenfurchen am Ce-
phalothorax erhalten, welche bei Kreischeria so stark entwickelt
sind; ebenso treten an den Dorsalplatten noch schwache, undeut-
lich gegliederte Dorsalpleuren auf, die sich nach unten an die
den Körper umschliessenden Seitenpleuren anschmiegen. Jedoch
sind die Segmentgrenzen des Hinterleides schon so verwischt,
dass die 5 ersten Rückenplatten einen Dorsalschild darzustellen
scheinen, dessen Segmente nur mehr durch schwache Wülste an-
gedeutet sind. Während noch die VI. Rückenplatte gut ent-
645
wickelt ist. sind dagegen die VIT. und VITI. schmal ringförmig
geworden und aul' die Bauchseite gerückt, während sie gerade
bei den Anthracomartiden eine kräftige Ausbildung zeigen.
An dem Vorderende des Kopfes ist bei Krcisdieria ebenfalls,
wie bei Trogulus, eine Art Stirnschild entwickelt, von dem spä-
tere Funde noch festzustellen haben, ob es Taster und Cheli-
ceren frei Hess oder wie bei Trogulus kapuzenartig überwölbte.
Grössere Unterschiede zeigt dagegen die Unterseite beider For-
men, welche bei Krcischeria 7 deutliche Bauchplatten erkennen
lässt, die zum IL bis VIII. Segment gehören und den After in
einem rundlichen Aftersegment zeigt, wie bei den Sironiden, wäh-
rend dagegen bei Trogulus die Bauchplatte des II. Segments
ganz schmal und nur die 5 folgenden des IIL bis VII. Segments
stark entwickelt und deutlich sind. Ebenso wenig stimmt die
Lagerung des Afters bei beiden Formen überein, denn derselbe
ist bei Trogulus von 4 Platten umgeben, während er bei den
Anthracomartiden wie bei den Sironiden ^) in einem einfach ring-
förmigen Segmente liegt.
Die von Karsch und Scudder zu den Architarhidae ge-
stellte Gattung Aiithracomartiis wurde auf Abdrücke von Ä-
Voelkelianus aus Schatzlarer Schichten von Neurode in Schlesien
gegründet, deren zwei bei Karsch von Generalmajor Quedenfeldt
trefflich abgebildete Typen sich in der Sammlung der königl. geo-
logischen Landesanstalt befinden und mir durch gütige Verwen-
dung des Herrn Prof. Dames in Berlin zugängig gemacht wurden.
Nach Karsch (1. c. p. 557) stellt seine fig. 1 die Bauch-
und fig. 2 die Rückenseite dar.
Wie schon der erste Eindruck der Typen wahrscheinlich
macht, ergaben Positiv- und Negativausgüsse der über den Origi-
nalen geformten Stanniol -Matrize, dass das Original von Karsch' s
fig. 1 ein Hautrelief der Rückseite, das von Fig. 2 ein solches
der Bauchseite darstellt. Somit kann ich, da Scudder nach
seinen Definitionen zweier neuer Arten anscheinend ebenfalls nur
Rückenansichten vor sich gehabt hat, seine Angabe: „coxae ra-
diating from a broad triangulär sternal plate, the base of which
forms the posterior margin '•• nur darauf zurückführen, dass er
mit Karsch die Dorsalfläche für die ventrale angesehen hat.
Der Cephalothorax des Originals von Karsch's fig. 1, wel-
ches ich in Fig. 9, Taf. XXX noch einmal vergrössert darstelle,
^) Sicher werden wir noch recente Formen entdecken, welche die
Kluft, die das System zwischen Sironiden und Troguliden lässt, aus-
füllen, denn es sind diese beiden Familien der Opiliones zu nahe mit
einander verwandt, als dass man sie in verschiedene Unterordnungen
stellen dürfte.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 4. 43
646
zeigt am Vorderrande einen nasenartigen Vorsprung, welcher an
den die Augen trennenden Grat von Tlielifphomis und Kreischeria
erinnert, doch habe icli keine Ocellen finden können. Auf der
Fläche erkennt man nur unregelmässige, wohl durch Druck ent-
standene Einknickungen . aber am Hinterrande hebt sich, vorn
wie bei Kreisclieria von einer flachen Einsenkung begrenzt, eine
schärfer umschriebene, hintere Thoracalplatte hervor, die von
Karsch offenbar als erste Abdominalplatte angesprochen wurde,
hinter der aber erst der Hinterleib beginnt.
So ist es auch die erste Rückenplatte, welche vorn stark
über das Niveau der übrigen vorspringt, am Hinterrande dagegen
gerundet erweitert ist, und von Karscfi als zweite Rückenplatte
angesprochen wurde, wie seine Artdiagnose (p. 561) ergiebt.
Hinter diesem Abdominalsegment finden sich noch sieben weitere,
während Karsch und nach ihm Scudder deren nur im Ganzen
so viel angeben.
Schon vom zweiten Segment an beginnt die zunehmende
Ausdehnung der Pleuren, welche von der Consistenz der Rücken-
platten und ebenfalls durch die Segmentfurchen abgegliedert sind.
Die Nähte, welche Pleural- und Dorsalplatten trennen, entsprechen
somit in ihrem Verlauf durchaus den bei Palaeophrymis und
Kreischeria nachgewiesenen Furchen und verlaufen auch hier in
geschwungener Linie bis zum Körperende.
Die letzte (VHI.) Rückenplatte- setzt sich durch ihre distale
Verbindungshaut spangenförmig in allmählicher, unbedeutender Zu-
spitzung auf die Bauchseite fort, um hier die hintere Grenze des
Afterstückes zu bilden^) (vergl. Fig. 8, Taf. XXX).
Entgegen Karsch's Angabe, dass das Integument von An-
thracomartus „glatt" sei, welche zur späteren Aufstelhmg des
mit A. Voelkelianus wohl zusammenfallenden A. minor und des
wohl davon verschiedenen A. Krejcii führte, muss ich noch
hervorheben . dass die Haut besonders der Rückenseite , mit
schon dem unbewaffneten Auge erkennbaren Körnclungen bedeckt
ist. Dieselben liegen meist zerstreut, bilden aber am Hinter-
rande der „Vorschildchen" und Schilde eine regelmässige Reihe,
gehen auch überall auf die Pleuren über und sind an dem Ge-
gendruck zum Original von Karsch's fig. 1 , welcher sich im
Dresdener mineralogischen Museum befindet, ebenso als Gruben
zu erkennen, wie die Dorsopleuralfurchen als erhabene Leisten
auftreten.
^) Es empfiehlt sich, um solche schwierigeren Verhältnisse bei
Arthropoden etc. zu erkennen, Bauch- und Rückenseite auf durchsich-
tiges Papier zu zeichnen, die beiden Seiten genau über einander zu
legen und bei durchfallendem Licht zu vergleichen.
647
Somit steht auch Anthracomartus durch die Abschnürung
des hinteren Cephalothoraxschildes, die Zahl der Hinterleibsseg-
mente, die Begrenzung der Deckplatten, die Lage des Afters den
Gattungen Kreisclieria und Eophrynus so nahe, dass wir ihn mit
letzteren zu einer Unterordnung vereinigen müssen, für die wir den
Namen AntJirncotnaHi nob. aufstellen. Ihre Stellung dürfte
dieselbe wohl zweifellos in der Ordnung der Opilioncs finden,
wohin sie schon die Zahl der Hinterleibssegmente und die Glie-
derung des Cephalothorax weist, die sie sonst nur noch mit den
mindestens 1 1 Segmente besitzenden Cherneten gemein hat.
Somit dürfen wir wohl die Anthracomarti hinter die Pha-
langiotarbi und nahe an den Anfang der Entwicklungsreihe der
Opiliones setzen, deren Urform sie näher stehen dürften, als
selbst die Sironiden.
Denn während bei den Anthracomarti die Pleuren und der
Dorsalschild des Cephalothorax noch deutliche Spuren der em-
bryonalen Gliederung aufweisen, während die Rücken-, Bauch- und
Weichenplatten noch scharf abgegrenzt und von fester Consistenz
sind, wird bei den Sironiden die Zerlegung des Cephalothorax
schon verwischt. Ebenso lassen sich, eine Folge der vermehrten
Weiche des Integuments, keine scharfen Grenzen der Bauch- und
Rückenplatten gegen einander, vor Allem aber keine Segmentirung
der Pleuren mehr erkennen (vergl. Fig. 5, Taf. XXX), wie sie
noch bei den Cherneten und in höchster Ausbildung wieder bei
Kreischeria etc. auftritt.
Aber gerade diese Unterschiede von den Sironiden, den
Zerfall der Cephalothoracaldecke, die scharfe Abtrennung der
Pleuren von der letzteren, die Lage der Ocellen, die eigenthüm-
liche Skulptur des Integuments haben die Anthracomarti noch
mit einer anderen Abtheilung der Opilionen. den Mccostheti E. S.
(Laniatores Thor.) gemein, von denen einige Formen eine so
grosse Aehnlichkeit mit Eophrynus zeigen (vergl. Fig. 7 und 8,
Taf. XXX), dass sie auf engere Verwandtschaft hindeuten dürfte.
Somit spricht Alles dafür, dass wir die „Anthracomarti''' als
eine Unterordnung der Opiliones Snd. anzusehen haben.
Sie enthält aber zugleich drei so verschiedenartige Gruppen,
dass wir diese (s. u.) besser als Familien abgliedern, von denen
die Kreischeriiden den Troguliden, die Anthracomartiden den Siro-
niden, die Eophryniden den Opiliones mecostheti (= Laniatores)
am nächsten stehen dürften.
43*
648
2. Uebersicht des Systems der Arachniden der Steinkohlen-
formation.
Ordnung I. Scorpioaes Thor.
Cheliceren kurz, dreigliedrig, Kiefertaster kräftig und lang,
beide scheerenförmig endigend. Augen zahlreich. Cephalothorax nur
oberflächlich von Furchen durchzogen, ohne Nähte. Hüften der
ersten zwei Beinpaare zu einer Kaulade umgewandelt. Eine
hintere Sternalplatte. Hinterleib aus 12 Segmenten bestehend,
deren letzte 5 schwanzartig verjüngt sind. Hinter dem After
dorsal der zum Telson gehörende Giftstachel. Hinter der I. Bauch-
platte die unpaare Genitalöffnung, an der H. die Kämme, auf der
ni. bis VI. die paarigen Stigmen.
1. Unterordnung: Ayithracoscorpii^) Thor, mit der Familie
der Eoscorpionidae Scudd. und den ünterfamilien der Eoscor-
pionini und Oydophfhalmi.
Ordnung II. Pedipalpi Latr.
Cheliceren zweigliedrig, mit nach unten einschlagbarer Klaue;
Kiefertaster mit mächtig entwickelten Hüften. Cephalothoracal-
decke meist solid, nur bei den recenten Scliisonotus und Tri-
peltis eine hintere Platte abgetheilt. Mehrere einzelne oder eine
grössere centrale Sternalplatte. Erstes Beinpaar mehr oder we-
niger dorsal exserirt und stark verlängert. Patella ausgebildet.
Abdomen etwas gestielt, aus 10 — 12 Segmenten gebildet, deren
letzte ca. 3 meist plötzlich stark verjüngt sind. Pleuren nur in
Längsfalten gelegt, nicht segmentirt. Hinter dem After ein zum
Telson gehöriger Anhang.
1. Unterordnung: Uropygi Thor.-). Mit gegliedertem
Schwanzfaden.
1. Familie Thelyphonidae: Sternum stets zwischen den
letzten Beinhüften entwickelt. Genitaldeckplatte gegen die schmalen
folgenden Bauchplatten in der Mitte stark vorspringend. Schwanz-
faden vielringelig.
Geralinura (? Thelyphomis) carhonaria Scudd. ^) und G.
bohemica, G. ?noctua, G. crassa, G. Sciidderi Kusta.
^) Wegen der Definition der Anthracoscorpii mit ihren Familien und
Unterfamilien darf ich wohl auf die Diagnosen Scudder's (ZrrTEL's
„Paläozoologie", II, p. 738—740) selbst verweisen.
') T. Thorell. Descrizione di alcuni Aracnidi infer. Archipel.
Malese. Mus. Civico Genova, 1842, p. 35.
*) ScuDDER giebt zwar an, dass der Cephalothorax wie bei den
Tartariden in zwei Abschnitte getheilt sei, deren hinterer schmaler
649
2. Unterordnung: Amhlijpygi Thor. Mit kurzem, unge-
gliedertem oder verkümmertem Scliwanzanhange.
1. Familie Architarhidae nob. Mit entwickelter Sternal-
platte zwischen dem letzten Hüftenpaar. Ärchitarhus mit zwei
verengten Baucliplatten (lU. und IV.); Ä. rotunclatus Scudd.
Hierher: Geraphrynus Scudd. mit 5 in der Mitte verschmä-
lerten Bauchplatten (HI. bis VII). G. carhonariiis Scudd.
III. Ordnimg: Chemetes E. S.
Die zweigliedrigen Cheliceren und Taster^) mit Scheeren,
welche an die der Scorpione erinnern; keine, 2 oder 4 rückge-
bildete Ocellen an den Seiten des Cephalothorax. Letzterer oft
durch zwei Querfurchen zerlegt; Sternum höchstens zwischen dem
letzten Hüftpaar entwickelt (Garypus). Hüften sonst in der Mittel-
linie zusamraenstossend, kaum strahlig angeordnet, in keiner Be-
ziehung zu der Nahrungsaufnahme stehend. Paarige Genital-
öffnungen hinter der zweiton Bauchplatte; Stigmen vor den Pleu-
ren des III. und IV. Hinterleibssegments. Beine ohne Patella.
Abdomen sitzend, aus 10 bis 11 hinten recht regelmässigen
Segmenten zusammengesetzt, deren letztes auf der Bauchseite das
quere rundliche Afterstück umschliesst. After von einem Ringe
umgeben. Pleuren oft segmentirt.
1. ?Racovnicia anfiqtia Kusta.
IV. Ordnung: Opiliones Snd.
Cheliceren scheerenförmig; Kiefertaster beinförmig, 6 -glie-
derig. Mundöffnung mehr oder weniger nach hinten zurücktre-
tend. An der Cephalothoraxdecke meist eine schmale Hinterrand-
platte, seltener Epimeralstücke abgetrennt. Meist zwei Augen.
Hüften der Taster schwächer, die der Beinpaare gleichmässig ent-
wickelt, die ersten zwei Paare oft mit Kauladen. Sternum meist
rückgebildet. Abdomen breit sitzend und undeutlich abgetrennt,
wie bei den Cherneten , aus 8 bis 10 Segmenten bestehend.
das letzte Beinpaar trage. Eine Zählung der Hinterleibssegmente der
trefflichen Abbildung des Thehjphomts hohemicus bei Kusta (Sitzungsb.
d. kgl. böhm. Ges. d. Wiss. ,'Prag 1884 [1885]) lässt aber erkennen,
dass Zahl und Form der Segmente, wie Kusta p. 189 mit Recht her-
vorhebt, durchaus den betreffenden Segmenten des Tltelyphwius ent-
sprechen, flass also das schmale, von Scudder zum Cephalothorax ge-
rechnete Segment der ersten Rückenplatte entspricht und das letzte Bein-
paar vor ihr eingelenkt ist, wie die besser erhaltene eine Seite zeigt.
') Hiervon ausgenommen ist nur die von Thorell zu den Cher-
neten gerechnete recente Gattung GihhoceUnm, für welche er die Unter-
ordnung der Ha;plocholonethi aufstellt.
650
Genital Öffnung gegen den Mund hinaufgerückt, nianclmial mit
einem Deckel. Meist zwei Stigmen hinter den letzten Hüften.
Patella kräftig. Afterstück entwickelt oder verkümmert.
1. Unterordnung: Plialangiotarhi n. Mit 10 Hinter-
leibssegmenten und centraler Sternalplatte. Genitalötfnung hinter
den letzten Hüften. After am distalen Körperpol.
1. Familie: Phalangioturhidae n. Beine ohne Kauladen.
Dahin die Gattung Phalangiotarhiis n. mit Ph. (A.) subovalis
Westw.
Hierher vielleicht auch Eotarhus litoralis Küsta.
2. Unterordnung: Anihracomarti woh. Integument kräftig,
uneben. Abdomen breiter als der Cephalothorax, sitzend, mehr
oder weniger flach gedrückt. Cephalothoracaldecke mit segment-
artig abgetrennter Hinterrandplatte. Hüften auch oben über den
Cephalothorax hervortretend. Acht Hinterleibssegmente mit stark
entwickelten, den ganzen Hinterleib umziehenden Pleuren.
1. Familie: Anthracomartidae s. str. Cephalothoracal-
decke in ihrem grossen Vordertheil nicht in Platten zerfallen,
einheitlich. EpimeraljDlatten undeutlich. Taster frei hervorragend,
beinartig. Dorsopleuralnäthe deutlich.
Hierher Anthraconinrtus Karsch mit fein gekörntem Inte-
gument ohne Abdominalwarzen und Pleuralzacken.
Die zahlreichen, durch Skulptur und Grössenverhältnisse un-
terschiedenen Formen von Anthracomartus dürften nur einigen
wenigen Arten angehören. Die älteste derselben ist A. (Archi-
tarhus) dlesincus Rom. ^) , deren Type ich durch die Güte des
Herrn Geh. Rath Prof. Ferd. Römer in Breslau zur Unter-
suchung erhielt.
Das Stück zeigt die Bauchseite und lässt das Afterstück deut-
lich innerhalb der Ventral- und Dorsopleuralplatten des VHI. Seg-
ments hervortreten; auf der HI. Bauchplatte dürften die Respi-
rationsöffnungen angedeutet sein. Die Hüften sind kaum etwas
strahlig angeordnet, berühren sich fast in der Mittellinie und
erinnern somit an Woodward' s Figur der Unterseite von
Eophrynus.
Von den zu dieser Gattung gerechneten Arten gehört wohl
A. afßnis Kusta einer besonderen Gattung der Anthracomartiden
^) F. RÖMER. Auffinden und Vorlegung eines neuen GHederthieres
in dem Steinkohlengebirge der Ferdinandsgrube bei Glatz. 56. Jah-
resber. d. schles. Ges., Breslau 1878 (1879), p. 54 — 55.
^) Vergl. Sitzungsber. d. k. böhm. Ges. d. Wiss., Prag 1885 (1886),
p. 399, f. IL
651
an, die sich von AnfJiracoivarfus durch die an Chernetiden erin-
nernde Form des Halsschildes und der Rückenskulptur und durch
das Fehlen der Dorsopleuralnähte unterscheidet.
Noch weniger gehört zu Anthracomarfus der Ä. carhonis
Scudder's '), welcher auf einen Arthropodenrest aus der Stein-
kohle von Mons gegründet ist, den H. Woodward ^) ursprünglich
Brachypyge carhonis genannt und als Hinterleib eines kurzschwän-
zigen Dekapoden angesprochen hatte, was auch v. Zittel proble-
matisch erschien.
Es dürfte aber doch Woodward's Deutung der von Scudder
vorzuziehen sein, trotzdem die Aehnlichkeit der Braehypyge mit
Anthracomartiden schon von H B. Geinitz*) hervorgehoben wurde.
Auch wenn man das bei Woodward mit a bezeichnete Stück
als zum Cephalothorax gehörig ansehen würde, erhielte man nur
6 Segmente, während sich deren 8 bei Anthracomarten finden.
Vielmehr aber dürfte der als I bezeichnete Theil. wie Westwood
richtig annimmt, dem ersten Segment des Hinterleibes entsprechen,
wobei a die vordere Gelenkfläche darstellte. Dann folgten 6
Ringe mit entwickelten Dorsal- und Ventralplatten und ebenfalls
segmental abgesetzten Pleuren, und an diese schlösse sich endlich
das Aftersegment an, das an der Basis den länglichen, an den
der Macruren erinnernden After trägt, und in den Pleuren hinten
in vier Felder zerlegt ist.
Leider kenne ich keine recente Krabbenforra, derren Hinter-
leib dem von Brachypyge gleicht. Am meisten Aehnlichkeit finde
ich vielmehr unter dem nur geringen mir zur Verfügung stehenden
Material noch mit Lithoäcs Latr., einer Gattung der Anomuren,
sodass ich Brachypyge letzterwähnter Unterordnung der Dekapoden
einzureihen vorschlage.
2. Familie: KreischervUlae s. str. Kopf vorn mit einem
Stirnschild, das die Kiefertaster vielleicht noch frei Hess.
Dahin die Gattung Krcisclteria Gein. mit in mehrere Schilde
zerlegter Prothoracaldecke mit deutlich abgetrennten Epimeren
und Pleuralzacken am 7. und 8. Hinterleibssegment. Rücken mit
2 bis 4 Tuberkelreihen. Dorsopleuralnaht deutlich; einzige Art:
Kr. Wiedei Gein.
3. Familie: Eophrynidac s. str. Cephalothoraxdecke in
Platten zerlegt und Epimeren deutlich wie bei Kreischeria. Kopf
') Comptes rendus d. 1. Soc. Entomol. de Belgique, XXIX, 1885,
p. 84 — 85.
') Woodward. Remains of Fossil Grab in Goal - measures etc.
Geol. Magazine, New Ser., Dec. II, Vol. V, 1878, p. 438—436, t. XI.
^) „Paläozoologie", II, p. 701.
*) Vergl. diese Zeitschiift, XXXIV, 1882, p. 241.
652
vorn ohne Stirnschikl ; Kieferfühler und Kiefertaster frei, erstere
kurz, letztere lang beinförmig. Mit undeutlichen oder verschwun-
denen Dorsopleuralnähten. Beine ohne Trochantinus.
Dahin Eoplirynus Woodw.. Mit 5 dorsalen Tuberkelreihen
und 4 Pleuralzacken.
Hierher E. Prestvicü Buckl. , E. Salmi und E. n. sp. (im
Besitz des Herrn Prof. Stur).
3. Unterordnung: Plagiosthethi Simon. Hüften schief
eingelenkt. Zweites Abdominalsegment bis zu dem ersten Bein-
paar verlängert. Sternum sehr kurz, verborgen. Genitalötfnung
nahe dem Munde. Epimeren schwach entwickelt. Abdominai-
pleuren undeutlich. Höchstens 8 Hinterleibssegmente.
1. Familie: Trognlidae Snd. Cephalothoracalschild mit
den ersten Rückenplatten verschmolzen. Cheliceren und oft auch
Kiefertaster von einer kappenartigen Vorragung verdeckt. Meist nur
die letzten Hinterleibsringe deutlich abgesetzt. Beine massig lang.
Hierher \ielleicht ?Polioclicra Scudd.
IV. Ordnung : Araneae Snd.
Cephalothoracalschild ungegliedert, gewölbt; Abdomen ge-
stielt, rundlich. Beine an einer centralen Sternalplatte gelenkend,
mit Patella versehen.
1. Unterordnung: Ärthrarachnae nob. Abdomen in scharf
getrennte 7 bis ? Ringe zerfallend. Cheliceren 2gliedrig, wie
bei den Pedipalpi vertical beweglich.
Hierher vielleicht die Ärthrolycosiclae mit Arthrolycosa Harg.
und Geralycosa Kusta.
2. Unterordnung: Tetra sticta Bertkau ( Tetrapnemnones
Latr). Cheliceren ebenfalls mit vertical beweglicher Giftklaue.
Kiefertaster der Männchen zu Copulationszwecken umgewandelt.
Höchstens 2 undeutliche Bauchplatten , an deren Hinterrande
jederseits ein Stigma liegt. Genitalöifnung hinter der vorderen
(H.) Bauchplatte. Meist mit Spinnwarzen.
1. Familie: Protolycosiflae noh.^). Mit Abdominalstacheln
und kurzem Basalgliede der Cheliceren (Thorell). Rücken mit
groben Knötchen geziert, deutlicli segmentirt. Dahin Protolycosa
an*hracopldla Roemer.
2. Familie: Lipliistiidae Thor. Ohne Abdominalstacheln.
Rückenplatten wie vorige. Dahin Eolycosa Fricii Kusta und Pn-
laranea horassifolia Fritsch.
') Vielleiclit zu den Arthrolycosidae gehörig.
653
3. Eine neue Arthrogastren-Pamilie aus dem weissen Jura.
Wie ich in einer früheren Arbeit bereits behauptete ') , ge-
hört die merkwürdige von P. Oppenheim^) zur Orthopteren -Gat-
tung CJiresmoda {= Halometva Opp.) gestellte Arthropoden-Form
Halometra minor Opp. zu den Arachniden. was ich hiermit nach-
zuweisen versuche.
Im Ganzen lagen mir von derselben di-ei Gegendrucke und
ein Hautrelief-Abdruck mit Gegenplatte vor. welche alle die Bauch-
seite zeigen und, obwohl sie auf den ersten Blick bedeutende
Unterschiede in der Körperform aufweisen, doch wohl einer
Gattung angehören dürften.
Das auch von Oppenheim auf seiner taf. 31. fig. 4 abgebildete,
in der kgl. paläontologischen Staatssamralung zu München befind-
liche, als No. 414 inventarisirte Stück, welches, wie die übrigen
vorliegenden Stücke aus Eichstädt stammt, ist in Fig. 1, Taf. XXXI
nach dem künstlichen Hautrelief in natürlicher Grösse, in Fig. 3
nach der Originalplatte 2 mal und in Fig. 2 nach dem Abguss
etwas stärker vergrössert dargestellt, wobei die Beine an den
beiden letzten Figuren nicht ausgezeichnet wurden.
Die Körperlänge beträgt 15 mm. wovon der Cephalothorax
9, das Abdomen 6 nmi ausmacht; die grösste Breite des letz-
teren beträgt 4,5 mm. Am Ende sitzt noch ein 6 nun langer,
gekrümmter Schwanzfaden.
Die deutlich erhaltenen drei Beinpaare gehören drei auf
einander folgenden Thoracalsegmenten an und schliessen das an-
hangslose Abdomen nach vorn ab. Letzteres besteht aus zum
Theil undeutlichen. ?5 bis 7 weichhäutigen Ringen, deren letzter
das Afterstück umgiebt, das ventral den längs gerichteten After
trägt und dorsal sich in den undeutlich geringelten Schwanz-
anhaug fortsetzt. Vor dem ersten der Beine tragenden liegen noch
drei andere Segmente, an deren letztem sich deutlich die Inser-
tionsstellen eines weiteren Beinpaares erkennen lassen. Vor die-
sem Ringe liegt ein viel kürzeres, schmales Segment, das an der
einen Seite deutliche Reste einer fadenförmigen Extremität trägt,
und an das stumpf dreieckige, stark nach vorn und unten vor-
springende Kopfsegment anstösst, an dem sich keine fühlerartige
Bildungen erkennen lassen, das aber ein Kieferpaar trägt.
^) E. Haase. Bemerkungen zur Paläontologie der Insecten. N.
Jahrb. f. Min. etc., 189(J, II, p. 11.
^) P. Oppenheim. Die Insectenfauna des lithographischen Schie-
fers in Baiern. Palaeontographica , XXXIV, 1887 — 1888, p. 233,
t. XXXI, f. 4.
654
So haben wir eine Arthropoden - Form mit hechs Anhangs-
paaren, deren erstes zu Kiefern, deren drei letzte zu Beinen ent-
wickelt sind.
Zwischen den Hüften liegt in jedem Segment eine besondere
viereckige, flach eingesenkte Sternalplatte, welche sich nach vorn
hin verschmälert und vorn keilartig bis zur Kopfspitze voi-ragt.
Die Beine sind durch ihre auffallende Länge, die 3 — 4 cm
misst, und die peitschenförmige Verdünnung des Tarsus eigenthüm-
lich, an dessen Ende sich nie eine Kralle nachweisen liess^).
Das erste der erhaltenen Beinpaare hat kurze, etwas keulen-
artig verdickte Hüften, an die sich das 9 mm lange Femur durch
den undeutlichen Schenkelring anschliesst. Dann folgt ein kur-
zes, wie die Hüften nur 2 mm langes Glied, das nach hinten
vorspringt, um sich an die dem Femur ungefähr parallel laufende
Tibia mit dem Tarsaltheil, die zusammen 13 mm lang sind, an-
zuschliessen. Diese Knickung des Beines erinnert durchaus an
die Beine der Phalangiiden und so müssen wir das Glied, wel-
ches erstere bewirkt, denn auch als Patella bezeichnen, d. h.
als ein Beinglied, welches den Insecten stets fehlt, dagegen bei
den meisten Arachniden entwickelt ist.
An dem mittelsten der erhaltenen Beine ^) fällt die Patella
schon in die Richtung der Tibia hinein und ist somit nur un-
deutlich zu erkennen. So messen wir am vorletzten Beinpaar bis
zum Femur 2,5, bis zur Patella 15 mm, bis zum Tarsus 9 und
an letzterem noch 7 mm. Am letzten Beinpaar ist Hüfte mit
Trochanter 2,5, das Femur 14, die Patella 2, der fadenförmig
auslaufende Tibio - Tarsaltheil 17 mm lang.
Das zweite genügend erhaltene Stück gehört unter No. 413
ebenfalls der Münchener paläontol. Sammlung an. Es ist bedeu-
tend schlanker und am Hinterleibe stärker zugespitzt als das
vorher besprochene, dürfte aber doch derselben Gattung und viel-
leicht derselben Art angehören. Die Abbildung in Fig. 5,
Taf. XXXI zeigt das Thier in natürlicher Grösse nach dem künst-
lichen Hautrelief- Abdruck, und in Fig. 6, Taf. XXXI den Leib
nach demselben in zweifacher Vergrösserung.
^) Bei der in Solnhofen häufigen Macruren-Larve Phyllosoma pris-
cum MÜNST. (vergl. Zittel's Paläozoologie, II, p. 681), von der ich
das reiche Material des Berliner und Münchener Museums durchsehen
durfte, ist meist eine scharf ausgeprägte Endkralle vorhanden.
') Ich Avill, um späteren Einwürfen zu begegnen, hier gleich er-
wähnen , dass dies mittlere Bein auf der linken Körperseite an dem
Original zwar anscheinend spaltfüssig ist, jedoch am Hautreliefausguss
eher einfach erscheint, und dass man an scharfen Stanniolabdrücken
die Unregelmässigkeit und Zufälligkeit der Vertiefung erkennt.
655
Dieser Abdruck iässt über die Arachnideiinatur der „HaJ.
minor"- anscheinend keinen Zweifel aufkommen, denn er zeigt an
jeder Seite ausser den drei bei dem ersten Stück vorhandenen
Beinpaaren noch die Reste eines vorderen vierten, welches dem
sogen, „ersten Beinpaar" der Arachnidcn entspricht.
Vor diesem liegt ein schmaler Ring, an dem man bei ge-
nauerer Untersuchung an Wachsabdrücken etc. die Insertion zweier
feiner, über den Kopf nach vorn verlaufender Taster erkennen
kann. Auch bei diesem Stück sind die Cheliceren undeutlich
und scheinen hakenartig nach vorn und unten vorzuspringen^).
Das sitzende Abdomen besteht hier aus 7 bis ? 9 Segmenten, deren
letztes in einer schwachen Vorwölbung den After und hinten
ebenfalls den Schwanzanhang trägt.
Die Zahlenverliältnisse der einzelnen Beinglieder wiederholen
ungefähr das bei der ersten Art angegebene A^erhältniss. nur sind die
Beine wie das Thier selbst etwas länger. Am zweiten Beinpaar
beträgt die Länge bis zur Patella 17 mm, die der letzteren 2,
die des distalen Theils 13 nnn; die Länge des dritten Beinpaares
beträgt im Ganzen ca. 42, die des vierten 40 mm.
Aehnliche Längenzahlen der Beinglieder treffen wir auch an
dem in Hautrelief und Gegenplatte erlialtenen Stück des Dres-
dener mineralogischen Museum (Fig. 4. Taf. XXXI), welches an-
scheinend auch das erste Beinpaar erhalten zeigt. Dies Beinpaar hat
die gleiche Knickung der Patellargegend aufzuweisen wie das zweite
und unterscheidet sich eigentlich nur durch die grössere Kürze
(15 mm) des Feniur und des Tibio-Tarsus. Bei diesem Stücke
ist der Schwanz besonders deutlich; er ist wurstförmig, gekrümmt,
8 ram lang und lässt mindestens ca. 9 undeutliche Ringel er-
kennen.
Somit dürfen wir schon wegen des Vorhandenseins von 6
Anhangspaaren, deren erstes als Kiefer, deren zweites taster-
ähnlich, deren 4 letzte als Locomotionsorgane functioniren, die
fragliche Arthropoden-Form, für welche ich den Namen Sternar-
thron vorschlage, der Klasse der Arachniden beizählen.
Ihre Stellung im System wird besonders bedingt durch die
streng durchgeführte Segmentation der Sternalregion , welche wir
bei keinem Arachnid so ausgesprochen wiederfinden, durch die
Form und Stellung der Extremitäten und den Besitz des Schwanz-
fadens.
Durch die Gliederung der Sternalpartie in auf einander
folgende, je ein Beinpaar tragende Segmente erinnert Sternarthron
an Tartariden, an Solpugiden und am meisten an die Falpigraden,
') Wahrscheinlich endigten sie scheerenförmig.
656
deren Vertreterin die erst 1886 von B. Gkassi in Catania ent-
deckte Gattung Koenenla (von 2 mm Länge) ist.
Die zu der Ordnung der Pedipalpen gehörige Familie der
Tartaridcs Cambr. (Scliizonotidae Thor.) besteht aus 2 Gat-
tungen. Von diesen unterscheidet sich Schizonotus Thor. ^)
(=r Nyctulops Cambr. ^)) von Sternarthron durch die mächtig
entwickelten Hüften der Kiefertaster und die unvollkommene Aus-
bildung der Sternalpartie, welche nur zwischen den Hüften der
beiden ersten Beinpaare zu einer kräftigen, vorn schnabelförmig
vorspringenden Platte entwickelt ist. durch die Form der kurzen
Beine, die Verjüngung der letzten Abdominalsegmente und den
eigenthümlich spateiförmigen Schwanz. Auch von der vor Kurzem
von Thorell beschriebenen recenten Gattung Tripeltis^) aus
Birma, welche entwickelte Brustplatten wie Telyphomis zwischen
den Hüften des 2. und denen des 4. Laufbeinpaares besitzt,
unterscheidet sich Sternarthron durch die noch gleichmässigere
Ausbildung des Sternum, die fadenförmigen Kiefertaster und die
eigenartige Beinform.
Von den Solpugiden unterscheidet sich Sternarthron schon
durch die Ausbildung der (bei ersteren durch die verbreiterten
Hüften verdrängten) Sternalplatten, ferner durch die freie Gelen-
kung der Hüften des 3. Anhangspaares (welche bei Solpiiga mit
denen der Kiefertaster verwachsen sind), endlich durch die Form
der Cheliceren, die Gestalt der Beine und den Besitz des Schwanz-
anhanges.
Mehr Aehnlichkeit zeigt Sternarthron in der Gliederung der
Sternalpartie mit Koenenia (vergl. Fig. 7. Taf. XXXI). Bei dieser
sitzen die letzteren drei Beinpaare (L bis 6. Anhangspaar) an
eigenen Bauchplatten je eines Segments auf, wie bei Sternarthron,
dagegen treten die Hüften des 2. bis 3. Anhangspaares nahe an
einander und setzen sich an eine mehr weichhäutige, nicht zu
Platten differenzirte Sternalpartie, die nur durch eine abgekürzte
Querfurche ihre ingehörigkeit zu zwei (bei Sternarthron noch
deutlich geschiedenen) Bauchsegmenten zeigt.
Wenn Sternarthron auch in der eigenthümlichen Gliederung
^) T. Thorell. Scoipioni e Pedipalpi Malesi. Ann. Mus. Civico,
Genova 1888, p. 340 if.
^) 0. P. Cambridge. Oh a new family and genus etc. of Thely-
phonidae. Ann. Mag. Nat. Eist., IV, 1872, p. 410, t. XXIL
^) Th. Thorell. Aracnidi Arthrogastri Birmani. Ann. Mus. Ci-
vico Genova, (2), VII, 1889, p. 521—729; vergl. t. V, f. 1—3.
*) B. Grassi. Intorno ad un nuovo Aracnide arthrogastro (Koe-
nenia mirabilifi) etc. Bull. Soc. Eni. Ital., Firenze 1886, p. 1 — 20,
vergl. f. 27.
657
und Ausbildung der Beine sich an die Opiliones anschliesst, von
denen es sich schon durch die Entwicl<elung und Gliederung der
Sternalplatte und Ausbildung des Schwanzanhages unterscheidet,
erinnert wieder die Form und Gliederung des Abdomen an Sol-
pugn und Koenenia.
Auch den Besitz des Schwanzanhanges hat Sternarthron wie
mit den Uropygen mit Koenenia gemein, und die eigenthümlich
gekrümmte Haltung desselben an allen Stücken des Fossils lässt
gleichfalls annehmen, dass er auf den Rücken gebogen getragen
wurde, wie dies nicht nur die Scorpione mit ihrer gefährlichen
Giftwaffe, sondern auch Thelj'phoniden und Koenenia mit ihrem
harmlosen Anhang thun.
Da somit unter den recenten Arachniden Koenenia noch am
meisten an Sternarthron erinnert, empfiehlt es sich heute, wo wir
letzteres nur in einzelnen, nicht vollständig erhaltenen Exemplaren
kennen, von der Aufstellung einer besonderen Ordnung noch ab-
zusehen und Sternarthron den Palpigradi Thor. ^) einzureihen,
welche Ordnung Thorell für die Koenenia errichtet hat.
Die vollkommen durchgeführte Sternalgliederung und die
Feinheit der Kiefertaster würden die Familie, die eigenartige
Form und Gelenkung der Beine die Gattung charakterisiren,
welche wohl nur eine Art, Sternarthron Zittelii n.^) (Fig. 4 — 6,
Taf. XXXI), enthält, während die von Oppekheim abgebildete
Form (Fig. 1 — 3, Taf. XXXI) als var. minus Opp. bezeichnet
werden kann.
*) T. Thorell. Pedipalpi e Scorpioni Arch. Malese, Mus. Cirico
Genova 1888, p. 358.
^) Ich erlaube mir, diese Form nach Herrn Geh. Rath Prof. von
ZiTTEL zu benennen, dessen Güte ich die leihweise Ueberlassung des
interessanten Materiales verdanke.
658
2. Beiträge zur Keiiiitiiiss der Flora des
Aachener Sandes.
Von Herrn Theodor Lange in Leipzig.
Hierzu Tafel XXXII bis XXXIV.
Das Material zu vorliegender Arbeit wurde von Herrn Dr.
med. Debey in Aachen gesammelt und Herrn Geh. Hofrath Prof.
Schenk in Leipzig zugestellt.
Die Pflanzenreste wurden den plastischen Thonen, Sandstei-
nen und Sauden des unteren Senons von Aachen entnommen,
einer Schichtengruppe, die von Debey mit dem Namen „Aachener
Sand" belegt wurde'). Gemäss den verschiedenen Vorkommen
ist der Erhaltungszustand der Fossilien ein sehr verschiedener.
Aus den Sandsteinen und Thonen liegen nur Abdrücke vor. Die
Reste der Sande sind theilweise verkieselt oder in Brauneisen-
stein umgewandelt; ihre äussere P'orm ist vollständig erhalten.
Mikroskopische Untersuchung gestattete nur ein vorzüglich erhal-
tenes Laubholz und einige wenige Zweige von Coniferen.
Historischer Rückblick.
Eine vollständige Zusammenstellung der geologischen und
paläontologischen Literatur der Kreide von Aachen findet sich
in der oben citirten Arbeit Böhm's. Ich kann mich daher hier
auf die Anführung der paläophytologischen Literatur beschränken.
Die ersten Beschreibungen der Aachener Reste, die wissen-
schaftliche Bedeutung haben, finden sich in Schlotheim's Petre-
factenkunde, 1820 — ^1823. Derselbe erwähnt Hölzer, Coniferen-
zapfen und Fi-üchte von Dikotyledonen. Im Jahre 1841 beschrieb
GöppERT „Fossile Pflanzenreste des Eisensandes von Aachen"
(Nova acta Leopold., Vol. XIX, p. II). Ausser einer Anzahl von
Früchten wird in dieser Arbeit eine Conifere, Pinites aquisgra-
^) Debey. Entwurf zu einer geognostisch-geogenetischen Darstel-
lung der Gegend von Aachen, 1849. — J. Böhm. Der Grünsand von
Aachen, Bonn 1885. — Holzapfel. Zwei Aufsätze in dieser Zeit-
schrift, 1884 und 1885.
659
nensis, bebandelt, die, wie icb unten zeigen werde, mit Sequoia
üeichenhachi Gein. sp. identisch ist. 1848 wurden von Debey
zwei Aufsätze in den „Verbandlungen des naturbistoriscben Ver-
eins der preuss. Rbeinlande" veröffentlicbt: „üebersicbt der ur-
weltlicben Pflanzenreste des Kreidegebirges überbaupt und der
Aachener Kreidescbicbten im Besonderen" und „lieber eine neue
Gattung vorweltlicber Coniferen aus dem Eisensande der Aachener
Kreide". Darin wird die von Göppert als Pinites beschriebene
Conifere mit dem Gattungsnamen Cycadopsis belegt und zu den
Cupressineen gestellt; es werden sechs Species aufgestellt. Von
demselben Verfasser erschien 1849 ein „Entwurf zu einer geo-
gnostisch - geogenetischen Darstellung der Gegend von Aachen",
in dem eine grosse Anzahl Pflanzenreste ohne Diagnose aufge-
zählt und die Zahl der vorhandenen Species auf 70 ange-
geben werden. Gleichzeitig mit Debey's Entwurf erschien im
„Amtlichen Bericht der 25. Versammlung deutscher Naturforscher
und Aerzte in Aachen" ein Aufsatz von A. Pomel: „Materiaux
pour servir ä la flore fossile des terrains jurassiques de la France",
worin dieser eine Najadee, die er in einer Aachener Sammlung sah,
als Caulinia Müllen beschreibt. Ferner brachte v. Etting.shausen
eine „Mittheilung über fossile Proteaceen" in den „Sitzungsbe-
richten der math.-nat. Classe der kaiserl. Akademie, Wien 1852."
Hier erwähnt er unter Andern, dass er in der Sammlung Debey's
eine Anzahl Proteaceen sah, die dieser zu Grevülea, BanJcsia
und JJri/andrn stellte und deren Epidermis- Structur mit der der
lebenden Glieder übereinstimme. 1856 gaben Debey und von
Ettingshausen eine „Uebersicht der gesammten Aachener und
Maestrichter Kreideflora" in den „Verhandlungen der 32. Ver-
sammlung der deutschen Naturforscher und Aerzte in Wien"
heraus. Im Jahre 1859 endlich wurde mit der schon längst an-
gekündigten Veröffentlichung der Diagnosen der Gattungen und
Arten (es sollen ca. 300 vorliegen) der Anfang gemacht: „Die
urweltlichen Thallophyten des Kreidegebirges von Aachen und
Maestricht von Dr. Debey und Dr. C. Ritter v. Ettingshausen.
Denkschriften der kaiserl. Akad. der Wiss., Wien, XVI. Band."
In der Einleitung, p. 138, wird erwähnt, dass die Gattung Ci/ca-
dopsis nicht zu den Cupressineen gehöre, sondern mit den Se-
quoien nahe verwandt sei. Die früher aufgestellten Species wer-
den auf zwei reducirt. Es folgten bald: „Die urweltlichen Acro-
bryen der Kreidegeb. etc. (Denkschriften, XVII)". Darin werden
43 Species beschrieben, unter diesen Moriconia cydotoxon, die
von Saporta später zu den Coniferen gestellt wurde, und damit
hatte die Veröffentlichung über diesen Gegenstand vorläufig ihr
Ende erreicht. Erst nach 1880 gab Debey wieder eine Arbeit
660
heraus: „Sur les feuilles querciformes des sables d'Aix-la-Cha-
pelle", in der er 14 Species der Gattung Bryopkyllum beschreibt
und abbildet. Seitdem scheint die weitere Bearbeitung nicht
wieder aufgenommen worden zu sein.
S APORTA und Marion beschreiben in ihrem „Essai sur l'etat
de la Vegetation ä l'epoque des marnes heersiennes de Gelinden.
Bruxelles 1873" mehrere Kreidepflanzen von Aachen, nachdem
ihnen Debey das Manuscript seiner Arbeit zur Verfügung ge-
stellt hatte. Ausser Dryophyllum crefaceiim Deb. wird noch
Detvalquea aquisgranensis Sap. et Marion beschrieben und abge-
bildet. Diese ist von Debey als G-revillea palmata Deb. be-
schrieben und zu den Proteaceen gestellt worden, während die
gleiche Gattung aus der Kreide von Haldem in Debey' s Manu-
script als Araliophyllum bezeichnet wird. Saporta und Marion
vereinigen Beide unter dem Namen Beivalquea und stellen sie zu
den Helleboreen.
Die letzte Notiz über hierher gehörige Reste findet sich in
Schenk's Handbuch der Palaeophytologie . wo sich auf p. 282,
f. 195 die Abbildung eines Aachener Exemplares des Ctmning-
hamites squamosus Heer findet.
Coniferae.
Sequoia Endl. Reichenhaclii Getn. sp.
Taf. XXXH. Fig. 1 — 8.
Geinitz, Eibthalgebirge, p. 306, t. 67, f. 6.
Heer, Flora fossilis arctica, III, VI, VII.
„ Flora von Moletein, p. 7, t. I, f. 1—9. Daselbst auch ältere
Literatur und Synonyma.
„ Kreidefiora von (Quedlinburg, p. 9, t. I, f. 11.
HosiüS und V. d. Mark, Jlora der westfäl. Kreideformation, t. 67, f. 6.
Synonyma: Pinites aquisgranensis Göpp. ex p. Flora d. Eisenrandes
von Aachen.
Cycadopsis Debey ex p. Ueber eine neue Gatt. etc.
Die Zweige und Zapfen liegen im verkieselten Zustande in
den Sandsteinknollen oder in ein Eisenoxyd verwandelt in den
Sauden des Aachener Waldes und haben daher ihre natürliche
Gestalt behalten. Die abstehenden, sichelförmig gekrümmten, ein-
nervigen, an der Unterseite scharf gekielten, zugespitzten Blätter
haben eine Länge bis 12 und eine Breite bis 2,5 mm. Sie sind
spiralig angeordnet und sitzen an älteren Zweigen mit breiter,
rhombischer Basis fest. Die Blätter junger Zweige haben eine
elliptische herablaufende Basis. Während die Blätter jüngerer
Zweige ziemlich dünn sind und die oben angegebene Grösse er-
reichen, sind die Blätter älterer Zweige dick, an der Basis rhom-
661
bisch, im weiteren Verlaufe dreieckig und vei'hältnissmässig kurz
(bis 8 mm).
"Von Zapfen liegt mir nur ein Bruchstück vor. An der re-
lativ dicken Spindel sitzen 4 mm breite, 2 mm dicke, rhombische,
gestielte Zapfenschuppen. Aus der Mitte des Schildes ragt ein
kleines dreiseitiges Spitzchen hervor, die Spitze des Fruclitblattes
darstellend. Die Zapfenschuppen stehen horizontal ab und von
einander entfernt; die Zapfen waren also geöffnet und die Schup-
pen schon vertrocknet. Diese liegen daher nicht mehr in ihrer
ursprünglichen Gestalt vor. Die Zapfen erinnern bezüglich der
Grösse und der Gestalt der Schuppen an solche von Sequoia
sempervirens, weniger au die von Sequoia gigantea. Dagegen ist
der Habitus der Blätter und Zweige ganz der von S. gigantea.
Aus dem Holz der Zweige gelang es mir, einige Schliffe herzu-
stellen, während dies von den Blättern niclit möglich war. Die
Zweige zeigen ein grosszelliges Mark und spiralig verdickte Erst-
lingstracheiden. Die Hoftüpfel der Radialwände der Tracheiden
sind rundlich und berühren einander nicht. Die Markstrahlen
sind einreihig, meist ein oder zwei, selten drei bis vier Zellen
hoch. Harzgänge konnte ich nicht finden. Der Erhaltungsznstand
der Rinde machte ihre Untersuchung unmöglich. Die lebenden
Sequoien zeigen ebenfalls einreihige Markstrahlen, auch fehlen
ihnen die Harzkanäle. An dünnen Zweigen von S. seniperviretis
waren die Markstrahlen wie bei der vorliegenden Sequoia ein bis
zwei, selten drei bis vier Zellen hoch, bei S. gigantea dagegen
viel höher (6 — 8).
Ein grösseres, von Bohrwürmern angebohrtes Stück Coni-
ferenholz war nur ungenügend erhalten.
In der schon oben citirten Arbeit über die Flora des Eisen-
sandes zählt GöppERT zu Pinites aquisgranensis einen mehrjäh-
rigen verzweigten Ast (fig. 1 . 2 , 3 , 4 . 5) mit schön erhaltener
Structur, mehrere Zweigstücke (Fig. 10, 12. 14) und zwei Zapfen
(fig. 16, 17), Der in Brauneisenstein verwandelte beblätterte
Zweig entspricht ganz den mir vorliegenden, in demselben Ma-
terial versteinerten Exemplaren. Dieser und die Zapfen gehören
zu Sequoia.
Die Zugehörigkeit des verzweigten Astes dagegen scheint
mir fraglich, da die Markstrahlen desselben nach der Abbil-
dung Göppert's meist 6 Zellen, bei den von mir untersuchten
Zweigen meist nur 1 — 2 , nie über 4 Zellen hoch sind. Auch
erinnern die dem Ast ansitzenden Blattbasen mehr an Cunning-
hamites als an Sequoia. Debey, der das von Göppert abge-
bildete Exemplar in der Schlothetm' sehen Sammlung in Berlin
sah, glaubt nicht, dass es aus der Gegend von Aachen stamme.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 4. 44
662
Das kleinere von Göppert abgebildete Aststück zeigt spiralig
stehende rhombische Basen; es gehört sicher zu Cunninghamites
und wird auch von Göppert mit Belis jamlifolia Salisb. (^ Cuvtr
ninghamia sinensis) verglichen. Uebrigens lässt es Göppert selbst
unentschieden, ob die Früchte und beblätterten Zweige zu seiner
Gattung Pinifes gehören.
Debey stellt in seiner Arbeit „lieber eine neue Gattung
urweltlicher Coiiiferen etc." die Gattung Cycadopsis (Cupressi-
neae) auf und vereinigt mit dieser Pinites Göpp. Er fand Zapfen
mit beblätterten Zweigen vereinigt, die beide nach der Beschrei-
bung mit den mir vorliegenden Exemplaren übereinstimmen, sodass
kein Zweifel, dass Beide zusammengehören, bestehen kann. Die
Zapfen Debey's enthielten theilweise noch Samen, p. 133: „Die
Samen sitzen nämlich an den Seiten des keilförmigen Schuppen-
stiels und zwar nicht bloss an den unteren, sondern auch an den
oberen; es scheint jedoch, dass sie an letzteren häufiger fehl-
schlagen, als an ersteren. An den meisten Stellen erkennt man
deutlich zwei Reihen übereinander stehender Samen; nach dem
Aussehen anderer Stellen zu urtheilen, dürfte indess nur eine
Reihe vorhanden gewesen sein. Die obere Reihe reicht bis an
den oberen Rand des Schildes. Jede Reihe enthält drei bis vier
Samen, die einander dachziegelförmig decken, sodass der eine
Rand des Samens frei, der andere aber unter dem des folgenden
Samens liegt, oder wenn es der letzte in der Reihe ist, in der
Tiefe sich birgt. Die Samen der oberen Reihe endlich greifen
in die Lücken zwischen je zwei Samen der unteren Reihe ein.
Die Samen sind ^l^'" — 1 '" lang und Y2'" breit, länglich ei-
förmig, an den Rändern in eine zuweilen etwas wellige, sehr
schmale Flughaut umgebogen, in der Mitte auf beiden Flächen
erhaben und stellen demnach im Querdurchschnitt einen sehr ver-
schobenen Rhombus dar. Innerhalb der durch die dicke, im ur-
sprünglichen Zustande wahrscheinlich holzige oder beinartige Sa-
menhülle gebildeten rhomboedrisch- prismatischen Kapsel liegt der
etwa Y2'" lange Samenkern in der bei den Coniferen gewöhn-
lichen umgekehrten Lage, sodass das breite Ende nach unten,
das spitze nach oben sieht."
Die Angabe bezüglich der Stellung der Samen scheint mir
auf falscher Beobachtung zu beruhen; wenigstens zeigen alle von
mir untersuchten lebenden Coniferen nur auf der Oberseite der
Zapfenschuppen Samen. Im Uebrigen zeigt die Beschreibung,
dass hier eine Sequoia vorliegt. Sodann fand Debey Reste, die
er, freilich mit einiger Reserve, als männliche Kätzchen beschreibt,
pag. 135: „Sie bestehen aus einer dünnen, oben und unten gleich
dicken Axe, um welche die in sechsseitige Schilde endigenden
663
kurzen, horizontal abstehenden Schuppen in Spiralstellung ge-
ordnet sind. Die Schilde haben in ihrer Mitte bei einigen eine
Vertiefung, bei anderen eine kleine Erhabenheit und ein Stück
aus dem Letten zeigt Andeutungen einer sehr regelmässigen Zeich-
nung. Die Grösse wechselt sehr (Länge 4'" — 2Y2"; durch-
schnittliche Breite 7*")-" Derartige Zapfen bildet Schlotheim
als Carpolithes liemlocinus ab. Auch mir liegt ein derartiger,
in Eisenoxyd versteinerter Zapfen aus den Sanden des Aachener
Waldes vor. Er ist 53 mm lang, in der Mitte 15 mm breit,
gegen die Enden hin zugespitzt. Die spiralig angeordneten
Schuppen sind keilförmig und zeigen ein sechsseitiges Schild, in
dessen Mitte man eine schwache Vertiefung wahrnehmen kann.
Dass diese Gebilde männliche Kätzchen seien, möchte ich ent-
schieden bezweifeln, da von den männlichen Kätzchen lebender
Coniferen sich nicht ein einziges mit dem Aachener Rest ver-
gleichen lässt. Wenn Debey dieselben mit den männlichen Blü-
thenständen der Cupressineen vergleicht und dann sagt: „Die
grosse Kleinheit und Zartheit, sowie die Anheftung der Stiele
unter der Mitte der Schuppen ist den lebenden Formen, der
breite kegelförmige Stiel, der fast die ganze hintere Seite der
Schilde einnimmt, und die auffallende Grösse des Ganzen aber
den fossilen eigenthümlich", so muss ich bemerken, dass er damit
gerade das Gegentheil von dem beweist, was er beweisen will.
Wenn der fossile Rest nach seiner Charakterisirung in so vielen
wesentlichen Punkten von den männlichen Kätzchen der lebenden
Cupressinen abweicht, so dürfen wir ihn doch keinesfalls für ein
derartiges männliches Kätzchen erklären.
Wir haben es hier jedenfalls mit einem Fruchtzapfen zu
thun. Ob er zu Sequota Eeichenhachi gehört, wage ich nicht
zu entscheiden. Heer bildet einen Zapfen ab (Flor. foss. arct.,
VII, p. 16, t. LI. f. 126), den er Sequoia macrolepis nennt und
der dem vorliegenden sehr ähnlich ist. Heer zweifelt aber selbst
noch, ob dieser einer Sequoia angehört.
Von den von Debey beschriebenen beblätterten Zweigen gehö-
ren zu Sequoia Reichenhachi: Cycadopsis aquisgranensis, C. armi-
carina, C. Foersten, C. thujoides. Gegen dieAnnahme, dass hier
Cupressineen vorliegen, spricht entschiegen die spieralige Stellung
der Blätter und Zapfenschuppen. Bei Cupressineen sind dieselben
gegen- oder quirlständig, in wenigen Fällen zerstreut.
Fundort: Fig. 5, 6: Sandbrube am Salvatorberg,
Fig. 1 — 3, 8: Sandgrube bei Altenberg,
Fig. 4, 7: Lose Sande des Aachener Waldes.
44'
664
Cunninghamites Sternb. squamosus Heer.
Taf. XXXm, Fig. 1—3.
Heer: Kreideflora von Quedlinburg, p. 9, t. I, f. .5 — 7.
Hosius und V. D. Mark: Flora der westf. Kreideform., p. 17 u. 18,
t. XXV, f. 2Ü, 21; t. XXXVII, f. 137, 138.
(Wird von Heer: Flora foss. arct., VH, p. 17 zu C. degans Cord.
sp. gezogen).
ZiTTEL- Schenk: Handbuch der Paläontologie, II, p. 282, f. 195.
Synonyma: Pinites aquisgranemis Göpp. ex p., Cycadopsis Monheimi
Deb., C. Bitsi Deb.
Von dieser Conifere liegen mir zahlreiche sterile Zweige aus
den Thonen des Aachener Sandes vor. Ich bilde jedoch nur we-
nige davon ab, da schon ein solcher aus denselben Schichten in
Schenk's Handbuch fig. 19.5 abgebildet ist.
Die spiralig stehenden Blätter sind lanzettlich, zugespitzt
und von einem Mittelnerven durchzogen. x\n einzelnen Blättern
sieht man längs des Randes noch einen feinen Nerven verlaufen.
Sie werden 15^ — 22 mm lang; die Breite beträgt in der Blatt-
mitte 2 — 3 mm. Die Blätter stehen auf rundlich abgestumpften
Blattkissen, die an älteren Zweigen durch das Dickenwachsthum
ihre Form etwas ändern. Ein Gypsabguss eines hierher gehö-
rigen mehrjährigen Astes von Aachen zeigt oben grosse, rund-
liche Blattkissen, nach unten zu werden dieselben immer kleiner
und nehmen dabei breit rhombische Gestalt an.
Die von Debey (p. 141) als Cycadopsis Monheimi beschrie-
benen beblätterten Zweige und das mit Blattnarben besetzte Ast-
stück Cycadopsis Biizi Deb. sind mit Cunninghamites sqamosus
Heer zu vereinigen. Ferner gehört hierher das von Göppert
(Flora des Eisensandes etc.) fig. 12 abgebildete Aststück und
vielleicht der verzweigte verkieselte Ast fig. 1. Cunninghamites
wird mit der lebenden Cunninghamia sinensis verglichen, und
in der That unterscheidet sich die letztere hauptsächlich nur durch
den fein gesägten Blattrand von C. squamosus. Wenn Schenk
(Handbuch, p. 283) sagt: „Bei allen mit Cunninghamia ver-
glichenen fossilen Zweigfragmenten vermisse ich den für die Blätter
von Cunninghamia charakteristischen Bau: die beiden an den
Blatträndern deutlich hervortretenden Längsleisten, bedingt durch
Sklerenchymfaserstränge unter der Epidermis. Sie müssten. wä-
ren sie vorhanden gewesen, sich ebenso erhalten haben, wie die
Spuren der Leitbündel", so sind diese Zweifel an der richtigen
Bestimmung in den meisten Fällen begründet. An den Aachener
Blättern aber kann man vielfach die zarten Längsleisten noch
wahrnehmen. Das im Modell vorliegende Aststück muss ich
seiner Blattnarben wegen zu Cunninghamites stellen, obgleich
665
bei gleich dicken Zweigen der CunninyltanUa die Blattkissen schon
längst mit der Borke abgestossen sind.
Fundort: Fig. 2: Aachener Sand,
Fig. 1, 3: Spitalgarten (Wingertsberg).
Moriconia cyclotoxon Debey et Ettinghausen.
Taf. XXXIII. Fig. 4.
Debey und Ettingshausen : Die urweltlichen Acrobryen etc., p. 59.
Hp^er: Flora foss. arct., t. III, VI, VII.
Sapokta: Prodrome d'une flore fossile des travertins anciens de
Sesanne. Meraoires de la societe geol. de France, ser. II,
vol. 8, p. 301.
Schenk: Handbuch etc., p. 318.
Das Zweigstück zeigt die gedrängt stehenden, gegenständigen,
bilateralen Seitenästc. Bei oberflächlicher Betrachtung glaubt man
einen Farnen vor sich zu haben, mit der Lupe jedoch erkennt
man deutlich die vierzeilige Anordnung der den Zweigen ange-
drückten Blätter.
Debey und Ettingshausen beschrieben die Pflanze zuerst
unter obigem Namen als Farnen. Saporta stellte fest, dass hier
Coniferenreste vorliegen. Schenk vergleicht sie mit Lihocedens,
mit der sie grosse Aehnlichkeit haben. Auf jeden Fall liegt eine
Cupressinee vor, wie die vierzeilig geordneten, abwechselnd glatten
und gekielten Blätter zeigen.
Fundort: Thurmstrasse in Aachen.
Dicotyledoneae.
Dryophyllum cretaceum Debey.
Taf. XXXm, Fig. 5 — 8.
Debey: Sur les feuilles quergiformes des sables d'Aix-la-Chapelle.
Saporta et Marion: Essai sur Tetat de la Vegetation ä l'epoque
des mames Heersiennes de Gelinden, p. 36, 39, t. V, f. 4, 6.
Fig. 7.
Aus dem starken Mittelnerv entspringen unter Winkeln von
45" — 50*^' alternirend Secundärnerven, die im Bogen dem Rande
zulaufen. Die Endigungen der Secundärnerven sind nur stellen-
weise deutlich sichtbar. Hier gabeln sich die Nerven vor dem
Blattrande; der eine Zweig endet im Zahn, während der andere
Schlingen zu bilden scheint. Die Tertiärnerven sind verbindend.
Das Blatt zeigt eine lange keilförmige Basis, ist unten ganzrandig
und erst weiter oben buchtig gezähnt. Unter den bisher beschrie-
benen Kreidepflanzen kenne ich keine, mit der dieser Blattrest
gut übereinstimmte. Am meisten erinnert er an Dryophyllum
666
cretaceum Deb. , aber weniger an die von Debby abgebildeten
Exemplare, als an eines von denen, die Saporta und Marion
abbilden (Essai, t. V, f. 4). Auch das tertäre Bryophyllmn Be-
■walquei Sap. et Mar. steht ihm nahe (Revision de la flore Heer-
sienne de Gelinden, t. VIII, f. 2); fast könnte man beide iden-
tificiren, wenn der geologische Horizont beider nicht ein verschie-
dener wäre.
Fig. 5.
Der starke Mittelnerv hat einen geraden Verlauf und verjüngt
sich nach der Blattspitze zu. Die bedeutend schwächeren Se-
cundärnerven entspringen unter Winkeln von 50 "^ und laufen im
Bogen dem Rande zu. Vor diesem gabeln sie sich, wobei der
eine Ast in der Spitze des Zahnes endet, der obere aber den
Rand begleitend. Schlingen bildet. Die einfachen oder gegabelten
Tertiärnerven entspringen zumeist unter Winkeln von ca. 90",
aussen unter spitzeren, innen unter stumpferen Winkeln und sind
verbindend. Der Rand ist buchtig gezähnt. Der Blattrest ist
jedenfalls zu D. cretaceum zu stellen; namentlich entsprechen ihm
die Figuren 4 und 5 Debey's sehr gut.
Fig. 8.
Mit dem Original des vorigen Blattes zusammen liegt auf
einer Platte ein zweiter hierher gehöriger Blattrest, der mehr den
Figuren 2 und 3 Debey's entspricht. Die Secundärnerven ent-
springen unter Winkeln von hO^ — 70"^. Der Blattrand ist nur
an wenigen Stellen erhalten.
Fig. 6.
Der Ursprungswinkel der bogenlaufigen Secundärnerven, ihr
Verhalten am Blattrande und der buchtig gezähnte Rand selbst
lassen erkennen, dass auch dieses Exemplar zu Bryophyllum cre-
taceum zu zählen ist.
Fundorte: Fig. 5, 7, 8: am Wege nach Gemmenich.
Fig. 6: Altenberg.
Myricophylhim Sap. lialdemianum Hos. et v. d. Mark.
Taf. XXXIV, Fig. 3.
Saporta: Annales de sc. nat., 4, XVII, p. 255; XIX, p. 66.
Hosius und v. D. Mark: Flora d. westf. etc., p. 44, t. 31, f. 91 bis
100; t. 82, f. 101 — 104.
Das länglich-lanzettförmige Blatt zeigt einen kräftigen, nach
der Spitze zu verschmälerten Mittelnerv. Von weiterer Nervatur
ist nichts zu sehen. Die Basis ist keilförmig, der Rand buchtig
gezähnt.
667
Dieser Rest ist unzweifelhaft mit jenen Blättern zu verei-
nigen, die Hosius und v. d. Mark als Dryandroides haldemiana
beschrieben haben. Hosius und v. d. Mark stellen diese Gattung
mit ÜNGER zu den Proteaceen, lassen aber die Möglichkeit zu,
dass hier eine Myricacee vorliegt. Sichere Beweise dafür, dass
die zahlreichen fossilen Gattungen und Species, die verschiedene
Autoren zu den Proteaceen stellen, wirklich solche sind und nicht
den Myricaceen und anderen Familien angehören, liegen nicht
vor; vielmehr ist es wahrscheinlich, dass die meisten den Myri-
caceen zuzurechnen sind, wie Schenk in seinem Handbuch der
Palaeophytologie (vergl. Myricaceen, p. 452 — 458, Proteaceen,
p. 650 — 665) des weiteren auseinander gesetzt hat. Neuerdings
beschreibt Velenovsky (Kvetena Ceskeho Cenomanu, Praze 1889)
ein Fossil aus dem böhmischen Cenoman, dem er den Namen
Proteopsis Proserpinae beilegt. Er sieht darin den korbförmigen
Bliithenstand einer Proteacee. Als Beweis dafür, dass ein ver-
holzter Pflanzeni'est und nicht der weiche Blüthencorb einer Com-
posite vorliegt, führt er an, dass das Fossil im Schiefer seine
Form behalten und nicht plattgedrückt ist. Ob hier überhaupt
ein Blüthenstand vorliegt, lässt sich aus der etwas undeutlichen
Zeichnung (t. I, f. 6 u. 7) nicht erkennen. Auch von Ettings-
HAUSEN vermag nicht in seiner neuesten Schrift: Das australische
Florenelement in Europa, Graz 1890, genügende Beweise für die
Existenz der Proteaceen in Europa zu erbringen; alle seine so-
genannten Beweise sind rein persönliche Annahmen seinerseits.
Ich schlage daher vor, die Gattung Dryandroides mit Myrico-
yhyllum zu vereinigen, so lange nicht durch Blüthen und Früchte
nachgewiesen ist, das Proteacen vorliegen. Die von Heer abge-
bildeten Reste aus der Kreide von Quedlinburg, Myrica cretacea
(t. in, f. 2 a. b, c) und Proteoides üicoides (t. HI, f. 7, 8), sind
wahrscheinlich mit M. haldemianum zu vereinigen und es würde
einer der von Heer gegebenen Species - Namen zu wählen sein,
wenn Heer's Exemplare besser erhalten wären.
Fundort: Am Wege nach Gemmenich.
Myricophylhim Sap. asplenioidea nov. sp.
Taf. XXXIV, Fig. 1 u. 2.
Die tief fiedertheiligen Blätter zeigen einen hervortretenden,
gegen die Blattspitze verschmälerten Mittelnerv, der sich zumeist
bis zur Blattspitze verfolgen lässt. Die Secundärnerven sind nicht
erhalten. An einigen Stellen scheint ein aus rundlichen Maschen
bestehendes Blattnetz erhalten zu sein, doch lässt es keine sichere
Deutung zu. Die Einschnitte der fiedertheiligen Blätter erreichen
668
fast den Mittelnerv. Die Segmente sind meist länger als breit,
einzelne so breit als lang, meist deutlich zugespitzt, alternirend.
Ich stelle die Blätter zu Saporta's Gattung Myrieophylhim
(nicht Myricipltyllum, wie Conwentz schreibt; vergl. Schenk,
Handbuch, p. 409, Anni.)' wobei es unentschieden bleibt, ob My-
ricophyllum, eine Myricacee oder Proteacee. Dafür, dass Myri-
copliyllum eine Zwischenstufe zwischen Myricaceen Und Proteaceen
sei, wie es von einigen angenommen wird, liegen keine Beweise
vor; beide Familien konnten, ohne blutsverwandt zu sein, unter
ähnlichen Bedingungen ähnliche Blattformen entwickeln. Saporta
stellt zwar die Blätter, die der lebenden Myrica (Comptonia) as-
plenifoUa Eich, ähneln, direct zu Myrica und nicht zu Myrico-
phyllum; so lange jedoch nicht blühende Zweige gefunden sind,
halte ich es für richtiger, zur Bezeichnung dieser Blätter den
Gattungsnamen Myricophyllum'^) zu verwenden. Demgemäss er-
weitere ich die Gattung Saporta's und stelle hierher alle ge-
zähnten, gelappten bis fiedertheiligen Blätter, die den Myricaceen
ähnlich sind und sich nicht mit Sicherheit auf eine lebende Gat-
tung zurückführen lassen. Die lebende Gattung Myrica vereinigt
ebenfalls Blattformen mit sehr mannichfacher Ausbildung des
Randes.
Bezüglich der Abstammung des hier beschriebenen Blattes
ist zu bemerken, dass der gegen die Blattspitze zu sich ver-
schmälernde Mittelnerv und die Ausbildung der Blattspitze bei
Weitem mehr an Myrica asplemfoUa Rich. als an die sonst ähn-
liche Proteacee Bryandra formosa R. Braun erinnern. Die
Blätter scheinen weichhäutig gewesen zu sein, nicht lederig, wie
bei Bryandra. Würden die Secundärnerven erhalten sein, so
wäre das für die Entscheidung kaum ausschlaggebend, da die
Nervaturen beider Gattungen sehr ähnlich sind.
Aus dem Tertiär sind verschiedene Species beschrieben und
von einigen Autoren zu den Proteaceen, von anderen zu Myrica-
ceen gestellt worden, die der 31. asplemfoUa ähnlich sind. My-
rica dryandraefolia Brngt., Dryandra Sclirankü Heer, Dr.
Brongniarti Ett. sind nur Synonyma einer Art. Ferner gehören
hierher Myrica acutiloba Brngt. , M. obtusiloha Heer, Comp)tonia
oeningensis A. Braun, Bryandra Saxonica Friederich. Compto-
nites antiquus Nilss., den ünger aus der Kreide von Deva ab-
bildet, ist ein Farnen (Schenk, Handbuch, p. 663).
^) Die Silbe ,,phi/Uum''' ist nach Nathorst und Schenk (Schenk,
Handbuch, p. 409) dann dem Gattungsnamen anzuhängen, wenn die
Blätter älter als pliocän und nicht mit Sicherheit auf die lebende Gat-
tung zurückgeführt werden können.
669
Icli bezeichne das Blatt als Myricophyllum asplenioidcs, um
schon durch den ähnlich klingenden Namen die Formenverwandt-
schaft mit Myrica asplenifulia auszudrücken.
Fundort: Fig. 1 u. 2: Wingertsberg.
Ficiis gracilis Hos.
Taf. XXXIV, Fig. 5.
Hosius: lieber einige Dicotylen der westfälischen Kreide. Palaeon-
togr., XVII, 2, p. 99, t. XV, f. 23, 24.
Basis und Spitze fehlen. Der Blattrand ist nur an einigen
Stellen erhalten und ist dort ganzrandig. Der Verlauf der Ner-
vatur lässt auf ein länglich-lanzettförmiges Blatt schliessen. Die
beiden Blatthälften sind ungleich entwickelt. Der starke Mittel-
nerv ist gebogen und nach der Spitze zu verschmälert. Die
Secundärnerven sind bogenläufig und bilden am Rande schöne
Schlingen. Sie sind gegenständig oder alternirend und entsprin-
gen unter Winkeln von ca. 50", die unteren unter spitzeren als
die oberen. Die Tertiärnerven sind verbindend, einfach oder
gegabelt.
Die ungleiche Ausbildung der Blatthälften, die kräftige Ent-
wicklung der Nervatur und die regelmässige Schlingenbildung
sprechen für die Gattung Ficus. Hosius beschreibt aus der west-
fälischen Kreide neun Arten der Gattung Ficns, die, wie er
später selbst angiebt (PIosius u. v. d. Mark: Flora d. westf. Kr.,
p. 62), kaum alle gute Arten sind, sondern zum Theil zusammen-
gehören. Er hat sie bisher nicht zusammengezogen, da ihm die
Zwischenglieder fehlen. Das eben beschriebene Blatt erinnert an
mehrere der von Hosius beschriebenen Arten und es ist schwierig
zu entscheiden, zu welcher Art es zu stellen ist. Die meiste
Aehnlichkeit scheint es mir mit Ficus gracilis zu haben. We-
nigstens stimmen damit Gestalt des Blattes, ürsprungswinkel und
Verlauf der Leitbündel überein. wenn auch die keilförmige Basis
mit den unter 30 "^ ausgehenden Secundärnerven. die Hosius als
charakteristisch für seine Gattung anführt, nicht erhalten ist.
Fundort: Am Wege nach Gemmenich.
Latcrojihyllum aquisgranense nov. sp.
Taf. XXXIV, Fig. 4.
Das länglich-lanzettförmige Blatt ist zumeist ganzrandig, nur
an zwei Stellen sind zahnartige Bildungen vorhanden. Der kräf-
tige Mittelnerv verschmälert sich nach der Blattspitze zu und ist
sanft gebogen. Die sehr regelmässig verlaufenden kamptodromen
Secundärnerven sind alternirend. entspringen unter Winkeln von
670
40 ** — 50 " und steigen am Blattrande empor. Die feinen Tertiär-
nerven sind verbindend, einfach oder gegabelt.
Eine derartige Nervatur findet sich bei vielen Lauraceen,
wie Laurus, Persea, Tetranthera, Litsaea. Doch ist mir unter
den lebenden keine bekannt, mit der ich das Blatt direct ver-
gleichen möchte.
Unter den fossilen Lauraceen mit ähnlicher Nervatur im
Tertiär ist namentlich zu erwähnen Laurus primigenia Ung.
(ünger: Fossile Flora von Sotzka, t. 19, f. 1 — 4); besonders
das von Saporta (Annales d. sc. nat., 5, IX. t. 4, f. 7) abge-
bildete Blatt steht dem Aachener Blatt sehr nahe. Die mir zu
Gebote stehende Literatur der Kreideflora bietet nicht viele Lau-
raceen. Die von v. Ettingshausen beschriebene Laurus cretacea
{Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. Sitzb. d. k. xVkad. d.
Wissensch.. 1867, LV. Bd., I. Abth., t. II, f. 13) ist kaum eine
Lauracee. Die von Heer abgebildeten Lauraceen der Gattung
Daplinophyllum (Kreideflora von Moletein , t. VI, f. 1 u. 2) lassen
sich nicht mit dem Blatt von Aachen vereinigen. Sodann bildet
Heer in der Flora fossilis arctica aus den Patoot- und den
Ataneschichten vier Species der Gattung Laurus ab: L. plutonia,
L. angiista, L. Hollae, L. Odini (Bd. VI u. VII), die sich eben-
falls wesentlich von dem Aachener Blatte unterscheiden. Ferner
werden Lauraceen von Hosius und v. d. Mark beschrieben. Das
als Laitrus affmistios. et v. d. Mark beschriebene Exemplar (Fl.
d. westfäl. etc., t. XXXI, f. 90) ist zu mangelhaft, um zum Ver-
gleich herangezogen werden zu können. Gewisse Aehnlichkeit
zeigt Litsaea laurinoides Hos. et v. d. Mark (1. c, p. 65, t. XL,
f. 157; als Phyllites laurinoides Hos. in Hosius: lieber einige
Dikotylen der westfäl. Kreideform., p. 101, t. XVI, f. 31). Das
Exemplar von Aachen zeigt jedoch viel dichter stehende Secun-
därnerven. Die Gattung Litsaea scheint mir übrigens von Ho-
sius und V. D. Mark ziemlich willkürlich gewählt zu sein ; den
gegebenen Abbildungen nach zu urtheilen, lässt sich höchstens
sagen, dass eine Lauracee vorliegt. Ebenso kann das Blatt von
Aachen nicht in eine lebende Gattung eingereiht werden; ich wähle
daher den allgemeinen Gattungsnamen Laurophyllum. Derselbe
ist schon von Lesquereux für Lauraceen gebraucht worden für
ein Blatt, L. reticulatum (The cretaceous Flora, Washington 1874,
p. 76, t. XV, f. 4 — 5), das dieser für eine Laurinee hält, aber
keiner lebenden Gattung einreihen mag. Vereinzelte zahnartige
Bildungen am Blattrande, die mir anfangs dagegen zu sprechen
schienen, dass eine Lauracee vorliegt, fand ich auch bei lebenden
Laurus-^ldXi^Yw. Sie sind bedingt durch wellige Ausbildung des
Blattrandes. Auch Heer bildet eine Laurus primigenia ab
671
(Flor. füss. arct., Bd. VII, II. Theil, t. LXXVII, f. 4), die ähn-
liche Bildungen zeigt.
Ich bezeichne das Blatt als Laurophyllum aquisgranense.
Fundort: Am Wege nach Gemmenich.
Dewalquea Sap. et Mar. aquisgranensis Sap. et Mar.
Taf. XXXIV. Fig. 6 u. 7.
Saporta et Marion : Essai sur l'etat etc., p. 55 — 61, t. VIII,
f. 5 — 7.
Synonyma : Araliophyllum Deb. und Grevillea palinata Deb. i. m.
Das gestielte, handförmig getheilte, anscheinend lederige
Blatt zeigt 5 lineal-lanzettliche Segmente. Im unteren Theile des
Blattes sind nur drei Segmente vorhanden, von denen die beiden
äusseren sich bald wieder theilen. Die einzelnen Blättchen sind
gezähnt, nur im unteren Drittel ganzrandig. Die Spitzen der
Blättchen sind nirgends erhalten. Die feinen Secundärnerven ent-
springen unter sehr spitzen Winkeln, ca. 10*'— 15", sind bogen-
läufig. laufen stellenweise dem Blattrand parallel und bilden
Schlingen. Die Verzweigungen erreichen den Blattrand theils in
den Zähnen, theils ausserhalb derselben.
Die Blätter stimmen mit den Beschreibungen und Abbildun-
gen Saporta' s und Marion' s vorzüglich überein.
Fundorte: Fig. 6: Sandgrube vor dem Königsthor.
Fig. 7 : Spitalgarten.
Deivalquea insignis Hos. et v. d. Mark.
Taf. XXXIV, Fig. 8.
Hosius et V.D.Mark: Flora d. westfäl. Kr. etc., t. 32, f. 111—113;
t. 83, f. lOy; t. 34, i. 110, p. 48.
Ein einzelnes lancettförmiges Blättchen mit kräftigem Mittel-
nerv. Die Secundärnerven sind nicht erhalten. Es unterscheidet
sich von D. aquisgranensis durch seine lanzettförmige Gestalt
und durch die gröberen, dichter stehenden und tiefer herabge-
henden Zähne. Ich kann das Blättchen jedoch nur mit Vorbehalt
zu Detvalquea insignis stellen, da die Möglichkeit, dass ein Blatt,
etwa einer Myricacee, vorliegt, nicht ausgeschlossen ist.
Fundort: Am Wege nach Gemmenich.
Phyllites sinuatus nov. sp.
Taf. XXXIV, Fig. 9.
Der Blattrest zeigt einen buchtigen Rand und eine anschei-
nend keilförmige Basis. Die Nervatur ist netzläufig. Der Mittel-
672
nerv ist kräftig und etwas gebogen. Die feinen, sehr genäherten
Secundärnerven entspringen unter Winliehi von 50 *• — 60"; sie
sind gerade oder sanft gebogen, stellenweise auch etwas geschlän-
gelt, einfach oder gegabelt, auch in der Nähe des Randes mit
dem nächsten Secundärnerven sich vereinigend. Die Tertiärnerven
sind netzläufig. Das sehr feine Blattnetz zeigt polygonale Maschen.
Aehnliche Nervaturen finden sich bei Myricaceen , Proteaceen,
Myrtaceen, Leguminosen, Celastraceen und Ilicaceen. Nirgends
aber findet sich, wenigstens an dem Material von lebenden Pflan-
zen und Abbildungen, das mir zu Gebote steht, mit dieser Ner-
vatur der buchtige Rand vereinigt. Es war mir daher nicht
möglich, das Blatt in eine lebende Gattung einzureihen. Unter
den beschriebenen Kreidepflanzen, die ich vergleichen konnte,
fand sich ebenfalls nichts, das dem Blatt auch nur einigermaassen
ähnlich ist. Von den Tertiärpflanzen zeigen zwar einige eine
ähnliche Nervatur, wie Hex celastrina Sap. {Annales d. sc. nat.,
5. ni, t. 8, f. 1), sowie verschiedene Celastraceen, die Saporta,
Ettingshausen. Heer u. A. abbilden; allen aber fehlt der buch-
tige Rand. Würde die Blattspitzs erhalten sein, so würde sich
vielleicht entscheiden lassen, ob eine Celastraoee vorliegt, da bei
diesen die secundären Leitbündel in der Nähe der Blattspitze
meist stark bogenförmig sind. Dass Celastraceen und Bicaceen
im Tertiär Europas vorkommen, zeigt Conwentz an Blüthen und
Früchten im Bernstein. Das Vorkommen in der Kreide ist daher
nicht ausgeschlossen. (Vergleiche hierüber: Schenk, Handbuch,
p. 577 tf.)
Ich bezeichne das Blatt vorläufig als Phyllites sinuatus.
Weiteres Material muss entscheiden, welche Gattung hier vorliegt.
Fundort : Spitalgarten.
Phyllites sp.
Taf. XXXIV, Fig. 10.
Das linear-lanzettliche, ganzrandige, lederige Blatt hat seine
grösste Breite im oberen Drittel. Der Mittelnerv ist hervortre-
tend, gegen die Blattspitze zu schwächer werdend. Von Secun-
därnerven ist nichts zu bemerken. Als diagnostisches Hilfsmittel
ist dieses Fehlen natürlich nicht zu verwenden. Aus der Gestalt
des Blattes, dem Rande und dem Mittelnerv allein Schlüsse zu
ziehen, halte ich für verfehlt und sehe daher von einer Benen-
nung des Blattes ab.
Fundort: Spitalgarten (Wingertsberg).
673
Nicolia Ung. aegyptiaca Ung.
Unger: Der versteinerte Wald bei Cairo. Sitzungsber. d. matli.-
nat. Classe d. kais. Akad. d. Wissensch., 33. Bd., t. I, f. 1, 2.
„ Notiz über fossile Hölzer aus Abj'ssinien. Sitzungsberichte,
54. Bd, I. Abth., t. I, f. 1—7.
Schenk: Fossile Hölzer der libyschen Wüste, t. HI, f. 7 u. 8; t. IV,
f. 11.
Das Vorliegende verkieselte Holz ist 20 cm lang und in der
Richtung der Markstrahlen 4 cm breit und ist das Bruchstück
eines ziemlich mächtigen Stammes. Schon makroskopisch kann
man auf Quer- und Radialbrüchen deutlich Gefässe und Mark-
strahlen unterscheiden. Jahresringe sind nicht vorhanden.
Die unregelmässig zerstreut liegenden Gefässe haben einen
Durchmesser von 0,75 bis 1,5 mm, stehen einzeln oder zu zweien,
seltener zu dreien, vieren oder fünfen in kurze, radiale Reihen
geordnet, oder es liegen zwei in tangentialer Richtung neben
einander. Der Querschnitt der Gefässe ist rundlich oder oval,
oder, wenn mehrere beisammen stehen, ein- oder mehrseitig ab-
geplattet. Sie bestehen aus kurzen oder längeren Gliedern und
zeigen Hoftüpfel, die namentlich auf tangentialen Schnitten deut-
lich hervortreten. Im Innern der Gefässe finden sich zellenähn-
liche Gebilde, die ich für Thyllen ansprechen möchte und die
auch Schenk und Unger in den ägyptischen Hölzern fanden.
Die Gefässe sind von einem Kranz von Zellen umgeben, die sich
auf Längsschnitten als Strangparenchym erweisen. Auf Quer-
schnitten ist das Parenchym nicht von den Libriformfasern zu
unterscheiden. Die Markstrahlen haben einen geschlängelten Ver-
lauf und begrenzen stellenweise die Gefässe. Auf Radialschnitten
sieht man, dass der Markstrahlkörper aus verschiedenen Gliedern
zusammen gesetzt ist. Während die Zellen der mittleren Zell-
reihen radial gestreckt sind, sind die der randlichen Reihen qua-
dratisch oder gar in der Richtung der Stammesaxe gestreckt.
Auf Tangentialschnitten sieht man. dass die zahlreichen, unregel-
mässig vertheilten, spindelförmigen Markstrahlen ein- bis vier-
seltener fünfreihig und bis 30 Zellen hoch sind.
Es kann kein Zweifel bestehen, dass das Holz von Aachen
denselben Bau zeigt, wie die von Unger und Schenk abgebildeten
und beschriebenen Exemplare aus Afrika. Der einzige Unter-
schied besteht darin, dass die von Unger abgebildeten Nicolien
(Schenk bildet keine Radialschnitte mit gut ei'haltenen Mark-
strahlen ab) Markstrahlen zeigen, die aus lauter gleichgestalteten
Zellreihen bestehen, während die randlichen Markstrahlzellen des
Aachener Holzes verschieden gestaltet sind. Der Erhaltungs-
zustand der ägyptischen Hölzer verhinderte möglicher Weise die
674
Erkennung dieser Verschiedenheit. Da die ägyptischen Hölzer
ebenso, wie das Holz von Aachen der jüngeren Kreide angehören,
so stehe ich nicht an, das letztere als Nicolia aegyptiaca Ung.
zu bezeichnen.
Bezüglich der systematischen Stellung der Nicolien nahm
Unger an. dass sie zu den Sterculiaceen oder Büttneriaceen ge-
hören, während Schenk dieselben zu den Caesalpineen stellen
möchte. Mit Sicherheit wird sich diese Frage wohl kaum ent-
scheiden lassen. Die Frage, ob überhaupt die Holzstructur sich
zur Bestimmung der systematischen Stellung verwenden lässt, ist
vielfach und neuerdings wieder von Felix ^) erörtert worden.
Felix kommt zu dem Schluss. dass die Gattungen fossiler Laub-
hölzer sehr ungleichwerthige Grössen darstellen, ähnlich wie bei
den fossilen Nadelhölzern, die ja auch die Glieder der verschie-
densten Gattungen in sich vereinen können. Danach ist es nicht
ausgeschlossen, dass das Holz von Aachen, trotz der gleichen
Structur, von dem ägyptischen systematisch verschieden ist. Einen
Schluss über die geographische Verbreitung der Nicolia zu ziehen,
halte ich daher für unstatthaft.
Schluss.
Im Folgenden gebe ich eine Zusammenstellung der bisher
von Aachen beschriebenen Pflanzenreste. Ausgeschlossen sind
davon die von Debey und Ettixgshausen beschriebenen Plantae
cellulares. Von den von diesen Autoren beschriebenen 19 Algen-
arten werden bei einer Revision des Materials wohl die aller-
meisten aus der Liste fossiler Algen gestrichen werden müssen,
nachdem Nathorst in seiner bekannten Arbeit darauf hinge-
wiesen hat. dass die sogenannten fossilen Algen theils Kriech-
spuren von Thieren, Spuren rinnenden Wassers, schlecht erhaltene,
vielleicht macerirte Reste höherer Pflanzen oder die Spuren vom
Wasser bewegter Pflanzen sind. Ferner werden vier Blattpilze
von Aachen beschrieben. Wenn es bei lebenden Blattpilzen nur
mit Hülfe des Mikroskops möglich ist. Gattung und Species fest-
zustellen, dann ist der wissenschaftliche Werth der fossilen Gat-
tungen und Species ein sehr problematischer , so lange nur
Abdrücke vorliegen, die eine mikroskopische Untersuchung nicht
gestatten. Dass die beiden zu den Flechten und Moosen ge-
rechneten Reste ^Nirklich solche sind, bezweifeln die Autoren
selbst. Bezüglich der Filices bemerke ich, dass Pteridoleimma
') J. Felix. Studien über fossile Hölzer, Leipzig 1882. — Die
fossilen Hölzer Westindiens, Cassel 1883.
775
ein Sammelname für solche Formen ist. die sich nicht mit leben-
den Vertretern der Klasse vergleichen Hessen; daher die grosse
Menge der Species.
Filices.
Gleicheniaceae.
Didymosurus comptonüfolius Debey et Ettingshausen.
— gleickenioides „ „
— varians „ „
Gleichenia protogaea „ „
Polypodiaceae.
Asplenium Brongniarti „ „
— Foersteri „ „
— caenopteroides „ „
Adiantiies Becaisneanum „ „
— cassebeeroides „ „
Sclnsaeaceae.
Lygodium cretaceum „ „
Marattiaceae.
Danaeites ScUotheimi „ ^
Filices incertae sedis.
Bonaveniurea cardinalis „ „
Carolopteris aquensis „ „
Monheimia polypodioides „ „
— aqtdsgranensis „ . „
Zonopteris Goepperti „ „
Benizia calopteris „ „
Raphaelia neuropteroides „ „
Pteridoleimma Elisabethae, Pf. Ritzianum, Pt. Benincasae
Pf. pecopferoides , Pf. orihophyllum , Pt Heissianum.
Pt. Haidingeri, Pf. Michelisi, Pf. Serresi, Pt. aneimii-
foliuni, Pt dubium, Pt Waterkey ni, Pt anfiquum,
Pt Kaltenliachi, Pt deperditum, Pt gymnorachis, Pt
odontopteroides , Pt leptophyllum , Pt pse^idadiantum,
Pt dichyodes, Pt arborescens Deb. et Ettingsh.
Coniferae,
Sequoia lieichenbachi Gein. sp.
— sp. (Carpolifhes Jiemlocinus Schloth).
Cunninghamifes squamosus Heer.
Moriconia cydotoxon Deb. et Ettingsh.
676
Nojadaceae.
Caulinia Mülleri Pomel.
CupitUf'erae.
Dryophyllum cretaceum, Dr. aquisgranense, Dr. Alherti-
Magni, Dr. Heeri, Dr. tenuif'oliuyn, Dr. gracüe, Dr. rega-
liaquense, Dr. Lerschianum, Dr. Lesquereuxianum , Dr.
Crejnm, Dr. Eodrys, Dr. DetJiimusiamim, Dr. txiguum,
Dr. Benthianum, Dr. campteroneurum Debey.
Myricaceae.
Ilyricophyllnm haläemianum Hos. et v. d. Mark.
— aspleniaides Lange.
Urticaceae.
Ficus gracüis Hosius.
Laiiraceae.
Laurophyllum aquisgranense Lange.
Hanuneulareae.
Deioalquen aquisgranensis Sap. et Mar.
— msignis Hos. et v. d. Mark.
Plantae incertae sedis.
Phyllites stnuahis Lange.
— sp. _
Nicolia aegyptiaca Unger.
677
3. Die marinen Ablagerungen auf Gran
Canaria.
Von den Herren A. Rothpletz und V. Simonelli in München.
Hierzu Tafel XXXV u. XXXVI.
Der nachfolgende Aufsatz ist auf Grund einer Arbeitstheilung
entstanden, welche in den beiden Abschnitten über Stratigraphie
und Fauna einen entsprechenden Ausdruck gefunden hat.
Der eine von uns hat Gran Canaria im Jahre 1887 besucht,
die zu besprechenden Ablagerungen an Ort und Stelle untersucht
und darin Aufsanindungen veranstaltet. Er wurde hierbei von
dem Director des naturhistorischen Museums zu Las Palmas, dem
Herrn Dr. Don Gregorio Chil y Naranjo in der liebenswür-
digsten und entgegenkommendsten Weise unterstützt. Zugleich
hat dieser Herr das im dortigen Museum befindliche, noch unbe-
arbeitete Material von Versteinerungen nüt dankenswerthester Be-
reitwilligkeit uns zur Verfügung gestellt und hierher nach München
gesendet, wofür wir ihm auch an dieser Stelle unseren wärmsten
Dank aussprechen wollen.
Der andere von uns, welcher sich schon früher vielfach mit
der lebenden und fossilen mediterranen Fauna beschäftigt hat,
übernahm zu Anfang dieses Jahres die Bearbeitung der so zu-
sammengebrachten Versteinerungen, wobei er durch das reiche
Vergleichsmaterial, welches die hiesige paläontologische Sammlung
besitzt und das ihm durch die Güte des Herrn Prof. von Zittel
zugänglich war, wesentlich unterstützt wurde.
Diese marinen Ablagerungen Canarias sind schon mehrfach
beschrieben worden, aber doch immer nur bei Gelegenheit an-
derer Untersuchungen. Die Versteinerungen derselben hat Lyell
zwar sehr ergiebig gesammelt, aber über die Bestimmungen der-
selben, welche P. P. Woodward vornahm, ist nur das Wenige
bekannt geworden, was Lyell darüber veröffentlicht hat^).
Das Interesse, welches wir diesem Gegenstande entgegen-
') Ch. Lyell. The students elements of Geology, 2 edit., 1874,
p. 537 und Elements of Geology, 6 edit, 1865, p. 668.
Zeitschr. d. D. g-eol. Ge?. XLII. 4. 45
678
bringen dürfen, ist ein doppeltes. Einmal ist es ein mehr locales
und bezieht sich auf die Altersbestimmung, welche wir daraus
für die Insel selbst gewinnen; denn die marinen Schichten stehen
mit den vulkanischen, welche die Insel hauptsächlich aufbauen,
in ähnlicher Weise in Zusannuenhang wie auf Madeira und den
Azoren. Sodann ist es ein allgemeineres Interesse, da die Fossi-
lien eine Küstenfauna mitten im Ocean darstellen, welche sowohl
zur gegenwärtigen als auch zur miocänen Küstenfauna des Mittel-
meergebietes in enger Beziehung steht, ganz ebenso wie das theil-
weise ja auch für die jetzige Land-Flora der canarischen Inseln
der Fall ist.
I. Die Stratigraphie.
Die von uns untersuchten marinen Ablagerungen liegen am
nordöstlichen Rande der Insel Gran Canaria und bilden daselbst
ein durch vulkanische Schuttkegel nur wenig unterbrochenes, in
zwei Terrassen gegen das Meer abfallendes Flachland.
1. Die Hochterrasse.
Die obere Terrasse endet zumeist mit einem bis 80 m hohen
Steilabfall, an dessen Fuss entweder die Meeres wogen unmittelbar
anbranden, oder eine zweite niedrigere Terrasse sich anlegt, de-
ren Höhe 15 m selten übersteigt und die sich bis zum Meeres-
strande bis nahe an die Fluthgrenze herabsenkt. Wie diese zeigt
auch die Hochterrasse eine gegen das Meer hin gerichtete Nei-
gung der Oberfläche. Geht man deshalb von ihrem Steilrande
aus landeinwärts, so steigt man langsam aber stetig bergan, und
um so schneller, je weiter man sich von der Küste entfernt; denn
allmählich und ohne scharfe Grenze geht die Terrasse in das
Bergland der Insel über, welches sich in seinen höchsten Punkten
bis nahe an 2000 m über den Meeresspiegel erhebt.
Den geologischen Aufbau der Hochterrasse kann man an
ihrem weithin verfolgbaren, unteren Steilabfall sehr bequem stu-
diren. Man hat in der Nähe von Las Palmas gewöhnlich fol-
gende Schichtenreihe von oben nach unten:
1. Oberste, der Oberfläche sich anschmiegende und discor-
dant auf den älteren Schichten lagernde Mergeldecke.
2. Geschichtete, meist ganz kalkfreie Kiese und Conglome-
rate , deren Gerolle von den vulkanischen Gesteinen der
Insel gebildet werden.
3. Marine Mergelsande und Sandsteine, stellenweise reich an
wohl erhaltenen Versteinerungen. Bis 10 m mächtig.
4. Gelbliche Kalksteinbank, 0.5 bis 1 m mächtig.
679
5. Lavendecken von Phonolith oder Basalt, stellenweise aucli
ganz fehlend.
6. Geröll- und Sandlager mit Sandsteinen und Conglomeraten
wechselnd. Yersteinerungslos.
7. Mächtige submarine ungeschichtete Bimsteintufl'e , die im
Süden von Las Palmas vielfach als Werksteine gebrochen
werden.
Wo 3 und 4 wohl entwickelt sind, fehlt 5 gewöhnlich ganz,
und tritt erst im Süden von Las Palmas und landeinwärts z. Th.
in grosser Mächtigkeit auf, d. h. in den Richtungen, nach wel-
chen die versteinerungsführendeu Schichten, soweit die tieferen
Einschnitte der Barrancos dies zu beobachten gestatten, sich
langsam auskeileu.
In den Schichten 6 fällt, besonders im Norden des Castillo
del Key, die Grösse auf, welche sehr viele der Gerolle annehmen.
Blöcke von Lavengesteinen mit wohl abgerundeten Aussenseiten
sind nicht selten, die über 3 cbm messen. Auch in Schicht 2
kommen solche, wenn auch nicht so häufig, vor.
Als besonders ergiebige Fundorte für Versteinungen ergaben
sich die Umgebung von La Vista und der Cueva de mata. La
Vista liegt im Südwesten der Stadt auf der Höhe eines zungen-
förmig vorspringenden Abschnittes, welchen zwei sich vereinigende
Barrancos aus der Hochterrasse herausgeschnitten haben. Man
sammelt mit Erfolg sowohl auf der südlichen als auch auf der
nördlichen Flaiüie dieses Vorsprunges. Die Cueva de mata be-
findet sich im Nordwesten der Stadt auf der Nordflanke eines
Barrancos, in welchen die Fahrstrasse nach Aruca herauftuhrt.
Das L ith oflia m n ii(, m -Lager.
Eine der aufiälligsten Erscheinungen ist das Kalklager 4,
welches vorwiegend aus rundlichen, bis 4 cm im Durchmesser
messenden, gelblich weissen Kalkgeröllen besteht. Da KalkgeröUe
den übrigen Kiesen und Conglomeraten der Hochterrasse gänzlich
fehlen, so ist es fast befremdend, dass weder L. von Buch^),
noch Berthelot ^) bei Beschreibung dieser Schichten ihrer Er-
wähnung gethan haben. Nur K. von Fritsch^) scheint sie im
Auge gehabt zu haben, wenn er sagt: „Lidessen gehen .... theils
durch Mitwirkung von Algen, theils auch wohl blos durch den
Wellenschlag, der nahe den Küsten die halb gebundene Kohlen-
^) Physikalische Beschreibung der Canarischen Inseln, Berlin 1825.
^) Histoire naturelle des iles Canaries, Paris, tome II, 1839.
ä) Geologische Beschreibung der Insel Tenerife, Winterthur 1868,
p. 428.
45-
680
säure zur Verdunstung bringt, Kalksteinbildungen vor sich, wie
es durch die von den Wellen an's Land geschleuderten dichten
Kalksteinstücke von lederbrauner Farbe und mit recenten Conchyl-
resteu dargethan wird, die man besonders am Fusse des Calde-
reta-Kegels bei Sta Cruz de la Palma und an mehreren Küsten-
punkten Gomeras findet. Gerade diese recenten Kalkablagerungen
sind es, welche in der Gesteinsbeschati'enheit den meisten der im
Conglomerat von Las Palmas eingelagerten und den auf Fuerte Ven-
tura vorkommenden Kalksteinen mit tertiären Conchylien gleichen."
Ich verrauthe, dass diese losen Kalkstücke mit lederbrauner
Farbe Lithothamnnmi- oder LithophyUum-KyioWQw waren, die noch
etwas von der Farbe erhalten hatten, welche diese Körper wäh-
rend ihres Lebens schmückt. Sicher jedenfalls trifft diese Deu-
tung für die tertiären KalkgeröUe von Las Palmas zu, welche
alle im Querbruch schon dem unbewaffneten Auge den eigenthüm-
lichen. concentrisch-schaligen Aufbau dieser Kalkalgen um einen
fremden Körper herum, und unter dem Mikroskop den so cha-
rakteristischen Zellenaufbau erkennen lassen. Manche dieser Ge-
rolle, welche durch die Abrollung weniger gelitten haben, zeigen
auch noch die Anfänge kleiner ästiger Verzweigungen, und in
den Sanden, welche jene Kalkconglomeratbank überlagern, fällt
es sehr leicht, vereinzelte Knollen aufzufinden, welche noch so
vollständig erhalten sind, dass man diese Körper schon nach ihrer
äusseren Form geradezu mit dem noch lebenden Lith. racemns
identificiren muss.
Eme genauere Beschreibung werde ich im nächsten Bande
dieser Zeitschrift geben.
Neben diesen LitJiofJiammum - Knollen betheiligen sich aber
noch viele andere Körper an dem Aufbau jener Kalkbank: mehr
oder minder eckige Gerolle von vulkanischen Gesteinen, ganze
oder zerbrochene Gehäuse von Zweischalern und Gastropoden,
Fischzähne, Bryozoengerüste und anderes. Häufig sitzen auf und
zwischen den Algenknollen die dickwandigen Ptöhren jenes merk-
würdigen Gastropoden, welcher einem ganz neuen Geschlecht an-
zugehören scheint und dessen Vorkommen auf diese Bank be-
schränkt ist. Zwischen diesen grösseren Bestaudtheilen ist dann
noch feiner Sand eingestreut von der gewöhnlichen Beschaffenheit
des auch darüber liegenden marinen Sandes. Das Ganze ist durch
ein festes, feinkrystallinisches Kalkcäment entweder zu einem har-
ten Gestein verfestigt, oder nur theilweise zusammengefügt, wobei
dann mehr oder weniger die Conglomeratnatur hervortritt.
Auch in der Gegenwart geht eine ähnliche Bildung am
Strande von Gran Canaria vor sich. Figur 1 zeigt an der
Fluthgrenze der Playa de la Luz ein Sand- und Gerölllager,
681
Figur 1.
welches auf älterem, miocänem Conglomerat (I) ruht und von einer
dünnen Mergelschicht (III) bedeckt wird. Dieses Lager ist erfüllt mit
LifJwfJmmiiixiH-KnoWen von einem Durchmesser bis zu 4 cm und
Lithophi/lhi m-KnoWen bis 10 cm. Viele sind ganz abgerollt, an-
dere tragen noch ihre Aeste wohl erhalten, während dazAvischen
kleine bis erbsengrosse Körperchen, die abgebrochen und dann
abgerollte Aestchen darstellen. Dazwischen kommen natürlich
auch die Reste anderer Thiere und Sandkörner vor, und es fehlt
nur das feste Kalkbindemittel, um aus dieser Schicht ein der
miocänen Kalkbank vollständig ähnliches Gestein zu machen.
2. Die Niederterrasse.
Diese der Hochterrasse vorgelagerte untere Terrasse ist es,
auf welcher die Stadt Las Palmas erbaut ist und welche die aus
vulkanischen Ausbruchsgesteinen gebildete Isleta im Norden von
Las Palmas mit der höheren Terrasse verbindet und so aus ihr
eine Halbinsel gemacht hat. Soweit die Wurzel dieser Halbinsel
aus der unteren Terrasse besteht, hat sie einen ganz flachen und
von Dünensand vielfach überwehten Küstensaum, der im Osten
den Namen Playa de la Luz, im Nordwesten Playa de Con-
fital führt.
Figur 2.
%^gs
Diese Terrasse ist das Product der Meereserosion, durch
welche die älteren, miocänen Schichten der Hochterrasse (I) in einer
Breite von mehreren hundert Metern bis auf den mittleren Meeres-
spiegel herab abgetragen worden sind.
Am jetzigen Meeresstrand sieht man überall zur Ebbezeit
im Süden von Las Palmas die Phonolithe und im Norden der
Stadt ein hartes, miocänes Conglomerat die Basis dieser Terrasse
bilden, auf denen sich erst in neuerer Zeit eine verhältniss-
682
massig dünne Decke von Sand und Kies (II) abgelagert hat die
weiter landeinwärts den sehr wahrscheinlich gegen die höhere
Terrasse hin allmählich etwas ansteigenden Untergrund gänzlich
verhüllt. Sicher reichte das Meer in einer früheren Zeit hö-
her als jetzt herauf und bespülte den Fuss der Hochterrasse,
hier zugleich Sedimente ablagernd , welche jetzt trocken ge-
legt sind. Dicht an jener höheren Terrasse hat man schon
vor mehreren Jahren hinter einem Landgutc von S. Catalina im
Norden von Las Palmas einen Stollen in das Steilgehänge ge-
trieben in der allerdings aussichtslosen Hoifnung im Miocän eine
Wasserquelle anzutreffen. Dabei war man gezwungen, zuerst den
Schuttkegel zu durchfahren, welcher ganz regelmässig den Fuss
des Steilabfalles verdeckt. Unter dieser nicht sehr mächtigen
Masse von Gehängeschutt und Gehängelehm mit vielen Helix-
Gehäusen traf man in unerwarteter Weise auf versteinerungsreiche
marine Sandsteine und Conglomerate (**), welche aber 50 m tiefer
liegen als diejenigen der nahen miocänen (*) Schichten. Sie sind
dem unteren versteinerungslosen Conglomerat der Hochterrasse
nur vorgelagert und erweisen sich sowohl hierdurch als durch
ihre Versteinerungen als eine jüngere pleistocäne Bildung. Auch
Ch. Lyell hat diese Schicht, aber wie es scheint an einer an-
deren Stelle aufgefunden. Er giebt an, dass sie 35 Fuss über
Meer und 150 Fuss vom Strande entfernt liege, während unser
Fundort etwa doppelt so hoch und fast zehnmal so weit vom
Strande ab liegt.
Auch diese pleistocänen Schichten sind gegenwärtig zum
grössten Theil der Erosion zum Opfer gefallen, und lockerer Sand
und Mergel sind es hauptsächlich, welche den Boden der unteren
Terrasse zusammensetzen. Von diesen Ablagerungen der jüngsten
Zeit, deren Bildung noch immer fortschreitet, müssen wir auf
zwei besondere Arten noch die Aufmerksamkeit lenken.
a Die sogen. Oolithe von Gran Canaria.
L. VON Buch (1. c, p. 258) sagt in seiner Beschreibung der
Insel Gran Canaria: „Der heftige Nordostpassat, der unausgesetzt
den ganzen Sommer hindurch weht, erhebt die leichten Brocken
von zerbrochenen Muscheln und kleine, durch die Wellen abge-
rundete Körner von Trachyt und von Basalt, führt sie über die
schmale liandenge von Guanarteme. welche die Isleta mit der
grösseren Insel verbindet, und setzt sie auf der anderen Seite
als Dünen wieder ab, von 80 oder 40 Fuss Höhe, welche nord-
deutschen Dünen vollkommen ähnlich sind. Hinter den Dünen
trifft der Wind das Ufer nicht mehr, die Wellen spielen unauf-
hörlich mit dem Sande und das Wasser verbindet es nach und
683
nach zur testen Masse, welche zur Ebbezeit weggebrochen wird.
Das Wasser dieser Wellen ist den grössten Theil des Jahres
hindurcJi bis über 20" R. erwärmt und mit dieser Temperatur
scheint es durchaus und überall eine besondere Fähigkeit zu
erhalten, Kalktheile mechanisch aufzulösen, schwebend zu erhalten,
und sie als Sinter wieder abzusetzen, dort nemlich wo der hef-
tige Wind die anfangende Bildung nicht immer wieder zerstört."
So erklärt sich L. v. Buch die Entstehung eines Gesteines,
das technisch zur Herstellung von Filtrirsteinen ausgebeutet wird
und das er weiterhin in folgender Weise charakterisirt: „Unter-
sucht man diesen Filtrirstein etwas genauer, so könnte man ihn
leicht für einen Rogenstein halten. Die meisten Körner nemlich
sind rund, kalkartig und umgeben einen sichtbaren Kern, um so
sichtbarer, da er gcAvöhnlich ein dunkler, kleiner Brocken von
Basalt oder Trachyt ist. Oft aber erkennt man auch deutlich
ein grösseres Stück einer Muschel, welches einen solchen Kern
bildet. Grössere, nicht mit solcher Kalkrinde umgebene Trachyt-
und Basaltstückchen mögen durch ihre Ecken die Filtrirlöcher
bilden, und ohne sie würde man vielleicht das Ganze unbedenk-
lich für Rogenstein ansehen. Wenigstens leugne ich nicht, dass
ich, seitdem ich die Bildung dieser Filtrirsteine sah, die Rogen-
steine der Juraformation nie für etwas anderes habe ansehen
können als für die Folge einer grossen Bewegung zerbrochener
Muscheln in einem sehr erwärmten Gewässer; auch zweifele ich
nicht, dass sich auf solche Art wohl noch jetzt ganze Rogenstein-
flötze auf Korallbänken der Tropengegenden absetzen mögen."
Berthelot (1. c, p. 364) drückt sich 14 Jahre später in
folgender Weise über diesen Gegenstand aus: „Des oolites, aussi
caracterises que ceux du Jura, de Caen en Normandie ou de Bath
en Angleterre, se forment journellement sur les plages de la
grande Canarie C'est sur les plages exposees constamment
ä l'action des vents alises que ce phenomene a lieu "
Seine Erklärung schliesst sich vollständig an die von v. Buch
gegebene an, aber während dieser immer noch in der Porosität
der canarischen Gesteine einen bemerkenswerthen Unterschied
von den echten Oolithen sieht, geht Berthelot hierüber still-
schweigend hinweg.
Auch K. VON Fritsch ^) berührte diese Gebilde 1867: „Der
Dünensand ist in einzelnen Bänken, namentlich im Meresniveau,
zu oolithischem Kalkstein geworden, der sich da noch fort und
fort bildet; zum Theil geht derselbe aus den erhärteten Kalk-
^) K. VON Fritsch. Eeispbilder von den Canarischen Inseln. Pe-
termann's geogr. Mitth., Ergänz. -Heft 22, 18ö7, p. 23.
684
Sandsteinen hervor, welche die kleinen Riffe zu beiden Seiten des
Isthmus bilden. Diese Sandsteine, aus Muscheltrümmern und den
dunklen Körnchen zerraahlener vulkanischer Gesteine gebildet,
liefern das beste Material für die Filtrirsteine." Ein Jahr später
aber erhalten wir von demselben Autor ^) eine eingehendere Dar-
stellung, wobei die Worte: „So werden aus den losen Kalkdünen
feste Kalksteine, von denen oft eijizelne Lagen noch sandartig
erscheinen, andere aber durch das Hervortreten der einzelnen
ursprünglich vorhandenen Kalkkörnchen an Oolith erinnern", deut-
lich erkennen lassen, dass zwischen diesem Gestein und Oolith
doch eine bedeutende Verschiedenheit besteht.
Betrachten wir uns nun die fraglichen oolithischen Kalksteine
an Ort und Stelle, so erkennen wir liagerungsverhältnisse, wie sie
Figur 3 darstellt, und die durchaus mit den schon angeführten
Figur 3.
Schilderungen übereinstimmen. II bildet die Unterlage und ist
Meeressand, vermischt mit Resten abgestorbener Algen und mehr
oder minder grossen Schalfragmenten von Meeresthieren. Die
Sandkörner bestehen aus Augit, Olivin. Feldspath und anderen
Mineralien vulkanischer Gesteine, sowie aus abgerollten Bruch-
stücken kalkiger Hartgebilde, wie sie die abgestorbenen Seethiere
liefern. Landwärts werden diese Sande von einem feinerdigen,
bräunlich gelben Mergel (HI) bedeckt, der nur massig fest ist
und voll von Gehäusen abgestorbener Helix-, Pitpa- und Cyclo-
stoma - Arten steckt. Nur ab und zu hat sich auch ein mehr
oder minder abgeriebenes marines Schalengehäuse in diese I^age
verirrt^). Seewärts ragen die Schichtköpfe sehr schwach ge-
neigter Sandsteinbänke (I) aus den sie bespülenden Meereswellen
hervor. Der lockere und bei Wind fortwährend in Bewegung
gehaltene Dünensand (im) wird vom Passat und der Seebrise
regelmässig von NO her auf die älteren Schichten herauf und
über sie hinweg geblasen. Die Hauptmasse derselben wandert in
Folge dessen landeinwärts und nur ein kleiner, randlicher Theil
wird bei l wieder in's Meer getrieben, wo er an der beständig
^) K. V. Fritsch und W. Reiss. Geol. Beschr. der Insel Tenerife,
1868, p. 427.
*) Umgekehrt kommen auch Helix - Gehäuse unter den marineu
Schnecken vor, welche man zur Ebhezeit am Str;nul aufliest. Ich be-
sitze ein solches von Helix malleata, in welchem noch der Einsiedler-
krebs sitzt, der es zu seiner Wohnung erkoren und in das Meeres-
wasser hinausgeführt hatte.
685
vor sich gehenden Santlsteinbildung einen wesentlichen Antheil
nimmt.
Schlägt man sich von den bei niederem Wasserstand zu-
gänglichen Schichtköpi'en ein Stück des Sandsteines ab, der ober-
flächlich von zahlreichen Serpula-Gehämsen bedeckt zu sein pflegt,
so fällt zunächst seine sehr lockere Beschaffenheit auf. Er lässt
sich ganz leicht mit der Hand zerreiben und zerlegt sich hierbei
in seine einzelnen Bestandtheile. Die Sandsteinkorner haben die-
selbe Beschaffenheit und gleiche Grössen wie die Körner des
Dünensandes und unterscheiden sich dadurch auffallend von dem
Meeressande bei IL Ihr Durchmesser überschreitet selten einen
Millimeter, ist aber gewöhnlich geringer. Es sind kleine, schwärz-
liche Basalt- und grünliche Phonolithstückchen, lichte Feldspathe,
schwarze Augite, hell gelbe Olivine. Titanite und röthlich braune,
stark umgewandelte Mineralkörner, daneben die lichtfarbigen Kalk-
schalenkörner, unter denen auch grössere Bruchstücke von Fora-
miniferen - Gehäusen vorkommen. Zwischen all' diesen Körnern
liegt, gewissermaassen als Bindemittel, ein feiner, heller, mine-
ralischer Staub, der aber keinen festen Zusammenhalt hat, wes-
halb das Gestein so leicht zerrieben werden kann.
Bringt man etwas von der zerriebenen Masse unter das Mikro-
skop, so zerlegt sich dieser Staub in kleinste Kalkkörnchen, deien
Durchmesser zwischen 1 und 7 Tausendstel Millimeter schwankt und
die sich unter Entwicklung von Bläschen leicht und rasch in Salz-
säure auflösen. Diese Staubkörnchen adhäriren an den grösseren
Sandkörnern, z. Th. selbst nach Zusatz von Wasser, während ein
anderer Theil alsdann leicht abfällt, sodass die dunklen Augit-
körner von einzelnen, bei auffallendem Licht hell aufleuchtenden
Kalkkörnchen wie gespickt erscheinen. Nach Auflösung in Salz-
säure bleiben neben den Silicatkörnern nur noch winzig kleine,
unregelmässig gestaltete Häutchen oder Schüppchen zurück, welche
zwischen gekreuzten Nicols nur sehr schwach aufleuchten und das
Aussehen macerirter Zellhäute haben. Auch etwas grössere, schon
mit der Lupe erkennbare Partieen von Zellhäuten liegen eben-
falls und nicht selten zwischen den grösseren Sandkörnern.
Ein festeres Gefüge zeigt dieser Sandstein in grösserer Tiefe,
wo er stets vom Meereswasser bedeckt bleibt, und nur diese
„. Qualität kann zu Filtrirsteinen verarbeitet wer-
den. Er allein hat insofern ein oolithisches Aus-
sehen, als jedes der Sandkörner von einem
papierdünnen . milchweissen Kalküberzug mehr
oder weniger vollständig eingehüllt ist. (Fig. 4
in lOfacher Vergrösserung.) Wo die so ein-
geschlossenen Sandkörner einander berühren,
sind die Hüllen mit einander verwachsen, sodass sie geradezu
ein im Gestein liegendes, zelliges Maschenwerk bilden. Da die
Sandkörner nur kantengerundet, aber nie kugelrund sind, so las-
sen sie zwischen sich kleine, unregelmässige Hohlräume frei, die
auch von den dünnen Kalkhüllen nicht ausgefüllt werden, deren
Maschenmerk also grössere Zellen besitzt, in denen die Sand-
körner liegen, und kleinere, unter einander communicirende. welche
hohl sind und denen das Gestein seine Brauchbarkeit zum Fil-
triren verdankt. Bricht man einzelne Sandkörner vorsichtig heraus,
so bleibt in der Regel die untere Hälfte des kalkigen Ueberzuges
im Gestein zurück als Negativ des herausgenommenen Kornes.
Von Oolithen unterscheidet sich dieser Stein schon äusserlich
hinreichend. Keines der umhüllten Körner zeigt kugelrunde For-
men. Die unregelraässige und meist eckige Gestalt der Sand-
körner wird von dem dünnen üeberzug nicht verhüllt, um so we-
niger als derselbe gar nicht selten lückenhaft ist und das Korn
entblösst hervorschauen lässt. Auch sind die Kalkhüllen weder
hart, noch haften sie fest den Körnern an. Mit einem spitzen
Messer schabt man, ohne den geringsten Widerstand zu ver-
spüren, den üeberzug wie eine seifige Masse von seiner Unterlage
ab. In Wasser gebracht, zerfällt die Masse rasch in ihre Bestand-
theile und wir erkennen in diesen unter dem Mikroskop dieselben
Kalkstaubkörnchen und winzigen organischen Häutchen , sowie
etwas grössere (3 Hundertstel Millimeter) Körner von Augit,
Olivin und Titanit, wie sie auch das Bindemittel des vorhin be-
sprochenen, lockeren Sandsteines zusammensetzen.
Wo grössere, schon mit der Lupe erkennbare Massen or-
ganischer Natur eingeschlossen sind, hat sich der Kalkstaub be-
sonders hartnäckig auf denselben eingenistet. An einem Gemenge
pflanzlicher Zellschläuche (die einzelnen Zellen waren bis 0,2 mm
lang und 1 mm breit) hafteten dieselben so fest, dass weder der
Zusatz von Wasser, noch der Druck des Deckgläschens, noch
auch die Präparirnadel dieselben abstreifen konnte. Erst Salzsäure
löste sie rasch auf. Es geht daraus hervor, dass die mikrosko-
pische Beimengung organischer Substanzen wesentlich zum Zu-
sammenhalt der kalkigen Ueberzüge und damit auch zur Festigkeit
des ganzen Gesteins beitragen muss.
Dieses Gestein kann nicht anders bezeichnet Averden als
poröser Sandstein, weil das Bindemittel von feinem Staub und
organischer Masse nicht alle Zwischeiu'äume ausfüllt, sondern häutig
die Sandkörner umhüllt. Dabei haben seine Elemente aber weder
eine zonale, noch eine radiale Anordnung erhalten, und sie
lassen einen Vergleich mit Oolithen schon aus diesem Grunde
ganz besonders aber auch noch deshalb nicht zu, weil sie nicht
687
authigeu, sondern allotliigen sind. Das vorwiegend kalkige Binde-
mittel ist nicht aus einem Niederschlag des im Meereswasser in
Lösung betin dlichen kohlensauren Kalkes entstanden, sondern wird
als feiner Staub mit dem Dünensand in das Meer hineingeweht,
wo es unter dem Druck des nur schwach bewegten Meereswassers
sich mit allerhand organischen Resten vermischt, fester an die
Dünen-Sandkörner anschliesst und sie gewisscrmaassen verkleistert,
während da. wo näher an der Mecresobei-fläche der Druck fehlt
und der Wellenschlag sich heftiger bemerkbar macht, es zu keiner
wirkhchen Umhüllung kommt und das Bindemittel seinen staub-
artigen Charakter behält.
b. Der Steppenmergel und -kalk.
Der soeben besprochene Kalkstaub, welcher ein Begleiter
des Dünensandes ist. hat bisher nur wenig Beachtung gefunden.
K. V. Fritsch erwähnt ihn blos einmal und Haktung, welcher
die Kalk- und Mergelbildungen auf den Canarischen Inseln und
Madeira am eingehendsten behandelt hat. scheint ihn gar nicht
zu kennen.
Der Wind, welcher den Dünensand landeinwärts trägt, nimmt
vom Strande nur diejenigen Körner mit. deren Gewicht seiner
Tragfähigkeit nicht trotzen. Der Durchmesser dieser Körner
überschreitet bei Las Palmas für gewöhnlich 1 mm nicht. Die
Kraft des Windes nimmt landeinwärts wegen der zu überwinden-
den Reibung allmählich ab. und deshalb wandert der Dünensand
auch nur eine beschränkte Strecke weit in's Land. Zugleich
muss er. der Küstenbeschaffenheit entsprechend, bergan steigen,
und bei Las Piletas ist er am Gehänge bis zu Höhen von 60 m
heraufgeweht worden. Diejenigen Körnchen, welche sehr klein
sind und die wir als Staub zu bezeichnen pflegen, Averden von
demselben Winde natürlich viel leichter fortgeschafft und auch
höher in die Luft emporgetragen als die Sandkörner, in Folge
dessen sie ein viel grösseres Areal bedecken als diese. Selbst
an Orten, wo die geringe Stärke des Windes oder die Ungunst
des Geländes Dünenbildung gänzlich ausschliesst . finden wir oft
den Kalkstaub ziemlich weit verbreitet. Die Art seiner Verbrei-
tung ist allen Beobachtern aufgefallen und am eingehendsten von
Hartuncj^) beschrieben worden: ^Diese oberflächlichen Kalkabla-
gerungen erlangten auf den unteren sanft geneigten Küstenstrichen
eine Mächtigkeit von 2 bis 8 Fuss. während sie an den steiler
^) G. Härtung. Geolog. Beschreibung der Insel Madeira, Porto
Santo; Leipzig 1864, p. 168. — Siehe auch: Derselbe, Die Azoren,
Leipzig 1864, p. 295 — 304.
688
ansteigenden Gehängen nur dünn bleiben; nach aufwärts aber
spitzen sie endlich ganz aus, oder reichen ausnahmsweise, wie
z. B. an der Cuesta de la Villa auf Fuerte Ventura, unter be-
sonderen Verhältnissen bis auf die Höhe hinauf."
Merkwürdiger Weise hat Härtung diese Ablagerungen in
keinerlei Beziehung zum Dünensand gebracht, sondern, durch
Lyell angeregt, den Versuch gemacht, sie aus der Zersetzung
der kalkhaltigen Basalte hei'zuleiten. welche z. Th. die Oberfläche
dieser Inseln bilden. „Schreitet die Zersetzung weiter fort und
werden die anfangs mehr zerfallenen als aufgelösten Gesteine all-
mählich gänzlich zerstört, so nimmt der Regen den Kalkgehalt
auf und setzt ihn nach dem Verdunsten des Wassers als kohlen-
sauren Kalk wieder ab Die Kalkkruste zerfällt ebenfalls
allmählich an ihrer Oberfläche und ihre Zersetzungsproducte wer-
den ebenso wie die vulkanischen Erzeugnisse an den Abhängen
herab auf die unteren sanft abgedachten Gehänge geschwemmt,
wo die meisten zur Ruhe kommen und der gelöste Kalk sich
unter der heissen Sonne des subtropischen Klimas aus dem schnell
verdunstenden Wasser wieder absetzt."
Danach würde also der Kalk hauptsächlich in der sogen.
Wald- und Wolkenregion entstehen und nach der Küstenregion
durch das Regenwasser herabgebracht werden. Wäre dem wirk-
lich so, dann müsste man auf Canaria, Tenerife und Madeira
mit ihren grossen und regenreichen Waldregionen besonders starke
Kalkablagenuigen , auf Fuerte Ventura und Lanzerote hingegen,
die eine solche Region gar nicht besitzen, und die wegen ihrer
Regenarnmth berüchtigt sind, nur sehr schwaclie Entwicklung der-
selben erwarten. Bekanntlich ist aber gerade das Gegentheil der
Fall, ja man hat sogar Jahre lang von den zwei letztgenannten
Inseln diesen Kalk nach den anderen canarischen Inseln ver-
frachtet, weil er dort zu gering entwickelt ist, um zum Kalk-
brennen genügend Material zu liefern.
Besonders unwahrscheinlich ist aber die HARTUNG-LvELL'sche
Erklärung für die Kalkablagerungen bei Las Palmas auf Gran-
Canaria, wo sie gerade über jenen flachen, breiten, terrassen-
förmig abfallenden Landstrich ausgebreitet sind, der von der
Waldregion weit entfernt liegt, und dessen Obeiüäche fast nie-
mals von den fliessenden Gewässern des Berglandes erreicht wird.
Fast überall nun, wo die Culturanlagen die ursprüngliche
Bodenbeschaffenheit nicht verändert haben, besitzt dieser flache
Landstrich auf seinen beiden Terrassen eine dünne, bis zu einem
Meter starke Oberflächendecke, die aus feinerdigem, gelblich
weissem Mergel besteht. Derselbe erinnert durch seine gleich-
massige Feinerdigkeit und durch seine geringe Festigkeit, die der
689
Gewinnung wohl geformter Handstücke sehr hinderlich ist, lebhaft
an unseren Löss. Stellenweise, besonders auf der unteren Terrasse
und ganz besonders auf der sogen. Isleta, schliesst er zahllose
Gehäuse von Landschnecken (Hel/'x maUeata Fer. , H. pisana
MtJLLER, H. plicaria Lam. , Cyclostoma canariensis, Pupa) ein.
die hinwiederum anderwtärts. und hauptsächlich auf der höheren
Terrasse, oft gänzlich fehlen. Die rundlichen Kalkconcretionen
(Lösskindl) unseres Lösses konnnen zwar nicht vor, dafür ist er
aber oberflächlich oft in dünnen Krusten zu hartem, klingendem
Kalkstein versintert.
Das Mikroskop lehrt, dass dieser Mergel aus winzigen, bis
5 Tausendstel Millimeter grossen Kalkkörnchen besteht, denen sich
einzelne bis 30 Tausendstel mm grosse Körnchen von Silicatraine-
ralien (aus den vulkanischen Gesteinen abstammend) und verhält-
nissmässig nicht selten pflanzliche Häutchen und Schüppchen
(Zellmembranen) zugesellen. Dieser Kalkstaub unterscheidet sich
in nichts von demjenigen, welcher das Bindemittel des submarinen
Filtrirsteines bildet. Dass beide Dünenstaub sind, der einmal
landwärts, das andere Mal leewärts getrieben wurde, ist unver-
kennbar. Ein Transport von aus Verwitterung der Basalte ent-
standenem Kalk von den Bergen der Insel herab über die breiten
Terrassen des Vorlandes ist hier ganz undenkbar. Das Regen-
wasser, welches von dort hei'abfliesst . ist ausschliesslich auf die
schmalen, tiefen Barrancos beschränkt, welche das Thalland durch-
furchen. Kein Tropfen derselben erreicht die Oberflächen der
Terrassen, wo sich jener Mergel findet, und auch in den Bar-
rancos ist das fliessende Wasser eine grosse Seltenheit. Der
landschaftliche Charakter dieses Theiles der Insel ist durchaus
ein steppenartiger. Quellen und regelmässig fliessende Gewässer
fehlen, die Regentage sind selten und hauptsächlich auf die
Winterzeit vertheilt. Die Regenmengen sind gering und fallen
gewöhnlich in heftigen Platzregen nieder, sodass sie keine Zeit
haben, in den harten, trockenen Mergelboden einzudringen. Sie
laufen deshalb in die tieferen BaiTancos rascli. ab oder verdunsten
auf dem Steppenboden, ohne ihn bedeutend anzufeuchten. Es
besteht keine geschlossene Pflanzendecke; einzeln sind Euphor-
bien, Staticeen, Tamarisken, Compositen u. a. über den Boden
ausgestreut. Sie gehören meist Arten an. deren Blattspreiten
verkümmert sind, und deren saftreiche Stengel- und Blattgebilde
auf langdauernden Mangel atmosphärischer Niederschläge einge-
richtet sind. Es ist eine echte Steppenflora, zwischen der überall
der helle Mergelboden hervorschaut. Der Staub, den der regel-
mässig blasende Seewind (theils der NO-Passat, theils der Tages-
Seewind), wenn auch in gei-in gen- Mengen . herbei bringt, findet
690
zwischen den Pflanzen genügend Platz und erhöht so langsam
Jahr aus Jahr ein den Boden. Die absterbenden Pflanzen liefern,
insbesondere durch ihre unterirdischen Theile. reichlich die orga-
nischen Bestandtheile, welche nicht nur das Mikroskop in diesem
Mergel findet, sondern auch schon das unbewaffnete Auge in den
zahlreichen hohlen, feinsten Wurzelröhrchen erkennt, welche den
Mergel durchziehen.
Da. wo dieser Düncnstaub unmittelbar auf den Geröllschichten
der höheren Terrasse abgelagert worden ist, sieht man oft, dass
er bis über einen Meter tief in diese eingedrungen ist (Figur 5).
Pigur 5.
Mergel.
Kies u. Sand mit
Mersrel Überzügen.
Merg'el mit Kies
und Sand.
Kies und Sand.
Die einzelnen Gerolle sind alsdann von dünnen Kalkschlamm-
krusten überzogen, die genau dasselbe Aussehen haben wie die-
jenigen, welche sich der Fussgänger auf einer schmutzigen Land-
strasse bei nassem Wetter auf seinen Schuhen zuzieht. Es ist
unverkennbar, dass die starken Regenmassen, welche während der
Regenzeit diese sonst so wasserarmen Gebiete heimsuchen, durch
die oberflächliche Mergelschicht hindurchgedrungen sind und einen
Theil des Kalkstaubes mit in die liegende Kiesschicht herein-
gerissen haben.
Mit diesem Eindringen der atmosphärischen Niederschläge
in die Kalkstaub - Schicht ist aber offenbar auch ein chemischer
Process verbunden. Das Kohlensäure - haltige Regenwasser löst
jedesmal ein Weniges des feinen Kalkstaubes auf. und wenn es,
ohne tief einzudringen, in dem heissen. lockeren Boden rasch
verdunstet, so muss sich diese Lösung wieder als Kalk in der
Mergelschicht selbst absetzen. Auf diese Weise erklärt es sich
leicht, warum oftmals die lössartige Oberflächen-Schicht von einer
691
mehr oder minder dicken, sinterartigen Kalkkruste bedeckt ist,
oder doch einzahle Krusten in seinen oberen Theilen ein-
schliesst. Diese Kalksteinbiklung erhöht die Unfruchtbarkeit des
Steppenbodens erhebMch. Denn auf ihr ist fast aller Pflanzen-
wuchs unmöglich, und wenn auch der Wind immer wieder neuen
Staub auf die einmal gebildete Kruste hinweht, so erhält dieselbe
eben dadurch auch wieder die Möglichkeit nach oben fortzu-
wachsen, indem das Regenwasser , welches die neue Staubschicht
durchsickert, auf ihr verdunstet und den gelösten Kalk absetzt.
Die Form dieser sinterartigen Kalkbildungen variirt natürlich je
nach der Bodenbeschaifenheit und andferer sie begünstigenden
Umstände. Es scheint, dass tiefer eindringende Pflanzenwurzeln
ihrer Entstehung besonders förderlich sind, sei es, dass sie dem
Wasser den Weg zeigen, sei es. dass sie Lösung und Absatz
des Kalkes erleichtern.
Bei Las Palmas ist. entsprechend der geringen Ausdehnung
des Steppenlandes, diese Art von Kalkstein nur schwach ent-
wickelt, während sie auf Lanzarote und Fuei'te Ventura grosse
Mächtigkeit und Bedeutung erlangt. Nach den vorhandenen Schil-
derungen kann sie auch dort nui' als eine im Steppenland vor
sich gehende Versinterung des Dünenstaubes angesehen werden
und verdient deshalb durchaus als Steppenkalkstein bezeichnet
zu werden. Es scheint eine allen Kalk - Steppen eigenthümliche
Bildung zu sein, der man bisher wohl von Seiten der Geologen
eine zu geringe Aufmerksamkeit geschenkt hat. Die ausgedehnten
Steppen Algeriens und Tunesiens weisen sie fast überall auf.
Mit einer ermüdenden Beständigkeit begleiten sie die langen
Eisenbahnlinien, welche die algerischen Steppen durchziehen. Bald
bilden sie unmittelbar die Oberfläche, bald werden sie von einer
lockeren, bis ein Fuss starken Erdschicht bedeckt; bald sind sie
nur ganz dünn und bilden keine geschlossene Decke, bald erlan-
gen sie mehrere Fuss Mächtigkeit. Wo sie stark genug sind,
gräbt man wohl die lockere Erde unter ihrer Decke aus, um
windgeschützte Höhlen für's Nachtquartier zu gewinnen.
Es gelten auch für Nord- Afrika die Beschreibungen, welche für
die Canarischen Inseln gegeben sind. Ueber den mächtigen Kiesen
und Sauden, welche die Niederungen der von hohen Gebirgsketten
umgebenen Steppen bedecken und ausgeebnet haben, liegt der
feine Kalkstaub, welcher von den Winden zusammengeweht wird.
Man kann ihn hier allerdings nicht ausschliesslich als Dünenstaub
bezeichnen, weil eigentliche Dünen nur eine untergeordnete Rolle
in diesen Steppen spielen, aber auch hier ist es der Wind, wel-
cher die Bestandtheile der Alluvionen nach ihrem specifischen
Gewichte ordnet und den leichten Staub zu oberst ablagert.
692
Dieser Steppenstaub wird dann von den atmosphärischen Nieder-
schlägen in derselben Weise oberflächlich versintert, wie wir dies
auf Gran Canaria haben vor sich gehen sehen. Die Erklärung,
welche Pomel ^) dieser Bildung in Tunis hat geben wollen, scheint
mir ungenügend, da über die Herkunft der in Folge von Ca-
pillarkräften aufsteigenden Wasser, die an der Oberfläche ver-
dunsten und den Kalk absetzen sollen, nichts gesagt ist.
Auch auf Dünensand können sich solche Kalkkrusten bilden.
Bei Oran hat die Steilküste des Meeresufers mehrere solche in
jenen mächtigen Dünensanden aufgeschlossen, w'elche dort die
grauen, pliocänen, foraminiferenreichen Mergel überlagern, selbst
längst schon ihren Dünencharakter verloren haben und durch
eine oberflächliche Kalkkruste den Wirkungen des Windes ent-
zogen sind.
Von oben nach unten trifft man:
0,3 m sinterartige Kalkkruste,
4,0 „ Dünensand mit einzelnen Hei ix -Gehäusen,
0,3 „ sinterartige Kalkkruste,
4,0 „ Dünensand ohne HeJix,
2,0 „ sinterartige, mit Sand untermischte Kalkkruste,
4,0 ,, Dünensand mit i/efe'ic- Gehäusen,
9,0 „ Dünensand ohne Helix- (jehmse,
5,0 ^ fester, mariner Kalkstein,
30,0 „ grauer, foraminiferenreicher Mergel,
58,6 m.
Jede dieser drei Kalkkrusten entspricht ohne Zweifel einer
zeitweiligen Oberfläche, und sie stellen im fossilen Zustand dar,
was man in den Steppen und auf Gran Canaria noch im Zustand
des Werdens beobachten kann.
Schlussfolgerungen.
Nach dem Vorhergehenden gelangen wir zu folgenden Schlüssen:
1 . Die miocänen Ablagerungen der Hochterrasse haben sich
längs einer aus vulkanischem Material aufgebauten Küste und in
nur geringer Meerestiefe gebildet. Das VorheiTSchen grober Ge-
röllmassen, das fast gänzliche Zurücktreten feinen Schlannnes,
das gesellige Auftreten des Litliotliamniitm Racemus, welches im
Golf von Neapel hauptsächlich zwischen 50 und 60 Meter Tiefe
angetroffen wird, sowie auch der im zweiten Theil zu besprechende
1) A. Pomel. Geologie de la Petita Syrte et la region des Chotes
tunisiens. Bull. soc. geol. France, III, t. 6, 1877, p. 227.
693
CharaJIder der Fauna lassen auf eine Meerestiefe von bedeutend
weniger als 100 m scliliessen.
2. Die Trockenlegung dieser submarinen Schichten war mit
keiner merklichen Verschiebung derselben aus ihrer horizontalen
Lage, sondern nur mit einer negativen Verschiebung der Strand-
linie um etwas mehr als 100 m verknüpft. Es fand eine theilweise
Abrasion des so trocken gelegten Landes statt, welche einen um
etwa 70 m tiefer gelegenen Meeresboden erzeugte, auf welchem
zur Diluvialzeit von Neuem marine Schichten abgesetzt wurden.
Auch diese sind jetzt durch eine erneute negative Bewegung der
Strandlinie zum trockenen Land geworden.
3. Zieht man von der Basis der diluvialen Schichten von
S. Catalina eine Linie bis zum Meeresstrand und von dort eine
andere bis zur 100 Faden - Tiefe des Meeresgrundes, so haben
beide Linien in ihrer Neigung zum Horizont ungefähr gleiches
Gefälle. Es ist deshalb sehr wahrscheinlich, dass die untere
Terrasse und der Meeresboden nahe der Küste das reine Product
der Thätigkeit des Meeres sind.
4. Ob man die Trockenlegung der marinen Schichten durch
eine Hebung des Meeresbodens, oder durch eine Senkung des
Meeresspiegels, oder aus einer Vereinigung von Bewegungen in
der festen und flüssigen Erdhülle erklären soll, bleibt, so lange
man nur die Verhältnisse auf Gran Canaria in Betracht zieht,
zweifelhaft, wenn schon die ansclieinend ungestörte Lagerung der
Sedimente und die tiefere Lage der jeweilig jüngeren Schichten
der ausschliesslichen Erklärung aus einer Senkung des Meeres-
spiegels das Wort zu reden scheint.
Richten wir den Blick aber" zugleich auf die mit den cana-
rischen Inseln so eng verschwisterten Azoren und Madeira, so
erscheint uns diese Angelegenheit in einem helleren Licht. Die
marinen Schichten auf Sta Maria (Azoren) . von S. Vincente auf
Madeira und von Porto Santo bei Madeira sind nach den sorg-
fältigen Untersuchungen Meyer - Eymar's niittelmiocänen Alters,
und wie aus der nachfolgenden Beschreibung der fossilen Arten
Canarias hervorgeht, mit den Schichten der Hochterrasse gleich-
alterig. xiuch sie sind Küstenablagerungen und annähernd in
gleicher Meerestiefe entstanden. Nur für die Ablagerung von
Ilheo de Baixo auf Porto Santo könnte man vielleicht wegen der
etwas häufigeren Korallen eine grössere Tiefe vermuthen. aber das
Vorkommen von Seichtwasserbewohnern wie Cypraea und Calyp-
traea widersprechen dem entschieden.
Diese gleichalterigen Ablagerungen aus annähernd gleichen Mee-
restiefen werden gegenwärtig aber in sehr verschiedenen Meereshöhen
angetroffen, welche zwischen 400 Meter und 0 Meter liegen.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 4. 46
694
Dabei sind sie zwar alle, mit Ausnalmie der mit 22," ge-
neigten Schichten von der Ponta da Papageio auf Sta Maria,
ziemlich ebenso horizontal gelagert, wie ihre ursprüngliche La-
gerung gewesen sein kann, aber das verschiedenartige Niveau,
welches sie jetzt einnehmen, können sie nur durch Bewegungen
erlangt haben, welche in der festen Erdkruste vor sich gegangen
sind , und welche an verschiedenem Ort verschiedene Stärke
hatten Dass daneben auch eine Senkung des Meeresspiegels
stattgefunden haben kann, und dass diese Bewegungen in der
Erdkruste nicht nothwendig „wirkliche Hebungen" gewesen sein
müssen, versteht sich wohl von selbst.
IL Die Fauna.
I. Die Schichten der Hochterrasse.
üeber die Versteinerungen dieser Schichten hat Ch. Lyell
einige Mittheilungen in „The student's Elements of Geology"
gemacht. Er führt dort nur Clypeaster aUus, Spondylus goede-
ropus, Pectunculns püosus, Cardita calycidata und das Vorkom-
men der Gattungen Corhis, Hinnitcs, Calyptraea, Hipponyx,
Nerita, JSrafo, Oliva, Fasciolaria und Thecidium an zum Be-
weise des obermiocänen Alters dieser Ablagerungen. P. P. Wood-
ward fand in den von Lyell gesammelten und jetzt im British
Musemii befindlichen Materiale 62 Arten, über welche er jedoch
keine weiteren Mittheilungen gegeben hat. Zwei interessante
Fischarten , Pharyngodopilus Africanus und Ph. Canariensis,
welche in denselben Ablagerungen gefunden worden sind, hat
Herr Prof. Igino Cocchi ^) beschrieben. Eine neue Pectunculus-
Aii, P. insolitiis, hat Herr Prof. Meyer - Eymak in „Catalogue
des fossiles tertiaires du Mus. de Zürich" als in diesen Schichten
vorkommend angezeigt.
Unser Material besteht hauptsächlich aus Mollusken, welche
zumeist nur als Steinkerne, seltener mit unveränderter Schale
erhalten sind. In Bezug auf die Anzahl der Exemplare kommen
an zweiter Stelle die Bryozoen, unter welchen eine Cupukiria
sehr häufig ist. Die Fische sind durch isolirte Zähne (haupt-
sächlich von CJirysophrys) oder Dentalplatten von Diodon und Nuni-
mopalatus vertreten. Von den nicht allzu häufigen Echiniden
kommen .3, von den sehr seltenen Corallen nur 2 Arten vor.
') Moiiografia dei Pharyngodopilidap-nuova famiglia di Pesel La-
broidi, p. 68 u. 70, 1864.
695
Der Lithotliamnien , welche für diese Ablagerungen sehr bezeich-
nend sind, ist bereits weiter oben Erwähnung gethan worden.
Anthozoa.
1. Trochocyathun cnculliformis nov. sp.
Taf. XXXV, Fig. 4, 4a.
Polyparium kegelförmig, kurz gestielt, am unteren Ende
etwas gekrümmt. Die dünnen und wenig hervorragenden Rippen
laufen zum basalen Ende herab. Sie sind fein granulirt. tragen
keine Dornen und Kämme. Der Kelch ist trapezförmig mit ab-
gerundeten Ecken ; die grössere Seite des Trapezes ist nach
innen eingebogen. Die stark granulirten Septa (88) erreichen
alle die gleiche Höhe und sind an ihrem oberen Rande abge-
rundet. Sie bilden fünf Cyclen, von denen nur die drei ersten
in allen Systemen vollständig sind, während in zwei Systemen
einige Septa des 4. und 5. Cyclus fehlen. Die Septen der ersten
drei Ordnungen sind an Länge und Dicke fast gar nicht ver-
schieden. Die Pali sind gut entwickelt und stehen vor den
Septen der ersten vier Cyclen. Die vor dem 1., 2. und 3. Cyclus
sind nur wenig kürzer als die entsprechenden Septen, diejenigen
des 4. Cyclus dagegen sehr kurz und vom Kelchcentrum weiter
entfernt. Die Columella ist bündeiförmig und besteht aus sechs
oder sieben runden Stäbchen von unregelmässiger Anordnung.
Dimensionen: Höhe 15 mm, Durchmesser des Kelches
18 mm.
Bemerkungen: Durch die Zahl der Cyclen steht unsere
Art dem Trochocyathus imparipartitiis M. E^)w^ u. H. und Tr.
Bellimiherianus Mich. (Tortonien) am nächsten, unterscheidet sich
jedoch von diesen durch die Gestalt des Polypars und durch die
Vertheilung der Septa.
Fundort: Cueva de Mata. — 1 Stück.
2. Sphenotrochus pharetra nov. sp.
Taf. XXXV, Fig. 3.
Polyparium keilförmig, stark zusammengedrückt, am unteren
Ende verhältnissmässig breit und abgerundet, und auf der ganzen
Oberfläche von breiten, geraden, wenig hervorragenden und nahezu
glatten Rippen bedeckt. Nur auf der breiten Seite des Keiles
sind diese Rippen in der mittleren Partie schwach granulirt. in
den äusseren Theilen aber mit grossen Papillen versehen. Am
basalen Ende der breiten Keilseite und im unteren Drittel der
schmalen Keilseite fehlen die Rippen, und sind durch unregel-
46*
696
massig angeordnete Papillen vertreten. Die Breitseite ist am
Oberrande bisweilen gerade, meist aber nach oben gewölbt. Ver-
hältnisse der Axen 1 : 2 (im Mittel). üeber die inneren Theile
des Kelches können wir nichts sagen, da er bei allen uns vor-
liegenden Exemplaren mit Gesteinsmasse ausgefüllt ist.
Dimensionen:
i. n. ni. IV
Höhe 5.6 mm 5.5 mm 5.4 mm 5,3 mm
Breite des basalen Endes . . 2 .. 2.3 .. 1,5 ., 2.2 ,.
Grössere Axe des Kelches . 3 ., 3.7 - 3 ,. 3,3 ^
Kleinere Axe des Kelches . 1,7 ,, 1,6 ,. 1.7 „ 1.5 ^
Bemerkungen: Unsere Art hat grosse Aehnlichkeit mit
Sphenotrochus semigranosus Mich, aus dem Eocän von Cuise-la-
Motte; von den neogenen und recenten Arten unterscheidet sie
sich durch die unregelmässigen Papillen auf den unteren Partieen
des Polypars. Von »Sp/<. semigranosus unterscheidet sie sich auch
durch die grössere Länge der Rippen und durch den schmä-
leren Kelch.
Fundort: La Vista, Südseite. — 4 Stücke.
EchinofJsrmata,
3. Dorocidaris trihuloides Lk.
Ciclaris trihuloides Bronn in Reiss: jNIittheil. über die tert. Scliich-
ten von Sta Maria, p. 47, t. I, f. 20, 1862. — Mayer, in Här-
tung: Geolog. Beschr. d. Ins. Madeira u. Porto Santo, p. 191,
1864.
Dwocidaris trihuloides Agassiz: Revision of the Echini , p. 253,
t. Id, f. 1 — 3; t. 11c, f. 13, 1874.
Diese Art ist durch eine grosse Anzahl cylinderförmiger
oder spindelförmiger Stacheln von 8 — 15 mm Länge und 1 bis
3 mm Dicke vertreten. Den Körper dieser Stacheln bedecken
ungefähr 20 Knoteureihen, welche manchmal am oberen Ende
zusammenfliesseu und echte kleine Rippen (wie bei den recenten
Exemplaren) bilden. Zu dieser Art könnte man vielleicht auch
das Bruchstück einer interambulacralen Area von La Vista Nord
rechnen.
Cidaris trihuloides, welche noch in dem Atlantischen Meere
(Antillen, Cap-Verdischen Inseln) lebt, ist nach Bronn und Mayer-
Eymar fossil auf der Insel Sta Maria (Azoren) gefunden worden.
Fundorte: La Vista Nord. Vista San Rofiue, Cueva de mata.
691
4. Clypeaster altus Lk.
Ol. altus Michelin: Monogr. d. Clyp. foss. Mem. Soc. Geol. de
Fr., 2e sei-., vol. VII, p. J22, t. XXV, f, a — g, 1861. —Mayer,
1. c, p. 192, 1864 (?).
Es liegen mir von dieser Art zwei wohl erhaltene Exem-
plare und eine grosse Anzahl Fragmente vor. Das grösste Exem-
plar hat eine Länge von 165 mm, eine Breite von 150 mm und
eine Höhe von circa 65 mm; das zweite Exemplar misst in den-
selben Dimensionen 159, 130 und 50 mm. Beide zeigen in
ihrer Gesammtform und in allen Theilen der Sculptur eine voll-
ständige Uebereinstimmung mit den Abbildungen und Beschrei-
bungen, welche Michelin von dieser Art giebt.
CL altus wird von Mayer-Eymar auch aus S. Vicente und
Madeira angegeben, doch fügt er hinzu, dass die Exemplare voll-
kommen mit der Art, wie sie von Philippi festgestellt wurde,
übereinstimmen; Philippi' s Art (in Dunker u. Meyer. Palaeon-
tographica. I, p. 322. t. 39) ist aber nicht der echte Gl. altus
Lk., sondern Cl. pyramiäaUs Michelin ^).
Gl. altus gilt als charakteristisch für die helvetische Stufe,
ich habe jedoch schon früher viele Pliocän- Ablagerungen (Pianosa,
Siena, Montalcino, Pienza, Bossi, Sterza etc.) angeführt^) in de-
nen diese Art sehr häufig vorkommt.
Fundorte: Vista S. Roque (M. C), La Vista Nord.
5. Brissus sp. ind.
Es liegen mir zwar nur einige Bruchstücke von La Vista
vor, ich stelle sie aber dennoch zu dieser Gattung, weil das
schmale und vertiefte Ambulacrum in der für Brissus so charak-
teristischen Weise eingeschlossen ist.
Bryo&oa.
6. Fasciculipora sp. ind.
Das einzige Exemplar ist der F. qtiadriceps Busk des Eng-
lischen Crag sehr ähnlich. Dasselbe ist aber zu schlecht er-
halten, um eine sichere Bestimmung zu gestatten.
7. Eschara monilifera M. E.
E. monilifera Manzoni : Briozoi fossili del Mioc. di Austria e d'Un-
gheria, H, p. 59, t. V, f. 20; t. VI, f. 21, 1877.
Dahin gehören mehrere bandförmige und durch Gabelung
M Seguenza. Form. tcrz. di Reggio in Calabria, p. 86.
^) SiMONELLi. TeiTPni c fossili dell' Isola di Pianosa nel Mar
Tirreno, p. 34, 1889.
698
sich verzweigende Stöcke, welche mit 12 bis 16 loiigituclinalen
Zellenreihen bedeckt sind; die Zellen stehen im Quincunx ange-
ordnet, sind stark verlängert und randlich von einer Reihe von
punktförmigen Vertiefungen umsäumt. Sie stimmen mit den von
Reuss u. Manzoni abgebildeten Exemplaren aus Buytur und La-
pugy sehr gut überein.
K monilifera ist nicht nur im Miocän von Oesterreich und
Ungarn, sondern auch aus dem Crag von England (Busk, Crag
Polyzoa, p. 68, t. XI, f. 1 — 3) bekannt.
Fundort: La Vista.
8. Eschara lamellosa (Mich.).
Adeone lamellosa Michelin: Iconogr. zoophyt. , p. 326, t. 78, f. 5,
1847.
Eschara lamellosa Mayer: 1. c, p. 187, 1864.
Von dieser in mittelmiocänen sowie in pliocänen Ablagerun-
gen bekannten Art habe ich nur ein Fragment von La Vista Nord.
jE lamellosa ist nach Mayer - Eymar in Helvetien von Feitei-
rinhas (Sta Maria) sehr häufig.
9. Retepora cellulosa L.
J?. cellulosa Manzoni: 1. c, II, p. 68, t. XIV, f. 48, 1877.
Zu dieser im Miocän und herauf bis zur Jetztzeit so häu-
figen Bryozoenart gehört das vorliegende kleine Bruchstück aus
La Vista Süd.
10. Celleporaria verrucosa Rss.
C. verrucosa Manzoni: 1. c, II, p. 51, t. I, f. 1, 1877.
Von La Vista (N. u. S.) stammen einige ziemlich grosse
Cellepora-^iöckQ, welche ich, obwohl sie zum grössten Theile von
dünnen Incrustationen bedeckt sind, doch nach dem Wenigen,
was man von ihrer Structur sieht, zu dieser Art des österrei-
chischen Miocäns stelle.
11. Cupularia intermedia (Micht.).
Lunulites intermedia Michelin: 1. c, p. 75, t. XV, f. 7, 1847.
Cupularia intermedia Mayer: 1. c, p. 188, 1864.
Diese Art ist sehr häufig. Der Durchmesser der Basis va-
riirt zwischen 3 — 9 mm. und auch ihre Höhe ist sehr veränder-
lich, sodass die einen eine nur schwach convexe, die anderen
Individuen eine kegelförmige Gestalt haben. Alle sind stark cor-
rodirt. sodass die Randkerben und die basalen Radialsti-eifen ge-
wöhnlicli nicht melir deutlich zu sehen sind.
699
C. intermedia ist aus mehreren Miocän - Ablagerungen von
Süd-Europa (Bordeaux, Dax, Torino, Tortona) und von den
Azoren (Pinheiros und Sta Maria) bekannt.
Fundort: La Vista (N. u. S.).
Lamellibranchiata.
12. Ostrea (Loplia) hyotis L.
0. hyotis Reeve: Conch. Iconica, Ostrea, t. lY, f. 7. — Mayer, 1. c,
'p. 230, 1864.
Die Schalen von Gran Canaria, wie diejenigen von den
Azoren und Madeira unterscheiden sich von denen der lebenden
Individuen durch die wenig ausgesprochenen Rippen. Durch die
Gesammtform haben sie grosse Aehnlichkeit mit der Varietät aus
dem Miocän von Sumatra, welche von Böttger (Tert. Fauna
von Sumatra, IL Th.. p. 77, t. V, f. 13a, b) beschrieben wor-
den ist. Dimensionen: Höhe 24 mm, Länge 25 mm.
0. hyotis hat eine grosse verticale Verbreitung, sie ist vom
Obereocän bis hinauf zur Gegenwart bekannt. Ihre horizontale
Verbreitung während des Miocäns ist ebenfalls beträchtlich, denn
sie wird aus Ost-Indien, Persien, Egypten, Italien, Frankreich
und Makaronesien angegeben.
Fundort: La Vista. N. u. S.
13. Ostrea Chili nov. sp.
Taf. XXXV, Fig. 5. 5a.
Diese Species ist uns nur durch zwei linke Schalen be-
kannt, von denen die eine sehr gut erhalten ist. Dieselbe ist
solid, dick, von hinten nach vorn verengt, aber in der Richtung
der umbo-ventralen Axe Avohl entwickelt. Die Innenseite ist stark
concav, sodass die äussere Oberfläche die Form eines Daches
annimmt, dessen First vom Wirbel zum Ventralrand verläuft, und
von dem aus nach beiden Seiten die Abdachung unter einem
Winkel von ca. 60" erfolgt. Zugleich laufen auf der hinteren
Abdachung in fast gleichmässigeji Abständen 7 oder 8 dicke,
regelmässige Falten, welche mit dachziegelartigen Lamellen be-
deckt sind, vom First nach dem Hinterrande herab, dessen wel-
ligen Verlauf sie bedingen. Die vordere Hälfte der Klappe,
welche wahrscheinlich als Anheftungsfläche diente, ist im Gegen-
satz zur hinteren unregelmässig rauh, ohne deutliche Falten. Der
Wii'bel ist ziemlich verlängert, zugespitzt und bei dem einen
Exemplar nach vorn gedreht, während er bei dem andcrei; fast
gerade erscheint. Die Ligamentgrube ist massig tief. eng. und
nimmt ein Viertel der Area ein; die seitlichen Wülste sind wenig
700
erhaben, und der hintere ist etwas schmäler, aber stärker hervor-
rageiid als der vordere. Die Höhlung der Schale verlängert sich
nur wenig unter die Arealplatte, zum Unterschied von dem, was
bei ziemlich nahe stehenden verwandten Arten, wie z. B. 0. cu-
cullata, der Fall ist. Der Muskeleindruck findet sich nahe am
Hinterrande; sein Quer-Durchmesser beträgt bei dem einen Exem-
plar Ys- bei dem anderen 7-i des Längen -Durchmessers.
Dimensionen: I. H.
Länge ... 41 mm 58 mm
Höhe ... 86 „ 120 „
Tiefe ... 22 „ 25 „
Bemerkungen: Unter den neogenen Species der Austern
scheint mir der 0. Chili die 0. bafülion Mayer, von der ich ein sehr
gutes Exemplar im Münchener paläontologischen Museum gesehen
habe, am nächsten zu stehen. Dieses Exemplar, welches aus dem
mittleren Miocän von Ermingen bei Ulm stammt, ist in der Ar-
beit von Miller: „Das Molassemeer in der Bodenseegegend",
(Verein d. Geschichte des Bodensees, 7. Heft, 1877) abgebildet
worden. Von der 0. hatülum unterscheidet sich unsere Art durch
die schmälere Form, die geringere Breite der Bauchgegend, die
Regelmässigkeit der den Rauhigkeiten der 0. hatillum durchaus
unähnlichen Falten, den stark welligen Hinterrand, und durch
den schmäleren, dem Hinterrande näher gerückten Muskeleindruck.
Ausserdem ist die Basis der Arealplatte bei 0. hatillum fast
geradlinig und breit, bei der 0. Chili bogenförmig ausgeschnitten.
Fundort: Gran Canaria (M. C).
Wir machen uns ein Vergnügen daraus, diese interessante
Art dem gelehrten Director des Museo Canario von Las Palmas.
Herrn Dr. Chil y Naranjo, zu widmen, dessen Liebenswürdigkeit
wir einen so grossen Theil unseres Studienmateriales verdanken.
14. Anomia ephippium L.
A. ephippium Bronn: 1. c, p. 45, 1862. — Mayer, 1. c, p. 232, 1864.
Von dieser aus dem Miocän bis zur Gegenward bekannten
Art stammt eine linke Schale von La Vista, Nord.
15. Spondylus sp. ind.
Kleines Schalenfragment einer dickrippigen Art, wahrschein-
lich identisch mit 8. crassicosta Lk.
Fundort : La Vista.
\ 16. Lima (Badula) atlanfica Mayer.
L. aüantica Mayer; 1. c, p. 221, t. V, f. 27. 1864.
Unter den lebenden steht dieser fossilen Art L. squamosa
701
Lam. am nächsten. Ein constanter Unterschied liegt aber darin,
dass bei den Exemplaren der L. utUinfica von La Vista. sowie
bei denjenigen Madeiras die Radiah-ippen zwei Mal breiter als
die Zwischenräume sind, während bei L. squamosa die Zwischen-
räume gleich breit oder etwas breiter als die Rippen sind.
Fundort: La Vista. Süd (Zwei Ex.).
17. Pecten ptisio (L.).
P. 2>usio Wood: Monogr. of the Crag Moll., II, pag. 33, t. VI, f. 4,
1850.
Es ist ein einziges Exemplar dieser Art von Cueva de Mata
vorhanden, welches gegenüber recenten Individuen des Canarischen
Archipels nur unbedeutende Unterschiede erkennen lässt ; der
Kantenwinkel ist etwas stumpfer und die Gesammtt'orm ein wenig
niedriger. Diese Unterschiede existiren gewöhnlich zwischen den
miocänen und den recenten Individuen dieser Art.
Dimensionen des uns vorliegenden Exemplares: Länge 10 mm,
Höhe 12 mm.
P. pusio (sensu lato) soll schon im Aquitanien vorkommen.
18. Pecten sp. ind.
Von Horno del Rey, Cueva de Mata und Vista S. Roque stam-
men 3 kleine Clamys-MXn'gi^^w. welche dem P. Blumi Mayer sehr
ähnlich sind, sich aber durch die zahlreichen (26) Rippen und
durch die Zwischenräume, welche nicht glatt, sondern mit con-
centrischen Streifen bedeckt sind, davon unterscheiden.
19. Pecten pes- felis (L.).
Pecten polymorphus Bronn: 1. c, p. 43 (pars) [teste Mayer], 1862.
P. pes-felis Mayer: 1. c, p. 272, 1864.
Zwei junge, unvollkonmien erhaltene Schalen von La Vista,
welche wegen der kleinen Anzahl der Rippen (6), des sehr spitzen
Kantenwinkels und der wenig ausgesprochenen Ungleichseitigkeit,
eher mit dem P. pes- felis als mit dem allerdings auch sehr nahe
stehenden P. Reussi Hörn, in Beziehung zu bringen sind. Von
dem im Mittelmeer lebenden Typus des P. pes-felis unterscheiden
sich die Canarischen Stücke nur durch die geringere Erhabenheit
der Radialrippen, was aber auf Rechnung ihrer Jugend gestellt
werden kann.
P. pes-felis lebt noch an den Küsten der Canarischen Inseln
und der Azoren, und kommt auch im Miocän der Azoren vor.
702
20. Pecten latissimus (Broc).
Vecten latissimus Bronn in: Härtung, Die Azoren, p. 128, 1860.
— Bronn: Sta Maria, p. 43, 1862. — Mayer: 1. c.,p. 224, 1864.
Bei dem einzigen und unvollständig erhaltenen Exemplar
sind die Knoten auf den Rippen der Apicalregion nur schwach,
die Radialleisten in den Zwischenräumen aber wohl entwickelt.
Durch diese Merkmale der Verzierung, sowie durch die nur wenig
schräge Gesammtform. nähert sich unser Exemplar mehr dem
Typus des Pliocän als der Varietät Restitutensis Font, des Mio-
cän. Indessen kommen der Typus und diese Varietät im Leitha-
kalk des Wiener Beckens zusammen vor. (Fuchs in: Fontannes,
Sur une des causes de la variat. dans le temps de faunes malac.
Bull, de la Soc. Geol. de Fr., 1884, p. 357.)
Fundort: Gran Canaria, M. C.
21. Janira Rhegiensis Seg.
J. Bhegiensis Seguenza: Form. terz. di Reggio, p. 188, t. XIV,
f. "17, 1879.
Das einzige vorhandene Fragment einer rechten Klappe trägt
seitlich abgerundete Radialrippen, welche durch eine tiefe Median-
furche längsgetheilt sind. Die glatten Zwischenräume sind nur
ein Drittel schmäler als die Rippen.
J. Rhegiensis, zuerst im Pliocän von Süd-Italien von Se-
guenza gefunden, ward neuerlich von Parona und Mariani
(Foss. tort. di Capo S. Mario, in Atti d. Soc. It. di Sc. Nat.,
vol. 30. p. 69. 1887) auch aus dem Tortonien Sardiniens an-
gegeben.
Fundort: Gran Canaria (M. C).
22. Janira sp. ind.
Der Abruck einer kleinen linken Klappe (21 X 22 mm) ist
von J. Rhegiensis insofern etwas verschieden, als das hintere
Ohr mit dem Schlossrand einen stumpfen Winkel bildet. Die
12 Radialrippen zeigen theilweise Spuren von Mittelfurchen. In
den Zwischenräumen liegt eine niedrige Medianleiste.
Fundort: La Vista, Xord.
23. Pyxis pyxidatus (Broc).
Ostrea pyxidata Brocchi: Conch. foss. subapp., vol. II, p. 579, t. 14,
f. 12, 1814.
Diese Art, welehe wir bisher nur aus dem oberen Neogen
kannten, ist auch hier durch zwei Bruchstücke vertreten, von
denen das eine zu einer linken, das andere zu einer rechten
703
Klappe gehört. Das erste Fragment zeigt die vordere Hälfte mit
dem dazu gehöi'igen Obr. Danach war die linke Schale dünn
und durchscheinend, fast kreisrund, höher als lang, massig con-
vex, aber nicht gleichmässig gewölbt, sondern mit vielen Buckeln
besetzt, wie bei dem lebenden Pecfen artriticus Reeve. Der
mittlere Theil der Oberfläche ist glatt und glänzend, und nur von
sehr feinen und nahe stehenden concentrischen Streifen und ein-
zelnen stärkeren Anwachsrunzeln durchzogen. Am vorderen Rand
treten drei oder vier wellig verlaufende Radialrippen auf, welche
durch sehr enge und seichte Furchen von einander getrennt wer-
den. Das einzige erhaltene und gut entwickelte Ohr ist fast
halb so lang wie die ganze Schale und am vorderen Rand stark
ausgebuchtet. Auf seiner Oberfläche zeigt er zwölf Radialrippen,
über welche die Anwachstreifen weglaufen, sodass sie ein schup-
piges Aussehen gewinnen.
Dimensionen: Länge 20 mm (circa). Höhe 24 mm.
Die rechte Schale ist kreisrund. Das vordere Ohr zeigt
einen sehr tiefen Ausschnitt für den Byssus; unter dieser Bucht
trägt der Rand eine Reihe von stark entwickelten Dornen. Das
hintere Ohr scheint sehr lang und sehr hoch zu sein. Die Ober-
fläche der Schale ist vollkommen glatt; nur die Ohren tragen
radiale Strahlen, die von den Anwachsstreifen durchquert wurden.
Die Dimensionen dieser rechten Klappe sind 16 mm in
der Länge und fast ebensoviel in der Höhe.
Fundort: La Vista.
24. Anomalocardia sp. ind.
Ein unvollständiger Abdruck, welcher der A. dihwii Lk.
angehören dürfte.
Fundort: Insel Fuerteventura.
25. Pectunculus insolitus May.
Taf. XXXV. Fig. 2. 2a.
P. insolitus Mayer: Cat. syst, des foss. tert. du Mus. de Zürich,
III, p. 117, 1868.
Der unterscheidende Charakter dieser schönen Art liegt in
der Sculptur der Oberfläche, welcher die Radialrippen gänzlich
fehlen, und die nur von gedrängt stehenden, concentrischen, regel-
mässigen Falten bedeckt ist.
Unsere zwei Exemplare haben durchschnittlich eine Länge
von 15 nun und eine Höhe von 13,7 — 21,6 mm.
Fundorte: La Vista, Barranco de las Palmas. Das Oi'i-
ginal-P^xeniplar des Museums von Zürich, welches Mayer- Eymar
beschrieben hat, stammt gleichfalls von Gran Canaria.
704
26. Pectunculus stellatus Gmeun in Mayer.
P. pilosus HöRNEs: Foss. Moll. d. Tert.-Beckens von Wien, II. Bd.,
p. 316, t. XL, f. 1, 2; t. XLI, f. 1—10, 1870. — Mayer: Ma-
deira, p. 215, 1864.
P. stellatus Mayer: Cat., p. 113, III, 1868.
Die schon bei gut erhaltenen Stücken von Pectunculus
schwierige Artbestimmung wird fast zur Unmöglichkeit, wenn nur
Steinkerne vorliegen, und es ist deshalb die Zugehörigkeit der
canarischen Exemplare zu P. stellatus nicht über allen Zweifel
erhaben. Die grössten Steinkerne übersteigen mit einer Länge
von 150 mm und einer Höhe von 130 mm die gewöhnlichen Di-
mensionen dieser Art. Die Gestalt ist stets eher länglich als
kreisrund, ziemlich ungleichseitig, etwas schief, und so stark ge-
wölbt, dass ihre Dicke mehr als zwei Drittel des Längendurch-
messers beträgt. Die Wirbel sind etwas nach vorn gerückt und
schräg gestellt. Der obere Theil des Schlossrandes ist in der
Mitte geradlinig, auf beiden Seiten nach unten gebogen. Die
Zahl der Seitenzähne beträgt ungefähr 18; die mittleren Zähne
sind nicht erhalten. Der Rand ist mit vielen Kerben besetzt,
welche nach aussen in eine Spitze auslaufen, und auf beiden
Enden des Randes undeutlich werden.
Diese Art tritt schon im Mittelmiocän auf, lebt noch im
Mittelmeere und im Atlantischen Ocean, von der Küste Norwe-
gens bis zum Senegal.
Fundorte: Vista S. Roque, Vista Nord. (Sehr häufig.)
27. Pectunculus sp. ind.
Mehrere Steinkerne einer sehr quer verlängerten Form sind
von den oben genannten Arten jedenfalls verschieden. Die Länge
der Schale beträgt 33 mm, die Höhe nur 25 mm.
Fundort: Vista S. Roque.
28. Venericardia sp. ind.
Einige Fragmente gleichen zwar in der Sculptur der V.
Partschi Goldf. sehr, sind jedoch nicht so bauchig.
Fundort: Vista S. Roque.
29. Myfilicardia calyculata (L.) var.
Cardita calyculata Mayer: Madeira, p. 212, 1864.
Diese kleine Varietät lebt noch im canarischen Archipel
und kommt sowohl in den pleistocänen Schichten von Santa Ca-
talina, als auch im miocänen Sandstein von La Vista. doch sehr
selten, vor.
705
30. Crassatella sp. ind.
Dazu gehören einige grosse Steinkerne, welche in der Rich-
tung vom Wirbel nacli hinten - unten stark gewölbt , vorn kurz
und abgerundet, hinten verlängert und stark erweitert sind. Sie
zeigen die Muskeleindrücke und die Mantellinie sehr deutlich.
Der Eindruck des Fussinuskels ist schmal, tief und steht dicht
über dem vorderen Schliessmuskeleindruck. Am Unterrand be-
merkt man noch einige Spuren schwacher Kerben. Der unvoll-
ständige Abdruck des Schlosses lässt sehen, dass die Zähne und
die vorderen Grübchen sich leicht von hinten nach vorn senken,
wie bei Crassatella, während dieselben bei Vener icardia, welche
unserer Form etwas ähnlich ist, scharf von vorn nach hinten
neigen.
Dimensionen: Länge 60 — 68 nun , Höhe 40 — ^42 mm,
Dicke 27 — 30 mm.
31. Gliania gryphoides L.
Gh. gryphoides Mayer: Madeira, p. 206, 1864. — Hörnes: 1. c,
II. Bd., p. 211, t. XXXI, f. 1, 1870.
Wurde als Ausfüllung der rechten Klappe bei Cueva Baez
(Gr. Canaria) gefunden. Clt. gryplioides lebt noch in der lusi-
tanischen Provinz; ihre verticale Verbreitung fängt mit dem un-
teren Miocän an.
32. Lucina (Jagonia) actinoi^hora nov. sp.
Taf. XXXV, Fig. 1.
Das Gehäuse ist fast kreisrund, ein wenig schief, beinahe
gleichseitig, linsenförmig. Die Oberfläche ist mit breiten, abge-
rundeten, nicht sehr hohen Radialrippen bedeckt, welche gegen
den Rand hin in ungleichen Abständen durch Dichotomie sich
vermehren und von starken concentrischen Furchen durchschnitten
werden. Die Wirbel ragen wenig hervor; die Lunula ist lanzett-
förmig. Das Schloss der rechten Klappe enthält nur einen drei-
eckigen, in der Mitte gefurchten, hinteren Cardinalzahn ; der
vordere Cardinalzahlzahn ist rudimentär. In der linken Klappe
besteht das Schloss aus einem einzigen wohl ausgebildeten Zahn,
welcher in dem vorderen Theile der Cardinalgrube liegt. Die
vorderen und hinteren Seitenzähne sind in beiden Klappen wohl
entwickelt.
Dimensionen: Länge 15.2 mm, Höhe 15 mra, Dicke 8,5 mm.
Bemerkungen: Diese hübsche Lucina steht der L. (Ja-
gonia) exigua und der i. pecten Lk (1.. reficulafa Poli) sehr nahe.
Von der ersten unterscheidet sie sich jedoch durch die weniger
schiefe Gestalt, und durch die dreifache Grösse; von der letz-
706
teren durch die festere Sehale und die weniger zahkeichen,
breiten Radiahippen.
Fundort: Ein sehr gut erhaltenes Exemplar von Gr. Ca-
naria, aber ohne genauere Angabe des Fundortes (M. C).
33. Lucina (Codokia) leonina Bast.
L. tigerina Mayer: Madeira, p. 211, 1864.
L. leonina Hörnes: 1. c, II. Bd., p. 221, t. XXXII, f. 1 a — c,
1870.
Die grossen, kreisförmigen, fast gleichseitigen, linsenförmigen
Steinkerne zeigen den Abdruck des breiten Schlosses wohl er-
halten. In der rechten Klappe besteht es aus zwei Cardinal-
zähnen mit einem grossen vorderen Seitenzahm, in der linken
Klappe aus zwei Cardinal- und zwei Seitenzähnen. Der vordere
Muskeleindruck ist so weit verlängert, dass er ein Drittel des
Längsdurchmessers einnimmt. Er bildet mit der Palleallinie einen
Winkel von 25 — 30 0.
Die Exemplare zeigen eine Länge von 47 — 60 mm, eine
Höhe von 4.5 — 50 mm bei einer Dicke von 18 — 27 mm.
CudoJcia leonina. im Miocän und Pliocän der circummediter-
ranen Provinz besonders verbreitet, befindet sich nach Mayer-
Eymar bei S. Vincente und am Pico de Juliana (Helvetien). In
Gran Canaria kommt diese Art, namentlich bei der Cueva de
mata und Oueva Baez nicht selten vor.
34. Lucina sp. ind.
Ein stark gewölbter Steinkern von der Cueva de mata, ohne
Zweifel von der oben genannten Art unterschieden, lässt sich, da
das Schloss nicht erhalten ist. nicht sicher bestimmen.
35. Lucina Bellardiana May.
L. miocenica Michelotti: Descr. d. foss. des terr. mioc. de llt.
Sept., P. 114 (partim), t. IV, f. 10 (f. 5 excl.), 1847.
L. Bellardiana Mayer: Madeira, p. 207, 1864.
Ein in Kalkspath umgewandeltes Fragment der Schale zeigt
deutlich alle Charaktere von Mayer-Eymar's Beschreibung.
L. Bellardiana kommt in der helvetischen Stufe von S. Vi-
cente auf Madeira, sowie in der tortonischen Stufe von Süd-
Eviropa vor.
Fundort: Gran Canaria (M. C).
36. Cardium (Laevicardium) Hartungi May.
C. Rartuncji Bronn: Azoren, p. 123, t. XIX, f. 1], 1860. — Broxn:
Sta Maria, p. 40, 1862. — Mayer: Madeira, p. 203, t. III, f. 16,
1864.
707
Ein einziger eirunder, etwas schiefer, fast gleichseitiger,
herzförmiger Steinkern mit hervorragenden, gewölbten eingerollten
Wirbeln zeigt allerdings die randlichen Radialstreifen nicht mehr,
und es ist deswegen die Uebereinstinnimng mit C. Hartmigi des
Helvetien von Madeira und den Azoren unsicher.
Dimensionen: Länge 35 mm, Höhe 36 mm, Dicke 12 mm.
Fundort: Cueva Baez (M. C),
37. Tapes sp. ind.
Mehrere Steinkerne dieser Gattung lassen eine specifische
Bestimmung nicht zu.
Fundort: Insel Fuerteventura (M. C).
38. Venus multilamella (Lam.).
Veyius multilamella Hörnes: 1. c, II. Bd., p. 130, t. X\', f. 2, 3,
1870.
Ein Stück, welches bei aufgelöster Schale sowohl den in-
neren (Steinkern) als auch den äusseren Abdruck der Schalen
zeigt, stimmt am besten mit den von M. Hörnes beschriebenen
und abgebildeten Gehäusen von Gainfahren (t. XV, f. 3) überein.
Diese Art tritt im Helvetien auf und wird in der Jetztzeit
durch F, rugosn Gm. oder F. cygnus Lam. vertreten.
Fundort: Gran Canaria (M. C)
39. Ervilia pusilla (Phil.).
Erycina pusilla Philippi: Enum. Moll. Sic, Vol. I, p. 13, t. I,
f. 5, 1844.
Enyilia pusilla Bronn: Sta Maria, p. 38, 1862. — Mayer: Ma-
deira, p. 195, 1864.
Diese Ait, vom Aquitanien an bis in die Gegenwart bekannt,
ist im Sandstein von La Vista sehr häufig.
40. Mactra ('^) sp. nov.
Hierzu stelle ich sieben verlängert eiförmige, aufgeblasene,
fast vollkommen gleichseitige, vorn und hinten abgerundete Stein-
kerne, deren hervorragende, scharfe Wirbel nach vorn geneigt
sind. Die Wölbung beider Klappen verflacht sich zu einem
schwachen Sinus, welcher von der Schalenmitte gegen den un-
teren Rand verläuft und wodurch diese Art an Eryciyia Laiochai
erinnert. Bei einem Stück ist noch die Schale selbst erhalten,
und zeigt eine mit sehr feinen concentrischen Streifen bedeckte
Oberfläche. Der ganze Innenrand der Schale ist mit feinen
Kerben versehen. Unter dem Wirbel befindet sich bei dem Stein-
708
kerne der Abdruck einer breiten, dreieckigen, schief gestellten
Ligamentgrube, und von zwei dünnen, lamelleuartigen Seitenzäh-
nen. Dagegen hat der Cardinalzahn keine Spur zurückgelassen.
Auch die Muskeleindrücke sind nicht erhalten, und nur eine sehr
kurze Mantelbucht scheint vorhanden zu sein.
Dimensionen: Länge 2t — 26 mm. Höhe 12 — L5 mm,
Dicke 8 — 15 mm.
Bemerkungen: Wenn auch einige Merkmale der oben be-
schriebenen Stücke sich denen von Mactra, besonders der Section
Spisula zu nähern scheinen, so ist doch die Verschiedenheit der
Gesammtform zu gross und die üebereinstimmung des Schlosses
zu unsicher, um unsere Exemplare mit Sicherheit zu diesem
Genus stellen zu können. Indessen darf man nicht vergessen,
dass der V - förmige Cardinalzahn manchmal gänzlich fehlt, wie
z. B. bei M. giganieu. oder imr rudimentär bleibt, wie bei M.
striateUa.
Fundorte: Cueva Baez, La Vista.
41. Eastonia niitis May.
E. »litis Mayer: Cat., II, p. 48, 1867.
Das Stück, das ich dieser Art zurechne, besteht nur aus
einem Fragment der rechten Klappe. Der erhaltene Theil der
Oberfläche ist mit groben, unregelmässigen, concentrischen Falten
bedeckt, welche von feinen, zahlreichen Radialstreifen durchsetzt
werden. Vorn und hinten fehlen die Radialstreifen. — Das vor-
liegende Exemplar unterscheidet sich von den sehr nahestehenden
Arten E. aegyptiaca Chmn. und E. riigosa Chmn. (die zweite lebt
noch jetzt im Canarischen Archipel) durch die schwache Ent-
wicklung der Verzierung.
Diese Art kannte man bisher aus den aquitanischen Schichten
von Bordeaux. St. Avit. Lausriey Saucats. aus dem Langhien von
Gaudendorf und aus dem Helvetien von Paulmy , Manthelan,
Hutthngen (tide Mayer-Eymar) .
Fundort: Vista S. Roque (M. C.)
Gaateropoda.
42. Fissurella graeca (Lin.)
F. graeca Hörnes: 1. c, 1. Bd., p. 642, t. L, f. 27, 1856.
Es liegen von La Vista (Nord) zwei kleine unvollständige
Exemplare, mit allen Merkmalen der heute noch lebenden Art, vor.
709
43. Hnliotis tuberculafa L.
H. tuberculata Lamarck: Anim. sans. vert. , t. 6, 2. pait., p. 215,
No. 6, 1822.
Einige wohl erhaltene, in den Barrancos de Las Palmas ge-
fundene Steinkerne zeigen keinerlei Abweichung von recenten
Individuen dieser Art. welche an den Küsten der canarischen
Inseln sehr häufig ist. — Ein anderer, sehr grosser Steinkern
von Fuerteventura mit einem Durchmesser von 95 mm unter-
scheidet sich leicht von dieser Art durch den Mangel der Streifen
auf seiner Oberfläche und durch die Lage der Lochlinie, welche
dem Rande genähert liegt; er gehört wahrscheinlich einer an-
deren Art an.
44. Fhasianella sp. ind.
Ein sehr junges Exemplar von La Vista.
45. Trochus sp. ind.
Zwei grosse Steinkerne erinnern in ihrer Gestalt und ihren
Verhältnissen an Tr. Näoiicus L. . welchen Bronn und Mayer
aus den Helvetischen Schichten von Ponta dos Mattos (Sta Maria)
als unsicher erwähnt haben. Von dieser noch im indischen Ocean
lebenden Art unterscheiden sich jedoch unsere Exemplare durch
zwei auf der Basis entwickelte breite und tiefe Spiralfurchen.
Dimensionen: Höhe 45 mm (circa). Breite 43 mm.
Fundort: Insel Fuerteventura (M. C.)
46. Trochus (Gihhula) patulus Br.
Tr. patulus BROCcm: 1. c, Vol. II, p. 356, t. V, f. 19, 1814.
Diese Art liegt mir in Exemplaren vor, welche sich von
typischen Individuen durch das flachere Gehäuse und durch das
Fehlen des Kieles auf der Schlusswindung unterscheiden. Sie
stehen aber einer Varietät des italienischen Pliocäns (Riluogo bei
Siena etc.) sehr nahe.
Tr. patulus hat eine sehr beträchtliche verticale Verbreitung;
er tritt in der langhischen Stufe von Leognan etc. zuerst auf
und stirbt in der astischen Stufe aus.
Fundort: La Vista. 3 Stücke.
47. Nerita plutonis Bast.
jV- plutonis Basterot: Bass. tert. du S. 0. de la Fr., p. 39, t. ]1,
f. 14, 1825. — Bronn, Sta Maria, p. 33, 1862. — Mayer,
Madeira, p. 243, 1864.
Von Gran Canaria und Fuerteventura liegt diese Art in sehr
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 1. 47
710
wohl erhaltenen Exemplaren vor, welche mit dem Typus in jeder
Hinsicht übereinstimmen. — N. plutonis tritt schon im Tongrien
(Piemont) auf, und geht bis in's Helvetien hinauf. Sie kommt
ausserdem im Untermiocän von Mutella (Portugal) und im Hel-
vetien von Bocca do Cre (Sta Maria) nach Bronn. Ribeiro und
Mayer-Eymar vor.
48. Nerita Grateloiipana (Fer.).
Neritina Grateloupana Grateloup : Mein, sur la fam. des Neritaces,
p. 19, t. VII, f. 6—8, 10—12, 1839.
Von dieser Art, welche bisher besonders in brakischen Ab-
lagerungen (Mandillot, Congerien- und Cerithien - Schichten des
Wiener Beckens) gefunden worden ist, liegen zwei wohl erhaltene
Exemplare mit noch deutlichen Spuren der Färbung aus den rein
marinen Bildungen von La Vista, Nord vor.
N. Grateloupana findet sich im Tongrien von Piemont und
in der sarmatischen Stufe des Wiener Beckens.
49. Solarium sp. ind.
Einige unbestimmbare Fragmente von Gr. Canaria (M. C).
50. Turritella sp. ind.
Ein Steinkern von Cueva de Mata könnte möglicherweise
der 2] turris Bast, angehören.
51. Mitrularia semicanalis (Br.).
Dyspotea semicanalis Bronn, Azoren, p. 120. t. XIX, f 4, 1860. —
Bronn, Sta Maria, p. 33, 1862. — Martin, Conch., I, t. XIII,
f. 119, 120 (teste Mayer-Eymar).
Mitrularia semicanalis Mayer, Madeira, p. 234, 1864.
Diese interessante Art ist in der Sammlung des Museo Ca-
nario in mehreren Exemplaren, zum Theil mit erhaltener Sehale.
zum Theil nur als Steinkerne vertreten. Die letzteren sind un-
regelmässig und bald mehr spitz, bald mehr stumpf kegelförmig,
mehr oder weniger zusammengedrückt, und ihre Oberfläche meist
glatt. Nur am Rand stellen sich grobe Runzeln ein. An der
stets excentrischen Spitze liegt die abgerundete Oeffnung einer
tiefen Höhle, die von unten herauf von einem halbkegelförmigen
Körper, welcher seiner ganzen Länge nach und mit etwa Y4
seines Umfanges an der inneren Wandung der Höhle ange-
heftet ist. zum grössten Theil ausgefüllt wird. Es ist dies die
Spur derjenigen dütenförmigen Lamelle, welche in der inneren
Höhle der Mitrularien vorkommt, die aber wie die übrige Schale
zerstört ist und so diesen eigenthümlichen Hohlraum zurückge-
lassen hat.
711
Diejenigen Exemplare, welche ihre dünne und sehr zerbrech-
liche Schale noch erhalten haben, zeigen eine excentrische , ge-
wölbte und dabei sehr .scharfe Spitze. Die Oberfläche wird überall
mit grösseren Längs- und Querfalten und sehr feinen, dichten
Streifen bedeckt, welche von der Spitze radial ausgehen.
Dimensionen: Höhe 16-28 mm.
Durchmesser 30 — 50 mm.
Mitrularia seniicanalis, zuerst im Helvetien von Sta Maria
gefunden, lebt noch in dem Antillenmeer und im stillen Ocean.
Fundort: Barrancos. Cueva de mata (Gr. Canaria).
52. Ilotlipletzia rudista nov. gen. et nov. sp.
Taf. XXXVI. Fig. 6. 6 a — d.
Das Gehäuse ist röhrenförmig bis schwach kegelförmig, ziem-
lich kurz, entweder nur unregelmässig gekrümmt oder schwach
schraubenförmig gedreht. Die schwach ovale Oeti'nung hat einen
geschlossenen dünnen, von innen heraus zugeschärften Rand, und
ist zur Krümmungsaxe stark geneigt und zwar so, dass die con-
cave Seite des Gehäuses um etwa ^3 kürzer als die convexe
wird. Das der Oeffnung entgegengesetzte Ende ist gewöhnlich
abgestumpft; bei einigen Exemplaren ist es auf einem Lithotham-
wmm-KnoUen festgewachsen, und es scheint dies die Art gewesen
zu sein, in welcher auch die übrigen jetzt stets abgebrochenen
Gehäuse sich in der Menge der sie umgebenden Lühothamnmm-
KnoUen lixirt hatten, denn auch sie zeigen gewöhnlich an ihrem
abgebrochenen hinteren Ende eine schwache Verbreiterung oder un-
regelmässige Eindrücke, wie von Ansatzstellen auf fremden Körpern
hervorgebracht. Die Aussenseite ist von schuppenartig über-
einander gelagerten Lamellen gebildet. Das Innere des Gehäuses
ist selten ganz hohl, fast immer ist es durch nach hinten con-
vexe Scheidewände in mehrere über einander liegende Kammern
eingetheilt. Nahe der Oeffnung und zwar stets auf der con-
vexen Seite der Gehäusekrümmung liegt ein grosser hufeisen-
förmiger Muskeleindruck. Bei einem Exemplar ist die Oeffnung
durch ein napfförraiges Operculum verschlossen, dessen Bänder
so genau auf die Oeffnung des Gehäuses passen, dass ein zu-
fälliger Verschluss durch eine fremde Schale ausgeschlossen er-
scheint. Dieses Operculum ist innerlich concav und erhebt sich,
von aussen betrachtet, mützenförmig. Auf seiner Oberfläche trägt
es schwache, dicht gedrängt stehende Radialrippen, welche nahe
dem Rande von feinen, concentrischen Streifen gekreuzt werden.
Die Innenseite ist leider von kleinen Kalkspathkryställchen über-
zogen und lässt keine Details mehr erkennen.
47*
712
Die Gehäuse sind sehr häufig und immer an das Vorkom-
men der Lithothamnium -KnoWcn gebunden. Sie stammen haupt-
sächlich von La Vista, Cueva de mata und Cueva Baez und
kommen stets in grösseren Mengen zusammen vor. sodass auf
demselben Gesteinshandstück gewöhnlich mehrere Gehäuse ange-
troifen werden, was auf gesellschaftliche Lebensgewohnheiten dieser
Thiere schliessen lässt.
Die Form des Gehäuses und des Muskeleindruckes schei-
nen für eine nahe Verwandtschaft dieses Thieres mit der Fa-
milie der Capuliden Und insbesondere mit dem Genus Hipponyx
zu sprechen, aber die unterscheidenden Eigenschaften sind doch
so zahlreich und schwerwiegend, dass die Aufstellung eines neuen
Genus für diese seltsame Form nicht ungerechtfertigt sein dürfte.
Insbesondere ist zu beachten, dass die Kammerung des Gehäuses
bei Hipponyx gänzlich unbekannt ist. Auffällig ist auch das
stumpfe und angewachsene hintere Ende und der Umstand, dass
der Muskeleindruck nicht, wie bei Hipponyx, auf der concaven,
sondern uuf der convexen Seite liegt. Eine ganz besondere und
ungewöhnliche Eigenthümlichkeit liegt aber darin, dass unser
Thier ofl'enbar mit dem Apex festgewachsen war, also nicht wie
bei Hipponyx mit der Mundöft'nung dem Fremdkörper oder dem
Operculum aufsass. Hierdurch erinnert Bothpletzia an die Ver-
metiden, bei denen eine ähnliche Anheftung häufig vorkommt;
doch kann in dieser Uebereinstimraung keinesfalls ein Zeichen
besonderer Verwandtschaft gesehen werden.
53. Hipponyx sulcatus (Bors.).
H. sulcatus MiCHELOTTi: Descr. d. foss. mioc. de Fit. sept., p. 135,
t. V, f. 7, 1847. — Mayer, Madeira p. 234, 1864.
Die Gattung Hipponyx, welche auch Lyell in seinem kur-
zen Verzeichniss der canarischen Fossilien aufführt, ist durch ein
bei La Vista, Süd gefundenes Exemplar vertreten, welches in
allen Punkten mit //. sulcatus übereinstimmt. — Diese Art tritt
nach Mayer -Eymar zuerst im Aquitanien auf, kommt auch im
Helvetien von Pico de Juliana (Porto Santo) vor und scheint in
der tortonischen Stufe zu erlöschen.
54. Natica cf. he Hein a Broc.
N. Micina Brocchi, 1. c, T. II, p. 297, t. I, f. 10, 1814.
Ich bin nicht sicher, ob ich einige sehr kleine (4 — 9 mm
grosse), schlecht erhaltene Exemplare zu dieser so bekannten Art
rechnen darf. — Von der sehr nahe stehenden N. ntlantica,
welche Mayer-Eymar in dem systematischen Verzeichniss der fos-
713
silen Reste von Madeira beschrieben hat, unterscheiden sie sich
ohne Zweifel durch die geringere Höhe des Gewindes und durch
die grössere Convexität der Umgänge.
Fundort: La Vista.
55. Eissoina pusilla (Broc.)
Turbo pusiUus Brocchi, 1. c, Vol. II, p. 381, t. VI, f. 5, 1814.
Bissoina pusilla Mayer, Maedeira, p. 237, 1864.
Ein gut erhaltenes Exemplar wurde bei La Vista gefunden.
— Die Art, welche vom Helvetien bis in die Gegenwart reicht,
ist auch aus dem Kalktuff von Feiteirinhas (Sta Maria) bekannt.
56. Pyramidella plicosa Bronn.
P. plicosa HÖRNES, 1. c, I. Bd., p. 492, t. XL VI, f. 20, 1856.
Wir haben nur ein Exemplar, welches aber sowohl von den
recenten als auch von den fossilen Vertretern aus dem Langhien,
Helvetien etc. in keinem Punkte abweicht.
Fundort: La Vista.
57. Cerithium varicosum (Broc.)
Murex varicosus Brocchi, 1. c, T. II, p. 440, t. X, f. 3, 1814.
Das einzige Exemplar stimmt vollständig mit den pliocänen
Lidividuen der oben genannten Art überein, desgleichen auch mit
solchen des Tortonien von Stazzano. welche ich im Münchener
paläontologischen Museum gesehen habe.
Fundort: Barrancos de Las Palmas (M. C).
58. Cerithium sp. ind.
Einige unvollkommen erhaltene und corrodirte Individuen der
Gattung Cerifhimu sind ohne Zweifel verschieden von C. vari-
cosum, gehören aber sicher der Gruppe des C. imlgatum an.
Von C vulgatum selbst unterscheiden sie sich dadurch, dass der
stumpfe Kiel, in welchem die Querrippen enden, in der vorderen
und nicht wie bei C. vulgatum in der hinteren Hälfte jedes Um-
ganges liegt. In Folge dieses Merkmals nähern sich unsere
Exemplare mehr dem C. minutum Serr. , welches aber eine
schlankere Form ist und kleinere Dimensionen hat. Sehr gut
stimmen sie hingegen mit der (nur etwas kleineren) von Pereira
DA Costa (Gasteropod. dös depositos terc. de Portugal) in t. 28.
f. 15 gegebenen Abbildung überein. wclclie leider ohne Beschrei-
bung geblieben ist.
714
59. Cerithiolum scahrum (Olivi).
Cerithiopsis scabra Mayer, Madeira, p. 247, 1864.
Von der genannten, der heutigen Fauna der Canarischen
Inseln angehörigen Art liegt nur ein unvollständiges Exemplar
von La Vista, Süd vor.
60. Triforis perversa (L.).
Cerithium perversum Hörnes, 1. c. , I. Bd., p. 414, t. XLII, f. 20,
1856.
Cerithiopsis perversa Mayer, Madeira, p. 247, 1864.
Das einzige Fragment, welches kaum einen Millimeter im
Durchmesser hat. besitzt nur noch die letzten Umgänge, an wel-
chen man erkennt, dass alle drei Knotenreihen vorhanden waren.
Wenn auch die Dimensionen sehr klein sind, so ist doch dieses
Gehäuse vermöge seiner cylinderförmigen Gestalt den lebenden
und fossilen Individuen der Art vollkommen gleich.
T. perversa, in den neogenen Ablagerungen von ganz Europa
verbreitet, kommt nach Mayer-Eymar auch im Helvetien von Ma-
deira und den Azoren vor. Auch jetzt lebt diese Art noch im
canarischen Archipel.
Fundort: La Vista, Süd.
61. Chenopus cf. pes-pelecani (L.).
Murex gracilis Brocchi, 1. c, t. 11, p. 437 u. 664, t. IX, f. 16,
1814.
Von La Vista liegt mir nur ein unvollständiges Exemplar vor.
62. Strombus coronatus Defr.
Str. cwonatus d'Ancona: Malac. plioc. ital. , p. 313, t. I, f. ], 2,
1871.
Die zahlreichen Exemplare dieser Art besitzen alle mög-
lichen Dimensionen bis zu der beträchtlichen Länge von 130 mm
und 85 mm Breite. Obwohl fast alle nur schalenlose Steinkerne
sind, so zeigen sie doch die der Art eigenthümliche Veränder-
lichkeit in der Verzierung, der Höhe des Gewindes u. s. w., und
mit Bezug darauf bleibt es uns sehr fraglich, ob der von Mayer-
Eymar (Madeira, p. 253, t. VE, f. 54) von Sao Vicente be-
schriebene und abgebildete Stroinhws italicus Duclos wirklich eine
selbstständige Art ist.
Der in der Gegenwart durch Str. htibonms Lam. , in der
Quartärzeit durch Str. mediterranens vertretene Str. coronatus er-
scheint zum ersten Mal in der zweiten langhischen Stufe Mayer' s.
Fundorte: Insel Fuerteventura — Lomo Blanco. Barran-
cos, La Vista (Gr. Canaria).
715
63. Trivia avellana (Wood.).
Cypraea avellana Wood.: Monogr. of the Crag Moll., Vol. I, p. 15,
t. II, f. 5 a — e, 1848.
Sie ist durch mehrere Exemplare vertreten, welche in allen
Punkten mit den Individuen des Pliocäns übereinstimmen. Die
Gestalt ist bei einer Länge von 13 mm und einer Breite von
10 mm etwas weniger kugelförmig als bei dem Typus. Wood
sagt, dass die Form dieser Art sehr veränderlich ist, und dass
die Breite der Länge gleichkomme, oder nur ^/z derselben er-
reichen kann.
Tr. avellana findet sich im Crag von England und Anvers,
sowie in den Faluns der Touraine (nach Wood und Nyst). Pe-
REiRA DA Costa hat als C affmis eine Trivia von Cacella be-
schrieben, welche aber wegen der ununterbrochenen Fortsetzung
der Rippen über den Rücken der Schale wahrscheinlich als T.
avellana anzusehen ist.
Fundort: La Vista.
64. Trivia canariensis nov. sp.
Tat". XXXVL Fig. 3. 3 a.
Die eiförmig verlängerte Schale ist an dem vorderen Ende
merklich verschmälert und oben stark, unten aber schwach ge-
wölbt. Sie hat eine enge, fast gerade Mundöifnung; die wulstige,
aussen gerundete Aussenlippe ist der ganzen Länge nach mit neun-
zehn Zähnen bedeckt: die Innenlippe trägt deren fünfzehn. Die
Oberfläche ist von Transversalrippen bedeckt, welche in der
Mitte des Rückens durch eine gerade, sehr breite, von oben nach
unten sich erstreckende Furche durchschnitten werden. Diese
Rippen, welche gegen die Furche hin knotenförmig sich verbrei-
tern, alterniren mit anderen kürzeren Rippen, welche nur über
die Seite und über die Bauchfläche laufen, aber schon vor der
Medianfurche des Rückens endigen. — Anzahl aller Rippen 20 — 26.
Dimensionen: Höhe 5,7 — 6,6 mm. Grösster Durchmesser
5,7 — 6,6 mm.
Diese Art steht der T. parcicosta Bronn (Reiss, Sta Maria,
p. 24, 1. 1, f. 3, und Mayer in Härtung, Madeira, p. 265. t. VH,
f. 64) ungemein nahe: ihre Rippen sind jedoch nicht ein oder
zweimal gegabelt, sondern es wechseln kurze und lange mit ein-
ander ab. Von der T. affinis Duj. (Mem. sur les couch. du sol
en Tour., Mem. geol., t. II, p. 304. t. XIX, f. 12) unterscheidet
sie sich dadurch, dass ihre Rippen nicht gekrümmt und deren
knotenförmige Anschwellungen stärker sind. Auch ist die Muiid-
öftnung enger. Von der mehr rundlichen Ir. Grayi Michli wird
716
unsere Art durch ihre oblonge Form getrennt; ausserdem hat sie
einen fast geraden Mund, während derselbe bei jener Art sichel-
förmig gestaltet ist. — T. radians Lam. der Westküste von
Amerika (Mart. u. Chemn., Syst. Conch. Cat.; Weinkauff, Ovula
und Cypraea, p. 136, t. XXXYIII, f. 14, 15) ist hinsichtlich der
Gestalt und Sculptur sehr ähnlich, aber durch die grösseren Di-
mensionen und die einfachen Aussenlippen deutlich unterschieden.
Fundort: La Vista Nord und Süd.
65. Cassis (Semicassis) sulcosa Lam.
C. sulcosa HÖRNES, 1. c, I. Bd., p. 179, t. XV, f. 8, 1856.
Nur ein Steinkern mit Abdruck der Sculptur.
Fundort: Gr. Canaria (M. C).
66. Cassis sp. ind.
Unbestimmbarer Steinkern, welcher mit der lebenden C. cru-
mena Lam. eine gewisse Aehnlichkeit zeigt.
Fundorte: La Vista S. Roque (M. C).
67. Ranella (Lampas) scrohiculator (L.).
i?. scrohiculator Tryon: Man. of Conchology, vol. III, p. 40, t. XX,
f. 19, 20.
Das Exemplar des Museo Canario weicht in keinem Punkte
von der bekannten lebenden Art des Mittelmeeres ab. Das Stück,
welches von seiner ursprünglichen Färbung noch deutliche Spuren
erhalten hat. stammt vielleicht aus den jüngeren Schichten von
S. Catalina.
68. Ranella (Aspa) marginata Mart.)
E. mcmjinata Hörnes: 1. c, I. Bd., p. 214, t. XXI, f. 7 — 11, 1856.
— Bronn, Sta Maria, p. 27, 1862. — Mayer, Madeira, p, 253,
1864.
Von den zwei Exemplaren ist besonders das eine recht gut
erhalten. Es hat 24 mm Länge zu 18 mm Breite. Der letzte
Umgang zeigt nur sehr feine Querstreifen, es fehlen ihm aber
die Knoten und die Spiralfurchen, welche auf den vorangehenden
Umgängen wohl entwickelt sind.
R. marginata lebt noch in der Nähe Gran Canarias und
wurde auch im Helvetien von Pinheiros (Sta Maria) gefunden.
Fundort: La Vista Süd.
69. Nassa atlantica (May.).
Bucciniuin atlanticum Mayeii iii Bronn: Sta Maria, p. 26, t. I, f. 6,
1862. — Mayer: Madeira, p. 255, t. VII, f. 56, 1864.
Mir liegt von dieser Art ein Exemplar vor. welches etwas
717
kleiner ist als die Individuen von Sta Maria; es hat nur 10 mm
Länge und 5 mm Breite und besteht aus 7 Umgängen, von wel-
chen der letzte die Hälfte der ganzen Schalenlänge einnimmt.
Die Oberfläche der drei ersten Umgänge ist vollkommen glatt;
auf dem 4. bis 6. Umgange sieht man Längs- und feine Quer-
rippen: die Basis ist mit tiefen Spiralstreifen bedeckt. Spiral-
winkel circa 42 ". — Die Exemplare aus dem Mittelmiocän von
Turin (Bellardi. Moll, terziari d. Piemonte e Liguria, P. IIL
p. 157. t. X, f. 4 fa, b]) sind hinsichtlich der Dimensionen sehr
ähnlich, und unterscheiden sich nur durch das stumpfere und
kürzere Gewinde.
Fundort: La Vista S. Roque.
70. Cantharus variegatiis Gray?
Purpura viverratmdes d'Orbigny: Mollusques rec. aux lies Canaries,
p. 91, t. VI, f. 38.
Cantharus variegatus Tryon, 1. c, Vol. III, pag. 165, t. LXXIV,
f. 298—299, 188L
Erhalten ist nur der letzte Umgang und gehört wahrschein-
lich der bei den Canarischen Inseln, sowie an den Küsten von
Senegal und Brasilien lebenden Art an.
Fundort: La Vista Süd.
71. Perisfernia atlantica nov. sp.
Taf. XXXVI. Fig. 4. 4 a.
Das starke, spindelförmige Gehäuse besteht aus acht oder
neun, durch eine deutliche, wellige Naht geschiedenen Umgängen,
von denen der letzte fünf Achtel des Gehäuses ausmacht. Die
vorhergehenden Umgänge bilden unter der Naht eine stumpfe
Kante und tragen 10 abgerundete Qnerrippen, welche nicht ganz
bis an die Naht heraufgehen und sehr viel breiter als die Zwi-
schenräume sind. Der letzte Umgang wird in der Mitte convex,
nach vorn regelmässig verschmälert und läuft in ein sehr kurzes
Rostrum aus; er trägt auf seiner Oberfläche nur 4 bis 5 Quer-
rippen. Die Spiralsculptur besteht aus breiten Leisten (2 bis 3
in den ersten Umgängen), zwischen denen 1 bis 3 feinere, aber
schärfere Streifen liegen. Die ovale Mundöftnung ist vorn in
einen kurzen, etwas nach links und hinten gerichteten Canal aus-
gezogen, und trägt am hinteren Rand, auf der Grenze der beiden
Lippen, eine seichte Rinne. Die mit starkem Callus belegte
Spindel trägt ganz unten eine einzige und noch dazu sehr
schwache, undeutliche Falte. Die Anssenlippe ist einfach, schnei-
dend und im Innern glatt; der Nabel eng und linear.
Dimensionen: Höhe 26 mm, Breite 10,7 mm.
718
Diese Art ist besonders durch die undeutlichen Rippen des
letzten Umganges von allen mir bekannten fossilen und lebenden
Arten unterschieden.
Fundort: La Yista Süd.
72. Murex sp. indet.
Bruchstücke von letzten Umgängen einer unbestimmbaren
Art gehören wahrscheinlich zur Gruppe des M. hrandaris.
Fundort: La Vista Nord (M. C).
73. Marginella angustiforis nov. sp.
Tat. XXXVI, Fig. 5, 5 a.
Die ei- bis kegelförmige und vorn abgerundete Schale besitzt ein
sehr kurzes, breit kegelförmiges Gewinde mit einem stumpfen Apex.
Die Umgänge sind vollkommen verschmolzen, und ihre Obei-fläche
erscheint ganz glatt und polirt. Die Mundöffnung ist sehr schmal,
fast linearisch, vorn etwas verbreitert. Die Aussenlippe ist gerade,
sehr verdickt, aussen gerandet. nicht gezähnelt, die Innenlippe
trägt vorn drei kräftige Falten, von denen die beiden vorderen
schräger verlaufen als die hintere. Basalausschnitt fehlt.
Dimensionen: Höhe 8,7 — 9 mm. Breite 5 mm.
Diese Art erinnert etwas an die lebende M. olivaeformis
Kiener (Mart. u. Gh., Syst. Conch. Cat. : Weinkaupf. d. Gatt.
Marginella und Erato, p. 61. t. XI, f. 13 — 16) von Senegal.
Sie unterscheidet sich jedoch durch die verschmolzenen Umgänge.
Fundort: La Vista Süd. (Xicht selten. j
74. Marginella sp. ind.
Von „La Vista S. Roque" liegen einige Exemplare vor, welche
sich von der vorhergehenden Art leicht durch das birnförmige,
mit kurzem Gewinde versehene Gehäuse und durch die sehr deut-
lichen, geschiedenen Umgänge unterscheiden. Die Oberfläche er-
scheint vollkommen glatt und polirt. Die Aussenlippe ist an
allen Exemplaren abgebrochen; die Innenlippe besitzt vier Falten,
von welchen die beiden hinteren undeutlicher sind.
Dimensionen: Höhe 6 mm, Breite 3 mm, Höhe der Mund-
öffnung 5 mm.
Diese Form erinnert hinsichtlich der Gestalt und der Anord-
nung der Falten an junge Individuen der Marginella Beshayesei
MiCHL. (= Marginella Stephaniae Pereira da Costa, nach Sacco
Bellardi, Moll. terz. d. Piem. e Lig., P. VI, p. 25).
719
75. Mitra Ba-Costai nob.
M. scrobiciilata non Broc, Da Costa: Gast. d. dep. terc. d. Por-
tugal, p. 68, t. XII, f. 13, 1866.
Die Schale besitzt ein enges, verlängertes, fast spindelför-
miges Gehäuse, an welchem der letzte Umgang mehr als die
Hälfte der Gesammtlänge einnimmt. Das Gewinde hat einen
Spiralwinkel von circa 27". und besteht aus sechs schwach con-
vexen, treppenartigen Umgängen. Die Schlusswindung ist in der
Mitte etwas bauchig, nach vorne regelmässig verschmälert. Die
Oberfläche, mit Ausnahme der drei ersten Umgänge, ist mit her-
vorragenden, gerundeten, durch tiefe und enge Furchen getrennten
Spiralleisten bedeckt; auf der Basis werden sie ganz flach und
sind von einigen unregelmässigen Längsfalten durchkreuzt. Die
Zahl der Spiralleisten beträgt 5 bis 6 im vorletzten Umgang, 17
im letzten. Die Mündung ist eng, vorn kanalartig verlängert;
die Spindellippe trägt vier grosse Zähne, von denen der hintere
der grösste ist.
Dimensionen: Höhe 11,5 mm, Breite 3.5 — 3,8 mm.
Diese Art gehört zur Sect. 11 von Bellardi und besonders
zu der Gruppe der Mitra scrohiculata Bk. Von M. scrobiciilata
selbst unterscheidet sie sich nicht nur durch die Dimensionen,
sondern auch durch die im Verhältniss längere Schlusswindung
und durch die gut ausgesprochenen Spiralfurchen auf der ganzen
Oberfläche: auch ist ihr Gehäuse stärker verlängert. Ohne Zweifel
stimmt sie überein mit M. scrohiculata P. da Costa (des portu-
gisischen Miocäns), welche sich von der echten M. scrobicülata
Br. auch nach Bellardi" s Ansicht unterscheidet.
Fundort: La Vista S. Roque. (3 Exempl.)
76. Uromitra recticostata Bell.
U. recticontata Bellardi: Moll, dei terr. terz. del Piem. e della
Lig., P. V (contin), p. 43, t. V, f. 46 a, b, 1887.
Auf den zwei letzten Umgängen, welche allein an dem ein-
zigen Exemplare erhalten sind, treten die Längsrippen wenig
hervor und sind weniger schneidend als auf den Stücken dieser
Art aus JSTord-Italien, während die Querverzierungen auf der Basis
besser entwickelt sind als auf den von Bellardi abgebildeten
Stücken. Dieser kleine Unterschied wird jedoch vollkommen auf-
gewogen durch die genaue Uebereinstimmung der Grössen -Ver-
hältnisse und der Windungen und durch die Art der Verzierung.
U. recticosta geht nach Bellardi aus dem oberen Miocän
(Colli tortonesi, Stazzano. Sta Agata) in das untere Pliocän
(Albenga. Torsero) über.
720
77. Oliv eil a Chili nov. sp.
Taf. XXXVI, Fig. 7, 7a.
Das kleine, spindelförmige Gehäuse besitzt ein conisches,
zugespitztes Gewinde, welches aus fünf ebenen, schiefen Um-
gängen besteht, die durch eine tiefe und massig weite Naht-
rinne getrennt werden. Der letzte Umgang, welcher sich vorn
und hinten sehr regelmässig verschmälert, ist vorn von einem
callösen Ueberzug bis zu ^ji der Länge bedeckt. Die Mündung
ist oben eng, erweitert sich nach unten und nimmt % der Länge
des Gehäuses ein. Die dünne Aussenlippe verläuft fast gerade,
die Innenlippe ist mit einer Schwiele bedeckt, welche vorn drei
grosse Falten trägt, von denen die erste durch eine Medianfurche
zweigetheilt ist. Die Basalbucht ist weit.
Dimensionen: Höhe 11 — 12.6 mm. Breite 4,5 — 5,5 mm.
0. hrevis Bellardi (1. c. P. III. p. 213, t. XH. f. 34)
ähnelt der hier beschriebenen Art. unterscheidet sicji aber durch
das stumpfere Gewinde, die weniger tiefen Nahtrinnen und durch
den breiteren calösen Ueberzug des letzten Umganges. Auch
steigen die Umgänge von 0. hrevis nicht so schräg an.
Fundort: La Vista Süd.
78. Olivella stricta Bell.
0. stricta Bell., 1. c, P. HI, p. 213, 1882.
Zu dieser zuerst aus dem Untermiocän von Dego beschrie-
benen Art glaube ich ein Exemplar stellen zu dürfen, welches
eine sehr enge, verlängerte, nahezu spindelförmige Schale mit
einem Spiralwinkel von circa 33 *• besitzt. Die Schlusswindung,
welche zwei Drittheile der ganzen Schalenlänge einnimmt, ist vorn
sehr verschmälert und von einem callösen Ueberzug bis zu V*
der Oberfläche bedeckt. Die Spindel ist mit sechs Falten ver-
sehen, von denen die drei vorderen schärfer ausgeprägt erscheinen.
Dimensionen: Länge 17 mm. Breite 6,5 mm.
Die Unterschiede von 0. davula Lam. . mit welcher Bel-
lardi's Art in einigen Merkmalen übereinstimmt, bestehen darin,
dass die Schlusswindung an der Basis etwas mehr verschmälert,
das Gewinde höher und der callöse Ueberzug weniger ausge-
breitet ist.
Fundort: La Vista S. Roque (M. C.)
79. Ancillaria f/landiformis Lam.
A. fßandiformis Bellardi: 1. c, P. III, p. 22.5, t. XII, f. 41, 1882.
Die zahlreichen Exemplare dieser Art sind fast alle als
Steinkerne erhalten; nur eins besitzt noch die vollständige Schale,
721
zugleich mit deutlichen Spuren der Färbung. Die an beiden
Enden zugespitzte Form des Gehäuses und die Höhe der Schluss-
windung, welche ^/t der ganzen Schalenlänge einnimmt, sowie die
Ausdehnung des callösen üeberzuges verweisen dieses Stück zu
der Varietät G. von Bellardi {A. elongafa Desh. in Lamark,
Anim. s. vert. , 2. Edit. , vol. X, p. 600, und Fuchs, Stud. tert.
Bild. Ob.-Italiens, p. 49).
Fundort: La Vista.
80. Terehra Basteroti Nyst.
T. Basteroti Hörnes, 1. c, I. Bd., p. 132, t. XI, f. 2, 1856.
Mir liegen von dieser bekannten Art einige Exemplare vor,
welche mit denen des Wiener Beckens vollkommen übereinstim-
men. Von den pliocänen Individuen (var. ])liocenica Font.) un-
terscheiden sie sich durch die zahlreicheren und schärferen Rip-
pen, sowie durch die tiefereu Spiralstreifen.
Fundort: La Vista Süd.
81. Terehra (Hastula) cinereides.
Hörnes u. Auinger: Gastr. d. Meeresablager. der 1. u. 2. Medit.-
Stufe, p. 109, t. XII, f. 2Ü, 1879.
Fundort: La Vista Süd. (2 Exempl.)
82. Haphitoma perturrita (Bronn).
Fleurotoma perturrita Bronn: Sta Maria, p. 29, t. I, f. 9, 1862. —
Mayer: Madeira, p. 248, t. VI, f. 47, 1864.
Das einzige Exemplar besitzt eine nicht so runde Mund-
öffnung wie in dem Individuum, welches Mayer abgebildet hat,
auch sind die Rippen des letzten Umganges nicht so zahlreich.
Der Habitus und die anderen Merkmale stimmen aber mit der
Diagnose von Bronn und Mayer überein.
Fundort: La Vista Süd.
83. Mangelia sp. ind.
Es ist ein unvollständiges Exemplar mit ungekielten Um-
gängen aus der Gruppe der M. costata (Penn.)
Fundort: La Vista Süd.
84r. Conus (Leptoconus) Puschi Michti.
C. Puschi Michelotti, 1. c , p. 340, t. XIV, f. 6, 1847. — Mayer:
Madeira, p. 259, 1864.
Der schlanke und verlängerte Steinkern besteht aus sechs
Umgängen; das liolie. im Profil sehr convexe Gewinde nimmt mehr
722
als ein Drittheil der ganzen Schalenlänge ein; die Schlosswindung
ist vorn beträchtlich verschmälert, mehr als in ben typischen
Individuen dieser Art.
Länge 35 mm, Breite des letzten Umganges 20 mm.
C. PuscJii ist charakteristisch für die helvetische und tor-
tonische Stufe, und findet sich nach Mayer -Eymar auch bei
S. Vicente (Madeira).
Fundort: Barrancos (M. C.)
85. Conus Eeissi May.
C. Beissi Mayer: Madeira, p. 259, t, VII, f. 59, 1864.
Ich rechne zu dieser Art einen Steinkern mit sehr stumpfem
Gewinde und mit hinten bauchiger, vorn stark verschmälerter
Schlusswindung. C. Beissi, welcher bis jetzt nur aus dem Hel-
vetien von Ileo de Cima (Madeira) bekannt war. hat nach Mayer
unter den fossilen Arten nur ein Analogon in C. Bredai Michti.
Fundort: Insel Fuerteventura.
86. Comis papilionaceus Brug.
C. papilionaceus Lamarck: 1. c, t. 7, p. 476, No. 71, 1822.
Zwei Steinkerne, deren Form mit der Gestalt dieser im
Canarischen Archipel lebenden Art übereinstimmt, kommen auf
Fuerteventura vor. (M. C.)
87. Conus Esclitvegi P. da Costa.
G Esclmeyi Per. da Costa, 1. c, p. 29, t. XIX, f. 18—23, 1866.
Die vorliegenden Exemplare stimmen recht gut mit f. 23,
t. XIX von P. DA Costa überein, indem auch bei ihnen das
Gewinde massige Höhe besitzt und im Profil etwas convex er-
scheint. Ausserdem ist auch die Schlusswindung unten sehr
bauchig und gerundet.
C. Eschwegi war bis jetzt nur aus dem Miocän von Cacella
bekannt.
Fundort: Gran Canaria (M. C.)
88. Conus (Ckeli/comis) mediterraneus Hwass.
C. mediterraneus Hörnes u. Auinger, 1. c. , p. 51, t. VI. f. 9, lU,
11, 1879.
Ein sehr junges Exemplar, das kaum 10 mm hoch und auf
dem letzten Umgang hinten stark kantig ist, gehört zu dieser
Art, welche noch jetzt an den Küsten der Canarischen Inseln,
sowie im Mittelländischen Meere lebt und schon in der zweiten
f23
mediterranen Stufe des Wiener Beckens (Vöslau und Gainfarten)
vorkommt.
Fundort: La Vista Süd.
89. Conus sp. ind.
Ein Steinkern mit sehr hohem Gewinde, concavem Profil und
mit an der Basis stark verschmälertem letzen Umgang, scheint
mir zur Gruppe des Chelyconus zu gehören.
Fundort: Cueva de mata.
90. Ringicula Hörnest Segza.
It. Hörnesi Següenza : Ringicole italiane, p. 18, t. I, f. 4, 4 a, 4 b,
1881.
Mir liegt ein ziemlich unvollständiges Exemplar vor, welches
hinsichtlich seiner Form und seiner Sculptur sehr viel Aehnlich-
keit mit dieser tortonischen Art hat. Die entscheidenden Spindel-
falten sind indessen nicht wahrnehmbar, weshalb die Bestimmung
dieses Exemplares etwas unsicher bleibt.
Fundort: La Vista Süd.
91. Bulla micromphalus May.
Bulla micromplmlus Mayer: Madeira, p. 240, t. VI, f. 38, 1864.
Ein in Kalkspath umgewandeltes Exemplar stimmt in Form
und Sculptur ganz gut mit den Individuen von Pinheiros überein.
Fundort; La Vista Süd.
92. Bulla sp. ind.
Diese Steinkerne ähneln am meisten der B. striata Lam.
des atlantischen Oceans (incl. Canarischem Archipel), welche auch
im Miocän Süd-Europas fossil vorkommt.
Ch'ustacea,
93. Baianus cf. perforatus Brug.
B. perforatus Següenza: Cin-ipedie terziari, P. I, p. 28, t. I, f. 2, 2a,
1873.
Einige sehr frische Exemplare mit wohl erhaltenen Farben-
resten, aber ohne opercula, scheinen mir sehr gut zu B. perfo-
ratus aus dem Mittelmeer und von der westlichen Küste Afrikas
zu passen. Sie sind nahezu kegelförmig, und die ziemlich kleine
Oeffnung hat eine ovale Form; die Wände (parietes) sind durch-
löchert und äusserlich mit zahlreichen Longitudinal- Furchen be-
deckt. Die Kadii sind sehr schmal.
724
Dimensionen: Durchmesser der Basis 13 — 16 mm, Höhe
8 mm, Durchmesser der OetTnung 4 — 5 mm.
Fossile Exemplare des B. perforatus kennt man aus den
pliocänen Ablagerungen Süd -Italiens.
94. Chenolobia heniitiphaerica nov. sp.
Taf. XXXVL Fig. 2, 2 a, 2 b.
Es ist zum ersten Mal, dass dieses Genus der Balanideu
in Schichten aufgefunden worden ist, welche älter als das Astien
sind. Es liegt nur ein einziges, aber gut erhaltenes Schalenstück
vor, welches aus dem mit zwei Rostro-lateralia fest verbundenen
Rostrum besteht. Soweit ich es nach diesem Reste beurtheilen
kann, besass die ganze Schale eine kugelig-gewölbte Form. Die
Aussenseite wird von zur Basis parallelen Streifen und Furchen
und auf ihrer unteren Hälfte von vielen feinen Radialstreifen be-
deckt. Zwei leichte, nahezu parallele Furchen, welche vom oberen
Rand aus eine Strecke weit herablaufen, bezeichnen die seitlichen
Grenzen des Rostruras, welche noch deutlicher auf der Innenseite
durch zwei von oben nach unten durchlaufende Nähte markirt
sind. Die Rostra-lateralia sind doppelt so breit als das Rostrum.
Zu beiden Seiten des Schalenstückes stehen die wohl entwickelten
Radia, deren äussere Leisten von schräg und gedrängt stehenden,
schwachen Fältchen verziert sind. Diese Leisten unterscheiden un-
sere Art von der C. testudinaria, bei der dieselben stark ge-
zähnelt sind. Auf der Unterseite der Schale strahlen von der
äusseren Wandfläche zahlreiche wellig gebogene und auf dem
Basalrande fein gezähnelte Vertical-Septen aus. Sie sind ab-
wechselnd kürzer, und länger und nur die letzteren erreichen die
innere Wandfläche.
Dimensionen: Höhe 10mm. Breite an der Basis 23 mm,
Breite am Apex 9 mm. Dicke des Rostrum an der Basis 7 mm.
Wahrscheinlicher Durchmesser der ganzen Schale 35 — 40 mm.
Bemerkungen: Von allen lebenden Formen unterscheidet
sich die canarische fossile Art hinreichend, um die Aufstellung
einer neuen Art zu rechtfertigen. Die halbkugelige und nicht
conische Form, die nur zart gefältelten, aber nicht gezähnten
Leisten und die im Verhältniss zum Rostrum sehr viel grös-
seren Rostro - lateralia , sind durchgreifende Unterschiede von
C. testudinaria (L.). Ebenso ist Ch. patula (Ranzani) durch
ihre nach Darwin (Monogr. of „The Balanidae", pag. 396)
steil conische Form und die grössere Breite der Radia aus-
geschlossen. Auch Cli. caretta (Spengl.) kann damit nicht ver-
wechselt werden, weil dort die Wand ganz solid ist und keine
Hohlräume zwischen den Verticalsepten hat. Fossil kenneii wii'
725
nur die eine Ai't aus dem Pliocän von Messina, welche Seguenzä
(Cirrip. terz. della prov. di Messina. P. II, p. 43) unter dem
Namen Ch. depressa beschrieben hat und die ebenfalls coniscli,
aber viel niedriger als Ch. festnäwnrin ist und zahlreiche, dicht
stehende Sopten haben soll.
Pisees.
95. Oxyrhina plicatilis Ag.
(). plicatüis Agassiz: Rech, sur les Poiss. foss., Vol. III, p. 279,
t. XXXYII, f. 14 u. 15, 1833 — 43.
Ein grosser, bei Cueva Baez gefundener Zahn besitzt die
für diese Art des europäischen Miocäns charakteristischen Falten
auf der Vorderfläche und eine gleich geringe Dicke.
96. Oxyrhina sp. ind.
Dreiseitige, lancettförmige , fast gleichseitige und nicht ge-
krümmte Zähne. Die Dicke derselben beträgt nur V^ der Breite,
die Aussenfläche ist fast glatt, die Inncnfiäclie sehr wenig cenvex
Die Wurzel ist nicht erhalten. — Diese Zähne sind der (J.
hnstalis kc. (Rech.. Vol. III. p. 277. t. XXXIV) sehr ähnlich.
Ihr Erhaltungszustand ist aber zu ungünstig, um eine genaue
Bestimmung zu erlauben.
Fundort; La Vista, S. Roque und Cueva Baez.
97. (raleocerdo cf. Egcrtoni (Ag.)
Cwax Egertoni Ag.\s.siz: Rech, etc., Vol. III, p. 228, t. 36, f. 6—7.
Ein dreiseitiger, gekrümmter Zahn, von 13 mm Höhe. 13 mm
Länge und 3 mm Dicke, vorn flach und hinten gewölbt, an den
Rändern fein gezähnelt. Der untere Rand des Emails bildet vorn
eine fast gerade, hinten eine stumpfwinkelig gebrochene Linie. Im
Innern der Krone befindet sich ein dreiseitiger Hohlraum, welcher
die Zugehörigkeit dieses Zahnes zum Genus Gnleocerdo beweist.
Mit G. Ef/ertoni (Ag.) hat er die allergrösste Aehnlichkeit und
an der Identificirung hindert uns nur der Umstand, dass die
Ränder zu sehr corrodirt sind.
Fundort: La Vista.
98. Chrysophrys sp. ind.
Zahlreiche kegelförmige oder halbkugelige Zähne ähneln dem
C. mioccnwa Bassani sehr.
Fundort: La Vista. Cueva de mata.
Zeitächr. d. D. geol. Ges. XL II. 4. 48
726
99. Nummopalatus africanus (Coccm).
Pharyngodopüus Africanus Coccm: Monogr. dei Pharyngodopilidae,
p. 68, t. IV, f. 7. 8, 8a, 1864.
Von Ntimniopalatus liegt mir nur eine untere Dentalplatte
vor, welche einen Längsdurchmesser von 6 und eine Breite von
11 mm hat. Der Apicalwinkel misst 10.5"; die obere und die
vordere Fläche stossen unter einem Winkel von 92 '' zusammen.
Die erstere ist in der Mitte etwas abgeplattet und seitwärts ab-
schüssig. Die von rechts nach links gewölbte vordere Fläche
besteht aus sieben Zahnreihen. Die drei mittleren Reihen be-
stehen je aus 4, die zwei nächst liegenden aus je 3 Zähnen,
während die äusserste linke nur 2, die äusserste rechte Reihe
sogar nur 1 Zahn trägt. Die Zähne der mittleren Reihen haben
bei gleicher Breite eine dreimal grössere I^änge als die seitlichen.
Die hinteren Zähne der Dentalplatte gruppiren sich entsprechend
der ungleichen Länge der vorderen Zähne bogenförmig um die-
selben herum, in 11 etwas unregelmässig gestellten Reihen klei-
ner, fast kreisrunder Zähne, deren Grösse von innen nach aussen
abnimmt. Die zwei äussersten dieser Reihen springen nach rechts
und links weiter vor als die Zahnreihen der vorderen Seite, so
dass der grösstc Durchmesser der ganzen Zahnplatte durch diese
und nicht durch die vordere Zahnreihe hindurchgeht.
Die Originalstücke des N. africaiius; welche Cocchi abge-
bildet hat, stammen von Grau Canaria und der Westküste Afrikas.
Die kleinen Unterschiede, welche dieselben mit unserem Exemplar
zeigen, rühren sicher nur von dem weniger vollkommenen Erhal-
tungszustand her
Fundort: La Vista.
100. Biodon sigma Martin.
/>. sigma Martin: Pal. Ergebnisse von Tiefbohrungen auf Java,
d. 16, t. I, f. 5, 1887.
Zu dieser Art stelle ich drei Dentalplatten von La Vista.
Die vollständigste derselben hat eine Breite von 20 mm und einen
Längsdurchmesser von 11 mm; die Höhe beträgt fast ebenso viel.
Der Querschnitt erscheint als eine etwas verlängerte Ellipse, de-
ren Axen das Verhältniss 55 : 100 zeigen. Die vordere Fläche,
welche noch von Cäment umhüllt wird, ist in der Mitte schwach
concav. Sie bildet mit der Kaufläche einen Winkel von 70''.
Die Dicke der Lamellen, welche die Dentalplatte zusanmiensetzen,
beträgt ^lo — Vio iiim, und das Email wiegt dabei gegenüber dem
Doppelcäment vor. Die Zahl der Lamellen beträgt in der einen
Hälfte 16, in der anderen 17, und sie sind so angeordnet, dass
727
die gleichen Lamellen der einen Hälfte mit denen der anderen
alterniren, was auf der Trenimngsfläche deutlich sichtbar wird.
Die Trennungslinie der Lamellen erscheint fein gezähnelt, was
seinen Grund darin hat, dass die obere Fläche mit einem Netze
von unregelmässigen tiefen Furchen bedeckt ist. Die Kaufläche
besteht zur einen Hälfte aus sieben, zur anderen aus acht La-
raellen, und wird von denselben unter einem Winkel von 20 "^
geschnitten. Li der Mitte ist sie schwach concav und bildet mit
der hinteren Fläche des Zahnes einen \Yinkel von 130". Einige
Spuren von Abreibung sind auch noch auf der Hinterfläche des
Zahnes zu beobachten, wo sie eine mondsichelförraige Area hervor-
gerufen haben. Hier sowohl als auf der Kaufläche laufen die
Ränder der Lamellen in geschwungenen Bögen gegen die Tren-
nungsfläche aus.
Herr Prof. Portis ^) hat kürzlich eine Abhandlung über die
fossilen Diodonten verötfentlicht, worin er drei Arten aus dem
Mittelmiocän anführt: Biodon Scillae Kg. (Langhien?), B. Stenodus
Portis (Langhien oder Helvetien) und B. corsicanus Locaud
(Helvetien oder Tortonien), alle der Sectioii der Ortodiodonti oder
Biodonti ortofdli angehörig. Zum Unterschied von unserer Art
hat B. stenodus einen grösseren Längsdurchmesser, B. Scillae
eine grössere Lamellenzahl und minder stark gebogene Trennungs-
linien der Lamellen. Bei B. corsicanus geht die Kaufläche durch
eine bogenförmige Krümmung in die hintere Zahnfläche über,
setzt aber nicht wie bei unserem Exemplare unter stumpfem
Winkel ab. Auch hat sie die Form eines gerundeten Trapezes
von nahezu gleicher Breite und Länge, während sie bei unseren
Stücken elliptisch oder herzförmig ist.
Eine andere Art, welche H. Portis übersehen zu haben
scheint, B. sigma Martin aus dem Miocän von Ngemback, weicht
von den vorliegenden Stücken insofern etwas ab, als der Längs-
durchmesser bei demselben kleiner ist. Bei den drei Stücken
von La Vista Nord sind Kaufläche und Hinterfläche scharf von
einander abgesetzt, während sie bei dem Original Martin' s an-
scheinend in einander übergehen. Es dürften jedoch diese Unter-
schiede schwerlich zur Aufstellung einer besonderen Species hin-
reichen, weshalb ich es vorziehe, meine Exemplare mit dem Mar-
tin'sehen B. sigm.a zu identificiren.
Die Fischfauna von Ngemback hat ausserdem auch noch an-
dere Beziehungen zur miocäncn Fischfauna Süd-Europas und Nord-
Afrikas: z.B. Carcharedon mrgalodon Kg. \x\\A Heniiprislis serra Kg.
^) Di alcuni Gimnodonti fossili italiaiii. Boll. d. R. Com. Geol.
dltal., Anno 1889, No. 11 e 12.
48*
728
Ergebnisse.
Die von uns studirte Fauna besteht aus 100 Arten, die sieb
auf 74 Genera vertbeilen. von denen nur 15 sieb nicht mehr in
der westlusitaniscben Provinz lebend finden:
Trochocyathus,
Sphenotrochus,
Clypeaster,
Pyxis,
Nerita,
Müridaria,
Bothpletzia,
Hipponyx,
Pyramidella,
Aporrhais,
Peristernia,
Olivella,
Ancillaria,
Nummopalatns,
Biodon ^).
Von den Ai'ten sind 25 noch lebend. Sechszehn derselben
bewohnen gegenwärtig die makarouesische Provinz, nämlich: Ci-
daris trihuloides, Retipora celbdosa, Anomia ephippium, Pecten
pusio, P. pes-felis, Mytilicaräia calycnlata, Chama gryphoides,
Haliotis tuberculata, Cerithiolum scahrum, Triphoris perversus,
Eanella marginata, It scrobicidator, Cantharus variegatus, 'Conus
painlionaceus , C. mediterranen s, Baianus perforatus.
Die 9 anderen lebenden, aber dieser Provinz jetzt fremden
Arten sind : Ostrea hyotis, Ervilia pius'illa, Fissur ella graeca,
Mitrularia semicanalis, liissoina 2-^^silla, PyramidelJa plicosa,
Cerifhium varicosum, Aporrhais p)es-xKlecani, Cassis sulcosa.
Von den ausgestobenen Arten sind 16 auf Makaronesien
beschränkt :
Sphenotrochus pharetra,
Trochocyathus cuculliformis,
Ostrea Chili,
Lima atlantica,
Pectimculus insolitus,
Lucina flahellifera,
Cardium Hartmigi,
Bothpletzia rudista,
Trivia canariensis,
Peristernia atlantica,
Marginella angustiforis,
Olivella Chili,
Pleiirotoma perturrita,
Conus JReussi,
Bulla micromphalus,
Chenolobia hemisphaerica,
Nummopalatus africanus.
Die fossile marine Fauna Gran Canarias und des Mittel-
meer-Gebietes zeigen dieselben Beziehungen zu einander wie die
lebende Fauna der Canarischen Inseln und des Mittelmeeres.
^) Galeocenlo wird zwar von Günther als im Atlantischen Ocean
vorkommend angegeben, ob er aber aucli im lusitanischen Theil des-
selben lebt, bleibt ungewiss.
729
Denn ^/s der lebenden canarischeii Arten begegnen uns auch im
Mittelmeer, gerade so wie ^3 tler fossilen canarischen Arten in
dem Neogen des Mittelmeer-Gebietes angetroffen werden.
Die verticale Verbreitung der fossilen Arten mit Bezug auf
die bekannteren Fundorte ist in der umstehenden Tabelle (p. 730)
zum Ausdruck gebracht.
Die von Lyell ') ausgesprochene Meinung über das Alter
dieser Schichten von Las Palmas wird durch unsere Untersu-
chungen vollkommen bestätigt. Es kann kein Zweifel darüber
bestehen, dass es sich um Miocän handelt, wenn wir in dieser
Fauna die für diese Periode charakteristischen Arten, wie Äncil-
laria glandiformis, Conus Pusclii, Nerita plutonis, Hipponyx
sulcatus etc., linden. Aber eine andere Frage ist es, welcher
der fünf Etagen und der zehn Unteretagen, in welche die mo-
derne Systematik das Miocän zerstückelt hat, die uns beschäfti-
gende Ablagerung einzureihen sei. — Betrachten wir die um-
stehende Tabelle, so sehen wir. dass die Mehrzahl der Arten
unverändert aus dem Ilelvetien in das Pliocän übergehen, und
viele derselben steigen sogar bis zum Anuitanien herab, einige
sogar bis in's Tongrien, andere wieder haben bis in die Gegen-
wart ausgedauert. Wenn wir die neuen und die unsicheren Arten,
welche in der Tabelle ausgelassen sind, nicht berücksichtigen, so
ergiebt sich allerdings ein kleines Uebergewicht für die Arten,
welche nur bis zum Helvetien heraufgehen, gegenüber denjenigen,
welche nur bis zum Pliocän oder Tortonien herabsteigen. Aber
dieser Unterschied ist zu gering, um deshalb unsere Schichten
in das Helvetien zu stellen.
Eine breitere Basis für die Altersbestimmung bietet sich uns,
wenn wir noch die miocänen Faunen von Madeira und von den
Azoren, welche viel reicher als die canarische Fauna und ohne
Zweifel gleichalterig mit dieser sind, mit in Betracht ziehen.
Ungefähr die Hälfte der canarischen Arten kommen auch auf
Madeira und den Azoren vor; unter diesen Formen sind einige,
welche man als auf das Gebiet dieser Inseln beschränkt ansehen
muss: Liina ailantica, Cardücm Hartungi, Mitndaria semica-
nalis, Pleurotoma perfurrita, Conus Ueissi, Bulla micromphalus,
Cidaris trihnloides; andere hingegen sind mehr oder weniger weit
im Neogen Europas und Nord-Afrikas verbreitet:
Clypeasier altus, 0 streu hyotis,
Eschara lamellosa, Anomia ephippium,
Ciipularia intermedia, Pecten pes-felis,
') Lyell. Th« student's Elements of Geology, 2 edit., 1874, p. 537.
730
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Olivdia stricta ....
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Nerita Plutonis . . .
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Eastonia mitis . . .
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—
—
—
Eschara lamellosa . .
X
+
+
+
—
Conus Puschi ....
X
+
+
+
—
Hipponyx sulcatus . .
+
+
+
+
—
Nerita Grateloupana .
-f
+
+
+
—
Venus multilamella . .
+
+
+
+
+
+
Ervilia pusilla . . .
+
+
+
+
+
+
Natica helieina . . .
+
+
+
+
+
+
Ancillaria (jlandiformis
+
+
+
—
Cerithium mricosum .
—
X
+
+
+
+
Cupularia intermedia .
—
+
+
+
+
—
Trochus patulus . . .
—
+
+
+
+
—
Stromhus cormiatus . .
—
+
+
+
+
—
Terebra Basteroti . .
—
+
+
+
+
—
Pectunculus stellaius
—
+
+
+
+
+
Cardita calymlata .
—
+
+
+
+
+
Chama gryphoides .
—
+
+
+
+
+
Cassis sulcosa . . .
—
+
+
4-
+
+
CJienopus pes-pelecani
—
+
+
+
+
+
Cerithium scabrum .
—
+
+
+
+
+
Cerithium, perversum
—
+
+
+
+
+
Pyramidella plicosa .
—
+
+
+
+
+
Cellepwa verrucosa .
—
—
+
—
Nassa atlantica . .
—
—
+
—
~
—
Conus Eschwegi . .
—
—
+
—
—
Lucina Bellardiana .
— •
—
+
+
—
Terebra cinereides
—
—
+
+
—
EscJutra monilifera .
—
—
+
+
+
—
Lucina leonina . .
—
—
+
+
+
—
Pecten latissimus
—
—
+
+
+
— •
Triria avellana .
—
—
+
+
+
—
Pecten pes-felis .
—
—
+
+
+
+
Pecten pusio . . .
—
—
+
+
+
+
Anomia epjhippium .
—
—
+
+
+
+
Ostrea hyotis . . .
—
—
+
+
+
+
Eetepora cdlidusa .
—
—
+
+
+
+
Conus m editerraneus
—
—
+
+
+
+
Eanella maryinata .
—
—
+
+
+
+
Eissoina pusilla . .
—
■ —
+
+
+
+
Fissurella yraeca
—
—
+
+
+
+
Baianus perforatus .
—
—
+
+
+
+
Einyicula Härnesi .
—
—
—
+
■ —
Mitra recticostata .
—
—
—
+
+
—
Janira rhegiensis
—
—
—
+
+
—
Pyxis pyxidatus . .
—
—
—
—
+
—
Haliotis tubcrculata .
~
—
—
—
+
731
Pccten laüssinius, Hipijonyx sulcatus,
Pcctuncuhis steUatus, Jiissoina pusilla,
Mitylicardia calyculatd Ceritliioluiu scabrum,
Chama gryplioideii, IViphoris perversus,
lAicina leonina, Stromhus coronatus,
— Bellardiana, Ranella marginata,
Ervilia pusilla, Nassa atlantica,
Nerita Plutonis, Conus Puschi.
In der Fauna von Madeii'a und den Azoren hat Mayer-
Eymar „ein Vorherrschen der Bivalven über die Gastropoden,
sowohl in Bezug auf die Zahl der Species (85 gegen 84) als,
noch in höherem Grade, in Bezug auf diejenige der Individuen
(421 gegen 248, oder 5 gegen 3)" ') beobachtet. Auf Gran Canaria
ist gerade das Umgekehrte der Fall: es überwiegen die Gastro-
poden mit 50 Arten, die Lamellibranchiaten mit 30. Dasselbe
gilt für die Anzahl der Arten, denn die grosse Häufigkeit von
Ervilia inisiUa, Peefunculas stellahis, Lucina sp. pl.. wird auf-
gewogen durch die nicht minder grosse Häufigkeit von Strmnlms
coronatus, Ancillaria glandiformis, Ceritldum, Tcrebra, Margi-
nclla, Mifrularia, BotJipletzia etc.
Merkwürdiger Weise finden wir in der Gegenwart das Zah-
lenverhältniss beider Mollusken - Gruppen für Madeira gerade um-
gekehrt. Nach Mac Andrew^ kommen auf nur 56 Lamelli-
branchiaten 107 Gastropoden. Aber diese Umkehrung hat auf
Gran Canaria nicht stattgefunden, woselbst auf 78 Acephalen
gegenwärtig 179 Gastropoden kommen, also ein ähnliches Zahlen-
verhältniss wie während der Miocänzeit existirt.
Zu diesem Unterschied zwischen Gran Canaria und Madeira,
welcher wahrscheinlich von der verschiedenen, dort mehr felsigen,
hier mehr schlammigen Beschaffenheit des Meeresgrundes her-
rührt, kommen noch andere. Auf Gran Canaria fehlen gewisse
Typen, welche auf den Azoren und Madeira reich vertreten sind.
So z. B. die Familie der Astraeiden und gewisse Gruppen der
Mollusken Cardiurn, Venus, Area, Rissoa, Alvania, Fasdolaria) ,
welche auf den Azoren und Madeira sowohl nach Arten als nach
Individuen reich, auf Gran Canaria aber gar nicht oder nur sehr
dürftig vertreten sind. Während andererseits die ziemlich häu-
figen Fische und die Olividen. Marginelliden , Crassatella, Sphe-
nofrocJms, TrochoegatJius und die so seltsame Rothpletzia auf
den Azoren und Madeira nicht nachgewiesen sind.
^) Mayer -Eymar, Madeira, p. 285.
732
Diese Thatsachen scheinen zu beweisen, dass hier früher in
der Vertheilung der Lebensbedingungen eine grössere Mannich-
faltigkeit als gegenwärtig geherrscht hat. denn gegenwärtig sind
nacli den Angaben von Mac Andrew^ von den 169 Mollusken-
Arten Madeiras nicht weniger als 139 den Canarischen Inseln
gemeinsam.
Die besprochenen fossilen Faunen der Azoren und Madeiras
sind von Mayer-Eymar in das Helvetien gestellt worden, indem
er das Tortonien auf Grund der lithologischen Ausbildung als
ausgeschlossen betrachtet, da letzteres in ganz Europa aus blauen
Mergeln bestehe. Er fügt hinzu, dass diese blauen Mergel „eine
so constante, durch das starke VorheiTSchen gewisser Gattungen
und Arten bezeichnete Fauna enthalten, dass auch sie von vorn
herein als auf den atlantischen Inseln nicht vorhanden genannt
werden können" ^). Es ist schwer verständlich, wie ein Meer in
seiner ganzen Ausdehnung nur blaue Mergel abgesetzt haben soll;
gewiss fehlten in der Nähe der Küste Sande, GeröUe und orga-
nogener Kalk nicht, und entsprechen denselben besondere Faunen,
gerade so wie wir es in den heteropischen Ablagerungen anderer
Perioden sehen.
In dem Verzeichniss der 208 Arten giebt Mayer -Eymar
an, dass folgende 15 nicht über das Helvetien hinaus reichen:
Escharu lamellosa Mich.,
Escliurina hiaperta Mich.,
— celleporacea Münst..
Ciqmlaria inier media Mich.,
Helinstraea Prevostana? M. E. u. H.,
— Bercssana M. E. u. H..
C/ytherea Heeri Ag.,
Cardinni comatidnm Br..
Plicatula niperella, Duj..
Ostrea lacerata Goldf.,
Nerita Plutonis Bast.,
Certthiopsts hilineata Hörn..
Fasciolaria nodifera Duj..
Mitra Hörnesi May.,
Clypeaster crassicosfatus Ag.
Dies gilt aber in Wirklichkeit nur für 9 Arten, denn
Eschara lamellosa und Escharina hiaperta finden sich auch im
Crag von England, Cupulariu intermedia wird aus dem Astien
') Mayer-Evmar, Madeira, p. 277.
733
von Pieinoiit, Heliastraca Jiensö'ina im Tortonien von Calabria,
Plicatula riijK'rella im Tortonien von Modena angeführt und Ce-
rithwpsis hilineafa ist noch lebend. Andererseits giebt jenes
Verzeichniss zusammen 32 Arten an, welche nicht im Helvetien,
sondern im Tortonien, Pliocän oder in der Gegenwart vorkom-
men. Die Wage neigt sich ebenso sehr auf die Seite des Tor-
tonien als auf die des Helvetien, und es scheint mir die Frage
hier am Ort, ob es nicht besser sei, anstatt unsere Schichten
auf Grund numerischer Unterschiede, welche sich je nach Aufas-
sung des Artbegrifs oder je nach Geschick des Sammlers von
einem Tag zum andern verschieben können, in die engen und
künstlichen Grenzen der einen oder anderen Etagen einzuzwängen,
dieselben einfach in das mittlere Miocän zu stellen, welches der
zweiten Mediterranstufe der österreichischen Geologen, oder den
Schichten von Grund bis herauf zu dem oberen Leithakalk
entspricht?
Wenn auch die Unterscheidung des Helvetien und Tortonien
in einigen besonders begünstigten Localitäten möglich ist, so wird
sie doch in einer grossen Anzahl von Fällen zur reinen Unmög-
lichkeit. Und sie scheint mir überhaupt nicht besser begründet
als die Eintheilung, w^elche man in das Pliocän einführen wollte,
indem man die Küstenablagerungen und diejenigen des tieferen
Meeres als selbständige Unteretagen ansah. Deswegen glauben wir
imsere Schlussfolgerungen darauf beschränken zu sollen, zu sagen,
dass innerhalb der mittelmiocänen Ablagerungen solche in der
Facies des Leithakalkes vorkommen, welche am besten den cana-
rischen Schichten entsprechen. Die Häufigkeit der Lithoiham-
nium-KnoWen in demselben, sowie die bathymetrische Verbreitung
der Organismen sprechen ebenso wie die mächtigen Conglomerate
und Sande, die sie begleiten, für eine Meerestiefe, welche 100 m ')
nicht überschritten haben kann, und die wohl auch diejenige des
Leithakalk-Meeres war.
2. Die Schichten von S. Catalina.
Die Versteinerungen, welche mir aus diesen Schichten vor-
liegen, sind viel weniger zahlreich als diejenigen der Hochterrasse.
1) Nach P. Fischer (Manuel de Conchyliologie, p. 184) reicht die
untere Grenze der Nulliporen (Lithothamnium) an der französischen
Küste nur bis zu einer Tiefe von 72 m herab. Wenn man diese Be-
grenzun^ff auch für die Canarischen Insehi in der Miocänzeit gelten
lassen will, so würde das Maximum der damaligen Meerestiefe von
100 auf 72 m zu setzen sein. Indessen ist hierauf deshalb ein beson-
derer Werth nicht zu legen, weil wahrscheinlich diese miocänen Schich-
ten sich in noch geringerer Tiefe gebildet haben.
734
Es sind nur 20 Arten, während Lyell ^) aus denselben Schichten
der unteren Terrasse, aber wahrscheinlich von einem anderen Fund-
ort, wie bereits weiter oben erläutert worden ist, über 50 Arten
erhalten hat, deren Namen er aber nicht erwähnt hat, mit Aus-
nahme des Strombus hubonius, Ceritliium procerum, Pecfen jaco-
baeiis, P. polymorplms und der Cardita squamosa. Diese Versteine-
rungen haben noch ein ungemein frisches Aussehen und machen in
Folge dessen einen sehr jugendlichen Eindruck. Wenn nicht einige
Formen darunter wären, welche in der gegenwärtigen Fauna dieses
Archipels fehlen und die deswegen den Eintritt einer Veränderung
in den Lebensbedingungen anzeigen, so könnte man sie für ebenso alt
halten als die subfossilen Gehäuse des jetzigen Meeresstrandes.
In der nachfolgenden Liste sind die Arten, welche noch jetzt
den Canarischen Archipel bewohnen, mit einem * bezeichnet.
1 . * Toxopnenstes liviäus Lam.
Nur isolirte Stacheln.
2. '^ Mytilieardia calyculata (L.) d'Orbigny. Moll., Echinod.
etc. des iles Canaries, p. 105.
Die zahlreichen Exemplare gehören jener kleinen Varietät
an, welche noch an den Küsten Gran Canarias lebt, und fossil
auch im miocänen Sandstein von La Vista gefunden worden ist.
3. '^Venns verrucosa L. d'Orbigny. 1. c, p. 106.
4. Tatella Loioei d'Orbigny, 1. c, p. 97, t. VH, f. 9, 10.
Diese Art, welche nach Mac Andrew (Moll, on the N. E.
Atlant., in Rep. of the twenty-sixth meet. of the Brit. Ass. for
the Adv. of sc, p. 146, 1857) nur an den Küsten der Cana-
rischen Inseln, von Madeira und Mogador lebt, wird von May^er-
Eymar. Madeira, p. 234) auch aus den quartären Schichten von
Prainha angegeben.
5. '^'Patella guttata d'Orbigny, 1. c, p. 98, t. VII, f, 13 u. 15.
Ein grosses Exemplar, welches wie die ausgewachsen Indi-
viduen von lebenden Arten eine auffallende Höhe besitzen. Ihre
Höhe beträgt 30 mm, ihre Breite circa 60 mm.
6. "^ Fissurella gibba Phil. Mac Andrew, Moll, on the N. E.
Atlantic, p. 147.
Sehr häufig.
7. * PhasianeUa pulla Pay^r. d'Orbigny, 1. c, p. 81.
8. '^ Troclms turhinaius Born.
Zahlreiche, in Form und Färbung sehr veränderliche Exem-
plare.
1) Eiern, of Geology, 6. Edith., p. 668, 1865.
735
9. ''^Monodonia Bicliaräü Payr. d'Orbigny, 1. c, p. 82.
10. Vermdus glomeratas Biv.
1 1 . Vermetus suhcancellatus Biv.
Diese und die erstgenannte Art sind aus der heutigen Fauna
des Canarischen Archipels nicht bekannt. Sic leben jedoch im
Mittelraeer.
12. '^ Littorina affinis d'Orbigny, 1. c, p. 79, t. VI, f. 11, 13.
1'6. '* Cyclostoma canariense d'Orbigny, 1. c. , p. 76, t. II,
f. 31, t. VI, f. 34.
14. * Ceritimmi lacteum Phil.
15. * Colmubella rustwa Lam. d'Orbigny, 1. c, p, 90.
16. Purpura (Polytropa) lapälus (L.)
Die nordische Art bewohnt gegenwärtig weder den Cana-
rischen Archipel noch das Mittelmeer.
17. "^Purpura (Stramumta) liaemastoma Lam. d'Orbigny,
1. c, p. 91.
18. "^'Marginelln müiacea Lam. Mac Andrew, 1. c. , p. 151.
19. *M^m zchrina d'Orb., 1. c, p. 86. t. VI, f. 29, 31.
20. '-^Marinula Firminü (Payr.). Mac ANDREM^ 1. c, p. 145.
21. *Helix (Hemicyclus) malleata Fer. d'Orbigny, 1. c. ,
p, 54, t. I, f. 15, 17.
Aus diesem Verzeichniss ersieht man, dass die Schichten
von S. Catalina Strandbildungen sind und nicht wie Lyell
(1. c.) glaubte, in einer Tiefe von über 30 m zum Absatz ka-
men. Die Mischung von Landschnecken (Helix maUeata, Cyclo-
Stoma canariense), Strandbewohnern (Marinula Firmini) und der
Patella, Troclms etc. mit Arten, welche nur wie Cardita squa-
■mosa in einer gewissen Meerestiefe leben, weist deutlich darauf
hin, dass die letzteren erst nach ihrem Tode auf den Strand ge-
worfen wurden.
Mit Bezug auf die Altersbestinnnung machen es die gegen-
wärtig dem Archipel fremden Arten (Strombus huhonius, Pur-
pura lapillus, Cerithium procerum, Cardita squamosa etc.) un-
möglich, die Entstehung dieser Schichten in die Neuzeit zu ver-
legen . und wir vermuthen , dass sie zum oberen Quartär gehören
und mit dem Kalktuti von Prainha. welchen Mayer-Eymar eben-
falls für diluvial hält, gleichaltrig sind.
Die Vergesellschaftung von Arten, welche gegenwärtig nur
noch in südlicheren und solchen, die nur noch in nördlicheren
Meeren leben, lässt uns über die Ursache dieser Wohnungver-
änderung im Ungewissen.
736
3. Die Sande und Mergel der Isleta.
In diesen Schichten existirt ebenso wie in denjenigen von
S. Catalina eine Mischung von Land- und Meeresbewohnern,
welche die Strandablagerungen charakterisiren.
Die Mollusken -Gehäuse, welche sie einschliessen, sind so
vortrefflich erhalten und zeigen noch so viel von dem Glanz der
Schale und den Farben, dass man sie nur als subfossil be-
zeichnen kann.
1. Pectimculus glycimeris (L.). d'Orbigny, Moll. d. il. Can.,
p. 104 (P. püosiis).
Mergel der Playa de Confital.
2. Vemis verrncosa L. d'Orb., 1. c. p. 106.
In Sand der Playa de la Luz.
3. Cyclostoma canariense d'Orb., 1. c. p. 76.
4. Conus papilionaceus Brug. d'Orb., 1. c, p. 85.
Playa de la Luz.
5. Helix })isana Müll. d'Orb.. 1. c, p. 58.
Sehr junge Exemplare, immer mit Kiel versehen. La Luz.
6. Helix maUeata Fer. d'Orb.. 1. c, p. 54.
Mergel der Playa de Confital.
7. Helix Sauhyi d'Orb.. 1. c. p. 56, t. XXXI. f. 9, 10, 11.
Isleta.
8. Helix lactea Müll. d'Orb.. 1. c, p. 55.
Im Mergel der Playa de Confital. — Von dieser Art sagt
d'Orbigny. dass sie wahrscheinlich „a cte apportee aux Cana-
ries comme comestible, et qu'elle s'y est parfaitement natu-
ralisee".
9. Spinila Feronii Lam. d'Orb., 1. c, p. 24.
Im Sande der Playa de Confital.
Das ganz jugendliche Alter dieser Ablagerungen ist durch
diese kleine Liste vollkommen bewiesen, da dieselbe nur Arten
umfasst, welche noch heute den Strand der Canarischen Inseln
bewohnen und von denen eine sogar wahrscheinlich erst vor
einigen Jahrhunderten auf diesen Inseln eingeführt worden ist.
737
4. Zur mikrocheniischeii Untersuchung*
einiger Minerale.
Von Herrn J. Lemberc4 in Dorpat.
Die gegenwärtigen mikrochemischen Untersuchungs-Methoden
sind fast alle darauf gerichtet, nur die elementare chemische
Zusammensetzung zu ermitteln, doch ist das Ergebniss dieses
Verfahrens nicht immer eindeutig, weil dieselben Stoffe ja in ver-
schiedenen Mineralen vorkommen können. Die Ermittelung von
chemischen Reactionen, welche für ganz bestimmte Minerale be-
zeichnend sind, ist daher wünschenswerth. Ferner darf die che-
mische Reaction nur auf der Oberfläche des zu prüfenden
Minerals verlaufen, die Reactionsproducte dürfen nur auf der
Oberfläche niedergeschlagen werden , wodurch das Mineral
kenntlich gemacht wird; dann eriiält man Einsicht in die mine-
ralogische Gruppirung der chemischen Stoffe, während eine solche
nicht immer geliefert wird, wenn die Niederschläge an einem be-
liebigen Ort aus der Lösung sich ausscheiden. Besonders bei
synthetischen Untersuchungen tritt innner die Frage heran: ist
das gebildete Product ein chemisches Individuum? hier ist es
wünschenswerth, die etwaigen fremden Beimengungen sichtbar
machen zu können.
Die folgenden Versuche sind alle an gröblich gepulverten
Mineralen angestellt, nachdem der feine Staub durch Schlämmen
entfernt war; bei sehr feinem Korn versagen die Untersuchungs-
methoden. Zum Gelingen der Versuche ist es nöthig, dass die
Oberfläche der Körner frei von fettigen Stoffen, überall benetzbar
sei; besonders sei hervorgehoben, dass die Empfindlichkeit ein
und desselben Minerals (auch von demselben Fundort) gegen
chemische Agentien eine recht verschiedene ist, sodass die fol-
genden Angaben über Concentration und Einwirkungsdauer der
Lösungen durchaus nicht allgemeine Geltung beanspruchen; es ist
sehr wünschenswerth, dass solche Versuche an Orten ausgeführt
werden, wo umfangreiche Sammlungen der verschiedenen Abarten
von Mineralen vorhanden sind, weil dann die Grenzen der Brauch-
barkeit einer Methode eher festgestellt werden können. Die hier
mitgetheilten Versuche konnten nur an einer recht begrenzten
Zahl von Mineralabarten angestellt werden, doch glaube ich. dass
738
auch so die folgenden Mittheiluiigeu in manchen Fällen dem Geo-
logen nicht unwillkommen sein dürften. Wo nicht besonders be-
merkt, wurden die Versuche in flachen Uhrgläsern bei Zimmer-
temperatur angestellt.
1. Sodalith kann dadurch kenntlich gemacht werden, dass
das Chlor zunächst als AgCl auf den Körnern niedergeschlagen
und dann das AgCl zu Ag reducirt wird: die Sodalithkörner sind
durch den Ag-Üeberzug undurchsichtig gemacht.
Das Verfahren ist folgendes : man lässt 1 0 Minuten lang eine
wässerige Lösung, die gleichzeitig 4 pCt. HNO3 und 2 pCt. AgNOs
enthält, auf den Sodalith einwirken, nach welcher Zeit sich ein
zwar sehr dünner, aber recht gut haftender Ueberzug von AgCl
abgelagert hat. Salpetersäure -reichere Lösungen sind nicht em-
pfehlenswcrth , weil dann die AgCl-Bildung zu rasch erfolgt, und
der Ueberzug nicht gut haftet. AgNOs muss immer in reich-
licher Menge zugegen sein, damit die Lösung in unmittelbarer
Berührung mit Sodalith nie Ag - frei wird, weil dann die abge-
spaltene HCl- Säure nicht mehr auf der Oberfläche des Sodaliths
gefällt wird, sondern in weiterer Entfernung. Nach genügender
Einwirkung (meist 10 Minuten) wird die Lösung von den Kör-
nern abgegossen, einmal mit etwas Wasser vorsichtig nachgespült
und dann sofort das AgCl mit Pyrogallol zu Ag reducirt, was
in folgender Weise geschieht: Ein Raumtheil der oben genannten
Lösung wird mit dem 9 fachen Raumtheil Wasser verdünnt, und
zu einem Kubikcentimcter dieser nun zehnfach verdünnten Lösung
etwa ein Centigramm Pyrogallol zugesetzt (es kommt nicht be-
sonders auf das Verhältniss an, auch ist 1 Centigr. Pyrogallol
für jeden Versuch vollkommen genügend); der Pyrogallol-Zusatz
erfolgt unmittelbar vor der Verwendung der Lösung zu Reduction
des AgCl. Nach rasch (höchstens 1 — -2 Min.) erfolgender Re-
duction spült man die Entwicklungsflüssigkeit mit wenig Wasser
ab; bei längerer Einwirkung von Pyrogallol löst sich leicht etwas
Ag von den Sodalithkörnern ab, auch wird etwas Ag aus dem
AgNO.3 abgeschieden. Die Ei'gebnisse an Sodalithkörnern waren
recht befriedigend. Auch an Dünnschliffen von Ditroit konnte
der Sodalith dauernd sehr gut sichtbar gemacht werden. Zur
Verwendung gelangten die Sodalithe von folgenden Fundorten:
Ditro, Vesuv, Miask, Grönland.
Man kann auch den Sodalith sichtbar machen, ohne das
AgCl zu Metall zu reduciren, wenn man nur den AgCl-Ueberzug
stärker werden lässt; nach 15 bis höchstens 30 Minuten langer
Einwirkungsdauer der sauren Ag-Lösung ist das durchgehende Licht
sehr stark geschwächt, die Sodalithkörner erscheinen gelb bis
braun gefärbt, im auffallenden Licht erkennt man den weissen
739
AgCl-üeberzug sehr (deutlich. Die Reaction kann noch verstärkt
werden, wenn man die saure Lösung abgiesst. etwas mit Wasser
abspült und nun das Ganze belichtet; der AgCl-üeberzug nimmt
auch im zerstreuten Tageslicht die bekannte Violettfärbung an.
Dieses Verfahren empfiehlt sich in den Fällen, wo man bei der
Reduction mit Pyrogallol eine etwaige stellenweise Ablösung der
Ag-Schicht befürchtet.
2. Die Hauyn - Analj^sen weisen meist einen geringen Cl-
Gehalt auf. was entweder auf eine mechanische Beimengung von
Sodalith oder eine wirkliche Mischung beider Mineralsubstanzen
zurückzuführen ist.
Hauyn von Niedermendig (mit 0,74 pCt. NaCl analysirt;
diese Zeitschrift 1888, p. 626) erweist sich, in oben beschrie-
bener Weise behandelt, als kein mechanisches Gemenge. Nach
10 Minuten langer Einwirkungsdauer der sauren Ag - Lösung
erscheint der Hauyn im durchfallenden Licht sehr viel blas-
ser gelb als der Sodalith, und während, nach Zufügung der
Entwicklungs - Flüssigkeit . der Sodalith ganz undurchsichtig
wird, erscheint der Hauyn meist hell; nur stellenweise ist ein
Korn von einem trüben, auch bisweilen dunkel gefärbten Schleier
bedeckt, doch ist dieser Schleier sehr viel heller als beim So-
dalith. Die dünne AgCl- Schicht auf dem Hauyn löst sich näm-
lich ausserordentlich leicht ab, weil der Hauyn durch HNO3 viel
stärker angegriffen wird als der Sodalith; hat die saure Ag- Lö-
sung etwa . 20 Miimten eingewirkt, so beginnt der Ueberzug von
wenig AgCl und viel Si02 sich von selbst abzulösen, was durch
ein sehr schwaches Schwenken der Flüssigkeit beschleunigt wird.
Die in der Flüssigkeit herumschwimmenden oder den Körnern an-
haftenden Flocken von AgCl(Ag)-haltiger Kieselsäure trüben zwar
die Schärfe der Reaction. aber bei zahlreich angestellten Ver-
suchen mit Gemengen von Sodalith- und Hauynkörnern konnten
letztere immer gut von ersteren unterschieden werden.
Es wurde noch versucht, die Schwefelsäure im Hauyn als
PbSOi niederzuschlagen; wenn auch die Versuche wenig befriedi-
gend ausfielen, so sollen sie doch mitgetheilt werden, weil sie viel-
leicht in manchen Fällen mit mehr Erfolg angestellt werden können.
Salpetersäure von 15 pCt. (HNO3) wurde mit Pb2(N0.3) ge-
sättigt; zu einem Raumtheil dieser Lösung wurden 3 Raum-
theile Alkohol von 95 pCt. zugemischt, wobei sich Pb 2 (NO3)
zum Theil ausschied; die rasch sich klärende Lösung wurde
sofort ^) mit Hauynpulver (Niedermendig) zusammengebracht, und
') Auch nachträglich scheidet sich Pb2(N03) in Krystallen aus, man
muss daher von Zeit zu Zeit die Lösung erneuern, weil sie sonst zu
740
das Uhrglas, in dem die Reaction vor sich ging, die ganze Zeit
über bedeckt gehalten. Die Verdunstung der alkoholischen Lö-
sung ist durchaus zu vermeiden, weil die rückständige alkohol-
ärmere Flüssigkeit den Hauyn zu stark angreift. Die Hauyn-
körner werden in Folge des sie bedeckenden PbSOi im durch-
fallenden Licht trübe, im auffallenden sieht man deutlich den
weissen Ueberzug. doch verläuft der Vorgang sehr langsam; erst
nach 2 — 3 Stunden waren alle Körner trübe, wenn auch manche
schon nach einer halben Stunde kenntlich gemacht waren. Ferner
löst sich der PbSO- Ueberzug etwas leicht ab.
Man kann mit dem PbSOi- Ueberzug noch folgende weitere
Versuche anstellen. Fügt man basisch weinsaures Amnion hinzu,
so löst sich PbSOi sofort und die trüben Hauyne werden wieder
klar ; oder : nach sorgfältigem Abspülen der Pb - Lösung mit
Wasser, giebt man Na2S-Lösung hinzu, was den weissen PbS04-
Ueberzug in braunes PbS ^) verwandelt. Doch löst sich PbS etwas
leicht vom Hauyn ab.
Als der Versuch an Dünnscidilfen des Nüseanphonoliths von
Olbrück angestellt wurde, waren die grösseren Noseane nach
lYs Stunden fast ganz mit PbSOi bedeckt, was schon mit
blossem Auge sichtbar war; die kleinen Krystalle zeigten jedoch
erst eine theihveise Bedeckung, die vom Rande aus begann^);
die Unterschiede in der Empfndlichkeit gegen chemische xVgen-
tien sind somit sehr gross.
Es wurde ferner Ittneritpulver (Kaiserstuhl) mit obiger Lö-
sung behandelt, wobei sich dieselben Uebelstände einstellten Avie
beim Hauyn: ein Theil der Körner war schon nach einer halben
Stunde stark mit PbS04 bedeckt, während ein anderer kaum
angegritfen war. auch löste sich PbSOi zum Theil ab.
Uebrigens wird durch obige alkoholische Lösung auch PbCb
gefällt, sodass man sich erst von der Abwesenheit des Chlors
überzeugen muss, ehe man auf Schwefelsäure prüft.
Pb-ann wird; nachdem die Pb - arme Lösung abgegossen, giebt man
etwas Wasser zu, was die ausgeschiedeneu Pb 2 (NO3") - Krystalle löst,
spült ab und fügt erst dann das frisch hergestellte alkoholisclie Ge-
misch zu.
*) Die Reaction mit XaäS-Lösung darf nur dann augestellt werden,
wenn nicht andere Silicate zugegen sind, deren Oberfläche mit einer
dünnen Kieselsäure - Gallertschicht bedeckt ist, in welche sich natür-
lich etwas Pb - Lösung eingesogen hat. Die Reaction ist dann wenig
deutlich.
^) Die alkohoHsche Lösung darf nicht mit dem Canadahalsam des
Dünnschlift's in Berührung kommen; man umgieht den Dünnschlift' mit
einem etwa ^'•2 cm hohen Rand von Bienenwachs, und giesst die alko-
holische Lösung in diese Vertiefung.
741
3. Es wurde Skapolithpulver (St. Lawrence Cty, mit 3.69 pCt.
NaCl; d. Zeitschr. , 1887, p. 572) mit einer Lösung behandelt,
die 6 pCt. HF, 4 pCt. HN0,3 und 2 pCt. AgNOs enthielt i). Ent-
sprechend dem geringeren Cl - Gehalt muss hier die Einwirkung
der Lösung länger dauern als beim Sodalith, ehe der die Körner
umgebende AgCl - Schleier deutlich wird. Nach 10 Minuten be-
ginnt die Trübung merklich zu werden, die Körner erscheinen
blass gelb im durchfallenden Licht, nach 30 — 35 Minuten aber
schon braun; fügt man, nach vorheriger xibspülung, die frühere
Pyrogallol-Lösung hinzu, so werden die Scapolithkörner durch ab-
gelagertes Ag undurchsichtig. Man kann aber auch die Reduction
zu Metall unterlassen und die Scapolithkörner an der blossen
AgCl - Ablagerung (besonders nach vorheriger Violettfärbung im
Tageslicht) recht gut erkennen. Da sich hierbei auch CaF2
bildet, so musste durch einen besonderen Versuch entschieden
werden, ob nicht auch die Ablagerung dieses Stoffes zu einer
Verwechselung mit AgCl Anlass geben könne. Das findet nicht
statt: Scapolithpulver, mit einer Lösung, die 6 pCt. HF, aber
nicht HNO3 und AgNO.-! enthielt, behandelt, wurde wohl trübe,
aber nie zeigten die Körner im durchfallenden Licht den eigen-
thümlichen gelb-braunen Farbenton, und im aufi'allenden Licht den
weissen Schleier, wie er für AgCl bezeichnend ist. Mit Scapo-
lithen anderer Zusammensetzung sind keine Versuche angestellt
worden, bei den basischen, Cl- armen Arten wird die Methode
vei'sagen.
4. Silicate, die rasch mit Salzen schwerer Metalle in
Wechselwirkung treten, können dadurch kenntlich gemacht wer-
den, dass man deren Metallsubstitutionen mit (NH4)2S behandelt:
das dunkel gefärbte Schwefelmetall schlägt sich auf der Ober-
fläche der Silicatkörner nieder"). Da der Chabasit sich ganz
besonders rasch mit K-Salzen umsetzt, so war zu erwarten, dass
er sich auch mit den ähnlich constituirten Silber- und Thallium-
Salzen rasch umsetzen werde, was die Versuche bestätigen.
Chabasitpulver einige Minuten in der Kälte mit TINO3- oder
AgNOs -Lösung behandelt, lässt eine bedeutende Menge Kalk in
Lösung gehen, unter Bildung von Tl- und Ag- Chabasit; letztere
Verbindungen werden durch Schwefelammon sofort in Amnioniak-
Chabasit und AgL>S oder TI2S zerlegt. Zu mikrochemischen
Reactionen erwies sich die Tl-Lösung geeigneter als AgNOs. Es
') Die Uhrgläser waren zum Schutz gegen die Flusssäure mit
einer Schicht Canadabalsam überzogen.
^) Es wird weiter unten dargethan, wie man das weisse ZnS und
das sehr blasse MnS deutlich sichtbar macht.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 4. 49
742
wurde Chabasitpulver mit kalt gesättigter, säurefreier TINO3-
Lösung (etwa 10 pCt. Salz führend) bei 70" C. im Wasserbade
behandelt ^) ; in den allermeisten Fällen war eine 5 — 6 Minuten
lange Einwirkung ausreichend, in ein paar Fällen eine 10 Min.
lange, um gute Ergebnisse zu erhalten^). Es wurde nun durch
Decantiren das TINO3 ausgewaschen, wobei natürlich heftiges
Schütteln zu vermeiden ist, und dann nicht zu starkes Schwefel-
ammon zugegeben; die Chabasitkörner wurden von braunem bis
schwarz -braunem TI2S bedeckt. Das Schwefelammon darf nicht
zu lange mit dem TI2S in Berührung bleiben^), sondern muss
mit Wasser abgespült werden, weil sich sonst etwas TI2S ablöst;
letzteres tritt auch nach einiger Zeit in reinem Wasser von selbst
ein, weshalb die Beobachtung unter dem Mikroskop sofort vorge-
nommen werden muss. Die untersuchten Chabasite stammen von
folgenden Orten her: Faröer, Leitmeritz, Aussig, Lobositz, Anne-
rode, Monzoni, Gerstfeld, Oberstein, Monastir (Sardinien), Irkutzk
und Baikalsee (Sibirien), Nova Scotia (rother sogen. Acadiolith);
ferner Gmelinit von Glenarm, Nova Scotia, Faröer; Herschelith
von Aci reale ; Seebachit von Richmond. In allen diesen Fällen
wurden befriedigende Ergebnisse erhalten, nur bei einem Chabasit
von Nidda (Hessen) waren auch nach 10 Minuten langer Ein-
wirkung von TINO3 einzelne Körner, und bei einem Chabasit von
unbekanntem Fundort sogar die meisten unverändert geblieben.
Leider reichte der Stoff dieser Chabasite nicht zur Ausführung
einer quantitativen Analyse.
Bei Dünnschliffen versagt diese Methode, weil die Färbung
durch TI2S nicht dunkel genug ist. Mit Ag2S gefärbte Dünn-
schliffe sind zwar dunkler, aber die Ag2S - Theilchen sind recht
ungleichmässig auf der Oberfläche vertheilt.
Folgende Silicate bleiben unverändert, auch wenn die Tl-
Lösung Y4 Stunde lang bei 100" C. einwirkte: Thorasonit (Kil-
patrik, Kaaden), Analcim (Fassa), Leonhardit (Schemnitz; diese
Zeitschr., 1885, p. 984), Leucit (Vesuv), Skolecit (Island); mit
Schwefelammon übergössen, bleiben die klaren Körner völlig farb-
los, nur die trüben waren blass braun, was wohl auf stattgefun-
^) Zu jedem Versuch wurde etwa ein halbes Co Lösung ver-
braucht; um das Eintrocknen der Lösung zu verhindern, wurde der
Versuch in einem kurzen Probirrohr angestellt, in welches ein zweites
Probirrohr hineingeschoben wurde.
*) Zu lange Einwirkung muss vermieden werden, weil dann leichter
eine Ablösung vom unveränderten Kern eintritt.
^) Das Schwefelammon muss frei von schwebenden Stoffen (Staub,
Korkstücke) sein, weil sonst leichter eine Ablösung des TI2S vom Kern
eintritt.
743
dene Verwitterung der Minerale deutet, zum Tlieil mochte auch
die Tl-Lösung in die feinen Risse gedrungen sein und Hess sich
dann schwer auswaschen. Neben diesen Mineralien konnte man
den Chabasit gut kenntlich machen.
Die folgenden Minerale, die sich mit KCl-Lösung langsamer
als der Chabasit umsetzen, treten auch mit TINO3 viel langsamer
in Wechselwirkung; da nur wenige Abarten zur Verfügung stan-
den und dieselben nicht immer frei von Beimengungen waren,
so wurden eingehendere Versuche aufgegeben, und es sind hier
nur die Tastversuche mitgetheilt.
Phillipsit von Aci reale wurde nach 5 Minuten langer Ein-
wirkung von Tl - Lösung bei 70 " durch Schwefelammon ebenso
gut schwarz-braun gefärbt wie der Chabasit.
Die folgenden Minerale wurden alle 15 Min. bei 100^ C.
mit Tl-Lösung behandelt und dann mit (NH4)2S.
PhiUipsit von Aqua acetosa bei Rom: die Körner meist
dunkel braun, einige heller braun.
Phillipsit von Lauban: meist dunkel braun, einige hell und
dunkel braun gesprenkelt, sehr wenige Körner noch unverändert
farblos.
Harmotom {Andreasberg): dieselbe Erscheinung wie beim
Phillipsit von Lauban.
Stilbit (Berufjord): wenige schwarzbraun, meist ganz farblos
oder braun gesprenkelt.
Desmin (Island) : mehr braun gefärbte Körner als beim Stil-
bit, sonst gleich.
Natrolit (Leipa) : sehr ungleichmässig gefärbt, braun-schwarze
neben farblosen Stellen; zum Theil dürfte die Färbung durch Tl-
Lösung, welche in die feinen Risse gedrungen, bewirkt sein.
Mit anderen Metallsalzen sind keine Versuche angestellt.
Barytharmotom (Andreasberg) mit kalt gesättigter Lösung
von neutralem chromsaurem Kali Y2 Stunde dei lOO** behandelt,
war oberflächlich mit einem sehr blass gelben Ueberzug von BaCrO-t
bedeckt, der im auffallenden Licht etwas deutlicher hervortrat als
im durchfallenden; bisweilen dürfte diese Reaction zur Erkennung
von Harmotom verwerthbar sein.
5. Silicate, die rasch mit NH4C1-Lösung in "Wechselwirkung
treten, können dadurch kenntlich gemacht werden, dass das Am-
mon als roth- braunes Quecksilberoxyjodidamidid mit dem Ness-
ler' sehen Reagenz auf den Körnern niedergeschlagen wird. Be-
dingungen des Gelingens sind: dass die Menge des NH3- Silicats
eine sehr geringe ist; bei viel NHs haftet der sich ausseiest
reichlich abscheidende braun -rothe Niederschlag gar nicht mehr
an den Körnern; dann muss die NESSLERSche Lösung eine sehr
49*
744
ettipfindliche sein, da der braune Niederschlag in JK löslich ist.
Die Lösung wurde folgcndcrmaassen ^) hergestellt: 1,8 grm JK in
in 25 cc H2O gelöst, mit überschüssigem HgJ2 gekocht, dann
3,5 grm KHO zugegeben, auf 50 cc verdünnt und wieder gekocht;
die trübe Lösung klärte sich in einem verschlossenen Cylinder
nach mehreren Stunden vollständig. Diese Lösung ist mit HgJ2
gesättigt und scheidet diesen Körper beim Verdünnen mit Wasser
theilweise ab, was jedoch bei den Versuchen nicht weiter schadet.
Es wurde Chabasitpulver (Faroer, Leitmeritz; Acadiolit von
Nova Scotia), Herschelit (Aci reale), Seebachit (Richmond) 2 Min.
mit kalt gesättigter NHiCl-Lösung in der Kälte behandelt^), dann
durch Decantiren mit Wasser ausgewaschen, das feuchte Pulver
mit dem NESSLER'schen Reagenz^) übergössen und etwas umge-
rührt, um Concentrations-Unterschiede rasch aufzuheben ; die blass
bis dunkel braune Färbung der Chabasitkörner beginnt sofort,
und es ist diese Reaction eine befriedigende. Ueber die Ein-
wirkungsdauer der NH4CI - Lösung lassen sich keine bestimmten
Angaben machen, und es ist die Zeit durch Versuche zu ermit-
teln. Gmelinitpulver hatte schon durch 2 Min. währende, Cha-
basitdünnschliffe schon durch einige Secunden dauernde Einwir-
kung von gesättigter NHtCl-Lösung so viel Amnion aufgenommen,
dass der braune Niederschlag nicht mehr haftete.
Folgende Minerale zeigten nach 2 Min. langer Einwirkung
der NIIiCl-Lösung keine Veränderung: Thomsonit, Analcim, Leucit,
Skolecit, Leonharcüt.
Bei Stilbit und Desmin war dagegen die Färbung der Kör-
ner eine sehr ungleiclmiässige.
6. Calcit scheidet aus FeCIs -Lösung rasch Fe203 ab, was
mit Schwefelammon sichtbar gemacht werden kann (d. Zeitschr.,
1887, p. 489); auch Witherit und Aragonit thun das, nur lang-
samer, auch haftet der FeS-Niederschlag weniger stark und ist
nicht gleichmässig auf der Oberfläche vertheilt. Besonders beim
Aragonit findet man die grössten Unterschiede im Verhalten gegen
obige Reagentien und es ist zu untersuchen, ob fremde Beimen-
*) Doch ist damit nicht gesagt, dass nicht andere Lösungen noch
zweckdienlicher sind.
^) Die Lösung muss vorsichtig geschwenkt werden , damit die
Chabasitkörner immer mit dem genügenden NH4Cl-Ueberschuss in Be-
rührung sind.
^) Das NESSLER'sche Reagens muss sofort nach dem Auswaschen,
was einige Minuten dauert, zugegeben werden ; wird das Reagens etwa
nach 20 Min zugegeben, so erscheint die Braunfäi'bung sehr blass;
offenbar wird das Ammonsilicat durch Wasser allmählich etwas zerlegt.
745
gungeu (SrC03), oder ungleiche Härte des Krystalls dies be-
wirlvcu ^).
Ein stark abweichendes Verhalten zeigt Eisensulfat -Lösung.
Mit Witherit zusammengebracht, findet anfangs eine sehr schwache
COs-Entwicklung statt, die bald fast ganz aufhört, und wenn man
nach 5 — 10 Minuten währender Einwirkung mit Schwefelaramon
behandelt, so erscheint die Oberfläche durch Spuren FeS sehr
blass grün gefärbt, während Calcit und Aragonit dunkel bis
schwarz-grün gefärbt sind. Offenbar scheidet sich im ersten
Augenblick auf der Oberfläche des Witherit eine sehr dünne
BaSO^-Schicht ab, welche die weitere Einwirkung der Fe-Lösung
hindert. Zur Verwendung gelangte Eisenoxydammoniakalaun -Lö-
sung (1 Theil des krystallisirten Salzes in 15 Theilen H2O).
Bei den grossen Unterschieden in der Angreifbarkeit lassen sich
nähere Angaben über die Einwirkungsdauer nicht machen; bei
Pulvern genügt meist eine Minute, bei Dünnschlift'en meist 10
Minuten. Man lässt letztere am besten in der Lösung liegen
und zieht die Platte etwa nach jeder Minute für einen Augen-
blick heraus, damit die oberflächlich anhaftenden CO2 -Bläschen
sich loslösen. Leider haftet das FeS an den Körnern wenig,
und bei Dünnschliffen erscheint die Oberfläche nicht gleichmässig
schwarz oder dunkel grün, sondern gesprenkelt, auch weisse
Stellen finden sich selbst nach 10 Minuten langer Einwirkung.
Kleine Einlagerungen von Witherit im Aragonit können somit
nicht mehr erkannt werden.
Alstonit und Barytocalcit scheiden aus der Eisenalaun - Lö-
sung sehr wenig mehr Fe203 ab als Witherit; nach Behandlung
mit Schwefelammon erscheint die Oberfläche blass grün gefärbt.
Aus einem Alstonit (Aiston), der zusammen mit Calcit auftritt,
wurden Dünnschliffe hergestellt, und es treten nach Behandlung
mit Eisenalaun und Schwefelammon die Grenzen beider Minerale
gegen einander recht scharf hervor.
Strontianit scheidet aus Eisenalaun - Lösung^) sehr wenig
mehr Fe2 03 ab als Witherit, und nach Behandlung mit Schwefel-
ammon erscheint die Obei'fläche sehr blass grün gefärbt. Dünn-
schliffe, aus einem mit Calcit verwachsenen Strontianit herge-
stellt, und dann wie früher behandelt, Hessen die Grenzen beider
Minerale gegen einander recht scharf erkennen.
Mit den Sulfaten von AI, Cr, Ur bei Gegenwart eines Farb-
^) Auch die Oberflächen-Beschaffenheit macht sich sehr geltend.
') Auch auf FeCls - Lösung wirkt Strontianit sehr viel langsamer
als Aragonit.
746
Stoffs sind keine Versuche angestellt worden; vielleicht führen
sie zu befriedigenderen Ergebnissen als Eisenalaun.
7. Da BaCrOi in Essigsäure sehr wenig löslich, CaCr04
und SrCr04 aber leicht löslich sind, wurde noch folgendes Unter-
scheidungs-Verfahren geprüft. Es wurde eine Lösung hergestellt,
die auf 130 Theile Wasser 12 Theile K2Cr207 und 3 Theile
Eisessig enthielt. Witheritpulver 10 Min. mit dieser Lösung
behandelt, erscheint sehr blass, aber deutlich gelb gefärbt, be-
sonders im auffallenden Licht, während Strontianit und Calcit
natürlich farblos bleiben. Eine längere Einwirkung verstärkt die
gelbe Färbung des Witherit nur unbedeutend, auch ist eine solche
durch gleichzeitige Gegenwart von SrCO.3 und CaCOs ausge-
schlossen, weil letztere stark durch die Essigsäure gelöst werden.
Barytocalcit und Alstonit verhalten sich beide gleich und werden
nach 10 Min. dauernder Einwirkung durch einen stark citron-
gelben Ueberzug von BaCrOi getrübt, und sind sehr deutlich von
Witherit zu unterscheiden; in einzelnen Fällen musste die Ein-
wirkungsdauer auf 20 Min. ausgedehnt werden, um alle Körner
gleichmässig stark zu färben.
Dieselben Versuche wurden an Dünnschliffen^) wiederholt.
Die Färbung ist bei Witherit äusserst schwach gelb, und im
durchfallenden Licht meist nicht wahrnehmbar, dagegen bei Alstonit
und Barytocalcit stark citrongelb und sehr deutlich. Bei den
Proben, die gleichzeitig Alstonit und Calcit enthielten, waren die
Grenzen beider Minerale gegen einander sehr scharf zu erken-
nen; diese Methode ergänzt also die im vorigen Abschnitt be-
schriebene.
8. Manche Arten von Cerussit (z. B. wasserhelle von Ner-
tschinsk) werden durch Schwefelammon in der Kälte sehr wenig
verändert, ja selbst beim Kochen geht die Umwandlung in PbS
sehr langsam vor sich. Wird dagegen Na2S- Lösung angewandt,
so überziehen sich die Cerussitkörner in wenigen Minuten mit
schwarzem PbS, was durch Erwärmen noch beschleunigt wird.
Da in manchen Fällen die Gegenwart anderer Minerale die An-
wendung von Schwefelnatrium ausschliesst, so ist es wünschens-
werth, den Cerussit in anderer Weise kenntlich zu machen.
Cerussitpulver , mit der im vorigen Abschnitt erwähnten
chromsauren Lösung 10 Min. behandelt, war durch oberflächlich
') Man zieht den Dünnschliff von Zeit zu Zeit aus der Lösung
für einen Augenblick heraus, damit die CO2 - Bläschen sich loslösen;
wenn man mit Mineralpulver arbeitet, so genügt eine schwache Er-
schütterung des Uhrglases, um denselben Zweck zu erreichen.
747
abgelagertes PbCr04 sehr blass, aber deutlich gelb gefärbt; län-
gere Einwirkung oder Erwärmen verstärkt die Gelbfärbung^).
In befriedigender Weise lassen sich die Cerussitkörner auch
durch oberflächlich abgelagertes gelbes PbJs kenntlich machen,
was durch Behandlung mit folgender Lösung geschieht. Salpeter-
säure von 20 pCt HNO3 wurde etwas weniger als die der Säure
äquivalente Menge JK - Pulver zugefügt und dann tüchtig ge-
schüttelt; ein Theil des gebildeten KNO3 scheidet sich sofort aus,
da dieses Salz in freien Säuren weniger löslich ist als in reinem
Wasser. Man lässt absitzen und vermischt einen Raumtheil der
klaren Lösung mit 9 Raumtheilen Alkohol von 95 pCt. , und
schüttelt, wobei sich das meiste KNO3 abscheidet. Die klare
Lösung-) wandelt Cerussitpulver in wenigen Augenblicken ober-
flächlich in PbJ2 um; ist die Färbung genügend, so spült man
mit Alkohol ab.
Ist die Anwendung einer sauren Lösung ausgeschlossen, so
empfiehlt sich folgendes Verfahren, bei welchem die Cerussit-
körner durch oberflächlich abgelagertes Bleisuperoxyd kenntlich
gemacht werden. Als Oxydationsmittel diente eine alkalische
Br - Lösung , die durch Auflösen vor 2 grm KHO in 12 cc
Br - Wasser (bei Zimmertemperatur mit Br gesättigt) erhalten
wurde ^). Die Wirkung der Lauge auf Cerussit beginnt sofort
sichtbar zu werden, nach 10 Min. sind die Körner orange bis
braun gefärbt und sehr deutlich gekennzeichnet; bei stärkerem
Erwärmen werden sie schwarz-braun, doch ist es nicht rathsam,
die Färbung weiter zu trüben, als zum deutlichen Erkennen er-
forderlich ist, weil sich der Pb02 - üeberzug um so leichter ab-
löst, je dicker er ist. Na2S-Lösung wandelt den Pb02-Üeberzug
in PbS um.
Anglesitpulver (Pensylvanien) wird durch Einwirkung obiger
Br - Lauge in der Kälte oberflächlich rasch zu Pb02 oxydirt;
Gelbbleierz (Bleiberg) mit der Lösung gekocht, färbt sich schwarz-
braun, und wahrscheinlich wird dieses Verfahren bei allen na-
türlichen Sauerstoff- und Chlorverbindungen des Bleies anwend-
bar sein.
') Da BiaOsCrOs in Essigsäure wenig löslich ist, so wird man
dieses Verfahren vielleicht auch bei manchen Bi-Miueralien anwenden
können.
-) Eine Verdunstung des Alkohols während der Einwirkung ist
zu verhindern, auch darf beim Zusatz der alkoholischen Lösung das
Cerussitpulver nicht mit Wasser befeuchtet sein, sondern trocken oder
mit Alkohol befeuchtet.
') Da die Lösung sehr veränderlich ist, so stellt man dieselbe
kurz vor der Anwendung her, auch werden in manchen Fällen andere
Verhältnisse von Br und Alkali besser sein.
748
Vielleicht auch bei manchen Schwefelverbindungen des Bleies,
wenigstens führten Versuche an Bleiglanz zu ganz erträglichen
Ergebnissen. Bleiglanz in der Kälte mit Br - Lauge behandelt,
verliert rasch den Glanz und nach 15 Min ist die Obei-fläche
mit einem hell gelben bis bräunlichen üeberzug^) bedeckt, der
nach 30 Min. meist hell braun gefärbt ist. doch finden sich immer
noch Stücke mit einem sehr dünnen üeberzug. durch welchen
der schw^arze Untergrund hindurch schimmert. Die Flächen, auf
welchen die Körner ruhen, werden begreiflich sehr viel langsamer
umgewandelt, und bei dem hohen Eigengewicht der Körner wer-
den diese durch schwaches Schwenken der Lösung nicht immer
umgewendet. Die Br-Lauge erneuert man von 5 zu 5 Minuten.
Zweckmässiger ist es. in folgender Weise zu verfahren. Man
lässt die Br-Lauge etwa 10 Min. einwirken, spült dann mit Wasser
ab, verdrängt das Wasser mit Alkohol und fügt die vorige alko-
holische JH-Lösung hinzu, wodurch das oberflächlich abgelagerte
Pb02 sofort zu PbJo umgewandelt wird. Alle Bleiglanzkörner
sind oberflächlich gelb gefärbt, wenn auch in verschiedenem Grade,
und bei manchen schimmert noch der schwarze Untergrund hin-
durch, doch sind auch diese deutlich gekennzeichnet.
Es ist nicht rathsam. den Pb02 - Üeberzug stärker werden
zu lassen und ihn dann in PbJ2 überzuführen, weil dann leichter
eine Ablösung des Ueberzuges eintritt, auch erscheinen die schar-
fen Kanten und Ecken dann stark abgerundet.
9. Zinkspath kann dadurch sehr deutlich kenntlich ge-
macht werden, dass man denselben zuerst oberflächlich in weisses,
wenig deutlich wahrnehmbares ZnS verwandelt, was durch Be-
handeln mit einer Na2S- Lösung (7 Theile Na2S 9 H2O in 10
Theilen Wasser gelöst), am besten unter schwachem Erwärmen,
ausgeführt wird. Die Umwandlung geht rasch vor sich: eine
halbe bis drei Minuten genügen; man spült die NaoS-Lösung ab
und fügt AgNOs-Lösung hinzu, wonach ZnS sofort durch dunkel
braunes oder schwarzes Ag2S ersetzt wird. Nach diesem Ver-
fahren sind schon früher (d. Zeitsclir., 1876, p. 573) Kiesel-
zinkerz und Zinkblende gekennzeichnet worden.
10. Nach genau demselben Verfahren kann Manganspath
(Nagyag. Diez. Freiberg) gekennzeichnet werden, nur muss man
mit Na2S-Lösung etwas länger (2 — -3 Min.) und viel stärker er-
wärmen, namentlich die eisenreichen Varietäten; die Trübung der
Körner durch MnS-Ablagerung ist meist schon mit blossem Auge
wahrnehmbar, und bei starkem Fe -Gehalt ist die Färbung durch
^) Vielleicht ist derselbe nicht reines PbOj, sondern ein Gemenge
von diesem und den zahlreichen Oxybromiden.
749
FeS- Bildung recht dunkel. Fügt man AgNOs- Lösung hinzu, so
wird der MnS - Ueberzug durch AgoS ersetzt, die Manganspath-
körner erscheinen braun bis schwarz gefärbt. — Oder man ver-
wandelt Manganspath oberflächlich in braunes Manganhyperoxyd-
hydrat; erwärmt man die Körner mit der früher erwähnten alka-
lischen Br-Lösung bis fast zum Kochen, so werden sie alle blass
braun gefärbt, sie sind deutlich zu erkennen, doch erfolgt die
Einwirkung langsam. — Am besten ist folgendes Verfahren:
man wandelt, wie oben angegeben, Manganspath in MnS um,
spült die Na2S-Iiösung ab, und erwärmt stark mit der alkalischen
Br-Lösung; der MnS -Ueberzug wandelt sich rasch in kastanien-
braunes Mn02 um.
Ist die Anwendung von NaaS anderweitig ausgeschlossen, so
erwärmt man das Manganspathpulver mit einer Kalilösung (2 gr
KHO in 12 CG H2O) bis fast zum Kochen, wobei CO2 dem Späth,
entzogen wird, spült die Lösung ab und erhitzt nun mit der
alkalischen Br-Lösung: es bildet sich ein stark brauner bis
schwarzer Ueberzug von Mn02; doch ist dieses Verfahren weni-
ger empfehlenswerth, weil der starke Ueberzug sich leicht ablöst.
Wird nun der braun gefärbte Manganspath mit SchAvefel-
ammon behandelt, so tritt ziemlich rasch eine Umwandlung des
Mn02 zu MnS ein, die dunkle Färbung verschwindet (Unterschied
von Pb02), und wenn gleichzeitig mit dem MnO^ auch Fe20.3
gebildet war. so wird dieses als grünes FeS sichtbar.
11. Wird Eisenspath mit Na2S- Lösung in der Wärme be-
handelt, so haftet das sich bildende FeS fast gar nicht; erwärmt
man mit Schwefelammon . so bildet sich eine blass grüne, haf-
tende FeS -Schicht, die sich zwar mit AgNOs sofort zu Ag2S
umsetzt, aber letztere Verbindung haftet nicht an der Unterlage.
Es wurde nun folgendes Verfahren eingeschlagen: zuerst
Eisenspath oberflächlich in Oxyd umgewandelt, und dieses dann
mit Schwefelammon in FeS. Erwärmt man Eisenspathpulver mit
der alkalischen Br-Lösung bis fast zum Kochen (2 — 3 Min. lang),
so erscheinen alle Körner blass braun und dann, mit Schwefelam-
mon versetzt, ziemlich dunkel grün gefärbt; die Reactionen sind
recht deutlich.
Oder man erhitzt das Eisenspathpulver mit Kalilauge (2 gr
KHO in 12 CO H2O) 2 — 3 Min. lang bis fast zum Kochen; alle
Körner erscheinen hell braun, nach Zusatz von Schwefelammon:
schwarz ; oder man erhitzt erst mit obiger Kalilauge 2 — 3 Min.
lang, spült ab und erwärmt schwach mit der alkalischen Br-Lö-
sung: alle Körner sind mit schwarz - braunem Fe203 überzogen,
was durch Schwefelammon in schwarzes FeS übergeführt wird.
Die Versuche wurden an durchsichtigen Krystallen von Neu-
750
dorf (Anhalt) angestellt, und es enthielt das FeCOa etwas MnCOs
beigemengt. Es wird nun die weitere Aufgabe sein, zu ermit-
teln, wie sich Minerale, die gleiclizeitig verschiedene Carbonatc
der allialischen Erden und schweren Metalle führen, gegen obige
Keagentien (vom Absatz 6 an) verhalten; einige Tastversuche be-
lehren, dass sich bisweilen abweichendes Verhalten einstellt, wäh-
rend in anderen Fällen die beschriebenen Wege zum Ziele führen.
So erleidet der ziemlich eisenreiche Dolomit von Traversella durch
obige Kali- und alkalische Br-Lösung keine Veränderung, während
der Eisenzinkspath von Altenberg, mit NasS-Lösung fast bis zum
Kochen erhitzt, sich durch ausgeschiedenes FeS blass grün färbt;
dann mit Br-Lauge gekocht, wandelt sich das FeS in blass brau-
nes Fe203 um.
Es wurden noch folgende Tastversuche über das Verhalten
.der Schwefelverbindungen des Eisens gegen kalte alkalische Br-
Lösung angestellt. Magnetkies (Bodenmais, Orijärwi in Finland)
bedeckt sich rasch mit Fe^Oa, was jedoch nicht haftet, auch
werden die einzelnen Körner sehr ungleichmässig geschwind an-
gegriffen, besonders langsam die natürlichen Oberflächen. Pyrit
färbt sich nach einigen Minuten brouce-gelb bis kupfer-roth und
nur sehr allmählich tritt eine Oxydation zu Fe203 ein. Markasit
wird rascher als Pyrit, aber sehr viel langsamer als Magnetkies
angegriffen. Vielleicht lässt sich dieses verschiedene Verhalten
in manchen Fällen zur Unterscheidung des Magnetkieses von den
beiden anderen Kiesen verwerthen.
12. Pyromorphit (Braubach, Ems, Durham, Pennsylvanien)
und Mimetesit (Erzgebirge , Cumberland) lassen sich dadurch
kenntlich machen, dass man das Chlor als AgCl auf der Ober-
fläche niederschlägt und dann das AgCl zu Metall reducirt. Das
Verfahren ist genau dasselbe, wie im Abschnitt 1 beschrieben
wurde. Uebrigens genügt es schon, den AgCl-Ueberzug (durch
20 — 40 Min. dauernde Einwirkung der sauren Silberlösung)
dicker werden zu lassen, um die Mineralkörner kenntlich zu
machen, besonders wenn man durch Belichtung eine Violettfärbung
des AgCl bewirkt.
Zum Nachweis des Bleies in beiden Mineralen dienen fol-
gende Methoden : Schwefelammon ^) wirkt sehr langsam ein,
während Na2S-Lösung (7 Theile Na2S. 9 H2O in 10 Theilen H2O)
^) Bevor die beiden Methoden aufgefunden waren, wurde folgendes
Verfahren eingeschlagen. Das Pulver wurde in der Kälte mit einer
wässerigen Schwefelsäurelösung (5 pCt. H2SO4) 15 Min. behandelt,
wobei sich die Körner mit einem dünnen üeberzug von PbSOi be-
deckten; dann abgespült und mit Schwefelammon übergössen. Das
PbS04 wandelt sich in braunes PbS um.
751
in wenigen Minuten eine Sehwarzfärbung bewirkt; die früher ver-
wendete allialische Br-Lösung wirkt in der Kälte auf Pyromorphit
sehr langsam ein, auf Minietesit etwas rascher; beim Erhitzen
der Lösung werden beide Minerale oberflächlich rasch in schwarz-
braunes Pb02 verwandelt.
Chlorapatit (Snarum und künstlich dargestellte Krystalle,
erhalten durch Auflösen von Calciumtriphosphat in geschmolzenem
CaCb oder NaCl) lässt sich genau nach demselben Verfahren
wie Pyromorphit und Mimetisit durch Behandeln mit der sauren
Ag-Lösung kenntlich machen, doch wird Apatit durch die 4pro-
centige HNO3 - Säure stärker gelöst, als die beiden anderen Mi-
nerale, man darf die Einwirkung nicht zu lange ausdehnen. Es
ist durch Versuche festzustellen, bis zu welcher Grenze der Chlor-
gehalt herabgehen darf, um noch in obiger Weise nachweisbar
zu sein.
Nachtrag.
Nachdem obige Arbeit dem Druck übergeben war, fielen
mir folgende mikrochemische Reactionen ein, durch welche einige
früher mitgetheilte vervollkommnet werden.
Witherit wird durch Behandlung mit der früher erwähnten
Chromsäurelösung oberflächlich in gelbes BaCrOi verwandelt, doch
ist die Gelbfärbung eine sehr blasse und bei Dünnschliffen, im
durchfallenden Licht, meist nicht wahrnehmbar. Dieser hell gelbe
BaCr04-Ueberzug wird nun in rothes Ag2Cr04 verwandelt, dessen
Farbe so gesättigt ist, dass auch Dünnschliife von Witherit sehr
deutlich gekennzeichnet sind; auch braucht die Chromsäure-Lösung
jetzt nur 5 Minuten lang einzuwirken (früher waren 10 Minuten
angegeben), was den weiteren Vortheil hat. dass beigemengte
Carbonate von Strontium und Calcium nicht so stark gelöst wer-
den. Nachdem die Chromsäure-Lösung vollkommen abgespült ist.
übergiesst man die noch feuchten Körner oder den Dünnschliff
mit neutraler AgNOs - Lösung: die Umsetzung erfolgt in einigen
Minuten. Ein Trockenwerden der mit BaCrO^i überzogenen Kör-
ner oder Schliffe ist zu vermeiden, weil dann die Umsetzung mit
AgNOs langsamer erfolgt.
Wirkt eine concentrirte Lösung von neutralem Kalichromat
(K2Cr04) in der Kälte ^) 10 Minuten lang auf Witheritpulver ein,
so bedecken sich die Körner mit einem sehr blass gelben, wenig
deuthchen Ueberzug von BaCrOi; nach Zusatz von AgNOs-Lö-
') Da das sich bildende K2CO3 eine theilweise Rückbildung von
BaCr04 bewirkt, so ist das Gemenge von Lösung und Pulver von Zeit
zu Zeit umzurühren, um eine zu starke örtliche Anhäufung von KoCOs
zu verhindern. Man kann übrigens die Lösung auch bei Siedehitze
etwa 2 Min. lang einwirken lassen, und erhält ebenfalls gute Ergebnisse.
752
suiig färben sich jedoch die Körner lebhaft roth. Witherit kann
also sehr gut so gekennzeichnet werden, vorausgesetzt, dass die
Gegenwart anderer Minerale die Anwendung von neutralem Kali-
cbromat nicht ausschliesst.
Auch der BaCrOi-Ueberzug beim Harmotoni (Absatz 4) kann
durch Behandeln mit AgNOs in Ag2Cr04 übergeführt werden.
und wenn auch die Färbung der einzelnen Körner eine sehr un-
gleichmässige ist, so wird sie doch in manchen Fällen eine Un-
terscheidung des Barytharmotoms von anderen Mineralen er-
möglichen.
Cerussitpulver, mit der sauren Chromsäure-Lcisung behandelt,
wird oberflächlich in PbCr04 umgewandelt; viel zweckmässiger
ist es jedoch, statt des blass gelben neutralen Bleichromats, das
gelb - rothe. basische Salz 2 PbO, CrOa (sogen. Chromroth) her-
zustellen: die Reaction ist sehr viel empfindlicher, zudem verläuft
sie nur in alkalischer Lösung, nicht in saurer, was unter Um-
ständen ja ebenfalls erwünscht sein kann. Die einwirkende Lö-
sung enthält auf S Theile H2O 2 Theile K2Cr04 und 0,07 Theile
Kalihydrat (KHO). Cerussitpulver färbt sich in dieser Lösung
nach einigen Minuten in der Kälte oberflächlich roth. bei sehr
schwachem Erwärmen schon nach einigen Augenblicken. Blei-
vitriol (Pensylvanien) und Chlorblei (Vesuv) färben sich in der
Kälte ebenfalls rasch. Molybdänbleierz (Schwarzenbach) wird erst
beim starken Erwärmen der Lösung und langsam umgewandelt,
Pyromorphit und Mimetesit bleiben unverändert. Beimengungen
von Bleivitriol und Cerussit im Pyromorphit köimen also so
sichtbar gemacht werden, z. B. in den Pscudomorphoscn von
Pyromorphit nach Cerussit (Blum, Pseudom., 1879, p. 96).
753
5. Oracaiithiis Bochuinensis n. sp.,
ein Trachyacanthide des deutschen Kohlen-
gebirges.
Von Herrn Otto Jaekel in Berlin.
Hierzu Tafel XXXVII.
Von Herrn Prof. Dames wurde ich kürzlich auf ein Fossil
aufmerksam gemacht, welches aus der productiven Kohle des
Hannibal-Schachtes bei Bochum in Westfalen stammt und bisher
nur gelegentlich von Herrn Prof. von Kcenen ^) als keilförmiges
Knochenstück erwähnt worden war.
Die äussere Erhaltung des Fossils ist sehr ungünstig, indem
dasselbe sehr abgerieben, an zwei Seiten des Umrisses mehrfach
gebrochen und schliesslich so mit Kohle überzogen ist, dass weder
die allgemeine Form noch die Oberfläche ohne Weiteres kenntlich
sind. Auf Taf. XXXVII, Fig. 1 ist das Fossil in ^3 natürlicher
Grösse abgebildet. Einigermaassen intact ist nur die linke Seite;
die nach oben gerichtete Spitze war sehr abgerieben und musste
überdies noch zur Anfertigung eines mikroskopischen Präparates
z. Th. entfernt werden. Ganz abgebrochen ist die Unterseite und
die untere Hälfte der rechten Seite. Die hier nicht abgebildete
Rückseite des Fossils ist durch eine dicke Kohlenrinde verdeckt.
Glücklicherweise war das Fossil zweimal bei m und n der
Fig. 1 gebrochen, sodass sich an drei Stellen die Querschnitte
feststellen Hessen. Dieselben sind in Fig. 2, 3 und 4 in natür-
licher Grösse abgebildet. Fig. 2 stellt den Querschnitt bei n,
Fig. 3 den bei m und Fig. 4 den am oberen Ende dar. Aus
denselben ergiebt sich, dass das Fossil aus zwei nach unten und
hinten (rechts der Fig. 1) geöffneten Flügeln besteht, welche oben
verschmolzen sind und vorn (rechts der Fig. 2, 3 u. 4) einen
verdickten Kiel bilden. Ferner zeigen Fig. 2 und 3. dass der
nach unten gerundete Flügel am verdickten Vorderrand bei a
eingebrochen und auf den Gegenflügel gedrückt ist. Dabei hat
er noch in sicli selbst mehrere Brüche erfahren. Schliesslich
') Diese Zeitschrift, Bd. XVII, ISHo, p. 271.
754
erkennt, man an den Querschnitten schon mit blossem Auge zahl-
reiche Kanäle bezw. Hohlräume in der Grundmasse, auf welche
ich später bei Besprechung des histologischen Baues zurück-
komme.
Die Oberfläche erscheint unregelmässig längsgefurcht, aber
diese Furchung entspricht nicht der urspünglichen Oberfläche des
Fossils, sondern ist theils die Folge einer künstlichen Abreibung
in der Längsrichtung, theils mag die Kohlenrinde selbst sich in
Längswülsten an der rauhen Oberfläche angeheftet haben, wie
dies auch z. B. an Stücken aus dem englischen Carbon häufig zu
beobachten ist. Die ursprüngliche Oberflächen - Sculptur erkennt
man an den Querschnitten, wo sich deutlich gerundete Höcker
zeigen, und an stärker abgeriebenen Theilen der Oberfläche, wo
sich diese Höcker durch ihre tief schwarze Farbe in den Wül-
sten der heller gefärbten Kohle markiren. An dem Vorderrand
stehen einige undeutliche Höcker, welche sehr stark abgerieben
sind, aber die frühere Anwesenheit grösserer Dornen mehr als
wahrscheinlich machen.
Der histologische Bau des Fossils ist im Gegensatz zu dem
ungünstigen Aussehen der Form vorzüglich erhalten und ermög-
lichte eine sichere Bestimmung desselben, als Hartgebilde eines
Placoiden oder Knorpelfisches. Die Grundmasse ist von zahl-
reichen grossen, Gefässe führenden Kanälen durchzogen, von de-
nen vereinzelte Dentinröhrchen ausgehen (vergl. Fig. 5 a). Die
dünneren Ausläufer dieser Kanäle senden zahlreiche Dentinröhr-
chen aus (vergl. Fig. 5 b) und zersplittern sich schliesslich in
diese. Die Grundmasse ist um jene Kanäle concentrisch abge-
sondert, sodass je nach dem Gehalt färbender Salze concentrische
Streifung entsteht. Besonders auffällig und fast als Fluidalstructur
tritt diese Erscheinung in einer horizontalen Zone auf, durch
welche eine krönen- und eine wurzelartige Substanz unterschieden
wird. Das in systematischer Hinsicht Ausschlag gebende ist der
Mangel an Osteoblasten oder Knochenzellen. Das Hartgebilde ist
also kein Knochen, sondern eine Placoidbildung aus Vasodentin,
wie sie für die Knorpelfische charakteristisch ist.
Unter diesen können nun zum Vergleich nur jene eigen-
thümlichen Hartgebilde herangezogen werden, welche als Oracan-
thus bezeichnet Averden und einer Ordnung von Knorpelfischen
angehören, für welche ich a. a. 0. den Namen Trachyacanihidac
vorgeschlagen habe^). Es sind dütenförmige Platten, welche seit-
lich am Kopf befestigt waren. Da die äussere Form unserer Art
^) Jaekel. üeber fossile Ichthyodorulithen. Sitzungsber. d. Ges.
naturf. Freunde, Berlin 1890, p. 130.
'55
so ungünstig erhalten ist, und es mir bei der Seltenheit derar-
tiger Objecte noch nicht möglich war, eine grössere Anzahl
hierher gehöriger Gattungen histologisch zu untersuchen, so lassen
sich für die genauere Stellung unserer Form wenig Anhalts-
punkte gewinnen. Deshalb erscheint es zweckmässig, die Art zu
Oracanflms im weiteren Sinne zu stellen, und da sie sich von
den beschriebenen Arten in mehreren Punkten nicht unerheblich
zu entfernen scheint, als
Oracanthus Bochumensis n. sp.
zu bezeichnen.
Der Fund hat insofern einige Wichtigkeit, als er meines
Wissens der erste Rest eines Trachyacanthiden ist, der aus dem
deutschen Kohlengebirge bekannt wird. Man kannte die Formen
bisher aus der Kohlenperiode namentlich von England. Nord-
Amerika und Belgien. Es wäre in hohem Grade interessant,
wenn neben jenen Hartgebilden nun auch die Gebisse in Gestalt
CocMwäus-Sirüger Zahnplatten in Westfalen nachgewiesen werden
könnten.
756
B.
Briefliche Mittlieilimgeii.
1. Herr J. Siemiradski an Herrn G. Bekendt.
lieber eine Endmoräne der ersten Vergletscherung
unterhalb Krakau an der Weichsel und über die
Natur der dortigen Lössbildung.
Erstes Schreiben.
Lemberg, den 13. October 1890.
Ich beeile mich, ihnen eine Nachricht, mitzutheilen, welche Sie
höchst erfreuen wird: Ansser der oberen Endmoräne der zweiten
Gletscheroscillation in Polen, welche, wie aus meiner früheren
Mittheilung ersichtlich ist, genau in der Verlängerung der von
Ihnen beschriebenen südlichen l)altischen Endmoräne liegt, habe
ich in diesem Sommer viel südlicher Reste einer ebenso schön
ausgeprägten Endmoräne der ersten Vergletscherung gefunden,
und zwar unter Bedingungen, welche das Alter derselben ausser
jedem Zweifel lassen. Dicht an der russisch -galizischen Grenze,
kaum 1 Kilom. vom linken Weichselufer entfernt, zwischen der
Grenzwache Sierosiavice und dem Rittergute Kuchary. etwa
3 Meilen nördlich von Bochnia, ist der Punkt gelegen. Das
beigefügte Profil mag die Verhältnisse des Ortes erklären:
Das steile Weichselufer ist durchweg aus Löss gebildet, wel-
cher auch das hohe Plateau nördlich davon ununterbrochen be-
deckt und die höchsten Punkte der Gegend bildet. Schneiden
wir diesen Lössstrcifen in S-N - Richtung bis zum Kamme der
757
Wasserscheide zwisclien der Weichsel und dem Flusse Szre-
niawa durch, so erblicken wir, dass diese Wasserscheidelinie
aus einer doppelten Hügelkette besteht. Der Löss bricht plötz-
lich mit einer verticalen, etwa 3 m hohen Wand gegen Norden
ab und weiter nördlich tritt nur brauner, unterer Geschiebemergel
auf, welcher gegen das Szreniawa-Thal langsam abfällt. An der
nördlichen Lössgrenze entsteht dadurch ein breiter Graben, dessen
südliche, verticale Böschung Löss, dessen nördliche, weniger
steile Geröllhügel bilden, welche sich wallartig in W-0- Rich-
tung erstrecken, und einzelne, meist von Gebüsch bedeckte Gipfel
darstellen, die jedoch das Höhenniveau der Lösshügel nicht erreichen.
Der Löss umfasst diesen Hügelrücken mantelartig von der
Südseite und bietet in geradezu seltener Reinheit das Bild einer
von Süden her angehäuften aerischen Bildung Der Nordabfall
des Geröllrückens, ebenso wie das ganze Gebiet des Geschiebe-
mergels bis zum Szreniawa - Thal , sowie nordwärts desselben
sind lössfrei, nur im Thale selbst finden wir wieder einen klei-
nen Lössfleck an einem sehr niedrigen Punkte und ohne jeden
Zusammenhang mit dem südlichen Lössmantel. Ich bemerke noch
dazu, dass ich durchaus die allgemeine Ansicht über die aerische
Lössbildung nicht theile, vielmehr die meisten als Löss in Ost-
Galizien bezeichneten Gebilde glacialen Ursprungs halte, was auch
durch ihre boreale Mollusken-Fauna bewiesen wird — hier aber
ist aerische Natur der Gebilde ausser allem Zweifel.
Die Geröllhügel, in denen durch mehrere Kiesgruben deutliche
Aufschlüsse gegeben sind, gleichen in ihrer Structur vollkommen der-
jenigen, welche ich von der Warthe beschrieben habe. Auffallend ist
die Mächtigkeit des Diluviums in der Gegend, da Aufschlüsse von mio-
cäneni Kalkstein nur im Szreniawa-Thale mit Mühe zu finden sind.
Eine Verlängerung der eben besprochenen Endmoräne in
östlicher Richtung wird nicht leicht zu finden sein, da sie in das
alluviale Abrasionsgebiet der galizischen Niederung fallen würde.
Allerdings giebt es autfallende Anhäufungen von nordischen Ge-
schieben an mehreren Orten in der galizischen Niederung, so bei
Mielec und bei Tarnobrzeg. Von dieser letzteren Gegend
habe ich in Prof. Rehmann" s Sammlung geritzte Scheuersteine
und ein Dreikantergeschiebe zu sehen bekommen.
Zweites Schreiben.
Lemberg, den 2. November 1890.
Auf Ihr werthes Schreiben beeile ich mich zu ei'klären, dass
die Bedingungen, welche, meiner Ansicht nach, die Zugehörigkeit
der Endmoräne von SierosJawice zur ersten Vergletscherung be-
weisen, folgende sind:
Zeitschr. d. D. i,-eol. Ges. XLII. 4. ^0
758
1. Die zweite Vergletsclierung reicht in Polen nirgends so
weit nach Süden hinab — die südlichste Grenze des oberen Oe-
schiebelehms, welche sehr scharf ausgeprägt ist und zum grossen
Theil von den Hügelzügen des polnischen Mittelgebirges gebildet
wird, verläuft mindestens 15 geographische Meilen nördlich von
dem beobachteten Punkte.
2. Die Moräne von Sieroslawicc liegt sehr nahe an der süd-
lichen Grenze des unteren Geschiebemergels, welche auch zugleicli
die südliche Grenze der Glacialgebilde überhaupt in Galizien bildet.
8. Spuren derselben Moräne sind nach neuerdings mir zu-
gegangenen Nachrichten auch anderwärts auf der galizischen Nie-
derung, so bei Mielec und weiter am Fusse der Lublin'schen
Höhe als St ein fei der bekannt. Oberes Diluvium fehlt auch
hier überall. Radomsk, Kielce, Radom. Lublin sind seine süd-
lichstena Punkte.
4. Die Moräne von Sierostavice ist älter als Löss. wel-
cher, ebenso wie andere Interglacialgebilde an der Warthe, unter
dem oberen Geschiebelehm auftritt.
Der subaerische Charakter des Lösses in der besprochenen
Gegend ist durch seine orographische Yertheilung bestimmt — er
ist überall nur an der Südseite der Hügel angelehnt und fehlt
stets an den nördlichen Böschungen. Ausserdem ist gerade an
dem Moränenkamm von Sieroslawice das dünenartige Auftreten
des Lösses sehr charakteristisch ausgeprägt — die Gegend giebt
genau längs des Moränenwalles den Charakter einer Düne wieder,
welche sich längs einer früher vorhandenen Erhebung bildet. Der
petrographische Charakter des Löss von Sierostawice ist gleich-
falls vom sogen. Löss der Gegend von Lemberg verschieden und
gleicht demjenigen von Podolien. welcher ebenfalls einseitig in
den Dniester-Thälern angehäuft und subaerischer Bildung ist.
2. Herr Paul Oppenheim an Herrn C. A. Tenne.
Die Geologie der Insel Capri,
eine Entgegnung au Herrn Johannes Walther.
Berlin, lu. December 1890.
Meine in dieser Zeitschrift veröffentlichten „Beiträge zur
Geologie der Insel Capri und der Halbinsel Sorrent" (1889,
p. 442 — 490) haben Herrn Johannes Walther Gelegenheit zu
einem Angriffe gegen mich und diese meine Publication gegeben,
welcher den Lesern dieser Zeitschrift in dem letzten Hefte des
vorigen Jahrganges vorgelegen hat. Ich war natürlich, als ich
759
den erwälmteii Aufsatz sclirieb und veröffentlichte, als der An-
greifende auf eine Erwiderung des Herrn Walther vorbereitet,
und erwartete eine objective Kritik, sachlichen Widerspruch gegen
verschiedene, von mir mit dem vollen Bewustsein ihrer Anfecht-
barkeit aufgestellte Punkte und Streitfragen; überrascht und ent-
täuscht war ich, als ich statt einer im Interesse der Wissenschaft
sehr wünschenswerthen und erspriesslichen Discussion dieser noch
dunklen Punkte in der Entgegnung des Herrn Walther eine oft
persönliche und rein subjective Beurtheilung und Verurtheilung
meines ganzen Wirkens am Golfe von Neapel wahrnahm, zu wel-
cher gerade dieser Herr keine Veranlassung und. wie ich glaube,
auch keine Berechtigung besitzt. Jedenfalls ist Herr Walther von
dem Vorwurfe nicht freizusprechen, die ihm vorliegenden Belege
nicht mit der Sorgfalt und der peinlichen Gewissenhaftigkeit benutzt
zu haben, welche meiner Ueberzeügung nach im Interesse der Sache
wie seiner Theorien gelegen haben würde. Denn der Herr Ver-
fasser kennt z. B. nicht die bereits seit den fünfziger Jahren
vorliegende Literatur über den Neocomcharakter der Fischfauna
von Capo d' Orlando wie über das Vorkommen von Patellina
lenticularis; er giebt auch in seiner Entgegnung zu meiner freu-
digen Ueberraschung zu, dass ihm die bis dahin nur aus Tithon-
schichten bekannten Caprenscr Ellipsactinien bereits bei der Ver-
öffentlichung seiner „Studien"' vorlagen und dass der von ihm
consultirte Herr Magister Pratz den jurassischen Typus der
Caprenser Korallen ausdrücklich betont hat. Indem ich mir vor-
behalte, an anderer Stelle ausführliciier auf die Schrift des Herrn
Walther einzugehen, will icli hier nur einige Punkte hervor-
heben, welche mit den Ausführungen meines Herrn Gegners in
innigstem Zusammenhange stehen.
Herr Walther macht mir zuvörderst den Vorwurf, dass
ich durch Einfügung des Wortes „entschieden'' den Sinn der
Pratz" sehen Altersbestimmung der caprenser Korallenreste we-
sentlich moditicirt habe; er meint dann ferner, dass ich mir
vorerst hätte die Mühe nehmen können, mich nach diesen „Leit-
fossilien" zu erkundigen. Mein geschätzter Herr Gegner möge sich
nach dieser Richtung hin beruhigen! Ich habe mich bei Herrn
Pratz seiner Zeit nicht nur erkundigt, sondern ihm auch zugleich
mein ganzes, während meines zweimaligen Aufenthalts auf Capri
gesammeltes Korallenmaterial zur Durchsicht vorgelegt. Das „ent-
schieden" in der Bemerkung auf p. 446 meiner Beiträge, welche
übrigens kein Citat ist und keins sein soll, bezieht sich auf diese
letztere Untersuchung, welche vollkommen geeignet war, die schon
bei Gelegeidieit des WALTHER'schen Materials geäusserte Ansicht
des Herrn Pratz mit Entsrliiedeiiheit zu bestätigen!
50*
760
Bei der Besprechung einer weiteren persönlichen Bemerkung
des Herrn Walthür bin ich in der angenehmen Lage, einfach
ilin selbst citiren zu können und dabei nur gewisse Worte durch
den Druck hervorzuheben. Walther schreibt p. 772 unten:
„z. B. auf p. 488 polemisirt Herr Oppenheim gegen meinen
Satz: Es findet sich der Macigno nur auf den gesunkenen Schollen
des Apenninkalkes etc., dagegen sucht man auf den höher gele-
genen immer vergeblich danach. Nachdem Herr Oppenheim
behauptet, dass sich diese Beobachtung nicht bestätigt, sagt er
p. 463 als Resultat seiner eigenen Beobachtungen: „Macigno ist
nirgends auf den Bergspitzen zu finden"" — ? —
Difficile est satü-am non scribere! Im Uebrigen spreche ich
p. 463 von dem Macigno der Insel Capri und p. 48 8 von dem-
jenigen der Halbinsel Sorrent und für beide nehme ich an ver-
schiedenen Stellen meiner Arbeit, wie ich ausführlicher darlege,
ob mit Recht oder Unrecht ist hier gleichgültig, ein gänzlich
verschiedenes tektonisches Verhältniss zur Hauptmasse des Kalk-
gesteines an! — Herr Walther sagt weiter p. 774: „Die An-
nahme von Tithon auf Capri rührte von Steinmann her und Herr
Oppenheim hatte nur ein formales Verdienst als er (s. u.) statt
der etwas bedenklichen Leitfossilien Steinmann's „echte Neri-
neen fand". — Ich nehme auch diese „formale" Verdienst für
mich gar nicht in Anspruch! Es liegt darin meines Erachtens
überhaupt kein Verdienst, dass Jemand, vom Glückszufall unter-
stützt, eine sogenannte „Entdeckung" auf unserem Wissensgebiete
macht. Diese bilden nur dann ein Verdienst, wenn sie die Er-
folge lastlosen, zielbewussten Strebens sind, und dieses kam
sicherlich bei der „Entdeckung" der ElKpsactinia durch Baldacci,
Steinmann und mich nicht in Frage ! Wenn übrigens Herr Wal-
ther in dem Auffinden der EUipsaciinia ein Verdienst sieht, so
kann ich ihm factisch an der Hand der Thatsachen erklären,
dass ich dieselbe lange bestimmt hatte, als mir durch Herrn Prof.
Georg Bcehm. welchem ich sie zufällig zeigte, mitgetheilt wurde,
dass Steinmann eben mit seiner Publication über diesen Gegen-
stand beschäftigt sei, worauf ich demseiben mein ganzes Ma-
terial sofort für seine Veröffentlichung eingesandt habe; im Uebri-
gen gebührt die Priorität in dieser Hinsicht wahrscheinlich Bal-
dacci, welcher schon vor Steinmann die Stücke aufgefunden und
dem Comitato geologico übergeben hatte.
Weiter sagte Herr Walther p. 775: „Und da finden
wir, dass Herr Oppenheim auf der ganzen übrigen Insel
nirgends eine Spur tithonischer Versteinerungen auf-
gefunden hat." Dies ist ein Irrthum, an welchem ich vielleicht
die Schuld trage, da ich die genauen Fundortsbestimmungen mei-
761
ner Fossilien nicht hinzugefügt habe. Auf p. 457 schreibe ich:
„Wenn wir nach dieser prinzipiellen Abweichung wieder auf die
Fauna des Obertithons des Caprikalkes zurückkommen, so
erkannten wir in den meist recht schlecht erhaltenen Hexakorallen
dieser Formation Arten von" Munflivaultia , EnaUolielia und Ca-
lamophyllia etc.", und citire nun 13 dem Obertithon angehörige
Species, welche neben der überall auftretenden EUipsactinia auf den
verschiedensten Punkten der Insel, bei Anacapri, am Tiberio, an der
Punta Tragara und an anderen Orten von mir gesammelt wurden!
Herr Walther scheint übrigens zu meiner Genugthuung
nicht immer den gleichen, unbedingt ablehnenden Standpunkt
meinen Untersuchungen gegenüber einzunehmen. Nachdem er
am Anfange wie auch am Schlüsse seines Briefes erklärt hat.
dass ich den Arbeiten meiner Vorgänger „ fast nichts We-
sentliches neu hinzugefügt" habe (pag. 771), fühlt er sich auf
pag. 774, wo sein Zorn anscheinend von meiner Person auf
Herrn Steinmann abgelenkt ist , mir gegenüber zu grossem
Danke verpflichtet, weil ich „eine EUipscictinia mitten zwischen
Rudisten beobachtet" hätte. „Ein zweites Verdienst, welches ich
mir um die Geologie von Capri erworben", wäre das Auffinden
von obereocänen Nummuliten im Macigno der Insel, und weiter
unten wird dann als weiteres, allerdings „formales" Verdienst die
Entdeckung von „echten Nerineen" (Herr Walthbr meint wohl
„echten Tithon - Nerineen") anerkannt! — Wenn ich nun hier
daran erinnere, dass diese „echten Tithon-Nerineen" wie die Ne-
rinea pseiiäohrHntutamt, die Itieria austriaca und It. obtusiceps,
der CrypiopJocus Zitteli u. A., zum ersten Male die genaue Pa-
rallelisirung des im Mittelmeerbecken so ausserordentlich verbrei-
teten, neuerdings, wie mir Prof. Canavari bei meinem diesjäh-
rigen Aufenthalte in Pisa zeigte, auch in Sardinien aufgefundenen
Ellipsactinien-Horizontes ermöglicht haben; wenn ich weiter darauf
hinweise, dass das Auffinden dieser EUipsactinia. in den Rudisten-
Schichten des Faro. wie dasjenige echter Kreide - Chamiden in den
Nerineen - reichen Kalken der Grotta azurra gleichmässig für die
innige Verbindung der Ellipsactinien-Kalke und ihrer Aequivalente.
der Stramberger Tithonschichten, mit der unteren Kreide sprechen
dürfte, wie andererseits die Hinzufügung des obereocänen Num-
muliten-Horizontes in den Macignos zu den von Walther und
Mayer-Eymar aufgefundenen Scutellen-Schichten die Unhaltbarkeit
der tektonischen Anschauungen Walther' s hinsichtlich der Halb-
insel Sorrent zu beweisen scheint — : so, denke ich, Avird jeder
billig denkende Leser mir zugeben, dass das bereits
oben citirte Urtheil des Herrn Walther, ich habe fast
nichts Wesentliches der Geologie von Capri hinzuge-
762
fügt, zu scharf und parteiisch ausgefallen ist, 'vor
Allem aber nicht in Einklang zu bringen ist mit dem,
was er mir selbst an anderen Stellen seiner Streit-
schrift als neue Resultate meiner Arbeit zuzuer- ken-
nen sich gezwungen sieht! —
Herr Walther tadelt mich weiter, weil ich seiner Bemer-
kung, der ungeschichtete Caprikalk sei am Mt. Solaro von ge-
schichteten Kalken überlagert und unterteuft, bei meiner Polemik
zu wenig Berücksichtigung habe angedeihen lassen. Wenn ich
nun darauf erwidere, dass Herr Walther von einer un ge-
schichteten Masse von 600 m Höhe spricht (Studien, diese
Zeitschr., 1886, p. 295), während die anscheinend ungeschichtete
Ostseite der Insel in ihrer höchsten Erhebung, dem Mt. Tiberio,
nur gegen 300 m erreicht, und die Westseite, das Solaromassiv,
fast überall geschichtet ist. so wird mir wohl jeder Unbefangene
zugeben, dass mit dieser Bemerkung meines geschätzten Herrn
Gegners nicht viel anzufangen war.
Herr Walther tindet es „höchst überraschend", dass in
denselben Schichten von mir „echte" Tithon-Versteinerungen und
„echte" Kreide-Chamiden gefunden wurden (p. 775). Hat er die
gleichen Bedenken gegen alle die Fälle, in welchen gerade im
Tithon Jura- und Kreide -Organismen vergesellschaftet beobachtet
worden sind? Und weiss er nicht, dass eine Autorität wie Mel-
chior Xeumayr in seinem „Geologischen Bau vom westlichen
Mittel-Griechenland" (Denkschriften d. Wiener Akad., 1880) die
Ansicht ausgesprochen hat, dass die Rudisten wahrscheinlich bis in
den Jura zurückgehen, während die Gattung Diceras von Pirona
und GEORCi BcEHM (vide diese Zeitschr., 1885 u. 1886) aus echt
cretacischen Ablagerungen (Biancone) Yenetiens citirt wird? —
Da Herr Walther es vorgezogen hat, sich ausschliesslich
auf Capri zu beschränken, so will auch ich hier nicht auf die
tektonischen Verhältnisse der Halbinsel Sorrent eingehen, zumal
mein Herr Gegner mir ja seinerseits noch eine Erwiderung be-
züglich ihrer tektonischen Verhältnisse und seiner diesbezüglichen
Anschauungen in Aussicht gestellt hat. — Was nun Capri an-
langt, so betrachtet es Walther in seinen „Studien" als eine
Seichtwasserbildung der oberen Kreide, in dem gleichzeitig 1886
im Bolletino des R. Comitato geologico erschienenen Aufsatz:
I volcani sottomarini del golfo di Napoli. spricht er allerdings von
einer wesentlichen Verschiedenheit der Rudisten -Bevölkerung bei-
der Territorien, so dass man vielleicht verschiedene Horizonte
unterscheiden könnte (diversi piani). Doch kann er dabei jeden-
falls nicht an die Zugehörigkeit zum subcretacischen System ge-
dacht haben, da er wenige Zeilen später von einer in der Samm-
763
luug des Herrn Dr. Cekjü beiiudlicbeu Actaeonelle spricht;
auch kann ich nirgends in seinen Arbeiten die Stelle auffinden,
wo er von einer Neigung der Caprikalk - Schichten um 20 " N
spricht; es wäre ja auch sonst die Annahme einer horizontalen
Lagerung desselben, zu welcher Steinmann ') auf Grund der Wal-
ther" sehen Angaben gelangt, eine völlig unbegreifliche. (Uebrigens
ist die angegebene Zahl auch falsch, wie man aus den in meiner
Arbeit p. 44 8 gegebenen Richtungsangaben ersehen kann.) Dem
gegenüber habe ich behauptet und, wie ich glaube, auch bewiesen,
dass die grosse Masse des Caprikalkes dem Obertithon (Stram-
berger Schichten) angehört und von dort aus in allmählichem
Uebergange in die untere Kreide verläuft, in welcher die Rudisten-
reichen Bänke an der SW- Spitze der Insel dem Urgonien ange-
hören dürften. Ich habe erklärt . dass eine petrographische
Scheidung dieser habituell fast identischen Kalkmassen fast zur
Unmöglichkeit wird, um so mehr als uns die sonst so charakte-
ristischen Leitfossilieu für beide Horizonte hier im Stich lassen;
denn Ellipsactinien fand ich in den Rudisten - Schichten und Pla-
giopfyclms und Caprotina in echten 'ElUpsactinia - Kalken. Herr
Walther folgert nun daraus, dass er mit seinen früheren An-
gaben vollkommen Recht behalten habe, dass wir es wirklich mit
Kreidebildungen (obere und untere wird nunmehr in suspenso
gelassen) zu thun haben. Wenn Herr Walther nunmehr seine
Anschauungen stillschweigend modificirt, wenn er nur die ..untere"
Kreide, das subcretacische System, zugiebt, so stimmen wir in
unseren diesbezüglichen Ansichten, wie ich mich freue consta-
tiren zu können, nunmehr fast vollständig überein. Ich habe
schon in meiner früheren Arbeit, welche Herrn Walther Gele-
genheit zu seiner Streitschrift gegeben hat. angedeutet, dass die
Ellipsactinien-Kalke und mit ihnen die Stramberger Schichten viel-
leicht das unterste Neocom als corallogene Facies mit in sich
einschliessen; diese Behauptung habe ich in der Novembersitzung
der deutschen geologischen Gesellschaft nochmals ausgesprochen
und durch eingehendere Ausführungen und Literaturbelege unter-
stützt. Ich verweise daher hier auf das ausführliche Referat
dieses meines Vortrages und spreche hier nur nochmals die
Ueberzeugung aus, dass die Ellipsactinien-Kalke als corallogener
Absatz die Grenze zwischen Jura und Kreide überbrücken und
die untersten Glieder der letzteren (Valenginien und Avahrschein-
lich auch Hauterivien) noch in sich einschliessen. Diese Auffas-
sung scheint mir am besten zu entsprechen den stratigraphischen
>) G. Steinmann. Uelier das Alter des Apenninkalkes von Caini.
Berichte d. naturf. Ges. zu Freiburg i. Br., IV. Bd., III Heft, 1888.
764
und paläontologischeii Verhältnissen, welche an ihnen zur Beob-
achtung gelangt sind.
Nur widerstrebend habe ich niicli daher bei diesen meinen
Anschauungen seiner Zeit entschlossen, auf Grund der interna-
tionalen Vereinbarungen auf meiner Karte für Ellipsactinien-Kalk
uud Rudisten-Schichten verschiedene Farben zu wählen und feste
Grenze da zu ziehen, wo sie in Wirklichkeit in organischer und
gleichmässiger Entwicklung nie vorhanden waren. —
Herr Walther spricht von künftigen Untersuchungen, welche
über die Verhältnisse der Insel Capri Licht zu verbreiten hätten.
Auf diese bin ich im höchsten Maasse gespannt und werde jeder
Zeit geneigt und bereit sein, auch die geringste Verbesserung in
meinen Angaben neidlos und mit lebhafter Freude anzuerkennen.
Bis dahin aber möge man sich gedulden, wenn man mich weiter
anzugreifen gedenkt, und mich nicht mit Entgegnungen behelligen,
welche, statt neue Thatsachen. auf welche es uns augenblicklich
allein ankommt, herbeizubringen, schliesslich doch immer nur ein
Austausch persönlicher Anschauungen und persönlicher Polemik
bleiben und bleiben müssen; und diese halte ich für ebenso un-
erspriesslich wie Herr Walther!
3. Herr Steinmann an Herra W. Dames.
Einige Fossilreste aus Griechenland.
Freiburg i. Br., im December 1890.
Vor etwa zwei Jahren ersuchte mich der leider so zeitig
heimgegangene Kollege Neumayr um eine Durchsicht der krystal-
linen Kalke der Vorhügel des Hymettos in Bezug auf die mehr-
fach daraus erwähnten Fossilreste; ebenso stellte mir auch Herr
Prof. BücKiNG seine Aufsammlungen aus jener Gegend zur Ver-
fügung. Sodann erhielt ich kürzlich von Herrn Dr. Philtppson
eine Anzahl griechischer Gesteine zugeschickt mit der Bitte, eine
Bestimmung der darin enthaltenen Fossilien vorzunehmen. Da
die mesozoischen und alttertiären Bildungen Griechenlands gerade
in jüngster Zeit ein erhöhtes Interesse gewonnen haben, so möchte
ich über meine Untersuchungen hier kurz berichten.
„Aus dem unteren Marmor des Hymettos, nahe der Pass-
höhe zwischen Liopesi und Athen unterhalb des Glimmer-
schiefers" stammt eine von Bücking gesammelte Koralle, deren
zahlreiche, dicht gedrängte, aber sich nicht berührende Kelche
ihre Septalstructur bis auf undeutliche Reste verloren haben.
765
Ihrem Habitus nach vermag ich sie nur mit der von der Trias
bis in die Kreide reichenden Gattung Calamophyllia zu ver-
gleichen. Der ungünstige Erhaltungszustand des Stückes dürfte
wohl zum grössten Theil auf die mechanische Deformation zurück-
zuführen sein, welche dasselbe erlitten hat. Die Kelche sind
nicht einfach rund oder oval, sondern sie greifen längs zackiger
Suturcn in einander, wie man solches an stark gepressten oder
ausgewalzten Korallen häufig beobachtet. Erweist sich das Stück
auch nicht als brauchbar zu einer scharfen Altersbestimmung der
betreffenden Schichten — als mesozoisch dürfen wir sie wohl
ansprechen — , so deutet es doch daraufhin, dass die fraglichen
Schichten starke Veränderungen durch dynamische Vorgänge er-
litten haben. Bittner (Denkschr. d. Wiener Ak., Bd. 40, p. 60)
erwähnt eine, offenbar der unsrigen sehr ähnliche Koralle, eben-
falls aus Kalken unter dem Schiefer zwisclien Käsariani und Athen.
Die von Bittner (ibid.) und BücKiNCi (Sitzungsb. d. kgl.
Akad. d. Wiss. zu Berlin, Bd. 39. p. 935 ft'.) beschriebenen Kalke
der Vorhügel des Hymettos bei Käsariani liegen mir in einer
grösseren Anzahl von Stücken vor. die sämmtlich mit HCl fast
gar nicht brausen, also durchgängig stark dolomitisch und dabei
ziemlich grobkrystallin sind. Sie ähneln auffallend gewissen
weissen Triasdolomiten der Südalpen. Korallen sind häufig darin,
aber durchgängig in einem so ungenügenden Erhaltungszustande,
dass eine sichere Bestimmung der Gattung unmöglich wird; immer-
hin glaube ich berechtigt zu sein, den Ausspruch der Wiener
Autoren (Denkschr.. p. 397) zu bestätigen, dass die fraglichen
Korallen einen paläozoischen Habitus nicht tragen. Ein
Dui'chschnitt mit lagenartiger Structur an einem der Wiener Stücke
lässt auf eine Rudistenschale oder ein Sfromafopora - ähnliches
Fossil schliessen.
Dem Dolomit von Käsariani recht ähnlich, aber als fast reine
Kalke entwickelt, sind einige Stücke, welche ich als (?) „Rudisten-
kalke" von Cheli und Stephani in der Argolis durch Herrn
Philippson erliielt. Korallen und Zweischaler befinden sich in
einem gleicli unzureichenden Erlialtungszustande und wittern in
ähnlicher Weise aus dem Gestein heraus. In dem gleichen Kalk-
massive, welches diese (?) ,,Rudistenkalke" enthält, sammelte nun
Herr Philippson bei dem Dorfe H. Vasilios in der Argolis ein
Stück einer sehr gut erlialtenen EUipsactinia, die mit den son-
stigen Funden dieser Gattung aus den Mittelmeerländern überein-
zustimmen scheint. Damit dürfte ein gewisser Anhalt für die
Altersbestimmung der (?) „Rudistenkalke" von Cheli und Stephani
und vielleicht auch der Dolomite von Käsariani gewonnen sein.
Meine früheren Mittheilungen über die Verbreitung und das
766
Alter der Gattung Klhpsactinvt (Ber. d. iiaturf. (tcs. in Freiburg,
Bd. IV. p. 130) haben durch Canavahi (Boll. Com. Geol.. 1889,
p. 30) und Oppenheim (d. Zeitschr. , Bd. 41, p. 442) weitere
Bestätigungen und Erweiterungen erfahren, sodass wir jetzt diese
Hydrozoe von zalüreichen Punkten des jurassischen Mittelmeer-
gebietes kennen, wie aus folgender Zusanmienstellung hervorgeht:
Fundort.
Auto r.
Alter bezw. Lagerung.
1.
Pur gel (Salz-
Oppenheim.
Tithon mit Itieria austriaca.
2.
kammergut).
Stramberg
Steinmann.
Unbezweifeltes Tithon.
3.
(Mähren).
A r g 6 n t e r a
PORTIS.
Unbezweifeltes Tithon.
4.
(Seealpen).
Mte Gargano
Canavari u.
In Begleitung von Diceras EscJieri.
(Apennin).
Cortese.
5.
Mte Giano
Canavari.
In Begleitung von Terebraüda
(Apennin).
moravica.
6.
Mte Tiriolo
AicHiNO (Cor-
Mit Korallen von Tithon-Habitus;
(Calabrien).
tese).
über jurassischen Crinoiden-
Kalken , unter cretacischen
Rudisten-Kalkeii.
7.
MteBulgheria
Baldacci.
Mit Corallen u. Crinoiden, über-
(Calabrien).
(Oppenheim).
lagert von Kieselknollen-Kal-
ken, letztere von Rudisten-
Kalken.
8.
Capri.
Steinmann.
Mit Korallen, tithonischen Neri-
Oppenheim.
neen etc., auch in den hangen-
den Rudisten- Kalken.
9.
Dormitor
Baldacci.
Angeblich Tithon, überlagert von
10.
(Montenegro).
Gebel Ersass
Zoppi.
Rudisten -Kalken.
Ueberlagert v. Kalken mit Kreide-
(Tunis).
Cephalopoden.
Fast an allen Punkten, wo Ellipsactinien sich gezeigt haben,
hat man tithonische Fossilien als ihre Begleiter gefunden. Zudem
zeichnen sich die betreffenden Schichten fast durchgängig durch
das Fehlen der Schichtung und ihre koralligene Entstehung aus.
Das Hangende wird fast überall von Kieselknollen - Kalken oder
Rudisten-Kalken gebildet, die der Kreide zugerechnet werden und
die sich zumeist in Folge' der deutlichen Schichtung und in Folge
des Fehlens von Korallen deutlich von den liegenden, koralligenen
Riifkalken abheben. Nun geht nach den Beobachtungen Oppen-
heim's (1. c, p. 450) Ellipsactinia auf Capri auch noch bis in
die hangenden Rudisten -Kalke hinauf. Was das genauere Alter
der Kieselnieren - Kalke und Rudisten - Kalke betriftt. welche die
tithonischen Riffkalkc an vielen Punkten überlagern, so wissen wir
767
darüber zur Zeit noch wenig Positives. Doch scheint es zweifellos,
dass sie der unteren Kreide angehören; darauf deuten die Profile
bei Positano und Castellamare. welche Oppenhejm mittheilt (1. c,
p. 483 — 485) hin. Das Vorkommen von „Rudisten". deren ge-
nauere Fixirung der Gattung und Art nach nicht möglich ist,
bedeutet nur, dass die betreffenden Schichten jünger sind als
Oxford; denn wir wissen durch die Arbeiten Douville's, dass
der von Biceras abzweigende Rudistenstamm schon im Tithon ein
Auseinandergehen in mehrere Zweige erkennen lässt, aus welchen
sich die Kreideformen entwickeln. Es versteht sich daher von
selbst, dass die Rudisten nur conventioneil von den übrigen Zwei-
schalern, speciell von den Chamideen gesondert werden können.
Das wesentliche gemeinsame Merkmal, die auf die eigentliche
Schale aufgelegte Oberflächenschicht, die sich bei den jüngeren
Formen beträchtlich verdickt, ist ja bereits bei Biceras vorhanden.
Die Formen, welche Biceras mit den Chamiden und Rudisten
(s. str.) der oberen Kreide verbinden, sind aber nur unvollkom-
men bekannt. Erst neuerdings haben uns Seunes und Douville
eine Rudisten - Facies des Gault kennen gelehrt, aber diese und
die länger bekannte des ürgon sind fast die einzigen der unteren
Kreide, wenn wir von den spärlichen Funden im Schweizer Neo-
com absehen, die in den Materiaux pour la Paleontologie suisse
beschrieben sind. Es ist also nicht nur niöglicli. sondern sogar
wahrscheinlich, dass in den Mittelraeergebieten, welche täglich
neue überraschende Funde liefern, sich Rudistenbildungen auch
in der vorurgonen Kreide bis zum Titlion hinunter vorfinden
werden.
Andererseits haben wir jüngst durch Philippson erfahren
(d. Zeitschr.. Bd. 42, p. 150). dass in Griechenland Rudisten mit
eocänen Nummuliten vergesellschaftet auftreten, durch welche That-
sache auch die Angabe der nordamerikanischen Geologen von
dem Auftreten von Rudisten im Miocän Kaliforniens noch an
Wahrscheinlichkeit gewinnt. Es kann uns das mehrfach consta-
tirte Auftreten der Rudisten in tertiären Schichten auch keines-
wegs überraschen, wenn wir bedenken, dass sehr gewichtige Gründe
dafür sprechen, dass die Rudisten nicht ausgestorben sind, son-
dern dass sie sich unter Verwachsung der Mantelränder und Kie-
men und Verlust der Kalkschale in die den Lamellibranchiaten
so ausserordentlich nahestehenden Ascidien umgewandelt haben.
Existirt doch in der heutigen Fauna noch eine Ascidie mit
2 klappigem Mantel und Schliessmuskeln (Ehoclosonia Ehrb.)!
Da somit den Rudisten im weiteren Sinne des Wortes eine
weite zeitliche Verbreitung zukommt und dieselben nur dann zur
Altersbestimnmng brauchbar sind, wenn sie specifisch bestimmbar
768
vorliegeil, so bin ich auch der Ansicht, dass durch die Oppen-
HEiM'schen Rudistenfuiide in altcretacischen oder gar tithonischen
Ablagerungen die Bedeutung der Ellipsactinien als Leitfossil nicht
wesentlich beeinträchtigt wird. Soweit wir bis jetzt unterrichtet
sind, kommt die Gattung im Mediterrangebiete fast überall im
Tithon. auf Capri auch noch in den darüber folgenden „Rudisten-
Kalken'' vor. Ich begreife wohl, dass für Walther die EUip-
sactinien-Funde und das Auftreten anderer echt tithonischer Fos-
silien auf Capri unbequeme Thatsachen sind, ich verstehe aber
nicht, was ihn veranlasst (d. Zeitschiift, Bd. 41. p. 771). diese
Thatsachen einfach abzuleugnen. Gewiss wäre es heutzutage
unwissenschaftlich aus der „Ellipsactinien-Frage" eine „Corallien-
Frage" zu machen und jeden Ellipsactinien-Fund als Beweis für
das tithonische Alter der betreffenden Ablagerung zu verwerthen.
Die Rudisten - Kalke auf Capri. welche die ungeschichteten und,
soweit wir bis jetzt wissen, Rudisten - freien Ellipsactinien -Kalke
des eingeschnürten Theiles der InseP) bedecken, und die hier
wie an so vielen anderen Punkten des Mittelmeergebietes in Be-
gleitung von Kieselknollen-Kalken auftreten, sind offenbar jünger
als die eigentlichen Ellipsactinien - Kalke trotz des Vorkommens
dieser Hydrozoe in denselben. Ich habe deshalb bei meiner frü-
heren Mittheilung diese höheren Schichten des Caprikalkes aus-
geschlossen, obwohl mir das Vorkommen unbestimmbarer Rudisten
in denselben sowohl aus der Literatur als auch aus eigener An-
schauung bekannt war. Aber die mehrfach betonte Thatsache.
dass die Ellipsactinien im Tithon des Mittelmeergebietes (und so
auch auf Capri) geradezu gesteinsbildend weit verbreitet sind, und
dass sie bisher noch nii-gends über sicheren Kreideschichten, ins-
besondere auch niclit in den Rudisten -Kalken der oberen Kreide
gefunden wurden, ist hinreichend, um diese Hydrozoe in dem-
selben Sinn als Leitfossil zu verwerthen, wie irgend ein anderes
Fossil.
Kehren wir imn nach dieser Abschweifung, zu der wir durch
die allzu skeptische Anschauungsweise Walther' s gezwungen wur-
^) Ich könnte mehrfach, mit demselben Recht wie Walther, auf
die Widersprüche hinweisen, in welclie sich Oppenheim in seiner Ar-
beit über Capri namentlich dann verwickelt, wenn er polemisirt. Im
Text (1. c, p. 446) behauptet Oppenheim, der mittlere, eingeschnürte
Theil der Insel sei ausschliesslich von Macigno erfüllt, legt aber auf
der Karte über die Hälfte dieses selben eingeschnürten Theils mit der
Tithonfarbe an etc. etc. Die von Oppenheim als Triploporella caprio-
tica beschriebene Diplopore gehört, falls die Zeichnung der Innenseite
des Kalkcylinders richtig ist (t. 20, f. 1 1 c), dieser Gattung entschieden
nicht an, was ich 7,ur Vermeidung unrichtiger Schlussfolgerungen nicht
unerwähnt lassen darf.
769
den, zu den griechischen Funden zurück, so verdient vor Allem
der Umstand hervorgehoben zu werden, dass die Rudisten-Kalke,
welche mit Ellipsaciinia in dem gleiclien Kalkmassive auftreten,
mit den obercretacischen Rudisten- Kalken nichts zu thun haben,
dass sie vielmehr aller Wahrscheinlichkeit nach der unteren
Kreide angehören. Ich neige auch nach Analogie der sonstigen
Vorkommnisse der Ansicht zu. dass in den sogen, unteren Kalken
Griechenlands oberer Jura, speciell Tithon mit vertreten ist und
möchte in dem Vorkommen von FHii^sactinia eine gewichtige
Stütze für diese Auffassung erblicken. Neumayr (1. c, p. 121)
hat ja bereits betont, dass die unteren Kalke entschieden älter
seien, als die von Bittner im Parnassgebiete gefundenen Gault-
schichten; an die Besprechung dieser Thatsache knüpft derselbe
folgende, mit meiner Auffassung sich sehr gut deckende Erörte-
rung: „Die wahi'scheinlichste Deutung ist demnach die. dass die
unteren Kalke dem unteren Theile der Kreideformation angehören.
Bei diesem Schlüsse muss man jedoch im Auge behalten, wie
klein das Terrain ist. aus dessen Beobachtung die Erfahrung ab-
geleitet ist, dass die Rudisten auf die Kreideformation beschränkt
sind, ja dass man sich in sehr vielen Fällen in einem circulus
vitiosus bewegt, indem man aus ^^orkommen, die eben nur wegen
des Auftretens von Rudisten der Kreide zugezählt werden, eine
Bestätigung für das ausschliessliche Vorkommen derselben in
dieser Formation ableitet. Absolut ausgeschlossen ist daher die
Möglickeit nicht, dass die unteren Kalke schon dem obersten Jura
angehören. Wenn ich von dieser Möglichkeit spreche, so habe
ich das Vorkommen der von Deshayes aus dem Peloponnes aus
der Gegend von Nauplia beschriebenen oberjurassischen Verstei-
nerungen sowie die von Mousson gefundenen Jura - Ammoniten
von Corfu im Auge, die vielleicht in den Bereich der unteren
Kalke gehören mögen; vor Allem muss man auch sich gegen-
wärtig halten, dass die Annahme, die unteren Kalke enthalten
Aequivalente sowohl der untersten Kreide, als des obersten Jura,
in keiner Weise ausgeschlossen, durch keinen Grund unwahr-
scheinlich gemacht wird."
Die obercretacischen Rudisten-Kalke Griechenlands, welche
besonders fossilreich am Hörnerberg bei Livadia auftreten, sind
von früheren Autoren mehrfach beschrieben. Eine verhältniss-
mässig reiche und gut erhaltene Fauna ist von dort bekannt,
sodass dieses Vorkommen wenigstens mit ziemlicher Sicherheit
dem Provencien zugerechnet werden darf. Unter den von Herra
Philipp.son dort gesanunelten Formen komite ich folgende, bereits
von dort bekannte bestimmen:
770
Hippurites rornnvaccinmn Bh..
Sphaerulites cf. Desmoulmsi Math, sp.,
Plagiopjtyclms.
Eine weitere Analogie mit den südfrauzösisclien Hippuriten-
Kalken der Provencestufe tritt in dem Vorkommen der Forami-
nifere Idalina (vntiyua M. Ch. u. Sohl, zu Tage, deren massen-
haftes Auftreten Herrn Philippson veranlasste, Gesteinsproben von
dort mitzunehmen und mir zur Durchsicht zu übersenden. Diese
Foraminifere vrurde von Munier - Chalmas und Schlumberger
zuerst von Martigues beschrieben; ich sannnelte sie sowohl dort,
als auch in der Hippuriten- Kreide von Yalbonnet (Vaucluse) und
Le Beausset (Var). In allen den Stücken, die mir vom Hörner-
berge vorliegen, findet sie sich in grossen Mengen, wenn auch
selten in so grossen Exemplaren wie in Süd-Frankreich.
Aus den Kalken der Herkyna- Schlucht bei Livadia erwähnt
BiTTNER (1. c, p. 41) zahlreiche Hippuriten - Durchschnitte von
langcj'lindrischer Gestalt und mit Kammerung. Die Beschreibung
erinnert auffallend an Hijypuriies organisans. Eine von Phi-
lippson daselbst gesammelte Koralle ist von Cyathoseris rarisiel-
lata Rss. (aus der Gosau) nicht zu unterscheiden. Dennoch
dürften diese Kalke nach den Beobachtungen Bittner's und Phi-
lippson's ein tieferes Niveau einnehmen als die Rudisten- Kalke
des Hörnerberges.
Nachdem Philippson (d. Zeits., Bd. 42, p. 150) das Alter der
Hörn stein führenden Plattenkalke des Peloponnes als Ober-
Eocän (im Rahmen der griechischen Local-Eintheilung) erkannt
hat, gewinnt das Auftreten der Hornsteine in diesen Schichten
eine grössere Bedeutung als bisher. Ich habe einige Proben dieser
„ Olonoskalke " und der in denselben eingeschlossenen grünen
und rothen Hornsteine. welche mit der P^tikette „Patras" in
der Freiburger Sammlung liegen, sowie Originalstücke des Herrn
Philippson untersucht. Die Plattenkalke sind reich an Globi-
gerineu und Textularien und gleichen in dieser Beziehung faciell
gewissen Kreidekalken, insbesondere der Scaglia; die Hornsteine
bestehen , ebenso wie die Hornsteine der Aptyclien - Schichten
des oberen Jura, ganz und gar aus Radiolarien, und der Ge-
sammthabitus der Radiolarien-Fauna ist lücht derjenige der bisher
bekannt gewordenen neogenen Fauna von Sicilien und Barbados,
vielmehr derjenige der Hornsteine und Phosphorite aus Jura und
Kreide. Nun hat zwar Pantanelli (I diaspri della Toscana;
Real. Ac. d. Lincei, 1880) bereits vor längerer Zeit Radiolarien
führende Hornsteine mit ähnlicher Fauna aus dem italienischen
Eocän bekannt gemacht, aber das tertiäre Alter derselben ist
bezweifelt worden, wofür z. Th. wohl der Charakter der Fauna,
771
z. Th. wohl der Umstand maassgebend gewesen sein mag, dass
wir derartige Bildungen aus tertiären Schichten nocli von nirgends
her sonst kainitcn. Da wir aber jetzt wissen, dass im älteren
Tertiär des Mittelmeergebietes ßadiolarien führende Hornstein-
Kalke vorkommen, so liegt, wie mir scheint, kein Grund vor, an
der Richtigkeit der Pantanelli' sehen Altersbestimmung der tos-
canischen Hornstein-Schichten zu zweifeln.
Die Geschichte Griechenlands scheint während einer längeren
Zeit (vom Jura bis in's Eocän) mit der der italienischen Halb-
insel parallel verlaufen zu sein; denn es ergeben sich enge Be-
ziehungen zur Zeit des oberen Jura und der älteren Kreide durch
das gemeinsame Vorkommen der FJlipsactinia und der altcreta-
cischen Rudisten - Kalke und zur eocänen Zeit durch die Radio-
larien - Kieselkalke. Bemerkenswert]! in dieser Hinsicht ist auch
das häufige Vorkommen von Diploporen in den cretacischeu, bez.
oberjurassischen Ablagerungen beider Gebiete. Leider aber scheint
der Erhaltungszustand derselben meistens ein sehr unzureichender
zu sein.
4. Herr W. Müller an Herrn C. A. Tenne.
Kalkspath von Rothenzechau im Kreise Hirschberg
in Schlesien.
Charlottenburg-, den 1.3. Januar 1891.
Auf der Halde der Grube „Evelinensglück" bei Rothenzechau
im Kreise Hirschberg in Schlesien, welche ein Lager von Arsen-
kies im Glimmerschiefer abbaut, fand ich gelegentlich eines Fe-
rien - Ausfluges im verflossenen Herbste eine Menge frisch geför-
derter Blöcke grobspäthigen Kalkes, darunter eine Anzahl mehr
oder weniger regelmässiger rhomboedrischer Spaltungsstücke.
Letztere, Faustgrösse und darüber erreichend und von milch-
weisser Farbe. Hessen auf sämmtlichen Flächen eine starke Strei-
fung parallel der längeren Diagonale erkennen, weshalb ich zuerst
eine Zwillingsbildung mit vielfacher Wiederholung parallel der
Basis OR (0001) annehmen zu müssen glaubte. Allein bei nä-
herem Betrachten der gesammelten Stücke gewahrte ich auf jeder
Rhomboedcrfläche noch eine zweifache ganz feine Streifung pa-
rallel den Rhomboederkanten. Daraus ergab sich, dass nicht
eine polysynthetischo Zwillingsbildung nach OR (0001), sondern
eine solche nach — Y^ ^ (0112), aber zugleich nach allen drei
Flächen des ersten stumpferen Rhomboeders vorlag. Dies ist am
772
Kalkspath zwar keine bisher unbekannte, immerhin aber eine nicht
allzu häufig zu beobachtende Erscheinung.
Was jedoch an den vorliegenden Spaltungsstücken das In-
teresse wesentlich erhöht, ist der Umstand, dass ausser den Spalt-
flächen sämmtliche Gleitflächen nach — 72^(0112) klar und
deutlich auftreten. Die Ablösung der Kalkspatlitheilchen nach
den frleitflächen ist eine so autlallend leichte, dass es nicht
gelang, ein reines Spaltungsrhomboeder herauszuschlagen; immer
stellten sich gleichzeitig Abstumpfungen der Polkanten von R (1011)
ein. Auch auf den Spaltungsflächen selbst setzt an zahlreichen
Stellen die Spaltungsrichtung treppenaiiig in die Gleitfläche über,
ein Beweis, dass die Trennung nach der Gleitfläche fast mit
gleicher Vollkonnnenheit erfolgt wie diejenige nach der Spaltfläche.
An einzelnen Stellen matt, erreichen die Gleitflächen jedoch
zum Theil den Glanz der Spaltflächen. Deutlich sind auf jeder
von ihnen die sich kreuzenden Streifungen der Zwillingssysteme
nach den beiden übrigen Flächen von — Y2 R (0112) zu beob-
achten.
Beide Erscheinungen, das Auftreten der Gleitflächrn und
die Zwillingsbildung, stehen in engster Beziehung zu einander,
wie dies zuerst M. Bauer gelegentlich seiner Untersuchungen am
Cyanit (d. Zeitschr., 1878. Bd. XXX. p. 32U) und dann 0. Mügge
in seinen „Beiträgen zur Kenntniss der Structurflächen des Kalk-
spathes etc." (N. Jahrb. f. Miner. etc.. 1883, I. p. 32) ausge-
sprochen haben.
Da die Ablösung der Kalkspaththeilchen nach der Gleitfläche
auf der Einwirkung mechanischen Druckes, im vorliegenden Falle
zweifellos des Gebirgsdruckes, beruht, so ist auch die starke Ver-
zwillingung nur als Folge dieses intensiven Gebirgsdruckes zu
erklären. Dass in dem Erzlager von Rothenzechau letzterer
ausserordentlich wirksam gewesen sein muss, beweisen noch die
stark glänzenden Rutschflächen, welche man an zahlreichen Stücken
geförderten Arsenkieses zu beobachten Gelegenheit hat.
Die chemische Analyse, welche ich der Freundlichkeit des
Herrn Dr. von Knorre verdanke, ergab:
CaO .
. 54,65
MgO .
0,63
FeO .
0,52
CO2 .
. 43,20
Si02 .
0,52
99.52.
773
5. Herr Otto Ja ekel an Herrn W. Dames.
UebPT (Jorrostetis.
Berlin, dpii 9. Fobniar 189J.
In einer brieflichen Mittheilung ') tritt Herr Trautschoij)
einem Referat entgegen, welches ich über seine Arbeit: „lieber
Corcosteus niegalopteriix Trd. , C. obtusus und Clieliophorns Vcr-
ncuili Ag."-). im Neuen Jahrbuch für Mineralogie. Geologie und
Paläontologie veröffentlicht habe^).
In dem genannten Aufsatze hatte Herr Trautschold eine
fragmentarische Knochenplatte als Ruderorgan von Coccosteus be-
schrieben und Coccosteus megalopteryx Trd. genannt. Ich be-
merkte in meinem Referate hierzu das Folgende: „Obwohl es nicht
mehr zweifelhaft sein kann, dass Coccosteus keine, bezw.
keine verknöcherten vorderen Ruderorgane oder Arme
besessen hat. deutet Verfasser immer noch einige Fragmente
von Hautknochen als Ruderorgane eines Coccosteus, welchen er
auf Grund dieser Stücke C. megaJopteryx genannt hat. Wenn
man sich auf Grund der P'ragmeute und der Reschreibung des
Verf. ein Urthoil über diese Reste erlauben darf, so scheint es
nur sicher, dass Theile von paarigen Extremitäten eines Fisches
vorliegen. Verf. beschreibt zwar die Mikrostructur. aber aus
Beschreibung und Abbildung geht niclit einmal hervor, ob die
Grundmasse Knochenkörperchen enthält. Im letzteren Falle wäre
wenigstens die Zurechnung der Fragmente zu den Placodermen
sicher gestellt.''
Diese meine Worte, und andere habe ich hierüber nie ge-
äussert, citirt, wenn man so sagen darf. Herr Trautschold fol-
gendermaassen : „Es wird getadelt, dass ich die dort beschriebenen
Ruderorgane zur Gattung Coccosteus gestellt, während es doch
nicht zweifelhaft sein könne, dass Coccosteus keine verknöcherten
vorderen Ruderorgane gehabt habe. Letzteres ist betreffs der
bekannten schottischen Coccosteus- Kvi^w zugegeben, dass sie aber
gar keine Flossen gehabt haben, wird nicht behauptet. Im
Gegentheil wird anerkannt, dass Flossen, wenn auch
verwesbare, vorhanden gewesen sein müssen, um den
mit verhältnissmässig dicken Platten bedeckten Körper
des Fisches fortzubewegen." Das behauptet Herr Traut-
schold in dem oben citirten Passus gelesen zu haben! —
1) Diese Zeitschrift, XLI. Bd., 1889, p. hlb.
2) Ibidem, p. 35, t. III — VI.
ä) Jahrg. 1890, II. Bd., Ref., p. 145.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLiII. 4.
774
Was meine Stellung zur Sache anbetrifft, so glaube ich,
dass ich meine Ansiclit nicht schärfer präcisiren konnte als durch
obige Worte, „dass Coccosteus keine, bezw. keine verknöcherten
Ruderorgane oder Arme besessen hat".
Herr Trautschold sagt dann ferner; „Wenn aber Flossen
und Panzerplatten bei CoecosUiis von verschiedener Beschalfenheit
gewesen sind, so liegt doch nichts Widersinniges in der Annahme,
dass auch die von mir beschriebenen Flossen, die keine eigent-
lichen Knochenkörperchen enthalten, möglicher Weise der Gattung
Coccosteus angehört haben und dass der Schluss in dem oben
erwähnten Referat, diese Flossen könnten nicht den Placodermen
zugeordnet werden, weil in ihnen keine Knochenkörperchen nach-
gewiesen sind, ein Fehlschluss ist." Im Allgemeinen bemerke
ich hierzu, dass wenn Herr Trautschold auch von meinen Unter-
suchungen über derartige Fragen vielleicht keine Notiz genommen
hat, er schon aus den umfassenden und gründlichen Arbeiten
Pander's sich von der Unmöglichkeit hätte überzeugen können,
dass homologe Hartgebilde desselben Fisches so verschieden histo-
logisch organisirt gewesen seien. Im Besonderen enthalte ich
mich nun nach der ergänzenden Bemerkung des Herrn Traut-
schold, dass bewusstes Ruderorgan keine eigentlichen Kno-
chenkörperchen besitze, jeder weiteren Meinungsäusserung über
besagtes Stück, da mir der feine Unterschied, den Herr Traut-
schold zwischen eigentlichen und nicht eigentlichen Knochen-
körperchen zu machen scheint, bisher noch unbekannt ist.
Während Herr Trautschold sich sonst im Wesentlichen
meinen Vorschlägen aiischliesst. bemerkt er endlich; „AVas da-
gegen den in dem erwähnten Referat ausgesprochenen Wunsch
betrifft, auch für Coccosteus ohhisns eine neue Gattung aufzu-
stellen, so muss ich mich dagegen vorläufig noch ablehnend ver-
halten, da die verschiedene Form der Leisten auf der Unterseite
der beschriebenen Platten mir noch nicht genügenden Beweis für
die Abtrennung von Coccosteus zu liefern scheint." Letzterer
Grund allein wäre vielleicht auch mir nicht ausreichend zur ge-
nerischen Abtrennung jener Platte von Coccostens gewesen, ich
sagte aber in meinem Referat ausdrücklich; „Da dieselbe sich
durch den Mangel eines hinteren medianen Fortsatzes
und anderen Verlauf der Leisten auf der Unterseite von der
entsprechenden Platte bei Coccosteus scharf unterscheidet . so
dürfte diesen Unterschieden durch Aufstellung einer neuen Art.
Coccosteus obtusus Trd. n. sp. kaum genügend Rechnung getragen,
sondern die Aufstellung einer neuen Gattung gerechtfertigt sein."
Ich meine mit ,,CVff).s7e?/.s" selbstverständlich immer Coc-
costeus Agass.
775
C. Verhaudluiijreii der Gesellschaft.
1 Protokoll der November -Sitzung.
Verhandelt Berlin, den B. November 1890.
A^orsitzender : Herr Hauchecorne.
Der Vorsitzende theilte der Gesellschaft das Ableben ihres
Mitgliedes E. Weiss mit und widmete dem Verstorbenen einen
Nachruf. Die Gesellschaft erhob sich zu Ehren des Verstorbenen.
Hierauf wui-de das Protokoll der Juli - Sitzung vorgelesen
und genehmigt.
Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesellschaft
eingegangenen Bücher und Karten vor.
Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten:
Herr Dr. Gagel in Berlin,
vorgeschlagen durch die Herren Dathe, Ebert und
Schröder;
Herr Bergwerksdirector a. D. Temme in Berlin,
vorgeschlagen durch die Herren Hauchecorne, Bey-
RicH und Dames.
Herr von Rein a ch , Frankfurt a. M. . legte Uebersichts-
karten der Gegend von der Nahe bis zum Spessartrand
vor und theilte die Resulate seiner vergleichenden Studien über
das Rothliegende der Wetterau mit jenem an der Nahe
und der Saar mit.
Die Schichtbestinniiungen wurden nach der für Saar und
Nahe von Weiss -Grebk aufgestellten Stufenfolge aufgenommen.
Das Vorkommen von Rothliegendem am Taunusrande bei Hofheim
gehört der Waderner Stufe der Nahe an. Oestlich des Lorsbacher
Thals tritt Rothliegendes erst wieder bei Vilbel zu Tage, mög-
51*
776
lieber Weise gebt die iiördliclie Fortsetzung der Rbeintbalsenke
zwischen beiden Vorkonniien durch. In Vilbel beginnt ein Hügel-
rückea, die sogenannte Hohe Strasse, welcher das Main- vom
Niddathale trennt. Unter Tertiär kommen am Nordwestrand der
Hohen Strasse untei-rothliegende (Tholeyer) Schichten zu Tage,
gleiches Vorkommen findet sicli am Röderspiess und an der
Kaisei'lay im Main am Südwestrand des genannten Höhenzuges.
Etwa 500 m östlich der Kaiserlay ist bei Offenbach das Neubecker-
sche Bohrloch, welchem die Kaiser Friedrich -Mineralquelle ent-
springt. In diesem Bohrloch zeigten sich unter Tertiär bei 105 m
Tiefe Oberrothliegende Schichten, dann die Söterner Stufe und
bei 220 m die Tholeyer Stufe des Rothliegenden. Die zwischen
der Mainlay und dem Neubeckerschen Bohrloch durchgehende Ver-
werfung wurde kurz erwähnt. Weiter im Südosten der Hohen
Strasse tritt zwischen Rumpenheim und Mühlheim a. M. , ebenso
bei Hochstadt Oberrothliegendes zu Tage. Gleiche Schichten
finden sich wieder am Nordostrand dieser Höhe bei Oberdorfeiden
und lassen sich über Kilianstedten, Windecken, Eichen, Alten-
stadt bis an den Büdinger Wald verfolgen. Hier verschwindet
das Rothliegende mit Zechstein - Ueberlagerung unter der Trias.
Nördlich genannter Linie tritt Unterrothliegendes in einem Sattel,
an vielen Orten durch Petrefacten gut charakterisirt. zu Tage.
Bei Staminheim verschwinden die Tholeyer Schichten unter dem
Basalt des Vogelsberges.
Der Zusammenhang des Rothliegenden am Main mit dem
Darmstädter Vorkommen ist durch Tertiär und Diluvium ver-
deckt, doch treten bereits wieder in Isenburg ca. 4 Kilom. süd-
lich des Mains Rothliegende Schichten auf, um dann von Sprend-
lingen aus bis zum krystallinischen Odenwald fortzusetzen. Von
Sprendlingen bis Messel sind es unterrothliegende Schichten (Tho-
leyer und Söterner Stufe), durch die Fisch- und Stegocephalen-
Reste der I'lattenkalke, die Pfianzenreste an der Götzenhainer
Mühle, sowie durch die Melaphyrdecken gut gekennzeichnet. Süd-
östlich schliessen sich dann Waderner und Kreuznacher Schichten
in regelmässiger Ueberlagerung an. Die Linie Isenburg- Sprend-
lingen-Darmstadt bildet in Fortsetzung der Bergstrasse die Ost-
grenze der Rheinthalspalte. An der Westseite derselben finden
sich bei Nierstein und Nackenheim wieder rothliegende Schichten,
welche sich auch weiter nach Westen unter Tertiärbedeckung
verfolgen lassen. Von Biebelnheim-Flonheim bilden dann unter-
rothliegende Schichten den ununterbrochenen Zusammenhang mit
dem Nahebecken.
Als Resultat seiner Forschungen bezeichnete der Vortragende,
dass der Zusammenhang des Rothliegenden der Saar und Nahe
777
mit demjenigen bei Darmstadt, am ]\Iaiii und in der Wetterau
sowohl stratographisch als auch lithologisch und durch Petrc-
factenfunde nachgewiesen sei.
Herr Dames legte Geschiebe von cambrischem Sand-
stein vor und bemerkte dazu Folgendes:
Als ich im Jahre 1881 unter der lehrreichen Führung von
Professor A. G. Nathorst Oelaiid besuchte, machte mich derselbe
kurz, bevor wir von dem an der Westküste gelegenen kleinen
Ort Alfvedsjöbodar aus die Insel verliessen. darauf aufmerksam,
dass am dortigen Strande sehr zahlreich Gerolle liegen, welche
durch eine merkwürdige, sogen, discordante Parallelstructur aus-
gezeichnet sind. Es sind meist faustgrosse, bisweilen wohl auch
kegelkugelgrosse E ollstücke eines matt i-öthlich grauen . auch
schmutzig violetten, harten, fiuarzitischen Sandsteins, der eine der
Schichtung parallele, sehr scharfe Färbungsstreifung zeigt, wo
Schichtung überhaupt zu erkennen ist, wie namentlich bei ver-
schiedener Korngrösse der einzelnen Schichten. Diese Streifuug
wird nun fast immer von einer zweiten, ebenso scharfen im
spitzen Wiidcel durchschnitten, ja hin und wieder tritt noch eine
dritte, die beiden anderen wiederum spitz berührende oder durch-
schneidende Streifungsrichtung hinzu. Die Streifen sind abwech-
lelnd meist hell grau und roth oder violett. — Solche Gerolle hatte
Nathorst schon ein paar Jahre früher auf der am Nordende des
Kalmarsundes gelegenen Insel Jungfrun beobachtet und darüber
in der Aprilsitzung der Geologiska Föreningen 1879 berichtet').
Ueber das Alter dieser Sandsteinblöckc hat er an der angege-
benen Stelle nichts veröffentlicht, mir aber später brieflich mit-
getheilt. man könne annehmen, dass sie dem Fucoiden-Sandstein
entsprächen, da aber der echte. Wurmfährten-führende Fucoiden-
Sandstein von Humlenäs ein anderes Aussehen habe, so sei es
auch möglich, dass der Sandstein von Jungfrun älter sei; —
Daraus geht jedenfalls hervor, dass Nathorst für die bewussten
Gerolle ein cam])risches Alter annahm, und ich kann nunmehr
den Beweis erbringen, dass diese Annahme durchaus zutreffend ist.
Es musste auffallen, dass die durch ihre so grelle Streifung
bemerkenswerthen Gerolle unter unseren Geschieben bisher nicht
gefunden waren. Erst im vorigen Jahre gelang es Herrn Lieder,
einem sehr eifrigen Geschiebe - Sammler, in der Umgegend von
Berlin (namentlich bei Westend unweit Charlottenburg und bei
Rixdorf) Geschiebe aufzufinden, welche in jeder Beziehung —
durchschnittliche Grösse. Härte, Färbung, Streifung durch sich
') Geologiska Föreninffen's i Stockholm Förhandlingar, Bd. lY,
1879, p. 293.
778
kreuzende Systeme — mit den von mir bei Alfvedsjöbodar ge-
sammelten übereinstimmen; und als erst die Aufmerksamkeit auf
sie gerichtet war. mehrten sich die Funde schnell, sodass wohl
10 Stücke durch ihn in die Samndung des hiesigen Museums
für Naturkunde gekommen sind. Einige davon zeigen die be-
kannte Form der Kantengeschiebe sehr deutlich. Ein besonderes
Interesse beansprucht eines von der Marienhöhe bei Lankwitz im
Ki'eise Teltow, das mit grösster Deutlichkeit die als ScoUthes
bekannten Röhren zeigt. Hierdurch ist das Alter als Scolithes-
Sandstein und somit als untercambrisch festgestellt. — Da man
nicht zweifeln kann, dass die Gerolle auf Oeland von in der
Nähe anstehenden Schichten stammen und. wie erwähnt, die
Uebereinstimmung derselben mit unseren märkischen Geschieben
eine vollkommene ist, so kann die Heimath der letzteren auch
nur in der Gegend des Kalmarsundes gesucht werden.
Herr Oppenheim sprach über das Alter des Ellipsac-
tinien-Kalkes im alpinen Europa.
Die Veranlassung zu meiner heutigen Mittheilung über die
Altersfrage der Ellipsactinicn - Kalke im alpinen Europa gab mir
ein auf der diesjährigen allgemeinen Versammlung in Freiburg
i. Br. gehaltener Vortrag des Herrn Jaekel. Der erwähnte Herr
sprach dort über mesozoische Crinoideen und erwähnte in seiner
Rede auch Formen aus dem Str am berger Neocom. Dieser
Ausdruck, welcher meine lebhafte Aufmerksamkeit erregte, ver-
anlasste mich, Herrn Jaekel zu interpelliren, was er unter dem-
selben verstanden wissen wolle, worauf Herr Jaekel mir erwie-
derte, dass diese Verhältnisse ja so bekannt wären, dass er des
Näheren darauf nicht eingegangen sei. Ich bin nun heut nach
nochmaligem eingehendem Studium der einschlägigen Fachliteratur
in der Lage zu erklären, dass wenn Herr Jaekel mit dem be-
sagten Ausdrucke Theile der Stramberger Kalkmasse bezeichnen
wollte, Beweise für eine nähere Gliederung derselben uml für den
ausschliesslich neocomen Charakter eines ihrer Theile noch nicht
erbracht worden sind. Wenn Herr Jaekel. wie es mir schien,
den rothen Kalk von Nesselsdorf im Auge hatte, so betrachtet
auch V. Mojsisovics ^) denselben in seiner durch objective Belege
nicht gestützten Eintheilung des Kalkmassivs, in welchem der rothe
Kalk von Nesselsdorf nach der Ansicht dieses Autors das jüngste
Schichtenglied bildet, noch als jurassisch und Hoheneüger^).
^) Verhandl. d. geol. Reichsanstalt, 1867 u. 1868.
^) Neue Steinbrüche in der Gegend zeigen, dass dieser rothe Kalk
nur Flecken in dem weissen Kalk bildet, welche endlich nach allen
Richtnnjreii T\ieder in den weissen Kalk fn=t unmerklich veHaufen.
(^HoHENEutxER, Die geognost. Verhälinisse der Nordkarpathen, p. 15.)
779
Süss ^) , wie V. ZiTTEL -j uiul Georg Boehm ''i haben sich ein-
stimmig gegen diese wie gegen jede weitere Auflösung der Stram-
berger Kalke in Etagen und Zonen scharf ausgesprochen. Sollte
Her Jaekel aber die neocomen Mergel des Karpathensandsteins
haben erwähnen wollen, so scheint mir der von ihm. wie auch
an einer Stelle von v. Zittel angewendete Ausdruck ,, Stramberger
Neocom" deshalb nicht ganz zutreffend und verständlich zu sein,
weil ja nach der von vielen Seiten, insbesondere auch von den
französischen Fachgenossen betonten Auffassung der Stramberger
Kalk und die niehier Ueberzeugung nach gleichalterigen Bildungen,
die südeuropäischen EUipsactinien- Kalke, selbst Aequivalente des
pelagischen Neocom in sich zu schliessen scheinen.
Ich selbst habe in meiner im letzten Bande unserer Zeit-
schrift veröffentlichten Monographie der Insel Capri'^) Gelegenheit
gehabt, mich mit dieser Frage des Ausführlichen zu beschäf-
tigen. Ich darf diesen meinen Aufsatz bei Ihnen, meine Heri-en,
wohl ebenso als bekannt voraussetzen. Avie die abfällige Kritik,
w'elche derselbe seitens des Herrn Johannes Walther ^) in einer
an die Redaction unserer Zeitschrift gerichteten brieflichen Mit-
theilung erfahren hat. Meine Antwort auf den stark persönlichen
Ai'tikel des Herrn Walther liegt der letzteren seit dem Monat
Juli vor^), und darf ich ihre Yeröffentlichung nunmehr wohl in
Kürze erwarten.
') J"ai pris tonte peine pour essayer une division de ces calcaires
blaues qui puisse concorder un peu mieux avec les vues emises dans
CCS deiniers temps, mais je ii"eu vois pas la possibilite. En 1858 j'ai
moutrc la predominence des Nerinecs dans quelques localites et celle
des Ammonitcs dans d'autres, dans ce cas les couches ä Ammonites
rei)resenteraient un facies (pas un etajre) plus inferieur et les Nerinees
seraient en haut. Mais la plupart des brachiopodes sont identiques
dans ces deux facies. (Stss in Pictet's Melanges paleontolojriques.)
-) Siehe K. A. v. ZrrTEL : Die Cfphalopoden der Stramberger
Schichten. Paläontologische Mittheihni,tren aus dem Museum des k.
b. Staates, f'assel 1888.
^) „Die tektonischen Verhältnisse von Stramberg sind keineswegs
.sicher gestellt, und allen möglichen Combinationen ist hier noch Thür
und Thor ucitff'nct." GkorC4 Boehm: Die Bivalven der Stramberger
Schichten. Paläont. Mittheilungen aus dem Museum des k. b. Staates,
Cassel 1883. Eltendort: ..Uebrijjens sprechen alle directen Beobach-
tungen in Stramberg gegen die Auffassung von Mojslsovics. "
*) Beiträge zur Geologie der Insel C'apri luid der Halbinsel Sor-
rent. Diese Zeitschrift, 1889.
*) Johannes AValther: Ueber die Geologie von Capri. Diese
Zeitschrift 1889.
®) [Bemerkung. Das von Herrn Dr. Oppenheim s.Z. eingesen-
dete Manuscript hielt ich iiiclit für ffeeiguet, in der Form einer bnefl.
Mittheiluug an mich unverändert zum Abdruck gebracht zu werden,
auch nicht als Aufsatz, ohne vorherige Genehmigung des Vorstandes.
Dies ist der Grund der verspäteten, erst in diesem Heft erfolgten Ver-
öffentlichung. C. A. Tenne.]
780
Ich verweise sie daher, meine Herren, bezüglich aller Einzel-
heiten der zwischen mir und Herrn Walther auszutragenden Po-
lemik auf diese meine eben erwähnte nZeilen. und will hier nur
einige Punkte hervorheben, welche mir ausschlaggebend zu sein
scheinen und welche zugleich im innigen Connex stehen dürften
mit der Frage, deren Beantwortung ich heute zu geben versuchen
werde, mit der Altersbestimmung des südeuropäischen Elipsacti-
nien- Kalkes.
Die Insel Capri, von welcher ich ausgehen will, wird in
ihrer grösseren Hälfte gebildet von einem überwiegend unge-
schichteten, grauen, bläulichen, stellenweis sogar bräunlichen,
klotzigen Kalke, der. an manchen Punkten oolithisch, die Reste
von riffbildenden Korallen überall in so grosser Anzahl und typi-
scher Entfaltung an den Bruchflächen hervortreten lässt, dass
man wohl nicht fehl greift, wenn man die ganze Masse als Ko-
rallenriff bezeichnet. Das Hauptleitfossil für diese ganze Bildung
des Caprikalkes ist die von Steinmann 1878 aus den Strani-
berger Kalken beschriebene EUipsactinia; es sind dies rundliche,
knollige Körper, ähnlich den Stromatoporiden, aus vielen, einander
umfassenden, durch Querbälkchen verbundenen und von Radial-
röhren durchsetzten Lamellen zusammengesetzt, welche von Stein-
mann, wie ich glaube, mit Fug und Recht den Hydroidpolypen zu-
gesellt und mit der lebenden Gattung tlydradinia verglichen werden,
die in unseren heutigen Meeren Schneckengehäuse, insbesondere
Buccinum - kx\Q\\ zu iiicrustiren pflegt. Die EUipsactinia wurde,
wie erwähnt, von Steinmann aus Stramberg^) beschrieben; sie fand
sich dann später am Pürgl bei St. Wolfgang-) (Salzkammergut),
im Centralapennin. am Monte Gargano. in Montenegro, in Tunis
und in Calabrien-); neuerdings wurde sie von Canavari in Sar-
dinien und von Philippson in Argolis aufgefunden; ich habe die
von den beiden letzteren Fundpunkten stammenden Stücke in Pisa
und hier in Berlin gesehen und verglichen und versichere Ihnen,
dass die Bestinmiung eine unzweifelhafte und richtige ist. Ueberall
scheint sie mit Korallen vergesellschaftet in typischem Riffkalke
aus dem Niveau der Stramberger Kalke vorzukommen und für
diesen Horizont sprechen auch die titiionischen Nerineen, welche
ich mit ihr vereint in Capri auffand, insbesondere die von mir
^) Palaeontographica, XXV. Bd., 1878.
^) P. Oppenheim. Beiträge zur Geologie der Insel Capri und der
Halbinsel Sorrent. Diese Zeitschr., 1889, p. 459.
^) Nähere Literatur - Notizen über alle diese Fmidpuukte giebt
G. Steinmann: lieber das Alter des Apenninkalkes von Capri. Be-
richte der naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg i. Br., IV. Bd.,
III. Heft, 1888.
781
in moiiicni Aufsatze erwähnte und abgebildete Nfirinea pseiido-
hrnnttitana Gem. und die Ificrüi austridca Zitt. Nun fanden
sich aber in der zum grossen Theile ungeschiehteten Kalkmasse
wunderbarer und andererseits natiirliolier Weise auch Reste echter
Kreideorganismen. Eine den Kreide -('hamideu nahe stehende Bi-
valve wurde von mir an der Grotta azurra zusammen mit den
jurassischen Nerineen aufgefunden, Querschnitte von Flayioptychus
waren nicht selten, und nach oben ging die Masse allmählich in
echte Rudisten-Kalke über, welche an verschiedenen Punkten der
Insel, am Mt. Tiberio und am Faro, entwickelt sind; petrogra-
phisch ist kein Unterschied zu entdecken, und die Grenze zwi-
schen corallogenem Ellipsactinien - Kalke und Rudisten - Schichten
hier um so schwerer zu ziehen, als auch die Efhpsncfima durch-
zugehen scheint und von mir am Faro in den Rudisten - Kalken
aufgefunden wurde.
Dieselben Verhältnisse bestehen nach Baldacci in der Um-
gegend von Sapri in Calabrien. Auch dort werden am Mt. Bul-
gheria die hier geschichteten Ellipsactinien-Kalke concordant über-
lagert von Rudisten-Schichten. in welche sie mittelst einiger, wenig
mächtiger, versteinerungsleerer Bänke allmählich übergehen. Aehu-
lich scheinen nach den Mittheilungen des Herrn Dr. Phiuppsox
die Verhältnisse in Argolis zu liegen. Dort, wo der Jura wie
überall im Pelopones vollständig zu fehlen scheint ^) . finden wir
in einheitlicher, ungeschichteter Kalkmasse Elipsactinien und Ru-
distenrestc neben einander. Nicht anders scheint sich, nach dem
Profile von Coquand^) zu urtheilen. die Sachlage in Sicilien am
Mt. Pellegrino zu gestalten. Auch hier stossen Corallien und
Rudisten-Kalke eng an einander und zwischen den letzteren liegen
wie auf Capri eocäne Nummuliten - Schichten ; der französische
Autor spricht allerdings von Corallien. Provencien und Angou-
mien und zeichnet eine starke Verwerfung zwischen den beiden
ersteren Gliedern seiner Profilserie; doch ist die Identität dieses
Corallien mit den Tithonbildungen bereits von Gemmelaro imd
V. ZiTTEL nachgewiesen, und die Rudisten-Kalke haben während
') Die von Bobeaye und Viklet angeblich bei Naui)lia aufgefun-
denen und von Deshayes beschriebeiien Nerineen und Diceraten sind,
zumal auch ihr Fundort bis heute unbekannt und auch durch Herrn
Dr. Philippson nicht ermittelt werden konnte, sehr zweifelhafter Na-
tur; sie könnten übrigens auch in das Niveau des Elipsactinien-Kalkes
fallen. (Expedition scientitique en Moree. Sciences physiques. Vol. II,
Geologie et Mineralogie, P. 146, Vol. III, Zoologie et Botanique,
P. 183.
^) H. Coquand. Sur la formation cretacee de la Sicile. Bull.
soc. geol. de Franse, II. serie, Vol. 23, 1865 — 66.
782
der ganzen Kleideperiode einen so vollständig gleichen Habitus'),
wahrscheinlich auch identische Fossilien, dass mir gegen die
Sicherheit der -schon ISöfi von Coquand vorgenoninicneneu Be-
stimmung der Kudistem-estc starke Zweifel aufgestiegen sind; der
Beweis für die Verwerfung endlich scheint mir erst zu führen
zu sein.
Dieselbe Ueberlagerung und innige Verbindung zwischen
Ellipsactinien- und Rudisten- Schichten wurde am Grau-Sasso im
Central- Apennin von Canavahi und Baldacci festgestellt; aus den
mündlichen Mittheilungen beider Herren weiss ich. dass hier die
Abgrenzung dieser Horizonte nur auf das Auftreten und Ver-
schwinden der 'EUi'psactinia hin vorgenommen werden konnte.
Analog sollen die Verhältnisse in der Basilicata und in Monte-
negro liegen, während über die Ellipsactinien -Kalke in Sardinien
noch nichts Näheres bekannt ist. Nach v. Zittel") werden die
untertithonischen Ammoniten-Kalke im Central- Apennin concordant
überlagert von plumpen Felsenkalken mit subcretacischen Fossi-
lien; wenn man dici von diesem Autor und Neumayr durchge-
führte Gliederung der Tithonbildungen in zwei Horizonte acceptirt,
so vermag man die Aequivalente der Stramberger Schichten - hier
nur in den subcretacischen Felsenkalken zu erblicken, welche
übrigens wie schon Spada und Orsini^) betont haben, identisch
zu sein scheinen mit den Fisch-Kalken von Castellamarc, für deren
Neocom-Charakter neuerdings auch Bassani ^) eintritt.
' ') Siehe hierüber Peron: Craie ä Hippurites. Bull. soc. geol.,
3. Serie, T. 13, 1884 — 85. (Ce que nous voyons aujourd'hui ä Font-
froide demontre corapletenient cette verite que nous avons junioncee
que les niveaux de Rudistes etaient iiisuffisants ä caracteriser un ho-
rizont precis et ä servir de limite fixe et generale ä un etage geolo-
gique. — Siehe auch G. Stäche: Die libuniische Stufe. Abhandl. d.
k. k. geolog. Reichsanstalt, Wien 1889. — Ebenso M. Neumayr: Der
geologische Bau des westlichen Mittel - Griechenlands, p. Yl\. Denk-
schriften der k. Akademie d. Wissensch., 40. Bd., 1880. „Bei diesem
Schlüsse muss man jedoch im Auge behalten, wie klein das Terrain
ist, aus dessen Beobachtung die Erfahrung abgeleitet ist, dass die Ru-
disten auf die Kreideforniation beschränkt sind, ja dass man sich
in vielen Fallen hier in einem Circnlus vitiosus bewegt, indem man
aus Vorkommnissen, die nur wegen des Auftretens von Rudisten der
Kreide zugezählt werden, eine Bestätigung für das ausschliessliche
Vorkommen derselben in dieser Formation ableitet."
^) Dr. Karl Alfred Zittel. Geologische Beobachtungen aus dem
Central-Apennin. Geognostisch-Palaeontologische Beiträge, herausge-
geben von Benecke, 2. Bd., 1869.
^) Spada u. Orsini. Memoire sur l'apennin centrale. Bull. soc.
geol. de France, T. XII, 2. serie, 1854 — 55.
') Francesco Bassani. II calcare a Nerinee di Pignatoro Mag-
giore in provincia di Caserta. Rendiconti della R. Acadcmia delle
Scienze üsiche e matcmatiche, Napoli 1890.
783
Nach Baldacci (Dccriziunc geologirii dell" Isola di Sicilia
di L. Baldacci. nieniorie descrittive della carta geologica d'Italia,
Roma 1886), auf dessen epocheiuachende. in Deutschland im All-
gemeinen viel zu wenig gekannte Untersuchung mich Herr Prof.
F. Bassani in Neapel auf mein Befragen wie innner freundlichst
entgegenkonunend aufmerksam machte, ist das Tithon auf Sicilien
sowohl in Cephalopoden-Facies (Malanoce, Mt. Barraco und Canipo-
fiorito) als in corallogener Ausbildung als bläulicher oder schwar-
zer, feinkörniger Kalk (Madonia. Pizzo x^ntenna, S. Giorgio.
Termini und an vielen anderen Punkten) vorhanden; am Mt. Pel-
legrino sind wunderbarer Weise wie in Stramberg beide Erschei-
nungsformen vermischt uud in dem bläulichen Gestein sowohl
Korallen und Nerineen als Cephalopoden vertreten. Das Tithoa
ist meist geschichtet, wenn auch die Stratification in vielen Punkten,
wie am Mt. Pellegrino stark verwischt ist. Als corallogener Ab-
satz liegt das Tithon direct auf Lias; da es aber sehr mächtig
ist, so kaim nach Bai.dacci in seinen tieferen Lagen noch dies
oder jenes Glied des Ooliths in ihm vertreten sein. (Quando il
Titonio ha (luesta forma litologica, assumc una grande potenza e
poggia direttamente sugli strati del Lias; forse nei piani inferior!
di questo calcare poträ pure esser rappresentato qualche membro
del Oolite che non se ne puö sceverare per l'idcntitä della forma
litologica; Baldacci, 1. c, p. 69. j Der oberste Malm (Zone des
Aspkloceras acanthiciim Opp.) ist auf Sicilien als Unterlage der
Titlionbildungen wohl entwickelt, überall da. wo die letzteren als
Cephalopoden-Facies entwickelt sind: er felilt dagegen absolut,
wenn es sich um corallogene Absätze handelt (. . . . si trova ge-
neralmente in concordanza sotto al Titonio a facies di Cefalopodi;
quando il calcare titonio e a facies corallina questa
zona nianca assolutamente [p. 68]). Das Urgonien. welches
auf Sicilien als Lumaclielle oder Rudisten-Kalk mit SphaeniUtcs
Blumenhaclut Sti.d. . lieqm'enia Loin^dalei Sow. , Caprina Ver-
iieuäü Bayl. u. A. entwickelt ist, liegt auf Sicilien wie auf
Capri stets unmittelbar concordant über dem grau-
blauen corallogenen Tithon-Kalk. So insbesondere am Mt.
Pellegrino selbst, dessen Nordabhang es fast ausschliesslich zu-
sammensetzt, am Capo Gallo, Mt. Colombrina und an anderen
Punkten (Baldacci, p. 76). Das Neocom tritt auf der Insel
stark zurück, ist bei Taormina schwer von dem darüber liegenden
Tithoii zu trennen und immer als Cephalopoden-Facies entwickelt.
Das Profil des Mt. Pellegrino, welches Baldacci giebt, stimmt
vollständig mit den Verhältnissen auf Capri überein; die von
CoQUAND in seinem bereits oben erwälinten Aufsatze angenom-
mene Verwerfung ist nach Baldacci niclit vorlianden, das Corul-
784
lieii des französischen Autors ist zum grössten Theile Titlion,
zum geringeren Lias, das Angoumien ist zum Urgonien ge-
worden ! —
Die Verhältnisse des Tithon in Sicilien. wie wir sie eben
auf Grund des Baldacci' sehen Quellenwerkes zu entwickeln ver-
sucht haben, stehen durchaus im Widerspruch zu den von Neu-
MAYR und V. ZiTTEL iu der erwcähnten Frage vertretenen An-
schauungen, stehen aber durchaus im Einklänge zu dem von dem
letzteren Autor in seinen Bahn breclienden Untersuchungen im
Central- Apennin erhaltenen Resultaten. Einmal scheinen in beiden
Gebieten die beiden von v Zittel aufgestellten Altersstufen des
Tithon, von denen die eine die Cephalopoden-. die andere die
corallogene Entwicklung rcpräsentirt, sich gegenseitig auszuschlie-
ssen: im Central -Apennin war zur Zeit der v. Zittel sehen Pu-
blication das Obertithon überhaupt noch nicht aufgefunden, ist
aber jetzt, wie wir gesehen haben, in der Form der Elipsacti-
nien- Kalke bereits an vielen Punkten erkannt worden. Anderer-
seits wurde von v. Zittel das Cephalopoden führende Tithon des
Central -Apennin wie die corallogenen Kalke mit TerehraUda Ja-
nih's im Norden von Sicilien als ein Glied seines Untertithon
(der älteren Tithonbildungen) aufgefasst, beide sich gegenseitig
ausschliessenden Bildungen liegen aber concordant unter der un-
teren Kreide, welche in dem letzteren Falle schon die Urgon-
Abtheilung rcpräsentirt ! Der Jamfor - Kalk liegt transgredirend
auf älteren liiasbildungen. die Zone mit Äspüloceras acantJdcus
fehlt nach Baldaw^i stets da, wo das Tithon in dieser Facies
entwickelt ist. und findet sich überall da. wo reine Cephalopoden-
Kalke auftreten. Wir haben also in dem einen Falle Trans-
gression und litorale Ausbildung, iu dem anderen ungestörten
Fortgang der pelagischen Entwicklung. Um die aus Italien vor-
liegenden Thatsachen mit der von v. Zittel aufgestellten Theorie
der Tithonbildungen zu vereinen, müssen wir also beständig zu
grossartigen Unterbrechungen oder Vernichtungen der Sedimen-
tation und des sedimentirten Materials unsere Zuflucht nehmen.
Eine Lücke bestände auf Capri zwischen Elipsactinien-Kalk und
Urgonien. eine Lücke am Mt. Pellegrino und an allen analogen
Punkten Siciliens zwischen denselben Formationen, eine Lücke
zwischen untertithonem Cephalopoden- und subcretacischem Felsen-
kalk im Central-Apennin ! Wahrlich, diese Erklärung scheint mir
keine ganz natürliche und einleuchtende zu sein!
Nicht so leicht zu entwirren sind die stratigraphischen Ver-
hältnisse in Strainberg selbst, leider ist dieses aber wieder der
Ausgangspunkt und das Centrum für den Streit von Anschauungen
und Theorien in der Tithonfrage geworden. Vor Allem wird die
785
Sachlage hier wie wahrscheinlicli auch in Sicilien, wenn man von
den verwickelten und schwer zu entwirrenden Lagerungsverhält-
nischen in der ganzen Klippenzone absieht, nocli complicirt durch
das Auftreten von Annnoniten in der oorallogenen Grundniasse.
Während die grosse Mehrzahl der Autoren, insbesondere Süss.
Neumayr und v. ZrrxEL mit Nachdruck für die üntheilbarkeit
und innere Zusammengehörigkeit des Stramberger Kalkmassivs
eintreten, zerlegte Mojsisovics dasselbe in Zonen und lässt den
Korallenkalk mit Nerineeu, Diceraten und Ellipsactinien durch
echte Ammoniten-Schichten unterteufen, eine Anschauung, welche
theoretisch so einleuchtend erscheint, dass man um so mehr be-
dauern muss. dass die Belege für die Anschauungen des Verfas-
sers, soweit mir wenigstens bekannt, bisher noch nicht veröffent-
licht wurden ^). Ich möchte übrigens hier hervorheben, dass nach
HoHENEGGER") die das Stramberger Rift überlagernden neocomen
Kalke und Mergel dem Valanginien nicht zu entsprechen scheinen,
dass andererseits von Concordanz und Discordanz zwischen un-
geschichteten corallogenen Absätzen und Sedimentär-Gesteinen wohl
nicht gesprochen werden kann. Auch die Frage der Schichtung
dieser Kalkmassive spielt, sobald wir die Ellipsactinien -Kalke im
Wesentlichen als Korallenrift'e betrachten, nicht mehr die Rolle,
welche ihr von vielen Seiten, früher auch von mir, zugesprochen
wurde. In der Rift'masse selbst fehlt natürlich die Schichtung,
wo aber die Brandung arbeitet, auflöst und wieder absetzt, da
können wir dieselben bankigen Kalklager erhalten, deren Bildung
wir auch in der Jetztzeit in Westindien und an den Keys von
Florida'^) zu beobachten im Stande sind. Es wäre nicht un-
denkbar, dass die tieferen Lagen der Fisch -Kalke des Central-
Apennins dieselbe Stellung gegenüber den Elipsacfinia - Riffen
beanspruchen könnten, wie sie in der Jetztzeit die in der Bai
von Florida abgesetzte Kalktafel zu den Rift'cn der Keys, der
Tortugas und Marquensas einzunehmen scheint.
Der Ausgang der Juraperiode ist bekanntlich gekennzeichnet
durch einen grossartigen und umfassenden Rückzug des Meeres
aus den nordischen Breiten unseres Continents. Wenn wir von
') 1870 hat V. Mojsisovics seine Ansichten bezüglich der strati-
graphischen Verhältnisse von Stramberg in wesentlichen Punkten nio-
dificirt. Siehe hierüber Verhandlungen der geologischen Reichsanstalt,
Wien 1870.
^) HoHEXEGGEK. Die geognostischen Vei-hältnisse der Nord-Kar-
pathen, Gotha 1861: „Eine üebereinstimniung dieser untersten Stufe
mit dem Talanginien Desor der Schweiz, wie man es erwarten sollte,
konnte ich daher bis jetzt nicht nachweisen.
') Si'ss. Antlitz der Erde, II, p. ;593 ff.
786
der grossen russischen Tafel absehen, wo sich in continuirlicher
Folge ein mariner Absatz auf den anderen niederschlägt und die
Grenze zwischen Jura und Kreide überbrückt, so können wir im
ganzen übrigen Norden überall eine starke negative Strandver-
schiebung beobachten und mächtige Süsswasserseeen sich dort
ausdehnen sehen, wo früher die Brandung wogte. Ganz anders
liegen, wie bekannt, die Verhältnisse im alpinen Gebiete; während
aber im Norden dieses Verbreitungsbezirkes, in den Alpen und
Karpathen das Meer im Wesentlichen seinen alten Stand innehält
und pelagische Bildungen der Kreide auf die gleichartigen des
Jura folgen, scheint im südlichen Europa eine gewisse Trans-
gression stattzufinden, wie wir dieselbe ja auch zu gleicher Zeit
in Ost - Afrika zu beobachten Gelegenheit haben ^). Dogger und
Malm sind im ganzen Apennin-), wenn überhaupt vorhanden, jeden-
falls sehr dürftig vertreten und auf der südlichen Balkan - Halb-
insel wie auf dem Peloponnes fehlt wahrscheinlich die ganze Folge
der Juraschichten. Der Schluss liegt nahe, dass hier alte Fest-
landsmassen wieder überfluthet wurden, und das reiche Vorkom-
men von Korallenrift'en wie später von Rudisten - Kalken spricht
dafür, dass die positive Verschiebung der Strandlinie eine con-
tinuirliche war.
Wir betrachten also die südeuropäischen EUipsactinien- Kalke
als eine corallogene Facies des alpinen Neocom, als eine Bildung,
welche vom Obertithon beginnend und dasselbe mit einschliessend
liinaufreicht bis etwa in die Hauterivestufe und welche jedenfalls
das Valenginien noch mit zu umfassen scheint. Da Korallenriffe
ausserordentlich conservativ sind und ihre Bewohner, wie die bis-
herigen Forschungen in der Südsee beweisen, durch verschiedene
Erdepochen hindurch sich ziemlich gleich zu bleiben scheinen, so
begreift man leicht. Aveshalb in Stramberg Korallen, Brachiopoden,
Lamellibranchiaten und Gastropoden einen so ausgezeichnet juras-
sischen Habitus besitzen, während die pelagische und darum so
variable An)moniten - Fauna bereits ein deutliches Neocomgepräge
darbietet. Dazu kommt ausserdem, dass in der ganzen untersten
Kreide echte Korallenbauten bisher noch nicht aufgefunden wor-
den sind; im südlichen Frankreich wie in den Alpen ist das
Neocom vom Valanginien an stets durch pelagische Absätze ver-
') Mombassa, Mosambique, Algoabai, vielleicht auch Madagascar.
Siehe Neum.wr: Die geosraphische Verbreitung der Juraformation.
Denkschriften d. Wiener Akad. d. Wissensch., 50. Bd., 1885, p. 129.
^) Nach V. ZiTTEL (Central- Apennin) sind im Dogger daselbst nur
die untersten Glieder, vom Malm nur die Aptyoheu-Schiefer vertreten,
welche doch jedenfalls bereits dem üntertitlion angehören. Es scheint
hier also eine grosse Lücke in der Sedimentbildung vorhanden zu sein.
787
treten und die wenigen Seichtwasserbildungen, welche vorliegen,
wie der Spatangen - Kalk haben jedenfalls mit corallogenen Bil-
dungen nichts zu thun.
Es ist mir daher durchaus nicht auffallend, dass v. Zittel
in seinen Grund legenden Untersuchungen zu so ganz heterogenen
Resultaten gekommen ist, dass er, während er den jurassischen
Charakter der Gastropoden hervorhebt, welchen übrigens auch
Georg Boehm mit Entschiedenheit für die Bivalven vindicirt,
Hebert gegenüber die grosse Anzahl der Neocom - Typen unter
den Ammonoideen zugiebt. Mir scheint, die aus der Unter-
suchung der ersteren Formengruppe gewonnenen Schlüsse sind
für die Frage der stratigraphischen Stellung der Stramberger
Kalke nicht als maassgebend anzusehen, da, wie bereits erwähnt,
das richtige tertium comparationis . die neocome Rift'fauna, zu
fehlen scheint. Die Ammonoideen dagegen sprechen für den
neocomen Charakter der Stramberger Rififkalke und mit diesem
Resultate stimmen überein die stratigraphischen Verhältnisse, wie
sie im südlichen Europa, im Mittelmeerbecken, zur Beobachtung
gelangen^). Es dürfte hier in jedem einzelnen Falle aus den La-
gerungsverhältnissen wohl am besten festzustellen sein, wie weit
die corallogene Bildung hinauf reicht und welche an anderer
Stelle heterogen entwickelte Stockwerke sie in sich umfasst.
Herr KosMANN sprach übei" die Entstehung und Zu-
sammensetzung der sogen, basischen Salze.
Als „basische Salze" bezeichnet die Mineralchemie diejeni-
gen Verbindungen , in welchen die Anzahl der Aequivalente der
basischen Elemente grösser ist. als wie sie zur Sättigung der
Säure erfordert wird. Die Mehrzahl dieser basischen Salze ist
dadurch ausgezeichnet, dass sie oxydische Verbindungen sind,
selbst diejenigen der Haloidsalze. Eine andere bemerkenswerthc
Klasse bilden die Salze der Sulfosäuren.
Die Entstehung der basischen Salze - und dies dürfte auch
für die erwähnten Sulfoverbindungen gelten — ist wesentlich auf
zwei Vorgänge zurückzuführen, denen aber dieselbe Ursache der
') Ich freue mich, nachträglich constatiren zu können, dass auch
HauCt in seinen auf ganz verschiedenem Gebiete durchgeführten Unter-
suchungen zu analogen Resultaten gekommen ist. Vergl. hierüber;
Emil Hauu: Die geologischen Verhältnisse der Neocom-Ablagerungen
der Puezalpe; Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt, 37. Bd., 1887,
p. 240: „T)ie Zuziehung der Stramberger Schichten zum unteren Neo-
com liat Hebert schon vor Jahren mit gewichtigen Argumenten ver-
fochten, meine Beobachtungen in Südtirol und meine Kritik der Fauna
von Rovere di Velo bestätigen auf's Glänzende die Annahme des Pa-
riser (ielehrten.'- (Hinzufügung während der Correctur.)
788
cliemischen Erregung zu Grunde liegt, nämlich das durch die
Wasserautuahnie der ursprünglichen ^'erbindung geschaffene che-
mische Bindungsvermögen. Die Begründung dafür, dass wir uns
gezwungen sehen, auf den liydratisirten Zustand der Verbindungen
als den Ausgangspunkt unserer Beweisführung zurückzugehen, ist
darin zu finden, dass die meisten der basischen Salze eben wasser-
haltig sind und dass die wasserfreien basischen Salze eine den
vorigen ganz analoge Zusammensetzung besitzen.
Die bezeichneten chemischen Vorgänge bestehen nun in Fol-
gendem: 1. Die Verbindung eines sogen, neutralen Salzes löst
als Hydi'at ein oder mehrere Aequivalente des basischen Elements
oder eines anderen der Substitution fähigen, verwandten Elements
auf, was nur in der Weise bewirkt werden kann, dass das in
die Verbindung aufzunehmende Element in eine lösbare, d. h. also
hydratisirte Verbindung übergeführt und mit dem ursprünglichen
Salze durch innere chemische Bindung zu einem einzigen Molekül
vereinigt wird. Die chemische Verbindung der beiden verketteten
Bestandtheile ist dadurch eine solche geworden, dass durch eine
spätere Wasserentziehung in der gegenseitigen Stellung der Atom-
gruppen keine Aenderung hervorgebracht wird. In diese Klasse
gehören Salze wie der sogen. Bleiessig, indem 1 Mol. Bleizucker
noch ca. 1 Mol. PbO aufninnnt. Ebenso lässt sich eine Verbin-
dung erzeugen, indem man Dleiglätte mit Bleichlorid digerirt.
Der gleiche Vorgang findet statt, wemi in einer erwärmten Lö-
sung von Kupfervitriol metallisches Kupfer gelöst wird; beim Er-
kalten scheidet sich ein basisches Sulphat als unlöslicher Nieder-
schlag ab.
2. Aus der höhereu Hydratisationsstufe eines löslichen Salzes
wird bei allmählich fortschreitender Wasserentziehung ein basi-
scher Rückstand gebildet, indem unter gleichzeitigem Austritt von
Wasser und Säure eine Polymerisation des basischen Bestand-
theils eintritt. Es entsteheji auf diese Weise Verbindungen von
anscheinend sehr verwickelter Beschafi'cnheit, in welchen die gegen-
seitigen Autheile der urspiiingliclien Verbindungen und der sich
bildenden Hydroxyde an den erzeugten Verbindungen unter den
verschiedensten und sehr wechselnden rationalen Verhältnissen
theilnehmen. Zu solchen Verbindungen gehört die verbreitete
Gruppe der polymeren Oxychloride wie der Atakamit, ferner dei'
Brochantit, Dihydrit, Boracit. Schütze berichtet (Pharm. Centr.
H., 28, p. 293 — ^295) von einem aus einer Kupfersulphat- Lösung
durch Kochen abgeschiedenen Niederschlage von der Zusammen-
setzung 8 CuO . 3 SO3 . 8 H2O.
Eine dritte Gruppe basischer Salze entsteht durch die Ver-
bindung von Atomgruppen der Thonerde mit Kieselsäure. Phos-
789
pliorsäuro. Schwefelsäure. Atoiiiiinippoii. welche . ob wasserhalli,^'
oder wasserfrei. Hydrate der 'JMiouerde von verschiedener Wer-
thigkeil darstellen, oder denselben entspreclieii und sich im rich-
tigen Verhältnisse der Neutralisation mit der entsprechenden Säure
verbunden haben und daher nur scheinbar basischen f'iiarakters
sind. Wir gehen auf diese zuvörderst nicht ein.
Die bemerkenswerthe Eigenschaft aller basischen Salze ist
die. dass sie sännntlich unlösliche Verbindungen darstellen, und
dass diese Unauflöslichkeit besonders dann auffällig wird, wenn
entweder das ursprüngliche Salz oder das in die sich erzeugende
Verbindung aufgenounnene Salz ein lösliches gewesen ist. nun-
mehr aber durch die Angliedcrung an das neutrale Salz seine
Löslichkeit eingebüsst hat (s. Apatit, Boracit. Sodalith). Ein
anderer, noch wichtigerer Unterschied ist der, dass durch die
oben erwähnten ^"orgänge der Entstehung der basischen Salze aus
deren hydratischen Verbindungen sich die Thatsache ergiebt, dass
das sogen. Krystallwasser der Ursprungsverbindung nicht als
solches zu erachten, sondern zur chemischen Constitution dersel-
ben gehört und sogar grundlegend für die Atomgruppirung des
basischen Salzes wird.
Gehen wir daher nunmehr auf die in Formeln auszudrückende
Zusammensetzung basischer Salze gemäss den oben dargelegten
Vorgängen ein, so bieten sich für die 1. Art basischer Salze
folgende Beispiele dar: der Lavrionit und der Matlockit leiten
sich ab von dem Bleichlorid PbCb + 2H2O. Mag unsere Vor-
stellung von der Einfügung der Wassernioleküle in die Structur
des Chloridhydrats sein, welche sie wolle, so steht so viel fest,
dass unter der Einwirkung einer chemischen Reaction, welche
eine Wasseraustreibung zur Folge hat, die Wassermoleküle in
ihre, der chemischen Zusannnensetzung des Wassers entsprechen-
den Atomgruppen sich trennen: H2O = H — OH. Das Bleihvdro-
PbCh
Chlorid ninnnt denigemäss die Zusammensetzung: an
H2-(0H>
und werden bei Verlauf der Wasserejitziehung die beiden Wasser-
stoffatome durch 1 Mol. Pb ersetzt; es entsteht denigemäss die
Verbindung des I^ayrionits. nach vom Rath der Formel 2(PbOHCl)
PbCl2
entsprechend, nach Vorstehendem tt^ i Aus solcher For-
Pb(0H)2
mel wird die Structur und Averden die daraus sich ableitenden
Eigenschaften der Verbindung erklärlich und verständlich. Bei
PbCU
weiterer Wasserentziehung entsteht min der Matlockit | .
PbO
In analoger Weise sind ähnliche Oxydsalze zu Stande kom-
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLII. 4. 52
790
CuCOo
niend zu denken, wie der Malachit i , das Kieselzinkerz
Cu(0H)2
ZnSiOs
I und das demselben entsprechende Anhydrid, der Willeniit
Zn(OH)ä
ZnSiOs
I Es sind aber nicht blos Hydroxvde, welche Gegenstand
ZnO
der Angliederung , bezw. der Substitution der Wassermoleküle
bilden, sondern es werden auch Chloride. Sulphate, Carbonate an
Stelle des Wassers aufgenommen. Aus dem wasserhaltigen Car-
PbCOs
bonat des Bleis I entsteht durch Substitution von PbCb
H2(OH)2
PbCOs
der Phosgenit: l , und in ganz analoger Weise findet sich im
PbClä
Apatil das Molekül CaCb , im Sodalith NaCl bezw. dem Calcium-
phosphat. dem Natriumaluminiumsilicat eingefügt in einer Weise,
dass die Löslichkeit des Chlorids aufgehoben ist, weil es durch
innere chemische Bindung mit dem Molekül der Grundverbindung
verkettet ist. Im Boracit finden wir beide Arten von Molekülen,
sowohl MgO wie MgCb dem Tetraborat des Magnesiums ange-
2MgO
gliedert: 4MgB407. Diese Verkettung heterogener Verbindungen
I
MgClj
ist durch die Stellung des Hydratwassers in dem Ursprungssalz
vorbereitet.
Für die 2. Abtheilung basischer Salze haben wir ein vor-
treffliches Beispiel im Chlor magnesium, weil dessen Verände-
rungen, welche im Verlaufe der Wasserentziehung eintreten, durch
die Processe der chemischen Industrie nachgewiesen und von Prof.
ÜEWAR eingehend studirt sind. Die Verbindung des Salzes mit
6 Mol. H2O ist in der Pteihe der Mutterlaugensalze der Kali-
salzlagerstätten als Bischof it bekannt: MgCb . 6H2O. Durch
Wärmezufuhr chemisch erregt, nimmt die Verbindung die Grup-
MgCla
pirung ihrer Atome zu i vor. Indem aus benachbarten
H6-(0H)e.
Molekülen mit dem Wasser auch zugleich Chlorwasserstoffsäure
entweicht, werden aus den ersteren an Stelle der 6 Wasserstoff-
atome 3 Mol. Mg eingefügt und es entsteht die Verbindung
MgCU
i und vermöge weiterer Wasseraustreibung das wasser-
3 Mg{0H)2
MgCU
freie Oxychlorid | . Aus diesem Vorgange erst wird uns
3MgO
klar, weshalb in den analogen Verbindungen sich immer 3 Mol.
791
Hydroxyd mit dem uisprüngliclien Chlorid, Sidpliat. Phosphat ver-
CuCh CuSOi
binden; also im Atacamit: i . im Brochantit; |
3 Cu(0H)2 S (;u(OHh
CuPsOe CuNäOe
im Tagilit; | , im Gerhardtit: | ; dem Tagilit
3 Cu(0H)2 3 Cii(0H)2
CusP.Os
analog bildet sich der Dihvdrit: | . Das oben erwähnte
2 Cu(0H)2
basische Sulphat von Schütze 8 CuO . 3 SOs . 8 H2O erhält die
3 CuS03(OH)2
Formel | und damit einen die Polymerie seiner Be-
5 Cu(0H)2
standtheile leicht ersicbtlich machenden Formelausdruck.
Aucb für diese Klasse von Salzen wird Jeder mir zuge-
stehen, dass für die Bildung und damit für die molekulare Zu-
sammensetzung (Constitution) derselben eine naturgemässe, den
thatsächlichen Vorgängen Rechnung tragende Erklärung gegeben
worden ist.
Wenn wir nun fragen; Welches ist denn die Ursache, dass
die Grundverbindungen der basischen Salze, die einfachen und als
neuti'al angesehenen Chloride, Sulphate, Nitrate u. s. w. die Fä-
higkeit zeigen und äussern, noch weitere Moleküle von Hydroxy-
den. Chloriden u. s. w. in sich aufzunehmen und sich chemisch
anzugliedern? so ist die Antwort darauf: die einfachen Salze der
starken Mineralsäui'en sind wohl neutrale, d. h. gesättigte Ver-
bindungen in dem Sinne, dass ihre Valenzen zwischen Base und
Säuren gebunden sind und sie gegen Lakmuspapier neutral rea-
giren, sie sind aber nicht gesättigt in der Hinsicht, dass jede
weitere chemische Reactionsfähigkeit in ihnen vernichtet wäre. Im
Gegentheil müssen sie sämmtlich als ungesättigte Verbin-
dungen') angesehen werden, wie denn auch eine Betrachtung
der thermochemischen Verhältnisse ihrer Verbindungswärme lehrt,
dass über den bei der gegenseitigen Bindung von Base und Säure
entstandenen Wärmeverlust (entbundene Wärme) hinaus der Ver-
bindung noch Wärmeeinheiten innewohnen, mithin eine Wärme-
töimng eigenthümlich ist, welche ehier gewissen chemischen Energie
gleichkommt. Diese chemische Restenergie ^) ist es, welche die
sogen, neutralen Salze befähigt, sich zu hydratisiren. d. h. Wasser
in chemischer Bindung aufzunehmen, d. i. ihrer molekularen Con-
stitution einzufügen und an Stelle dieses Wassers Oxyde, hydrisch
wie anhydrisch. oder Salze aufzunehmen bezw. zu lösen. In der
That haben die meisten der hier in Betracht kommenden wasser-
*) Vergl. Kosmann, Dingl. polyt. Journ., 1888, Bd. 271, p. 138.
'^) Vergl. Hagemann, Die chemische Energie, Berlin 1890, p. 32.
52*
792
freien Salze ätzende Eigenschaften, welche darin bestehen, dass
sie namentlich organisclien Snbstanzen Wasser zu entziehen be-
strebt sind und dadurch zerstörend wirken; also z. B. Kupfer-
sulphat und Kupfervitriol. Kupferchlorid, Bleichlorid, corrosives
Quecksilberchlorid. Magnesiumchlorid. -sulphat u. a. ni. Die Wir-
kungsweise der chemischen Restenergie ist für beide hier unter-
schiedene Arten basischer Salze dieselbe; der Unterschied liegt
nur in dem Maasse der Wasseraufnahme. Letztere ist nun von
der Wärmetönung des Avasserfreien Salzes als der Grundverbindung
abhängig. Im ersteren Falle wie beim Bleichlorid werden nur
2 Mol. H2O verlangt; bei den Salzen der zweiten Art, den Vi-
triolen und den gleich hoch sich wässernden Salzen der Salpeter-,
Chlorwasserstoffsäure u. s. w^, werden 6 Mol. H2O und mehr auf-
genommen (der Kupfervitriol in wässeriger Lösung muss, wie
vorauszusetzen, 6 Mol. H2O chemisch binden), und äussert sich
demgemäss auch eine grössere Bindekraft für die Angliederung
der polymeren Molekülgruppen.
Die Wichtigkeit der hier befolgten Darlegung und Deutung
des molekularen Aufbaues der basischen Salze möchte ich noch
an einem Beispiel darthun , am Kieselzinkerz. Dasselbe in der
Formel nach Grotii = ZnäfOHjaSiOs leitet sich von dem Meta-
ZnSiOa
Silicat Zn(OH)ä . SiO(OH)2 = I ab, in welchem das Mol.
H2(OH)2
Ha durch das Mol. Zu ersetzt worden. Durch diese Angliede-
rung des Hydroxyds Zu(0H)2 kommt das Salz der Constitution
eines Orthosilicats gleich, dessen Structurforniel zu schreiben ist:
(H0)2 Dieser Formelausdruck kann durch einen wage-
„. ^0 *^ rechten Strich in 2 unsymmetrische Hälften ge-
\0 nr theilt werden, von denen die obere neben 1 Mol. 0
^0 das Hydroxylpaar entliält. Diese Dissymmetrie
giebt einen andeutenden Aufschluss über die stereochemische La-
gerung der Atomgruppen des krystallisirten Minerals in Bezug
auf seine heminiorphe Ausbildung; dieselbe rührt aus einer un-
symmetrischen Anordnung der Atomgruppen her. Ich erachte
dies als einen bedeutsamen Fingerzeig dafür, in welcher Richtung
sich unsere Forschungen in der Herleitung richtiger Molekular-
Formeln der Mineralverbindungen zu bewegen haben.
Herr Berendt verlas einen Brief des Herrn Siemiradski.
Löss und Geschiebelehm betreffend. (Vergl. briefliche Mit-
theilungen pag. 756.)
Hiez'auf wurde die Sitzung geschlossen.
v. w. 0.
Hauchecrne. Dambs. Koken.
793
2. Protokoll der December- Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 3. December 1890.
Vorsitzender: Herr Beyrich.
Das Protokoll der November- Sitzung wurde vorgelesen und
genehmigt.
Der Vorsitzende legte die für die Bibliothek der Gesellschaft
eingegangenen Bücher und Karten vor.
Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten:
Herr Sabbrsky in Berlin.
vorgeschlagen durch die Herren Koken. Rinne und
Romberg.
Herr Remele sprach über P e n t a m e r e n aus den auf
Oeland zurückzuführenden Geschieben von Macrourus-Kailk.
Es sind dies Formen, welche ihres hohen Alters wegen,
indem sie einem noch bedeutend unter der oberen Grenze des
üntersilur liegenden Niveau entstammen, ein besonderes Interesse
beanspruchen; indessen weist nicht nur ihre äussere Gestalt sofort
auf Pentamerns, sondern auch die inneren Merkmale ihrer Schale
zeigen eine völlige Uebereinstimniung mit echten, obersilurischen
oder devonischen Pentameren. Folgende Arten wurden vom Redner
mitgetheilt: 1. Fentamerus elegans nov. sp. . 2. P. semicostatus
nov. sp. , 3. P. tenuis nov. sp., 4. P. gihhosus nov. sp. , 5. P.
Borussicus Gagel sp. Letztere Art ist diejenige, für welche
Herr Dr. Gagel kürzlich den neuen Gattungsnamen „Branconia"'
vorgeschlagen hat. Der Vortragende zeigte zugleich zahlreiche
Exemplare der genannten Brachiopoden, welche theilweise schon
1885 beim Geologen - Congress in Berlin als Pentameren ausge-
stellt waren, sowie mehrere photographische Abbildungen der-
selben vor^).
Herr Frech sprach über die im Anschluss an die Frei-
burger Versannnlung ausgeführten Excursionen in das Gebiet der
Glarner Doppelfalte, nach Linththal und Elm. ferner in die Klippen-
region des Iberg und Mythen und in das Gebiet der Bündener
Schiefer. Von den geologisch interessanten Punkten wurden Pho-
tographieen vorgelegt, die auf der Excursion aufgenommen waren.
') Dieser Vortrag wird den Gegenstand eines besonderen, dem-
nächst erscheinenden Aufsatzes bilden.
794
Derselbe besprach ferner den letzten Ausbruch des
Volcano-Krater und legte die von dem Ereigniss durch 0. Sil-
vESTRi angefertigten photographischen Aufnahmen vor.
Herr J AEKEL sprach über Oracanthas bochtimensis von
Bochum. (Vergl. den Aufsatz pag. 753 in diesem Jahrgang.)
Herr KoSMANN legte mehrere Mineralien aus den nie-
derschlesischen Erzrevieren vor und zwar:
1. Chromeisenstein vom Schwarzen Berge bei Tampadel, Kr.
Schweidnitz;
2. Eine Erzstufe mit Bournonit-Krystallen aus dem Bergwerk
Bergmannstrost bei Altenberg. Kr. Schönau;
3. Mehrere Kupfererzstufen vom Neuen Adler - Schacht der
Kupferberger Erzbergwerke bei Kupferberg. Kr. Hirschberg.
Der Chromeisenstein stammt aus einem neuen Aufschluss
her. welcher durch den Berg -Ingenieur A. Reitsch in einem am
Schwarzen Berg bei Tampadel anstehenden Chromerzgange ge-
macht worden ist. Dieser Aufschluss stellt sich den früheren
Entdeckungen anstehender Chromerze zur Seite, welche dem ge-
nannten Herrn in den Jahren 1886 und 1887 am Harteberg bei
Grochau, westlich Frankenstein, gelungen sind und über welche
der Vortragende in der Vaterl. Gesellsch. f. Schles. Cultur (vergl.
Jahresbericht 1887. p. 288) Mittheilmig gemacht hat. Gleichwie die
Chromerz führenden Gänge am Hartebei-g in dem Serpentin auftreten,
dessen Schichten das Gabbrogebirge des Berges umgeben, so setzt
auch am Schwarzeberg bei Tampadel das Chromei'z in Serpentin
auf. Der Schwarzebeig bildet die westlichste Erhebung in der
Bergkette, welche, einem Ringwalle vergleichbar, den südlichen
Fuss des Zobten umgiebt. Nachdem am Abhänge des Schwarze-
bergs auch das Vorkommen loser Findlinge von Chromerz beob-
achtet worden, führte die aufmerksamere Beobachtung des Kreises
ihrer Verbreitung zur Entdeckmig einer anstehenden Felsklippe,
welche einen 7 m starken Gang von Chromerzen aufwies, und
wurde derselbe in einem Tagebau auf 22 m Länge verfolgt. Zur
Zeit ist eine tiefere unterirdische Lösung des Lagers im Gange.
Die ausgedehnte Verbreitung des Cliromits als fast nie feh-
lender Bestandtheil des Serpentins hat H. Traube in seinen „Bei-
trägen zur Kenntniss der Gabbros. Amphibolite und Serpentine
des niederschlesischen Gebirges" ^) nachgewiesen, indem er die in
den mikroskopischen Dünnschliffen beobachteten braunen Partikel
als Chromit deutete und beschrieb. Thatsächlich indessen hat
') Inaugural- Dissertation 1884, Greifswald.
795
man es. wie das mineralische Vorkommen im Grossen erweist,
nicht mit reinem Chromit zu thun. sondern es enthält dieser
Chromeisenstein, ganz analog dem vom Harteberg bekaimt gewor-
denen, neben Chromeisen auch Magnetit und namentlich Magne-
siumaluminal. Der Gehalt an Chromoxyd schwankt in den bes-
seren Partiecn zwischen 35 — 42 pCt. Chromoxyd; der Magnesia-
gehalt beträgt 14 — 16pCt. . Kieselsäure 4 — 6 pCt.. Eisenoxydul
und Thonerde je 18 — 22 pCt. Bei der zunehmenden Wichtigkeit
des Chromerzes für die Stahlindustrie wie für die keramische
Industrie ist der vorliegende Fund von nicht zn unterschätzender
Bedeutung.
Die Erzstufe von der Grube Bergmannstrost ent-
stammt einem neueren Aufschlüsse in der oberen Stollnsohle des
Werks, indem ein bis dahin übersehenes Gangtrum des Haupt-
ganges aufgefunden und verfolgt wurde. Die Stufe giebt einen
Beleg für das dortige Zusammenvorkommen von Erzen, als
Schwefelkies, Arsenikkies, Zinkblende, Fahlerz. durchwachsen mit
dolomitischer Gangmasse. In einer Druse sind auf den Wan-
dungen Krystalle von Bournonit aufgewachsen, verdeckt z. Th.
durch Braunspath. dem wieder noch Schwerspath aufsitzt. Das
Mitbrechen dieser späthigen Gangmineralien zeugt für den Adel
der Erzbildung. Die Bournonitkrystalle sind in ausgezeichneten,
charakteristischen Zwillingen vorhanden, Zwillingsebene eine Fläche
des verticalen Prismas. Die Flächen dieses Prismas an dem aus-
springen Winkel sind dadurch kenntlich und ausgezeichnet, dass
sie wie Stahl glänzen, während alle anderen Flächen matt. z. Th.
angelaufen sind.
Der Vortragende verbreitete sich mit kurzen Worten über
die durch die neueren Aufschlüsse bei Altenburg herausgestellten
Gangverhältnisse.
Die Erzstufen von Kupferberg gehören dem Ganggebiete
der östlichen Gruppe von Gängen an, welche durch den Neuen Adler-
Schacht zunächst in der Stollnsohle gelöst sind. Nachdem man
im Jahre 1886 mit der Wiederaufwältigung der Baue begonnen
hat. ist dieselbe vorzugsweise auf die Verfolgung dei- beiden
Gänge Fröhlicher Anblick und Silberfirste gerichtet gewesen.
Der erstere. südlicher gelegen, streicht nahezu in hör. 9 und
führt mehrere Trümer derben Kupferkieses. Bei einigen 100 m
vom Schacht fand man eine versetzte Strecke, welche querschlägig
zur Gangrichtung verfolgt wurde. Nach wenigen Metern durchquerte
man mehrere Gänge, von denen der erste. 0.75 — 1,00 m mächtig,
ein derbes Buntkupfererz aufwies, welches, stellenweise mit Zink-
blende verwachsen, in den reineren Partieen bis 70 pCt. Kupfer
haltend sich zeigte. Weiterhin wurde ein 8 — 10 cm mächtiges
796
Trum VOM Kupferkies durchfahren, dadurch ausgezeichnet, dass zwi-
schen den Gangschnüren die Räume mit Schwerspath. Flussspath
und Kalkspath ausgefüllt sind. Die Auffindung derartiger, bisher
unbekannter Gangmittel lassen darauf schliessen, dass dem Berg-
bau an dieser Stelle noch ausreichende Erze für einen lohnenden
Bergbau zu Gebote stehen.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
V. w. 0.
Beyrich. Dames. Tenne.
Protokoll
einer gern einsamen Begehung des Gebietes der Glarner
Doppelfalte unter der Leitung von A. Heim am 14.,
15. und 16. August 1890 im Anschluss an die Ver-
sammlung der Deutschen geologischen Gesellschaft zu
Freiburg i. Br. ^)
Hierzu Tafel XXXVII bis XXXIX.
(Nach photographischen Aufnahmen von F. Frkch.)
1. An der Lochseite unweit Schwanden sieht man Verru-
cano. der unten grün und flaserig. oben mehr roth und conglo-
meratisch ist. in fast schwebender Lagerung über steil Süd fallen-
dem schwarzen Schiefer (Eocän). An der Grenze beider erstreckt
sich ein 0.1 bis 1 ni mächtiges Band eines vielfach gefältelten,
gekräuselten und gewellten Kalkes, des I.iOchseitenkalkes. welcher
gelegentlich in Gestalt kleiner Säcke in sein Liegendes eingreift.
Die Oberfläche des Liegenden schmiegt sich der Unterfläche des
Lochseitenkalkes unter verworrenen Krümmungen an. Eine sehr
deutliche, der unteren Grenze des Verrucano parallele Fuge ver-
läuft theils an der Grenze von Verrucano und Lochseitenkalk,
theils mitten in letzterem.
2. Die tief eingeschnittene Tschingelschlucht bietet sammt
ihren Verzweigungen Profile dar. welche die concordante Einschal-
tung dreier über einander folgenden. Nummuliten führenden Kalk-
bänke in den Komplex der darum zweifellos eocänen. schwarzen
Schiefer veranschaulichen.
3. Am Haus stocke streichen stark gefaltete, schwarze Schiefer
mit eingeschalteten Kalkbänken (Eocän) unter der discordanten
Ueberlagerung von nahezu horizontal liegendem Lochseitenkalk
und Verrucano derart durch, dass beiderseits des Hausstock-
Mätlistok-Grates. nämlich vom Eimer Thale und vom Durnachbach-
thale. dieselben Falten sichtbar werden (Vergl. Taf. XXXVIII.}
4. Dieses nur aus der Entfernung gesehene Profil am Haus-
stocke wiederholt sich genau am Kalkstocke. Der Gipfel besteht
aus rothschiefrigem . vielfach deutlich in der Fallrichtung ge-
r ') Obige Notiz wurde zu spät eingeliefert, sodass dieselbe dem"
Protokoll der allgemeinen Versammlung nicht mehr beigefügt wer-
Lden konnte. C. A. Tenne.
798
streckten! und senkrecht dazu zerrissenem Verrucano. Darunter
erscheint ein gewellter und gekräuselter Kalk, der vollständig
jenem der Lochseite gleicht, und als dessen Liegendes tritt dis-
cordant schwarzer, steil Süd fallender Schiefer auf. Demselben
ist unmittelbar unter dem Lochseitenkalk am Ostabfalle des Kalk-
stockes eine Bank von Nunnnuliten - Kalk eingeschaltet , wodurch
das eocäne Alter des Complexes der schwarzen Schiefer auch an
dieser Stelle unzweifelhaft wird. "Wie an der Lochseite, mir in
viel grösserem Maassstabe, greifen hier Lochseitenkalk und eocäne
Schiefer in einander ein, sodass der Lochseitenkalk hier bald auf
20 m Mächtigkeit anschwillt, bald auf Null reducirt wird. Seine
obere Fläche bildet die Höhe des Sattels zwischen Kalkstock und
Hahnenstock. Sie ist völlig eben, fällt sanft gegen NNW und
ist stellenweise mit dünnen Lagen von gelbem Dolomit (nach
Heim Röthidolomit) überdeckt. Die Trace dieser ebenen Ober-
fläche des Lochseitenkalkes ist, so weit die Aussicht reicht, im
Süden unter dem Hausstocke und Nachbarn, im Norden im Kärpf-
gebiete und im Osten bis an den grauen Hörnern vollkommen
deutlich unter dem Verrucano verfolgbar. (Vergl. Taf. XXXIX.)
5. Südlich vom Hausstocke erblickt man vom Kalkstocke
aus die Ansicht folgender Schichtfolge: Oben grünlichen Verru-
cano in zackigen Felsen aufragend, darunter eine braune Schicht
(Dogger), in deren Liegendem sehr mächtiger grauer Kalk (Hoch-
gebirgskalk) erscheint. Unter letzterem treten, und zwar schräg
von ihm abgeschnitten, schwarze, steil Süd fallende Schiefer
(Eocän) auf. denen vielfach dicke Kalkbänke (Nummuliten- Kalke)
eingebettet sind. Der unter 2. erwähnte Schiefercomplex der
Tschingelschlucht gehört in das Bereich dieser schwarzen Schiefer.
Nach Osten gegen die Tschingelhörner nimmt die Mächtigkeit des
Hochgebirgskalkes sichtbar ab. unter den Tschingelhörnern sind
demselben mächtige und ausgedehnte Keile des liegenden schwar-
zen Schiefers eingetrieben. Das aus der in Rede stehenden Wand
hervorspringende Zwölfihorn zeigt im Profile eine Aufkrümmung
des Hochgebirgskalkes sammt seiner Unterlage, die convexe Seite
dieser Aufkrümmung kehrt sich gegen Norden.
6. A'om Hahnenstock. 0,7 km nördlich vom Gipfel des Kalk-
stockes bis zum 2 km weiter gegen NW gelegenen Bützistock,
erstreckt sich ein Grat von Verrucano, dem mehrfach Dolomit-
partieen eingebettet sind. Am Westfusse des Bützistockes liegt
unter dem Verrucano zunächst gelb anwitternder Dolomit (Röthi-
dolomit) . darunter rother Schiefer (Quartenschiefer) , Quarzit und
schwarzer Schiefer (Lias), Echinodermen-Breccie und Eisenoolith
mit Belemniten (Schiltkalk), welcher ausgezeichnet linear gestreckt
ist und zwar in der Fallrichtung der Grenzfläche zwischen Verru-
799
cano und Eocän. Unter dem Schiltkalke taucht grobbankiger,
hell grauer, gleichfalls gestreckter Kalk mit Belemniten (Hoch-
gebirgskalk) auf, der sich iu stattliclier Mächtigkeit (100 — 200 m)
fortzieht, den Saasberg bildend, während der ganze hangende
Komplex bis zum Verrucano nur etwa IT-) m Mächtigkeit aufweist.
Alle diese Glieder sind unter einander concordant gelagert, und
dieselben konnten um das Westeck des Bützistockes herum, von
dem Nordwestgehänge desselben bis zu dessen Südwestgehänge,
also gewiss unter dem Verrucano durchstreichend, verfolgt wer-
den. Weiterhin unter den Südwänden des Bützistockes er-
scheint über der Heustatfelalpe eine dreimalige Wiederholung von
Quartenschiefer . Lias , Dogger und Mahn in der genannten
Reihenfolge von oben nach unten, unmittelbar darunter liegt im
liegenden schwarzen Schiefer (Eocän!) eine Bank n)it Numnm-
liten. Fortlaufende Entblössungen bis unter den Kalkstock hin
zeigen, wie die reichhaltige Schichtfolge zwischen Verrucano und
schwarzem Schiefer am Bützistock sich zum Lochseitenkalke des
Kalkstockes ausdünnt.
Im Kärpfgebiete zwischen Sei'nf- und Lintthal liegt also
zu Unterst ein stark gefalteter, durchschnittlicli südlich fallender
Complex schwarzer Schiefer, dem an zahlreichen Stellen Bänke
von Nummuliten - Kalk concordant eingebettet sind, und welchem
die Glarner Fisch-Schiefer angehören. Dafür, dass ausser diesen
zum Eocän gehörigen Schiefern noch andere auftreten, wurden
weder paläontologische, noch stratigraphische Anzeichen gefunden.
Discordant über diesem Schiefer-Coniplexe und zwar stellen-
weise dicht über Nummuliten-Kalkbänken lagert im Kärpf-Gebiete
eine Verrucanoplatte . welche sanft gegen Nord fällt, während
die Gipfel südlich von Elm von einer südlich fallenden Platte
desselben Gesteins gebildet werden. Die von uns verfolgte
Grenze zwischen der Nord fallenden Verrucano - Platte und den
liegenden, steil Süd fallenden, gefalteten Eocän - Schiefern ist
überall scharf entwickelt, und landschaftlich ungemein deutlich
ausgesprochen. Längs iln- tritt in der Regel ein Band gefäl-
telten und gekräuselten, förmlich gekneteten Kalkes, des Loch-
seitenkalkes, auf. Dasselbe ist von sehr schwankender Mäch-
tigkeit und in das liegende Eocän stellenweise sackförmig ein-
getrieben. Am Bützistocke schwillt dieses Band des Lochseiten-
kalkes an zu einem Complexe von gelbem Dolomit . rothem
Schiefer, sclwarzem Schiefer und Quarzit, von Echinodermen-
Breccie und Eisenoolith mit Belemniten. von grauen. Belem-
niten führenden Kalken, welcher Complex sich durch seine pe-
800
trographische Beschaffenheit und Fossilführung als die umgekehrte
Normalschichtfolge von Röthidolomit. Qiiarteiischiefer. Lias. Dog-
ger, Malm, und zwar in stark reducirter Mächtigkeit erweist.
Eine ähnliche umgekehrte Lagerung der Juragebilde zwi-
schen dem liegenden Eocän und dem hangenden Verrucano be-
sitzen augenscheinlich die Bergwände südlich von Elm unter der
Südplatte des Verrucano.
Diese Ergebnisse stimmen mit den von A. Heim mitgetheilten
Beobachtungen völlig überein.
Benecke. Hermann Credner. E. Fraas. Frech.
Eugen Geinitz. Graeff. Alfred Jentzsch.
E. Kayser. Konrad Keilhack. Penck. Steinmann.
A. W. Stelzner. L. van Werveke.
801
Für die Bibliothek sind iin Jalire 1890 im Austausch uud
als Geschenke eingegangen:
A. Zeitschriften.
Aarau. Aargauische naturforscliende Gesellschaft. Mittheilungen. V.
Angers. Societe d'efudes sficnHfiques. Bulletin, Bd. XYII. XVIII.
Bamberg. Naturforschende Gesellschaft. Berichte. Bd. XV.
Berlin. Königl. preussische geologische Landesanstalt. Jahrbuch
für 1888. — Abhandlungen, Bd. X. Heft 2. — Neue Folge.
Heft 1.
— Königl. Akademie der Wissenschaften. Sitzungsberichte, 1889.
Heft 39 — 53 und 1890, Heft 1—40.
— Zeitschrift für Berg-, Hütten- u. Salinen-Wiesen in Preussen,
Bd. XXXVHI.
— Naturwissenschaftlicher Verein von Neuvorpommern u. Rügen.
Mittheilungen. Bd. XXI.
— Botanischer Verein für die Provinz Brandenburg. Verhand-
lungen. Bd. XXX.
Bern. Naturforschende Gesellschaft. Mittheilungen. 1889.
Bonn. Naturhistorischer Verein der preussischen Rheinlande und
Westfalens. Verhandlungen, Bd. XLVI, 2 u. XLVH, 1.
Bordeaux. Societe Linneenne, Actes, Bd. XLI, 4 — 7; XLII.
Boston. Society of nritiirol history. Proeeedings, Bd. XXIV,
Heft 1—2.
— Annual Report of tJie American Board of Commissioners
for Foreign Missions, 1889.
Bremen. Naturwissenschaftlicher Verein. Abhandlungen, Bd. XI.
Heft 1—2.
Breslau. Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur. Jahres-
bericht, Bd. XLVII.
Brunn. Naturforschender Verein. Verhandlungen, Bd. XXVII.
Brüssel. Societe royale malacologique. Annales, Ser. IV, Bd. lU.
— Proces verhaux, Bd. XVH, Bg. 7 — 12 u. Bd. XVHI,
Bg. 1-9.
Buenos Ayres. Academia nacional de dencias en Cordoba.
Boletin, Bd. X,3 u. XI, 4.
Caen. Societe Linneenne de Normandie. Bd. IV, 2.
Calcutta. Geological survey of India. Becords, Bd. XXII, 4
und XXIII. 1 — 3. — Bihliqfraphy of Indian Geology.
Cambridge. Museum of camparative zoology nt Harvard College.
Annual report, 1888 — 89.
Canada. (ieological and natural history survey of Canada.
Contributioi^s to the Micro - Palaeontology on the Cambro-
802
Silidrian Bodcs of Canada,Vol. IL Montreal — Annual
repot't. New series, Bd. III.
Cassel. Geognostisclie Jahreshefte. Herausgegeben von der geo-
gnostischen Abtheihmg des kgl. Bayerischen Oberbergamts
m München, Bd. II.
Christiania. Videnskahs Selskahef. Forhandlätgiir, 1889.
Chur. Naturforschende Gesellschaft Graubündens. Jahresbericht,
Bd. XXXIII.
Darmstadt. Verein für Erdkunde. Notizblatt, 4. Folge, Bd. X.
Dijon. Academie des sciences etc. Memoires, 4. Serie, Bd. I.
Dorpat. Naturforscher - Gesellschaft. Sitzungsberichte, Bd. IX,
Heft 1.
— Schriften, herausgegeben v. d. naturf. Gesesellschaft bei der
Universität Dorpat, V.
Dresden. Naturwissenschaftliche Gesellschaft Isis. Sitzungsbe-
richte, 1889, Juli — December.
Dublin. Royal Irisli academy. Tr ansäet i< ms, Bd. XXIX, 12 — 13.
— Proeeedings, 3 ser., I, 1 — 3.
Edinburgh. B. 2)]tysirnl soriefy. Proeeedings, 1888 — 1889.
Emden. Naturforschende Gesellschaft. Jahresbericlite, IS'SS —
1889.
Frankfurt a. M. Senkenbergische Gesellschaft. Abhandlungen,
Bd. XVI, 1. - Berichte, 1889 u. 1890.
Genf. Societe de physique et d'histoire untureUe. Memoires,
Bd. XXX. 2.
— SoeieHe helvetique des sciences naturelles. Compte rendn des
travaiw. 1889.
Giessen. Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde.
Berichte, Bd. XXVH.
Görlitz. Neues Lausitzisclies Magazin. Bd. XLV, 2 u. XLVI, 1.
Gotha. Petermann" s Mittheilungen. Bd. XXXVI. — Ergänzungs-
hefte 97—99.
Güstrow. Siehe Neubrandenburg.
Halle. Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften, 4. Folge,
Bd. VIH, 3—6 und 5- Folge. Bd. I. 1—5.
Hannover. Zeitschrift des iVrchitecten - und Ingeniem- - Vereins.
Bd. XXXVI.
— Naturhistor. Gesellschaft. Jahresberichte Bd. 38 u. 39.
Harlem. Ärchives Neerlandaises des sciences etc., Bd. XXIV,
1 — 3.
-r' Ärchives du Musee Teyler, Ser. 2. Bd. III. 4. — Catalog
der Bibliothek, II, Lief. 1—3.
Harrisburg. Pensylvania c/eological stirvey. Annnnl Beport,
1887.
803
Helsingfors. Fennia. Sociefe de Geographie Finlandaise. Bulletin,
1 — 3.
Hermaiinstadt. Siebenbürgischer Verein für Naturwissenschaften.
Verhandlungen. Bd. XXXIX.
Kiel. Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig - Holstein.
Schriften. Bd. VIII, 1.
Klagenfurt. Naturhistorisches Landesmuseum von Kärnten. Jahr-
buch, Bd. XX.
Königsberg i. Pr. Physikal.- ökonomische Gesellschaft. Schriften,
Bd XXX.
Krakau. Akademie der Wissenschaften. Anzeiger, 1889. Oct.-
Dec; 1890, Jan.-Juli..
Lausanne. Soeiete Vaiidoise des scioices naturelles. Bulletin,
No. 100 u. 101.
Leipzig. Verein für Erdkunde. Mittheilungen, 1889.
Liege. Soeiete geologique de Belgique. Annales, Bd. XVII. 1 — 3.
Lille. Soeiete ffeologique du Nord. Annales, Bd. XVI, 6; XVII,
1—6.
Lissabon. Communicagoes da Commissao dos Trahlialos geologicos
du Portugal, Yol. I. 2; II, 1.
London. Geoloyienl society. Quarterly Journal, Bd. XLVI. —
Abstraets of the Proeeedings. No. 546- — 561.
Lund. Acta Universttatis Lunden»is. Lunds Universitats Ars-
Skrift, Bd. XXV.
Lyon. Acad&mie des seieiiees. Memoires, Bd. LVIII u. LIX.
— Soeiete d'agrieulture etc. Annales, ser. 5. Bd. IX u. X;
ser. 6, Bd. I.
Magdeburg. Naturwissenschaftlicher Verein. Jahresbericht 1888,
1889.
Mailand. Societä italiana di scienze naturaU. Atti, Bd. XXXII.
Manchester. Geological society. Transnctions, Bd. XX, 11 — 21.
Maryland. Academie of sciences. Transactions, 1888 — 1890,
S. 1 — 10.
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the secretary for mines, 1890. — The Gold fields of Vic-
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Annual Eepm-t, Bd. XVII. — Bulletin, 1889, 1 u. 5.
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Neubrandenburg. Verein der Freunde der Naturgeschichte in
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l._2. _ Annah, Bd. IV. 12; V, 1 — 3.
Nürnberg. Naturhistorische Gesellschaft. Jahresbericht, 1889.
Paris. Annales de mines, Ser. 8, Bd. XV, 4 — 6; XVI; XVII,
1—4.
— Societe yeologique de France, Ser. 3, Bd. XVII, 7 — 9;
XVIII. 1 — 5.
Passau. Naturhistorischer Verein. Jahresbericht, XV.
Pennsylvania. Second Geological Sitrvey. AA. Atlas Northern
Anthracite field, V; AA. Eastern mtddle Anthracife field,
III; D. 6. South Mountain sheets, C 1 — 4. I) 1 — 5.
Pestli. Kgl. ungarische geologische Anstalt. Jahresbericht, 1888,
(1889). — Mittheilungen aus dem Jahrbuch, Bd. IX, 1.
— Földtany Közlöny. Bd. XIX, 7 — 12; XX, 1—3.
Philadelphia. Acadewy of natural science. Proceedings, 1889,
2—3; 1890, 1.^
— American xjJtilosophical Society. Proceedings, No. 130 bis
133. Transactions, Bd. XVI, 3.
— Wagner Free Institute of Science. Transactions, Bd. II, III.
Pisa. Societä Toscana di scienze naturali. Memorie, X. —
Processi verhali, Bd. VI, S. 255 — 302; VII. S. 1 — 78.
Portland. Society of natural history. Proceedings, 1880 — 81.
9 — 12; 1881—82, 1 — 4, 8 — 11; 1888 — 89, 9.
Prag. K. böhmische Gesellschaft der Wissenschaften. Abhand-
lungen, 7. Folge, Bd. III. — Sitzungsberichte, Bd. LXXXIX,
2; XC, 1. — • Feistmantel: Tasmanien.
Regensburg. Zoologisch -mineralogischer Verein. Berichte. 1888
bis 1889.
Rom. Societä geologica italiana. Bolletino, Bd. VIII, 3.
— Atti della B. accademia dei Lincei Memorie, 4. Ser.,
Bd. V. — Rendironti, Ser. 4. Bd. V. 2. Semester. Heft 5
bis 13; Bd. VI, 1. Semester. Heft 1—12; 2. Semester,
Heft 1—6.
— B. coniitato geologico d'Italia. Bolletino, Bd. XX (1889),
9—12; XXI (1890), 1 — 8.
805
Sacramento. California State Mining Bureau. Annual repart
of the State llineralogist, Bd. IX.
San Francisco. California Aeademy of scienees. Proceeäings,
Ser. 2, Bd. II.
St. Etienne. Soeiefe de l'industrie minerale. Bulletin, Ser. 3,
Bd. III, 4; IV, 1 — 3. — Comptes remlus mensuels, 1889,
Oct.-Dec; 1890, Jan.-Oct.
St. Gallen. Naturwissenschaftl. Gesellschaft. Bericht, 1887 — 88.
St. Paulo. Commissao geographica geotogica da Provincia de
St. Paulo. Boletin, 1—3.
St. Petersburg. Comite geologique. Bulletin, Bd. VIII, 6 — 10;
IX, 1—6. — Memoires, Bd. IX, 1; XI, 1.
— Academie imx)criale des scienees. — • Memoires, Bd. XXX'S^I.
2—13; XXXVm, 1.
Stockholm. Sveriges offentliqa Bibliothek. Accessions - Catalog,
1889.
— Kgl. svenslca vetensJcaps academiens handlingar , Bd. XX,
XXI. — Öf versigt af förhandlingar, 1884 — 1888. —
Bihang IX, 1—2; XI, 1—2; XII, 2—4; XIII, 2 — 4.
— Sveriges geologisTca tmdersöktmig. Afhandlingar och upp-
satser, No. 92 — 111. 113 — 115. — MisceÜana. 1. G.
Löf Strand: Apatiten t Norbottens Länjemfwdt med dess
üppträdande i Norge. 2. TÄste systematique des ^mbli-
cations.
— Geologiska föreningens förhandlingar, Bd. XI, 6 — 7; XII,
1 — 5.
Stuttgart. Verein für vaterländische Naturkunde in Württemberg.
Jahreshefte, Bd. XL VI.
Tokyo. College of science. Imperial university. Journal, Bd. III,
3 — 4.
— Seismological society of Japan. Transactions, Bd. XIV\
Topeka. Kansas Aeademy of scienees. Transactions, X, XI.
Venedig. R. istituto veneto di scienze etc. Atti, Ser. 6, Bd. VII,
3 — 10.
Washington. Smithsonian instittUion. Report, 1886, 2; 1887,
1 — 2. — Contributions, Bd. XXVI. — Bureau of Ethno-
logie. Annual Report, V, VI und folgende Einzelhefte:
1. W. H. Holmes: Textile Fabrics of ancient Peru.
2. J. C. PiLLiNG : Bibliographie of the MusMogean
languages.
3. — Bibliographie of the Iroquoian languages.
4. C. Thomas: The circular, Square and octogonal
Earthworhers of Ohio.
5. — The Problem of the Ohio Mounds.
Zeitschr. d. D. geol. Ges. XL IL L 53
806
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cific Slope, ivith Atlas, hy George F. Becker.
1888. 40.
XIV. Fossil Fishes and Fossil Plants of the Triassic
Hochs of Neiv Yersey and the Connecticut Valley,
hy John S. Newherry. 1888. 4".
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William Morris Fotitaine. 1889. 4^.
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Wien. Akademie der Wissenschaften, Sitzungsberichte der math.-
naturw. Classe, I. Abth., Bd. XCVIU, 1—3. — U. Abth.,
A., Bd., XCVn, 8—10; XCVIII, 1—3; B., Bd. XCATI,
8 — 10; XCVni. 1 — 3. — III. Abth., XCVII, 7 — 10;
XC\TII, 1—4.
— K. k. geolog. Reichsanstalt. Jahrbuch. Bd. XXXIX, 3 — 4;
XL. 1—2. — Verhandlungen. 1889. 4".
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Die Kei-Inseln und ihr Verhältniss zur Australisch- Asiatischen
Grenzlinie, zugleich ein Beitrag zur Geologie von Timor u.
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Blättern Ilmenau und Plane. 8 **. Berlin.
Stapfe (F. M.), An die Direction der König Wilhelms -Felsen-
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1890, IL)
810
Steinmann (G.) und Bücking, Zur Geologie des Cumberlandgolfes.
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Allgemeiner Theil, Bd. II. 6.)
Steinmann (G.) und Graeff (Fr.), Geologischer Führer der Um-
gebung von Freiburg. 8". Freiburg 1890.
Strüver (G.), Sulla hrooJcite di Beura nelV Ossola. 8 ". Ttoma
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Borna 1889. (S.-A. ihid., vol. V, 2 sem.)
— Emaille dl Stromboli 8^. Borna 1889. (S.-A. ibid., Memoria.)
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4^ Boma 1890. (Ibid., ser. i, Vol. YI.)
VoLGER (0.), Leben und Leistungen des Naturforschers Karl
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Krystallschliffen in orientirter Lage 8^'. Leipzig 1890.
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— Ueber eine Vorrichtung zum raschen Wechsel der Beleuch-
tung am Mikroskop. 8**. Stuttgart 1889. (S.-A. Neues
Jahrb. f. Min., 1889, IL)
— Berechnung der chemischen Formel der Turmaline nach den
Analysen von R. B. Riggs.
Fischereitag, Festgabe für die Theilnehmer des III. Fischerei-
tages zu Danzig. 8 ''. Danzig 1890.
Le Natur allste. Beviie üliistree des sciences naturelles, 2. ser..
No. 67.
C. Karten und Kartentexte.
Japan.
Geol. Survey of Japan. Geologische Karte von Japan.
1 : 200000. Bl. Sado. Z. ^Vis- Col. XL
Bl. Yokkaichi. Z. 8. Col. IX.
Geol. Survey of Japan. Ja]ia,nese Islands. 1 : 300000.
1 . Systems of Mountains and Bivers.
2. Geological Map.
Italien.
B. üffieio geologico.
1. Memorie descrittive della carta geologica d'Italia,
Vol. V. Descrizione geol. -min. d. zona argentifera
del Sarrabus (Sardegna) di C. de Castro. 8 ".
Rom 1890.
2. Carta geol-min. del Sarrabus (Sardegna). 1 : 50000.
811
Mexico.
Bosquejo de una Carta geologica de la BepuhUca Mexicana
del Antonio del Casfülo. 1 : 3000000. 1889.
Preussen.
1. Geolog. Specialkarte von Preussen. 1 : 25000. Heraus-
gegeben von der kgl. geol. Landesanstalt. Lief. 33 u. 43.
2. Runge. Flötzkarte des Ruhrkohlenbeckens. 1 : 50000.
Dortmund 1888, in 3 Blättern nebst 1 Bl. Querpro-
tilen und 1 Bl. Längsprofilen von F. Hünnebeck.
Ungarn.
K. ungarische geologische Anstalt.
Geologische Specialkarte der Länder der ungarischen Krone.
1 : 75000.
1. Bl. Zilah, Z. 17. Col. XXVm,
2. Bl. Torda, Z. 19. „ XXIX.
3. Erläuterungen zu Bl. Alparet, Z. 17. Col. XXIX.
Schweden.
Smriges geologisha undersöhning.
1. Ser. Aa. mit Texten:
No. 84. Askersund,
No. 100. Penningby.
No. 103. Bäckaskog.
No. 104. Alunda.
No. 105 — 107. Vidfsköfle samt Skanedelen af Karls-
hamn och Sölvesborg.
2. Prdktisk - Geologisk Karta öfver Farsta och Gustaf s-
herg med Utgardar, Torp och Lagenheter i Stockholms
Län. Upprättad ät 1887 af J. Jönsson. 1 : 10000.
Schweiz.
Materiaux poiir la carte geologique Suisse , Lief. 16.
Berne 1890.
812
I. Namenregister.
hinter den Titeln bedeutet Aufsatz, B. briefliche Mittheilung,
P. Protokoll der mündlichen Verhandlungen.
Seite.
Baltzer, A., Lössähnliche Bildungen im Canton Bern. B. . . 164
Berendt, G. , Erbohrung von mittlerem Lias bei Hermsdorf. P. 865
— Geschrammte Grauwacke von Magdeburg. P. 371
— Noch einmal die Lagerungsverhältnisse in den Kreidefelsen
auf Rügen. B 583
Beushausen, Anodonta-ähnMche Zweischaler von Gräfrath. P. . 171
Blanckenhorn , M. , Das Eocän in Syrien, mit besonderer Be-
rücksichtigung Nord-Syriens (Taf. XVII— XIX). A. . . .. 318
VAN Caxker, f. J. P. , Ueber ein Vorkommen von Kantenge-
schieben und von HyoUthus- und Scolithus - fiandstem in
Holland. B 577
Credner, Hermann, Die Stegocephaleu und Saurier aus dem
Rotliliegenden des Plauen'schen Grundes bei Dresden. IX.
(Taf. IX— XI). Ä 240
— Ueber die Genesis der archäischen Gneissformation. P. . . 602
Dames, W. , Anarosaurus pumilio nov. gen. nov. sp. (Taf. I). A. 74
— Ueber ein Schädelfragment von Cervus euryceros von Rixdorf
bei Berlin. P • 171
— Ueber Geschiebe von cambrischem Sandstein. P . . . . 777
Dathe, Die Discordanz zwischen Culm und Obercarbon bei Salz-
brunn in Schlesien. P. 174
Ebert, Ueber einen neuen Aufschluss in der Steinkohlenfonna-
tion Oberschlesiens. P 178
Felix, J. , Beiträge zur Kenntniss der Gattung Protosphyraena
Leidy (Taf. XII— XIV). A 278
Graeff, Studien am Montblanc -Massiv. P 601
Haase, E. , Beiträge zur Kenntniss der fossilen Arachniden
(Taf. XXX u. XXXI). A 629
HoRNUNG, F., Zur Kenntniss des Gangsystems des Auerberges
im Harz und der Füllung desselben. A 233
Jaekel, 0., Ueber die systematische Stellung und über fossile
Reste der Gattung Piistiophovus (Taf. II — V). A. . . . 86
— Ueber tertiäre Trygoniden. P 365
— Ueber Coccostens. B 773
— Oracanthus Bochumensis n. sp., ein Trachyacanthide des deut-
schen Kohlengebirges (Taf. XXXVII). "^ 753
Jentzsch, Ein neues Vorkommen von Interglacial zu Neudeck
bei Freystadt, Kreis Rosenberg, Westpreussen. P . . . 597
813
Seite.
Jentzsch, Ueber einige Züge in der Oberflächengestaltung West-
preussens. P. 613
VON KcENEN, A. , Ueber Dislocationeii auf Rügen. Ä 58
Kosmann, Ueber die Entstehung und Zusammensetzung der sog.
basischen Salze. P. . . " 787
— Ueber Mineralien aus den niederschlesischen Erzrevieren. P. 794
KuNisCH, H. , Labyrinthodonten-Reste des oberschlesischen Mu-
schelkalks (Taf. XX). Ä 377
Lange, Th., Beiträge zur Kenntniss der Flora des Aachener
Sandes (Taf. XXXII - XXXIV). A 658
Lemberg, J., Zur mikroskopischen Untersuchung einiger Mine-
ralien. Ä 737
LoRETz, Verkieselter Zechsteinkalk von Schwarzburg in Thürin-
gen. P. 870
LossEN, K. A. , Ueber den Dolerit von Rongstock im böhmischen
Mittelgebirge. P. 366
Martin, A., Die phonolithischen Gesteine des Laachersee- Ge-
biets und der Hohen Eifel. A 181
Milch, L., Ueber Hintzeit, ein neues Kalium - Magnesiumborat
von Stassfurt. P. 600
MÜLLER, W. , Kalkspath von Rothenzechau im Kreise Hirsch-
berg in Schlesien. B 771
Naumann, E. , Stegodon Mindanetisis, eine neue Art von Ueber-
gangs-Mastodonten. B 166
OcHSENius, C. , Ueber das Alter einiger Theile der (südameri-
kanischen) Anden. III. (Schluss.) A , . . . 121
Oppehneim, P. , Neue oder wenig gekannte Binnenschnecken
des Neogen im Peloponnes und im südlichen Mittel - Grie-
chenland. P. 588
— Faunistische Mittheilungen aus dem Vicentiner Tertiär. P. 607
^— Die Geologie der Insel Capri, eine Entgegnung an Herrn
J. Walther. B 758
— Das Alter des Ellipsactinien-Kalkes im alpinen Europa. P. 778
Pfaff, P. W. , Ueber Schwankungen in der Intensität der Erd-
anziehung (Taf. XV u. XVI). A 303
— Ein prähistorisches Menschenskelet aus dem fränkischen
Jura. P. 618
Philippson, A., Ueber die Altersfolge der Sedimentformationen
in Griechenland. A 156
Platz, Ph. , Glaciale Bildungen des Schwarzwaldes. P. . . . 595
PocTA, Ph. , Ueber einige Spongien aus dem Cuvieri-Pläner von
Paderborn (Taf VI— VHI). A 217
VON Reinach, Parallelisirung des südlichen Taunus mit den Ar-
dennen und der Bretagne. P. 612
— Ueber den Zusammenhang des Rothliegenden des Saar-Nahe-
Gebiets mit demjenigen der Wetterau. P 777
Remele, Ueber Pentameren aus den auf Oeland zurückzufüh-
renden Geschieben von Macrourus -Ka\k. P. 793
Rinnt: , F., Ueber morphotropische Beziehungen zwischen anor-
ganischen Sauerstoff- und Schwefelverbindungen. A. . . . 63
Rcemer , F., Playioteuthis , eine neue Gattung dibranchiater Ce-
phalopoden aus dem Russischen Jura. B 360
Rothpletz, Quarzporphyre am Mont Chetif und de la Saxe. P. 602
814
Seite.
RoTHPLETZ, A., und SiMONELLi, V., Die marinen Ablagerungen
auf Gran Canaria (Taf. XXXV u. XXXVI). A. . . . . . 677
Salomon, W. , Geologische und petrographische Studien am
Monte Aviölo, im italienischen Antheil der Adaraellogruppe
' (Taf. XXIX). A 450
Sapper, Ueber Erderschütterungen in der Alta Verapaz. B. . 160
Scheibe, Thierfährten und Pflanzenreste aus dem Rothliegenden
von Tambach. P. 365
— ■ Krystalle von Magneteisen von Moriah Mine, N. Y., und
Magnet Cove, Ark. P. 370
SCHENCK, A. , Ueber den Latent und seine Entstehung. P. . . 611
Schneider, A., Ueber zwei durch besondere Textur ausgezeich-
nete Vorkommen von Zinkblende. P. 170
Schreiber, Geschrammte Grauwacke von Magdeburg. P. . . 178
ScHRODT, F., Beiträge zur Kenntniss der Pliocän- Fauna Süd-
Spaniens (Taf. XXI u. XXII). A 386
Siemiradski, J., Ueber eine Endmoräne der ersten Vergietsche-
rung unterhalb Krakau an der Weichsel und über die Natur
der dortigen Ijössbildung. B 756
Stetnmann, Rede zur Eröifnung der 87. Versammlung der Deut-
schen geologischen Gesellschaft zu Freiburg i. Breisgau. P. 593
— Einige Fossilreste aus Griechenland. B 764
VON Strombeck, A. , Ueber den oberen Gault mit Belemnites
minimns bei Gliesmarode unweit Braunschweig A. . . .- 557
Trautschold, H., Ueber Megalopteryx und Pelecyphorns. B. . 575
Vogelsang, K., Beiträge zur Kenntniss der Trachyt- und Basalt-
gesteine der hohen Eitel. A 1
Waiinschaffe , Geschrammte Grauwacke von Magdeburg. P. . 369
Walther, J. , Ueber eine Kohlenkalk-Fauna aus der ägyptisch-
arabischen Wüste (Taf. XXIII— XXVIII). A. . /. . . 419
Zimmermann, Trematodiscus jugatori.odosus n. sp. aus dem un-
teren Keuper von Thüringen. P. 174
— Ammonites (Ptychites) dux Gieb. von Jena. P. 178
815
II. Sachregister.
Aachener Sand, Flora des
Adamellogruppe, Geologien.
Petrographie der . .
Aegaea nov. gen. . . .
Aegy]itisch-arabische Wüste,
Kohlenkalk-Fauna der
Alabandin
Alveolina frumcntiformis
SCHWAG
Ammonites auritus Sow.
— Guersanti d'Orb.
— interruptus Brng. .
— lautus Park. . . .
— Rauliiiianus i/Orb. .
— (Ptychites) dux Gieb.
von Jena
Amnigenia Catskillensis
CONR
Ananchytes orbicularis n. sp.
Anarosaurus pumilio nov.
gen. nov. sp
Andalusit, Neubildung von,
durch Contactmetanior-
phose 489.
Anden , südamerikanische,
Alter der
Anodonta Jukesi Forbes .
Anthracomarti
— Haase
Anthracomartus
Antimonglanz
Antimonnickel
Arachniden, fossile . . .
— der Steinkolilenforma-
tion, Uebersicht der . .
Architarbus
Arthrolycosa
Ascidien , Abstammung der
Aspidorhynchus . . . . .
658
450
592
419
67
338
563
564
559
566
565
178
171
347
74
519
121
171
629
647
645
63
70
629
648
636
983
767
300
Seite.
Auerberg im Harz, Gang-
systern des 233
Augit- bezw. Uralit-Porphy-
rite des Monte Aviolo . 551
Auripigment 65
Aviculopecten aegyptiacus
n. sp 437
Basalte der Hohen Eifel 1. 48
Basische Salze, Entstehung
und Zusammensetzung der 787
Belemnites minimus Lister 558
Bellerophou Antonii n. sp. . 440
— carinatus n. sp. ... 439
Binnenschnecken des Neo-
geu im Peloponnes und
Mittel -Griechenland . . 588
Biotit, Neubildung von, durch
Contactmetamorphose 489. 523
Bournonit von Altenberg . 794
Branconia 793
Braunschweig, oberer Gault
von 557
Cadmiumoxyd 67
Camerospongia Schlüteri n.
sp 225
— sp 226
— subrotunda Mant. sp. . 225
Canaria, die marinen Abla-
gerungen auf Gran . . . 677
Capitosaurus silesiacus n. sp. 377
Capri, Geologie von . 758. 780
Carbon der ägyptisch-arabi-
schen Wüste 419
Cardita aintabensis n. sp. . 354
Cardium acutum n. sp. . . 355
Cervus euryceros von Rix-
dorf 171
816
Seite.
Chenolobia hemisphaerica n.
sp 724
Chonella sp 227
Chromeisensteiu vom Schwar-
zen Berg bei Tampadel . 794
Claudedit 65
Cocardenerz 170
Coccosteus 773
Contact zwischen Diorit und
Quarzphyllit am Monte
Aviolo '. 469
— — Tonalit u. Schiefern
am Monte Aviolo . . . 477
— zwischen Tonalit u. Sedi-
menten am Monte Aviolo 456
Contactgesteine von Rong-
stock im böhmischen Mit-
telgebirge ... . . 367
— des Monte Aviolo 511. 528
, Mineralien der . . 511
Contactglimmerschiefer vom
Monte Aviolo 523
Contactgneisse vom Monte
Aviolo 528
Contactmetamorphose, Neu-
bildung von Mineralien
durch, am Monte Aviolo . 489
Contact- Zonen des Tonalit
vom Monte Aviolo . . . 481
Cordierit vom Monte Aviolo 511
— , Neubildung von, durch
Contactmetamorphole 489. 511
— - Contactfelse des Monte
Aviolo 528
Coscinopora macropora
GOLDF 219
— sp 220
Craticularia plicata n. sp. . 218
Cristellaria Moldenhaueri n.
sp 411
Culm von Salzbrunn in Schle-
sien 174
Culmgrauwacke, geschramm-
te, von Magdeburg 173. 369. 371
Cunninghamites squamosus
Heer 664
Cuvieri-Pläner v. Paderborn,
Spongien aus dem . . . 217
Dewalquea aquisgranensis
Sap. et Mar 671
— insignis Hos 671
Diorit des Monte A\iolo 465
466 469. 546
Seite.
Dislocationen auf Rügen . 58
Discordanz zwischen Culm
und Obercarbon bei Salz-
bruun in Schlesien . . . 174
Discosaurus .... 258. 273
— permianus Credn. . . 258
Dolerit von Rongstock im
böhmischen Mittelgebirge 366
Druckschieferung des Gra-
nits 601
DiTophj'llum cretaceum
Debey 665
Echinolampas aintabensis n.
sp 346
Eifel, hohe, phonolithische
Gesteine der 182
■ Trachyt und Basalt-
gesteine der 1
Einschlussartige Massen im
Andesit des Bocksberges
und am Rengersfeld . 25. 38
Eiskrystalle 70
Ellipsactinia aus Capri . . 780
— aus Griechenland . . 765
Ellipsactinien - Kalk , Alter
des, im alpinen Europa . 778
Endmoräne unterhalb Kra-
kau an der Weichsel . . 756
Eocän in Mittel - Griechen-
land 156
— syrisches . . . 318. 335
Eolycosa 635
Eophrynus 639
Eotarbus 639
Epidot-Amphibolite . . . 535
Erdanziehung , Schwankun-
gen in der Intensität der 303
Erderschütterungeu in der
Alta Yerapaz 160
Erisichthe 296
Eruptivgesteine, porphyrisch
struirte, am Monte Aviolo 504
Ficus gracilis Hos.
669
Gangsystem u. Füllung des-
selben am Auerberg i. Harz 233
Garrucha- Mergel 386. 395. 397
geologisches Alter des 400
— — Tiefenverhältnisse des 397
Garrucha, Pliocän von . . 386
Gault, oberer, von Gliesma-
rode bei Braunschweig 557
817
Seite.
Gedinnien d. südlichen Tau-
nus 612
Geralycosa Fricii Kusta . 634
Geraphrynus G32
Geschiebe, canibrische Sand-
stein- 777
— heterogene, im vicenti-
ner Tertiär 372
Glaciale Bildungen im
Schwarzwald 595
Glacialerscheinungen am
Monte Aviölo 457
— in Polen 758
Glarner Doppelfalte . . . 797
Gletscherschrammung auf d.
Grauwacke von Magde-
burg .... 173. 369. 371
Gliesmarode , oberer Gault
von 557
Globigerinidae 415
Gneisse des Monte Aviölo,
Mineralien der . . . 507
Gneissformation, archäische,
Genesis der 602
Gneissph5'llit des Monte
Aviölo 465. 507
Gran Ganaria, die marinen
Ablagerungen auf . . . 677
Greenockit 67
Griechenland, Altersfolge der
Sedimentformationen in . 150
— Eocän in 156
— Hornstein mit Radiola-
rien aus dem Eocän von . 769
— Neogen von .... 588
— Rudistenkalke von . . 769
Halometra minor Opp. . . 653
Hamites rotundus Sow. . . 568
Harz, Gangsystem d. Auer-
bergs im 233
Hebungen, säculare . . . 148
Heliastraea Livoniani n. sp. 344
Heterostegina assilinoides n.
sp 342
Hintzeit 600
Hippocrepina n. sp. . . . 405
Hornblende - Andesite der
Eifel 10
— -Porphyrite des Monte
Aviölo 550
Hydrobia prisca Neum.,
TJebergänge zu Pyrgula
incisa Fuchs .... 591
Seite.
Hylonomus .... 240. 255
— (Hyloplesion) Geinitzi
Credn 242
Hymettosmarmor, Fossilien
aus 765
Hyolithus-Sandstein in Hol-
land 577
Inoceramus concentricus
Park 569
Interglacial zu Neudeck bei
Freystadt (Westpreussen) 597
Isoraphiuia simplicissima n.
sp 229
Jura, russischer, Plagioteu-
this nov. gen. aus . . . 360
Kalkspath v. Rothenzechau,
Kreis Hirschberg, Schle-
sien 771
Kantengeschiebe in Holland 577
Kohlenkalk der ägyptisch-
arabischen Wüste . . . 419
Kreischeria 642
Kupfererze von Kupferberg . 794
Kupfernickel 69
Laachersee - Gebiet , Basalte
des
— Leucitophyr des . . .
— Phonolith des . . . .
— phonolithische Gesteine
des
Labyi'inthodonten des ober-
schlesischen Muschelkalks
Lagerungsverhältnisse der
Kreide auf Rügen . .
Lariosaurus
Latente, Eintheilung der
— Entstehung der . .
Laurophyllum aquisgranense
n. sp
Leucit- Basalt der Eifel .
Leucit-Basanite der Eifel
Leucitophyr des Laachersee
Gebiets
Leucitophyre , Eintheilung
der niederrheinischen .
— melanitfreie . . .
— Melanit führende . .
— ■ niederi'heinische , Alter
der
Lias, mittlerer, bei Herms
dorf b. Berlin . . .
212
184
206
182
377
588
82
611
610
669
54
55
184
199
200
201
204
365
Seite.
Licmosiiiioii folium Rq;m. sj). 22G
Liugulina alata n. sp. . . 410
Lithothamuiumlager auf
Gran Canaiia .... ü79
Löss, Entstehung desselben 758
Lössähnliche Bildungen im
Canton Bern 16J4
Lüssbildung unterhalb Kra-
kau a. d. Weichsel . . 756
Lucina (Jagonia) actinophora
n. sp 705
Macrochilina aperta n. sp. . 441
Magdeburg , geschrammte
Grauwacke von 173. 369. 371
Magneteisen von Moriah
Mine, N. Y. , und Magnet
Cove, Ark 370
Magnetkies 68
Manganosit 67
Marginella angustiforis n. sp. 718
Marginulina acuminata n. sp. 407
— curvata n. sp 408
— Pecketi u. sp 409
— problematica n. sp. . . 409
— ventricosa n. sp. . . . 408
Megalopteryx nov. gen. . . 575
Melanit in Leucitophyren . 199
Menschenskelet , prähistori-
sches, aus d. fränkischen
Jura 618
Mikrochemische Untersu-
chung einiger Mineralien . 737
des Acadiolith . . 744
— — des Alstonit . 745. 746
des Anglesit . . . 747
des Aragonit . . . 745
— — des Barytocalcit 745. 746
des Bleiglanz ... 748
des Bleivitriol . . 752
des Calcit . . 744. 746
des Cerussit . 746. 752
— — des Chabasit . 741. 744
des Chlorapatit . . 751
des Desmin . . . 743
des Eisenspath . . 749
• des Gelbbleierz . . 747
— — des Harraotom 743. 752
— — des Hauyn .... 739
— des Herschelit . . 744
des Magnetkies . . 750
- — — des Manganspath . 748
des Mimetesit . . 750
• des Natrolith ... 743
Seite.
Mikrochemische Untersuchung
des Phillipsit 748
des Pyrit .... 750
des Pyromorphit 750. 752
des Seebachit . . 744
des Skapolith . . 741
des Sodalith ... 738
— — des Stilbit .... 743
— — des Strontianit . . 745
des Witherit 745. 746. 751
des Zinkspath . . 748
Miliolidae 402
Millerit 69
Mitra Da-Costai nov. nom. . 719
Mitteldevon (?) von Gräfrath 171
Mojadiorit 505. 546
Montblanc-Massiv, Petrogra-
phie des 601
Monte Aviölo (Adamello-
gruppe), geologische und
petrographische Studien
am 450
— — Mineralien vom 507. 511
Morphotropische Beziehun-
gen zwischen anorgani-
schen Sauerstoff- u. Schwe-
felverbindungen .... 62
Muschelkalk , oberschlesi-
scher , Labyrinthodonten
im . . . ' 377
Myricophyllum asplenioides
n. sp 667
— haldemianum Hos. . . 666
Naticopsis desertorum n. sp. 441
Neocom, alpines .... 786
Neogen im Peloponnes und
Mittel-Griechenland. . . 588
Nephelinbasalt der Eifel . 52
Nepheliu-Basauite der Eifel 55
Nephelinit der Hannebacher
Ley 2U
Neubildung von Mineralien
durch Contactmetamor-
phose 489. 511
Nicolia aegyptiaca Ung. . 673
Niederschlesien, Erze von . 794
Nodosaridae 405
Nubischer Sandstein, Alter
des ....... . 446
Nucula pectinata Sow. . . 571
Nummuliten - Kalk im Pelo-
ponnes 151
Nummulites variolaria Lam. sp. 339
819
Seite.
Niiiiiimilitidap 417
Obcrcarbon von Salzbrunn
in Schlesien 174
Oberfiächengestaltung West-
preussens 613
Oberschlesien, Muschelkalk
von, Labyrinthodonten des 377
— Steinkohlenformation von 178
Olivella Chili n. sp. ... 720
Olonos-Kalk 1.51
Oolithe von Gran Canaria . 682
Oracanthus bochumensis n.
sp 753
Orthoklas, Neubildung von,
durch Contactnietaniorphose
489. 522
Ostrea Chili n. sp. , . . 699
Pachypoterion cupulare n.
sp 228
Paderborn , Spongien aus
dem Cuvieri-Pläner von . 217
Pecten Livoniani n. sp. . . 351
— quinquepartitus n. sji. . 352
Pelecopteridae 302
Pelecopterus 301
Pelecyphorus nov. gen. . . 570
Pcloponnes , Nummuliten-
Kalke des 151
— Olonos-Kalk des . . . 151
— Pylos-Kalk des . . . 151
— Triplozita-Kalk des . . 151
Pelosina apiculata n. sp. . 402
Peutameren, neue, aus Ma-
crourus-Kalk 793
Peristernia atlantica n. sp. . 717
Petrobates .... 240. 255
— truncatus Credn. . . 247
Pflanzen, fossile, aus dem
Aachener Sande .... 658
Phalangiotarbus .... 638
Phonolith der Eifel (Seiberg) 47
— vom Seiberge b. Adenau 206
Phyllite, echte, vom Monte
Aviölo 534
Phyllit - Gnoisse vom Monte
Aviölo 534
Phyllites sinuatus n. sp. . . 671
Phymatella sp 230
Plagioklasbasalt der Eifel . 49
Plagioteuthis Moscoviensis
nov. gen. nov. sp. . . . 360
Plauen"scher Grund, Stego-
cephalen und Saurier aus
dem Rothliegenden des . 240
Pliocänfauna Südspaniens . 386
Plocoscyphia arborescens n.
sp 224
— cavernosa Rcem. sp. . 223
— labyrinthica Mant. . . 224
— pertusa Gein 224
— prostrata n. sp. . . . 223
— reticulata Hinde . . . 223
— sp 225
Poliocheridae 631
Polystomella iberica n. sp. . 417
Porites interminata n. sp. . 348
Porphyrisch struirte Eruptiv-
gesteine am Monte Aviölo 504
548
Pristiophorus (Sclerorhyu-
chus) atavus Sm. Woodw. 117
— ensifer Davis sp. . . 118
— suevicus n. sp. ... 116
— systematische Stellung
und fossile Reste der Gat-
tung 86
Productus semireticulatus
Mart 433
Protogin und Porphyr des
Montblanc 601
Protokoll einer gemeinsamen
Begehung des Gebietes der
Glarner Doppelfalte unter
der Leitung von A. Heim 797
Protokolle der 37. Versamm-
lung zu Freiburg i. Breis-
gau 593
Protosphyraena Leidy, Bei-
träge zur Kenntniss der
Gattung ...... 278
M. Pulli b. Valdagno, Lignite
des . 608
Pyloskalk 151
Quarz, Neubildung von, durch
Contactmetamorphose 489. 521
Quarzite von Monte Aviölo . 534
Quarz - Glimmer - Poii^hyrite
des Monte Aviölo . . . 548
Quarzphyllit des Monte Aviölo 465
466. 528. 534
Quarzphyllit - Complex des
Monte Aviölo, Mineralien
des 528
820
Seite.
Quarzphyllit - Complex des
Monte Aviölo , metamor-
pMsche Gesteine des . . 535
— — Mineralien des . . 535
Racovnicia 634
Rechnungsabschluss für das
Jahr 1889 622
Ronca-Tuff 607
Rongstock, Eruptiv- u. Con-
tactgesteine von .... 367
Rotalidae 416
RotMiegendes des Plauen-
schen Grundes, Stegoce-
phalen u. Saurier aus dem 240
— von Tambach , Thier-
fährten und Pflanzenreste
aus 364
— der Wetterau und des
Saar -Nahe -Gebietes . . 775
Rothpletzia rudista nov. gen.
n. sp 711
Rudisten im Tertiär . . . 767
Rügen, Dislocationen auf . 58
— Lagerungsverhältnisse
der Kreide auf .... 583
Saui'ocephalus lanciformis
Harl 299
Schistite vom Monte Aviolo 535
Schlesien, Culm und Ober-
carbon von 174
Schwarzwald, Glacialbildun-
gen im 595
Scolithus - Sandstein , Alter
des 778
in Holland .... 577
Scudderia carbonaria Kusta 636
Senon, unteres, von Aachen,
Flora des ...... 658
Sequoia Reichenbachi Gein.
sp 660
Septarienbildung durch Ver-
steinerungen 435
Spanien, Süd-, Pliocänfauna
von 386
Sphenotrochus pharetra n.
sp 695
Spirigera ambigua Sow. 430
Spongien aus dem Cuvieri-
Pläner von Paderborn 217
Stachella striata n. sp. . . 440
Stegocephalen und Saurier
Seite.
aus dem Rothliegenden d.
Plauen'schen Grundes bei
Dresden. IX. .... . 240
Stegodon nündanensis n. sp. 166
Steppenmergel u. -kalk auf
Gran Canaria .... 687
Sternarthron 655
Syrien, Eocän von . . . 318
Taunus, ältere Gesteine des
südlichen 612
— Gediunien des südl. . 612
Terrassen auf Gran Canaria 678
681
Tertiär des Vicentino, fau-
nistische Mittheilungen aus
dem 607
— vicentinei', heterope Ge-
schiebe in den Tuffen des 372
Tetrapterus minor Ag. . . 299
Textilai'ia sphaerica n. sp. . 403
Thecosiphonia grandis R(em.
sp 230
Tithon auf Capri . . 7G0. 780
Tonalit des Monte Aviolo 465
477. 542
Trachyacanthiden im west-
fälischen Kohleugebirge . 753
Trachyte der Hohen Eifel . 1
Triplozita-Kalk 151
Trivia canariensis n. sp. . 715
Trochocyathus cuculliformis
n. sp 695
Trygoniden, tertiäre . . . 365
Trygon thalassia fossilis
Jaek 365
Tuffe, basaltische des Vi-
centiner Tertiärs . . . 372
Turritella vittata Lam. . . 356
Vaginulina striatissima nov.
sp 412
Valentinit 63
Ventriculites angustatus
RcEM 221
— infundibuliformis
WoODW 221
— multicostatus Rcem. . . 221
— radiatus Mant. . . . 220
— sp 222
— spissorugatus n. sp. . 221
Verruculina sp 227
Weichselthal, Bildung des
Wirbelsäule der Selachier
612
111
821
Seite.
Wismuthoxyd 64
Wismuthglanz 64
Wiirtzit 66
Xiphias Dixoni Leidy . . 298
Zechsteinkalk , verkieselter,
Seite.
von Schwarzburg, Thürin-
gen 370
Zinkblende von Bensberg 170
— von Musen ..... 170
Zinkit 68
Zinkoxyd 66
Druckfehler- Verzeichniss
für Band XLI.
S. 686 letzte Zeilen muss stehen 176 M. 90 Pf. statt 176 M. — Pf.
S. 587 am Schluss : 3273 M. 22 Pf. statt 3237 M. 22 Pf.
S. 591 Zeile: b. Kupfertafeln, Lithographien etc. = 2636 M. 16 Pf.
statt 1636 M. 16 Pf.
Für Band XLII.
Zusatz zu S. 143 Z. 11 v. o. beweise" — könnten vielleicht An-
hänger des unregelmässigen Geoids gegenüber denen des regelmässigen
(Erd-) Ellipsoids sagen. Ein solcher
S. 171, Z. 11 v. 0. lies: .,Vanuxem" statt Conrad.
Taf. XXI, Figur 2 ist etwas verzeichnet; so gehört die Palpe auf
die andere »Seite.
S. 433, Z. 3 v. 0. lies: „De Koninck" statt De Koningk.
S. 433, Z. 5 V. u. lies: „ „
S. 435, Z. 3 V. 0. lies: „ „
S. 436, Z. 5 V. u. lies: „ „
S. 437, Z. 17 V. 0. lies: „ „
S. 439, Z. 8 V. 0. lies:
Dmck von J. F. Starclce in Berlin.
Erklärnug- der Tafel I.
Anarosaurus pumilio Dames aus dem Muschelkalk von Remkers-
leben unweit Magdeburg, Platte und Gegenplatte in natürlicher Grösse.
Das Original befindet sich in der Sammlung des geologisch-paläon-
tologischen Instituts der Kg). Univorsitiit zu Göttingen.
/ "^IZ
YORK.
■„--.,;.-.,-»'^^
v^ -'-'
Sä„MeiJl'^'«J*ifeK
I
Erklärung der Tafel II.
Figur 1. Sderorhynchus atavus Sm. Woodw. Das Rostrum mit
den Zähnen der Säge und der vordere Theil des Schädels mit den
Nasenkapsehi (Na). Obere Kreide von Sahel Alma, Libanon. In na-
türlicher Grösse. (Copie nach Smith Woodward.)
Figur 2. Pristiophorus cirratus IuATR. Schliff durch einen Zahn
des Oberkiefers. Die Ebene des Schliffes geht durch die Höhen- und
Längenaxe des Zahnes. Die Spitze ist nach unten gerichtet. Die
Höhlung des Zahnkeimes ist schwarz gezeichnet. Bei a sieht man die
Störung der Dentinröhrchen beim Eintritt in den Placoinschraelz.
Figur 3. Querschnitt (durch Höhen- und Queraxe) durch einen
Zahn derselben Art. Die Spitze ist nach unten gerichtet, a bedeutet
die Aussenseite, c die Innenseite des Kiefers. Die Höhlung des Zahn-
keimes ist schwarz gezeichnet; die Dentinröhrchen sind nicht wieder-
gegeben.
Figur 4. Längsschliff durch einen grossen und einen kleinen
Rostralzahn derselben Art. Bei a sieht man die unteren Grenzen der
mit Placoinschraelz bedeckten Krone, der darunter liegende Theil ist
als Wurzel aufzufassen. Dieselbe wird von der inkrustirten Haut des
Rostrums umschlossen, welche bei b im Querschnitt getroffen ist.
Das Original zu Taf II, Fig. 1 befindet sich im British Museum
(Nat. Hist.), die übrigen Präparate und Exemplare dieser und der
übrigen Tafeln in meiner Privatsammlung.
Zeitsclir. (l.DeutscK.g'eol.Ges.l890.
Tafel n.
O.J aekel del.
Berliner lilhogr.lnstitut.
- NEW YORK.
Erklärung- der Tafel III.
Figur 1. Pristiophorns suevicus n. sp. Rostralzahn im Längs-
schliff. Vergrösserung 20 : ] . Miocäne Molasse von Baltringen in
Ober- Schwaben.
Figur 2. Dieselbe Art in fünffacher Vergrösserung.
Fig. 2 a von oben,
Fig. 2 b von vorn gesehen. Ebendaher.
Figur 3. Pristiophvriis emifer Davis sp. Aus alttertiären
Schichten von Neu-Seeland.
Fig. 3 a von oben.
Fig. 3 b von vorn gesehen in doppelter Grösse.
Fig. 3 c die Wurzel von der Unterseite in 6facher Grösse.
Figur 4. Dieselbe Art im Längsschliff 8mal vesgrössert, eben-
daher.
ZeitscKr. d-Deutsckaeolfres. 1890.
Tafel ni.
1.
k.
A
39.
« f]
0. Jaekel del.
B erlmer lithogr. Ir stitut.
Erklärung der Tafel IV.
Figur 1. Fristiophorus suevicus n. sp. Das obere Ende des
Mittelkanals mit den ausstrahlenden Dentinröhrchen aus dem Taf. III,
Fig.] abgebildeten Präparat in ca. 200facher Vergrösserung. Miocäne
Molasse von Baltringen in Ober-Schwaben.
Figur 2. Scymnus triarnjulus Probst. Das obere Ende eines
Unterieferzahnes im Längsschnitt bei circa öOfacher Vergrösserung.
Miocäne Molasse von Baltringen in Ober- Schwaben.
Bei beiden Bildern sieht man in gleicher Weise die Störungen
und Ausbuchtungen der Dentinröhrchen bei ihrem Eintritt in den
Placoinschmelz.
Zeitschr. d.DeulscK.ceol.Ges. 1890.
Tafel W.
OJaekel del
B erliner litKo^r InstttiLt
Erkläriine: der Tafel V.
Pfistiophorus suevicus n. sj). Ein Stück aus dem Taf. III, Fig. 1
abgebildeten Präparat in circa HoOtacher Vergrösserung. Links unten
sieht man ein Stück des Mittelkanals (m), von welchem die Dentin-
röhrchen (d) nach rechts oben ausgehen. Bei x und bei y finden
abnorme (?) Anastomosen dieser Dentinröhrchen statt. Der Mittel-
kanal und die unteren Theile der Dentinröhrchen sind von einer hell
durchscheinenden Zone, den HAVERS'schen Lamellen, (z) umgeben. In
der Höhe zwischen a — ^ a treten die Dentinröhrchen in den Placoin-
schmelz ein und bilden gelbe Hohlräume (h). Die von ihnen ausge-
henden feinsten Röhrchen (r) sind in Wirklichkeit noch feiner als sie
hier wiedergegeben werden konnten. Bei o sieht man die Oberfläche
des Rostral Zahnes. Die schwarzen unregelmässigen Gänge (f) sind die
Bohrgänge von Fadenpilzen (MtjceUtes ossifnujas Roux).
Zeitschr. iDeutscli-geol.Ges. 1890.
r y y -X I ///:<^.
Tafel V.
O.Jaekel del
Erklärung- der Tafel VI.
Figur 1. Isoraph'tniu simplicissima n. sp.
Fi<i-. la in natürlicher Grösse;
Fig. Ib das Skelet 24 mal vergrössert.
Figur 2. Crdticuhirla plicata n. sp.
Fig. 2 a negativer Abdruck eines kleinen Exemplars in na-
türlicher Grösse;
Fig. 2 b eine kleine Partie des Skeletes in 24facher Ver-
grösserung.
Figur 8. ? IHocoscyphia reticidata Hinde.
Fig. 3a Partie der grossen inneren Laternennadeln, 24 mal
vergrössert;
Fig. 3 b Partie des äusseren Gewebes, 24 mal vergr.
Zeilsohr. d. Deutsch geol. Ges. 1800
Taf . V
Pocta aez.V;
Druck v.A.Renaud.
Erklärung- der Tafel YII.
Figur 1. Pachypoterion cupulare n. sp. In natürlicher Grösse.
Fig. la Skeletkörperchen, 6 mal vergrössert.
Figur 2. Skelet von Cratmdaria plicata n. sp., Gnial vergr.
Fig. 2 a zwei Ostien;
Fig. 2 b eine Partie des von secundärer Kieselerde um-
hüllten Skeletes.
Figur 3. Ventriculites sp. 24 mal vergrössert.
Fig. 3a eine Partie von der Oberfläche;
Fig. 3b und c Bruchstücke von Laternennadeln;
Fig. 3d und e Bruchstücke des festen Gewebes mit un-
durchbohrten Kreuzungsknochen.
Zeilsclii- il Dciitsfii 9P0I Gcs 18.00
Taf \^
i'octa gez. V. Putz ]i;b.
Renaud.
Erklärung der Tafel VII.
Figur 1. Pacliypoterlon cupulare n. sp. In natürlicher Grösse.
Fig. la Skeletkörperchen, 6 mal vergrössert.
Figur 2. Skelet von Craticnlaria j^licata n. sp., Gmal vergr.
Fig. 2 a zwei Ostien;
Fig. 2b eine Partie des von secandärer Kieselerde um-
hüllten Skeletes.
Figur 3. Ventricidites sp. 24 mal vergrössert.
Fig. 3 a eine Partie von der Obei-fläche;
Fig. 3b und c Bruchstücke von Laternennadeln;
Fig. 3d und e Bruchstücke des festen Gewebes mit un-
durchbohrten Kreuzungsknochen.
/cUsclir d Dc'ulsch.cjeol Ges. 1890.
Taf. V:
Pocta gez. W Pütz iiA
Erkläruli? der Tafel VIII.
Fio;ur 1. Camerosiponyia Schläteri n. sp., in natürlicher Grösse;
Fig. la von oben;
Fig. Ib von der Seite.
Figur 2. Theeosiphonia (jrandi-'i Rcem. sp. Partie dos Skeletes
in 24facher Vergrösserung.
Figur 3. Plocoscyphia arhoreseens n. sp. In natürl. Grösse.
Figur 4. Ve)itriculües ^1. Das Skelet eines Stengels, 24 mal
vergrössert.
Figur .5. ? Ventriculites s2)i.s.soru(jatHS n. sp. Eine Partie des ne-
gativen Abdruckes in ^s der iiatürl. Grösse.
Zeiisi'lii. (I Df'iilscl:. (icol r.rs l()!)0
Taf VH[
Pocta qez W Pütz lith
Druck v A. Kenaud.
Erklärung" der bei den Abbildung-eii auf Tafel IX bis XI zur
Aiiwenduiig- g-elaiig-teii Buchstaben - Bezeichnunsen.
Schädel:
p — Paiietalia;
/■ = Frontalia ;
n r= Nasalia;
pf = Praefrontalia;
im = Intermaxillai'ia;
sq = Öquamosa;
fp =: Postfrontalia;
po = Postorbitalia;
qj = Quadratojugalia ;
j = Jugalia;
m = Maxiilaria suporiora;
0 — Orbitae;
ro = bezaliDte Gaumenknnolion:
Dii = Maxiilaria inferiora,
[ar = Articulare, — an =
Angulare, — d = Den-
tale).
Wirbelsäule:
ch = Chorda;
V = Wirbelceutruni;
jd = Pleuroccntra;
ic = Intercentra;
h z= Hypapophyseii = untere
Bogen;
I) = Neuralbogen (= obere
Bogen ;
z = vordere Gelenkfortsätze ;
zp = hintere Gelenkfortsätze;
p.s. = Processus spinosus;
ce = Halsrippen;
c = Kumpfrippen {ca = Capi-
pitulum, — ^ -— Tnbor-
culum) ;
CS = Sacralrippen;
cc = Caudalrippen ;
B r u s t g ü r t e 1 :
c/> = Episternum;
cl = Claviculae;
sc =: sog. Scapulae, richtiger
Coracoidea ;
s := Sternal- Pflaster.
Beckengürtel:
i = Uea;
is = Ischia;
p = Pubica.
Extremitäten:
h = Humerus;
r.n. = Kadius und Tjlna;
c = Carpalia;
m = Metacarpalia;
/" = Femur ;
ti.fi. = Tibia und Fibula;
t = Tarsalia;
nit = Metatarsalia ;
2)h = Phalangen.
Abdominalskelet:
ah = abdominale Ossificationen.
Bauchpanzor:
.so = Schuppen;
(/" = Fadenscliicht, — « =
Notzschiclit, — .V = solide
Schicht).
Erklärung- der Tafel IX.
Hylonomus Gelnitzl Cred.
P'igur 1 und 2 in Sfacher Vergrösserung.
Figur 8, 4, 5 und 6 in 'Jfacher Yorgi'össerung.
Figur 7. Schuppen des Bauchpanzers in Tifacher Yergrutserung.
Figur S. Runipfripiten mit ('ai)ituluni und Tuberruluni in .'ifacher
Vergrösserung.
Figur 9. Das Episternuni und das Sternalpflaster (.s) des in
Fig. 6 dargestellten Exemplars in öfacher Vergrösserung.
Figur 1(1. Partie dieses mosaikai'tigen Sternalpflasters in rifadur
Vergrösserung.
Figur 11. Becken, Hinterextremita ten und die ersten Ixrijiptfn
Schwanzwirbel in 2facher Vergrösserung.
Zeits
Taf.IX.
Li&, Anst.v, E. A.Fimke , Leipzig.
'
XiMjstjii-. il.DeiitKdi.Hful.üfsellsi'li. I!i90.
Taf.K,
Hvldiiiiimis (ii'iiiitzi l'KKD.
Erklärung der Tafel X.
Figur 1 bis 7. Petrobates truncatus Cred.
Fig. 1, 2, 3 und 6 in 2 maliger A^ergrösserung.
Fig. 4. Längs gespaltene Caudalwirbel aus der Mitte des
Schwanzes des in Fig. 2 dargestellten Exemplars. In
den Wirbelhülsen der Theil eines Steinkernes der
Chorda (cA), — das Neuralrohr durch einen Cylindev
von Kalkspath (n) ausgefüllt. In lOmaliger Ver[:r.
Fig. 5. Die 4 letzten überlieferten Schwanzwirbel des in
Fig. 2 dargestellten Exemplars, davon 2 im Längs-
bruch mit einem quer liegenden unteren Bogen (74), —
2 im Querbruche. In lOmaliger Vergrösserung.
Fig. 7. Fünf Kumpfrippen des in Fig. 6 dargestellten Exem-
plars nebst den unter ihnen liegenden abdominalen Ossi-
ficationssträhnen. In lOmaliger Vei'grösserung.
Figur 8 bis 10. Discosaurus permianus Cred.
Fig. 8. Hintere Hälfte der rhachitomen Rurapfwirbelsäule
nebst den proximal gegabelten Rippen, — das fast
vollständige Becken, — mehr oder weniger vollständig
erhaltene Scheibenschuppen des Bauchpanzers. In 8-
maliger Vergrösserung.
Fig. 'J. Gruppe von Scheibenschuppeu zwischen 2 Kippen.
In 12 maliger Vergrösserung
Fig. 10. Zwei Wirbel der in Fig. 8 dargestellten Eumj)!-
wirbelsäule. In nmaliger Vergrösserung.
Zeit s dir.
Taf. X.
Lith.Aiixt.Y 1. A.TuiiVe, leipriff.
zcitsdir. a jtoiUsHi. j|Poi.(;p.spn.siii. i8»o.
N>S
Fuj.C.
TicjS.
\
^fc^
'; J
i ll.lmlm.|u.Ki;i/,i)lil.
Fiif. 1-7. Pptrobati's Inim .-.Ins CliKD. Ki|. (1-10. Di.>cci)s:nil'us iicniliniuLS ('RED
l.ilhj\iis1,v E X Fuiilc, Lciproj
Erkläruiiß- dor Tafel XT.
Disvo.sciu ru.'< /)(' r Uli (I II IIS CitED.
l''igiir 1. Vnllstäiidifrcs Kx('iii|il;ir in 'iiiialijicr ^'^■l•gri)ssol■ullf;•.
Figur 2. Vier Rippen der voidcrcii üuinpftiälfte desselben in
ö faclier Yergrösserung-.
Figur H. Die Rippen der hinteren Runipfliälfte, i)roxiinal in Ca-
Itituluni und Tuberculum gegabelt, — die zugehörigen oberen Bogen
mit vorderem und hinterem Gelenkfortsatz (>^ und zp) , sowie mit dem
Processus spinosus, — unter dem ersten Bogen ein Pleurocentruni
und ein Interoentrum. In öfaciier Vergrösserung.
Figur 4. Scheibenschujjpen des Bauchpanzers (von der. Unterseite
des Schwanzes) in l'2facher Vergrösserung.
Figur 5. Zusammensetzung der die Reifen der Scheibenschuppen
bildenden Theilstückchen ; /' = unterste, Fadenschicht, — n = mitt-
lere, Netzschiclit, y = oberste, solide Kalklamelle. In etwa loo-
fa eher Vergrösserung.
Figur (i. AVeniger vollständiges Fxemjilar: Schädel, Wirbelsäule,
Brustgürtel, rechte Vorderextremität, rechte Sacralrii)])(>. Nach Platte
und (iegenplatte. Die 8 zart conturirten Wirbel der mittleren Rumpf-
region nach den übrigen Wirbeln reconstruirt. In 2fachcr Vergrösserung.
Figur 7. Die 2 letzten praesacralen Wirbel und eine Sacralrippe.
Die beiden symmetrischen Hälften des oberen Bogens und des Pro-
cessus spinosus sind gegen einander versclioben. Unter denselben die
Pleurocmtiä und Inteicentra. In öfacher Vergnisserunff.
Taf.Xl.
ilM-lir. (1. 1)culsrl[.i)pul. Gi-sellsrli. 1800.
i-.11.l'nvlnpi'».r.Kl«i>li
Disi-osaiinis permianus ("RED.
Erklärung der Tafel XII.
Figur ]. Protosphyraena nitida CovE, 's,^. Fragment des Maxillare,
zeigt den Ersatz der Zähne in abwechselnder Folge. Trego County,
Kansas.
Figur 2. Desgl. In einigen Alveolen sind bereits die jungen
Ersatzzähue sichtbar. Ebendaher.
Fig. 2 a. Eine vergrösserte Partie von Fig. 2, um die
äussere Zähnchenreihe zu verdeutlichen.
Figur 3. Frotnspliyraena nitida Cope sp. Nahezu comjjleter
Schädel. Ebendaher.
AO = Anteorbitale,
CUi/ = Ceratohyale,
n = Dentale,
Eth = Ethmoidale,
Fr — Frontale,
GHij — Glossohyale,
HHy — Hypohyale,
L = Lacrymale,
Mx = Maxillare,
iV = Nasenöffnung,
I'D = Praedentale,
BBr =z Radii branchiostegi,
SbO = Suborbitalia,
Spl = Spleniale,
UHi/ = Urohyale.
Die Original -Exemplare zu sännutlichen Figuren betinden sich in
der Sammlung des Verfassers.
I
(
Zeitschr d D
Taf.Xn.
-RBp.
C .Krap f , Mimc}iea,lit!i
C. Leykura,impr
Zeilschr d Deutsch geol Gcs 189U
Taf Xli .
C Krapf,Mimchen,lith ti i K
Erklärung der Tafel XIII.
Figur 1. Protosphyraena nitida Cope sp. Derselbe Schädel wie
Taf. XII, Fig. 3, von der anderen Seite gesehen.
Ang = Angulare,
Br — Kiemenbogen,
D — Dentale,
Eth — Ethmoidale,
Eth. l. — Ethmoidale laterale,
Fr = P'rontale,
HM — Hyoniandibulare (oder Squamosum),
L = Lacrymale,
Mx = Maxillare,
0 -- Orbita,
OjyO =i Opisthoticuni,
Pa — Parietale,
PB = Praedentale,
PMx = Praemaxillare,
Ps2}h = Praesphenoid,
Pt = Pterygoid,
Spl. j). = Spleniale posterius.
Figur 2a. Desgl. Querschliff durch das Taf. XIV, ¥ig. 5 ab-
gebildete Rostruni.
Figur 2 b. Desgl. Stärker vergrössert.
Zeitsclir.d.D
Taf.Xni.
C.K-ajf.MüaA
C.IeyTcuKijimpr.
Zeitschr d Deutsch geol Ges 1890
C Leyltum,ünpr
Erkläiang- der Tafel XIV.
Figur 1. Prutosphi/raena pcnetrans Cope sp. Rostrum. Trego
County, Kansas.
Fig. 1 a. Dasselbe Exemplar von der Unterseite gesehen.
psplt = Parasphenoid,
infr — Praefrontale,
ro = Vonier.
Figur 2. Protosphijruenn nitida Cope sp. Vorderes linkes Sple-
niale.
Figur 3. Desgl. Der abpräparirte vorderste Theil des linken
Unterkieferastes des auf Taf. XII, Fig. 3 dargestellten Schädels, von
innen gesehen, um die Grenze zwischen Spleniale und Dentale zu
zeigen.
d = Dentale,
spl z=. Spleniale.
Figur 4. Desgl. Querschnitt durch einen Fangzahn.
Figur 5. Desgl. Fragment des zu dem Taf. XII, Fig. 3 abge-
bildeten Schädel gehörigen Rostrum.
Figur 6. Desgl. Isolirtes Praedentale.
Figur 7. Desgl. Vertical schliff durch das Ektopterygoid.
Die Original -Exemplare zu sämmtlichen Figuren befinden sich in
der Sammlung des Verfassers.
Zeitschr. d Deutsc
Taf.Xir.
C.Kmpf,MüTicKeii,lith.iil
Zeitschp. d. Dßufsch. geol. Ges.
Tafel XV.
^.SfxjgAel
3C. ^factf) Mx^.
Zeit seh
TafelXVL
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bis 23. Januar 1890
WTPfaff.
p, Geobcuvmeter.
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jg.j lesxLiigen c
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ZZi; et durcli F
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Berlmei- li<>. = |r In
ati'MX
ichr d Deutsch fieol Ges 1890
Erklärungr der Tafel XVII.
Fio'ur 1. Opcrcidinu sp. Von Tab nordwestlicli 'Ainti'ib in Nord-
Syrien.
Figur 2 — 3. OperculauL sp. Oestlich 'Aintäb.
Fig. 3, viermal vergrössert.
Figur 4 — 6. Heterosteyina assiUnoides Bi,a.kck. Oestlich 'Aintäb.
Fig. 4 b ein Theil von Fig. 4 a viermal vergrössert.
Fig. 5 fünfmal vergrössest.
Fig. 6 dreimal vergrössert.
Figur 7 — 8. Heliastraea Lirnnimii Blanok. Nordwestl. 'Aintäb.
Dünnsclüiif in natürl. Grösse.
Fig. 7. Querschnitt.
Fig. 8. Längsschnitt, drei Zellen (z) durchschneidend, ohne
deren Axe zu berühren.
Figur !). Solcna.stracd S}). Von 'Arablar nordwestlich 'Aintäb.
Querschliff '/2 mal vergrössert.
P'igur 10. Stylophora cf. Dameai Felix. Aus dem Hornstein im
Süden von 'Aintäb.
Fig. 10b, ein Theil vergrössert.
Figur 11. Thracid Bellardi May. Tab nordwestlich 'Aintäb.
Die Originale zu den Abbildungen der Tafel XYII — XIX befinden
sich in der Privatsammluna- des Verfassers.
Zeitschr. d. Deutsch, ^eol Ges. 1890.
Taf.X\qi.
(T-)
.'(-f)
)(f)
itf-)
Autor gez. M.Pütz lith.
Druck v.A.Renaud
Erklärung der Tafel XVIII.
Figur 1. Echlnolampas aintnbensis Blanck. Bei 'Aintäb in
Nord- Syrien.
Fig. 1 a. Umrisslinie der 01)erseite.
Fig. 1 b. Desgl. der Seitenansicht.
P'igur 2. Edunolampas sp. alf. Siiessi Laube. Bei 'Aintäb.
Fig. 2a. Oberseite.
Fig. 2 b. Umrisslinie der Seitenansicht.
Figur 3. Schizaster cf. rimosus Ag. A'on 'Aintäb.
Fig. 3 a. Unterseite.
Fig. 3b. U^mrisslinie der Seitenansicht.
Figur 4. Schizaster sp. cf. foreatus Ad. Steinkern aus der Um-
gegend von 'Aintäb.
Fig. 4 a. Oberseite.
Fig. 4 b. Umrisslinie der Seitenansicht.
Figur 5. Schizaster? sp. Von 'Aintäb.
P'ig. .öa. Oberseite^).
Fig. 5 b. Umrisslinie der Seitenansicht.
Figur 6. Ditremaster sp. Steinkern aus der Umgegend von
'Aintäb. Oberseite.
') Die Warzen sind bei diesem Seeigel in Wirklichkeit viel feiner
und relativ zahlreicher, als es die Zeichnung Fig. .öa erkennen lässt,
besonders zwischen den Ambnlacralfurchen, wo sie formlich punkt-
förmig und dicht gedrängt erscheinen.
Auch in Fig. 2 a müssteii die Warzen dem Original entsprechend
noch ein wenig kleiner und zahlreicher sein.
Zeitschr. il. Deutsch. ;^eoI.C7es.
Zr.lschr rl DpMlsrl, -,.„l (,ps l«.t)0
Erklärung der Tafel XIX.
Figur 1. Pecten Livoniani Blanck. Aus dem Boden der Stadt
'Aintäb in Nord -Syrien.
Fig 1 a. Rechte Schale.
Fig. 1 b. Linke Schale.
Figur 2 — 8. Pecten (nunquepartitus Blanck. Von Tab im Nord-
westen von 'Aintäb. Abgüsse von Abdrücken.
Fig. 2a. Linke Schale, bei Fig. 2b vergrössert.
Pig. 3. I^ragment eines grösseren Exemplars.
Figur 4^7. Cardita amtabensis Blanck. Kieselkalk im Süden
von 'Aintäb. Abgüsse von Schalenabdrücken.
Fig. 5 — 7. Bruchstücke.
Fig. 4') und 5. Rechte Schale.
Fig. 6 und 7. P'ragmente der linken Schale.
Figur 8 — 10. Crassatella comjiressa Lam. Kieselkalk südlich
'Aintäb. Abgüsse von Schalenabdrücken.
Fig. 8. Rechte Schale.
Fig. 9 — 10. Linke Schale, auf Fig. 10 zusammen mit Tur-
ritella imhricaturia Lam.
Figur 11. Cardium acutum Blanck. Ebendaher. Abgüsse von
Schaleuabdrücken.
Fig. IIa. Linke Schale, zerbrochen, in natürl. Grösse.
Fig. IIb. Oberfläche derselben vergrössert.
^) In der Zeichnung P"ig. 4 ist der Hinterrand links oben etwas
mehr hinaus gerückt zu denken, sodass die beiden obersten Rippen
etwas länger erscheinen. Auch tritt die breite, tiefe Furche der Hin-
terseite nicht genügend hervor. Die zwei noch darüber befindlichen
hintersten Rippen liegen wie bei Fig. 5 dichter zusammen; die tiefere
derselben ist hinaufzurücken. Die nächste darunter befindliche Rippe
ist niedrig und schmal und schliesst sich enger an die folgende brei-
tere, welche zum Hintereck verläuft.
/pitsrhr, J Deutsch, urol Gcs l8f)0
TafXIX
*it^faiS^j^_^;^^m^,
Hl^^C'^
Erklärung- der Tafel XX.
Figur 1. Linko Hälfte äer Schädeldecke von Capitosaurtis Sile-
siaeus Kiinisch im Abdruck. ' '2 natürliche Grösse. Fundort Go-
golin.
Figur 2. Stück der Schädeldecke von der Unterseite in natür-
licher Grösse.
Zeitschr. d. Deutsch. §eol.Ges 1890 .
Taf.XX.
Äfe-
Ju
Pr.r.
X S.Temp \
^ Pt Ort / ^" -
/
--^.„^ / Sq.
A jptF,. ''
-J
*^-...|
\
^>-'
E-Ohmann qez. u.lita.
Druck V A.Renand .
Erklärung- der Tafel XXI.
Foramiiiiferen aus dem Pliocän von Garrucha (Süd-Spanien).
Figur 1. 3Iariiimtlin(i PecJceti, Scnv.O'DT. Blaue Mergel. 2,3 mm.
Figur 2. Maryimilina Pecketi ticnROBT. \a,v. spinosan.xav. Blaue
Mergel. 2,8 mm.
Figur 8a, b. MaryinuUna acuminata Schrodt. Gelbe Mergel.
0,4 mm.
Figur 4a, b, c. Mar<ßtmUn<t mutvivosa Sohkodt. Blaue Mergel.
U,7 mm.
Figur 5. Mnrgimilind oirrata SchüOüt. Blaue Mergel. 0,7 mm.
Figur {'). 3Ifirij(,iuliii(i pruhlematica Schrodt. Blaue Mergel.
0,7 mm.
Figur 7a, b, c. Cristdlarin Moldenhaueri Schrodt. Blaue INIer-
gel. 2,8 mm.
Figur 8. Vafjimdina nmryaritifera Batsch sp. var. striata n. var.
Blaue Mergel. 3,7 mm.
Figur 9a, b. Varjinulinn striatissiDia Schrodt. Blaue Mergel.
1,4 mm.
Figur 10. Dimorphina tuherosn d'Orb. Blaue Mergel. 1,2 mm.
'%cilsi'!i!. (i.iJriitscii.-^coi. lies.iöDU.
Tai. XXI.
K S( luv dl
rlmerliGio^r Iiistjtut
Erklärung der Tafel XXII.
Foraminiferen aus dem Pliocäii von Garruclia (Süd-Spanien).
IFigur J— 8.]
Figur 1 a, b, c. LinguUn» alata Schuodt. Blauer Mergel,
a := 1,7 mm; b = 1,3 mm.
Figur 2 a, b. I-tJuibdoyoniniti tricarinatiim d'Orb. sp. Blauer
Mergel. 1,7 mm.
Figur 3. Nodosaria Etvaldi Bas. Blauer Mergel. l.Gmm.
Figur 4. Hippocrepina constrictii n. sp. Blauer Mergel. U,8 mm.
Figur 5a, b. Tritaxia lepida Bradv. Blauer Mergel. U,3 mm.
Figur (ja, b. Textilaria sphaerica Schrodt. Blauer Mergel.
0,8 mm.
P'igur 7. YFdositta apiculata Schrodt. Blauer Mergel. 0,7 mm.
Figur 8. Truncutulina agglutinans Schrodt Blauer Mergel.
0,7 mm. ''
Figur 9a, b. PolystomeUa iberica. Schrodt. Sandige, glimmer-
reiclie Schichten von Vera. 1,5 mm.
Figur 10. Oxi/rhina hastalis Ag. Sandige, glimmerreiche Schich-
ten von Cuevas 70 mm lang, grösste Dicke 12 mm.
Taf.XXff.
K. ,Sl-l.!-0.1l (t
IjcHim'r lilli"!;!' instillil
Zeitsclu- d.Deulsch. geol. Ges. 1890.
o(o
Novi
Ebene bis zu dei
der TLÖrd
\^4cac£a-
a
V
Zax/er/SSS
,1,1- d l)i-ul.i* 6c"l l/i-sl»
Ebene bis zu den VorhÜ!>'elnnii\Fuss
der nördlirtien Oaläla.
lOule der Cai-bomvaioi
im Uadial Arabah
G SelmTinl'iii-lli
vi. WyUvei-
iU.sstal- 1;:.0II00
Sun>
i\
^ V .
l' '■
Erklärung der Tafel XXIT.
Sämmtliche Figuren sind in natürlicher Grösse.
Figur 1. Kalkstückchen durch Sanclgebl äse corrodirt, wobei das
Armgerüst einer eingeschlossenen Spirigera entblösst wurde.
Figur 2. Spirigera ambigua Sow., flache Form. a. von oben,
b. von der Seite, c. von unten.
Figur 3. Wirbel von Mycdina depvessa de Kon. , von innen.
Rechte Schale von innen.
Figur 4. Spirigera ambigua, gewölbte Form. a. von oben, b. von
dejp Seite, c. von unten.
Figur 5. Spirigera ambigua, langschnabelige Form. a. von oben,
b. von der Seite, c. von unten.
Figur 6. Wirbel xon Myalina depressa. Linke Schale von innen.
Figur 7. Dielasma Imstatum Sow., schlanke Form. a. von oben,
b. von der Seite, c. von unten.
P'igur 8. Dielasma hastatnm , bauchige Form. Der Wirbel ist
punktirt ergänzt.
Figur 9. BhyncJionella pleurodon Phjll. a. von oben, b. von
der Seite, c. von unten, d. ein zusammengedrücktes Exemplar aus
den Bryozoen- Mergeln.
Figur 10. Dielasma hastatum. a. von unten, b. von der Seite,
c. von unten.
Figur 11. Aviculopocteii aegypiticus n. sp. Die Ohren sind zum
Theil abgebrochen.
Zel^schl■ fl. Deulsch. geol. Ges. ]8!K)
1
Taf.XXlV.
E Oamann ß,ez xi.hlh.
Druck Y- Ä.Rer.aud.
Erklärung: der Tafel XXV.
Sämmtliche Figuren sind in natürlicher Grösse.
P'igur ]. Strcptoiiiynchufi crenistriaPHUjh., grosse Form. a. von
oben, 1) von unten.
Figur 2 und 5. Stycptorhynclius creni-atria , kleine Form.
Fig. 2 von oben,
Fig. 5 von unten.
Figur 3. Spirifer conf. lineatus Martin.
Figur 4. Nuculana leioi-hynchus M' CoY. a. von aussen, b. von
innen.
Figur 6 nnd 8. Asseln von Ärchaeocidaris sp.
Figur 7. Spirifer striatus Martin.
Figur 9. Spirifer sp. (striatus var. multicostatus? Toula).
Figur 10. Spirifer convolutus Phill.
Figur 11 und 13. Zwei Bruchstücke eines Kelches von cf. Za-
phrent'is Guerangeri M. E. u. H.
Fig. 11 von oben,
Fig. 18 von der Seite.
Figur 12. Stachelkopf eines Echinidenstachels.
Figur 14. Mehrere zusammenhängende Asseln mit Stachelwarzen
von Ärchaeocidaris (?).
;^imIscIu- d Deulsrh ijtMil Os If!!)l1
l'iillXXV
W Piiiz geE.u lith
Drucl; v: A.Renaui.
Erklärung der Tafel XXTI.
Sämmtliche Figuren sind in natürlicher Grösse.
Figur 1. Saguinulites variabilis M'Coy. , grosser, etv.-as abge-
riebener Steinkern von der linken Seite.
Figur 2. Smjiiimdites variabilis M' Cor., kleinere Form von oben.
Figur 4. Edinondia ohlonga M" CoY. Steinkern von der linken
Seite.
Figur 3 und 7. Edmondia sp.
Fig. 7 a von aussen,
Fig. 7 b von innen,
Fig. 3 das Schloss vergrössert.
Figur 5 und G. Fioductus cf. longispinus de KoN.
Figur 8, 9, lU. Schalen- und Stachelfragniente von Productus
simireticulatus Martin.
Figur 11. Frodv.ctiis setnireiicukitii.s Martin. a. Ansicht der
grossen Schale, b. Ansicht der kleinen Schale und des Schlossrandes.
Zoitscln- (1. Deutsch. üeol.Ges. l.'WO
Taf.XXAl.
Druck v.A.Renaud
Erklärung- der Tafel XXVII.
Sämmtliche Figuren sind in natürlicher Grösse.
Figur 1, 2, 3, 5, 6, 7, 11, 12, 13. Stielglieder von Crinoiden.
Figur 4. Kalkplatte mit einem Schalenfragraent von Strexdo-
rhynchiis, einem runden und 3 fünfkantigen Stielgliedern von Crinoiden
und einigen Fragmenten des Armes und der Pinnulae einer solchen.
Figur 8, 9. Pleurotomaria sp.
Figur 10. Kelchplatte einer Crinoide.
Figur 14. Macrochllina conf. conspicua de Kon.
Figur 15. Fistulix>(yra sp.
Figur 16. Bellerophon conf. tenuifascia de Kon.
Figur 17. Bellerophon carinatus?.
Figur 18. Platyceras sp.
Figur 19. Bellerophon Antonii n. sp.
Figur 20. Bellerophon carinatus n. sp.
Figur 21. Macrochilina aperta n. sp.
Figur 22. Naticopsis desertwum u. sp.
Figur 23. Bellerophon äff. cfOrUgnü Portlock.
Figur 24. Stacliella striata n. sp.
Zeitschr. d. Deutsch. geol.Ges.IS9ü,
TafXXVU.
jhmarni gez.u lith.
Druck vA.Renaud.
Erklärung der Tafel XXVni.
Sämmtliche Figuren ungefähr 15 mal vergrössert.
Figur 1, 2. Fenestella cnrhmta M' CoY.
Fig. 1 von oben.
Fig. 2 von unten.
Figur 3. Fenestella conf. iiiidtipora M' Coy.
Figur 4. Polypwa sp.
Figur 5. Gonioeladia sp.
Zpitschr 'i Dcnisrh 'jeiil lii's ;;!')()
TafXXVUI
Erklärniig- der Tafel XXIX.
Die Photographie ist von der Thalsohle aufgenommen; die Contact-
stelle liegt ungefähr 2üO m oberhalb des tiefsten hier wiedergegebenen
Punktes. Yergl. p. 468.
äitschrift d. DeutscLqeoI Ges. 1890.
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^^noioqravu'e
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EruptiDgesteinz .
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TmUffiuv etc- =ZocaZitat 1885. J
iten, ToechselncL, z. T7i. ooUer B
Volk rmtI^octuctU8,Spiri/er eU
•jeirv KalAstein. mii Sandstein, z
i und. g rossen EdmnTuiiin.
icoladen/hrhiffa-' Jiiiule .
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Hostel
S^Antoiüua
öS'y.
nörcIIidicnGaJ al .1
Ideales Profil durch das Uadi erArabah von Nord nach Süd.
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Höhe: L.-Ü1ÖC 10:1.
Plateau (W
siitllidu'n Gal.ila
Schichtmaiinmu in ilo' Xord-Sud-Unif
t dfT- ohrrsirn Kantf drr S'trtfmanil dn SudahfhiLs iler nördhcfun Gaiäla bis
■ 7tr/r tits Rt'rUiSala un l'adi rl 'Ar^ih.ifi hei drr Rjmuiruhuuf non Ilodei hanuil
IrHior de.* ^jpa/\jiui '
■ins 'lortiäAUn '}
' htm cfc^ ^rrm u u/iUrm Sfnonirn-
ClOKf,
Kontf tha .SOiia^sfuritJt dfs f'/nfr
'^Abxturre uml SJiuUhaLifn drt . •
" AtTihfeiiteii Ah.-,ttint drr uiiia-eji
" .frhuUhaldm dit ithrr tim urtAlfJ •
(^Ut Don Abu el Af^ad
" thiinifier Knik oJrr- Och'Jfnr/^el mit StwdsOviMAichun., Ammomtm mthalttnd,
untrnti Htnniurn
" nifA/YJf Siu/en StnJit&jtur'X« oait rctfdifAfm^ Aviisc^ai Sandstnn.
' Sdfithtnnt Ai>h/trA/nar%r/i fäf/rtUwlx^n t>on j\muainaryliin füvt^ SehtnkJ KpAlaJudÄ '
'^ färte^' S'a/id.dn/t and^ OlteHlätitf sffu- ^r/tma/-/. msi Ma-gdn u z Th mit Spirüferv.
.\dir fi4if/ii l'liiiiffratur fiafJtKtnnSeAtrM f Vff/fT'O-mo'n^njilulr , Pr-odutiti^.
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iester Sandxttm inHst in Plattm.sthf* <htnAtl an da* Kruste, mit «Äyr
spr<fni)tm. lüil}ts</uU*n ( Spwtg«ra amhtgua- »to '^Locahtät /•''SS '
htU^rvna' /i»i«r Jfrraei
iferfifi mit KaiM-tuui Saniisteinpinlten metAstlnd^z Th mUer firyotom
Produfttts JtutdtAa
srÄr thfter bJauffrau/r^ {htnoidat-lütüi mU.I^ductus.Spirtfh' ett-
sr!euißfiifr*t/te htU^ Jfetyei
dunktJgnauf u roüthraim* Mtrijel
bratme Ijtge rcn z Th IKtirn oeif^iifrm KalAsfein mit .Vandstftn iind MerQti .
mit Spiriflera .BeJfrophan . (iJarittw^. und tjrcssrJt Ednienditfi
gtiher und rt'tAhnhfr- Sandsttüt
toN&tficArr Sa/idjefrtn nut nuI^Ae^cnliiden/ArAufrr ßtnd*
rvtkliefieir hKjtfrrr Sanilxtrtn-
heUer Sa/uigtein . mit geibtn Of/urmerfjd
rnttrlatje imbe^uiuii .
Ir-^.
-^-4.
Erklärung: der Tafel XXX.
a. = After; cepÄ. = Ceplialothoracalschild; cM. = Cheliceren;
cox. — Hüften; d. = Rückenplatte; ye. = Genitaldeckel; gen. = Ge-
nitalsegraent; o. — Ocellen ; or. gen. = Genitalöffnung; p. — Bein-
paar; pal}). = Kiefertaster; pl. = Pleuren; stern. — Sternum; stuj.
-n Stigma; svlc. — Dorsopleuralnaht; t. = Telson; ?;. = Bauchplatte.
Die römischen Zahlen bezeichnen die morphologische Zugehörig-
keit zu den entsprechenden Hinterleibssegmenten.
Figur 1. Architarlms rotmulatus ScuDD. (f'oi)ie nach Scudder,
mit eigenen Bezeichnungen).
Figur 2. Unterseite eines recenten Fhrt/iUis sp. von Borneo.
Figur ii. Phalanyiotarlni.s subovalis Westw. (Copie nach West-
WOOD, mit eigenen Bezeichnungen).
Figur 4. Chelifer ohlongus Menge, recent; von oben; stärker
vergr.
Figur 5. Unterseite von Pettulns cimicifarmis Cambu. (Sironide).
(Copie nach Cambridge, in Ann. Mag. Nat. Hist., XVI, 1875, t. XIH, 3 c).
Figur 6. Kreischeria Wiedei Gein., z. Th. nach Deichmüller's
Zeichnungen restaurirt; Dresdener Original; nat. Gr.
Figur 7. Gonyleptes acanthurus Dum. (nach Gervais u. Wal-
kenaer, Apteres, t. 46, f 2 b), mit eigener Bezeichnung.
Figur 8. Arthracomartus Voelkeliainis Kar^ch. Halb schematische
Darstellung der Rücken- und Bauchseite des Körperendes; vergr.
Figur 9. Dieselbe Art, nach dem Original in der kgl. geolo-
gischen Landesanstalt zu Berlin; fast 2 mal vergr.
Figur 10. Goniosoma sp., von unten; recent, Brasilien; vergr.
Figur 11. Liphistia desuUor ScmÖDTE, Hinterleib von der Seite,
vergr. (Copie nach Schiöute; Nat. Tidskr. N. R., 2, 1849).
Zt'its-rlir. d. Deutsch. <Jpo1 . (ics I'S'IO
Tat". XXX.
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C-^^^5
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K.l!;iasc(l.'l.
Erklärung der Tafel XXXI.
Figur 1. Sternarthron Zittelii va.r. viinus Opp., natürl. Gr.; nach
dem Hautreliefabguss des Münchener Originals (No. 414).
Figur 2. Dasselbe, über 2mal vergr.
Figur 3. Dieselbe Form, nach der Originalplatte, 2mal vergr.
Figur 4. Sternarthron Zitfelii n., nach dem Dresdener Original,
kaum vergr.
Figur 5. Dasselbe, Müiichener Original (No. 413), Type, nach
dem Hautreliefabguss, natürl. Gr.
PMgur 6. Dasselbe über 2 mal vei'gr.
Figur 7. Koenenia mirabilis Gr., 8 mal vergr. (Aus den Zeich-
nungen Grassis [Bull. See. Ent. Ital., XYIII, 1886, f. 1, 11, 27] com-
binirt).
■;o(i
•t\.rxNxi.
/'///. /.
/'>// 2.
i; liaas(M,lH.
Erklärung der Tafel XXXII.
P'igur 1 — 3. Sequoia ßeichenbachl Gein. sp. ' Jüngere Zweige.
Figur 4. Desgl. Aelterer Zweig.
Figur 5. Desgl. Fragment eines Zapfens.
Figur 6. Desgl. Aelterer Zweig.
Figur 7. Carpolithes- Itemlociims Schloth. Zapfen, vielleicht zu
Sequoia gehörig.
Figur 8. Sequoia Utichenhachi . Radialschliff.
Fig. 1 — 3, 5, 6, 8. Yerkieselt in den Sandsteinknollen
des Aachener Sandes. Altenberg und Salvatorberg.
Ftg. 4 u. 7. In Eisenoxyd versteinert. Sande des Aache-
ner Waldes
Zeitschrift d. Deutsch ^eol.Ges.l83ö
3.W.-
cMu Sanac- ci.e
X. Äiffailft. -{i'tli.
Erklärung der Tafel XXXIII.
Figur 1 und 3. Cunninghamitcs squamosus Heer. Jüngere und
ältere Zweige. Thone des Aachener Sandes. Spitalgarten (Win-
gertsbei-g).
Figur 2. Desgl. Aelterer blattloser Zweig. Nach einem Gyps-
modell. Aachener Sand.
Figur 4. Moricmüa cydotoxon Deb. u. Ettingh. Thon. Thurm-
sti'asse in Aachen.
Figur ä, 7, S. Dryophyllum cretaceum Debey. Sandsteine am
Wege nach Gemnienich.
Figur 6. Desgl. Altenberg.
Zeitschrift d. Deutschte
^1 2\
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-Ml
^k. t
aviaC' dC't
Tafel XXXll!
;k
4y
Erklärung der Tafel XXXIV.
Figur 1 und 2. Myricophyllum asplenioides hx^a^^. Thon. Win-
gertsberg.
Figur 3. Myricophyllum haldemianum Hos. u. v. d. Mark sp.
Sandstein am Wege nach (xonimenich.
Figur 4. Lcmrophyllum (uiuisgrmiense Lajvjge. Ebendaher.
Figur 5. Ficus gracilis Hos. Ebendaher.
Figur 6. Dewalquea aqnisgranensts Sap. et Mar. Thon. Sand-
grube vor dem Königsthor.
Figur 7. Dosgl. Spitalgarten.
Figur 8. Jbewalquea im'ujnis Hos. u. v. u. Mark. Sandstein, am
Wege nach Gemmenich.
Figur 9. Phyllites siniiatus Lange. Thon. Spitalgarten.
Figur 10. Phyllites sp. Ebendaher.
Zeitschrift d, Deutsch ^eol, Ges. 1890.
Tafel XXXIV,
Mi. i^aiiac iLe-C-.
cCSivf^tri Ml.
Erkläruugr der Tafel XXXY.
Figur 1. Lucina (Jayonia) flahellifera ii. sp. Rechte Schale.
Fig. ] a. Desgl. Linke Schale.
Figui' 2. Pectuncnkis insiolitu.s Mayer. Linke Schale.
Fig. 2 a. Desgl. Schloss derselben Schale.
Figur 3. Sphenotrochus pharetru n. sp. 5mal vergr.
Fig. 3 a. Desgl. Querschnitt.
Figur 4 u. 4a. Trodtocyathufi cucuUiformis n. sp. Nat. Gr.
Figur 5. Ostrea Chili n. sp. Linke Schale.
Fig. .5 a. Desgl., von aussen.
Zfilsi-hr. d.l)LMifscli.'ifol.Gt's.l8'.)0.
TafXXXV
.Ml.
Lilh Anst .V.B.Keller i. München
Erklärung der Tafel XXXVI.
Figur 1. Diodon sigma Martin, von hinten.
Fig. la. Desgl., von der Seite.
Figur 2. Chenolohia hemisphaerica n. sp., von innen.
Fig. 2 a von aussen.
Fig. 2 b von der Seite.
Figur 3 u. 3a. Trivia canariensis n. sp., vergrössert.
Figur 4 u. 4 a. Peristernia atlantica n. sp.
Figur 5 u. 5a. Marginella angusiiforis n. sp., vergrössert.
Figur 6. Rothpletzia rudista nov. gen. et nov. sp. auf einem Litho-
thamnium - Knollen festgewachsen.
Fig. 6 a von der Seite.
Fig. 6 b mit aufsitzendem Operculum.
Fig. 6 c dasselbe von oben.
Fig. 6d medianer Längsschnitt des Gehäuses mit den Septen.
Figur 7 u. 7a. Olivella Chili n. sp., vergr.
Zeitsclir. d.Btnitsch.'^eol. (H's. 18'.)l.l
Tar.XXXYl.
8>.
sa
A. -BiT};ra£iiei qez.Li.litli.
lith. Aiisi y.b^Reilor i. Muiuhe:\-
Erkläruu^ der Tafel XXXVII.
Figur 1. Oracanthus BochitineHsis Jkl. in -3 natürl. Grösse.
Figur 2. Derselbe im Querschnitt bei n der vorigen Figur.
Figur 8. Derselbe im Querschnitt bei in der Fig. 1.
Figur 4. Derselbe im Querschnitt am oberen distalen Ende.
Figur 5. Eine Partie aus dem Querschnitt oberhalb Fig. 4 in
circa öOfacher Yergrösserung.
a grössere Gefässkanäle.
b deren Ausläufer mit zahlreichen Dentinröhrchen.
c fremde , stark gefärbte Substanzen , wahrscheinlich
Eisensalze.
Zeitschr. d Deutsch. geol. (res. 1890.
r;u;xx\vii.
Pw I.
U cv
(l.lackel dcl
Berliiier hthosr. Insutut .
Erklärung der Tafel XXXVIII.
Der Hausstock bei Elm.
Stark gefalteter eocäiier Flysch mit Numniulitenbänken , über-
schoben von Lochseitenkalk (durch eine Bergcoulisse unterbrochen)
und Verrucano.
UJ
Li
UJ
Z-MisrhiMl riHil.srkgeol.Ges. 1890,
Tai . ÄAXVUi.
F. Frech phot.
Phnfogrmiire d. HcpmrliieUon", ßerlin.
Erklärung der Tafel XXXIX.
Das Kalkstöckli zwischen Elm und Linththal.
Stark gefalteter eocäner Plysch mit Nummulitenbänken,, über-
schoben von dem in seiner Mächtigkeit wechselnden jurassischen
Lochseitenkalk und Yerrucano.
»r LL.fiurf-iivaurnon, nrrlin
Zeitschr. d.JJeutsch geoi. lies. 1Ö9U.
Tai; XXXIX.
F Frrrh vIipI
Fhotograväre d. ,Reprndurtton ''Berltn .
Erkläruug der Tafel XL.
Der Gläinich von Osten.
Das Gehänge westlich des Linth - Thaies besteht zuunterst aus
Eocän; im Hangenden folgt der überschobene Verrucano, Lias, Dogger
(Eisenoolith am Ober-Bleggisee) und der Hochgebirgskalk des Malm.
Der Abhang im Gebiete der Schneefelder besteht aus den durch hori-
zontale Faltung wiederholten Schichten der unteren Kreide.
!
Zeitschr d.Deutsch.geol.Ges. 1890.
Taf. XL
Frerh pkot.
Photogravüre d.„Beproduciion",Jierlm .
/^ '^"'central PARK/^\
V ',. NEW YORK. ^^.Jt
Zeitschrift
der
Deutschen geologischen Gesellschaft.
-S^i*
XLH. Band.
l Heft.
Januar, Februar und März 1890.
(Hierzu Tafel I— V.)
Berlin, 1890.
Bei Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung).
W. Behrcnstrasse 17.
XJie Herren Mitglieder werden gebeten, bei Zusen-
dungen an die Deutsche geologische Gesellschaft folgende
Adressen benutzen zu wollen:
1. für Manuscripte zum Abdruck in der Zeitschrift und
darauf bezügliche Correspoudenz :
Herrn Dr. C. A. Tenne, Berlin N., Invaiiden-
strasse 43, königl. Museum für Naturkunde;
2. für sämmtliche, die Bibliothek betreffenden Angele-
genheiten, namentlich auch Einsendungen an dieselbe :
Herrn Dr. Th. Ebert, Berlin N., Invalidenstrasse 44,
königl. geologische Landesanstalt;
3. für die übrige geschäftliche Correspoudenz (Anmel-
dung neuer Mitglieder, Wohnortsveränderimgen, Aus-
trittserklärungen, Reclamationen nicht eingegangener
Hefte etc. etc.):
Herrn Professor Dr. W. Dames, Berlin N., Inva-
lidenstrasse 43, königl. Museum für Naturkunde.
Der Vorstand.
InhaEt des I. Heftes.
A. Aufsätze.
Seite.
1. Beiträge zur Kenntniss der Trachjt- und Basaltgesteine der
hohen Eifel. Von Herrn Karl Vogelsang in Bonn ... 1
2. Ueber Dislokationen auf Rügen. Von Herrn A. von Koenen
in Göttingen 58
3. Ueber morphotropische Beziehungen z-«ischen anorganischen
Sauerstoff- und Schwefelverbindungen. Von Herrn F. Rinne
in Berlin 63
4. Anarosnurus immilio nov. gen. nov. sp. Von Herrn W. Dames
in Berlin. (Hierzu Tafel I.) 74
5. Ueber die systematische Stellung nnd über fossile Reste der
Gattung Pristioplionis. Von Herrn Otto Jaekel in Berlin.
(Hierzu Tafel H— V.) • 86
6. Ueber das Alter einiger Theile der (südamerikanischen) Anden.
HI. (Schluss). Von Herrn Carl Ochsenius in Marburg . 121
7. Ueber die Altersfolge der Sedimentformationen in Griechen-
land. \o\-\ Herrn Alfred Philippson in Berlin .... 150
B. Briefliche Mittheilungen
der Herren Sapper, Baltzer und Naumann ; 160
C. Verhandlungen der Gresellschaft.
1. Protokoll der Sitzung vom 8. Januar 1890 170
2. Protokoll der Sitzung vom 6. Februar 1890 171
3. Protokoll der Sitzung vom 6. März 1890 174
Die Autoren sind allein verantwortlich für den Inhalt ihrer Abhandlungen.
Die Autoren erhalten 50 Separatabzüge gratis; eine grössere Zahl
nach AVunsch gegen Erstattiing der Herstellimgskosten.
Die Beiträge sind pränumerando an die Bessersche Buchhand-
lung (W. Behrenstrasse 17) einzureichen. Die Herren Mitglieder wer-
den ersucht, diese Einzahlung nicht auf buchhändlerischem Wege,
sondern durch directe Uebersendung an die Bessersche
Buchhandlung zu bevirken.
Dt.C 8 iB-''
Zeitschrift
der
Deiitsclieii Aeolo^ischen Gesellschaft.
^^xj3.yj^
XLII. Band.
2. Heft.
April, Mai und Juni 1890.
(Hierzu Tafel VI— XIX.)
Berlin, 1890.
Bei Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung).
W. Behrenstrasse 17.
JLlie Herren Mitglieder werden gebeten, bei Zusen-
dungen an die Deutsche geologische Gesellschaft folgende
Adressen benutzen zu wollen:
1. für Manuscripte zum Abdruck in der Zeitschrift und
darauf bezügliche Correspondenz :
Herrn Dr. C. A. Tenne, Berlin N., Invaliden-
strasse 43, königi. Museum für Naturkunde;
2. für sänuntliche. die Bibliothek betreifenden Angele-
genheiten, namentlich auch Eüisendungen an dieselbe :
Herrn Dr. Th. Ebert, Berlin N., invalidenstrasse 44,
königi. geologische Landesanstalt;
3. für die übrige geschäftliche Correspondenz (Anmel-
dung neuer Mitglieder, Wonnorts Veränderungen, Aus-
trittserklärimgen, Reclamationen nicht eingegangener
Hefte etc. etc.):
Herrn Professor Dr. W. Dames, Berlin N., Inva-
lidenstrasse 43, königi. Museum für Naturkunde.
Der Vorstand.
Inhalt des II. Heftes.
A. Aufsätze.
Seite.
1. Die phonolithischen Gesteine des Laacliersee-Gebiets und der
Hohen Eifel, Von Herrn A. Martin in Bonn 181
2. Ueber einige Spongien aus dem Cuvieri-Pläner von Paderborn.
Von Herrn Philipp Pocta in Prag. (Hierzu Tafel VI— "S^H.) 217
3. Zur Kenntniss des Gangsystems des Auerberges im Harze
und der Füllung desselben. Von Herrn Ferdinand Hornung
in Berlin 233
4. Die Stegocephalen und Saurier aus dem Rothliegenden des
Plauen'schen Grundes bei Dresden. IX. Von Herrn Her-
mann Credner in Leipzig. (Hierzu Tafel IX — XI.) . . . 240
5. Beiträge zur Kenntniss der Gattung Protosphyraena Leidy.
Von Herrn Johannes Felix in Leipzig. (Hierzu Tafel XII
bis Xiy.) 278
6. Ueber Schwankungen in der Intensität der Erdanziehung. Von
Herrn F. W. Pfaff in Erlangen. (Hierzu Tafel XV u. XVI.) 308
7. Das Eocän in Syrien, mit besonderer Berüksichtigung Nord-
Syriens. Von Herrn Max Blanckenhorn in Cassel. (Hierzu
Tafel XVII— XIX.) 318
B. Briefliche Mittheilung
des Herrn Ferd. Rcemer 360
C. Verhandlungen der Gesellschaft.
1. Protokoll der Sitzung vom 2. April 1890 364
2. Protokoll der Sitzung vom 7. Mai 1890 369
3. Protokoll der Sitzung vom 4. Juni 1890 372
Die Autoren sind allein verantwortlich für den Inhalt ihrer Abhandlungen.
Die Autoren erhalten 50 Separatabzüge gratis ; eine grössere Zahl
nach Wunsch gegen Erstattung der Herstellungskosten.
Die Beiträge sind pränuinerando an die Besser sehe Buchhand-
lung (W. Behrenstrasse 17) einzureichen. Die Herren Mitglieder wer-
den ersucht, diese Einzahlung durch directe Uebersendung
an die Bessersche Buchhandlung zu bewirken.
Zeitschrift
der
Deutschen geologischen Gesellschaft.
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XLII. Band.
3. Heft.
Juli, August und September 1890.
(Hierzu Tafel XX— XXIX.)
Berlin, 1890.
Bei Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung).
W. Behrenetrasße 17.
X-)ie Herren Mitglieder werden gebeten, bei Zusen-
dungen an die Deutsche geologische Gesellschaft folgende
Adressen benutzen zu wollen:
1. für Manuscripte zum Abdruck in der Zeitschrift und
darauf bezügliche Correspondenz :
Herrn Dr. C. A. Tenne, Berlin N., Invaliden-
strasse 43, königi. fVSuseum für Naturkunde;
2. für sämmtliche . die Bibliothek betreffenden Angele-
genheiten, namentlich auch Einsendungen an dieselbe :
Herrn Dr. Th. Ebert, Berlin N., Invalidenstrasse 44,
königi. geologische Landesanstait;
3. für die übrige geschäftliche Correspondenz (Anmel-
dung neuer Mitglieder, Wohnortsveränderungen, Aus-
trittserklärungen, Reclamationen nicht eingegangener
Hefte etc. etc.):
Herrn Professor Dr. W. Dames, Berlin N., Inva-
lidenstrasse 43, königi. Museum für Naturkunde.
Der Vorstand.
Inhalt des III. Heftes.
A. Aufsätze.
Seite.
1. Labyrinthodonten-Reste des oberschlesischen Muschelkalkes.
Von Herrn Hermann Kunisch in Breslau. (Hierzu Tafel XX.) 377
2. Beiträge zur Kenntniss der Pliocänfauna Süd-Spaniens. Von
Herrn F. Schrodt in Heidelberg. (Hierzu Tafel XXI u. XXII.) 386
3. lieber eine Kohlenkalk -Fauna aus der ägyptisch-arabischen
Wüste. Von Herrn Johannes Walther in Jena. (Hierzu
Tafel XXIII— XXVm.) 419
4. Geologische und petro graphische Studien am Monte Aviölo
im italienischen Antheil der Adamellogruppe. Von Herrn
Wilhelm Salomon in Leipzig. (Hierzu Tafel XXIX.) . . 450
5. Ueber den oberen Gault mit Belemnites minimus bei Glies-
marode unweit Braunschweig. Von Herrn A. von Strombeck
in Braunschweig 557
B. Briefliche Mittheilungen
der Herren H. Trautschold, F J. P. van Kalker und G. Berendt 575
C. Verhandlungen der Gesellschaft.
1. Protokoll der Sitzung vom 2. Juli 1890 588
2. Sieben und dreissigste Versammlung der Deutschen geolo-
gischen Gesellschaft zu Freiburg i. Breisgau 593
Die Autoren sind allein verantwortlich für den Inhalt ihrer Abhandlungen.
Die Autoren von Aufsätzen und brieflichen Mittheilungen erhalten
50 Separatabzüge gratis; eine grössere Zahl oder auch solche von
Protokollnotizen nach Wunsch gegen Erstattung der Herstellungs-
kosten.
Die Beiträge sind pränumerando an die Bessersche Buchhand-
lung (W. Behrenstrasse 17) einzureichen. Die Herren Mitglieder wer-
den ersucht, diese Einzahlung durch directe Uebersendung
an die Bessersche Buchhandlung zu bewirken.
der
Deutschen seolo.uischen Gesellschaft.
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XLII. Band.
4. Heft.
October, November und December 1890.
(Hierzu Tafel XXX— XXXX.)
Berlin, 1891.
Bei "Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung).
W. BehrenstraRse 17.
Jjie Herren Mitglieder werden gebeten, bei Zusen-
dungen an die Deutsche geologische Gesellschaft folgende
Adressen benutzen zu wollen:
1. für Manuscripte zum Abdi-uck in der Zeitschrift und
darauf bezügliche Correspondenz :
Herrn Dr. C. A. Tenne, Berlin N., Invaiiden-
strasse 43, königl. Museum für Naturkunde;
2. füi' sämmtliche. die Bibliothek betreffenden Angele-
genheiten, namentlich auch Einsendimgen an dieselbe :
Herrn Dr. Th. Ebert, Berlin N., Invalidenstrasse 44,
königi. geologische Landesanstalt;
3. für die übrige geschäftliche Correspondenz (Anmel-
dung neuer Mitglieder, Wohnortsveränderungen, Aus-
trittserklärungen, Reclamationen nicht eingegangener
Hefte etc. etc.):
Herrn Professor Dr. W. Dames, Berlin N., Inva-
lidenstrasse 43, königi. Museum für Naturkunde.
Der Vorstand.
Enhait des IV. Heftes.
A. Aufsätze.
Seite.
1. Beiträge zur Kemitniss der fossilen Arachuiden. Von Herrn
Erich Haase in Königsberg i.Pr. (Hierzu Tafel XXXu.XXXI.) 631
2. Beiträge zur Kenntniss der Flora des Aachener Sandes. Von
Herrn Theodor Lange in Leipzig. (Hierzu Tafel XXXH
bis XXXIV.) 658
3. Die marinen Ablagerungen auf Gran Canaria. Von Herren
A. RoTPHLETz und V. Simokelx,! in München. (Hierzu
Tafel XXV und XXXVL) 677
4. Zur mikrochemischen Untersuchung einiger Minerale. Von
Hen-n J. Lemberg in Dorpat / . 737
5. OracantMis Bockumensis n. sp. des deutschen Kohlengebirges.
Von Herrn Otto Jaekel in Berlin. (Hierzu Tafel XXXVII.) 753
B. Briefliche Mittheilungen
der Hen-en Siemiradski, Paul Oppenheim, Steinmann, W.
MÜLLER und Otto Jaekel 756
C. Verhandlungen der Gesellschaft.
1. Protokoll der Sitzung vom 5. November 1890 775
2. ProtekoU der Sitzung vom 3. December 1890 793
3. Protokoll einer gemeinsamen Begehung des Gebietes der Glar-
. ner Doppelfalte unter der Leitung von Hei'rn A. Heim am
14., 15. und 16. August 1890 im Anschluss an die Versamm-
lung der Deutschen geologischen Gesellschaft zu Freiburg
i. Breisgau. (Hierzu Tafel XXXVHI bis XXXX.) .... 797
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