Skip to main content

Full text of "Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft"

See other formats


FORTHE  PEOPLE 

FOK  EDVCATION 

FOR  SCIENCE 

LIBRARY 

OF 

THE  AMERICAN  MUSEUM 

OF 

NATURAL  HISTORY 

Zeitschrift 


der 


Deutschen  geologischen  Gresellschaft. 


XLII.  Band. 
1890. 


Mit  vierzig  Tafeln. 


Berlin  1890. 

Bei  Wilhelm  Hertz  (Bessersche  Buchhandlung), 

Behren-Stragge  No.  17. 


Zl't'\  «\X5  ^^v>r  2. 


Inhalt. 

A.    Aufsätze.  Seite. 

Karl  Vogelsang.    Beitiiigo  zur  Kenntniss  der  Trachyt-  und 

Basaltgesteine  der  Hohen  Eifel 1 

A.  VON  KcENEN.     Ueber  Dislocationen  auf  Rügen     ....       58 

F.  Rinne.      Ueber    morphotropische    Beziehungen    zwischen  ,       \ 

anorganischen  Sauerstoff-  luid  Schwefelverbindungen     .       63  ((q**-  \ 

W.  Dames.   Anarosanrus  pumilio  nov.  gen.  nov.  sp.    (Hierzu 

Tafel  I.) 74 

0.  Jaekel.  Ueber  die  systematische  Stellung  und  über  fos- 
sile Reste  der  Gattung  PriMiophorus.  (Hierzu  Tafel 
n  — Y.) 86  ■ 

Carl  Ochsenius.  Ueber  das  Alter  einiger  Theile  der  (süd- 
amerikanischen) Anden.    III.    (Schluss.) 121 

Alfred  Philippson.  Ueber  die  Altersfolge  der  Sediment- 
formationen in  Griechenland 150 

A.  Martin.     Die    phonolithischen  Gesteine    des  Laachersee- 

Gebiets  und  der  Hohen  Eifel 181 

Philipp  Pocta.     Ueber    einige  Spongien    aus    dem  Cuvieri- 

Pläner  von  Paderborn.     (Hierzu  Tafel  VI —VH!.)   .     .     217 
Ferdinand  Hornung.     Zur  Kenntniss  des  Gangsystems    des 

Auerberges  im  Harze  und  der  Füllung  desselben     .     .     233 

Hermann  Credner.  Die  Stegocephalen  und  Saurier  aus  dem 
Rothliegenden  des  Plauen'schen  Grundes  bei  Dresden. 
IX.    (Hierzu  Tafel  IX -XL) 240 

Johannes  Felix.    Beiträge  zur  Kenntniss  der  Gattung  Fro- 

tosphyrriena  Leidy.     (Hierzu  Tafel  XII — XIV.)     .     .     .     278 

F.  W.  Pfaff.     Ueber  Schwankungen    in    der  Intensität  der 

Erdanziehung.     (Hierzu  Tafel  XV  — X^l.) 303 

Max  Blanckenhorn.  Das  Eocän  in  Syrien,  mit  besonderer 
Berücksichtigung  Nord  -  Svriens.  (Hierzu  Tafel  XVII 
bis  XIX.)      .     .     .     .     .     l 318 

Hermann  Kunisch.     Labyrinthodonten-Reste  des  oberschle- 

sischen  Muschelkalkes.     (Hierzu  Tafel  XX.)    ....     377 

F.  SCHRODT.  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Pliocänfauna  Süd- 
Spaniens.     (Hierzu  Tafel  XXI  u.  XXH.) 386 

Johannes  Walther.  Ueber  eine  Kohlenkalk-Fauna  aus  der 
ägyptisch-arabischen  Wüste.  (Hierzu  Tafel  XXIII  bis 
XXVIII.) 419 

Wilhelm  Salomon.  Geologische  und  petrographische  Stu- 
dien am  Monte  Aviölo  im  italienischen  Antheil  der 
Adamellogruppe.     (Hierzu  Tafel  XXIX.)       .....     450 

A.  VON  Strombeck.    Ueber  den  oberen  Gault  mit  BeUmnites 

minimus  bei  Gliesraarode  unweit  Braunschweig    .     .     .     557 

Erich  Haase.     Beiträge    zur  Kenntniss  der  fossilen  Arach- 

niden.     (Hierzu  Tafel  XXX  u.  XXXI.) 629 


IV 

Seite. 

Theodor  Lange.      Beiträge    zur   Kenntniss    der  Flora  des 

Aachener  Sandes.     (Hierzu  Tafel  XXXII  — XXXIV.)     .     658 

H.  RoTHPLETZ  u.  V.  SiMONELLi.    Die  marinen  Ablagerungen 

auf  Gran  Canaria.     (Hierzu  Tafel  XXXV  u.  XXVI.)       .     677 

J.  Lemberg.      Zur    mikrochemischen    Untersuchung    einiger 

Minerale 737 

Otto  Jaekel.  Oracantlms  Bochmvensis  n.  sp.,  ein  Trachya- 
eanthide  des  deutschen  Kohlengebirges.  (Hierzu  Tafel 
XXXVII.) 753 

B.  Briefliche  Mittheilungen. 

Sapper.     Ueber  Erderschütterungen  in  der  Alta  Verapaz     .     160 
A.  Baltzer.     Lössähnliche  Bildungen  im  Canton  Bern    .     .     164 

E.  Naumann.      Stegodon   Mhulanenfiis ,    eine    neue    Art    von 

Uebergangs- Mastodonten 166 

Ferd.  Rodmer.      Playioteutliis,    eine    neiie  (iattung    dibran- 

chiater  Cephalopoden  aus  dem  russischen  Jura  .  .  .  360 
H.  Trautschold.     Ueber  Megalopteryx  und  Pelecypharus     .     575 

F.  J.  P.  VAN  Calker.     Ueber  ein  Vorkommen   von  Kauten- 

geschieben  und  von  Hyolithus-  und  ÄcoKiÄ?(5-Sandstein 

in  Holland 577 

G.  Berendt.    Noch  einmal  die  Lagerungsverhältnisse  in  den 

Kreidefelsen  auf  Rügen 583 

J.  SiEMiRADSKi.  Ueber  eine  Endmoräne  der  ersten  Ver- 
gletscherung   untersalb   Krakau    an   der  Weichsel    und 

über  die  Natur  der  dortigen  liössbildung 756 

Paul  Oppenheim.  Die  Geologie  der  Insel  Capri,  eine  Ent- 
gegnung an  Herrn  Joh.annes  Walther 758 

Steinmann.     Einige  Fossilreste  aus  Griechenland 764 

W.  MÜLLER.  Kalkspath  von  Rothenzechau  im  Kreise  Hirsch- 
berg in  Schlesien 771 

'^^TTO  Jaekel.     Ueber  Coccostetts 773 

C.  Verhandlungen  der  Gesellschaft    .     .     .     170.  364.  588.  775 

Zugänge  für  die  Bibliothek  im  Jahre  1889 801 

Namenregister 812 

Sachregister 815 


r/    ^  CENTRAL  PARK,  '^  f 
.  NEW  YORK,  ^,J 


Zeitschrift 

der 

Deutschen  geologischen  Gesellschaft. 

1.  Heft  (Januar,  Februar,  März)  1890. 

A.    Aufsätze. 


1.   Beiträge  zur  Kenntniss  der  Trachyt-  und 
Basaltgesteine  der  hohen  Eifel. 

Von  Herrn  Karl  Vogelsang  in  Bonn. 

Seit  jeher  und  mit  Recht  hat  das  Gebiet  der  vulkanischen 
Eifel  und  des  Laacher  Seees  das  lebhafteste  Interesse  der  Geolo- 
pen  in  Anspruch  genommen.  Naturgemäss  wandten  sich  die 
älteren  Forscher  zunächst  der  Untersuchung  des  geologischen 
Baues,  der  Entstehung  der  räthselhaften  Maare,  der  Altersbe- 
stimmung der  Sedimentgesteine  zu.  während  man  erst  später  dazu 
überging,  die  Zusammensetzung  der  die  Vulkanberge  aufbauenden 
Gesteine  zu  ermitteln.  Seit  der  Einführung  des  Mikroskopes 
jedoch  blieben  die  Studien  der  Petrographen  vorwiegend  auf  das 
Gebiet  des  Laacher  Seees  beschränkt,  und  nicht  in  dem  Maasse. 
wie  man  es  hätte  erwarten  sollen,  sind  unsere  Kenntnisse  über 
die  Eruptivgesteine  der  eigentlichen  vulkanischen  oder  hohen  Eifel 
seit  jenem  Zeitpunkte  erweitert  worden.  Ausführliche  Unter- 
suchungen in  dieser  Hinsicht  haben  nur  Zirkel^).  Hussak^)  und 
Busz^)  über  die  Basaltlaven  der  diluvialen  Vulkane  angestellt. 
Es  schien  daher  eine  dankbare  Aufgabe,  auch  die  tertiären  Erup- 
tivgesteine,   also  Trachyte,    Andesite,    Phonolith   und  Basalte  der 


')  „Basaltgesteine"  1869. 

-)  Die  basaltischen  Laven  der  Eifel;  Sitzungsber.  d.  k.  Akad.  der 
Wisseusch.  Bd.  LXXVIL  L  Abth.  April-Heft.     Wien  1878. 

^)  Mikroskopische  Untersuchungen  an  Laven  der  Vordereifel,  A^erh. 
d.  naturh.  Ver.  Rheinl.  u.  Westf.     1885.    pag.  418—448. 
Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  1.  \ 


hohen  Eifel  einem  erneuten  und  möglichst  vollständigen  Studium 
zu  unterwerfen.  Die  Anregung  zu  dieser  Ai'beit,  deren  Resultate 
im  Folgenden  niedergelegt  sind,  ward  mir  von  Seiten  meines 
hochverehrten  Oheims  und  Lehrers  Geh.  Eath  Zirkel  in  Leipzig 
zu  Theil,  welcher  selbst  die  ersten  petrographischen  Untersuchungen 
über  diese  Gesteine  angestellt  hat^j.  Auf  einer  Reihe  von  Excur- 
sionen,  welche  ich  zum  Theil  in  seiner  Begleitung  an  der  Hand 
von  V.  Dechen's  geologischer  Karte  und  „Geognostischem  Führer"^) 
unternommen  habe,  wurde  an  allen  Orten  neues  Material  ge- 
sammelt. Bei  der  grossen  Anzahl  der  überall  zerstreut  liegenden 
Basaltvorkommnisse  konnten  natürlich  nur  die  wichtigsten  Kuppen  be- 
rücksichtigt werden ;  es  wurde  aber  auch  in  dieser  Hinsicht  der  Kreis 
der  Untersuchungen  etwas  über  das  Gebiet  der  eigentlichen  hohen 
Eifel  ausgedehnt.  Die  Arbeit  zerfällt  hiernach  in  drei  Theile. 
In  dem  ersten  sollen  die  in  der  Nähe  von  Kelberg  in  der  Eifel 
gelegenen  Trachyte,  in  dem  zweiten  die  in  einem  Kreise  um  die 
Trachytvorkommnisse  aufsetzenden  Amphibol-Andesite ,  sowie  im 
Anhang  hieran  der  Phonolith  des  Seibergs  bei  Quiddelbach  be- 
sprochen werden.  Der  letzte  Theil  endlich  wird  sich  mit  den 
Untersuchungen  über  die  Basalte  zu  befassen  haben. 

Es  ist  mir  eine  angenehme  Pflicht,  meinem  hochverehrten 
Lehrer  für  die  jederzeit  bereitwillige  und  wohlwollende  Unter- 
stützung bei  der  Ausführung  vorliegender  Arbeit  auch  an  dieser 
Stelle  meinen  herzlichsten  Dank  auszusprechen. 

Die  Trachyte  in  der  Nähe  von  Kelberg. 

Verbreitung  des  Trachyts.  Der  bedeutendste  Aufschluss 
von  Trachyt  findet  sich  in  unmittelbarer  Nähe  von  Kelberg. 
Zwischen  diesem  Orte  nämlich  und  dem  Dorfe  Zermüllen  bildet 
derselbe,  westlich  von  der  Chaussee,  welche  nach  Adenau  führt, 
eine  flache  Anhöhe,  das  Frohnfeld,  auch  „Struth"  genannt.  Der 
letztere  Name  hat  mehr  Bezug  auf  die  Haide,  welche  in  west- 
licher Richtung  sich  nach  dem  Juckeisberg  zu  erstreckt.  Der 
Trachyt  ist  am  Frohnfeld  durch  5  oder  6  bedeutende  Steinbrüche 
aufgeschlossen.  Dieselben  bilden,  theilweise  mitten  im  Ackerlande 
gelegen,  grosse  Vertiefungen  mit  steilen  Wänden,  aus  denen  das 
Wasser  keinen  genügenden  Abfluss  hat  und  aus  welchen  auch  die 


*)  Ferd.  Zirkel,  die  trachytischen  Gesteine  der  Eifel;  Zeitschr. 
d.  deutsch,  geol.  Ges.     18.59.     pag.  507 — 540. 

-)  Geognost.  Führer  zur  Vulkanreihe  der  Vorder-Eifel.  Bonn. 
II.  Aufl.     1886. 


Förderung  des  Gesteins-Materials  mit  Schwierigkeiten  verlviiüpft 
ist.  Der  grösste  Steinbruch,  zugleich  der  Fundpunkt  der  schön- 
sten später  zu  beschreibenden  Sanidin-Einsprenglinge  liegt  an  dem 
Feldwege,  welcher  am  Nordausgang  von  Kelberg  von  der  Chaussee 
links  abbiegt  und  parallel  derselben  auf  der  Anhöhe  nach  Zer- 
müllen  zu  führt.  Der  Trachyt  des  Frohnfeldes  lässt  sich  nun 
bis  in  die  Nähe  von  Zermüllen  verfolgen,  aber  die  starke  Ver- 
witterung des  Gesteins  und  die  bedeutende  Auflagerung  von  Damm- 
erde machen  eine  genaue  Feststellung  der  Grenzen  unmöglich. 
Ueberschreitet  man  jedoch  den  Trierbach,  so  findet  sich  südwest- 
lich von  Zermüllen,  am  Fusse  der  Basaltliöhe  des  Schwarze- 
berges,  dasselbe  Gestein  in  mehreren  Schürfstellen  aufgeschlossen. 
Wenden  wir  uns  nun  von  hier  aus  nach  Nordosten,  dem  kleinen 
Thale  zu.  welches  sich  bei  Zermüllen  in  das  des  Trierbaches 
öffnet,  so  treffen  wir  hier  bald  wiederum  den  Trachyt  an.  Ver- 
folgt man  nämlich  den  Weg,  welcher  in  diesem  Thälchen  nach 
Reiraerath  hinaufl'ührt,  so  wird  etwa  20  Minuten  von  Zermüllen 
entfernt  an  einem  kleinen  durch  Gabelung  des  Thaies  gebildeten 
Bergvorsprung  das  Gestein  vom  Typus  des  Frohnfeldes  sichtbar. 
An  dieses  Vorkommen  schliesst  sich  in  einer  Entfernung  von 
etwa  2  Ion  in  ostnordöstlicher  Richtung  der  Trachyt  von  Reime- 
rath  an.  Hier,  südlich  des  genannten  Ortes,  an  einem  Wiesen- 
grunde, dem  sog.  Kitzenweiher  (derselbe  ist  trocken  gelegt)  bildet 
der  Trachyt  einen  Kranz  von  niedrigen  Hügeln  mit  riffähnlichen 
Formen.  Zirkel  beschreibt  die  Oberflächen-Gestaltung  dieses  Vor- 
kommens ausführlich  (1.  c.  pag.  511).  Es  ist  dies  der  einzige  Ort,  wo 
der  Trachyt  durch  einigermassen  charakteristische  Bergformen  her- 
vorragt, welche  indess  wohl  nur  Ergebnisse  der  Erosion  sind.  Süd- 
östlich von  dieser  Erhebung,  nördlich  der  Chaussee  Kelberg-Boos 
gelang  es  ferner  nach  längerem  Suchen  die  Stelle  aufzufinden  von 
welcher  Zirkel  (pag.  508)  und  v.  Decken  (pag.  258)  Trachyt  auf- 
führen; sie  liegt  am  Km-Stein  52.9  gegenüber  der  Einmündung 
des  Fusspfades,  welcher  von  dem  Dorfe  Mannebach  herkommt. 
Die  nach  Osten  zu  sich  sanft  anhebende  bewaldete  Höhe  heisst 
„an  der  Scheidt".  Der  letzt  erwähnte  Aufschluss,  übrigens  von 
genau  übereinstimmendem  Typus,  ist  jedoch  sehr  unbedeutend  und 
nur  auf  einige  aus  der  Dammerde  hervortretende  Blöcke  be- 
schränkt, ja  mit  völliger  Sicherheit  lässt  sich  nicht  constatiren, 
ob  der  Trachyt  hier  wirklich  ansteht.  Bemerkenswerth  ist  es, 
dass  etwa  20  Schritte  von  diesem  Orte,  auf  der  südlichen  Seite 
der  Chaussee,  Hornblende-Andesit  durch  zwei  Schürfstellen  un- 
zweifelhaft anstehend  aufgeschlossen  ist.  Kehren  wir  nun  auf 
dieser  Chaussee  nach  Kelberg  zui'ück,  so  treffen  w^'  unser  Gestein 
noch    einmal    an,    und    zwar   in   unmittelbarer  Nähe    der   kleinen 

1* 


4 


Kapelle  des  Dörfchens  Hünerbach.  Hier  ist  ein  Steinbruch  in  der- 
selben Weise  Avie  am  Frohnfelde  angelegt.  Dieses  Vorkommen 
ist  überhaupt  demjenigen  in  unmittelbarer  Nähe  von  Kelberg  ganz 
analog,  da  der  Trachyt  nur  eine  sehr  flache  Erhebung  über  der 
Thalsohle  bildet.  Auch  hier  lässt  sich,  wie  überall  an  den  ge- 
nannten Vorkommnissen,  wo  die  Aufschlüsse  es  gestatten,  grob- 
pfeilerförmige  Absonderung  des  Gesteins  wahrnehmen. 

Der  von  v.  Dechen  (pag.  252)  aufgeführte  Trachytaufschluss 
am  südlichen  Ende  von  Kelberg,  wo  Material  zum  Bau  des  be- 
nachbarten Schulhauses  gebroclien  wurde,  ist  zur  Zeit  verstürzt. 
Zwischen  dem  Pastorat  in  Kelberg  und  dem  Heiligenhäuschen  an 
dem  Wege  von  Gelenberg  konnte  ebensowenig,  als  dies  v.  Decken 
(pag.  254)  vermochte,  das  dort  durch  Mitscheelich  notirte  kleine 
Trachytvorkommen  aufgefunden  werden. 

Die  gegenseitige  Vertheilung  der  Trachytaufschlüsse ,  die 
äusserst  flache  Erhebung  des  Gesteins  über  die  Oberfläche,  das 
Fehlen  von  nur  einigermassen  hervorragenden  Kuppen,  die  gleich 
zu  erwähnende  grosse  Aehnlichkeit  in  der  Ausbildung  sind  Ver- 
hältnisse, welche  der  Vermuthung  Raum  geben,  dass  hier  eine 
zusammenhängende  plateauartige  Masse  von  Trachyt  vorliegt. 

Petrographische  Beschreibung.  Die  Trachyte,  welche 
am  Frohnfelde  bei  Kelberg,  im  Thale  zwischen  Reimerath  und 
Zermüllen,  bei  Reimerath.  nördlich  der  Chaussee  Kelberg-Boos 
bei  dem  Km-Stein  52,9  und  an  der  Kapelle  bei  Hünerbach  auf- 
geschlossen sind,  zeigen  in  mancher  Hinsicht  ausserordentliche 
Aehnlichkeit  mit  dem  typischen  Gestein  vom  Drachenfels  im 
Siebengebirge.  Makroskopisch  weisen  dieselben  in  einer  weiss- 
lichen  bis  grau-gelblichen  feldspathigen  Grundmasse  vor  Allem 
meist  sehr  rissige  Sanidin-Krystalle  von  mannigfaltiger  Grösse 
porphyrisch  ausgeschieden  auf.  Sind  letztere  klein,  so  treten  die 
Umrisse  in  Folge  der  Verwitterung  wenig  gut  hervor  und  das 
Gestein  nimmt  ein  graues,  gelb  geflecktes  Aussehen  an.  Plagioklas 
ist  makroskopisch  nicht  mit  Sicherheit  zu  erkennen,  da  er  nur 
geringe  Grösse  besitzt.  Nur  selten  gelingt  es  mit  blossem  Auge 
oder  mit  der  Lupe  den  polysynthetischen  Zwillingsbau  zu  con- 
statiren.  Biotit  ist  in  der  Grundmasse  und  als  Einsprengung  in 
den  Sanidinen  in  Gestalt  kleiner  sechsseitiger  Blättchen  wahr- 
nehmbar. Die  grossen  Sanidin-Krystalle  sind  ebenso  wie  am 
Drachenfels  nicht  sonderlich  fest  mit  der  Grundniasse  verwachsen 
und  fallen  daher  leicht  mit  Hinterlassung  ebener  Abdrücke  aus 
derselben  heraus.  Die  schönsten  Krystalle  dieser  Art  finden  sich 
am  Frohnfelde  in  dem  Steinbruch,  welcher  an  dem  von  Kelberg 
nach  Zermüllen*  führenden  Feldwege  gelegen  ist.  An  denselben 
wurden  folgende  Flächen  beobachtet: 


P  =  0P[001];  M^  ocPo)  [010];  x  =  Po.  [101]; 

o=:P[ril];  Tu.  1=  ooP[110];  y  =  2Poo  [201]; 

z  =  o,P3  [130];  n  =  2Poo  [021]. 
Die  Krystalle  sind  theils  rechtwinklig-säulenförmig  nach  der  Klinodia- 
gonale  durch  Vorherrschen  von  0  P  und  ocPoo .  theils  tafelförmig  nach 
ooPx) .  Während  am  Drachenfels,  wie  v.  Decken  mit  Recht  hervor- 
hebt, die  rectaugulär-säulenförmigen  Saaidiu-Krystalle  nie  verzwillingt 
vorkommen,  treten  hier  bei  dieser  Ausbildungsweise  sogar  zwei 
Zwillings-Gesetze  auf.  Die  Individuen  von  diesem  Habitus  sind 
nämlich  erstlich  vielfach,  wie  es  bei  den  tafelförmigen  stets  der 
Fall  ist,  nach  dem  „Karlsbader"  Gesetz  vereinigt,  daneben  aber 
erscheinen  auch  hier  in  besonders  bemerkenswerther  Weise  ganz 
ausgezeichnete  ringsum  ausgebildete  Zwillinge  säulenförmiger  In- 
dividuen nach  dem  „Manebacher"  Gesetz,  deren  Umriss  scheinbar 
völlig  der  rhombischen  Symmetrie  gehorchende  Conturen  aufweist. 
Die  letztere  Zwillingsbildung,  welche  den  einfachen  Harmotom- 
Zwillingen  von  Strontian  in  Schottland  ganz  ähnliche  Gestalten 
erzeugt,  ist  in  dieser  Weise,  soweit  bekannt,  bisher  an  den  in  den 
trachytischen  Gesteinen  eingewachsenen  Sanidiuen  noch  nicht  be- 
obachtet. Immerhin  scheint  aber  dieselbe  auch  hier  zu  den 
Seltenheiten  zu  gehören,  da  ich  sie  nur  an  zwei  allerdings  sehr 
schönen,  grossen  Exemplaren  (von  6  cm  Länge  nach  der  Klino- 
diagonale)  habe  constatiren  können.  Die  tafelförmigen  Individuen 
nach  ooPco  sind,  wie  am  Drachenfels,  stets  nach  dem  „Karlsbader" 
Gesetz  verzwillingt.  Dieselben  erreichen  theilweise  eine  unge- 
wöhnliche Grösse.  Herr  Oberpostdirector  Schwerd  in  Coblenz, 
welcher  eine  sehr  schöne  Suite  Kelberger  Sanidine  besitzt,  bewahrt 
in  seiner  Sammlung  einen  solchen  Zwilling,  welcher  1  cm  dick 
ist  und  nach  der  Vertikalaxe  8  cm,  nach  der  Klinodiagonale  6  cm 
misst.  Das  Felden  der  Zwillingsbildung  wird  von  Zirkel  (1.  c.  p.  525) 
wie  von  Roth  ')  und  von  v.  Decken  (1.  c.  p.  257)  besonders  hervorge- 
hoben. Es  ist  dies  wohl  dadurch  erklärlich,  dass  die  Aufschlüsse  zu 
jener  Zeit,  als  genannte  Forscher  diese  Gegend  besuchten,  noch  zu  un- 
bedeutend waren.  Die  Spaltbarkeit  nach  P  und  M  ist  an  den 
Sanidin-Krystallen  nur  unvollkommen  entwickelt.  Dagegen  zer- 
brechen, namentlich  die  säulenförmigen  Individuen,  sehr  leicht 
nach  einer  rauhen  unebenen  Ablösungs-Fläche,  welche  Fettglanz 
zeigt  und  annähernd  dem  Orthopinakoid  entspricht;  auf  derselben 
lassen  viele  Krystalle  ausgezeichnete  Schalenstruktur  erkennen. 
Das  Auftreten  dieser  Absonderungsfläche  und  das  anscheinende 
Fehlen  der  für  den  orthotomen  Feldspath  charakteristischen  Spalt- 
barkeit  ist   bei   dem  Sanidin   häutig   zu   beobachten;    auch   J.  F. 


')  MiTSCKERLiCH-RoTK,  lieber  die  vulkanischen  Erscheinungen  in 
der  Eifel.     Berlin  1865  S.  10. 


6 


Williams  hebt  diese  Erscheinung  hervor^).  Namentlich  tritt  be- 
kanntlich an  den  leistenförmigen  mein*  oder  weniger  basischen 
Sanidin-Durclischnitten  der  Trachyt-  und  Phonolith-Präparate  in  der 
Regel  eine  solche  mit  der  Querfläche  zusammenfallende  Zerklüf- 
tung auf.  An  den  Kelberger  Krystallen  nun  entspricht  dieser 
Rissigkeit  insbesondere  auf  der  Fläche  M  eine  sehr  deutliche 
Streifung.  Bei  den  Zwillingen  nach  dem  Manebacher  Gesetz  zeigt 
sich  daher  die  Verwachsung  der  beiden  Individuen  nach  der  Basis 
sehr  schön  durch  eine  deutliche  Zwillingsnaht,  welche  parallel  der 
Kante  P  :  M  auf  dem  Klinopinakoid  durch  das  Zusammenstossen 
der  beiderseitigen  Streifung  hervorgebracht  wird. 

Von  einem  möglichst  frischen  Krystall  der  aus  dem  Schutt 
des  Steinbruchs  am  Frohnfeld  ausgesuchten  Sanidine  wurden  zwei 
Dünnschliffe  genau  nach  P  und  M  hergestellt.  Der  erstere  zeigte 
absolut  genau  die  Auslöschung  parallel  und  senkrecht  zur  Kante 
P  :  M,  so  dass  eine  Hinneigung  zum  Anorthoklas  nicht  existirt. 
Auch  unter  der  Bertrand' sehen  Quarzquadrantenplatte  entsprach 
der  Schnitt  durchaus  den  Anforderungen  einer  Basis  des  monoklinen 
Systems.  In  der  klaren  Masse,  auf  deren  feinen  Rissen  sich 
etwas  Eisenoxydhydrat  abgelagert  hatte,  wurden  etliche  Plagioklas- 
einschlüsse  beobachtet,  deren  Lamellirmig  entweder  parallel  oder 
senkrecht  zur  Kante  P  :  M  gerichtet  war.  An  sonstigen  Inter- 
Positionen  erwiesen  sich  die  Schnitte  sehr  arm.  Vereinzelte  Erz- 
körnchen, Biotitblättchen,  Zirkonlo-yställchen  und  Einschlüsse  von 
Glas  waren  vorhanden.  Dagegen  zeigten  sich  bizarr  gestaltete  Gas- 
poren, vielfach  zu  Gruppen  angeordnet,  sehr  häufig.  In  dem 
Dünnschliff  nach  M  wurde  bei  der  Bestimmung  der  Auslöschungs- 
richtungen gefunden,  dass  eine  derselben  mit  der  Kante  P  :  M 
einen  Winkel  von  5"  bildet.  Zur  Feststellung  der  Lage  der 
optischen  Axen-Ebene  Hess  ich  nun  normal  zu  dieser  Auslöschungs- 
richtung einen  dicken  Schliff  anfertigen.  Im  Nöerenberg' sehen 
Polarisationsinstrument  gab  derselbe  wegen  der  gi'ossen  Rissigkeit 
des  Sanidins  nur  ein  sehr  unvollkommenes  Axenbild.  dagegen 
zeigte  sich  bei  der  Untersuchung  in  dem  für  convergentes  Licht  einge- 
richteten Mikroskop  an  mehi'eren  wasserhellen  Stellen  eine  sehr 
deutliche  Interferenzfigur  und  bei  Drehung  des  Objecttisches  war 
der  Austritt  der  optischen  Axen  mit  ziemlich  kleinem  Winkel 
recht  gut  zu  beobachten.  Die  Trace  der  optischen  Axenebene 
verläuft  parallel  der  Kante  OP  :  ocPao .  Dieselbe  liegt  also  normal 
zum  klinodiagonalen  Hauptschnitt,  und  jene  Auslöschungsrichtung, 
welche  mit  der  Klinodiagonalen  den  Winkel  von  5 "  bildet,  giebt 


')  J.  F.  Williams,    Ueber    den    Monte   Amiata    in   Toscana    und 
seine  Gesteine.     N.  Jahrb.  f.  Miner.     Beilage-Bd.  V.  1887,  S.  415. 


die  Lage  der  spitzen  Bissectix  an,  daher  c  =  b.  Horizontale 
Dispersion,  p  >  u.  Der  Charakter  der  Doppelbrechung  wurde  ver- 
mittelst eines  Viertelundulations-Glimmerblättoliens  als  negativ  er- 
kannt. Der  Sanidin  des  Frohnfeldes  weicht  also  in  Bezug  auf 
optische  Orientirung  in  keiner  Weise  von  den  für  die  orthotomen 
Feldspathe  im  Allgemeinen  gefundenen  Regeln  ab. 

Die  grösseren  wohlausgebildeten  Sanidinkrystalle  kommen 
also  in  der  Eifel  nur,  wie  schon  mehrfach  hervorgehoben,  im 
Trachyt  des  Frohnfeldes  bei  Kelberg  vor  und  sind  auch  hier  bei 
Weitem  nicht  so  häufig  wie  am  Drachenfels.  Es  lässt  sich  des- 
halb auch  nicht  die  von  dort  her  bekannte,  durch  den  Parallelis- 
mus der  porphyrischen  Feldspathe  hervorgei'ufene  Parallel- Structur 
wahrnehmen. 

Bieten  so  die  Eifeler  Trachyte  makroskopisch  durch  die 
Farbe  der  Grundmasse  und  die  Grösse  der  porphyrischen  Feld- 
spathe noch  einige  Verschiedenheiten  dar,  so  erweisen  sie  sich 
im  Dünnschliff  doch  durchaus  als  zu  einem  und  demselben  Tj-pus 
gehörig.  U.  d.  M.  zeigt  sich,  dass  die  Grundmasse  derselben 
vorwiegend  aus  einem  Gemenge  äusserst  kleiner,  leistenförmiger 
Feldspathe  von  steilenweise  fluidaler  Anordnung  mit  spärlichen 
dazwischen  geklemmten  Partikelcheu  eines  bräunlichen  Glases  be- 
steht. Bei  starker  Vergrösserung  erweist  sich  diese  hyaline 
Zwischenmasse  häufig  als  mit  äusserst  kleinen  Gasporen  erfüllt, 
üeber  die  Zugehörigkeit  der  winzigen,  vielfach  mikrolithischen 
Feldspathe  zum  monoklinen  oder  triklinen  System  lässt  sich  etwas 
Bestimmtes  wohl  nicht  aussagen.  Deutliche  Zwillingsstreifung  ist 
an  denselben  nur  selten  wahrzunehmen.  Die  Mehrzahl  derselben 
scheint  parallel  und  senkrecht  zu  ihrer  Läugserstreckung  auszu- 
löschen und  ist  somit  w'ohl  als  Sanidin  anzusehen.  Die  in  dieser 
Grundmasse  mikroporphyrisch  ausgeschiedenen  Feldspathe,  welche 
durch  alle  Dimensionen  mit  den  makroskopischen  zusammenhängen, 
sind  noch  ziemlich  frisch  und  enthalten  Einschlüsse  von  Glas, 
Erz.  Ideinen  Zirkonen,  Bio titblätt eben  und  Apatitnädelchen.  Sie 
bilden  oft  scheinbar  regellose  Zusammenhäufungen  verschiedener 
Indi\'iduen.  Der  grössere  Theil  gehört  wegen  der  graden  Aus- 
löschung und  der  stark  entwickelten  Rissigkeit  jedenfalls  dem 
monoklinen  Sanidin  an.  Diejenigen  Schnitte  jedoch,  welche  durch 
ihre  deutliche  poly synthetische  Zwillingslamellirung  ihre  trikline 
Natur  ausser  Frage  stellen,  kommen  an  Menge  dem  Sanidin  fast 
gleich.  Zonarstructur  ist  selten  und  nur  undeutlich.  Yon  jed- 
weder Andeutung  einer  sphärolithischen  Sti'uctur  ist  die  Grund- 
masse ganz  frei. 

Der  Biotit  erscheint  theils  in  stark  dichroitischen.  öfters 
mannigfach   gebogenen   und  geknickten   lamellaren  Längsschnitten, 


theils  in  sechsseitigen  Schnitten  parallel  der  Basis.  Einschlüsse 
von  Apatit  und  Magnetit  in  demselben  sind  häufig;  überall,  längs 
den  Spaltungsrissen  und  am  äusseren  Rande,  ist  er  von  der  be- 
kannten opacitischen  Substanz  umgeben,  über  deren  Natur  sich  hier 
nichts  Näheres  feststellen  lässt.  Frischer  Augit  scheint  als  solcher 
nicht  vorzukommen.  Auf  seine  frühere  Gegenwart  verweisen  aber 
unzweifelhaft  die  scharfen  charakteristischen  achtseitigen  Durch- 
schnitte, gebildet  von  ocPoo  [100];  cf.¥co  [OlOj;  ocP[110],  welche 
bis  0,25  mm  nach  der  Axe  b  messen.  Die  ursprüngliche  Augit- 
Substanz  ist  jedoch  vollständig  in  eine  hell  gelbe,  trübe,  fein- 
körnige Masse  umgewandelt,  welche  bei  dem  Präpariren  leicht 
herausfällt,  so  dass  nur  die  Hohlräume  mit  den  bekannten  Con- 
turen  übrig  bleiben.  Dasselbe  Umwandlungsproduct  des  Augits 
erscheint  auch  in  den  zugehörigen  länglichen  Durchschnitten  nach 
der  Yerticalaxe.  Eine  ähnliche  Erscheinung  wird  von  Schwerdt  ^) 
am  Augittrachyt  von  Wei-hsieu  in  Schantung  hervorgehoben. 
Dieser  so  beschaffene  augitische  Gemengtheil,  welcher  gegen  den 
Glimmer  sehr  zurücktritt,  ist  übrigens  im  Frohnfelder  Trachyt 
am  häufigsten,  während  er  in  den  Varietäten  von  Reimerath  und 
Hünerbach  nur  äusserst  sporadisch  auftritt.  Schwarzes  Erz  ist 
theils  in  äusserst  winzigen  Partikelchen  in  der  Grundmasse  ver- 
theilt,  theils  in  einzelnen  grösseren  Körnern  in  derselben  zerstreut. 
Dass  ein  grosser  Theil  dem  Magnetit  angehört,  bezeugen  die 
deutlich  regulären  Formen,  welche  manche  Körner  aufweisen, 
jedoch  ist  unzweifelhaft  auch  Titaneisen  in  nicht  geringer  Menge 
vorhanden,  wie  die  für  dieses  Erz  charakteristische  Unn-andung 
von  Leukoxen  beweist.  Mehrere  Partieen  (bis  zu  1  mm  Grösse) 
dieser  milchig-trüben  Substanz  wurden  beobachtet,  welche  sehr 
schön  zeigten,  wie  die  Pseudomorphose  dem  schaligen  Bau  des 
Titaneisens  nach  R  folgt,  wobei  dann  ein  Theil  des  Titaneisens, 
welcher  der  Zersetzung  widerstanden  hat,  in  Gestalt  zarter  La- 
mellen, welche  sich  unter  Winkeln  von  60  ^  kreuzen,  erhalten  ge- 
blieben ist.  Allerdings  besitzen  auch  manche  Körner  mit  Con- 
tureu,  welche  auf  das  reguläre  Sj'stem  hindeuten,  Leukoxen-Rinde, 
was  auf  einen  Titansäure-Gehalt  des  Magnetits  hinweist.  Apatit 
ist  in  der  Grundmasse  dieser  Trachyte  sehr  häufig.  Vielfach  ist 
er  in  Gestalt  kleinster  Nädelchen  in  den  Feldspathen  einge- 
schlossen, häufig  durchsticht  er  auch  in  gleicher  Form  die  Glimmer- 
durchschnitte und  vereinzelte  Erzkörner.  Grössere  Krystalle  (his 
zu  1,0  mm  Länge)  liegen  porphyrisch  in  der  Grundmasse  vertheilt 


^)  R.  Schwerdt,  Untersuchungen  über  Gesteine  der  chinesischen 
Provinzen  Schantung  und  Liautung;  Zeitschr.  d.  deutsch,  geol.  Ges. 
1886,  p.  229. 


und  zeigen  sich  mit  den  bekannten  staubartigen  Interpositionen  erfüllt, 
welche  vielfach  in  Form  von  Stäbchen  parallel  der  Längsaxe  ange- 
ordnet sind.  Theils  erscheinen  Längsschnitte  des  Apatits,  gewöhnlich 
an  den  Enden  abgerundet  und  P  oder  OP  nur  undeutlich  er- 
keinien  lassend,  theils  hexagonale  Querschnitte.  Parallelverwachsung 
nach  der  Längsaxe  ist  häutig  zu  beobachten.  Ueberall  zeigt  sich 
deutliche  basische  Zerklüftung.  Zirkon  ist  gleichfalls  verhält- 
nissmässig  häufig  in  stark  lichtbrechenden  Körnern,  welche  meist 
nur  undeutliche  Kry stallformen  darbieten.  Er  tritt  ebensowohl 
als  Einschluss  in  den  Feldspathen  als  auch  selbstständig  in  der 
Grundmasse  zerstreut  auf.  Titanit  in  den  spitz-keilförmigen  Durch- 
schnitten wird  häufig  wahrgenommen,  daneben  erscheint  er  jedoch 
auch  nicht  selten  in  leistenförmigen  nach  OP  verzwillingten  In- 
dividuen. Seine  Farbe  ist  gelblich-grün  bis  wasserhell,  nicht 
immer  ist  er  ganz  klar,  vielmehr  zeigt  er  vielfach  Zersetzungs- 
Erscheinungen  in  eine  weisslich-trübe  Substanz.  Schliesslich  ist 
noch  das  Auftreten  von  Tridymit  zu  erwähnen,  welcher  ganz  über- 
einstimmend mit  dem  Vorkommen  vom  Drachenfels  kleine  mikro- 
skopische Nestchen  von  zarten,  wasserklaren  übereinander  ge- 
schuppten Blättchen  als  Ausfüllungen  der  kleinsten  Hohlräume 
bildet.  Mit  blossem  Auge  erkennbarer  Tridymit  wurde  nicht  be- 
obachtet. Bemerkenswerth  ist  noch,  dass  diesen  Trachyteu  ein 
Gehalt  von  Hornblende,  sowohl  in  frischem  oder  verwittertem  als 
in  dem  wohlbekannten  kaustisch  veränderten  Zustande,  gänzlich 
abgeht,  worin  eine  weitere  Analogie  mit  dem  Typus  des  Drachen- 
fels gegeben  ist.  Demi  wenn  auch  nach  älteren  makroskopischen 
Angaben  Hornblende  hier  und  da  im  Gestein  des  letzteren  vor- 
kommen soll,  so  pflegt  sie  doch  in  den  Dünnschliffen  völlig  ver- 
misst  zu  werden. 

Eine  von  mir  im  chemischen  Laboratorium  des  Herrn  Prof. 
Stohmann  ausgeführte  Bauschanalyse  des  Trachyts  vom  Frohn- 
felde  ergab  folgendes  unter  L  mitgetheilte  Resultat.  Zum  Ver- 
gleich ist  die  Analyse  der  Grundmasse  des  Gesteins  vom  Drachen- 
fels (H.)  nach  Rammelsberg  ^)  und,  um  des  Gegensatzes  willen, 
diejenige  des  Amphibol-Andesits  vom  Freienhäuschen  bei  Kelberg 
nach  Zirkel  (1.   c.  p.   535)  beigegeben. 


')  C.   Rammelsberg,    Ueber    den    Trachyt   vom    Drachenfels    im 
Siebengebirge.     Zeitsclir.  d.  d.  geol.  Ges.  Bd.  XI.  1859,  S.  440. 


10 

I. 

Si02 65,01 

AI2O3 18.27 

Fe203 0,84 

FeO 0,83 

CaO 1,50 

MgO 0,80 

K2O 4,34 

Na20 6.79 

Glühverl.  H2O     .     .  1.74 


n. 

TU. 

65,07 

60,01 

16,13 

21.03 

5,17 

— 

— 

8,48 

2,74 

3,19 

0.67 

0,73 

4,44 

2,01 

4.70 

4,29 

0.70 

. — • 

100,12  99,69  99,74 


Mineralcombinationen,  welche  als  Producte  der  ersten  Ausscliei- 
dung  aus  dem  Magma  oder  als  eingeschlossene  Bruchstücke  älterer 
in  der  Tiefe  anstehender  Gesteine  zu  deuten  wären,  wurden  in 
diesen  Trachyten  nirgendwo  beobachtet. 


Die  Hornblende-Andesite  der  Eifel. 

Denselben  Gegensatz  in  den  Gesteinstypen,  welchen  wir  im 
Siebengebirge  durch  das  Auftreten  von  Hornblende-Andesit  am 
Stenzelberg,  an  der  Wolkenburg  u.  s.  av  vorfinden,  können  wir 
auch  wieder  in  der  Eifel  constatiren.  In  ganz  analoger  Weise 
kommen  nämlich  hier  neben  den  vorhin  beschriebenen  Trachyt- 
massen  auch  verschiedene  ausgezeichnete  Repräsentanten  von 
Amphibol-Andesit  vor.  Letzterer  bildet  im  Gegensatz  zum  Trachyt 
einige  mehr  oder  weniger  hervorragende  Erhebungen  und  Kuppen, 
welche  im  Umkreise  von  wenigen  Stunden  um  die  Trachyte  ge- 
legen sind.  Wenn  nun  auch  die  von  diesen  verschiedenen  Locali- 
täten  heiTührenden  Gesteine  in  ihrem  Gesammtcharakter  grosse 
Uebereinstimraung  zeigen,  so  weisen  dieselben  doch  in  ihrer 
petrographischen  Ausbildung  und  Zusammensetzung  manche  Ver- 
schiedenheiten auf.  sodass  eine  gesonderte  Beschreibung  der  ein- 
zelnen Vorkommnisse  notliwendig  erscheint. 

Hornblende-Andesite  südlich  von  Kelberg. 

Zunächst  finden  wir  südlich  von  Kelberg,  zwischen  den  Dörfern 
Köttelbach  und  Mosbruch,  westlich  vom  Hohen  Kelberg  eine  be- 
deutende Erhebung  von  Hornblende-Andesit.  welche  an  mehreren 
Punkten  aufgeschlossen  ist.  Aus  dem  südlichen  Theile  derselben 
ist  durch  die  Thätigkeit  der  Erosion  ein  in  west-östMcher  Rich- 
tung gestreckter,  kuppenähnlicher  Rücken  entstanden,  das  Freien- 
häuschen genannt,   während  in  dem  nördlichen  Theile  der  Andesit 


11 


flach  abfällt  und  wenig  mehr  aus  der  heutigen  Bodengestaltung 
hervorragt.  Dieser  nördliche  Theil  bildet  die  Unterlage  für  die 
Basalterhebung  des  Brinkenköpfchens.  An  dem  Südabhange  des 
Freienhäuschens,  nach  Mosbruch  zu,  ist  das  Gesteinsmaterial  durch 
mehrere  bedeutende  Steinbrüche  aufgeschlossen.  Die  Absonderung 
ist  daselbst  theils  breit-pfeilerartig,  theils  kugelig-schalig.  Die  Spitze 
des  Freienhäuschens  liegt  nach  v.  Decken  (1.  c.  p.  226)  579,5  m 
ü.  d.  M.  Nordwestlich  von  demselben  ist  dei  Andesit  wieder 
am  Abhang  des  sog.  Kranickelchens  sichtbar.  Es  ist  dies  ein 
niedriger  schmaler  Rücken,  welcher  sich  in  westlicher  Richtung 
an  das  Brinkenköpfchen  anschliesst;  auf  demselben  befindet  sich 
eine  grössere  ßaumgruppe,  sodass  man,  da  sich  ringsum  Wiesen 
befinden,  von  demselben  aus  der  Ferne  den  Eindruck  einer  höheren 
Erhebung  erhält.  In  diesem  Wäldchen  liegen  nur  vereinzelte 
Blöcke  vom  Basalt  des  Brinkenköpfchens  umlier,  dagegen  tritt 
am  Westabhange  des  Kranickelchens  der  Andesit  deutlich  an- 
stehend zu  Tage.  Sodann  ist  in  den  letzten  Jahren  noch  nord- 
östlich vom  Brinkenköpfchen,  nur  etwa  100  Schritt  vom  Fusse 
desselben  entfernt  ein  grösserer  Steinbruch  mitten  im  Ackerfeld 
angelegt  worden,  wodurch  die  Verbreitung  des  Andesits  auch 
nördlich  vom  Brinkenköpfchen  und  vom  Kranickelchen  erwiesen  ist. 
Die  Flur,  in  welcher  dieser  Steinbruch  liegt,  heisst  ^auf  den 
Heseln^  oder  ^auf  dem  Anwindsborn".  Endlich  führt  v.  Decken  (1.  c. 
p.  252)  noch  ein  „gangförmiges  Vorkommen-  von  Hornblende-Ande- 
sit  am  Südausgange  von  Köttelbach  an.  Ich  habe  diese  Stelle  in  dem 
Hohlwege,  welcher  zum  Brinkenköpfchen  hinaufiuhrt.  genau  unter- 
sucht und  daselbst  mir  grössere  Blöcke,  sowohl  von  Andesit  wie 
von  Basalt  in  unregelmässiger  Vertheilung  vorgefunden.  Es  ist 
daher  im  höchsten  Grade  wahrscheinlich,  dass  es  sich  hier  nicht 
um  anstehendes  Gestein  handelt,  sondern  um  grössere  Blöcke, 
welche  von  den  höher  gelegenen  Kuppen  her  ihren  Weg  hierhin 
gefunden  haben. 

Freienhäuschen.  Der  Honiblende  -  Andesit  des  Freien- 
häuschens zeigt  in  seinem  frischen  Zustande  makroskopisch  eine 
dichte  Grundmasse  von  dunkelgrauer  Färbung.  Der  Plagioklas 
tritt  meist  tafelartig  mit  weisslicher  Farbe  und  mattem  Glänze 
hervor,  allerdings  sind  bei  der  Dichtigkeit  des  Gesteins  seine  Con- 
turen  selten  deutlich  zu  erkennen,  besser  geben  sich  dieselben 
bei  der  Verwitterung  kund.  IVIit  der  Lupe  ist  die  Zwillings- 
streifung  an  demselben  gut  wahrzunehmen. 

Die  Hornblende  erscheint  regelmässig  eingesprengt  in  glänzend 
schwarzen,  meist  kurz  gedrungenen  Individuen.  Biotit  ist  nicht 
erkennbar.     Im  verwitterten  Zustande  nimmt  die  Grundmasse  des 


12 


Gesteins  eine  durch  Bildung  von  Eisenhydroxyd  hervorgebrachte 
roth-braune  Färbung  an.  Im  Dünnschlitf  u.  d.  M.  besteht  die 
Grundmasse  vorwiegend  aus  kleinen  nach  der  Axe  a  gestreckten 
Leistchen  von  Feldspath  mit  ausgezeichneter  Fluktuationsstructur. 
Bei  weitaus  den  meisten,  auch  den  kleinsten  Durchschnitten  wird 
deutliche  Zwillingsstreifung  und  beim  Drehen  zwischen  -f  Nicols 
continuirlich  wandernde  Auslöschung  wahrgenommen,  sodass  man 
über  ihre  Plagioklas-Natur  nicht  im  Zweifel  sein  kann.  Nur  bei 
stärkster  Vergrösserung  ist  ein  spärlicher  Glaskitt  von  hell  brauner 
Farbe  erkennbar.  Tridymit  ist  in  den  charakteristischen  dacli- 
ziegelartigen  Gruppirungen  mehrfach  zu  beobachten.  Diese  Grund- 
masse erscheint  übersät  mit  einer  Unzahl  von  Magnetitkörnchen 
und  kleinen  Prismen  von  grüner  Farbe,  welche  sich  wegen  ihrer 
bedeutenden  Auslöschungsschiefe  und  ihren  schon  bei  massiger 
Vergrösserung  deutlich  erkennbaren,  charakteristischen  Conturen 
unzweifelhaft  als  Augit  erweisen.  Als  grössere  Ausscheidungen 
treten  Feldspath,  Hornblende,  Augit  und  Apatit  auf.  Die  Durch- 
schnitte dieser  porphyrischen  Feldspathe  sind  meist  breit  leisten- 
förmig  mit  sehr  schöner  polysynthetischer  Zwillingslamellirung  und 
prachtvoller  Zonarstructur  und  zwar  geht  der  schalige  Bau  stets 
gleichmässig  ungehindert  durch  die  Zwillingsstreifung  hindurch. 
Schon  im  gewöhnlichen  Licht  ist  diese  ausgezeichnete  Zonar- 
structur vielfach  durch  äusserst  feine,  die  Grenzen  der  einzelnen 
Schalen  markirende  Linien  zu  erkennen.  Neben  diesen  deutlich 
schalig  aufgebauten  Individuen  rinden  sich  auch  viele,  bei  denen 
die  Zunahme  der  Acidität  der  Feldspathsubstanz  vom  Kerne  nach 
dem  Rande  zu  nur  ganz  allmählich  vor  sich  gegangen  ist,  was 
sich  an  den  Schnitten  durch  ausgezeichnete  continuirlich  fort- 
schreitende Auslöschungsschiefe  kundgiebt.  Grössere  Feldspathe, 
welche  sich  durch  Mangel  an  polysynthetischer  Zwillingsbildung, 
Spaltungsrisse  und  grade  Auslöschung  unzweifelhaft  als  Sanidin 
erweisen,  sind  sehr  selten.  Die  Plagioklase  verhalten  sich  in 
Bezug  auf  ihren  Gehalt  an  Interpositionen  sehr  verschieden.  Viele 
sind  von  ausserordentlicher  Klarheit  und  enthalten  nur  wenige 
Apatite  in  langen  quergegliederten  Nadeln  nebst  vereinzelten 
Zirkonen  und  Magnetitkörnchen,  andere  sind  von  Einschlüssen 
aller  Art  und  Grösse,  insbesondere  von  glasigen  Partikeln  fast 
vollständig  erfüllt  und  zeigen  nur  eine  schmale  Rinde  von  klarer 
Feldspathsubstanz.  Als  Zersetzungsproduct  der  feldspathigen  Ge- 
mengtheile  erscheint  Calcit  in  nicht  unbeträchtlicher  Menge.  Der- 
selbe tritt  mit  weisslicher,  lichtgrauer  Farbe,  theilweise  in  kleinen 
Schnüren  mit  faseriger  Aggregation,  theils  in  grösseren  Partieen 
auf  und  lässt  dann  deutlich  die  Spaltbarkeit  nach  dem  Grund- 
rhomboeder    erkennen.     Die   Hornblende    zeigt,    wo    vollständige 


13 


Kiystalldurchstlmitte  sichtbar  sind,  die  regelmässigen  Begrenzungen. 
Die  sechsseitigen  Querschnitte  sind  durch  ocP  und  ccPao  gebildet, 
unter  denen  wie  gewöhnlich  ooP  vorwiegt.  Parallel  den  Prismen- 
flächen erscheint  die  regelmässig  verlaufende  Spaltbarkeit.  Die 
Längsschnitte  weisen  weniger  scharfe  Krystallforin  auf  und  lassen 
mehr  die  Wirkungen  der  Corrosion  erkennen,  nur  selten  ist  noch 
P  und  OP  an  ihnen  wahrzunehmen.  Zwillinge  nach  o:Px  sind 
sehr  häutig.  Zwischen  -f  Nicols  bildet  bekanntlich  bei  den 
Querschnitten  derselben  die  Zwillingsnaht  eine  Linie  parallel 
odPoo  .  Nun  wird  in  Schnitten  genau  parallel  einer  Fläche  aus 
der  Verticalzone  die  Zwillingsgrenze  der  Spaltbarkeit  parallel  ver- 
laufen, in  allen  anderen,  also  schiefen  Schnitten  dagegen,  welche 
keiner  krystallographischen  Axenrichtung  parallel  gehen,  muss 
dieselbe  mit  der  Spältbarkeit  einen  grösseren  oder  kleineren 
Winkel  bilden  und  auch  die  hierdurch  gebildeten  Abschnitte  des 
Durchschnitts  werden  verschiedene  Auslöschungsschiefen  zeigen. 
Solche  schiefe  Schnitte  sind  natürlich  in  den  Präparaten  bei 
weitem  am  häufigsten.  In  derselben  Weise  bilden  bei  lamellar 
verzwillingten  Augiten  in  Längsschnitten  die  Lamellen  oft  einen 
schiefen  Winkel  mit  den  Spaltrissen.  Längere  Zeit  hat  man  bei 
der  Wahrnehmung  des  schiefen  Verlaufes  der  Zwillingsnaht  zur 
Spaltrichtung  bei  der  Hornblende  auf  das  Vorhandensein  eines 
weiteren  Zwillingsgesetzes  schliessen  zu  köimen  geglaubt.  Auch 
Bruhns^).  Rudolph^).  Hyland^)  erwähnen  diese  Erscheinung. 
Becke"^)  hat  nachgewiesen,  dass  in  solchen  Fällen  nur  schiefe 
Schnitte  von  Zwillingen  nach  dem  gewöhnlichen  Gesetz  vorliegen 
können.  Der  Pleochroismus  der  Hornblende  ist  sehr  stark,  a  = 
hell  gelb-grün.  6  =  hell  braun,  c  =  dunkel  olivengrün.  Die  Aus- 
löschungsschiefe auf  (xPx  wurde  bis  zu  17"  gemessen.  An  Ein- 
schlüssen führt  die  Hornblende  Glas,  grosse  Erzkörner,  Apatit- 
nadeln.    Auch  Plagioklas  wurde  als  Einschluss  beobachtet. 

Fast  sämmtliche  Schnitte  der  Hornblende  finden  sich  mit 
einem  mehr  oder  weniger  breiten  Rande  umgeben.  Derselbe  be- 
steht, wie  schon  bei  massiger  Vergrösscrung  deutlich  zu  sehen 
ist,  hier  aus  Anhäufungen  von  kleinen  grünlichen  Prismen  und 
opaken  Körnchen.     Die  kleinen  Prismen  erreichen  im  Mittel  eine 


*)  W.  Bruhns,  Der  Porphyritzug  von  Wilsdruff  -  Potschappel. 
Zeitschr.  d.  deutsch,  geol.  Ges.,  1886,  p.  742. 

^)  Fr.  Rudolph,  Beitrag  zur  Petrographie  der  Anden  von  Peru 
und  Bolivia.     Mineral,  u.  petrogr.  Mitth.  IX,  1887,  p.  284. 

^)  J.  Shearson  Hyland,  Ueber  die  Gesteine  des  Kilimandscharo 
und  dessen  Umgebung.     Ebendas.  X,  1889,  p.  238. 

*)  Fr.  Becke,  Ueber  Zwillingsverwachsungen  gesteinbilderder 
Pvroxene  und  Amphibole.     Ebendas.  VII,  1885,  p.  98—107. 


14 


Grösse  von  0.012  mm.  sie  stimmen  in  Bezug  auf  Farbe  und 
optisches  Verhalten  vollkommen  mit  den  in  der  feldspathigen 
Grundmasse  zerstreuten  Individuen  überein  und  gehören  somit  dem 
Augit  an.  Die  opaken  Körnchen  besitzen  durchschnittlich  einen 
Durchmesser  von  0,009  mm  und  zeigen  wegen  ihrer  regulären 
Formen  und  des  deutlich  metallischen  Glanzes  im  abgeblendeten 
Licht  gleichfalls  solche  Aehnlichkeit  mit  den  Magnetitkörnchen 
der  Grundmasse,  dass  dieselben  wohl  auch  diesem  Mineral  ange- 
hören. Aus  mancherlei  Umständen  ist  ersichtlich,  dass  hier  nicht 
etwa  nur  eine  blosse  Umlageruug  dieser  Gebilde  um  die  Horn- 
blende-Individuen vorliegt,  sondern  dass  wir  diese  Zonen  als 
Producte  der  Einwirkung  des  feurig-flüssigen  Magmas  auf  die 
bereits  fertig  gebildeten  Hornblendekrystalle  zu  deuten  haben. 
Die  Hornblende  weist  nämlich  innerhalb  dieser  Kränze  niemals 
selbstständige,  ihr  eigenthümliche  Conturen  auf.  sondern  zeigt 
vielmehr  in  iliren  höchst  irregulär  verlaufenden  Umrissen  die 
offenbaren  Wirkungen  der  Corrosion.  An  manchen  Stellen  löst 
sich  die  Hornblendesubstanz  ganz  allmählich  auf  und  scheint  in 
das  randliche  Haufwerk  überzugehen.  Andere  Individuen  sind  fast 
vollständig  in  Augit  und  Magnetit  aufgelöst  und  zeigen  im  Innern 
nur  noch  einen  spärlichen  Rest  brauner  Hornblende.  Auch  die 
sogenannten  Pseudo-Krystalle.  Zusammenhäufungen  lediglich  von 
Augitsäulchen  und  Magnetitkörnchen,  welche  mehr  oder  weniger 
deutlich  die  bekannten  Hornblende-Conturen  zeigen,  sind  nicht 
selten.  Während  aber  sonst  bei  diesen  Umrandungen  der  Horn- 
blende die  neu  gebildeten  Augit-Individuen  so  winzige  Dimensionen 
zu  besitzen  und  so  innig  mit  den  Magnetitkörnchen  vermengt  zu 
sein  pflegen,  dass  die  Erkenntniss  der  augitischen  Natur  überhaupt 
bekanntlich  längere  Zeit  in  Anspruch  genommen  hat.  handelt  es 
sich  hier  um  ein  relativ  lockeres  Aggregat  von  verhältnissmässig 
grossen  Individuen  deren  mineralogische  Natur  ohne  weiteres  zu 
erkennen  wäre,  selbst  wenn  diese  Augite  nicht  in  Ausbildung  und 
Farbe  völlig  mit  denen  der  Grundmasse  übereinstimmten. 

Es  erscheint  bemerkenswerth,  dass  dieser  charakteristische 
Rand  der  Hornblende  von  Zirkel')  bereits  als  ein  Product  der 
kaustischen  Veränderung  durch  das  Magma  gedeutet  worden  ist, 
als  die  Natur  seiner  Zusammensetzung  noch  nicht  bekannt  war. 
Weiterhin  erfolgte  die  Erkenntniss  des  Magneteisens  in  demselben, 
wobei  jedoch  die  vorstehende  Erklärung  nicht  angenommen,  viel- 
mehr der  Rand  als  Product  einer  Umwandlung  der  Hornblende 
auf  nassem  Wege  angesehen  wurde,  (Cohen)  ^).    Diejenigen,  welchen 


*)  F.   Zirkel,    lieber  d.  kryst.   Gest.    längs   des  40.  Breitegr.  in 
Nordamerika.     Ber.  d.  Kön.  Sachs.  Ges.  der  Wissensch.  1877,  p.  181. 
2)  N.  Jahrb.  1881.  I,  p.  195. 


15 


sodaiiii  auch  die  Nachweisung  des  Augits  in  diesen  Rändern  ge- 
lang, beschränkten  sich  indessen  zunächst  auf  die  blosse  Be- 
schreibung und  vermieden  das  Eingehen  auf  eine  specielle  genetische 
Deutung,  indem  sie  lediglich  überhaupt  eine  Umwandlung  dabei 
anerkannten,  wie  Oebbeke  ^),  Hoepfner-),  Becke^j.  Kotö"^)  end- 
lich hat  zuerst  diese  Neubildung  von  Augit  und  Magnetit  aus 
Hornblende  als  ein  Product  der  Umschmelzung  hingestellt  und 
seitdem  darf  diese  Anschauung  als  allgemein  angenommen  gelten. 

In  dem  Haufwerk  der  Augit-  und  Magnetitkörnchen  erscheint 
zwischen  den  einzelnen  Kryställchen  eine  farblose,  schwach  bläulich 
polarisirende  Masse,  welche  wohl  als  Feldspath  zu  deuten  ist. 
Ob  derselbe  hier  nun  auch  als  ein  Umschmelzungsproduct  der 
Honiblende  anzusehen  ist,  ist  schwer  zu  entscheiden.  Hatch^) 
giebt  zwar  die  Neubildung  von  Feldspath  an  dem  Rande  einge- 
schmolzener Hornblende  an.  Grössere  Wahrscheinlichkeit  scheint 
wohl  die  Annahme  für  sich  zu  haben,  dass  in  diesem  Falle  an 
den  Rändern  die  Feldspathsubstanz  dem  Magma  angehört,  indem 
sie  sich  Avährend  oder  nach  der  Neubildung  der  kleinen  Kryställ- 
chen aus  dem  noch  flüssigen  Theile  desselben  ausschied  und 
zwischen  die  letzteren  drängte. 

Neben  dem  vorhin  beschriebenen  Augit  in  Mikrolithenform 
kommt  derselbe  jedoch  auch  reichlich  in  Gestalt  grösserer  Ein- 
sprengunge vor.  Die  aus  der  mikroskopischen  Grundmasse  her- 
vorti'etenden  Krystalldurchschnitte  desselben  zeigen  theils  die  be- 
kannte achtseitige  Begi-enzung,  theils  Leistenform  in  den  Längs- 
schnitten. Die  Spaltbarkeit  ist  gut  entwickelt,  die  Farbe  schön 
flaschengrün  mit  schwachem  Pleochroismus.  Manche  Schnitte 
zeigen  Andeutungen  von  zonarem  Aufbau.  Die  Zwillingsbildung, 
mehrfach  eine  lamellare,  nach  ooPoo  ist  häutig  zu  beobachten.  An 
Interpositionen  enthält  der  Augit  Einschlüsse  von  Glas,  Apatit, 
Magnetit.  Nirgendwo  zeigt  sich  an  demselben  eine  Spur  von 
kaustischer  Veränderung.  —  Apatit  tritt,  wie  in  den  Trachyten, 
theils  in  langen  quergegliederten  Nadeln  auf  und  bildet  dann 
Interpositionen  in  den  grösseren  Einsprengungen,  theils  findet  er 
sich  in  grösseren  Krystallen  (bis  zu  0,7  mm  Länge)   mit  massen- 


*)  K.  Oebbeke,  Beiträge  zur  Petrographie  der  Philippinen  und 
der  Palau-Inseln.     N.  Jahrb.  1881,  Beil.  Bd    I,  p.  474. 

-)  C.  HoEPFNER,  Ueber  das  Gestein  des  Monte  Tajumbina.  Eben- 
daselbst 1881,  II,  p.  171. 

^)  F.  Becke,  Eruptivgesteine  aus  der  Gneissformation  des  nieder- 
österr.  Waldviertels.     Min.  u.  petr.  Mitth.  Bd.  V,  1883,  p.  171. 

*)  B.  KoTo,  On  some  Japanese  rocks;  Quarterly  Journal  of  the 
Geological  Society,  XL.  1884,  p.  489. 

^)  Fr.  H.  Hatch,  Ueber  die  Gesteine  der  Vulcangruppe  von  Ai'e- 
quipa.     Min.  u.  petr.  Mitth.  YII.  1886,  p.  344  u.  352. 


16 


haften  Mikrolithen  durchsetzt  in  der  Grundmassc  zerstreut.  An 
den  basischen  Schnitten  wird  die  Anordnung  derselben  parallel 
den  Prismenflächen  oft  deutlich  wahrgenommen.  Biotit  erscheint 
nur  sehr  vereinzelt  in  kleinen  Blättchen.  Er  ist  durch  seinen 
äusserst  starken  Pleochroismus  mit  helleren  Farben :  c  =  roth- 
braun, a  =  hell  gelb,  sowie  durch  das  Fehlen  der  Spaltbarkeit  und 
des  Pleochroismus  in  den  Schnitten  parallel  OP  von  der  Horn- 
blende wohl  zu  unterscheiden. 

Magnetit  findet  sich  ausser  den  in  der  Grundmasse  regel- 
mässig verstreuten  Körnchen,  auch  noch  als  grösserer  Einspreng- 
ung, sowohl  in  dickeren  Körnern  mit  deutlich  regulären  Formen, 
als  auch  in  wie  zerhackt  aussehenden  Partieen.  Nirgendwo  zeigt 
sich  an  ihm  eine  Umwandlung  in  Leukoxen.  Titanit  in  keilförmigen 
Durchschnitten  und  Zirkon  in  kleinen  stark  lichtbrechenden  Körn- 
chen sind  selten. 

Von  dem  in  Folge  der  Verwitterung  bräunlichen  Gestein 
wurden  ebenfalls  Dünnschliffe  angefertigt.  U.  d.  M.  erscheint 
die  Grundmasse  roth-braun  gefärbt.  Die  J'eldspathe  zeigen  durch 
Bildung  von  Cälcit  eine  milchige  Trübung,  welche  namentlich 
von  den  Spaltrissen  ausgeht.  Eisenhydroxyd  ist  ebenfalls  auf 
den  Spalten  der  Feldspathe  vielfach  in  tief  rothen  Streifen  zur 
Ausscheidung  gelangt.  Namentlich  aber  erscheint  dasselbe  in 
roth-braun  durchscheinenden  Massen  als  Umwandlungsproduct  des 
Magnetits.     Hornblende  und  Augit  sind  wenig  angegriffen. 

Hornblende-Andesit  von  den  Heseln  und  vom  Kra- 
nickelchen. —  Die  Gesteine  von  der  nördlichen  und  der  west- 
lichen Seite  der  Andesit-Erhebung  zwischen  Mosbruch  und  Köttel- 
bach,  also  von  den  Heseln  und  vom  Westabhange  des  Kranickelchens 
zeigen  makroskopisch  wie  mJkroskopisch  nur  geringe  Verschieden- 
heiten von  dem  Material  am  Freienhäuschen.  Das  Gestein  von 
den  Heseln  ist  nicht  so  dicht  wie  dasjenige  vom  Freienhäuschen; 
durch  seine  mehr  licht  graue  Farbe  treten  die  Hornblende-Krystalle 
noch  deutlicher  hervor.  Plagioklasleisten  mit  deutlich  erkennbarer 
Zwillingslamellirung  und  lebhaftem  Glänze  sind  ebenfalls  makro- 
skopisch gut  zu  erkennen.  Das  Gestein  ist  von  der  Verwitterung 
noch  wenig  angegriffen.  Auch  im  Dünnschliff  zeigt  dasselbe  viel 
Aehnlichkeit  mit  demjenigen  vom  Freienhäuschen.  In  der  Grund- 
raasse  erscheinen  die  Feldspathleisten  alle  deutlich  gestreift,  Glas- 
basis scheint  etwas  mehr  vorhanden  zu  sein  wie  dort.  Die  kleinen 
Augit-Prismen  sind  nicht  so  regelmässig  conturirt  und  von  mehr 
blass  grüner  Farbe.  Am  bemerkenswerthesten  erscheint  es .  dass 
die  Hornblende  weniger  corrodirte  Formen  und  nicht  so  breite 
Umschmelzungsrinden  aufweist,  wie  dort.  Ueberall  geht  jedoch 
deutlich  Augit  und  Magnetit  als  Product  der  Umschmelzung  hervor. 
Auch  die  Augit-Magnetit- Aggregate ,   welche  ihre  Entstehung  ein- 


17 


geschmolzener  Hornblende  verdanken,  sind  seltener.  Die  grösseren 
Feldspath-Einsprenglinge  zeigen  überall  deutliche  Zwillingsstreifung 
und  zonalen  Bau.  Ein  Theil  des  Feldspaths  wurde  jedenfalls 
schon  vor  der  Einschmelzung  der  Hornblende  ausgeschieden,  da 
an  Stellen,  wo  ein  Feldspath  an  dieselbe  angelagert  ist,  die  Um- 
randung fehlt.  Dieselbe  Erscheinung  wird  von  Rudolph  (1.  c  , 
pag.  295)  mitgetheilt.  Andererseits  wurden  auch  wiederum  in 
manchen  Hornblende  -  Querschnitten  Einschlüsse  von  Feldspath 
beobachtet. 

Verwachsung  von  Biotit  und  Hornblende  ist  mehrfach  wahr- 
zunehmen, und  zwar  verläuft  die  Lamellirung  des  Biotits  in  den 
Hornblende  -  Querschnitten  parallel  der  Axe  b,  sodass  OP  des 
Glimmers  parallel  dem  (nicht  auftretenden)  <xPoo  der  Hornblende 
orientirt  ist.  Dieselbe  Art  der  Verwachsung  beschreibt  auch 
ScHWERDT^).  Grössere  Augit-Einsprenglinge  sind  nicht  so  häufig 
wie  am  Freienhäuschen,  ihre  Ausbildung  ist  die  nämliche  wie 
dort.     Auch  die  Accessorien  zeigen  keine  Verschiedenheit. 

Die  am  Westabhang  des  Kranickels  geschlagenen  Handstücke 
zeugen  von  sehr  starker  Verwitterung,  makroskopisch  gleichen 
dieselben  vollkommen  dem  verwitterten  Gestein  vom  Freienhäus- 
chen. U.  d.  M.  ist  die  Ausbildung  der  Geraengtheile  die  gleiche 
wie  im  Gestein  von  den  Heseln. 

Es  ist  also  zu  constatiren,  dass  in  diesen  soeben  beschrie- 
benen Andesiten,  welche  geologisch  jedenfalls  zusammengehören 
und  durch  eine  einzige  Eruption  entstanden  sind,  die  Einschmelzung 
der  Hornblende  thatsächlich  mit  der  Zu-  resp.  Abnahme  des 
Augits  in  Zusammenhang  zu  stehen  scheint,  da  in  dem  nördlichen 
Theile  dieser  Erhebung,  wo  die  Hornblende  in  nur  wenig  ver- 
ändertem Zustande  vorhanden  ist,  auch  der  Augit  zurücktritt,  da- 
gegen in  dem  südlichen  Theile,  wo  die  Hornblende  in  hohem 
Grade  Spuren  der  Einschmelzung  trägt,  der  augitische  Gemeng- 
theil sich  reichlicher  einstellt.  Es  liegen  also  auch  hier  wiederum 
analoge  Verhältnisse  wie  im  Siebengebirge  vor.  wo,  wie  v.  Lasaulx  -) 
nachgewiesen  hat,  in  genetisch  zusammengehörigen  Andesiten  die- 
selbe Beziehung  besteht,  indem  mit  der  successiven  Einschmelzung 
der  Hornblende  der  augitische  Bestandtheil  das  Uebergewicht 
bekommt. 

Brinkenköpfchen.  An  dieser  Stelle  scheint  es  angebracht, 
die  Besprechung  des  Gesteins  vom  Brinkenköpfchen  einzuschalten, 


')  a.  a.  0.  pag.  221  u.  t.  5,  f.  2. 

-)  V.  Lasaulx,    Ueber  Vorkommen    und  Verbreitung    der  Augit- 
Andesite  im  Siebengebirge.    Sitzungsber.  nicderrh.  Ges.  Nat.  u.  Heilk. 
Bonn  1884,  pag.   ]ni. 
Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLIL  1.  2 


obwohl  dasselbe  nicht  zu  den  Andesiten,  sondern  zu  den  Horn- 
blende führenden  olivinarmen  Basalten  zu  zählen  ist.  Der  Brink 
oder  das  Brinkenköpfchen  bildet  eine  deutlich  hervorragende  Kuppe 
nördlich  vom  Freienhäuschen  und  ist  wie  dieses  mit  dichtem  Ge- 
strüpp bewachsen.  Sein  Gipfel  überragt  das  Freienhäuschen  etwa 
um  15  m.  An  der  nördlichen  Seite,  nach  Köttelbach  zu,  ist  ein 
kleiner  Steinbruch  angelegt,  in  welchem  regelmässige  säulenförmige 
Absonderung  sichtbar  wird.  Im  Handstück  macht  das  Gestein 
wegen  seiner  grossen  Dichte  und  seiner  blau-schwarzen  Farbe 
einen  durchaus  basaltischen  doleritartigen  Eindruck,  nur  fällt  sofort 
das  Fehlen  des  makroskopischen  Olivins  auf.  Die  Hornblenden 
und  Plagioklase  sind  mit  dem  blossen  Auge  deutlich  wahrzu- 
nehmen, ebenso  hin  und  wieder  Augit.  Bei  der  mikroskopischen 
Untersuchung  dagegen  erscheint  es  vielleicht  zunächst  zweifelhaft, 
ob  dieses  Gestein  zu  den  Basalten  oder  zu  den  Andesiten  zu 
zählen  ist.  Zirkel^)  bezeichnet  dasselbe  als  doleritartigen  Basalt, 
hebt  aber  auch  den  Mangel  an  Olivinen  hervor  und  bemerkt, 
dasselbe  mache  „einen  eigenthümlichen  an  Andesit  eiinnernden 
Eindruck".  Sommerlad ^)  führt  dasselbe  unter  den  hornblende- 
führenden Basaltgesteinen  auf  ohne  eine  detaillirte  Beschreibung 
mitzutheilen.  U.  d.  M.  zeigt  das  Gestein  vom  Brinkenköpfchen 
eine  holokrystalline  Grundmasse,  welche  aus  gut  conturirten  Augit- 
krystallen,  Magnetitkörnchen  und  deutlich  gestreiften  Plagioklas- 
leisten  besteht.  In  derselben  liegen  grössere  Plagioklase,  Horn- 
blenden und  Augite  eingebettet.  In  vielen  Schliffen  verliert  sich 
jedoch  dieser  porphyrische  Charakter  des  Gesteins,  und  es  er- 
scheint ein  vollkommen  gleichmässiges  Gemenge  der  genannten 
Mineralien.  Die  grösseren  Plagioklase  sind  denen  der  benach- 
barten Andesite  sehr  ähnlich,  sie  zeigen  ebenfalls  meist  schöne 
Zwillingsstreifung.  nur  ist  die  Zonarstrnctur  sehr  schwach  ent- 
wickelt. Viele  derselben  sind  mit  massenhaften  Glaseinschlüssen 
erfüllt. 

Die  Hornblende  ist  sehr  interessant  durch  ihre  vielen  Um- 
schmelzungsproducte.  Alle  Individuen  sind  im  höchsten  Grade 
corrodirt  und  zeigen  die  schwarze  opacitische  Umrandung.  Die- 
selbe ist  bekanntlich  an  diesem  Gestein  zuerst  von  Zirkel^)  be- 
schrieben worden.  Der  schwarze  Rand  besteht  hier  zumeist  ledig- 
lich aus  opacitischen  Körnchen,  welche  alle  reguläre  Formen 
aufweisen  und  wohl  bestimmt  dem  Magnetit  angehören.  An  vielen 
Stellen   ist  jedoch    auch    die   Auflösung    der   Hornblende    in    ein 


^)  F.  Zirkel,  Untersuchunsen  über  die  Basaltgesteine,  pag.  117. 
^)  H.  Sommerlad,   Ueber  hornblendeführende  Basaltgesteine.    N. 
Jahrb.,  Beilage-Bd.  II,  1883,  pag.  139—185. 
^)  Basaltgesteine,  pag.  75  u.  106. 


19 


Geraenge  von  jenen  Magnetit  körn  clien  und  kleinen  grünlichen  Axigit- 
prisrnen  eingetreten.  Nicht  selten  erscheinen  ferner  namentlich  im 
Innern  der  Hornblende-Schnitte  als  Producte  der  Unisclmielzung 
jene  braunen,  stark  dichroitischen ,  keulenförmigen  Körperchen, 
welche  nach  den  ausfüluiiclien  Untersuchungen  von  Lenk  ^)  und 
Hyland  (1.  c  pag.  239)  wohl  mit  Sicherheit  als  neugebildete  Horn- 
blende gedeutet  werden  können.  Endlich  zeigt  sich  auch  vielfach 
im  Innern  von  sehr  stark  corrodirten  und  in  einzelne  Theile  zer- 
borstenen Hornblende-Individuen  Feldspath  in  solchem  Zusammen- 
hang mit  den  restirenden  Theilen  der  Hornblende,  dass  er  wohl 
nicht  als  vor  der  Hornblende  ausgeschieden  aufgefasst  werden 
kann,  sondern  entschieden  hier  Neubildungsproduct  ist.  Hatch^) 
beschreibt,  wie  schon  erwähnt,  mehrfach  Feldspath  als  aus  der 
kaustischen  Umwandlung  von  Hornblende  hervorgegangen.  Oefters 
zeigen  die  Längsschnitte  der  Hornblende  im  Innern  einen  dunklen 
Kern  und  einen  etwas  helleren  Rand.  An  Einschlüssen  ist  die- 
selbe arm.  Der  Augit  ist  deutlich  conturirt  und  besitzt  die  ihn 
als  basaltischen  Gemengtheil  charakterisirende  röthliche  Farbe 
mit  sehr  schwachem  Pleochroismus.  Er  enthält  vielfach  Glas- 
einschlüsse und  Magnetitkörnchen.  Nirgendwo  offenbart  er  eine 
Spur  von  Umrandung.  Jedenfalls  wurde  ein  grosser  Theil  des 
Augits  schon  vor  der  Hornblende  ausgeschieden,  da  an  vielen 
Stellen  wahrzunehmen  ist,  dass  sicli  Hornblende -Individuen  an 
grössere  Augit-Krystalle  in  der  Weise  angelagert  haben,  dass  sie 
Eindrücke  von  letzteren  erhielten.  An  den  Berührungsstellen 
beider  Mineralien  fehlt  alsdann  der  kaustische  Rand  der  Hornblende. 
Der  Apatit .  aucli  einer  der  ersten  Ausscheidlinge ,  ist  in 
grösseren  Krystallen  recht  häufig  und  besitzt  dieselben  Eigen- 
schaften ,  wie  in  den  benachbarten  Hornblende- Andesiten.  Mehr- 
fach zeigt  er  die  bekannte  Erscheinung,  dass  die  in  der  Vertikalaxe 
schwingenden  Strahlen  stärker  absorbirt  werden;  E  >  0.  Magnetit 
ist  vielfach  zu  Aggregaten  vereinigt,  welche  aus  umgeschmolzener 
Hornblende  entstanden  sind.  Auch  grössere  Magnetit-Einspreng- 
linge  sind  häufig.  Biotit  findet  sich  in  kleinen  stark  dichroiti- 
sclien  Schüppchen  ziemlich  verbreitet. 

Olivin  ist  nur  äusserst  selten  wahrzunehmen  (in  einem 
Dutzend  Schliffen  konnte  ich  nur  ein  einziges  Olivinkorn  con- 
statiren).  Dieses  Fehlen  des  Olivins,  der  mikroskopische  Habitus 
des  Apatits  und  der  Plagioklase  (zonaler  Aufbau)  und  stellenweise 
mikroporphyrische    Structur    verleihen    diesem   Gestein   also   einen 


')  H.  Lenk,    Zur  geolog.   Kenntniss   der  südlich.  Rhön.     Inaug. 
Diss.     Würzburg  1887,  pag.  80. 

^)  a.  a.  0.  pag.  334  u.  852;  vergl.  auch  t.  7,  f.  7. 


20 


andesitischen  Charaktei'.  Dass  dasselbe  jedoch  zu  den  Basalten 
zu  rechnen  ist,  dafür  spricht  die  Ausbildung  des  Augits,  die  holo- 
krystalline  Structur,  die  chemische  Zusammensetzung  und  vor 
Allem  der  geologische  Verband.  Eine  von  Zirkel^)  ausgeführte 
Analyse  ergab: 


Si02    .     . 

.     51,86 

AI2O3  .     . 

.     19,03 

FeO    .     . 

.     14,62 

CaO    .     . 

7,09 

MgO    .     . 

4,02 

Na20  .     . 

3.14 

99,76 
Was  das  Verhältniss  des  Brinkenköpfchens  zu  den  unmittelbar 
um  und  unter  ihm  gelegenen  Andesiten  anbetrifft,  so  ist  hierüber 
Folgendes  zu  bemerken.  Diese  letzteren  Gesteine  zeigen,  wie 
vorhin  dargethan  wurde,  in  ihrer  petrographischen  Ausbildung  so 
viel  Aehnlichkeit.  dass  wir  wohl  zu  der  Annahme  berechtigt  sind, 
dieselben  seien  in  einem  einzigen  andesitischen  Magma-Erguss 
an  die  Erdoberfläche  gelangt  und  erst  die  Erosion  habe  die 
heutige  Bodengestaltung  geschaffen.  Das  Brinkenköpfchen  dagegen 
ist  jedenfalls  durch  einen  jüngeren,  die  Andesite  durchbrechenden 
basaltischen  Erguss  entstanden,  und  nicht  etwa  als  Kern  der 
Andesit-Partie  aufzufassen,  wofür  auf  den  ersten  Blick  vielleicht 
die  krystallinere  Ausbildung  sprechen  könnte,  da  bekanntlieh  diese 
in  den  Eruptivmassen  mit  der  Entfernung  von  der  Abkühlungsfläche 
parallel  zu  gehen  pflegt.  Gegen  eine  solche  geologische  Deutung 
sprechen  entschieden  die  Umstände,  dass  es  einerseits  an  geeig- 
neten üebergängen  in  dem  petrographischen  Charakter  der  um- 
liegenden Andesite  in  das  Gestein  des  Brinkenköpfchens  fehlt  und 
andererseits,  dass  in  diesem  Falle  im  Central-Theil  des  Ergusses 
die  basischere  Gesteins-Facies  zur  Entwicklung  gelangt  wäre, 
während  im  Gegensatz  hierzu  sonst  bei  eruptiven  Massen  stets 
nur  Zunahme  der  Acidität  nach  dem  Innern  zu  constatirt  wor- 
den ist. 

Hornblende-Andesit  östlich  von  Kelberg. 

Ausser  dieser  Andesit-Erhebung  in  der  Nähe  von  Köttelbach 
befindet  sich  noch  ein  Torkommen  östlich  von  Kelberg,  nämlich 
südlich  der  Chaussee  zwischen  Boos  und  Hünerbach.  Die  Dechen- 
sche  Karte  giebt  hier  drei  Trachyt-Punkte  an.  deren  Lage  auch 
von  Zirkel  und  von  v.  Decken  nach  den  alten  Meilensteinen 
genau  bezeichnet  wird.    Hiernach  ist  jedoch  jetzt  eine  Orientirung 


^)  Zeitschr.  d.  deutsch,  geol.  Ges.  1859,  pag.  539. 


21 


nicht  mehr  möglich.  In  diosei-  Gegend,  welche  genau  untersucht 
wurde,  ist  in  den  letzten  Jahren  in  den  Wiesen,  aus  denen  die 
Elz  ihren  Ursprung  nimmt,  nördlich  von  der  Basaltkuppe  Beil- 
stein und  südlich  von  dem  wenig  hervortretenden  Basaltberge 
„An  der  Scheidt",  an  dem  Km-Stein  53,2,  ein  Steinbruch  angelegt. 
in  welchem  ein  Gestehi  gewonnen  wird,  dessen  Aussehen  voll- 
kommen mit  der  von  Zirkel^)  gegebenen  Gesteinsbeschreibung 
zweier  südlich  der  Chaussee  gelegenen  Kuppen  übereinstimmt. 
Zirkel  beschreibt:  „eine  durch  parallel  gelagerte  Feldspath- 
Individuen  schiefrig  erscheinende  blaugraue,  etwas  glänzende 
Grundmasse  mit  ausgeschiedenem  glasigem  Feldspath  in  kleinen 
Krystallen,  wenigen  Hornblendesäulclien  und  keinen  Glimmer- 
blättchen".  Jedenfalls  ist  also  dieser  Steinbruch  an  der  Stelle  dieser 
zwei  sehr  wenig  hervorragenden  und  ganz  nahe  bei  einander  be- 
findlich gewesenen  Kuppen  angelegt. 

Wenn  nun  auch  dieses  Gestein  seinem  makroskopischen  Aus- 
sehen nach  sich  sowohl  von  den  bisher  beschriebenen  Andesiten 
wie  auch  von  den  Trachyten  unterscheidet,  so  ist  dasselbe  nacii 
der  mikroskopischen  Untersuchung  doch  mit  Sicherheit  den  Horn- 
blende-Andesiten  zuzuzählen.  Die  Grundmasse  besteht  u.  d.  M. 
zunächst  aus  Plagioklasleistchen  mit  schöner  Fluctuationsstructur. 
Zwischen  -f  Nicols  zeigt  sich,  dass  die  Zersetzung  zu  Calcit 
schon  weit  vorgeschritten  ist,  die  Streifung  ist  jedoch  überall 
noch  gut  zu  erkennen.  Ferner  betheiligen  sich  an  der  Grund- 
masse Magnetitkörnchen,  sehr  reichHch  blassgrüne  Augit-Mikrolithen 
und  eine  hellbraune  glasige  Basis  als  Zwischenklemmungsmasse. 
Stellenweise  bildet  dieselbe  kleinere  Tümpel  und  zeigt  dann  globu- 
litische  Körnung.  Als  grossere  Einsprenglinge  treten  auf:  Plagio- 
klas.  Hornblende,  Augit,  Apatit,  Die  Plagioklase  sind  nicht  sehr 
regelrecht  conturirt,  zeigen  aber  stets  Zwillingsstreifung  und  con- 
tinuirlich  fortschreitende  Auslöschung.  Von  den  Spaltrissen  geht 
überall  die  Umwandlung  in  Calcit  aus.  Die  Hornblende  ist 
deutlich  umgrenzt  und  offenbart  nur  geringe  Spuren  von  Corrosion 
und  Umschmelzung.  Der  Augit  ist  neben  den  Mikrolithen  der 
Grundmasse  in  grösseren  Einsprengungen  recht  reichlich  vorhan- 
den. Wenn  also,  wie  vorhin  gezeigt  wurde,  in  local  wie  geologisch 
zusammengehörigen  Andesiten  der  Augit-Gehalt  mit  dem  Maass  der 
kaustischen  Veränderung  der  Hornblende  zusammenfallen  kann,  so 
scheint  doch  keineswegs  im  Allgemeinen  das  reichliche  Auftreten 
unveränderter  Hornblende  ein  Zurücktreten  des  Augits  in  sich  zu 
schliessen.  Apatit  ist  recht  verbreitet.  Accessorisch  treten  noch 
Titanit,   Tridymit,  Zirkon.  Biotit  auf. 


1)  a.  a.  0.  pag.  526. 


22 


Etwas  östlich  von  diesem  Steiiibnich.  in  der  Nähe  der  Ein- 
mündung des  von  Mannebach  lierkommenden  Fussweges  findet  sich 
noch  eine  Schürfstelle,  in  welcher  dasselbe  Gestein,  jedoch  schon 
sehr  stark  verwittert,   aufgeschlossen  ist. 

Nirgendwo  ist  es  mir  gelungen,  in  den  bis  jetzt  beschriebenen, 
südlich  und  östlich  von  Kelberg  gelegenen  Andesit-Vorkommnissen 
Einschlüsse  fremder  Gesteine  zu  beobachten.  Vereinzelte  schwarze 
Fleckchen  oder  dunkle  Partieen  in  den  Handstücken  erwiesen 
sich  u.  d.  M.  nur  als  Zusammenhäufungen  von  Glinimerblättchen 
oder  Hornblendekryställchen. 

Hornblende-Andesite  nördlich  der  Trachytgruppe. 

Nach  Norden  zu  wird  der  Ring,  den  die  Andesite  um  die 
Trachyteruptionen  bilden,  durch  zwei  Erhebungen,  am  Bocksberg 
und  am  Rengersfeld  geschlossen.  Der  Bocksberg  liegt  in  un- 
mittelbarer Nähe  östlich  von  Mtillenbach,  auf  der  rechten  Seite 
des  bei  diesem  Dorfe  in  den  Trierbach  einmündenden  Baches;  er 
bildet  eine  deutlich  hervortretende,  bewaldete  Kuppe.  An  mehreren 
Seiten  derselben  sind  Steinbrüche  angelegt.  Am  Rengersfeld  bei 
Welcherath  tritt  der  Andesit  nur  als  eine  flache  kaum  hervor- 
ragende Erhebung  auf.  Die  Lage  dieses  Vorkommens,  welches, 
wie  wir  sehen  werden,  in  mancher  Hinsiclit  grosses  Interesse  bietet 
wird  von  Zirkel  (1.  c,  pag.  508)  genau  beschrieben:  „etwa 
Y-i  Stunde  nördlich  von  Welcherath,  westlich  von  dem  Wege,  der 
von  diesem  Dorfe  nach  dem  Krebsbacher  Hof  und  nach  Meuspath 
führt,  etwas  nordwestlich  von  der  Stelle,  wo  dieser  Weg  durch 
den  von  dem  Nürburger  Pastorat  nach  Kirschbach  führenden  ge- 
kreuzt wird".  Nach  diesen  Angaben  wurde  die  Localität  sehr 
leicht  gefunden. 

Petrographische  Beschreibung  der  Andesite  vom 
Bocksberg  und  vom  Rengersfeld.  —  Der  Andesit  vom  Bocks- 
berg ist  überall  schon  stark  verwittert.  Nur  am  östlichen  Stein- 
bruch gelang  es,  einigcrniaassen  frische  Handstücke  zu  schlagen. 
In  diesen  erscheint  das  Gestein  hellgrau,  dicht,  mit  glänzenden 
Plagioklasen.  Die  Hornblende  tritt  als  makroskopischer  Gemeng- 
theil nicht  sehr  deutlich  hervor  Vereinzelt  erscheint  sie  in 
grösseren  krystallinen  Ausscheidungen.  Glimmer  ist  auch  makro- 
skopisch sichtbar.  Selbst  die  frischesten  Stücke  erweisen  sich 
im  Dünnschliff  als  stark  zersetzt.  Die  Grundmasse  des  Gesteins 
wird  u.  d.  M.  gebildet  aus  Plagioklasleisten ,  Augitkörnern ,  Erz- 
partikelchen und  einer  bräunlichen  Basis.  Diese  Grundmasse  ist 
ziemlich  gleichraässig  gemengt  und  mikroporphyrische  Gemengtheile, 
wie  vereinzelte  Feldspathe.  Hornblenden  und  Apatite  treten  nicht 
eben  aufallend  hervor.     Keiner  der  Gemengtheile  dieses  Andesits 


23 


ist  regelmässig  begrenzt;  namentlich  der  Plagioklas  lässt  die 
Leistenform  vielfach  vermissen.  Er  ist  deutlich  lamellirt;  zonaler 
Aufbau  nicht  selten.  Ueberall  zeigt  sich  massenhafte  Bildung 
von  Carbonaten,  theils  in  unregelmässigen  Partieen,  die  rhomboe- 
drische  Spaltbarkeit  zeigend,  theils  in  concentrisch-schaligen  und 
faserigen  Aggregaten.  Die  grau -gelbe  Farbe  derselben  verweist 
vielfach  auf  einen  Gehalt  an  Eisenoxydul.  Diese  starke  Zer- 
setzung za  Carbonaten  lässt  auf  einen  sehr  basischen  Charakter 
der  Plagioklase  schliessen;  in  der  That  ergaben  verschiedene 
Messungen  an  geeigneten  Schnitten  parallel  OP  eine  mittlere  Aus- 
löschungsschiefe von  30^,  was  also  auf  einen  sehr  geringen  Ge- 
halt an  Albit-Substanz  hinweist.  Glaseinschlüsse  erscheinen  in 
den  Leisten  meist  am  Rande  angeordnet.  Die  Hornblende  ist 
kräftig  pleochroitisch,  sie  zeigt  überall  wieder  starke  Einwirkungen 
der  Corros:on  und  Umschmelzung.  als  Product  der  letzteren  ist 
stellenweise  Augit  und  Magnetit  deutlich  zu  erkennen.  Vielfach 
Hessen  sich  jedoch  auch  Erscheinungen  von  Zersetzung  auf  nassem 
Wege  wahraehmen,  indem  die  Hornblende  sich  in  eine  graue, 
trübe,  matt  polarisii"ende  Kaolin-ähnliche  Masse  umgewandelt  hat. 
Einschlüsse  von  Plagioklas  sind  auch  hier  nicht  selten.  Wo  der 
lichtgraue,  schwach  pleochroitische  und  stellenweise  zonal  gebaute 
Augit  in  grösseren  Kryst-allen  auftritt,  ist  er  der  best  begrenzte 
Gemengtheil  und  auch  noch  am  wenigsten  von  der  Zersetzung  an- 
gegriffen. Apatit  ist  sowohl  in  Nadel -Form,  wie  in  grösseren 
Krystallen  hiufig.  Ebenso  fehlt  Biotit  nicht.  Tridymit,  an- 
scheinend wohl  von  secundärer  Bildung,  tindet  sich  vielfach  in 
grösseren  Nestern. 

Das  Gestein  vom  Rengersfeld  ist  im  Allgemeinen  weniger 
von  der  Verwitterung  angegriffen  als  dasjenige  vom  Bocksberg. 
Makroskopisch  lässt  sich  kaum  ein  Unterschied  zwischen  beiden 
hervorheben,  nur  tritt  der  Glimmer  am  Rengersfeld  besser  hervor. 
Die  Grundmasse  setzt  sich  hier  u.  d.  M.  aus  sehr  winzigen 
Plagioklasleistcien,  Augitmikrolitheii,  Erzkörnchen  und  der  bräun- 
lichen Basis  iusammen.  Die  grösseren  Feldspathleisten  sind 
sännntlich  klar  mit  deutlicher  Streifung  und  zeigen  nur  wenig 
Literpositionen.  Die  Hornblende  mit  scharfen  Conturen  und  sehr 
deutlich  entwick«lter  Spaltbarkeit  ist  nur  sehr  wenig  corrodirt, 
im  Gegentheil  verläuft  der  Rand  der  Schnitte  meist  ganz  scharf 
und  kein  Zeichei,  von  kaustischer  Veränderung  bietet  sich  dar. 
Dagegen  Offenbart  sie  auch  hier  schon  starke  Spuren  von  Zer- 
setzung auf  nassen  Wege.  Als  Umwandlungsproduct  stellt  sich 
vielfach  neben  rotlcm  Eisenoxydhydrat  Calcit  ein.  Eine  secundäre 
Epidotbildung  aus  der  Hornblende  wurde  in  sämmtlichen  dieser 
eifeler  Andesite.  glechwie  in  denjenigen  des  Siebengebirges  ganz- 


24 


lieh  vermisst.  Reichlicher  tritt  der  Biotit  in  seinen  charakteristi- 
schen breit  leistenförmigen  oder  sechsseitigen  Durchschnitten  auf. 
Auch  bei  ihm  fehlt  jede  Einwirkung  der  Corrosion.  nur  wenige 
Erzkörnchen  haben  sich  an  den  Rändern  festgesetzt.  Apatit  und 
Zirkon  treten  zurück,  auch  Titanit  ist  nicht  sehr  häufig,  obschon 
ein  vereinzelter  Krystall  von  1,2  mm  Länge  beobachtet  wurde. 
Augit  mit  der  charakteristischen  flaschengrünen  Farbe  ist  weder 
in  Mikrolithen-Form  noch  in  grösseren  Individuen  so  häufig  wie 
in  den  übrigen  Andesiten  vertreten.  Im  Uebrigen  zeigt  er  voll- 
kommen die  bereits  früher  beschriebenen  Eigenschaften. 

Dagegen  ist  recht  bemerkenswerth ,  dass  hier  neben  dem 
monoklinen  Augit  auch  noch  der  rhombische  Hypersthen  vorkommt. 
Obschon  derselbe  in  der  eigentlichen  Gesteinsmasse  nur  selten 
hervortritt,  so  bildet  er  doch  einen  wesentlichen  Gemengtheil  in 
gewissen  makroskopisch  schwarzblau  erscheinenden  Partieen  des 
Gesteins.  Diese  Massen  haben  stets  einen  Durchmesser  von 
mehreren  Centimetern  und  u.  d.  M.  lösen  sich  dieselben  in  ein 
an  den  Bisilikaten  und  an  Erz  auffallend  reiches  Gämenge  von 
Plagioklas,  Hj'persthen,  Biotit,  Magnetit  auf.  Die  grob  krystallin- 
körnige  Structur  dieser  Massen  deutet  darauf  hin,  dass  dieselben 
als  alte  concretionäre  Ausscheidungen  aus  dem  »ndesitischen 
Magma  aufzufassen  sind.  Der  Plagioklas  bildet  in  denselben  un- 
regelmässige grosse  Körner  mit  deutlicher  Zwillingss:reifung.  An 
geeigneten  Schnitten  wurde  auf  OP  eine  Auslöschungsschiefe  von 
20^  gefunden,  welche  diesen  Feldspath  in  den  Anfaiig  der  Bytow- 
nitreihe  (zwischen  Abi  Ans  und  Abi  An4)  verweist  und  womit 
eine  Bestimmung  des  specifischen  Gewichts  an  isolirtem  Material 
in  THOULET'scher  Eösung.  welche  2,708  ergab,  befr'edigend  über- 
einstimmte. Die  Plagioklase  der  andesitischen  Haiptmasse  sind 
jedenfalls,  wie  so  oft  schon  im  Gegensatz  zu  denjenigen  der 
primären  Ausscheidungen  beobachtet  wurde,  minder  basisch,  da 
aus  zahlreichen  Messungen  der  Auslöschungsschiefe  auf  OP  bei 
ihnen  ein  mittlerer  Werth  von  lO**  resultirte.  Eine  Isolirung 
dieser  letzteren  Feldspathe  zum  Zweck  der  Bestimmung  ihres 
specifischen  Gewichts  gelang  wegen  ihrer  grossen  Kleinheit  und 
der  Feinkörnigkeit  der  übrigen  Gemengtheile  nidit  in  gewünsch- 
ter Weise. 

Der  in  diesen  concretionären  Massen  vorkomnende  Hypersthen 
ist  von  dem  im  eigentlichen  Andesit  verbreieten  monoklinen 
Pyroxen  sehr  wohl  zu  unterscheiden.  Was  seine  Form  anbelangt, 
so  tritt  derselbe  in  breit  säulenförmigen  Individuai  auf.  bei  welchen, 
wie  dies  an  den  Querschnitten  wahrzunehmen  ist,  die  verticalen 
Pinakoide  vorwalten  und  die  Prismenflächen  zuiücktreten.  Sämmt- 
liche  Schnitte  löschen  natürlich  gerade  aus.    W(gen  der  schwächeren 

/ 
/ 


25 


Doppelbrechung  sind  aucli  die  Polarisationsfarben  nicht  so  l^räftig 
wie  bei  dem  monoklinen  Pyroxen.  Im  Gegensatz  zu  letzterem  ist 
auch  der  Pleochroismus  sehr  stark  und  auffallend:  a=;hcllroth; 
h  =z  röthlich  braun;  c  =  licht  grün.  Interpositionen  sind  spärlich, 
nur  Glascinschlüsse  kommen  hin  und  wieder  vor.  Parallel  der 
c-Axe  zeigt  sich  überall  vorzügliche  Spaltbarkeit.  Besonders 
charakteristisch  für  den  H3'persthen  ist  noch  die  überall  von  den 
Quersprüngen  ausgehende  Zersetzung  in  ein  parallel- faseriges 
Bastit-artiges  Mineral. 

Apatit  in  quer  gegliederten  Nadeln  kommt  in  den  Feldspathen 
dieser  Concretionen  vor,  scheint  jedoch  in  grösseren  Krystallen 
zu  fehlen. 

Es  verdient  hier  hervorgehoben  zu  werden,  dass  ähnliche, 
körnige  Hypersthen-haltige  Massen  auch  am  Stenzelberg  im  Sieben- 
gebirge vorkommen.  Eine  von  mir  daselbst  im  Andesit  aufge- 
fundene etwa  wallnussgrosse  Partie  dieser  Art  zeigte  makroskopisch 
eine  mehr  gelbe  Färbung.  Im  Dünnschliif  u.  d.  M.  löste  sich 
dieselbe  ebenfalls  in  ein  Gemenge  von  Plagioklas,  Hypersthen, 
Biotit,  Erzkörnchen  und  spärlichem  Apatit  auf. 

Einschlussartige   Massen    im    Andesit    des   Bocksberges 
und  am  Rengersfeld. 

In  dem  Hornblende-Andesit  des  Bocksberges  und  am  Rengers- 
feld finden  sich  in  vielfacher  Verbreitung  theils  knollenförmige 
oder  bruchstückähnliche,  theils  schlierenförmig  mit  dem  Gestein 
verwachsene  Massen,  welche  bereits  makroskopisch  deutlich  gegen 
den  Andesit  hervortreten  und  zunächst  den  Eindruck  fremder 
Einschlüsse  gewähren.  U.  d.  M.  lösen  sich  dieselben  in  Aggregate 
fremder  Mineralien  auf,  welche  sowohl  in  Bezug  auf  die  Natur 
und  Ausbildung  ihrer  Gemengtheile,  wie  in  ihren  Structurformen 
durchaus  von  dem  umschliessenden  andesitischen  Eruptivgestein 
verschieden  und  darum  wohl  geeignet  sind,  das  Interesse  des 
Petrographen  zu  erregen  Die  Mineralien,  welche  sich  an  der 
Zusammensetzung  der  Aggregate  betheiligen  sind  folgende:  Cor- 
dierit.  Andalusit,  Sillimanit,  Feldspath.  Biotit,  Pleonast,  Korund, 
Rutil.   Quarz,   Granat,  Zirkon,  Magnetit. 

Im  Folgenden  möge  nun  die  Beschreibung  dieser  einschluss- 
artigen Massen  in  der  Weise  erfolgen,  dass  zunächst  die  einzelnen 
Gemengtheile  derselben,  dann  die  wichtigsten  Combinationen,  sowie 
Structurformen  behandelt  werden.  Zum  Schluss  soll  dann  das- 
jenige, was  zur  Erklärung  und  Deutung  des  Vorkommens  dieser 
fremden  Mineralanhäufungen  im  Eruptivgestein  angeführt  werden 
kann,  zur  Besprechung  gelangen. 


26 


Cordierit.  Vielfach  zeigen  bereits  makroskopisch  deutlich 
wahrnehmbare  dunkelblaue  verschwommene  Flecke  die  Anwesenheit 
des  Cordierits  in  diesen  Mineralanhäufungen  an.  Auch  u.  d.  M. 
ist  die  Begrenzung  desselben  hier  im  Allgemeinen  sehr  unregel- 
mässig. Meistens  tritt  er  in  rundlichen  Individuen  auf;  hin  und 
wieder  sind  jedoch  Rechtecke  zu  beobachten,  wclclie  also  Schnitten 
aus  der  Prismenzone  entsprechen,  oder  verzerrte  Hexagone,  welche 
durch  ooP  und  ooPoo  gebildet  w^erden.  Spaltbarkeit  nach  ooP 
ist  nur  sehr  unvollkommen  und  selten  wahrnehmbar.  Vielfach 
zeigen  sich  am  Cordierit  Zwillingserscheinungen,  wie  dieselben 
bereits  mehrfach,  u.  a.  an  rheinischen  Vorkommnissen  dieses 
Minerals  von  Hussak^),  v.  Lasaulx^),  Dittmar^)  beschrieben 
worden  sind.  Die  im  gewöhnlichen  Licht  anscheinend  immer  ein- 
heitlichen basischen  Schnitte  zerfallen  nämlich  dann  zwischen  + 
Nicols  in  zwei  oder  mehrere  Felder,  welche  stets  gesetzmässige 
Orientirung  zeigen.  Bei  scharfer  Beobachtung  ist  allerdings  auch 
durch  äusserst  feine  Nuancen  im  Pleochroismus  öfters  schon  diese 
Feldertheilung  zu  erkennen.  Die  Verzwillingung  folgt  immer  dem 
Gesetz:  Zwillingsebene  eine  Fläche  des  Grundprismas  onP.  Dies 
ergiebt  sich  aus  der  Orientirung  der  einzelnen  Felder,  indem  die 
Auslöschungsrichtungen  derselben  mit  einander  stets  einen  Winkel 
von  nahezu  60''  resp.  30  "^  bilden.  Die  Grenze  zwischen  den 
einzelnen  Feldern  verläuft  theils  regelmässig,  theils  zickzackförmig. 
Oefters  sind  in  den  einzelnen  Individuen  wiederum  mannigfache 
parallele  Zwillingslamellen  eingeschaltet.  Solche  Viellinge  könnten 
sogar  in  gewissen  Fällen  zu  einer  Verwechslung  mit  Plagioklas 
Anlass  geben,  jedoch  gewährt  der  Pleochroismus  hier  stets  ein 
vorzügliches  Unterscheidungsmerkmal.  Letzterer  ist  nämlich  äusserst 
intensiv  und  noch  in  dünnen  Schliffen  sehr  gut  wahrnehmbar. 
Als  Absorptionsfarben  wurden  bestimmt:  a  =  gelblich  weiss,  b  = 
bläulich  weiss,  c  =  violblau.  Ueberhaupt  liegt  der  Cordierit  hier 
in  so  charakteristischer  Ausbildungsweise  vor,  dass  es  zu  seiner 
Erkennung  gar  nicht  jener  diagnostischen  Mittel  und  Wege,  welche 
sonst   dafür   in  Anwendung   gebracht   zu  werden  pflegen,    bedarf. 

Sehr  reich  ist  der  Cordierit  an  Interpositionen.  Namentlich 
ist  Sillimanit  sowohl   in   Gestalt  von   kleinen   dünnen  Nadeln   als 


')  E.  HussAK,  Ueber  den  Cordierit  in  vulkanischen  Auswürflingen. 
Sitzungsber.  d.  k.  Akad.  d.  Wissensch.  Wien  I.  Abth.  LXXXVII. 
April  1883.  pag.  332—360. 

')  A.  V.  Lasaulx,  Ueber  Cordieritzwillinge  in  einem  Auswürfling 
des  Laacher  Sees.    Zeitschr.  f.  Krystallogr.  Bd.  VIII,  1883.   p.  76—80. 

*)  C.  DiTTMAR,  Mikrosk.  Untersuchung  der  aus  kryst.  Gesteinen, 
insbesondere  aus  Schiefer  herrührenden  Auswürflinge  des  Laacher 
Sees.     Verh.  d.  naturh.  Ver.  f.  Rheinl.  u.  Wcstf.  1887.  pag.  502—503. 


27 


auch  filzigen  Aggregaten  häufig  in  demselben  eingelagert.  Sodann 
umschliesst  derselbe  sehr  häufig  Rutil  in  länglich  rundlichen  braun 
durchscheinenden  Körnern,  ferner  Biotitblättchen,  welche  durch 
ihren  Dichroismus  kenntlich  sind.  Die  sonst  so  verbreiteten  winzi- 
gen Zirkonkörnchen  mit  ihren  pleochroitischen  Höfen  wurden  hier 
nicht  beobachtet.  Ausserordentlich  häufig  erscheinen  stets  farb- 
lose und  rundlich  gestaltete  Glaseinschlüsse.  Nicht  selten  ent- 
halten dieselben  zwei  Bläschen.  Vielfach  sind  mit  diesen  Glas- 
einschlüssen scharf  ausgebildete  Oktaederchen  eines  impelluciden 
Gliedes  der  Spinellgruppe,  wohl  Magnetit,  verbunden.  Es  liegt 
nämlich  dann  eines  oder  zwei  solcher  Kryställchen  mit  oder  ohne 
Bläschen  im  Glase,  häufig  zeigt  sich  auch  die  Erscheinung,  dass 
das  Oktaederchen  über  die  Glasmasse  hinausragt.  Da  die  Frage, 
ob  diese  Glaseinschlüsse  im  Cordierit  hier  primärer  oder  secun- 
därer  Natur  sind,  auf  das  engste  mit  der  ganzen  Deutung  des 
Vorkonmiens  dieser  einschlussartigen  Massen  verknüpft  ist,  so 
möchte  ich  auf  dieselbe  erst  später  eingehen.  Die  Glaseinschlüsse 
können  durch  die  bekannten  Merkmale  sehr  wohl  von  den  eben- 
falls vorhandenen  jedoch  lange  nicht  so  häufigen,  überdies  sehr 
winzigen  Fluidaleinschlüssen  unterschieden  werden.  Letztere  zeigen 
stets  prismatische  Gestaltung.  Die  Cordieritsubstanz  ist  überall 
noch  klar  und  Spuren  von  Zersetzungsprocessen  auf  nassem  Wege 
sind  nirgends  wahrzunehmen. 

Andalusit.  Während  also  der  Cordierit  in  diesen  Mineral- 
anhäufungen in  den  meisten  Fällen  irregulär  conturirt  ist,  tritt 
der  in  der  Regel  mit  demselben  vergesellschaftete  Andalusit  durch- 
weg in  deutlich  krystallographisch  begrenzten  einzelnen  Individuen, 
weniger  in  rundlichen  Körnern  oder  in  Aggregaten  auf.  Da  der 
Prismenwinkel  des  Andalusits  bekanntlich  nahezu  90"  beträgt,  so 
liefern  ebenso  wie  die  Längsschnitte  auch  die  basischen  Schnitte 
längliche  Rechtecke  oder  nahezu  Quadrate  und  sind  durch  die 
Form  schlecht  zu  unterscheiden.  Die  Spaltbarkeit  nach  ooP  ist 
ebenfalls  im  Gegensatz  zum  Cordierit  sehr  deutlich  entwickelt,  in 
den  Längsschnitten  verläuft  dieselbe  natürlich  parallel  einer  Recht- 
ecksseite, während  dieselbe  sich  auf  den  Querschnitten  durch  ein 
System  von  nahezu  rechtwinklig  sich  kreuzenden  Rissen  bemerk- 
bar macht.  Wegen  der  starken  Lichtbrechung  treten  die  Krystall- 
durchschnitte  des  Andalusits  stets  mit  grosser  Deutlichkeit  relief- 
artig hervor.  Pleochroismus  ist  vielfach  sehr  stark,  die  Farben 
sind  für  a  =  c  blutroth,  die  dazu  senkrecht  schwingenden  Strahlen 
zeigen  slets  hellgrüne  Töne.  Charakteristisch  ist  es,  dass  der 
Pleochroisnms  vielfach  fleckenhaft  unregelmässig  vertheilt  erscheint 
und  meist  nach  der  Mitte  zuninnut,  sodass  in  den  Längsschnitten 
bei    pai-alleler    Stellung    der   c-Axe    mit    dem    Hauptschnitt    des 


28 


Polarisators  im  Innern  ein  tiefrotlier  Fleck  sich  zeigt.  Die  Natur 
der  im  iVndalüsit  vorkommenden  Interpositionen  ist  dieselbe  wie 
bei  dem  Cordierit,  jedoch  ist  letzterer  im  Allgemeinen  reicher  an 
Einschlüssen,  namentlich  sind  Glaseinschlüsse  im  Andalusit  nicht 
so  häufig  zu  beobachten. 

Sillimanit.  Der  Sillimanit  ist  gleichfalls  ein  häufiger  und 
charakteristischer  Gemengtheil  in  diesen  Mineralaggregaten,  in 
manchen  Combinationen  allerdings  nur  spärlich  zu  finden.  Er 
bildet  zunächst  vielfach  säulenförmige  Kryställchen  mit  abgerun- 
deten Conturen  und  ohne  deutliche  Endflächen,  stets  ganz  farblos 
und  im  Gegensatz  zum  Andalusit  durchaus  unpleochroitiscli.  Sie 
besitzen  gerade  Auslöschung  und  in  ihnen  fällt,  abweichend  vom 
Andalusit,  die  Axe  der  kleinsten  optischen  Elasticität  mit  der 
Längserstreckung  zusammen.  Die  Polarisationsfarben  sind  wegen 
der  starken  Doppelbrechung  sehr  lebhaft,  etwas  kräftiger  als  bei 
dem  Andalusit.  Meist  erscheint  der  Sillimanit  jedoch  in  dünnen, 
langen,  spiessigen  Nadeln,  vielfach  zu  Büscheln  vereinigt.  Die 
Dünne  dieser  Nadeln  sinkt  oft  bis  zur  äussersten  Feinheit  herab, 
und  dieselben  vereinigen  sich  in  unzähliger  Menge  zu  den 
charakteristischen  parallel-faserigen  filzigen  Massen,  welche  oft 
vielfach  verstaucht  und  verbogen  erscheinen.  Häufig  lässt  sich 
beobachten,  wie  ein  breites  säulenförmiges  Individuum  am  Ende 
sich  allmählich  in  ein  derartig  filziges  Aggregat  der  feinsten 
Nädelchen  auflöst.  Der  Sillimanit  ist  sowohl  im  Cordierit,  An- 
dalusit und  Feldspath  eingelagert,  in  vielen  Combinationen  tritt  er 
jedoch  auch  als  selbstständiger  wesentlicher  Gemengtheil  auf. 
Einschlüsse  kommen  innerhalb  der  einzelnen  Sillimanit-Individuen 
nicht  vor.  dagegen  umschliessen  die  filzigen  Aggregate  desselben 
vielfach  grünen  Spinell,  Korund,   Rutil. 

Feldspath.  Die  Betheiligung  des  Feldspaths  an  der  Zu- 
sammensetzung dieser  einschlussartigen  Massen  ist  eine  sehr  ver- 
schiedene. Li  vielen  derselben  bildet  er  gleichsam  das  Bett,  in 
welchem  die  übrigen  Gemengtheile  eingelagert  sind,  während  er 
in  anderen  vollständig  zurücktritt.  Er  zeigt  sowohl  rundliche  un- 
deutlich begrenzte  Formen  wie  auch  breitleistenförmige  Durch- 
schnitte. Was  die  Zugehörigkeit  desselben  zum  monoklinen  Feld- 
spath oder  zum  Plagioklas  anbetrifft,  so  ist  in  den  meisten  Fällen 
die  trikline  Natur  wegen  der  deutlichen  VielUngslamellirung  un- 
zweifelhaft. Wo  diese  fehlt,  zeigt  sich  meist  wandernde  Aus- 
löschung,  sodass  unzweifelhafter  Orthoklas  selten  zu  constatiren 
ist.  Die  Einschlüsse  des  Feldspaths  sind  mannigfacher  Ai't. 
Flüssigkeitseinschlüsse  mit  beweglichen  Libellen  in  deutlich  ge- 
streiften Plagioklasen  wurden  mehrfach  beobachtet.  Ferner  ist 
Sillimanit   in   parallel -faserigen  Aggregaten   nicht   selten   in    dem- 


29 


selben  eingebettet,  in  verschiedenen  Fällen  konnte  eine  senkrechte 
Stellung  derselben  zur  Laniellirung,  wie  dies  auch  von  Koch^) 
beschrieben  wird,  wahrgenommen  werden.  Sodann  kommen  noch 
sämmtliche  übrige  an  der  Zusammensetzung  dieser  einschluss- 
artigen Massen  sich  betheiligenden  Mineralien  als  Interpositionen 
im  Feldspath  vor.     Glaseinschlüsse  wurden  nicht  beobachtet. 

Biotit.  Der  Biotit  bietet  keine  besonderen  Eigentliümlich- 
keiten.  Er  bildet  zum  Theil  unregelmässig  begrenzte  Läppchen, 
und  Schüppchen,  häufig  jedoch  ist  er  sehr  wohl  conturirt  und 
erscheint  dann  in  striemigen  leistenförmigen  nach  OP  gestreckten 
Querschnitten  oder  regelmässigen  Hexagonen.  In  mehreren  Miiieral- 
combinationen  ist  eine  parallel-lagenförmige  Anordnung  der  Gliramer- 
individuen  zu  constatiren.  wodurch  eine  schiefrige  Structur  der- 
selben hervorgebracht  wird.  Der  Dichroismus  ist  stets  sehr  stark 
entwickelt.  An  Einschlüssen  beherbergt  der  Biotit  nur  Erzkörn- 
chen,  grünen  Spinell  und  kleine  Zirkone. 

Pleonast.  Grüner  Spinell  ist  in  diesen  merkwürdigen 
Mineralaggregaten  ausserordentlich  häufig.  Von  dem  Magnetit, 
mit  dem  er  gelegentlich  verwechselt  werden  könnte,  unterscheidet 
ihn  zunächst  das  Fehlen  des  metallischen  Glanzes.  Sodann  ist 
er  fast  stets,  besonders  in  den  kleineren  Krystallen  mit  grüner 
Farbe  durchsichtig,  wobei  indessen  der  Grad  der  Durchsichtigkeit 
oft  Verschiedenheiten  aufweist.  Vielfach  scheint  er  in  ein  und 
demselben  Präparat  an  manchen  Stellen  nur  an  den  Kanten  dunkel- 
grün durch  und  zeigt  dann  an  einer  anderen  Stelle  mit  wunder- 
voller grasgrüner  Farbe  vollkommene  Pellucidität.  In  den  meisten 
Fällen  stellt  er  wohlausgebildete  zierliche  Oktaeder  bis  zu  0,06  mm 
Grösse  dar.  Zwillinge  nach  0  wurden  mehrfach  beobachtet.  Da- 
neben tritt  derselbe  jedoch  auch  in  unregelmässig  begrenzten 
Körnern  auf.  Wie  schon  bemerkt,  besitzt  der  Pleonast  ausser- 
ordentliche Häufigkeit.  Einzelne  Krystalle  finden  sich  vielfach  in 
inniger  Verbindung  mit  Sillimanit  und  dann  nicht  selten  verge- 
sellschaftet mit  Korund  und  Rutil.  Mit  letzteren  Mineralien  ver- 
einigt er  sich  oft  zu  den  zierlichsten  Aggregaten.  Sodann  schaaren 
sich  die  Spinellkrystalle  oft  zu  haufenähnlichen  Nestern  zusammen 
und  solche  Haufwerke  treten  in  sehr  charakteristischer  Weise 
namentlich  an  den  Rändern  von  im  Uebrigen  spinellfreien  Mineral- 
combinationen  auf.  Weiterhin  bildet  der  Pleonast  oft  Umran- 
dungen und  Höfe  um  Biotit,  Korund,  Granat.  Rutil.  Sämmtliche 
Individuen  zeigen  natürlich  stets  vollkommen  isotropes  Verhalten. 
Bemerkenswerth    erscheint    es   noch,    dass   viele   namentlich    ver- 


')  M.  Koch.     Die  Kersantite   des  Unterharzes.    Jahrb.  d.  königl. 
preuss.  geol.  Laiidesanstalt  f.  1886,  p.  75. 


30 


einzelte  Krystalle  von  einem  Rande  oder  Hofe  einer  farblosen, 
auffallend  stark  lichtbrechenden  und  zugleich  doppelbrechenden 
Substanz  umgeben  sind,  eine  Beobachtung  welche  auch  Koch 
(1.  c.  p.  90)  mittheilt.  Mit  verdünnter  Salzsäure  gelingt  es  sehr 
leicht,  den  Pleonast  von  dem  löslichen  Magnetit  zu  trennen.  Da- 
gegen blieben  nach  längerer  Behandlung  des  Gesteinspulvers  mit 
Fluss-  und  Salzsäure  von  dem  Pleonast  nur  die  grösseren  Körner 
und  diese  in  angegriffenem  Zustande  zurück. 

Korund.  In  überraschender  Weise  findet  sich  auch  in  ver- 
schiedenen dieser  Mineralcombinationen  der  Korund  verbreitet. 
Die  Analyse  von  solchem  durch  Behandlung  mit  Säuren  isolirtem, 
möglichst  reinem  Korundmaterial  ergab  95.4 7o  AI2  O3.  Auch  die 
Härteprüfung  bewies,  dass  man  es  hier  mit  Korund  zu  thun  habe. 
Dieses  isolirte  Korundpulver  zeigt  bereits  makroskopisch  im 
auffallenden  Licht  eine  schöne  himmelblaue  bis  selbst  hell  violblaue 
Farbe.  Die  Individuen  sind  stets  nach  OR  tafelartig  ausgebildet 
und  erreichen  einen  Durchmesser  von  0.75  mm.  U.  d.  M.  zeigt 
der  Korund,  wenn  seine  Tafeln  parallel  der  Ebene  des  Präparats 
liegen,  meist  rundliche  unregelmässige  Conturen.  selten  hexagonale 
Begrenzung.  Dagegen  treten  auf  beiden  OR-Flächen  vielfach 
rhomboedrische  Anwachsstreifen  auf,  wodurch  dann  zwei  sich 
natürlich  stets  durchkreuzende  trianguläre  Strich-Systeme  hervor- 
gebracht werden.  Diese  Streifung  wird  bereits  von  Wolf^),  ferner 
von  HussAK  (1.  c.  p.  358)  und  v.  Lasaulx^)  an  dem  Korund  der 
Laacher  Auswürflinge  beschrieben.  Es  ist  leicht  erklärlich,  dass 
in  den  Gesteinspräparaten  die  Mehrzahl  der  Durchschnitte  leisten- 
förraig  erscheint.  Dieselben  löschen  dann  parallel  und  senkrecht 
zu  der  Längserstreckung  aus,  während  die  Schnitte  parallel  der 
Basis  zwischen  -f-  Nicols  stets  dunkel  bleiben  ohne  optische  Ano- 
malien aufzuweisen.  Dies  tritt  namentlich  deutlich  an  dem  isolirten 
Material  hervor,  wo  die  einzelnen  tafelartigen  Individuen  sich  von 
selbst  stets  nach  der  Ebene  des  Objectträgers  lagern.  Der  Korund 
zeigt  himmelblaue  Farbe  bis  zur  Farblosigkeit,  das  Blau  ist  jedoch 
oft  nicht  gleichraässig,  sondern  fleckenhaft  vertheilt,  vielfach  er- 
scheint das  Innere  der  Schnitte  bedeutend  dunkler  gefärbt  als 
der  Rand.  Pleochroismus  ist  nicht  immer  regelmässig  zu  beob- 
achten, nur  in  dickeren  Schliffen  tritt  derselbe  öfters  deutlich 
hervor:  E  hell  bläulich  grün,   0  himmel-  bis  violblau. 

Der  Korund  erscheint  meist  in  einzelnen  Krystallen  und 
dann  vielfach  auf  das  innigste   mit    den   filzigen  Sillimanit-Aggre- 


')  Th.  Wolf.  Die  Auswürflinge  des  Laacher  Sees.  Zeitschr.  d. 
deutsch,  geol.  Ges.  1867,  p.  473. 

*)  Ueber  d.  opt.  Verhalten  und  die  Mikrostructur  des  Koiiind. 
Zeitschr.  f.  Krystall.  Bd.  X,  p.  349. 


31 


gateii  venvachsen.  Vielfatli  tritt  derselbe  auch  in  körnigen 
Aggregaten  und  dann  stets  mit  Pleonast  und  Rutil  vergesell- 
schaftet auf.  Ueberraschend  mannigfaltig  ist  der  Reichthuni  an 
Gasporen,  Glas-  und  Flüssigkeitseinschlüssen,  welche  theilweise 
die  bizarrsten  sclilauchähnlich  gewundenen  Formen  zeigen,  häufig 
jedoch  auch  deutlich  hexagonale  Begrenzung  erkennen  lassen.  Bei 
den  Fluidaleinschlüssen  ist  vielfach  Beweglichkeit  der  Libelle 
wahrzunehmen,  dagegen  enthalten  die  Glaseinschlüsse  öfters  mehrere 
fixe  Bläschen.  Die  eingeschlossene  Flüssigkeit  wird  schon  durch 
geringe  Temperaturerhöhung  in  Dampfform  übei^geführt  und  ist 
demnach  wohl  flüssige  Kohlensäure.  Glaseinschlüsse  im  Korund 
der  Laacher  Auswürflinge  werden  sowohl  von  v.  Lasallx  ^)  wie 
von  HussAK  (1.  c.  p.  358)  beschrieben,  während  Flüssigkeitsein- 
schlüsse nur  von  letzterem  Forscher  erwähnt  werden.  Endlich 
beherbergt  der  Korund  noch  kleine  schwarze  Körnchen,  welche 
wohl  dem  Magnetit  angehören  und  gelbe  Rutilprismen;  letztere 
starren  häufig  spiessig  aus  den  Koiundkrystallen  hervor. 

Rutil.  Der  ebenfalls  sehr  verbreitete  Rutil  findet  sich  viel- 
fach in  Form  von  braunen  Körnern  als  Einschluss  im  Cordierit 
und  Andalusit.  Besonders  häufig  jedoch  bildet  er  zierliche,  wohl- 
ausgebildete Prismen  von  honig-  oder  goldgelber  Farbe,  vielfach 
mit  schöner  pyramidaler  Zustutzung  und  der  charakteristischen 
Streifung  parallel  der  c-Axe.  Die  bekannten  knieförmigen  Zwillinge 
nach  Px.  sind  sehr  häufig,  auch  die  herzförmigen  nach  3Poo 
wurden  mehrfach  beobachtet.  Nicht  selten  vereinigen  sich  diese 
gelben  Kryställchen .  namentlich  in  Verbindung  mit  Spinell  und 
Korund,   zu  äusserst  mannichfaltig  zusannnengefügten  Aggregaten. 

Quarz.  Quarz  betheiligt  sich  nur  untergeordnet  an  diesen 
Mineralanhäufungen.  Wo  derselbe  als  Gemengtheil  auftritt,  findet 
er  sich  stets  mit  Feldspath  vergesellschaftet,  dann  von  diesem  durch 
seine  unregelmässigen  Sprünge  und  lebhafteren  Polarisationsfarben 
zu  unterscheiden.  Die  sonst  für  ihn  so  charakteristischen  Flüssig- 
keitseinschlüsse zeigen  sich  im  Allgemeinen  hier  nicht  sonderlich 
reichlich.  Dagegen  enthielt  ein  einzelnes  etwa  haselnussgrosses 
Fundstück  von  eingeschlossenem  reinem  Quarz  eine  sehr  grosse 
Menge  von  Flüssigkeitseinschlüssen,  zum  Theil  in  sehr  hübsch  aus- 
gebildeten negativen  Krystallen. 

Granat.  In  mehreren  dieser  Mineralanhäufungen  erscheint 
Granat  in  rundlichen  Körnern  oder  körnigen  Aggregaten,  bis  zur 
Grösse  von  0,75  mm  ohne  deutlich  krystallographische  Begrenzung 
mit  hell  rosenrother  Farbe.  Er  ist  von  zahlreichen  unregelmässigen 
Sprüngen  durchzogen  und  bleibt  zwischen  -f  Nicols,    ohne  irgend 


Zeitschr.  f.  Krystall.  Bd.  X,  p.  349. 


32 


welche  Anomalieen  zu  zeigen,  stets  dunkel.  Die  Substanz  des 
Granats  ist  sehr  reich  an  Interpositionen ,  vielfach  ninnnt  die 
Menge  derselben  nach  dem  Centrum  der  Körner  zu,  öfters  ist 
auch  eine  Anordnung  derselben  in  concentrischen  Reihen  zu  be- 
merken. Diese  Einschlüsse  bestehen  zumeist  aus  opaken  schwarzen 
Körnchen,  wahrscheinlich  Magnetit,  sodann  sind  Gasporen  und 
Flüssigkeitseinschlüsse  häufig. 

Zirkon  und  Magnetit  bieten  keine  besonderen  Eigenthüm- 
lichkeiten;  ersterer  zeigt  die  gewöhnliche  Ausbildungsweise  in  stark 
lichtbrechenden  Kryställchen  und  ist  von  dem  tafelförmigen  Korund 
leicht  zu  unterscheiden.  Magnetit  könnte  hier  gelegentlich  mit 
Pleonast  verwechselt  werden,  doch  bieten  sein  metallischer  Glanz 
und  die  gänzliche  Undurchsichtigkeit  stets  geeignete  Unterschei- 
dungsmerkmale. 

Zum  Schluss  verdient  noch  bemerkt  zu  werden,  dass  weder 
Turmalin,  noch  ein  Glied  der  Pyroxen-  oder  Amphibolgruppe  zur 
Beobachtung  gelangte;  auch  Eisenglanz  oder  Titaneisen  scheinen 
gänzlich  zu  fehlen. 

Nicht  nur  Form  und  Structur  dieser  Mineralaggregate 
sind  äusserst  verschieden,  sondern  auch  die  einzelnen  Combi- 
nationen  der  Gemengtheile  weisen  bei  ihnen  die  grösste  Mannig- 
faltigkeit auf.  Ein  Gegensatz  in  diesen  Beziehungen  ist  zwischen 
den  beiden  Localitäten  Rengersfeld  und  Bocksberg  nicht  zu  con- 
statiren.  Die  Form  ist  vielfach  rundlich,  knollenartig,  bald  zeigen 
dieselben  jedoch  auch  eckige,  scharf  begrenzte  Conturen.  Auch 
der  Zusammenhang  und  Verband  mit  dem  Gestein  sind  sehr  ab- 
weichend. Zum  Theil  erscheinen  dieselben  nämlich  lose  mit  dem 
Gestein  verbunden  und  lassen  sich  leicht  von  demselben  trennen, 
andere  dagegen  sind  auf  das  innigste  mit  dem  Andesit  verwachsen 
und  treten  dann  vielfach  in  einer  an  dunkle  Schlieren  erinnernden 
Form  auf.  Endlich  ist  die  Grösse  dieser  einschlussartigen  Massen 
sehr  wechselnd;  die  knollenartig  gestalteten  erreichen  einen  Durch- 
messer von  6  cm.  während  die  platteren  schlierenförmigen  Aggre- 
gate öfters  eine  Länge  von  12  cm  aufweisen.  Die  Dimensionen 
dieser  fremden  Mineralanhäufungen  sinken  jedoch  zu  solcher  Klein- 
heit herab,  dass  dieselben  sich  im  Handstück  makroskopisch  nur 
in  Form  kleiner  schwarzer  Flecken  bemerkbar  machen  und  nach 
Messungen  in  den  Präparaten  oft  einen  Durchmesser  von  nur 
0,5  mm  besitzen. 

Von  den  wichtigsten  Structurformen  und  Combinationen  ist 
zunächst  eine  zu  betrachten,  welche  in  mehreren  über  walnuss- 
grossen,  knollenartigen  Stücken,  fest  mit  dem  Andesit  verwachsen, 
gefunden  wurde.  Makroskopisch  zeigt  die  fremde  Masse  eine 
sehr  feinkörnige  Structur    mit    hellgrauer  Farbe.     Sehr    deutlich 


33 


sind  jedoch  ferner  noch  vielfiicli  rundliche  dunkelblaue  Flecken 
wahrzunehmen,  welche,  wie  die  mikroskopische  Untersuchung  zeigt, 
durch  den  Cordierit  hervorgerufen  werden.  U.  d.  M.  löst  sich 
dieses  Aggregat  in  ein  körniges  Gemenge  von  wesentlich  Cordierit, 
Andalusit,  Sillinianit  und  Plagioklas  auf.  Der  Cordierit  ist  meist 
unregelmässig  begrenzt,  äusserst  pleochroitisch  und  zeigt  die  vorhin 
beschriebenen  Zwillingserscheinungen.  Er  umschliesst  rundliche 
Rutilköz-ner,  Sillimanitnadeln  und  viele  Glaseinschlüsse,  letztere 
sehr  häufig  in  Verbindung  mit  kleinen  Spinellen.  Nächst  dem 
Cordierit  tritt  Andalusit  am  häufigsten,  meist  in  rechteckigen 
Durchschnitten  mit  wohl  entwickelter  Spaltbarkeit  auf.  Sillimanit, 
gleichfalls  ein  wesentlicher  Gemengtheil,  erscheint  sowohl  in  büschel- 
förmigen oder  filzigen  Aggregaten  zwischen  den  übrigen  Gemeng- 
theilen  zwischengedrängt,  wie  auch  in  denselben  eingeschlossen. 
Biotit  meist  in  unregelmässig  begrenzten  Durchschnitten,  sowie 
Magnetit  sind  ebenfalls  nicht  selten.  Quarz  scheint  dagegen  zu 
fehlen.  Ausserdem  zeigt  sich  noch  vielfach,  namentlich  häufig  in 
Verbindung  mit  dem  Biotit  und  zwischen  den  Cordieritköriieru 
zwischengeklemmt  eine  braune  Masse,  zu  deren  genauem  Studium 
sich  nur  die  dünnsten  Schliffe  eignen.  Dieselbe  erscheint  dann 
hell  bräunlich  durchscheinend,  nicht  absolut  structurlos  sondern 
von  einem  an  globulitische  Körnung  erinnernden  Aussehen;  die 
Sillimanitnadeln  liegen  vielfach  in  derselben  eingebettet.  Zwischen 
-{-  Nicols  übt  sie  nirgends  eine  bestimmte  Wirkung  auf  das 
polarisirte  Licht  aus.  nur  eine  unbestimmte  und  verschwommene 
Aggregatpolarisation  ist  stellenweise  wahrzunehmen.  An  vielen 
Stellen  nun,  wo  diese  Masse  mit  dem  Biotit  zusammentritt,  ist 
ein  so  allmählicher  Uebergang  der  Biotitsubstanz  in  dieselbe  zu 
constatiren,  dass  es  im  höchsten  Grade  wahrscheinlich  gemacht 
wird,  dass  wir  in  dieser  Masse  ein  glasiges  Umschmelzungs- 
product  aus  dem  Biotit  zu  erblicken  haben.  Aus  zahlreichen 
Untersuchungen  ergiebt  sich  bekanntlich,  dass  der  Biotit  mit  zu 
allererst  durch  die  Einwirkung  der  Hitze  zum  Schmelzen  gelangt. 
Es  ist  aber  hier  nicht  ausgeschlossen,  dass  ein  Theil  dieser  glas- 
artigen Masse  auch  vom  Cordierit  herstammt. 

Plagioklas,  deutlich  gestreift,  tritt  sehr  untergeordnet  auf. 
Pleonast  kommt  verschiedentlich,  doch  nicht  häufig,  in  den  Silli- 
manitaggregaten  eingewickelt  vor.  Besonders  zahlreich  stellen 
sich  jedoch  seine  zierlichen  Oktaedercheu  am  Contact  dieser  knoUen- 
ai'tigen  Massen  mit  dem  umschliessenden  Andesit  ein.  Hier  finden 
sich  bald  vereinzelte  Anhäufungen  dieser  grasgrünen  Krj^ställchen, 
bald  bilden  letztere  Umrandungen  der  Andalusit-  und  Cordierit- 
individuen,  welche  unmittelbar  mit  dem  andesitischen  Magma  in 
Berührung  gekommen  sind.    Bemerkenswerth  ist  es,   dass  hier  an 

Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  1.  8 


34 


der  Coiitactzone  dieser  einschluss artigen  Massen  der  Pleonast  auch 
in  grösseren  Krystallen  in  den  Andalusit-  und  Cordieritiudividuen 
selbst  eingelagert  erscheint,  während  er  im  Innern  derselben  einer- 
seits nur  sehr  sporadisch,  andererseits  lediglich  in  Verbindung 
mit  Sillimanit  auftritt. 

In  Bezug  auf  die  Structur  dieser  soeben  beschriebenen 
Mineralcombination  ist  durch  Abwechslung  der  einzelnen  Gemeng- 
theile  in  Lagen,  durch  parallele  Anordnung  der  Sillimanit-Aggre- 
gate  \ielfach  eine  deutliche  Schieferung  zu  beobachten.  Dieselbe 
zeigt  also  in  Zusanmiensetzung  und  Structurform  ausserordentliche 
Aehnlichkeit  mit  gewissen  sillimanitreichen  Cordieritgesteinen,  wie 
sie  uns  als  im  krystallinen  Schiefergebirge  anstehend  wohlbekannt 
sind.  Es  dürfte  demnach  sehr  wahrscheinlich  sein,  dass  diese 
Massen  thatsächlich  auf  eingeschlossene  Bruchstücke  von  solchen 
Gesteinen  zurückzuführen  sind,  welche  im  wesentlichen  ihre  Structur 
behalten  haben  und  in  welchen  nur  die  Entstehung  von  secundären 
Glaseinschlüssen,  sowie  die  Einschmelzung  des  Biotits  und  viel- 
leicht theilweise  des  Cordierits  zu  einer  braunen  devitrificii'ten  Masse, 
ferner  die  Pleonastbildung  an  den  Rändern  auf  die  Einvdrkung 
des  Magmas  zurückzuführen  sind.  Nun  tinden  sich  jedoch  nament- 
lich unter  den  schlierenartig  mit  dem  Gestein  verwachsenen  Mineral- 
combinationen  wiederum  andere,  welche  sich  zwar  aus  denselben 
Gemengtheilen  zusammensetzen  und  in  denen  auch  die  schiefrige 
Structur  im  Allgemeinen  erhalten  geblieben  ist,  in  welchen  jedoch 
auch  Partieen  auftreten,  bei  denen  es  jedenfalls  in  hohem  Grade 
wahrscheinlich  ist.  dass  hier  eine  vollständige  Umkrystallisation 
präexistirender  mineralischer  Gemengtheile  in  Folge  der  intensiven 
Hitze-Einwrkung  stattgefunden  hat.  So  ist  in  einem  Fundstück, 
welches  im  Wesentlichen  in  Zusammensetzung  und  Gefüge  mit  der 
vorhin  beschriebenen  Cordieritgneiss-artigen  Combination  überein- 
stimmt, vielfach  ein  allmähliger  Uebergang  in  ein  völlig  rich- 
tungslos struirtes  Gemenge  von  lediglich  massenhaftem  Pleonast, 
daneben  Feldspath  und  Biotit  wahrzunehmen. 

Eine  andere  Combination  zeigt  auch  wieder  die  Structur 
eines  krystallinen  Schiefers.  Dieselbe  besteht  aus  einem  plan- 
paralleles Gefüge  aufweisenden  Gemenge  von  vorwiegend  Plagioklas, 
Biotit,  Sillimanit,  Granat  und  wenig  Quarz.  Der  Plagioklas  ist 
schön  gestreift  und  enthält  mehrfach  Flüssigkeitseinschlüsse,  der 
Biotit  erscheint  in  unregelmässig  begrenzten,  lappenartigen  Formen 
und  umschliesst  vielfach  Erzkörner.  Granat  tritt  in  rundlich 
körnigen  Partieen  auf  mit  sehr  schöner  rosenrother  Färbung,  oft- 
mals ist  er  fast  ganz  mit  Interpositionen  erfüllt.  Sillimanit  um- 
schliesst wiederum  mehrfach  Pleonast.  Der  Quarz  bietet  nichts 
Besonderes,  er  ist  arm  an  Flüssigkeitseinschlüssen.     Gelbe  Rutil- 


35 


prismen  sind  recht  verbreitet,  ebenso  Zirkone  nicht  selten.  Audi 
hier  giebt  sich  auf  der  Grenze  an  dem  umschliessenden  Andesit 
wieder  massenhafte  Pleonastbildung  kund.  Wo  der  Granat  in  un- 
mittelbare Berührung  mit  dem  Schmelzflusse  gekommen  ist,  weist 
er  eine  schwarze  Umrandung  von  Magnetit  auf. 

Von  besonderem  Interesse  ist  eine  nur  etwa  5  mm  grosse 
Anhäufung  fremder  Mineralien,  welche  sich,  vollständig  in  ande- 
sitische  Masse  eingebettet,  in  dem  für  das  Studium  der  Contact- 
erscheinungen  an  der  vorhin  beschriebenen  einschlussartigen  Masse 
angefertigten  Präparat  vorfand.  Dieses  kleine  Aggregat  liegt  also 
vollständig  getreimt  von  jener  Combination  und  besteht  aus  Silli- 
manit,  Feldspath,  Biotit  mit  brauner  Glasmasse,  Granat,  Cordierit 
mit  Glaseinschlüssen,  Pleonast  umgeben  von  einem  Hofe  farbloser 
Substanz  (hier  Feldspath?).  Granat  wurde  sonst  nirgends  in 
diesen  Combinationen  in  Verbindung  mit  Cordierit  beobachtet,  und 
ebenso  ist  auch  jenes  vorhin  beschriebene  Granat  führende  schiefer- 
artige Aggregat  frei  von  Cordierit.  Sollte  daher  hier  nicht  in 
dieser  kleinen  Mineralanhäufung  ein  von  der  benachbarten  Granat 
führenden  Masse  losgebröckeltes  Bruchstückchen .  vorliegen ,  in 
welchem  durch  die  magmatische  Einwirkung  eine  Neubildung  von 
Cordieritsubstanz  bewirkt  wurde? 

Ausgezeichnet  schiefrige  Structur  ist  auch  wiederum  in  fol- 
gender Combination  zu  constatiren.  Die  Hauptmasse  derselben 
besteht  u.  d.  M.  aus  Plagioklas,  welcher  sowohl  in  unregelmässig 
körnigen  Gestalten,  wie  in  breit  rechteckigen  Durchschnitten  auf- 
tritt. In  dieser  feldspathigen  Masse  erscheinen  die  übrigen  Ge- 
mengtheile  in  abwechselnden  Lagen  eingebettet  und  zwar  zunächst 
Biotit  in  ausserordentlich  automoi'phen  schmal  leistenförmigen  hexa- 
gonalen  Durchschnitten  mit  paralleler  Anordnung.  Ferner  Pleonast 
in  unregelmässigen  Körnern  wie  in  Oktaedern;  endlich  Sillimanit 
in  kleinen  säulenförmigen  Individuen,  langen  Nadeln  und  filzigen 
Massen.  Auch  bei  den  Sillimanitaggregaten  ist  überall  eine 
parallele  Anordnung  wahrzunehmen.  Accessorisch  sind  noch 
Magnetit,   Rutil,  Zirkon  vorhanden. 

Grössere  Beachtung  verdienen  sodann  diejenigen  Varietäten 
unter  den  einschlussartigen  Massen,  welche  sich  durch  ihren  be- 
deutenden Reichthum  an  Korund  auszeichnen.  In  mehreren 
Fundstücken  vertreten  ist  eine  Combination  von  Sillimanit,  Feld- 
spath, Korund,  Pleonast,  Andalusit,  Rutil,  Biotit.  Die  Hauptmasse 
dieses  Gemenges  besteht  aus  filzigen  Sillimanitaggregaten.  In 
diesen  büschelartigen  Massen  sitzen  oft  vielfach  versteckt  und 
scheinbar  vollständig  eingewickelt  massenhaft  Korundtafeln  und 
Pleonastkörner.  Der  Korund  zeigt  sehr  schöne  himmelblaue  Farbe, 
vielfach   Pleochroismus;    in   den    meisten  Fällen   ist   er    mit    der 

3* 


36 


charakteristischen  rhomboedrischen  Streifimg  versehen  und  sehr 
reich  an  Einschlüssen  von  Glas,  Flüssigkeit,  Rutil.  Mehrfach 
konnte  ich  eine  Art  der  Aggregation  von  Korund  und  grünem 
Spinell  wahrnehmen ,  wie  dieselbe  von  Koch  ^)  beschrieben  und 
abgebildet  worden  ist.  Die  Korundtäfelchen  sind  zu  einem  Netz- 
werk verbunden,  sodass  die  leistenförmigen  Durchschnitte  dann 
stets  unter  einem  gewissen  Winkel  zusammenstossen.  In  den 
Zwischenräumen  erscheint  überall  Spinell  eingelagert.  Der  Feld- 
spath  trägt  meist  sehr  schöne  Streifung;  in  Verbindung  mit  ihm 
erscheint  vielfach  eine  farblose  bis  hell  bräunliche  Masse,  welche 
keine  Wirkung  auf  das  polarisirte  Licht  ausübt  und  wohl  auch 
als  ein  Glas  aufzufassen  ist.  Die  Pleonastkrystalle  zeigen  stets, 
wofern  sie  in  dieser  Masse  liegen  den  doppelbrechenden  Hof, 
dagegen  nicht  im  Feldspath,  was  namentlich  deutlich  hervortritt, 
wenn  ein  Pleonastoktaeder  zur  Hälfte  im  Feldspath,  zur  Hälfte 
in  dieser  amorphen  Masse  liegt.  Andalusit  tritt  hier  zurück,  er 
zeichnet  sich  durch  starken  Pleochroismus  aus.  Rutil  bietet  hier 
besonders  schöne  Krystallentwickelung  dar;  in  goldgelben  Prismen 
und  knieförmigen  Zwillingen  ist  er  überall  verstreut  und  nament- 
lich im  Korund  eingewachsen,  er  bildet  stellenweise  die  zierlichsten 
Krj^stallgruppirungen.  Biotit  ist  spärlich.  Eine  von  mir  ausge- 
führte Bauschanalj^se  dieses  fremden  Mineralaggregates  ergab: 

Si02 36.21 

Ti02 3.10 

AI2O3       ....     47,43 

FeO^)      ....       2,58 

MgO 3,23 

CaO 0,19 

K2O 2,74 

Na20        ....       4,12 

Glühverl.  .  .  .  1,12 
100,72 
Andere  dieser  Mineralcombinationen  sind  durch  das  Fehlen 
des  Sillimanits  bemerkenswerth.  Hierhin  gehört  zunächst  ein  ein- 
schlussartiges Fundstück  mit  eckigen  Umrissen,  ziemlich  lose  mit 
dem  Gestein  verbunden  und  von  ausgezeichneter  schiefriger  Structur. 
Makroskopisch  besteht  dasselbe  aus  einer  grauen  Masse,  welche 
durch  ein  dunkel  grünes  Mineral  äusserst  fein  gestreift  erscheint. 
U.  d.  M.  lösen  sich  diese  dunkel  grünen  Schmitzen  wiederum  in 
äusserst  dichte  Aggregationen  winzigster  Pleonastkörnchen  auf. 
Die  graue  Hauptmasse  bildet  ein  farbloses  Mineral,  welches  starke 

*)  Jahrbuch  d.  kgl.  preuss.  geol.  Landesanstalt  für  1886.  t.  4.  f.  2. 
^)  Der  gesammte  Fe-Gehalt  wurde  als  Eisenoxydul  berechnet. 


37 


Lichtbrechung  zeigt  und  dessen  Formen  vielfach  auf  das  hexago- 
nale  System  hinweisen.  Die  Vermuthung,  dass  auch  hier  Korund 
vorliege,  wurde  durch  seine  Isolation  bestätigt.  Nach  Behandlung 
dieser  Mineralcombination  mit  Fluss-  und  Salzsäure  restirte  ein 
Gemenge  von  wasserhellen,  vielfach  sechsseitigen  Täfelchen,  Rutil 
und  grösseren  Pleonastkörnern.  Die  tafelförmige  Ausbildung,  die 
hexagonalen  Formen  sowie  die  jetzt  vielfach  hervortretende 
charakteristische  rliomboedrische  Streifung  Hessen  es  unzweifelhaft 
erscheinen,  dass  man  es  hier  mit  Korund  zu  thun  habe.  An  Ein- 
schlüssen erwies  sich  dieser  Korund  nicht  sonderlich  reich.  Die 
äusserst  feinen  Spinellaggregate  hatten  der  Behandlung  mit  Säuren 
nicht  widerstanden.  Winzige  gelbe  Rutilprismen  sind  auch  im 
Präparat  häutig  zu  beobachten.  Biotit  ist  selteri.  Dagegen  er- 
scheint, zwischen  den  vorwaltenden  Korun dtäf eichen ,  gewisser- 
maassen  als  Untergrund,  ein  farbloses  schwach  polarisirendes 
Mineral,  welches  hin  und  wieder  einerseits  sechsseitige  Umrisse, 
andererseits  lamellare  Zusammensetzung  aufweist  und  mit  grösster 
Wahrscheinlichkeit  für  Kaliglimmer  gehalten  werden  muss. 

Ein  weiteres  Aggregat  war  schlierenförmig  mit  dem  Andesit 
auf  das  innigste  verwachsen;  makroskopisch  lässt  sich  jedoch  noch 
eine  parallele  Anordnung  der  Glimmerblättchen  wahrnehmen.  U. 
d.  M.  besteht  diese  Combination  hauptsächlich  aus  Plagioklas  und 
Biotit  nebst  Magnetit  und  Pleonast,  sowie  accessorisch  Rutil  und 
Zirkon.  Der  Plagioklas  bildet  ein  Haufwerk  von  breit  leisten- 
förmigen,  nahezu  quadratischen  Schnitten,  welche  zAvischen  +  Nicols 
ein  zierliches  mosaikartiges  Bild  hervorrufen.  Der  Biotit  ist  nicht 
sehr  regelmässig  begrenzt,  er  enthält  vielfach  Erzkörnchen.  Als 
besonders  bemerkenswerth  muss  es  gelten,  dass  hier  Pleonast  in 
sehr  wohl  ausgebildeten  grünen  Oktaederchen  die  unmittelbare  Um- 
randung des  Glimmers  bildet,  ja  stellenweise  scheint  die  Glimmer- 
substanz durch  Anhäufungen  von  Pleonast  ersetzt  zu  sein,  sodass  hier 
die  Pleonastbildung  als  directes  kaustisches  Umwandlungsproduct 
des  Glimmers  sehr  wahrscheinlich  ist. 

Sehr  merkwürdig  ist  ferner  noch  eine  Combination,  welche 
ebenfalls  sehr  fest  mit  dem  Gestein  verwachsen  war  und  auch 
wohl  zu  solchen  gehört,  in  denen  eine  vollständige  Umkrystalli- 
sation  primärer  krystallinischer  Gemengtheile  oder  Neuausscheidung 
aus  dem  Schmelzfluss  stattgefunden  haben  dürfte.  U.  d.  M.  be- 
steht die  Hauptmasse  aus  körnigem  Feldspath  und  Biotit.  In 
derselben  liegen  verschiedentlich  Aggregate  von  Korundkörnern  mit 
Rutil,  um  welche  sich  ein  Hof  von  Pleonast  gebildet  hat.  Diese 
Höfe  treten  in  mannigfaltiger  Grösse  auf;  sonderbarer  Weise  zeigen 
dieselben,  trotzdem  sie  ein  völlig  regelloses  Haufwerk  von  Korund- 
täfelchen und  Rutilprismen  umgrenzen,  alle  ausgeprägt  spitz  rhom- 


38 


boidische  Conturen.  Bei  den  grössten  dieser  Höfe  hatte  die 
grössere  Diagonale  eine  Länge  von  1,75  mm.  Auch  Sillimanit 
ist,  wenn  auch  spärlich,  in  dieser  Combination  wiederum  vor- 
handen. 

Diese  bis  jetzt  mitgetheilten  Untersuchungen  betreffen  sämmt- 
licli  Fundstücke,  welche  in  den  Steinbrüchen  am  Bocksberg  und  am 
Rengersfeld  gesammelt  wurden  und  bereits  durch  ihre  makro- 
skopische Beschafienheit  auf  eine  vom  Andesit  durchaus  verschie- 
dene Zusammensetzung  schliessen  Hessen.  Die  Anhäufungen  dieser 
Mineralien  besitzen  jedoch  oft  nur  so  kleine  Dimensionen,  dass 
ihre  Auffindung  in  Praeparaten,  welche  aus  makroskopisch  durch- 
aus homogen  erscheinender  Andesitmasse  hergestellt  sind,  eine  rein 
zufällige  ist.  Von  solchen  Vorkommnissen  gelangten  zur  Beob- 
achtung 1 — ^2  mm  grosse  xinhäufungen .  welche  trotz  ihrer  ge- 
ringen Grösse  dennoch  fast  sämmtliche  dieser  Mineralien,  wie 
Cordierit,  Feldspath,  Biotit,  Korund,  Pleonast,  Sillimanit  ent- 
hielten. Ferner  kleine  Pleonastanhäufungen ,  vereinzelte  Granat- 
körner, welche  letzteren  stets  mit  einer  kaustischen  Umwandlungs- 
zone von  Magnetit  versehen  sind,  sämmtlich  inmitten  des  Andesits 
gelegen.  Ja  es  fanden  sich  sogar  offenbar  von  diesen  Massen 
herrührende  Spinellkörner  und  Sillimanitbüschel  als  Einschlüsse  in 
andesitischen  Plagioklasen  eingewachsen. 

Zur  Erklärung  und  Deutung  des  Vorkommens  der 
einschlussartigen  Massen  im  i^ndesit.  Zunächst  muss  her- 
vorgehoben werden,  dass  diesen  in  den  Eifeler  Hornblende-Ande- 
siten  eingeschlossenen  Mineralaggregaten  durchaus  analoge  Vor- 
kommnisse in  den  trachytischen  Eruptivgesteinen  des  Sieben- 
gebirges zur  Seite  stehen.  Die  genauere  Untersuchung  der 
siebengebirgischen  Andesite  und  Trachyte  zeigt  nämlich,  dass  auch 
dort  solche  einschlussartigen  Massen  oft  in  überraschender  Menge 
verbreitet  sind.  Namentlich  die  Wolkenburg  ist  sehr  reich  an 
solchen  Vorkommnissen.  Andeutungen  finden  wir  bereits  mehrfach 
in  V.  Dechen's  Geognostischem  Führer  in  das  Siebengebirge,  so 
p.  95:  „nach  Dr.  vom  Rath  seien  die  dunklen  Parthieen  (im 
Andesit  der  Wolkenburg),  welche  sich  in  scharfer  Grenze  scheiden, 
für  eingeschlossene  Bruchstücke  einer  eigenthümlichen  Abänderung 
von  Trachyt  zu  halten,  welche  anstehend  in  dieser  Gegend  nicht 
bekannt  ist".  Ferner  p.  118  daselbst:  „häufig  sind  Bruchstücke  von 
schiefrigen  krystallinischen  Gesteinen,  deren  Herkunft  bisweilen 
nicht  so  deutlich  vorliegt  als  die  der  Devongesteine ".  Ueber 
einen  Theil  dieser  siebengebirgischen  Vorkommnisse  hat  bekannt- 
lich Pohlig  *)   bereits   an   verschiedenen   Orten   Mittheilungen   ge- 


^)  H.  Pohlig.    Die  Schieferfragmente  im  Siebengebirger  Trachyte. 


39 


macht,  und  dieselben  zwar  zuerst  für  durch  die  magmatische  Ein- 
wirkung metamorphosirte  devonische  Schieferbruchstücke  gehalten, 
später  jedoch  als  eingesclilossene  Bi-uchstücke  in  der  Tiefe  an- 
stehender metaniorphischer  Schiefer  erklärt.  Pohlig  hat  indessen 
stets  nur  solche  eingeschlossenen  Fragmente  untersucht,  welche 
sich  bereits  makroskopisch  als  unzweifelhafte  Bruchstücke  krystalli- 
nischer  Schiefer  kundgeben,  während  jene  so  äusserst  innig  mit 
dem  Gestein  verwachsenen  und  bei  makroskopischer  Betrachtung 
keinerlei  Gemengtheile  erkennen  lassenden  schlierenhaften  Massen 
von  ihm  noch  nicht  in  den  Kreis  seiner  Untersuchungen  gezogen 
wurden.  Die  genauere  mikroskopische  Untersuchung  dieser  ein- 
schlussartigen Massen,  „schwarzen  Abänderungen"  u.  s.  w.  der 
siebengebirgischen  Andesite  zeigt,  dass  in  ihnen  dieselbe  Fülle  von 
fremden  Mineralien,  ebenso  wiederum  in  den  mannigfachsten  Com- 
binationen,  vielfach  auch  mit  schiefriger  Structur,  zugegen  ist,  wie 
in  den  vorhin  beschriebenen  Vorkommnissen  der  Eifel.  Nament- 
lich muss  die  ausserordentliche  Verbreitung  des  Cordierits  in 
diesen  eingeschlossenen  Mineralaggregaten,  dessen  „anscheinend 
gänzliches  Fehlen"  Pohlig  ^)  hervorhebt,  besonders  betont  werden. 
Der  Güte  des  Herrn  Dr.  Krantz  in  Bonn  verdanke  ich  ein  über 
faustgrosses  Fundstück  von  genau  derselben  Zusammensetzung, 
wie  die  zuerst  aus  der  Eifel  beschriebene  Cordieritgneiss-artige 
Combination.  Auch  hier  enthält  der  Cordierit  wiederum  die  Glas- 
einschlüsse und  zeigt  Zwillingserscheinungen.  Man  wird  kaum  ein 
Präparat  der  fremden  Mineralcombinationen  von  der  Wolkenburg 
anfertigen,  ohne  auf  Cordierit  zu  stossen.  Ebenso  ist  Pleonast, 
Sillimanit,  Rutil.  Korund  in  den  siebengebirgischen  Aggregaten 
ausserordentlich  verbreitet.  Ueber  das  Vorkommen  des  letzten 
Minerals  hat  Pohlig-)  bereits  Mittheilung  gemacht.  Bemerkens- 
werth  ist  es,  dass  im  Gegensatz  zur  Eifel  diese  einschlussartigen 
Massen  im  Siebengebirge  auch  in  den  Trachyten,  wenn  auch  nicht 
so  häufig  wie  in  den  Andesiten,  verbreitet  sind.  Ein  etwa  7  cm 
grosses  am  Ostabhang  des  Drachenfels  aus  dem  Trachyt  heraus- 
geklopftes Fundstück  bestand  u.  d.  M.  aus  Feldspath,  in  welchem 
massenhafte  Pleonastaggregate,  Korundanhäufungen,  Biotit,  Rutil 
eingebettet  waren. 

Eine  so  bedeutende  Verbreitung  und  der  meist  ausserordent- 


Min.  u.  petr.  Mitth.  Bd.  III,  p.  336—363.  —  Ders.  Ueber  die  Frag- 
mente metaniorphischer  Gesteine  aus  den  vulkanischen  Gebilden  des 
Siebengebirges  und  seiner  Umgebung.  Verh.  d.  naturh.  Ver.  d.  Rheinl. 
u.  Westf.  XXXV,  1888,  p.  89—109.  —  Ders.  Sitzungsber.  d.  niederrh. 
Ges.  in  Bonn  vom  9.  Juli  1888. 

')  1.  c.  Sitzungsber.  d.  niederrh.  Ges. 

2)  ibid. 


40 


lieh  innige,  sehlierenartige  Verband  mit  dem  umschliessenden  Ge- 
stein könnte  nun  vielleicht  geeignet  sein,  die  Ausscheidung  dieser 
Mineralaggregate  aus  dem  andesitischen  Magma  annehmen  zu 
lassen.  Gegen  eine  solche  Auffassung  sprechen  jedoch  gewichtige 
Gründe.  Zunächst  sind  die  diese  Aggregate  zusammensetzenden 
Mineralien  bekanntlich  zum  Theil  vollkommen  verschieden  von  den 
andesitischen  Gemengtheilen  und  können  auch  überhaupt  nicht  einmal 
(wie  es  andererseits  bei  den  im  Basalt  vorkommenden  Olivinknollen 
der  Fall)  als  verwandt  mit  denselben  gelten .  weshalb  es  im 
höchsten  Grade  unwahrscheinlich  ist,  dass  sie  sich  aus  dem  ande- 
sitischen Schmelzfluss  als  concretionäre  Massen  ausgeschieden 
haben  sollten. 

Dahingegen  verweisen  uns  die  Ausbildung  der  Gemengtheile 
dieser  Mineralcombinationen,  die  schiefrige  Structur  derselben  in 
weitaus  den  meisten  Fällen  auf  den  Zusammenhang  dieser  fremd- 
artigen Massen  mit  Gliedern  der  so  ausserordentlich  mannigfaltigen 
krystallinen  Schieferreihe  und  lassen  es  also  von  vorne  herein  sehr 
wahrscheinlich  erscheinen,  dass  dieselben  auf  Einschlüsse  von 
Bruchstücken  solcher  in  der  Tiefe  anstehender  krystallinischer 
Schiefer,  welche  durch  das  andesitische  Magma  mitgerissen  wur- 
den, zurückzuführen  sind.  Hierzu  kommt  noch,  dass  das  Vor- 
handensein des  krystallinischen  Urgebirges  unter  dem  rheinischen 
Schiefergebirge,  ja  die  Gegenwart  einer'  vollständigen  Granit- 
contactzone  durch  die  Arbeiten  von  Laspeyres^),  Wolf^),  Pöhlig 
(1.  c).  V.  Lasaülx^).  DiTTMAR  (I.  c),  wohl  gauz  unzweifelhaft 
gemacht  ist.  Auch  Rosenbusch*)  hat  an  verschiedenen  Orten 
auf  diese  Thatsache  hingewiesen.  Ueber  die  wirkliche  Zusammen- 
setzung und  Verbreitung  dieses  unterirdischen  krystallinen  Ur- 
gebirges können  natürlich  nur  durchaus  hypothetische  Schluss- 
folgerungen gezogen  werden,  zumal  da  es  sehr  wahrscheinlich  ist, 
dass  dort  unten  in  der  Tiefe  thatsächlich  Gesteine  vorbanden  sind, 
wie  wir  sie  als  anstehend  an  der  Erdoberfläche  nirgendwo  kennen. 
Trotzdem  lassen  sich  noch  viele  der  Laacher  Auswürflinge  und  der 
Einschlüsse  des  Siebengebirges  mit  typischen  Gliedern  der  krystalli- 
nen Schieferreihe  identiiiciren.  Auch  unter  den  vorhin  beschrie- 
benen einschlussartigen  Massen  der  Eifel  sehen  viele  Stücke  wohl- 
bekannten krystallinischen  Urgesteinen  durchaus  ähnlich.  Die 
Hauptschwierigkeit  liegt  in  der  Frage:  Welcher  Art  sind  die  Ein- 


1)  Laspeyres.     Zeitschr.  d.  geol.  Ges.,  XVIII,  1866,  p.  345. 

^)  Wolf.     Die  Auswürflinge   des  Laacher  Seees,    a.  a.  0.,    1867 
und  1868. 

2)  A.  V.  Lasaulx.     Der  Granit  unter  dem  Cambrium   des  hohen 
Venn.    Verh.  d.  naturh.  Ver.  d.  Rhein),  u.  Westph.,  Bd.  XLI,  p.  418—450. 

*)  Die  Steiger  Schiefer,  252  und  N.  Jhrh.,  1881.  I,  p.  388. 


41 


Wirkungen  des  erui3tiven  Magmas  auf  diese  eingeschlossenen 
kiTstallinen  Bruchstücke?  Das  eine  muss  jedenfalls  zugegeben  wer- 
den, dass  dieselbe  hier  vielfach  eine  durchaus  umgestaltende  ge- 
wesen ist.  Ja,  es  kann  nicht  zweifelhaft  sein,  dass  die  von  dem 
andesitischen  Magma  umschlossenen  Massen  vielfach  jetzt  nur 
noch  „Gemenge  sind  mehr  oder  weniger  erhaltener  ursprünglicher 
und  durch  die  Einwirkung  des  \Tilkanischen  Magmas  neugebildeter 
Mineralien,  welche  jene  alten  überwuchern"   (v.  Lasaulx^). 

Herr  Prof.  Laspeyres  in  Bonn  hatte  die  Güte,  mir  eine 
Durchsicht  der  Dittmar' sehen  Präparate  von  Laacher  Auswürflingen 
in  der  Poppelsdorfer  Sammlung  zu  gestatten,  und  ich  habe  hier 
stellenweise  eine  vollkommene  Uebereinstimmung  mit  den  von  den 
Andesiten  der  Eifel  eingeschlossenen  Materialien  konstatiren  können. 
Ein  bemerkenswerther  Unterschied  liegt  in  dem  massenhaften  Vor- 
handensein unzweifelhaften  Glases  in  jenen  Laacher  Auswürflingen 
und  dem  sehr  untergeordneten  Auftreten  des  Pleonast  im  Ver- 
gleich zu  den  Einschlüssen  im  Eifeler  Andesit;  es  scheint  also 
dort  häufig  nur  eine  Anschnielzung,  hier  vielfach  eine  gänzliche 
Umschmelzung  der  ursprünglichen  Mineralien  vorzuliegen.  Auch 
Korund  wird  von  Dittmar  nur  einmal  (p.   508)   erwähnt. 

Dasjenige,  was  zur  Erklärung  des  Vorkommens  dieser  in 
Rede  stehenden  merkwürdigen  Mineralaggregate  in  unseren  Ande- 
siten das  Wahrscheinlichste  ist.  möchte  ich  daher  in  folgenden 
Worten  zusammenfassen.  „Die  Substanz  dieser  Mineralanhäufun- 
gen ist  ursprünglich  dem  andesitischen  Schmelzflusse  fremd,  und 
zwar  verdanken  diese  Aggregate  ihren  Ursprung  der  Einbettung 
von  Bruchstücken  fremder  in  der  Tiefe  anstehender  krystallinischer 
Schiefer,  von  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  schon  contactmeta- 
morphischer  Natur,  in  das  Magma.  Letzteres  bewirkte  theilweise 
nur  eine  partielle  Umschmelzung  dieser  Einschlüsse,  wobei  die 
Reste  der  alten  krystallineu  Gemengtheile  mehr  oder  weniger  er- 
halten geblieben  sind,  zum  Theil  dagegen  war  die  Einwirkung  des 
Schmelzflusses  eine  so  intensive,  dass  innerhalb  des  noch  plasti- 
schen andesitischen  Magmas  eine  vollständige  Umkrystallisation 
der  eingeschlossenen  Massen  stattfand  und  eine  Neuausscheidung 
von  Contactmineralien  hervorgerufen  wurde". 

Das  Vorkommen  der  kleinen  nur  mm-grossen  Mineralaggregate 
findet  seine  Erklärung  hiernach  darin,  dass  von  den  in  dem 
Schmelzfluss  schwimmenden,  in  theilweiser  Auflösung  begriffenen 
Massen  Bruchstückchen  losgelöst  wurden.  Diese  finden  sich  nun 
als  mikroskopische  Residua  in  den  Schliffen  wieder  oder  gaben 
zu  kleinen  Aggregaten  neugebildeter  Contactmineralien  Veranlassung 


^)  Der  Granit  unter  dem  Camhrium  etc.,  p.  422. 


42 


(Pleonastanhäufungen).  Oefters  wurden  auch  einzelne  krystalline 
Reste  oder  Neubildungen  gänzlich  von  sich  verfestigenden  ande- 
sitischen  Gemengtheilen  eingeschlossen  (Sillimanitreste ,  Pleonast 
im  Plagioklas). 

Wenn  wir  nun  also  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  mit  Recht 
unsere  fremden  Mineralanhäufungen  auf  eingeschlossene  Bruch- 
stücke krystalliner  Schiefer  zurückführen  und  dennoch  zugegeben 
werden  soll,  dass  stellenweise  in  Folge  der  magmatischen  Ein- 
wirkung eine  Umkrystallisation  der  krystallinen  Gemengtheile  statt- 
gefunden hat.  so  treten  doch  dem  Versuch,  die  Entstehung  solcher 
neu  gebildeter  Mineralien  aus  den  ursprünglichen  Gemengtheilen 
im  einzelnen  Falle  nachzuweisen,  ganz  erhebliche  Schwierigkeiten 
in  den  Weg.  Bei  dem  eingehenden  Studium  der  Dünnschliffe  ge- 
winnt man  mehr  die  feste  Ueberzeugung,  dass  solche  Processe 
bei  der  Ausbildung  der  Mineralaggregate  zu  ihrem  jetzigen  Zu- 
stande mitgewirkt  haben,  als  man  andererseits  dieselben  stets  im 
speciellen  Falle  genau  und  unzweifelhaft  darzuthun  im  Stande  ist. 
Es  ist  daher  auch  nicht  versucht  worden,  diese  Einschlüsse  unter 
bekannte  Glieder  der  krystallinen  Schieferreihe  zu  gruppiren  oder 
genauer  mit  denselben  zu  vergleichen.  Namentlich  scheint  doch 
sehr  zu  beachten,  dass  uns  für  das  Maass,  wie  viel  Stoffe  bei 
der  Neubildung  dieser  Minerahen  aus  dem  andesitischen  Schmelz- 
flusse hinzugefügt  oder  wieviel  Gemengtheile  weggeführt,  gleich- 
sam ausgesaigert  worden  sind,  nicht  der  geringste  Anhaltspunkt 
zu  Gebote  steht.  Wer  sagt  uns  überhaupt,  welche  Beschaffenheit 
der  andesitische  Schmelzfluss  bei  seinem  Empordringen  an  die 
Erdoberfläche  besass  und  welche  chemischen  Veränderungen  mit 
demselben  vorgingen  in  Folge  der  Einbettung  und  vollständigen 
Auflösung  von  massenhaften  Bruchstücken  krystalliner  Schiefer, 
für  deren  frühere  Anwesenheit  uns  nicht  das  geringste  Anzeichen 
erhalten  geblieben  zu  sein  braucht?  Dennoch  möchte  ich  über 
verschiedene  dieser  mineralischen  Gemengtheile  einige  Bemerkungen 
anknüpfen.  Die  Anwesenheit  des  Cordierits  in  diesen  einschluss- 
artigen Massen  ist  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  nicht  erst  in 
Folge  der  Metamorphosirung  der  eingeschlossenen  Gesteine  durch 
das  andesitische  Magma  hervorgerufen  worden,  sondern  derselbe 
ist  wohl  mit  Recht  als  ein  primärer  Gemengtheil  der  letzteren 
aufzufassen.  Für  eine  Neubildung  dieses  Minerals  habe  ich 
nirgendwo,  ausser  in  dem  einen  angeführten  Falle,  irgendwelche 
Anhaltspunkte  finden  können. 

Was  nämlich  die  insbesondere  im  Cordierit  und  im  Korund 
häufig  vorkonuiienden  Glaseinschlüsse  anbetrifft,  so  scheint  mir  das 
Auftreten  derselben  weder  als  ein  Moment  gegen  die  Deutung 
dieser  Mineralaggregate  als  Einschlüsse  überhaupt,  noch  etwa  zum 


43 


Beweise  für  die  Neubildung  der  Mineralien,  in  denen  sie  sich 
vorfinden,  angeführt  werden  zu  können,  indem  die  secundäre  Ent- 
stehung der  Glaseinschlüsse  in  Folge  der  magjuatischen  Einwirkung 
bekanntlich  sehr  wohl  möglich  ist.  Hussak  (1.  c,  p.  360)  hat 
allerdings  den  von  ihm  beschriebenen  Laacher  Auswürfling  ledig- 
lich auf  Grund  „der  unzweifelhaften  primären  Glaseinschlüsse"  für 
eine  Ausscheidung  aus  dem  Schmelzfluss  erklärt;  v.  Lasaulx  ^) 
dagegen  und  Dittmar  (1.  c,  p,  502)  sprechen  sich  für  die  secun- 
däre Natur  derselben  im  Cordierit  aus,  und  auch  bei  denen  des 
Korundes  weist  erstgenannter  Forscher  auf  ihre  Aehnlichkeit  mit 
neu  gebildeten  Einschlüssen  hin^).  Einer  solchen  Erklärung  steht 
auch  durchaus  nichts  im  Wege,  da  vielfache  Untersuchungen  ge- 
zeigt haben,  dass  Mineralien,  welche  einer  starken  Hitze-Einwir- 
kung ausgesetzt  wurden,  hyaline  Interpositionen  in  sich  entwickeln 
können.  Namentlich  ist  es  möglich,  dass  dieselben  durch  Ein- 
schmelzung  von  praeexi  stiren  den  krystallini  sehen  Interpositionen 
im  Innern  der  Mineralien,  in  welchen  wir  sie  vorfinden,  entstehen. 
Die  Glaseinschlüsse  treten  ja  auch  hier  stets  im  Innern  von  Ge- 
mengtheilen  auf,  welche  überhaupt  sehr  zahlreiche  mikroskopische 
fremde  Mineralien  beherbergen.  Von  solchen  Interpositionen  ist 
namentlich  der  Glimmer  sehr  wohl  einer  solchen  Einschmelzung 
fähig,  lieber  die  Neubildung  derartiger  Glaseinschlüsse  durch 
Einschmelzung  praeexistirender  Interpositionen  haben  v.  Chrust- 
scHOFF^)  und  Bruhns^)  ausführliche  Untersuchungen  angestellt. 
Auch  Pöhlmann^')  hat  in  den  von  ihm  beschriebenen  Einschlüssen 
von  Granit  im  Lamprophyr  die  vielfach  in  Verbindung  mit  Spinell- 
Oktaederchen  auftretenden  Glaseinschlüsse  auf  eingeschmolzenen 
Magnesiaglimmer  zurückgeführt.  Sodann  ist  bekanntlich  auch  die 
Möglichkeit  der  Bildung  secundärer  Glaseinschlüsse  in  Mineralien, 
welche  keineswegs  solche  zur  Einschmelzung  geeigneten  Inter- 
positionen enthalten,  durch  die  Versuche  von  Arth.  Becker'') 
sowie  durch  die  bereits  erwähnten  Untersuchungen  von  v.  Chrust- 
scHOFF  dargethan  worden,  ohne  dass  es  allerdings  gelungen  wäre, 
für  die  Genesis  dieser  Phaenomene  eine  geeignete  Deutung  auf- 
finden zu  lassen. 


^)  Sitzungsber.  d.  niederrh.  Ges.  1882,  p.  131. 

2)  Zeitschr.  f.  Krystallogr.,  X.  1885,  p.  350. 

^)  K.  V.  Chrustschoff.  Ueber  secundäre  Glaseinschlüsse.  Min. 
u.  petr.  Mitth.,  Bd.  IV,  p.  473—501  u.  Bd.  VIT,  p.  64—74. 

*)  W.  Bruhns.  Ueber  secundäre  Glaseinschlüsse.  N.  J.  f.  M. 
1889.  I,  p.  268. 

*)  KuD.  PÖHLMANN.  Elnschlüsse  von  Granit  im  Lamprophyr 
(Kersantit)  des  Schieferbruches  Bäreustein  bei  Lehesten  in  Thüringen. 
N.  J.  f.  M.  1888,  Bd.  II,  p.  95. 

®)  A.  Becker.  Ueber  die  Olivinknollen  im  Basalt.  Zeitschr.  d. 
deutsch,  geol.  Ges.,  1881,  p.  40. 


44 


Wohl  deuten  also  diese,  wie  im  Vorhergehenden  erhärtet, 
sicher  secundären  Glaseinschlüsse  auf  eine  hochgradige  Beein- 
flussung der  ursprünglichen  Cordicritsubstanz  durch  das  Magma 
hin,  und  auch  der  starke  Pleochroismus ,  die  Zwillingsbildung 
dürften  wohl  mit  Recht  auf  die  intensive  Hitzeeinwirkung  zurück- 
zuführen sein.  Aber  damit  braucht  noch  nicht  eine  Umschmel- 
zung  oder  Neuausscheidung  des  Cordierits,  wie  dies  bei  dem 
Spinell  stellenweise  unzweifelhaft  der  Fall  war,  verbunden  ge- 
wesen zu  sein.  In  derselben  Weise  verhält  es  sich  wohl  auch 
mit  den  Cordierit  führenden  Laacher  Auswürflingen,  v  Lasaulx 
äussert  sich  ausser  in  dem  Punkte,  dass  er  in  der  Zwillings- 
bildung und  in  den  secundären  Glaseinschlüssen  die  Folgen  der 
magmatischen  Hitzeeinwirkung  sieht,  nicht  weiter  über  diese  Frage. 
DiTTMAR  unterscheidet  zwischen  primärem  und  neugebildetem  Cor- 
dierit, doch  scheinen  mir  die  von  ihm  angeführten  Unterscheidungs- 
merkmale zu  wenig  stichhaltig,  um  nach  diesen  in  jedem  concreten 
Falle  eine  Entscheidung  treffen  zu  können. 

Eine  andere  Rolle  spielt  der  Cordierit  in  den  Andesiten  des 
Hoyazo  (Cabo  de  Gata),  wie  von  Osann^)  dargethan  wurde.  Dort 
kommen  ebenso  wie  in  den  Lipariten  der  Umgegend  von  Campiglia 
marittima  und  in  den  Andesiten  der  Donau-Trachytgruppe  in 
Ungarn  neben  offenbar  eingeschlossenen  Cordieritkörnern  wohl 
ausgebildete  verzwillingte  Krystalle  dieses  Minerals  in  der  ande- 
sitischen  Grundmasse  vor,  und  letztere  werden  wohl  mit  Recht  für 
eine  Neuausscheidung  von  aufgelöster  Cordicritsubstanz  gehalten. 
Nirgendwo  habe  ich  aber  in  den  Eifel-Andesiten  Cordierit  in 
irgend  welcher  Gestalt  vereinzelt  in  der  Grundmasse  finden  können, 
stets  war  derselbe  mit  anderen  fremden  Mineralien  combinirt. 
Ferner  ist  der  Cordierit  hier  sowohl  wie  in  den  Laacher  Auswürf- 
lingen da.  wo  derselbe  auftritt,  stets  in  regelmässiger  Weise 
vertheilt.  Für  die  oben  angegebene  Deutung  der  isolirten  Cordierit- 
drillinge  als  Neuausscheidungen  in  den  Andesiten  des  Hoyazo 
möchten  also  wohl  diese  Laacher  Auswürflinge  eigentlich  überhaupt 
gar  nicht  als  analoge  Beispiele  anzuführen  sein. 

Ganz  anders  verhält  es  sich  endlich  mit  dem  Cordierit  in 
dem  Basalt  von  Kollnitz  im  Lavanthale,  wo  die  Krystalle  des- 
selben nach  Prohaska  ^)  vorwiegend  am  Rande  der  eingeschlossenen 
Schieferbrocken  auftreten.  Prohaska  sieht  in  der  Vermengung 
des    basaltischen   Magmas    mit    der   Masse    der   theilweise    umge- 


')  A.  OsAKN.  Ueber  den  Cordierit  führenden  Andesit  vom  Hoyazo 
(Cabo  de  Gata).    Zeitschr.  d.  deutsch,  geol.  Ges.  XL.  1888,  p.  694—708. 

^)  Prohaska.  Ueber  den  Basalt  von  Kollnitz  im  Lavanthale  und 
dessen  glasige  cordieiitführeiide  Einschlüsse.  Sitzungsber.  d.  kais. 
Akad.  d.  Wissensch.  Wien,  Bd.  XCII,  1885,  p.  20-32. 


\ 


45 


scliniülzeneii  Einschlüsse  die  Bedingungen  ziu'  Entstehung  des 
Cordierits.  —  Ein  weiteres  Moment  für  die  Beurtheilung  dieser 
Frage  nach  dem  Ursprung  des  Cordierits  dürfte  in  der  regel- 
mässigen Begleitung  desselben  durch  Andalusit  gegeben  sein. 
Beide  Mineralien  sind  in  diesen  Eifeler  Vorkommnissen  dermaassen 
eng  mit  einander  verbunden  und  verwachsen,  dass  unmöglich  für 
beide  eine  abweichende  Entstehungsweise  angenommen  werden  kann. 
Eine  Festwerdung  des  Andalusits  ist  aber  bekanntlich  weder  in 
natürlichen  noch  in  künstlichen  Schmelzmassen  wahrgenommen 
worden. 

Was  den  so  massenhaft  vorkommenden  Pleonast  anbetriift, 
so  dürfte  wohl  in  vielen  Fällen  seines  Auftretens,  in  Anhäufungen 
an  den  Contactzonen  dieser  einschlussartigen  Massen,  ferner  dort, 
wo  derselbe  Höfe  und  Umrandungen  um  andere  Mineralien  bildet, 
seine  Neubildung  als  Contactmineral  ganz  unzweifelhaft  sein, 
während  er  in  anderen  Fällen,  wo  er  lagenförmig  in  schiefrig 
erscheinenden  Massen  und  in  der  innigsten  Aggregation  mit  den 
Sillimanitbüscheln  auftritt,  durchaus  den  Eindruck  eines  primären 
Gemengtheils  der  eingeschlossenen  Massen  macht,  namentlich  da 
ich  den  Sillimanit  stets  für  einen  solchen  halten  möchte,  womit 
übereinstimmt,  dass  es  bis  jetzt  noch  nicht  gelungen  ist,  ihn 
künstlich  aus   Schmelzfluss  darzustellen. 

Um  die  Neubildungs-Fähigkeit  des  Spinells  zu  erforschen,  habe 
ich  mit  meinem  Freunde  Salomon  einige  Schmelzversuche  ange- 
stellt, wozu  uns  Herr  Dr.  A.  Becker  den  von  ihm  zu  seinen 
Experimenten  benutzten  Foukquignon-Leclerc' sehen  Ofen  freund- 
lichst zur  Verfügung  gestellt  hat.  Wenn  wir  auch  hierbei  nicht 
zu  wesentlich  neuen  Resultaten  gekommen  sind,  so  scheint  es 
doch   nicht   uninteressant,   die  Ergebnisse  noch  kurz  mitzutheilen. 

Zunächst  wurde  gepulverter  Andesit  vom  Freienhäuschen  ein- 
geschmolzen und  in  den  Schmelzfluss  ein  Stückchen  von  sillimanit- 
reichem  Cordieritgneiss  von  Lunzenau  eingetragen.  Nach  etwa 
einstündiger  Einwirkung  und  möglichst  langsamem  Erkalten  zeigte 
sich  in  einem  aus  dem  künstlichen  Einschlüsse  hergestellten  Prä- 
parat Folgendes:  Der  Cordierit,  welcher  in  den  Schliifen  des 
ursprünglichen  Cordieritgneisses  von  den  übrigen  wasserhellen  Ge- 
mengtheilen  stellenweise  nicht  leicht  zu  unterscheiden  ist,  trat 
überall  deutlich  hervor.  Seine  Fai-be  war  nämlich  bräunlich  ge- 
worden und  der  sonst  sehr  schwache  Pleochroismus  hatte  wesent- 
lich zugenommen.  Obwohl  er  hin  und  wieder  ein  etwas  aufge- 
blähtes Aussehen  zeigte,  waren  unzweifelhafte  Glaseinschlü?se  doch 
nicht  zu  constatiren.  An  der  Contactzone  indessen  hatte  sich 
um  den  Cordierit  überall  ein  Rand  gebildet,  welcher  aus  zierlichen 
neu  gebildeten  Pleonastoktaederchen  bestand.    Dieselben  erreichten 


46 


eine  Grösse  von  0,006  mm.  In  dem  Quarz  dagegen  war  eine 
sehr  grosse  Menge  von  seeundären  Glaseinschlüssen  entstanden. 
Theilweise  besassen  dieselben  rundliche  Form  mit  Libelle,  theil- 
weise  zeigte  ihre  Gestalt  auf  das  deutlichste,  dass  sie  durch  Ein- 
schmelzung  von  Sillimanit  entstanden  waren,  sie  wiesen  genau 
dieselben  Formen  auf,  wie  sie  von  Bruhns  (1.  c,  p.  270)  be- 
schrieben sind. 

Bei  einem  anderen  Versuch,  wobei  ein  Stückchen  von  einem 
Gesteine,  welches  wesentlich  nur  aus  Cordierit  und  Sillimanit  be- 
steht^), in  das  künstliche  Andesitmagma  eingetragen  wurde,  zeigte 
sich  wiederum  überall  am  Cordierit  eine  Zone  von  Pleonast- 
oktaederchen.  Ferner  war  ein  Bröckchen  des  letztgenannten 
Gesteins  nach  etwa  2  stündiger  Einwirkung  anscheinend  vollständig 
aufgelöst  worden.  In  dem  Präparat  des  Schmelzflusses  jedoch 
fanden  sich  u.  d.  M.  noch  vielfach  Sillimanitaggregate  und  massen- 
hafte Pleonastanhäufungen  vor.  Mit  den  bekannten  stengligen, 
überdies  meist  radiär-faserigen  Entglasungsproducten  in  künstlichen 
Schmelzflüssen  waren  diese  Sillimanitreste  nicht  zu  verwechseln. 
Dieser  letzte  Versuch  ist  u.  A.  wohl  ein  Beweis  dafür,  dass  der 
Sillimanit  als  selbstständiger  Gemengtheil  eines  derjenigen  Minera- 
lien ist,  welche  am  längsten  der  intensiven  Einwirkung  des 
Magmas  widerstehen.  Es  ist  daher  auch  erklärlich,  dass  der  Silli- 
manit neben  Granat  denjenigen  ursprünglichen  Gemengtheil  der 
eingeschlossenen  krystallinen  Schiefer  darstellt,  welcher  als  letzter 
Ueberrest  ihrer  eingeschmolzenen  Bruchstücke  in  isolirten  Fetzen 
in  der  andesitischen  Masse  gewissermaassen  schwimmend  ange- 
troffen wird. 

Für  die  Erscheinung,  dass  der  Sillimanit,  wo  er  als  Inter- 
position  auftritt,  leichter  eingeschmolzen  wird,  giebt  Bruhns  die 
sehr  wahrscheinliche  Deutung,  dass  der  basische  Sillimanit  in 
Bezug  auf  den  ihn  umgebenden  Quarz  als  Flussmittel  wirke.  Mit 
dem  basischen  Cordierit  konnte  der  Sillimanit  wohl  kaum  auf 
diese  Weise  in  Wechselwirkung  treten,  üebrigens  deutet  die 
Form  der  Glaseinschlüsse  in  unserem  Cordierit  nirgendwo  auf  eine 
Einschmelzung  von  Sillimanit,  wohl  aber  auf  praeexistirende 
Glimmerblättchen . 

Es  verdient  hier  noch  einmal  hervorgehoben  zu  werden,  dass 
weder  in  den  Trachyten  noch  in  den  anderen  Andesitvorkomm- 
nissen  der  Eifel  ähnliche  einschlussartige  Massen  aufgefunden 
werden  konnten.  Dies  dürfte  seine  Erklärung  wohl  darin  finden, 
dass  diese  einschlussfreien  Andesite  und  Trachyte  bei  dem  Empor- 


')  Ueber  dieses   Cordieritgestein    wird  Herr  Salomon  demnächst 
genauere  Mittheilung  veröffentlichen. 


47 


di'ingen  nicht  mit  dem  krystallinen  Urgebirge  in  Berührung  ge- 
kommen sind.  Jenes  auffallende  Beschränktsein  auf  besondere 
Localitäten  ist  auch  geeignet,  der  Auffassung  dieser  Massen  als 
fremde  Einschlüsse  das  Wort  zu  reden  und  der  etwaigen  Ansicht, 
als  ob  es  sich  bei  ihnen  um  primäre  Ausscheidungen  aus  dem 
Andesit  handle,  noch  erheblichere  Schwierigkeiten  zu  bereiten. 
Denn  es  würde  angesichts  der  sonstigen  völligen  Uebereinstimmung 
in  dem  geologischen  Auftreten,  sowie  der  Aehnlichkeit  in  der 
mineralogischen  Zusammensetzung  und  Structur  der  Eruptivgesteine 
schlechterdings  unbegreiflich  sein,  dass  in  benachbarten  Vorkomm- 
nissen die  magmatische  Geschichte  der  Gesteinsentwicklung  einen 
so  durchaus  abweichenden  Verlauf  genommen  haben  sollte. 

Mehrfach  ist  bereits  im  Vorhergehenden  auf  die  Aehnlichkeit 
der  besprochenen  einschlussartigen  Mineralcombinationen  mit  den 
von  Max  Koch  beschriebenen  „begleitenden  Bestandmassen"  des 
Unterharzer  Kersantits  hingewiesen  worden.  Hier  wie  dort  haben 
wir  Anhäufungen  von  Mineralien,  welche  dem  umschliessenden 
Eruptivgestein  völlig  fremd  sind.  Wenn  auch  jene  begleitenden 
Bestandmassen  durch  das  Fehlen  des  Cordierits,  durch  den  Um- 
stand, dass  eine  schiefrige  Structur  bei  ihnen  veraiisst  wird,  sich 
nicht  unerheblich  von  den  Eifeler  Vorkommnissen  unterscheiden, 
so  sind  doch  das  Vorkommen  des  Sillimanits.  Granats,  Spinells 
und  Korunds  in  beiden  Eruptivgesteinen  wohl  dazu  angethan, 
einen  analogen  Ursprung  der  betreffenden  accessorischen  Bestand- 
massen annehmen  zu  lassen.  Sollte  es  daher  gelungen  sein,  für 
die  rheinischen  Vorkommnisse  die  Deutung  derselben  als  einge- 
schlossene Bruchstücke  krystalliner  Schiefer  walu'scheinlich  zu 
machen,  so  sind  dieselben  vielleicht  auch  geeignet,  der  Einschluss- 
Theorie  bei  jenen  aus  dem  Harz  eine  Stütze  zu  geben. 

]Mit  den  eigenthümlichen  Mineralanhäufungen  dagegen,  welche 
Teller  und  v.  John^)  aus  den  Dioriten  von  Klausen  in  Tirol 
beschrieben  haben  und  Avelche  zufolge  ihrer  Untersuchungen  wohl 
lediglich  als  Contactphänomene  aufzufassen  sind,  scheint  eine  Ver- 
gleichung  kaum  angängig. 

Phonolith  vom  Seiberg  bei  Quiddelbach. 

Bereits  Zirkel^)  machte  darauf  aufmerksam,  dass  das  Ge- 
stein vom  Seiberg  bei  Quiddelbach  auf  Grund  seines  leichten 
Gelatinirens   mit   Salzsäure    den  Phonolithen  zuzuzählen    sei.     Bei 


')  F.  Teller  u.  C.  v.  John.  Geologisch-petrographische  Beiträge 
zur  Kenntniss  der  dioritischen  Gesteine  von  Klausen  in  Süd -Tirol. 
Jahrb.  fl.  k.  k.  geol.  Reichsanstalt,  1882,  XXXII,  Heft  4,  p.  589—684. 

-)  Zeitschr.  d.  deutsch,  geol.  Ges.,  1859,  p.  534. 


48 

den  spcätereii  mikroskopischen  Studien,  welche  von  Emmons  ')  und 
von  Busz-)  an  Dünnschliffen  dieses  Gesteins  angestellt  wurden, 
gelang  es  jedoch  nicht,  den  charakteristischen  gelatinirenden  Gemeng- 
theil des  Phonoliths.  nämlich  den  Nephelin,  als  solchen  wahrzu- 
nehmen. Busz  war  daher  auch  eher  geneigt,  dasselbe  zu  den 
Trachyten  zu  stellen.  Nach  den  mikroskopischen  Untersuchungen, 
welche  ich  an  ganz  frischem  Material,  gesammelt  in  dem  grossen 
an  der  Westseite  unmittelbar  an  der  Chaussee  Adenau -Kelberg 
gelegenen  Steinbruch,  angestellt  habe,  ist  dies  Gestein  jedoch  ohne 
Zweifel  ein  echter  Phonolith.  Nephelin  ist  nämlich  in  den  Prä- 
paraten, welche  aus  den  frischesten  Handstücken  hergestellt  wur- 
den, in  wasserhellen  scharf  begrenzten  Rechtecken  und  Hexagonen 
sehr  wohl  zu  bemerken  und  ein  recht  verbreiteter  Gemengtheil 
der  Grundmasse.  Trotzdem  ist  sicherlich  jedenfalls  auch  ein 
grosser  Theil  des  Gelatinirens ,  wie  Busz  vermuthet.  dem  reich- 
lichen Vorhandensein  des  Noseans  zuzuschreiben.  Sonst  im  Ge- 
steinsgewebe für  das  blosse  Auge  versteckt,  trat  der  letztere  auf 
einer  Kluftwand  des  grossen  Steinbruchs,  durch  die  Verwitterung 
schneeweiss  geworden,  als  scharfe  stecknadelkopfgrosse  Individuen 
von  sechsseitigen  und  viereckigen  Umrissen  mit  kleinem  dunkelm 
Centrum  sehr  deutlich  hervor.  In  Bezug  auf  die  übrigen  Ge- 
mengtheile  (Sanidin,  wenig  Plagioklas,  Hornblende,  Augit,  Titanit, 
Zirkon,  Apatit,  Magnetit)  kann  auf  die  Beschreibung  von  Busz 
verwiesen  werden.  Besonders  bemerkenswerth  erscheint  noch  das 
bereits  von  Emmons  erwähnte  Vorkommen  des  Olivins  in  diesem 
Phonolith,  welcher  in  rundlichen  Körnern  mit  der  bekannten  rauhen 
Oberfläche  und  der  charakteristischen  Serpentinisirung  durchaus 
nicht  selten  ist.  Der  Leucit  jedoch,  welchen  vom  Bath  in  diesem 
Gestein  erwähnt^),  fehlt  demselben  gänzlich. 

Basalte. 

Von  den  linksrheinischen  Basaltgesteinen  sind,  wie  bereits 
im  Eingange  erwähnt,  bisher  fast  lediglich  die  sogenannten  Basalt- 
laven, d.  h.  die  Gesteine  der  diluvialen  Vulkane,  welche  Schlacken 
und  Lavaströme  geliefert  haben,  eingehend  von  Zirkel,  Hussak 
und  Busz  untersucht  worden.  Es  schien  daher  nicht  uninter- 
essant, auch  die  eigentlichen  kuppenbildenden  Basalte,  deren  Her- 
vorbrechen jedenfalls  bereits  viel  früher,  nämlich  zur  Tertiärzeit, 
stattgefunden  hat,   einem  genaueren  Studium  zu  unterwerfen.    Die 


^)  On   some  phonolites   from  Velay   and  the  Westerwald.     Inaug. 
Dissert.     Leipzig  1874. 

2)  Verh.  naturh.  Ver.  Rheinl.  u.  Westf.,  1885,  p.  445—447. 

3)  Ibid.  1866,  Correspondenzbl.  46. 


49 

einzigen  Mittheilungen  über  dieselben  linden  wir  in  Zirkel's 
„Basaltgesteinen";  es  gelangten  ausser  dem  bereits  besprochenen 
Brinkenköpfchen  nur  noch  drei  Vorkommnisse  zur  Untersuchung: 
Nürburg.  Hochpochtcn,  Kotzhardt  (bei  Altenahr).  Da  nun  diese 
sämmtlich  als  Plagioklasbasalte  erkannt  wurden,  dagegen  die 
Basaltlaven  sich  alle  als  Nephelin  und  Leucit  führend  erwiesen, 
so  lag  die  Vermuthung  nahe,  dass  dies  auf  einem  bestimmten 
Gegensatz  beruhe,  indem  eben  diese  jüngeren  Basaltlaven  immer 
durch  den  Grehalt  an  Nephelin  und  Leucit  ausgezeichnet  wären, 
die  älteren  Kuppen  bildenden  Basalte  dagegen  stets  durch  ihren 
Gehalt  lediglich  an  Plagioklas  unter  Ausschluss  der  beiden  ge- 
nannten Mineralien  charakterisirt  seien.  Die  Untersuchung  einer 
grösseren  Anzahl  der  zerstreut  liegenden  Basaltkuppen  zeigt  nun 
aber,  dass  dies  nicht  der  Fall  ist.  Es  finden  sich  nämlich  in 
der  Eifel  neben  den  Feldspathbasalten  auch  typische  Repräsen- 
tanten von  Nephelinbasalt  sowie  Leucitbasalt.  endlich  solche  Basalt- 
gesteine, welche  ausser  Plagioklas  noch  Nephelin  oder  Leucit  in 
reichlicher  Menge  enthalten,   also  Basanite. 

Plagioklasbasalte. 

Zu  den  echten  Plagioklasbasalten,  welche  sich  aus  der  Com- 
bination  Plagioklas.  Augit.  Olivin  nebst  Magnetit  zusammensetzen, 
gehören  folgende  Vorkommnisse: 

Burg  bei  Hoffeld  (136)^);  südwestlich  von  diesem  Dorfe; 
auf  dem  Rücken  zwischen  Ahr,  Nohnerbach  und  Trierbach  mit 
grossem  Steinbruch  und  prachtvoller  säulenförmiger  Absonderung. 

Hohe  Acht  (53);  der  höchste  Berg  der  Eifel,  761,1m 
ü.  d.  M.,  östlich  von  Adenau.  Neben  dem  Plagioklas  ist  auch 
farbloses  Glas  in  diesem  Basalt  spärlich  vorhanden.  Der  Plagio- 
klas weist  meist  nur  undeutliche  Formen,  doch  gute  Lamellirung 
auf.  In  manchen  Stücken  erscheinen  die  Augit-  und  Olivinkörner 
so  innig  gemengt,  dass  der  farblose  Bestandtheil  kaum  hervortritt. 

Steinchen  bei  der  Nürburg  (43);  bekannt  durch  die  Unter- 
suchungen von  Zaddach-)  über  die  daselbst  in  ausserordentlicher 
Weise  sich  kundgebende  magnetische  Polarität  des  Basaltes.  Das 
Gestein  zeigt  u.  d.  M.  keinen  bemerkenswerthen  Unterschied  von 
den  gewöhnlichen  Plagioklasbasalten.     Die   mikroskopische  Unter- 


*)  Die  eingeklammerten  Zahlen  bedeuten  die  Nummern  der  Basalt- 
vorkommnisse, wie  sie  in  v.  Dechen"s  „Führer"  aufgezählt  sind.  Die 
topographischen  Angaben  sind  auch  zumeist  dem  letzteren  entnommen. 
-)  E.  G.  Zaddach.  Beobachtungen  über  die  magnetische  Polarität 
des  Basaltes  und  der  trachvtischen  Gesteine.  Verh.  d.  naturh.  Ver. 
f.  Rheinl.  u.  Westf,  1851,  p".  195. 
Zeitschr.  d.  D.  geoi.  Ges.  XLII.  1.  4 


50 


suchung  scheint  überhaupt   auf  jene   merkwürdigen  Phänomene  in 
keiner  Weise  Licht  werfen  zu  können. 

Rappoldsley  (45?);  bedeutende  Kuppe  mitten  im  Walde, 
westlich  von  dem  an  der  Strasse  Adenau-Kelberg  gelegenen  Dorfe 
Breidscheid.     Kleiner  Steinbruch. 

Scharfekopf  bei  Müllenbach  (29);  619,1m  ü.  d.  M., 
hohe  regelmässig  gerundete  Kuppe  auf  dem  breiten  Rücken  zwischen 
den  Zuflüssen  zum  Trierbach  und  zum  Nitzbach. 

Am  Frohnfeld  zwischen  Kelberg  und  Zermüllen  (77  u.  78?); 
einzelne  grössere  Blöcke  in  dem  Tannenwalde,  nördlich  von  den 
Trachyt- Steinbrüchen  des  Frohnfeldes. 

Schwarzeberg  bei  Kelberg  (27j;  der  Basalt  beginnt 
oberhalb  der  Wallfahrts-Kapelle,  zu  welcher  ein  Weg  von  der 
Chaussee  Kelberg-Boos  hmaufführt.  Am  unteren  Abhänge  ist  der 
Trachyt  des  Frohnfeldes  aufgeschlossen.      (Vergl.  p.   3). 

Donnerschlagsberg  (16);  626,9  niü.  d.  M..  hoher  Basalt- 
rücken auf  der  Wasserscheide  zwischen  Trierbach  und  Nitz.  öst- 
lich von  Hünerbach. 

Die  letzten  vier  genannten  Vorkommnisse  weisen  ausser- 
ordentliche Aehnlichkeit  auf.  U.  d.  M.  sind  in  einer  sehr  dichten 
aus  Augit-  und  Erzkörnchen  sowie  Plagioklasleisten  gebildeten 
Grundmasse  der  (Jlivin  und  grössere  Augite  mikroporphyrisch 
ausgeschieden. 

An  der  Scheidt;  Basaltberg  nördlich  der  Chaussee  Kelberg- 
Boos;  ein  Weg  zu  dem  mitten  im  Walde  gelegenen  Steinbruch 
führt  bei  dem  Km-Steiu  53,2  ab. 

Basaltbruch  östlich  von  dem  Wege  Mannebach-Reimerath 
an  dem  Kreuzungspunkte  dieses  Weges  und  der  Chaussee  Kelberg- 
Boos,  bei  dem  Km-Stein  52,3.  Dieser  Basalt  enthält  vielfach 
rundliche  über  haselnussgrosse  Carbonatbildungen.  Die  Gesteine 
der  beiden  letzten  nahe  bei  einander  gelegenen  Punkte  sind  u.  d.  M. 
in  ihrer  Ausbildungsweise  sehr  übereinstimmend.  Neben  dem 
Plagioklas  ist  braunes  trichitisches  Glas  reichlich  vorhanden.  Der 
sehr  scharf  conturirte  Augit  zeigt  prachtvolle  Zonarstructur  mit 
abwechselnd  grünen,  grauen  und  hellröthlichen  Schichten.  Auf- 
fallend häutig  sind  knäuelartige  Durcliwachsungen  der  Individuen. 
Der  Kern  der  grösseren  Krystalle  ist  vielfacli  corrodirt.  Biotit  selten. 

Kapp  Ü29 — 131);  südwestlich  von  Gefeil,  nördlich  von 
Darscheid.  Steinbruch.  Die  von  dieser  Kuppe  mitgebrachten 
Handstücke  weisen  u.  d.  M.  zwei  sehr  verschiedene  Structurformen 
auf.  Die  eine  stellt  ein  vollkonnnen  gleichmässig- körniges  Ge- 
menge von  Plagioklasleisten,  Augitprismen,  Olivinkörnchen  nebst 
Magnetit  dar.  In  der  anderen  wird  durch  äusserst  winzige  Aus- 
bildung von  Plagioklas,  Augit,   Erz  eine  sehr   dichte  Grundmasse 


51 


gebildet,  in  welcher  grössere  Olivine,  mit  sehr  regelmässiger  Be- 
grenzung mikroporphyrisch  hervortreten.  Diese  Olivine  enthalten 
Picotitkörnchen  bis  zur  Grösse  von  0,12  mm. 

Kaiserkopf  (Alteburg)  bei  Uelmen  (120);  südlich  der 
Chaussee  Uelmen-Cochem,  durch  Steinbruch  aufgeschlossen. 

Die  Präparate  von  folgenden  drei  Vorkommnissen  weisen  u. 
d.  M.  einen  bemerkenswerthen  Gehalt  an  jenen  bekannten  Pseudo- 
krystallen  von  magmatisch  umgewandelter  Hornblende  auf: 

Alte  Burg  (138);  nordwestlich  von  Adenau  und  südlich 
von  Reiferscheid.  An  verschiedenen  Blöcken  tritt  die  Hornblende 
bereits  makroskopisch  in  grösseren  Einsprenglingen  hervor. 

Beilstein  (13?);  bedeutende  Basalterhebung  südlich  der 
Chaussee  Kelberg-Boos,  „von  ruinenhaftem  Ansehen".  An  mehre- 
ren Blöcken  ist  eine  auffallend  häufige  Zeolith-Bildung  wahrzu- 
nehmen. 

May  höchst,  niedrige,  doch  deutlich  hervortretende  Kuppe 
östlich  von  Köttelbach  mit  kleinem  Steinbruch.  Die  au  der  süd- 
östlichen Seite  dieser  Kuppe  geschlagenen  Handstücke  lassen 
makroskopisch  grössere  Olivinkörner  erkennen.  U.  d.  M.  zeigt 
sich  die  Zugehörigkeit  zu  den  echten  Plagioklasbasalten ;  hervor- 
zuheben sind  die  mit  den  alten  Hornblende-Conturen  erscheinen- 
den Anhäufungen  von  den  stark  pleochroitischen,  keulenförmigen 
Gebilden  von  Hornblende,   wie  im  Gestein  vom  Brinkenköpfchen. 

An  der  südwestlichen  Seite  des  Mayhöchst  nimmt  der  Basalt 
ein  ganz  anderes  Aussehen  an;  mit  blossem  Auge  ist  Olivin 
nirgends  wahrzunehmen,  dagegen  treten  viele  Hornblende-Prismen, 
nicht  selten  in  fluidaler  Anordnung  hervor.  Auch  u.  d.  M.  ist 
Olivin  nicht  zu  bemerken.  Die  Grundmasse  bildet  einen  äusserst 
dichten  Filz  von  Plagioklasleistchcn.  Augit-  und  Erzkörnchen,  in 
derselben  liegen  die  Hornblende-Krystalle  und  vereinzelte  blass- 
röthliche  Augite  ausgeschieden.  Die  Hornblende  ist  sehr  stark 
pleochroitisch  und  zeigt  nur  ganz  vereinzelt  Spuren  von  An- 
schmelzung,  welche  zudem  auf  den  alleräussersten  Rand  beschränkt 
sind.  Auffallend  ist  es,  dass  fast  sämmtliche  Individuen  Theile 
der  Gruiidniasse  in  sich  beherbergen,  welche  auch  in  langen 
zapfenförmigen  Partieen  weit  in  das  Innere  hineingreift.  Bereits 
makroskopisch  fällt  bei  diesem  Basalt  ferner  noch  eine  bedeutende 
Menge  von  eingeschlossenen  verglasten  Sandstein-  oder  Grau- 
wacke-Bröckchen  auf.  ü.  d.  M.  zeigen  dieselben  stets  eine  hell- 
braune Glasmasse  mit  Augitmikrolithen ,  in  welche  die  vielfach 
zerborstenen  Quarzkörnchen  eingebettet  sind. 

Dieser  Basalt  bildet  den  Uebergang  zu  einigen  hier  noch  an- 
hangsweise zu  besprechenden  olivinfreien  Plagioklasbasalten. 
In  mancher  Hinsicht  dem  letztbeschriebenen  sehr   ähnlich  erweisen 

4* 


52 


sich  vereinzelte  Blocke,  welche  in  dem  verlassenen  Steinbruch 
an  der  Strasse  Kelberg-Boxberg.  an  der  Schmalen  Wiese  (dort, 
wo  der  Weg  nach  Mosbruch  abgeht)  gefunden  wurden,  v.  Decken 
(1.  c,  p.  254)  führt  bei  diesem  Punkte  Andesit  an;  derselbe  war 
jedoch  nirgends  zu  constatiren.  U.  d.  M.  erweist  sich  der  Basalt 
bereits  stark  zersetzt.  Namentlich  der  Augit  ist  vielfach  in  eine 
trübe  opalartige  Masse  umgewandelt.  Magmatisch  veränderte  Horn- 
blende ist  reichlich  vorhanden.  Olivin  scheint  gänzlich  zu  fehlen. 
Zu  den  olivinfreien  Plagioklasbasalten  ist  endlich  noch  zu 
rechnen  das  Gestein  einer  Kuppe  zwischen  ZermüUen  und  Reime- 
rath.  Das  schon  makroskopisch  äusserst  dicht  erscheinende 
Material  setzt  sich  u.  d.  M.  lediglich  aus  einem  vollkommen  gleich- 
massigen  Gemenge  von  Plagioklasleisten  und  Augitprismen  nebst 
Erzkörnchen  zusammen.     Biotit  spärlich. 

Nephelinbasalte. 

Tomberg  (185);  Basaltkegel  südwestlich  von  dem  Dorfe 
Wormersdorf  und  südöstlich  von  Rheinbach  gelegen.  Auf  der 
Spitze  eine  Ruine. 

Steineberg  (60);  östlich  von  Mehren,  weithin  sichtbare 
Kuppe,  549,6  m  ü.  d.  M.  Auf  der  Höhe  nahe  dem  Gipfel  liegt 
das  Dorf  gleichen  Namens.     Verschiedene  Steinbrüche. 

Es  ist  wohl  recht  eigenthümlich ,  dass  gerade  diese  beiden 
Kuppen,  diejenigen,  welche  einerseits  nach  Norden,  andererseits  nach 
Süden  zu  die  Grenzsteine  der  Eifeler  Basaltvorkommnisse  dar- 
stellen, als  typische  Nephelinbasalte  von  den  meisten  übrigen 
Kuppen  petrographisch  scharf  geschieden  sind. 

U.  d.  M.  bestehen  diese  letzt  erwähnten  zwei  Gesteine  aus 
einem  holokrystallinen  Gemenge  von  Nephelin,  Augit,  Olivin, 
Magnetit.  Der  Nephelin  erscheint  in  seiner  charakteristischsten 
Ausbildungsweise,  nämlich  in  scharf  begrenzten  Rechtecken  oder 
Hexagonen,  mit  schwachen  Polarisationsfarben.  Seine  Substanz 
ist  im  Allgemeinen  sehr  klar,  nur  im  Basalt  vom  Steineberg  zeigen 
sich  Spuren  von  Faserigkeit  als  Folge  der  Zersetzung.  An  Ein- 
schlüssen ist  er  arm.  nur  spiessige  Nadeln  durchspicken  ihn  ge- 
legentlich, die  blass  grüne  Farbe  der  letzteren  deutet  auf  Augit- 
Mikrolithe  hin.  Der  blass  röthliche  augitische  Gemengtheil  erscheint 
in  rundlichen  Körnern;  am  Steineberg  treten  einzelne  Krystalle 
durch  ihre  Grösse  (bis  zu  1  mm)  mikroporphyrisch  hervor  und 
sind  dann  mit  massenhaften  Glaseinschlüssen  erfüllt.  Der  recht 
frische  Olivin  enthält  nur  wenige  Picotitkörnchen.  Biotit  ist  in 
Avinzigen  stark  dichroitischen  Läppchen  ziemlich  verbreitet.  Plagio- 
klas  tritt  nur  äusserst  sporadisch  auf.  Bei  der  Behandlung  des 
Pulvers  dieser  Nephelinbasalte  mit  HCl  gelatinirt  dasselbe  ausser- 


53 


ordentlich.     Von    dorn    Pulver    des    Tomberger    Basaltes    gingen 
hierbei  34,6  "/o  in  Lösung. 

Nitzbach's  Steinchen  bei  Adenau  (62  u.  63);  diese 
Kuppe,  welche  sich  durcli  horizontale  Lagerung  der  Basaltsäulen 
auszeichnet,  liegt  am  östlichen  Ende  von  Adenau,  nordwestlich 
von  dem  Wege,  welcher  am  Ausgange  des  Ortes  an  der  Kapelle 
von  der  Chaussee  aus  nach  Kaltenborn  abgeht. 

Im  Präparat  zeigt  dieses  Gestein  ein  von  den  anderen  Ne- 
phelinbasalten  sehr  verschiedenes  Aussehen.  Die  Hauptmasse 
bildet  u.  d.  M.  ein  Teig  von  farblosem  Nephelin  und  brauner 
Glasmasse.  Der  Nephelin  ist  wenig  gut  begrenzt,  meistens  er- 
scheint er  mit  unregelmässigen  tümpelartigen  Formen.  Vereinzelte 
deutliche  Krystalldurchschnitte  (bis  zu  0,7  mm  Länge)  und  die 
charakteristische  Polarisationsfarbe  lassen  jedoch  nicht  im  Zweifel, 
dass  hier  Nephelinsubstanz  voi-liegt.  Das  Gesteinspulver  gelatinirt 
mit  Salzsäure  eben  so  sehr  wie  dasjenige  der  vorhin  beschriebenen 
Nephelinbasalte.  Von  Interpositionen  sind  nur  Augitmikrolithe  zu 
nennen,  die  Substanz  des  Nephelins  ist  sehr  klar.  Die  neben 
diesem  farblosen  Gemengtheil  ebenfalls  sehr  reichlich  vorhandene 
braune  Glasmasse  zeigt  globulitische  Körnung  und  ist  vielfach  er-' 
füllt  mit  zierlichen  Skeletten  schwarzen  Erzes.  In  diesem  aus 
Nephelin  und  Glasmasse  gebildeten  Grundteige  liegen  grössere 
Krystalle  von  Augit  und  Olivin  zerstreut.  Der  hell  röthliche  Augit 
ist  ausserordentlich  deutlich  begrenzt,  die  Querschnitte  bilden 
Achtecke  von  modellähnlicher  Schärfe.  Die  Verticalschnitte  zeigen, 
dass  aus  der  orthodiagonalen  Zone  stets  nur  OP  und  ccPoo  zur 
Entwicklung  gelangt  sind.  Zwischen  -j-  Nicols  weist  der  Augit 
wundervoll  ausgebildete  Schalen-  und  Sanduhrstructur  oder  con- 
tinuirlich  wandernde  Auslöschungsschiefe  auf,  letztere  Erscheinung 
ganz  ähnlich,  wie  sie  bei  den  Plagioklasen  bekannt  ist,  welche 
dabei  ebenfalls  keinen  zonaren  Aufbau  erkennen  lassen.  Die 
Mehrzahl  der  Individuen  ist  nach  ccPxi,  meist  lamellar  verzwillingt. 
Der  stark  serpentinisirte  Olivin  sowohl  wie  der  Augit  enthalten 
äusserst  zierliche  Picotitoktaederchen  (bis  zur  Grösse  von  0,04.  mm). 
Im  Uebrigen  sind  beide  an  Einschlüssen  arm.  Sehr  bemerkens- 
werth  ist  der  Gehalt  an  Hornblende  in  einer  ganz  eigenthümlichen 
Form,  wie  dieselbe  ausserdem  noch  in  2  Basaniten  der  Eifel 
beobachtet  wurde.  Dieselbe  spielt  nämlich  hier  nicht  nur  die 
Rolle  des  gelegentlichen  Einsprenglings,  sondern  ist  im  ganzen 
Gestein  in  regelmässiger  Weise  verbreitet.  Die  Krystalle  sind  im 
Allgemeinen  nicht  gut  begrenzt,  die  Durchschnitte  erscheinen  meist 
fetzenartig  mit  schlecht  entwickelter  Spaltbarkeit,  doch  fehlen 
auch  nicht  Schnitte  mit  den  charakteristischen  Conturen  der  Horn- 
blende.    Keine   Spur   von    etwaiger   Anschmelzung   wird   bemerkt. 


54 


Die  Farbe  ist  ungewöhnlich  dunkel,  die  Individuen  werden  nur  in 
den  dünnsten  Schliffen  mit  tief  dunkelbrauner  Farbe  durchscheinend, 
zeigen  dann  kräftigen  Pleochroismus  und  eine  fast  gänzliche  Ab- 
sorption der  parallel  c  schwingenden  Strahlen.  Man  könnte  sie 
deshalb  im  Gegensatz  zu  der  bekannten  hellbraunen  Varietät 
„dunkele"  Hornblende  nennen.  An  Interpositionen  beherbergt 
dieselbe  sehr  reichlich  Augitkörnchen  und  farblose  Nadeln,  welche 
wohl  dem  Apatit  angehören.  Magnetit  ist  in  üblicher  Weise  ver- 
breitet.    Plagioklas  fehlt  gänzlich. 

Im  unmittelbaren  Contact  mit  dem  Basalt  findet  sich  an  der 
südwestlichen  Seite  dieser  Kuppe  ein  graues,  äusserlich  opalähn- 
liches Gestein,  mit  ausgezeichnetem  muscheligem  Bruch,  welches 
jedenfalls  durch  Verglasung  der  Grauwacke  entstanden  ist.  U.  d. 
M.  bietet  dasselbe  eine  graue  bis  hell  bräunliche  Glasmasse  mit 
Trichiten  dar,  in  welcher  massenhaft  vielfach  zerborstene  Quarz- 
körnchen eingebettet  sind.  Als  Englasungsproducte  finden  sich 
in  der  Masse  vereinzelte  Augitmikrolithe .  ferner  sehr  reichliche 
Gruppen  jenes  aus  mannichfachen  Beschreibungen  bekannt  gewor- 
denen farblosen,  scharf  begrenzten,  offenbar  hexagonalen  Minerals, 
*über  dessen  Natur  auch  hier  nichts  sicheres  zu  bestimmen  ist. 
Spinellbildungen  waren  nicht  zu  entdecken. 

Zu  den  Nephelinbasalten  dürfte  wohl  auch  das  Gestein  vom 
Hoch-Kelberg  (.5)  zu  rechnen  sein.  Dasselbe  zeigt  u.  d.  M. 
vorwiegend  ein  äusserst  dichtes  Gemenge  von  Augit-  und  Olivin- 
körnchen,  sowie  Erzpartikelchen.  Der  farblose  Gemengtheil  tritt 
nirgendwo  deutlich  begrenzt  hervor,  an  einzelnen  lichten  Stellen 
polarisirt  derselbe  jedoch  schwach  bläulich.  Von  Plagioklas  ist 
keine  Spur  zu  bemerken. 

Leucitbasalt. 

Michelskirch  (146);  südöstlich  von  Münstereifel,  nördl.  vom 
Arenberg.  Weithin  in  der  ganzen  nördlichen  Eifel  sichtbare  Basalt- 
kuppe; auf  der  Spitze  eine  Wallfahrtskirche.  581.8  m  ü.  d.  M. 
Die  Hauptmasse  des  farblosen  Gemengtheils  in  diesem  Basalte  ge- 
hört jedenfalls  dem  Leucit  an.  Seine  Durchschnitte  haben  meist 
rundliche,  nicht  selten  jedoch  auch  sehr  scharf  achteckige  Con- 
turen;  die  charakteristischen  zierlichen  Kränzchen  von  Körnchen 
und  Ivurzen  Mikrolithen.  welche  hier  wohl  dem  Augit  angehören, 
sind  ausgezeichnet  zu  beobachten.  Neben  dem  Leucit  scheint 
jedoch  auch  Nephelin  in  geringer  Menge  vorhanden  zu  sein. 
Plagioklas  dagegen  fehlt  überhaupt.  Augit  und  Olivin  weisen  ein 
sehr  gleichmässiges  Korn  auf,  das  grünliche  Zersetzungsproduct 
des  letzteren  zeigt  mehrfach  Pleochroismus.  Biotit  in  geringer 
Menge  vorhanden. 


55 

Nephelin-Basanite. 

a.    Ohne  Hornblende. 

Barsberg  bei  Bongard  (85). 

Arensberg  (140);  mit  der  Ruine  der  Arnulphuskirche  west- 
lich von  Stroheich,  und  östlich  von  Walsdorf;  durchbricht  die 
untere  und  mittlere  Abtheilung  des  Mitteldevons  in  der  Eifelkalk- 
mulde  von  Hillesheim. 

Plagioklas  und  Nephelin  betheiligen  sich  in  gleichmässiger 
Weise  an  der  Zusammensetzung  dieser  Gesteine;  beide  Gemeng- 
theile  sind  in  ihren  charakteristischen  Formen  ausgebildet  und 
sehr  wohl  von  einander  zu  unterscheiden.  In  dem  Basanit  des 
Arensberg  ist  ausserdem  noch  braune  Glasmasse  reichlich  vor- 
handen. Der  stark  zersetzte  Olivin  tritt  in  beiden  Vorkommnissen 
erheblich  gegen  den  Augit  zurück. 

b.    Hornblende-führend. 

Aremberg  (139);  626.9  m  ü.  d.  M. .  hoher  bewaldeter 
Basaltberg,  der  gegen  SW  nach  dem  linken  Ufer  der  Ahr  abfällt, 
NNW  von  Antweiler;  mit  der  Ruine  des  gleichnamigen  Schlosses. 
Nahe  unter  dem  Gipfel  liegt  das  Dorf  Aremberg,  eins  der  höchst 
gelegenen  Dörfer  in  der  Eifel. 

Casselberg  bei  Horperath  (91);  an  der  Strasse  Kelberg- 
Uelmen,  mit  grossem  Steinbruch  und  schöner  säulenförmiger  Ab- 
sonderung. 

Die  Hornblende  ist  in  diesen  Basaniten  bereits  makroskopisch 
in  äusserst  fein  vertheilten  Kryställchen  wahrzunehmen.  In  den 
Präparaten  zeigt  sich  u.  d.  M.  eine  Grundmasse,  gebildet  von 
Augit.  Plagioklas  und  Nephelin  nebst  Erz.  In  dem  Casselberger 
Gestein  betheiligt  sich  auch  wiederum  noch  braune  Glasmasse  mit 
Trichiten  reichlich  an  derselben.  Grosse  Augitkrystalle  und  Olivine 
sind  mikroporphyrisch  ausgeschieden.  Die  Hornblende  tritt  in 
jener  charakteristischen  „dunkelen"  Form  auf,  wie  dieselbe  bereits 
bei  dem  Nephelinbasalt  vom  Nitzbach's  Steinchen  bei  Adenau  be- 
schrieben wurde.  Dieselbe  ist  in  beiden  Basaniten  überall  regel- 
mässig vertheilt  und  zwar  in  gi-osser  Menge.  Die  Individuen  sind 
im  Mittel  0.15  mm  gross.     Der  Olivin  ist  auftallend  frisch. 

Leucit-Basanit. 

Kleine  Kuppe  auf  der  östlichen  Seite  des  Felsberges 
und  der  Strasse  von  Dann  nach  Dockweiler  (125).  U.  d.  M. 
erscheint  das  Gemenge  der  an  der  Zusammensetzung  sich  be- 
theiligenden Mineralien  stellenweise  sehr  dicht.  Von  den  beiden 
farblosen  Gern ength eilen,  Plagioklas  und  Leucit,   scheint  der  erstere 


56 


zu  überwiegen.  Der  Leucit  ist  auch  hier  meist  nur  in  rund- 
lichen Körnern  mit  den  charalvteristischen  Mikrolithen- Kränzchen 
vorhanden,  gut  ausgebildete  Krystalle  sind  selten,  dann  aber  auch 
von  sehr  scharf  achteckiger  Umgrenzung. 

V.  Decken  hielt  schon  die  Untersuchung  der  beiden  Basalt- 
gesteine vom  Steineberg  (p.  52)  und  dieser  kleinen  Kuppe  öst- 
lich vom  Felsberg  für  besonders  wünschenswerth.  „um  die 
Meinung  zu  bestätigen,  dass  beide  dem  Plagioklas-  oder  Feld- 
spathbasalt  im  Gregensatz  zu  den  Laven  und  Schlacken  der  be- 
nachbarten Berge  angehören"  (1.  c.  p.  60  u.  64).  Dass  dies 
nun  nicht  der  Fall  ist,  zeigt  die  Erkenntniss.  dass  der  Steine- 
berg aus  typischem  Nephelinbasalt  besteht,  das  Gestein  dieser 
Kuppe  jedoch  zu  den  wenigen  Leucit  führenden  Basalten  der  Eifel 
gehört. 

Es  ergiebt  sich  also  aus  den  mitgetheilten  Untersuchungen, 
dass  die  sogenannten  echten,  kuppenbildenden  Basalte  überhaupt 
keineswegs  von  den  Basaltlaven  durch  das  Auftreten  des  Plagioklas 
resp.  das  Fehlen  des  Nephelin  oder  Leucit  petrographisch  .streng 
geschieden  sind.  Alle  die  erwähnten  Basalttypen  haben  unter  den 
Laven  ihres  Gleichen,  und  der  Unterschied  zwischen  beiden  ist 
eben  nur  ein  rein  geologischer,  welcher  in  dem  verschiedenen 
Alter  begründet  ist.  Namentlich  dürfte  daher  auf  das  gelegent- 
lich vorkommende  nahe  Beisammenliegen  solcher  doch  aus  ver- 
schiedenen Zeitperioden  stammenden  Eruptivgesteine  in  Bezug  auf 
derartige  rein  petrographisclie  Fragen  kein  Gewicht  zu  legen  sein. 

Endlich  mag  noch  auf  die  im  Gegensatz  zu  den  benach- 
barten rheinischen  Basalten  autfallende  Erscheinung  hingewiesen 
werden,  dass  in  keinem  von  allen  besuchten  Basalt-Steinbrüchen 
der  Eifel  ebensowenig  wie  in  dem  daraus  gewonnenen  Strassen- 
Schotterungs-Material  irgend  ein  Vorkommniss  von  sogenannten 
Olivinknollen  wahrgenommen  wurde. 


Was  das  gegenseitige  Altersverhältniss  der  besprochenen 
Eruptivgesteine  anbetrifft,  so  fehlen  in  Bezug  auf  Trachyt  und 
Andesit  in  der  Eifel  zur  Bestimmung  desselben  die  ganz  sicheren 
Anhaltspunkte,  da  weder  Durchsetzungen  noch  Ueberlagerungen, 
überhaupt  keine  direkten  Contactc  bekannt  sind.  Aber  die  That- 
sache,  dass  die  Andesiteruptionen  offenbar  au  der  Peripherie  der 
vielleicht  ein  einziges  Ganzes  bildenden  grossen  Trachytmasse  auf- 
treten (Freienhäuschen  und  Umgegend  von  Köttelbach,  sowie  die 
Andesite  an  der  Booser  Chaussee  im  Süden,  Reimerath  im  Osten, 
Rengersfeld  im  Nordosten,  Bocksberg  im  Nordwesten)  giebt  der 
Wahrscheinlichkeit  Raum,   dass  hier  der  Trachyt  das  ältere,   der 


57 


Andesit  das  jüngere  Gestein  ist.  Denn  es  ist  wolil  leichter  zu 
erklären,  dass  die  Andesite  nahe  den  Rändern  einer  bestehenden 
Trachytniasse  emporgebrochen  seien,  als  dass  umgekehrt  jüngerer 
Trachyt  den  Raum  gerade  zwischen  präexistirenden  Andesitbergen 
eingenommen  habe.  Auch  im  Siebengebirge  „wird  ein  höheres 
Alter  des  Drachenfelser  Trachyts  im  Vergleich  zum  Wolkenburger 
(Andesit)  dui-ch  drei  Punkte  erwiesen,  wo  das  letztere  Gestein  in 
dem  Drachenfelser  gangförmig  auftritt"  ^). 

Die  Basalte  der  Gegend  von  Kelberg  scheinen  jünger  zu  sein 
als  die  dortigen  Trachyte  und  Andesite.  Allerdings  wurden  auch 
hier  Gangbildungen  der  ersteren  in  den  letzteren  nicht  gefunden; 
aber  der  Feldspathbasalt  des  Schwarzebergs  nördlich  von  Hüner- 
bach  kann  als  Unterlage  nur  die  grosse,  plateauartige  Trachyt- 
masse  besitzen,  welche  sich  von  Hünerbach  aus  wohl  gegen  Norden 
bis  in  das  bei  Zermüllen  mündende  Thal  erstreckt,  wenn  auch 
gerade  an  dem  Basalt  selbst  Vegetation  und  Humus  das  Anstehen 
des  Trachyts  nicht  erkennen  lassen.  Auch  sonst  sind  über  diesem 
Plateau  zahlreiche  Basaltstücke  verstreut,  von  denen  man  nur  an- 
nehmen kann,  dass  sie  von  früheren  localen  Basaltbedeckungen 
herstammen. 

Dass  das  Basaltgestein  der  Kuppe  des  Brinkenköpfchens  aller 
Vermuthung  nach  jünger  ist,  als  der  an  ihrer  Basis  anstehende 
Andesit.  wurde  bereits  hervorgehoben  (p.  20).  In  dem  benach- 
barten Siebengebirge  waltet  bekanntlich  dasselbe  Altersverhältniss 
zwischen  den  kieselsäurereicheren  und  kieselsäureärmeren  Ge- 
steinen ob;  „die  Hauptmasse  des  Basalts  ist  hier  beträchtlich 
jünger  als  die  Hauptmasse  des  Trachyts"^). 


*)  G.  VOM  Rath.     Ein  Beitrag  ?..  Kenntniss  d.  Trachyte  d.  Sieben- 
gebirges.    Bonn  1861,  p.  38. 

')  v.  Decken,  Geogn.  Führer  in  d.  Siebengeb.,  p.  426. 


58 


2.    lieber  Dislokationen  anf  Rügen. 

Von  A.  VON  KcENEN  in  Göttingen. 

In  einem  Aufsatze  „über  postglaciale  Dislokationen"  (Jahr- 
buch d.  Kgl.  Preuss.  geolog.  Landesanstalt  für  1886)  hatte  ich 
die  schon  früher  von  mir  in  Aufsätzen  in  demselben  Jahrbuche 
vertretene  Ansicht,  dass  Thäler  und  Seen  der  norddeutschen  Ebene 
mindestens  theilweise  nicht  dui-ch  Gletscherwirkung,  sondern  im 
Wesentlichen  durch  Verschiebungen  resp.  Senkungen  in  der  Erd- 
rinde entstanden  sein  dürften,  auch  auf  Jasmund.  den  nordöst- 
lichen Theil  von  Rügen  ausgedehnt,  gegenüber  den  von  Johnstrup 
über  Möen  und  Rügen  ausgesprochenen  Annahmen  und  auch 
gegenüber  den  Anschauungen  norddeutscher  Geologen. 

Im  folgenden  Jahre  sah  ich  mich  genöthigt,  in  demselben 
Jahrbuch  (Beitrag  zur  Kenntniss  von  Dislokationen,  p.  457)  einigen 
irrigen  Auffassungen  von  Scholz  über  meinen  erst  erwähnten  Auf- 
satz entgegenzutreten  und  nochmals  die  grosse  Aehnlichkeit  her- 
vorzuheben, welche  die  Rinnen  und  Thaleinsenkungen  auf  Rügen 
und  im  nordöstlichen  Deutschland  mit  ihren  ,,auft"allend  tiefen, 
bald  kesseiförmigen,  bald  in  die  Länge  hingedehnten  Vertiefungen" 
mit  solchen  im  mittleren  Deutschland  besässen,  welche  nachweis- 
lich durch  Dislokationen  und  Bodensenkungen  entstanden  sind, 
indem  ich  zugleich  daran  festhielt,  dass  auf  Jasmund  Verwerfungen 
vorlägen. 

Im  vorigen  Jahre  hatten  dann  Wahnschaffe  ^)  und  Berendt  ^) 
wiedei'um  ihren  Standpunkt  als  Glacialisten  vertreten,  während 
Mitte  August  im  Anschluss  an  die  Versammlung  der  deutschen 
geologischen  Gesellschaft  in  Greifswald  einige  30  Theilnehmer  an 
derselben  auf  einer  grösseren  Excursion  nach  Boniholm  auch 
Rügen  besuchten  und  dort,  speciell  an  der  Mündung  des  Kieler 
Baches  nördlich  von  Sassnitz,  die  Ueberzeugung  gewannen,  dass 
dort  nicht  Gletscherpressungen,    sondern   Verwerfungen   vorliegen. 


1)  Die  Bedeutung  der  baltischen  Höhenrücken's  für  die  Eiszeit. 
Verband],  des  VIII.  deutschen  Geographentages  zu  Berlin,  p.  134  ff. 

^)  Die  Lagerungsverhältnisse  und  die  Hebungserscheinungen  in 
den  Kreidefelsen  auf  Rügen,  Zeitschr.  d.  deutsch,  geol.  Ges.  1889, 
p.  147  ff. 


59 


Wahnschapfe  machte  hiervon  in  einem  Nachtrage  zu  dem 
erwähnten  Vortrage  Mittheilung,  suchte  aber  für  diese  Störungen 
wenigstens  ein  intergkiciales  Alter  festzuhalten,  weil  von  ihnen 
der  obere  Geschiebemergel  nicht  mit  betroffen  sei. 

Ebenso  hatten  Credner,  sowie  Cohen  und  Deecke  an  der 
Excursion  Theil  genommen  und  besuchten  nach  Schluss  derselben 
die  erwähnte  Stelle  nochmals.  Credner^)  gab  eine  sehr  klare 
Schilderung  der  Lagerungsverhältnisse,  vermied  jedoch,  sich  über 
das  Alter  der  Störungen  bestimmt  auszusprechen,  wohl  weil  er 
sich  in  der  Kürze  der  Zeit  ein  sicheres  eigenes  Urtheil  nicht 
bilden  konnte. 

Cohen  und  Deecke  konnten  etwas  mehr  Zeit  auf  die  Unter- 
suchung verwenden  und  veröffentlichten^)  das  Resultat  derselben 
nebst  den  Profilen,  welche  sie  selbst  an  Ort  und  Stelle  aufge- 
nommen hatten;  sie  Hessen  es  einstweilen  unentschieden,  ob  die 
Verwerfungen  interglaciale  oder  postglaciale  seien,  nehmen  aber 
an,  dass  ihre  Richtung  eine  südost-nordwestliche  sei,  während  ich 
angegeben  hatte,  dass  sie,  dem  Laufe  der  Bachthäler  entsprechend, 
eine  ost-westliche  sei  (NB.  mit  einen  Strich  gegen  Norden),  dass 
aber  Verwerfungen  anderer  Richtungen,  besonders  süd-nördliche, 
keineswegs  fehlen. 

Cohen  und  Deecke  heben  nun  hervor,  dass  die  Mündungen 
der  Bäche  in  das  Meer  „in  auffallender  Weise  dort  liegen,  wo 
gesunkene  Diluvialschichten  auftreten".  Ich  hatte  dies  auch  be- 
merkt, aber  nicht  weiter  auffallend  gefunden,  sondern  in  ursäch- 
lichen Zusammenhang  gebracht,  wie  ein  solcher  zwischen  Dis- 
lokationen und  Thälern  sich  im  mittleren  Deutschland  so  häufig 
nachweisen  lässt,  während  Aufschlüsse  in  den  Bachthälern  auf 
Jasmund  landeinwärts  völlig  fehlen.  Cohen  und  Deecke  meinen 
dagegen,  die  Verwerfungen  könnten  nur  auf  die  Stellen  von 
Einfluss  gewesen  sein,  wo  die  Bäche  an  die  Küste  treten. 

Auf  der  neuerdings  erschienenen  Generalstabskarte  von  Jas- 
mund im  Maassstabe  1  :  25000  hatte  ich  nun  gesucht,  mich  zu 
Orientiren  und  das  vor  4  Jahren  von  mir  Beobachtete  mir  wieder 
zurecht  zu  legen;  ich  kann  mich  aber  nicht  erinnern,  zwischen 
Stubbenkammer  und  Sassnitz  unzweifelhaft  oberen  Geschiebethon 
gesehen  zu  haben,  sondern  erst  südlich  von  der  Mündung  des 
Sassnitzer  Baches;  auf  der  Kreide  liegt  sonst  theils  unterer  Ge- 
schiebethon, theils  Dammerde,  in  welcher  einzelne  Geschiebe  stecken. 


1)  Zeitschr.  d.  deutsch,  geol.  Ges.,  1889,  p.  365  ff. 

^)  Sind  die  Störungen  in  der  Lagerung  der  Kreide  an  der  Ost- 
küste von  Jasmund  (Rügen)  durch  Faltungen  zu  erklären?  in  Mit- 
theilungen des  naturwissensch.  Vereines  für  Neuvorpominern  imd  Rügen, 
21  Jahrg.,  1889. 


60 


Auf  Cohen  und  Deeckk's  Profil  Figur  I  ist  jedocli  bei  x  ein 
Abschneiden  von  oberem  Geschiebethon  an  einer  Verwertung  zu 
sehen,  wie  dies  auch  bei  der  Besprechung  (p.  5)  gesagt  wird. 
Diese  Verwerfung  würde  somit  eine  postglaciale  sein  und  gegen- 
über Wahnschaffe' s  Ansicht  für  meine  Deutung  des  Alters  dieser 
Verwerfungen  beweisend  sein. 

Auf  der  erwähnten  Karte  findet  sich  nun  dicht  westlich  von 
dem  Hauptfahrwege,  welcher  von  Sassnitz  nach  Stubbenkannner 
führt,  etwa  700  m  südlich  vom  „Baumhaus  Hagen"  die  Bezeich- 
nung „Eingesunkene  Stelle",  und  zwar  annähernd  in  der  Richtung 
des  Kieler-Brimnitzer  Baches. 

Herr  Oberförster  Kreyser  in  Werder  theilte  mir  auf  meine 
bezügliche  Anfrage  gütigst  mit.  dass  dort  vor  ca.  8  Jahren  zwei 
Erdfälle  entstanden  seien,  in  deren  Nähe  noch  ein  dritter,  jeden- 
falls erst  in  historischer  Zeit  erfolgter  vorhanden  wäre.  Gleich- 
zeitig mit  diesen  Erdfällen  sei  eigenthümlicher  Weise  eine  sonst 
stets  klare  Quelle  durch  Kreideschlamm  trübe  und  milchig  ge- 
worden, welche  4  km  westlich  von  dort  im  „Hohen  Holz",  west- 
lich von  Vietzke  und  Hagen  entspringt. 

Ich  habe  keinen  Grund,  irgendwie  an  der  Zuverlässigkeit 
dieser  Angaben  zu  zweifeln;  aus  denselben  ergiebt  sich  aber  zu- 
nächst, dass  zwischen  den  Erdfällen  und  der  Quelle  ein  Zusammen- 
hang existirt  durch  eine  von  Osten  nach  Westen  (mit  einem  Strich 
nach  Norden)  verlaufende  Spalte,  also  in  der  Richtung  und  der 
Fortsetzung  des  Brimnitzer-Kieler  Baches;  dieser  dürfte  somit  in 
der  Fortsetzung  jener  Spalte  liegen. 

Dass  das  Wasser  von  den  Erdfällen  nach  jener  ca.  30  m 
tiefer  liegenden  Quelle  nach  Westen  verläuft,  statt  nach  Osten, 
in  den  Brimnitzer-Kieler  Bach,  kann  durch  die  verschiedensten 
Verhältnisse  bedingt  sein,  auf  die  hier  einzugehen  viel  zu  weit 
führen  würde. 

Beiläufig  sei  hier  noch  bemerkt,  dass  ich  von  solchen  Berg- 
formen, wie  die  des  in  gleicher  Richtung  verlaufenden  Langen- 
berges  etc.  dicht  südlich  vom  Hohen  Holze,  im  mittleren  Deutsch- 
land von  vornherein  vermuthen  würde,  dass  sie  auf  Dislokationen 
zurückzuführen   seien. 

Ausserdem  ergiebt  sich  aber  auch  aus  jenem  Ereigniss, 
dass  bis  in  die  neueste  Zeit  auf  Rügen  durch  Erdfälle,  ohne 
Zweifel  auf  Spalten,  rundliche  und  trichterförmige  Vertiefungen 
entstehen,  welche  den  Strudellöchern  und  Gletschertöpfen  der 
„Glacialisten"  durchaus  ähnlich  werden,  sobald  durch  Abbröcke- 
lung  ihrer  ursprünglich  scharfen  Ränder  eine  Abrundung  derselben 
und  zugleich  eine  Erhöhung   der  Sohle   erfolgt   ist.     Eine    solche 


61 


Entstelmiigsweise  hatte  icli  aber  mindestens  für  einen  Theil  der 
rundlichen  oder  in  die  Länge  hingedehnten  Vertiefungen  auf  Rügen 
und  im  nordöstlichen  Deutschland  in  Anspruch  genommen. 

Bei  dieser  Gelegenheit  möchte  ich  endlich  noch  erwähnen, 
dass  kürzlich  dicht  hei  dem  Klostergute  Maricngarteu,  etwa  1 1  km 
südsüdwestlich  von  (iöttingen,  an  dem  Bergabhang  nordwestlich 
von  dem  Gute,  ein  Erdfall  entstand,  welchen  ich  zwei  Tage  später 
besichtigte.  Derselbe  hatte  oben  nur  etwa  1  m  Durchmesser,  er- 
weiterte sich  aber  nach  unten  etwas,  und  ich  konnte  mit  Sicher- 
heit erkennen,  dass  er  auf  einer  knapp  1  m  weiten  Spalte  im 
Trochitenkalk  erfolgt  war,  welche  annähernd  parallel  mit  dem 
Thalrande  verlief. 

Augenscheinlich  hatte  sich  hier  ein  Streifen  Trochitenkalk 
abgelöst  und  nach  dem  Thale  hin  gesenkt,  und  hierdurch  war 
die  Spalte  entstanden.  Im  Fortstreichen  derselben  sind  aber  nach 
Angabe  der  Forstbeamten  auch  früher  schon  gelegentlich  Erd- 
fälle erfolgt. 

Es  ist  dies  das  erste  Mal,  dass  ich  eine  otfene,  klatfende 
Spalte  unter  einem  Erdfall  selbst  sehen  konnte,  während  ich  seit 
Jahren  das  Vorhandensein  von  Spalten  als  Ursache  von  Erdfällen 
und  von  runden  und  grabenartigen  Vertiefungen  der  Erdoberfläche 
angesehen  hatte. 


62 


3.    lieber   morpliotropische    Beziehungen 

zwischen    anorganischen  Sauerstoff-  und 

Schwefelyerbindungen. 

Von  Herrn  F.  Rinne  in  Berlin. 

Bei  Gelegenheit  der  Beschreibung  von  Zinkitkrystallen  wies 
Verfasser  ^)  auf  die  Aehnlichkeit  der  Krystallformen  des  Zink- 
oxydes und  der  entsprechenden  Schwefelverbindung,  des  Würtzites, 
hin.  Es  sind  diese  beiden  Substanzen  nicht  nur  demselben 
Systeme  angehörig  und  gleicherweise  durch  Hemimorphismus  in 
Richtung  der  Verticalaxe  ausgezeichnet,  auch  ihre  Axenverhält- 
nisse  sind  mit  Leichtigkeit  und  ungezwungen  auf  einander  zu  be- 
ziehen, wie  folgender  Vergleich  ergiebt: 

Zinkit,  ZnO,  hexagonal  hemimorph,      a:  Y2C=  1  :  0,8109, 
Würtzit,  ZnS,  hexagonal  hemimorph,  a:       c  =r  1  :  0,8002. 

Die  Aehnlichkeit  der  beiden  Substanzen  ist  hiernach  eine  so 
grosse,  dass  im  vorliegenden  Falle  von  einem  Isomorphismus 
zwischen  diesen  sich  entsprechenden  Sauerstoff-  und  Schwefelver- 
bindungen gesprochen  werden  könnte. 

Da  der  Verdacht  der  Zufälligkeit  indess  bei  Feststellung 
derartiger  Beziehungen  nicht  ohne  Weiteres  ausgeschlossen  bleibt, 
so  ist  eine  weitere  Prüfung  an  der  Hand  anderer  Beispiele,  wenn 
möglich  auch  aus  anderen  Gruppen,  angebracht,  um  Näheres  über 
die  morphotropischen  Verhältnisse  von  Sauerstoff  und  Schwefel 
bei  anorganischen  Substanzen  zu  erfahren. 

Unter  den  Mineralien  sind  nun  sich  entsprechende  Sauerstoff- 
und  Schwefelverbindungen  keine  Seltenheit.  Hierher  gehörige,  künst- 
lich dargestellte  Substanzen  füllen  die  noch  bleibenden  Lücken 
zum  Theil  aus. 

Im  Folgenden  soll  eine  Prüfung  der  thatsächlichen  Ver- 
hältnisse versucht  werden,  und  zw\ar  seien  zunächst  die  nach  der 
Formel  M2  R3  aufgebauten  Sauerstoff-  und  Schwefelverbindungen 
betrachtet. 


^)  F.  Rinne.  Beiträge  zur  Kenntniss  des  Krystallsystems  des 
Zinkoxyds  (Zinkits,  Rothzinkerzes).  Neues  Jahrbuch  für  Mineralogie, 
1884,  Bd.  II,  p.  170. 


63 


Sb2  Os  und  Sb2  Ss.  Nach  den  Messungsresultaten,  welche 
Laspeyres^)  an  den  Valentiniten  von  Bräunsdorf,  Przibram  und 
Constantiiie  erhielt,  lassen  sich  als  Axenverhältniss  dieser  Krystalle 
folgende  Mittehverthe  aufstellen: 

a  :  b  :  c  =  0,391365  :  1  :  0,33666. 

Den  Formen  des  Antinionglanzes  wird  passend  das  Axen- 
verhältniss zu  Grunde  gelegt,  welches  Edw.  S.  Dana^)  durch 
seine  Messungen  an  den  schönen  Krystallen  aus  Japan  ableitete. 
Dasselbe  lautet: 

a:b:  c  =  0,99257  :  1  :  1,01789. 

In  obiger  Form  ist  die  herrschende  Beziehung  in  den  Axen- 
längen  des  Valentinits  und  des  Antimonglanzes  etwas  verschleiert. 
Durch  Verdreifachung  der  Axen  a  und  c  des  ersteren  Minerals 
tritt  eine  solche  heraus.     Man  erhält  dann: 

Valentinit,   Sb2  O3,  rhombisch.       a:b:c=  1,174095:1 :1,00998. 
Antimonglanz.  Sbg  S3,  rhombisch,  a:b:c  =  0.99257    :1:1, 01789. 

Die  Krystallsysteme  der  beiden  Substanzen  sind  dieselben. 

Die  Längen  der  Axen  c  sind  fast  genau  gleich.  Der  Hin- 
blick auf  die  Schwierigkeit  der  Abmessungen  am  Valentinit  lässt 
den  Unterschied  als  äusserst  geringfügig  erscheinen.  Hingegen 
ergiebt  der  Vergleich  der  Axen  a  einen  bezeichnenden  Unterschied, 
auf  den  hier  besonders  hingewiesen  wird,  da  Aehnliches  bei  den 
folgenden  Verbindungen  des  Typus  ^h  Rs  nicht  zu  verkennen  ist. 

Nicht  unwichtig  erscheint  der  Vergleich  der  Cohäsionsver- 
hältnisse  der  beiden  in  Rede  stehenden  Minerale.  Wie  bekannt, 
lassen  beide  in  vollkommener  Weise  sich  in  Blättchen  nach 
ccPx  (010)  zerlegen,  sodass  auch  in  dieser  Beziehung  eine  Ueber- 
einstimmung  der  Krystallstructur  zu  Tage  tritt. 

Im  Senarmontit  giebt  es  eine  reguläre  Gleichgewichtslage  für 
die  Substanz  Sba  O3.  In  dieser  Form  ist  Sb2  S3  noch  nicht  ge- 
funden worden. 

Bi2  Q3  und  Bi2  83.  In  der  Natur  ist  das  Wismuthoxyd.  wie 
es  als  Wismuthocker  vorliegt,  nur  als  unansehnliches  Verwitterungs- 
product  von  Wismutherzen  bekannt.  Als  Ersatz  für  die  mangelnde, 
natürliche  Krystallausbildung  müssen  hier  deshalb  die  künstlichen 
Krystalle   dienen,    welche  A.  E.  Nordp:nskjöld ^)  bezüglich  ihrer 


')  H.  Laspeyres.  Mineralogisclie  Bemerkungen.  Zeitsclirift  für 
Krystallographie  u.  s.  w.,  1884,  Bd.  IX,  p.  162. 

^)  Edw.  S.  Dana.  Ueber  den  Antimonglanz  von  Japan.  Zeit- 
schrift f.  Krystallographie  u.  s.  w.,  1884,  Bd.  IX,  p.  29. 

^)  A.  E.  XoRDEXSKJÖLD.  Beitrag  zur  Kenntnlss  der  Krystall- 
formtn  einiger  Oxyde.     Pogüend.  Ann    IStil,  Bd.  114,  p.  622. 


64 


Formausbilduiig  untersucht  liat.  Zum  Vergleich  mit  ilinen  dient 
der  natürliche  Wismuthglanz.  dessen  vollständiges  Axenverhältniss 
von  P.  Groth  ^)  durch  die  Abmessung  eines  Krystalles  von  der 
Cerro  de  Tazna  in  Bolivien  festgestellt  wurde. 

Die  betreffenden  Daten  sind  folgende: 
Wismuthoxyd,  Bi2  O3,  rhombisch,  a  :  b  :  c  =  0.8165  :  1  :  1,0640. 
Wismuthglanz,  Bi2  S3,  rhombisch,  a  :  b  :  c  =  0,9680  :  1  :  0,985. 

Der  Vergleich  dieser  beiden  Substanzen  ist  mithin  ohne 
weitere  Umformung  der  Axenverhältnisse  möglich,  und  es  zeigt 
sich  das  gleiche  Kr.ystallsystem  und  eine  recht  auffallende  Be- 
ziehung in  den  Längen  der  Verticalaxen.  Gleichwie  beim  ersten 
Vergleich  zwischen  Valentinit  und  Antimonglanz  erscheint  fernerhin 
auch  hier  wiederum  ein  bezeichnender  Unterschied  zwischen  den 
Werthen  der  Brachydiagonalen.  Indess  mag  ein  Theil  dieser  nicht 
unwesentlichen  Abweichung  vielleicht  der  nicht  den  höchsten 
Anforderungen  entsiDrechenden  Ausbildungsart  der  verglichenen 
Krystalle  zuzuschreiben  sein;  die  von  Nordenskjöld  erlangten 
Winkeldaten  über  die  künstlichen  Wismuthoxyd-Krystalle  sind,  wie 
der  Verfasser   selbst  bemerkt,    nur   angenähert   richtige  Grössen. 

Die  Cohäsionsverhältnisse  sind  für  Wismuthoxyd  von  Norden- 
skjöld nicht  angegeben  worden.  Der  natürliche  Wismuthglanz 
spaltet,  wie  bekannt,  gleich  Valentinit  und  Antimonglanz  nach 
ccPoo  (010)  in  vollkommener  Weise. 

AS2  O3  und  Ar2  Sa.  Die  Substanz  As2  O3.  der  eine  so  be- 
deutsame Stellung  in  der  Lehre  vom  Ismorphismus  zukommt, 
krystallisirt,  wie  Wöhler^)  zuerst  an  Krystallen  aus  einem  Kobalt- 
röstofen in  Schwarzenfels  (Hessen)  w^ahrnahm.  in  zwei  Moditica- 
tionen,  insofern  als  sie  ein  Mal  in  Gestalt  von  Oktaedern  auftritt, 
dann  aber  auch  in  Formen  sich  darstellt,  die  lange  Zeit  als  rhom- 
bische Combinationen  angesprochen  wurden.  Durch  Des-Cloizeaux^) 
wurde  die  monokline  Natur  der  zweiten  Modification  an  ihrem 
optischen  Verhalten  erkannt.  Zu  demselben  Ergebniss  gelangte 
auch  A.  Schmidt^),  welcher  für  Krystalle,  die  sich  in  Folge  von 
Grubenbrand  in  Schmöllnitz  gebildet  hatten,  das  folgende  Axen- 
verhältniss aufstellen  konnte: 

a  :  b  :  c  =  0,4040  :  1  :  0.3445;  ß  =  87»  2'  56". 


^)  P.  Groth.  Beitrag  zur  krystallographischen  Kenntniss  des 
Wismuthglanzes.     Zeitsclir.  f.  Krystallographie,  1881,  Bd.  V,  p.  252. 

^)  F.  WÖHLER.  lieber  die  Dimorphie  der  arsenigen  Säure. 
Poggend.  Ann.  1832,  Bd.  26,  p.  177. 

^)  Des  -  Cloizeaux.  Note  sur  la  forme  clinorhombique  et  les 
caracteres  optiques  de  Facide  arsenieux  prismatique.  Bull,  d  I.  Societe 
fran^aise  de  Mineralogie,  1887,  Bd.  X,  p.  303. 

*)  A.  Schmidt.  Claudetitkrystalle  von  Szomolnok.  Zeitschr.  f. 
Krystallographie  u.  s.  w.,  1888,  Bd.  XIV,  p.  575. 


65 


Für  Auripigment  gilt  das  Axenverhältniss : 
a:b:  c=:  0,9240:  1  :  1,0524. 

Verdreifacht  man,  entsprechend  dem  beim  Valentinit  angewandten 
Verfahren,  die  Längen  der  Axen  a  und  c  der  As203-Kr)'stalle,  so 
erhält  man: 

Claudetit,  AS2O3,  monoklin,       a:b:cz=1.2120:l:l,0335; 

^=  870  2' 56". 
Auripigment,  As2  S3.  rhombisch,  a  :  b  :  c  =  0,9240  :  1  :  1.0524; 

ß  =  90  0. 

Wiederum  erscheinen  die  Axen  c  bezeichnender  Weise  fast 
längengleich,  während  die  Axen  a  recht  beträchtlich  von  einander 
abweichen.  Wie  ersichtlich  könnte  dieser  Unterschied  in  den 
Längen  der  Axen  a  leicht  ganz  zum  Verschwinden  gebracht 
werden ,  da  sich  diese  beiden  Diagonalen  wie  3  :  4  verhalten 
(0,9240  :  3  =  0,3080  und  1,2120  :  4  =  0,3040),  indess  scheint 
die  Differenz  gerade  charakteristisch  zu  sein  und  ist  deshalb  besser 
nicht  zu  verwischen. 

Die  Krystallsysteme  sind  verschieden. 

Die  Frage,  ob  auch  dem  Auripigment  das  monokline  Sj^stem 
zukommt,  wie  Breithaupt  aus  anderen  Gründen  annehmen  zu 
müssen  glaubte,  erhebt  sich  deshalb  im  Anblick  des  Obigen 
von  Neuem. 

Nicht  ohne  Belang  ist  bei  dem  Vergleich  der  Verbindungen 
As2  O3  und  As2  S3  die  Wahrnehmung,  dass  auch  diese  beiden 
Substanzen  in  den  sich  entsprechenden  Moditicationen  des  Claude- 
tits  und  Auripigments  eine  gleichgerichtete  und  gleich  vollkommene 
Spaltbarkeit  in  ihrer  Blättrigkeit  nach  dem  seitlichen  Pinakoide 
besitzen.     In  regulärer  Form  ist  As2  S3  nicht  bekannt. 

Als  nächste  Gruppe  sei  die  ausgedehnte,  bereits  in  der  Ein- 
leitung berührte  Reihe  solcher  Oxyde  und  Sulfide  betrachtet, 
welche  nach  der  Formel  MR  aufgebaut  sind.  Ihnen  schliessen 
sich  eng  die  entsprechenden,  mit  den  Sulfiden  isomorphen  Arsen- 
und  Antimonverbindungen  an.  Von  vornherein  ist  klar,  dass,  da 
ZnO  und  ZnS  in  ihren  Gestalten  grosse  Aehnlichkeiten  darbieten, 
auch  die  mit  ihnen  isomorphen  Körper  solche  zeigen  müssen. 

Es  ergiebt  sich,  dass  sowohl  MS  als  MO  als  dimorphe  Sub- 
stanzen angesehen  werden  müssen,  deren  entsprechende  Modifi- 
cationen  untereinander  isomorph  erscheinen.  Und  zwar  sind  es 
das  reguläre  und  das  hexagonale  System,  welchen  die  Körper 
angehören.  Nicht  bei  allen  hierher  gehörigen  Oxyden  und  Sulfiden 
sind  beide  Ausbildungsarten  in  der  Natur  bekannt.  Auch  nach 
Heranziehung  der  künstlich  dargestellten  Körper  bleiben  noch 
einige  auszufüllende  Lücken  bestehen. 

Zeitechr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLH.  1.  5 


66 


ZnO  und  ZnS.  Eine  solche  Lücke  bietet  sogleich  das  Zink- 
oxyd dar,  welches  in  der  Natur  und  durch  menschliches  Zuthun 
nui"  in  hexagonalen  Krystallen  gefunden  bezw.  gebildet  ist.  Bis- 
weilen lässt  sich  an  den  Krystallgestalten  deutlich  der  herrschende 
Heminiorphismus  in  Richtung  der  Axe  c  schon  äusserlich  er- 
kennen. Das  Axenverhältniss  ist  nach  den  Messungen  des  Ver- 
Verfassers (1.  c,  pag.  164)  an  künstlichen  Krystallen  von  Ler- 
bach  (Harz) 

a:c=:  1  :  1,6219. 

Das  Zinksulfid  anderseits  weist  beide  Gleichgewichtslagen  auf. 
In  der  Zinkblende  erscheint  es  regulär  in  tetraedisch-hemiedri- 
scher  Ausbildung;  der  Würtzit  stellt  die  hexagonale  Form  der 
Substanz  dar.  Dass  der  Wüi'tzit  hemimorph  in  Richtung  der 
Verticalaxe  ausgebildet  ist,  konnte  F(erstner^)  an  zierlichen 
Krystallen  unbekannten  Fundortes  feststellen.  Seine  Messungen 
ergaben  für  diesen  Würzit  das  Axenverhältniss 
a  :  c  =  0.8002. 

Verfasser  (1.  c,  pag.  164)  machte  seiner  Zeit  auf  die  augen- 
fällige Aehnlichkeit  des  Zinkits  und  Würtzits  aufmerksam,  die 
durch  Zweitheilen  der  Axe  c  des  Zinkits  auch  im  Axenverhältniss 
heraustritt. 

Zinkoxyd,  ZnO,  hexagonal  hemimorph,   a  :  Y2C  =  1  :  0,8109 
Würzit.   ZnS,  hexagonal  hemimorph,       a  :      c  :=  1  :  0,8002. 

Noch  etwas  geringer  erscheint  der  Unterschied  dieser  Längen 
bei  Annahme  des  Axenverhältnisses.  welches  sich  aus  den  Messungen 
von  Friedel  ^)  an  den  von  Sidot  ^)  dargestellten  Würtzitkrystallen 
ergiebt,  und  welches  lautet 

a:c=  1  :  0,8175. 

Bei  beiden  Mineralien,  Zinkit  und  Würtzit.  wird  basische  und 
prismatische  Spaltbarkeit  nach    xP  (1010)  angegeben. 

CdO  und  CdS.  Das  dem  Zink  so  nahe  stehende  Cadmium 
verhält  sich  auch  in  seinem  Oxyd  und  Sulfild  ganz  denen  des 
Zinks  entsprechend.  Doch  ist  die  Kenntniss  über  die  vier  mit 
Wahrscheinlichkeit  darstellbaren  Ausbildungsarten  noch  nicht  voll- 
ständig. Nur  drei  sind  bislang  zur  Anschauung  gekommen:  die 
reguläre  Form  des  Oxydes  uud  die  gleichfalls  reguläre  aber  auch 
die    hexagonale    des    Sulfildes.      Das    Cadmiumoxvd    wurde    von 


*)  H.  FÖRSTNER.  Ueber  künstlichen  Würtzit.  Zeitschr.  f.  Krystallo- 
graphie  u.  s.  w.  1881,  Bd.  V,  p.  363. 

^)  C.  Freedel.  Sur  les  cristaux  de  sulfure  de  zinc  obtenus  par 
M.  Sidot.,  Compt.  rend.,  1866,  Bd.  62,  p.  1001. 

^)  Sidot.  Recherches  sur  la  cristallisation  de  quelques  sulfures 
metalliques.     Compt.  rend.,  1866,  Bd.  62,  p.  999. 


67 


Werther  ^)  in  deutlichen,  oktaedrischen  Krystallen  beobachtet, 
das  Cadniiumsultid  findet  sich  als  isomorphe  Beimischung  in  der 
regulären  Zinkblende  und  liegt  dann  aber  auch  iu  den  schönen, 
hexagonalen  Krystallen  des  Greenockits  vor.  Ausgezeichnete 
Exemplare  dieses  gleichfalls  in  Richtung  der  c-Axe  hemimorphen 
Minerals  sind  von  Mügge")  gemessen  worden.  Das  bezügliche 
Axenverhältniss  heisst 

a:c  =  0,8109. 

Die  Aehnlichkeit  desselben  mit  dem  des  Zinkits  ist  besonders 
hervorstechend:  Die  Axenverhältnisse  erscheinen  genau  gleich  gross 
bei  den  beiden  Mineralien,  die,  nach  den  gebräuchlichen  An- 
gaben^), auch  die  prismatische  Spaltbarkeit  nach  aP  (1010)  mit 
einander  gemein  haben. 

MnO  und  MnS.  Diese  Manganverbindungen  sind  für  die 
gepflogenen  Betrachtungen  dadurch  von  besonderem  Interesse,  als 
sie  in  vollständiger  Entwicklung  ihrer  theoretisch  vorauszusagen- 
den Ausbildungsarten  vorliegen.  Sowohl  vom  MnO  als  auch  vom 
MnS  kennt  man  die  reguläre  und  die  hexagonale  Entwicklungs- 
form. Die  Krystalle  des  Manganosits,  an  denen  Sjögren*)  die 
Combinationen  b  (111),  ccO(lOl),  oder  seltener  ocOx  (100), 
0(111)  beobachten  konnte,  stellen  die  reguläre  Form  des  MnO 
dar.  Nach  Blomstrand^)  spalten  derbe  Massen  dieses  Minerals 
von  Länebanshytta  in  Wermland  nach  dem  Würfel. 

Entsprechender  Weise  bietet  auch  die  Substanz  MnS  eine 
reguläre  Entwicklung  dar.  Sie  liegt  in  der  Manganblende  (Ala- 
bandin)  vor,  welche  man  in  die  tetraedrisch-hemiedrische  Ab- 
theilung des  regulären  Systems  stellt.  Sie  entspricht  in  dieser 
Stellung  der  Zinkblende,  deren  so  ausgeprägte,  dodekaedrische 
Spaltbarkeit  man  indess  in  ihr  nicht  vorfindet.  Um  so  mehr  Be- 
achtung findet  hier  ihre  Beziehung  zu  dem  ihr  (als  regulären 
MnS)  entsprechenden  regulären  MnO,  das  wie  erwähnt,  gleich  ihr, 
nach  dem  Würfel  Blättrigkeit  besitzt. 

So  stehen  sich  also  in  diesem  Falle  bezüglich  der  Cohäsions- 
verhältnisse  die  regulären  Formen  von  MnO  und  MnS  näher  als 
die  von  MnS  und  ZnS. 

Was    die    hexagonalen  Modificationen   von    MnO   und  MnS 


>)  Joiirn.  f.  pr.  Chemie,  Bd.  55,  S.  118. 

^)  0.  MüüGe.  Greenockit  von  Kilpatrik  in  Schottland.  Neues 
Jahrbuch  f.  Mineralogie  u.  s.  w.,  1882,  Bd.  11,  S.   18. 

*)  Nach  Friedel  (Compt.  rend.  1866,  p.  1002)  spaltet  indess 
Greenockit  wie  auch  Würtzit  nach   <xP  2  (1120). 

*)  Anton  Sjögren.  Mineralopiska  notiser  V.  Manganförekomsten 
i  Nordmarken.    Geologiska  Foren.  Förhandl.  1878—1879,  Bd.  IV,  p.  l.iG. 

•"')  Ber.  d.  ehem.  Gesellsch.,  1875,  p.  130. 


68 


anlangt,  so  liegen  beide  als  isomorphe  Beimischungen  vor.  Im 
hexagonalen  Rothzinkerz  bedingt  MnO  die  rothe  Färbung  der 
Krystalle,  und  MnS  findet  man  im  hexagonalen  Erythrozinkit 
f(Zn,  Mn)   S]. 

FeO  und  FeS.  Wenngleich  das  FeO  auch  nicht  für  sich 
in  regulären  Krystallen  gefunden  ist,  so  beweist  doch  das  Vor- 
kommen dieser  Substanz  als  isomorphe  Beimischung  im  Periklas 
(MgOj  sowohl  als  auch  im  Manganosit  (MnO),  dass  sie  fähig 
ist,  eine  solche  Gleichgewichtslage  anzunehmen. 

Dieselbe  Schlussfolgcrung  ist  auch*  für  FeS  erlaubt,  welches 
in  entsprechender  Weise  in  der  Zinkblende  (ZnS)  und  im  Eisen- 
nikelkies  (mit  NiS)  vorkommt. 

Dem  Obigen  zu  Folge  muss  auch  eine  hexagonale  Gleich- 
gewichtslage für  FeO  und  FeS  erwartet  werden.  Bezüglich  der 
letzteren  Verbindung  ist  ihre  Möglichkeit  aus  dem  Vorhandensein 
von  FeS  im  hexagonalen  Würtzit  (ZnS)  nur  zu  erschliessen, 
wenn  man  nicht  geradezu  den  Magnetkies  als  hexagonalen  Re- 
präsentanten der  Substanz  FeS  hinstellen  und  die  schwaidvenden 
Analysenresultate  dieses  Minerals  durch  Verunreinigungen  der 
Verbindung  FeS  erklären  will.  Es  kann  für  diese  Auffassung 
der  Umstand  angeführt  werden,  dass,  wie  bereits  Breithaupt ^) 
angiebt.  die  Winkelverhältnisse  des  Magnetkieses  denen  des 
Würtzites,  Greenockites  u.  s.  w.  recht  nahe  stehen.  Wohl  die 
genauesten  Messungen  am  Magnetkies  konnte  Seligmann  ^)  an 
Kryställchen  anstellen,  die  in  Hohlräumen  des  analcimreichen 
Basaltes  von  den  Cyclopen-Inseln  sich  vorfinden.  Seine  Messungen 
führten  zu  folgendem  Axenverhältniss ,  das  mit  dem  des  Zinkits 
verglichen  ist. 

Magnetkies.  FeS  (?),  hexagonal,         a  :  c  :=  1  :  1,6502 

Zinkit,  ZnO,   hexagonal  hemimorph,   a:c=  1  :  1,6219. 

Dass  vom  FeO  gleichfalls  eine  hexagonale  Form  einmal 
gefunden  werden  wird,  sei  es  auch  nur  als  isomorphe  Beimischung, 
ist  recht  wahrscheinlich. 

NiO  und  NiS.  Sowohl  bei  NiO  als  auch  bei  MS  kennt 
man  die  reguläre  Formentwicklung.  In  regulären  Oktaedern  wurde 
ersteres  beim  Gaarmachen  Nickel  führenden  Kupfers  bemerkt,  und 
in  derselben  Form  ist  es  in  der  Natur  als  Bunsenit  bekannt. 
Gleicherweise  erscheint  NiS  im  Eisennickelkies  mit  FeS  in  re- 
gulären,  oktaedrisch  spaltenden  Massen. 


')  A.  Breithaupt.  Beiträge  zur  näheren  Kenntniss  einiger  Kiese 
und  der  kiesbildenden  Metalle,  auch  neue  Isomorphien.  Poggend. 
Ann.,  1840,  Bd.  51,  p.  515. 

^)  G.  Seligmann.  Magnetkies.  Zeitschrift  f.  Krystallographie, 
1886,  Bd  XI,  p.  343. 


69 


In  hexagonaler  Ausbildung  ist  nur  NiS  vorhanden,  welches 
Sulfid  in  den  meist  haarförinig  dünnen  Milleritkrystallen  vorliegt. 
Man  weist  diesem  Mineral  seine  Stellung  in  der  rhomboedrischen 
Abtheilung  des  hexagonalen  Systems  an.  sodass  es  vereinzelt  den 
anscheinend  holoedrisch  ausgebildeten  Krystallen  des  Greenockits 
(CdS),  Würtzits  [(Zu,  Fe)  S]  gegenübersteht,  solange  man  nicht 
auch  letztere  für  rhomboedrisch  halten  muss,  wofür  vor  der  Hand 
kein  ausschlaggebender  Beweis  vorliegt.  In  seinen  Winkelverhält- 
nissen hingegen  zeigt  der  Millerit  grosse  Aehnlichkeiten  mit  den 
erwähnten  Sulfiden  sowie  auch  mit  dem  Zinkoxyd.  Benutzt  man 
zur  Ableitung  eines  dem  des  Zinkits  gleichartigen  Axenverhält- 
nisses  die  Messungen  Breithaupt's  (1.  c,  p.  511)  beziehungs- 
weise Miller' s^),  so  gelangt  man  zu  folgenden  Werthen,  welche 
mit  denen  für  Zinkit  verglichen  sind. 

Millerit,  NiS,  hexagonal  rhomboedrisch: 

a  :  c  =  1  :  0,8448   (Breithaupt), 
a:  c=  1  :  0,8239  (ÄIiller), 
a  :  c  =  1  ;  0,8343  (Mittel), 

Zinkit.   ZnO,  hexagonal  hemimorph: 

a:  V2C=  1  :  0,8109. 

Nicht  unbeachtet  darf  hier  die  Wahrnehmung  bleiben,  dass 
in  einer  beträchtlichen  Anzahl  von  Magnetkiesen  ein  bedeutender 
Nickelgehalt  festgestellt  ist^).  ■ 

Die  in  Rede  stehenden  Verhältnisse  erlangen  dadurch  ein 
erhöhtes  Interesse,  dass  auch  den  Oxyden  und  Sulfiden  ent- 
sprechende Arsen-  und  Antimonverbindungen  des  Nickels  unter 
den  Erzen  bekannt  sind.  Sie  liegen  im  Kupfernickel  und  Anti- 
monnickel vor.  Die  seltenen  Krystalle  der  ersteren  Substanz, 
wie  sie  in  den  Vorkommnissen  von  Sangerhausen  erscheinen, 
stellen  hexagonale  P^yramiden  dar,  deren  Winkel  zur  Basis  nach 
Miller^)  136°  35'  beträgt.  Hieraus  berechnet  sich  folgendes 
Axenverhältniss,   das  mit  dem  vom  Zinkoxyd  verglichen  ist. 

Zinkoxyd,  ZnO,  hexagonal  hemimorph,  a:  Yac  =  1  :  0,8109 
Rothnickelkies,  NiAs,  hexagonal,  a:      c  =  1  :  0,8194. 

Die  Aehnlichkeit  lässt  nichts  zu  wünschen  übrig.  Eine 
Spaltbarkeit  lässt  das  Arsennickel  nicht  erkennen. 


1)  W.  H.  Miller,  üeber  die  Krystallform  des  Schwefelnickels 
und  anderer  Substanzen.     Poggend.  Ann.  1835,  Bd.  36,  p.  475. 

")  Vergl.  aus  neuerer  Zeit  z.  B.  Henry  How:  Notes  on  some 
north  americau  Pyrrhotites,  and  other  minerals  containing  nickel. 
Mineralog.  Magaz.  ^1877,  p.  124. 

ä)  Au  elementary  introduction  to  Mineralogy  by  W.  Phillips,  new 
edition  by  H.  J.  Brooke  and  W.  H.  Miller,  1852,  p.  143. 


70 


An  Krystallen  von  natürlichem  Antimonnickel  hat  Breithaupt 
(1.  c,  p.  512)  Messungen  ausgeführt  und  die  Neigungswinkel 
zweier  Pyramiden  zur  Basis  zu  153'^38'  und  123*^  55'  gefunden. 
Fasst  man  diese  Gestalten  als  V2P  (1012)  und  ^oP  (3032)  auf, 
so  ergieht  sich  aus  diesen  gut  mit  einander  übereinstimmenden 
Winkeln 

a:  c=  1  :  0,8585. 

BeO.  Wie  bekannt  bildet  BeO  gleich  ZnO  hexagonale 
Krystalle.  die  in  ihrem  Axenverhältniss  mit  dem  des  Zinkits  so- 
weit übereinstimmen,  dass  von  einem  Isomorphismus  beider  ge- 
sprochen werden  kann.  Es  sei  diese  Substanz  deshalb  auch  hier 
erwähnt,  obwohl  der  Vergleich  mit  der  entsprechenden  Schwefel- 
verbindung nicht  ausgeführt  werden  kann,  weil  die  krystallogra- 
phischen  Verhältnisse  letzterer  Substanz  nicht  gegeben  werden 
können.  Die  Messungen  von  E.  Mallard  ^)  an  von  Ebelmen  dar- 
gestellten Krystallen  von  BeO  führten  auf 

a:  c=  1  •  1.6305. 

H2O.  Die  Durchsicht  der  stattlichen  Litteratur  über  dieses 
Oxyd  lässt  erkennen,  dass  die  Auffassungen  über  die  Krystall- 
gestalt  des  Eises  sehr  verschiedenartige  sind.  Jedoch  stimmen 
die  Beobachter  darin  überein,  dass  diesem  häufigen  Minerale  das 
hexagonale  System,  sei  es  rhomboedrisch  oder  vollflächig,  zuzu- 
schreiben sei.  Für  gewisse  Vorkommnisse  wird  von  einigen 
Forschern  ein  noch  nicht  näher  gekannter  Dimorphismus  in  An- 
spruch genommen. 

Wohl  einer  der  glücklichsten  Beobachter  von  Eiskrystallen 
war  A.  E.  Nordenskjöld  (1.  c,  p.  612).  welcher  im  Winter  1860 
flächenreiche  Schneekrystalle  messen  konnte.  Diese  stellten  die 
Combinatiou  aP(loTO);  4P  (4041);  P  (lOTl);  V2P  (10T2); 
OP  (0001)  dar.  In  bezeichnender  Weise  waren  diese  Krystalle 
hemimorph  in  Richtung  der  Axe  c  ausgebildet.  Die  Pyramiden 
fanden  sich  nur  am  einen  Ende  der  Individuen,  am  anderen  schloss 
allein  die  Basis  den  Krystall  ab.  Nordenrkjöld  giebt  als  Axen- 
verhältniss an: 

a:c=  1  :  1,617. 

Die  Krystalle  erschienen  vollflächig,  nicht  rhomboedrisch, 
ausgebildet  zu  sein. 

Der  Vergleich  mit  den  Krystallen  des  Zinkits  ergiebt  eine 
bedeutsame  Aehnlichkeit.    Dasselbe  Krystallsystem.   derselbe  Hemi- 


^)  Er.  Mallard.  Examen  de  diverses  substances  cristallisees 
pveparees  mais  non  decrites  par  Ebelmen.  Ann.  (t.  Mines,  1887, 
8.  Serie,  Bd.  12,  p.  430. 


71 


morphismus  findet   sich  bei   beiden  Verbindungen.     Das  Axenver- 
hältniss  des  Zinkits 

a:  0=  1  :  1,6219 
erlaubt    ohne    weiteres,    die    gegenseitigen    Krystallgestalten    von 
Zinkoxyd  und  Eis  aufeinander  zu  beziehen. 

Der  Ueberblick  über  die  behandelte  Gruppe  der  Monoxyde 
und  Monosulfide  lehrt  eine  derartig  enge  krystallographische  Ver- 
wandtschaft der  hierher  gehörigen  und  sich  chemisch  entsprechen- 
den Sauerstoff-  und  Schwefelverbindungen,  dass  füglich  unbedenk- 
lich von  einem  Isomorphismus  beider  gesprochen  werden  kann. 
Es  wTirde  im  Obigen  nicht  verfehlt,  auch  Aehnlichkeiten  in  der 
Krystallstructur,  soweit  sich  letztere  durch  die  Spaltbarkeit  zu 
erkennen  giebt,  hervorzuheben. 

Nicht  ohne  Interesse  bezüglich  der  in  Rede  stehenden  Verhält- 
nisse ist  fernerhin  der  Vergleich  der  optischen  Eigenschaften, 
wozu  natürlich  nicht  die  regulären,  sondern  nur  die  hexagonalen 
Modificationen  herangezogen  werden  können. 

Wie  bekannt  sind  die  meisten  der  einaxigen  Körper  negativ 
doppelbrechend;  die  positiv  doppelbrechenden  stellen  mehr  die 
Ausnahme  von  der  Regel  dar.  Es  ist  nun  überraschend  zu  er- 
kennen, dass  sämmtliche  hierher  gehörigen  Körper,  die  auf  den 
Charakter  ihrer  Doppelbrechung  haben  untersucht  werden  können, 
diese  Ausnahmestellung  einnehmen.  Es  sind  positiv  doppel- 
brechend: Zinkit  und  Würtzit.  Greenockit,  Erythrozinkit  und  Beryll- 
erde  sowohl  wie  das  Eis.  Die  Bestimmung  der  Doppelbrechung 
der  anderen  hierher  gehörigen  Körper,  Magnetkies,  Millerit,  Kupfer- 
nickel  und  Breithauptit   hindert  die  ündurchsichtigkeit  derselben. 

Die  Verbindungen  der  betrachteten  Gruppe  der  Monoxyde 
und  Monosulfide  sind  durch  dimorphe  Entwicklung  ausgezeichnet, 
insofern  sowohl  bei  den  Oxyden  als  den  Sulfiden  eine  reguläre 
und  eine  hexagonale  Form  vorhanden,  beziehungsweise  zu  er- 
warten ist.  Eine  ähnliche  Zweigestaltigkeit  herrscht  bei  der  Gruppe 
des  Kupferglanzes,  deren  Betrachtung  angereiht  sein  möge. 

Die  hierher  gehörigen  Substanzen  sind  die  Oxyde  und  Sulfide 
von  Cu,  Ag  und  Pb.  Der  Ueberblick  über  die  vorhandenen  Mo- 
dificationen lehrt,  dass  für  CU2S.  Ag2S  und  PbS  sowohl  als  für 
CU2O,  Ag2  0  und  PbO  eine  reguläre  und  eine  rhombische  Modi- 
fication  anzunehmen  ist.  Während  indess  für  CU2S  und  Ag2S 
die  erstere  und  die  zweite  Gleichgewichtslage  nachgewiesen  ist,  kennt 
man  für  PbS  nur  die  reguläre  Ausbildung.  Bei  den  Oxyden  liegt 
für  CU2O  und  Ag2  0  die  reguläre,  für  PbO  die  rhombische  Aus- 
bildung vor,  sodass  mithin  der  Vergleich  zwischen  Oxyden  und 
Sulfiden  gesichert  erscheint.     Die  Verhältnisse  sind  folgende. 


Cu2  0  bildet  die  schönen,  regulären  Krystallc  des  Rothkupfer- 
erzes. Gleicherweise  entsteht  CU2S  in  regulärer  Ausbildung  beim 
Erstarren  einer  Schmelze  von  Schwefel  und  Kupfer.  In  ausge- 
zeichneter Weise  liegt  die  rhombische  Gleichgewichtslage  des 
CU2S  im  Kupferglanz  vor,  dessen  Axenverhältniss  weiter  unten 
angegeben  worden  ist. 

AgaO  wurde  von  H.  Yogel')  beim  Verdunsten  einer  kali- 
bezw.  natronhaltigen,  ammoniakalischen  Silberlösung  in  zierlichen, 
regulären  Krystallskeletten  erhalten.  Auch  Ag2S  ist  regulär  im 
Silberglanz  und  in  isomorpher  Mischung  mit  CU2S  im  Jalpait 
vorhanden.  Die  Untersuchungen  J.  Krenner's  haben  wahrschein- 
lich gemacht,  dass  die  rhombische  Form  des  Ag2S  im  Akanthit 
nicht  vorliegt.  Da  diese  Substanz  indess  als  isomorphe  Bei- 
mischung im  rhombischen  Silberkupferglanz  vorhanden  ist,  kann 
an  der  Möglichkeit  einer  rhombischen  Ausbildung  des  Ag2  S  nicht 
gezweifelt  werden. 

PbS  liefert  die  regulären  Bleiglanzkrystalle.  PbO  wurde 
von  NoRDENSKJÖLD  (1.  c,  p.  619)  untersucht  mid  rhombisch  be- 
funden. Im  Folgejiden  ist  das  Axenverhältniss  dieses  Oxydes 
mit  denen  des  rhombischen  Kupfer-  und  Silberkupfersulfides 
verglichen. 

Silberkupferglanz  (Cu,Ag)2S,  rhomb.,  a:b:c=0.5820:l  :0,9206 
Kupferglanz  CU2S,  rhombisch,  a:b:c  =  0,5822: 1 :0,9709 

Bleioxyd  PbO.  rhombisch,  a:b:c=:0.6706:l  :0,9764. 

"Wie  ersichtlich  lassen  diese  Sulfide  und  Oxyde  die  Anwen- 
dung der  Lehren  der  Morphotropie  sehr  wohl  zu.  Dasselbe 
System  findet  sich  bei  beiden.  Bezeichnender  Weise  stehen  die 
c-x\xen  in  ihrer  Länge  einander  sehr  nahe  und  lassen  die  Axen  a 
charakteristische  Unterschiede  erkennen. 

Zum  Schluss  sei  noch  die  Gruppe  von  Sauerstoff-  und 
Schwefelverbindungen  herangezogen,  als  deren  Repräsentanten  das 
Magneteisen  gelten  kann.  Die  für  dieses  Erz  so  sehr  charakteri- 
stische Form  des  Oktaeders  sowie  die  Zwillingsbildung  nach  einer 
Fläche  dieser  Form  kehren  auch  beim  Kobaltnickelkies  wieder, 
der  als  eine  dem  FeaO^  entsprechende  Schwefelverbindung  (Ni, 
Co,  Fe)3  Si  zum  Vergleiche  anregt.  Auf  diese  bedeutsame  Aehn- 
lichkeit  ist  frühzeitig  bereits  von  anderer  Seite  aufmerksam  ge- 
macht").   Auf  dieselbe  muss  hier  von  Neuem  hingewiesen  werden. 

Fernerhin    sei   an    dieser   Stelle   der  Kupferkies    betrachtet, 


*)  H.  Vogel.     Ueber  krystallisirtes  Silberoxyd  und  kohlensaures 
Silberoxyd.     Poggend.  Ann.  1863,  Bd.  118,  p.  145. 

')  Naibiann  -  Zirkel.    Elemente  der  Mineralogie.  1877,  10.   Aufl., 

p.  278. 


73 


dessen  chemische  Zusammensetzung  sehr  wohl  durch  eine  der  des 
Magnetits  entsprechende  Formel  gegeben  werden  kann.  Schreibt 
man  mit  P.  Groth^)  den  Magnetit  als  Ferrat,  so  kann  folgender 
Vergleich  gezogen  werden 

Magnetit,   (Fe  02)2  Fe,  regulär,  a  :  a  :  a  =  1  :  1  :  1 

Kupferkies,  (FeS2)2  (Cu2),  tetragonal,  a  :  a  :  c  ^  1  :  1  :  0,9856. 
Der  Eintritt  des  (Cuo)  an  Stelle  von  Fe  in  ein  dem 
(Fe  02)2  Fe  entsprechendes  Sulfosalz.  hat  zwar  das  System  in  das 
tetragonale  verwandelt.  Immer  nocli  tritt  jedoch  in  der  bekannten 
Krystallgestalt  des  Kupferkieses,  die  in  obigem  Axenverhältniss 
charakterisirt  ist,  und  in  seiner  Zwillingsbildung  die  Verwandt- 
schaft mit  den  Spinellen  deutlichst  heraus. 


')  P.    Groth.      Tabellarische    Uebersicht    der    Mineralien    1889, 
3.  Aufl.  p.  67. 


74 


Anarosaurus  pumilio  iiov.  geji.  nov.  sp. 

Von  Herrn  W.  Dames  in  Berlin. 
Hierzu  Tafel  I. 

In  der  paläontologischen  Sammlung  der  Königlichen  Univer- 
sität zu  Göttingen  wird  das  fast  vollständige  Skelet  eines  kleinen 
Nothosauriden  aufbewahrt,  welches  bei  Remkersleben  (ca.  15  km 
westlich  von  Magdeburg)  gefunden  wurde.  Das  Gestein,  welches 
das  Skelet  enthält,  ist  ein  grau-gelber,  dichter,  thoniger  Kalk  mit 
rundlichen,  bis  nussgrossen  Hohlräumen,  deren  Wände  mit  Kallc- 
spathkrystallen  ausgekleidet  sind.  Derartige  Kalke  weisen  mit 
Sicherheit  auf  die  obere  Grenze  des  Unteren  Muschelkalks  hin, 
ja,  es  empfiehlt  sich  vielleicht  aus  Gründen,  deren  Ausführung 
hier  nicht  am  Platz  ist,  mit  diesen  Schichten  die  Anhydritgruppe, 
also  den  Mittleren  Muschelkalk,  beginnen  zu  lassen. 

Herr  Professor  von  Koenen  hat  mir  freundlichst  dieses 
schöne  Stück  der  ihm  unterstellten  Sammlung  zur  Beschreibung 
anvertraut.  Ich  spreche  ihm  dafür  auch  an  dieser  Stelle  meinen 
aufrichtigen  Dank  aus. 

Auf  eine  genauere  Darstellung  der  Lage  des  auf  Platte  und 
Gegenplatte  vertheilten  Skelets  kann  verzichtet  werden,  da  die- 
selbe durch  einen  Blick  auf  die  beigegebene  Abbildung  klar  wird. 
Um  Wiederholungen  zu  vermeiden  bezeichne  ich  die  auf  Tafel  I. 
links  stehende  Platte  mit  A.  die  rechts  stehende  mit  B.  Beim 
Aufschlagen  des  Gesteins  ist  das  Skelet  so  zerspalten,  dass 
einzelne  Knochen  ganz  auf  der  einen,  andere  theils  auf  A  theils 
auf  B  liegen.  Der  Kopf  ist  seitlich  bis  zu  den  Rumpfrippen  der 
rechten  Seite  zurückgebogen.  Der  Hals  ist  in  einem  regelmässigen 
Bogen  gekrümmt.  Das  Ende  der  Halswirbelsäule  und  der  Anfang 
der  Rumpfwirbelsäule  sind  nicht  erhalten.  Von  der  Yorder- 
extremität  mit  ihrem  Gürtel  ist  nur  das  linke  Coracoid,  ein  Fragment 
der  linken  Scapula  und  der  linke  Humerus,  meist  nur  im  Ab- 
druck, erhalten,  sowie  eine  ihrer  Lage  nach  nicht  w^eiter  zu 
deutende  Phalanx  neben  der  Schnauzenspitze.  Die  Rumpfwirbel- 
säule hat  mehrere  Rippen  noch  in  situ  und  darüber  gelagert  das 
zierliche  Bauchrippensystem.  Vom  Becken  sind  Pubes  und  Ischia 
deutlich,    das  Ilium   sehr   unsicher.     Das  rechte    Femur  ist  voll- 


75 


kommen  erhalten,  von  der  Tibia  und  Fibula  nur  der  proximale  Theil. 
Der  caudale  Theil  des  Thieres  fehlt  ganz. 

Der  Kopf  ist  so  zerspalten,  dass  er  jetzt  dem  Beschauer 
die  Gaumenfläche  zuwendet.  Das  Schädeldach  liegt  in  A  mit  der 
Obei-fläche  nach  unten,  die  Gaumenfläche  ist  mit  ihrer  Knochen- 
substanz theils  auf  A  theils  auf  B  hängen  geblieben.  Der  Unter- 
kiefer liegt  noch  in  nahezu  natürlicher  Lage,  sodass  seine  Aeste 
von  unten  sichtbar  sind.  Daher  kommt  es,  dass  ein  Theil  der 
Zähne  dem  Beschauer  zu-,  ein  anderer  von  ihm  abgewendet  ist. 
Die  ersteren  gehören  dem  Oberkiefer,  die  letzteren  dem  Unter- 
kiefer an.   -—  Die  Dimensionen  des  Schädels  sind  folgende: 

Länge  vom  Hinterhauptscondylus  bis  zur  Schnauzenspitze      .  42  mm 
Länge    von    der  Spitze    des  Quadratojugale  bis  zur  Schnau- 
zenspitze        51  - 

Breite  zwischen  den  Spitzen  der  beiden  Quadratojugalia    .     .  20  - 

Grösste  Länge  der  Gaumenlöcher 11  - 

Breite     -                -                6  - 

Breite    der  schmälsten  Stelle   der  Pierygoidea    zwischen    den 

Gaumenlöchern 7  - 

Breite  des  Schädels  in  der  Mitte 20  - 

Wenn  sich  auch  die  Dimensionen  des  Schädels  im  Allge- 
meinen angeben  lassen,  so  ist  die  Erhaltung  doch  so  ungünstig, 
dass  über  seine  einzelnen  Theile  nur  Lückenhaftes  mitgetheilt 
werden  kann.  Der  Hinterhauptscondylus  ist  nicht  erhalten;  wohl 
aber  sieht  man,  dass  die  Pterygoidea  bis  dicht  an  denselben  heran- 
reichten, dass  sie  also  ein  unteres  Gaumendach  wie  bei  NofJio- 
saurus  und  den  eusuchen  Crocodilen  bildeten.  Man  sieht  ferner 
die  Quadratojugalia  in  scharfem  Winkel  von  den  Pterygoideen 
abgehen,  auch  ist  die  Gelenkfläche  für  den  Unterkiefer  etwas  vor 
ihrer  Spitze  auf  Platte  B  im  Abdruck  erhalten.  Die  Gaumeu- 
löcher  werden  nach  aussen  von  den  schmalen  Jugalia  begrenzt. 
Ihre  Länge  ist  etwas  mehr  als  ein  Drittel  der  Länge  des  Schädels 
vom  Hinterhauptloch  bis  zur  Schnauzenspitze.  Ihr  äusserer  Rand 
ist  vollkommen  gerade  und  dem  Aussenrand  der  Jugalia  parallel; 
ihr  innerer  Rand  geht  hinten  in  spitzem  Winkel  vom  Aussen- 
rande  ab,  divergirt  von  diesem  in  fast  gerader  Linie  bis  zur  Mitte 
der  Längsausdehnung  und  biegt  sich  dann  weiter  vorn  in  einer 
elliptischen  Curve  wieder  nach  aussen.  Von  irgend  welchen  Nähten 
zwischen  Pterygoidea  und  Palatina  oder  zwischen  diesen  und 
Maxillen  ist  nichts  zu  sehen;  nur  bemerkt  man  im  vorderen  Viertel 
des  Schädels  zwei  undeutlich  begrenzte  und  zum  Theil  durch 
Kalkspathausfüllung  noch  mehr  verunstaltete  Oeffnungen:  die  un- 
teren Nasenlöcher,  Auf  Platte  A  zeigen  sich  im  linken  Ober- 
kiefer mehrere  kleine  Zähnchen,  von  denen  das  grösste  in  Figur  1 
auf  nächster  Seite  in  20facher  Vergrösserung  dargestellt  ist.    Unten 


76 


Fii 


ist  es  etwas  eingeschiiürl,  dann  schwillt  es  unregebnässig  kugelig 
an  und  trägt  auf  der  Spitze  eine  kleine  Zitze.  Der  untere  Theil 
ist  schwach  längsgestreift,  der  obere  glatt  ^).  Un- 
mittelbar neben  und  vor  ihm  ist  der  Stumpf  eines 
stark  gestreiften  Zahnes  erhalten,  und  hinter  ihm 
folgen  noch  3  Zähnchen,  in  ziemlich  weiten  Abstän- 
den von  einander,  nur  mit  der  Spitze  aus  dem 
Gestein  hervorragend  oder  —  wie  der  letzte  —  im 
Niveau  der  Platte  abgebrochen.  Etwa  8  mm  vor 
dem  eben  erwähntem  stumpfen  Zahn  schaut  aus 
der  Gesteinsmasse  noch  ein  Oberkiefereähuchen  her- 
vor, schlank,  stark  gestreift  und  etwas  gekrümmt,  also 
ganz  dem  Typus  der  echten  Nothosaurus-Zähne  entsprechend,  und  vor 
diesem  noch  die  kleinen  Spitzen  von  drei  anderen.  Die  grossen  Zähne 
des  Zwischenkiefers  sind  kaum  sichtbar,  weil  sie  durch  den  darauf- 
liegenden Unterkiefer  fast  völlig  verdeckt  werden.  Auf  der  rechten 
Seite  ist  vom  Oberkiefer  nur  der  hintere,  unmittelbar  vor  dem 
Gaumenloch  gelegene  Theil  erbalten,  in  welchen  die  Alveolen  von 
5  Zähnen  liegen.  —  Dicht  neben  dem  Aussenrand  des  Oberkiefers 
und  diesem  parallel  liegt  links  der  linke  Unterkieferast  mit  der 
Unterseite  nach  oben  gekehrt.  Das  Stück  desselben,  welches  vom 
Quadratojugale  bis  zum  hinteren  Oberkieferende  zu  reichen  hätte, 
fehlt.      Der  Vordertheil  verbreitert   sich  und  trägt  jederseits  vier 

sehr      eigenthümlich      gestaltete 
'^'  Zähne,  nebenstehend  in  etwa  zehn- 

facher Yergrösseruug  wiedergege- 
ben^). Aus  der  Alveole  erhebt 
sich  ein  gerundeter  Stiel,  und  auf 
diesem  steht  der  scblank-spatel- 
förmige,  oder  lanzenspitzenartige, 
namentlich  an  den  beiden  hinteren 
Zähnen  gut  erhaltene  obere  Theil. 
Die  Seitenränder  sind  etwas  auf- 
gewulstet,  zwischen  ihnen  ist  der 
Zahn  eben,    vielleicht  sogar  etwas  concav,    und   dieser   Raum   ist 


^)  Das  unregelmässige  obere  Ende,  welches  ausser  der  zitzen- 
förmigen  Hauptspitze  noch  eine  kleine  Nebenspitze  erkennen  lässt, 
hat  nicht  alle  Zweifel  gehoben,  ob  der  Zahn  nicht  verunstaltet  ist. 
Von  befreundeter  und  competenter  Seite  wuixle  die  Ansicht  geäussert, 
dass  er  seine  jetzige  Foim  durch  Abkauung  erhalten  habe.  Die  Mög- 
lichkeit hierzu  soll  nicht  geleugnet  werden,  obwohl  unter  den  zahl- 
reichen Nothosaurns  -  Zähnen  der  hiesigen  Sammlung  keiner  Usur- 
flächen  aufweist.  Jedenfalls  kann  unter  diesen  Umständen  die  Gestalt 
dieses  Zahnes  bei  dem  Vergleich  mit  der  Bezahnung  anderer  Notho- 
sauriden  kaum  in  Betracht  kommen. 

-)  Die  Lage  des  Schädels  auf  der  Platte  bedingt  es,  dass  auf  ihr 


7  l 


in  seinem  oberen  Theil  ganz  fein  gestreift.  Oben  laufen  die 
Ränder  zu  einer  scharfen  Spitze  zusammen.  Der  erste  Zahn  neben 
der  Symphyse  ist  der  kleinste  und  schmälste,  der  zweite  der  dickste 
und  längste,  dann  folgt  in  der  Grösse  der  dritte  und  diesem  der 
vierte.  Die  ersten  drei  stehen  ziemlich  gleich  weit,  und  zwar 
nicht  bedeutend,  von  einander  entfernt;  der  vierte  ist  von  ihnen 
durch  ein  ansehnliches  Diastema  getrennt. 

Weder  ist  auf  der  Platte  A  noch  auf  Platte  B  der  rechte 
Unterkiefer  sichtbar,  wenn  nicht  ein  ganz  schmaler  Knochen,  der 
auf  Platte  A  neben  dem  Alveolartheil  des  rechten  Oberkiefers 
liegt,  ilim  angehört. 

Die  Wirbelsäule  ist  mit  einer  Unterbrechung  in  der  Grenz- 
region zwischen  Hals  und  Rumpf  von  den  vordersten  Halswirbeln 
bis  zu  den  Sacralwirbeln  erhalten,  die  Schwanzwirbel  fehlen. 
Während  der  Kopf  mit  seiner  Schädeldecke  auf  Platte  A  nach 
unten  zu  liegen  kam.  wie  wir  gesehen  haben,  sieht  man  auf  der- 
selben Platte  die  vordersten  Halswirbel  von  oben  auf  den  Neural- 
bogen.  Der  Kopf  muss  sich  also  bei  der  Einbettung  des  Kadavers 
in  den  Meeresschlamm  umgedreht  haben,  sodass  der  Unterkiefer 
nach  oben  gewendet  wurde.  Atlas  und  Axis  sind  beim  Spalten 
der  Platte  völlig  zertrümmert.  Ausser  ihnen  zählt  man  15  Hals- 
wirbel, von  denen  die  ersten  6  völlig  auf  der  Bauchseite  liegen, 
dann  beginnen  die  folgenden  sich  mehr  und  mehr  auf  die  Seite 
zu  legen,  sodass  man  eine  schiefe  Profilansicht  bekommt.  Hier 
ist  der  grösste  Theil  der  Knochensubstanz  verloren  gegangen,  und 
man  beobachtet  daher  deutlich  die  zwischen  je  zwei  Wirbeln  ring- 
artig erhabene,  sonst  cylindrische  Ausfüllung  des  Neuralcanals 
mit  Gesteinsmasse.  An  den  vordersten  Wirbeln  ist  der  Neural- 
bogen  sehr  niedrig,  oben  in  der  Mediane  mit  einer  Längskante 
versehen,  weiter  nach  hinten  erhebt  er  sich  mehr  und  mehr.  Die 
Länge  der  einzelnen  Wirbel  ist  von  vorn  bis  hinten  fast  die 
gleiche.  Der  erste  der  erhaltenen  Wirbel  (also  in  Wahrheit  der 
dritte)  ist  4  mm  lang,   der  löte  (in  Wahrheit  17te)   4,5  mm. 

Der  erhaltene  Theil  der  Halswirbelsäule  nimmt  mithin  etwa 
65  mm  Länge  in  Anspruch.  Reconstruirt  man  sich  den  Bogen 
weiter  zurück  bis  etwas  vor  das  Coracoid,  so  kommen  für  die 
Halswirbelsäule  noch  ca.  35  mm  hinzu.  Vorausgesetzt,  dass  auch 
diese  hinteren,  nicht  erhaltenen,  4,5mm  lang  waren,  kämen 
auf  diesen  Raum  noch  etwa  7  Wirbel,  sodass  einschliesslich  Atlas 
und  Axis  für  unseren  Saurier  etwa  24  Halswirbel  anzunehmen 
wären,   was  von  der  bei  NofJwsaurus  und  Lariosauriis  bekannten 


die  Unterkieferzähne  abwärts  gerichtet  sind.  Auf  Figur  2  ist 
ihnen  die  Stellung  gegeben,  wie  sie  für  Unterkieferzähne  die  üb- 
liche ist. 


78 


Zahl  (20  oder  21)  nicht  gar  weit  abweicht.  Zu  diesen  Hals- 
wirbeln gehören  auch  Halsrippen,  welche  abgetrennt  neben  ihnen 
liegen.  Nur  am  ersten  erhaltenen  Wirbel  ist  auf  der  rechten 
Seite  eine  kleine  Komma-förmige  Halsrippe  noch  in  natürlicher 
Verbindung  mit  dem  Wirbelkörper  bemerkbar.  Die  übrigen  7  auf 
der  Seite  neben  der  Wirbelsäule  liegenden  Rippen  gehörten  wohl 
den  letzten  der  erhaltenen  Wirbel  an,  wenigstens  spricht  ihre 
regelmässige  Aufeinanderfolge  dafür.  Die  vordersten  4  Halsrippen 
haben  ausgesprochene  Keilform  und  unterscheiden  sich  nur  da- 
durch von  einander,  dass  die  Ecken  sich  bei  den  hinteren  etwas 
mehr  in  die  Länge  ziehen.  An  der  fünften  Halsrippe  ist  die 
hintere  Ecke  schon  bedeutend  länger  als  die  vordere,  an  der 
sechsten  nimmt  das  noch  mehr  zu,  und  die  siebente  stellt  schon 
eine  echte,  kurze,  zweiköpfige  Rippe  dar. 

Zwischen  dem  erhaltenen  Ende  der  Halswirbelsäule  und  dem 
der  Rumpfwirbelsäule  fehlt,  wie  oben  erwähnt,  ein  beträchtliches 
Stück.  Aus  der  Zahl  der  theils  in  Substanz,  theils  im  Abdruck 
erhaltenen  Rippen,  welche  mit  ihren  ventralen  Enden  auf  beiden 
Platten  vor  dem  Anfang  der  Wirbelsäule  liegen,  lässt  sich  berech- 
nen, dass  etwa  10  Wirbel  nicht  erhalten  sind,  sodass  mit 
Hinzurechnung  der  erhaltenen  16  Rückenwirbel  Änarosaurus 
ca.  26  Rückenwirbel  besessen,  hatte,  also  auch  hierin  sich  an 
Nothosaurus  und  Lariosaurus  nahe  anschliesst.  Ueber  die 
Form  der  Wirbel  ist  nichts  Genaues  zu  ermitteln,  da  die  Neural- 
bögen  theils  zertrümmert,  theils  im  Gestein  eingebettet  sind.  Die 
Centren  sind  in  der  Mitte  etwas  eingeschnürt,  me  bei  Notho- 
saurus; die  Processus  spinosi  erscheinen  verhältnissmässig  niedriger 
als  bei  Nothosaurus.  —  An  dem  Aussenrand  der  Platte  B  stösst 
ein  Wh'bel  an,  und  im  Rande  selbst  liegt  noch  ein  kleines  Bruchstück 
eines  zweiten,  welche  ich  als  Sacralwirbel  anzusprechen  geneigt 
bin,  weniger  des  Unterschiedes  in  der  Form  wegen,  als  weil 
neben  ihnen  kurze,  dicke,  gerade,  an  beiden  Enden  ctw^as  ver- 
dickte Rippen  liegen,  die  füglich  nui"  Sacralrippen  sein  können. 
Ist  diese  Deutung  richtig,  so  würde  man  noch  eine  weitere,  dritte 
Rippe  zum  Sacrum  zu  ziehen  haben,  die  mit  ihrer  distalen  Hälfte 
am  Rande  der  Platte  B  hinter  den  beiden  eben  beschriebenen 
liegt.  Es  würden  also  mindestens  drei  Wirbel  mit  ihren  Rippen 
der  Sacralregion  angehören,  während  man  für  die  übrigen  Notho- 
sauriden  zwei  als  Regel  angenommen  hat.  doch  ist  eine  entschei- 
dende Beobachtung  bisher   nicht   gemacht  worden^).     Rechts  und 


»)  Wenn  Deecke  (diese  Zeitschr.,  Bd.  38,  1886,  p.  182)  schreibt: 
„Das  aus  2  Wirbeln  zusammengesetzte  Sacrum  theilt  Lariosaurus  mit 
den  meisten  anderen  Reptilien,  unter  anderen  auch  mit  Macromerosanrus, 
Pachypleura    und  wahrscheinlich  auch  mit  Ncuaticosaurus'-' ,    mid  wenn 


79 


links  liegen  die  Rumpfrippen,  aber  keine  befindet  sich  mehr 
in  natürlicher  Lage  am  Wirbel  selbst.  Die  Rippenköpfe  sind  ein- 
fach, etwas  rundlich.  Unmittelbar  dahinter  macht  die  Rippe  eine 
kleine  flache  Curve  abwärts,  hebt  sich  dann  convex  nach  oben 
und  biegt  sich  in  schlankem  Bogen  veiitralwärts.  Aehnlich  wie 
bei  Nothosaurus  und  im  Gegensatz  zu  Lariosaurus  sind  die  Rippen 
lang  und  dünn.  Nur  wenige  sind  ihrer  ganzen  Länge  nach  er- 
halten, am  deutlichsten  die  vierte  von  hinten  auf  der  rechten 
Seite  der  Platte  B,  die  oberen  zwei  Drittel  in  Knochenmasse,  das 
letzte  Drittel  im  Abdruck.  Vom  proximalen  bis  zum  distalen 
Ende  misst  sie  in  der  Luftlinie  35  mm,  thatsächlich  43  mm. 

In  grösster  Deutlichkeit  ist  der  Bauchrippen-Apparat  erhal- 
ten. Er  besteht,  wie  bei  Nothosaurus  und  Lariosaurus,  aus  einem 
Mittelstück,  das  aus  2  unter  einem  sehr  stumpfen  Winkel  zusaramen- 
stossenden  Schenkeln  gebildet  wird;  am  Scheitelpunkt  befindet  sich 
eine  kleine,  vorwärts  gerichtete  Spitze;  die  äusseren  Enden  laufen 
nadelspitz  aus.  Zwischen  den  Schenkeln  zweier  solcher  Mittelstücke, 
und  zwar  zwischen  je  den  rechten,  oder  den  linken,  sind  noch 
feine,  an  beiden  Seiten  zugespitzte  Stäbchen  vorlianden,  meist 
zwischen  je  zwei  aufeinander  folgenden  Mittelstück-Schenkeln  eines, 
doch  sind  hin  und  wieder  auch  zwei  deutlich  wahrnehmbar.  Ob 
in  diesem  Falle  eine  Verschiebung  bei  der  Verwesung  und  durch 
Gesteinsdruck  die  Ursache  ist,  oder  ob  diese  Nebenstäbchen  an 
keine  feste  Zahl  gebunden  sind,  ist  noch  zu  entscheiden.  —  Da 
das  gesaminte  Abdominalst eruum  aber  annähernd  in  natürlicher 
Lage  zum  ganzen  Skelet  erhalten  ist,  so  lässt  sich  die  Zahl  der 
Mittelstücke  zur  Zahl  der  Wirbel  feststellen.  Auf  den  Raum  von 
7  Wirbeln  kommen  15  solche  Bauchrippen,  also  ungefähr  auf 
jeden  Wirbel  2,  und  das  ist  dasselbe  Verhältniss  wie  bei  Lario- 
saurus^). Nirgends  habe  ich  eine  zweispitzige  Endigung  an  einer 
Bauchrippe  wahrgenommen,  wie  sie  Nothosaurus  häufig  zeigt,  wo 
man  sich  dieselbe  wohl  am  leichtesten  aus  der  gelegentlichen  Ver- 
knöcherung des  Mitteltheils  mit  einem  Seitenstab  entstanden  denken 
kann.  Vor  einem  Sj^stem  in  einander  greifender,  bald  vorwärts, 
bald  rückwärts  gewendeter  Stücke,  wie  es  Kuniscii  in  unbegreif- 
licher Verkennung    der    thatsächlichen   Verhältnisse    und    in   Un- 


es  dann  p.  186  weiter  heisst:  „die  Theilnahme  von  nur  2  Wirbeln  am 
Heiligenbein  (nämlich  bei  Lariosanrus) ,  während  bei  jenem  (nämlich 
Neustlcosaurus)  mehr  wie  drei  darin  begriffen  scheinen",  so  liegt  darin 
ein  Widerspruch,  den  ich  um  so  weniger  aufklären  kann,  als  ich  über 
die  Zahl  der  Sacralwirbel  bei  Keiisticosaurus  nur  die  von  Seeley  nicht 
■wiederholte  Angabe  Fraas's  kenne,  dass  deren  drei  vorhanden  seien. 
Woher  nun  aber  erst  wahrscheinlich  zwei,  und  wenige  Seiten  weiter 
mehr  als  drei? 

')  Deecke.     1.  c.  p.  176. 


80 


kenntniss  der  klaren  Ausführungen  Deecke's  reconstruirt  hat^), 
ist  weder  hier  noch  bei  irgend  einer  anderen  Sauropterygier- 
gattung  die  Rede. 

Vom  Schultergürtel  ist  nur  die  äussere  Hälfte  des  linken 
Coracoids  erhalten.  Der  flach  gewölbte  Aussenrand  besitzt  keinen 
Einschnitt,  wie  bei  NotJiosaurus,  sondern  steht  hierin  Lariosaurus 
und  Neusticosaurus  zur  Seite.  Die  untere  Hälfte  der  Gelenk- 
fläche, also  die  für  den  Humerus,  ist  verdickt,  die  obere  bedeutend 
flacher.  Der  Vorderrand  ist  deutlich  concav,  der  Unterrand  auch, 
aber  in  geringerem  Maasse.  —  Ueber  dem  Coracoid  liegt  ein 
zerspaltenes  längliches  Knochenfragment,  das  seiner  Lage  nach 
wohl  der  Scapula  angehören  könnte,  seiner  Form  nach  aber  mehr 
an  eine  Clavicula  erinnert. 

Der  Humerus  der  linken  Seite  ist  so  erhalten,  dass  das 
proximale  Ende  auf  beiden  Platten  im  Abdruck  erhalten  ist,  der 
Schaft  liegt  in  natura  im  Gestein,  das  distale  Ende  ist  im  Ab- 
druck auf  Platte  A  erhalten.  Auf  Platte  B  sieht  man  deshalb 
nichts  davon,  weil  der  Humerus  nicht  parallel  zur  Schichtfläche 
liegt,  sondern  etwas  in  das  Innere  der  Platte  A  eindringt ,  beim 
Spalten  des  Blockes  also  ganz  auf  diese  zu  liegen  kam.  Die  all- 
gemeine Gestalt  des  Humerus  ist  durchaus  die  bei  Nothosaurus. 
Die  angefertigten  Kautschuk-ausgüsse  zeigen,  dass  die  proximale 
Gelenkfläche  nahezu  eben  ist  und  der  Knochen  selbst  gerundet. 
Gelenkfläche  und  Schaft  treffen  in  einer  deutlichen  Kante  zu- 
sammen. Letzterer  ist  etwas  gekrümmt  und  in  der  distalen  Hälfte, 
namentlich  am  unteren  Ende,  comprimirt.  Auch  fehlt  das  ect- 
epicondylare  Loch  nicht,  dessen  Ausfüllung  als  kleiner  Zapfen  un- 
mittelbar am  äusseren  concaven  Rande  vorspringt  und  auf  der 
Abbildung  als  hellerer  Fleck  in  dem  dunkel-schattirten  Theil  des 
Humerus-Abdrucks  sichtbar  ist. 

Dimensionen  des  Humerus: 

Länge  in  der  Luftlinie 29     mm 

Breite  am  proximalen  Ende      ....       5 

Breite  in  der  Mitte 3,5     - 

Breite  am  distalen  Ende 9 

Auf  Platte  A  liegt  unter  dem  Humerus-Abdruck,  unmittelbar 
rechts  vom  Oberkiefer,  ein  zersplitterter  länglicher  Knochen,  der 
seiner  Lage  und  Form  nach  sehr  wohl  dem  Radius  oder  der 
Ulna  angehören  könnte.  Er  geht  unter  dem  Schädel  durch,  und 
dadurch  wird  auch  die  Hand  der  Beobachtung  entzogen.  Von  ihr 
ist  nur  eine  Phalanx  unmittelbar  links  neben  der  Schnauze  auf 
Platte  A  in  Gestalt  eines  kleinen  comprimirten  an  beiden  Enden 


')  Diese  Zeitschrift,  Bd.  40,  1888,  p.  685. 


81 


etwas  verbreiterten  Knochen  da,  dessen  Abdruck  auf  Platte  B  fast 
noch  deutlicher  ist,  als  er  selbst. 

Vom  Beckengürtel  sind  Pubes  und  Ischia  erhalten.  Auf 
Platte  A  ist  die  Pubis  dei-  rechten  Seite  im  Umriss  vollständig 
und  mit  der  Knochensubstanz  grösstentheils  erhalten.  Sie  wendet 
dem  Beobachter  natürlich  die  Unter-  oder  Aussenseite  zu.  Der 
Vorderrand  ist  regelmässig  concav;  der  Innenrand  schwach  convex 
und  2  mm  unterhalb  der  Ecke .  wo  er  mit  dem  Vorderrand  zu- 
sammenstösst,  mit  einem  5  mm  tiefen  Einschnitt  versehen,  dessen 
Ränder  nach  innen  zu  etwas  convergiren.  Der  Aussenrand  ist 
convexer  als  der  Innenrand  und  in  zwei  unter  sehr  stumpfen 
Winkel  zusammenstossende  Abschnitte  getheilt,  von  denen  der 
vordere  der  kürzere  ist.  Der  Hinterrand  ist  concav.  aber  be- 
trächtlich geringer  als  der  Vorderrand. 

Durch  einen  lomm  langen  Zwischenraum,  in  welchem  einige 
Wirbel  und  die  oben  erwähnten  Sacralrippen  liegen,  von  der  Pubis 
getrennt  folgen  die  Ischia  in  natürlicher  Lage  zu  einander.  Das 
rechte  Ischium  ist  in  seinen  Conturen  vollkommen,  mit  der  Knochen- 
substanz nur  am  Innenrande  erhalten.  Vom  linken  Ischium  fehlen 
die  äusseren  zwei  Drittel.  Der  Innenrand  verläuft  in  seiner 
vorderen  Hälfte  vollkommen  gerade,  und  in  dieser  geraden  Linie 
stossen  die  beiden  Ischia  aneinander;  dann  biegt  sich  der  Innen- 
rand convex  nach  unten  und  aussen.  Der  Vorderrand  ist  tief 
bogenförmig  ausgebuchtet,  der  Aussenrand  schwach  convex,  der 
Hinterrand  stark  concav.  Durch  die  beiden  concaven  Räuder 
wird  die  Mitte  des  Ischium  vorn  und  hinten  stark  verschmälert, 
und  auch  der  nach  vorn  und  aussen  gerichtete  Theil  ist  viel 
schmaler  als  der  neben  der  Mediane  gelegene. 

Auf  Platte  B  liegt  links  neben  der  dritten  Sacralrippe  der 
unregelmässig  polygonale  Querschnitt  eines  Knochen,  der  seiner 
Lage  nach  wohl  das  Ilium  sein  könnte.  Doch  kann  das  nur 
Vennuthung  bleiben. 

Das  Femur  liegt  vollständig  erhalten  und  nur  wenig  vom 
Becken  entfernt  auf  Platte  B.  Es  hat  die  für  Nothosaurus 
charakteristische  Form  eines  langen,  fast  geraden,  an  beiden 
Enden  etwas  verdickten,  in  der  Mitte  dünnen  Knochen  mit  fast 
ebenen,   kaum   convexen  Gelenkflächen.      Seine  Dimensionen  sind: 

Gesammtlänge 36  mm 

Breite  am  proximalen  Ende  ...  6    - 

Breite  am  distalen  Ende    ....  5    - 

Breite  in  der  Mitte 3    - 

Noch  im  natürlichen  Zusammenhang  mit  dem  Femur  zeigr 
die  Platte  B  auch  die  proximalen  Enden  der  Tibia  und  Fibula. 
Erstere   ist  dem   Femur   selbst   sehr   ähnlich,    ist    wie   dieser  an 

Zeitsclir.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  1.  6 


k 


82 


der  Gelenkfläche  verdickt  und  unterlialb  dieser  verschmälert. 
Aussen  läuft  eine  stumpfe  Kante  längs  der  Längsaxe;  die  andere 
Seite  ist  flach,  sodass  der  Querscluiitt  gerundet  dreiseitig  wird. 
Unter  der  Gelenkung  von  Femur  und  Tibia.  und  zwar  den  Winkel, 
unter  welchem  dieselben  zusammenstossen.  ungefähr  halbirend  liegt 
ein  schmaler,  comprimirter.  soweit  sichtbar  von  parallelen  Rändern 
begrenztes  Knochenfragment,  dem  seine  Lage  die  Deutung  als 
Fibula  zuweist,  deren  Form  bei  Nothoscmrus  oder  ihm  zunächst  ver- 
wandten Gattungen  meines  Wissens  noch  nicht  sicher  ekannt 
war.  Umsomehr  ist  zu  bedauern,  dass  sie  auch  hier  nbr  sehr 
fragraentär  erhalten  ist.  Dicht  am  Rande  der  Platte  A  luegt  ein 
an  das  abgebrochene  Ende  der  Platte  B  passendes,  iweiteres 
Fragment. 

Dass  in  dem  hier  beschriebenen  Saurier-Skelet  der  Typus  einer 
neuen  Nothosauriden-Gattung  überliefert  ist,  lässt  sich  leicht  nach- 
weisen. Schon  durch  die  eigenthümliche,  Spatei-förmige  Gestalt  der 
grossen  Unterkiefer -Fangzähne  unterscheidet  sie  sich  von  allen 
übrigen  Mitgliedern  der  Familie  und  von  jeder  derselben  einzeln 
noch  durch  weitere  Eigenschaften,  welclie  hier  vergleichend  hervorge- 
hoben werden  mögen.  Das  Skelet  steht  in  seiner  Gesammtheit  un- 
zweifelhaft der  Gattung  Nothosauriis  selbst  am  nächsten.  Zwar  ist 
der  Schädel  im  Verhältniss  zur  Länge  breiter,  als  bei  den  typischen 
Arten  von  Nothosnurus,  z.  B.  NofJtosaiinis  mirahUis,  aber  das 
würde  an  und  für  sich  kein  Gattungsunterschied  sein,  zumal  die 
langen  Fangzähne  der  Unterkiefersj'mphyse,  die  sogar  in  der  Zahl 
bei  beiden  übereinstinnnen,  beide  Gattungen  wieder  näher  bringen. 
Ferner  sind  die  Extremitäten,  die  Rippen  und  Bauchrippen  en 
miniature  die  getreuen  Abbilder  der  betreffenden  grossen,  durch 
H.  v.  Meyer  bekannten  iVbf//06rf?/rws-Skelettheile,  es  fehlt  nicht  das 
Epicondylar-Loch  am  Humerus  und  der  Einschnitt  am  Innenrande 
der  Pubes.  Aber  in  einem  Punkt  sind  Anarosmirus  und  Notho- 
snurus deutlich  verschieden:  es  fehlt  Anarosmirus  der  bei  Notho- 
sauriis stets  vorhandene,  wemi  auch  in  verschiedener  Grösse  ent- 
wickelte Einschnitt  am  Glenoidalrande  des  Coracoid. 

Unterscheidet  sich  Änarosaurus  von  Nothoscmrus  durch  Be- 
zahnung  und  verschiedene  Form  des  Coracoid,  so  ist  von  diesen 
Merkmalen   nur   das   erstere   ein  Unterschied   von  Lariosaurus  ^), 


')  Bei  einem  Vergleich  der  von  Deecke  1.  c.  gegebenen  Abbildungen 
seines  Lariosaurus  mit  dem  A'orzüglich  ausgeführten  Gypsabguss  des 
in  V.  ZiTTELS  Handbuch  der  Paläontologie  III,  p.  485,  Fig.  461 
in  \/8  natürlicher  Grösse  abgebildeten  Prachtexemplars  des  Münchener 
Museums,  den  die  geologisch -paläontologische  Sammlung  des  Königl. 
Museums    für  Naturkunde    der   Güte    des   Herrn  v.  Zittel    verdankt, 


83 


da  dieser  ebenfalls  ein  ganzrandiges  Coracoid  besitzt.  Dagegen 
sind  Lartosaurus  und  Anarosaurus  auf  den  ersten  Blick  durch 
die  Gestalt  der  Rippen  unterschieden,  die  bei  erstereni  kurz  und 
plump,  bei  letzterem  lang,  dünn  und  am  distalen  Ende  spitz  sind. 
Ferner  ist  das  Femur  bei  Anarosaurus  verhältnissmässig  bedeutend 


haben  sich  ernste  Zweifel  an  der  generischen  Identität  beider  geltend 
gemacht.  Die,  wenn  auch  ungenügende  Abbildung  CuRiONi's  lässt  doch 
genug  erkennen,  um  zur  Sicherheit  darüber  zu  gelangen,  dass  das 
Exemplar  der  Münchener  Sammlung  thatsächlich  zu  Curioni's  Lario- 
saKrus  gehört.  Ist  schon  der  Hals  an  den  von  Deecke  beschriebenen 
Exemplaren  anscheinend  viel  dünner  und  länger  als  bei  dem  Original- 
exemplar und  dem  der  Münchener  Sammlung,  so  ist  vor  Allem  der 
Humerus  bei  beiden  völlig  verschieden;  der  der  beiden  letzteren  ist 
deutlich  gekrümmt,  ähnlich  wie  bei  Nothosannis,  in  der  Mitte  aufge- 
schwollen und  am  distalen  Ende  durchaus  nicht  verbreitert,  sondern 
eher  schmaler  als  in  der  Mitte.  Per  Humerus  des  von  Deecke  abge- 
bildeten Reptils  ist  in  der  Mitte  deutlich  verengt  und  am  distalen  Ende 
bedeutend  verbreitert,  sodass  er  sich  sichtlich  dem  Plesiosaurier-Typus 
mehr  nähert,  als  der  irgend  einer  anderen  Nothosauriden  -  Gattung, 
Neusticosaurus  vielleicht  ausgenommen.  Auch  an  den  Claviculae 
scheinen  wesentliche  Formverschiedenheiten  bemerkbar  zu  sein:  die 
oberen  äusseren  Ecken  treten  am  Münchener  Exemplar  in  gerundeten 
Vorsjirüngen  nach  aussen  und  oben  vor,  was  auch  die  erwähnte  Plgur 
in  V.  Zittel's  Handbuch  deutlich  wiedergiebt,  während  am  Exemplar 
der  Strassburger  Sammlung  hiervon  keine  Andeutung  zu  finden  ist. 
Radius  und  Ulna  sind  an  letzteren  bedeutend  schmaler  und  am  proxi- 
malen Ende  verbreiteter,  als  an  dem  ersteren.  Einen  Hauptunterschied 
geben  aber  noch  die  Rippen  ab,  die  an  dem  Stück  der  Strassburger 
Sammlung  verhältnissmässig  dünn  und  scharf  gebogen  sind,  wie  bei 
A)H(ruS((iirus  und  Xothosaurm,  während  die  Rippen  des  typischen 
Lariosaurus  durch  Kürze,  Dicke  und  dadurch  auffallen,  dass  das 
distale  Ende  ebenso  breit  ist,  wie  das  proximale,  jedenfalls  sich  nicht 
in  der  Weise  zuspitzt,  wie  bei  dem  Exemplar  der  Strassburger  Samm- 
lung.  Es  scheint  mir  nach  alle  dem  fast  zweifellos,  dass  Deecke  unter 
dem  Namen  Lariosaurus  den  Typus  einer  neuen  Gattung  beschrieben 
hat,  welcher  sich  durch  den  distal  verbreiterten  Humerus  am  meisten 
Neusticosaurus  nähert,  von  dem  er  durch  den  Mangel  eines  Epicondylar- 
liOches  unterschieden  ist.  Der  eigenthümliche  Einschnitt  an  dem  von 
Deecke  seltsamer  Weise  proximal  genanntem  Hinterrande  der  Pubes 
ist  bisher  noch  bei  keinem  anderen  Nothosauriden  nachgewiesen  und 
dürfte  als  Gattungscharakter  Verwerthung  finden  müssen.  —  Wenn  ich, 
trotzdem  ich  von  der  generischen  Selbstständigkeit  des  Sauriers  der 
Strassburger  Sammlung  überzeugt  bin,  demselben  doch  keinen  Namen 
beilege,  so  geschieht  es,  weil  ich  nur  nach  Abbildungen  und  einem 
Gypsabguss  urtheilen  konnte,  während  zur  endgültigen  Entscheidung 
der  hier  angeregten  Frage  das  Studium  und  der  Vergleich  der  Original - 
exemplare  unerlässlich  ist. 

AriarosaurHs  unterscheidet  sich  von  dem  von  Deecke  beschriebenen 
Stück  durcli  völlig  andere  Form  des  Humerus,  der  bei  letzterem  auch 
kein  Epicondylar-Loch  hat,  und  durch  den  Ausschnitt  an  den  Pubes, 
der  bei  Anarosaurus  im  Aussenrande,  bei  der  muthmaasslich  neuen 
Gattung  im  Hinterrande  liegt. 

6* 


L 


84 


länger  und  dünner  und  der  Hals  ebenfalls  viel  länger.  Eine 
Verwechselung  beider  Gattungen  ist  somit  wohl  ausgeschlossen. 

Conchiosaums  und  Sünosanrus  kommen  mit  ihren  stark  ge- 
rippten und  auch  völlig  anders  geformten  Zähnen  nicht  in  Betracht, 
und  aus  demselben  Grunde  auch  Lamprosmiriis  nicht,  ganz  ab- 
gesehen von  den  unverhältnissmässig  beträchtlicheren  Dimensionen, 
welche  die  genannten  drei  Gattungen  neben  Anarosaurus  wie 
Riesen  erscheinen  lassen. 

Wenn  Macromerosmtrus  in  der  That  nur  ein  jugendliches 
Individuum  von  Lariosaurus  darstellt,  was  ich  mit  v.  Zittet., 
Bassani  und  Curioni  für  sehr  wahrscheinlich  halte,  trotzdem  ihn 
Deecke  sogar  in  eine  andere  Familie  zu  stellen  geneigt  ist,  so 
gelten  die  Unterschiede  von  Lariosaurus  auch  für  Macrcmiero- 
saurns,  den  ich  zudem  nur  aus  der  Abbildung  kenne. 

Auch  folge  ich  v.  Zittel  und  Lydekker,  wenn  ich  Parhy- 
pleura  und  Neusticosaurus  als  Synonyme  betrachte,  da  ich  selbst 
keine  Gelegenheit  zu  einem  Vergleich  beider  gehabt  habe.  Ana- 
rosaurus unterscheidet  sich  von  ihnen  durch  die  glatte,  aller 
Kanten  entbehrenden  Gaumenfläche,  durch  den  Besitz  grosser 
Fangzähne  vorn  in  der  Schnauze,  durch  den  Nothosaurus-äihn- 
lichen,  gekrümmten  Humerus,  ferner  auch  dadurch,  dass  die  Tibia 
bedeutend  dicker  ist  als  die  Fibula,  während  sie  bei  Netistico- 
saurus  gleich  stark  und  wahrscheinlich  auch  relativ  bedeutend 
kürzer  sind. 

Dass  eine  Identität  mit  Badylosaurtis  ausgeschlossen  ist, 
braucht  mit  Hinblick  auf  dessen  breite,  kurze  Halswirbel,  auf  den 
zierlichen  Humerus  ohne  Epicondylar-Loch  und  das  wesentlich 
anders  geformte,  mit  ganz  geradem  Vorderrand  versehene  Coracoid 
nicht  des  Längeren  angeführt  werden,  und  es  ist  somit  wohl  der 
Nachweis  geliefert,  dass  wir  es  mit  einer  neuen  Gattung  zu  thun 
haben.  Ich  habe  dieselben  nach  dem  Zwerg  Anar  der  nordischen 
Mythologie  genannt,  dessen  Namen  auch  Oppel  früher  schon  zur 
Benennung  einer  Ammoniten-Art  verwerthet  hat. 

In  H.  V.  Meyer' s  grossem  AVerk  tindet  man  Reste  kleiner 
Nothosauriden ,  welche  in  der  Grösse  sehr  wohl  zu  Anaro- 
saurus gehören  können,  aus  thüringischem  und  oberschlesischem 
Muschelkalk  beschrieben  und  abgebildet.  So  können  die  1.  c, 
t.  33,  f.  22 — 24  und  t.  56,  f.  2  dargestellten,  von  Jena  stammen- 
den Wirbel  und  Skelettheile  sehr  wohl  auf  Anarosaurus  bezogen 
werden,  und  das  umsomehr.  als  es  sich  zwar  nicht  um  den  sub- 
hercynischen.  wohl  aber  den  benachbarten  Muschelkalk  Thüringens 
handelt.  —  Weniger  wahrscheinlich  ist  es.  dass  die  kleinen 
Skeletreste  aus  dem  oberschlesischen  Muschelkalk,  wie  sie  1.  c. 
t.  54,    f.  34—72,   t.  57,   f.  9  —  10,    17—26  und  t.  66  darge- 


85 


stellt  sind,  hier  in  Betracht  koinmeii,  (leim  einmal  kennt  man  aus 
Obcrschlesien  kleine  Nothosauriden,  wie  I)acfi/losa/(rits,  die  sicher 
nicht  zu  AnaroHdnrus  gehören,  und  andererseits  ist  —  vorausge- 
setzt, dass  die  t.  54,  f.  75 — 96  abgebildeten  Rippen  in  der 
That  zu  den  auf  derselben  Tafel  danebenstehenden  Wirbeln  ge- 
hören —  durch  deren  von  den  Rippen  des  sächsischen  Sauriers 
durchaus  abweichende  Form  der  Unterschied  direct  bewiesen. 
Auf  einen  weiteren  Vergleich  mit  den  von  H.  v.  Meyer  behan- 
delten Skeletresten  glaube  ich  um  so  eher  verzichten  zu  können, 
als  ein  solcher  aus  dem  Rahmen  der  reinen  Vermuthung  nicht 
würde  heraustreten  können,  und  ich  schliesse  mit  der  Bemerkung, 
dass  mir  nach  dem  heutigen  Standpunkt  unserer  Kenntniss  eine 
Zusammenfassung  aller  Nothosauriden  in  eine  Familie,  wie  sie 
V.  ZiTTELs  Handbuch  bringt,  natürlicher  scheint,  als  eine  Zer- 
Spaltung in  Lan'osauridae  und  Notltosauridne  (abgesehen  von  den 
Mvmsmiridae,  die  ich  mit  Baue  von  den  ersteren  beiden  im 
System  weiter  entfernt  sehen  möchte),  wie  Lydekker^)  sie  vor- 
genommen hat.  Man  vergleiche  die  Diagnosen  beider,  und  man 
wird  ihnen  Icauiii  einen  durchgi'eifenden  Unterschied  entnehmen 
können. 


^)  Catalogue   of  the  fossil  Reptilia   and   Ainphibia  in   the  British 
Museum  (Natural  History),  II,  p.  284  u.  287. 


86 


5.  Ueber  die  systematische  Stellung  und 
über  fossile  Reste  der  Gattung*  Pristiopliorus. 

Von  Herrn  Otto  Jaekel  in  Berlin. 
Hierzu  Tafel  II— V. 

Die  von  Müller  und  Henle  ^)  aufgestellte  Gattung  Pristio- 
pliorus umfasst  selu'  eigenthümlich  ditferenzirte  Formen  von 
Selachiern.  Die  wenigen  bisher  bekannten  Ai-ten  stehen  einander 
so  nahe,  dass  der  Gattungsbegriff  sehr  eng  und  scharf  umgrenzt 
ist.  Fossile  Reste  dieser  Gattung  waren  bisher  nicht  bekannt 
mit  Ausnahme  eines  schleclit  erhaltenen  Wirbel-Fragments,  welches 
von  Hasse-)  deshalb  auf  rristiopliorns  bezogen  wurde,  weil  es 
zu  keiner  anderen  Form  Beziehungen  bot. 

Das  Interesse,  welches  FristiopJioriis  wegen  seiner  eigen- 
artigen Entwicklung  beanspruchen  darf,  steht  in  einem  auffallenden 
Gegensatz  zu  der  Kenntniss.  welche  wir  von  dem  anatomischen 
Bau  und  der  systematischen  Stellung  dieser  Gattung  besitzen. 
Der  Umstand,  dass  die  wenigen  lebenden  Arten  bisher  nur  ver- 
einzelt an  den  australischen  und  japanischen  Inseln  gefangen 
wurden,  und  deshalb  nur  selten  Exemplare  in  die  Museen  gelangten, 
mag  die  Ursache  sein,  dass  noch  kein  Forscher  sich  eingehender 
mit  denselben  beschäftigt  hat. 

Die  Literatur  über  Pristiopliorus  beschränkt  sich  fast  ganz 
auf  gelegentliche  Mittheilungen.  Latham^)  beschrieb  zuerst  ein 
Exemplar  von  P.  cirratus  als  besondere  Art  von  Prislis  und  gab 
eine  mangelhafte  Abbildung  desselben,  bei  welcher  z.  B.  nur 
4  Kiemenspalten  angegeben  sind.  Die  folgenden  Angaben  von 
Lacep^ide'^),  der  ihn  unter  dem  Namen  Squalus  anisodon,  und 
Shaw^),    der   ihn   als  Squahis  teniaculatns  anführt,    beschränken 


^)  MÜLLER  und  Henle.  Systematische  Beschreibung  der  Plagio- 
stomen.     Berlin  1841,  p.  97. 

^)  Hasse.  Das  natürliche  System  der  Elasmobranchier.  Jena 
1879—82,  p.  103,  t.  XIII  f.  67. 

s)  Latham.  Transact.  Linn.  Soc.  Vol.  II  1794,  p.  281,  t.  XXVI 
f.  5  u.  t.  XXVII. 

*)  Lacepede.   Histoire  nat.  des  poissons.   Paris  1798,  Bd.  IV,  p.  680. 

")  Shaw.     Gener.  Zoolog.     Bd.  V  (part.  II)  p.  359. 


sicli  auf  den  Hinweis,  dass  Pristiopltorns  eine  sehr  eigenthüm- 
liclie  Form  sei.  Einige  Bemerkungen  über  die  systemati- 
sche Stellung  der  Gattung  finde  ich  bei  Müller  und  Henlb 
(1.  c. ,  p.  IX  u.  p.  97).  In  ihrem  trefflichen  Werke  stellen  diese 
Autoren  zunächst  die  generische  Selbstständigkeit  der  Form  fest 
und  geben  ihr  den  Namen  Pristiophonts.  Nach  dem  Von  ihnen 
augenonnnenen  Einthcilungsprinzip  stellen  sie  die  Gattung  zu  den 
Scymniden.  erklären  aber  sonderbarer  Weise,  ob\Yohl  sie  durch 
ihr  System  durchaus  richtig  geleitet  waren,  und  obwohl  sie  die 
Unterschiede  der  Säge  gegenüber  der  von  Fri.stis  klar  erkannten, 
in  der  Einleitung  ihres  Werkes  ihr  Befremden  darüber,  „dass 
ihren  Ordnungscharakteren  zufolge  unsere  Gattung  Fristis  zu 
den  Rochen,  Pristiopliorns  zu  den  Haifischen  gehört".  Nachdem 
auch  über  eine  weitere  Art  mehrere  Angaben  gemacht  worden 
waren  ^) .  fasste  Günther  ^)  in  seinem.  Catalog  der  Fische  des 
britischen  Museums  das  ganze  bis  dahin  gesammelte  Material 
zusammen  und  unterschied  4  Arten;  P.  cirratus  Latham, 
P.  midipinnis  n.  sp.,  P.  Owenii  n.  sp.  und  P.  japonicus 
n.  sp.,  von  denen  die  ersten  zwei  in  Tasmanien  und  Süd-Australien, 
die  letzte  an  den  Küsten  von  Japan  leben.  Der  Wohnort  der 
dritten  Art  ist  unbekannt.  Auf  die  Unterschiede  der  einzelnen 
Arten  komme  ich  später  zurück.  Ueber  die  systematische  Stellung 
der  Gattung  spricht  sich  Günther  zwar  nicht  direct  aus,  er  stellt 
aber  I^ristiophorHs  an  das  Ende  der  Haie,  Pristis  an  den  Anfang 
der  Rochen.  Dieser  Auflassung,  welcher  der  Wunsch  zu  Grunde 
liegt,  PristiopJionis  möglichst  nahe  an  Pnslis  anzuschliessen,  sind 
alle  späteren  Autoren  gefolgt.  Gelegentlich  wurde  auch  Pristio- 
plioriis  neben  Pristis  direct  zu  den  Rochen  gestellt.  Während 
man  so  auf  der  einen  Seite  die  Unterschiede  gegen  Pristis  über- 
sah, glaubte  man  auf  der  anderen  Seite  unter  dem  Druck  des 
Systems  Pristiophorus  als  einen  ganz  isolirten  und  abnormen 
Typus  von  Haifischen  auffassen  zu  müssen. 

Mit  dem  inneren  Bau  von  Pristiophorus  haben  sich  meines 
Wissens  nur  zwei  Autoren  beschäftigt.  Hasse  hat  Wirbel  von 
Pristiophorus  untersucht  und  die  Gattung  daraufhin  in  seine  Gruppe 
der  Tectospondyli  eingereiht.  Haswell'^)  gab  einige  Abbildungen 
des  Flossenskelets  von  P.  cirratus,  welche  von  den  dem  Verf. 
vorliegenden  Exemplaren  zum  Theil  etwas  abweichen. 


^)  Schlegel.  Fauna  Japonica.  Poissons,  p.  305,  t.  CXXXVII. 
—  EiCHARDSON.  Ichtyol.  Chin.,  p.  317.  —  Bleeker.  Yerh.  Bat. 
Gen.  XXVI,  N.  Nalez.,  Japan,  p.  128. 

*)  GÜNTHER.  Catalogue  of  the  Fishes  in  the  British  Museum, 
London  1870,  Vol.  III,  p.  431. 

^)  Haswell.  Studies  on  the  Elasniobranch.  Skeleton.  Proc.  Liun. 
Sog.  of  New  South  Wales  1884,  IX,  p.  98. 


88 


Der  Zweck  der  folgenden  Untersuchung 
ist,  zunächst  nachzuweisen,  dass  Pristiophorus 
mit  Pristis  nichts  zu  thun  hat.  sondern  ein 
typischer  Spinacide  (im  Sinne  GtJNTHER's)  ist, 
ferner  einige  bereits  bekannte  aber  falsch  ge- 
deutete fossile  Reste  dieser  Gattung  zu  be- 
schreiben, sowie  einige  aus  jenen  Betrach- 
tungen sich  ergebende  phylogenetische  Resul- 
tate zu  ziehen. 

Das  recente  Material  wurde  mir  in  der 
Zoologischen  Sammlung  des  kgl.  Museums  für 
Naturkunde  in  Berlin  und  im  britischen  Mu- 
seum durch  das  liebenswürdige  Entgegenkom- 
men der  Herren  Möbius.  Günther  und  Hil- 
GENDORF  zugänglich  gemacht,  das  fossile  Ma- 
terial entstammt  z.  Th.  meiner  Sammlung, 
z.  Th.  der  des  Herrn  Pfarrer  D.  Probst  in 
Essendorf  (Württemberg),  der  mir  in  dankens- 
werther  Liebenswürdigkeit  sein  Material  zur 
Verfügung  stellte. 

I.  Die  allgemeine  Körperform. 

Der  Körper  ist  schlank  cylindrisch.  Der 
Kopf  ist  in  ein  langes  Rostrum  verlängert,  wel- 
ches seitlich  mit  raesserartigen  Hautzähnen 
besetzt  ist  und  in  der  Mitte  der  Unterseite 
zwei  tentakelartige  Fortsätze  trägt.  Das  Auge 
ist  gross,  weit  nach  vorn  gerückt.  Die 
Spritzlöcher  sind  den  Augen  genähert.  Der 
Mund  ist  quer,  gerundet  nach  vorn  gebogen. 
Die  Kiemen  stehen.  5  an  Zahl,  sämmtlich  vor 
den  Brustflossen,  fast  ebenso  weit  unter  als 
über  deren  Insertionstelle  reichend.  Die  Brust- 
flossen sind  breit  gerundet;  die  Bauchflossen 
liegen  am  Beginn  des  letzten  Drittels  des 
Körpers  und  sind  länglich  dreieckig.  Die  erste 
Dorsalis  steht  vor  der  Mitte  des  Rückens, 
die  zweite  in  der  Mitte  zwischen  der  ersten 
Dorsalis  und  dem  Anfang  des  Schwanzes. 
Beide  Dorsales  sind  klein.  Eine  Analis  fehlt. 
Der  Schwanz  nimmt  etwa  Ys  der  Länge  des 
ganzen   Thieres   ein ;    er    ist  wenig    aufwärts 

gebogen,  hinten  schräg  abgestutzt  und  besitzt  unten  einen  kleinen 

hinteren  und  einen  grösseren  vorderen  Lappen. 


89 


IL  Das  Hautskelet. 

Das  Hautskelet  besteht  wie  bei  allen  Selachiern  lediglich  aus 
Dentinbildungeu .  welche  in  verschiedener  Weise  difterenzirt  sind. 
Die  die  Körperoberfläche  gleichmässig  bedeckenden  HautZcähiichen 
sind  als  Schuppen  ausgebildet,  auf  den  Kiefern  sind  sie  als 
eigentliche  Zähne  entwickelt  und  an  den  Seiten  des  Rostrums 
zu  eigenthümlichen  Rostr  alz  ahnen  differenzirt. 

a.  Die  Schuppen. 
Die  Schuppen  sind  ausserordentlich  klein  und  stehen  sehr 
dicht.  Oben  besitzen  sie  eine  blattartige  Ausbreitung  „  Blatt '^, 
welche  durch  einen  „Stiel"  auf  der  in  der  Haut  sitzenden  „Wurzel" 
befestigt  ist.  In  ihrem  Habitus  schliessen  sie  sich  am  engsten 
an  Spinaciden-Schuppen  an.  Bei  den  einzelnen  Arten  variirt  die 
Form  des  Blattes,  indem  bei  Pr.  nudipinnis  mehrere  Furchen 
über  den  vorderen  (unteren)  Theil  des  Blattes  nach  hinten  laufen, 
während  die  übrigen  Arten  einen  medianen  Kiel  auf  dem  Blatt 
zeigen,  welcher  über  den  Hinterrand  hinausgeht.  Die  Schuppen 
sind  so  klein,  dass  ich  den  Versuch  aufgab,  Schliffe  in  bestimm- 
ten Richtungen  durch  dieselben  zu  legen.  Wie  ich  bereits  an 
anderer  Stelle  hervorgehoben  habe^),  vereinfacht  sich  auch  bei 
sehr  kleinen  Objecten  die  Mikrostructur  derart,  dass  sie  für  die 
Systematik  keine  genügenden  Anhaltspunkte  mehr  bietet.  Die 
Schuppen  sind  sehr  gleichmässig  über  den  ganzen  Körper  und  die 
Flossen  verbreitet,  bei  P.  nudipinnis  lassen  sie  einen  Theil  der 
Pectoralen  und  Dorsalen  frei. 

b.  Die  Zähne. 
Die  Zähne  sind  klein,  ich  zähle  im  Unterkiefer  30 — 33,  im 
Oberkiefer  33  —  40  Querreihen.  Zu  gleicher  Zeit  sind  3  4  Längs- 
reihen im  Gebrauch.  Die  Zähne  benachbarter  Querreihen  alter- 
niren  mit  einander.  In  ihrer  Form  schliessen  sich  die  Zähne  am 
nächsten  an  Squatina  und  Chiloscyllinm  an.  Sie  besitzen  eine 
ausgebreitete  Krone,  auf  welcher  sich  eine  mittlere  gerundete, 
langsam  ansteigende  Spitze  erhebt.  Von  der  Spitze  verlaufen 
keine  Kanten  nach  den  Enden  des  Zahnes  wie  bei  Squatina  und 
den  Scylliolamniden,  noch  sind  Nebenspitzen  vorhanden  wie  bei 
letzteren  und  den  Scylliden.  Von  der  Hauptspitze  verläuft  dagegen 
ein  mit  Schmelz  bedeckter  Zapfen  auf  der  Innenseite  des  Zahnes  und 
legt  sich  auf  die  nach  innen  ausgebreitete  Wurzel.  Der  IJnter- 
rand  der  Krone  auf  der  Aussenseite  ist  schwach  nach  unten  ge- 
rundet und  zeigt  Einkerbungen,   aber  keine  Falten  wie  bei  ScyUium. 


')  0.  Jaekel.     Die  Selachier  aus  dem  oberen  Muschelkalk  Loth- 
ringens.    Strassburg.    188L     p.  301. 


90 


Bei  den  Zähnen  der  mittleren  Querreihen  ist  gewölnilich  nur  eine 
(auch  gar  keine),  bei  den  seitlichen  Querreihen  sind  mehrere 
solche  Einkerbungen  vorhanden. 

Die  Wurzel  ist  niedrig;  an  der  Aussenseite  tritt  sie  tief 
unter  die  Krone  zurück,  an  der  Innenseite  ragt  sie  ebensoviel 
unter  derselben  hervor.  Ihre  Unterseite  ist  wie  bei  Squatitui  ganz 
flach,  deren  Aussenkante  schwach  eingebogen,  der  Innenrand  eben- 
soviel ausgebogen.  Die  Wurzel  ist  in  der  Mittellinie  nicht  ge- 
theilt,  wie  dies  bei  lia/a  und  anderen  Rochen  der  Fall  ist,  mit 
denen  die  Zähne  unserer  Gattung  irrthümlich   verglichen   wurden. 

Der  Eintritt  der  Nerven  und  Blutgefässe  erfolgt  besonders 
in  den  Gruben,  welche  sich  auf  der  lYinenseite  unterhalb  der 
Krone  zu  beiden  Seiten  des  vorgezogenen  Zapfens  finden.  Eine 
bestimmte  Vertheilung  derselben  habe  ich  bei  der  Kleinheit  der 
Objecto  und  bei  der  Schwierigkeit  sie  ganz  von  organischen  Resten 
zu  reinigen,  nicht  mit  Sicherheit  erkennen  können.  In  letzterer 
Hinsicht  stimmt  die  Form  mit  Ginglymosfoma  und  Chiloscyllium, 
nicht  aber  mit  Squatina  und  Crossorhlnus  überein,  denen  jene 
Gruben  fehlen. 

Die  Mikrostructur  der  Zähne  ist  bei  der  geringen  Grösse 
derselben  wenig  ditferenzirt.  bezw.  durch  die  Reduction  derselben 
vereinfacht.  Eine  echte  Pulpa  fehlt;  an  ihrer  Stelle  sehen  wir 
einen  unregelmässig  sich  verjüngenden  Canal  in  die  Spitze  auf- 
steigen und  zwei  von  ihm  sich  abzweigende  Aeste  in  die  seit- 
lichen Ausbreitungen  der  Krone  eintreten.  Von  diesen  Kanälen 
gehen  sehi*  zahli'eiche  verästelte  Dentinröhrchen  aus.  welche  fast 
bis  unter  die  Obei*fläche  des  Zahnes  reichen,  indess  namentlich  an 
der  Spitze  eine  wohl  entwickelte  epitheliale  Placoinschicht  als 
Umgrenzung  der  Krone  übrig  lassen.  Die  feineren  Structurver- 
hältnisse  in  dem  Bau  der  Placoinschicht,  welche  für  die  Hart- 
gebilde der  Spinaciden  so  ausserordentlich  charakteristisch  sind, 
finden  sich  indess  auch  hier  wieder.  Es  ist  jene  auffallende 
Störung,  w^elche  die  Dentinröhrchen  bei  ihrem  Eintritt  in  die 
Placoinschicht  erleiden.  Dieselben  bestehen,  wie  ich,  bei  Be- 
sprechung der  Rostralzähne  ausführlicher  darlegen  wll,  in  einer 
sehr  unregelmässigen,  fast  wirren  Verästelung  der  Dentinröhrchen 
an  der  Grenze  gegen  den  Placoinschmelz  und  in  einer  damit  im 
Zusammenhang  stehenden  Bildung  grosser  Interglobularräume  na- 
mentlich im  unteren  inneren  Theil  der  Placoinschicht.  Diese 
Verhältnisse  habe  ich  bisher  nur  bei  Spinaciden  und,  allerdings 
weniger  klar,  bei  den  ihnen  verwandten  Notidaniden  angetroffen. 
Bei  ScjUiden  z.  B.  sind  diese  Verhältnisse  ganz  anders.  Der 
ganze  Bau  der  Krone  erinnert  also  sehr  an  die  Miki'ostructur 
kleiner  Spinaciden-    und  Scylliden-Zähne.    Der   Bau    der  Wurzel 


91 


bietet   ebensowenig   wie    bei   den   meisten   übrigen   Selachieni  be- 
merkenswerthe  Differenzirungen. 

Ich  habe  Taf.  IL  Fig.  2  das  mikroskopische  Bild  eines  Zahnes 
von  Pristiophorus  cirratus  gezeichnet.  Die  Ebene  des  Schliffes 
geht  durch  die  Höhen-  und  Längs-Axe  des  Zahnes.  Man  sieht 
die  drei  nach  der  Spitze  und  den  Seiten  verlaufenden  grossen 
Kanäle,  die  von  diesen  ausgehenden  Dentinröhrchen  und  nament- 
lich in  der  Spitze  des  Zahnes  bei  a  die  besprochenen  Inter- 
globularräume,  sowie  die  wirre  Störung  der  Dentinröhrchen.  In 
Fig.  3  habe  ich  den  Querschnitt  eines  Zahnes  (von  innen  nach 
aussen)  durch  die  Höhen-  und  Dicken-Axe  gezeichnet,  vom  inneren 
Bau  aber  nur  die  Form  der  grossen  Kanäle,  nicht  die  Dentin- 
röhrchen etc.  angegeben,  i  bedeutet  die  innere,  a  die  äussere  Seite 
des  Zahnes,  c  zeigt  den  nach  innen  vorspringenden  Kronenfortsatz 
im  Querschnitt. 

c.  Die  Rostralzähne. 
Die  Rostralzähne  von  Fristioj^horus  sind  so  eigenartige  Bil- 
dungen, dass  es  sich  der  Mühe  verlohnt,  auf  ihre  Morphologie 
und  Histologie  etwas  näher  einzugehen.  Ich  habe  Taf.  II.  Fig.  4 
und  Taf.  IH.  einige  Abbildungen  recenter  und  fossiler  Rostral- 
zähne und  ihrer  Mikrostructur  gegeben.  Schon  Müller  und 
Henle  hoben  die  Unterschiede  der  Säge  von  Pristiophorus  gegen- 
über der  von  Pristis  scharf  hervor.  Bei  Pristis  entwickeln  sich 
die  Rostralzähne  in  Alveolen,  und  wie  ich  noch  hinzufügen  möchte, 
wachsen  sie  in  diesen  Alveolen  immer  nach;  sie  sind  also  nicht 
als  moditicirte  Hautzähne  aufzufassen,  sondern  ihrer  Entwicklung 
und  Histologie  nach  als  Homologa  der  Flossenstacheln  zu  betrachten. 
Ich  werde  daher  die  in  Rede  stehenden  Bildungen  bei  Pristis 
fortan  nicht  mehr  als  Rostralzähne  sondern  als  Rostralstacheln 
bezeichnen.  Durch  diese  Bezeichnung  hebt  sich  zugleich  der 
Gegensatz  gegen  die  analogen  Bildungen  bei  Pristiophorus  am 
schärfsten  hervor.  Hier  finden  wir  echte  Hautzälme,  ganz  homolog 
denen,  welche  wir  bei  Echinorliinns,  Raja  und  anderen  Formen 
kennen;  hier  bei  Pristiophorus  ist  daher  die  Bezeichnung  Rostral- 
zähne angebracht.  Dieselben  zeigen  auch  durchaus  nicht  die 
Vertheilung,  wie  wir  sie  bei  Pristis  beobachten,  sondern  erstens 
ist  die  Anordnung  der  Rostralzähne  selbst  eine  unregelmässige,  in- 
dem meist  grössere  und  kleinere  wechseln .  und  zweitens  finden 
sich  dieselben  nicht  ausschliesslich  auf  die  beiden  Längsseiten  des 
Rostrums  beschränkt.,  sondern  neben  den  Unterrändern  und  an 
anderen  Stellen  sind  Hautzähne  angebracht,  welche  jene  eigen- 
artig differenzirten  Rostralzähne  mit  einfacheren  Typen  verbin- 
den,   wie  wir   sie  z.  B.  bei   Haja  miraletus   sehen.     Schliesslich 


92 


ist  auch  ihre  Verbreitung  eine  ganz  andere  wie  bei  I'nstis,  indem 
bei  dieser  Gattung  die  Rostralstacheln  auf  den  vorderen  Theil  des 
Rostrunis  beschränl<t  sind,  bezw.  einen  glatten  Theil  vor  dem  Kopf 
freilassen,  während  bei  Pristi()2)horus  die  Rostralzähne  sich  an 
den  Seiten  des  Kopfes  bis  hinter  die  Augen  fortsetzen. 

Die  Zahngebilde  auf  der  Ober-  und  Unterseite  des  Rostrums 
zeigen  entweder  eine  einfache  kurze  Spitze,  welche  auf  einer 
flachen  sternförmigen  Wurzel  steht,  oder  eine  längere  Spitze,  die 
sich  mit  ihrem  Schmelz-bedeckten  Theil  aus  einer  runden  kranz- 
artig verdickten  Basis  erhebt.  Die  eigentlichen  Rostralzähne 
zeigen  insofern  eine  weitere  Differenzirung,  als  einerseits  die  Form 
ihrer  Spitzen,  andererseits  deren  Befestigung  zweckentsprechende 
Veränderungen  erfahren  haben.  Die  Spitzen,  welche  also  den 
Zahnkronen  homolog  sind,  sind  messerartig  von  oben  nach  unten 
comprimirt  und  am  Hinterrand  und  Vorderrand  zugeschärft.  Diese 
Ränder  sind  bei  den  bis  jetzt  bekannten  lebenden  Arten  glatt, 
bei  einer  fossilen  Art  aus  dem  Eocän  von  Neu-Seeland  dagegen 
gekerbt,  bezw.  mit  kleinen  seitlichen  Spitzen  versehen.  Die 
scharfe  Spitze  ist  der  schwachen  Krümmung  des  Zahnes  ent- 
sprechend nach  hinten  gerichtet.  Im  Allgemeinen  sind  die  Zähne 
horizontal  nach  den  Seiten  gerichtet,  doch  biegen  sie  sich  hinten 
am  Kopf  meist  etwas  nach  unten,  vorn  am  Rostrum  bisweilen 
etwas  nach  oben.  Die  aus  der  Haut  hervorragenden  Spitzen  sind 
mit  Placoin- Schmelz  bedeckt. 

Die  im  Integument  befestigte  Basis,  welche  der  Wurzel  der 
echten  Zähne  homolog  ist,  ist  kegelförmig  und  hat  dünne  Wände. 
Die  dem  Kopf  zugewendete  Hinterseite  der  Wurzel  zeigt  eine 
Oeffnung,  in  welche  der  benachbarte  Rostralzahn  mit  seiner 
Wurzel  eingi'eift.  Das  Innere  des  Hohlkegels  ist  von  schwach  in- 
krustirtem  KnorpeP)  ausgefüllt  und  gestützt,  während  die  äussere 
Umwachsung  der  Wurzel  durch  die  inkrustirte  Haut  dem  Zahn 
noch  einen  weiteren  Halt  giebt. 

Der  Ersatz  dieser  Rostralzähne  erfolgt,  genau  so  wie  bei 
allen  Zahnbildungen,  durch  seitliche  Wucherung  neuer  Zähne  und 
die  allmähliche  Verdrängung  der  älteren,  also  ganz  anders  wie 
bei  Pristis,  wo  die  Stacheln  fortwährend  nachwachsen,  und  ein 
Ersatz  nicht  stattfindet. 

Die  Mikrostructur  der  Rostralzähne  beweist  auf  das 
Entschiedenste  die  Zugehörigkeit  von  Pnstiophorus  zu  den  Spinaci- 
den.     Die   genannten   Hartgebilde   sind  so  gross,    dass   alle  jene 


')  Da  mir  hierzu  nur  trockene  Exemplare  zur  Untersuchung  vor- 
lagen, so  habe  ich  den  Knorpel  selbst  nicht  beobachten  können,  wohl 
aber  die  polyedrische  Inkrustation,  welche  meist  die  Knorpel  der 
Selachier  überzieht. 


93 


Differenzirungen  der  einzelnen  Zahnelemente,  ■welche  für  die 
Spinaciden  charakteristisch  sind,  hier  zur  vollen  Entwicklung 
kommen.  Infolge  dessen  sind  gerade  die  Rostralzähne  die  histolo- 
gisch-typischen  Hartgebilde  von  Pristiophoriis.  und  so  waren  daher 
aucli  diese  fossil  isolirten  Hartgebilde  mit  absoluter  Sicherheit  zu 
bestimmen.  Der  innere  Bau  ist  so  charakteristisch,  dass  man 
jedes  Fragment  eines  Rostralzahnes  auf  Spinaciden  beziehen 
raüsste.  während  die  ganz  eigenartige  äussere  Form  derselben  jede 
Verwechselung  mit  anderen  Hartgebilden  ausschliesst.  Hinsicht- 
lich des  systematischen  Werthes  der  Mikrostructur  verweise  ich 
auf  das,  was  ich  an  anderer  Stelle  (1.  c.  p.  290)  darüber  ge- 
sagt habe. 

Betrachten  wir  nun  zunächst  die  mikroskopischen  Bilder  auf 
Taf.  II.  Fig.  4.  Taf.  IH,  Fig.  1  u.  4.  so  sehen  wir  einen  verhältniss- 
mässig  grossen  Kanal  von  unten  in  den  Rostralzahn  eintreten.  Der- 
selbe bleibt  sich  in  seinem  Durchmesser  so  gleich,  verläuft  so  wenig 
regelmässig  und  sendet  sogar  gelegentlich .  wie  ich  Taf.  IH.  Fig.  1 
beobachtet  habe,  seitliche  Aeste  aus.  sodass  man  denselben  nicht 
als  eine  Pulpa  bezeichnen  kann.  Um  hierin  ganz  verstanden  zu 
werden,  muss  ich  einige  allgemeinere  Beobachtamgen  vorausschicken. 

Im  Allgemeinen  ist  für  die  einzelnen  Stammes-Gruppen  von 
Selachiern  durchaus  constant,  dass  sich  ihre  Zahnbildungen  ent- 
weder mit  Vasodentin  oder  mit  Pulpodentin  ^)  aufbauen.  Bei  einer 
grossen  Gruppe,  deren  Angehörige  z.  Th.  vielleicht  mit  Unrecht  sehr 
nahe  an  den  lebenden  Cestntcion  angeschlossen  werden,  nämlich 
bei   Gattungen    wie    Orodus,    Acrodiis,    Strophodiis,    Bhomhodus, 


*)  Man  bezeichnet  gewöhnlich  das  Vasodentin  als  eine  lockere 
Modification  des  Dentins;  diese  Autfassung  ist  aber  incorreet,  da  das 
Vasodentin  morphologisch  und  physiologisch  nicht  allein  dem  Dentin, 
sondern  dem  Dentin  und  der  Pulpa  gleichzustellen  ist.  Das  Vasodentin 
besteht  aus  zwei  Elementen:  1)  grossen  anastomosirenden  Kanälen  (den 
Haversischen  Kanälen)  und  2)  den  von  ihnen  ausstrahlenden  Dentin- 
röhrchen  (gewöhnlich  als  Primitivröhrchen  bezeichnet).  Erstere  ent- 
sprechen absolut  der  Pulpa,  wie  auch  von  den  Zoologen  schon  seit 
längerer  Zeit  ein  sackförmiger  und  ein  netzförmiger  Zahnkeim  unter- 
schieden wird.  Letztere  Bezeichnung  scheint  mir  aber  incorreet,  da 
man  mit  dem  Ausdruck  „Netz"  stets  den  Begriff  einer  Ebene  ver- 
knüpft, wie  sie  zwar  in  einem  Schliff,  nicht  aber  im  Zahne  vorliegt. 
Da  weder  die  Pulpa  noch  die  Haversischen  Kanäle  ohne  Dentuiröhr- 
chen  (die  Ausläufer  der  in  ihnen  liegenden  Odontoblasten)  denkbar 
sind,  so  scheint  es  mir  das  zweckmässigste,  dem  Vasodentin  ein 
Pulpodentin  gegenüberzustellen,  andererseits  wird  man  dann,  wenn 
man  von  den  Dentinröhrchen  absieht  und  die  Zahnkeime  allein  be- 
zeichnen will,  am  besten  der  Bezeichnung  Pulpa  einen  Ausdruck 
wie  Vasa  gegenübersetzen,  da  der  Name  Haversische  Kanäle  auch 
für  Hohlräume  im  Knochen  gilt,  welche  jenen  wahrscheinlich  nicht 
homoloff  sind. 


94 


Ptychodus,  Myliobates,  Trygnn,  finden  wir  niemals  eine  Pulpa 
sondern  stets  nur  Vasodentin.  Das  gleiche  ist  bei  der  Gruppe 
der  Hybodonten  (mihi,  non  Agassiz)  und  Lamniden  und  auch  noch 
bei  den  Notidauiden  der  Fall.  Bei  den  den  letzteren  nahe  ver- 
wandten Spinaciden  sowie  bei  Scjiliolamniden  finden  wir  eine  mit 
der  geologischen  Entwicklung  und  der  Reduction  der  Grösse  der 
Zähne  zunehmende  Vereinfachung  der  Mikrostructur  in  dem  Sinne, 
dass  sich  auf  der  ersten  Stufe  die  Zahl  der  Vasa  verringert,  auf 
einer  zweiten  ein  Kanal  (Vas)  in  der  Hauptspitze  dominirt  und 
schliesslich  Hand  in  Hand  mit  der  Verdünnung  und  Zuspitzung 
der  ganzen  Zahnkrone  überhaupt  nur  noch  ein  Kanal  zur  Ent- 
faltung kommt.  Dieser  verdickt  sich  und  bildet  constant  eine 
einfache  Pulpa  bei  Scjiliden,  Pristis.  Rajiden,  Torpediniden  und 
Carchariden,  sowie  bei  einigen  isolirten  und  in  ihrer  phylogeneti- 
schen Stellung  noch  ganz  unklaren  Typen.  Ich  glaube  also,  dass 
sich  die  pulpodeiitinösen  Zähne  aus  den  vasodentinösen  mit  der 
Reduction  der  Grösse  entwickelt  haben.  Die  vasodentinösen  sind 
jedenfalls  die  älteren;  die  pulpodeiitinösen  sind  zwar  die  ein- 
facheren, setzen  aber  eine  höhere  Entwicklung  der  Dentinröhrchen 
voraus,  welche  bei  den  jüngsten  Selachiern.  den  Carchariden  in 
jenem  Stamm  den  höchsten  Grad,  zugleich  aber  auch  die  Grenze 
des  Möglichen  erreicht  zu  haben  scheint,  da  hier  beiden  grössten 
Formen  (Hemiprisfis)  bereits  ein  secundärer  Rückschritt  zu  einer 
complicirteren  Mikrostructur  bemerkbar  wird. 

Unter  obigen  Gesichtspunkten  wird  zunächst  der  Bau  der 
Rostralzähne  und  speciell  die  Natur  des  Mittelkanals  verständlich 
sein.  Das  Vasodentin  hat  insofern  eine  Reduction  erfahren,  als 
immer  nur  1  Mittelkanal  zur  Entfaltung  kommt,  derselbe  steht 
aber  bei  den  verschiedenen  Formen  bereits  auf  sehr  verschiedenen 
Stufen  der  Differenzirung,  indem  er  z.  B.  bei  P.  suevicus  (vergl. 
Taf.  HI.  Fig.  1)  noch  seitliche  Verästelungen  treibt,  also  typische 
Vasa  bildet,  während  er  bei  den  lebenden  Arten  und  noch  mehr 
bei  Prisfiopliorus  ensifer  (vergl.  Taf.  HI.  Fig.  4)  so  erweitert 
ist  und  so  gerade  verläuft,  dass  man  ihn  namentlich  bei  letzt- 
genannter Art  für  eine  andere  Bildung  halten  könnte,  wenn  nicht 
die  vergleichende  Anatomie  im  Verein  mit  der  Palaeontologie  uns 
jene  Bildung  nur  als  das  Resultat  einer  allmäliliclien  Verein- 
fachung vor  .4ugen  stellte  und  uns  zwänge,  jene  Ausbildung  phylo- 
genetisch an  jene  ursprünglicheren  Bildungen  anzuschliessen.  Ich 
möchte  übrigens  hier  hervorheben,  dass  eine  Beurtheilung  der 
histologischen  Elemente  mir  unter  den  vielen  Hunderten  von  Prä- 
paraten, die  ich  von  Selachiern  angefertigt  habe,  niemals  die 
Schwierigkeiten  bereitet  hat,  wie  in  diesem  Falle.  In  der  Regel 
liegen  gerade  die  Verhältnisse   des   inneren   Baues   so  klar,    dass 


95 


die  Natur  der  einzelnen  Elemente  nicht  einen  Augenblick  zweifel- 
haft ist.  Dass  die  Verhältnisse  gerade  hier  so  schwer  verständ- 
lich sind,  hat  darin  seinen  Grund,  dass  in  den  Rostralzähnen  von 
Fristwphoncs  sehr  eigenartige  Differenzirungen  vorliegen. 

Man  muss  selbstverständlich  annehmen,  und  der  später  zu 
besprechende  SeIerorhi/)ichns  aiavns  Sm.  Woodw.  ist  ein  Beweis 
hierfür,  dass  jene  Rostralzähne  ursprünglich  kleine  Hautzähnchen 
waren,  die  erst  allmählich  jene  Grössenentwicklung  und  hohe 
Diiferenzirung  erlangten.  Die  Zahnbildungen  der  Spinaciden  be- 
fanden sich  aber  jedenfalls,  als  sich  die  Pristiophoriden  von  diesen 
abzweigten,  bereits  in  einem  vorgeschrittenen  Stadium  der  Ver- 
einfachung der  inneren  Structui",  welche  wohl  hauptsächlich  in  der 
geringen  Grösse  der  Zahnbildungen  ihren  Grund  hatte.  Diesen 
vereinfachten  Bau,  welchen  z.  B.  die  Spinaciden  der  oberen  Kreide 
schon  deutlich  erkennen  lassen,  erhielten  jene  ältesten  Pristiopho- 
riden für  ihre  Rostralzähnchen  bereits  als  Erbtheil  und  vererbten 
diese  Eigenschaft  weiter,  trotzdem  mit  der  zunehmenden  Grösse 
jener  Gebilde  wieder  für  die  Entfaltung  zahlreicherer  Vasa  Raum 
wurde.  Bei  Besprechung  der  Dentinröhrchen  werden  wir  auf 
analoge  Verhältnisse  stossen.  Aus  obigen  Betrachtungen  erklären 
sich  auch  die  scheinbaren  Unterschiede,  welche  die  Mundzähne 
und  die  Rostralzähne  von  Pristiopliorns  aufweisen,  und  die  bis- 
weilen nicht  ganz  unbeträchtlichen  Abweichungen,  welche  sich 
bei  bedeutender  Grössendifferenz  zwischen  Hautschuppen  und 
Mundzähnen  anderer  Gattungen  finden. 

Die  Dentinröhrchen  gehen  bei  allen  von  mir  untersuchten 
Rostralzähnen  ungefähr  rechtwinklig  von  dem  Mittelkanal  aus,  nur 
am  oberen  Ende  des  Kanals  richten  sie  sich  wie  bei  den  Spina- 
ciden (vergl.  Taf.  IV.  Fig.  2)  bündelförmig  nach  der  Spitze.  Durch 
jene  rechtwinklige  Stellung  und  den  parallelen  Verlauf  der  Dentin- 
röhrchen unterscheiden  sich  diese  Rostralzähne  von  allen  mir  be- 
kannten Hartgebilden  bei  Selachiern.  In  phylogenetischer  Hinsicht 
interessant  ist  die  verschiedene  Stärke  und  Dichtigkeit  der  Dentin- 
röhrchen. Bei  der  Form  aus  dem  Miocän  (Taf.  IH.  Fig.  1)  ist 
nämlich  die  Zahl  derselben  relativ  sehr  gering,  was  wohl  nur  so 
zu  erklären  ist,  dass  sich  in  Folge  der  schnellen  Längenzunahme 
dieser  Gebilde  der  Abstand  zwischen  den  Dentinröhrchen  ver- 
grösserte.  Bei  den  lebenden  Formen,  die  sich  in  dem  Aeusseren 
sehr  nahe  an  jene  jung  -  tertiäre  Art  anschliessen ,  ist  dieses 
Missverhältniss,  welches  ich  deshalb  als  solches  auffasse,  weil  ich 
nirgends  bei  Selachiern  ein  Analogon  dafür  finde,  wieder  ausge- 
glichen, indem  sich  die  Zahl  jener  Dentinröhrchen  wieder  ver- 
mehrt hat.  Dasselbe  ist  auch  bereits  bei  dem  einen  anderen 
Formenkreis    repräsentirenden    Prisfiophorus    ensifer    der    Fall, 


96 


bei  welchem  sich  die  Zalil  der  Dentinröhrchen  erheblich  vermehrt, 
deren  eigene  Grösse  aber  verringert  hat. 

Die  äussere  Schicht  der  Rostralzähne  würde  für  sich  allein 
die  Zugehörigkeit  von  Pnsfiophorns  zu  den  Spinaciden  beweisen. 
Sie  stimmt  gerade  in  den  feinsten  Organisations-Verhältnissen  so 
vollständig  mit  der  der  Spinaciden  überein.  dass  sich  die  stammes- 
geschichtliche  Verwandtschaft  beider  nicht  bezweifeln  lässt.  Ich 
meine  nämlich,  dass  gerade  diejenigen  Theile  des 
Organismus,  welche  bei  den  Veränderungen  desselben 
im  Kampf  um's  Dasein  am  letzten  und  am  wenigsten  in 
Mitleidenschaft  gezogen  werden,  am  längsten  die  er- 
erbten Eigenschaften  bewahren  und  somit  den  besten 
Anhaltspunkt  zum  Studium  der  Stammesgeschichte  des 
Organismus  bieten.  Was  aber  soll  bei  den  vielfachen  Ver- 
änderungen der  Lebensbedingungen  und  dem  Wechsel  der 
äusseren  Form  weniger  beeinflusst  werden,  als  die 
innersten  und  feinsten  Structurverhältnisse  der  Organe, 
und  welche  können  unter  diesen  unabhängiger  von  dem 
Einfluss  der  äusseren  Lebensbedingungen  sein,  als  die 
der  Hartgebilde?  Alle  diejenigen  Organe,  welche  an  der  Er- 
nährung und  an  sonstigen  Lebensfunctionen  direct  betheiligt  sind, 
müssen  von  dem  Wechsel  derselben,  wie  solche  in  einer  Gruppe 
oft  und  schnell  eintreten,  mehr  oder  weniger  beeinflusst  werden, 
während  für  die  Ausscheidung  von  Hartgebilden  die  Bedingungen 
immer  wohl  im  Wesentlichen  die  gleichen  bleiben,  wenn  nicht  ein 
Organismus  seine  Existenz  aus  marinem  in  süsses  Wasser  oder 
gar  auf  das  Land  verlegt.  In  diesem  Falle,  allerdings  aber  auch 
nur  in  diesem,  kann  ich  mir  eine  schnelle  und  tiefgreifende  Ver- 
änderung in  den  Structurverhältnissen  der  Hartgebilde  vorstellen  ^). 

Als  derartig  feinere  Structurverhältnisse  in  dem  Bau  der 
äusseren  Schicht,  welche  ich  gemäss  den  früher  von  mir  ausge- 
sprochenen Anschauungen  (1.  c.  p.  293)  als  Placoinschnielz  bezeichne, 
betrachte  ich  den  Verlauf  und  die  Störung  der  vom  Dentin  in  den 
Placoinschnielz  eintretenden  feinsten  Röhrchen.  Man  sieht  nämlich 
(vergl.  Taf.  IV.  Fig.  1  und  Taf.  V).  dass  sich  die  Dentinröhrchen  bei 
ihrem  Eintritt  in  die  äussere  Schicht,  den  Placoinschnielz.  sehr 
plötzlich  und  unregelmössig  verästeln  und  ein  wirres  Netzwerk 
bilden,  in  welchem  zahlreiche  grosse  Hohlräume  liegen.  Der  Aus- 
druck „Interglobularräume"  ist  für  dieselben  eigentlich  nicht  gerecht- 
fertigt,   da   dieselben   nicht   Zwischenräume    zwischen    der    inter- 


^)  Vergl.  E.  Koken:  Die  Entwicklung  der  Gastropoden  vom  Cam- 
brium  bis  zur  Trias.  N.  Jahrb.  f.  IVnn./l889,  p.  426.  —  Derselbe: 
Neue  Untersuchungen  au  fossilen  Fisch -Otolithen.  Diese  Zeitschrift 
1888,  Bd.  XL,  p.  274. 


97 


zellurareii  Matrix  darstellen,  sondern  zweifellos  mit  den  Dentin- 
röhrchen  im  Zusammenhang  stehen.  Es  sind  locale  Anschwellungen 
bezw.  Ausbuchtungen  der  Dentinröhrchen,  welche  höchst  wahr- 
scheinlich auf  die  gleiche  Ursache  wie  die  Störung  der  Dentin- 
röhrchen zurückzuführen  sind.  Ich  glaube  nämlich  und  werde  au 
anderer  Stelle  versuchen,  umfassende  Beweise  hierfür  zu  bringen, 
dass  die  mit  ihren  feinsten  Verästelungen  präformirten  Dentin- 
röhrchen in  die  sich  zuerst  absetzende,  vom  Epithel  ausgeschiedene 
Placoinschicht  hineinragten,  und  während  sie  selbst  noch  unver- 
kauft und  weich  waren,  durch  den  Absatz  jener  Substanz  gestört 
wurden.  Die  allgemein  bekannte,  so  zu  sagen  normale  Form  des 
Schmelzes,  bei  welcher  nur  ganz  ausnahmsweise  ein  Dentinröhrchen 
noch  eine  Strecke  weit  in  den  Schmelz  hineinragt,  ist  als  die  höchste 
Ausbildung  des  Schmelzes  durch  zahlreiche  Uebergänge,  wie  ich 
an  Teleostiern  und  anderen  Wirbelthieren  nachweisen  kann,  mit 
jener  primitiven  Placoinschmelz-Bildung  verknüpft,  welche  wir  bei 
Selachiern  ganz  ausschliesslich  finden. 

Ich  glaube,  dass  hinsichtlich  der  Ausstülpungen  der  Dentin- 
röhrchen im  Placoin  ein,  ich  möchte  sagen,  pathologischer  Zustand 
regelmässig  eintrat,  den  ich  an  dem  Bilde,  Taf.  V,  bei  x  und  y 
ausnahmsweise  an  Dentinröhrchen  innerhalb  der  Dentinzone  beob- 
achtet habe.  Man  sieht  etwa  in  der  Mitte  des  Bildes  bei  x  eine 
grosse  dreieckige  Ausbuchtung  eines  Dentinröhrchens ,  welche  ich 
sonst  nie  beobachtet  habe  und  welche  ich  auf  später  zu  be- 
sprechende Erscheinungen  zurückführe.  Anschliessend  an  jene 
dreieckige  Ausbuchtung  findet  man  wirr  verlaufende  dünne  Dentin- 
röhrchen zu  einer  echten  Anastomose  mit  dem  benachbarten  Den- 
tinröhrchen führen.  Dieselben  sind  ebenso  ungefärbt  wie  die 
feinen  gestörten  Röhrchen  im  Placoin,  während  jene  dreieckige 
Ausbuchtung  ebenso  wie  jene  Räume  im  Placoin  gelblich  erschei- 
nen, wie  die  fossilisirten  Dentinröhrchen  innerhalb  der  Dentin- 
zone stets  thun.  Jene  Uebereinstimmung  der  beiderlei  Bildungen 
spricht  aber  dafür,  dass  dieselben  von  dem  gleichen  Gesichtspunkt 
aus  beurtheilt  werden  können.  Es  würde  mich  hier  zu  weit  führen, 
auf  diese  und  verschiedene  andere  histologischen  Verhältnisse, 
welche  an  dem  Taf.  V.  gezeichneten  Präparat  sichtbar  sind,  näher 
einzugehen,  da  dieselben  nur  für  den  Histologen  ein  besonderes 
Interesse  haben,  doch  muss  ich  eine  Erscheinung  noch  kurz  be- 
rühren, da  dieselbe  leicht  zu  Irrthümern  verleiten  könnte. 

In  dem  genannten,  Taf.  V.  u.  Taf.  III,  Fig.  1  wiedergege- 
benem Bilde  eines  Rostralzahnes  von  P.  suevicus  m.  sieht  man 
nämlich  wurmartige  Gänge,  Avelche  von  dem  Mittelkanal  ausgehen, 
sich  zwischen  den  Dentinröhrchen  hindurchziehen  und  namentlich 
an  der  Basis  des  Zahnes  (vergl.  Taf.  III.  Fig.  1   unten)  so  dicht 

Zeitschr.  d.  D.  geol,  Ges.  XLII.  1.  7 


98 


werden,  dass  sie  einen  strauchartigen  Eindruck  maciien.  Bis- 
weilen, namentlich  in  der  Nähe  des  Mittelkanals,  beobachtet  man 
kugelig-traubige  Anschwellungen,  im  übrigen  bleibt  ihr  Lumen  immer 
das  gleiche.  Das  merkwürdigste  ist  nun.  dass  jene  Kanäle  nicht 
in  irgend  welchen  Gefässen  des  Zahnes,  sondern  in  der  anorgani- 
schen Zwischensubstanz  verlaufen,  ja  die  Kanälchen  fast  zu  meiden 
und  zu  umgehen  scheinen.  Dieselben  haben  nicht  die  gelbliche 
Färbung  die  für  das  Innere  der  Dentinröhrcheu  charakteristisch 
ist,  sondern  sind  mit  einer  schwärzlich  grauen  Masse  infiltrirt. 
An  mehrfachen  Stellen  (vergl.  Taf.  V.  links)  sehe  ich  diese 
Kanäle  in  die  Pulpa  eindringen  und  sich  in  dieser  theilen.  Thei- 
lungen  bezw.  seitliche  Ausstülpungen  und  Seitengänge  sind  nicht 
selten,  doch  bleibt,  wie  gesagt,  stets  auch  nach  solcher  Abzweigung 
das  Lumen  des  Kanals  das  gleiche. 

Ich  habe  verschiedene  Kenner  pathologischer  Erscheinungen 
bei  Zähnen  über  obige  Bildungen  zu  Rathe  gezogen  in  der  An- 
nahme, dass  hier  eine  einfache  pathologische  Erscheinung  vorläge. 
Dies  ist  jedoch  z.  B.  nach  Ansicht  von  Herrn  Prof.  Dr.  Busch 
hierselbst  nicht  der  Fall,  wenigstens  sind  genanntem  Herrn  der- 
artige Erscheinungen  bei  höheren  Wirbelthieren  nicht  bekannt. 
Die  Natur  jener  Bildungen  lässt  aber,  wie  ich  glaube,  keinen  Zweifel 
darüber  bestehen,  dass  wir  es  hier  nicht  mit  nonnalen  Gefässen, 
sondern  mit  secundär  entstandenen  Gängen  zu  thun  haben.  Für 
die  Entstehung  derselben  kann  ich  mir  nur  die  bohrende  Thätig- 
keit  fremder  Organismen  denken,  da  ich  für  die  auffallenden,  in 
diesem  Grade  kaum  sonst  beobachteten  pathologischen  Erscheinun- 
gen an  den  Dentinröhrchen  nur  unter  diesem  Gesichtspunkte  eine 
nahe  liegende  Erklärung  finden  kann.  Dass  der  Zahn  krank  war, 
dafür  spricht  auch  der  Umstand,  dass  man  die  Scheiden  seiner 
Dentinröhrchen  sehr  deutlich  erkennt,  was  bei  gesunden  Zähnen 
nie  der  Fall  sein  solP).  Unter  diesem  Gesichtspunkt  erscheint 
es  also  wahrscheinlich,  dass  die  Entstehung  jener  Gänge  in  die 
Zeit  der  Bildung  des  Zahnes  fiel,  so  dass  dieselbe  dadurch  nicht 
unerheblich  alterirt  wurde.  Dann  wüi'de  sich  auch  dafür  eine 
Erklärung  finden,  dass  jene  Gänge  durch  die  verkalkte  Inter- 
cellularsubstanz  verlaufen;  man  brauchte  sich  nui'  vorzustellen,  dass 
jene  Gänge  entstanden,  während  das  sie  umgebende  Dentin  noch  un- 
verkalkt  war  und  eine  weiche  Matri.x;  bildete,  wie  sie  Ch.  Tomes 
(1.  c,  p.  48)  in  den  Interglobularräumen  verkalkenden  Dentins 
beobachtete.  Zu  obiger  Annahme  müsste  man  das  bohrende  Ein- 
dringen fremder  Organismen  voraussetzen,    welcher  Art  dieselben 


^)  Ch.  Tomes.  Die  Anatomie  der  Zähne  des  Menschen  und  der 
Wirbelthiere  sowie  deren  Histologie  und  Entwicklung.  Uebersetzt  von 
L.  Holländer.    Bedin  J877,  p.  45. 


99 


aber  waren,  darüber  wage  ich  zur  Zeit  keine  Ansicht  zu  äussern. 
Man  könnte  an  LepMlirix  denken  (vergl.  Ch.  Tomes  I.  c,  p.  48), 
aber  der  Gesanimteindruck.  den  Zerstörungen  dieser  Art  machen, 
weicht  von  den  hier  besprochenen  Erscheinungen  vollständig  ab. 

Jedenfalls  wollte  ich  durch  obige  Ausführungen  das  klar- 
stellen, dass  jene  Gänge  nicht  etwa  für  die  Mikrostractur  von 
Pnsfiophorus  charakteristisch  sind,  sondern  als  eine  abnorme  Er- 
scheinung betrachtet  werden  müssen^). 

III.  Das  innere  Skelet. 

Das  knorplige  Innen-Skelet  der  Selachier  ist  von  dem  aller 
höheren  Wirbelthiere  in  zwei  Punkten  prinzipiell  verschieden: 

1.  stellen  sich  in  ihm  niemals  während  der  ganzen  phylo- 
genetischen und  ontogenetisclien  Entwicklung  echte  Knochenbil- 
dungeu  ein, 

2.  bildet  sich  ausschliesslich  bei  ihm  eine  besondere  Art  der 
Verkalkung  aus.  indem  sich  auf  seiner  Oberfläche  kleine  polygo- 
nale Kalkplättchen  ausscheiden,  welche,  jedes  selbstständig  ver- 
kalkend, eine  harte  Kalkkruste  um  die  Knorpelstücke  bilden.  Ich 
schlage  für  diese  zuerst  von  Jon.  Müller  beobachtete  Erscheinung 
den  Namen  „inkrustirten  Knorpel"  vor,  bis  eine  genauere 
Kenntniss  seiner  Bildung  eine  schärfere  Bezeichnung  ermöglicht. 

Diese  beiden  Eigenthümlichkeiten .  welche  in  der  stammes- 
geschichtlichen Entwicklung  der  Selachier  constant  sind,  geben 
diesem  Stamme  der  Fische  eine  ausserordentlich  selbständige 
Stellung  unter  den  Wirbelthiei-en.  Denn  während  sich  bei  den 
übrigen   im  Allgemeinen   höher   organisirten  Wirbelthieren   gerade 


^)  Während  des  Druckes  dieser  Arbeit  las  ich  auf  Veranlassung 
von  Herrn  Gelieirarath  Waldeyer  in  einer  Arbeit  von  Roux:  Ueber 
eine  im  Knochen  lebende  Gruppe  von  Fadenpilzen  (3Iycelitc-s  on-sifrugn/i) 
(Zeitschr.  für  Wissenschaft!.  Zoologie,  Leipzig  1887)  nach,  und  fand, 
dass  sich  die  oben  besprochenen  Erscheinungen  von  den  durch  Eoux 
beschriebenen  in  keiner  Weise  unterscheiden.  Es  handelt  sich  also 
jedenfalls  auch  hier  um  die  gleichen  Ursachen.  Neu  ist  hier  gegen- 
über den  Untersuchungen  von  Roux,  dass  jene  Gänge  auch  in  Dentin- 
bildungen auftreten,  während  sie  bisher  nur  in  Knochen  und  Knor])el 
beobachtet  waren.  Die  beschriebenen  Störungen  in  dem  Verlauf  der 
Dentinröhrchen  veranlassten  mich,  entgegen  der  Ansicht  Roux"s  anzu- 
nehmen, dass  die  Einwanderung  und  Tbätigkeit  jener  Fadenpilze  noch 
während  des  Lebens,  bezw.  während  der  Verkalkung  der  intercellu- 
laren  Substanz  jener  Hartgebilde  stattfand. 

Vergl.  auch  0.  Jaekel:  Ueber  Gänge  von  Fadenpilzen  in  Dentin- 
bildungen (Sitzungsb.  d.  Ges.  naturforsch.  Freunde,  Berlin  1890,  p.  92), 
wo  nach  Abschluss  dieser  Arbeit  obige  Erscheinung  ausführlicher  be- 
sprochen wurde  und  der  Nachweis  gebracht  werden  konnte,  dass  die- 
selbe in  der  That  auf  die  ItoluiMule  Thätigkeit  eingewanderter  Orga- 
nismen zurückzuführen  ist. 


100 


in  der  Skeletbildung  alle  Uebcrgäiige  von  niedrigen  und  niedrigsten 
Differenzirungen  zu  den  höchsten  verfolgen  lassen,  bleibt  sich 
jene  Skeletbildung  immer  gleich  und  lässt  von  keinem  Punkte 
ihrer  phylogenetischen  Entwicklung  aus  einen  Uebergang  in  die 
höheren  Ditl'erenzirungen  anderer  Wirbelthierstärame  erkennen. 
Wir  kennen  bis  heute  keinen  Selachier.  welcher  in  den  genannten 
Punkten  eine  vermittelnde  Stellung  zu  höheren  Wirbelthieren  ein- 
nähme. Ich  glaube  überhaupt,  dass  in  der  ganzen  Klasse  der 
Wirbelthiere  kaum  ein  anderer  Stamm  so  selbstständig  und  un- 
vermittelt dasteht,  wie  gerade  die  Selachier  Y 

Während  so  in  den  allgemeinen  Verhältnissen  des  Skelet- 
baues  der  Selachier  eine  auftallende  Constanz  waltet,  ist  die  äussere 
Form  des  Skeletes  und  der  einzelnen  Stücke  desselben  ausser- 
ordentlich variabel.  Nicht  nur  ist  zwischen  verschiedenen  Gruppen 
die  Mannigfaltigkeit  eine  sehr  grosse,  sondern  auch  innerhalb  sehr 
nahe  verwandter  Formen,  ja  bei  derselben  Art  unterliegt  die  Form 
und  Lage  der  einzelnen  Skelettheile  oft  sehr  beträchtlichen  Schwan- 
kungen. Hierin  zeigt  sich,  wie  ich  glaube,  eine  viel  geringere 
Constanz.   als  gewöhnlich  angenommen  wird. 

Der  Knorpel  ist  auch  zweifellos  ein  viel  modulationsfähigeres 
Gebilde  als  der  Knochen,  und  so  sind  naturgeraäss  auch  die  knorpe- 
ligen Skelettheile  der  Selachier  viel  variabler,  als  die  laiöchernen 
Skelettheile  höherer  Wirbelthiere.  Dies  ist  von  den  vergleichen- 
den Anatomen  kaum  in  Rechnung  gezogen  worden,  indem  man  bei 
Beurtheilung  des  Skeletbaues  der  Selachier  mit  denselben  Factoren 
rechnete,  welche  bei  den  höchsten  Wirbelthieren  Geltung  haben. 

Der  Schädel. 
Der  Schädel  der  Selachier  stellt  zwar  eine  einheitliche  un- 
getheilte  Kapsel  dar,  aber  nach  der  Lage  der  drei  Organe.  Nase, 
Auge,  Ohr,  und  nach  gewissen  damit  in  Beziehung  stehenden 
äusseren  Fortsätzen  und  Ausbuchtungen  der  Schädelkapsel  lassen 
sich  stets  drei  Regionen  deuthch  unterscheiden :  1 .  eine  Nasen- 
region (Regio  nasalis);  2.  eine  Augenregion  (Regio  orbitalis); 
3.  eine  Ohrregion  (Regio  auditiva).  Gegenbaur^)  unterschied 
noch  als  jenen  gleichwerthig  eine  Regio  occipitalis,  durch 
welche  die  Verbindung  mit  der  Wirbelsäule  hergestellt  wird;  ich 
glaube,  dass  man  dann  mit  noch  mehr  Recht  eine  Regio  ros- 
tralis  unterscheiden  köinite.  welche  zwar  bei  einigen  Selachiern 
fehlt,  bei  den  meisten  aber  selbstständig   entwickelt   ist    und   bei 


^)  Vergl.  0.  Jaekel:  üeber  Phaneropleuron ,  Uemictenodus  und 
die  Stammesgeschichte  der  Dipnoer.  Sitzungs-Berichte  d.  Ges.  naturf. 
Freunde,  Berlin  1889,  p.  8. 

^)  Gegenbaur.     Kopfskelet  der  Selachier,  p.  30. 


101 


vielen  sogar  einen  besonders  holien  Grad  der  Difierenzirung  er- 
langt hat. 

Das  Kopfskelet  der  lebenden  Pristiophoridcii  ordnet  sich  in 
jeder  Hinsieht  dem  Typns  der  Spinaciden  unter,  doch  ist  es  nicht 
möglich,  dasselbe  zu  einer  bestimmten  Gattung  derselben  in  directe 
Beziehung  zu  bringen,  indem  es  sich  in  den  verschiedenen  Punkten 
an  verschiedene  der  heut  lebenden  Formen  anschliesst. 

Daraus  lässt  sich  der  Schluss  ziehen,  dass  sich  die  Pristio- 
phoriden  eher  vom  Stamm  der  Spinaciden  abzweigten,  ehe  eine 
Gliederung  desselben  in  die  heut  lebenden  Gattungen  und  Familien 
stattfand.  Hiermit  stehen  die  geologischen  Thatsachen  im  Ein- 
klang, indem  aus  der  oberen  Kreide,  aus  der  uns  bis  jetzt  der 
erste  echte  Spinacide  bekannt  ist,  auch  bereits  die  ältesten  Reste 
von  Pristiophoriden  vorliegen. 

Die  Form  des  hinteren  Theiles  der  Schädelkapsel  wird 
wesentlich  bestimmt  durch  die  Verbindung  desselben  mit  der 
Wirbelsäule,  die  Articulationen  des  Zungenbein-  und  des  Kiemen- 
bogens  an  den  Seiten  und  die  Lage  des  Ohres.  Was  zunächst 
die  Hinterwand  des  Schädels  und  die  Verbindung  derselben  mit 
der  Wirbelsäule  betrifft,  so  finden  wir.  dass  bei  Fnstiophorus  das 
Foramen  magnum  zu  beiden  Seiten  umgeben  wird  von  halbmond- 
förmigen Gelenkhöckern  (Condyli  occipitales) ,  welche  unten  fast 
zusammenstossen.  oben  durch  einen  breiten  Einschnitt  getrennt 
sind  (s.  CO  in  umstehender  Figur).  Es  zeigt  sich  hierin  eine 
sehr  grosse  Uebereinstimmung  mit  Fristis^)  welchem  in  Folge 
jener  Gelenkung  das  höchste  Maass  von  Beweglichkeit  zwischen 
Schädel  und  Wirbelsäule  zukommt.  Gegenbaur  hebt  aber  aus- 
drücklich hervor,  dass  Pristis  in  diesem  Punkte  sich  auch  von 
den  Rochen  beträchtlich  unterscheidet,  bei  denen  ebenfalls  eine 
Artikulation  zwischen  Kopf  und  Wirbelsäule  ausgebildet  ist.  Es 
unterliegt  nun  keinem  Zweifel,  dass  die  gleiche  Ausbildung  der 
Gelenkverbindung  bei  Pristiopliorus  auf  die  gleiche  Function 
schliessen  lässt.  Daraus  widerlegt  sich  nun  zunächst  die 
in  den  meisten  Lehrbüchern  verbreitete  Behauptung, 
dass  bei  Haien  im  Gegensatz  zu  Rochen  keine  Arti- 
culation  zwischen  Schädel  und  Wirbelsäule  stattfände, 
sondern  die  Wirbelsäule  mit  dem  Schädel  verwachsen 
sei,  indem  bei  Pristiophorus  ebenso  wie  bei  Pristis  das  höchste 
Maass  der  Beweglichkeit  an  dieser  Stelle  erreicht  ist.  Diese 
Thatsache  drängt  aber  noch  zu  weiteren  Erwägungen,  welche  ich 
hier  kurz  in   folgende  Sätze   zusammenfasse. 


')    Vergl.    über  Vristis    auch    Gegenbaur:    Kopfskelet    der  Sela- 
chier,  p.  32. 


102 


Das  ursprüngliche  VerhaJ- 
ten  ist  das,  dass  die  Wirbel- 
säule coutinuirlich  in  den 
Schädel  übergeht  (Hexan- 
chus,  HeptancJms).  Dieses 
Verhältniss  wird  bei  den  spin- 
delförmigen Haien  im  Princip 
nur  wenig  alterirt,  indem  sich 
die  Wirbelsäule  in  selbststän- 
dige Wirbel  gliedert,  und  da- 
durch der  Gegensatz  zwi- 
schen Schädel  und  Wirbel- 
säule bedeutend  schärfer 
hervortritt.  Bei  denjenigen 
Formen  (Pristis,  Pristiopho- 
rus),  bei  welchen  sich  vorn 
am  Kopf  eine  lauge  Waife  in 
Gestalt  einer  Säge  entwickelt, 
welche  an  den  Lebensfunctio- 
nen  des  Thieres  so  bedeu- 
tenden Antheil  nimmt,  dass 
sich  sogar  das  Gebiss  sehr 
reducirt .  muss  dem  Kopf 
zum  Gebrauch  jener  Waffe 
eine  grössere  Beweglichkeit 
verschafft  werden.  Dies  ge- 
schieht eben  durch  jene  halb- 
mondförmigen Gelenkhöcker, 
welche  eine  Drehung  und 
Bewegung  des  Kopfes  nach 
allen  Seiten  ermöglichen. 

Mit  der  platten  Ausbrei- 
tung des  Körpers  bei  Ro- 
chen und  deren  sehr  ver- 
minderter Schwimmfähigkeit 
wird  die  Wirbelsäule,  soweit 
sie  innerhalb  der  breiten 
Scheibe   des   Rumpfes    liegt, 

als  Stütze  für  die  Bewegung  fast  functionslos  und  bildet  sich  zu 
einem  ungegliederten  Rohr  um,  welches  innerhalb  der  Scheibe 
nur  noch  als  Träger  des  Rückenmarks  dient.  Um  nun  dem  Kopfe 
sowohl  beim  Schwimmen  wie  bei  der  Nahrungsaufnahme  eine  ge- 
wisse Freiheit  der  Bewegung  zu  ermöglichen,  bildet  sich  zwischen 
dem  Schädel  und  jenem  ungegliederten  steifen  Rohr  der  vorderen 


103 


Wirbelsäule  eine  Articulatiüu  in  Gestalt  zweier  seitlich  vom 
Foraraen  stehender  zapt'enarliger  Condyli  aus.  durch  welche  nicht 
eine  allseitige  Drehung,  sondern  nur  eine  Auf-  und  Abwärts-Be- 
wegung  des  Schcädels  gestattet  ist. 

Es  scheint  also,  dass  die  Articulatiou  des  Schädels 
und  der  Wirbelsäule  bei  Pristis  und  Pristiophorus  mit 
der  gleichen  Erscheinung  bei  den  Rochen  entwick- 
lungsgeschichtlich nichts  gemein  hat,  sondern  dass 
dieselbe,  wie  sie  an  sich  von  jener  verschiedenen  ist, 
auch  anderen  Ursachen  ihre  Ausbildung  verdankt.  Ich 
möchte  aber  auch  hier  ausdrücklich  hervorheben,  dass  durch  jene 
Uebereinstiunnung  Pristis  und  Pristioxjhonis  sich  durchaus  nicht  in 
systematischer  Hinsicht  einander  nähern.  Jene  Erscheinungen  sind 
als  Convergens  und  nur  als  analoge  nicht  als  homologe  Bildungen 
aufzufassen,  indem  sie  nur  die  secundäre  Folge  der  Sägenbildung 
sind,  welche  ihrerseits  in  beiden  Fällen  als  sehr  verschiedene 
Differenzirungen  aufgefasst  werden  müssen. 

Neben  dem  Foramen  magnum  und  den  es  umschliessenden 
Condyli  occipitales  liegt  jederseits  in  den  ungefähr  kreisförmigen 
Ausbreitungen  der  hinteren  Schädelwand  die  grosse  Austritts- 
öffnung für  den  Vagus  (Vg).  Da  diese  Oeffnungen  als  die  vordere 
Grenze  der  Occipitalregion  nach  Gegenbaur  aufgefasst  werden 
müssen,  so  liegt  also  die  ganze  Occipitalregion  wie  bei  den  meisten 
Selachiern  ausschliesslich  in  der  Hinterwand  des  Schädels.  Eine 
Wand  oder  Grenze  als  Theil  des  Ganzen,  als  eine  besondere 
Region  des  Schädels  aufzufassen,  halte  ich  aber  nicht  für  natur- 
gemäss.  Gegenbaur  ging  hierbei  von  den  Notidaniden  aus,  bei 
denen  die  Oeffnungen  für  den  Vagus  noch  nicht  in  einer  Ebene 
mit  dem  Foramen  magnum  liegen,  sondei-n  etwas  nach  vorn  an 
die  Seiten  des  Schädels  gerückt  sind.  Hierdurch  wird  allerdings, 
wenn  man  die  Grenze  durch  jene  Vagusöffnungen  legt,  ein  Raum 
des  Schädels  abgeschnitten. 

Man  betrachtete  nun  jene  Veränderung,  wie  sie  bei  unserer 
Gattung  und  den  höher  differenzirten  Selachiern  vorliegt,  als  eine 
Verkürzung  der  Occipitalregion.  Ich  glaube,  dass  es  einfacher 
ist.  die  Sache  so  aufzufassen,  dass  bei  jenen  Formen,  bei  denen 
noch  keine  Articulatiou  zwischen  Schädel  und  Wirbelsäule  statt- 
findet, die  Hinterwand  des  Schädels  auch  noch  nicht  abgeplattet 
sondern  gerundet  ist,  dass  es  aber  immerhin  nichts  weiter  als 
die  Hinterwand  der  hier  als  regio  auditiva  aufgefassten  Schädel- 
region ist. 

Die  Seiten  der  hinteren  Schädelkapscl  (Regio  auditiva  hier, 
=  Regio  labyrinthica  Gegenbaur)  zeigen  bei  Prisiiophorus  kaum 
bemerkenswerthe  Eigenthümlichkeiten.    Der  Gelenkfortsatz  für  das 


104 


kräftige  Hyoniandibulare  tritt  ziemlich  stark  hervor ,  wie  bei 
Scymtms,  Sjyinax  und  Arnnthias,  und  bildet  grosse  seitliche  Ge- 
lenkfacetten. Dagegen  ist  der  Fortsatz  für  die  primäre  Articu- 
lation  des  Palatoquadratum .  der  Processus  postorbitalis ,  etwas 
weiter  zurückgebildet  als  bei  den  meisten  Spinaciden,  was  darin 
seinen  Grund  haben  dürfte,  dass  durch  die  Verbreiterung  des 
ganzen  Kopfes  der  Kieferbogen  sehr  in  die  Breite  gezogen  und 
deshalb  wahrscheinlich  früher  und  schneller  seine  primäre  Articu- 
lation  mit  dem  Schädel  aufgegeben  haben  mag,  als  dies  bei  den 
Verwandten  unserer  Art  der  Fall  war.  Die  zAvischen  beiden 
Fortsätzen  gelegene  Labyrinthregion  ist  ziemlich  kurz,  etwa  wie 
bei  Acnnthias  uyatus,  bei  welchem  die  Form  des  Schädels  über- 
haupt sehr  grosse  Uebereinstimmung  zeigt. 

Die  obere  Wand  der  Regio  auditiva  ist  in  der  Mitte  unter- 
brochen durch  die  grosse  ovale  Parietal  grübe,  an  deren  ziemlich 
tiefem  Grunde  sich  jederseits  eine  Oeflfnung  nach  dem  Lab}Tinth 
findet.  Eine  Crista  occipitalis  fehlt,  was  bei  der  flachen  De- 
pression des  Schädels  durchaus  naturgemäss  ist.  Dass  dieselbe 
den  Spinaciden  ebenfalls  mangelt,  ist  bekannt.  Ueber  sonstige 
Formdetails  dieser  Region  wage  ich  nichts  zu  sagen,  da  dieselben 
durch  die  Eintrocknung  des  Skeletes  sehr  verändert  sein  können. 
Unter  dem  Postorbitalfortsatz  liegt  die  grosse  Oeffnung  für  den 
Austritt  des  Nervus  trigeminus  genau  an  derselben  Stelle  wie  bei 
Spinaciden  und  bildet  nach  Gegenbaur  die  vordere  Grenze  gegen 
die  Augenregion  des  Schädels. 

Die  mittlere,  Augen-  oder  Orbital-Region  des  Schädels  zeigt 
keine  besonderen  Eigenthümlichkeiten.  Sie  ist  wie  der  ganze 
Schädel  dorso-ventral  etwas  comprimirt,  so  dass  namentlich  die 
Oberseite  ziemlich  eben  erscheint. 

Fig.  3. 


intT'^r 


Von  besonders  hohem  systematischen  Werth  sind  aber  die 
Austrittsöffnungen  der  Nerven  in  der  Orbitalgrube.  Die  Anord- 
nung derselben  ist  bekanntlich  sehr  verschieden,  aber  innerhalb 
der   einzelnen   Gruppen   sehr   constant.     Vergleicht  man   die   hier 


105 


gegebene  Abbildung  (Fig.  3)  mit  den  Bildern,  welche  Gegenbaur 
in  seinem  trefflichen  Werk  auf  t.  L,  II.  und  III.  gegeben  hat, 
so  überzeugt  man  sich  sofort,  dass  dieselbe  in  dem  genannten 
Punkte  die  vollkommenste  Uebereinstimmung  mit  Acanthias  auf-- 
weist,  während  die  übrigen  Bilder,  besonders  von  Cestracion, 
Galeus,  Prionodon,  Raja,  Torpedo,  Pristis,  ein  durchaus  anderes 
Bild  darbieten.  Auch  bei  Scymnus  ist  die  Anordnung  nicht 
wesentlich  verschieden.  Die  Uebereinstimmung  mit  Acanthias, 
sowohl  nach  der  Abbildung  Gegenbaur' s  wie  nach  den  mir  vor- 
liegenden Skeleten.  ist  so  vollkommen,  dass  man,  auch  ohne  die 
Nerven  selbst  zu  sehen,  über  die  Deutung  der  Austrittsöifnungen 
nicht  einen  Augenblick  im  Zweifel  sein  kann. 

Die  obere  Wand  der  Schädelkapsel,  das  Schädeldach  (vergl. 
Fig.  2,  pag.  101),  ist  ebenfalls  besonders  durch  die  Anordnung 
der  Nervenaustritte  bemerkenswerth ,  indem  die  hier  vorliegende 
Anordnung  in  zwei  dem  Seitenrand  parallel  verlaufenden  Reihen 
kleiner  Oeifnungen  sich  nur  bei  Spinaciden  wiederfindet.  Be- 
sonders ähnlich  scheint  unter  diesen  wieder  Acanthias  zu  sein, 
nur  dass  bei  unserer  Gattung  die  Austrittsötfnung  des  Ramus 
ophthalmicus  auf  das  Schädeldach  klein  bleibt,  während  dieselbe 
bei  Acanthias  die  anderen  an  Grösse  bedeutend  übertrifft.  Der- 
selbe Fall  wie  bei  Pristiophorus  liegt  in  dieser  Hinsicht  auch  bei 
Scymnus  vor^). 

An  der  Unterseite  des  Schädels  werden  die  Augenhöhlen 
nicht  von  einer  basalen  Ausbreitung  Avie  bei  Scijllinm  und  anderen 
Formen  umschlossen,  sondern  die  Unterseite  ist  in  der  Orbital- 
region sehr  verschmälert.  Auch  hierin  zeigt  die  Gattung  also 
vollständige  Uebereinstimmung  mit  den  Spinaciden. 

Die  vordere  Nasal-  oder  Ethmoidal-Region  des  Schädels 
(vergl.  Fig.  2  p.  101)  verdient  naturgemäss  besondere  Beachtung, 
weil  dieser  Theil  die  bedeutendste  Differenzirung  erlangt  hat. 
Ueber  die  Anatomie  der  Nase  kann  ich  leider  keine  Angaben 
machen,  da  an  dem  mir  vorliegenden  Skelet  nur  die  verkalkte 
Knorpeldecke  derselben  erhalten  ist.  Die  über  der  Augenhöhle 
liegende  Verbreiterung  des  Schädeldaches  setzt  sich  nach  aus- 
wärts biegend  als  Kante  auf  die  Nasendecke  fort  und  lässt  so  eine 
vordere  und  eine  hintere  Abdachung  derselben  erkennen.  Die 
hintere  bildet  die  vordere  Wand  der  Augenhöhle  und  besitzt  zwei 
grosse  Durchbohrungen ,  eine  innere  für  den  Durchtritt  des 
Ramus  ophthalmicus  (frontale  Oeffnung  des  Praeorbitalkanals)  und 
eine  äussere,  nahe  der  Säge.    Für  letztere  finde  ich  nur  insofern 


^)  Vergl.  Gegenbaur.    Kopfskelet  der  Selachier,  t.  VII  f.  3,  p.  69. 


106 


ein  Homologon,  als  bei  Spiiiaciden  an  der  gleichen  Stelle  der 
Knorpel  uiiverkalkt  ist. 

Die  vordere  und  seitliche  Abdachung  der  Nasenkapsel  geht 
basal  in  die  Knorpel  der  Säge  über,  vorn  findet  sich  jedoch 
jederseits  vor  der  Nasenkapsel  und  an  den  Seiten  des  mittleren 
Rostralknorpels  eine  Durchbohrung,  welche  den  gleichen  Oeffnun- 
gen  bei  Centrophorus  calceiis^)  und  den  tiefen  Ausschnitten  ent- 
spricht, welche  sich  bei  Acanthias  jederseits  an  der  Basis  des 
Rostrums  finden.  Die  Differenzirung  des  Rostrums  lässt  sich 
am  besten  von  einer  Ausbildung  ableiten,  wie  sie  unter  den 
lebenden  Formen  Centrophorus  calceus  besitzt  (vergl.  die  Zeich- 
nung bei  Gegenbaur,  1.  c,  t.  VIII,  f.  1).  Man  bi'aucht  sich 
nur  vorzustellen,  dass  sich  der  mittlere  Knorpel  bedeutend  ver- 
längert und  danach  an  seiner  Basis  verbreitert,  so  kommt  man 
auf  das  scheinbar  befremdliche  Bild,  welches  uns  Pristiophonis  in 
seinem  Rostrum  darbietet.  Bei  Centrophorus  granulosus  und 
anderen  Arten  ist  die  Ausbildung  noch  nicht  so  weit  vorge- 
schritten wie  bei  Centrophorus  calceus,  indem  bei  Centropltorus 
granulosiis  z.  B.  wohl  seitliche  Fortsätze  vorn  am  Rostrum  vor- 
handen sind,  aber  noch  keine  Verbindung  derselben  mit  der  Nase 
besteht.  Bei  Acanthias  fehlen  auch  jene  seitlichen  Fortsätze, 
dagegen  bietet  bei  dieser  und  der  vorgenannten  Art  die  breite 
Basis  des  Rostralknorpels  grössere  Uebereinstimmung  mit  Pristio- 
phorus,  als  wir  sie  bei   Centrophorus  calceus  sahen. 

Bei  dem  mir  vorliegenden  voll  entwickelten  Embryo  von 
Pristiophorus  ist  die  Säge.  bezw.  das  Rostrum  noch  sehr  kurz 
und  nimmt  nur  etwa  ein  Fünftel  der  Länge  des  ganzen  Fisches 
ein,  während  bei  älteren  Individuen  dieses  Verhältniss  sich  etwa 
bis  zu  einem  Viertel  steigert. 

Während  sich  bei  dem  lebenden  Pristiophorus  der  mittlere 
Theil  des  Rostrums  (der  ursprüngliche  mediane  Rostralknorpel) 
mit  geraden  Seiten  stetig  nach  vorn  verschmälert,  finden  wir  in 
dieser  Hinsicht  bei  Sclerorhynchus  atavus,  dem  ältesten  mir  be- 
kannten Pristiophoriden,  ein  etwas  abweichendes  Verhältniss, 
welches  für  die  phylogenetische  Entwicklung  des  Rostrums  von 
besonderem  Interesse  ist.  Man  sieht  nämlich  (vergl.  Taf.  11, 
Fig.  1),  dass  der  Rostralknorpel  an  seiner  Basis  etwas  ver- 
schmälert ist  und  sich  dann  nach  den  Seiten  der  Säge  ver- 
breitert. Ich  erblicke  hierin  eine  Annäherung  an  die  löftelartige 
Rostralbildung  bei  Acanthias  und  das  Verhalten  von  Centrophorus 
calceus  und  sonach  ein  Uebergangsstadium  von  jenen  Aus- 
bildungsformen zu  der  von  Pristiophorris.    Ich  glaube  daher,   dass 


')  Vergl.  Gegenbaur.   Kopfskelet  der  Selachier,  t.  A'III,  f.  1. 


107 


diese  Erscheinung  ia  phylogenetischer  Hinsicht  ein  besonderes 
Interesse  verdient ,  weil  sie  uns  auch  für  das  bei  Pristiophorns 
am  eigenartigsten  differenzirte  Organ  den  x\nschluss  an  die  Spina- 
ciden  erkennen  lässt. 

So  befremdlich  also  auch  die  Rostralbildung  bei  Pristio- 
phonts  auf  den  ersten  Blick  aussieht,  so  einfach  lässt  sie  sich 
auf  normale  Verhältnisse  bei  verwandten  Formen  zurückführen. 
Eine  derartig  exceptionelle  Rostralbildung  finden  wir  übrigens  ab- 
gesehen von  Pn'sfis  auch  bei  einer  fossilen  Lamniden-Gattung, 
Scapanorhi/nchus  Smith-Woodwakd  ,  aus  der  oberen  Kreide  des 
Libanon,  und  auch  bei  Carchariden  sind  die  Schwankungen  in  der 
Länge  des  Rostrums  nicht  unbeträchtlich.  Dass  bei  Pristiopliorus 
noch  die  Bezahnung  des  Rostrums  hinzukommt,  erscheint  ebenfalls 
nicht  ungewöhnlich,  wenn  man  die  mannigfachen  Ditferenzirungen 
der  Zahngebildc  namentlich  bei  Rochen  in  Vergleich  zieht. 

b.    Das  Visceralskelet. 

Das  Visceral-  oder  Kiemenskelet  der  Selachier  ist  von 
Gegenbaur  so  eingehend  besprochen  worden,  dass  ich  mich  hier 
darauf  beschränken  kann,  die  bei  Pristiopliorus  gemachten  Beob- 
achtungen der  von  jenem  Forscher  gegebenen  Darstellung  einzu- 
reihen. Dieselben  sind  überdies  unvollständig,  insofern  es  mir 
auf  Grund  des  einzigen  getrockneten  Skeletes  nicht  möglich  war, 
über  äussere  Kiemenbögen  und  Kiemenstrahleii  der  inneren  Bögen 
irgend  Avelche  Beobachtungen  anzustellen,  und  die  Eintrocknung 
gerade  bei  diesen  Skelettheilen  die  äussere  Form  derselben  nicht 
unerheblich  verändern  kann.  Es  empfiehlt  sich  die  verschieden 
differenzirten  Theile  desselben  gesondert  zu  besprechen,  zumal 
dieselben  ihrer  Function  nach  mit  sehr  verschieden  Namen  belegt 
worden  sind. 

Die  Kiemenbögen  im  enge- 
ren Sinne  sind,  wenn  man  von 
den  Kiemenstrahlen  absieht,  in  zwei 
verschiedene  Bildungen  differenzirt, 

1)  in  die  eigentlichen  Bogenstücke, 

2)  in   die    ventralen   Verbindungs- 
stücke der  letzteren. 

Die  eigentlichen  Bogenstücke 
sind  durch  die  Eintrocknung  des 
Skeletes  so  in  ihrer  Form  ver- 
ändert, dass  man  nur  die  Zahl  und 
Lage  —  zwei  seitliche  und  das  dor- 
sale Stück  der  Bögen  — .  aber  nicht 
deren  Gestalt  genauer  beobach- 
ten kann. 


Fig.  4. 


108 


Die  ventralen  Verbindungsstücke  oder  Copularia  bestehen 
aus  einer  grossen  herzförmigen  Endplatte  und  drei  paarigen 
vorderen  Spangen,  welche,  an  der  Vorderseite  der  Endplatte 
inserirt,  sich  bogenförmig  nach  aussen  richten.  Sie  nehmen 
von  vorn  nach  hinten  schnell  an  Länge  ab.  derart,  dass  die 
zweite  etwa  die  Hälfte .  die  diitte  ein  Viertel  der  Länge  der 
vordersten  erreicht.  Die  vordere  Spange  ist  dagegen  verhält- 
nissmässig  schmal  und  verjüngt  sich  nach  dem  distalen  Ende. 
Die  drei  Spangen  jederseits  sind  untereinander  durch  unverkalkte 
Haut,  bezw.  Bindegewebe  verbunden,  und  vorn  bildet  dasselbe 
eine  schmale  Brücke  zwischen  den  vordersten  Spangen.  Vergleicht 
man  dieses  in  obenstehender  Figur  4  gezeichnete  Bild  mit  den 
von  Gegenbaur  gegebenen  Darstellungen  des  Visceralskelets  der 
verschiedenen  Plagiostomen,  so  ergiebt  sich  eine  sehr  nahe  Ueber- 
ein Stimmung  mit  der  1.  c,  t.  XVI  gegebenen  Abbildung  von 
Centrophonis  calceiis,  eine  weniger  grosse  mit  Acanthias  und 
Sinnax  niger  (t.  XMH.  f.  3  u.  6).  Ein  in  manchen  Beziehungen 
ähnliches  Bild  zeigen  auch  liaja  und   Torpedo. 

Der  Hyoidbogen  wird  gebildet  aus  den  paarigen  Hyoman- 
dibulare  (hm)  und  Hyoid  (hy)  und  der  ventralen  unpaaren  Copula. 
Das  an  dem  hinteren  Schädel  articulirende  Hyomandibulare  ist 
eine  breite  kräftige  Spange,  w'elche  am  Tragen  des  Kieferbogens 
sehr  wesentlich  betheiligt  ist,  das  Hyoid  ist  dagegen  sehr  viel 
schwächer  und  wie  die  Copula  als  lange  dünne  Spange  entwickelt. 
Der  Hyoidbogen  schliesst  sich  sonach  in  seinem  Verhalten  an  das 
der  Spinaciden  an,  unter  denen  er  fast  vollständige  Ueberein- 
stimmung  mit  Acanthias  aufweist. 

Der  Kie fei' bogen  besteht  aus  den  paarigen  Stücken  des 
Oberkiefers  (Palatoquadratum)  und  Unterkiefers.  Die  Palatoquadrata 
sind  verhältnissmässig  schlanke  Knorpel,  welche  vorn  in  der 
Symphyse  fest  verwachsen  sind  und  zusammen  einen  halbkreis- 
förmig gebogenen  Oberkiefer  bilden.  Der  Unterkiefer  ist  dem 
Oberkiefer  ähnlich,  er  besteht  ebenfalls  aus  einem  dünnen  halb- 
kreisförmigen Bogen,  dessen  paarige  Mandibular  stücke  in  der 
Symphyse  fest  verbunden  sind. 

Was  das  Verhältniss  des  Kieferbogens  zum  Schädel,  bezw. 
dessen  Befestigung  an  letzterem  betrifft,  so  ist  es,  glaube  ich,  auf 
Grund  der  Entwicklungsgeschichte  zw'eckmässig,  im  Allgemeinen 
drei  Arten  der  Befestigung  zu  unterscheiden,  welche  als  eine 
primäre,   eine  secundäre  und  eine  tertiäre  aufzufassen  sind. 

Die  primäre  Befestigung  besteht  darin,  dass  sich  das  nach  hin- 
ten verbreiterte  Palatoquadratum  direct  mit  dem  Cranium  am  Post- 
orbitalfortsatz verbindet  und  durch  diese  Verbindung  ausschliess- 
lich oder  fast  ausschliesslich  getragen  wird.    Dieser  Zustand  ist  als 


109 


der  primäre  aufzufassen,  weil  er  sich  in  der  embryonalen  Entwick- 
lung zuerst  ausprägt  und  weil  ihn  die  niedrigst  organisirten  und 
zugleich  die  ältesten  Typen  von  Selachiern  besitzen,  nämlich  die 
Xenacanthini ,  Notidanidne  und  Cesfracionidae ,  wenn  sich  auch 
bei  letzteren  bereits  die  Tendenz  nach  einer  anderweitigen  Be- 
festigung zu  erkennen  giebt.  Dieser  Befestigung  entspricht  eine 
starke  Ausbreitung  des  hinteren  Theiles  des  Palatoquadratum  nach 
oben;  und  der  Umstand,  dass  wir  wenigstens  einen  Vorsprung 
am  Knorpel  als  Rudiment  jener  ursprünglichen  Articulation  noch 
J)ei  fast  allen  Selachiern  antreffen,  bei  welchem  derselbe  in  Folge 
einer  veränderten  Articulation  höchst  wahrscheinlich  functionslos 
geworden  ist,  beweist,  dass  seine  Bildung  eine  sehr  ursprüngliche 
und  jedenfalls  sehr  lange  bewahrte  Eigenthümlichkeit  der  Pla- 
giostomen  ist. 

Mit  dem  allmählichen  Aufgeben  jener  primären  Articulation 
(Spinaciden)  stellt  sich  eine  neue  secundäre  Verbindung  am  vor- 
deren Theil  des  Schädels  ein.  welche  bei  Notidaniden  noch 
schwach  angedeutet  ist  und  in  frühen  Embryonalstadien  der  ver- 
schiedenen Plagiostomen  noch  ganz  fehlt.  Nach  der  allmählichen 
Vereinigung  und  Verfestigung  der  Palatoquadrata  in  der  Symphyse 
bildet  sich  am  Schädel  hinter  der  Nasalregion  ein  Gelenkfortsatz 
—  der  Palatobasalfortsatz  —  und  am  Palatoquadratum  zur  Gelenk- 
verbindung mit  jenem  ein  Gaumenfortsatz  aus.  Diese  secundäi'e 
Articulation  muss  wohl  bei  den  Formen,  bei  denen  die  Mund- 
öflfnung  vorn  am  Kopfe  steht  und  zum  Schnappen  vorzugsweise 
eingerichtet  ist,  entschieden  als  ein  Fortschritt  in  der  Organisation 
aufgefasst  werden,  da  hierbei  die  Kieferbogen  in  den  Mund- 
winkeln eine  erheblich  freiere  Beweglichkeit  erlangen,  als  bei  der 
schwerfälligen  Verbindung  ihres  hinteren  Endes  am  Schädel. 

Als  eine  tertiäre  Verbindung  fasse  ich  diejenige  auf,  welche 
zwischen  dem  Oberkiefer  und  dem  Schädel  durch  das  Hyomandi- 
bulare  vennittelt  wird;  als  tertiär  im  Hinblick  auf  die  beiden 
anderen  deshalb,  weil  sie  sich  von  dem  den  einzelnen  Visceral- 
bögen  zu  Grunde  liegenden  Bauplan  theoretisch  am  weitesten 
entfernt  und  weil  sie  practisch  erst  bei  den  Formen  (Kochen)  zur 
vollen  Entfaltung  kommt,  welche  sich  hinsichtlich  ihrer  Difteren- 
zirung  von  dem  ursprünglichen  Typus  am  weitesten  entfernt  haben. 

Prisfiophorus  zeigt  nun  in  den  genannten  Punkten  folgendes 
Verhalten.  Die  primäre  Verbindung  ist  zwar  ganz  aufgegeben, 
aber  der  Articulationsfortsatz  für  jene  primäre  Articulation  mit 
dem  Schädel  ist  am  Oberkiefer  wie  bei  den  Spinaciden  noch  be- 
deutend entwickelt  (p).  Zur  Befestigung  am  Schädel  dienen  da- 
gegen wie  bei  der  Mehrzahl  der  spindelförmigen  Plagiostomen  die 
secundäre   und   die   tertiäre   Articulation.     Die   secundäre  Verbin- 


110 

düng  durch  den  Gaumenfortsatz  ist  bereits  etwas  riickgebildet. 
was  jedenfalls  in  der  Verbreiterung  des  Schädels  und  der  starken 
Auseinanderziehung  des  Gebisses  seine  Erklärung  findet.  Dagegen 
ist  die  tertiäre  durch  das  Hyoniandibulare  vermittelte  Articulation 
sehr  wohl  entwickelt,  was  dadurch  um  so  deutlicher  hervortritt, 
dass  das  Hyoniandibulare  sehr  kräftig,  das  Hyoid  sehr  schwach 
entwickelt  ist.  Diese  Befestigung  erinnert  daher  an  die  bei  den 
meisten  Rochen  übliche,  welche  unter  dem  gleichen  Einfluss  der 
Verbreiterung  des  Kopfes  den  gleichen  Weg  der  Ditierenzirung 
eingeschlagen  hat.  Ich  kann  aber  hierin  nur  eine  aus  der  glei^ 
chen  Function  hervorgegangene  Convergenzerscheinung  erblicken^). 
Dass  die  Kiefer  äste  bei  Pristiophorus  im  Gegensatz  zu  den 
Spinaciden  verhältnissmässig  dünn  und  gerundet  im  Querschnitt 
sind,  ist  wohl  unzweifelhaft  die  Folge  davon,  dass  mit  der  mäch- 
tigen Bewaffnung  durch  die  Rostralsäge  das  ganze  Gebiss  eine 
Rückbildung  erfahren  hat.  Während  sich  das  Verhalten  des 
Kieferbogens  auch  in  allen  wesentlichen  Punkten  auf  das  bei 
Spinaciden  zurückführen  lässt.  nähert  es  sich  in  der  Art  der 
Bezahnung  derjenigen  der  Rochen  und  der  Scylliden.  Hierbei  ist 
indess  auch  der  Umstand  noch  zu  erwägen,  dass  fossile  Reste 
von  Pristiophorus  ebenso  alt  sind,  als  uns  echte  Spinaciden  (Acan- 
thias  latidens  Dav.  sp.)  bis  jetzt  bekannt  sind,  und  dass  es  sehr 
wahrscheinlich  ist,  dass  die  Scylliden  auf  einen  gleichen  Stamm 
zurückzuführen  sind,  sich  demnach  auch  in  der  Kreide -Periode 
noch  näher  standen  als  heute. 

c.    Die  Wirbelsäule. 

Hasse  standen  bei  seinen  eingehenden  Untersuchungen  der 
Wirbelsäule  von  Pristiophorus  nur  Schwanzwirbel  zur  Verfügung. 
Seine  Annahme,  „dass  ein  wesentlicher  Unterschied  im  Baue 
der  Rumpfwirbel  nicht  existiren  wird*-'  (1.  c.  p.  98),  kann  ich 
jedoch  nach  Betrachtung  der  mir  vorliegenden  vollständigen  Wir- 
belsäule nicht  bestätigen,  und  hierin  liegt,  wie  ich  glaube,  der 
Grund,  dass  ich  in  der  Beurtheilung  der  Wirbelsäule  von  Pristio- 
phorus zu  anderer  Ansicht  gelangt  bin  als  der  genannte  For- 
scher. Auch  in  der  Arbeit  von  Hasse  wird  Pristiophorus  un- 
mittelbar nach  den  Spinaciden  besprochen,  aber  an  die  Spitze 
einer  anderen  Gruppe,  seiner   TectospondyH,  gestellt. 

Was  zunächst  den  letztgenannten  Begritf  betrifft,  so  kann 
ich  demselben  einen  systematischen  Werth  in  dem  Sinne  von 
Hasse  nicht  zuerkennen,  da  ich  in  der  Tectospondylität  der  Wirbel 
nur  ein  Stadium  der  Differenzirung,  und  zwar  einer  Rückbildung 
erblicken  kann.     Dieselbe  kann  aber  in  verschiedenen  phylogene- 


1)  Haswell,  1.  c,  p.  100. 


111 


tischen  Gruppen  selbstständig  erfolgen  und  ist  z.  B.  bei  den  ver- 
schiedenen Rochen  in  sehr  verschiedener  Weise  vor  sich  gegan- 
gen; die  einen  sind  sicher  auf  asterospondyle,  die  anderen  auf 
cyclospondyle  Typen  zurückzuführen.  Ich  glaube,  dass  man  in 
dem  Bau  der  Wirbelsäule  naturgemäss  folgende  Typen  unter- 
scheiden muss: 

1.  einen  indifferenten  Typus,  bei  welchem  im  einfach- 
sten Falle  (Notidaniden)  nur  eine  Gliederung  der  Chordascheide 
in  wirbelartige  Segmente  stattfindet,  im  zweiten  Falle  als  höheres 
Differenziruugsstadium  eine  sanduhrförmige  Einschnürung  des  Wir- 
belkörpers erfolgt  (Spinaciden  =  Cydospondyli  Hasse).  Von 
letzterem  Typus  kann  man  als  Dift'erenzirungen  in  verschiedener 
Richtung  folgende  auffassen: 

2.  einen  asterospondylen  Typus,  bei  welchem  sich  zwi- 
schen den  Doppelkegeln  des  sanduhrförmigen  Wirbels  Längsleisten 
ausbilden,  welche  dem  Wirbelkörper  im  Querschnitt  ein  sternför- 
miges Aussehen  verleihen.  Stets  sind  zwei  obere  und  zwei  untere 
Einstülpungen  vorhanden,  in  welchen  die  oberen  und  die  unteren 
Bögen  Halt  bekommen.  Diesen  Typus  zeigen  noch  wenig  difte- 
renzirt  die  Cestracioniden,  am  höchsten  entwickelt  die  Lamniden, 
rückgebildet  z.  B.  die  Trygoniden  und  Rhinobatiden ; 

3.  den  sklerospondylen M  Typus,  bei  welchem  die  Ver- 
festigung der  Doppelkegel  nicht  durch  Längsleisten,  sondern  durch 
concentrische  Ablagerung  von  Kalk  erfolgt.  Die  vier  Einstül- 
pungen, die  beiden  oberen  für  die  Neurapophysen ,  die  beiden 
unteren  für  die  Haemapophysen ,  sind  auch  hier  vorhanden.  Am 
klarsten  ausgeprägt  zeigen  diesen  Bau  die  Carchariden,  weniger 
deutlich  und  etwa  in  der  Mitte  zwischen  diesen  und  den  Spina- 
ciden  stehend  die  Scylliden. 

Uebergänge  zwischen  den  beiden  letztgenannten  Typen  sind 
naturgemäss  vorhanden,  da  auch  bei  den  asterospondylen  Wirbeln 
durch  die  Längsleisten  eine  concentrische  Schichtung  geht.  Bei 
der  Rückbildung,  welche  die  Wirbelsäule  z.  B.  in  der  breiten 
Rumpfscheibe  der  Rochen  erfährt,  oder  bei  der  Vereinfachung 
des  Baues  in  den  kleinen  Wirbeln  des  Schwanzes  ist  der  ur- 
sprüngliche T}q3us  oft  sehr  verwischt. 

Was  imn  Pristiophorus  anbetrifft,  so  finde  ich  in  dem  Bau 
der  Wirbelsäule  durchaus  keinen  Unterschied  gegenüber  Acanthias, 
höchstens  ist  zwischen  den  Doppelkegeln  die  Verkalkung  im  Sinne 
des  sklerospondylen  Typus  etwas  weiter  vorgeschritten,  sodass 
Prisiiophorus  sich  dem  Entwicklungsstadium  nähert,  welches  in 
dieser  Hinsicht  Scyllium    catulus    einnimmt.      Es    sind    an   dem 

^)  axÄT;(vo;  =  hart,  fest,  wegen  der  stärkeren  Kalkablagerung  zwi- 
sclieu  den  Doppelkegeln. 


112 


eigentlichen  Wirbelkorpcr  stets  die  '2  oberen  und  unteren  Ein- 
stülpungen vorhanden  und  im  Rumpfe  sogar  sehr  tief,  derart, 
dass  an  den  eingetrockneten  Doppelkegeln  bisweilen  zwischen  den 
oberen  und  unteren  Einstülpungen  jederseits  ein  offener  Durch- 
bruch erscheint  (vergl.  Fig.  5,  p.  113).  Am  Schwanz  allerdings 
werden  jene  4  Einstülpungen  flacher,  und  zugleich  tritt  die  Ver- 
kalkung stärker  hervor,  und  so  erscheint  schliesslich  das  Bild, 
welches  Hasse  uns  (1.  c. ,  t.  XEH ,  f.  4  u.  5)  gegeben  hat.  Eine 
mikroskopische  Untersuchung  der  Wirbel  konnte  ich  leider  nicht 
vornehmen,  doch  glaube  ich  mich  als  Basis  füi^  die  von  mir  ver- 
tretene Autfassung,  dass  Prisiiophorus  ein  Spinacide  sei,  der 
Worte  Hasse's  bedienen  zu  können,  der  hierüber  folgendes  sagt 
(1.  c,  p.  99):  „Das  Bild  des  geweblichen  Aufbaues  der  Wirbel- 
säule des  Prisiiophorus  ist  ein  ungemein  complicirtes,  freilich 
auch  höchst  anziehendes,  und  es  hat  lange  gedauert,  ehe  ich 
mich  in  diesem  Labyrinthe  zurechtgefunden  habe.  Das  ist  mir 
an  der  Hand  der  Kenntnisse  von  den  ältesten  unter  den  Plagio- 
sfomi  cyclospondyli  und  den  Notidaniden  gelungen."  Wenn  also 
Hasse  zum  Verständniss  des  Baues  von  den  Cyclospondylen,  d.  h. 
den  Spinaciden  ausgehen  musste,  so  liegt  darin  wohl  der  beste 
Beweis,  dass  sich  Pristiqphorus  auch  in  dieser  Hinsicht  am  näch- 
sten an  die  Spinaciden  anschliesst. 

Die  bereits  von  Hasse  gemachte  Beobachtung,  dass  die  Form 
der  Neurapophysen  und  Intercalarstücke  sehr  unregelmässig  sei, 
kann  ich  für  die  ganze  Wirbelsäule  bestätigen  (Hasse,  1.  c,  p.  98). 

Der  Querschnitt  der  Wirbel  ist  übrigens  in  der  Rumpfregion 
vierseitig,  indem  die  Längskanten  der  4  Einstülpungen  stark 
hervortreten.  Danach  fällt  das  Bedenken  fort,  welches  Hasse 
gegen  die  Bestimmung  des  fossilen  Wh-bels  aus  dem  Miocän  von 
Baltringen  hegte  (Hasse,  1.  c,  p.  103). 

d.  Die  unpaaren  Flossen. 
Ln  Besonderen  die  beiden  Dorsalia,  weniger  das  Caudale 
erhalten  in  ihrem  Skeletbau  dadurch  ein  sehr  charakteristisches 
Aussehen,  dass  die  Zahl  und  Grösse  der  Stützplatten  sehr  be- 
trächtlich ist  (vgl.  die  nebenstehende  Fig.  6).  Es  ist  eine  grosse, 
länglich  Aierseitige  Mittelplatte,  eine  Reihe  kleinerer  davor  und 
dahinter  und  über  der  mittleren  und  den  hinter  ihr  liegenden 
noch  eine  Reihe  kleiner  Plättchen,  von  denen  die  Hornfäden  der 
Flosse  ihren  Ausgang  nehmen.  Ein  derartiges  Flossenskelet  ist 
nur  bei  wenigen  Formen  von  Selachiern  vorhanden.  Es  ist  ganz 
abweichend  von  dem  der  Cai'chariden ,  Scylliden  und  anderen 
Haien,  schliesst  sich  dagegen  vollständig  an  ein  Verhalten  an, 
wie  wir  es  bei  Äcanfhias  vulgaris  antreffen.  .  Auch  hier  bilden 
grosse,    auf  den  oberen  Bögen   aufsitzende  Platten  die  Basis  der 


113 


Figur 


Flosse,  darüber  liegen  kleinere  Platten,  auf  denen  direct  die 
Hornfäden  inseriren.  xiuch  vor  dem  Stachel  sieht  man  bei  Acan- 
fhias  noch  mehrere  Stützplatten.  Man  braucht  sich  also  nur 
nach  Fortfall  des  Stachels  die  Zahl  der  Platten  vermehrt  zu 
denken,  um  zu  demselben  Verhalten  zu  gelangen,  welches  wir  bei 
PrisHophorus  antrafen.  Nicht  unähnlich  ist  die  Anordnung  der 
grossen  Stützplatten  bei  den  sog.  unechten  Rochen  Pristis  und 
Bliynchohatus,  bei  denen  sich  aber  über  den  Stützplatteu  noch 
mehrere  Reihen  länglicher  Knorpelstäbe  finden,  welche  der  Flosse 
einen  anderen  Charakter  als  bei  Pn'stiopJionisi  und  Acanthlas  ver- 
leihen. Die  Aehnlichkeit  jener  mag  lediglich  durch  die  auch  ver- 
hältnissmässig  starke  Entwicklung  der  Dorsalia  herbeigefülirt  sein. 
Das  Schwanzflossenskelet  ist  dadurch  gekennzeichnet,  dass 
die  unteren  Bögen  sich  zu  gekrümmten  Stäben  verlängern  und 
die  vorderen  von  ihnen  sich  auch  erheblich  verbreitern.  Ebenso 
gleichmässig  wie  die  Zunahme  ihrer  Länge  von  der  Insertion  der 
Flosse  an  ist  ihre  Abnahme  nach  dem  Ende  der  Wirbelsäule  zu. 
Auf  jeden  Wirbelkörper  kommt  dabei  eine  Knorpelspange.  Auf 
der  oberen  Seite  der  Wirbelsäule  finden  sich  kleinere,  schärfer 
nach  hinten  gebogene  Stäbe  in  der  Anordnung,  dass  anfangs 
mehrere  auf  einen  Wirbelkörper  kommen,  weiter  nach  hinten  aber 
je  ein  Stäbchen  auf  den  oberen  Bögen  aufsitzt.  In  allen  diesen 
Punkten  stimmt  Pristiophurns  mit  Aainfhias  vollständig  überein, 
während  in  anderen  Grujjpen  von  Selachiern  ziemlich  abweichende 
Verhältnisse  des  Skeletbaues  vorliegen. 


Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  1. 


114 


e.    Die  paarigen  Flossen   mit  Scliult(>r  und  Becken- 
Gürtel. 

Die  Brustflosse  besitzt  ein  Skelet,  welches  sich  unter  den 
mir  bekannten  am  nächsten  an  das  von  Acanfliias  anschliesst. 
Die  Basis  wird  von  drei  Stücken  gebildet .  einem  breit  -  keilför- 
migen mittleren,  einem  axtförmigen.  etwas  schmäleren  und  län- 
geren hinteren  und  einem  kleinen  schmalen  vorderen  Stücke. 
Nach  dem  Schema  Gegenbaur's  wäre  also  ein  Pro-,  Meso-  und 
Meta-Pterygium  vorhanden.  Ich  halte  aber  eine  conseiiuente  Durch- 
führung dieser  Bezeichnungen  füi*  unausführbar,  weil  diese  sehr 
plastischen  Gebilde  von  den  Veränderungen  der  äusseren  Form 
der  Flosse  so  beeinflusst  werden,  dass  bei  sehr  nahe  verwandten 
Formen  die  Anordnung  jener  Stücke  eine  ausserordentlich  nian- 
nichfaltige  ist,  und  weil  jene  Mannichfaltigkeit  eine  sichere  Be- 
stimmung der  einzelnen  Elemente  oft  unmöglich  macht.  Aus  der 
bei  Scymmis  z.  B.  ganz  einheitlichen  Platte  sondert  sich  aller- 
dings meist  ein  hinteres  Stück  ab,  welches  dem  der  Bewegung 
weniger  ausgesetzten,  am  Körper  anliegenden  Theil  der  Flosse 
stützt  und  sich  wegen  seiner  meist  beträchtlichen  I^ängenausdeh- 
nung  wieder  in  eine  Reihe  grösserer  und  kleinerer  Stücke  glie- 
dert. Um  der  Brustflosse,  namentlich  wenn  sie  sich  in  der  Längsaxe 
des  Körpers  ausdehnt,  in  dieser  Richtung  eine  grössere  Beweg- 
lichkeit zu  verleihen,  gliedert  sich  auch  vorn  noch  ein  Knorpel- 
stück ab.  welches  sich  namentlich  dann,  wenn  es  sich  wie  das 
hintere  Stück  an  den  Körper  anlegt,  beti-ächtliche  Ausdehnung 
und  eine  Gliederung  in  der  Längsaxe  erfährt.  Alles  Andere  aber 
lässt  sich  im  Skelet  der  Brustflosse  sehr  schwer  schematisiren, 
und  namentlich  ist  durchaus  nicht  festgestellt  und  wahrscheinlich 
überhaupt  nicht  nachweisbar,  welche  Lage  -  Veränderungen  und 
Umbildungen  die  einzelnen  Stücke  einer  dreieckigen  Haiflossc  bei 
deren  Umwandlung  und  Verbreiterung  zu  einer  Rochenflosse  er- 
fuhren. Dass  die  vielfachen  Bemühungen ,  das  Extremitäten- 
Skelet  der  höheren  Wirbelthiere  auf  das  der  Selachier  zurück- 
zuführen, beziehungsweise  das  der  letzteren  nach  dem  Muster 
jener  zu  schematisiren,  illusorisch  sind,  ist  mir  nach  dem  hier 
Gesagten  und  den  bereits  von  mir  an  anderer  Stelle  hervorgeho- 
benen Rücksichten  nicht  mehr  zweifelhaft^). 

An  jene  genannten  Basalstücke  schliessen  sich  in  der  Brust- 
flosse von  PrisHopliorns  einige  unregelmässige  Platten  und  ein 
Kranz  radial  gestellter  Knorpelstäbe  an,    welche  bei  jungen  Indi- 


')  0.  Jaekel.     Ueber    Plumeroplenron   und    Hemictenodus ,     Sitz.- 
Berichte  d.  Ges.  naturf.  Freunde,  Berlin  1890,  p.  8. 


115 


viduen    nur  ciufacli,    bei  älteren,    wie  die  beistehend  gezeichnete 
Fig.   6  zeigt,   verdoppelt  zu  sein  scheint. 

Figur  6. 


Figur  7. 


Der  sogenannte  Schultergürtel,  d.  h.  die  die  Pectoralia  tra- 
genden Knorpelstücke,  stimmen  in  ilirer  äusseren  Form  ganz  mit 
Acanthias  überein. 

Die  Bauchflossen  zeigen 
keine  besonderen  Eigenthüm- 
lichkeiten.  Man  sieht  (vergl. 
die  beistehende  Fig.  7)  einen 
langen,  säbelförmigen  Knor- 
pel auf  der  Innenseite  bis 
etwa  zur  Hälfte  der  Länge 
der  Flosse  verlaufen  und  von 
ihm  eine  Reihe  von  18  Span- 
gen ausgehen,  deren  vorde- 
ren 11  in  ihrer  Verlänge- 
rung noch  kleine  Knorpel 
angelagert  sind.  Die  vor- 
derste breite  Spange  ist  aus 
der  Verw^achsung  mehrerer 
hervorgegangen. 

Der  die  Bauchflossen  tragende  Beckenknoi'pel  stellt  eine 
einfache,  wenig  gekrümmte  Spange  dar.  An  den  Seiten  besitzt 
er  kleine,  nach  vorn  gerichtete  Praepubical-Fortsätze. 

Aus  der  Besprechung  der  Hartgebilde  der  Haut  und  der  ein- 
zelnen Theile  des  Innenskelets  ergiebt  sich  demnach  Folgendes: 

8* 


116 


Alle  Hartgebilde  der  Haut  stimmen  bis  in  die  fein- 
sten Structurverhältnisse  mit  denen  der  Spinaciden 
überein. 

Die  einzelnen  Tbeile  des  Innenskelets  zeigen  die 
grösste  Uebereinstinimung  mit  denen  der  Spinaciden, 
ihr  Bau  lässt  sich  dem  allgemeinen  Typus  der  Spina- 
ciden unterordnen,  aber  nicht  in  allen  Beziehungen  an 
eine  bestimmte  Gattung   derselben   anschliessen. 

Die  Uebereinstinimung  in  der  Anordnung  der  Oeff- 
nungen  für  den  Austritt  der  Nerven  mit  Acanfhins  be- 
weist, dass  der  Verlauf  auch  dieser  Organe  im  Wesent- 
lichen derselbe   ist  wie  bei  Spinaciden. 

Die  eigenthümliche  Rostralbildung  bei  Pristiopho- 
rus  hat  mit  der  von  Prisfis  nichts  zu  thun.  lässt  sich 
aber  ungezwungen  auf  die  einiger  Si>inaciden  zurück- 
führen. 

IV.   Die  fossilen  Formen. 

Ich  glaube,  mich  nach  vorstehenden  Ausführungen  bei  der 
Besprechung  der  an  sich  unbedeutenden  Reste  kurz  fassen  zu 
können. 

1.     Pristiophorns  suevicus  n.  sp. 

Taf.  HI.  Fig.  1  u.  2.   Taf.  IV,  Fig.  1.   Taf.  V. 

Sj'n.  Pristis  sp.  Probst:  Beiträge  zur  Kenntniss  der  fossilen  Fische 
aus  der  Molasse  von  Baltringen,  II:  Batoidei.  Sep. -Abdruck 
a.  d.  Württ.  iiatui-w.  Jahresheften,  1877,  p.  81,  t.  I,  f.  22. 

Mein  verehrter  Freund,  Herr  Pfarrer  D.  Probst,  hatte  die 
grosse  Freundlichkeit,  mir  einige  Rostralzähne  dieser  Art  zur 
mikroskopischen  Untersuchung  anzuvertrauen.  Hierbei  ergab  sich 
die  p.  96  besprochene  vollkommene' Uebereinstinnnung  im  inneren 
Bau  mit  den  Rostralzälmen  lebender  Pristiophoriden.  Ich  kann 
hinsichtlich  der  Mikrostructur  auf  das  verweisen  ,  was  ich  p.  96 
darüber  gesagt  habe.  Taf.  III,  Fig.  1  stellt  einen  Längsschliff 
durch  einen  solchen  Rostralzahn  in  ca.  20facher  Vergrösserung 
dar.  Auf  Taf.  IV.  Fig.  1  habe  ich  die  Verästelung  des  oberen  Endes 
des  Mittelkanals  gezeichnet  und  dazu  zum  Vergleich  das  mikrosko- 
pische Bild  des  oberen  Theiles  eines  Kieferzahnes  von  Scymrms 
fnnnguhis  Probst  gesetzt,  welcher  ebenfalls  aus  der  Baltringer 
Molasse  stammt.  Auf  Taf.  V  habe  ich  schliesslich  einen  Theil 
jenes  Rostralzahnes  in  noch  stärkerer,  etwa  350facher  Vergrös- 
serung dargestellt  und  p.  96  —  99  ausführlich  besprochen. 

Ueber  die  äussere  Form  jener  Zähne  sagt  Probst  Folgendes: 
„Diese  nicht  ganz  seltenen  Zähne  sind  schlank,  nur  0,01  m  lang 


117 


oder  etwas  darüber  und  kaum  über  1  rani  breit,  meist  gerade, 
bisweilen  etwas  säbelförmig  gekrümmt,  auf  beiden  Seiten  schnei- 
dend, schmelzglänzend.-  Dieser  Beschreibung  möchte  ich  nur 
das  hinzufügen ,  dass  die  Zähne  flach  comprimirt  sind .  dass 
die  Compression  nach  der  Spitze  zuninnnt  und  dass  an  der  Basis 
ein  verdickter  Kranz  um  den  Zahn  verläuft,  welcher  die  Grenze 
von  Wurzel  und  Krone  bezeichnet  und  durch  die  Fossilisation 
stärker  hervortritt,  weil  die  schmelzlose  Wurzel  unterhalb  jenes 
Kranzes  der  Verwitterung  in  höherem  Maasse  ausgesetzt  war 
(vergl.   Taf.  III,  Fig.  2   und  Probst.  1.  c,  t.  I.   f.  22). 

Die  Form  stammt  aus  den  marinen  Molasse -Schichten  Ober- 
schwabens und  ward  von  Herrn  Probst  in  Baltringen  in  einer 
Reihe  von  Exemplaren  aufgefunden. 

Bei  der  Seltenheit  von  Pristiophoriden  ist  es  wohl  nun  nicht 
zweifelhaft,  dass  der  von  Hasse  beschriebene  und  nach  meiner 
Ansicht  sicher  zu  Pristiophorus  gehörende  Wirbel  (vergl.  p.  1 1 2) 
auch  dieser  gleichen  Art  angehört.  Wir  haben  also  noch  im 
Miocän  Reste  von  Frisfophonis  und  zwar  Rostralzähne  und  Wir- 
bel im  Gebiet  Württembergs,  eine  Thatsache.  welche  iin  Hinblick 
auf  die  heutige  geographische  Verbreitung  von  FrisfiopJtonis  nicht 
bedeutungslos  ist. 

Pristiojihorus  (Sclerorhi/nchfis)  atarns  Sm.  Woodw. 
Taf.  II,  Fig.  1.      Copie  nach  Sm.  Woodward. 

Sdcrorhynclms  atarns  Smith  Woodward,  Catalogue  of  the  fossil 
fishes  in  the  British  Museum  (Natural  Historv),  London  1889, 
p.  76,  t.  III,  f.  1. 

Smith  Woodward  sagt  über  die  systematische  Stellung  des  ein- 
zigen Taf.  II.  Fig.  1  copirten  Schnauzenfragmentes  Folgendes:  ..The 
portion  of  snout  described  bclow  indicates  a  hitherto  unrecognized 
genus,  either  of  Pristidae  or  Pristioplwridae.  The  robust  cha- 
racter  of  the  rostral  cartilages,  and  the  apparent  absence  of  pro- 
minent pre  -  palatine  processes  in  advance  of  the  nasal  capsules, 
suggest  that  it  may  most  probably  be  placed  in  the  first  of  these 
families.  The  teeth  of  the  rostrum  are  comparatively  small  and 
loosely  attached  to  the  skin." 

Ich  glaube,  dass  es  nach  dem  eingangs  über  die  Bezahnung 
des  Rostrunis  Gesagten  keiner  weiteren  Begründung  bedarf,  dass 
jenes  Schnauzenfragment  nicht  zu  den  Pristiden,  sondern  zu  den  Pri- 
stiophoriden gehört.  Der  von  Smith  Woodward  angegebene  Unter- 
schied, dass  die  Praepalatinknorpel  fehlen,  wird  dadurch  irrele- 
vant, dass  derselbe  auch  bei  den  lebenden  Formen  unverkalkt 
bleibt.  Davon  kann  man  sich  bei  ausgestopften  Exemplaren  sofort 
überzeugen,    weim    man    sie    gegen    das   Licht    hält,    wobei    die 


118 


betreffende  Stelle  durchscheinend  ist.      Ein   unverkalkter  Knorpel 
konnte  aber  selbstverständlich  nicht  fossil  erhalten  bleiben. 

Es  entsteht  danach  die  Frage,  ob  man  jenen  Rest  der  Gat- 
tung Pristiophorns  direct  zuzählen  soll,  oder  den  Gattungsnamen 
Sclerorhynchus  aufrecht  erhalten  kann.  Ich  glaube  nun  zwar, 
dass  jene  Form  unmittelbar  der  Ahnenreihe  von  Pristiophorns 
suevicus  und  der  heut  lebenden  Arten  angehört,  aber  in  der 
p.  106  besprochenen  Ausbreitung  des  Rostralknorpels  (Fig.  1,  a) 
liegt  ein  Merkmal,  welches  zusammen  mit  der  geringen  Entwick- 
lung der  kurzen  Rostralzähnchen  wohl  die  Beibehaltung  des  Na- 
mens Sderorht/ncJms  als  eines  Subgeims  von  Pristiophorns  recht- 
fertigen dürfte.  Der  trefflichen  Beschreibung  von  Smith  Wood- 
WAARD  habe  ich  im  üebrigen  nichts  zuzufügen.  Das  Fossil 
entstammt  den  turonen  Kreideschichten  von  Sahel  Alma  im 
Libanon. 

Pristiophorus  ensifer  Davis  sp. 

Taf.  m,  Fig.  3  u.  4. 

Try<jon  ensifer  Davis:  On  Fossil  -  Fish  Remains  from  the  Tertiary 
Formations  of  New  Zealand.  Scient.  Transact.  ot  tlie  Royal 
Dublin  Societv,  Vol.  IV,  Ser.  II,  Dublin  1888,  p.  37,  t.  VI, 
f.  14  und  15  \\\o\\  13). 

Durch  Zufall  gelangte  ich  bei  dem  Fossilienhändler  Butler  — 
London  —  in  den  Besitz  zweier  Fossilien  aus  dem  unteren  Eocän 
von  Le  Ante.  Neu -Seeland.  Dieselben  passten  sehr  gut  zu  den 
von  Davis ,  I.e.,  abgebildeten  Fossilion ,  und  da  die  in  meinen 
Besitz  gelangten  Exemplare  von  dem  gleichen  Fundort  und  dem- 
selben Horizont  des  Tertiärs  entstammen,  so  kann  übei-  die  Iden- 
tität dieser  Reste  kein  Zweifel  sein.  Unbegreiflicher  Weise  sind 
dieselben  von  Davis  als  Schwanz  stach  ein  von  Trygon  aulgefasst 
worden. 

Ich  habe  das  eine  vollständige  Exemplar  auf  Taf.  III,  Fig.  3  a, 
b  u.  c  in  doppelter  Grösse  abgebildet  und  auf  Taf.  HI.  Fig.  4 
einen  Längsschlift'  durch  das  zweite,  weniger  vollständige  Exem- 
plar gezeichnet.  Man  sieht  an  Fig.  3  a  zunächst,  dass  das  Fossil 
nicht  symmetrisch  ist,  indem,  abgesehen  von  der  Krümmung,  die 
Zähnelung  beider  Seiten  ganz  verschieden  ist.  Auf  der  linken 
(hinteren)  Seite  gehen  die  Zähnchen  weiter  nach  der  Spitze  her- 
auf und  sind  erheblich  kräftiger  als  auf  der  anderen  Seite,  wo 
sie  tiefer  unter  der  Spitze  beginnen,  aber  dafür  etwas  tiefer  (unter 
die  Mitte)  hinabreichen.  Man  sieht  ferner  in  Fig.  3a,  dass  die 
Wurzel  unter  der  Schmelzkante  der  Krone  abgesetzt  ist  und  der 
Zahn  schnell  nach  der  Spitze  zu  flacher  und  messerklingenförmig 
wird.      Schliesslich   sieht  man    an  dem  Fig.  4  gezeichneten  Bilde 


119 


der  Mikrostrnctur.  dass  ein  grosser  Mittelkanal  vorhanden  ist 
und  die  Structur  in  allen  wesentlichen  Punkten  mit  den  ent- 
sprechenden Bildern  von  Pn'stiophonts  übereinstinnnt.  Letzteren 
Verhältnissen  seheint  Davis  gar  kein  Gewicht  beigelegt  zu  haben, 
da  er  den  Mittelkanal  wohl  sah,  aber  den  darin  beruhenden 
Unterschied  gegenüber  den  Schwanzstacheln  von  Trygonideu  nicht 
berücksichtigte.  Bei  letzteren  besteht  bekanntlich  ebenso  wie  bei 
Myliobatiden  das  Innere  aus  Yasodeutin  mit  zahlreichen  längs 
verlaufenden  Gefässkanälen . 

Es  kann  auf  Grund  obiger  Verhältnisse  der  äusseren  Form 
und  der  Mikrostructur  nicht  einen  Augenblick  zweifelhaft  sein, 
dass  die  Bestimmung  dieser  Reste  als  Trygonideu  -  Stacheln  auf 
einem  bedenklichen  Irrthum  beruhte.  Andererseits  stinnnen  die- 
selben in  allen  wesentlichen  Merkmalen,  wie  ein  Blick  auf  Taf.  III 
zeigt,  mit  den  gleichen  Hartgebilden  bei  Fristiophorns  vollkommen 
überein.  Nur  in  dem  einen  Punkte  unterscheiden  sie  sich  von 
allen  bisher  bekannten  Arten  dieser  Gattung,  dass  der  vordere 
und  hintere  Rand  der  Rostralzähne  gezähnelt  ist.  3Ian  muss 
diese  Zähnelung  entschieden  als  einen  höheren  Grad  der  Dift'e- 
renzirung  betrachten,  ein  Umstand,  Avelcher  zusammen  mit  der 
sehr  beträchtlichen  Grössenentwicklung  (der  Fisch  dürfte  etwa 
3  m  lang  gewesen  sein)  deshalb  besonders  bemerkenswerth  ist, 
weil  die  Form,  wie  erwähnt,  aus  den  untersten  Tertiärschichten 
stammt.  Es  ergiebt  sich  daraus,  dass  bereits  in  jener  Erdperiode 
die  Pristiophoriden  eine  bedeutendere  Entwicklung  und  Formen- 
mannichfaltigkeit  erlangt  hatten,  als  unsere  heute  lebenden  Arten 
dieser  Gattung  besitzen.  Ich  halte  es  aber  für  sehr  wohl  mög- 
lich, dass  auch  gegenwärtig  noch  solche  Formen  mit  gezähnelten 
Rostralzähnen  leben.  liCrnen  wir  solche  k(!nuen,  dann  wird  sich 
auch  zeigen,  ob  mit  jener  Zähnelung  andere  Merkmale  Iland  in 
Hand  gehen,  welche  eine  generische  Selbstständigkeit  der  sie  be- 
sitzenden Formen  verlangen.  Zunächst  scheint  mir  zu  einer  der- 
artigen Sonderstellung  kein  zwingender  Grund  vorzuliegen,  da 
ich  in  allen  Gruppen  von  Selachiern  hinsichtlich  solcher  Zähne- 
lungen der  Hartgebilde  bezw.  deren  Mangel  eine  sehr  grosse 
Mannichfaltigkeit  und  viel  geringere  Constanz  finde,  als  gewöhnlich 
angenommen  wird.  Ich  glaube  also,  dass  man  auch  die  Formen 
mit  gezähnelten  Rostralzähnen  der  Gattung  Pristiophorus  zu- 
zählen kann  und  dass  man  dementsprechend  den  Begriff  der 
Gattung  in  dem  genannten  Punkte  erweitern  nniss. 

Pn'stiophonis  ensifcr  stammt  aus  den  Kalkschichten  der 
Amuri-Series.  welche  an  der  oberen  Grenze  des  Waipara- Systems 
liegen.  Die  Einreihung  der  letzteren  in  unsere  Formationsglieder 
scheint  noch  ein   strittiger  Punkt  zu  sein,   da  das  Waipara-Systcm 


120 


von  F.  W.  Hutton ^)  in  clie  obere  Kreide  gestellt,  den  darüber 
liegenden  Schichten  aber  ein  oligocänes  Alter  zugeschrieben  wird. 
Nach  anderen  Auffassungen  lässt  sich  die  gleiche  Schichtenfolge 
in  Cretaceo-tertiary,  Upper -Eocene  und  Lower-Miocene  eintheilen. 
Danach  dürfte  man  wohl  nicht  fehlgreifen,  wenn  man  den  oberen 
Schichten  des  Waipara-Systems,  also  auch  unseren  Rostralzähnen, 
ein  unter-  oder  mittel-eocänes  Alter  zuschreibt. 

Die  Originale  zu  Taf.  III,  Fig.  3  und  4  betin  den  sich  in 
meiner  Privatsammlung  ^). 

Aus  obiger  Beschreibung  der  fossilen  Formen  ergiebt  sich 
demnach : 

1.  dass  sich  die  fossilen  Formen  zunächst  bis  in 
die  obere  Kreide  zurück  verfolgen  lassen; 

2.  dass  sich  bei  der  ältesten  Form  noch  eine  ge- 
ringere Differenzirung  des  Rostrums  und  der  Rostral- 
zähne  gegenüber  den  heut  lebenden  Arten  erkennen 
lässt,  und  sich  hierin  ein  Uebergang  zu  Spinaciden 
zeigt; 

3.  dass  die  Gattung  bereits  im  Eocän  eine  rei- 
chere Entfaltung  zeigt  als  die  gegenwärtig  bekannten 
lebenden  Arten,  indem  sich  sehr  grosse  Formen  mit 
höher  differenzirten  Rostralzähnen  einstellen; 

4.  dass  die  geographische  Verbreitung  in  früheren 
Erdperioden  nicht  auf  das  heutige  Gebiet  der  lebenden 
Formen  —  Südsee  und  Japan  —  beschränkt  war  und 
Vertreter  der  Gattung  noch  im  Miocän  in  nordalpinen 
Gebieten  lebten. 


J)  Quart.  Journ.  of  the  Geol.  Soc,  Vol.  XLI,  p.  194. 

^)  Aller  Wahrscheinliclikeit  nach  gehört  auch  der  von  Davis, 
1.  c,  t.  III,  f.  12  a  —  d  als  Lamna  lanceolata  abgebildete  Zahn  als 
Rostralzahn  zu  einem  Pristiophoriden  aus  der  Verwandtschaft  von  P. 
cirratus.  Dass  derselbe  kein  Lamnidenzahn  ist,  hebt  schon  Smith 
Woodward  (Catal.  Foss.  Fish.  Brit.  Mus.  I,  London  18S9,  p.  410) 
hervor.  Der  Annahme  dieses  Autors,  dass  der  Zahn  überhaupt  keinem 
Selachier  angehöre,  möchte  ich  aber  nicht  beipflichten,  da  sowohl  die 
Zeichnung  wie  die  ausführliche  Beschreibung  bei  Davis  (1.  c. ,  p.  20) 
sehr  gut  zu  Rostralzähnen  von  l'vistiophorus  passen.  Die  Fonn  stammt 
aus  den  Schichten  der  Oamaru  Series  in  Neu -Seeland,  welche  von 
Hutton  in  das  Oligocän,  von  J.  Hector  in  das  Ober-Eocän  gestellt 
wird. 


121 


6.   lieber  das  Alter  einiger  Theile  der  (süd- 
amerikanischen) Anden. 

III.  (Schluss) 

Von  Herrn  Carl  Ochsenius  in  Marburg. 

Mit  dem  Satze:  „Der  Bericht  über  die  erwarteten  Blattab- 
diTicke  von  Potosi  wird  besser  den  Händen  eines  unserer  ge- 
wiegten Phytopaläontologen  anzuvertrauen  sein,  als  den  nieinigen" 
beendete  ich  den  Aufsatz  II  über  das  Alter  einiger  Andentheile 
im  Jahrgang -1887,  p.  SOlti".  dieser  Zeitschrift.  Der  Bericht  ist 
ZAvar  längst  fertig  erschienen,  die  aus  ihm  zwinglich  zu  ziehenden 
Folgerungen  haben  aber  erst  kürzlich  noch  eine  so  charakteri- 
stische Bestätigung  erhalten,  dass  ich  schon  aus  diesem  Grunde 
nicht  bedauere,  mit  dem  Schluss  meiner  kleinen  Arbeit  bis  heute 
gezögert  zu  haben. 

H.  Engelhardt  in  Dresden  hat  die  Potosiner  Abdrücke 
bestimmt  und  ihre  Beschreibung  in  Abb.  4  der .  Ges.  Isis  dort 
veröffentlicht. 

Ich  entnehme  derselben  nur  folgende  Notizen. 

„Die  Pflanzenreste  befinden  sich,  recht  wohl  erhalten,  in 
einem  grauen,  bisweilen  durch  vegetabilischen  Detritus  schwärzlich 
gefärbten,  sehr  feinkörnigen  Sandstein,  der  unter  der  Loupe 
stellenweise  winzige  Glimmerblättohen  erkennen  lässt.  Sie  sind 
in  dem  nach  N.  einfallenden  schiefrigen  Theile  des  Cerro  de 
Potosi  in  einer  Höhe  von  4100 — 4200  m,   also  etwa  300 — 400  m 

unterhalb    des  Gipfels   gefunden    worden   und entsprechen 

den  Blättern  solcher  recenten  Arten,  die  zur  Zeit  das  tropische 
Amerika  bewohnen.  Daraus  geht  hervor,  dass  die  Pflanzen,  von 
denen  sie  herrühren,  nicht  in  so  bedeutender  Erhebung  über  dem 
Meeresspiegel  gewachsen  sein  können,  sondern  dass  nach  ihrer 
Einbettung  ein  Aufsteigen  des  Gebietes  stattgefunden  haben  muss. 

Es  sind:  Myrica  hanksioides  Engelh.,  der  europäisch  ter- 
tiären M.  hanksiae  folia  Ung.  sehr  nahe  stehend.  (Andere  Myrica- 
arten  kommen  jetzt  noch  in  Jamaika,  Carolina,  am  Cap  und  in 
Nepal  vor). 


122 


Cassia  ligustnnoides  Engelh.  identisch  mit  C.  ligustrina  L. 
aus  Westindien  und  Cayenne. 

Cassia  chrysocarpioicles  Engelh.,  dieselbe  wie  C.  chrysocarpa 
Desv.,  C.  chrysotriche  Collad.,  die  im  tropischen  Brasilien  und 
in  Guyana  wächst. 

Cassia  cristoides  Engjelh.  entspricht  der  C.  crista  Jacq., 
C.  hiflora  L..  noch  vorkommend  in  Central-Amerika ,  Westindien 
und  Nordbrasilien. 

Sweefia  tertiär ia  Engelh.,  harmonirend  nach  allen  Rich- 
tungen hin  mit  der  noch  im  tropischen  Brasilien  einheimischen 
S.  elegans  Benth..   Leptolobium  elegans  YoG. 

Ausserdem  Phyllites  Franckci  Engelh.,  den  Blättchen  von 
Cassia  dentata  Vog.   sehr  ähnlich '^. 

Soweit  Engelhardt  über  die  Potosiner  Blattabdrücke  in 
seißer  ausführlichen  Abhandlung. 

Derselbe  hat  nun  auch  die  recht  schwierige  Bearbeitung  der 
von  mir  in  den  60er  Jahren,  namentlich  bei  Coronel  in  Chile 
(37^  S.  Br.)  und  weiter  südlich  gesammelten,  zahlreichen  tertiären 
Pflanzenreste  beendet.  Ein  Bericht  über  den  Vortrag,  den  der 
genannte  am  12.  December  v.  J.  in  der  -Isis*^  hielt,  besagt 
(auszugsweise!  etwa  Folgendes. 

Unsere  Kenntniss  über  die  Tertiärgcbilde  Südamerika' s 
reicht  trotz  deren  grossen  A'erbreitung  doch  kaum  über  das  an- 
fängliche hinaus,  besonders  was  die  damalige  Flora  betrift't. 

Wohl  habe  Wolf  in  tertiären  Schieferthonen  Ecuadors  Diko- 
tyledonen-Abdrücke  gefundenen,  die  noch  nicht  bearbeitet  seien, 
aber  bekannt  seien  bis  jetzt  nur  die  paar  Potosiner  Blätter  und 
die  der  Veröffentlichung  entgegen  gehenden  chilenischen.  Das  sei 
alles,  wogegen  man  über  die  vorweltliche  Flora  von  Nordamerika 
doch  weitaus  besser  unterrichtet  sei.  Die  chilenischen  Petrefacten 
bestehen  aus  Blättern  und  Früchten,  die  grösstentheils  eine  so 
überraschende  Uebereinstimmung  mit  solchen  von  Pflanzen  des 
tropischen  Süd-  und  Mittelamerka's  zeigen,  dass  man  nicht  umhin 
kann,  die  tertiären  Gewächse  mit  diesen  wenigstens  als  nächst- 
verwandt zu  bezeichnen,  bezw.  sie  als  Voreltern  der  jetzigen  zu 
betrachten. 

Sie  deuten  fast  durchgängig  auf  ein  feucht-tropisches  Klima 
hin,  das  in  das  heutige  kühlere  allem  Anschein  nach  durch  die 
Erhebung  der  Anden  verwandelt  worden. 

Jetztjfindet  man  dieselben  Arten  nicht  mehr  auf  der  West- 
seite der  Cordilleren,  sondern  nur  nördlich  und  östlich  davon,  in 
Brasilien.  Peru  u.  s.  w.  Sie  müssen  also  fortgewandert  sein  dahin, 
wo  mehr  Wärme  und  Feuchtigkeit  vorhanden  war.  Eine  Weiter- 
wanderung  nach  Norden   auf  der  Insel,    die    sich   in   langsamem 


123 


Tempo  zu  den  Anden  erhob,  ward  nmsomehr  begünstigt,  als  jene 
dort  die  gleichen  klimatischen  Verhältnisse  trafen,  die  früher  im 
Süden  geherrscht  hatten.  Als  sie  später  auf  den  bedeutenden 
Höhen  aussterben  mussten.  blieben  sie  in  den  tiefen  und  warmen 
Thälern  und  an  den  Ostabhängen  der  Cordilleren  bestehen,  durch 
welche  bereits  damals  die  Gewässer  in  die  Tiefen  strömten, 
ihre  Früchte  dorthin  mitnehmend.  Das  erweist  sich  durch  ihre 
vorzugsweise  Verbreitung  längs  der  Flüsse  auf  dem  heutigen  Fest- 
lande. Die  Uebcrführung  zu  den  mittelamerikanischen  Inseln  über- 
nehmen die  bekannten  Meeresströmungen. 

Es  geht  aus  allem  hervor,  dass  nicht  nur  die  chilenischen 
Tertiärpflanzen,  sondern  auch  die  bolivianischen  —  Potosi  liegt 
unter  19*^21  S.  Br.  — ■  zur  Auswanderung  nach  Norden  und 
Osten  in  wärmere  Tiefen  gezwungen  worden  sind,  und  das  kann 
doch  nicht  anders  als  vermittels  der  Hebung  der  Anden  gedeutet 
werden.  Und  langsam  muss  diese  gewesen  sein;  denn  Pflanzen 
brauchen  mehr  Zeit  zum  Ausziehen  als  Thiere. 

„Wir  müssen  warten  auf  mehr  Licht'',  ruft  Le  Conte  aus 
in  seinem  Aufsatz  über  Hebung  der  Cordilleren  und  Senkung  des 
Grossen  Oceans. 

Allmälig  scheint  es  zu  dämmern.  Wenn  z.  B.  Ball  in 
No.  910  der  Nature.  p.  .029,  die  Vermuthung  ausspricht,  dass 
die  Vorfahren  der  brasilianischen  Flora  und  zum  Theil  auch  die- 
jenigen der  in  den  Anden  auftretenden  Pflanzenwelt  zuerst  in  den 
alten,  hohen  Gebirgsketten  von  Brasilien  vorhanden  gewesen  seien, 
so  wissen  wir  jetzt,  umgekehrt  aus  den  Untersuchungen  Engel- 
hardt's,  dass  wenigstens  ein  Theil  jener  Flora  aus  dem  Westen 
stammt;  die  Waldregion  des  tertiären  Südchiles  und  die  Gegend 
von  Potosi  in  Bolivia  gaben  Besiedeier  Brasiliens  her. 

Hoft'entlich  macht  man  noch  weitere  Aufschlüsse  dort. 

Ein  Brief  eines  Herrn  F.  A.  Canfield  über  Potosi  (abge- 
druckt in:  Geologische  Mittheilungen  von  vom  Rath  1887,  p.  19). 
endet  mit  den  Worten:  ., Schliesslich  will  ich  erwähnen,  dass  ich 
zwei  Fundstätten  fossiler  Pflanzen  in  unseren  Bergen  entdeckt 
habe,  welche  es  ermöglichen,  das  Alter  der  betreifenden  Schichten 
zu  bestimmen"  M. 


')  Vielleicht  sind  es  von  Canfield  eingeschickte  Petrefacten,  welche 
im  Geschäftslocal  der  Royal  Silver  Mines  of  Potosi -Gesellschaft  in 
London,  E.  C,  Moorgate  Street  57,  in  einer  Schieblade  im  Septem- 
ber 1888  umherlagen.  Obwohl  ich  selbst  eine  Potosi-Actie  besitze, 
gelang  es  mir  damals,  als  ich  an  dem  internationalen  Geologencongress 
in  London  Theil  nahm,  nicht,  vom  Directorium  auch  nur  einen  jener 
50—60  herrlichen  Blattabdrücke  etc.  vom  Cerro  de  Potosi  leihweise 
behufs  wissenschaftlicher  Verwerthnng  zu  erlangen.  Spätere  Versuche 
bolivianischrv  Hauptactionäre,  deren  Vermittelung  ich  erbat,  blieben 
ebenso  erfolglos. 


124 


Zugleich  mit  den  Blattabdrücken  erhielt  ich  zwei  versteinerte 
Seeigel.  Dieselben  stammen  von  Miraflores ,  etwa  40  km  nord- 
westlich von  Potosi,  und  gehören  dem  Genus  Diadema  bezw. 
Psendodiadema  an.  Leider  ist  ihr  Erhaltungszustand  nicht  so, 
dass  man  die  Art  bestimmen  könnte,  und  somit  ist  auch  nicht 
auszufinden,   ob  sie  der  Kreide  oder  dem  Tertiär  zuzurechnen  sind. 

Mancherlei  Notizen  haben  sich  noch  angefunden,  welche  auf 
meine  Ansicht  betreffs  sehr  junger  Hebungen  in  Theilen  der  Anden 
Bezug  haben.  Ich  glaube  nicht  unterlassen  zu  dürfen,  solche 
dem  vorliegenden  letzten  Aufsatze  über  dieses  Thema,  wenn  auch 
mosaikartig,  beizugeben  und  das  umsomehr,  als  ein  Geolog  von 
so  hoher  Bedeutung,  wie  E.  Suess  ist,  seine  Zustimmung  zu  mei- 
ner Auffassung  verweigert  hat,  indem  er  im  „Antlitz  der  Erde" 
L  p.  692  sagt: 

.,Es  ist  zu  wiederholten  Malen  die  Ansicht  ausgesprochen 
worden,  dass  die  Anden  in  der  jüngsten  Zeit  eine  sehr  beträcht- 
liche Erhöhung  erfahren  haben,  und  es  sind  hierfür  mehrere 
Gründe  angeführt  worden.  Man  hat  die  über  7000.  ja  bis 
12  500  Fuss  hoch  liegenden  salinaren  Ablagerungen  als  unmittel- 
bare Abdampfungsreste  von  Meerestheilen  angesehen.  Aber  östlich 
von  den  Anden  haben  seit  Woodbine  Parlsh  zahlreiche  For- 
scher, wie  insbesondere  Burmeister,  Zeballos  und  Schicken- 
DANz  geleugnet,  dass  die  Salinas  der  Pampas  solche  Abdampfungs- 
reste seien,  und  auch  im  Westen  hat  sich  z.  B,  Pissis  mit  guten 
Gründen  und  mit  Entschiedenheit  dagegen  ausgesprochen." 

Daraus  erwächst  mir  die  Pflicht,  das,  was  zur  weiteren.  Be- 
gründung meiner  Anschauung  dient,  in  aller  Bescheidenheit  als 
Rechtfertigung  meines  Standpunktes  vorzubringen. 

Was  die  salinaren  Ablagerungen  betrifft,  so  habe  ich  in 
allen  meinen  Veröffentlichungen  nur  die  allbekanntlich  in  den 
hohen  Anden  liegenden  unermessUchen  Steinsalzflötze  als  unmittel- 
bare Verdampfungsreste  von  partiell  abgeschnürten  Meerestheilen 
hingestellt,  alles  andere  salinischc  befindet  sich  mit  wenigen  Aus- 
nahmen auf  secundärer  Lagerstätte.  Die  Mutterlaugenreste,  die 
nach  dem  Aufsteigen  der  C'ordilleren  sich  von  ihren  Steinsalz- 
flützen  trennten  und  in  die  tieferen  Horizonte  liefen,  sind  es, 
welche  das  Material  für  die  Salinas  der  östlich  der  Anden  gele- 
genen argentinischen  Pampas,  der  Salares  und  Nitratbetten  der 
westlich  der  Anden  liegenden  chilenischen  Provinzen  Tarapacä 
und  Atacama  hergegeben  haben.  Das  letztere  ist  erwiesen  in 
meiner  Arbeit:  „Die  Bildung  des  Natronsalpeters  aus  Mutter- 
laugensalzen"; das  erstere  wird  demnächst  gezeigt  werden;  ob- 
wohl die  Sache  nunmehr  sich  eigentlich  von  selbst  versteht,  sind 
doch  einige  besondere  Umstände,  die  namentlich  von  A.  Stelzner 


125 


dabei  hervorgelioben  werden,  zu  erklären.  Bürmeister,  Zeballos 
und  Schickend ANz  haben  also  ganz  recht,  ebenso  wie  Santiago 
Roth,  wenn  sie  behaupten,  die  Salze  in  den  Pampas  rührten 
niclit  von  Meeresbedeckungen  her;  wohl  aber  sind  die  colossalen 
Steinsalzniassen  der  nordchilenischen .  bolivianischen  und  perua- 
nischen Anden  s.  Z.  direct  aus  dein  Ocean  abgesetzt  worden, 
und  erst  lange  nachher  haben  sie  salinische  liösungen  in  das 
tiefer  liegende  Gelände  entsandt.  Was  Pissis  betriift.  so  leitet 
er  den  Ursprung  des  Natronsalpeters  und  von  dessen  Begleitsalzen 
in  Atacama  (An.  Un.  Santiago.  1877,  p.  573  —  597)  ab  aus  der 
Zersetzung  kiesigen  Feldspathes  in  Alcalicarbonate.  aus  atmo- 
sphärischer Nitrosäure  und  (dort  nicht  vorhandenem)  vulkanischem 
Chlor  neben  jodhaltigen  (da  noch  nicht  aufgefundenen)  Quellen; 
die  massigen  Magnesiumsalze  übergeht  er  mit  Schweigen.  Da- 
gegen stützt  er  seine  Ansicht  darübei-,  dass  das  Nitrat  nicht  von 
einer  Meeresbedeckung  stammen  könnte,  auf  das  Fehlen  von 
marinen  Conchylien;  solche  fehlen  aber  in  weitaus  den  meisten 
Steinsalzflötzen  naturgemässer  Weise  (s.  Ochsenius,  Bildung  der 
Steinsalzlager  etc..  p.  14  — 15). 

Ausser  der  längst  bekannt  gewesenen  Gewissheit,  dass  die 
chilenischen  Salz-  und  Nitratfelder  ihr  Dasein  keiner  Meeres- 
bedeckung iln-er  jetzigen  (secundären)  Lagerstätte  verdanken,  blieb 
von  der  ganzen  in  den  Annalen  der  Universität  von  Santiago  de 
Chile  entwickelten  Hypothese  Pi.s.si.s'  nur  die  Möglichkeit,  dass 
ein  Theil  des  in  jenen  Feldern  reichlich  vertretenen  Gypses  aus 
der  Zersetzung  von  kiesigen  Feldspäthcn  stammen  könnte. 

Auf  p.  310  (1887)  berührte  ich  im  Hhiblick  auf  die  ver- 
schiedenartigen Porphyre  der  chilenischen  Anden  die  recente  Bil- 
dung von  Anorthit  aus  Dampferschlacken,  die  auf  hoher  See 
entleert  werden,  und  fügte  hinzu,  dass  alte  Schlackenhalden  un- 
serer Schmelzhütten  nichts  von  solchen  Neubildungen  erkennen 
Hessen,  weil  Süsswasser-  oder  Humusbedeckungen  anders  wirken 
als  Seewasser,  und  hoher  Druck  neben  grosser  Ruhe,  we  solche 
auf  dem  Oceangrunde  herrschen,  wohl  zu  derartigen  Umbildungen 
nöthig  seien,  indem  auch  vulkanische  Strandklippen  nichts  Aehn- 
liclies  aufweisen. 

Diese  meine  Meinung  hat  sehr  rasch  eine  Bestätigung  er- 
halten. Die  alten  Bleischlacken  von  Laurion,  welche  aus  der 
Römerzeit  herrühren  und  in  die  Tiefe  der  Bucht  geschüttet  wur- 
den, sind  da  nach  vom  Rath's  mineralogischen  Mittheilungen, 
Bonn   1887,  in  Laurionit  2  (PbO.  HCl)  verwandelt  worden. 

Der  von  mir  wenigstens  für  einzelne  Theile  der  chilenischen 
Feldspath  -  Porphyrite  vermuthete  Charakter  untermeerischer  Bil- 
dung   erhält    durch  A.  Plagemann    in    dessen  Beschreibung   der 


126 


Hacienda  de  Cauijuenes  einen  weiteren  Beleg.  Nach  ihm  wechsel- 
lagern dieselben  mit  Kalkstein-  und  Sandsteinbäuken  und  Schiefer- 
letten, welche  Einbettungen  von  Pflanzenresten  führen. 

lieber  den  Gesammteindruck  des  Gebirges  äussert  er:  „Weit 
und  breit  keine  thätigen  oder  erloschenen  Feuerberge,  wohl  aber 
ein  grosses  Bimssteinlager.  Wir  dürfen  daher  wohl  annehmen, 
dass  die  jüngeren  Eruptivgesteine  längs  Spalten  hervorbrachen 
und  sich  deckenartig  ergossen  haben.  Den  Eindruck  früherer 
gewaltiger,  vulkanischer  Ereignisse  empfängt  Jeder  dort.  Das 
ganze  Gebirge  ist  ungemein  gestört,  beständig  wechselt  das  Fallen 
der  Schichten.  Oftenbar  sind  durch  den  Gebirgsschub  die  Sedi- 
mente des  Cerro  del  Yeso  (Gypsberges)  unter  der  colossaleu  An- 
desitdecke  hervorgepresst  und  dabei  die  Schichten  gestaucht, 
verworfen,   gebrochen  und  emporgerichtet  worden." 

Demselben  Schicksale  der  Schichten  des  G>i)sberges  im  mitt- 
leren Chile  sind  nun  die  weiter  nördlich  und  in  Peru  u.  s.  w.  im 
Bereich  der  Anden  liegenden  jungen  Steinsalzflötze  wohl  auch 
nicht  entgangen,  und  die  über  ihnen  stehen  gebliebenen  oder 
nachher  gebildeten  Salzlösungen  müsseu  ihr  Dasein  noch  docu- 
mentiren.  Und  das  ist  auch  der  Fall.  Es  geschieht  augen- 
scheinlich durch  das  massenhafte  Vorkommen  von  Thermen  und 
Minerakiuellen  längs  der  Abhänge  der  hohen  Cordillere,  während 
solche  im  Litoral  fast  absolut  fehlen,  obwohl  die  Salzterrains  und 
Salzlagunen  recht  häufig  sind. 

Die  bei  der  Hebung  der  Gebirgsketten  frei  werdenden  Mut- 
terlaugenreste (die  sich  als  solche  kennzeichnen  durch  verhältniss- 
mässig  bedeutenden  Gehalt  an  Kalium.  Magnesium,  Brom.  Jod, 
Bor  und  Lithium)  erfüllten  damals  mit  Leichtigkeit  die  zahl- 
reichen, in  ihrer  nächsten  Nachbarschaft  sich  öffnenden  Klüfte 
und  lieferten  das  salinische  Material  für  jene  Quellen,  konnten 
aber  da,  wo  sie.  wenn  überhaupt,  das  viel  weniger  durch  die 
Hebung  afficirte  Litoral  erreichten,  nur  in  geringe  Tiefen  ein- 
dringen, sie  wurden  dort  von  klastischen  Massen  der  Oberfläche 
eingesogen  und  nur  theilweise  von  einzelnen  schon  vorhandenen 
Gangspalten,  deren  Ausfüllungsmaterial  etwas  durchlassend  war. 
aufgenommen.  Auf  diese  Weise  erklärt  sich  auch  das  Auftreten 
von  Chlor-,  Brom-  und  Jodverbiudungen  von  Silber.  Quecksilber, 
Kupfer,  Blei.  Wismuth  u.  s.  w.  in  den  oberen  Teufen  derartiger 
(nicht  sämmtlicher)  Erzgänge,  sowie  die  Gegenwart  von  Boraten 
in  den  Kupfergruben  von  Tamaya.  in  deren  Nebengestein  keine 
Spur  von  Bor  aufzufinden  ist. 

Gehen  wir  noch  weiter  nördlich,  so  finden  wir,  dass  H. 
Karsten,  der  seine  geologischen  Studien  schon  1844  in  Vene- 
zuela begann  und    sie  bis  vor  Kurzem  weiter   betrieben  hat,   sich 


127 

so  ziemlicli   auf  deinselben  Boden   der  Anschauung  über  die  geo- 
logische Jugend  der  Anden  gestellt  hat. 

Während  Humboldt  die  Cordillere  als  das  ältere  Gebirge 
Columbiens  betrachtete,  von  dem  ostwärts  später  die  Höhen  von 
Guyana  mit  den  zwischen  beiden  befindlichen  unermesslichen 
Ebenen  aus  dem  Meere  hervortreten,  meint  Karsten  (Geol.  de  la 
Colombie.  p.  51),  dass  der  Gebirgsstook  von  Guyana  das  Erhe- 
bungscentrum gewesen  sei,  um  das  sich  in  aufeinander  folgenden 
Epochen  die  verschiedenen  Gebirgsketten,  und  zwar  in  Venezuela 
als  Nord-,  in  Neugranada  bis  Bolivia  sich  als  Westränder  erho- 
ben. Die  neptunischen  Schichten  dieser  Umrandung  gehören  zu 
geologisch  jüngeren  Epochen,  im  Gegensatze  zu  denen,  welche 
die  plutonischen  Gebirgsstöcke  Brasiliens  westlich  und  südlich 
umgeben  und  bis  zu  den  ältesten  sedimentären  Systemen  hinab- 
reichen. 

Die  hebende  Kraft,  Avelche  diesen  Spalt  im  Umkreise  des 
granitischen  Centrums  Golumbiens  in  der  festen  Erdrinde  ent- 
stehen Hess,  scheint  im  Norden  nach  Osten  und  Süden  gewirkt 
zu  haben,  und  zwar  im  grössten  Maassstabe  im  Norden  bei  Ca- 
racas, Merida.  Santa  Marta.  aber  von  da  nach  Süden  immer 
schwächer  werdend:  dagegen  befolgte  die  letzte  bedeutende  He- 
bung, welcher  zur  Tertiärzeit  die  Hochcordilleren  ihre  Entstehung 
verdanken,   den  entgegengesetzten  Gang. 

Im  Norden  erreichten  die  das  Meer  begi'enzenden  plutoni- 
schen Gebirgsketten  schon  bei  der  ersten  Hebung  fast  ihre  jetzige 
Höhe,  wurden  am  Ende  der  Kreide  und  zu  Beginn  des  Tertiärs 
nur  wenig  noch  emporgetrieben,  während  die  äquatorialen  Abthei- 
lungen. Inseln  bildend,  vom  Meer  bedeckt  blieben  und  erst  am 
Schlüsse  des  Tertiärs  durch  das  hier  am  kräftigsten  auftretende, 
nordwärts  sich  mässigende  Hervorbrechen  der  trachytischen  Massen 
und  Laven  ihre  jetzige  Gestaltung  und  Höhe  erhielten. 

So  schliesst  Karsten  aus  den  zahlreichen  Beobaclitungen 
der  Lagerungsverhältnisse  und  discordanten  Lagerungen  der  ver- 
schiedenen Schichtenfolgen.  Während  die  syenitischen  Gebirge 
der  Nordküste  nur  bis  zu  geringer  Höhe  mit  jüngeren  Gesteinen 
bedeckt  sind,  finden  sich  tertiäre  Sedimente  bis  nahe  an  die 
höchsten  Kuppen  der  Aequatorialcordillere,  deren  Jugend  kenn- 
zeichnend. 

Das  ist  gewiss  deutlich  geimg. 

Ein  Forscher,  der  sich  so  lange  mit  der  geologischen  Kennt- 
niss  der  nördlichen  Anden  beschäftigt  hat,  muss  doch  wissen, 
dass  zwischen  dem  Bilde,  das  entsteht,  wenn  Sedimentgesteine 
durch  seitlichen  Druck  gefaltet,  oder  durch  Eruptivmassen  durch- 
brochen und  verworfen,    in   beiden  Fällen    aber  gehoben  werden, 


128 


und  dem  anderen,  das  ersclieint.  wenn  Gebirgsflanken  nur  durch 
das  rechts-  und  linksseitige  Versinken  von  ursprünglich  horizontal 
abgelagerten  Schichten  forrairt  werden  —  zwischen  diesen  beiden 
Bildern  Unterschiede  existiren  müssen,  die  für  jeden  Naturforscher 
kenntlich  sind. 

Warum  hätten  Laven  und  Trachyte  zum  Durchbrechen 
gerade  die  sie  am  mächtigsten  überlagernden  Gesteinsmassen,  die 
Horste,  ausgesucht,  um  da  nach  oben  zu  streben  und  die  Kämme 
zu  bilden? 

Weshalb  haben  sie  nicht  die  Tiefen,  die  Muldenspalten  oder 
Einbruchsfelder,  wo  sie  auf  geringeren  Widerstand  stossen  muss- 
ten,  durchbrochen?  Das  sollte  man  eher  meinen,  und  so  ist  es 
anscheinend  bei  den  Anden  und  höchst  wahrscheinlich  auch  an- 
derwärts an  vielen  Orten  der  Fall  gewesen. 

Hettner  (d.  Zeitschr..  1888,  p.  205  if,)  berichtet  über  die 
Centralcordillere  der  columbianischen  Anden:  „Sowohl  die  kry- 
stallinischen  Schiefer,  wie  die  Kreideschichten  lagern  nirgends 
horizontal,  sondern  sind  meist  unter  steilem  Winkel,  im  Mittel 
■15  ^,  aufgerichtet.  Die  Streichrichtung  ist  im  Allgemeinen  -nord- 
südlich.  also  der  der  Kämme  parallel.  Demnach  ist  die  Central- 
cordillere im  wesentlichen  ein  Faltengebirge,  wahrscheinlich  post- 
cretacischen  Ursprungs.  Einzelne  Kämme,  wie  der  Picona,  ent- 
sprechen tektonischen  Gewölben.  Der  Einfall  der  Schichten  an 
diesem  3000  m  hohen  Gipfel  ist  auf  dessen  Ostseite  östlich,  auf 
der  Westseite  westlich.  Auf  ihnen  finden  wir  vulkanische  Sande 
horizontal  abgelagert;  jenseits  des  Rio  Guarino  bei  Vitoria  treten 
in  10  km  breiter  Zone  eigentliche  Eruptivgesteine  auf,  am  Ruiz- 
wege  ist  die  Zone  vulkanischer  Augitandesite  schon  an  50  km 
breit  und  bei  Manizales  erscheinen  Zeichen  recenter  vulkanischer 
Thätigkeit.  Der  schneebedeckte,  breite,  über  5000  m  hohe  Ruiz 
ist  Avahrscheinlich  der  nördlichste  Vulkan  von  Südamerica  und 
noch  in  histoi-ischer  Zeit  thätig  gewesen. 

Den  aufgerichteten  und  gefalteten  Massen,  welche  bis  in  die 
Kreidezeit  hinabreichen,  sind  jüngere  quartäre  oder  tertiäre  Sedi- 
mente horizontal  aufgelagert,  ein  Beweis,  dass  die  Gebirgsfaltung 
gegenwärtig  hiebt  mehr  fortdauert  oder  wenigstens  verschwindend 
klein  ist." 

Lekk  und  Felix  sagen  über  Mexico:  „Die  geologische  Bil- 
dung lässt  erkennen,  dass  die,  wenn  auch  nicht  plötzliche  doch 
deutliche  Hebung  des  mittleren  Mexico  eine  Spalte  hervorgerufen 
hat,  aus  der  sich  vulkanische  Massen  theils  in  einzelnen  Gipfeln, 
theils  in  Wällen  über  die  Plateaux  hinaus  aufthürmten."- 

Der  nordamerikanische  Staatsgeolog  J.  S.  Dillek  drückt 
sich    auf  Grund    dreijähriger   stratigraphischer   Studien    in  Nord- 


129 


Californien  und  Oregon  folgenderniaassen  im  Am.  J.  of  Sc.  1887, 
p.  152  aus:  „Die  letzte  Faltung,  welche  gewiss  die  Sierra  Ne- 
vada in  Form  einer  abgesonderten  und  verschiedenen  Kette  auf- 
baute, indem  sie  dieselbe  von  der  grossen  Hochebene  trennte, 
die  sich  ostwärts  bis  in  die  Region  der  grossen  (Salz-)  Secen 
erstreckt,  begann  erst  gegen  Ende  der  Tertiär-  oder  Anfang  der 
Quartärzeit. '' 

Aber  nicht  überall  müssen  Zusammenschiebungen,  Schrum- 
pfungen. Faltungen,  Wickelungen  und  Ineinanderknetungen  von 
Gebirgstheilen  als  Hölien  bildende  Momente  hingestellt  werden. 

Für  die  Rocky  Mountains  östlich  der  grossen  Salzseeregion 
beansprucht  dk  Lapparent  eine  verticale  Hebung  nicht  gefalteter 
Schichten  und  weist  die  Idee  einer  Senkung  von  mehreren  Kilo- 
metern des  ganzen  Geländes  ringsherum  entschieden  zurück.  Und 
sicher  mit  Recht;  denn  im  selben  Gebiet  der  Rocky  Mountains 
steigen  die  Spanish  Peaks  bis  zu  4152  m  auf.  die  Berge  des 
Huerfano  -  Gebietes ,  die  Höhen  um  Park  View  Mount;  und  die 
sind  klar  erweislich  alle  durch  verticale  Hebungen   entstanden. 

Schichtgesteine  (von  dem  oberen  Carbon  an  bis  zur  Kreide 
einschliesslich)  sind  da  durch  domförmig  gewölbte  Trachytmassen, 
Lakkolithe.  in  die  Höhe  getrieben  worden.  Der  nach  oben  ge- 
wölbte Schichtencomplex  hat  bei  den  von  2362  bis  3429  m  von 
der  rechtsseitigen  Hochebene  des  Colorado  in  Süd  -  Utah  aufra- 
genden Henry  Mountains,  welche  in  Gemeinschaft  mit  den  Massen 
der  Sierras  la  Sal,  Abajo,  Carriso,  el  Late.  San  Miguel,  la 
Plata  etc.  auch  zu  den  Lakkolithen  gehören,  eine  noch  sichtbare 
Mächtigkeit  von  1300  m,  und  nach  Gilbert's  Aussage  sind  an 
1000  m  darüber  ursprünglich  vorhanden  gewesene  Tertiärbildun- 
gen bereits  durch  Erosion  vollständig  vernichtet. 

An  50  Berge  setzen  die  Henry  Mountains  zusammen,  und 
vom  Gebiete  der  Basin  Ranges,  westlich  vom  Colorado  Plateau 
berichtet  Clarence  King,  dass  rhyolitische  Ejectionen  Berggruppen 
aufgebaut  haben,  fast  1000  —  2000  m  mächtig  in  Blöcken  von 
100—130  km  Länge. 

Eine  grosse  Lavafluth  bedeckt  ausserdem  die  beiden  Terri- 
torien Oregon  lind  Washington.  Amerika  ist  das  Land  der 
gigantischen  Dimensionen,  dort  ist  fast  alles  vielmal  grossartiger 
als  bei  uns;  wir  haben  in  Europa  nur  winzige  Beispiele  von 
Lakkolithen.  aber  sie  fehlen  nicht;  und  dass  sich  über  einem 
solchen  späterhin  noch  ein  echter  Vulkan  erheben  kann,  der  be- 
zeugt, dass  die  eruptive  Kraft  andauert,  wird  im  westlichen  Theile 
der  Euganeischen  Berge  südlich  von  Padua.  bewiesen.  (S.  Neu- 
MAYR.  Erdgeschichte.  I,  p.  202.) 

Weiter  darf  ich  hier  wohl   einige  weitere  Notizen  aus  Nord- 

Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  1 .  0 


130 


Amerika  verzeichnen.  Eine  offenbare  Hebung  von  Koralleninseln 
liegt  bei  den  Bermudas,  lieber  70  Fuss  Kalkschlanmi,  Korallen- 
sand und  zuletzt  animalische  und  vegetabilische  Reste  (aufrecht 
stehende  Baumstümpfe.  Landconchylien.  Vogelknochen)  liegen  dort 
unterhalb  des  Meeresniveaus  auf  hartem  Kalkstein,  wie  Tief- 
arbeiten bei  einer  Dockanlage  ergaben. 

Hier,  so  sagt  E.  Subss  sehr  bedeutungsvoll,  ist  positive  Be- 
wegung festgestellt,  obgleich  seit  1609  keine  merkbare  Verän- 
derung eingetreten  ist. 

Und  wie  viele  grosse  Veränderungen  in  jenen  bisher  be- 
rührten Gegenden  mögen  erst  in  jüngster  Zeit  sich  vollzogen  haben! 

Inmitten  der  Kalktuffmassen  des  Lake  Lahontan  wurde  be- 
kanntlich kürzlich  eine  von  Menschenhand  zurecht  geschlagene 
Speerspitze  gefunden.  Basalt  (basaltische  Lava?)  des  Cinder  Cone 
am  Snag  Lake,  10  engl.  Meilen  nordöstlich  vom  Lassen  Peak 
hat  einen  Theil  der  dort  noch  vorhandenen  Waldungen  von  Pinus 
ponderosa  nach  J.  S.  Diller  zerstört. 

Auf  Grund  floristischer  Eigenthümlichkeiten  der  Inseln  des 
südcalifornischen  Litorals  und  der  Funde  von  Mammuthknochen 
auf  der  grössten  und  weitest  abliegenden  Insel  Santa  Rosa  spricht 
Le  Conte  die  Ueberzeugung  aus,  dass  diese  Eilande  zweifellos 
erst  in  der  Quartärzeit  vom  Festlande  abgetrennt  worden  sind. 

Also  Hebung  der  Sierra  und  Sinken  des  (damaligen)  Ocean- 
ufers.  höchst  wahrscheinlich  zur  Zeit  des  menschlichen  Geschlechts. 

Die  ganze  Hälfte  des  grossen  Foxbeckens  der  Cumberland- 
Halbinsel  an  der  Davisstrasse  ist  flach,  und  die  Ebenen  sind  der 
trocken  gelegte  Meeresboden,  wie  die  Knochenreste  von  Walen, 
Wallrossen  u.  s.  w.  beweisen. 

Auch  bei  uns  fehlt  es  nicht  an  Zeugen  von  Hebungen. 

Die  Niveauveränderungen  an  der  Süd-und  Südwestküste  von 
England  sprechen  da  sehr  deutlich. 

Ganz  Kent  scheint  in  der  Hebung  begriffen,  Sussex  theils 
in  Hebung  und  Senkung,  die  Grafschaften  weiter  westlich  sämmt- 
lich  in  Senkung.  Die  Erscheinungen  machen  nach  T.  St.  Gar- 
DENER  (Geol.  Mag.  erw.  Jahrb.  Min.,  1888,  II,  p.  70)  jeden 
Versuch,  sie  durch  eine  Niveauänderung  des  Meeres  zu  erklären, 
unmöglich. 

Bei  Gelegenheit  der  Besprechung  der  grossen  basaltischen 
Ströme  der  inneren  Hebriden  und  der  früheren  dortigen  vulka- 
nischen Erscheinungen  bemerkt  E.  Suess  (a.  a.  0.,  I,  p.  205): 
„Die  grössten  Aschenkegel,  jene  von  Mull  und  Skye  dürften  über 
4000  m  Höhe  erreicht  haben. 

Die  früher  gebildeten  granitischen  Massen  geben  auch  wirk- 
liche Lakkolithen  in  die  mesozoischen  Schichten  ab." 


131 


Und  wer  wollte  wohl  den  Hunderten  von  Basalt-  und  Peri- 
dotit-Dykes,  die  gleichlaufend  aus  dem  Gneiss  an  der  Küste  von 
Suterland  im  Nordwesten  von  Schottland  nahe  bei  einander  her- 
ausgebrochen sind,   eine  hebende  Kraft  absprechen? 

Das  Aufsteigen  Schwedens,  welches  bestritten  wurde  und 
dessen  Anschein  durch  das  Zurückweichen  des  Ostseewassers  er- 
klärt werden  sollte,  ist  nun  doch  wohl  als  Factum  hinzunehmen; 
denn  von  einem  Entleeren  der  Ostsee  ist  an  den  Schweden  be- 
nachbart gegenüber  liegenden  deutschen  Küsten  nicht  das  Ge- 
ringste wahrnehmbar,  wie  v.  Drygalsky  sehr  richtig  hervorgehoben 
hat.  Nach  Svevonius  finden  sich  in  Lappland  die  Spuren  von 
erstorbenen  Nadelholzwaldungen  sogar  oberhalb  der  Birkenregion 
bisweilen  mehrere  Meilen  jenseits  der  heutigen  Coniferenbestände. 
Auf  der  kleinen  Insel  Andersky  der  Solowetzky-Gruppc  im  Weissen 
Meere  sind  i)arallele  Lagen  von  StrandgeröUen  sichtbar,  und 
Inostranzefp  glaubt  auch  aus  gewissen  Streifen  am  Fusse  einer 
1799  erbauten  Ufermauer  des  Klosters  auf  Solowetzky  eine  He- 
bung vermuthen  zu  dürfen. 

Was  die  Schweizer  Alpen  betrifft,  so  muss  ich  auf  Rbne- 
vier's  Aufsatz  im  Arch.  Sc.  Geneve.  October  1887,  verweisen. 
V.  KcENEN  sagt  mit  Bezug  auf  diese  Gebirgsmasse  am  Schlüsse 
seines  Beitrages  zur  Kenntniss  von  Dislocationen  (Berlin  1888): 
„Sehr  viel  wichtiger,  schon  weil  sie  weit  näher  als  die  Anden 
und  Sierra  Nevada  belegene  Gebiete  betrifft,  ist  die  Mittheilung 
von  Heim  (Tierteljahrschr.  Naturf.  Ges.,  Zürich  1887.  p.  187), 
dass  nach  trigonometrischen  Messungen  in  der  Zeit  von  etwas 
über  30  Jahren  die  Lägern  sich  dem  Rigi  und  Napf  um  einen 
Meter  genähert  hätten."^). 

Einen  historisch  merkwürdigen  Fund  hat  Chorherr  Grenat 
von  Sitten  auf  dem  grossen  St.  Bernhard  unweit  des  Hospizes 
gemacht,  welcher  nicht  nur  beweist,  dass  zur  heidnischen  Zeit 
sich  auf  der  Spitze  dieses  Berges  eine  Opferstätte  befand,  son- 
dern auch,  dass  der  Canton  Wallis  schon  zur  Steinzeit  von  Men- 
schen bewohnt  wurde.  Dieser  Fund  besteht  nämlich  aus  fünf 
grossen  Granitaltären  und  steinernen  Opfergeräthen,  Messern  und 


')  Wenige  Zeilen  vor  dieser  Notiz  ist  v.  Kcenen  ein  lapsus  calami 
mit  untergelaufen.  Ich  habe  nicht  von  einer  Senkung  der  Anden, 
wie  solche  bei  Quito  (nach  gewiss  unzuverlässigen  barometrischen 
Messungen)  seit  174.5  stattgefunden  haben  soll,  in  meinen  beiden  frü- 
heren Aulsätzen  in  dieser  Zeitschrift  (1886,  p.  766  und  1887,  p.  301) 
gesprochen,  sondern  eine  bis  in  die  jüngste  Zeit  reichende  Hebung 
von  Theilen  derselben  behauptet.  —  Orton  hatte  früher  die  schon 
1880  von  Reiss  wiederlegte  Meinung  über  das  Sinken  der  Anden  aus- 
gesprochen. 


132 


Aexten  zum  Schlacliten  der  Opferthiere.  Das  ist  eine  Beobacli- 
tung,  die  sich  an  die  von  mir  1886.  p.  770  erwähnten  That- 
sachen  über  das  Vorkommen  eines  Fichtenstammes  im  Gletschereis 
oberhalb  der  jetzigen  Verbreitungsgrenze  dieses  Nadelholzes  und 
über  die  A^ereisung  eines  Alpenpasses  in  den  letztvergangenen 
300  Jahren  anschliesst. 

Auch  das  Erzgebirge  ist  höchst  wahrscheinlich  noch  in  lang- 
samer Hebung  begriffen.  Der  Gesteinsbau  des  sächsischen  Vogt- 
landes, das  häufig  von  Erderschütterungen  betroffen  wird,  erklärt 
•  im  Verein  mit  jener  Annahme  alle  die  betreffenden  Erscheinungen. 

V.  K(ENEN  zeigt  in  seiner  vorhin  erwähnten  Abhandlung  bei 
Erörterung  der  Hebung  der  Harzes  zur  Quartärzeit,  bewiesen 
durch  das  Vorkommen  von  Geschieben  auf  dem  Osttheil  dessel- 
ben, dass  die  Flüsse  in  der  Glacialperiode  annähernd  in  dem- 
selben Niveau  geflossen  sind,  wie  diejenigen  der  Jetztzeit,  und 
ein  Anstauen  unserer  Flussläufe  allein  durch  das  in  postglacialer 
Zeit  etwas  höher  gestiegene  Niveau  des  Meeres  gewiss  nicht  an- 
zunehmen ist,  da  ausgedehnte  Ablagerungen  von  Lösslehm  in  der 
Gegend  von  Kreiensen  u.  s.  w.  sich  noch  in  einer  Höhe  von 
200  m  über  dem  Meere  befänden,  und  dass  keinerlei  Anzeichen 
dafür  vorhanden  sind,  dass  das  Meer  in  postglacialer  Zeit  auch 
nur  an  den  Harz  herangereicht,  geschweige  denn  hier  eine  nen- 
uenswerthe  Höhe  — ■  (die  nordischen  Blöcke  liegen  452  m  hoch) 
—  gehabt  hätte. 

Vvir  müssen  daher  diese  Anstauungen  des  Wassers  durch 
Niveauveränderungen  der  Erdoberfläche  erklären,  sei  es  durch 
Oscillationen,   sei  es  durch  Dislocationen." 

Durch  Drift  sind  also  die  Blöcke  nicht  da  hinauf  gekom- 
men, sie  müssen  eben  in  situ  mit  ihrer  Umgebung  gehoben  wor- 
den sein. 

Der  Beweis,  den  v.  Kcenen  geführt  hat  darüber,  dass  der 
Harz  erst  in  der  Quartärzeit  seine  jetzige  Höhe  erreicht  habe, 
wird  noch  dadurch  wesentlich  verstärkt,  dass  er  in  der  Nähe  von 
Seesen,  westlich  vom  Harz  eine  Verwerfung  aufgefunden  hat, 
welche,  wie  die  auf  ihr  eingesunkenen  nordischen  Geschiebe  zei- 
gen, erst  nach  Ablagerung  von  diesen,  d.  li.  in  postglacialer 
Zeit  sich  geöffnet  haben  kann. 

Wer  vermöchte  nach  dem  Vorgetragenen  den  18  durchschnitt- 
lich je  10  m  mächtigen  Eruptivgesteinsgängen,  die  im  Trusenthal 
im  Thüringerwald  eine  nicht  ganz  2  km  lange  Linie  kreuzen, 
eine  hebende  Kraft  absprechen !  Zwischen  der  Restauration  Itters- 
hagen  und  dem  Wasserfall  in  derselben  Gegend  folgt  (nach 
BüCKiNG,   Eruptivgesteine  der  Section  Schmalkalden,    1887)   Gang 


133 


auf  Gang;  8  meist  mehr  als  10  m  starke  Gänge  sind  auf  dieser 
nicht  ganz  0,5  km  betragenden  Strecke  anstehend  beobachtet. 

Aus  den  umfassenden  Forschungen  Abich's  in  Ai-menien 
lernen  wir,  dass  die  an  Versteinerungen  reichen  Ablagerungen  der 
ersten  Mediterranstufe  auch  in  dem  südlichen  Theile  dieses  Ge- 
bietes durch  späte  Gebirgsbewegungen  in  Schollen  zei'brochen  und  zu 
grossen  Höhen  emporgetragen  worden  sind  (Suess,  Antlitz,  I.  395). 

Der  3147  m  hohe  Palandokän  bei  Erzerum,  dessen  mäch- 
tiger Krater  aus  jungen  Eruptivmassen  besteht,  hat  Serpentine, 
Chloritschiefer,    Kalke  und  Gypse  mit  hinaufgehoben. 

Bei  Urmia  liegen  tertiäre  Kalktuffe  ,  durch  Trachyte  nach 
oben  befördert,   3300  m  (nach  Pohlig)  über  dem  Meere. 

Aehnlich  wie  mit  den  Basaltländern  Oregon  und  Washington 
verhält  es  tich  mit  den  „Amben"  von  Abessinien. 

Das  sind  zerrissene  Hochebenen,  die  zum  grossen  Theile 
aus  gluhtreichen ,  vulkanischen  Gesteinen  bestehen  und  oft  von 
fürchterlichen  Abgründen  begrenzt,  steil  aus  der  Tiefe  aufragen. 
Abessinien  gleicht  in  seiner  orographischen  Beschaffenheit  dem 
Coloradogebiet  von  Arizona;  die  Hochebene  von  Talanta  z.  B.  ist 
eine  ungeheuere  Amba  vulkanischen  Ursprungs,  begrenzt  im  Nor- 
den von  der  Djidda,  die  sich  in  den  sie  südlich  abschneidenden 
Baschilo  ergiesst,  während  die  Ostseite  von  einem  steil  nach 
Osten  abfallenden  Grat  gebildet  wird. 

iVndere  Amben  bestehen  aus  Sedimentgebilden.  Das  ganze 
Semien  -  Gebirge,  in  denen  das  Terrassenland  Abessinien  seinen 
höchsten  Ausdruck  findet,   scheint  vulkanisch  gehoben  zu  sein. 

1848  entstand  während  eines  Erdbebens  eine  Kluft  an  der 
Südktiste  der  Cookstrasse  (Neuseeland)  gleichlaufend  mit  dem 
Gebirge  der  Südinsel  in  der  Richtung  SSW  nahezu  100  km  lang. 

Am  15.  Januar  1855  setzte  sie  sich  während  eines  Bebens 
fort  auf  die  Nordinsel  und  erreichte  da  eine  Länge  von  145  km. 
Alles  Land  östlich  der  Kluft  blieb  unverändert,  westlich  davon 
sank  alles  auf  der  Südinsel  um  etwa  5  Fuss  und  stieg  um  9  Fuss 
(nahe  dem  Riss)  auf  der  Nordinsel.  Eine  Nulliporen  -  Zone  an 
der  Muka-Muka-Klippe  wurde  durch  die  Spalte  getheilt  und  behielt 
im  Osten  ihre  Lage  bei.  hob  sich  dagegen  im  Westen  um  9  F'uss, 
welche  est  in  37  km  Entfernung  nach  Westen  hin  sich  verliefen. 

Die  Dislocation  ist  auch  innerhalb  des  Landes  bemerkbar 
und  ausser  Zweifel  gewesen.     (Subss,   Antlitz,  II,   p.  34.) 

Genug  der  Thatsachen  aus  allen  Theilen  der  Erde  glaube 
ich  beigebracht  zu  haben,  um  meine  Ansicht  zu  rechtfertigen. 

Von  4000  m  an  bis  auf  wenige  Fuss  herab,  aus  allen  Pe- 
rioden bis  auf  unsere  Tage,  wo  vor  Augenzeugen  Hebungen  statt- 
fanden,   liegen  Belege   vor.     Was   für  Gründe   existiren    nun  für 


134 


die  Amialirae,  dass  jetzt  die  sämmtliclien  Kräfte,  die  früher 
enorme  Gebirge  mit  Riesenvulkanen  aui'thürmteii .  sei  es  durcli 
Faltung,  durch  Zusamraenschiebung  oder  unmittelbare  Hebungen, 
mit  einem  Male  total  verloren  gegangen  sind?  Schwächer  mögen 
sie  geworden  sein,  aber  an  ein  gänzliches  Aufhören  von  ihnen 
glaube  ich  nicht,  so  lange  ich  sie  noch  wirken  sehe,  und  deshalb 
glaube  ich  auch  nach  wie  vor,  dass  Theile  der  Anden  noch  vor 
Kurzem  in  aufsteigender  Bewegung  waren  und  vielleicht  noch 
nicht  vollständig  zur  Ruhe  gelangt   sind. 

Wenn  erst  die  südamerikanischen  Andenrepubliken  im  Stande 
sein  werden,  ein  Geologencorps  wie  die  Vereinigten  Staaten  aus- 
zubilden, auszurüsten  und  auszusenden,  dürften  wir  neben  Trac.hyt- 
domen.  Granit-Narben,  Rückenvulkaneu  u.  s.  w.  wohl  noch  gross- 
artigere Lakkolithen  kennen  lernen  aus  den  dortigen  Gegenden 
als  aus  dem  Westen  Nordamerikas. 

H.  BücKiNG  äusserte  bei  Besprechung  meiner  beiden  Anden- 
aufsätze: „Im  Allgemeinen  sind  wir  nicht  gewöhnt,  in  der  Geologie 
solch  junge  Niveauveränderungen  anzunehmen;  dass  sie  aber  wirk- 
lich vorkommen,   darauf  deuten  auch  nocli  andere  Beobachtungen." 

Später  sagt  M.  Neumayr  (in  seiner  Erdgeschichte,  I,  176  ff.): 
„Die  Ansichten  von  Lyell  und  Poullet  Scrope  gegen  die  He- 
bungstheorie sind  jetzt  die  allgemein  herrschenden  geworden.  In 
der  That  ist  es  ein  grosser  Fortschritt,  dass  man  nicht  mehr  in 
jedem  Ringwall  eine  Erhebung  sieht;  aber  wenn  wir  auch  darin 
mit  der  Mehrzahl  der  Geologen  übereinstimmen,  so  drängt  uns 
doch  eine  strengere  Kritik  die  üeberzeugung  auf,  dass  man  in 
der  Reaction  vielfach  zu  weit  geht,  indem  man  überhaupt  das 
Vorkommen  irgend  welcher  Hebungserscheinungen  bei  Vulkan- 
ausbrüchen durchaus  in  Abrede  stellt.  Man  hat  das  Kind  mit 
dem  Bade  ausgeschüttet    und  unbestreitbare  Thatsachen    iguorirt, 

indem  man  alle  Elevationserscheinungen    in  Abrede  stellt 

Die  active  Rolle  der  ausbrechenden  Gesteine  ist  unterschätzt  und 
ihre  Fähigkeit,  selbstthätig  gewisse  Verschiebungen  von  Massen 
hervorzurufen,   übersehen  worden." 

Ich  denke,  das  bisher  Vorgebrachte  genügt,  um  meine  Aus- 
sprüche über  den  Glauben  an  junge  und  jüngste  Hebungen  in 
einigen  Theilen  der  Anden  vollkommen  zu  rechtfertigen. 

Ob  diese  Hebungen  nun  durch  Faltung  hervorge- 
rufen wurden,  die  aus  der  Schrumpfung  der  Erdrinde 
hervorgingen,  oder  durch  Aufsteigen  vulkanischer  Mas- 
sen, bleibt  sich  ganz  gleich.  Ob  bei  dort  noch  vorkommen- 
den Erdbeben  die  Cordilleren  mit  ihren  Gipfeln  in  seitlicher 
Richtung    afficirt    werden,    wie    Schiffsofficiere    beim    Beben    von 


135 

Arica  beobachtet  haben  wollen,    oder  nicht,    bleibt  sich  ebenfalls 
ganz  gleich. 

Ich  gehe  zwar  nicht  so  weit  zu  sagen:  „Wenn  sich  Berg- 
spitzen in  den  Alpen  nähern,  können  auch  Bewegungen  der  Art 
in  den  Cordilleren  vorkommen",  möchte  aber  hier  doch  betonen: 
„Bei  Hebungen  sind  schon  Menschen  als  Augenzeugen  zugegen 
gewesen,  bei  Schrumpfungsfaltungen  aber  noch  nicht;  an  der 
Existenz  von  ersteren  ist  daher  nicht  zu  zweifeln;  an  die  von 
letzteren  glaubt  man  nur,  weil  man  sie  für  die  beste  Erklärungs- 
weise der  beobachteten  Lagerungsverhältnisse  hält." 

Auch  mir  hat  es  widerstrebt,  an  Oscillationen  unseres  Bo- 
dens zu  glauben  bei  Betrachtungen  von  zuweilen  hundertfachem 
Wechsel  von  marinen  und  lacustrischen  oder  fluvio  -  terrestrischen 
Schichten;  ebenso  wenig  konnte  ich  jedoch  an  einen  periodischen 
Wechsel  von  so  langer  Dauer  und  Tragweite  des  Meeresspiegels 
denken. 

Jetzt  weiss  man,  dass  eine  Barre  derartige  Veränderungen 
in  einem  unterseeischen  Gelände  hervorrufen  kann. 

Wenn  ein  Busen  oder  eine  Bai  partiell  von  der  See  durch 
eine  Barre  abgeschlossen  ist,  so  werden  je  nach  deren  verschie- 
denen Höhenlagen  auch  in  dem  abgetrennten  Meerestheile  ver- 
schiedene Vorgänge  Platz  greifen. 

So  wehrt  z.  B.  eine  niedrige  Barre,  wie  sie  vor  dem  Ein- 
gange vieler  norwegischer  Fjorde  liegt,  das  Eindi'ingen  des  kalten 
Oceanwassers  aus  der  Tiefe  in  den  Fjord  selbst  ab,  wie  die  Tem- 
peraturbeobachtungen an  Ort  und  Stelle  ergeben. 

Sehr  auffallend  wird  diese  Thatsache  noch  bewiesen  durch 
die  im  Mittelmeer  obwaltenden  Wärmeverhältnisse.  Dasselbe  zeigt 
bis  in  seine  grössten  Tiefen  von  4000  m  eine  Temperatur  von 
etwa  14",  weil  die  Wassertheilchen  an  der  Oberfläche  von  der 
Sonne  erwärmt,  durch  theilweise  Verdunstung  salziger  und  somit 
specifisch  schwerer  werden,  untersinken  und  dem  ganzen  Medi- 
terranbecken-Inhalt  ihre  Wärme  mittheilen  und  conserviren,  weil 
die  Schwelle  der  flachen  Meerenge  von  Gibraltar  den  kalten  Ge- 
wässern der  Tiefe  des  Atlantischen  Oceans  den  Eintritt  verwehrt. 
Dieser  hat  westlich  von  Gibraltar  schon  in  viel  geringerer  Tiefe 
als  4000  m  nur  0  0  —  3". 

Ist  die  Barre  einer  Bai  höher,  sagen  wir  so  hoch,  dass  sie 
nahe  unter  der  Meeresfläche  herläuft,  so  ist  die  Grösse  der  Zu- 
flussöffnung zwischen  Barrenhöhe  und  Meeresspiegel  maassgebend. 

Eine  Bucht,  die  einen  Süsswasserzufluss  aufnimmt,  wird  ein 
Süsswassersediment  auf  dem  Grunde  erhalten,  wenn  ihre  Barre 
so  hoch  ist.  dass  nur  das  vom  Lande  zuströmende  Süsswasser 
tiber  sie  in  den  Ocean  treten  kann.      Der  ganze  Inhalt    der  Bai 


136 


besteht  dann  aus  Süsswasser  und  diesem  zukommenden  Orga- 
nismen. Ist  dagegen  die  Barre  niedriger,  sodass  das  offene  Meer 
freien  Zutritt  hat,  so  wird  die  Bucht  Salzwasser  enthalten  und 
nur  dicht  bei  der  Flussmündung  brakische  Schichten  absetzen, 
wogegen  im  Uebrigen  ein  mariner  Niederschlag  den  ganzen  Grund 
bedeckt. 

Hieraus  geht  hervor,  dass  es  bei  einer  Bai  mit  Süsswasser- 
zufluss  und  einer  hohen  Barre  nur  des  Wechsels  der  Barrenhöhe 
bedarf,  um  einen  Wechsel  von  marinen  und  fluviatilen  bezw. 
lacustren  Sedimenten  entstehen  zu  lassen.  Vollzieht  sich  die 
Höhenänderung  der  Barre  rasch ,  so  tritt  eine  unvermittelte 
Wechsellagerung  zwischen  fluviatilen  und  marinen  Schichten  ein; 
ist  die  Aenderung  langsam,  so  muss  eine  brakische  Lage  den 
Uebergang  einleiten.  Eine  solche  wird  sich  vielleicht  auch  bil- 
den, wenn  in  der  hohen  Barre  irgendwo  ein  tiefer  Einschnitt 
existirt,  der  dem  Meerwasser  gestattet,  die  tieferen  Theile  der 
Bucht  einzunehmen,  während  die  oberen  aus  Flusswasser  bestehen. 
Dann  werden  Süsswasser  -  Organismen  nach  dem  Absterben  aus 
den  Oberflächenschichten  herabsinken  zu  den  Meeresmuscheln  etc., 
die  am  Grunde  hausen,  und  somit  im  Verein  mit  deren  Resten 
der  Schlammschicht  einen  brakischen  Charakter  ertheilen. 

Das  Pariser  Becken,  das  in  tertiärer  Zeit  die  Loire  auf- 
nahm, würde  ein  treffliches  Erläuterungs-Beispiel  einer  derartigen 
Reihe  und  Wechselung  von  Vorgängen  abgeben. 

Auf  die  angegebene  Weise  erklärt  es  sich  leicht,  dass  auch 
Kohlenflütze  mit  marinen  Thon-  etc.  Schichten  alterniren  kön- 
nen, ohne  dass  man  genöthigt  ist,  bei  der  Erklärung  der  strati- 
graphischen  Verhältnisse  zu  mehrfach  wiederholten  Vertical-Oscil- 
lationeu  des  Landes  mit  Meeresbedeckungen,  Wiederauftauchen 
u.  s.  w.  seine  Zuflucht  zu  nehmen.  Veränderungen  der  Barren- 
höhe, wie  wir  sie  noch  täglich  nach  starken  Stürmen  beobachten 
können ,  erklären  Alles  in  ungezwungener  Weise  ohne  unglaub- 
liche Veränderungen  der  Lage  des  Starren  oder  des  Niveaus  des 
Flüssigen. 

Zwischen  den  oberschlesischen  Flötzen  wurden  marine  Ein- 
schaltungen von  F.  RcEMER  1863  entdeckt  und  1870  mit  den 
Gannister  beds  oder  Pennystone  englischer  Kohlenre\iere  ver- 
glichen. Kosmann  hat  gezeigt,  dass  sie  sich  in  bestimmten  Ho- 
rizonten wiederholen.  Marine  Bänke  enthalten  PhiUipsia,  Bel- 
lerophon, Prodtictus  etc.,  die  mit  limnischen  Merkmalen  führen 
Anthracosia,  Modiola,  Planorhis  u.  s.  w. 

Auch  im  ganzen  mittleren  Theil  der  Vereinigten  Staaten, 
in  Grossbritannien.  Frankreich.  Belgien.  Westfalen,  Oberschlesien, 
Mähi'en.  Russland.  Nordchina  findet  sich  dasselbe  Verhalten. 


137 


Denkt  man  sich  nun  eine  Bai.  deren  Barre  rasch  erhöht 
wird,  mit  einem  Niloberlauf  aus  üppigst  tropischem  Vegetations- 
gebiet als  Zufluss,  welcher  etliche  Kilometer  oder  Meilen  der 
colossalen  Grasinseln  etc.  anbringt,  wie  sie  beschrieben  werden,  so 
lässt  sich  die  nach  Suess  räthselhafte  Existenz  von  Brachiopoden 
oder  aufgeklappter  Exemplare  von  Mytihis  u.  s.  w.  innerhalb  eines 
viele  Pflanzenreste  bergenden  Sandsteins  höchst  einfacli  begreifen. 

Schlannu,  Sand,  vegetabilische  Substanzen  und  Seethiere,  ja 
annehmbar  auch  Tange,  helfen  zugleich  dieselbe  Schicht,  die  viel- 
leicht nur  tagelang  vorher  einen  entschieden  marinen  Charakter 
besessen  hatte,  als  lacustre  fortsetzen.  In  manchen  Fällen  mag 
eine  enge  Barre  auch  durch  Grasinseln  oder  ähnliche  Gebilde 
förmlich  verstopft  oder  erhöht  worden  sein  —  es  ergeht  ja  man- 
chen africanischen  Binnenseeen  heute  noch  so  —  bis  eine  ausser- 
gewöhnliche  Hochfluth  vom  Meere  her  den  Status  quo  wieder 
herstellte,  nachdem  der  Stoff  für  ein  mächtiges  Kohlenlager  all- 
mählich herangeschwommen  war.  Dass  die  meisten  Complexe  von 
Kohlenflötzen  marine  Schichten  als  Liegendes  haben,  ergiebt  sich 
gewissermaassen  von  selbst  aus  der  eben  skizzirten  Situation; 
die  Bucht  war  vorhanden,  die  Barre  erschien  erst  später  und  so 
auch  ihre  Wirkungen. 

Die  in  Neubraunschweig  beobachtete  Einschaltung  von  Bän- 
dern gypshaltiger  Mergel  ist  ebenfalls  nicht  schwer  zu  deuten, 
obwohl  sie  nur  als  Ausnahmefall  zu  verzeichnen  wäre. 

Versiegen  des  Süsswasserzuflusses  her  so  enger  Barre,  dass 
die  Menge  des  über  dieselbe  eindringenden  Seewassers  nur  so 
viel  beträgt,  als  die  Busenoberfläche  verdunsten  kann,  ruft,  sobald 
das  spec.  Gewicht  des  Buseninhaltes  auf  1,13  gelangt  ist,  einen 
Gypsniederschlag  hervor. 

Wiedereintritt  des  Süsswasserzuflusses  mit  Material  für  Sumpf- 
kohle liess  dann,  ohne  dass  der  Gypsniederschlag  so  rasch  wieder 
gelöst  werden  konnte  —  in  reinem  Wasser  ist  Calciumsulfat 
bekanntlich  viel  weniger  löslich  als  in  salzigem  —  den  Gyps- 
mergel  bestehen  und  Kohle  darüber   absetzen. 

Ich  bin  aber  weit  entfernt,  die  Entstehung  aller  Kohlenflötze 
auf  eine  und  dieselbe  Weise  erklären  zu  wollen;  Vorstehendes 
kann  nur  als  eine  Erläuterung  bezw.  Bestätigung  der  von  Neu- 
MAYR  (Erdgeschichte  U,  p.  173)  im  Schlusssatz  über  Kohlenflötz- 
Bildung   ausgesprochenen  Ansicht  gelten. 

Sehr  treffend  sind  dessen  Worte:  „Es  waren  das  offenbar 
Becken,  welche  nahe  am  Ocean  lagen  und  in  welche  durch  irgend 
eine  Veränderung  im  gegenseitigen  Stande  von  Land  und  Meer 
das  letztere  für  kurze  Zeit  vordrang,  ohne  das  Gebiet  zu  be- 
haupten. " 


138 


Meine  Erklärung  beseitigt  nur  die  Nothwendigkeit,  Verän- 
derungen von  Oceanniveau  und  Landhölie  anneliraen  zu  müssen 
—  und  das  ist  im  vorliegenden  Falle  wohl  immer  schon  „etwas". 

Was  nun  die  in  letzter  Zeit  aufgestellte  Behauptung  über 
bedeutende  Schwankungen  des  Meeresspiegels  betrifft,  so  muss  ich 
zum  Schlüsse  doch  auch  noch  einiges  dazu  sagen,  weil  das  ja  in 
engster  Verbindung  steht  mit  der  von  mir  ausgesprochenen  An- 
sicht über  Hebungen.  Man  wirft  dem  Ocean  sehr,  sehr  grosse 
Veränderlichkeit  vor,  er  soll  Länder  überschwemmen  und  wieder 
verlassen,  sich  an  den  Küsten,  gleichsam  mit  periodischer  Ueber- 
spülung,   drohend  erheben  u.  s.  w. 

Sechszehn  Reisen  auf  dem  Mittelmeer,  dem  atlantischen  und 
stillen  Ocean,  sowie  ein  zwölfjähi'iger  Aufenthalt  dicht  am  Ge- 
stade des  letzteren  berechtigen  mich  wohl,  wenige  Worte  zu 
Gunsten  der  Beständigkeit  des  äusseren  Antlitzes  von  -O-aXaTra 
zu  reden. 

1.  Wenn  in  einem  der  neuesten  geologischen  Werke,  wie 
schon  vorhin  erwähnt,  gesagt  wird:  „Aber  Schweden  erhebt  sich 
nicht,  sondern  das  baltische  Meer  in  seiner  umschlossenen  Lage, 
abhängig  von  klimatischen  Einflüssen,  befindet  sich  in  einer  Phase 
zunehmender  Entleerung,  welche  in  den  von  seinen  Pforten  ent- 
fernteren Theilen  mehr  und  mehr  die  Strandlinie  sinken  lässt", 
so  bemerkt  v.  Drygalski  dagegen  sehr  richtig,  dass  von  einem 
Zurückziehen  des  Meeres  an  den  Schweden  verhältnissmässig  nahe 
benachbart  gegenüber  Itegenden  Küsten  durchaus  nichts  davon  zu 
bemerken  sei  Umgekehrt  könnte  eher  angenommen  werden,  dass 
sich  die  nahezu  ausgesüssten  Theile  der  Ostsee  in  ein  etwas 
höheres  Niveau  eingestellt  hätten,  als  die,  bei  denen  der  salzige 
Unterstrom  aus  der  Nordsee  sofort  seine  Wirkung  äussert.  See- 
wasser hat  im  Allgemeinen  ein  spec.  Gewicht  von  1,0275  gegen 
1,0  von  Süsswasser,  sodass  also  bei  zweien  vom  Erdencentrum 
gleich  weit  entfernten  Punkten  des  Meeresgrundes  der  Ostsee, 
von  denen  einer  im  finnischen  Busen,  der  andere  vielleicht  west- 
lich von  Bornholm  läge,  der  erste  eine  Meerestiefe  von  100  m 
gegen  eine  solche  von  etwa  102.75  m  des  zweiten  ergeben  könnte, 
falls  dieser  Busen  ganz  ausgesüsst  wäre,  und  wenn  Laborato- 
riumsversuche für  die  Natur  überall  maassgebend  wären,  was  sie 
aber  bekanntlich  nicht  sind. 

Aus  diesem  Grunde  kann  ich  nicht  an  erhebliche  Niveau- 
differenzen des  Meeresspiegels  auf  verhältnissmässig  unbedeutende 
Entfernungen  in  Meerbusen  glauben,  Differenzen,  die  dadurch 
entstehen  sollen,  dass  die  See  sich  von  einem  Ufer  desselben 
Beckens  zurückzieht  und  vom  anderen  nicht. 

Ich  bezweifle  auch,  dass  sich  die  See  überhaupt  aus  Buchten 


139 


zurückzieht,  so  lange  sie  nicht  dazu  gezwungen  wird,  und  kann 
ich  daher  auch  die  Bucht  der  Gironde,  aus  der  (nach  Suess)  das 
Meer  mehrmals  zurückgewichen  sein  soll,  um  wieder  in  dieselbe 
zurückzukehren,  nicht  als  dafür  maassgebend  betrachten. 

Ich  habe  mich  allerdings  nie  lange  genug  in  Paulliac  und 
Bordeaux  aufgehalten,  um  die  marinen  Ufersedimente  genau  zu 
Studiren.  aber  eine  andere  Lösung  wird  sich  mit  der  Zeit  doch 
wohl  noch  anfinden. 

2.  Auch  auf  weitere  Entfernungen  glaube  ich  nicht  an  be- 
deutende Niveau  -  Unterschiede  an  den  verschiedenen  Küsten  von 
Europa,  weil  auf  der  IX.  Generalversammlung  der  internationalen 
Erdmessung  (2.  bis  12.  Oct.  1889)  in  Paris  sich  das  Gegentheil 
von  früher  behaupteten  Verschiedenheiten  der  Meereshöhen  an 
den  europäischen  Gestaden  ergeben  hat. 

In  einem  Bericht  über  diese  Generalconferenz  heisst  es: 

„Ein  sehr  bemerkenswerthes  Resultat  hat  die  nivellitische 
Verbindung  der  verschiedenen  Mareographen  unter  einander  er- 
geben. Während  man  noch  vor  wenigen  Jahren  nicht  unbeträcht- 
liche Höhenunterschiede  der  einzelnen  Meere  als  erwiesen  annahm, 
hat  sich  jetzt  bei  Berücksichtigung  aller  erforderlichen  Correc- 
tionen  herausgestellt,  dass  abgesehen  von  vereinzelten  localen 
Störungen  innerhalb  der  Europa  umgebenden  Meere  nirgends 
Höhenunterschiede  aufgefunden  worden  sind,  welche  sich  nicht 
durch  die  Unsicherheit  der  die  Meere  verbindenden  Nivellements 
erklären  lassen. " 

Diese  Thatsache  spricht  also  ganz  entschieden  gegen  die 
Annahme  eines  Unterschiedes  zwischen  dem  Wasserstand  des 
Mittelmeeres  und  dem  des   atlantischen  Oceans. 

Ausserdem  müsste  der  Nil,  das  Schwarze  Meer  und  die 
höchst  wahrscheinlich  unterirdische  Verbindung  mit  dem  Rothen 
Meere  schon  für  die  Ausfüllung  einer  Depression  im  östlichen 
Theile  des  Mittelmeercs ,  von  welcher  oft  geredet  worden  ist, 
Sorge  tragen,  falls  der  Atlantische  Ocean  nicht  im  Stande  wäre. 
Das  scheint  aber  in  ausgiebigem  Maasse  der  Fall  zu  sein;  denn 
bekanntlich  geht  ein  salziger  Unterstrom  noch  aus  dem  Mittelmeer 
bei  Gibraltar  durch  hinaus  in  das  Atlantische  und  ein  ebensolcher 
durch  die  Dardanellen  in  das  Schwarze  Meer;  an  Wassermangel 
leidet  also  das  Mittelmeer  nicht. 

3.  Wenn  gesagt  wird,  dass  ein  allmähliches  Ansteigen  des 
Meeresspiegels  gegen  die  Küsten  stattfindet ,  dass  in  der  Mitte 
des  Oceans  die  Oberfläche  des  Wassers  weit  tiefer  liege,  d.  h. 
unter  gleicher  geographischer  Breite  dem  Erdmittelpunkte  sich 
näher  befände,  als  an  der  Küste  des  Festlandes,  so  kann  das 
meines  Erachtens  auch  nicht  richtig  sein. 


140 

Man  hat  aus  Pendelbeobachtuugen  geschlossen,  dass  die 
Strandlinie  auf  isolirten  Inseln  einen  niedrigeren  Stand  einnähme, 
als  an  den  grossen  Continentalmassen  und  dass  das  Meer,  wenn 
es  nicht  mehr  vom  Festlande  angezogen  würde,  diese  Inseln 
überschwemmen  müsste. 

Aber  die  Pendelbeobachtungen  stimmen  auch  in  den  Küsten- 
gegenden nicht  ganz  unter  einander.  Das  Secundenpendel  auf 
den  Bonin-Insehi  macht  H,2  Schläge  mehr  in  einem  Tage,  als 
man  nach  der  geographischen  Lage  schliessen  sollte,  auf  Ualau 
12,6;  St.  Helena  10,3;  Isle  de  France  9,9;  Fernando  Norouha 
9,4  u.  s.  w. ,  während  an  continentalen  Küstenstationen  die  Zahl 
der  Schläge  im  Gegentheile  kleiner  ist  als  man  vermuthen  sollte. 

Nun  heisst  es,  dass  die  See  an  von  einander  entfernten 
Punkten  eines  und  desselben  Continentes  (der  verschiedenen  von 
der  Landmasse  abhängigen  Anziehungskraft  wegen)  auch  verschie- 
den hoch  stände  (für  Europa  gilt  das  schon  nicht  mehr!);  Süd- 
Amerika  z.  B.  wird  an  seiner  Westküste,  wo  die  gewaltige  Kette 
der  Anden  liegt,  das  Wasser  stärker  an  sich  ziehen  als  an  seiner 
flachen  Ostküste,  ja  Fischer  hat  berechnet,  dass  die  Emporhebung 
dort  ungefär  1100  m  betragen  muss. 

Bei  dem  Lesen  anderer  in  diesem  Sinne  verfasster  Aufsätze 
findet  man: 

„Die  Continente  müssen  das  Meer  anziehen,  dasselbe  also 
an  den  Küsten  schwellen  und  auf  der  weiten  offenen  See  eine 
Vertiefung  hervorbringen  lassen,  die  ihre  Oberfläche  dem  Mittel- 
punkte der  Erde  nähert;  denn  das  ist  die  Erscheinung,  die  wir 
alle  Tage  an  einem  Glase  Wasser  an  der  Wandung  beobachten 
können.  Die  Vermehrung  um  eine  Pendelschwingung  entspricht 
einer  Annäherung  an  den  Mittelpunkt  der  Erde  von  122  m.  Auf 
9   Schwingungen  mehr  beträgt  das   1098  m. 

Wenn  ein  Schiff  die  Küste  verlässt,  wird  es  demnach  einen 
sehr  sanften  Abhang  hinabgleiten,  sodass  es  mitten  auf  dem  Meere 
in  einer  1  km  tiefen  muldenförmigen  Aushöhlung  fahren  würde. 
Ist  das  genau?  Niemand  kann  es  noch  beweisen,  doch  haben 
wir  schon  in  nächster  Zeit  weitere  Aufklärungen  zu  erwarten." 

Nun  hat  Faye,  wenn  ich  nicht  irre,  schon  darauf  hinge- 
wiesen, dass  ein  Pendel  auf  der  Oberfläche  in  der  Mitte  des 
Meeres  eigentlich  weniger  Schwingungen  machen  müsste  als  sonst 
überall,  weil  die  anziehende  Masse  zunächst  unter  ihm,  doch  dem 
Gewicht  nach  weit  weniger  ist.  als  auf  den  Felsmassen  der  Con- 
tinente. Wenn  aber  trotzdem  die  Schwingungen  des  Pendels 
eine  Zunahme  nach  der  Mitte  der  See  hin  anzeigen,  so  muss 
unter  der  Wassermasse  eine  uns  bis  jetzt  unbekannte,  jedoch 
ununterbrochen    fortwirkende  Ursache   vorhanden   sein,    die  diese 


141 


Anziehung  vermehrt.  Faye  vermuthet  jene  in  der  durch  die 
grosse  Kälte  veranlassten  Verdichtung  der  Erdrinde  unmittelbar 
unter  den  Meeren;  vielleicht  nicht  mit  Unrecht.  Sicherlich  geht 
daraus  hervor,  dass  auch  der  Pendel  keine  brauchbaren  Resultate 
giebt,   weil  wir  die  anzubringenden  Correcturcn  noch  nicht  kennen. 

Da  habe  ich  nun  an  das  Barometer  gedacht;  das  muss  die 
Höhe  derjenigen  Luftsäule,  die  über  irgend  einem  Punkte  unserer 
Litho-  oder  Hydrosphäre  lagert,  mit  wenigstens  ziemlicher  Ge- 
nauigkeit angeben,  und  die  Isobaren  liefern  uns  da  gutes  Ver- 
gleichmaterial. Ich  entnehme  der  Hann' sehen  Isobaren -Karte 
(No.  32  der  neueren  Ausgabe  von  Berghaus'  Physikalischem  Atlas) 
einige  Daten. 

Die  mittlere  Jahres  -  Isobare  von  Kusaie  (Ualau) ,  der  öst- 
lichsten der  Carolinen -Inseln  giebt  758,5  mm  an;  dieselbe  Linie 
erreicht  die  Ostküste  des  australischen  Continents  etwa  bei  Tri- 
nity  Bay,  17*^  südl.  Br.,  und  verlässt  diesen  bei  Exmouth  Golf 
auf  der  Westküste  unter  22"  südl.  Br.,  geht  durch  den  indischen 
Ocean  bis  Barawa  an  der  ostafrikanischen  Küste  unter  1  ^  nördl. 
Br. ,  um  von  da  nach  Norden  umzubiegen  und  durch  Arabien, 
Herat,  Bangkok,  und  Saigon  etwas  südlich  lassend,  über  Manila 
wieder  zu  den  Carolinen  zurückzukehren. 

Wenn  nun  Ualau  dem  Pendel  nach  122.  12,6  =  1537  m 
unter  einer  gewissen  Oceanniveaus-Normale  liegt  und  Barawa  we- 
gen der  Anziehung  des  Continentes  nur  einige  Hundert  über 
derselben,  wo  bleibt  da  die  Isobare,  die  von  Rechts  wegen  190  mm 
runden  barometrischen  Unterschied  zwischen  2000  m  Höhenunter- 
schied aufweisen  müsste? 

Die  Isobare  von  762  mm  von  Isle  de  France,  das  nach  dem 
Pendel  1208  m  unter  die  Oceansnormale  taucht,  läuft  über  Mo- 
sambique  durch  Afrika  nach  St.  Helena,  das  1256  m  tief  liegen 
müsste,  von  da  nach  Trinidad,  ei-reicht  die  brasilianische  Küste 
bei  der  Insel  S.  Catarina  nördlich  von  Porto  Alegre  und  wendet 
sich  zurück  über  Tristan  da  Cunha  nach  Melbourne,  um  von  da 
westwärts  wieder  Isle  de  France  zu  treffen. 

Demselben  berührten  brasilianischen  Küstenstrich  gegenüber 
rein  westlich  davon  lagert  eine  gleichwerthige  Isobare  von  762  mm 
auf  der  Insel  Mocha  dicht  am  chilenischen  Litoral,  läuft  von  da. 
Valparaiso  westlich  lassend,  nach  Caldera  und  von  dort  wieder 
nach  Westen. 

Da  werden  also  vier  einzelne,  ganz  isolirte  oceanische  Eilande, 
die  sämmtlich  kilometertief  unter  dem  Normal-Wasserspiegel  liegen, 
und  zwei  Ost-  und  zwei  Westküsten  grosser  Ländermassen  von 
Continenten.  welche  das  Meer  kilometerhoch  —  an  der  Pacitic- 
küste  sogar  fast  1 1 00  m   —  angezogen  haben  sollen,  angelaufen, 


142 


und  überall  muss  da  das  Meer  demnach  gleich  hoch  stehen, 
weil  derselbe  Druck  gleicher  Luftsäuleu  auf  ihm  lastet. 

Noch  befremdender  steht  die  Sache  mit  Fernando-Noronha, 
das,  wie  der  Pendel  sagt,  sich  1147  m  zu  tief  befindet.  Von 
dieser  Insel  bis  zur  brasilianischen  Küste  sind  nur  48  geogr. 
Meilen,  eben  so  viel  wie  die  Breite  der  Ostsee  zwischen  Merael 
und  Karlskrona  beträgt,  —  und  auf  solche  kleine  Entfernung  hin 
soll  ein  so  ungeheurer  Niveauunterschied  des  Oceans  existiren, 
abgesehen  von  dem,  welcher  noch  durch  die  vermeintliche  An- 
ziehung der  Wasser  durch  den  südamerikanischen  Continent  hin- 
zukommt? ^) 

Solche  Widersprüche  sind  doch  unvereinbar  mit  der  An- 
nahme,  dass  der  Oceanspiegel  ein  veränderlicher  sei. 

Man  bedenke  doch,  dass  schon  500  m  Höhenunterschied 
den  Barometerstand  um  rund  500.  0,105  mm  =  52,5  mm  ver- 
ändern; und  keineswegs  trifft  man  in  der  Mitte  der  grossen 
Oceane  Inseln  maximalen  Luftdruckes,  die  eine  solche  Annahme 
irgendwie  stützen  könnten.  Die  Isobare  von  762  mm  auf  der 
nördlichen  Hemisphäre  begleitet  den  Seeweg  vom  Canal  über  -  den 
Atlantischen  Ocean  nach  New  York;  von  einer  Vertiefung  im 
Meere  zwischen  Europa  und  Amerika  kann  also  doch  da  keine 
Rede  sein  und  auch  nicht  von  einem  Aufsteigen  des  Wassers  an 
den  Küsten;  denn  es  wäre  doch  noch  keinem  Schiffscapitän  der 
unzähligen  Fahrzeuge,  die  diese  Linie  seit  Jahrhunderten  frequen- 
tiren,  der  Umstand  entgangen,  dass  das  Barometer  der  Regel  nach 
viel  falle,  Avenn  er  sich  der  Küste  nähert  und  umgekehrt  steige, 
sobald  er  der  hohen  See  zusteuert. 

Wenn  in  Fernando  Noronha  das  Meer  fast  1150  m  zu  tief 
steht,  so  muss  es  an  der  brasilianischen  Küste  wegen  der  Massen- 
anziehung zu  hoch  stehen.  Eine  Beobachtung  darüber  von  dem 
nur  48  Meilen  entfernten  Küstenpunkt  S.  Roque  liegt  nicht  vor; 
dagegen  wird  für  die  Insel  Maranon  (wohl  Maranhäo  unter  2  "32 
südl.  Br.)  dicht  am  brasilianischen  Continente,  175  m  westlich  von 
Fernando  Noronha,   140  m  von  S.  Roque,    -f-   567  m  angegeben. 

Nimmt  man  nun  die  Hälfte  dieser  Zahl  für  San  Roque,  also 
1146,8  -| — 5"',  so  giebt  das  eine  Differenz  von  1430  m  auf  die 
48  Meilen  zwischen  Fernando  Noronha  und  dem  Festlande. 


')  Sollte  der  annehmbar  vulkanische  Untergrund  der  erwähnten 
Inseln  nicht  seine  Hand  im  Spiele  haben  bei  den  Pendelresultaten? 
Die  Bonin-Inseln  werden  zwar  nicht  als  vulkanisch  bezeichnet,  fallen 
aber  in  die  gerade  Linie  zwischen  dem  japanischen  Feuerberg  Fusiyama 
und  den  vulkanischen  Ladronen;  Aehnliches  gilt  von  den  Carolinen, 
wogegen  Mauritius,  St.  Helena  und  Fernando  Noronha  ausgeprägt  vul- 
kanischen Charakter  besitzen. 


143 


48  Meilen  sind  356179,2  ni  Länge,  und  dabei  1430  m 
Höhe  ergeben  in  einem  rechtwinkligen  Dreieck  eine  Tangente  von 
0,004016,  d.  h.  einen  Winkel  von  13,85  Minuten,  oder  fast 
einen  Viertel  Grad,  um  den  das  Meer  von  Fernando  Noronha 
nach  der  Küste  bei  S.  Roque  ansteigen  müsste. 

Das  ist  doch  wohl  nicht  wahrscheinlich.  Zwischen  den  bei- 
den Punkten  Fernando  Noronha  und  Maranhäo  ergiebt  sich  ein 
Neigungswinkel  von  4,55  Minuten  bei  der  Annahme,  dass  die 
See  dazwischen  geradlinig  verläuft^). 

Aber  alle  dergleichen  Folgerungen  sind  noch  keine  Gegen- 
beweise. Ein  solcher  ist  jedoch  leicht  zu  erbringen  auf  dem 
Gebiete  der  Nautik. 

4.  Ein  im  Rahmen  der  Nautik ,  sagen  wir  in  Form  einer 
Dampferlinie  zwischen  den  Carolinen  und  Neuguinea,  .  construirtes 
Beispiel  wird  die  Unhaltbarheit  an  den  Glauben  von  Meeres- 
thälern  und  Bergen  schlagend  erhärten.  Ualau  oder  Kusaie,  die 
östlichste  der  Carolinen,  liegt,  wie  schon  vorhin  p.  141  gesagt, 
den  Pendelbeobachtungen  nach  1,537  km  unter  dem  normalen 
Oceanniveau  bei  5 ''SO'  nördl.  Br.  Lassen  wir  dieses  in  Erman- 
gelung anderweitiger  bestimmter  Daten  auch  für  die  weiter  west- 
lich gelegenen  Inseln  derselben  Gruppe  gelten,  also  auch  für  die 
Eauripik-Inseln  (6^  45'  nördl.  Br.). 

Da  nun  weiter  die  Anden  in  Südamerika  nach  Pendelaus- 
sagen den  Meeresspiegel  um  1,1  km  an  der  Küste  erhöhen,  so 
dürfen  wir  wohl  0.463  km  annehmen  für  die  Nordküste  von  Neu- 
guinea in  der  Gegend  zwischen  den  Torricelli  Mountains  und  dem 
Jullien  -  Berge ,  welche  beide  einer  dicht  am  Meere  hinlaufenden 
mächtigen  Kette  angehören,  die  Gipfelhöhen  von  2000  —  3500  m 
aufweist. 

Die  erwähnte  Gegend  liegt  südlich  von  den  Eauripik-Inseln 
ziemlich  genau  unter  3"  15'  südl.  Br.,  sodass  also  die  Entfernung 
zwischen  beiden  Punkten   10",   d.  h.    1113,1  km  beträgt. 

Dann  ergiebt  sich  aus  der  Figur  auf  pag.  1 45,  bei  der  nur 
die  eingeschriebenen  Zahlen  maassgebend  sind:  Meereshöhe  bei 
Torricelli  (T),  d.  h.  Entfernung  vom  Erdeucentrum  C  ^  C^T  (Erd- 
radius) =  6377,397  km  +  0,463  k  =  6377,860  km;  wogegen 
die  von   Eauripik  EC^  ist:    6377.397  —  1.537  =  6375,860  km. 


')  Ich  unterlasse  nicht,  zu  bemerken,  dass  schon  der  hochver- 
diente Geolog  Fr.  Pfaff  in  dieser  Zeitschrift  1884,  p.  1  ff.  auf  die 
vielen  Widersprüche  hingewiesen  hat,  die  sich  aus  den  Folgerungen 
ergehen,  welche  man  den  Angaben  über  die  Höhenlagen  der  Inseln 
und  den  benachbarten  Festländern  entnehmen  muss.  Er  hebt  u.  a. 
den  negativen  Werth  der  Falklaiids  -  Inseln  gegenüber  dem  positiven 
des  nicht  fern  liegenden  Cap  Horu  hervor. 


144 


Damit  haben  wir  ein  Dreieck  C^TE.  in  dem  eine  Seite 
C^T  —  6377,860,  die  andere  C^E  —  6375,860  und  der  von 
beiden  (nahezu  gleichen  Schenkebi)  eingeschlossene  (Scheitel-  bezw. 
Centri-)  Winkel  TC^E  =   10'^  ist. 

Die  Basis  dieses  Dreiecks  ist  ein  Theil  einer  Socante  des 
Erdkreises  in  einer  Meridionalebene,  und  diese  Secante  mit  ihrer 
Verlängerung  bei  T  würde  also  diejenige  Linie  bilden,  welche 
der  Ocean  zwischen  Torricelli  und  Eauripik  einnimmt,  wenn  er 
sich  geradlinig  zwischen  diesen  beiden  Punkten  stellt.  Der 
Basiswinkel  bei  Eauripik.  der  Carolineninsel,  ergiebt  sich  aus 
einer  einfachen  trigonometrischen  Rechnung;  er  hat  85*^  6'  10"; 
der  Basiswinkel    bei   Torricelli    dagegen    84^  53' 50",    und    die 

Länge  der  Basis  beträgt  (nach  dem  Ausdrucke  c  =  — ^ — r-.   wo 

A  der  Basiswinkel  bei  E.  d.  h.  85^6'  10")  1111.56;  also  nur 
1,5  kra  weniger  als  der  in  dem  (kugelförmig  angenommenen)  Geoid 
für  10^'  entsprechende  Bogen  zwischen  E^  und  T^  von  1113.06  km 
Länge,  wobei  E^  die  Lage  von  E  -|-  1.537  bedeutet  und  T^  die 
von  T  —  0,463. 

Wollte  man  annehmen,  dass  die  Meeresoberfläche  zwischen 
den  beiden  Stationen  eben  wäre,  also  in  der  Figur  die  Gerade 
TE  darstellte,  so  würde  an  dem  Schnittpunkt  dieser  Geraden  mit 
dem  Bogen  T^E^  bezw.  dessen  Tangente  ein  Winkel  von  5*^3' 
vorliegen;  das  wäre  demnach  der  Betrag  der  Aenderung  der  bei- 
den Horizonte,  die  den  Seeleuten  zur  Bestimmung  der  Polhöhe 
dienen  müssen! 

Das  wird  gewiss  Niemand  glauben,  ebenso  wenig  als  dass 
das  Meer,  statt  wagerecht  zu  stehen,  bei  Torricelli  eine  Neigung 
von  90»  —  84"  53'  50"  =  5»  6'  10",  und  bei  Eauripik  eine 
Steigung  von  90"  —  85"  6'  10"  =  4*^  53'  50"  zeigt,  sondern 
es  muss  den  Ausgleich  zwischen  den  beiden  Punkten  ungefähr 
in  der  punktirten  Bogenlinie  TE  —  wir  gehen  dabei  nicht  so 
weit  wie  E.  Suess,  welcher  concave  Niveauflächen  stellenweise 
für  den  Oceanspiegel  beansprucht,  wodurch  natürlich  sich  die 
Sache  noch  bedeutend  verschlimmert  —    suchen. 

Diese  punktirte  Linie  TE  stellt  den  convexen  Bogen  eines 
Kreises  vor,  dessen  Radius  das  arithmetische  Mittel  aus  den  Ent- 
fernungen C^T  und  C^E  ist.  d.  h.  6376.86  km.  Der  Mittelpunkt 
C  dieses  Kreises  liegt  11,4  km  von  C^E  und  etwa  1  km  vor- 
wärts von  C^ 

Dann  würde  sowohl  an  den  beiden  Endpunkten  der  Neigungs- 
winkel V  der  Tangenten  dieser  beiden  Kreise,  als  auch  derjenige 
im  Schnittpunkt  M  derselben  (welcher  etwa  7 "  42 '  von  E  ent- 
fernt liegt)  nahezu  6'  10"  betragen. 


145 


Tamcelli  .Neuguinea 


Winkel  V  berechnft  £'11' 


(EauripikLCamlinfii 


Erdcenfrum, 


Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  1. 


lU 


146 


Wir  nahmen  nun  an.  dass  eine  regelmässige  Dampferlinie 
die  Fahrten  zwischen  den  beiden  genannten  Localitäten  lebhaft 
betreibe.  Täglich  wird  dabei  auf  hoher  See  an  Bord  die  Mittags- 
höhe mit  dem  Sextanten  genommen  und  daraus  die  Breite  etc. 
sofort  berechnet. 

Bei  einer  solchen  Berechnung  repräsentirt  bekanntlich  jede 
Minute  eine  Seemeile  oder  1.852  km.  Man  weiss  also  immer 
ziemlich  genau,  wo  und  wie  weit  man  vom  Lande  sich  befindet. 
Nun  betrachte  man  die  Lage  eines  Fahrzeuges,  das  etwas  südlich 
vom  Aequator  auf  der  besprochenen  Dampferlinie  in  die  Nähe 
der  Ritte  von  Echiquier.  Durour,  Matty  u.  s.  w.  gelangt,  nach- 
dem es  die  Nähe  des  wahrscheinlichen  Schnittpunktes  der  wirk- 
lichen Oceanfläche  T^E^  mit  der  punktirt  angedeuteten  TE  passirt 
hat.  Die  dort  berechnete  Breite  muss  um  den  Winkel  v  ditfe- 
riren  von  der  wahren  auf  das  wirkliche  Geoid  bezogenen,  und 
doppelt  differiren,  je  nachdem  die  Sonnenhöhe  nach  Süden  (October- 
März)  genommen  wird,  oder  nach  Norden  (März  -  October).  Im 
ersteren  Falle  wird  die  Breite  bezw.  Zenithdistanz.  weil  auf  einen 
höheren  Horizont  berechnet,  um  v  Seemeilen  zu  klein,  im  letzteren 
um  ebenso  viel,    auf  einen  niederen   Horizont  bezogen,    zu  gross. 

Ein  Unterschied,  d.  h.  ein  Irrthum  von  2  v,  also  von  über 
12  Seemeilen  in  dortigen  Meeren  in  der  Region  der  Wirbel- 
stürme gehört  aber  nicht  nur  in  dunkler  Nacht  oder  bei  strö- 
mendem Regen,  sondern  auch  am  hellen  Tage  in  der  Nähe  nie- 
driger, nicht  weit  sichtbarer  Inseln  unter  die  Umstände,  die  zu 
den  verhängnissvollen  gezählt  werden  müssen;  denn  freien  Raum 
hat  jedes  Schitt  nöthig.  um  bei  Klippen.  Untiefen  und  dergleichen 
vorüber  zu  kommen,   sonst  geht  es  durch  Auflaufen  verloren. 

Aehnliche  Fälle  wie  der  angenommene  zwischen  Eauripik 
und  Torricelli  liegen  auch  vor  beim  Ansegeln  der  nordbrasilia- 
nischen Küste  von  Norden  und  beim  Anfahren  der  Capland-Gestade 
von  Süden  her. 

Constant  auftretende  Difterenzen  bei  der  Berechimng  der 
Entfernung  von  einem  gesuchten  Hafen  in  jenen  Theilen  müssten 
doch  schon  längst  die  Aufmerksamkeit  der  beobachtenden  See- 
leute, deren  Zahl  an  Bord  der  grösseren  Dampfer  gleichzeitig  oft 
3  bis  4  ist,  auf  sich  gezogen  haben.  Denn  das  ist  doch  klar, 
dass  ungleich  (und  gar  noch  etwa  napfartig)  gebogene  Flächen 
nicht  überall  dieselbe  Sonnenhöhe  geben  können,  als  gleichmässig 
gebogene.  Ohne  Vertrauen  auf  seinen  Sextanten  sinkt  der  Nau- 
tiker auf  den  Standpunkt  des  Küstenfahrers  herab.  Aber  bis 
jetzt  sind  noch  keine  Kundgebungen  von  Seiten  der  Seeleute 
erschienen,  welche  auf  continuirlich  falsche  Resultate  ihrer  Breiten- 
berechnuugen  in  gewissen  Gegenden  basii't  wären,  und  das  müsste 
doch  heute,    wo  wir  auf  dem  Festlandc  eine  Breitendiiferenz  von 


147 


weniger  als  einer  drittel  Secunde,  von  10  m  Verschiebung,  astro- 
nomisch nachweisen,  der  Fall  sein,  wenn  überhaupt  Unregel- 
mässigkeiten in  unserer  Hydrosphäre  —  nicht  zu  reden  von  wirk- 
lichen Meeresbergen  und  -Thälern  von  Tausenden  von  Metern 
Höhe  und  Tiefe  —  existirten.  Mit  grossem  Rechte  verwerfen 
daher  die  meisten  Geodäten  die  Ansicht  vom  Vorhandensein  be- 
deutender Unregelmässigkeiten  im  Meeresniveau.  Wahrscheinlich 
existiren  sie  gar  nicht,  und  die  Pendel -Versuchsresultate  werden 
da,  wo  sie  im  Widerspruch  miter  sich  oder  mit  anderen  Um- 
ständen stehen,  eine  andere  Erklärung  finden,  als  die  von  Niveau- 
verschiedenheiten. 

Wenn  z.  B.  die  Attractionswerthe  (bezw.  Niveauverschieden- 
heiten im  Meere)  für  London  mit  118  ra,  für  Königsberg  mit 
92,6  m  angegeben  werden  (Listing,  erw.  Suess,  Antlitz,  I,  p.  21), 
so  zeigen  doch  die  geodätischen  Resultate,  dass  eine  Differenz  in 
den  Meereshöhen  der  beiden  genannten  Orte,  wie  überhaupt  an 
den  europäischen  Küsten,  nicht  vorkommt,  obwohl  dieselbe  den 
Attractionswerthen  nach  25,4  m  betragen  müsste. 

Und  gerade  so  wird  es  an  den  Küsten  der  anderen  Conti- 
nente  sein,  und  nicht  nur  an  den  Küsten,  sondern  auch  in  den 
Meerestlieilcn  zwisclien  den  Continenten.    d.  li.   auf  hoher  See. 

Ein  Anhänger  der  Ansicht  von  der  Existenz  von  Meeres- 
bergen und  -Thälern  sagt:  „Mit  dem  Barometer  kann  man  die 
Störung  der  Niveauflächen  durch  ungleiche  Massenvcrtheilung, 
d.  h.  deren  Abweichung  von  der  Oberfläche  eines  regelmässigen 
Rotations-Ellipsoides  ebenso  wenig  bestimmen,  wie  z.  B.  die  An- 
schwellung der  Erde  unter  dem  Ae([uator.  Die  Flächen  gleichen 
Druckes  im  Wasser  und  in  der  Luft  folgen  in  ihrer  Gestalt  den 
gestörten  Niveauflächen,  sie  gehen  mit  ihnen  bergauf  und  bergab, 
wenn  man  so  sagen  darf,  genau  so  wie  die  Lothlinie.  Man 
kann  deshalb  die  Störungen  auch  durch  ein  Nivellement  nicht 
entdecken.  Das  Pendel  dagegen  zeigt  die  Abplattung  der  Erde 
an.  Aber  so  viel  steht  fest,  dass,  wenn  nicht  durch  eine  be- 
sondere Vertheilung  in  der  Dichte  der  tieferen  Erdschichten  die 
Unregelmässigkeiten  der  Massenvcrtheilung,  wie  sie  die  Erdober- 
fläche darbietet,  compensirt  wird,  Unregelmässigkeiten  der  Niveau- 
flächen bis  zu  und  über  1000  m  Einsenkung  resp.  Erhebung  vor- 
kommen müssen,  die  man  jedoch  mit  dem  Barometer  nicht 
messen  kann." 

Hiergegen  möchte  icli  Folgendes  bemerken: 

Der  verhältnissmässig  niedere  Barometerstand  in  den  Polargegen- 
den ist  leicht  erklärlich  dadurch,  dass  auch  die  Atmosphäre  wegen  der 
Erdrotation  in  der  Aequatorialgegend  etwas  angeschwollen  ist. 

Ein  höherer  Barometerstand  müsste  an  den  Polen  herrschen, 
als  am  Aequator,    wenn  die  Luft  in  Form  einer  Kugel  den  Erd- 

10* 


U8 


ball  umgäbe;  aber  aus  der  geringen  Höhe  der  Luftsäule  über 
den  Polen  folgt  durchaus  nicht ,  dass  Luftschichten  gleicher 
Schwere  allen  Unebenheiten  der  irdischen  Litho-  oder  Hydro- 
sphäre folgen.  Wäre  das  der  Fall,  so  wäre  ja  überhaupt  alles 
barometrische  Hölienmessen  ein  Unding.  Eine  Einsenkung  im 
Atlantischen  Ocean  muss  sich  durch  den  Barometer  nachweisen 
lassen,  gleichviel,  ob  die  Meeresoberfläche  flüssig  oder  fest,  sagen 
wir  gefroren  ist.  Wäre  sie  letzteres,  so  würde  kein  Unterschied 
existiren  zwischen  einer  barometrischen  Höhenniesstour  auf  dem 
Ocean  und  einer  solchen  auf  dem  Festlande,  z.  B.  von  den  nord- 
amerikanischen Prairien  nach  den  Rocky  Mountains,  oder  von  den 
argentinischen  Pampas  nach  der  Cordillere.  Die  Jahres-  und 
Monats-Isobaren,  ja  sogar  die  Jahres-  und  Monats-Lsothermen  ent- 
fernen sich  nicht  weit  von  der  Dampferroute  zwischen  dem  Canal 
und  New  York,  niclits  deutet  auf  eine  Unregelmässigkeit  der  ocea- 
nischen  Fläche  hin.  welche  sicherlich  durch  die  Fülle  von  meteo- 
rologischen Beobachtungen  und  geodätischen  Messungen  (Bestim- 
men der  Breite  und  Länge  auf  hoher  See  durch  Sextant  und 
Chronometer)  auf  dieser  Linie  sich  schon  längst  sehr,  sehr  fühlbar 
gemacht  haben  müsste.  wenn  sie  existirte;  denn  für  das  Baro- 
meter ist  es  schliesshch  doch  gewiss  einerlei,  ob  es  von  einem 
Berggipfel  bis  an  oder  auf  den  festen  Strand  des  Meeres,  oder 
in  ein  auf  dem  Wasser  schwimmendes  Boot  getragen  wird,  oder 
auf  die  gefrorene  Eisfläche  des  Gewässers;  es  giebt  den  Höhen- 
unterschied eben  an.  und  richtig,  wenn  die  erforderlichen  Cor- 
rectionen  wegen  der  Temperatur,  Feuchtigkeit,  Schwere  etc.  in 
entsprechender  Weise  angewandt  werden.  Aber  nicht  einerlei  ist  es 
für  unsere  Seeleute,  ob  sie  ihre  Sonnenhöhe  auf  einen  richtigen, 
d.  h.  tangentialen  oder  falschen,  d.  h.  geneigten  Horizont  basiren. 
Die  hätten  längst  ihre  Sextanten  bei  Seite  gelegt,  wenn  sie  sich 
nicht  auf  sie  verlassen  könnten.  Kurz,  die  Physiker  werden  die 
Gründe  der  Nichtübereinstimnmng  der  Pendelversuche  schon  mit  der 
Zeit  austinden^);  die  aus  denselben  gezogenen  Folgerungen  betrefls 
der  Meeresthäler  und  -Berge  aber  waren,  wie  die  Thatsachen 
allseitig  nach  meinem  Dafürhalten  beweisen,  falsch;  und  dieses 
ist  für  die  Geologen  wichtig  genug,  denn  man  sieht  daraus,  dass 
die  sogen.  Strandverschiebungen  am  otleiien  Meer  das  bedeuten, 
für  was  sie  ursprünglicli  angesehen  wurden,    nämlich  Hebungen 


^)  Man  hat  ja  schon  die  Yermuthung  auspesprochen,  dass  unter 
dem  Meere  die  Schichten  dicker  seien,  weil  tiefer  abgekühlt,  dass  die 
Continente  gleichsam  wie  in  einem  Kuchen  aufgetriebene,  specifisch 
leichtere  Schichten  darstellen,  und  somit  eine  pi-ästabilisirte  Harmonie 
in  der  Verthcilung  der  Massen  herrschen  soll. 

Unmöglich  wöre  das  gar  nicht;  denn  an  contincntalen  Knsten- 
stationen  ist  die  Zahl  der  Pendelschläge  im  Gegensatze  zu  der  auf 
isolirten  Inseln  im  Ocean  kleiner,  als  man  vermuthen  sollte. 


149 


und  Senkungen  des  Landes    und  nicht  etwa  Auf-   und  Ab- 
laufen des  Oceans. 

Gegen  letzteres  bringe  ich,   hiermit  wiederholend,  vor: 

1.  Die  Widerlegung  des  Beweises,  dass  die  Ostsee  auslauft. 
Ihr  Zurückweichen  von  den  schwedischen  Küsten  beruht 
auf  der  Hebung  der  letzteren:  denn  die  Ostsee  bleibt  an 
den  südbaltischen  Küsten   stabil,    (v.  Drygalski.) 

2.  Alle  Meere  um  Europa  stehen  gleich  hoch  (Intern.  Geodät. 
Congress  in  Paris  1889);  die  ein  anderes  Resultat  an- 
zeigenden Pendelbeobachtungen  werden  also  durch  etwas 
anderes   als  die  Meereshühe  beeinflusst  sein. 

3.  Das  Benehmen  des  Barometers,  darunter  die  Lage  der 
Isobaren,  seine  Anwendung  zum  Höhenmessen  etc,  ver- 
neinen total  die  Existenz  von  Unebenheiten  der  Oceanfläche. 
Dasselbe  thun  die  Angaben  des  hypsometrischen  Thermo- 
meters bei  Bestimmung  des  Wassersiedepunktes  und  die 
barometrischen  Beobachtungen  (in  anderer  Weise)  in  Luft- 
ballons. 

•1.  Die  auf  die  Regelmässigkeit  des  Meereshorizontes  basirten 
Bestinniiungen  der  Ortsbreite  auf  hoher  See  lassen  ebenso 
wenig  Höhen-  und  Tiefenlagen  der  oceanischen  Fläche 
erkennen,  und  das  müsste  der  Fall  sein  bei  schon  viel 
geringeren  als  jetzt  angenommenen  Untei'schieden. 

Nachschrift. 

R.  S.  Woodward  bespricht  in  No,  48  des  Bull.  Geol.  Survey 
U.  S.  (Washington  1888)  die  Form  und  Lage  des  Meeresniveaus, 
führt  ein  Beispiel  an.  das  nach  G,  K.  Gilbert  erkennen  lässt, 
dass  Inseln  in  der  Mittelpartie  der  quartären  Inland  -  Depression 
des  früheren  Lake  Boimeville  Strandlinien  zeigen,  die  jetzt  mehr 
als  100  Fuss  über  den  correspondirenden  Linien  der  Uferränder 
liegen,  und  kommt  zu  dem  Schlüsse  (p.  85),  dass  die  Erhebung 
des  Oceanspiegels  nach  einer  Berechnungs-Hypothese  für  das  Innere 
der  asiatisch -europäischen  Continentalmasse  2900  Fuss  betragen 
müsste,    wogegen  sie  nach  einer  anderen  kaum   10  Fuss  erreicht. 

Angesichts  solcher  Widersprüche  überzeugt  man  sich,  wie 
sehr  Recht  schon  Fr.  Pf  äff  hatte.  1884  sich  gegen  die  An- 
nahme der  Existenz  von  Meeresthälern  und  -Anhöhen  zu  wenden. 
Seine  überaus  triftigen  Gegengründe  werden  durch  eine  Antwort 
Hann's  keineswegs  abgeschwächt .  geschweige  denn  widerlegt. 
Ebenso  wenig  sind  die  Einwände  Leipoldt's  durch  den  Hinweis 
auf  verschiedene  Barometerconstructionen  u,  s.  w.  widerlegt  wor- 
den (6.   Geographentag,    1880,   p.  73  it.). 


150 


7.   lieber  die  Altersfol^e  der  Sedimentforma- 
tionen in  Griechenland. 

Von  Herrn  Alfred  Philippson  in  Berlin. 

Unsere  Keinitniss  des  geologischen  Baues  Griechenlands  be- 
ruht bisher  im  Wesentlichen  auf  zwei  grundlegenden  Werken: 
der  Expedition  scientifique  de  Moree.  Section  des  Sciences  Phy- 
siques.  T.  II,  2epe. ,  Geologie  et  Mineralogie  par  Puillon  de 
BoBLAYE  et  Theodohe  ViRLET,  Paris  1833.  für  den  Peloponnes; 
und  den  Arbeiten  von  Bittner  u.  Neumayr  in  den  Denkschriften 
der  Wiener  Akademie  der  Wissenschaften,  math.-naturw.  Classe, 
40.  Bd..    1880.  für  Mittel-Griechenland  (das  eigentliche  Hellasl. 

Nach  Bittner  und  Neumayr  wird  ganz  Mittel-Griechenland, 
abgesehen  von  den  krystallinischen  Gesteinen,  welche  nur  in  Attika, 
dem  südlichen  Euboea  und  dem  östlichen  Othrys  auftreten,  und 
abgesehen  von  den  Neogenablagerungen .  ausschliesslich  von  Ge- 
steinen der  Kreideformation  eingenommen,  und  zwar  unterscheiden 
genannte  Forscher  einen  „Unteren  Kalk",  einen  darüber  liegenden 
Complex  von  Schiefern  und  Sandsteinen,  welcher  in  einigen  Ge- 
genden einen  „Mittleren  Kalk"  einschliesst,  und  einen  über  den 
Schiefern  lagernden  „Oberen  Kalk".  Sämmtliche  Kalke  Mittel- 
Griechenlands  werden  von  Bittner  und  Neu.mayr  der  einen  oder 
der  anderen  dieser  Kalketagen  zugezählt.  An  vielen  Steilen  führen 
diese  Kalke  Rudisten  und  andere  unbestimmbare  Fossilien,  aber 
nur  an  zwei  Stellen  fanden  sich  Organismen,  welche  eine  genauere 
Altersbestimmung  zuliessen  :  im  „Oberen  Kalk"  des  Hörnerbergs 
bei  Livadia  eine  Turon-,  speciell  Provencien -Fauna,  und  bei 
Agoriani  im  „Mittleren  Kalk"  eine  wahrscheinlich  dem  Gault 
zuzuweisende  Fauna.     (Bittner,  1.  c,  p.  70.) 

Wesentlich  anders  erscheinen  die  geologischen  Verliältnisse 
im  Peloponnes  durcli  das  Auftreten  von  Nummuliten-Kalk. 
Dort  reichten  die  veralteten  Untersuchungen  der  Expedition  scien- 
tifique  de  Moree  nicht  hin,  um  ein  genügendes  Bild  von  der  geo- 
logischen Zusammensetzung  und  dem  Gebirgsbau  des  Landes  zu 
bieten.  Der  Verfasser  dieser  Mittheilung  unterzog  sich,  mit  Unter- 
stützung der  Karl  RiTTER-Stiftung  in  Berlin,  der  Aufgabe  einer 
geologischen  und  geographischen  Erforschung  des  Peloponnes, 
welche  er  in  den  Jahren  1887  —  89  ausführte.  Es  ergab  sich 
dabei   —  abgesehen  von  einigen  nocli  fraglichen  Kalken  der  Halb- 


151 


insel  Argolis   ^   im  Grossen  und  Ganzen  in  üebereinstimmung  mit 
den  Resultaten  der  „Expedition"-   folgende  stratigraphische  Reihen- 
folge der  vor-neogcnen  Sedimontbildungen  von  unten  nach  oben; 
Ueber  den  krystallinisehen   Schiefern  folgt  discordant: 

1.  Der  „Tripolitzakalk"'.  ein  sehr  mächtiges  System  mas- 
siger oder  grobbankiger.  dichter,  feinkörniger  oder  krystallinischer, 
meist  dunkel  grau  bis  schwarz  gefärbter,  bitunienreicher  Kalke; 
in  den  unteren  Theilen  sind  sie  doloniitisch  und  hell  gefärbt. 
Diese  Kalke  enthalten  in  den  unteren  und  mittleren  Theilen  reich- 
lich Rudisten-  und  andere,  nicht  bestimmbare  Fossil-Durchschnitte, 
und  gleichen  in  diesen  Partieen.  auch  petrographisch,  durchaus  den 
Rudisten -Kalken  des  östlichen  Mittel -Griechenland.  In  den  oberen 
Theilen  führen  sie  dagegen  eine  reiche  Fauna  von  Numnuiliten. 

2.  Darüber  folgt,  mit  dem  Tripolitzakalk  an  der  Grenze 
stellenweise  durch  Wechsellagerung  innig  verbunden,  ein  fossil- 
leeres System  von  Sandsteinen.  Schief erthonen  und  Con- 
glome raten,  welches  in  der  Nähe  der  unteren  Grenze  Linsen 
von   Nummuliten-Kalk  einschliesst. 

2a.  In  einigen  Gegenden  des  Peloponnes.  besonders  an  der 
Westküste,  liegt  dem  unteren  Theil  der  Sandsteinformation  eine 
mehrere  Hundert  Meter  mächtige,  hell  gefärbte  Kalkmasse  ein- 
geschaltet, welche  Rudisten  und  Nummuliten.  dann  besonders 
auch  Alveolinen  in  inniger  Vereinigung  führt.  Icli  neiuie  diesen 
Kalk   „Kalk  von  Pylos". 

3.  Ueber  der  Sandsteinformation  folgen  dichte,  helle  Plat- 
tenkalke, fast  lithographischen  Kalken  ähnlich  („Olonoskalk"), 
mit  Hörn  steinlagen  wechselnd,  und  namentlich  von  den  unter- 
liegenden Sandsteinen  in  vielen  Gegenden  durch  einen  Complex 
rothen  Hörn  stein  s  geschieden.  Diese  Plattenkalke  sind  frei 
von  makroskopischen  Fossilien. 

Wir  finden  also  auch  im  Peleponnes,  gerade  wie  in  Mittel- 
Griechenland,  einen  „Oberen'',  „Mittleren"  und  „Unteren  Kalk", 
durch  eine  flyschartige  Schiefer- Sandsteinformation  von  einander 
geschieden.  Aber  der  „Untere"  und  „Mittlere"  Kalk  des  Pele- 
ponnes führt  neben  Rudisten  auch  Nummuliten.  während  in 
Mittel-Griechenland  bisher  noch  kein  Nummulit  gefunden  war. 

Das  schon  von  der  „Expedition"  constatirte  Zusammenvor- 
konnnen  von  Rudisten  und  Nummuliten,  die  man  sonst  als  aus- 
gezeichnete Leitfossilien  der  Kreide,  bezüglich  des  Eocän  be- 
trachtet, ist  eine  in  vielen  Gegenden  des  Orients  verbreitete  Er- 
scheinung. Im  ganzen  Westen  der  Balkan-Halbinsel,  auf  Kreta, 
Rhodos,  in  Lycien  und  anderen  Theilen  Kleinasiens  berichten  die 
geologischen  Reisenden  von  dem  untrennbaren  Zusammenhang  von 
Rudisten  -    und  Nummuliten  -  Kalk.      Man  hat   es  hier    jedenfalls 


152 


überall  mit  ein  und  derselben  Kalkformation  zu  thun,  und  so  ge- 
winnt die  Frage  nach  der  Altersstellung  dieses  Kalkes  ein  weit 
über  die  Grenzen  des  Peleponnes  hinausreichendes  Interesse. 

Zunächst  sah  ich  mich  in  meinen  vorläufigen  Reiseberichten 
(Verhandlungen  d.  Gesellsch.  f.  Erdkunde.  Berlin.  Bd.  14.  15 
und  16)  bewogen,  diesen  Rudisten-Nummuliten-Kalk,  und  damit  auch 
die  darüber  liegenden  Sandsteine  und  Olonos- Plattenkalke  einst- 
weilen bei  der  Kreide  zu  belassen,  zu  welcher  sie  bisher  stets 
gerechnet  worden  waren,  indem  ich  es  nicht  für  angezeigt  hielt, 
das  Ueberlieferte  zu  zerstören,  ehe  ich  etwas  Sicheres  an  seine 
Stelle  zu  setzen  vermochte.  Zudem  war  bereits  das  Vorkonnnen 
einzelner  Vorläufer  der  Nuniinulitcn  in  vor-eocänen  Formationen 
bekannt,  während  das  Vorkommen  der  Rudisten  im  Eocän  noch 
nicht  beobachtet  war.  Der  wichtigste  Grund  für  diese  vorläufige 
Annahme  war  aber  die  augenscheinliche  Identität  der  peloponne- 
sischen  Ablagerungen  mit  denen  des  westlichen  Mittel-Griechenland, 
welche  doch,  zufolge  der  Autorität  Neumayrs.  als  Kreide  gelten 
mussten.  Die  west-ätolische  Sandsteinzone  setzt  sich  nämlich 
jenseits  des  Golfes  von  Patras  in  der  Richtung  ihres  Streichens 
in  den  Peloponnes  hinein  fort  und  überlagert  hier  Nummuliten- 
Kalk;  die  oberen  Olonos-Plattenkalke  waren  nach  der  Beschreibung 
Neumayr's  in  den  „oberen  Kalken"  Aetoliens  wieder  zu  erkennen: 
war  also  Aetolien  Kreide,   so  war  es  auch  der  Peloponnes! 

Dagegen  hat  nunmehr  die  genauere  paläontologische  Unter- 
suchung der  von  mir  gesammelten  reichen  Nummuliten-Fauna  des 
Peloponnes.  welche  der  ausgezeichnete  Foraminiferenkenner.  Herr 
C.  ScHAVAGER  in  Münclicn.  zu  übernehmen  die  Güte  hatte  —  die 
jedoch  noch  nicht  abgeschlossen  ist  —  ergeben,  dass  diese  Num- 
niuliten  und  die  anderen  mit  ihnen  zusammen  auftretenden  Fora- 
miniferen  zumeist  bekannten  eocänen  Arten  angehören.  Zudem 
hat  unterdess  Stäche  das  Vorkommen  von  Rudisten  im  untersten 
Eocän  (Protocän)  Istriens  bekannt  gemacht ').  Es  galt  nun  das 
Räthsel  zu  lösen:  war  der  Rudisten -Nuramuliten- Kalk  des  Pelo- 
ponnes eocän.  und  also  auch  der  darüberliegende  Flysch  und 
Plattenkalk,  wie  konnten  dieselben  Gesteine  im  westlichen  Mittel- 
Griecheidand  gänzlich  frei  von  Nummuliten  sein  und  der  Kreide- 
formation zugehören'.'' 

Um  diesen  dunklen  Punkt  aufzuhellen,  unternahm  ich  in 
diesem  Frül)jahr  eine  flüchtige  Durchreisung  Mittel-Griechenlands. 
Die  Reise  ging  am  17.  März  von  Athen  aus  über  Theben. 
Chostia,  Livadia,  Arachova,  Amphissa.  Galaxidi,  Kisseli.  Paläoxari, 
Naupaktos,    Missolonghi,    Agrinion   nach   Vonitza    im    äussersten 


')  Stäche.     Die  liburnische  Stufe  und  deren  Grenz -Horizonte.  I. 
Abhaudl.  d.  k.  k.  geol.  Reichsanstalt,  Bd.  XIII,   Wien  1889. 


153 


Nordwesten  und  dann  auf  einer  nördlicheren  Linie  nach  Osten 
zurück:  von  Karavasara  durch  die  südlichen  Pindos -Ketten,  über 
die  Brücke  von  Tatarna,  nach  Karpenisi.  Lamia.  Atalanti,  Chalkis, 
Kakosialesi.   Tatoi  und  Athen,  wo  ich  am  16.  April  wieder  eintraf. 

Das  Hauptresultat  dieser  Reise  war  die  Auffindung  zahl- 
reicher Nunimuliten  in  Aetolien  und  Akarnanien  im  „Unteren" 
und  „Mittleren"  Kalk  Neumayr's.  die  von  diesem  Forscher  über- 
sehen worden  sind.  Dadurch  erleidet  unsere  Ansicht  vom  geolo- 
gischen Bau  Mittel  -  Griechenlands  eine  gänzliche  Umgestaltung, 
und  zugleich  ergiebt  sich  uns  eine  treffliche  Verknüpfung  dieses 
bisher  isolirt  dastehenden  Landes  mit  den  nördlichen  und  süd- 
lichen Nachbargebieten.  Hier  sollen  diese  Ergebnisse  nur  in  kur- 
zen Zügen  skizzirt  werden^). 

Wenn  dieselben  vielfach  im  Gegensatz  zu  Neumayr's  An- 
sichten stehen,  so  soll  damit  das  grosse  Verdienst  dieses  allzu 
früh  dahin  geschiedenen  Meisters  nicht  im  Geringsten  verkleinert 
werden  I  Man  muss  die  Schwierigkeiten  geologischer  Aufnahmen 
in  Gegenden,  wie  es  die  ätolischen  Gebirge  sind,  aus  eigener 
Erfahrung  kennen,  um  trotz  des  jetzt  zu  Tage  tretenden  Irrthums 
das  Werk  Neumayr's  bewundern   zu  lernen! 

Gegenüber  von  Patras  erheben  sich  an  der  ätolischen  Küste 
mitten  aus  niedrigem  Sandstein-Hügelland  zwei  schrotfe,  stolz  ge- 
formte Kalkgipfel ,  welche  als  die  auffallendsten  Züge  im  Land- 
schaftsbilde des  Golfes  von  Patras  Jedem  in  Erinnerung  sein 
werden,  der  einmal  diese  herrliche  Erdenstelle  passirt  hat.  Die 
Klokova.  der  östliche  der  beiden  Berge,  bildet  ein  elliptisches 
Kalkgewölbe,  dessen  Schichten  nach  W.  N  und  0  deutlich  unter 
die  Sandsteinformation  einfallen,  während  es  im  Süden  durch  die 
Küste  steil  abgeschnitten  ist.  Hier  führt  der  Weg  Naupaktos- 
Missolonghi  am  Felsen  hoch  über  dem  Meere  in  schwieriger, 
Kaki-Skala  genannter  Passage  entlang.  Auf  diesem  Felsenstege 
erhält  man  ein  sehr  deutliches  Profil.  Der  hell  graue  bis  schwarze, 
dichte  bis  körnige  Kalk  zeigt  viele  Rudisten-  und  andere  Con- 
chylien-Durchschnitte.  Wenn  man  sich  aber  der  Westgrenze  des 
Kalkes  nähert,  wo  ein  Stück  unvollendete  Fahrstrasse  in  den 
Felsen  gesprengt  ist,  sieht  man  den  Kalk  ganz  erfüllt  mit  Alveo- 
linen  und  Nunimuliten ,  bis  schliesslich  dieser  Nunmiuliten  -  Kalk 
mit  ungefähr  35"  nach  W  unter  Schieferthon  einfällt,  der  hier 
mächtige  Conglomeratbänke  einschliesst.  Die  Foraminiferen-Fauna 
scheint  der  des  Kalkes  von  Pylos   zu  entsprechen.     Dieser  Kalk- 


')    Man    vergleiche    dazu    Neumayr's    und  Bittners   geologische 
Karte  a.  a.  0. 


154 


stock,  den  Neumayr  nur  von  Weitem  gesehen  hat,  wurde  von 
ihm  als  „Mittlerer  Kalk^   eingetragen. 

Die  Höhen  nördlich  von  Missolonghi  bestehen  aus-  dem 
Sandstein  der  grossen  Avest-ätolischen  Sandsteinzone;  nordwestlich 
der  Stadt  tritt  aber  ein  heller,  dichter  Kalk  auf.  der  nach  0 
flach  unter  den  Sandstein  einfällt.  In  diesem  Kalke  sind  einige 
Steinbrüche  angesetzt,  welche  die  Bausteine  für  Missolonghi  lie- 
fern. Der  Kalk  ist  stellenweise  ganz  erfüllt  mit  Numniuliten, 
die  man  in  den  Strassen  von  Missolonghi  bei  Neubauten  in  be- 
liebiger Menge  sammeln  kann.  Auch  dieser  Kalk  ist  von  Neu- 
mayr als   ..Mittlerer  Kalk-  bezeichnet. 

Die  Landschaft  Akarnanien  (westlich  des  unteren  Acheloos) 
wird  nach  Neumayr  von  einer  einheitlichen  Kalkmasse  gebildet, 
welche  er  als  ^Unteren  Kalk"  bezeichnet,  weil  sie  nach  Osten 
flach  unter  die  ätolische  Sandsteinformation  einfällt. 
An  dieser  Grenze,  wo  das  Einfallen  auf  das  Deutlichste  zu  beob- 
achten ist.  führt  dieser  übrigens  helle  und  sehr  dichte,  fast  litho- 
graphische Kalk  zahlreiche  Numniuliten.  Ich  fand  sie  am  Südende 
des  Höhenzuges,  der  sich  vom  Dorfe  Lepenü  nach  Süden  gegen 
die  Fahrstrasse  Agrinion  -  Karavasara  erstreckt.  Ebenso  finden 
sich  Nummuliten  in  demselben  Kalk  auf  der  Passhöhe  zwischen 
Katuna  und  Vonitza.  Dieser  Kalk  von  Akarnanien.  der  übrigens 
durchaus  nicht  eine  so  einheitliche  Masse  bildet,  wie  Neumayr 
glaubte,  sondern  von  Lutraki  über  Katuna  nach  Machalas  von 
einem  breiten  Streifen  einer  jüngeren  Kalkbreccie  mit  Gypsstöcken 
unterbrochen  ist.  scheint  mir  durchaus  identisch  mit  den  Kalken 
von  Missolonghi  und  der  Klokova.  In  dem  Gebirge  zwischen 
Katuna  und  Yonitza  erscheint  Sandstein  auch  unter  diesem  akar- 
nanischen  Nummuliten -Kalk.  Es  ist  daher  gar  kein  Grund  vor- 
handen, das  Akarnanische  Gebirge  als  ..Unteren"  Kalk,  dagegen 
die  Kalke  der  Klokova  und  von  Missolonghi  als  „Mittlere  Kalke" 
zu  bezeichnen.  Alle  diese  hellen  Nummuliten-Kalke  bil- 
den Einlagerungen  in  den  unteren  Theil  der  ätolischen 
Sandsteinformation  und  entsprechen  sowohl  ihrem  petrogra- 
phischen  Habitus  wie  ihrer  stratigiaphischen  Stellung  als  auch, 
wie  es  scheint,  ihrer  Fauna  nach  dem  Kalk  von  Pylos  im  Pe- 
loponnes.  Uebrigens  ist  es  sehr  wahrscheinlich,  dass  sich  beide 
Vorkommnisse  über  die  jonischen  Inseln  hinweg  berühren,  denn 
auf  Zante  sind  von  Fuchs  ^)  Nummuliten  und  Rudisten  zusammen 
aufgefunden  worden;  der  Kalk  von  Leukas  bildet  aber  wohl  die 
Fortsetzung  der  akarnanischen  Kalkmasse. 


')  Pliocänbildungen  von  Corfu  und  Zante.     Sitzungsber.  d.  Wien. 
Akad.,  math.-naturw.  Classe,  75.  Bd.,   1877. 


155 


An  der  Nordgrenze  Aetoliens,  zwischen  dem  Acheloos  und 
dem  Ambrakischen  Golf,  ragt  ein  mächtiges  Kalkgebirge  gleich 
einer  Riesenklippe  über  die  tiachen  Wellen  der  Sandstein  -  Land- 
schaft empor:  es  ist  der  Kalkzug  des  Gabrovo.  Er  besteht 
aus  einem  dunkelfarbigen,  körnigen,  grob  geschichteten,  völlig 
dem  Tripolitzakalk  ähnlichen  Kalke,  der  bei  der  Acheloos-Brücke 
von  Tatarna  flach  nach  Osten  unter  die  Sandsteinfonnation  ein- 
fällt, weshalb  das  ganze  Kalkgebirge  von  Neumayr  seinem  ^Un- 
teren Kalke"  zugezählt  wurde.  Eben  an  dieser  Stelle  ist  der 
Kalk  aber  stellenweise  ganz  erfüllt  von  Nummuliten  und  anderen 
Foramiiiiferen.  Unter  ersteren  zeichnet  sich  ein  sehr  grosser 
Nummulit  aus.  der  im  Peloponnes  im  Tripolitzakalk  besonders 
häutig  auftritt.  Wir  haben  es  hier  also  augenscheinlich  mit  einem 
dem  Tripolitzakalke  äquivalenten  Nummuliten-Kalke  zu  thun.  — 

Die  Aetoli sehen  Kalkalpen,  welche  die  Landschaft  Aeto- 
lien  in  ihrer  Mitte  von  N  nach  S  durchziehen,  sind  von  Neumayr 
dem  ^Oberen  Kalke"  zugezählt  worden.  Alles  was  auf  Neumayr's 
Karte  in  den  Eparchien  Eurytania.  Triclionia  und  Naupaktia  als 
„Oberer  Kalk"  bezeichnet  ist,  besteht  aus  hellen,  dichten  Platten- 
kalken in  innigem  Verein  mit  rothen  Hornsteinen  und  über- 
lagert deuthch  die  Sandsteinsteinformation;  es  ist  das  genaue 
Aequivalent  der  Platteiikalke  des  Peloponnes.  welche  hier  wie 
dort  die  vor  -  neogene  Schichtreihe  nach  oben  abschliessen.  Da 
diese  Plattenkalke  im  Peloponnes  gänzlich  makroskopischer  Fos- 
silien entbehren,  so  ist  es  nicht  zu  verwundern,  dass  Neumayr 
in  den  Aetolischen  Kalkalpen  ..auch  nicht  eine  Spur  von  Fossilien 
entdecken  konnte"  (1.  c. .  p.  118).  Welch"  grosser  Unterschied 
gegenüber  den  oft  von  Rndisten  winnnelnden  massigen  Kreide- 
kalken des  östlichen  Mittel-Griechenland!   — 

Das  Kalkgebirge  des  Phtheri.  das  Neumayr  dem  „Mittleren 
Kalke"  zuzählt,  habe  ich  nur  von  Weitem  gesehen;  danach  schien 
es  mir  eher  den  oberen  Plattenkalken   anzugehören. 

Fassen  wir  diese  Beobachtungen  in  Aetolien  und  Akarna- 
nien  zusammen.  In  beiden  Landschaften  bilden  die  liegendsten 
Schichten  massige  Kalke  mit  Rudisten  und  Nummuliten;  darüber 
folgt  die  mächtige  Sandsteinformation ,  darüber  die  oberen  Horn- 
steine  und  Plattenkalke.  Die  Nunmmliten  -  Kalke  treten  sowohl 
in  der  Ausbildungsweise  des  Tripolitzakalkes  (Gabrovozug)  als  in 
derjenigen  des  Pyloskalkes  (Akarnanien.  Missolonghi,  Klokova) 
auf.  Sind  die  Nummuliten  -  Kalke  eocän ,  so  sind  es  auch  die 
darüber  lagernden  Sandsteine  und  Plattenkalke.  Diese  Ueberla- 
gerung  ist  unanfechtbar  deutlich  an  zahllosen  Punkten  sowohl  des 
Peloponnes  als  Aetoliens  aufgeschlossen;  in  letzterem  Gebiet  wird 


156 


sie  ebensowohl  durch  Neumayr's  als  durch  meine  Beobachtungen 
bestätigt.  —  Der  ganze  westliche  Theil  Mittel-Griechen- 
lands ist  also  aus  der  Kreideformation  auszuscheiden 
und  dem  Eocän  zuzurechnen!  Davon  auszunehmen  ist  viel- 
leicht der  untere  Theil  des  Gabrovokalkes.  ebenso  wie  im  Pelo- 
ponncs  der  untere  Theil  des  Tripolitzakalkes,  welcher  letztere 
wahrscheinlich  den  oberen  Kreidekalken  entspricht.  In  dieser 
petrographisch  nicht  zu  sondernden  Kalkmasse  scheint  ein  allmäh- 
licher Uebergang.  bezüglich  eine  innige  Verwachsung  von  Kreide- 
und  Eocänkalk  stattzufinden. 

Diese  Eocäuablagerungen  sind  nicht  nur  identisch  mit  denen 
des  Peloponnes,  sondern  reihen  sich  trefflich  den  Fhsch-  und 
Nummulitenkalk-Bildungen  ein.  welche  auf  der  ganzen  Westfront 
der  Balkan -Halbinsel,  von  Istrien  bis  Messenien.  auftreten  und. 
wie  es  scheint,  namentlich  auch  in  den  Pindosketten  die  erste 
Rolle  spielen.  Freilich  sind  sie  dort.  Avie  auch  in  Epirus  und 
Albanien,  meist  noch  fälschlich  als  Kreide  auf  den  geologischen 
Karten  verzeichnet.   — 

Wenden  wir  uns  nun  zu  dem  östlichen  Mittel -Griechenland, 
den  Landschaften  Attika.  Böotien.  Lokris.  Doris  und  Phokis! 
Hier  ist  nirgends  auch  nur  ein  einziger  Nummulit  aufzufinden. 
Ueberall  herrschen  graue  bis  schwarze,  massige  oder  grob  ge- 
schichtete, meist  körnige  Kalke  vor,  welche  fasst  überall  nicht 
näher  bestimmbare  Rudisten-  und  andere  Conchylien-Durchschnitte 
enthalten,  und  in  welchen  die  bereits  erwähnten  cretacischen 
Faunen  von  Livadia  und  Agoriani  auftreten.  Es  scheint,  wie 
schon  gesagt,  dass  der  obere  Theil  dieser  Kreidekalke  dem  im- 
teren  (Rudisten  führenden)  Theil  des  Tripolitzakalkes  entspricht. 
Jene  mächtige  Sandsteinformation  Aetolicns  findet  sich  hier  nicht. 
Die  Schiefer  und  Sandsteine  bilden  theils  niu-  geringfügige  Ein- 
lagerungen zwischen  den  Kalkmassen  und  erlangen  dann  nur 
selten  eine  grössere  Ausbreitung,  theils  bilden  sie  das  Liegende 
der  ganzen  Kalkformation  in  Gestalt  von  halbkrystallinen  Thon- 
glimmer  -  Schiefern  („Schiefer  von  Athen'').  In  beträchtlichen 
Theilen  des  östlichen  Mittel  -  Griechenland  werden  die  Kreide- 
schiefer durch  Serpentine  ersetzt,  die  den  ätolischen  eocänen 
Sandsteinen  gänzlich  fehlen.  Die  Eintheilung  der  Kreidekalke 
im  östlichen  Mittel-Griechenland,  wie  sie  Bittner  versucht  hat, 
in  zwei  Etagen  (den  „Oberen"  und  den  „Mittleren"  Kalk,  denn 
der  „Untere"  kommt  im  östlichen  Mittel -Griechenland  überhaupt 
nicht  vor),  scheint  mir  vielfach  recht  unsicher  und  überhaupt  nur 
bei  einer  genauen  Specialaufnahme  durchführbar-  zu  sein.  Ob 
nicht  manche  dichte  Plattenkalke,    die   hier  und  da   im  östlichen 


157 

Mittel  -  Griechenland  auftreten ,  vielleicht  dem  Eocän  zuzuweisen 
sind,  kann  auch  nur  durch  eine  erneute  genaue  Aufnahme  ent- 
schieden werden. 

Jedenfalls  lässt  sich  kaum  ein  grösserer  petrographischer 
Unterschied  zwischen  zwei  Kalksteinen  denken,  als  zwischen  der 
grossen  Masse  der  cretacischen  „Oberen  Kalke"  im  östlichen  Mittel- 
Griechenland  und  den  eocänen  „Oberen  Kalken^  Aetoliens  be- 
steht. Es  war  ein  verhängnissvoller  Irrthum  der  österreichischen 
Geologen,  diese  verschiedenartigen  Gebilde  zu  identiiiciren ,  bloss 
weil  sie  beide  über  Schiefer,  bezüglich  Sandstein  lagern,  ohne 
dass  bewiesen  war,  dass  diese  Schiefer  und  Sandsteine  („Macigno") 
auch  wirklich  überall  dieselben  seien.  Die  Unterscheidung  der 
griechischen  Formationen  muss  sich  nicht  auf  die  indifterenten, 
fossilleeren  und  in  verschiedenen  Altersstufen  sich  wiederholenden 
Schiefer ,  sondern  auf  die  petrographisch  wie  paläontologisch 
leichter  zu  sondernden  Kalketagen  gründen! 

Wo  liegt  nun  die  Grenze  zwischen  dem  Eocän  Aetoliens 
und  der  Kreide  des  östlichen  Mittel  -  Griechenland,  und  wie  ver- 
halten sich  an  dieser  Grenze  die  beiden  Formationen  zu  einander? 

Die  Linie,  an  welcher  die  ätolischen  Sandsteine  an  die 
Rudisten  -  Kalke  des  Ostens  anstossen.  verläuft  in  N-S  -  Richtung 
von  Hypati  im  Spercheiostliale  über  Lidoriki  nach  Kisseli  am 
Golf  von  Korinth.  Neumavk  hat  diese  Linie  an  den  genannten 
drei  Stellen  gekreuzt.  Bei  Hypati  giebt  Neumayr  nur  an,  dass 
die  Rudisten  -  Kalke  dort  nach  W  plötzlich  „abbrechen"  (1.  c, 
p.  101).  ohne  sich  über  die  Lagerungsverhältnisse  deutlicher  aus- 
zusprechen. Ich  habe  diese  Gebirge  nur  von  der  etwa  6  km 
weiter  nördlich  vorüberziehenden  Strasse  Karpenisi-Lamia  aus  ge- 
sehen. Von  dort  aus  scheinen  mir  die  Rudisten  -  Kalke 
des  Katavothra-Gebirges  deutlich  nach  W  steil  unter 
die  Sandsteine  einzufallen.  Bei  Lidoriki  bin  ich  nicht  ge- 
wesen; Neumayr  hat  dort  beobachtet,  dass  die  Rudisten -Kalke 
des  Elatovuno  dort  steil  nach  W  unter  die  Schiefer 
einfallen.  Da  er  aber  von  der  Ansicht  ausging,  dass  die  Ru- 
disten -  Kalke  jünger  seien  als  die  Schiefer,  nimmt  er  hier  eine 
Ueberkippung  an  (1.  c,  p.  103).  Auf  der  südlichen  Route  über 
Kisseli  sind  die  Verhältnisse  durch  zahlreiche  Verwerfungen,  welche, 
wie  es  scheint,  die  Küste  des  Golfes  von  Korinth  begleiten,  so 
verworren,  dass  ich  bei  meiner  flüchtigen  Durchreise  zu  keiner 
Klarheit  über  die  Lagerung  gelangen  konnte.  Neumayr  geht  wohl 
aus  demselben  Grunde  auf  diese  Route  nicht  näher  ein  (1.  c, 
p.   106). 

Es  scheint  also  aus  den  Verhältnissen  bei  Hypati  und  Li- 
doriki   hervorzugehen,    dass    die  Kreidckalke   —  wohl    an    einer 


158 


grossen  Flexur  —  nach  W  unter  die  eocänen  Sandsteine  hinab- 
tauchen. Jedenfalls  kann  diese  Grenzlinie  späteren  Untersuchun- 
gen als  besonders  lohnendes  Object  empfohlen  werden.  Es  ist 
recht  wohl  möglich,  dass  dort  in  den  obersten  Theilen  der  Ru- 
disten  -  Kalke  an  der  Grenze  gegen  die  Sandsteine  Xumnmliten 
gefunden  werden. 

Die  westlich  dieser  Grenzlinie  bis  zu  den  bereits  besproche- 
nen ätolischen  Kalkalpen  auftretenden  Kalkpartieen  müssen  noch 
kurz  erwähnt  werden.  Die  Kalkkappe  der  Gulina  gehört,  soweit 
man  von  Weitem  beurtheilen  kann,  dem  eocänen  Plattenkalke  an. 
Die  Vardussia  habe  ich  von  Palaeoxari  (von  SW  aus)  bei  klar- 
stem Wetter  gesehen.  Den  Farben  und  Oberflächenformen  nach 
scheint  der  von  Neumayr  als  „Oberer  Kalk"  bezeichnete  östliche 
Kamm  des  Gebirges  eocäner  Plattenkalk  zu  sein,  der  die  Schiefer 
überlagert;  dagegen  möchte  ich  die  als  ..Mittleren  Kalk"  bezeich- 
nete Kalkpartie ,  welche  unter  den  Schiefern  liegt ,  dem  Tri- 
politzakalk  zurechnen.  Die  „Oberen  Kalke"  bei  Vitrinitza  und 
Xylogaidara  sind  Plattenkalke.   — 

Nördlich  der  Spercheiosebene  setzt  diese  Grenzlinie  nach  X 
fort.  Dort  trennt  sie  freilich  nicht  mehr  Kalk  von  Sandstein, 
sondern  (bei  dem  Dorfe  Kastri)  einen  halbkrystallinischen  Thon- 
glimmerschiefer  im  Osten,  der  dem  ..Schiefer  von  Athen-  ähnelt 
und  bei  Lamia  Serpentin  führt,  von  den  eocänen  Sandsteinen 
im  Westen.  Beide  Gesteine  besitzen  so  ähnliche  Oberflächen- 
formen, dass  es  leicht  erklärlich  ist.  dass  sie  auf  der  österrei- 
chischen Karte  als  ein  und  dasselbe  Gestein  eingetragen  wurden. 

Es  scheint,  dass  wir  in  dieser  Grenzlinie  zwischen  Kreide 
und  Eocän  eine  tektonische  Linie  von  der  höchsten  Bedeutung 
zu  erblicken  haben.  Denn  sie  scheidet  nicht  bloss  verschieden- 
alterige  Formationen,  sondern  auch  Gebiete  verschiedener  Streich- 
richtung: NNW— SSO -Richtung  im  Westen,  von  N^\'^SO  über 
W — 0  bis  SW — NO  drehendes  Streichen  im  Osten.  Auf  diese  von 
Neumayr  und  Bittner  hervorgehobene  Verschiedenheit  im  Strei- 
chen des  östlichen  und  westlichen  Griechenland,  eine  Verschieden- 
heit, welche  sich  weit  nach  Nord  bis  in  das  Centrum  der  Balkan- 
Halbinsel  hinein  fortsetzt,  wirft  der  Fund  von  Nummuliten  in 
Aetolien  und  das  dadurch  bedingte  Hinaufrücken  der  westgrie- 
chischen (Pindos-)  Gebirge  in  das  Eocän  ein  ganz  neues  Licht! 

Zum  Schluss  sei  in  einer  kleinen  Tabelle  zusammengefasst. 
wie  sich  nach  den  im  Vorhergehenden  kurz  skizzirten  Befunden 
jetzt  die  ^Gliederung  der  vor-neogenen  Schichtenreihe  Griechen- 
lands darstellt. 


159 


P  e  1 0  p  0  n  n  e  s. 

Westliches  Mittel- 
Griechenland. 

Oestliches  Mittel- 
Griechenland. 

Ober  1)- 
Eocän. 

Olonoskalke  (Platten- 
kalke) u.  Hornsteine. 

Plattenkalke   u.   Horn- 
steine d.  Aetolischen 
Kalkalpen. 

Plattenkalke?? 

Mittel- 1) 
Eocän. 

Hauptmasse  der  Sand- 
stein -   und   Schiefer- 
formation (Flysch). 

Hauptmasse  des  Flysch. 

Pyloskalk  (mit  Rudisten 
und  Nummuliten). 

Kalk  von  Akarnanien, 
Missolonghi,  Klokova. 

Unter- 1) 
Eocän. 

Flysch. 

Flysch. 

Tripolitzakalk,   oberer 
Theil    mit     Nummu- 
liten). 

Kalk  des  Gabrovo  (Ta- 
tarna),  oberer  Theil. 

Obere 
Kreide. 

Tripolitzakalk,  unterer 
Theil  (mit  Rudisten). 

Gabrovokalk  ,    unterer 
Theil  (?). 

Obere  Rudisten -Kalke 
(Provencien). 

Mittlere 

Kreideschiefer  mit  Ser- 
pentin. 

oder 
untere 
Kreide 

1 

Untere  Rudisten-Kalke 
(mittlerer  Kalk  Bitt- 
ner's). 

Schiefer  mit  Serpentin 
(Schiefer  von  Athen?) 

Krystallinische     Schie- 
fer und  Marmore. 

Krystallinische  Schie- 
fer und  Marmore. 

*)  Die  Eintheilung  des  Eocän  in  Ober-,  Mittel-  und  Unter  -  Eocän  bezieht 
sich  nur  auf  die  Abtheilungen  der  griechischen  Eocänformation,  ohne  damit 
eine  Parallelisirung  mit  bestimmten  Stufen  des  Eocän  in  anderen  Ländern  mit 
Sicherheit  aussprechen  zu  wollen. 


160 


B.   Briefliche  Mittheiluiigen. 


1.    Herr  Sapper  an  Herrn  W.  Dames. 
lieber  Erderschütteningen  in  der  Alta  Verapaz. 

Campur  bei  Coban  (Guatemala),  den  16.  Februar  1S90. 
Erdbeben  sind  eine  ziemlich  häufige  Erscheinung  in  der  Alta 
Verapaz  (einem  Departamento  der  Republik  Guatemala),  allein  sie 
sind  gewöhnlich  leicht  und  richten  auch  bei  heftigeren  Stössen  nur 
selten  Schaden  an,  da  die  überwiegende  Mehrzahl  der  menschlichen 
Wohnungen  aus  mit  Blättern  gedeckten  Holzhütten  bestehen  und  die 
Stein-  oder  Luflziegelhäuser  der  besser  gestellten  Bewohner  fast 
ausnahmslos  einstöckig  sind.  Ich  würde  daher  an  dieser  Stelle 
nicht  von  diesen  an  sich  unbedeutenden  Vorkommnissen  sprechen, 
wenn  nicht  manche  der  hierbei  gemachten  Beobachtungen  der  oft 
geäusserten  Behauptung  widersprechen  würden,  dass  bei  Erdbeben 
der  erste  Stoss  stets  der  heftigste  sei.  Solches  ist  auch  hier 
die  Regel,  von  welcher  aber  auch  Ausnahmen  vorkommen:  so 
zeichnete  mein  Vetter  Ludwig  Sapper  in  Chiacam  (28  km  östlich 
von  Coban)  ein  am  17.  Jan.  1890,  9  h.  a.  m.  stattgehabtes,  ziem- 
lich heftiges  Erdbeben  auf,  bei  welchem  unter  den  5 — 6  Stössen 
der  dritte  der  stärkste  war.  Und  wenn  man  etwa  die  Möglich- 
keit einer  Täuschung  bei  dieser  von  einem  Einzelnen  gemachten 
Beobachtung  zugeben  wollte,  so  ist  dies  ausgeschlossen  bezüglich 
des  Erdbebens  vom  11.  November  1889,  7h.  4.5m.  p.m.  Ich 
verspürte  damals  in  Chimax  (1  km  nördlich  von  Coban)  etwa 
10  Secunden  nach  einem  leichten,  aber  deutlichen  Erdstoss  einen 
zweiten  heftigen,  welcher  von  Osten  zu  kommen  schien,  und  die- 
selbe Beobachtung  machten  gleichzeitig  zahlreiche  im  deutschen 
Club  in  Coban  anwesende  Herren.  (Hier  wie  dort  schien  das  Erd- 
beben mit  einem  unterirdischen  Geräusche  verbunden  zu  sein, 
doch  machte  das  alsbald  beginnende  Bellen  der  Hunde,  sowie  das 
Getöse  des  Blechdachs  (in  Folge  der  Erschütterung)  eine  sichere 


161 


Feststellung  unmöglich;  in  Chiacam,  wo  dasselbe  Erdbeben  zur 
gleichen  Zeit  verspürt  wurde,  war  es  gewiss  nicht  mit  einem  Ge- 
räusch verbunden,  denn  die  sonst  unaufhörlich  ziependen  Cicaden 
hielten  im  Moment  des  Stosses  für  einen  Augenblick  innc.  sodass 
tiefe  Stille  eintrat;  auch  in  Tactic  (15  km  südlich  von  Coban). 
wo  das  Erdbeben  leicht  auftrat,  wurde  nichts  von  einem  Ge- 
räusch vernommen).  Es  ist  nach  diesem  als  unzweifelhaft  zu 
betrachten,  dass  hier  der  erste  Stoss  eines  Erdbebens  nicht  immer 
der  heftigste  sei.  und  angesichts  der  vermuthlichen  Ursache  dieser 
Erschütterungen  ist  auch  kein  Grund  einzusehen,  warum  er  es 
sein  sollte,  denn  es  ist  ziemlich  wahrscheinlich,  dass  die  Erd- 
stösse  in  der  Alta  Verapaz  zum  grössten  Theile  durch  Einsturz 
unterirdischer  Höhlen  entstehen. 

Dafür  spricht  vor  Allem  die  physikalische  Beschaffenheit 
des  Untergrundes,  denn  das  Kalk-  und  Dolomitgebirge,  welches 
hier  vorherrscht,  ist  von  zahlreichen  Höhlen  durchzogen,  welche 
zum  Theil  (wie  die  berühmte  Höhle  von  San  Agustin  Lanquin) 
ganz  ausserordentliche  Ausdehnung  besitzen;  das  Verschwinden 
von  Flüssen  und  Bächen  ist  hier  an  der  Tagesordnung;  ausser- 
dem sind  Erdfälle  in  erstaunlicher  Menge  vorhanden,  und  die 
Neuentstehnng  derartiger  Gebilde  (allerdings  meist  in  kleinem 
Maassstab)  ist  gar  nicht  selten.  Die  Erdfälle  sind  oft  von 
beträchtlicher  Ausdehnung  und  zeigen 'bei  genauerer  Untersuchung 
gewöhnlich  eine  Anordnung  in  Zügen,  welche  zweifellos  dem  Ver- 
lauf unterirdischer  Höhlen  und  wohl  auch  Wasserläufen  ent- 
sprechen, denn  die  jährliche  Niederschlagsmenge  ist  in  der  Alta 
Verapaz  sehr  bedeutend,  und  trotzdem  macht  sich  hier  häutig 
Wassermangel  geltend.  Die  Erdfälle  (in  der  Sprache  des  hier 
wohnenden  Indianervolks  „siguan"  genannt)  sind  meist  kessel- 
oder  trichter-,  nicht  selten  auch  schlotförmig  und  zeigen  oft  noch 
eine  Oeffnung  an  ihrem  Grunde;  zuweilen  (so  in  einem  Siguan 
am  „kleinen  Weg"  zwischen  Coban  und  Sta.  Cruz)  gelangt  man 
durch  diese  Ueffnung  zu  einem  Wasserbache;  auch  die  Siguane 
im  Chiacamthale  stehen  zweifellos  in  Beziehung  zu  unterirdischen 
Wasseransammlungen,  denn  bei  Hochwasser  füllen  sich  diese  Erd- 
trichter von  imten  her  durch  die  an  ihrem  Grunde  befindliche 
Oeffnung  mit  Wasser,  und  es  gelingt  dann  zuweilen,  Fische  mit 
rudimentären  Augen  darin  zu  fangen  —  ein  sicherer  Beweis  für 
das  Vorhandensein  ausdauernder  unterirdischer  Wasserbecken  oder 
-Läufe. 

Bei  einer  so  ausgedehnten  Entwicklung  von  Höhlensystemen, 
welche  durch  die  beträchtlichen  Niederschlagsmengen  dieser  Ge- 
genden eine  wesentliche  Förderung  erfahren  haben  muss.  ist  die 
Entstehung  von  Erdbeben  durch  Einsturz   an  und  für  sich  schon 

Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XL  IL  1.  H 


162 


wahrscheinlich,  und  neben  der  zeitweise  häufigen  Wiederholung 
derartiger  Erschütterungen  an  ein  und  demselben  Ort  spricht  vor 
Allen  die  Art  des  unterirdischen  Geräusches,  welches  viele  Erd- 
beben begleitet  oder  (häutiger)  ihnen  unmittelbar  vorangeht,  für 
eine  solche  Entstehungsursache.  Das  Getöse  ist  gewöhnlich  ein 
dumpfes,  nicht  näher  zu  beschreibendes  Rollen:  zuweilen  aber 
unterscheidet  mau  auch  einzelne  Schläge,  welche  Aehnlichkeit  mit 
Geschützdonner  haben  und  leicht  durch  das  Auffallen  von  mäch- 
tigen Gesteinsbrocken  beim  Zusammensturz  eines  Höhlengewölbes 
erklärt  werden  können.  Dieser  Fall  trat  bei  einem  Erdbeben  in 
der  Nacht  vom  10.  Februar  1889  in  San  Cristöbal  (15  km 
südwestlich  von  Coban)  ein,  wobei  die  Bevölkerung  dieser  Ort- 
schaft glaubte,  es  sei  eine  Revolution  oder  Krieg  ausgebrochen, 
und  die  Nacht  hindurch  Patrouillen  aussandte;  in  Chiniax.  wo 
dasselbe  Erdbeben  verspürt  wurde  und  etliche  auf  einander  ge- 
schichtete Kaffeesäcke  in  Folge  desselben  herunterfielen,  wurde 
ein  solches  Geräusch  nicht  vernommen.  Man  kann  sich  versucht 
fühlen,  aus  diesem  Umstand  und  ähnlichen  derartigen  Vorkomm- 
nissen den  Schluss  zu  ziehen,  dass  der  Sitz  solcher  Erdbeben 
ziemlich  nahe  der  Erdoberfläche  zu  suchen  sei. 

Wichtiger  ist  der  Umstand,  dass  der  Yerbreitungsbezirk 
dieser  Erderschütterungen  ein  sehr  kleiner  zu  sein  scheint.  Leider 
hat  das  Observatorio  meteorologico  in  Guatemala  seit  einigen 
Jahren  seine  Arbeit  eingestellt,  daher  eine  Vergleichung  mit  den 
in  jenen  Gegenden  vorkommenden  Erdbeben  vorläufig  nicht  mög- 
lich ist;  eine  etwa  8  Secunden  dauernde,  wellenförmige  Erd- 
erschütterung, welche  ich  am  21.  November  1889,  6  h.  20  m.  p  m. 
anf  einer  Reise  in  El  Jicaro  (Departement  Jalapa)  beobachtete, 
wurde  nirgends  in  der  Verapaz  bemerkt.  Es  ist  zwar  selbst- 
verständlich, dass  auch  die  Alta  Verapaz  an  den  über  weite  Ge- 
bietstheile  sich  erstreckenden  Erdbeben  theilninmit.  die  Mehrzahl 
der  hier  auftretenden  dürfte  aber  Sitz  und  Verbreitungsbezirk 
innerhalb  des  erwähnten  Landstrichs  haben.  Als  directer  Beweis 
für  die  geringe  Ausbreitung  dieser  Erderschütterungen  möge  die- 
nen, dass  in  Chiacam  Ende  Januar  und  Anfang  Februar  1890 
eine  ganze  Reihe  von  Erdbeben  beobachtet  wurde,  von  welchen 
ich  in  Campur  (12  km  nordöstlich  davon)  keine  Spur  bemerkte, 
während  umgekehrt  ein  leichtes  undulatorisches  Erdbeben  dort  unbe- 
merkt blieb,  welches  ich  in  Campur  am  11.  Februar.  8  h.  55  m.p.m. 
verspürte.  Allerdings  muss  ich  hinzufügen,  dass  zwischen  Canipur 
und  Chiacam  ein  ost-westlich  streichender  Bergzug  und  parallel 
dazu  eine  Verwerfungsspalte  verläuft  und  diese  ein  wirksames 
Hemmniss  für  die  Weiterfortpflanzung  der  Erdschwingungen  bilden 
dürften.     Ueberhaupt  sprechen  manche  Beobachtungen  dafür,   dass 


163 


(Tabelle  zur  folgenden  Seite  gehörig.) 


bJD  b/D 


rt 

&, 

"il 

.^ 

S 

o 

CS 

CS 

-= 

rO 

s 

72 

o 

o 

O 

_C 

-o 

d 

2 

^ 

rt 

S 

2 

y, 

« 

o 
o' 

X 

X 

-73 

X 

CS 

5 
o 

j5 

X 

2 

o 

_-J 

5 
u 

ii 

">-ll 

—1 

^ 

c 

s 

Cj 

s 

;= 

w 

s 

n 

CS 

rt 

s 

CS 

•^ 

03 

Ä 

3 

ö     O     CJ 

-:«    re    CS 


^SuüCo^'ooooCohCo  c^CC  3  öooGoCCoo 


bc 


^^ce„^  —     aScS     SSsccSö 


5Sa55  "  ^       LQLrjio       o       SoloioSlclo 

CO  -* 


■5:    a  a^  - 

N—  —    „a  „„„„„  ^  .^^i..^.  ._^  ~       ^^  .V..  „  ^ .  ^^  _.  >.^ 

2    lO  o  o  o  O  o  10  lo  i'^  i'"'  '-^2  ^  ^  ^  ^  E<co  io  Ol  S  ^  ^  CC  CO 

^jzä--      ^  ^-  röÄ^:^  .a  ^^^^,a^^Ära 

•-H  CO  ^  (M  CM  t,  t-  00  CO  t-  ="■'  «'^  -^  — '                                          '-''-' 

-f   ^^*         Oi  t-,0503^  ^  00  O  00000 

.     .  rs      .    =-"'  ^   ..V  +J  *j'     .  .     .  .   ^^'   i-  ^  '-^   '-'   ■-<'   ^'   "-< 

Q^io     r-^ci  oicoLfDTii^  cdt-^  t-hco'-^  c^  oociTHirvicD 

(MiMiM-^— iiM^tM'-i  ^CO                                                tH^yH 


')  Die  Hängematte,  in  welclier  icli  mich  eben  schlafen  gelegt 
hatte,  gerieth  nach  dem  Stosse  in  lebhafte  <^)uerschwingungen,  wodurch 
die  ost-westliche  Kichtung  der  Stosslinie  sicher  gestellt  war;  ob  aber 
der  Stoss  aus  0  oder  W  kam,  weiss  ich  nicht. 


11  = 


164 


die  Erdbeben  sich    hauptsächlich   in   ost- westlicher  Linie  parallel 
den  Bergketten  fortpflanzen. 

Da  es  hier  aus  vielen  Gründen  unmöglich  ist,  systematische 
seismische  Beobachtungen  anzustellen,  kann  über  Zahl  und  Aus- 
dehnung der  wirklich  stattgehabten  Erdbeben  keine  bestimmte 
Angabe  gemacht  werden,  und  aus  demselben  Grunde  —  zugleich 
in  Anbetracht  der  kurzen  Beobachtungsdauer  —  vermeide  ich  es, 
irgend  etwas  über  Periodicität  und  dergleichen  auszusagen,  ich 
bemerke  hier  nur,  dass  in  den  Regenperioden,  insbesondere  gegen 
Ende  derselben,  eine  grössere  Häufigkeit  der  Erdbeben  erwartet 
werden  muss.  als  während  der  trockenen  Jahreszeit,  sofern  man 
nämlich  annehmen  will,  dass  die  Erdbeben  hier  wirklich  durch 
Einsturz  von  unterirdischen  Hohlräumen  entstehen,  denn  die  che- 
mische und  vor  Allem  die  mechanische  Thätigkeit  der  in  die 
Tiefe  sinkenden  Wassermassen  muss  den  Zusammenhalt  des  Ge- 
steins im  Laufe  der  Zeit  mehr  und  mehr  lockern  und  so  die 
Entstehung  von  Einsturzbeben  fördern.  Eine  eigentliche  Trocken- 
zeit giebt  es  in  der  Alta  Verapaz  nicht,  immerhin  aber  treten 
im  Verlauf  von  3  —  4  Monaten  vor  dem  Sommersolstitium  '  und 
etwa  1  Monat  vor  dem  Herbstäquinoctium  Niederschläge  minder 
häufig  auf  als  in  den  übrigen  Monaten,  namentlich  der  eigent- 
lichen Regenzeit  (Oetober-. Januar),  wo  feiner  Landregen  zuweilen 
2  —  3  Wochen  anhält.  Wemi  man  unter  diesem  Gesichtspunkt 
die  auf  p.  163  gegebene  Zusammenstellung  der  seit  15  Monaten  in 
der  Alta  Verapaz  beobachteten  Erdbeben  betrachtet,  kann  man  eine 
gewisse  Bestätigung  der  oben  ausgesprochenen  Erwartung  heraus- 
lesen; Sicherheit  aber  könnte  man  nur  auf  Grund  vieljähriger 
Beobachtunaen  erlangen,  welche  bisher  nicht  bestehen. 


2.    Herr  A.  Baltzek  an  Herrn  C.  A.  Tp:nne. 
Lössähnliche  Bildungen   im  Canton  Bern. 

Bern  im  Februar  1890. 

Eine  von  mir  im  38.  Band  dieser  Zeitschrift,  p.  709  über 
Löss  im  Canton  Bern  gemachte  Mittheilung  hat  seither  durch  die 
Arbeit  von  Herrn  Dr.  Jenny \).  eines  Schülers  von  mir,  theils 
Berichtigung,   theils  Erweiterung  erfahren. 

Zunächst  ergaben  Analysen,  die  ich  durch  Dr.  Grete  in 
Zürich    ausführen    Hess,    dass    das   Material    von  Wyl    (wiewohl 


')  Ueber  Löss  und  lössähnliche  Bildungen  in  der  Schweiz.  Ber- 
nische Iiiaugural- Dissertation,  auch  in  den  Mittlicü.  der  Bern,  naturf. 
Ges.,  1889.  ' 


165 

plastisch  und  früher  zu  geringen  Backsteinen  Verwendung  findend) 
doch  nur  geringen  Tliongehalf  besitzt,  vielmehr  in  der  Haupt- 
sache kohlensauren  Kalk  darstellt  (90  pCt.  und  mehr).  Auch  die  ein- 
geschalteten Tuffbänke,  die  nach  Jenny  schwankende  Korngrösse. 
das  Vorkommen  in  der  Moränenlandschaft  abseits  der  Aare, 
sprechen  dafür,  dass  diese  meist  lockeren,  fein  erdigen,  pla- 
stisclien.  weissen  oder  grauweissen  Kalke  vom  typischen 
Löss  zu  trennen  sind.  Man  könnte  sie  in  Ermangelung  eines 
besseren  Namens  als  Tufferde  oder  Moränen  kreide  (terrestre 
Aequivalente  der  „Seekreide'-)  bezeichnen.  Dieselbe  ist.  wenn 
auch  nicht  Löss,  so  docli  merkwürdig  lössähnlich,  bildet  unge- 
schichtete Steilabstürze,  führt  Concretionen  und  enthält  eine  der 
des  typischen  Lösses  verwandte  Landschnecken -Fauna  mit  HeJix 
arbustorum,  Succinea  oblonf/a,  Pitpa  muscorum  (selten).  Heliäi- 
j)leheja  und  Hyalina  lutidula.  Helix  hispiän  fehlt.  Als  Höhen- 
form ist  cliarakteristiscli  Painla  rnderata.  Vergl.  Jennv's  Zu- 
sammenstellung. 

Jenny  hat  hauptsächlich  die  nacli  ihm  typisclien  schweize- 
rischen Lössvorkommnisse  von  Aarau.  Basel  und  dem  st-gal- 
lischen  Rheinthal  einer  eingehenden  Untersuchung  mit  Bezug  auf 
Fauna,  chemische  Zusammensetzung,  Vergleich  mit  dem  deutschen 
Löss  u.  s.  w,  unterworfen.  Das  letztgenannte  Vorkommen  vom  st- 
gallischen  Rheinthal  bildet  nach  Jenny  eine  Ausnahme  von  der 
durch  Penck  und  Brückner  aufgestellten  Regel,  dass  der  Löss 
dem  inneren  Moränengebiet  fehle.  Der  schweizerische 
typische  Löss  wäre  daher,  sofern  die  Auflagerung  auf  inneren 
Moränen  im  st-gallischen  Rheinthal  sich  bestätigt,  nicht  immer 
interglacial.  —  Die  bernische  Moränenkreide  halte  ich  zum  Theil 
für  glacial,  wie  sich  aus  der  Lagerung  (schwache  Moränenschutt- 
Bedeckung,  Verbindung  mit  Bergmoränen  der  älteren  Eiszeit)  und 
den  Schnecken  ergiebt;  sie  ist  ein  Extractionsproduct  der  Mo- 
ränen,, erzeugt  durch  die  in  der  Diluvialzeit  stärkeren  Regengüsse, 
durch  die  kohlensäurehaltigen  Sickerwässer,  und  dieser  Process 
dauerte  auch  nach  der  Eiszeit  noch  fort.  Nach  dieser  Anschauung 
sollte  auch  in  anderen  Moräuengcbieten  die  Bildung  ähnlichen  Ma- 
terials auftreten.  Bei  Al.  Wettstein  ^)  findet  sich  eine  Andeutung 
mit  Bezug  auf  das  Linthgletscher- Gebiet.  Dr.  H.  Schardt")  be- 
schreibt neuerdings  nach  Material,  Zusammensetzung  und  Schnecken- 
fauna ähnliche  Bildungen  („limon  calcaire  crayeux")  von  Vallorbe 
im  Jura,  die  er  als  chemisch  und  petrographisch  der  „Seekreide" 
sehr  nahestehend  bezeichnet.    Ueber  den  Zusammenhang  mit  dort 


*)  Geologie  von  Zürich  und  Umgebung,  p.  46. 
*)  Quelques  depots  quarternaires    fossiliferes  du  Ct.  de  Vaud,    iu 
Bull.  Soc.  Vaud.  Sc.  Nat.,  XXV,  p.  lOU. 


166 

vorhandenem  Glacialsclnitt  wird  niclits  angegeben,  die  Entstehung 
wird  auf  ähnlithe  Weise  erklärt,  wie  ich  sie  früher  ^j  gegeben  habe. 
Bedenkt  man  die  Mächtigkeit  der  alten  Moränenablagerungen 
in  der  Gegend  von  Bern,  deren  Auslauguiigsproduct  die  mir  von 
zehn  Localitäten  bekannte  feine  Moränenkreide  ist,  so  liegt  es 
nahe  anzunehmen,  dass  dieselbe,  in  die  Aare  imd  ihre  Zuflüsse 
geschwemmt,  einen  namhaften  Beitrag  zum  Kalkgehalt  der  fluvia- 
tilen  Lösse  bei  Aarau.   Basel  etc.   geliefert  hat. 


3.    Herr  E.  Naumann  an  Herrn  W.  Dames. 

Stegodon  MindanensiSf 

eine  neue  Art  von  üebergangs -Mastodonten^). 

Dresden,  den  4.  März  1890. 
Vor  zwei  Jahren  sah  ich  im  anthropologisch-ethnographischen 
Museum  zu  Di-esden  einige  Elephantenreste,  von  den  Philippinen 
stammend,  die  sich  auf  den  ersten  Blick  als  der  Gruppe  der 
Stegodonten  zugehörig  erwiesen.  Der  Director  des  Museums, 
Herr  Hofrath  Dr.  Maier.  war  so  freundlich,  mir  die  Fossilien 
nebst  einigen  anderen  Eesten  (von  Malakka  und  Siunatra)  zur 
Untersuchung  zu  übergeben,  und  ich  habe  die  Resultate  meiner 
Studien  in  den  Abhandlungen  und  Berichten  des  königl.  zoolo- 
gischen, anthropologisch  -  etnographischen  Museums  zu  Dresden 
veröffentlicht^).  In  dieser  Publication  wurde  ein  Zahn  von  der 
Insel  Mindanao,  der  am  meisten  Interesse  beansprucht,  mit  der 
von  Martin  nach  javanischen  Funden  aufgestellten  Art  Stegodon 
in'f/oiiocephnliis^}  identificirt.  Nach  Erscheinen  meiner  Abhand- 
lung ging  mir  eine  briefliche  Mittheilung  des  Autors  dieser  Art 
zu,  in  welcher  sich  derselbe  mit  aller  Entschiedenheit  gegen  meine 
Bestimmung  des  Mindanao-Zahnes  erklärte.  Ich  habe  mich  schon 
durch  die  brieflichen  Mittheilungen  Martin' s  überzeugt,  dass  die 
Form    von    den   Philippinen    und    die    javanische    allerdings    aus 


1)  Mitth.  der  bern.  nat.  Ges.,  1885,  Heft  III,  p.  124. 

^)  Die  vorstehende  Arbeit  hätte  schon  früher  verötfentlicht  werden 
sollen.  Verfasser  hatte  gehofft,  neues  Material  von  den  Philippinen 
zur  Untersuchung  zu  erhalten,  da  ihm  solches  in  Aussicht  gestellt 
war.  Da  dieses  Material  noch  immer  auf  sich  Avarten  lässt,  glaubt  er 
nicht  länger  mit  der  Publication  der  obigen  Notiz  zögern  zu  dürfen. 

*)  Naltviann.  Fossile  Elephantenreste  von  Mindanao,  Sumatra  und 
Malakka.  Abh.  u.  Ber.  d.  k.  zool.  u.  anthr.-etnogr.  Mus.  zu  Dresden, 
1886  87.     Berlin,  Friedländer  &  Sohn  1887. 

*)  Martin.  Fossile  Säugethierreste  von  Java  und  Japan.  Samm- 
lungen d.  zool.  R.-Mus.  in  Leiden.  —  Beiträge  zur  Geologie  Ost-Asiens 
und  Australiens,  Bd.  IV,  Heft  2.     Leiden  1887. 


167 


einander  gelialten  werden  müssen,  und  sehe  mich  deslialb  veran- 
lasst, in  Folgendem  die  Aufstellung  einer  neuen  Art  zu  unter- 
nehmen. Martin  hat  sich,  nachdem  wir  uns  auf  dem  Wege 
brieflicher  Correspondenz  bezüglich  des  Stegodon  trigonocephahis 
verständigt  hatten,  in  seiner  neuesten  Arbeit  über  Säugethierreste 
von  Java  über  die  strittigen  Punkte  ausgesprochen^).  Es  möge 
auch  mir  gestattet  sein,  einiges  zu  meiner  Rechtfertigung  zu  sagen. 

Wenn  ich  mich  meine  frühere  Bestimmung  umzustossen  ge- 
zwungen sehe, (so  bleibt  doch  das  früher  erzielte  Resultat,  nach 
welchem  durch  die  Untersuchung  der  beiden  Zahnbruchstücke  von 
Mindanao  ,.die  Verbreitung  der  Siwalikfauna  über  das  Gebiet 
der  Philippinen  bewiesen  und  die  enge  Verknüpfung  einer  wahr- 
scheinlich jungtertiären  Säugcthierfauna  auf  Java  und  den  Philip- 
pinen durch  eine  in  der  Entwicklungsreihe  der  Stegodonten  und 
Elephanten  hochwichtige  Art'-  constatirt  sein  sollte,  zu  Recht 
bestehen.  ^  Die  beiden  Inselgebiete  haben  allerdings  nach  den 
neueren  Martin' sehen  Mittheilungen  die  Art  Stegodon  trigonoce- 
phalus,  soweit  die  bis  jetzt  erzielten  Funde  ein  Urtheil  gestatten, 
nicht  gemein.  Aber  den  Philippinen  kommt  doch  in  Stegodon 
Mindniiaensis  eine  Form  zn,  welche  zu  der  genannten  von  Java 
in  ziemlich  naher  Verwandtschaftsbeziehung  steht.  Es  ist  nur 
ein  Zahnbruchstück,  um  das  es  sich  hier  handelt.  Auf  Gi'und 
näherer  Untersuchung  muss  das  Fragment  als  zweiter  Milchzahn 
der  rechten  Unterkieferhälfte  angesehen  werden.  Als  hervor- 
stechende Eigenthümlichkeit  ist  die  mauerförmige  Gestaltung  der 
Joche  anzuführen.  Dieselben  sind  hoch  und  platt,  die  Thäler 
eng,  tief,  spaltförmig.  Durch  dieses  Merkmal  wird  eine  Annähe- 
rung an  den  elephantincn  Charakter  und  eine  entsprechende  Ent- 
fernung von  den  Mastodonten  hergestellt.  /Merkwürdig  ist  ferner 
ein  medianer  Einschnitt  der  Krone,  der  jederseits  von  einem 
secundären  Einschnitt  begleitet  wird.  Durch  diese  Spaltungen 
werden  die  Mamilleiu'eilien  in  Gruppen  zerlegt.  ^  Der  erstbezeich- 
netc  Cha)"akter  kommt  Stegodon  Mindanaensis  ausschliesslich  zu, 
das  letztgenannte  Merkmal,  nämlich  die  dreifache  Einschnürung 
der  Joche,  zeigt  eine  sehr  autfallende  Uebereinstinmiung  mit  ver- 
schiedenen von  Martin  abgebildeten  Molarbruchstücken  des  St. 
trigonoecphaJus.  Bei  Aufstellung  der  Zahncharaktere  durcli  Martin 
gescliiclit  allerdings  nur  der  medianen  Spalte  Erwähnung,  während 
die  seitlich  begleitenden   Einschnürungen  unberücksichtigt  bleiben. 

Dass  Stegodon  trigonoeejyhalns  nicht  mauerförmige,  sondern 
dachförmige  Joche  besitzt,    ist  durch  Martin's    neueste  Publica- 


*)  Martin.     Neue    Wirbelthiervesto    vom    Pati  -  Ajam    auf   Java, 
Bd.  IV,  1886. 


168 


iion  vollständig  klargestellt.  Ein  Blick  auf  t.  XT,  f.  4  genügt 
in  der  That.  dies  zu  erweisen.  Wenn  ich  mich  früher  über  diesen 
Punkt  im  Unklaren  befunden  habe,  so  glaube  ich  doch,  dass  ich 
die  Vorwürfe,  welche  mir  gemacht  worden  sind,  nicht  so  ganz 
verdiene.  Auch  andere  Autoren  werden  es  zum  mindesten  nicht 
leicht  gefunden  haben,  sich  aus  den  MARTiN'schen  Darstellungen 
ein  klares  Bild  zu  machen.  Eine  zusammenfassende  Diagnose 
fehlte.  Sehr  viel  kam  auf  die  taf.  II  gegebenen  Abbildungen  an, 
und  in  Bezug  auf  diese  Figuren  beklagte  ich  die  ..unvollkounnene 
Seitenansicht  der  Zähne".  Nicht  die  Abbildungen  der  taf.  I 
hatte  ich  im  Auge,  wie  Mattin  meint.  Das  ist  ja  aus  der  be- 
züglichen Angabe  im  Texte  meiner  Abhandlung  klar  zu  ersehen. 
Noch  jetzt  führt  mich  eine  Prüfung  der  Figuren  der  taf.  II  von 
Martin,  wenn  ich  die  neueren  Mittheilungen  dieses  Autors  un- 
berücksichtigt lasse,  zu  der  Anschauung,  als  müssten  die  Joche, 
nach  der  Ansicht  der  Kaufläche  zu  schliesscn.  nur  am  oberen 
Theile  zugeschärft  sein,  während  mir  die  Thäler.  besonders  bei 
Betrachtung  der  Seitenansicht,  tief  zvv'ischen  die  nahe  an  einander 
tretenden  Joche  eingesenkt  zu  sein  scheinen.  Was  den  auf  taf.  I 
zur  Darstellung  gebrachten  Zahn  betrifft,  so  gebe  ich  die  an 
seiner  Zugehörigkeit  zu  Sfef/odon.  trkioiioreplinhts  gehegten  Zweifel 
auf,  nachdem  der  dachförmige  Charakter  der  Joche  klargestellt 
worden  ist. 

Eine  nahe  Verwandtschaft  zwischen  den  beiden  Arten  wii'd 
von  Martin  zugegeben.  Mit  einem  der  javanischen  Zahnfrag- 
mente, nämlich  mit  dem  t.  II.  f.  1  dargestellten,  besteht  sogar 
eine  sehr  weit  gehende  Analogie.  Doch  hält  Martin  die  Zuge- 
hörigkeit dieses  Bruchstückes  zu  der  von  ihm  aufgestellten  Art 
für  unsicher. 

Ich  möchte  dem  Vorstehenden  noch  einige  kurze  Erörterun- 
gen über  den  japanischen  Elejjhas  Namadicus  beifügen.  Ich 
bedaure.  dass  ich  mich,  was  die  MARTiN'schen  Auffassungen  be- 
züglich dieser  Form  betrift"t,  noch  immer  nicht  zu  einer  besseren 
Ansicht  bekennen  kann,  als  zu  der,  die  ich  früher  aufgestellt 
habe.  Ganz  so  wie  früher  muss  ich  es  als  einen  Widerspruch 
ansehen,  wenn  Martin  bei  der  Erwägung  der  Frage,  ob  EJephas 
Namadicus  oder  Elephas  antiquns  in  Japan  verkomme,  nicht 
dieselben  Gründe  gelten  lassen  will,  die  er  für  Java  als  maass- 
gebend  hinstellt,  und  die  ich  vor  ihm  in  meiner  Monographie  über 
japanische  Elephanten  der  Vorzeit  als  entscheidend  aufgestellt 
habe.  Die  Bestimmung  als  antiquus  hat  keineswegs  mehr  für 
sich  als  die  andere.  Wir  müssen  daran  festhalten,  dass  in  Japan 
Siwalik-Formen  vorkommen.    Das   ist  einer  der  Hauptgründe,  das 


169 


Auftreten  der  Siwalik-Form.  K  Namndims,  anstatt  der  europäischen 
Art,  E.  afififpms,  in  Japan  für  wahrscheinlich  zu  halten.  Wenn 
die  fraglichen  Reste  in  Japan  in  der  That  mit  E.  primigenius 
zusammen  gefunden  worden  wären,  so  könnte  ich  jetzt  ebenso 
wenig  wie  früher  einsehen,  warum  die  Bezeichnung  aniiquns 
den  Vorzug  verdiiMien  sollte.  Ek-phns  NanKiäicns  reicht  in  Indien 
in  das  Diluvium  hinein.  Ueherdies  zeigt  der  von  mir  beschrie- 
bene Zahn  des  japanischen  E.  primigenius  einen  ganz  anderen 
Erhaltungszustiind  als  die  anderen  Reste  von  Elephanten  und 
Stegodonten.  welche  ich  vor  die  Oeffentlichkeit  gebracht  habe. 
Nur  der  kleine  Zahn  von  Yedobashi  macht  eine  Ausnahme.  Martin 
sagt:  „Wäre  bekannt,  dass  der  fragliche  Rest  mit  dem  Stego- 
donten der  gleichen  Schicht  entstamme,  würde  man  sich  aller- 
dings der  Benennung  Numadiciis  als  der  wahrscheinlich  richti- 
geren zuwenden  müssen.  Aber  ebenso  gut  können  die  in  Rede 
stehenden  Molaren  dem  Elephas  antiqmis  angehören  und  aus 
pleistocänen  Schichten  abkünftig  sein,  wo  ihr  Vorkommen  zusam- 
men mit  Elephas  priniigeiiiits  ein  durchaus  erklärliches  genannt 
werden  müsste.  da  bekanntlich  auch  in  den  pleistocänen  Schichten 
Europas  Elephas  auticpnis  neben  Elephas  priinigeiiius  angetroffen 
wird."  Diese  Behauptung  fällt  in  sich  zusammen,  wenn  man 
bedenkt,  dass  E.  Namadicus,  wie  vorhin  erwähnt,  ebenso  gut 
pleistocäii  sein  kann  wie  E.  anfi(piiis.  Ich  nuiss  nach  alledem 
bei  meiner  ersten  Bestimmung  des  Elephas  Namadieus  festhalten. 


170 


C.  Verliaiidluiiaeii  der  Gesellseliaft. 


1.    Protokoll  der  Januar -Sitzung. 

Yerhanflelt  Berlin,  den  8.  Januar  189U. 
Vorsitzender:    Herr  Beybich. 

Das  Protokoll  der  December- Sitzung  A\-urde  vorgelesen  und 
genehmigt. 

Der  Vorsitzende  legte  die  für  die  Bibliothek  der  Gesellschaft 
eingegangenen  Bücher  und  Karten  vor. 

Der  Vorsitzende  forderte  alsdann  zur  Neuwahl  des  Vor- 
standes auf;  auf  Vorschlag  des  Herrn  Berendt  wurde  der  bis- 
lierige  Vorstand  wiedergewählt. 

Herr  Jaekel  sprach  über  Pristiophorus  und  dessen 
Beziehungen  zu  Pristis  und  den  übrigen  Haien.  Vergl. 
den  Aufsatz  in  diesem  Heft. 

Herr  Fkech  sprach  über  angebliche  Spuren  der  sog. 
carbonen  Eiszeit. 

Herr  A.  Schneider  sprach  über  zwei  durch  besondere 
Textur  ausgezeichnete  Vorkommen  von  Zinkblende  unter 
Vorlegung  von  Handstücken.  —  Das  eine  Vorkommen,  zu  den 
Ringel-  oder  Cocardenerzen  gehörig,  stammt  von  der  Zink-  und 
Bleierzgrube  Lüderich  bei  Bensberg  und  zeigt  in  einer  Grund- 
masse von  grobkörniger,  dunkel  brauner  Zinkblende  kleinere  und 
grössere  Bruchstücke  von  Ganggestein  (sandige  Grauwacke  des 
Lenneschiefers)  und  einer  hell  braunen  Blende,  welche  von  einer 
2  mm  breiten  Kruste  von  hell  gelblich  grauem  Eisenspath  umhüllt 
sind.  Das  andere  Vorkommen  war  während  des  letzten  Sommers 
auf  der  Blei-.  Silber-  und  Zinkerzgrube  Wildermann  bei  Musen 
gefunden  worden  und  bestand  aus  erbsengrossen  krystallinischen 
Körnern  einer  dunkel  braunen  Zinkblende,   welche  die  aus  weissem, 


171 


krystallinischem  Gangquarz  gebildete  Grundmasse  so  anfüllten, 
dass  das  Ganze  ein  lebhaft  getiegertes  Aussehen  besitzt.  Die 
Genesis  beider  Vorkommen  wurde  besprochen. 

Herr  Beushausbn  legte  vor  und  besprach  eigenthümliche. 
von  Herrn  Piedboeuf  in  Düsseldorf  aufgefundene.  Anodonta- 
ähnliche  Zweischaler,  welche  als  bis  jetzt  einzige  thierische 
Reste  mit  Calamarien  -  artigen  Pflanzenresten  zusammen  bei  Gräf- 
rath  in  Schichten  zweifelhaften  ,  vermuthlich  mitteldevonischen 
Alters  vorkommen.  Betont  wurde  besonders,  dass  die  einzigen 
vergleichbaren  und  zugleich  den  unserigen  sehr  nahe  verwandten 
Formen,  Amnifjema  CatsJdllensis  Conrad  aus  dem  Oweowfa-Sand- 
stein  von  New  -  York  und  Änodonta  Julcesi  Forbes  aus  den 
Schichten  von  Kiltorcan  bei  Kilkenny  in  Irland,  gleichfalls  mit 
Resten  von  Landpflanzen  zusammen  sich  finden,  zu  denen  sich 
bei  Kiltorcan  ausserdem  noch  Reste  von  Coccosfeiis,  Bothriolepis, 
Ftericldkys  gesellen. 

Herr  Frech  bemerkte  hierzu,  dass  ähnliche  Dinge  auch  in 
Devonshire  vorkommen. 

Hierauf  wurde  die  Sitzung  geschlossen. 

V.  w.  0. 

Beyrich.  Dames.  Koken. 


2.    Protokoll  der  Februar -Sitzung. 

Verhandelt  Berlin,   den  6.  Februar  1890. 
Vorsitzender:    Herr  Beyrich. 

Das  Protokoll  der  Januar- Sitzung  wurde  vorgelesen  und 
genehmigt. 

Der  Vorsitzende  legte  die  für  die  Bibliothek  der  Gesellschaft 
eingegangenen  Bücher  und  Karten   vor. 

Der  Gesellschaft  ist  als  Mitglied  beigetreten: 
Herr  Dr.   R.  Canaval  aus  Klagenfurt, 

vorgeschlagen  durch    die  Herren  Penecke,    Dölter 

und    HCERNES. 

Herr  Dames  legte  ein  Schädelfragment  von  Cervus 
euryceros  (=  Megaceros  hibernicus  Owen)  aus  dem  Inter- 
glacialsande  von  Rixdorf  bei  Berlin  vor.    —    Die  geologisch  -  pa- 


172 


läontologische  Sammlung  des  königlichen  Museums  für  Natur- 
kunde verdankt  das  werthvollc  Stück  der  Hoclilierzigkeit  des 
Herrn  Kiesgrubenbesitzer  Körner  hierselbst,  welcher  bereits  im 
vorigen  Jahr  einen  völlig  intact  erhaltenen  Schädel  (ohne  Unter- 
kiefer) von  Tichorrhimis  aiitiquiiaiis  Blümenb.  derselben  Samm- 
lung überwiesen  hatte.  —  Das  Interesse  des  Stückes  berulit  in 
der  bisher  hier  noch  nicht  angetroffenen  Vollständigkeit  der  Er- 
haltung. Es  besteht  nämlich  aus  dem  unverletzt  erhaltenen  hin- 
teren Theil  des  Schädels,  also  der  Occipital-.  Parietal-  und 
Frontalregion.  Die  Nasalia  und  Maxillae  fehlen,  somit  auch  das 
Gebiss.  Auf  den  Frontalien  erheben  sich  die  Rosenstöcke  und 
auf  diesen  die  beiden  Geweihhälften  mit  den  distal  abgebrochenen 
Augensprossen,  und  zwar  auf  eine  Länge  von  ca.  400  mm  er- 
halten.  —  Einige  der  wichtigsten  Dimensionen  sind  folgende: 

Breite  der  Hinterhauptscoiidj^len 110  mm 

Breite  des  Hinterhauptsloclies 42  „ 

Höhe  desselben 35  „ 

Höhe  des  Hinterhaupts  vom  oberen  Rande  des 

Foramen  magnnm   bis   zur  Occipitalcrista  74  „ 

Grösste  Breite   der  Hinterhauptstläclie  .     .     .  185  „ 
Länge  von   der  Occipitalcrista    bis    zu    einer 

Linie,  welche  die  Mitten  der  Rosenstöcke 

verbindet 140  „ 

Breite    der    Frontalien  zwisdirn   den    lieiden 

Rosenstöcken 45  „ 

Umfang  der  Rosenstöcke  an  ilirer  Basis   .     .  22ü  „ 

Umfang  der  Rosen 255  „ 

Umfang    der    Geweihstangen     oberhalb     der 

Augensprosse     220  „ 

Entfernung  d.  Supraorbitalloches  von  d.  Rose  87  „ 
Breite    der  Frontalien    zwischen   den   Supra- 

orbitallöchern 115  „ 

Länge  der  Thränengruben 45  „ 

Entfernung  vom  Yorderrande  d.  Supraorbital- 

löcher  bis  z.  Hinterrand  d.  Thränengruben  65  „ 

Durchmesser  der  Orbita 75  „ 

Ein  Vergleich  mit  einem  etwas  grösseren  Schädel  eines 
Riesenhirsches  aus  Irland  hat  einige  Unterschiede  ergeben.  Ein- 
mal stehen  bei  dem  märkischen  Exemplar  die  Rosenstöcke  fast 
senkrecht  auf  den  Stirnbeinen,  während  sie  bei  dem  irischen 
merklich  divergiren,  ferner  biegen  sich  bei  erstcrem  die  Frontalia 
vor  den  Rosenstöcken  viel  jäher  und  tiefer  abwärts,  und  endlich 
sind  die  Thränengruben  hier  bedeutend  tiefer  als  dort.  Alle 
diese  Merkmale  sind  jedoch  lediglich  auf  Altersverschiedenheit 
der  beiden  in  Vergleich  gestellten  Schädel  zurückzuführen,  worauf 
Herr  Professor  Nehring  aufmerksam  machte,  nicht  auf  Racen-, 
geschweige  denn  Art -Unterschiede. 


173 


Ueber  das  Vorkommen  des  Riesenhirsches  habe  ich  zuerst 
in  der  Juni -Sitzung  1875*)  unserer  Gesellschaft  Mittheilung  ge- 
macht. Damals  konnte  ich  nur  das  proximale  Ende  einer  linken 
Geweihstange  mit  Rose  und  Ansatz  der  Augensprosse  vorlegen. 
Inzwischen  hat  sich  die  Zahl  der  Funde  vermehrt.  Das  Museum 
für  Naturkunde  besitzt  ausser  den  heute  und  damals  vorgelegten 
Stücken  noch  ein  Geweihfragment,  eine  Oberkiefer-  und  eiue 
Unterkieferhälfte  mit  fast  vollständig  erhaltener  Bezahnung.  Auch 
in  der  Sammlung  der  hiesigen  geologischen  Landesanstalt  befindet 
sich  ein  Rest  des  Riesenhirsches  in  Gestalt  eines  Metatarsus. 
Immerhin  ist  der  Riesenhirsch  entschieden  eines  der  selteneren 
Mitglieder  unserer  Interglacialfauna. 

Der  vorgelegte  Schädel  wurde  in  der  kiesigen  Schicht  an 
der  Basis  des  Interglacialsandes  unmittelbar  über  dem  unteren 
Geschiebemergel  gefunden,  die.  wie  bekannt,  die  Hauptmenge  der 
Knochen  der  giossen  Säugethiere  geliefert  hat.  Von  Funden  aus 
anderen  deutschen  Gebieten,  wie  Schlesien.  Rheinprovinz  u.  s.  w. 
ist  es.  so  viel  mir  bekannt,  nicht  möglich  gewesen,  das  Niveau 
der  Quartärablagerungen,  welche  sie  enthielten,  so  genau  anzu- 
geben wie  in  diesem  Falle. 

Herr  Rix^e  sprach  über  die  Morphotropie  der  Sauer- 
stoff- und  Schwefelverbindungen.    Vergl.  den  Aufsatz  p.  62. 

Hen-  Schreiber  legte  geschrammte  Grauwacke  von 
Magdeburg  vor.    Yergl.  den  Aufsatz  im  vorigen  Jahrgang  p.  603. 

Bezüglich  der  die  geschichteten  Grauwackenschichten  über- 
ragenden Conglomeratwand  wurde  nachgetragen,  dass  dieselbe  nur 
an  ihrer  äussersten  Oberfläche  eine  Lockerung  der  Rollstücke  in 
ihrem  festen  Verbände  zeigte :  einzelne  derselben  waren  zerbrochen 
und  an  der  oberen  Bruchtläche  sowohl  wie  an  den  hervoiTagenden 
Seiten  geritzt.  Conglomerat-  wie  Grauwackenschichten  waren  60  m 
weit  nach  Westen  zu  von  sandigem.  Geschiebe  führenden  Thone 
überdeckt .  im  weiteren  Verlaufe  nach  Westen  zu  deckte  den  Felsen 
regenerirter  Grünsand,  dem  vorzugsweise  Grauwackenbrocken  und 
Sandsteingescliiebe  beigemengt  waren;  in  der  Erstreckung  von 
weiteren  105  m  nach  Westen  zu  bildete  der  mitteloligocäne 
Griinsand  die  Decke.  Hier,  wo  der  Kanal  nach  Norden  zu  von 
der  Streichungslinie  des  Grauwackenriickens  sich  etwas  entfernte, 
dachte  sich  derselbe  vom   -i-    50  m  auf  4-    47  m  ab. 

Hen-  Jaekel  sprach  über  die  Graptolithen  und  ihre 
Organisation.    Vergl  den  Aufsatz  im  vorigen  Jahrgange  p.  653. 


')  Diese  Zeitschrift,  Bd.  27,  1S75.  p.  4>>1. 


174 


Herr  E.  Zimmermann  legte  vor  und  besprach  einen  neuen, 
von  ihm  bei  Gelegenheit  der  geologischen  Aufnahmen  in  einem 
Exemplar  gefundenen  Nautilus  aus  dem  Grenzdolomit  des 
Unteren  Keupers  zwischen  Arnstadt  und  Stadtilm  in  Thüringen 
und  schlug  dafür  den  Namen  Trematodiscus  Jugafonodosus 
vor.  Eine  genauere  Beschreibung  des  in  der  Sammlung  der  kgl. 
geologischen  Landesanstalt  niedergelegten  Stückes  wird  im  näch- 
sten Jahrbuch  dieser  Anstalt  gegeben  werden. 

Hierauf  Avurde  die  Sitzung  geschlossen. 

V.  w.  0. 

Beyrich.  Dames.  Koken. 


3.    Protokoll  der  März  -  Sitzung. 

Verhandelt  Berlin,  den  6.  März  1890. 

Vorsitzender:    Herr  Beyrich. 

Das  Protokoll  der  Februar  -  Sitzung  wurde  vorgelesen  und 
genehmigt. 

Der  Vorsitzende  legte  die  für  die  Bibliothek  der  Gesellschaft 
eingegangenen  Bücher  und  Karten  vor. 

Der  Gesellschaft  ist  als  Mitglied  beigetreten: 

Herr  K.  Lent  aus  Klagenfurt.  z.  Z.  in  Wien, 

vorgeschlagen  durch    die  Herren  Stbinmann,    Böhm 
und  Gräff. 

Herr  E.  Dathe  sprach  über  die  Discordanz  zwischen 
Culm  und  Obercarbon  bei  Salzbrunn  in  Schlesien. 

Redner  wurde  von  der  Direction  der  königl.  geologischen 
Landesanstalt  im  Herbst  vorigen  Jahres  beauftragt,  eine  Unter- 
suchung der  Mineralquellen  des  Bades  Obersalzbrunn  in  Schlesien 
vorzunehmen  und  ihre  etwaigen  Beziehungen  zu  dem  im  benach- 
barten Obercarbon  umgehenden  Bergbaue  auf  Steinkohlen,  namentlich 
in  dem  Felde  der  Davidgrube  bei  Conradsthal,  festzustellen  und 
darüber  sich  gutachtlich  zu  äussern.  Um  diese  zweifache  Aufgabe 
zu  lösen,  wurden  die  geologischen  Verhältnisse  der  Umgebung  von 
Obersalzbrunn  eingehend  untersucht  und  auf  Grund  dieser  Be- 
gehungen eine  geologische  Specialkarte  der  Umgebung  von  Salz- 
brunn im  Maassstab  1  :  2500(>  entAvorfen.  Auf  der  letzteren 
gelangten  folgende  Formationen  zur  Darstellung,  nämlich  1.  die 
Gneissformation,  2.  der  Culm,  3.  das  Obercarbon,  4.  das  Dilu- 
vium und  das  Alluvium. 

Der  Gliederung  des  Culras,  welcher  von  Conglomeraten,  Grau- 


175 


wackensandsteinen  und  Tlionscliiefern  aufgebaut  wird  und  in  dessen 
Bereiche  die  berühmten  Mineralquellen  von  Obersalzbrunn  zu  Tage 
treten,  wurde  besondere  Aufmerksamkeit  geschenkt.  Nach  ihrem 
Auftreten  und  in  ihrer  Verbreitung  sind  die  einzelnen  Gesteins- 
arten derart  mit  und  unter  einander  verbunden,  dass  bald  die 
eine,  bald  die  andere  vorheiTscht.  während  die  anderen  merklich 
dagegen  zurücktreten  oder  gänzlich  verschwinden.  Durch  dieses 
Verhalten  der  genannten  Felsarten  Hessen  sich  in  den  zwischen 
Obercarbon  und  Gneissformation  verbreiteten  Gebirgsschichten  des 
Culms  bei  Salzbrunn  folgende  Stufen  unterscheiden:  a.  die  Stufe 
der  Thonschiefer  (es),  b.  die  Stufe  der  Thonschiefer.  Grauwacken 
und  Conglomerate  (es  -f  cg) ;  c.  die  Stufe  der  Variolit  führenden 
Conglomerate  (cgv),  d.  die  Stufe  der  Thonschiefer  und  Conglo- 
merate (es  -!-  cg).  e.  die  Stufe  der  rothen  Conglomerate  (cgr), 
f.  die  Stufe  der  grauschwarzen  Thonschiefer  und  Conglomerate 
(es  +  cg)  und  g.  die  Stufe  der  Gneissconglomerate  (cggn).  — 
Das  auf  der  Karte  dargestellte  Obercarbon  besteht  aus  Quarz- 
conglomeraten  und  conglomeratischen  Sandsteinen  von  weisslich 
grauer  Farbe  nebst  eingelagerten  Schieferthonen  und  Kohlenflötzen. 
Nach  ihrer  Lagerung  und  Pflanzenführung  gehören  diese  an  den 
Culm  bei  Salzbrunn  grenzenden  obercarbonischen  Schichten  dem 
Liegendzug  an.  den  bekanntlich  D.  Stur  als  Waldenburger 
Schichten  bezeichnet  und  als  Ob  er  culm  aufgefasst  hat.  Man 
hatte  bisher  und  bis  in  die  jüngste  Zeit  (so  namentlich  Stur, 
Schütze  und  Weiss)  angenommen,  dass  die  Waldenburger 
Schichten  oder  der  Liegendzug  gleichförmig  dem  Culm 
im  Waldenburger  Becken  (Unterculm  Stur's)  aufgelagert 
sei.  In  der  untersuchten  Gegend')  —  nämlich  zwischen  Altwasser 
über  Salzbrunn  nach  Conradsthal  —  hat  sich  jedoch  dies  Ver- 
halten nicht  bestätigt,  sondern  es  hat  sich  herausge- 
stellt, dass  die  Waldenburger  Schichten,  also  das  Ober- 
carbon, in  seinen  liegendsten  Schichten  ungleichförmig 
auf  Culm  gelagert  sind. 

Die  Discordanz  zwischen  Culm  und  Obercarbon  ist  aber  erstlich 
darin  begründet,  dass  auf  der  oben  angegebenen  Grenzlinie 
die  Waldenburger  Schichten  verschiedene  Culmstufen 
abschneiden.  Zuerst  grenzt  von  Altwasser  bis  östlich,der Wilhelms- 
höhe die  Stufe  der  reinen  Thonschiefer  (es)  an  dieselben;  dann  wird 
weiter  westlich  die  Stufe  der  Thonschiefer  und  Conglomerate  (es -feg) 
von  denselben  überlagert.  Westlich  vom  Wachberge  bis  ins  Salz- 
bachthal bildet   sogar   die  dritte  Culmstufe,    die  der  Variolit  füh- 


^)  Anm.  während  des  Druckes :  Bei  den  inzwischen  weitergeführten 
Aufnahmoarbeiten  hat  sich  herausirestellt,  dass  die  Discordanz  zwischen 
btideu  Formationen  auch  südlich  von  Altwasser  bis  nach  Neu-Krausen- 
dorf  vorhanden  ist. 


176 


reiiden  Conglomerate  die  Grenze;  und  schliesslich  ist  zwischen 
Salzbrunn  und  Conradsthal  die  zweite  Stufe  (es  -f-  cg)  längs  der 
unteren  Formationsgrenze  des  Obercarbons  zu  verfolgen. 

Die  Discordanz  zwischen  Culm  und  Obercarbon  ist  aber 
zweitens  dadurch  erwiesen,  dass  die  Schichten  beider  For- 
mationen in  der  Nähe  ihrer  Grenzlinie  verschiedenes 
Streichen  und  Fallen  besitzen.  Diese  Verschiedenheit  der 
Lagerung  spricht  sich  im  Allgemeinen  am  auffallendsten  dadurch 
aus.  dass  die  Schichten  des  Culms  stark,  sogar  meist  steil 
aufgerichtet  sind,  während  die  obercarbonischen  Schichten  (Wal- 
denburger)  entweder  eine  schwebende  Lage  oder  nur  geringe  Nei- 
gung (10 — 20*)  gegen  S  oder  SW  aufweisen.  Folgende  Beob- 
achtungen mögen  im  einzelnen  diese  Sätze  erläutern. 

Die  Culmschiefer  (es)  im  Eisenbahn -Einschnitt  nördlich  des 
Bahnhofs  in  Altwasser  streichen  0 — W  und  fallen  70  —  80*  ge- 
gen N.  Die  darüber  nach  S  folgenden  und  in  einem  kaum 
100  m  vom  Bahneinschnitt  entfernten  Steinbruch  aufgeschlosse- 
nen Waldenburger  Schichten  streichen  N35"  W  und  fallen  35* 
gegen  SW  ein.  Westlich  der  Wilhelmshöhe  streichen  die  Ober- 
carbon-Schichten in  einem  Steinbruch  im  dortigen  Gehölz  N  15*  W 
und  fallen  15  —  20*  gegen  WWS  ein;  dagegen  besitzen  die  zu- 
nächst in  NO  anstehenden  Schichten  des  Yariolit  führenden  Culm- 
Conglomerats,  160  m  von  der  Obercarbon  -  Grenze  entfernt,  ein 
Streichen  in  N  55*  W  und  fallen  80*  in  SW.  Ebenso  streichen 
die  Felsen  des  Variolit-Conglomerats  des  Wachberges  bei  W  der 
Karte  und  fallen  60*  gegen  SW.  Im  Steinbruch  an  der  Nord- 
west -  Ecke  des  erwähnten  Gehölzes  und  südlich  des  Weges  von 
der  „Schönen  Aussicht  nach  der  Wilhelmshöhe"  weisen  die  Ober- 
carbon-Schichten folgende  Schichtenlage  auf:  Streichen  N  20*  W, 
Fallen  10*  in  WWS.  Im  zunächst  angrenzenden  Yariolit -Con- 
glomerat  in  der  Umgebung  des  Schafferthals  ist  ein  Streichen  in 
N45*W  und  ein  Fallen  von  70*  gegen  SW"  zu  beobachten. 
Fast  die  gleiche  Schichtenlage  kommt  den  Schichten  derselben 
Stufe  bei  der  Annenhöhe  in  Salzbrunn  zu,  welche  N55*W 
streichen  und  55  —  65*  gegen  SW  einfallen.  Drei  südlich  des 
letzteren  Punktes  in  Hartau  gelegene  Steinbrüche  im  Obercarbon 
zeigen  fast  schwebende  Schichtenlage,  und  fallen  die  Schichten 
mit  etwa  10*  entweder  gegen  SW  oder  gegen  NO  ein.  Auch 
westlich  von  Salzbrunn  kommt  die  Discordanz  zwischen  Culm  und 
Obercarbon  zur  Geltung,  denn  das  Obercarbon  im  Steinbruch  beim 
Kirchhof  Conradsthal  streicht  N65*W  und  fällt  5  — 10"  gegen 
SW  ein;  die  nächsten  allerdings  etwas  entfernter  liegenden  und 
gut  aufgeschlossenen  Culmschichten,  namentlich  in  der  Nähe  der 
Yariolit  führenden  Conglomerate,  beispielsweise  am  Hügel  462,2 
streichen  0-W  und  fallen  60  *  gegen  S  ein.    Die  Culmschichten  im 


177- 


Bahiieinschnitt  nordwestlich  der  Haltestelle  CoiiradstUal  weisen  ein 
Streichen  in  0-W  und  ein  Fallen  von  30  —  35"  in  S  auf,  wäh- 
lend das  Obercarbon  in  den  Einschnitten  bei  der  Haltestelle 
Conradsthal  bei  gleichem  Streichen  nur  mit  15"  gegen  S  einfällt. 
Diese  fluche  Meigung  behalten  die  Obercarbon  -  Schichten  auch  in 
grösserer  Entfernung  von  der  Culnigrenze  bei.  wie  in  den  Stein- 
brüchen südlich  Couradsthal  zu  erkennen  ist. 

Die  hier  niedergelegten  Beobachtungen  beweisen  auch,  dass 
die  steile  Aufrichtung  der  Culmschichten  in  der  unter- 
suchten Gegend  schon  vor  Ablagerung  des  Obercarbon  erfolgt 
ist.  Wenn  auch  bei  dieser  Annahme  die  Möglichkei  übrig  bleibt, 
dass  bei  der  ersten  Aufrichtung  der  Culmschichten  der  gegen- 
wärtig zu  beobachtende  Grad  der  Steilheit  nicht  erreicht  wurde, 
so  bleibt  diese  früher  nicht  erkannte  und  gewürdigte  Thatsache 
doch  bestehen;  im  P^inzelnen  muss  sie  noch  durch  Special-Unter- 
suchung begründet  werden.  Eine  Reihe  von  Beobachtungen  liegen 
jedoch  schon  jetzt  zur  weiteren  Beurtheilung  der  Frage  vor.  Zu- 
nächst sei  daran  erinnert,  dass  die  kleine,  im  Neuhäuser  Schloss- 
berg aus  dem  höheren  Obercarbon,  den  Schatzla'er  Schichten  Stur's 
hervorragende  Culmpartic  ungleichförmig  von  den  letzteren  umlagert 
wird;  denn  die  norclsüdlich  streichenden  Culmschichten  fallen  sai- 
ger.  und  die  Carbonsrhichten  fallen  flach  (10 — 15")  nach  W  ein. 
Diese  isolirte  Culmpartie  beweist  ferner,  dass  vor  Ablagerung 
sämmtlicher  Stufen  des  Obercarbons  eine  bedeutende  Abtragung 
des  Culms  zwischen  dem  Neuhäuser  Vorkommen  einerseits  und 
dem  jetzigen  Hauptculm- Areale  bei  Altwasser  -  Salzbrunn  stattge- 
i'unden  habe,  und  dass  somit  unter  dem  productiven  Kohlengebirge 
der  Waldenburger  Gegend  Culm,  und  zwar  in  abweichender  und 
wahrscheinlich  ebenfalls  in  stark  aufgerichteter  Lagerung  zu  er- 
warten ist.  Die  ungleichförmige  Auflagerung  des  Obercarbons  ist 
von  mir  in  anderen  Theilen  des  niederschlesisch-böhmischen  Bek- 
kens  auch  beobachtet  worden.  In  der  Ebersdorfer  (hier  auch  von 
TiETZE^)  beobachtet)  und  Gabersdorfer  Bucht  greift  Ober-Carbon 
über  verhältnissmässig  alte  Culmschichten  über. 

Nach  den  Ergebnissen  der  Untersuchung  kann  mit  grosser 
Wahrscheinlichkeit  die  Behauptung  aufgestellt  werden,  dass  die 
Discordanz  zwischen  Culm  und  Obercarbon  im  ganzen  nieder- 
schlesisch-böhmischen  Becken  vorhanden  sei-). 


')  K.  TiETZE.    Uebcr  die  devonischen  Schichten  bei  Ebersdorf  un- 
weit Neurode  in  der  Grafschaft  Glatz,  1870,  p.  4. 

-)  Mit  der  weiteren  Verfolgung  und  Festlegung  dieser  Discordanz 
Itiii  ich  gegenwärtig  beschäftigt  und  hoffe,  die  Resultate  dieser  Unter- 
suchung in  einer  grösseren  Abhandlung  im  nächsten  Winter  zusammen- 
fassen zu  können.  E.  D. 
Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  1.                                                              ]  2 


178 


Herr  E.  Zimmermann  legte  ein  neues,  ihm  durch  einen 
zuverlässigen  Sammler  zugegangenes  Exemplar  des  Ammonifes 
(Ptychiies)  Drix  Giebel  vor.  Dasselbe  stammt  aus  dem 
Schaumkalk  (m  u  2  y^  der  geologischen  Karte)  von  der  Diebs- 
krippe bei  Wöllnitz  unweit  Jena.  Es  zeichnet  sich  bei  vortrett- 
licher  Erhaltung  des  letzten  Umgangs  durch  besondere  Grösse 
aus  (mindestens  I6Y2  cm  an  der  Wohnkammer  bis  zum  Mittel- 
punkt des  Nabels),  gegen  die  das  grösste  im  Berliner  Museum 
für  Naturkunde  aufbewahrte  Exemplar  aus  Rüdersdorf  allerdings 
wenig  zurticksteht.  Das  vorliegende  Stück  hat  die  königl.  geo- 
logische Landesanstalt  erworben. 

Herr  Ebekt  sprach  über  einen  neuen  Aufschluss  in 
der  Steinkohlenformation  Oberschlesiens. 

Durch  F.  RcEMER  wurde  der  marine  Fauna  führende  Hori- 
zont im  Liegenden  des  Sattelflötzes  an  melireren  Orten  Obcr- 
schlesiens  nacligewiesen  und  damit  ein  wichtiger  Anlialtspunkt  für 
die  Gliederung  der  oberschlesischen  Steinkohlenformation  gegeben. 
Sodann  parallelisirte  Stur,  namentlich  auf  die  pflanzlichen  Reste 
hin,  die  Schichten  des  oberschlesischen  Steinkolilenbeckens  mit 
denen  des  Ostrauer  Reviers  und  gelangte  zu  dem  Schluss,  dass 
die  Sattelflötzgruppe  gleichalterig  mit  der  V  +  IV  Gruppe  seiner 
Ostrauer  Schichten  sei.  Er  nahm  als  Grenze  zwischen  Ostrauer 
und  Schatzlarer  Schichten  in  Oberschlesien  das  Einsiedelflötz  an. 
KossMANN  und  JuNGHANN  machten  uns  dann  mit  den  Schichten 
im  Liegenden  des  Sattelflötzes  bis  zu  dem  Andreasflötz  auf  der 
Königs-  und  Grätin  Laura-Grube  bekannt,  und  es  gelang  Kossmann, 
fünf  Horizonte  mit  mariner  Fauna  in  diesen  Scliichten  nach- 
zuweisen, welche  durch  Schichten  mit  pflanzlichen  Resten  und 
brackischen  Conchylien  von  einander  getrennt  werden.  Seitdem  ist 
die  Gliederung  der  Schichten  des  oberschlesischen  Steinkohlen- 
beckens auf  paläontologischer  Grundlage  nicht  weiter  gerückt. 
Der  sog.  „Muschel-führende'-'  Horizont  Rcemer's  ist  an  einer  Reihe 
von  weiteren  Punkten  nachgewiesen  worden  und  scheint  durchweg 
das  Niveau  von  15 — 25  m  unter  dem  Sattelflötz  inne  zu  halten. 
Die  Schichten  des  Rybnicker  Reviers,  aus  dem  durch  Weiss 
ebenfalls  marine  Ostrauer  Fauna  (in  den  Loslauer  Bohrlöchern) 
nachgewiesen  wurde,  Hessen  sich  bisher  aber  noch  nicht  in  sichere 
Beziehung  zu  den  Zabrze-Königshütter  Flötzzuge  bringen  und  ist 
die  Frage  noch  eine  offene,  ob  dieser  Horizont  mit  mariner  J'auna 
mit  dem  Rcemer' sehen  Muschelhorizont  ident  ist  oder  einem  tie- 
feren Niveau  angehört. 

Unter  diesen  Umständen  ist  jeder  Aufschluss,    auch  der  ge- 


179 

ringste,    in  dem  Liegenden  des  Sattelflötzes  resp.   Andreasflötzes, 
namentlich  wenn  er  Versteinerungen  ergiebt,  von  Wichtigkeit. 

In  neuerer  Zeit  ist  nun  der  Kronprinzschacht  der  Giesche- 
Grube  bei  Schoppinitz  bis  auf  ca.  190  m  im  Liegenden  des 
Sattelflötzes  niedergeführt  worden.  Ich  erhielt  durch  die  Güte 
des  Herrn  Director  Bernhardi  und  der  Bergverwaltung  in  Schop- 
pinitz nicht  nur  das  genaue  Profil  der  durchsunkenen  Schichten, 
sondern  auch  Gebirgsproben ,  und  spreche  ich  den  Herren  hier 
nochmals  meinen  verbindlichsten  Dank  für  ihr  freundliches  Ent- 
gegenkommen aus. 

Es  fanden  sich  unter  dem  Sattelflötz  dort: 

1.  8,0     Meter  Schiefer. 

2.  5,0         >       Sandstein, 

3.  7,0         ^       Schiefer,    theilweise    mit    Sphäro- 

sideriten, 

4.  1.75  ,,  Sandstein, 

5.  0.25  „  Kohle. 

6.  0,75  „  Schiefer, 

7.  0.25  „  Kohle, 

8.  4,0  „  Schiefer. 

9.  1.50  „  Sandstein. 

10.  2,0         „       Schiefer, 

11.  20,0         „       Sandstein, 

12.  16.20       .       Schiefer. 

13.  1,0  „  Kohle. 

14.  0.80  „  Sandstein, 

15.  4,70  „  Schiefer, 

16.  6,30  „  Sandstein, 

17.  0,20  „  Kohle, 

18.  4,80  „  schiefriger  Sandstein, 
15.  1,20  „  Kohle, 

20.  12,30      „       Schiefer. 

21.  0,30      „       Kohle, 

22.  21,70      „       Sandstein, 

23.  6,50  „  Schiefer, 

24.  1,50  „  Kohle  =  Andreasflötz. 

25.  2,0  „  Schiefer, 

26.  2,0  ,,  schiefriger  Sandstein, 

27.  15,0         „       Sandstein, 

28.  1,50  „  Schiefer, 

29.  0.20  „  Kohle, 

30.  7,25  „  Schiefer, 

31.  0,50  ,  Kohle, 


180 


32. 

0,70 

Meter 

Schiefer, 

33. 

0,60 

^ 

Sandstein, 

34. 

0,30 

:■) 

desgl.,  schieferig. 

35. 

12,25 

., 

Sandstein. 

36. 

1,65 

- 

dunkel  grauer,  feinkörniger  Sand- 
stein, 

37. 

0,80 

•n 

feinkörniger  Sandstein, 

38. 

1,00 

•n 

Schiefer. 

39. 

2,15 

^ 

schiefriger  Sandstein, 

40. 

4,85 

., 

Schiefer, 

41. 

0,70 

VI 

Sandstein, 

42. 

2,50 

•n 

fester,  grauer  Schiefer. 

43.     noch  nicht  durchsunken,    Schiefer. 

Ich  erhielt  Proben  aus  den  Schichten  No.  3.  36,  39,  40. 
42  und  43. 

Aus  Schicht  3  konnten  mir  auf  meine  Anfrage  hin  noch 
einige  Sphärosiderite  zugesandt  werden..  In  ihnen  fand  ich  Cri- 
noidenstielglieder,  jY^cw^a -Reste,  sowie  andere,  aber  unbestimm- 
bare Muschel-  resp.  Schneckenreste.  In  Schicht  3  dürfte  somit, 
dem  Niveau  entsprechend,   der  Ra^MEu'sche  Horizont  vorliegen. 

Die  Schichten  5  —  7  dürften  demgemäss  als  Aequivalent  des 
sogen.  Muschelflötzes  anzusehen  sein. 

Dass  Schicht  24  das  Andreasflötz  ist.  geht  aus  den  Lage- 
rungsverhältnissen hervor,   ist  auch  dem  Niveau  nach  denkbar. 

In  Schicht  42  fand  sich  ausser  undeutlichen  Pflanzenresten 
ein  schönes  Exemplar  der  typischen  Leitpflanze  der  Ostrauer 
Schichten,   des  Sp]ieno]jhuUum  fei/en-itiium,  und  Siigmaria  sp. 

In  Schicht  43  Lingula  m/jfüoides  Sow.  in  grosser  Menge, 
ausserdem  Kalksteinknollen. 

Herr  Bp:rendt  sprach:  Üeber  die  von  Prof.  Schreiber 
vorgelegten  Stücke  aus  der  Oberfläche  der  Grauwacke  von 
Magdeburg. 

Hierauf  wurde  die  Sitzung   geschlossen. 

V.  w.  0. 

Beyrich.  Dames.  Koken. 


Druck  von  J.  F.  Starcke  in  Berlin. 


der 

Deutschen  geologischen  Gesellschaft. 

2.  Heft  (April,  Mai,  Juni)  1890. 

A.    Autsätze. 


1.   Die  phonolithisclien  Gesteine  des  Laacher- 
see-Gebiets  und  der  Hohen  Eifel. 

Von  Herrn  A.  Martin  in  Bonn. 

Seit  Jahrhunderten  sind  die  im  Laachersee-Gebiete  auftreten- 
den Tuff-  und  Lavamassen  Gegenstand  ausgedehnten  Steinbruch- 
betriebs gewesen,  der  für  die  Bevölkerung  von  ausserordentlicher 
wirthschaftlicher  Bedeutung  war  und  noch  zur  Zeit  ist. 

Es  ist  natürlich,  dass  die  Literatur^),  die,  soweit  mir  be- 
kannt geworden  ist,  bis  in  die  letzte  Hälfte  des  vorigen  Jahr- 
hunderts zurückreicht,  sich  Anfangs  vorwiegend  mit  diesen  Vor- 
kommen beschäftigte  und  die  in  der  Gegend  weniger  verbreiteten 
und  verhältnissmässig  technisch  selten  verwendeten  Leucitophyre 
vernachlässigte.  Kurze  Angaben  über  dieselben  linden  sich  bei 
NosE^),   Steiningek^),  van  der  Wyck^),   Schulze'')  und  Nöc^ge- 

RATH®). 


')  Siehe  die  sorgfältigen  Zusammenstellungen  bei  von  Decken: 
Geognostischer  P'ührer  zu  dem  Laachersee  und  seiner  Umgebung, 
Bonn  18G4;  bei  von  Decken  und  R.\uff:  Geologische  und  mineralogische 
Literatur  der  Rheinprovinz  und  der  Provinz  Westfalen.  Yerhandl.  des 
naturh.  Vereins  der  Preuss.  Rheinlande,  Westfalens  und  des  Regierungs- 
bezirks Osnabrück,  Bd.  44.  2,  p.   181. 

■')  Nose:  Orographische  Briefe  über  das  Siebengebirge  und  die 
benachbarten  z.  Th.  vulkanischen  Gegenden  an  beiden  Ufern  dos 
Niederrheins.     Bd.  1.     Frankfurt  a.  M.  1789.    Bd.  2,  ebenda,  1791. 

*)  Steininger:  Die  erloschenen  Vulkane  der  Eifel  und  am  Nieder- 
rhein. Mainz  1820.  —  Ders.,  Geognostische  Beschreibung  der  Eifel. 
Trier  1853. 

*)  VON  DER  Wvck:    Uebersicht    der    rheinischen  und  Eifeler    er- 
loschenen Vulkane  u.  s.  w.     Bonn  1826. 
Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  2,  13 


182 


Erst  VON  Oeynhausen  hat  diese  Gesteine  in  seiner  1847 
mit  Erläuterungen  veröffentlicliten  Karte  des  Laachersee-Gebiets  in 
ausgedehnterem  Maasse  berücksichtigt.  Sorgfältige  Studien  machte 
auch  VON  Decken,  der  seine  Beobachtungen  in  dem  geognostischen 
Führer  zum  Laacher  See  resp.  zur  Vulkanreihe  der  Vorder- 
eifel  etc.  niedergelegt  hat.  Anfang  der  sechsziger  Jahre  unter- 
nahm VOM  Rath  eine  Reihe  sehr  mühsamer  Untersuchungen^), 
vornehmlich  über  die  petrographische  und  chemische  Zsammen- 
setzung  der  Leucitophyre ,  die  bis  dahin  so  gut  wie  gar  nicht 
bekannt  waren.  Eine  Bestätigung  und  Ergänzung  fanden  dieselben 
durch  die  mikroskopischen  Analysen  Zirkel's^).  Für  die  systema- 
tische Zusammengehörigkeit  der  verschiedenen  Vorkommen  ist  ein 
schon  vor  der  ZiRKEi/schen  Arbeit  erschienener  Aufsatz  von 
Laspeyres  ^)  bedeutsam ,  in  dem  der  Autor  auf  Grund  der  Unter- 
suchungen VOM  Rath's,  auf  dem  Wege  chemischer  Speculation 
die  innige  Verwandtschaft  derselben  darthat. 

Der  Darstellung  des  Laachersee-Gebiets  auf  der  grossen 
VON  Dechen' sehen  geologischen  Karte  der  Rheinprovinz  und  West- 
falens (1  :  80000)  wurden  bis  auf  einige,  die  Tuffe  betreffende, 
Veränderungen  die  Aufnahmen  von  Oeynhausen' s  zu  Grunde  ge- 
legt^"). Die  Erläuterungen  derselben  geben  auszugsweise  die 
Resultate  der  bis  zu  ihrer  Veröffentlichung  gemachten  Forschungen. 
Abgesehen  von  kurzen,  denselben  Zweck  verfolgenden,  theils  mit 
kritischen  Bemerkungen  versehenen  Darstellungen  in  den  Lehr- 
büchern von  Zirkel,  Rosenbusch  und  Roth  sind  meines  Wissens 
seit  1868  nur  einzelne  Vorkommen  betreffende  Notizen  veröffent- 
licht worden,  welche  an  geeigneter  Stelle  ihre  Erwähnung  finden 
werden. 

Was  das  Vorkommen  phonolithischer  Gesteine  in  der  Hohen 
Eifel  betrifft,  so  ist  als  solches  nur  das  Gestein  des  Seibergs  bei 
Quiddelbach^^)  von  der  grösseren  Zahl  der  dasselbe  behandelnden 


*)  Schulze:  Die  Mühlsteinbrüclie  zwischen  Mayen  und  dem 
Laachersee.  Karsten's  Archiv  für  Bergbau  und  Hüttonwesen.  1828. 
Bd.  17,  p.  386. 

*)  NöaGERATH:  Zur  architektonischen  Minei'alogie  der  Prcussischen 
Rheinprovinz.  Karstens  und  von  Dechen's  Arcb.  f.  Mineralogie, 
Geologie  u.  s.  w.    1844. 

')  Diese  Zeitschrift  Bd.  12  p.  29,  Bd.  14  p.  65,  Bd.  16  p.  73. 

»)  Ebenda  Bd.  20  p.  122. 

«)  Ebenda  Bd.  18  p.  311. 

'")  Begleitw.  z.  geol  Uebersichtskarte  der  Rheinprovinz  und  West- 
falens, p.  39. 

")  Nicht  zu  verwechseln  mit  dem  Gestein  des  Seibergs  im  Riedener 
Thale,  welches  als  „Leucitophyr  vom  Seiberg"  in  der  Literatur  be- 
schrieben worden  ist. 


isa 


Autoren  angesprochen  worden,  zuletzt  von  Rosenbusch  in  der 
neuen  Auflage  seiner  „Massigen  Gesteine". 

Meine  Arbeit  will  unter  Berücksichtigung  der  vorhandenen 
Literatur  auf  Grund  eigener,  an  authentischem,  selbst  gesammeltem 
Material  gemachten  Untersuchungen  eine  vergleichende  Darstellung 
der  petrographischen  Verhältnisse  sämmtlicher  bekannten  Vor- 
kommen phonolithischer  Gesteine  des  Laachersee-Gebiets  und  der 
Hohen  Eitel  geben.  Ich  hielt  eine  neue,  von  diesem  Gesichts- 
punkte aus  unternommene  Bearbeitung  des  Stoffs  trotz  mannich- 
facher  Studien  von  berufener  Seite  niciit  für  unlohnend,  da  einer- 
seits bei  der  grossen  Zerstreuung  der  einzehien  Angaben  eine 
zusammenfassende  Schilderung  dieser  interessanten  Gesteinsgruppe 
für  die  genaue  Kenntniss  derselben  erforderlich,  andererseits  eine 
Revision  bei  der  geringen  Uebereinstinunung  in  den  Beobachtungen 
verschiedener  Autoren  dringend  geboten  erschien. 

Von  der  Darstellung  der  Lagerungsverhältnisse  konnte  Ab- 
stand genommen  werden,  nachdem  eine  wiederholte  Begehung  des 
Gebiets  nui-  die  Bestätigung  der  sorgfältigen  und  eingf^henden 
Beobachtungen  von  Dechrn's  und  vom  Rath's  brachte.  Wenige 
unwesentliche  Ergänzungen  habe  ich  den  einleitenden,  die  allge- 
meinen geologischen  Verhältnisse  betrettenden  Bemerkungen  beigefügt. 
In  der  Nähe  der  phonolithischen  Gesteine  anstehende  Eruptiv- 
gesteine wurden,  sobald  irgend  welche  Beziehung  zwischen  beiden 
vermuthet  werden  konnte,  mit  in  den  Kreis  der  Untersuchung 
gezogen.  Die  Resultate  haben  ihren  Platz  in  einem  Anhang 
gefunden. 

Für  die  vorhandenen  Bauschanalysen  gebe  ich  die  Literatur- 
nachweise. Da  die  zu  ersteren  benutzte  Substanz  und  die  von 
mir  untersuchten  Dünnschliffe  von  verschiedenem  Gesteinsmaterial 
stammten,  so  konnten  ihre  Resultate  nicht  zur  Deutung  und  Ver- 
vollständigung der  mikroskopischen  Beobachtungen  herangezogen 
werden.  Dieselben  geben  lediglich  ein  allgemeines,  durch  mannig- 
fache Verwitterungseinflüsse  getrübtes  Bild  des  ursprünglichen 
Gesteinsmagmas. 

Als  Vergleichsmaterial  diente  eine  Reihe  von  Schliffen  der 
Laachersee-Leucitophyre,  welche  jedoch  meist  zu  allgemeine  Orts- 
bezeichnungen trugen,  als  dass  sie  einem  bestimmten  Vorkommen 
zugesprochen  werden  komiten,  ferner  Schliffe  des  Hauynophyi's 
von  Monte  Vultur,  des  Gesteins  vom  Eichberg  bei  Rothweil  im 
Kaiserstuhl  und  von  Capo  di  Bove. 

Der  Uebersicht  halber  will  ich  schon  hier,  ehe  ich  zui"  Dar- 
stellung der  Einzelheiten  übergehe,  die  Hauptergebnisse  meiner 
Untersuchungen  in  Kürze  auftühren: 

13* 


184 


1.  Für  die  niederrheinischen  Leucitophyre  ist  der  Melanit 
klassiticatoriscli  bedeutsam.  Mit  seinem  Eintritt  in  die 
Gesteinszusammensetzung  ist  gewöhnlich  sowohl  eine  che- 
mische,  als  auch  petrographischc  Veränderung  verbunden. 

2.  Die  sogenannten  Leucittuffe  des  Laachersee-Gebiets  gehören 
zu  den  Leucitophyren  desselben. 

3.  Die  Ausbrüche  der  Leucitophyre  haben  bis  in  die  Zeit 
der  Lössbildung  gedauert;  diese  Gesteine  gehören  also,  min- 
destens zum  Theil,  zu  den  jüngsten  Producten  vulkanischer 
Thätigkeit  im  Laachersee-Gebiete. 

4.  Die  Ausbruchsstelle  für  einen  Theil  der  Leucittufte.  ver- 
muthlich  für  die  ganze  grosse  Partie  bei  Rieden,  liegt  im 
Riedener  Kesselthale. 

5.  Das  von  verschiedenen  Autoren  theils  als  Trachyt.  theils 
als  Phonolith  bestimmte  Gestein  des  Seibergs  bei  Quiddel- 
bach  ist  ein  echter  Phonolith. 

6.  Die  Hannebacher  Ley  besteht  aus  einheitlichem  Gestein, 
welches  den  Nepheliniten  zuzurechnen  ist. 

I.  Die  Leucitophyre  des  Laachersee-Gebiets. 

I.    Die  aligemeinen  geologischen  Verhältnisse^). 

Die  Leucitophyre  finden  sich  in  dem  Quellgebiete  des  Yinxt- 
und  Brohlbachs  und  der  linken  Zuflüsse  der  Nette,  westlich  und 
nordwestlich  des  Laachersees.  —  welches  den  nordöstlichen  Theil 
des  sich  nach  dem  Rheine  sanft  abdachenden  Eifler  Tafellandes 
bildet.  Eine  Linie  von  der  Form  einer  gestreckten  Ellipse,  deren 
grössere  Axe  bei  einem  Streichen  von  SO.  nach  XAV.  etwa 
1  o  km  lang  ist ,  während  ihre  Breite  6  km  beträgt ,  umschliesst 
sännntliche  Vorkommen.  Soweit  die  bisherigen  Untersuchungen 
reichen,  besteht  das  Grundgebirge  der  ganzen  Gegend  aus  ver- 
steinerungsarmen, dem  Devon  angehörenden  Grauwacken  und  Thon- 
schiefern,  die  gleichförmig  von  NO.  nach  SW.  streichen  und  in 
Mulden  und  Sätteln  gefaltet  nach  entgegengesetzten  Richtungen 
einfallen. 

Das  Devon  bildet  sanft  gerundete,   plateauartige  Bergrücken 


^)  Vergl.  die  von  DECHEN'sche  Karte  1  :  80000,  Section  Mayen, 
nach  der  die  nebenstehende  Skizze  angefertigt  wurde.  Die  bei  den 
einzelnen  Vorkommen  in  eckigen  Klammem  beigesetzten  Zahlen  be- 
ziehen sich  auf  die  beigegebene  Kartenskizze.  Die  von  mir  gesam- 
melten Belegstücke  befinden  sich  im  Aachener  mineralogischen  Insti- 
tute, in  welchem  aucli  die  benutzten  mikroskopischen  Präparate  aufbe- 
wahrt werden. 


185 


Skizze. 

iil)cr  dan  Vorkoinin<ni 

der 

phoTiolithisrhcTi  (rcsleine 

in  dor  Ei  fei 
nachttvnnDerhcns  Karte. 


186 

von  {lurchschnittlich  400  m^)  Höhe.  Die  Abhänge  nach  den 
engen,  von  Bächen  dnrchflossenen  Thälern  sind  oft  steil  und  zei- 
gen das  in  schroffen  Felspartien  entblösste  Grundgebirge. 

Der  höchste  Punkt  der  ganzen  Gegend  ist  die  Wasserscheide 
zwischen  Brohl-,  Vinxt-,  Nette-  und  Kesselingerbach  (letzterer  ein 
Zufluss  der  Ahr),  westlich  von  Schelborn  mit  587,95m  über 
Meereshöhe.  Von  hier  aus  findet  eine  bedeutende  Abflachung 
nach  Norden,  der  Ahr  zu,  statt  (Höhe  der  Wasserscheide  zwi- 
schen Yinxtbach  und  Ahr  384.28  m).  Die  tiefsten  Punkte  liegen 
in  den  Thälern  der  Brohlzuflüsse  mit  259,87  m  bei  Niederdürren- 
bach  und  231,61  m  bei  Oberzissen  —  ein  Höhenunterschied  von 
328,08  bezw.   356.34  m  gegen  den  Schelborner  Rücken. 

Ein  scharf  ausgeprägter  Unterschied  besteht  zwischen  dem 
nördlichen  und  südlichen  Theile  unseres  Gebiets.  Während  im 
crsteren  im  Allgemeinen  nur  eine  dünne  Ackerkrume^),  die  oft 
das  Grundgebirge  zu  Tage  treten  lässt.  die  alten  Sedimentär- 
schichten bedeckt,  überlagern  den  südlichen  mächtige,  den  jüng- 
sten geologischen  Perioden  angehörend(!  Tutfmassen. 

In  diesem  eben  flüchtig  skizzirten  Gebiete  bilden  die  Leuci- 
tophyre  eine  Reihe  der  Hauptsache  nach  in  zwei  Gruppen  angeord- 
neter Kuppen,  Kegel,  Rücken  und  kleinerer  Felspartieen  (Gänge?), 
welche  annähernd  au  der  oben  erwähnten,  nahezu  senkrecht  zu 
dem  allgemeinen  Streichen  des  Devons  stehenden ,  grösseren 
Ellipsenaxe  liegen.  Auffallend  ist  der  Parallelismus  letzterer  zu 
der  Streichungslinie  der  Vordereifler  Vulkane  vom  Goldberg  bei 
Ormont  bis  Bertricli  einerseits .  andererseits  zu  dem  Spalten- 
system, welches  nach  Kayser^)  den  östlichen  Abhang  des  Hunds- 
rücks  (am  Kühkopf),  nach  neueren,  noch  nicht  veröffentlichten 
Forschungen  Ed.  Holzapfel' s'')  auch  den  Westtaunus  durchsetzt. 
Da,  soweit  bisher  bekannt  geworden  ist,  das  linksrheinische 
Schicfergebirge  einen  dem  Westerwalde  und  Taunus  analogen 
Bau  zeigt,  so  liegt  die  Vermuthung  nahe,  dass  in  beiden  Ge- 
bieten des  Laacher  Sees  und  der  Vordereifel  die  eruptiven  Massen 
auf  schon  vorhandenen  alten  Spalten  des  Devons  emporgedrun- 
gen sind. 


^)  Sämmtliche  Höhenangaben  sind  von  v.  Dechen's  Erläuterungen 
unter  ümwaiullung  der  Pariser  P^iss  in  Meter  entnommen. 

°)  Abgesehen  von  dem  kleinen  Braunkohlen -Vorkommen  am  Per- 
lerhof und  den  Tuifinseln,  die  wohl  als  Ueberreste  einer  durch  Denu- 
dation vernichteten,  umfangreicheren  Tuffbedeckung  zu  betrachten  sind. 

*)  Jahrb.  d.  pr.  geol.  Landesanst.  für  188,5,  Bd.  LX. 

*)  Nach  einer  gütigen  mündlichen  Mittheilung  des  Herrn  Prof. 
Holzapfel  fliesst  der  Rhein  zwischen  Braubach  und  Coblenz  in  einem 
diesem  Systeme  angehörenden  Spaltenthale. 


187 


Die  Vertheiluiig  der  Ltuicitopliyre  auf  der  Streichungslinic 
ist  folgende:  an  ihrem  nördlichen  Endpunkte  liegt  das  kleine 
Vorkommen  von  Ramersbach,  ungefähr  in  ihrer  Mitte  die  grösstc 
Gruppe  bei  WoUschcid  und  Engeln,  an  ihrem  südlichen  Endpunkte 
treten  die  Riedener  Vorkommen  auf. 

a.     Das  Ramersbacher  Vorkommen^)   [1]. 

Auf  der  Wasserscheide  zwischen  Vinxtbach  und  Ahr,  nord- 
östlich des  Kreuzungspunktes  der  Wege  Ramersbach -Vinxt  und 
Blasweiler  -  Lühndorf.  besteht  eine  flache,  wenig  hervortretende 
Kuppe  aus  Leucitophyr,  auf  deren  Abhängen  sich  Trümmer  von 
dem  plattenförraig  abgesonderten,  stark  verwitterten  Gesteine  zu- 
sammen mit  solchen  von  rothgebranntem  Schiefer  finden.  An  der 
Südseite  liegt  ein  kleiner,  verlassener  Schürf.  In  unmittelbarer 
Nähe,  östlich  des  Leutocitophyrs,  steht  an  zwei  Punkten  Pla- 
gioklasbasalt^)  an,  desgleichen  etwa  400  m  nordöstlich  auf  dem- 
selben Rücken.  An  letzterem  Punkte  bildet  er  eine  sehr  kleine 
Kuppe  von  etwa  5  m  Höhe.  Zwischen  Basalt  und  Leucitophyr 
ist  ein  Contact  nicht  zu  beobachten. 

b.     Gruppe  Wollscheid-Engeln. 
Zu  dieser  Gruppe  gehören  die  Vorkommen  von 

1.  Olbrück^)   [2]. 

2.  Perlerkopf ^)   [3]. 


1)  V.  Decken.  Laachersee,  p.  1,  2,  11,  199,  230.  In  diesem 
Theile  der  Arbeit  führe  ich  nur  die  geognostischen  Verhältnisse  be- 
treffende Angaben  auf;  solche  mineralogischen  oder  petrographischen 
Inhalts  finden  weiter  unten  ihre  Berücksichtigung. 

^)  Mikroskopische  Einzellieiten,  siehe  Anhang. 

^)  V.  Oeynhausen,  Erläuterungen,  p.  47.  —  Steininger,  Eifel, 
p.  103.  —  VOM  Rath,  Diese  Zeitschr. ,  XII,  p.  29.  —  v.  Decken, 
Laachersee,  p.  209  ff.,  und  Erlänt.,  1,  p.  73;  2,  p.  820. 

*)  V.  Oeynhausen,  Erläut.,  p.  18.  —  Steininger,  Eifel,  p.  103. 
V.  Decken,  Laachersee,  \).  215  ff.,  und  Erläut  1,  p.  57. 

Bei  der  Beschreibung  des  Profils  in  der  südlichen  Einfahrt  des 
Steinbruchs  (Laachersee,  p.  220)  sagt  v.  Decken:  „In  der  Sohle  der 
Einfahrt  liegt  die  scharfe  Grenze  zwisclien  dem  Tuff  und  dem  festen 
Gestein  den  Schichten  parallel,  aber  in  der  Höhe  von  10  bis  15  Fuss 
über  der  Sohle  legt  sich  diese  Grenze  bogenförmig  flacher,  sodass  die 
unregelmässig  abgesonderten  Pfeiler  des  festen  Gesteins  auf  den  Schich- 
tenköpfen des  Tuffs  aufruhen." 

Der  Nachsatz  muss  heissen:  „sodass  die  Tuffe  auf  den  Schichten- 
köpfen der  unregelmässig  abgesonderten  Pfeifer  des  festen  Gesteins 
aufruhen."  — 

Ein  ideales  Profil  durch  den  Perlerkopf  giebt  Dressel:  Geogn.- 
geolog.  Skizze  der  Laacher  Vulkangegend.     Münster,  1871,  p.  36. 


188 

3.  Nordabhang  des  Stevelskopfes  ^)    [4]. 

Auf  der  von  Oeynhausen' sehen  Karte  sind  bei  Hei- 
lingshof  zwei  Vorkommen  von  Leucitophyr  angegeben.  Trotz 
längeren  Suchens  habe  ich  an  der  nördlich  vom  Rabenköpfchen 
gelegenen,  als  Leucitophyr  aufgeführten  kleinen  Kuppe,  möglicher- 
vyeise  in  Folge  der  sehr  dichten  Bewachsung,  keinen  Aufschluss 
finden  können.  Die  umherliegenden  Blöcke  schienen  mir  nicht 
beweisend,  da  sie  ebenso  gut  aus  den  Tuffen  des  Rabenköpfchens 
herstammen  konnten. 

Die  Verbreitung  der  hellen  Tuffe  bei  Heilingshof  ist  eine 
grössere  als  sie  auf  den  Karten  v.  Obynkausens  und  v.  Decken' s 
angegeben  wird.  So  besteht  nördlich  des  Gehöfts  der  nach  Osten 
zu  in  eine  kleine  Kuppe  auslaufende,  als  Devon  bezeichnete 
Rücken  in  seinem  westlichen  Theile  aus  Tuffen,  die  entgegen- 
gesetzt zu  den  Schiefern  nach  Norden  einfallen.  Ferner  stehen 
ähnliche,  sehr  grosse  Leucitophyrblöcke  enthaltende  Tuffe,  deren 
Schichten  in  den  Berg  fallen,  am  nordöstlichen  Abhänge  des 
Stevelskopfs  an.  Beide  Vorkommen  sind  durch  Schürfe  aufge- 
schlossen. 

4.  Engelerkopf^)   |5]. 

5.  Schillköpfchen 2)    [6|. 

6.  Schillkopf^)  [7], 

7.  Lehrberg  2)   [8]. 

Das  am  Südabhange  des  Perlerkopfs  liegende  Vorkommen 
der  Hannebacher  Ley^)  ist  in  Folge  des  gänzlichen  Fehlens  des 
Sanidins  im  Gestein  nicht  den  Leucitophyren ,  sondern  den  Ne- 
pheliniten  zuzurechnen. 

c.    Die  Riedener  Vorkommen. 

In  die  grosse,  ein  Hochplateau  bildende  Leucittuff-Partie  in 
dem  südlichen  Abschnitte  unseres  Gebiets  ist  das  von  drei  Seiten 
(0,  S  undW^)  von  dem  „ Gänsehals'-  genannten  Ringwall  umschlossene 
Kesselthal  von  Rieden  etwa  150  m  tief  eingeschnitten.  Im  Nor- 
den lagert  sich  der  breite,  langgezogene  Bergrücken  der  Höhe 
vor,  dessen  südlicher  Abhang  in  seinem  westlichen  Theile  Seiberg, 
im  östlichen,    etwas  vorspringenden,    die  Hardt  heisst.     Von  der 


')  V.  Oevnhausen,  Erläuterungen,  p.  47.  —  Steininger,  Eifel, 
p.  103.  —  V.  Decken,  Laachersee,  p.  202  ff.  —  vom  Rath,  diese  Zeit- 
schrift, XIV,  p.  656. 

*)  v.  Oeynhausen,  Erläut.,  p.  47.  —  Steininger,  Eifel,  p.  103. 
—  V.  Decken,  Laachersee,  p.  202  ff.  —  VOM  Ratk.  diese  Zeitschr., 
XIV,  p.  6.56. 

^)  Siehe  Anhang. 


189 


östlichen  Seite  des  Ringwalls  ziehen  sich  zwei  aus  Tuifen  beste- 
hende Rücken  nach  der  Mitte  des  Thals  zu:  der  nördliche,  viel 
breitere  ist  der  Schorenberg,  der  südliche  ist  durch  einen  schmalen 
Sattel  mit  dem  kegelförmigen,  sich  etwa  90  m  über  die  Thalsohle 
erhebenden  Burgberg  verbunden. 

In  dem  Thale  von  Rieden  stehen  Leucitophyre  an  folgenden 
Stellen  an: 

1.  Burgberg  1)   [9]. 

2.  Südabhang  des  Schorenbergs  ^)   |10J. 

VON  Decken  erwähnt  noch  eine  Localität  am  Schoren- 
berg, Taufskopf  oder  Königsthal  •'^).  Es  ist  nicht  recht  ersichtlich, 
ob  er  anstehendes  Gestein  meint.  Königsthal  ist  die  enge,  vom 
Gänsehals  südlich  des  Schorenbergs  sich  nach  dem  Fusse  des 
Burgbergs  herunterziehende  Schlucht,  Taufskopf  die  nördlich  von 
ihrem  Ausgange  liegende  Anhöhe.  An  beiden  Stellen  habe  ich 
nur  zahlreiche  Trümmer,  kein  anstehendes  Gestein  gefunden. 

3.  an  der  Hardt  an  zwei  etwa  150  Schritt  von  einander 
entfernten  Punkten,  unmittelbar  am  Feldwege  von  Rieden  nach 
der  Hardt -1)   [11]. 

Der  seit  etwa  zwei  Jahren  eröfi'nete  Steinbruchbetrieb 
hat  die  beiden  Punkte  weiter  aufgeschlossen.  Es  ist  jedoch  zur 
Zeit  noch  nicht  möglich,  ein  entscheidendes  Urtheil  darüber  zu 
gewinnen,  ob  es  sich  hier  um  ein  gangförmiges  Vorkommen  im 
Tuff,  wie  V.  Dechen  anzunehmen  geneigt  ist,  handelt,  oder  ob 
grössere,  ältere  Gesteinsmassen  vorliegen,  die  durch  Denudation 
von  einer  jüngeren,  überlagernden  Tuffdecke  theilweise  entblösst 
worden  sind.  Unzweifelhaft  ist  nur,  dass  die  Felsmassen  weit 
bedeutendere  sind,  als  sie  v.  Decken  und  vom  Ratk  nach  den 
damaligen  Aufschlüssen   angeben. 

4.  als  Gang  (?)   am  Abhang  des   Sclbergs^)   [12]. 

5.  an  dem  alten  Wege  von  Rieden  nach  Obermendig,  öst- 
lich vom  Nudcnthal*^)    [13]. 


1)  V.  Oeynhausen,  Erläut.,  p.  47.    —    Steininger,  Eifel,  p.  J02. 

—  V.  Decken,    Laachersee,    p.  141.    —    vom  Rath,    diese  Zeitschr., 
XYI,  p.  102. 

-)  V.  Oeynhausen,  Erl.,  p.  47.  —  Steininger,  Eifel,  p.  103.  — 
V.  Decken,  Laachersee,  p.  142.  —  vom  Rath,  diese  Zeitschr.,  XVI, 
p.  99. 

^)  V.  Decken,  Laachersee,  p.  142. 

*)  V.  Decken,  Laachersee,  p.  144.  —  vom  Ratk,  diese  Zeitschr., 
XVI,  p.  90. 

*)  V.  Decken,  Laachersee,  p.  141.  —  vom  Ratk,  diese  Zeitschr., 
XVI,  p.  91. 

*)  V.  Oeynhausen,  Erl.,  p.  4(5.  —  v.  Decken,  Laachersee,  p.  141. 

—  VOM  Ratk,  diese  Zeitschr.,  XVI,  p.  103. 


190 


Leider  sind  an  diesen  beiden  Puidden  keine  neueren  Auf- 
schlüsse vorhanden,  welche  einen  Einblick  in  die  noch  unbekann- 
ten Lagerungsvcrliältnisse  dieser  Vorkommen  gestatteten. 

6.    an  dem  Wege  von  Rieden  nach  dem  Altenberg    [14]. 

Dieses  neue,  noch  nicht  beschriebene  Vorkommen  ver- 
dankt gleichfalls  seinen  Aufschluss  dem  Steinbruclibetrieb.  Es 
liegt  etwa  5  Minuten  von  Rieden  entfernt  an  dem  Wege 
nach  dem  Altenberg.  Hier  steht  eine  eigenthümliche ,  von  an- 
deren Stellen  des  Gebietes  noch  nicht  bekannt  gewordene  Leu- 
citophyr- Varietät  an.  Abgesehen  von  dem  Interesse,  welches  die 
mineralogisch  -  petrographischen  Abweichungen  erwecken .  sind  es 
vor  Allem  die  Absonderungsverliältnisse  des  Gesteins,  welche  die 
Aufmerksamkeit  auf  diesen  Aufschluss  lenken.  Während  im  All- 
gemeinen die  niederrheinischen  Leucitophyre  entweder  in  grosse, 
ungefüge,  rundliche  Blöcke  \)  oder  massige,  senkrechte  Pfeiler^) 
zerklüftet  sind,  treten  hier  dünne,  polygonale  Säulen  von  etwa 
20  cm  Durchmesser  auf.  die  mit  schwacher  Neigung  gegen  den 
Bergabhang  stehen  und  eine  fächerförmige  Structur  des  Gesteins- 
massivs vermuthen  lassen.  Oberhalb  des  Steinbruchs  finden,  sich 
am  Abhänge  viele  lose  Blöcke  der  Schorenberger  Varietät,  wäh- 
rend nach  dem  Gipfel  zu  unter  denselben  das  Hardter  Gestein 
vorherrscht. 

Ausser  diesen  anstehenden  Vorkommen  liegen  allenthalben 
auf  und  in  den  Tuffen  Auswürflinge  der  verschiedensten  Leuci- 
tophyr- Abarten.  Vom  Gesteine  der  Punkte  2,  H  und  4  erreichen 
dieselben  oft  die  Grösse  von  mehreren  Kubikmetern  und  tinden 
sich  zugleich  mit  Blöcken  devonischer  Grauwacke  überaus  reich- 
lich am  Seiberg  und  der  Roth,  einem  westlich  von  ersterem  an 
dem  Wege  nach  Volkesfeld  gelegenen  Abhang.  Vom  Seiberg, 
von  welcher  Localität  diese  Varietät  zuerst  beschrieben  wurde, 
erhielt  sie  den  Namen  „Leucitophyr  vom  Selberg".  Da  jedoch 
hier  kein  Vorkommen  als  unzweifelhaft  anstehend  erkannt  worden 
ist,  so  möchte  ich  die  Bezeichnung  „Leucitophyr  von  der  Hardt", 
an  welcher  Stelle  diese  Abart  an  zwei  Punkten  anstehend  auf- 
tritt, in  Vorschlag  bringen  und  habe  dieselbe  im  weiteren  Ver- 
folg dieser  Arbeit  stets  angewendet.  Eine  weitere,  mineralogisch 
von  allen  anstehenden  Gesteinen  abweichende  Varietät  findet  sich 
in  Auswürflingen  im  Königsthal  ^)  und  auf  den  Feldern  zwischen 
Rieden  und  Laach. 


^)  Steinbruch  am  nördlichen  Ausgang  von  Kenipenich,  Abhang  des 
Engelerkopfs. 

*)  Steinbruch  im  Perlcrkopf. 

^)  Siehe  die  Bemerkung  zu  dem  A'orkomnien  vom  Schorenberg. 


191 

2.    Die  mineralogische  Zusammensetzung  der  Leucitophyre. 

Die  einzelnen  Diagnosen  der  Mineralien  beruhen  nicht  nur 
auf  dem  optischen,  sondern  auch  dem  chemischen  Verhalten.  In 
allen  Fällen,  wo  die  optischen  Eigenschaften  Zweifel  Hessen, 
wurden  mikrochemische  Reactionen  angewandt.  Da  ich  jedoch 
die  Kenntniss  der  Methoden  voraussetzen  zu  können  glaube,  habe 
ich  es  unterlassen,  dieselben  in  jedem  einzelnen  Falle  anzuführen, 
und  dieses  nur  dort  gethan,  wo  es  einer  besonderen  Begründung 
meiner  Deutung  bedurfte. 

Zu  den  die  Gesteine  als  Leucitophyre  (im  Sinne  Rosen- 
busch's)  charakterisirenden  Gemengtheilen  Sanidin,  Leucit  und 
Nephelin  gesellt  sich  als  ständiger  Begleiter  ein  kalkhaltiger 
Xosean.  Die  Menge  des  stets  vorhandenen  Augits  schwankt  sehr 
stark.  Während  er  in  einzelnen  Vorkommen  (Hardt,  Perlerkopf) 
reichlich  auftritt,  spielt  er  vorzüglich  in  den  melanitfreien  Ge- 
steinen eine  untergeordnete  Rolle.  Von  Uebergemengtheilen  ist 
in  erster  Linie  der  Melanit  zu  nennen,  der  für  die  eine  Gruppe 
bezeichnend  ist.  —  ferner  ein  dunkler  Glimmer,  Titanit.  Apatit. 
Magnetit,  im  Olbrücker  Gestein  nach  Chrustschofp  Zirkon  und 
Spinell.  Hornblende  wird  von  einzelnen  Autoren  in  den  Vor- 
kommen des  Perlerkopfs,  des  Schillkopfs  und  der  Hardt  (Seiberg) 
erwähnt.  Soweit  meine  Untersuchungen  reichen,  liegt  überall  eine 
Verwechslung  mit  Augit  vor.  Es  scheint,  als  ob  jenes  Mineral 
in  den  niederrheinischen  Leucitophyren  fehlt.  —  Die  Sanidine 
treten  sowohl  in  Gestalt  von  Einsprenglingen,  als  auch  in  der 
Grundmasse  auf.  Die  wasserhellen  Einsprenglinge  erreichen 
manchmal  bedeutende  Dimensionen.  (An  der  Hardt  fand  ich  einen 
Krystall  von  5  cm  Länge).  Die  Ausbildungsweise  ist  entweder 
leistenförmig  nach  der  Axe  a,  oder  tafelförmig  nach  der  Svmmetrie- 
ebene.  Letzterer  Typus  ist  besonders  schön  an  den  winzigen 
Kryställchen  in  den  Poren  des  Perlerkopfgesteins  ausgebildet  (nach 
VOM  Rath  ooP  (110),  ooPa  (130),  ooPoD  (010).  OP  (001), 
2P^  (201).  P  (111)^).  Zwillingsbildungen  scheinen  bei  den 
grösseren  Individuen  selten  zu  sein;  die  mikroskopischen  Ein- 
sprenglinge zeigen  fast  durchweg  Karlsbader,  seltener  ßavenoer 
Zwillinge.  Ausser  den  Spaltbarkeiten  nach  OP  (001)  und  qcPqo 
(010)  tritt  eine  ausgesprochene  Absonderung  nach  der  Querfläche 
ooPqö  (100)  auf,  nach  welcher  die  Krystalle  sehr  leicht  zer- 
bröckeln. Die  optischen  Eigenschaften  mehrerer  Vorkommen 
(Burgberg.  Seiberg.  Olbrück)  hat  Weiss  ^)  genauer  studirt.  Nach 
seinen  Beobachtungen  ist  die  Lage  der  Ebene  der  optischen  Axen 


1)  Dipse  Zeitschr.  XIV,  p.  668. 

^)  Beiträge  zur  Feldspathbilduiig  etc.     Haarlem,  1866,  p.  7ü  u.  f. 


192 


keine  constante.  so  wechselt  sie  z.  B.  in  den  Krystallen  vom 
Seiberg.  Rosenbusch  ^)  fand  die  Lage  der  Axenebene  in  den  von 
ihm  untersuchten  Stücken  senkrecht  zu  xPoc  (010).  Die  von 
mir  an  Spaltblättchen  der  Hardter  Krystalle  gemessene  Auslöschungs- 
schiefe betrug  im  Mittel  6  ^.  Zonare  Bildung  tritt  selten  auf. 
Die  Mikrostructur  der  Sanidin-Einsprenglinge  ist  eine  ziemlich  gleich- 
massige.  Schwärme  von  rundlichen  Gasbläschen  durchziehen  in 
langen  Reihen  die  Krystalle.  Ferner  kommen  langgezogene,  den 
Spaltrichtungen  parallel  angeordnete  Poren  vor;  endlich  sind  auch 
Glaskörner  mit  fest  stehender  Luftblase  nicht  selten.  Flüssigkeits- 
einschlüsse mit  beweglicher  Libelle,  wie  sie  von  Zirkel  beobachtet 
wurden,  habe  ich  weder  im  Sanidin  noch  in  den  übrigen  Gemeng- 
theilen  finden  können.  An  Einschlüssen  älterer  Gemengtheile  sind 
vor  Allem  die  Sanidine  der  Melanit  führenden  Varietäten  reich. 
In  dem  Gesteine  der  Hardt  beschränken  sich  dieselben  vornehm- 
lich auf  die  Ränder,  während  in  dem  Perlerkopf-  und  Rieden- 
Altenberg  -  Vorkommen  die  einzelnen  Individuen  vollständig  von 
fremden  Kryställchen  und  Körnern  durchspickt  erscheinen,  sodass 
bei  zurücktretender  Grundmasse  die  meist  nach  dem  Karlsbader 
Gesetz  verwachsenen  Krystalle  von  etwa  7?  bis  1  mm  Grösse 
gleichsam  den  Kitt  bilden,  in  dem  die  übrigen  Gemengtheile  ein- 
gebettet sind.  Mit  blossem  Auge  schon  ist  die  überaus  häufige 
Einwachsung  von  Nosean  zu  beobachten.  Die  oft  fiuidal  ange- 
ordneten, meist  verzwillingten ,  leistenförmigen  Sanidinmikrolithe 
der  Grundmasse  sinken  manchmal  in  ihren  Dimensionen  zu 
äusserster  Feinheit  herab.     (Rieden-Nudenthal). 

Der  Leucit.  dessen  Mikrostructur  ebenso  wie  die  des 
Nephelins  und  Noseans  zuerst  durch  Zirkel"  s  mühsame  Unter- 
suchungen bekannt  geworden  ist,  erreicht  bis  6  mm  Grösse  (nach 
VOM  Rath  an  der  Hardt).  Er  ist  meist  als  Einsprengling  vor- 
handen und  betheiligt  sich  nur  sehr  zurücktretend  an  der  Zu- 
sammensetzung der  Grundmasse.  Ausser  den  schon  bekannten, 
oft  zonar  gelagerten  Einschlüssen  von  Glasbläschen,  Glaskörnern 
und  Augitmikrolithen,  ferner  von  Nephelin,  Nosean.  Augit,  Titanit, 
Melanit,  Apatit  und  Magnetit  fand  ich  Glimmer  (Auswürfling  von 
Obermendig)  und  Sanidin  (Hardt).  Rosenbusch-)  hebt  ausdrück- 
lich hervor,  dass  letzterer  niemals  als  Einschluss  im  Leucit  vor- 
käme. Der  betreffende  Sanidin  ist  eine  verzwillingte  Leiste  von 
0,11  mm  Länge  und  0,02  mm  Breite,  die  am  Rande  einen  zwischen 
gekreuzten  Nicols  sehr  schön  gestreift  erscheinenden  Leucite  ein- 
gelagert ist.    Das  Auftreten  dieser  mannigfaltigen  Einschlüsse  ist 


')  Massige  Gesteine,  2.  Autl.,  p.  609. 
*)  Ebenda,  p.  614. 


193 


bezüglich  der  Menge  in  den  Leuciten  der  einzelnen  Vorkommen 
ein  verschiedenartiges.  Sehr  einschlussreich  an  Augitnädelchen, 
die  dann,  nach  Zirkel's  Vergleich,  den  Leuciten  im  Dünnschliff 
das  Ansehen  eines  durclischnittenen  Knäuels  geben,  sind  sie  in 
den  Gesteinen  vom  Perlerkopf  und  Rieden-Altenberg,  an  Kryställ- 
chen  der  übrigen  Gemengtheile  die  Leucite  der  Vorkommen  vom 
Schorenberg  und  der  Hardt.  Schöne  Glaseinschlüsse  finden  sich 
in  den  Leuciten  des  zuletzt  erwähnten  Gesteins  und  denen  von 
Rieden-Nudenthal.  Durch  verhältnissmässig  einschlussfreie  Leucite 
zeichnen  sich  aus:  Burgberg.  Schillkopf,  Schillköpfchen,  auch 
Olbrück. 

Um  die  Leucite  mancher  Vorkommen  legen  sich  die  bekannten, 
oft  beschriebenen  Kränze  von  Auyitraikrolithen,  besonders  schön 
im  Olbrück- ')  und  Engelerkopfgestein  und  erzeugen  dadurch  ein 
Gefüge,  für  welches  Rosenbusch  -)  die  Bezeichnung  Ocellar-Structur 
vorgeschlagen  hat. 

Dieselbe  Erscheinung  erhielten  FouQuii  und  Michel-Levy^) 
in  ihrem  künstlich  dargestellten  Leucitit. 

[Analyse  des  Leucits  aus  einem  Blocke  vom  Seiberg  in  dies. 
Zeitschr.  Bd.    16,  p.   92   (Bischof)j. 

Derjenige  Gemengtheil,  welcher  quantitativ  am  gleichmässig- 
sten  in  allen  Vorkommen  auftritt,  ist  der  Nephelin.  Da  er  durch- 
schnittlich nur  ü,l  mm,  selten  bis  Ü,2  mm  (Ramersbach)  lange, 
gedrungene  Säulchen  bildet,  so  ist  er  mit  blossem  Auge  nirgends 
erkennbar.  Die  Einsprenglinge  weichen  in  Bezug  auf  Krystall- 
fonn,  Spaltbarkeit  und  Mikrostructur  nicht  von  den  Nephelinen 
anderer  Phonolithe  ab,  sodass  ich  von  einer  weiteren  Schilderung 
füglich  absehen  kann.  Augitische  Kranzbildungen  sind  ebenso  ver- 
breitet wie  beim  Leucit. 

Die  Nepheline  der  Grundmasse  sinken  in  den  meisten  Vor- 
kommen (besonders  Burgberg,  Rieden-Nudenthal)  zu  unendlich 
winzigen  Grössenverhältnissen  herab.  Nur  bei  Anwendung  stärkster 
Vergrösserung  und  durcii  Senken  des  Polarisators  erzeugten  diver- 
genten Lichts  ist  ein  Erkenneji  der  überall  scharf  begrenzten 
Formen  möglich. 

Als  bei  Weitem  häufigster,  mit  unbewaffnetem  Auge  sicht- 
barer Einsprengung  tritt  der  Nosean  auf.  Vom  Rath  (diese 
Zeitschr.  XVI..  p.  81)  hat  in  ausführlichster  Weise  eine  Beschrei- 
bung seiner  makroskopischen  Eigenschaften  gegeben,  auf  die  ich 
hier  verweise.     Die   mikroskopischen  Kryställchen  sind  besonders 


')  Cohen,  Mikrophotographien,  t.  XI,  f.  3. 
-)  Massige  Gesteine,  2.  Aufl.,  p.  ()25. 
*)  Synthese  des  Mineraux,  p.  64. 


194 

schön  als  Einschlüsse  in  jüngeren  Gemengtheilen  erhalten  und 
haben  als  solche  oft  eine  sehr  geringe  Grösse.  Als  Grundmassen- 
gemengtheil  habe  ich  den  Nosean  nicht  beobachtet.  Seine  be- 
kannte Milirostructur  ^)  ist  in  mannigfaltigster  Weise  entwickelt. 
Während  vorwiegend  in  den  augitarmen  Varietäten  der  Reichthum 
von  Einschlüssen  ein  kleinerer  zu  sein  scheint,  verdichten  sich 
manchmal  in  den  Gesteinen  vom  Perlerkopf  und  der  Hardt  u.  a. 
die  bei  eintretender  Verwitterung  sich  roth  färbenden  Strich- 
systeme ^)  so  stark,  dass  die  Durchschnitte  kaum  mehr  lichtdurch- 
lässig sind.  Die  anfangs  vermuthete,  chemische  Verschiedenheit 
der  an  Einschlüssen  reichen  und  armen  Noseane  Hess  sich  auf 
mikrochemischem  Wege  nicht  nachweisen. 

An  Einschlüssen  fremder  Minerale  sind  die  Noseane  meist 
arm.  Im  Hardt  er  Gestein  treten  jedoch  öfters  grosse  Individuen 
auf.  welche  Krystalle  von  Apatit.  Melanit.  Titanit,  Augit  und 
Nephelin  zahlreich  beherbergen.  Leucit  ist  von  mir  nur  einmal 
als  Einschluss  beobachtet  worden^)  (Riedener  Auswürfling).  Die 
Noseane  verfallen  von  allen  Gemengtheilen  der  Leucitophyre  am 
leichtesten  der  Zersetzung,  die  unter  sehr  reichlicher  Ausschei- 
dung von  Kalkspath  in  trübe,  von  Eisenoxyden  gefärbte  Massen 
erfolgt.  Mit  blossem  Auge  ist  an  den  Gesteinen  die  von  den 
Nosean-Einsprenglingen  ausgehende  Verwitterung  an  hellen,  sie 
umgebenden  Höfen  zu  erkennen,  die  den  ersteren  ein  geflecktes 
Aussehen  geben. 

[Analyse  des  Noseans  von  der  Hardt.  dies.  Zeitschr.  Bd.  16, 
p.   83   (vom  Rath)]. 

Als  ständiger,  aber  in  seinem  Mengenverhältniss  stark  wechseln- 
der Gemengtheil  tritt,  wie  schon  oben  erwähnt  wurde.  Augit  in 
die  Zusammensetzung  der  Leucitophyre  ein.  Seine  Ausbildungs- 
form ist  eine  zweifache:  eine  ältere,  dem  gemeinen  Augit  ähnliche 
und  eine  jüngere,  saftgrüne,  die  theils  als  Rinde  die  Krystalle 
erster  Generation  umgiebt,  theils  als  kleinere  Krystalle,  als  Lappen 
oder  nadeiförmige  IVIikrolithe  in  der  Grundmasse  vorhanden  ist. 
Eingehender  haben  sich  mit  dem  Augite  des  Hardter  (Selberger) 
Vorkommens,  vorzüglich  mit  seiner  chemischen  Zusammensetzung, 
A.  Merian"*)  und  P.  Mann^)  beschäftigt.  Meriax's  Material 
stammt   von  dem  als  Gang  (?)  bezeichneten  Vorkommen   am  Sel- 


')  Cohen,  Mikrophot.,  t.  LVII,  f.  8. 

*)  vergl.  Zirkel,  Poggend.  Annal.  p.  131,  319. 

*)  VOM  Rath  erwähnt  schon  diese  Erscheinung  (diese  Zeitschr.  XVI, 
p.  105),  während  Zirkel  sagt,  dass  niemals  kleine  Leucite  in  Nosean- 
krystallen  beobachtet  wurden  (diese  Zeitschr.  XX,  p.  1'29). 

*)  Neues  Jahrb.  Beil.-Bd.  III,  p.  274. 

")  Neues  Jahrb.,  1884,  2,  p.  197. 


195 


berg;  P.  Mann  hat  angeblich  den  Augit  des  Burgberger  Leucito- 
phyrs  untersuclit,  in  Wahrheit  jedoch  in  Folge  einer  Verwechslung 
des  Materials  gleichfalls  von  der  Hardt  oder  dem  Seiberg  her- 
rührendes Gestein,  wie  weiter  unten  gezeigt  werden  wird,  benutzt. 
Merian  enthält  sich  einer  näheren  Charakteristik  des  Selberger 
Gesteins,  aus  dem  die  von  ihm  untersuchten  Augite  stammen,  da, 
wie  er  sagt,  schon  Zirkel  dieselbe  in  seinem  Aufsatz  über  den 
Leucit^)  gegeben  hätte.  In  dieser  letzteren  Arbeit  ist  jedoch 
nirgends  von  dem  Selberger  Gestein  die  Rede.  Durch  ein  eigen- 
thümliches  Spiel  des  Zufalls  behält  Merian  jedoch  mit  seiner  Behaup- 
tung Recht.  Bei  einem  sorgfältigen  Vergleich  der  ZiRKEi/schen 
Beschreibung  des  Burgberger  Gesteins  mit  aus  authentischem 
Material  angefertigten  Dünnschliffen  stellten  sich  sehr  weitgehende 
Differenzen  heraus.  Erstere  passte  in  keiner  Weise  zu  den  von 
mir  gemachten  Beobachtungen.  So  spricht  Zirkel  von  grösseren 
Krystallen  von  Nosean,  Sanidin,  Augit,  Leucit,  welche  letztere 
^weniger  zahlreich"  als  im  Sohorenberger  und  Olbrücker  Gestein 
auftreten,  aber  niemals  eigentlich  ,.zu  mikroskopischer  Kleinheit" 
herabsiiiken  sollen.  In  meinen  Schliffen  ist  das  Burgberger  Ge- 
stein sehr  arm  an  Einsprenglingen.  grössere  makroskopische 
fehlen  überhaupt  in  den  Handstücken,  die  zahlreichen  mikro- 
skopischen erreichen  höchstens  etwa  0.2  bis  U,3  mm  Grösse. 
Die  Grundmasse  soll  nach  Zirkel  sehr  deutlich  im  polarisirten 
Lichte  in  ihre  einzelnen  Elemente  zerfallen;  nach  meinen  Beob- 
achtungen ist  sie  nur  mit  stärkster  Vergrösserung  auflösbar.  Nach 
Zirkel  enthält  das  Gestein  grössere,  schön  ausgebildete  Apatit- 
krystalle^),  mir  gelang  es  trotz  längeren  Suchens  nicht  ein 
Körnchen  davon  zu  finden  "^j  u.  n.  A.  m. 

Meine  Verrauthung,  dass  hier  eine  Verwechslung  mit  dem 
Hardter  Gesteine,  auf  das  die  Beschreibung  sehr  gut  passt,  vor- 
läge, wurde  durch  das  Studium  eines  mir  gütigst  von  Herrn  Ge- 
heimrath  Zirkel  überlassenen,  die  Bezeichnung  „Burgberg"  tragen- 
den Dünnschliffs  zur  Gewissheit. 

Augenscheinlich  hat  nun  P.  Mann,  der  seine  Arbeit  auf 
Anregung  des  Herrn  Geheiraraths  Zirkel  unternommen  hat.  das- 
selbe Material  verwendet.  Aus  den  MANN'schen  Ausführungen 
scheint  mir  für  das  Hardter  Gestein  vor  allen  Dingen  die  Er- 
wähnung des  sehr  bezeichnenden  Zusammenvorkommens  von  Augit, 


>)  Diese  Zoitschr.,  XX,  131. 

*)  Diese  Zeitschr.,  XX.  135.  Die  im  letzten  Absätze  sehr  genau 
beschriebenen,  jedoch  in  ihrer  Natur  noch  nicht  erkannten,  Krystalle 
sind  später  als  Apatit  bestimmt  worden. 

*)  siehe  p.  4.5. 


196 


Titanit.  Melanit,  Magneteisen  bezw.  Titaneisen  und  Apatit  be- 
weisend zu  sein,  das  nur  noch  im  Perlerkopfgestein  und  dort  viel 
zurücktretender  vorhanden  ist. 

Das  Burgberger  Gestein  führt  überhaupt  kernen  Melanit, 
Augit  spärlich,  Titanit  sehr  selten,  Apatit  fehlt,  wie  eben  erwähnt, 
in  meinen  Dünnschlitfen  ganz,  obwohl  ich  in  Rücksicht  auf  sein 
Auftreten  in  sehr  verwandten  Gesteinen  (Schillkopf.  Schillköpf- 
chen, ülbrück  u.  A.)  dieses  Fehlen  nur  als  ein  zufälliges,  auf  die 
untersuchten  Schliffe  beschränktes,   annehmen  möchte. 

Soweit  ich  aus  der  genauen  Charakteristik  der  Augite,  welche 
gut  mit  den  Ergebnissen  meiner  Untersuchungen  übereinstimmt, 
schliessen  kann,   hat  Merian  authentisches  Material  benutzt. 

Die  Augit-Einsprenglinge ,  deren  Grösse  selten  wenige  Milli- 
meter überschreitet  (ausnahmsweise  erreichen  dieselben  an  der 
Hardt  2,5  cm),  sind  vielfach  tafelförmig  nach  der  Quei-fläche  ent- 
wickelt, nach  welcher  auch  wiederholte  Zwilliugsbildungen  öfters 
auftreten.  Die  beobachteten  Flächen  entsprechen  denen  des  basalti- 
schen Augits.  Unter  dem  Mikroskop  zeigen  die  meist  zonar  ge- 
bauten, grösseren  Individuen  (Hardt,  Perlerkopf)  hell  grüne,  oder 
nelkenbraune  Kerne,  die  oft  durch  eine  hellere  Zone  in  den  oben 
erwähnten,  saftgrünen  Mantel  übergehen.  Der  Pleochroisraus  der 
hell  grünen  Kerne  ist   ziemlich  kräftig,   für 

a  grünlich  graugelb, 

b  grün. 

C  bläulich  grün, 
derjenige  der  Ränder  ist  sehr  stark  und  bewegt  sich  in  gleichen 
Farbentönen.     Die  braunen  Kerne  sind  schwach  pleochroitisch. 

a  und  b  gelbgrau, 

c  violettgrau. 
Die  Auslöschungsschiefe  auf  der  Längsfläche  wurde  im  Maximum 
zu  43 "  gemessen.  (Nach  Mann  30 ",  nach  Merian  45 ").  Bei 
zonareni  Bau  ist  eine  deutliche  Abnahme  der  Schiefe  nach  dem 
Rande  zu  bemerkbar  (Für  diesen  letzteren  würde  die  von  Mann  ^) 
angegebene  Zahl  wohl  richtig  sein).  Durch  die  hierdurch  er- 
wiesene Zusammensetzung  der  einzelnen  Individuen  aus  Schaalen 
isomorpher  Verbindungen  mag  möglicherweise  die  in  manchen 
Punkten  bestehende  Abweichung  in  den  Resultaten  der  beiden 
eben  genaimten  Autoren  ihre  Erldärung  linden.  An  Einschlüssen 
beherbei'gen  die  Augite  der  Hardt   und  des  Perlerkopfs  zahlreich 


*)  In  Folge  der  irrigen  Bestimmung  der  Schiefe  seitens  Mann's 
müssen  die  von  ihm  auf  Grund  des  Vergleich  letzterer  mit  den  Re- 
sultaten der  chemischen  Analyse  gemachten  Schlussfolgerungen  für  die 
Augite  des  Hardter  Gesteins  wenigstens  als  unzutreffend  bezeichnet 
werden. 


197 


grössere  Glasmassen,  ferner  Kry stalle  von  Apatit,  Magnetit,  Melanit, 
Titanit,  Nephelin  und  Nosean.  an  der  Hardt  auch  Glimmer,  in 
den   übrigen   Vorkommen   sind   die  Krystalle   meist   einschlussfrei. 

In  der  Grundmasse  tritt  der  Augit.  wie  erwähnt,  vorwiegend 
in  kleinen,  saft-  bis  dunkel  grünen  Lappen  auf.  Scharfe  krystallo- 
graphische  Begrenzung  ist  selten.  In  Form  feiner,  nadeiförmiger 
Mikrolithe,  die  dann  auch  die  Einsprenglinge  durchdringen,  findet 
er  sich  in  den  Vorkommen  von  Kieden-Altenberg.  Lehrberg  und 
Ramersbach  besonders  gut  entwickelt.  Hier  scheint  die  Augit- 
ausscheidung  lange  Zeit  neben  der  Auskrystallisirung  der  übrigen 
Bestandtheile  vor  sich  gegangen  zu  sein.  Der  kranzförmigen  Um- 
lagerung  älterer  Gemengtheile  durch  Augitmiki'olithe  (Ocellar- 
Structur)  ist  schon  oben  gedacht  worden. 

Der  Melanit  ist  makroskopisch  im  Perlerkopfgestein  in  scharf 
ausgebildeten  Rhombendodekaedern  von  2  bis  3  mm  Grösse,  die 
oft  eine  gerade  Abstumpfung  der  Kanten  zeigen,  vorhanden.  Die- 
selben schälen  sich  vorzüglich  aus  dem  verwitterten  Gesteine,  das 
massenhaft  in  den  Tuffen  der  südlichen  Steinbrucheinfahrt  liegt, 
heraus. 

Mikroskopisch  sind  zwei  Ausbildungsweisen,  zwischen  denen 
Uebergänge  vorhanden  sind,  zu  unterscheiden:  in  scharfen,  fast 
durchweg  sehr  kleinen  Kryställchen  (Schorenberg,  Rieden-Alten- 
berg, Hardt,  Perlerkopf)  und  in  gerundeten,  stets  grösseren,  oft 
lappenförmig  entwickelten.  Körnern.  Die  Farbe  des  Melanits  ist 
eine  satt  braune;  die  Durchschnitte  sind  vollkommen  isotrop  und 
zeigen  nui"  manchmal  den  für  Melanit  gewöhnlicli  als  charakte- 
ristisch aufgeführten  zonaren  Aufbau  ^).  Als  Einschluss  wurde 
Apatit  beobachtet.     (Hardt,  Perlerkopf  j. 

Wie  sich  aus  den  weiter  unten  citirten  Analysen  ergiebt,  ist 
das  Auftreten  von  Melanit  in  den  niederrheinischen  Leucitophyren 
an  ein  gewisses  Vorwalten  der  Basen  gegenüber  der  Kieselsäure 
im  Gestein  gebunden^).  Sobald  von  vornherein  im  Gesteinsmagma 
der  Gehalt  an  letzterer  überwiegt,  oder  durch  Ausscheiden  der 
Gemengtheile  von  stark  basischer  Zusammensetzung  der  Schmelz- 
fluss  saurer  geworden  ist,  scheinen  nur  die  Bedingungen  für  die 
Bildung  des  Augits  gegeben  zu  sein.  Abgesehen  von  dem,  soweit  ich 
beobachtet  habe,  stets  jüngeren  Alter  des  letzteren  im  Vergleiche 
zu  dem  des  Melanits,  sprechen  vor  Allem  die  synthetischen  Ver- 
suche   von    FouQUE    und    Michel -Levy^)    für    obige    Annahme 


»)  Vergl.  Sauek  über  die  Melanite  der  Obei-wiesenthaler  Leucito 
phyre  und  Phonolithe.  Erl.  z.  geol.  Specialkarte  Sachsens.  Sect. 
Wiesenthal,  p.  58. 

')  Siehe  Anmerkung  3  zu  p.   199. 

*)  Synthese  des  mineraux,  p.  63,  64. 
Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  2.  14 


198 


Diese  beiden  Forscher  erhielten  beim  Zusammenschmelzen  von 
Augit  und  Nephelin  im  Verhältniss  von  1.3  :  3  ein  mikrolithisches 
Gemenge  der  beiden  Componenten,  während  bei  Verminderung  des 
Augits  bis  zum  Verhältniss  von  1  :  10  sich  schöne  Krystalle  von 
Nephelin,  Oktaeder  von  Spinell  und  isotrope  bräunliche  Melanit- 
dodekaeder ausschieden. 

Der  Glimmer  spielt  in  den  Leucitophyren  eine  geringe  Rolle; 
bis  auf  das  Gestein  des  Perlerkopfes  ist  er  zwar  überall,  aber 
in  sehr  unbedeutender  Menge  vertreten.  In  grösseren,  manchmal 
einige  Centimeter  messenden  Krystallen  findet  er  sich  im  Hardter 
Gestein  und  den  eigenthümlichen  Auswürflingen  des  Königsthals 
und  des  Weges  Laach-Rieden  ^).  Unter  dem  Mikroskop  zeigt  er 
sich  kräftig  pleochroitisch;  die  Richtung  der  stärksten  Absorption 
liegt  parallel  der  Spaltbarkeit.  Der  Axenwinkel  ist  klein,  aber 
deutlich  wahrnehmbar.  An  Einschlüssen  enthält  er  vielfach  sehr 
reichlich  ausgeschiedene,  opake  Körnchen,  die  manchmal  blätter- 
oder  streifenartig  angeordnet  sind.  Magmatische  Resorption  unter 
Umwandlung  in  Augit  bis  zum  völligen  Verschwinden  des  Glim- 
mers ist  nicht  selten. 

Die  Verbreitung  des  Titanits  ist  in  den  Gesteinen  eine  ver- 
schiedene. Sehr  reichlich  ist  er  im  Hardt-  und  Perlerkopfgestein 
vorhanden,  wo  er  gern  in  gut  ausgebildeten  Berührungszwillingen 
nach  OP  (001)  auftritt. 

Der  Apatit  findet  sich  weniger  in  langen,  quer  gegliederten 
Nadeln,  als  vorwiegend  in  kurzen,  säulenförmigen  Krystallen  und 
kleinen,  gerundeten  Körnern  von  bestäubtem  Aussehen.  Auffallend 
reichhch  betheiligt  er  sich  an  der  Zusammensetzung  des  Gesteins 
der  Hardt  und  des  Perlerkopfs,  in  denen  die  Individuen  oft  meh- 
rere Zehntel  Millimeter  Länge  messen. 

Der  Magnetit  ist  nur  in  wenigen  Körnern  vorhanden,  die 
selten  makroskopische  Grösse  erreichen;  eine  Ausnahme  bilden  die 
schon  öfters  erwähnten  -  Auswürflinge  des  Königsthals,  in  denen 
dieses  Mineral   einen   wesentlichen   Gesteinsgemengtheil   ausmacht. 

Die  Grundmasse  der  Leucitophyre  besteht  in  den  meisten 
Vorkommen  aus  Nephelin  und  Sanidin.  denen  sich  in  wechselnder 
Menge  Augit  und  Leucit  zugesellen.  Die  Ausbildung  derselben 
ist  vielfach  eine  ausserordentlich  feinkörnige  (wie  schon  erwähnt: 
Burgberg,  dann  Rieden-Nudenthal.  Schillkopf,  Schillköpfchen).  Bei 
stärkster  Vergrösserung  sieht  man  eine  wasserklare,  lichtgelbe 
Masse,  die  die  einzelnen,  meist  gut  begi-enzten  Kryställchen  in 
dünnster  Schicht  umhüllt.  Eine  Prüfung  auf  ihr  Verhalten  zwischen 
gekreuzten  Nicols   ist  bei   der  grossen  Lichtschwäche   des  Bildes 


^)  Vergl.  Anmerkung  3,  p.  189. 


199 


sehr  schwer  auszufüliren  und  ihr  Resultat  nur  zu  leicht  von  sub- 
jectiver  Auffassung  abhängig,  Soweit  ich  es  beurtheilen  konnte, 
war  diese  (rlasbasis  (?)  in  allen  Vorkommen  vorhanden  und  isotrop. 
Entglasungsproducte  habe  ich  nicht  beobachtet;  da  überall  in  den 
Gesteinen  durch  Verwitterung  staubförmige  opake  Körnchen  aus- 
geschieden sind,  so  ist  leicht  eine  Verwechslung  dieser  mit  globu- 
litischen  Bildungen  möglich.  Letztere  werden  von  Rosenbusch  ^) 
im  Olbrücker  Gestein  angegeben.  Als  besonders  Glas  führend 
werden  das  letztere  (ibid.)  und  das  Vorkommen  vom  Engeler- 
kopf genannt^). 

3.    Eintheilung  der  niederrheinischen  Leucitophyre. 

Die  Leucitophyre  unseres  Gebietes  gliedern  sich  in  zwei 
Hauptgruppen,  welche  sowohl  durch  ihre  chemische  Zusammen- 
setzung als  auch  ihre  petrographischen  Verhältnisse  deutlich  ge- 
schieden sind;  mineralogisch  thut  sich  dieser  Unterschied  durch 
einen  Gehalt  an  Melanit  kund,  welchen  letzteren  ich  deshalb  für 
die  niederrheinischen  Leucitophyre  classificatorisch  zu  verwenden 
vorschlage. 

Nach  diesem  Eintheilungsgi'unde  würden  zu  den  melanitfreien 
Leucitophyren  —  Gruppe  I  —  das  Vorkommen  von  Ramersbach, 
die  Gruppe  Wollscheid-Engeln  mit  Ausnahme  des  Perlerkopfs,  der 
Burgberg  und  das  Rieden-Nudenthalgestein,  zu  den  Melanit  führen- 
den —  Gruppe  II  —  der  Perlerkopf  und  die  im  Riedener  Kessel- 
thaie anstehenden  Vorkommen  vom  Schorenberg,  Rieden-Altenbei'g 
und  von  der  Hardt  gehören. 

Chemisch  unterscheiden  sich  die  beiden  Gruppen  durch  den 
Gehalt  an  Si02,  der  bei  den  Gliedern  jeder  derselben,  soweit  es 
sich  nach  dem  vorhandenen  Analysenmaterial  ^)  beurtheilen  lässt, 
sehr  gut  übereinstimmt. 


^)  Massige  Gesteine,  2.  Aufl.,  p.  620. 

^)  V.  Decken,  Erl.  2,  p.  45.  Wahrscheinlich  ein  Versehen  des 
Setzers.  Die  Klammer  soll  wohl  vor  Engelerkopf  stehen  und  bezöge 
sich  dann  auf  Olbrück. 

')  Gruppe  I: 

o/o  Gehalt  an  Si  0„ 

Olbrück  ....  54,02  VOM  Rath,  d.  Zeitschr.  XII,  p.  38,  XVI.  107. 
Engelerkopt  .  ,  54,20  van  Emster,  diese  Zeitschr.  XVI,  p.  109. 
Schillkopf    .     .     .       53,30       „  „  „  „  „  „ 

"^"teif  S!;S  \  53,54  VOM  RATH,  diese  Zeitschr.  XVI,  p.  106. 

lose  Blöcke    .     .  (  ''^^^^  "          "           "            "         ^^^'  ?"  ^^^- 

Gruppe  II: 

Schorenberg     .     .  49,18  vom  Rath,  diese  Zeitschr.  XVI,  p.  100. 

Seiberg    ....  48,25  „          „           „             „         X\l,  p.  97. 

Perlerkopf   .     .     .  48,95  „          „           „            „         XIV,  p.  666. 

14* 


200 

Derselbe  beträgt  für  Gruppe  I  53  —  54  7o.  füi'  Gruppe  11 
48 — 49  7o-  Die  mannigfachen  petrographischen  Abweichungen 
finden  auf  den  nächsten  Seiten  ihre  Besprechung. 

a.    Die  melanitfreien  Leucitophyre. 

Die  Gesteine  der  einzelneu  Vorkommen  dieser  Gruppe  gleichen 
sich  nach  jeder  Richtung  so  ausserordentlich,  dass  zur  Vermeidung 
ermüdender  Wiederholungen  eine  gemeinsame  Schilderung  ange- 
zeigt erscheint.  Soweit  besondere  Eigenthünilichkeiten  dieses  oder 
jenes  Gemengtheils  oder  sonstige  Einzelheiten  nicht  schon  oben 
erwähnt  worden  sind,  finden  sie  hier  ihre  Berücksichtigung. 

In  brauner  oder  grünlich  brauner,  (Engelerkopf,  Lehrberg) 
phonolithartiger  Grundmasse  liegen  reichlich  2  bis  3  mm  grosse 
Einsprengunge  von  Nosean  eingebettet,  spärlicher  solche  von 
Sanidin,  selten  Augit.  Magnetit.  Titanit.  Glimmer  (etwas  reich- 
licher Engelerkopf,  Lehrberg)  und  Leucit')  (Engelerkopf).  Die 
Grundmasse  überwiegt  stets  bedeutend  gegenüber  den  Einspreng- 
ungen. Die  Gesteine  spalten  gut  in  hellklingende  Platten,  die 
flach-muschligen  Bruch  zeigen.  Bei  eintretender  Zersetzung  bleichen 
dieselben  aus  (das  Engelerkopfgestein  wird  hell  blaugrün),  werden 
unter  Verlust  ihrer  Spaltbarkeit  erdig  und  erhalten,  in  Folge  der 
Auswitterung  der  Noseane,  ein  löchriges,  zerfressenes  Aussehen. 
Beim  Olbrücker  Gestein  treten  die  bis  dahin  in  der  Grundmasse 
versteckteiv  Leucite  als  kleine  Punkte  hervor. 

Mikroskopischer  Befund:  die  Grundraasse  besteht  in  der 
Hauptsache  aus  einem  sehr  feinkörnigen  Gemenge  von  Nephelin- 
kryställchen  und  Sanidinleisten,  zu  denen  sich  zurücktretend 
Leucite  und  grüne  Augitmikrolithe  gesellen.  An  Einsprenglingen 
sind  in  erster  Linie  Leucit,  Nephelin  und  Nosean  zu  nennen, 
letzterer  meist  in  schon  makroskopisch  sichtbaren  Lidividuen, 
ferner  Sanidin.  spärlicher  Augit.  Ganz  untergeordnet  treten  Mag- 
netit. Glimmer  und  Apatit  auf.  Auch  unter  dem  Mikroskop  ist 
ein  unzweifelhaftes  Vorwalten  der  Grundmasse  zu  constatiren,  von 
der  sich,  gleichsam  wie  von  einem  Teppich,  die  einzelnen  Ein- 
sprengunge abheben.  An  grösseren  Einschlüssen  sedimentärer  Ge- 
steinstrümmer sind  das  Olbrücker -j  und  das  Stevelskopfer  ^)  Gestein 
reich.  Eigenthümliche,  oft  über  faustgrosse  Einschlüsse,  die  nach 
der  mikroskopischen  Untersuchung  vorwiegend  aus  stark  ver- 
ändertem Glimmer,  hell  grünem  Augit,    —  letzterei   in  selbststän- 


*)  VOM  Rath,  diese  Zeitschr.  XII,  34, 
^)  Derselbe,  ebenda,  XII,  33,  XYI,  103. 
3)  Derselbe,  ebenda,  XIY,  661,  XYI.  103. 


201 


digen  Krystalleii  und  als  Uniwandlungsproduct  an  den  Rändern 
der  Glimmerblättchen  —  wenigen  Magnetitkörnchen  und  sekun- 
därem, fasrigeni  Natrolith  bestehen,  enthält  das  Vorkommen  am 
Engelerkopt'M.  Die  Grenzen  dieser  Einschüsse  gegen  das  Gestein 
sind  überall  sehr  scharf  abgesetzt.  Was  ihr  Verhältniss  zu  dem 
Leucitophyr  betriift.  so  glaube  ich.  dass  dieselben  als  erste,  feste 
Ausscheidungen  aus  dem  Gesteinsflusse  aufzufassen  sind;  jedenfalls 
deutet  die  eben  erwähnte  starke  Veränderung  des  Glimmers  auf 
eine  energische  Einwirkung  des  Magmas  hin,  welche  durch  obige 
Annahme  ihre  natürliche  Erklärung  fände. 
(Literatur  siehe  Anni.   2). 

b.    Die  Melanit  führenden  Leucitophyre. 

Die  vier  hierher  gehörenden  Abarten  zeigen  in  ihrem  äus- 
seren Habitus  kaum  irgend  eine  Aehnlichkeit.  Das  Gestein  von 
Rieden-Altenberg  ist  blaugrün,  wenn  etwas  verwittert,  bräunlich 
und  grauwackenähnlich  mit  kaum  hervortretenden  Einsprengungen; 
das  Schorenberger  nähert  sich  in  seinem  Aussehen  etwas  dem 
des  Engelerkopfs.  In  graugrüner  Grundmasse  liegen  zahllose  Ein- 
sprengunge von  Nosean  und  Leucit,  letztere  meist  in  nur  mit  der 
Lupe  sichtbaren  Individuen,  seltener  in  grösseren  Krystallen  (4  mm). 


1)  VOM  Rath,  diese  Zeitschr.  XIV,  661,  XVI,  103. 

2)  01b  rück:  vom  Rath,  diese  Zeitschr.  XII,  p.  33.  —  Zirkel,  d. 
Zeitschr.  XX,  p.  122.  —  Weiss,  Feldspatlibilduug,  p.  75.  —  Zirkel, 
Min.  u.  Gest.,  p.  397.  —  von  Dechen,  Laachersee,  p.  594.  ;  Erl.  2, 
p.  46.  —  Rosenbusch,  Phvsiogr.,  2.  Aufl.  I,  279,  II,  609,  620,  629. 
Referat  über  Föhr,  N.  J.  'l882,  1,  p.  413.  —  Roth,   Geol.  2,  p.  270. 

—  VON  Chrustschoff,  N.  J.  1886,  2,  p.  183  bis  184.  —  Cohen, 
Mikroph.  t.  X,  f.  1  u.  2.  —  Fouque  et  Michel  Levy,  Miner. 
microg.  Planches  LI.  —  Stevelskopf:  vom  Rath,  diese  Zeitschr. 
XIV,  p.  661,  XVI,  p.  102.  —  Engelerkopf:  vom  Rath,  diese  Zeitschr., 
XII,  p.  34,  XIV,  p.  661,  XVI,  p.  102.  —  von  Decken,  Laachersee, 
p.  202,  594.;  Erl.  2,  p.  45.  —  Rosenbusch,  Mass.  Gest.,  2.  Aufl.,  p.  629. 

—  Schillkopf:  vom  Rath,   d.   Zeitschr.,  XIV,  p.  660,  XVI,  p.  102. 

—  von  Decken,  Laachersee,  p.  203,  594.  ;  Erl.  2,  p.  45.  —  Rosen- 
busch, Massige  Gest.,  2.  Aufl.,  p.  629.  —  Lehrberg:  von  Decken, 
Laachersee,  p.  203,  594.  —  Zirkel,  diese  Zeitschr.  XX,  p.  127;  Min. 
u.  Gest.,  p.  398.  —  Rosenbusch,  Massige  Gest.,  2.  Aufl.,  p.  629.  — 
Burgberg:  Steininger,  Eifel,  p.  102.  —  von  Decken,  Laachersee, 
p.  141,  594.  —  vom  Rath,  diese  Zeitschr.  XII,  p.  39,  XVI,  p.  102, 
spec.  105.  —  Weiss,  Feldspatlibilduug,  p.  70.  —  Rosenbusch,  Massige 
Gest.,  2.  Aufl.,  p.  29.  [Die  Angaben  Zirkel"s,  diese  Zeitschr.  XX, 
p.  130;  Miner.  u.  Gest.,  p.  398;  PoGG.  Ann.,  p.  L31,  319,  ebenso 
P.  Mann's  N.  J.  1884,  2,  p.  197  beziehen  sieh  auf  Hardter  Vorkommen 

—  Roth's  Notiz,  Geol.  2,  p.  270,  da  auf  den  citirten  Arbeiten  be 
ruhend,  gleichfalls  irrig]     Cohen,  Mikroph.  t.  LVIII,  f.  3.   (Nosean). 


202 


Hier  und  da  findet  sich  ein  Sanidinsäulchen .  ganz  vereinzelt  ein 
Titanit-  oder  Magnetitkorn. 

Das  Perlerkopfgestein  ist  dunkel  grau,  von  sehr  feinkörniger, 
scheinbar  holokrystalliner.  manchmal  poröser  Structur.  Die  Grösse 
der  einzelnen  Gemengtheile  überschreitet  selten  1  mm.  Mit  der 
Lupe  sind  zu  unterscheiden:  Sanidin.  Nosean  und  Augit.  die  sich 
gleichmässig  an  dem  Aufbau  des  Gesteins  betheiligen,  ferner 
Melanit,  selten  Titanit  und  Magnetit.  —  Das  Hardter  Vorkommen 
zeigt  eine  porphyrische  Structur.  In  einer  sehr  feinkörnigen, 
hell  grauen,  stark  zurücktretenden  Grundmasse  liegen  eng  an  ein- 
ander gedi'ängt  etwa  2  bis  3  mm  grosse  Krystalle  von  Sanidin, 
Augit,  Leucit,  Nosean.  vereinzelt  Glimmer.  Einzelne  Einspreng- 
unge eiTcichen  Dimensionen  bis  zu  5  cm.  An  Einschlüssen  in 
diesem  Gestein  finden  sich  Stücke  eines,  den  Königsthaler  Aus- 
würflingen sehr  gleichenden.  Leucitophyrs.  nach  vom  Rath^)  auch 
„wesentlich  aus  Sanidin  und  Nosean  bestehende  Aggregatmassen, 
gewissen  Laacher  Auswürflingen  ähnlich". 

Unter  dem  Mikroskop  zeigen  die  Melanit  führenden  Gesteine 
im  Gegensatz  zu  den  melanitfreien  eine  selbst  bei  schwacher.  Ver- 
grösserung  sehr  deutlich  in  ihren  mineralogischen  Bestandtheilen 
erkennbare  Grundmasse.  Dieselbe  ist  in  den  einzelnen  Varietäten 
ziemlich  mannigfaltig  entwickelt.  Im  Hardter  Gestein  besteht  sie 
vorwiegend  aus  kleinen  Nephelinen  und  Sanidinleistchen,  wenig 
mikrolithischem  Augit,  im  Schorenberger  aus  Nephelin  und  Augit- 
säulchen  und  sehr  zurücktretendem  Sanidin;  das  Perlerkopfer  und 
Rieden- Altenberger  Gestein  endlich  hat  imr  wenig  eigentliche  Grund- 
masse; dieselbe  wird  meist  durch  grössere  Sanidine  ersetzt,  in 
denen  die  übrigen  Gemengtheile  eingebettet  sind^).  Kleine  Leucite 
finden  sich  wohl  überall,  ohne  aber  quantitativ  irgend  eine  Be- 
deutung zu  erlangen.  —  Ferner  ist  für  die  Gruppe  H  das  Zurück- 
treten der  Grundmasse  gegenüber  den  Einsprengungen  charakte- 
ristisch. Als  solcher  findet  sich  der  Sanidin  in  mikroskopischen 
Krystallen  an  der  Hardt  und  am  Perlerkopf,  sehr  spärlich  in  den 
beiden  anderen  Vorkommen.  Der  Leucit  herrscht  im  Schorenberger 
und  Rieden-Altenberger  Gestein;  an  der  Hardt  erscheint  er  in 
einzelnen  gi'össeren  Individuen,  während  er  am  Perlerkopf  nur 
sehr  untergeordnet  ist.  Nephelin  ist  in  allen  Vorkommen  gut 
entwickelt;  Nosean  ist  selten  im  Rieden  -  Altenberger  ,  meist  nur 
in  makroskopischen  Krystallen  im  Schorenberger  Vorkommen  vor- 
handen;   Hardt   und  Perlerkopf  führen   ihn  reichlich   und  in  ver- 


>)  Diese  Zeitschr.  X\l,  p.  94. 
-)  Siehe  p.  192. 


203 


schiedenster  Grösse.  Der  Augit  tritt  in  der  Gruppe  II  im  All- 
gemeinen reichlicher  als  in  den  melauitfrcicn  Gesteinen  auf.  Vor 
Allem  herrscht  er  in  den  Yorkonnnen  der  Hardt  und  des  Perler- 
kopfs, während  er  sich  in  dem  Schorcnberger  und  Rieden-Alten- 
berger  Gestein,  in  welchem  die  Ausbildung  eine  feinnadelförmige 
ist,  mehr  auf  die  Grundmassc  beschränkt.  Was  den  Melanit 
anbetrifft,  so  ist  schon  oben  seiner  doppelten  Ausbildungsweise 
gedacht  worden.  Für  das  Hardt-  und  Perlerkopf-Vorkommen  ist 
die  Association  Augit,  Melanit.  Titaiiit,  Apatit  und  Magneteisen 
äusserst  charakteristisch ').  Der  Gehalt  an  Titanit  und  Apatit  ist 
hier  ein  ungewöhnlich  hoher.  Rosenbusch  ^j  erwähnt  vom  Perler- 
kopf Perowskit.  Er  hält  die  kleinen,  braunen  Oktaeder,  die  im 
Dünnschliffe  zu  beobachten  sind,  für  dieses  Mineral  und  sieht  in 
seinem  Auftreten  einen  Hinweis  auf  die  verwandtschaftlichen  Be- 
ziehungen der  Leucitophyre  zu  den  Leucittephriten  und  Leuci- 
titen.  In  meinen  Präparaten  sind  die  verhältnissmässig  seltenen, 
viereckigen  Durchschnitte  in  Farbe  und  optischem  Verhalten  in 
keiner  Weise  von  den  sechseckigen  unterscliieden.  deren  Bestim- 
mung als  Melanit  von  keiner  Seite  bisher  angezweifelt  worden 
ist.  Ein  Vergleich  der  fraglichen  Kryställchen  mit  den  als  Pe- 
rowskit erwiesenen,  bräunlichen,  schwach  doppelbrechenden,  haken- 
förmigen Fetzen  im  Gesteine  der  Hannebacher  Ley  lässt  keine 
Aehnlichkeit  zwischen  beiden  erkennen.  Bei  der  Unlöslichkeit 
des  Perowskits  in  Säuren  war  die  endgültige  Entscheidung  dieser 
Frage  nur  auf  chemischem  Wege  herbeizuführen.  Eine  gröbere 
Menge  des  sehr  fein  gepulverten  Perlerkopf  -  Gesteins  wurde  zu- 
nächst mit  Chlorwasserstoff,  dann  mit  Fluorwasserstoff  behandelt, 
wonach  durchaus  kein  Rückstand  zurückblieb.  Hierdurch  wird 
der  Nachweis  geliefert,  dass  Perowskit  und  auch  Picotit,  als 
welcher  vielleickt  die  braunen  Kryställchen  angesprochen  werden 
können,  in  dem  Gesteine  nicht  vorhanden  sind.  Meiner  Ansicht 
nach  sind  die  scheinbar  oktaedrischen,  voUkonnuen  isotropen, 
braunen  Durchschnitte  Melanite,  deren  Umrisse  durch  die  Lage 
der   Schliffebene   bedingt  sind. 

(Literatur  siehe  Anmerkung  8). 


1)  Siehe  die  Anmerkung  auf  p.  196. 

^)  Massige  Gesteine,  2.  Aufl.,  p.  630. 

*)  Schorenberg:  von  Decken,  Laachersee,  pag.  142,  594.; 
Erl.  2,  p.  45.  —  VOM  Rath,  diese  Zeitsclir.  XYI,  p.  73,  spec.  p.  99.  — 
Zirkel,  diese  Zeitschr.  XX,  p.  127;  Min.  u.  Gest.,  p.  398.  —  Rosen- 
busch, Massige  Gest.,  2.  Aufl.,  p.  629.  —  Hardt  (Seiberg):  von 
Dechen,  Laachersee,  p.  142  u.  f.,  594.  —  vom  Rath,  d.  Zeitschr.  XYI, 
p.  73,  spec'  90.  —  Weiss,  Feldspathbildung,  p.  72.  —  Merian,  N.  J. 
B.  B.  III,  p.  274.  —  Rosenbusch,  Massige  Gesteine,  2.  Aufl.,  p.  629. 


204 


4.    Das  geologische  Alter  der  Leucitophyre. 

Für  die  Altersbestiniimiiig  der  Leucitophyre  ist  durch  die 
Lagerungsverhältnisse  kein  Aveiterer  Anhalt  gegeben,  als  dass  die- 
selben die  schon  aufgerichteten  Schichten  des  Devons  zu  einer 
Zeit  durchbrochen  haben,  in  der  die  Thalbildung  kaum  begonnen 
hatte.  Hierfür  beweisend  ist  das  Olbrücker  Vorkommen  ^).  Das 
auf  der  Grenze  des  Devons  und  des  Leucitophyrs  eingeschnittene 
Thal  des  Wollscheider  Bachs  umgiebt  im  Norden  in  nahezu  rechtem 
Winkel  den  eruptiven  Kegel,  dessen  Abhang  steil  nach  den  ersteren 
abfällt.  Beim  Bestehen  des  Thals  zur  Zeit  des  vulkanischen  Aus- 
bruchs hätte  ohne  Zweifel  eine  Ausbreitung  der  Lava  auf  der 
Thalsohle  stattfinden  müssen,  eine  Aufthürmung  wäre  unter  diesen 
Umständen  undenkbar  gewesen.  Das  Thal  ist  also  erst  nach  der 
Eruption  durch  Erosion  entstanden. 

Die  Vorkommen  am  Seiberg  und  an  der  Hardt  sind  in  Folge 
mangelhafter  Aufschlüsse  nicht  geeignet,  ein  klares  Urtheil  über 
die  Beziehungen  zwischen  Leucitophyr  und  den  ihn  umlagernden 
Tuffen  zu  gestatten.  Obwohl  der  Gehalt  an  Leucit.  den  letztere 
führen,  ebenso  auch  die  zahlreichen,  ihnen  eingelagerten  Blöcke 
von  Leucitophyr  die  Zusammengehörigkeit  vermuthen  lassen,  so 
fehlte  bisher  dafür  der  strenge  Beweis.  Für  die  Altersfrage  der 
Leucitophjre  aber  wäi'c  die  Erbringung  desselben  mitentscheidend, 
da  die  Bildung  der  Leucittuffc  in  der  Hauptsache  als  gleichzeitig 
mit  der  Lössablagerung.  also  in  nachtertiärer  Zeit,  nachgewiesen 
ist^).  —  Eine  Entscheidung  dieser  Frage  versuchte  ich  auf  mikro- 
skopischem Wege  zu  erlangen. 

Ausser  den  schon  in  den  Leucittuffen  bekannten  Mineralien : 
Sanidin,  Glimmer,  Augit  fand  ich  Nosean,  Nephelin,  Titanit, 
Apatit  und  Melanit,  letzteren  in  den  Tuffen  von  vier  Stellen:  in 
einem  neu  angelegten,  kleinen  Steinbruche,  östlich  vom  Wege 
Obermendig  -  Forstberg  ,  im  Süden  der  Flur  „  in  der  Erle " ; 
ferner  in  den  einige  hundert  Schritt  von  einander  entfernten  Stein- 
brüchen der  beiden  Besitzer  Bergweiler  und  Monreal;  in  der 
zwischen  Forstberg  und  Sulzbuscli  liegenden  Flur  „Hasenstoppel" 
und    endlich    in    einem    Block    am    nördlichen   Fusse    des   Burg- 


—  Vergl.  Allgaben  über  Burgberg  p.  201.  —  Perlerkopf:  Nöggerath, 
Karsten's  u.  von  Dechens  Archiv  18,  p.  472.  —  von  Oeynhausen, 
Erl.  p.  18.  —  VOM  Eath,  diese  Zeitschr.  XII,  31,  XIV,  665.  —  von 
Dechen,    Laachersee,  p.  215  u.  f.,  596;   Diese  Zeitschr.,  XYll,  p.  142. 

—  Laspeyres,  diese  Zeitschr.  XVIII,  311.  —  Zirkel,  d.  Zeitschr.  XX, 
p.  133;  Min.  u.  Gest.,  p.  398.  —  Rosenbusch,  Massige  Gest.,  p.  630. 

')  von  Dechen,  Laachersee,  p.  210,  594. 

^)  von  Decken,  diese  Zeitschr.  XVII,  p.  186—137. 


205 


bergs.  Der  vollkommen  frische  Melanit  ist  in  der  staubartigen 
Grundmasse  des  Tuffs  eingebettet  und  gleicht  in  seiner  Ausbil- 
dungsweise den  grösseren,  öfters  gelappten  Individuen  des  Hardt- 
und  Perlerkopfgesteins.  Selbst  die  charakteristische  Verwachsung 
mit  grünem  Augit  ist  zu  beobachten.  Der  vorzügliche  Erhaltungs- 
zustand schliesst  die  Annahme  der  Auswitterung  und  des  späteren 
Transports  durch  Wasser  aus.  Das  Auftreten  des  Melanits  in 
den  Leucittuffen,  welche  sich  augenscheinlich  an  primärer  Lager- 
stätte befinden,  ist,  da  kein  anderes  Gestein  des  Laachersee- 
Gebiets  ausser  den  beschriebenen  vier  Leucitophyrvorkommen  dieses 
Mineral  enthält,  für  die  Zusammengehörigkeit  der  Leucittuffe  mit 
letzteren  beweisend.  Da,  wie  schon  erwähnt,  die  Ausbildungs- 
weise des  Melanits  auf  das  Vorkommen  von  der  Hardt  und  am 
Perlerkopf  hinweist,  letzteres  aber,  abgesehen  von  seiner  örtlichen 
Entfernung,  schon  des  reichlichen  Glimmergehaltes  der  Tuffe  wegen, 
nicht  mit  diesem  in  Beziehung  gebracht  werden  kann,  so  sind 
die  Leucittuffe  der  untersuchten  Punkte  insbesondere  dem  Hardter 
Vorkommen  zuzurechnen.  Die  Schlüsse,  welche  sich  aus  diesen 
Thatsachen  ergeben,  sind  schon  in  den  einleitenden  Bemerkungen 
erwähnt  worden,  so  dass  ich  eine  nochmalige  Aufführung  unter- 
lassen kann. 

Durch  die  oben  erwiesene  Thatsache,  dass  eine  Ausbruchs- 
stelle der  Leucittuffe  im  Riedener  Thale  liegt,  gewinnt  die  öfters 
aufgestellte  Hypothese,  dieser  Kessel  sei  ein  dem  Laachersee  und 
dem  Thale  von  Wehr  gleichender  Krater,  an  W^ahrscheinlichkeit. 
Die  Leucitophyrfelsen  des  Schorenbergs ,  der  Hardt  und  an  den 
Wegen  Rieden-Altenberg  und  Rieden-Nudenthal  würden  unter  dieser 
Annahme  ihre  Erklärung  als  Lavamassen  finden,  die  an  der  Zu- 
sammensetzung des  Kraterrandes  theilnehmen  und  von  überla- 
gernden, jüngeren  Tuffen  durch  Denudation  theilweise  entblösst 
worden  sind,  während  sich  der  Burgberg  als  ein  kleiner  im  Boden 
des  Kraters  aufgerichteter  Kegel  darstellt.  Der  Gänsehals  würde 
dann  als  hoher  Tuffwall  anzusehen  sein,  welcher  östlich  und  süd- 
östlich der  Haupteruptionsstelle  in  Folge  der  herrschenden,  in  ihrer 
Richtung  durch  die  Lage  der  See  bestimmten  West-  und  Nord- 
westwinde  aufgethürmt  worden  ist. 

Die  oben  erwähnte,  ausserordentlich  übereinstimmende,  che- 
mische Zusammensetzung  der  Melanit  führenden  Gesteine  einerseits, 
der  melanitfreien  andererseits  machen  es  sehr  wahrscheinlich,  dass 
die  derselben  Gruppe  angehörenden  Vorkommen  gleichzeitige  Bil- 
dungen sind.  Für  die  Beantwortung  der  sich  weiter  aufdrängenden 
Frage  über  das  relative  Alter  der  beiden  Varietäten  habe  ich 
keine  Anhaltspunkte  gefunden. 


206 
IL   Der  Phonolith  des  Seibergs  bei  Quiddelbach  ^).  [15] 

Der  Seiberg,  ein  stumiofer,  etwa  100  m  hoher  Kegel,  liegt 
eine  Stunde  südlich  von  der  Kreisstadt  Adenau,  bei  dem  Dorfe 
Quiddelbach,  in  einem  kesselartig  erweiterten  Thale.  Meines 
Wissens  geschieht  seiner  in  der  Fachliteratur  die  erste  Erwähnung 
im  Jahre  1859  durch  Zirkel^),  auf  dessen  ausführliche  Schilde- 
rung ich   in  Bezug   auf  die  orographischen  Verhältnisse  verweise. 

Südöstlich  vom  Seiberg  steht,  nur  durch  wenige  Meter  Grau- 
wacke  vom  Phonolith  getrennt.  Basalt'')  an;  lose  Blöcke  eines 
scheinbar  sehr  ähnlichen  Gesteins  finden  sich  auf  den  Abhängen. 
Nach  der  mikroskopischen  Untersuchung  ist  ersterer  ein  Plagioklas- 
basalt;  letztere  gehören  einem  Leucitbasalte "^j  an.  Das  Selberger 
Gestein  ist  vorzüglich  an  der  Westseite  in  grossen,  an  der  Chaussee 
liegenden  Steinbrüchen  aufgeschlossen.  Da  stark  wucherndes 
Unterholz  oder  Haidekraut  die  Abhänge  bedecken,  so  tritt  das- 
selbe spärlich  zu  Tage.  Anstehend  findet  es  sich  noch  an  den 
kleinen,  den  plateauartigen  Gipfel  krönenden  Kuppen,  ferner  am 
Westabhang  und  am  Rande  des  sich  im  Süden  um  den  Seiberg 
herumziehenden,  durch  ein  Erosionsthal  getrennten  Walls  In  den 
Steinbrüchen  der  Westseite  ist  das  Gestein  in  ungefüge  Bänke 
abgesondert,  die  durch  zwei  nahezu  senkrecht  auf  einander 
stehende  Kluftsysteme  in  grosse  Quader  gespalten  werden.  Bei 
beginnender  Verwitterung  tritt  eine  platten  förmige  Absonderung 
stärker  hervor,  sodass  das  Gestein  in  Bezug  auf  seine  Structur 
geradezu  den  Eindruck  eines  Schiefers  macht.  Aus  vier  Messungen 
der  Fall-  und  Streichrichtung  dieser  Absonderung  an  den  Kuppen 
des  Berges  zog  Zirkel  den  Schluss,  die  Structur  des  gesammten 
Gesteinsmassivs  sei  die  bei  Phonolithen  vorzüglich  auftretende 
glockenförmige.  Elf  von  mir  an  den  verschiedensten  Punkten 
vorgenommene  Messungen  haben  ein  festes  Gesetz  in  dem  Auf- 
bau   nicht   nachweisen    lassen.      Die    Schwankungen   sind   ausser- 


')  Zirkel,  diese  Zeitschr.  XI,  p.  507.  —  Mitscherlich,  lieber  die 
vulk.  Ersch.  d.  Eifel,  p.  13.  —  v.  Dechen,  Laachersee,  p.  12;  diese 
Zeitschr.  XVII,  p.  85:  Erl.  1,  p.  59;  Erl.  2,  p.  44;  Vordereifel,  2.  Aufl., 
p.  259.  —  VOM  Rath,  diese  Zeitschr.  XVI,  p.  112,  XVIII,  p.  580  Anm.; 
Verh.  d.  naturh.  Vereins  f.  Rheinl.  etc.  23,  p.  46.  —  C.  Emmons,  on 
some  phonolites  from  Velay  and  the  Westerwald  (Dissertation),  Leipzig 
1874,  p.  28.  —  Rosenbusch,  Mass.  Gesteine,  1.  Aufl.,  p.  223,  2.  Aufl., 
p.  614  n.  p.  620.  —  Busz,  Verh.  d.  naturh.  Vereins  d.  pr.  Rheinl.  etc., 
42,  p.  445.  —  Roth,  Geol.  2,  p.  258.  —  Analysen:  partielle  v.  Zirkel, 
diese  Zeitschr.,  XI,  p.  534,  vollständige  von  Dodge,  mitgeth.  in  von 
Dechen,  Vordereifel,  2.  Aufl.,  p.  266. 

1)  Diese  Zeitschr.  XI,  p.  509. 

^)  von  Dechen,  Vordereifel,  p.  279,  No.  41. 

')   Siehe  Anhang. 


207 


ordentliche;  so  zeigte  sich  zwischen  der  Falh-ichtung  an  zwei 
kaum  zwanzig  Schritt  von  einander  entfernten  Punkten  der  höchsten, 
westlichen  Kuppen  ein  Unterschied  von  eO*".  Dass  in  einem  und 
demselben  Eruptivmassiv  die  Absonderung  nicht  eine  durchweg 
gleichmässige  ist.  wird  durch  das  ausgezeichnet  aufgeschlossene 
Profil  der  Erpeler -Ley  gegenüber  von  Remagen  bewiesen.  Hier 
scheinen  verschiedene  Abkühlungsflächen  vorhanden  gewesen  zu 
sein.  Während  nach  dem  Gipfel  zu  die  Basaltsäulen  stark  con- 
vcrgiren.  zeigen  in  dem  tieferen  Theile  mehrere  gesonderte  Partieen 
die  Anordmuig  sich  nach  oben  ausbreitender  Büschel. 

Ausser  der  plattenförmigen  Absonderung  tritt  am  Seiberg 
auch  eine  ausgezeichnet  kugelige  auf,  die  sich  gleichfalls  bei  be- 
ginnender Verwitterung  geltend  macht.  Losgelöste  Schalen  finden 
sich  zahlreich  in  den  westlichen  Steinbrüchen.  Das  Gestein  des 
Seibergs  ^)  zeigt  deutlich  porphyrische  Structur.  In  überwiegender, 
dunkel  grauer,  fettglänzender  Grundmasse  von  ebenem  bis  splittrigem 
Bruche  liegen  Einsprengunge  von  einer  schwarzen,  stark  glän- 
zenden Hornblende,  ferner  spärlicher:  Augite  und  Sanidine;  un- 
regelraässig  nesterweise  auftretend  Olivin.  Titanit  und  Magnetit 
sind  überall  in  kleinen  Körnchen  sparsam  vorhanden.  Die  durch- 
schnittlich etwa  centimeterlangen  Hornblendesäulen  treten  scharf 
hervor  und  geben  dem  Gestein  ein  sehr  charaktei'istisches  Gepräge. 

Ihre  Vertheilung  scheint,  ähnlich  wie  beim  Olivin,  eine  nicht 
ganz  gleichmässige  zu  sein.  Am  stärksten  vertreten  sind  sie  an 
der  Westseite,  nach  dem  Gipfel  ist  eine  entschiedene  Abnahme 
zu  constatiren.  —  Als  Seltenheit  führt  Zirkel  Zirkon  in  kleinen, 
bräunlich  rothen,  gerundeten  Körnchen  auf:  in  Drusenräumen  hat  er 
Halbopal  und  fleischrothe,  krystallinische  Ueberzüge  beobachtet, 
die  er  für  Zeolithe  hält.  Nach  Angabe  Zirkel' s  ist  das  Gestein 
des  Gipfels  von  kleinen  Analcimkrystallen  durchsetzt.  Es  ist  mir 
nicht  geglückt,  dieselben  in  dem  von  mir  untersuchten  Material 
nachzuweisen.  —  Einschlüsse  von  sedimentären  Trümmern  sind 
selten. 

Bei  der  mikroskopischen  Untersuchung  richtete  sich  natürlich 
das  Hauptaugenmerk  auf  diejenigen  Gemengtheile,  über  welche  die 


*)  Zirkel  nahm  eine  Yerschiedonhcit  dos  Gesteins  dos  westlichen 
Theils  einerseits,  des  höchsten  Gipfels  und  des  östlichen  Theils  anderer- 
seits an,  ein  Irrthum,  den  von  Decken  aufgeklärt  hat.  (1886.  Vorder- 
eifel,  p.  261).  Aus  der  Fassung  des  betreffenden  Absatzes  scheint 
hervorzugehen,  dass  von  Decken  diese  Berichtigung  Emmons  zuschriebe. 
In  der  Arbeit  des  letzteren  (1874)  findet  diese  Frage  keine  Berück- 
sichtigung. Noch  im  2.  Bande  seiner  Erläuterungen  (1884,  p.  44)  hält 
VON  Decken  eine  nähere  Untersuchung  für  wünschens\Yerth,  zu  der  er 
kurze  Zeit  darauf  Busz  angeregt  hat. 


208 

Angaben  der  Autoren  abweichen;  es  sind  dieses  Nephelin  und 
Olivin.  Ersterer  wird  von  Roth  ^)  angegeben,  Rosenbuscu^)  ist 
im  Zweifel,  ob  derselbe  nicht  gänzlich  durch  ein  der  Hauyngruppe 
zugehörendes  Mineral  verdrängt  wird;  Emmons  erwähnt  ihn  nicht, 
Busz^)  bemerkt  endlich,  dass  er  ihn  nicht  gefunden  habe.  Ebenso 
widersprechend  lauten  die  Notizen  über  den  Olivin.  Zirkel'^) 
und  MiTSCHERLiCH^'')  haben  ihn  makroskopiscii  beobachtet,  ersterer 
sogar  ziemlich  häufig  (er  erwähnt  auch  die  randliche  ümwachsung 
mit  Hornblende,  die  durch  den  mikroskopischen  Befund  bestätigt 
wird);  Emmons  (1.  c,  p.  31)  fand  ihn  im  Dünnschliff,  während  von 
den  jüngsten  Beobachtern  Rosenbusch  *"')  in  der  ersten  Auflage  seiner 
„massigen  Gesteine"  eine  Verwechslung  mit  farblosem  Augit  sei- 
tens der  älteren  Autoren  annimmt,  in  der  zweiten  sich  darauf  be- 
schränkt, für  Olivin  Emmons  zu  citiren.  Busz  führt  ihn  nicht  als 
Gemengtheil  auf.  Nach  meinen  Beobachtungen  sind  beide  Minerale 
vorhanden.  Der  Nephelin  ist  nachweisbar  als  Einschluss  in  den 
grösseren  Feldspathkry stallen.  Emmons  (1.  c,  p.  29)  hatte  recht- 
eckige und  sechseckige  Durchnitte  in  diesen  bemerkt  und  sie,  da 
„ein  oder  zwei  der  rechtwinkligen  deutlich  isotrop  waren  und  eine 
Reihe  von  dunklen  Strichen  in  der  Mitte  zeigten "  für  Nosean 
gehalten.  Ohne  Zweifel  konnnt  dieses  Mineral  in  den  Feldspathen 
eingeschlossen  vor.  Die  überwiegende  Zahl  der  Rechtecke  möchte 
ich  jedoch  dem  Nephelin  zuschreiben.  Mit  Hülfe  eines  einge- 
schalteten Glimmerblättchens  erwies  sich  eine  grössere  Anzahl 
derselben  als  doppelbrechend  und  parallel  den  Rändern  auslöschend. 
Die  in  den  Laachersee-Nephelinen  so  schön  ausgebildete,  rahmen- 
artige Mikrostructur  ist  allerdings  nicht  vorhanden,  doch  sieht 
man  bei  sehr  starker  Vergrösserung  einzelne,  den  Kanten  parallel 
geordnete  Mikrolithe;  auch  tritt  die  Faserung  bei  beginnender 
Zersetzung  gewöhnlich  parallel  der  längeren  Axe  auf. 

Der  Olivin  ist  in  einem  meiner  Handstücke  bei  flüchtiger 
Zählung  in  15  hanfkorn-  bis  kirschkerngrossen  Individuen  vor- 
handen. In  den  von  mir  durchgesehenen  Dünnschlift'en  habe  ich 
ihn  selbst  nicht  gefunden,  häufig  jedoch  sind  seine  Umwandlungs- 
producte  in  unverkennbarer  Ausbildung.  Körner,  die  die  charakte- 
ristischen Formen  des  Olivins  zeigen,  werden  von  einem  System 
durch  Serpentinfäserchen  eingefasster  Sprünge  durchzogen;  die 
entstehenden,    abgegrenzten  Felder  sind  von  Kalkspath  ausgefüllt, 


')  Geolog.  2,  p.  258. 

^)  Massige  Gesteine,  2.  Aufl.,  p.  614. 

^)  Verh.  d.  naturh.  Vereins  d.  pr.  Rhein!,  etc.,  42,  p.  448. 

*)  Diese  Zeitschr.  XI,  522. 

*)  Eifel,  p.  13. 

«)  Massige  Gesteine,  1.  Aufl.,  p.  223,  2.  Aufl.,  p.  620. 


209 


in  dem  viel  Eiseiioxydhydrate  abgelagert  sind.  Die  Durchschnitte 
sind  regelmässig  von  Hornblendeblättchen  eingefasst,  welche  rand- 
liche Umwandlung  in  Augit  zeigen.  In  Bezug  auf  die  übrigen 
Resultate  der  mikroskopischen  Untersuchung  kann  ich  mich  kurz 
fassen,  da  dieselben  mit  den  Busz' sehen  Beobachtungen  im  Grossen 
und  Ganzen  übereinstimmen.  Die  Grundmasse  besteht  vorwiegend 
aus  in  Strömen  geordneten,  meist  nach  dem  Karlsbader  Gesetz 
verzwillingten  Sanidinleistchen,  denen  sich  ein  hell  grüner  Augit 
und  Magnetit  in  geringer  Menge  zugesellen.  Ausser  den  schon 
erwähnten  Einsprengungen  sind  noch  Plagioklas,  Nosean  und  Apatit 
zu  erwähnen.      Glimmer  fehlt  vollkommen. 

Die  Sanidinie  sind  selten  scharf  umrandet,  zeigen  vielmehr 
die  Einwirkungen  chemischer  Corrosion;  auch  Knickungen  und 
Zerbrechungen  in  Folge  von  mechanischen  Einflüssen  sind  überaus 
häufig.  Zonare  Bildung  ist  meist  ausgezeichnet  entwickelt.  Spar- 
samer als  die  Sanidine  treten  die  Plagioklase  auf.  die  vielfach 
von  Sanidinmänteln  umhüllt  sind.  An  Einschlüssen  führen  beide 
Feldspatharten  in  gleicher  Weise  alle  übrigen  Gemengtheile ;  doch 
ist  die  Zahl  der  in  einem  Individuum  auftretenden  fremden  Körner 
eine  verhältnissmässig  geringe. 

Die  sehr  stark  pleochroitischen  Hornblenden  (Absorption 
c  >  b  >  a  von  dunkel  braun  bis  hell  gelb)  haben  beinahe  durch- 
gängig dieselben  mechanischen  und  chemischen  Veränderungen  wie 
die  Feldspathe  erfahren.  Die  Ränder  der  meist  lang  gestreckten 
Bruchstücke  sind  in  ein  Aggregat  von  hell  grünen  Augitmikrolithen 
umgewandelt,  die  vielfach  (durchaus  nicht  immer,  wie  Busz  meint) 
mit  der  Hornblende  die  Verticalaxe  gemeinschaftlich  haben.  Bei 
mehr  rundlich  geformten  Blättchen  kommt  auch  häufig  tangentiale 
Lagerung  der  Augite  vor  (Die  zugleich  erfolgende  Ausscheidung 
von  Magnetit  findet  in  dem  verschiedenen  Verhältniss  von  Fe,  Mg 
einerseits  und  Ca  andererseits  in  Hornblende  und  Augit  ihre  leichte 
Erklärung^).  Als  Ursache  der  Corrosionserscheinungen  an  zuerst 
ausgeschiedenen  Gemengtheilen  führt  Lagorio^),  ausser  der  auch 
von  anderen  Autoren  vielfach  erwähnten,  durch  die  Ausscheidung 
einer  nachfolgenden  Generation  von  Gemengtheilen  veränderten, 
chemischen  Zusammensetzung  des  Schmelzflusses,  die  bei  der 
Krystallisation  durch  Zusammenziehung  entstehende  Temperatur- 
steigerung an.  welche  die  lösende  Wirkung  des  noch  geschmolzenen 
Theils  des  Magmas  erhöht.  Neben  dieser  auf  physikalischen 
Vorgängen  beruhenden  Erhöhung  der  Temperatur  dürfte  als  weitere 
Wärmequelle  die  bei  der  Bildung  der  Minerale  —  als  chemischer 


^)  Verhältniss  von  (Fe,  Mg):  Ca  in  Hornblende  3  :  1,  in  Augit  1  :  1, 
*)  Tschermak's  Mitth.  VIII,  1887,  p.  463. 


210 


exothermischer  Verbindungen  —  freiwerdende  Wärme  in  Anspruch 
zu  nehmen  sein. 

Die  Hornblenden  zeigen  ausser  der  typischen,  ausgezeichneten 
prismatischen  Spahbarl<eit  Streifen  von  äusserst  feinen  Sprüngen, 
die  in  verschiedenen  Richtungen  die  Krystalle  durchlaufen;  die- 
selben sind  möglicherweise  als  Erkaltungserscheinungen  aufzufassen. 
—  An  Einschlüssen  finden  sich  Magnetit  und  Apatit.  Der  Olivin- 
umrandung  ist  schon  gedacht  worden.  An  einer  Stelle  wurde  die 
Hornblende  als  Umhüllung  eines  blass  violetten  Augits  beobachtet; 
sie  zeigte  an  ihrem  Rande  wiederum  die  Umwandlung  in  Augit- 
mikrolithe.  sodass  hier  zonar  älterer  Augit,  Hornblende  und  secun- 
därer  Augit  gelagert  waren. 

Die  Augit  -  Einsprengunge  sind  in  zwei  verschiedenen  Ab- 
arten ausgebildet,  einer  grünen,  stark  pleochroitischen .  meist  in 
kleineren  säulenförmigen  Krystallen,  und  einer  hell  grauvioletten, 
von  schwachem  Pleochroismus ,  in  grösseren,  mehr  gedrungenen 
Lidividuen.  Nach  meinen  Messungen  beträgt  für  beide  die  grösste 
Auslöschung  auf  der  Längsfläche  41 ".  (Busz  giebt  für  die  grünen 
Augite  45",  für  die  hellen  36 — 38  "^  an).  Pleochroismus  der 
hellen  Varietät :  a  =  b  gelbgrau,  c  hell  grauviolett,  —  der  grünen : 
a  hellgelbgrün,  b  gelbgrün,  c  hell  blaugrün.  Zonarer  Bau  tritt 
häufig  auf.  Zwillingsverwachsungen  nach  dem  gewöhnlichen  Gesetze 
sind  nicht  selten  und  makroskopisch  zu  beobachten.  Die  Schäden, 
welche  aus  denselben  Ursachen  wie  beim  Sanidin  und  der  Horn- 
blende öfters  an  den  Krystallen  vorhanden  sind,  werden  durch 
einen  jüngeren,  grünen  Augit  ausgeheilt,  der  auch  als  Umrandung 
der  älteren  Generation  auftritt.  Nach  seinem  Habitus  scheint  er 
den  Mikrolithen  der  Grundmasse  zu  gleichen. 

Nosean  ist  reichlich,  meist  in  kleinen,  scharf  begrenzten 
Krystallen  vorhanden.  Die  Zersetzungserscheinungen  sind  die 
gleichen  wie  bei  den  Noseanen  der  Leucitophyre. 

Apatit  tritt  in  kurzen  Säulen  von  bestäubtem  Aussehen  spar- 
sam, Titanit  in  sehr  kleinen,  oft  gut  ausgebildeten  Krystallen 
reichlicher  auf. 

In  Bezug  auf  das  Vorkommen  von  Zirkon  bestätigt  Busz  die 
Zirkel' sehen  Angaben. 

Was  die  systematische  Stellung  des  Selberger  Gesteins  be- 
trifft, so  ist  dieselbe,  je  nach  der  Abgrenzung  der  Begriffe  Phono- 
lith  und  Trachyt  einerseits,  andrerseits  nach  der  Erkcnntniss  der 
mineralogischen  Zusammensetzung  eine   sehr  schwankende  gewesen. 

Von  Zirkel  und  Busz  wii'd  das  Selberger  Gestein  zu  den 
Trachyten.  von  Emmons,  Rosenbusch  und  Roth  zu  den  Phono- 
lithen  gestellt.  —  Nach  dem  oben  gegebenen,  mikroskopischen 
Befunde   ist   dasselbe   durch   die  Association  Sanidin-Nephelin  als 


211 


Phonolith  (im  Sinne  Rosenbusch's)  charakterisirt.  Der  hervor- 
tretende Gehalt  an  Hornblende  bei  gleichzeitiger  Anwesenheit  von 
Plagioklas  vermittelt  den  Uebergang  zu  den  Tephriten  bezw.  Horn- 
blendeandesiten ,  während  die  Plagioklas-  und  Olivinführung  bei 
dem  reichlichen  Magnetit  in  der  Grundinasse  eine  Verwandtschaft 
mit  den  Basaniten  in  der  diesem  Begritie  von  Rosenbusch  gege- 
benen  Abgrenzung  erkennen  lässt. 


III.   Anhang. 
I.    Der  Nephelinit  der  Hannebacher  Ley^j.    [20] 

In  Bezug  auf  die  Lagerungsverhältnisse  verweise  ich  auf  die 
Angaben  vom  Bath's  und  von  Decken' s. 

Was  die  petrographisehe  Zusammensetzung  betrifft,  so  sind 
die  Angaben  der  xiutoren,  welche  das  Gestein  in  neuez'er  Zeit 
untersucht  haben,  bis  auf  die  Rosenbusch's  übereinstimmend. 
Nach  ersteren  ist  dasselbe  durch  das  Fehlen  von  Feldspath  und 
seinen  Gehalt  an  Nephelin ,  Augit ,  Leucit ,  Nosean ,  Mililith, 
Magnetit  und  Perowskit  gekennzeichnet  und  wird,  je  nachdem 
dem  Nephelin  oder  Leucit  mehr  Bedeutung  beigelegt  wird,  zu 
den  Nepheliniten  oder  Leucititen  gerechnet.  Rosenbusch  führt 
von  der  Hannebacher  Ley  Leucitophyr,  Xephelintephrit  und  Ne- 
phelinit auf.  In  dem  Ortsregister  p.  861  finden  sich  nämlich 
folgende  Angaben:  ^Hannebach.  Rheinpr. ,  Leucitoph. ,  p.  620, 
629,  630.  Hannebacher  Ley.  Rheinpr.  Ntephr. ,  p.  785. 
Nepht.,  p.   794." 

Hiernach  scheint  es,  als  ob  Rosenbusch  unter  Hannebach  und 
Hannebacher  Ley  zwei  verschiedene  Localitäten  meint.  Da  sich 
jedoch  die  oben  unter  Leucitophyr  citirten  Angaben  unzweifelhaft 
auf  einen  und  denselben  Fundort  beziehen,  dieser  aber  einmal 
(p.  620)  als  Hannebach,  andererseits  (p.  629)  als  Hannebacher 
Ley  bezeichnet  wii'd  und  in  beiden  Fällen  vollkommen  derselben 
Eigenschaft,  des  Reichthums  an  Glasbasis.  Erwähnung  geschieht, 
so  muss  ich  annehmen,  dass  der  Autor  beide  Bezeichnungen,  Han- 
nebach und  Hannebacher  Ley.  gleichwerthig  füi-  dieselbe  Localität 
gebraucht.     Auf  pag.  785    soll  nach   dem  Register  von  Nephelin- 


^)  Betreffend  die  Lagerungsverhältnisse:  v.  Oeynhausen,  Erläut., 
p.  18.  —  VOM  Rath,  diese  Zeitschr.,  XIY,  p.  662.  —  v.  Decken,  Laacher- 
see,  p.  221  ff.;  Erläut.  p.  1,  72.  —  Betreffend  petrogr.  Verhältnisse: 
VOM  Rath,  d.  Zeitschr.,  XIV,  p.  672^  —  v.  Dechen,  Laachersee,  p.  596; 
Erläut.,  2,  p.  51.  —  Zirkel,  Basalte,  p.  78,  178;  Äliii.  u.  Gest.,  p.  452. 
—  HussAK,  Wien.  Akad.  Sitzb.,  I.  Abth.,  Bd.  77,  1,  p.  342.  —  Stelzner, 
N.  Jahrb.,  B.-B.,  2,  p.  432.  —  Roth,  Geolog.  2,  p.  271.  —  Rosen 
BUSCH,  Mass.  Gest.,  2.  Aufl.,  p.  620,  629,  630,  785,  794. 


212 


tephriten  der  Hannebacber  Ley  die  Rede  sein;  bier  stebt  jedocb 
nur  eine  kleine  Notiz  über  die  Farbe  der  Augite  dieses  Vorkom- 
mens; ein  Plagioklasgebalt,  der  die  Bezeicbnung  recbtfertigen 
würde,  wird  niclit  erwähnt.  ScbliessUcb  erbält  pag.  897  das  Ge- 
stein seine  Stellung  im  petrographischen  System  als  den  Nepbe- 
liniten  von  doleritiscbem  Typus  nabestebend. 

Soweit  meine  Untersucbungen  reichen,  besteht  die  Hanne- 
bacber Ley  aus  einem  einheitlichen  Gestein,  welches  die  von 
Zirkel  angegebene  Zusannnensetzung  bat:  Augit,  Nepbelin,  Mag- 
netit, Melilith,  Nosean,  ganz  wenig  Leucit  und  leberbraune, 
schwach  polarisirende  Körnchen,  die  von  Hussak  ^)  als  Perowskit 
bestimmt  worden  sind. 

Ausserdem  fand  ich  ziemlich  reichlich  auftretenden  Apatit  in 
lang-säulenförmigen  Individuen,   die  theilweise  Bestäubung  zeigten. 

Von  Sanidin  oder  Plagioklas,  die  dem  Gestein  den  Cha- 
rakter eines  Leucitophyrs ,  bezw.  Nepbelintephrits  geben  würden, 
war  kein  einziges  Kryställcben  vorhanden.  Die  Ausbildung  der 
diesem  Nephelinit  mit  dem  benachbarten  Perlerkopf  -  Leucitopbyr 
gemeinsamen  Gemengtheile  ist  in  beiden  Fällen  eine  recht  ver- 
schiedene, zumal  geben  die  hellen,  gelblichen,  kaum  pleocbroi- 
tischen  Augite  und  das  i-eicblicbe  Vorbandensein  von  Magnetit  dem 
Gesteine  ein  ausgesprochenes  Gepräge,  das,  abgesehen  von  den 
mineralogischen,  tief  einschneidenden  Verschiedenheiten,  eine  Ver- 
wandtschaft der  beiden  in  Frage  stehenden  Gesteine  nicht  er- 
kennen lässt. 

2.    Einige  Basalte  aus  dem  Laachersee-Gebiet  und  der  nächsten 
Umgebung   des  Seibergs  bei  Quiddelbach. 

a.    Der  Basaltkopf  auf  der  Wasserscheide  Vinxtbach- 
Abr  bei  Ramersbacb  [18]. 

Die  Grundmasse  besteht  aus  hell  braunen  Augitkörnchen  und 
Plagioklasleisten .  zwischen  denen  eine  von  stabförmigen  Den- 
driten (Magnetit?)  erfüllte  Glasbasis  eingeklemmt  ist.  Magnetit, 
in  theilweise  sehr  gut  ausgebildeten  Krystallen,  betbeiligt  sich 
gleichfalls  an  der  Zusammensetzung  der  Grundmasse. 

An  Einsprengungen  sind  vorhanden:  Plagioklas,  Augit  und 
Olivin,  welcher  letztere  zahlreiche  sehr  kleine,  scharf  begrenzte, 
isotrope  Oktaeder  von  braunem  Pikotit  fühit.  In  den  Augiten 
tritt  manchmal  in  grösseren,  öfters  auch  oktaedrischen  Individuen 
ein  Mineral  auf.  welches  ich  in  Folge  seines  isotropen  Verhaltens 


1)  Irrthümlicher  Weise  schreibt  Roth  (Geol.  2,  p.  271)  diese  Be- 
obachtung Stelzner  zu. 


gleichfalls    zu    den    Spinellen    zu    rechnen    geneigt   wäre.      Nach 
seiner  olivengrünen  Farbe  möchte  es  wohl  Pleonast  sein. 

b.  Das  Basaltvorkommen  in  der  Nähe  des  Ramers- 
bacher  Leucitophyrs  [19]. 
In  der  Grundmasse,  welche  aus  Plagioklasen .  Magnetit  und 
sehr  zurücktretenden  schmalen,  stark  pleochroitischen  Hornblende- 
nädelchen  und  -Blättchen  besteht,  sind  grössere  Krystalle  eines 
hell  bräunlichen  Augits .  von  Olivin  und  Plagioklas  eingebettet. 
Bis  0,7  mm  lange  Nadeln  eines  wasserklaren,  einschlussfreien 
Apatits  durchspicken  die  übrigen  Gemengtheile.  In  der  Grund- 
masse ist  Glasbasis  mit  irgend  welcher  Sicherheit  nicht  nach- 
weisbar. 

Das  Gestein    ist   stark  verwittert    und   durch    einen  grossen 
Gehalt  an  secundärem  Kalkspath  ausgezeichnet. 

c.  Basaltvorkominen  südlich  des  Seibergs  bei  Quiddel- 
bach^)  [16]  und  von  der  Nürburg  [17|. 
Die  Grundmasse  bilden  Augit.  Plagioklas  und  sehr  viel  fein- 
körniger Magnetit.  Einsprenglinge  von  Augit  und  Pikotit  füh- 
renden Olivin  sind  vorhanden.  Zum  Vergleich  wurde  das  von 
Zirkel-)  beschriebene  Gestein  der  Nürburg  herangezogen.  In 
den  von  mir  untersuchten  Dünnschlitfen  weicht  der  mikroskopische 
Befund  so  wesentlich  von  der  Beschreibung  des  Autors  ab.  dass 
ich  vermuthen  muss.  demselben  habe  nicht  authentisches,  von  der 
Nürburg  stammendes  Material  vorgelegen.  Nach  meinen  Beob- 
achtungen ist  das  Gestein  ein  vollkommen  pragioklasfreier  Ne- 
phelinbasalt.  — •  Zwisclien  den  die  (h-undmasse  zusammensetzen- 
den Augitmikrolitheu.  Nephelin-  und  Magnetitkörnchen  ist  reichlicii 
eine  bräunliche,  von  schwarzen  und  braunen  Stäbchen  durchsetzte 
Glasbasis  eingeklemmt.  Einsprenglinge  von  Augit  und  Olivin, 
welclie  beide  sehr  grosse  Glaseinschlüssc  enthalten,  sind  nicht 
selten.  Pikotit  tritt  im  Olivin  wie  gewöhnlich  auf.  Apatit- 
Nadeln  durchdringen  die  übrigen  Gemengtheile.  Die  von  Zirkel 
erwähnten  eigenthümlichen  Gebilde  aus  Augit  und  Hornblende 
fehlen  vollkommen. 

d.    Lose  Basaltblöcke  vom  Abhang  des  Seibergs  bei 

Quiddelbach. 

Das  Gestein  zeigt  makroskopisch  eine  von  den  beschriebenen 

Basalten    etwas  abweichende  Ausbildung   und  zeichnet  sich  durch 

die  verhältnissmässig  grossen  Augit-    und  Olivin  -  Einsprenglinge, 


*)  V.  Decken.    Vordereifel,  p.  279,  No.  41. 
*)  Basalte,  p.  116. 

Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  2,  15 


214 


welche  letzteren  theihveise  in  Serpentin  übergegangen  sind,  und 
durch  viele  weisse,  etwa  hanfkorngrosse  Körner  aus,  die  meist 
mit  Säuren  brausen.  Unter  dem  Mikroskop  erscheint  die  Grund- 
masse als  aus  Augit,  Magnetit.  Nephelin  und  sehr  reichlicher 
Glasbasis,  die  dieselben  Ausscheidungen  wie  die  des  Nürburger 
Gesteins  zeigt,  bestehend.  Von  Einsprengungen  sind  Augit  mit 
recht  grossen  Glaseinschlüssen  (0.25  mm  lang),  der  den  im  Ge- 
stein von  der  Wasserscheide  Yinxtbach-Ahr  bei  Ramersbach  [18j 
auftretenden  Pleonasten  ähnliche  Körner  enthält,  ferner  Olivin  und 
Leucit  zu  erwähnen:  letzterer  ist  meist  in  kugelige  oder  nieren- 
förmige,  schwach  polarisirende.  radial  -  faserige  Aggregate  eines 
Zeoliths  umgewandelt.  Die  Leucite.  bezw.  ihre  Pseudomorphosen 
werden  oft  von  breiten  Glasrändern  in  den  Durchschnitten  einge- 
fasst.  sodass  es  scheint,  als  ob  sich  die  Krystalle  innerhalb  eines 
grossen  Glastropfens  ausgeschieden  hätten.  —  Besonders  beach- 
tenswerth  sind  sehr  eigenthümliche  Interpositionen  führende  Augite. 
Braune,  stark  pleochroitische.  meist  säulentorniig  entwickelte  Mi- 
krolithe  sind  parallel  der  Hauptspaltbarkeit  nnd  in  zwei  dazu 
unter  einem  Winkel  von  60-'  liegenden  Richtungen  manchen 
Augiten  eingelagert.  In  einzelnen  Durchschnitten  treten  zu  ihnen 
Körner  von  Magnetit  bis  zur  Verdrängung  der  ersteren.  Diese 
Intei'positionen  sind  meist  so  massenhaft  in  den  betreffenden 
Wirthen  vorhanden,  dass  nur  durch  die  gleiche  optische  Orien- 
tirung  die  getrennt  liegenden  Theile  der  letzteren  als  zusammen- 
gehörig erkannt  werden  können.  Was  die  Natur  der  braunen 
Körper  betriftt.  so  spricht  vor  Allem  der  kräftige  Pleochroismus 
bei  stärkster  Absorption  in  der  Richtung  der  l^ängsaxe  für  Horn- 
blende, gegen  dieselbe  die  an  verschiedenen  Blättchen  gemes- 
sene, bis  38*^  betragende  Auslöschungsschiefe.  Eine  weitere 
optische  Untersuchung  war  leider  in  Folge  Fehlens  geeigneter 
Durchschnitte  nicht  möglich.  Ausser  den  einzelnen  Augitpartieen, 
welche  zwischen  den  Stäbchen  liegen,  finden  sich  öfters  grünlich 
gelbe  Stellen,  die  ich  bei  ihrem  isotropen  Verhalten  zwischen  ge- 
kreuzten Nicols  für  Glasbasis  halte.  An  einzelnen  Punkten  der- 
selben zeigt  sich  Aggregatpolarisation,  die  für  die  Annahme  einer 
zeolithischen  Neubildung  spräche;  da  jedoch  die  Behandlung  mit 
kochender  Salzsäure  ohne  Einwirkung  blieb,  so  liegen  hier  ver- 
muthlich  globulitische  Ausscheidungen  aus  der  Glasbasis  vor. 

Eine  befriedigende  Deutung  der  Einlagerungen  ist  nicht 
leicht  zu  geben.  Nach  ihrer  satt  braunen  Farbe  zu  schlies- 
sen,  ist  ihr  Eisengehalt  ein  bedeutend  höherer  als  der  der 
hellen  Augite.  Will  man  nun  die  Interpositionen,  wie  einige 
Autoren  es  gethan  haben,  als  Producte  einer  molekularen  Um- 
lagerung.    Avelche   durch    Einwirken   des  Gesteinsmagmas    auf  die 


215 


in  ihm  schwimmenden,  schon  ansgeschiedenen  Augitkrystalle  lier- 
vorgebracht  worden  ist,  ansehen,  so  findet  man  für  den  höheren 
Eisengehalt  der  ersteren  keine  genügende  Erklärung.  Hierzu 
kommt  nocli.  dass  ganz  wider  Erwarten  zugleich  mit  den  Inter- 
positionen  meist  reiclilich  Magnetit  auftritt.  Ein  weiteres  Moment, 
welches  stark  gegen  die  Annahme  einer  magmatischen  f^inwirkung 
spricht,  sind  die  vollkommen  scharfen  Umrisse,  welche  die. 
zwischen  den  braunen  Leisten  liegenden  Augitpartieen  zeigen.  Wie 
ich  glaube,  haben  sich  die  braunen  Säulchen  den  skeletartig 
wachsenden  Augiten  eingelagert,  während  etwaige  Zwischenräume 
durch  Glasmasse  ausgefüllt  wurden^). 

Die  bisherigen  Beobachter  haben  in  dem  Gebiete  der  Eitel  streng 
zwischen  Basalten  und  Basaltlaven  unterschieden,  indem  sie  das  Haupt- 
gewicht auf  die  äussere  Erstarrungsform  legten ;  zu  den  ersteren  wur- 
den die  dichten,  oft  Kuppen  bildenden  Gesteine,  zu  letzteren  die  Ge- 
steine vulkanischer  Ströme  und  Kegel,  die  eine  blasige  oder  schlackige 
Structur  zeigen,  gerechnet.  Bekanntlich  hängt  die  Form  und  die 
Structur,  welche  ein  vulkanischer  Erguss  bei  der  Erstarrung  an- 
nimmt, wesentlich  von  dem  Grade  der  Dünnflüssigkeit  des  Schmelz- 
flusses und  der  Menge  der  eingeschlossenen  Gase  und  Dämpfe 
ab.  sodass  ein  und  dasselbe  Magma,  je  nach  den  physikalischen 
Bedingungen,  welche  bei  der  Eruption  obwalten,  die  eine  oder  die 
andere  Form  anzunehmen  vermag.  Auf  die  chemische  und  minera- 
logische Zusammensetzung  der  resultirenden  Producte  brauchen 
aber  diese  Verhältnisse  durchaus  keinen  Einfluss  zu  üben.  Petro- 
graphisch  kann  das  Gestein  einer  Kuppe  mit  dem  eines  Stroms 
identisch  sein,  was  um  so  weniger  autfällt,  da  ja.  wie  es  in  der 
Natur  der  Bildung  begründet  ist,  Uebergänge  von  der  einen  Er- 
starrungsform zu  der  anderen  öfters  beobachtet  worden  sind.  Es 
folgt  hieraus,  dass  diese  äussere  Erstarrungsform  vom  Standpunkte 
der  Petrographie  als  Eintheilungsgrund  nicht  verwendet  werden 
kann  und  dass  also  die  Unterscheidung  von  Basalten  und  Basalt- 
laven undurchführbar  ist.  Eine  Bestätigung  dieser  Behauptung 
lieferten  die  wenigen  Untersuchungen  basaltischer  Gesteine,  welche 
bei  Gelegenheit  dieser  Arbeit  ausgeführt  wurden.  Es  hat  sich 
im  Gegensatz  zu  der  bisherigen  Ansicht  ergeben,  dass  auch  unter 
den  dichten  Varietäten  echte  Nephelin-  und  Leucitbasalte  auf- 
treten und  dass  dieselben  in  Bezug  auf  die  wesentlichen  Gemeng- 
theile  nicht  von  den  soaenamiten  Basaltlaven  abweichen. 


^)  Vergl.  Zirkel,  Basalte,  p.  118.  —  Sommerlad,  N.  Jahrb.,  B.-B., 
2,  p.  150.  —  DÖLTER  und  Hussak,  N.  Jahrb.,  1884,  1,  p.  24.  — 
Lenk,  Zur  geol.  Kenntniss  d.  südl.  Rhön.  Verli.  d.  phys.-med.  Ges. 
zu  Würzburg^,  N.  F.,  XXI,  p.  80. 


15 


216 


Es  ist  mir  eine  angenehme  Pflicht,  auch  an  dieser  Stelle 
Herrn  Prof.  Dr.  Arzruni,  auf  dessen  Anregung  diese  Arbeit, 
welclie  im  Sommer  1889  im  Aacliener  mineralogischen  Institute 
ausgeführt  wurde,  entstanden  ist,  für  die  liebenswürdige  Unter- 
stützung verbindlichst  zu  danken. 

Erst  nach  Abschluss  dieser  Arbeit  gelangte  das  Referat  eines 
Vortrags  des  Herrn  Dr.  Busz  (Sitzungsberichte  der  niederrheini- 
sclien  Gesellschaft  für  Natur-  und  Heilkunde  in  Bonn,  11.  No- 
vember 1889)  zu  meiner  Kenntnis« .  in  welchem  dieser  einige 
Resultate  seiner  begonnenen  Studien  über  das  Verhältniss  der 
Leucitophyre  zu  den  Leucittuft'en  und  I>imssteinen  des  Laachersee- 
Gebiets  mittheilt.  Es  war  mir  sehr  interessant,  dieser  Notiz  zu 
entnehmen,  dass  Busz  der  Nachweis  der  Zusammengehörigkeit  der 
Bimssteine  und  Leucitophyre  gelungen  ist.  wodurch  meine  Unter- 
suchungen eine  dankenswerthe  Erweiterung  erfahren. 


217 


2.  lieber  einig:e  Spoiis^ien  aus  dem  Ciivieri- 
Pläiier  Ton  Paderborn. 

Von  Herrn  Philipp  Pocta  in  Prag. 
Hierzu  Tafel  VI  — VIII. 

Anlässlich  meiner  Arbeiten  in  dem  geologisch  -  paläontolo- 
gischen Institute  der  kgl.  Universität  zu  Bonn  erhielt  ich  von 
dem  Director  dieses  Instituts.  Herrn  Prof.  Dr.  Cl.  Schlüter, 
die  in  dortigen  Sammlungen  aufbewahrten  und  durchwegs  von 
demselben  selbst  gesammelten  Spongien  aus  dem  Cuvieri  -  Pläner 
von  Paderborn  in  Westfalen  zur  Bestimmung  und  wissenschaft- 
lichen Bearbeitung. 

Ich  ergreife  hier  die  Gelegenheit,  Herrn  Prof.  Schi.l:ter  für 
das  Wohlwollen,  das  er  mir  in  der  ganzen  Zeit  meiner  Arbeiten 
in  Bonn  entgegeubraclite .  sowie  für  seinen  werthvollen  wissen- 
schaftlichen Rath,  den  er  mir  stets  angedeihen  liess,  meinen  ver- 
bindlichsten Dank  auszuspi-echen.  Desgleichen  danke  ich  Herrn 
Assistenten  Fried.  Vogel  für  die  mir  erwiesenen  freundschaft- 
lichen Dienste. 

Von  jedem  der  mir  mitgetheilten  Stücke  suchte  ich  durch 
Aetzung  einzelner  Partieen  mit  Salzsäure  das  Skelet  auszuprä- 
pariren.  Wie  die  Abbildungen  der  unter  einem  Mikroskop  von 
Zeiss  vergrösserten  Partieen  des  Skeletes.  so  sind  auch  dieje- 
nigen der  ganzen  Spongien  mittelst  Camera  lucida  von  mir  selbst 
gezeichnet. 

Da  die  Literatur  der  Spongien  in  den  meisten  neueren  Wer- 
ken über  dieselben,  insbesondere  aber  in  der  Monographie  von 
HiNDE  ^)  vollständig  und  kritisch  zusammengestellt  ist,  habe  ich 
von  Wiedergabe  eines  Verzeichnisses  einschlagender  Publicationen 
Abstand  genommen  und  mich  mit  der  nöthigsten  Citirung  ein- 
zelner Werke  an  betreffenden  Stellen  begnügt. 

Ueber  die  geologischen  Verhältnisse  der  Schichten,  aus  wel- 
chen   die   hier    zu    beschreibenden  Spongien  stammen,    hat  Prof. 


^\    A  Monograph    of   the    british   fossil    8poiiges.     Palaeontogra- 
phical  Society,  1886. 


218 


Schlüter^)  näher  berichtet,  und  es  wird  hiermit  auf  seine  Erör- 
terungen verwiesen. 

Alle  hier  zu  behandelnden  Stücke  sind  in  Paderborn  selbst 
oder  in  der  nächsten  Umgebung  gefunden  worden,  und  es  entfällt 
somit  bei  Beschreibung  einzelner  Arten  die  Angabe  des  Fundortes. 

Der  Erhaltungszustand  der  vorliegenden  Spongien  ist  für 
die  mikroskopische  Untersuchung  des  Skeletbaues  ein  sehr  un- 
günstiger. Die  Kieselerde  des  Skeletes  ist  in  ihrer  Reinheit, 
wie  sie  in  den  Spongien  aus  anderen  Schichten  der  Kreidefor- 
mation vorkommt,  nie  erhalten.  Bei  den  am  besten  erhaltenen 
Skeleten  findet  man  die  Kieselerde  stark  verwandelt,  gefärbt  (ins- 
besondere durch  das  Eisen)  und  undurchsichtig,  sodass  die  Axen- 
kanäle  nicht  zu  sehen  sind.  Bei  verkieselten  Exemplaren  ist  das 
Skelet  durch  Ablagerung  secundärer  Kieselmassen  derart  verun- 
staltet, dass  es  seine  ursprüngliche  Form  nur  an  wenigen  Stellen 
zeigt.  Auch  erschwert  Eisenoxyd  in  kleinen,  an  einzelnen  Na- 
deln festhaftenden  Partikeln  die  Erkenntniss  der  das  Skelet 
aufbauenden  Elemente.  Besonders  interessant  ist  die  gänzliche 
Umwandlung  des  Skeletes  in  Schwefelkies,  welcher  aber  die.  For- 
men des  Skeletes  so  treu  nachahmte,  dass  auch  die  feinsten 
Verzierungen  wie  Dornen,  die  dünnen  Axenkanäle  in  den  oktae- 
drisch  durchbohrten  Kreuzungsknoten  und  dergleichen  zu  beob- 
achten sind.  Neben  diesen  verschiedenen  Arten  der  Erhaltung 
des  Spongienskelets  kommt  dann  noch  die  gänzliche  Verkalkung 
der  Schwammkörper  vor.  die  jede  Spur  des  inneren  Baues 
zerstörte. 

IlexactineUidae. 

1.     Craticularia  plicata  nov.  spec. 
Taf.  VI,  Fig.  2a,  b;    Taf.  VII,  Fig.  2a,  b. 

Von  dieser  grossen,  ziemlich  häufig  vorkommenden  Art  lagen 
ein  plattenförmiger  Theil  des  Bechers  und  dann  mehrere  nega- 
tive Abdrücke  vor. 

Der  Schwammkörper  ist  beclier-  oder  trichterförmig,  sehr 
breit  und  in  unregelmässige  Falten  gelegt,  vielleicht  auch  in 
Aeste  getheilt.  Diese  Falten  sind  meist  in  der  Breite  des 
Schwammkörpers,  oft  aber  ist  die  Wand  auch  in  der  Höhe  um- 
gebogen, wodurch  es  dann  den  Anschein  nimmt,  als  wären  zwei 
becherförmige  Individuen  durch  die  Ränder  ihrer  Wand  mit  einan- 
der verwachsen  (Taf.  VI.  Fig.  2a).  Die  Höhe  der  grössten  Exem- 
plare   beträgt    gegen   13  cm,    die  Breite   des    erhaltenen  Stückes 


')  Diese  Zeitschr.,   J8(i6,  1&76.  —  Verhaiidl.  d.  iiatinhist.  Vereins 
der  preuss.  Rheinlande  u.  Westfalen,  1876. 


219 


23  cm;  die  Wand  ist  etwa  5 — -6  mm  breit.  Die  äussere  Ober- 
fläche ist  mit  1 — 2  nmi  breiten,  oft  dichotomisch  sich  theilenden 
Längsfurchen  bedeckt,  in  welchen  runde  oder  häufiger  längliche 
Ostien  von  0,5  — 1,5  mm  im  Durchmesser  gelegt  sind.  Auf  einem 
Stücke  sind  die  Ostien  etwas  grösser  (2  mm)  und  die  Furchen 
nicht  so  scharf  ausgebildet.  Die  Beschatfenheit  der  iimeren  Ober- 
fläche ist  eine  ähnliche,  nur  sind  hier  die  dichotomisch  sich  thei- 
lenden Furchen  sehr  kräftig  markirt  und  die  Ostien  an  den  Ab- 
drücken schwach  und  nur  stellenweise   angedeutet. 

Das  Skelet  ist  sehr  ungünstig  erhalten.  Eine  secundäre 
Ablagerung  der  Kieselerde  bekleidet  dasselbe  und  lässt  nur  wenig 
von  den  Nadeln  sehen.  Insbesondere  sind  gewöhnlich  die  Kreu- 
zungsknoten verdeckt  (Taf.  VII.  Fig.  2  b).  Um  einzelne  Ostien 
wird  das  Skelett  unregelmässig  und  die  hinzutretende  fremde 
Kieselerde  erschwert  noch  bedeutend  die  Erklärung  dieser  Ver- 
hältnisse (Taf.  Vn,  Fig.  2  a). 

Schon  in  ihrer  äusseren  Form  besitzt  diese  Art  eine  Be- 
schaftenheit.  welche  bisher  bei  keiner  Hexactinellide  bekannt  war. 
Einige  Aehnlichkeit  könnte  man  in  der  von  Rcemer  'j .  t.  VIII, 
f.  5  abgebildeten  Dendrospomiia  dafhratn  erblicken,  welche  von 
ziemlich  unregelmässiger  Form  ist  und  Ostien  in  einfachen,  selten 
dichotomirenden  Längsreihen  trägt.  Doch  ist  das  baumartige, 
ästige  Aeussere  dieser  Art  von  unserer  Form  ganz  verschieden. 

2.    ?  Coscinopora  macropora  Goldf. 

GoLDFUss  ^)  bildet  einen  Abdruck  dieser  Art  ab,  welche  sich 
von  Coscinopora  ivfumllhiiliformis  durch  grössere  und  weiter  von 
einander  gestellte  Ostien  unterscheidet.  Das  abgebildete  Stück, 
welches  nur  einen  kleinen  Bruchtheil  darstellt,  lässt  eine  becher- 
förmige Form  vermuthen. 

Mir  lagen  einige  Stücke  vor,  welche  vielleicht  zu  dieser  Art 
gerechnet  werden  können.  Vorerst  war  das  ein  kleines,  trichter- 
förmiges Exemplar,  25  mm  hoch  und  34  mm  oben  breit.  Es 
verengt  sicii  ziemlich  rascli  nach  unten  und  ist  hier  abgebrochen. 
Die  Wand  ist  nicht  gleich  dünn,  etwa  1,6 — 3  mm  und  ist  nach  dem 
oberen  Rande  zu  etwas  zugeschärft.  Unten  auf  der  Bruchfläche 
des  Stieles  ist  die  Wand  1.5  mm  breit.  Die  äussere  Oberfläche 
trägt  runde,  0.6 — 0,8  mm  breite  Ostien  dicht  an  einander  in 
regelmässiger  Quincunxordnung  gestellt.  Die  erhabenen  Wälle 
zwischen  einzelnen  Ostien  erscheinen  beim  Betrachten  mit  blossem 
Auge  wie  kleine  Rhomboeder.      Dieselbe  Beschaffenheit  hat  auch 


')  Palaeoiitograpliica,  Bd.  XIII,  1884. 
^)  Petrefacta  Germaniae,  t,  IX,  f.  IT. 


220 


die  Oberfläche  des  Stieles.  Die  Zählung  einzelner  Ostien  ergab, 
dass  wie  auf  dem  beschriebenen  kleinen  Trichter  so  auch  auf 
dem  Gold puss' sehen  Originale,  welches  mir  zum  Vergleiche  vor- 
lag, die  Ostien  in  der  Weise  vertheilt  sind,  dass  5  auf  4  mm 
kommen. 

Neben  diesem  Exemplare  sind  mir  noch  mehrere  Abdrücke 
verschiedener  Grösse  bekamit,  welche  ebenfalls  ähnliche  Verthei- 
lung  der  Ostien  zeigen. 

Vom  Skelete  konnte  man  im  Rückstande  nach  Aetzung 
einiger  Proben  nur  sehr  kleine  Bruchstücke  finden,  da  der  ganze 
Körper  in  Kalkstein  verwandelt  ist. 

3.  Coscinopora  sp. 
Ein  negativer  Abdruck  der  äusseren  Oberfläche,  etwa  10  cm 
lang  und  ebenso  hoch,  lässt  auf  einen  ausgebreiteten,  vermuthlich 
becherförmigen  und  in  10 — 15  mm  breite,  wulstartige  Falten  ge- 
legten Schwammkörper  schliessen.  Die  Ostien  sind  rundlich, 
7  bis  9  auf  10  mm  vertheilt  und  sind  insbesondere  gegen  unten 
regelmässig  in  Quincunx  gestellt.  Dem  Rand  zu  wird  die  An- 
ordnung der  Ostien  unregelmässiger.  Das  Skelett  der  wenigen 
an  dem  Abdrucke  noch  anhaftenden  Partikel  der  Körperwand  ist 
nicht  erhalten,  und  aus  diesem  Grunde  ist  auch  die  sichere  Be- 
stimmung unmöglich.  ,.,   .,,, 

Ventriculites. 
t)iese  Gattung  ist  im  CVy/^?«- Pläner  von  Paderborn  durch 
mehrere  Arten  vertreten.  Wegen  ungünstiger  Erhaltung  des  Ske- 
letes,  sowie  in  Folge  des  Umstandes,  dass  die  grösste  Anzahl  der 
hierher  zu  stellenden  Arten  meist  nur  in  Bruchstücken  vor- 
kommt, ist  es  oft  nicht  möglich,  dieselben  sicher  zu  bestimmen. 
Desgleichen  besitzt  die  Gattung  Venfricnlites  eine  Fülle  von  oft 
nicht  genügend  begründeter  und  in  Betreff  ihrer  Verwandtschaft 
bisher  wenig  besprochener  Allen. 

4.    ?  Ventriculites  radiatus  Mant. 

Es  lagen  einige  flache  Bruchstücke  des  Schwammkörpers 
vor,  welche  mit  dieser  in  letzter  Zeit  von  Hinde^)  so  trefflich 
neu  beschriebenen  Art  zu  vergleichen  sind. 

Die  innere  Oberfläche  trägt  3 — 6  mm  breite  Falten,  die  sich 
dichotomisch  verzweigen,  und  zwischen  diesen  liegen  dann  die 
ovalen  Ostien.  Die  äussere  Oberfläche  ist  ähnlich  beschaffen,  die 
Falten  erscheinen  jedoch  etwas  dicker  und  unregelmässig  gebildet. 
Das  Skelet  ist  nicht    erhalten. 


')  Catalogue  of  the  fossil  Sponges,  1883,  p.  108. 


221 


5.    ?Ventriculifes   infu  n  d  ihn  lifo  rmis  Woodw. 

Schwammkörper  kegelförmig  verlängert,  über  7  cm  lang, 
unten  gekrinnmt  und  oben  35  mm,  unten  16  mm  breit.  Die 
Körperwand  ist  ziemlich  dick  (6  mm)  und  trägt  auf  der  äusseren 
Oberfläche  grobe,  unregelmässige  Falten,  die  sich  oft  zu  Maschen 
vereinigen.  Unser  Schwanmi  stimmt  dem  Aeusseren  nach  mit  der 
Art  Woodward's  überein,  ist  jedoch  kleiner  als  das  von  Hinde, 
1.  c,  t.  XXVI,  f.  1.   abgebildete  Exemplar.    Kein    Skelet  erhalten. 

6.  Ventrieulites  angtistatus  Ra-:M.  sp. 

Schwammkörper  kegelförmig  verlängert,  mit  tiefer  Magen- 
höhle und  dicker  Wand.  Die  Falten  auf  der  äusseren  Oberfläche 
verbinden  sich  in  rundliche  oder  etwas  eckige  Maschen.  Avelche 
bald  in  mehr  oder  weniger  deutlichen  schrägen  Reihen,  bald  ohne 
Ordnung  zerstreut  stehen.  Das  vorliegende  Exemplar  besitzt  aber 
auf  der  inneren  Oberfläche  feine,  gedrängte  und  dichotomisch  sich 
theilende  liingsfalten  und  unterscheidet  sich  so  von  den  unter 
diesem  Namen  bisher  beschriebenen  Arten,  die  auf  der  innei'en 
Oberfläche  runde  Ostien  in  horizontalen  Reihen  tragen.  Das 
Skelet  ist  nicht  erhalten. 

7 .  FVent r  ic n Ute s   m n 1 1 ic ost a t u s  Rcem. 

Schwammk()rper  verlängert  kegelförmig,  etwa  75  mm  hoch, 
gegen  unten  langsam  sich  verjüngend,  trägt  auf  der  äusseren 
Oberfläche  1.6  — ■  '2  mm  breite,  nicht  sehr  hohe  Längsfalten, 
welche  sich  selten  dichotomisch  verzweigen.  Zwischen  den  Falten 
liegen  ovale  Ostien.     Kein  Skelet  vorhanden. 

8.  ?Venfricii.lites  splssontgatiis  n.  sp. 

Taf.  Vm,  Fig.  5. 

Es  lag  mir  ein  negativer  Abdruck  vor,  der  auf  nachstehende 
Beschaftenheit  des  Schwammkörpers  schliessen  lässt.  Aeussere 
Gestalt  breit,  schüsseiförmig,  gegen  unten  sich  allmählich  in  einen 
dicken  Stiel  verengend  und  von  etwa  8  cm  Halbmesser.  Auf  der 
inneren  Oberfläche,  deren  Beschaftenheit  der  Abdruck  allein  zeigt, 
verlaufen  vom  Stiele  grobe  und  sehr  dicke  (6  —  10  mm)  Falten, 
die  sich  dichotomisch  theilen.  In  den  von  diesen  Falten  gebil- 
deten Furchen  liegen  grosse,  lange  Ostien,  welche  am  Abdruck 
durch  hervorragende  Abgüsse  angedeutet  sind.  Die  Ostien  sind 
meist  ländlich  oval,  messen  6  — ^12  mm  in  der  Länge,  ja  hie 
und  da  kommen  Abgüsse  derselben  von  einer  Länge  bis  20  mm 
vor.  Das  Skelet  ist  in  kleinen  Bruchstücken  erhalten,  die  aber 
genügen,   um  diese  Art  für  einen  der  Familie  der  Ventriculitiden 


222 


gehörigen  Schwamm  bezeichnen  zu  können.  Obgleich  diese  Art 
nur  im  Abdruck  vorliegt,  ist  sie  dennoch  der  äusseren  Form 
nach  typisch  und  leicht  wiederzuerkennen,  und  aus  diesem  Grunde 
glaubte  ich  dieselbe  als  eine  neue  Art  aufstellen  zu  sollen. 

9.  Ventriculiies  sp. 
Taf.  VII,  Fig.  3  a— e. 

Es  lagen  einige  Bruchstücke  des  Bechers  von  sehr  unzu- 
reichender Erhaltung  vor.  Die  Falten  sowie  die  in  den  Furchen 
liegenden  Ostien  sind  nicht  erkennbar  und  diese  Stücke  darum 
auch  nicht  näher  bestimmbar.  Das  Skelet  ist  aber  stellenweise 
sehr  gut  erhalten  und  zeigt  in  Betreff  seiner  chemischen  Zusam- 
mensetzung eine  interessante  Eigenthümlichkeit.  Es  ist  nämlich 
zum  grössten  Theil  in  Schwefelkies  verwandelt  und  nur  kleine 
Partieen  haben  ihre  Kieselerde  bewahrt,  sind  aber  mit  dem  ver- 
kiesten  Skelete  noch  im  Zusannnenhange,  sodass  oft  die  Grenzen 
zwischen  beiden  das  Skelet  aufbauenden  Materialien  zu  beob- 
achten sind.  Der  Schwefelkies  hat  daneben  die  Umrisse  der 
ursprünglich  kieseligen  Elemente  scharf  erhalten,  sodass  er  auch 
die  feinsten  Verzierungen  der  Nadeln,  die  Axenkanäle  in  den 
durchbohrten  Kreuzungsknoten  u.  a.  wiedergiebt.  Nach  Aetzung 
der  Proben  mit  Salzsäure  verbleibt  ein  feiner,  grün  gefärbter 
Sand,  der  bei  Betrachtung  unter  dem  Mikroskop  in  Skelettrümer 
sich  auflöst.  Man  findet  einzelne  oft  zerbrochene  Laternen- 
nadeln (Fig.  3  b,  c)  und  dann  das  feine ,  unregelmässige  Gewebe 
(Fig.  3  d,  e)  von  Nadeln  mit  undurchbohrten  Kreuzungsknoten,  das 
bekanntlich  bei  dieser  Gattung  eine  an  der  Innenseite  des  Schwamm- 
körpers gelegene  Lage  bildet.  Grössere  Partieen  von  zusammen- 
hängendem Skelett  kann  man  auf  der  Oberfläche  der  Bruchstücke 
unter  dem  Mikroskop  bei  auffallendem  Licht  gut  beobachten 
(Fig.  3  a),  weil  die  dunkel  gefärbten  Nadeln  scharf  vom  weiss- 
lichen  Pläner  abstehen.  Diejenigen  Theile  des  Skeletes,  welche 
noch  ihre  ursprüngliche  Kieselerde  bewahrt  haben,  verlieren  ihre 
Umrisse  bei  Aufbewahrung  in  Canadabalsam. 

10.  Ventrienlites  sp. 

Taf.  VIII,   Fig.  4. 

Von  den  undeutlichen  Bruchstücken,  die  zur  Gattung  Ven- 
triculites  zu  stellen  sind,  ist  noch  ein  walzenförmiger,  55  mm 
langer  Stengel,  der  unten  in  zahlreiche  feine  Wurzeln  sich  theilt, 
anzuführen.  Das  Ganze  ist  mit  Eisenoxyd  stark  rostbraun  ge- 
färbt und  ist  einer  mineralogischen  Infiltration  in  der  Art  eines 
Dendriten  nicht  unälmlich.      Dieser  Stengel  wird  jedoch  von  gut 


223 


erhaltenem,  feinem  und  charakteristischem  Skelet  gebildet.  Er 
besteht  aus  langen,  parallel  neben  einander  liegenden  Kieselnadeln, 
die  mit  einander  durch  kürzere  und  dümiere  Balken  verbunden  sind. 

11.  Plocosci/2)hia  cavernosa  R(em.  sp. 

Unregelmässiger  Knollen  aus  mäandrisch  gewundenen,  1  bis 
1.5  mm  dicken  Röhren  bestehend,  welche  auf  vorliegendem  Exem- 
plare theilweise  in  zerbröckeltem  Pläner  frei  liegen.  Die  Röhren 
öffnen  sich  nach  aussen  mit  einer  meist  elliptischen  Oeff'nung, 
deren  Durchmesser  4 — 10  mm  beträgt.  Der  Schwammkörper  ist 
in  dunklen  Brauneisenstein  verwandelt,  und  aus  diesem  Grunde  ist 
sein  innerer  Bau  vernichtet.  Der  äusseren  Form  nach  stimmt 
dieser  Knollen  mit  der  von  R(emer,  1.  c,  t.  XVIII,  f.  8,  gege- 
benen Abbildung  der  Macandrospomjia  cavernosa  überein. 

12.  ? Flocoscyphia  reticulata  Hinde. 

Taf.  VI.  Fig.  3a,  b. 

Schwannnkörper  flach,  ungleichmässig  dicke  Platten  bildend, 
im  Ganzen  etwa  14  cm  lang,  9  cm  breit  und  aus  mäandrischen 
Röhren  gebildet,  deren  Wand  3  —  4  mm  dick  ist.  Die  Oeftnungen 
der  Röhren  sind  rundlich  oder  oval  und  liaben  10 — 15  mm  im 
Durchmesser.  Die  Oberfläche  der  Körperwand  ist  mit  kleinen 
Poren  besetzt.  Das  Skelet  ist  in  kleinen  Bruchstücken  erhalten 
und  von  zweierlei  verschiedenen  Grössen.  Es  besteht  aus  sehr 
grossen  Sechsstrahlern  mit  durchbohrten  Kreuzungsknoten  (Fig.  3a) 
und  dann  aus  bedeutend  kleinerem,  unregelmässigem  Gewebe, 
welches  ebenfalls  hie  und  da  oktaedrisch  durchbohrte  Kreuzungs- 
knoten besitzt.  Die  grossen  Laternennadeln  nehmen  die  Mitte 
der  Wand  ein,  wogegen  die  kleineren  auf  beiden  Oberflächen 
dünne  Lagen  bilden.  Li  dieser  Richtung  unterscheidet  sich  das 
beschriebene  Exemplar  von  dem  von  IIinde,  1.  c,  p.  35,  t.XXIX, 
f.  3,  angeführten.  Dem  Aeusseren  nach  ähnelt  unsere  Art  auch 
der  aus  den  cenomanen  Phosphoritlagern  von  Galizisch  Podolien 
von  DuNiKOwsKi  ^)    beschriebenen  Floeoscypliia  podolien. 

13.  Flocoscyphia  prosirnfa  nov.  sp. 

Schwammkörper  dicke  Platten  von  bedeutender  Grösse  (etwa 
16  cm  lang  und  11  cm  breit)  bildend,  der  vorgehenden  Art  ähnlich. 
Die  Wand  der  mäandrisch  gewundenen  Röhren  verhältnissmässig 
dünn,   0.8  — 12  mm.      Die  Oberfläche   mit   feinen  Poren  besetzt. 


')  Die  Cenonian-Spongien  aus  dem  Phosphorit-Lager  von  Galizisch- 
Podolieii.  Denkschriften  d.  math.  -  naturw.  CL  der  Äkad.  d.  Wiss.  in 
Krakau,  Bd.  XVI,  1S8S,  t.  II,  f.  1. 


224 


Die  Art  ist  durch  ihre  äussere  Form  von  allen  bisher  bekannten 
verschieden.  Das  Skelet  ist  nur  in  kleinen  Bruchstücken  er- 
halten. 

14.    Plocoscyphia  arhorescens  nov.  sp. 

Taf.  VIII ,  Fig.  3. 

Schwammkörper  knollenförmig,  etwa  32  mm  hoch  und  oben 
40  mm  breit,  aus  mäandrisch  gewundenen,  durch  Verästelung  aus 
einer  einzigen  Röhre  entstandenen  Röliren  zusammengesetzt.  Die 
Oeffnungen  sind  rundlich  oder  oval,  auch  verzogen,  haben  6  bis 
10  mm  im  Durchmesser,  und  ihre  Wand  ist  1 — 1,.5  mm  dick. 
Das  Skelet  ist  nur  in  kleinen  Bruchstücken  erhalten,  welche  auf 
ein  feines  Gewebe  von  Laternennadeln  schliessen  lassen.  Durch 
ihre  baumartig  verästelte  Form  unterscheidet  sich  diese  neue  Art 
von  allen  bisher  bekannten. 

15.    Plocosci/phia  pertusa  Gein. 

Ein  in  Brauneisenstein  verwandeltes  Exemplar  von  eiförmi- 
gem Aeusseren.  etwa  o  cm  lang  und  3  cm  breit.  Die  Röhren 
treten  zu  Tage  durch  runde  Oetfnungen  von  o  mm  Durchmesser, 
die  Wand  ist  1  mm  dick.  Das  Skelet  ist  nicht  erhalten.  Diese 
Art  wurde  von  Geinitz^)  aus  dem  cenomanen  *Se/-p?/^a- Sande  von 
Bannewitz  und  Welschhufa  bei  Dresden  beschrieben,  ist  aber  auch 
in  Böhmen  in  den  Teplitzer  Schichten  bei  Settenz^)  gefunden 
worden. 

16.    ? Plocosct/i)hia   hihyrinthica  Mant.  sp. 

Plattige  Knollen,  etwa  von  7  cm  im  Durchmesser,  zeigen 
Durchschnitte  von  gewundenen  2. .5 — 3,.^  mm  dicken  Wänden,  die 
nur  selten  sich  zur  Röhre  einrollen.  Das  Skelet  ist  nicht  er- 
halten. Mit  dem  Namen  Fl.  hihyrinthica  sind  zwei  von  einander 
gänzlich  verschiedene  Spongien  belegt  worden.  Mantele^)  nannte 
so  eine  Form  aus  dem  englischen  Upper  Chalk  und  Reuss*)  eine 
solche  aus  den  Teplitzer  Schichten  von  Böhmen.  Die  ältere  Be- 
zeichnung ist  aufrecht  zu  erhalten  und  die  von  Reuss  beschriebene 
Art  mit  einem  neuen  Namen  zu  belegen. 


')  Das  Elbthalgebirge  in  Sachsen,  I,  p.  26,  t.  2,  f.  5a,  b,  t,  3, 
f.  la,  b. 

^)  Ph.  Pocta.  Ueber  zwei  neue  Spongien  aus  der  böhmischen 
Kreifleformation.    Sitzungsber.  d.  k.  böhm.  Ges.  d.  Wiss.,  1885,  p.  .^87. 

^)  Fossils  of  the  South  Downs,  p.  165,  t.  XV,  f.  7. 

*)  Die  Versteinerungen  der  böhmischen  Kreideformation,  II,  p.  77, 
t.  XVIII,  f.  10. 


225 


17.    Plocoseyphia  sp. 

Kleine  Knollen,  etwa  4,5  cm  im  Durchmesser,  welche  auf 
der  Oberfläche  der  Durchschnitte  mäandrisch  gewundene  Röhren 
tragen.  Die  Körperwand  ist  10- — 12  mm  dick;  die  Oeft'nungen 
der  Röhren  haben  4  —  6  mm  im  Durchmesser.  Das  Skelet  ist 
nicht  erhalten.  Diese  Art  wäre  mit  PL  flexuosa  Mant.  *)  zu 
vergleichen. 

18.     Camer ospongia  suhrofu nda  Mant.  sp. 

Schwammkörper  kugelig  oder  eiförmig,  wenig  von  oben  zu- 
sammengedrückt, etwa  16  nun  oben  breit,  meist  in  gemeinschaft- 
lichen Colonien  auftretend.  Die  Höhe  des  Schwammes  konnte 
nicht  gemessen  werden,  da  die  unteren  Theile  der  Schwamm- 
körper mit  Gestein  verdeckt  sind.  Die  Oberfläche  des  Schwam- 
mes ist  an  erhaltenen  Stellen  ziemlich  glatt.  Am  Scheitel  trägt 
diese  Art  eine  kreisrunde  oder  nur  sehr  unbedeutend  verlängerte 
Oeffnung.  die  6  —  7  mm  im  Durchmesser  hat.  Auf  dem  mir  vor- 
liegenden Stücke  liegen  zwei  an  einander  gedrängte  Exemplare, 
und  ausserdem  sieht  man  noch  Spuren  von  anderen  Individuen. 
Ueber  die  Anheftungsweise  dieser  Art.  die  bei  unseren  unten 
verdeckten  Exemplaren  nicht  beobachtet  werden  kann,  sagt  Hinde, 
1.  c,  p.  140:  ,.The  sponge  appear  to  have  been  atached  by  a 
few  divergent  rootlests  given  of  laterally*. 

Unsere  Exemplare  stimmen  gänzlich  mit  der  1.  c.  gege- 
benen Abbildung  überein.  Wird  im  Upper  Chalk  bei  Lewes  in 
Sussex,  Charing  in  Kent  und  Whitehead  bei  Belfast  nicht  selten 
gefunden. 

19.     Camerospongia  Schlüteri  nov.  sp. 
Taf.  Vm,  Fig.  1  a,  b. 

Schwammkörper  in  der  Form  eines  dicken  Trichters  mit 
schräg  abfallendem  Rande,  gegen  unten  rasch  sich  verjüngend. 
Die  Höhe  des  Schwammes  beträgt  etwa  43  mm.  die  Breite  in 
der  längeren  Axe  65  mm.  in  der  kürzeren  52  mm.  Die  Magen- 
höhle ist,  soweit  dies  zu  sehen  ist.  nicht  tief,  trichterfönnig. 
Oben  bildet  der  Schwammkörper  einen  scharfen  Rand,  der  die 
im  Umrisse  elliptische,  52  mm  lange  und  32  mm  breite  Magen- 
höhle umzäunt.  Von  diesem  Rande  fällt  schräg  ein  breiter  Saum 
ab.  der  nacli  unten  scharf  durch  eine  wellig  gebogene  Linie  von 
dem  unteren  Theile  des  Körpers  abgetrennt  ist.  Von  da  verengt 
sich  allmählich  der  Schwamm  bis  zu  einer  dünnen  Spitze.  Der 
ganze  Körper    besteht  aus    mäandrisch  gewundenen  Röhren    oder 


')  Bei  Hinde,  1.  c,  p.  136,  t.  XXIX,  f.  4 


226 


Falten.  Der  breite  Saum  ist  etwa  zur  Hälfte  mit  einer  Deck- 
schicht bedeckt,  zur  anderen  lässt  er  die  mäandrische  Faltung 
sehen.  Der  untere  Theil  des  Kiirjjers  ist  ähnlich  gebildet,  nur 
sind  die  Falten  etwas  feiner  und  meist  in  die  Längsrichtung  ge- 
ordnet. Dieses  hier  beschriebene  einzige  Exemplar  ist  verkalkt 
und  sein  Skelet  demnach  nicht  erhalten.  Bei  Betrachtung  mit 
der  Lupe  kann  man  jedoch  an  gewissen  Stellen  den  Hexactinel- 
liden-Typus  erkennen. 

Diese  wunderliche  Art  weiclit  von  den  typischen  Vertretern 
der  Gattung  Camer ospomjia  ziemlich  ab  und  nähert  sich  der 
äusseren  Form  nach  der  Gattung  Coelopti/chmm.  Die  den  Körper 
zusammensetzenden  Falten  sind  hier  mäandrich  unregelmässig  im 
Gegentheil  zu  dem  bekannten,  bei  wahren  Coeloptychien  auftre- 
tenden regelmässigen  Bau. 

20.    ? Camer ospongia  sp. 

Neben  den  oben  beschriebenen  zwei  Arten  dieser  Gattung 
stammt  aus  dem  Pläner  von  Paderborn  noch  eine  andere  Form, 
deren  Erhaltungszustand  eine  nähere  Bestimmung  nicht  zulässt. 
Der  Schwammkörper  ist  im  festen  Pläner  eingeschlossen,  sodass 
von  einer  Seite  der  obere  Theil.  von  der  anderen  der  Stengel 
desselben  zum  Vorschein  konnnt.  Da  diese  beiden  Theile  nicht 
gerade  unter  einander  liegen,  sondern  etwas  verschoben  sind,  ist 
anzunehmen,  dass  der  Körper  schräg  verdrückt  ist.  Der  Schwamm- 
körper ist  knollenförmig,  misst  oben  etwa  34  mm  im  Durchmesser 
und  trägt  am  Scheitel  in  der  Mitte  eine  runde  Oeffnung  von 
15  mm,  die  durch  einen  dicken,  wenig  erhabenen  Rand  umgrenzt 
wird.  Die  Oberfläche  ist  mit  glatter  Deckschicht  bedeckt  und 
trägt  hie  und  da  schwache  Depressionen. 

Der  auf  der  unteren  Seite  der  Plänerplatte  hervortretende 
Strunk  ist  im  Durchschnitt  kreisrund,  meist  etwa  16  mm  im 
Durchmesser  und  spitzt  sich  gegen  unten  allmählich  zu.  Seine 
Oberfläche  ist  sehr  glatt  und  mit  feinen  Längsstrichen  bedeckt. 
Diese  Beschaffenheit  des  Strunkes,  welche  selir  an  bekannte. 
durch  Reibung  entstandene  Glättung  erinnert,  ist  bei  der  Beur- 
theilung  des  organischen  Ursprungs  dieses  hier  beschriebenen 
Exemplars  zu  beachten. 

Das  Skelet  ist  nicht  erhalten,  und  keine  von  den  geötzten 
Proben  hat  eine  Spur  davon  gezeigt. 

21.    Licmosinion  folium  RtEM.  sp. 

Mir  lagen  drei  sehr  ungünstig  erhaltene  Stücke  dieser  Art 
vor.  welche  im  Allgemeinen  mit  der  von  Riemer.  1.  c. ,  p.  23, 
t.  IX,  f.  t),  beschriebenen  Beschaffenheit   dieser  Species    übercin- 


227 


stimmen.  Keines  von  diesen  Stücken  stellt  ein  ganzes  Individuum 
dar.  sondern  es  sind  das  nur  Bruchstücke,  welche  aber,  wie  aus  dem 
zugerundetem  Rande  geschlossen  werden  kann,  die  weit  grössten 
Theile  einzelner  Individuen  sind.  Sie  sind  alle  beinahe  gleich 
gross,  35  mm  lang  und  22 — 25  mm  breit.  Die  Decke  der  Wand 
beträgt  3,5  —  5  mm.  Eines  von  den  vorhandenen  Exemplaren  ist 
unten  mit  einem  engen  Stiel  versehen,  die  beiden  anderen  lassen 
eine  ähnliche  Bildung  durch  allmähliche  Verengung  vermuthen, 
sind  aber  eben  an  dieser  Stelle  abgebrochen.  Die  beiden  Ober- 
flächen sind  nun  nicht  auf  gleiche  Weise  verziert.  Zwei  von  den 
Exemplaren  tragen  auf  der  ausgehöhlten  (inneren)  Seite  runde, 
ziemlich  tiefe  Ostien,  die  in  radiale  Reihen  gestellt  sind,  an  den 
Rändern  des  Schwammkörpers  aber  unregelmässig  sich  vertheilen. 
Auf  der  gewölbten  (äusseren)  Seite  ist  der  Schwamm  mit  ähn- 
lichen Ostien  bedeckt,  welche  aber  durch  ungleiche  Grösse  und 
Verzweigung  der  Reihen,  in  welche  sie  gestellt  sind,  mehr  Un- 
regelmässigkeit zeigen.  Das  dritte  mir  vorliegende  Exemplar  ist 
auf  beiden  Seiten  mit  grösseren,  verzogenen  und  gänzlich  un- 
regelmässig zerstreuten  Ostien  bedeckt,  die  insbesondere  auf  der 
äusseren  gewölbten  Seite  zwischen  kammartig  hervortretenden  Par- 
tieen  des  Skeletes  liegen.  Die  Deckschicht  ist  stellenweise  an- 
gedeutet. Alle  drei  Exemplare  sind  in  Brauneisenstein  umge- 
wandelt. 

Lithistidae. 

1.     Chonella  sp. 

Schwammkörper  trichterförmig,  etwa  55  mm  hoch  und  oben 
9  cm  breit,  gegen  unten  allmählig  in  einen  22  mm  dicken  Strunk 
übergehend.  Die  Körperwand  ist  6  —  8  mm  dick,  die  Magenhöhle 
tief  trichterförmig.  Die  äussere  Oberfläche  ist  meist  abgerieben, 
stellenweise  sind  kleine,  runde  Poren  erhalten.  Das  Skelet  ist 
durch  secundäre  Kieselerde  zerstört,  hie  und  da  glaubt  man 
Rhizomorinen-Elemente  beobachten  zu  können. 

2.    Verrticulina  sp. 

Einige  Bruchstücke  des  blattförmigen,  sehr  dünnwandigen 
(2 — 4  mm)  Schwanmies  tragen  auf  der  einen,  inneren  Oberfläche 
eine  glatte  Deckschicht,  in  welcher  ziemlich  weit  von  einander 
die  etwa  1  -1,5  mm  im  Durchmesser  habenden,  runden  Oscula 
mit  wenig  erhöhtem  und  hie  und  da  ganz  abgeriebenem  Rande 
liegen.  Die  Structur  der  äusseren  Oberfläche  ist  verwischt. 
Die  Oscula  auf  der  inneren  Fläche  scheinen  stellenweise  in 
Reihen  geordnet,  bei  Betrachtung  grösserer  Partieen  gewinnt  man 
jedoch    die  Ueberzeugung .    dass   sie   ohne  Ordnung   liegen.     Das 


228 


Skelet  ist  nicht  erhalten.  Von  den  bereits  beschriebenen  Arten 
tritt  dieser  Schwamm  der  cenomanen  VerrucuUna  suhtüis  Pocta  ^) 
am  nächsten. 

3.    Pachypoterion  cupnlare  nov.   spec. 
Taf.  VII,  Fig.  1  u.  la. 

Der  mir  vorliegende  Schwamm  ist  niedrig  schüsselförmig. 
wie  es  scheint  miregelmässig  seitlich  verlängert,  sodass  die  eine 
Wand  höher  ist  als  die  gegenüber  stehende,  etwa  50  mm  hoch 
und  oben  95  mm  breit.  Die  untere  Fläche  ist  an  der  Seite  abge- 
brochen, sodass  man  nicht  entscheiden  kann,  ob  dieser  Schwamm 
mit  einem  seitlichen  Stiel  versehen  oder  ungestielt  war.  Die 
Wand  ist  bedeutend  dick  und  misst  22  —  25  mm.  Die  äussere 
sowie  die  innere  Oberfläche  trägt  runde,  etwa  0,5  —  0,7  mm  im 
Durchmesser  habende,  eingesenkte  Ostien.  Der  grösste  Theil  der 
äusseren  Oberfläche  ist  mit  einer  dünnen  Deckschicht  bedeckt, 
deren  Structm-  an  dem  Exemplare  nicht  zu  ermitteln  war.  Das 
Skelet  ist  theilweise  erhalten  und  besteht  aus  sehr  grossen,  2 
bis  2,5  mm  langen.  0,5  —  0,8  mm  breiten,  auf  der  Oberfläche 
stark  erodirten  Körperchen,  die  sich  unregelmässig  in  kurze  Aeste 
verzweigen.  Gewöhnlich  verwachsen  mehrere  Elemente  zusammen 
in  ausgebreitete  Platten,  von  denen  dann  hie  und  da  noch  ein 
Arm  abzweigt.  Für  napf-  oder  becherförmige  Magamorinen  er- 
richtete ZiTTEL")  die  Gattung  Heferosfinia  auf  Grund  eines  ihm 
aus  dem  Senon  von  Ronen  vorliegenden  und  mit  den  als  Clienen- 
dopora  suhplaena  und  Ch.  öbliqua  bei  Michelin  ^)  beschriebenen 
Arten  übereinstimmenden  Schwammes. 

Die  Abbildungen  bei  Michelin  (Zittel  bildet  nur  eine  Partie 
des  Skeletes  ab.  1.  c,  t.  VI,  f.  3)  lassen  auf  einen  dünnwandi- 
gen Becher  schliessen  und  Hinde,  1.  c. ,  p.  53,  bestätigt  diese 
Vermuthung,  indem  er  die  Dicke  der  Wände  der  Art  H.  obliqtia 
Ben.   sp,   auf  7 — -10  mm  angiebt. 

Für  Megamorinen  von  ähnlichem  Ausseren,  jedoch  mit  dicke- 
ren Wänden,  schuf  Bünde  die  Gattung  Pachupoterion,  welche  sich 
jedoch  auch  noch  durch  andere  Beschaffenheit  des  Skeletes  von 
Heterostinia  unterscheidet.  ,,It  diifers".  sagt  Hinde  1.  c,  p.  51, 
„from  Heterostinia  Zitt.  in  the  apparent  absence  of  those  mi- 
nute  spicular  bodies  in  which,    according   to  Zittel.    the  larger 


')  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Spongien  der  böhmischen  Kreide- 
formation. Abb.  d.  k.  böhm.  Gesellscli.  d.  AViss. ,  VI.  Folge,  Bd.  12, 
1884;  Abth.  II,  p.  23,  Abb.  13. 

^)  Studien  über  fossile  Spongien,  II.  Abth.,  p.  138. 

*)  Iconographie  zoophytologique,  t.  41,  f.  1,  2. 


229 


spicules  of  tliis  lattei-  geuus  are  iinbedded,    aud  which   form  the 
principal  niass  ol"  the  skeletoii.'- 

Von  den  zwei  bereits  beschriebenen  Arten  dieser  Gattung 
Pachypnterlon  röbnstnm  und  P.  compactum  aus  dem  Upper  Green- 
sand  Englands  ist  unsere  neue  Art  sclion  durch  äussere  Form 
verschieden.  Es  tritt  aber  noch  die  ungewöhnliche  Grösse  ein- 
zelner Nandeln  unseres  Schwammes  hinzu. 

4.    Isoraphinia  simplicissima  nov.  spec. 
Taf.  VI.   Fig.  la,  b. 

Schwammkörper  umgekehrt  kegelförmig,  etwas  gebogen,  10  cm 
lang.  Wände  8  —  12  mm  dick,  mit  35  mm  weiter  Magenhöhle, 
unten  allraählicli  in  einen  einfachen,  walzenförmigen  Strunk  über- 
gehend. Der  Rand  der  Körperwand  ist  abgerundet  oder  wenig 
zugeschärft.  An  zwei  einander  gegenüber  liegenden  Stellen  ist 
die  Wand  'etwas  ausgeschnitten.  Die  Structur  der  Oberfläche  ist 
nicht  erhalten,  stellenweise  sieht  man  dichte,  kleine  Oeftnungen, 
hie  und  da  Lager  der  ausgelaugten  Nadeln. 

Das  Skelet  ist  theilvveise  erhalten,  aber  mit  Eiscnoxyd- 
Partikeln  verunreinigt-  Es  besteht  aus  einfachen,  wenig  gekrümm- 
ten Nadeln,  die  sich  zu  einander  legen  und  sich  auch  verflechten. 
Partikeln  von  secundärer  Kieselerde,  die  durch  Eisenoxyd  gefärbt 
ist.  halten  oft  in  den  untersuchten  Proben  grössere  Partieen  des 
Skeletes  zusanmien.  Die  Elemente  des  Stieles  sind  nicht  viel 
verschieden,   nur  etwas  schlanker  und  länger. 

Von  der  durch  grosse,  einfache  Nadeln  ausgezeichneten  Me- 
gamorinen-Gattung  Isoraphinia  wurden  bisher  die  Arten  I.  iexia 
R(EM.  ^)  und  I.  iserica  Poe.  ^j  beschrieben  und  dann  von  Sipho- 
nococlia  hirta  Rcem.  angeführt,  dass  dieselbe  möglicher  Weise 
auch  zu  dieser  Gattung  zu  zälilen  wäre.  Von  allen  diesen  bisher 
bekannten  Schwämmen  unterscheidet  sich  die  hier  beschriebene 
neue  Art  schon  durch  die  äussere  Form,  indem  sie  becherförmig 
und  nicht  walzenförmig  ist,  wie  die  oben  angeführten,  insbesondere 
aber  durch  die  Beschaffenheit  der  einfachen  das  Skelet  bilden- 
den Nadeln.  Bei  I.  kxta  R(em.  sp.  verflechten  sich  einzelne 
Nadeln  in  einander,  indem  sie  sich  um  die  benachbarten  Elemente 
winden  und  drelien;  bei  unserer  Art  liegen  sie  aber  meistens 
gerade  oder  nur  sehr  unbedeutend  bogenförmig  gekrümmt  an 
einander  gereiht. 


>)  ZiTTEL,  1.  c,   II,  p.  133,  t.  V,  f.  8;  t.  VIT,  f.  3. 
*)  Beiträge,  Abth.  II,  p.  30,  Abb.   17. 
Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  2.  Iß 


230 


f).     Pliymatella  sj). 

Es  lag  mir  ein  Bruclistück  von  5  cm  Länge  vor.  dessen 
Mitte  die  gegen  oben  ziemlicli  enge  Magenliölile  durchläuft.  Die 
Oberfläche  ist  nur  am  Scheitel  wenig  angedeutet,  der  untere  Tbeil 
des  Stückes  ist  zerbrochen.  Das  Skelet  ist  im  Stücke  wie  ma- 
cerirt,  sodass  die  Anordnung  der  Kanäle  sehr  schön  zu  sehen  ist. 
Es  ist  jedoch'  durch  Zufuhr  von  Eisenoxyd  und  secundärer 
Kieselerde  in  solch  bedeutendem  Grade  degenerirt,  dass  nur  sehr 
selten  einzelne  autfallend  kleine  Vierstrahler  gefunden  werden 
können.  Die  Anordnung  der  feinen,  von  der  Magenhöhle  zur 
Aussenwand  verlaufenden  Kanäle  lässt  auf  Vhymafdla  schliessen. 

6.     Thccosiphonia  granäis  Rcem.    sp. 
Taf.  Vm,   Fig.  2. 

Schwammkörper  gross,  meist  kugelig,  knollenförmig,  auch 
zuweilen  walzenförmig,  mit  einer  dicken  Kieselepidermis  auf  der 
ganzen  Oberfläche,  oder  aber  wenigstens  am  unteren  Theile  be- 
deckt. In  Betreff  der  Verbreitung  dieser  kieseligen  Epidermis, 
sowie  der  äusseren  Umrisse  weichen  die  mir  vorliegenden  Stücke 
von  den  bereits  bekannt  gegebenen  Abbildungen  ziemlich  ab.  Die 
Erfunde  von  Paderborn  tragen  gewöhnlich  am  Scheitel  keine 
Mündung,  sondern  sind  ganz  von  der  Epidermis  umhüllt;  nur 
selten  ist  diese  Mündung  unter  der  Hülle  angedeutet. 

Die  Dimensionen  einzelner  Individuen  sind  verschieden.  Kugel- 
förmige Exemplare  sind  6  cm  hoch  und  7,5  cm  breit.  Weiter 
kommen,  meist  nur  in  Bruchstücken,  Formen  von  8  — 10  cm  Höhe 
und  7  —  8  cm  Breite  vor.  Ein  beinahe  ganzes  Exemplar  misst 
bei  10.6  cm  Höhe  an  9.2  cm  in  der  Breite.  Von  den  keulen- 
förmigen oder  walzenförmigen  Exemplaren  hat  ein  ganzes  17,6  cm 
Höhe  und  9  cm  in  der  grössten  Breite  im  oberen  Theil,  wogegen 
der  untere,  etwas  abgebrochene  Stiel,  mit  welchem  es  aufsass, 
3,5  mm  in  der  Breite  misst.  Viele  Bruchstücke  lassen  aber  auf 
noch  bedeutend  grössere  Dimensionen  schliessen. 

Die  Deckschicht  ist  sehr  compact,  ohne  besondere  Structur 
und  gegen  unten  in  concentrische  Falten  gelegt.  Ihre  Dicke 
steht  im  Verhältniss  zur  Grösse  des  Schwammkörpers  und  dem 
zu  Folge  zum  Alter  einzelner  Individuen.  Bei  kleinen  Formen  ist 
sie  0,8  mm  dick,  bei  grossen,  ausgewachsenen  bis  4  mm,  auch  ist 
sie  bei  vorliegenden  Exemplaren  in  homogenen  Kiesel  verwandelt. 
Hie  und  da  ist  diese  Deckschicht  in  kleinen  Partieen  abgesprun- 
gen und  lässt  hier  das  unten  näher  zu  beschreibende  Skelet 
sehen. 

Auf    der   Oberfläche   ragen    an   manchen  Stellen  4  —  9  mm 


231 


dicke,  runde  Höcker  oder  Fortsätze  vor.  die  meistens  an  den  un- 
teren Theilen  der  Schwamndvörper  zahlreicher  sind,  bei  den  knol- 
ligen Formen,  die  kein  deutliches  Osculum  tragen,  aber  auch  am 
Scheitel  bemerkt  werden.  Diese  Fortsätze  sind  meist  nah  am 
Schwämme  abgebrochen,  und  nur  einige  an  den  kleineren  Exem- 
plaren sind  in  der  Form  oben  abgerundeter  Höcker  entwickelt. 
Man  hält  diese  Gebilde  für  Wurzeln,  mit  denen  der  Schwamm- 
körper seitlich  festgeheftet  war.  Das  Skelet  ist  meist  verkieselt 
und  durch  den  Umstand,  dass  diese  Art  grösstentheils  in  Bruch- 
stücken vorzukommen  pflegt,  schon  von  aussen  gut  bemerkbar, 
wobei  es  dem  Bruche  von  Knochen  ziemlich  ähnlich  sieht.  Im 
Innern  des  Schwammkörpers  verlaufen  1  —  2  mm  breite  Kanäle, 
und  zwar  parallel  zum  äusseren  Umrisse  desselben.  Diese  Ka- 
näle sind  an  den  Bruchstellen  schon  mit  blossem  Auge  sehr  deut- 
lich und  kommen  da  in  verschiedenen  Flächen  geschnitten  vor. 
Das  Skelet  wird  von  grossen  Vierstrahlern  aufgebaut,  deren  Arme 
sich  in  kugelförmigen,  aus  den  verzweigten  Enden  der  Arme  ge- 
bildeten Knäueln  vereinigen. 


Im  Ganzen  konnte   ich    im  Pläner  von  Paderborn  26  Arten 
bestimmen  und  zwar: 

CraticAilaria  plicata  n.   sp., 

?  Coscinopora  macropora  Goldp.  sp., 

Coscinopora  sp., 

?  Ventriculites  raäiatus  Mant.. 

Ventriciilites  infundibuliformis  Woodw., 

—  angiistatus  Rcem.   sp., 

?  Ventnciclites  multwostatus  Rcem.   sp., 

—  spissorugatus  n.  sp., 

VenlricuHtcs  sp., 

Plocoscijphia  cavernosa  Rcem.   sp.. 
?  PlocoscT/pliia  reticulaia  Hinde, 
Plocoscyphvi  xn'ostrata  n.  sp., 

—  arhorescens  n.   sp.. 

—  pertusa  Gein.. 

?  Plocosciipläa  labyrinthicn  Mant.   sp., 

Plocoscyphia  sp., 

Catmrospongia  subrotunda  MAnt.   sp., 

—  ScMueteri  n.   sp.. 

?  Camerospongia  sp., 
Licmosinion  folinm  Rcem.   sp., 
Chonella  sp., 
VerrucuUnu  sp., 

16* 


232 

Pachypoterion  cupulare  n.   sp., 
IsorapJnnia  simpUcissima  ii.   sj)., 
Phymatella  sp., 
Thecosiplionia  granäis  Rcem.   sp. 

Obgleich  die  Resultate  meinei-  Untersuchungen  nur  wenig 
Neues  bieten,  so  dürfte  vielleicht  ein  Verzeichniss  von  Arten  aus 
dem  Cuvien-V\MQY  bei  dem  Umstände,  dass  aus  diesem  Hori- 
zonte in  anderen  Ländern  wenig  und  nur  sehr  ungünstig  erhaltene 
Spongien  bekannt  sind,  von  Interesse  sein. 


2H3 


3.   Zur  Keiiiitiiiss  des  Gangsystems  des  Aiier- 
berges  im  Harze  und  der  Füllung  desselben. 

Von  Herrn  Ferdinand  Horxung  in  Berlin. 

Weit  greifende  Folgerungen,  welche  ich  an  die  Verbreitung 
des  Felsitporphyrs  vom  Auerberge  im  Harz  knüpfe  und  die  an 
anderer  Stelle  Besprechung  finden  sollen,  veranlassten  mich  seiner 
Zeit,  das  Ganggebiet  dieses  Berges  einer  möglichst  gründlichen 
Untersuchung  zu  unterwerfen. 

Das  Ergebniss  derselben  war  die  Auftindung  verschiedener  bis 
dahin  unbekannter  Gänge  resp.  Gangtheile.  deren  Füllung  z.  Th. 
eine  so  eigenartige  Beschatfenheit  offenbart,  dass  sie  eine  nähere 
Besprechung  verdient  und  Avohl  geeignet  sein  kann,  in  die  dunkle 
Frage  der  Porphyr-Entstehung  einiges  Licht  zu  bringen  —  so  weit 
eine  grössere  Verallgemeinerung  bezüglich  eines  oftmals  in  einem 
und  demselben  Handstücke,  geschweige  in  von  einander  unabhän- 
gigen Vorkommnissen  überaus  verschieden  erscheinenden  Erstar- 
rungsproductes  auf  Grund  an  eng  begrenzter  Localität  gewon- 
nener Erkenntniss  überhaupt  statthaft  und  möglich  ist. 

Beobachtungen  im  Auerberg-Reviere  versprechen  aber  an  sich 
schon  deshalb  einen  gewissen  Nutzen,  weil  die  dortigen  Porphyre 
frei  von  dem  rothen  Pigmente  geblieben  sind,  welches  die  Un- 
tersuchung der  Gesteine  anderer  Localitäten  oft  nur  zu  sehr 
erschwert. 

Das  Vorkommen,  mit  welchem  wir  uns  zunächst  beschäf- 
tigen, bildet  einen  lang  hinstreichenden  und  stellenweis  wohl  eine 
Anzahl  von  Metern  mächtigen  Gang,  welcher,  bald  mehr,  bald 
weniger  gut,  von  der  östlichen  Abdachung  des  Mittelberges  bis 
zum  Stolberg  -  Güntersberger  Fusswege  zu  verfolgen  ist ,  hinter 
welchem  er  im  tiefgründigen,  etwas  sumpfigen  Waldboden  der 
Hochfläche  einstweilen  nicht  mehr  aufzufinden  war^). 


')  Die  umstehende  Kartenskizze,  SO-Ecke  von  Blatt  Hasselfelde 
und  SW-Ecke  von  Blatt  Hai'zgerode,  mit  den  Wasserläufen,  100' -Ho- 
rizontalen und  —  in  abweichender  Schraftiiimg  —  mit  den  benach- 
barten Porpbyrgängen  der  kgl.  geolog.  Landesaufnahme  versehen,  ge- 
stattet die  Uebersicht  des  in  Rede  stehenden  (gekreuzt  schraffirten) 
Porphyrvorkommens. 


234 


Bl.  Hasselfelde 

S  O.-Ecke. 


Bl.  Harzgerode 
S  W.-Ecke. 


Der  Gang  zeigt  sich  —  wie  alle  übrigen,  wenn  sie  nicht 
durch  Steinbruchsbetrieb  aufgeschlossen  sind,  was  hier  nirgends 
der  Fall  —  als  ein  Blockwerk  meist  kleinerer,  stellenweis  aber 
auch  wohl  mehrere  Centiier  schwerer  Blöcke,  welche  theils  frei 
liegen,  theils  mehr  oder  weniger  leicht  im  Waldboden  gefunden 
werden.  Besonders  offenbar  liegen  sie  auf  dem  Mittelberge,  we- 
niger handgreiflich  an  den  westlicheren  Localitäten.  Für  die 
Kartirung  diente  unter  diesen  nicht  allzu  günstigen,  sich  aber 
überall  auf  dem  Flarzer  Hochlande  gleichmässig  wiederholenden 
äusseren  Umstände  als  Richtschnur,  dass  überall  dort,  wo  sich 
mit  dem  Porphyr  zugleich  auch  Schieferfragmente.  Gangquarz- 
stücke u.  s.  w.  fanden,  der  Porphyr  als  übergerollt  angesehen 
Avurde  —  eine  Annahme,  welche,  an  sich  betrachtet,  genau  so 
viel  gegen  sich  wie  für  sich  hat,  da  ja  genannte  fremde  Frag- 
mente ebenso  gut  wie  der  Poi*phyr  übergerollt  sein  können  — 
gleichwohl  glaubte  ich,  mir  diese  Selbstbeschränkung  schuldig  zu 
sein,  um  dem  Porphyr,  wie  ich  schon  hier  anführen  will,  als  dem 
widerstandsfähigeren  der  dortigen  Gesteine  kein  allzu  grosses 
Gebiet  zu  überlassen. 

Wenn  sich  Porphyr  ausser  an  den  angezeichneten  Stellen 
auch  neben  und  in  dem  Teichdamme  im  südlichsten  der  drei 
parallelen,  zu  den  Kilians  -  Teichen  entwässernden  Thalgründen 
findet,  so  gestattet  dieses  keine  Schlüsse  auf  das  dortige  An- 
stehen unseres  Gesteines,  weil  der  Damm  und  vielleicht  auch 
seine    nähere  Umgebung  möglichen  Falls    aus    dem  Materiale  be- 


235 


steht,  welches  bei  der  Stollenanlage  des  Neudorfer  Kunstgrabens 
gewonnen  wurde,  bei  welcher  man  walirscheinlfch  auf  Porphyr 
getrotten;  denn  der  die  Hauptwasserscheidc  durchbrechende  Stollen 
führt  zu  diesem  Thälchen  und  nicht  zum  nördlichsten  (vergl.  das 
anliegende  Kärtchen  und  Bl.   Hasselfelde). 

Die  allgemeine  Lage  des  Ganges  entspricht  ganz  den  in 
meiner  denniächst  erscheinenden  Abhandlung  »Der  Gang  des 
schwarzen  Porphyrs  und  seine  Beziehungen  zur  Architectur  des 
Südharzes''  bezüglich  der  Hauptverbreitung  der  Auerberger  Gänge 
zu  entwickelnden  Gesichtspunkten:  es  gelang  bisher  durchaus 
nicht,  ihn  über  sein  kartirtes  Gebiet  hinaus  nach  Osten  zu  ver- 
folgen. Einige  scheinbare  Vorkommnisse  in  dem  auf  dem  Rücken 
des  Mittelberges  auf  Bl.  Harzgerode  entlang  führenden,  schliess- 
lich bei  dem  Damme  des  Frankenteiches  in  den  Stolberg- Strass- 
berger  Fussweg  einmündenden  Holzwege  erweisen  sich  als  zum 
Zwecke  der  Wegebesserung  in  nasse  Stellen  geschüttetes,  oben 
vom  Mittelberge  stammendes  Material,  welches  dort  zu  diesem 
Behufe  gegraben  wird. 

Am  Mittelberger  Porphyr  ist  eine  hervorragende  Festigkeit 
bemerkenswerth,  durch  welche  er  sich  vor  den  Gesteinen  der  an- 
deren Gänge  des  Auerberg-Gebietes  auszeichnet,  da  letztere  ein  mehr 
sandiges  oder  auch  thoniges  Aeusseres  darbieten.  Er  hat  ferner 
eine  grosse  Neigung  zu  einer  gewissen  paralleltiächigen  Abson- 
derung, welche  oft  hellklingende  Platten  entstehen  lässt,  ohne 
jedoch  eine  weitergehende  Spaltbarkeit  zu  verursachen.  Nicht 
selten  zeigen  sich  solche  Absonderungsflächen  mit  kleinen  Würfel- 
hohlformen dicht  bedeckt  .  welche  man  wohl  auf  ehemaligen 
Schwefelkies  beziehen  darf,  da  dieser  allenthalben  im  Auerberg- 
Reviere  in  entsprechenden-  Ausbildung  häutig  ist. 

Etwas  abweichend  ist  das  Gestein  im  Güntersberger  Wege 
entwickelt;  hier  zeigt  es  vorwiegend  eine  dünnschalige  Zusammen- 
setzung, wobei  die  einzelnen  Schalen  im  Querbruche  durch  einen 
gewissen  krystallinischen  Schimmer  entfernt  an  Gangquarz  erin- 
nern (Belegstück^)  26).  Die  Farbe  des  Porphyrs  ist  gleichmässig 
hell  graugclb,  oft  bis  weit  in  das  Innere  grosser  Blöcke;  nur 
selten  erkennt  man  an  Stellen  besondei-er  Frische,  dass  sie  wohl 
ursprünglich  ein  helles  Grau  war.  Die  Oberüäche  der  einzelnen 
Stücke  ist  meist  recht  glatt  und  wird  durch  eine  äusserst  dünne 
braune  Rinde  gebildet. 

Ziendich  grosse  Quarze,  welche  meist  rundum  auskrystalli- 
sirt  oder  in  rundlichen  Körnern  vorhanden  sind,  wie  in  dem  be- 
kannten Gesteine  des  Auerberges  selbst,   sind  nicht  gerade  selten; 


')  Die  Belegstücke  befinden  sich    in  der  Sammlung   des  Museums 
für  Naturkunde. 


236 


ebenso  wenig  fehlt  Orthoklas,  wenn  dieser  auch  in  der  Regel 
gänzlich  kaolinisirt  oder  zerfressen  erscheint.  Ein,  wie  es  scheint, 
recht  constanter  accessorischer  Gemengtheil  ist  der  Turraalin, 
doch  ist  er  meist  nur  mikroskopisch  nachzuweisen.  Am  Mittel- 
berge dagegen  ist  er  local  so  reichlich,  dass  seine  strahligen 
Rosetten  oder  Knötchen  die  helle  Porphyrmassc  schon  dem  blossen 
Auge  seltsam  schwarzfleckig  erscheinen  lassen.  Man  sieht  hier 
wohl  auch,  dass  die  Turmalinknoten  schichtenweis  besonders  dicht 
liegen  (Bei.  24  und  25).  Die  mikroskopische  Untersuchung  zeigt, 
dass  der  Turmalin  entweder  in  Form  divergent-strahliger  Büschel 
in  der  Grundmasse  verstreut  liegt  —  so  in  den  turmalinärmeren 
Varietäten  —  oder  zu  Rosetten  vereinigt  ein  Mosaik  ziemlich 
reinen  Quarzes  umschliesst  resp.  durchwächst.  Der  helle  Glim- 
mer, welcher  einen  Hauptgemengtheil  des  Gesteins  bildet,  tritt 
dann  in  der  Nähe  des  Turmalins  deutlichst  sichtbar  zurück.  Bis 
jetzt  nie  angetrotfen  habe  ich  den  Turmalin  im  Orthoklase,  was 
um  so  bemerkenswerther  ist,  als  im  Gesteine  des  Auerberg-Massivs 
ihn  meistens  gerade  die  Orthoklaskrystalle  beherbergen.  In  der 
Grösse  seiner  Individuen,  seiner  tinten-  bis  indigoblauen  Farbe, 
dem  starken  Dichroismus,  der  Stärke  der  Doppelbrechung,  der 
oft  deutlich  zu  beobachtenden  Entwicklung  eines  dunkleren  Kerns 
im  Innern  seiner  Kryställchen  schliesst  sich  der  Turmalin  vom 
Mittelberge  dem  Auerberger  vollständig  an. 

Die  Grundmasse  des  Mittelberger  Porphyrs  zeigt  eine  recht 
beachtenswerthe  Ausbildung.  Im  Dünnschlitfe  sieht  man  schon 
mit  der  Lupe  das  ganze  Gestein  dicht  gefleckt  durch  rund- 
liche, bräunliche,  weniger  durchsichtige  Pünktchen.  Unter  dem 
Mikroskop  ist  diese  Erscheiniing  entsprechend  deutlicher:  die 
einzelnen  Fleckchen  machen  den  Eindruck  von  graubraunen 
Staubbällchen,  welche  im  Innern  dichter,  nach  aussen  lockerer 
werden.  Bei  Einführung  polarisirten  Lichtes  sieht  man  die  ganze 
Gesteinsmasse  zu  einem  ziemlich  groben  Pflaster  individualisirt, 
dessen  einzelne  Componenten  unregelmässig  mit  ein-  und  aus- 
springenden Ecken  in  einander  greifen,  in  sich,  mehr  noch  zwi- 
schen sich  den  hellen  Glimmer  umfassend.  Zugleich  sieht  man, 
dass  jedes  Staubhäufchen  deutlich  den  Mittelpunkt  so  einer  Indi- 
vidualisation  einnimmt,  also  dass  es  nie  durch  die  Grenze  zweier 
optischen  Individuen  geschnitten  wird.  Dieser  braune  Staub  bleibt 
auch  im  polarisirten  Licht,  wenn  auch  schwach,  bemerkbar,  indem 
er  die  völlige  Auslöschung  seines  Wirthes  verhindert,  er  ist  dop- 
pelbrechend. Es  muss  dahingestellt  bleiben,  woraus  er  eigentlich 
besteht,  wie  viel  Antheil  an  seiner  Zusannnensetzung  vielleicht 
feinem  Glimmer  oder  feiner  Feldspathzubstanz  zukonmit.  Die 
solchermaassen  im  Innern  getrübten  optischen  Individuen  des 
Grundmassenpflasters    erweisen  sich  nun  unzweifelhaft   als  Quarz. 


237 


Man  erkennt  das  an  der  Stärke  ihrer  Doppelbrechung,  welche  mit 
derjenigen  zufällig  vorhandener  und  entsprechend  geschnittener, 
oder  absichtlich  mit  hinzugeklebter  und  mitgeschliffener  Quarz- 
krystalle  durchaus  übereinstimmt.  Dass  die  Masse  die  entspre- 
chende Halte  hat  und  vor  dem  Löthrohre  fast  unschmelzbar  ist, 
d.  h.  an  den  Kanten  papierdünner  Splitter  im  schärfsten  Feuer 
eben  noch  zu  sintern  beginnt,  schliesst  sich  gut  dem  optischen 
Befunde  an. 

Wollen  wir  uns  über  die  Entstehungsweise  jener  Gesteins- 
ausbildung Rechenschaft  geben,  so  haben  wir  einen  hochbedeut- 
samen Fingerzeig  zu  benutzen:  die  Quarzkörner  resp.  -Krj'stalle, 
welche,  wie  schon  erwähnt,  hie  und  da  in  der  Grundmasse  liegen, 
zeigen  durchgängig  die  vom  Auerberge  her  bekannten  Höfe '). 
Unter  dem  Mikroskop  im  gewöhnlichen  Lichte  beobachtet  man  in 
diesen  dicht  am  Quarzkrystalle  eine  Verfeinerung  des  Kornes  der 
Grundmasse  und  eine  bessere  Durchsichtigkeit.  Im  polarisirten 
Lichte  fällt  in  ihnen  das  Zurücktreten,  bezw.  Fehlen  der  gi'ös- 
seren  Glimmevblättchen  auf.  Vor  Allem  aber  erkennt  man.  dass 
die  Substanz  des  Hofes  (also  Quarz  der  Grundmasse)  genau  dem 
Quarzkrystalle  axenparallel  oricntirt  ist.  Man  sieht  z.  B. ,  wenn 
man  ein  Gypsblättchen  in  der  45  **  -  Stellung  einschaltet  und  der 
Hauptelasticitätsaxe  desselben  parallel  oder  normal  den  Quarz- 
krystall  einstellt,  dass  die  resnltirende  Subtractions-  resp.  Addi- 
tionsfarbe des  Quarzkrystalles  in  ihrer  feinsten  Nuance  stets  auch 
den  ganzen  Hof  einnimmt  und  sich  sogar,  in  unregelmässiger 
Abgrenzung,  zwischen  umgrenzende  grosse  Glinunerblättchen  hin- 
durch meist  über  den  eigentlichen  feinkörnigen  Hof  hinaus  weit 
in  die  Grundmasse  fortsetzt^). 

Es  bildet  so  ein  Hof  in  gewissem  Sinne  ein  Seitenstück  zu 
den  als  „krystallisirter  Sandstein''  bekannten  Kalkspath  -  Rhom- 
boedern,  indem  er,  ungestört  durch  fremde  Substanz  als  Fort- 
setzung des  Quarzkrystalls  in  dem  Magma  weitei'gewachsen.  nach- 
dem letzteres  bereits  so  viel  schwerer  beweglich  geworden,  dass 
das  Fremde  ihm  nicht  mehr  auszuweichen  vermochte,  sondern 
umschlossen  wurde. 


')  An  den  Ortlioklasen  dagegen,  hier  wie  am  Auerberge,  liabe  ich 
bisher  noch  nie  Höfe  beobachtet. 

-)  Diese  Beobachtung  erklärt  zugleich  die  bekannte  Thatsache, 
dass  die  aus  den  Aiierberger  Porphyren  isolirten  Quarzkrystalle  nie 
glänzende  Flächen  zeigen,  sondern  stets  rauh  sind;  einfach,  weil  ihnen 
eine  scharfe  Grenze  fehlt,  denn  knstallographisch  gehört  zu  ihnen 
noch  eine  Schicht  Quarz  der  Porphyrgrundmasse,  der  Hof,  und  diese 
glänzt  natürlich  nicht,  da  sie  stark  mit  den  anderen  Gcmengtheilen 
des  Porphyrs  impräfrnirt  ist;  und  auch  der  Quarzkrystall  kann  nie 
elänzen.  selbst  wenn  die  letzten  thonigen  Theilchen  von  ihm  abgelöst 
sind,  wie  leicht  einzusehen. 


238 


Wenn  wir  nun  —  duicli  die  Höfe  überzeugt  voa  dem  Vor- 
handensein einer  krystallograpliischen  Orientirung  des  Quarzes  der 
Grundmasse  um  grössere  Einsprengunge  desselben  Minerals  — 
eine  ganz  augenfällige  Beziehung  zwischen  den  Höfen  der  Quarz- 
krystalle  und  den  spontanen,  ohne  älteie  Quarzkr} stalle  hervor- 
gerufenen  Individualisationen  der  Grundmasse  in  der  Art  ausge- 
drückt finden,  dass  in  Gesteinen  von  höchst  feinkörniger,  nicht 
mehr  oder  kaum  als  solche  erkennbarer  Individualisation  (Stein- 
bruch an  der  Südseite  des  Auerberges  (1),  Steinbruch  bei  Stein 
4,9  km  der  Stolberg-Harzgeroder  Strasse  (2))  die  Quarzkrystalle 
keinen  sichtbaren  (1).  oder  einen  nur  eben  erkennbaren  Hof  be- 
sitzen (2),  in  solchen  von  mittelkörniger  Individualisation  (Stein- 
bruch an  der  Nordseite  des  Auerberges)  auch  die  Höfe  deutlich 
hervortreten,  endlich  in  solchen  gröbster  Individualisation  (Mittel- 
berger  Gang)  auch  die  Höfe  am  grössten  und  vollkommensten  aus- 
gebildet sind,  so  wird  uns  die  Individualisation  der  Grundmasse  als 
spontane  (ohne  Erregung  durch  einen  Krystall  vor  sich  gegangene) 
Quarzkrystallisation.  jedes  optische  Individuum  des  Grundmassen- 
pfiasters  als  ein  den  Höfen  durchaus  entsprechendes  Gebilde  er- 
scheinen. 

Das  Innere  der  Quarzindividualisation  ist  in  den  Gesteinen 
des  Mittelberges,  wie  wir  gesehen,  der  Ort.  wo  die  Hauptanhäu- 
fung des  schon  erwähnten  bräunlichen  Staubes  Statt  hatte.  In 
der  schaligen  Varietät  vom  Güntersberger  Wege  liegen  die  Ver- 
hältnisse noch  etwas  anders:  auch  hier  haben  wir  zwar  die  Quarz- 
individualisation, doch  fehlt  im  Innern  der  Individuen  der  Staub, 
oder  er  ist  spärlicher,  sodass  sie  innen  vollkommen  rein  und 
durchsichtig  oder  doch  heller  erscheinen.  Man  könnte  sie  für 
echte,  mit  einem  Hofe  umgebene  Quarzkrystalle  halten,  wenn 
ihnen  nicht  ein  Hauptmerkmal  derselben  abginge:  während  näm- 
lich bei  umhöften  Quarzkrystallen  Krystall  und  Hof  stets  von 
einander  zu  unterscheiden  sind,  ist  eine  solche  Unterscheidung 
hier  nicht  möglich;  der  im  Innern  reine  Quarz  wird  nach  aussen 
immer  unreiner,  bis  schliesslich  weiter  auswärts  nur  noch  jene 
anderen,  nur  zum  Theil  sicher  als  Glimmer  definirbarcn  Massen 
zu  sehen  sind,  welche,  local  zu  br-eiten.  sich  vielfach  verzwei- 
genden und  wieder  vereinigenden  Bändern  zusammengedrängt,  eben 
die  schalige  Absonderung  hervorrufen,  durch  welche  sich  diese 
Gesteinsvarietät  auszeichnet.  Dass  diese  Abtrennung  individua- 
lisirter  Quarzsubstanz  als  Art  der  Grundmassen  -  Ausbildung  von 
umhöften  Quarzkrystallen  als  Einsprengungen  selbst  in  diesem 
Falle,  in  welchem  die  Substanz  innen  ganz  vorwiegend  durchaus 
rein  erscheint,  in  sich  wohl  begründet  ist,  wird  noch  weiter  durch 
die  Thatsache    bestätigt,    dass  auch    in  diesem  Gestein    zugleich 


239 


wohl  ausgebildete,  umhöfte  Quarzkrystalle  als  Einsprenglinge  vor- 
kommen, ganz  wie  in  den  Grundmassen  am  Mittelberge  oder 
Auerberge.  und  als  solche  nach  ihren  angeführten  Merkmalen  scharf 
von  allem  Uebrigen  zu  unterscheiden   sind. 

Auch  auf  den  wasserhellen  Quarz,  welcher  auf  hin  und  wie- 
der das  Gestein  durchsetzenden  Trümchen  auskrjstallisirt  ist, 
erstreckte  sich  die  orientirende  Kraft  der  Quarzsubstanz  der  Grund- 
masse, da  die  einzelnen  Thcile  eines  solchen  Trümchens  stets 
genau  die  kiystallographische  Fortsetzung  oder  Ergänzung  der 
jeweilig  angrenzenden,  durch  das  Trümchen  getrennten  Theile  der 
Individuen  der  Grundmasse  darstellen. 

üebrigens  darf  die  beschriebene  Grundmassen  -  Ausbildung 
durchaus  nicht  mit  der  sog.  Sphärolithstructur  verwechselt  wer- 
den, letztere  ist  von  jener  ganz  wesentlich  verschieden,  sie  wurde, 
beiläufig  bemerkt,  auf  der  ganzen  Erstreckung  des  Mittelberger 
Porphyrganges  bisher  nirgends  beobachtet,  besteht  aber  an  an- 
deren Localitäten  zugleich  neben  jener,  zuweilen  in  einem  und 
demselben  Haiidstücke.  Wir  werden  ihrer  bei  einer  anderen  Ge- 
legenheit ausführlich  gedenken. 

Das  Mittelberger  Porphyr  -  Vorkommen  wird  uns  in  hohem 
Maasse  bemerkenswerth  durch  seine  klar  hervortretende  innere 
Verwandtschaft  mit  den  Graniten,  trotz  grosser  äusserer  Un- 
ähnlichkeit.  insofern  uns  die  Quarzsubstanz  hier  ihrer  weitaus 
überwiegenden  Hauptmenge  nach  (wenn  wir  von  den  spärlichen 
Körnern  und  Krystallen  derselben  absehen)  deutlichst  als  der 
zuletzt  festgewordene  Bestandtheil  entgegentritt ,  ganz  wie  im 
Granite.  Ob  wir  es  hier  thatsächlich  mit  einer  Erstarrungs- 
Modification  einer  Masse  zu  thun  haben,  welche  unter  anderen 
äusseren  Umständen  Granit  geworden  wäre,  das  muss  freilich 
dahingestellt  bleiben;  gleichwohl  braucht  man  diese  Vorstellung 
nicht  ohne  Weiteres  abzuweisen,  zumal  die  Anwesenheit  von  Tur- 
malin,  die  bisher  beobachtete  Abwesenheit  von  Glas  einer  solchen 
Vorschub  leistet,  und  die  grosse  Nähe  des  gleichfalls  farblosen, 
weissen  Ramberggranites  noch  weiter  an  vorhandene  wechselseitige 
Beziehungen  erinnert. 


240 


4.   Die  Stegocephalen  iind  Saurier  aus  dem 

Rotliliegenden  des  Plauen'sclieu  Grundes 

bei  Dresden. 

Von  Herrn  Hermann  Credner  in  Leipzig. 
Neunter  Theil. 

Hierzu   Tafel  IX  bis  XI 
und  6  Textfigui'en. 

Hylononius  und  Petyobates, 

Im  Jahre  1882  brachten  H.  B.  Geinitz  und  J.  Deichmüller 
auf  pag.  38  bis  40  und  in  tig.  1  bis  9,  t.  VIII  ihrer  „Nach- 
träge zur  Dyas  11"  die  Reste  einiger  kleinen,  langrippigen  Ste- 
gocephalen  unseres  Niederhässlicher  Kalksteinlagers  zur  Darstel- 
lung, welche  sänimtlich  sie  als  Zugeliürige  einer  Species  der  von 
A.  Fritsch  aufgestellten  Gattung  Hyloplesion  zu  erkennen 
glaubten  und  mit  dem  Namen  Hyloplesion  Fritsch i  belegten. 

Drei  Jahre  später  gab  auch  ich  im  V.  Hefte  meiner  Mono- 
graphie über  die  permischen  Quadrupeden  des  Plauen' sehen  Grun- 
des (d.  Zeitschr.,  1885,  p.  724  —  736.  t.  XXIX,  f.  3 --20)  die 
Beschreibung  und  Abbildung  mehrerer,  im  Laufe  der  Jahre  in 
meinen  Besitz  gelangter  Exemplare,  welche  ich  mit  jenem  Gei- 
NiTz'schen  Hyloplesion  Fritschi  identificiren  musste,  nur  dass 
ich  versuchte,  den  früher  von  Dawson  creirten  Gattungsnamen 
Hylonomus  an  die  Stelle  von  Hyloplesion  zu  setzen. 

Leider  war  das  Material  von  ..Hyloplesion  Fritschi"-, 
welches  Geinitz  und  Deichmüller  vorlag,  ebenso  wie  das  mei- 
uige  im  Vergleiche  mit  demjenigen  anderer  Stegocephalen  des 
Plauen' sehen  Grundes  sehr  spärlich  bemessen  und  beschränkte 
sich,  abgesehen  von  je  einem  vollständigeren  Exemplar,  nur  auf 
isolirte  Skeletpartieen.  Gemeinsam  aber  waren  allen  derselben 
die  einheitlichen  amphicoelen  Wirbelkörperhülsen  ,  die  langen, 
schwach  gebogenen  Rippen,  der  eine  Sacralwirbel,  die  secreten 
Ossa  pubica  und  die  glatten,  spitz  conischen  Zähnchen,  wie  denn 
auch  sämmtliche  Reste  auf  die  eidechsenartige  Gestalt  und  die 
gleiche   Grösse  der  Individuen   hinwiesen. 


241 


Aus  diesen  Thatsaclien  erklärt  es  sich,  dass  sowohl  Geinitz 
und  Deichmüller,  wie  nach  diesen  auch  ich  zwei  verschiedene, 
wenn  auch  durch  die  eben  namhaft  gemachten  Merkmale  in  vielen 
Beziehungen  einander  ähnliche  Thierformen  für  eine  gehalten 
und  die  Merkmale  zweier  Gattungen  zur  Diagnose  von  Hiflo- 
plesion  Fritsclii  zusammengefügt  haben.  Erst  das  jetzt  vorlie- 
gende reiche,  z.  Th.  aussergewöhnlich  schöne  Material  hat  genügt, 
um  diesen  Irrthum  zu  erkennen  und  zu  beseitigen.  Es  steht  jetzt 
fest,  dass  ein  Hyloplesinn  Frifschi,  wie  er  von  uns  Dreien 
beschrieben  wurde,  nicht  existirt,  dass  viehnehr  unter  diesem 
Namen  zwei  Vertreter  verschiedener  Genera,  ja  vielleicht  noch 
viel  weiter  getrennter  Kategorien  versteckt  sind. 

So  gehört  in  der  That  zunächst  eine  Anzahl  der  bisher 
unter  dem  Namen  II.  Fritschi  vereinigten  Reste  unbedingt  der 
Gattung  Hyloplesion  Fritsch  (nach  Credner  =  Hylono- 
mus  Dawson)  an^).  Dies  gilt  von  allen  denen,  an  welchen 
sich  die  langen,  dünnen  Rumpfrippen  in  ein  Capitulum  und  Tu- 
berculum  gegabelt  zeigen  und  welche  ovale,  sich  dachziegelartig 
deckende  Schuppen  des  Bauchpanzers  aufweisen,  also  von  Geinitz 
und  Deichmüller's  fig.  2,  5,  6,  t.  VIII,  1.  c.  sowie  von  tig.  13,  15, 
16.  17,  19  und  20,  t.  XXIX  meiner  oben  citirten  Abhandlung. 
Alle  diese  Reste  vereinigen  sich  mit  den  seither  gemachten,  z.  Th. 
vorzüglichen  Funden  zu  dem  fast  vollständigen  Bilde  eines  Hylo- 
plesion im  Sinne  von  A.  Fritsch.  Da  sich  jedoch  der  Name 
H.  Fritsclii  nicht  ausschliesslich  auf  diese  Formen ,  sondern 
ausserdem  auch  noch  auf  Vertreter  einer  ganz  anderen  Gattung 
bezieht,  also  auf  eine  künstliche  Miscliform  angewandt  wurde,  so 
muss  er,  um  eine  sonst  unvermeidliche  Verwirrung  auszuschliessen. 
fallen.  An  seine  Stelle  tritt  für  diese  sächsische  Hyloplesion- 
(Hylonomns-)  Art  die  Bezeichnung  Uylonomus  Geiniizi. 

Der  zweite  bis  dahin  unter  dem  erstgenannten,  jetzt  aufzu- 
gebenden Namen  mit  inbegriffene  Quadrupede  kennzeichnet  sich 
im  Gegensatze  zu  den  oben  angeführten  Criterien  durch  den 
Besitz  von  an  ihrem  Proximalende  zwar  verbreiterten,  nicht  aber 
zweitheiligen  Rumpfrippen,  sowie  eines  an  Stelle  des  Bauchpanzers 
getretenen  Systemes  strähniger,  aus  zahlreichen,  spindelförmigen 
Elementen  zusammengesetzter  Bauchrippen.  Hierher  gehören  die 
in  tig.  1,  7  u.  9,  t.  VIII  von  Geinitz  und  DEiCHMtJLLER ,  sowie  in 
fig.  3.  4,  9,  10  u.  11,  t.  XXIX  von  Credner  1.  c.  fälschlich  als  H. 
Fritschi  abgebildeten  Reste.  Für  diese,  wie  später  einleuchten 
wird,  wesentlich  von  Hyloplesion  differirende,  in  vielen  Beziehun- 


"■)  A.  Fritsch.    Fauna  der  Gaskohle  etc.,    Bd.  I,    1884,  Heft  IV, 
p.  16U. 


242 


gen  an  Rhynchocephalen   erinnernde  Foi-ni  wii-d  die  Gattung  Pe- 
trobates  aufgestellt. 

Auf  Grund  des  vorliegenden  Gesannntmateriales  sollen  beide 
perniische  Vierfüssler  und  zwar  zunächst  Hylonomus  Geinitzi, 
dann  Pctrohates  truncatus  einer  ausführlichen,  durch  die  Ab- 
bildungen auf  Tafel  IX  und  X  unterstützten  osteologischen  Be- 
schreibung unterworfen,  dann  mit  einander  verglichen  und  schliess- 
lich nach  ihrer  systematischen  Stellung  thunlichst  üxirt  werden. 

Hylonomus  (Hyloplesion)  Geinitzi  Cred. 
Taf.  IX,  Fig.  1  bis  11. 

Die  allgemeine  Gestalt  von  H.  Geinitzi  war  eidechsenförmig, 
sein  Rumpf  schlank,  lang  gestreckt,  auf  der  Bauchseite  mit  einem 
Schuppenpanzer  versehen,  —  sein  Schädel  verhältnissmässig  breit 
mit  ziemlich  kleinen,  nach  vorn  gerückten  Augenhöhlen,  --  sein 
Schwanz  kaum  halb  so  lang  als  der  Rumpf.  Die  Länge  des 
grössten  Individuums  betrug  78  mm.  wovon  13  mm  auf  den  Schä- 
del,  45  mm  auf  den  Rumpf  und  20  mm  auf  den  Schwanz  entfielen. 

Der  Grad  der  Ossification  des  Knorpelskelcts  ist  ein  sehr 
geringer  und  beschränkt  sich  überall  auf  dünne,  oberflächliche 
Ueberrindungen  des  Knorpels,  sodass  dieselben  nach  Verwesung 
des  letzteren  in  fossilem  Zustande  als  zarte,  meist  an  beiden 
Enden  ofi'ene  Knochenröhren  erscheinen. 

Der  folgenden  Beschreibung  liegen  die  Reste  von  etwa  einem 
Dutzend  Individuen  vor.  welche  im  Laufe  von  8  bis  9  Jahren 
allmählich  sich  ansammelten.  Es  geht  daraus  hervor,  dass  IL 
Geinitzi  eine  im  Vergleiche  mit  Brancltiosanrns  und  Pelosaurus 
seltene  Thierform  ist. 

Der  Schädel. 

Vergl.  Taf.  IX,  Fig.  2,  3,  5,  6. 

Der  Schädel  von  Hylonomus  Geinitzi  besitzt  spitz  dreiseitige, 
vorn  und  an  den  hinteren  Ecken  abgerundete  Gestalt,  ist  etwas 
länger  als  sein  Hinterrand  breit  und  erreicht  fast  ein  Drittel  der 
Rumpflänge.  Die  im  Vergleiche  mit  Branchiosaurus  und  Pelo- 
saurus kleinen,  ovalen  Orbitae  sind  nach  vorn  gerückt  und  liegen 
vor  der  Naht  zwischen  Parietalien  und  Frontalien  und  demnach 
noch  weiter  vor  dem  Foramen  parietale.  Die  Parietalia  sind 
gross  imd  breit,  augenscheinlich  ebenso  die  Supraoccipitalia,  wäh- 
rend die  Postfrontalia,  Postorbitalia  und  Jugalia  nichts  benier- 
kenswerthes  zeigen,  nur  ist  die  Zartheit  aller  dieser  Deckknochen 
eine  ausserordentlich  grosse,  sodass  sie  fast  stets  in  einem  frag- 
mentaren,   der  Identificirung  spottenden  Zustande  vorliegen. 


243 


An  dem  stark  zusamraeiigepressten  Schädel  des  in  Fig.  3, 
Taf.  IX  abgebildeten  Exemplars  nimmt  man  in  der  vorderen 
Hälfte  der  Unterseite  Fragmente  breiter  Knoclienlamellen  wahr, 
welche  mit  dicht  hechelförmigen  Gruppen  kleinster  Zähnchen  be- 
deckt sind  und  augenscheinlich  die  bezahnten  Vomera  oder  Vo- 
meropalatina  vorstellen.  Hinter  denselben  glaubt  man  die  wenig 
scharf  conturirten  Reste  des  Parasphenoids  zu  erkennen,  wel- 
ches in  einen  verhältnissmässig  kurzen,  spitzen,  vorderen,  stiel- 
förmigen  Fortsatz  ausläuft. 

Die  Zähne  der  Kiefer  sind  kegelförmig,  glatt,  höchstens  an 
der  Basis  schwach  gekerbt,  dünnwandig  mit  grosser  Pulpa  und 
so  dicht  an  einander  gereiht,  dass  sie  sich  an  ihrer  Basis  be- 
rühren. 

Die  Wirbelsäule. 

Die  Rumpfwirbelsäule  von  Hi/lonomus  besteht  aus  22 
bis  23  Wirbeln;  die  Länge  jedes  derselben  beträgt  2  mm.  lieber 
die  Anzahl  der  Schwanz wirbel  giebt  keines  der  vorliegenden 
Skelete  sichere  Auskunft,  doch  dürfte  nach  der  Grössenabnahme 
der  Wirbel  des  überlieferten  Schwanzstummels  deren  Zahl  nicht 
viel  mehr  als  20  betragen.  Keinesfalls  aber  hat  der  Schwanz 
von  Hylonomtis  die  Länge  desjenigen  von  Petrobates  erreicht. 
Sämmtliche  Rumpfwirbel,  sowie  die  ersten  4  oder  5  Caudalwirbel 
tragen  Rippen. 

Die  W^irbel.  Jeder  Wirbel  besteht  aus  einem  einheitlichen 
Wirbelkörper  und  einem  von  ihm  durch  eine  Naht  getrennten 
Neuralbogen. 

Die  Wirbelkörper  besitzen  fast  cylindrische ,  in  der  Mitte 
wenig  verengte  Gestalt  und  ergeben  sich  im  Querbruche  als  sand- 
uhrförmige  Hülsen  von  spoiigiösem  Gefüge,  durch  deren  nach  innen 
gerichtete  intravertebrale  Verdickung  eine  massige  Einschnürung 
des  continuirlichen  Chordastranges  bewirkt  wird.  Die  Steinkerne 
dieser  Wirbelkörper  erscheinen  ebenso  wie  z.  B.  bei  PalaeoJiaf- 
teria  ^)  zart  concentrisch  gerieft.  Zwischen  die  Wirbelcentra  ein- 
geschobene Intercentra  sind  nicht  zu  beobachten. 

Der  obere  Bogen  der  Rumpf  wirbel  ist  höher  als  der 
Wirbelkörper,  mit  welchem  er  in  nur  lockerem  Zusammenhang 
gestanden  und  von  dem  er  sich  deshalb  gewöhnlich  getrennt  hat 
{n,  Fig.  2).  Der  Steinkern  des  von  seinen  Schenkeln  gebildeten 
Neuralcanales  wird  nach  Auswitterung  dieser  Knochenlamellen  als 
ein  oberhalb  der  Wirbelkörper  liegender  Kalkspathcylinder  sichtbar. 
Der  Dornfortsatz  bildet  einen  schräg  nach  rückwärts  aufstei- 
genden flachen  Kamm. 


»)  Diese  Zeitschr.,  1888,  p.  492,  Textfigur  1. 


244 


Die  Rippen. 

Die  Rippen  des  Rumpfes  sind  4  mal  so  lang  als  die  Wirbel, 
dünn,  grätenartig,  fast  fadenförmig  mit  rundem,  ziemlich  bis  zur 
Spitze  gleich  bleibendem  Querschnitt.  Ilire  Krünnnung  ist  eine 
schwache  und  vertheilt  sich  gleichmässig  auf  die  ganze  Rippen- 
länge. Die  Knochenkruste  ihrer  Knorpelanlage  ist  so  zartwandig, 
dass  die  Rippen  eine  grosse  Nachgiebigkeit  besassen  und  deshalb 
zuweilen  bei  ihrer  Einhüllung  in  den  Schlamm  wellen-  oder  knie- 
förmige  Biegungen  erlitten  haben,  ohne  zu  zerbrechen. 

Das  distale  Ende  der  Rippen  ist  zugespitzt,    ihr  proximales 

hingegen,  wenigstens  in  den  vor- 


ce 


e:Q  ^3  <?^ 


Figur  1.      Die  Berippung  von 

Hylonomus  Geinitzi  Cred. 

ce  ■=  Halsrippen,  —  c  =  Rumpf- 

rippen,  —  es  =  Sacralrippen,  — ■ 

cc  =  Caudalrippen. 


deren  Abschnitten  der  Rumpf- 
wirbelsäule behufs  zweifacher  An- 
heftung an  die  Wirbel  in  ein 
Capitulum  und  Tuberculum 
getheilt  (Fig.  8.  Taf.  IX). 

Sämmtliche  präsacrale  Wir- 
bel tragen  Rippen  (vergl.  Text- 
tigur  1)  und  zwar  besitzen  diese 
im  ganzen  Rumpfe  vollkommen 
gleiche  Länge,  nur  in  der  Len- 
denregion, also  an  den  letzten 
3  bis  4  vor  dem  Becken  gele- 
genen Wirbeln  nimmt  dieselbe 
allmählich  ab  und  reducirt  sich 
schliesslich  auf  etwa  ein  Drittel 
(Fig.  1,  4  und  5,  Taf.  IX).  In 
Folge  dieser  im  bei  Weitem 
grössten  Theile  der  Wirbelsäule 
herrschenden  Gleichheit  der  Rip- 
pen erhält  der  Rumpf  von  Ni/lo- 
nonins  eine  schlank  cylindrische 
Gestaltung  und  ein  schlangen- 
artig gestrecktes  Aussehen. 

Ganz  abweichend  von  den 
Rippen  des  Rumpfes  sind  die- 
jenigen der  beiden  ersten  über- 
haupt überlieferten  Wirbel  ge- 
formt, indem  sie.  ohne  dass  sich 
Uebergänge  zu  den  langen  Rip- 
pen der  Brustgegend  bemerklicli 
machen,  zu  kurzen  Stummeln 
von  der  Gestalt  schlanker,  zar- 


245 

ter  Meissel  werden  (Fig.  1  u.  o).  Diese  Gegensätziichkeit  in  der 
Berippung  kennzeichnet  die  ersten  Wirbel  als  Halswirbel. 

Die  2  Sacralrippen  heben  sich  aus  dem  durch  Zusammen- 
drückung des  Beckens  entstandenen  Knochengewirre  nur  selten 
deutlich  hervor  (Fig.  4  u.  5;  es).  Bei  Fig.  5  ist  die  linke  dieser 
beiden  Rippen  in  ihrer  natürlichen  Richtung  nach  dem  Ileum  zu 
erhalten  und  giebt  sich  hier  als  ein  im  Vergleiche  mit  den  vor- 
deren Rumpfrippen  kurzer,  kaum  halb  so  langer,  aber  kräftigerer 
und  distal  etwas  verbreiterter  Röhrenknochen  zu  erkennen. 

Die  ersten  4  oder  5  Schwanzwirbel  ti^agen  Gaudalrippen 
(Fig.  1  u.  11;  sowie  Textfigur  1;  cc);  dieselben  sind  fast  gerad- 
linig,  zart  fadenförmig  und  am  Proximalende  verbreitert. 

Der  Schultergürtel. 

Auch  in  dem  wenig  günstigen  Erhaltungszustande  des  Schulter- 
gürtels gelangt  eine  nur  schwache  Yerknöcherung  dessen  knorpe- 
liger Elemente  zum  Ausdruck.  Jedoch  ist  selbst  an  den  z.  Th. 
geringfügigen  Resten  des  Episternums.  wie  sie  einige  Exem- 
plare (so  Fig.  1,  4  u.  6,  Taf.  IX)  aufweisen,  nicht  zu  verkennen, 
dass  dasselbe  aus  einer  breiten,  aber  kurzen  Knoclienlamelle  mit 
verdicktem  Hinterrande  und  zartem,  verschwimmendem  Yorderrande 
bestand,  welche  nach  hinten  in  einen  sich  schliesslich  zuspitzen- 
den Stiel  auslief  und  dadurch  die  Gestalt  eines  ausgebreiteten 
gestielten  Fächers  erhielt,  also  freilich  nur  ganz  im  Allgemeinen  ähn- 
liche Configuratiou  aufwies,  wie  das  Episternum  von  Melanerpeion 
und  Biscosaurus.  Die  Claviculae  (cl,  Fig.  1.  2.  4  u.  6,  Taf.  IX) 
haben  die  bei  fast  allen  unseren  Stegocephalen  sich  wiederho- 
lende knieförmig  gebogene  Gestalt,  wobei  sich  der  eine  Schenkel 
unten  an  die  Episternalplatte  anlegte,  während  der  andere  auf- 
wärts gerichtet  war.  Auch  die  bisher  von  uns  als  Scapula  an- 
gesprochene Knochenplatte,  wohl  das  Coracoid,  weist  die  ge- 
wöhnliche, ungefähr  halbkreisförmige  Gestalt  auf  (.sc,  Fig.  2,  3, 
4  und  5,   Taf.  IX). 

Direct  hinter  dem  Episternum  und  auch,  wo  dieses  fehlt,  an 
der  gleichen  Stelle,  nimmt  man,  wie  in  Fig.  6  u.  9,  Taf.  IX  zur 
Darstellung  gebracht,  ein  pflaster artiges  Mosaik  von  minimalen. 
z.  Th.  rundlichen,  z.  Th.  polygonalen  Kalktäfelchen  wahr.  die.  wo 
in  urspünglicher  Lage  befindlich,  nur  durch  schmale  Zwischen- 
räume getrennt,  fast  unmittelbar  an  einander  stossen,  sonst  etwas 
weitläufiger  zerstreut  liegen.  Dieselben  haben  mit  Schuppen- 
bildungen, speciell  mit  den  zierlich  gezeichneten  ovalen  Schuppen 
von  Hylonomns  keine  Aehnlichkeit,  sind  vielmehr  gleichmässig 
starke,  rings  scharf  umrandete  Blättchen  von  compacter,  homo- 
gener Kalkmasse,  ohne  jede  oberflächliche  Sculptur  (vergl.  Taf.  IX, 
Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  2.  17 


246 


Fig.  10).  Da  sie  dem  Hautskelet  kaum  aii<:^eliürt  haben  dürften, 
so  liegt  es  bei  ihrer  conslanten  Vergesellsclialtung  mit  dem  Epi- 
sternuni  nahe,  sie  für  partiell  verkalkte  Elemente  des  Schulter- 
gürtels,  und  zwar  vielleicht  des  Sternums  anzusprechen. 

Das  Becken. 

Die  Erhaltung  des  Beckens  leidet  gleichfalls  unter  der  für 
die  Ueberlieferung  ungünstigen  geringfügigen  Verknücherung  des 
Gesammtskeletes.  Nur  hier  und  da  sind  einzelne  schärfer  con- 
turirte  Beckenelemente  wahrzunehmen.  Die  II ea  sind  kurz, 
ausserordentlich  stark,  an  ihren  mit  dem  Ischium  und  der  Sacral- 
rippe  in  Verbindung  stehenden  Rändern  noch  mehr  verbreitert 
(i,  Fig.  1  u.  5,  Taf.  IX).  Die  Ischia,  höchst  zarte  Knochenlamellen, 
haben  die  bei  Branchiosanrus,  Pelosanrus  u.  s.  w.  constant  sich 
wiederholende  dreiseitige  Gestalt.  In  Fig.  11,  Taf.  IX  zeigt  sich 
vor  deren  geradem  Vorderrande  eine  zweite  kleine,  sehr  dünne 
Platte,  welche  wohl  eines  der  beiden  Ossa  pubica  repräsentiren 
dürfte.     Aehnliches  ist  in  Fig.  4,   ersichtlich. 

Die  Extremitäten. 

Die  Gliedmaassen  von  JIi/IoHonms  sind  im  Vergleiche  mit 
dem  Rumpfe  von  unbeträclitlicher  Grösse,  unter  sich  verglichen, 
fast  gleich  lang;  nur  um  ein  Minimum  ist  die  hintere  länger, 
dahingegen  viel  stämmiger  als  die  vordere.  Sänimtliche  Extre- 
mitätenknochen sind  zartwandige  Knochenröhren .  welche  deshalb, 
weil  die  Gelenkenden  knorpelig  verblieben,  beiderseits  offen  er- 
scheinen. Der  Humer  US  (//,  Fig.  2,  3,  4  u.  o,  Taf.  IX),  6  mm  lang, 
ist  schlank,  in  der  Mitte  dünn,  an  beiden  Enden  bis  zu  2  mm 
verbreitert.  Proximal-  und  Distalverbreiterung  stehen  in  fast 
rechtem  Winkel  auf  einander.  Ein  Foramen  epicondyloideum  ist 
nicht  vorhanden.  Radius  und  Uliia  sind  auffallend  dünne, 
gerade,  fast  cylindrische  Knöchelchen  von  3  inm,  also  der  halben 
Länge  des  Humerus. 

Das  P^emur  (f,  Fig.  1,  4,  5  und  11)  zeichnet  sich  vor  dem 
Humerus  dadurch  auf  den  ersten  Blick  aus,  dass  es  zwar  kaum 
länger,  aber  viel  kräftiger  ist  als  jener,  ferner  dass  sein  distales 
Ende  auf  der  Unterseite  durch  eine  Fossa  supracondyloidea  tief 
gefurcht  und  eingekerbt  ist,  während  derselben  auf  der  Oberseite 
ein  ziemheh  scharfer  Längskiel  entspricht.  Fibula  und  Tibia 
sind  halb  so  lang  als  das  Femur.  Die  Tibia  ist  an  ihrem  distalen 
Ende  fächerartig,  und  zwar  derartig  nach  innen  zu  ausgebreitet, 
dass  ihr  Aussenrand  geradlinig  verläuft,  ihr  Innenrand  aber  eine 
tiefe  Ausschweifung  erhält  und  ihr  tarsales  Ende  schräg  abge- 
stumpft erscheint. 


247 


Carpus  und  Tarsus  weisen  geringgradige  Ossificationen  auf. 
So  liegen  in  Fig.  5,  Tat'.  IX  einige  kleine,  rundliche  Carpal- 
blättclien  zwischen  Unterarniknuchen  und  einem  Metacarpale.  —  bei 
Fig.  1  hingegen  zwei  viel  grössere  Scheibchen  von  spongiöser  Structur 
direct  am  hinteren  Ende  der  linken  Tibia  und  mehrere  ausser- 
ordentlich kleine,  nicht  scharf  begrenzte  Ossificationen  der  Ele- 
mente der  zweiten  Tarsalreihe  unmittelbar  vor  den  Metatarsalien. 
Sind  bei  dem  wenig  günstigen  Erhaltungszustande  dieses  Tarsus 
Vergleiche  überhaupt  gestattet,  so  würde  man  in  demselben  eine 
autfallende  Uebereinstiinmung  mit  demjenigen  von  Falaeohatteria 
finden,  deren  Tarsus  sich  ebenfalls  aus  2  Tarsalien  erster  Reihe 
(dem  Astragalus  und  Calcaneus) ,  ferner  aus  5  direct  vor  den 
Metatarsalien  liegenden  Knochenblättchen  besteht. 

Die  Zehen  der  Hand  scheinen,  nach  den  wenigen  über- 
lieferten Grliedern  derselben  zu  schliessen,  schlanker  gewesen  zu 
sein  als  diejenigen  des  Fusses,  —  ihre  Zahl  und  die  der  sie 
zusammensetzenden  Phalangen  war  nicht  festzustellen.  Die  End- 
phalangen sind  zugespitzt. 

Der  Bauchpanzer. 

Taf.  IX,  Fig.  1,  2,  3,  6  u.  7. 
Der  verhältnissmässig  starke  Bauchpanzer  von  Hylonomus 
besteht  aus  Schuppenreihen,  welche  in  stumpfem  Winkel  von  der 
Medianlinie  aus  nach  aussen  und  hinten  divergiren.  Die  Breite 
jeder  solchen  Schuppenreihe  beträgt  die  Hälfte  einer  Wirbellänge. 
Die  quer-ovalen  Schuppen  selbst  decken  sich  dachziegelartig,  ha- 
ben einen  leistenförmig  verdickten,  schwach  bogigen  Hinterrand 
und  sind  mit  zarten,  erhabenen  Linien  verziert,  welche  vom  letz- 
teren aus  schwach  divergirend  nach  vorn  verlaufen  (vergl.  Fig.  7). 


Petrohates  truncatus  Cred. 
Taf.  X,  Fig.  1  bis  7. 

Die  allgemeine  Kör  per  form  von  Petrohates  war  zwar  wie 
diejenige  von  Hylonomus  ebenfalls  eine  eidechsenartige,  jedoch 
beruhte  dies  weniger  auf  der  Schlankheit  des  Rumpfes  wie  bei 
letzterem,  sondern  vielmehr  auf  der  Schmalheit  des  Schädels,  der 
Länge  des  Schwanzes  und  der  Stämmigkeit  der  Gliedmaassen, 
während  der  Rumpf  ein  mehr  gedrungenes,  gedunsenes  Aussehen 
aufzuweisen  hatte. 

Die  Länge  des  vollständigsten  Individuums  beträgt  75  bis 
78  mm,  ist  also  etwa  die  gleiche  wie  diejenige  von  Hylonomus, 
vertheilt  sich  aber  in  ganz  anderen  Verhältnissen  auf  die  Haupt- 
körperabschnitte, indem  auf  den  Schädel  etwa  10,   auf  Hals  und 

17* 


248 


Rumpf  35  und  auf  den  Scliwanz  30  bis  33  mm  entfallen,  — 
während  bei  Hylonomus  der  Schädel  13.  Hals  und  Rumpf  45, 
und  der  Schwanz  kaum  20  mm  misst.  Petrohates  hat  dem- 
gemäss  einen  verhältnissmässig  kleineren  Kopf  und  kürzeren 
Rumpf,   aber  einen  längeren  Schwanz  als  Hylonomus. 

Die  gedrungene  kräftige  Gestalt  von  Petrohates  spiegelt  sich 
gegenüber  seinem  erstgenannten  Aufenthaltsgenossen  in  der  stär- 
keren Ossification  des  Skelets  wieder.  Ist  es  auch  noch  nicht 
zur  Bildung  knöcherner  Gelenkenden  der  Gliedmaassenelemente 
gekommen,  und  beschränkt  sich  die  Ossihcation  der  letzteren 
sowie  der  Rippen  auch  noch  auf  eine  oberflächliche  Incrustation 
des  Knorpels,  und  hat  die  Chorda  ihre  Continuität  ebenfalls  noch 
nicht  verloren,  so  sind  doch  die  sämmtlichen  Knochenröhren  und 
-hülsen  dickwandiger  als  bei  Hylononins. 

Von  einem  Bauchpanzer  sind  bei  Petrohates  keine  Spuren 
anzutreffen,  vielmehr  scheint  sich  derselbe  bereits  zu  einem  aus 
zahlreichen  Elementen  zusammengefügten  Bauchrippensystem 
umgebildet  und  von  der  Bauchfläche  in  die  Bauchwandung  zurück- 
gezogen zu  haben. 

Die  Wirbelsäule. 

Die  Wirbelsäule  von  Petrohates  besteht  aus  etwa  45  Wir- 
beln, von  welchen  3  auf  den  Hals.  IG  auf  den  Rumpf-  und  1 
auf  den  Sacralabschnitt  entfallen.  25  hingegen  den  Schwanz  bil- 
den (Fig.  1,  2  u.  6,  Taf.  X).  Sämmtliche  19  präsacrale  Wirbel, 
der  Sacralwirbel  und  die  ersten  5  oder  6  Caudalwirbel  tragen  be- 
wegliche Rippen. 

Die  Wirbelkörper  umschliessen  in  Form  einheitlicher 
Knochenhülsen  die  continuirliche  Chorda  und  schnüren  dieselbe 
ganz  allmählich  um  ungefähr  die  Hälfte  ihres  intervertebralen 
Durchmessers  ein.  Ihre  sehr  häufig  anzutreffenden  Steinkerne 
besitzen  in  Folge  dessen  Sanduhrform.  Die  Wandungen  dieser 
Hülsen  sind  stärker  als  bei  Hylonomus;  auf  ihrem  Querbruche 
nimmt  man  nicht  selten  die  feinen  Poren  des  spongiösen  Knochen- 
gewebes wahr.  Nur  im  Schwänze  werden  die  Hülsen  ausser- 
ordentlich zart. 

Die  Länge  der  Hals-,  Rumpf-  und  Sacralwirbel  ist  überall 
die  gleiche  und  beträgt  bei  den  Fig.  1,  2  u.  6,  Taf.  X  abgebil- 
deten Individuen  2  mm  bei  einem  Durchmesser  von  1  mm  und 
einer  Höhe  des  ganzen  Wirbels  von  2,5  mm. 

Der  Sacralwirbel  zeichnet  sich  als  solcher  auf  keinerlei 
Weise  vor  den  Nachbarwirbeln  aus. 

Der  Schwanz  besteht  aus  etwa  25.  also  aus  mehr  Wir- 
beln als  der  Rumpf  und  ist  beinahe  so  lang  wie  dieser   (Fig.  1), 


249 


also  verhältnissmässig  viel  länger  als  dei-jeiiige  von  Hylonomus. 
Die  Schwanzwirbel  nehmen  naturgemäss  nach  hinten  zu  an  Grösse 
stetig  ab. 

Interccntra  scheinen  zu  fehlen,  nirgends  Hess  sich  eine 
Spur  derselben  nachweisen,  auch  gewährt  der  enge  gegenseitige 
Anschluss  der  Wirbelkörpcrhülsen  keineji  Raum  für  die  Einschal- 
tung von  Intercentren.  Dahingegen  keilen  sich  in  der  Schwanz- 
wirbelsäule zwischen  die  ventralen  Ränder  je  zweier  zart  hülsen- 
förmiger  Centra  die  stumpfwinklig  zugeschärften  Enden  eines  zum 
unteren  Bogen  modificirten  Intercentrums  ein.  Dieselben  er- 
scheinen in  ihrer  Seitenlage  wie  kurze  und  breite  Lamellen.  — 
die  in  einem  Falle  (Fig.  2  u.  5)  zu  beobachtende  Querlage  giebt 
ihre  Gestalt  als  zart-  und  kurzschenklige,  stimmgabelförmige  Bogen 
mit  kurzem  unteren  Fortsatz  zu  erkennen. 

Der  Neuralbogen  besitzt  ein  fast  noch  grösseres  Lumen 
als  die  Wirbelkörperhülsen  in  ihrem  mittleren  Durchmesser.  Der 
Steinkern  der  oberen  ßogenreihe.  also  der  Abguss  des  Rücken- 
markstranges bildet  in  Folge  dessen  einen  Kalkspathcylinder  von 
etwas  depressem  Querschnitt  mit  oberflächlichen,  der  Segmenti- 
rung  der  Wirbelsäule  entsprechenden  Einschnürungen,  der  sich 
oberhalb  der  gegliederten  Kette  von  sanduhrförmigen  Steinker- 
nen der  Wirbelkörper  continuirlich  dahinzieht  (Fig.  '2  und  4). 
Weist  schon  diese  an  fast  allen  vorliegenden  Exemplaren  von 
Pefrubates  wiederkehrende  constante  Verbindung  der  Steinkerne 
beider  Wirbeltheile  darauf  hin,  dass  die  Schenkel  des  oberen 
Bogens  mit  den  Wirbelcentren  in  ziemlich  fester  Verbindung  ge- 
standen haben  müssen,  so  wird  dies  durch  die  directe  Beob- 
achtung au  den  längsgespaltenen  Schwanzwirbeln  von  Fig.  2 
und  5  bestätigt,  wo  durchaus  keine  Andeutungen  einer  Xaht 
zwischen  beiden  Elementen  sichtbar  sind.  Bei  Fetrohatcs  scheint 
also  im  Gegensatze  zu  seinen  sämmtlichen  übrigen  Aufentlialts- 
genossen  und  namentlich  zu  Hylonomus  eine  Verwachsung  der 
Wirbelcentra  mit  den  oberen  Bogen  stattgefunden   zu  haben. 

Der  Dornfortsatz  des  letzteren  besteht  aus  einer  niedri- 
gen, schräg  nach  hinten  emporsteigenden,  abgerundet  endenden 
Lamelle,  welche  bis  auf  den  nächsten  Bogen  übergreift,  von 
dessen  spitzen  vorderen  Gelenkfortsätzen  sie  an  ihrer  Basis  um- 
fasst  wird. 

Querfortsätze  sind  nicht  vorhanden. 

Die  Rippen. 

Die  Berippung  von  Petrobates  (vergl.  Textfigur  2  auf  p.  251) 
erstreckt  sich  auf  folgende  25  bis  26  Wirbel: 


250 


3  Halswirbel, 
sämrntliche   16  Rumpfwirbel, 
1    Sacralwirbel, 
5  —  6  Caudalwirbel. 

Die  Rumpf rippen  sind  in  der  vorderen  Hälfte  des  Rum- 
pfes ziemlich  stark  gebogen,  jedoch  fällt  diese  Biegung  aus- 
schliesslich in  das  proximale  Drittel  der  Rippenlänge,  während 
der  Rest  geradlinig  verläuft.  An  solchen  Exemplaren,  bei  denen 
die  Rippen  ihren  Zusammenhang  mit  den  Wirbeln  bewahrt,  also 
Seitenlage  nicht  angenommen  haben,  ist  ihre  Krümmung  durch 
den  Druck  des  sich  über  dem  Skelet  anhäufenden  Kalkschlammes 
verloren  gegangen,  sodass  sie  fast  vollkommen  geradlinig  erschei- 
nen (Fig.  2.   Taf.  X). 

Die  Rippen  von  Petrohates  sind  im  Gegensatze  zu  den  faden- 
förmigen Rippen  von  Hylonnmns  namentlich  in  ihrer  proximalen, 
die  Biegung  aufweisenden  Hälfte  compress  bandförmig,  hierbei  an 
ihrem  oberen  convexen  Rande  merklich  verdickt,  an  der  unteren 
concaven  Seite  zugeschärft  und  erscheinen  deshalb  in  der  ge- 
wöhnlich anzutreffenden  Seitenlage  beträchtlich  breiter  als  dieje- 
nigen des  eben  genannten  Stegocephalen.  In  ihrer  distalen  Hälfte 
hingegen  nehmen  sie  einen  mehr  rundlichen  Querschnitt  an  und 
enden  mit  einer  stumpfen  Abrundung. 

An  ilirem  proximalen  Ende  zeigen  die  Rippen  der  vorderen 
Rumpfregion  eine  keilförmige  Verbreiterung  mit  schräg  ab- 
schneidender Articulationsfläche  (Fig.  .1.  2.  8  und  7).  Letz- 
tere ist  schwach  concav  ausgeschweift,  ohne  dass  es  zu  einer 
Gabelung,  also  zur  Abtrennung  eines  abgesetzten  Tuberculums 
gelangt  wäre.  Augenscheinlich  aber  war  die  Rippe  mit  dem 
oberen  Vorsprunge  ihrer  ausgeschweiften  Verbreiterung  auf  einer 
Facette  des  Neuralbogenschenkels,  mit  der  unteren  auf  einer 
solchen  des  Wirbelcentrums  eingelenkt.  Nur  bei  den  5  letzten 
präsacralen  Rippenpaaren  erreicht  die  Abschrägung  und  Aus- 
schweifung des  proximalen  Endes  einen  solchen  Grad,  dass  an 
letzterem  ein  langes  Capitulum  und  ein  kleines  Tuberculum  zur 
Ausbildung  kommen. 

Die  grösste  Länge,  nämlich  8  —  9  mm,  also  das  Vierfache 
der  Wirbelkörper  weisen  die  Rippen  in  und  etwas  hinter  der 
Mitte  des  Rumpfes,  also  diejenigen  des  9..  10.,  11.  und  12.  Wir- 
bels auf.  Dann  aber  (vergl.  Textfigur  2,  sowie  Fig.  1,  2  und  6. 
Taf.  X)  beginnt  nach  hinten  zu  eine  ganz  gleichmässige  Abnahme 
der  Rippenlänge,  indem  sich  jede  weiter  folgende  Rippe  um  das 
gleiche  Maass  und  zwar  um  1  mm,  also  das  13.  Rippenpaar  auf 
8  ,  —  das  14.  auf  7  ,  —  das  15.  auf  6  mm  verkürzt,  bis 
schliesslich  das   19.  und  somit  letzte  Paar  sich  auf  nur  2.5  mm 


251 


ce 


laoge  Stummel  reducirt  hat. 
Mit  dieser  Abnahme  der 
Länge  geht  eine  solche  der 
Krümmung  der  Rippen  Hand 
in  Hand,  welche  letztere  end- 
lich in  der  Lendengegend 
fast  vollkommen  verloren 
geht.  Auch  nach  vorn  zu 
vermindert  sich  die  Länge 
der  Rippen  allmälilich  bis 
zum  5.  Wirbel  um  etwas, 
ohne  dass  die  Biegungsver- 
hältnisse und  die  allgemeine 
Gestalt  der  Rippen  eine  we- 
sentliche Aenderung  erführen. 
Eine  solche  beginnt  sich  erst 
am  4.  Rippenpaare  geltend 
zu  machen.  Dasselbe  ver- 
kürzt sich  ziemlich  unver- 
mittelt auf  die  Hälfte  der 
längsten  Rumpfrippen  und 
nimmt  gleichzeitig  eine  stark 
bogenförmige  ,  gleichmässig 
auf  die  ganze  Rippenlänge 
vertheilte  hakenartige  Krüm- 
mung an  (Figur  1  und  2). 
Von  nun  an,  also  zunächst 
an  den  Rippen  des  2.  und 
3.  Wirbels  geht  die  bis  da- 
hin herrschende  Biegung  und 
Schlankheit  vollkommen  ver- 
loren, indem  dieselben  die 
Gestalt  kurzer,  gerade  ge- 
streckter Meissel  annehmen,  deren  breites  distales  Ende  geradlinig 
abschneidet  {cc,  Fig.  1.  2  und  G).  Auch  der  wohl  als  erster 
anzusprechende  Wirbel  scheint  derartige .  aber  noch  kleinere 
stummeiförmige  Rippen  zu  tragen.  Dieser  ihrer  von  den  übrigen 
Wirbeln  durchaus  abweichenden  kurzen  Berippung  wegen  sind  die 
3  ersten  Wirbel  als  Halswirbel  aufzufassen. 

In  Folge  der  verhältnissmässigen  Länge  der  Rippen  des 
mittleren  Rumpfabschnittes  und  ihrer  beträchtlichen  Verkürzung 
nach  vorn  und  hinten  erhält  der  Rumpf  ein  plumpes,  gedunsenes 
Aussehen,  welches  zu  der  schlanken,  cylindriscli  gestreckten  Lei- 
besgestalt von  Uijlonoinas   in  starkem  Contraste  steht. 


Figur  2.      Die  Berippung  von 

Petrobates  truncutus  Cred. 
ce  =  Halsrippen;  —  c  ^=  Rumpf- 
rippen; —  CS  =  Sacralrippen;  — 
cc  =   Caudalrippen. 


252 


Die  beiden  Rippen  des  Sacra Iwirbels  (es,  Fig.  1.  2  u.  6, 
Taf.  X)  zeichnen  sich  in  noch  höherem  Grade  als  bei  anderen 
verwandten  Quadrupeden  durch  ihre  Stärke  aus,  welche  hier  mit 
der  Verknöcherung  sämmtlicher  Beckenelemente  und  der  Stäm- 
migkeit der  Hinterextremitäten,  die  sie  zu  tragen  bestimmt  ist, 
in  Einklang  steht.  So  beträgt  bei  Fig.  1  die  Breite  des 
Distalendes  der  2,5  nnn  langen,  kurzen,  geraden  Sacralrippen 
fast  2  mm. 

Von  den  Schwan  zwirbeln  tragen  die  ersten  5  oder  6 
Rippen  (cc,  Fig.  1,  2,  3,  Taf.  X).  Diejenigen  des  ersten  Caudal- 
wirbels  sind  etwa  3  mm  lang  und  dornenförmig  gestaltet,  also 
an  ihrem  Proximalende  breit,  distalwärts  spitz  zulaufend  und  an 
der  Spitze  sanft  nach  unten  gebogen,  —  die  nächsten  2  Paare 
weisen  eine  starke,  gleichmässig  hakenförmige  Krümmung  auf,  — 
das  vierte  Paar  ist  kurz  und  biegt  sich  fast  rechtwinkelig  nach 
unten:  die  nun  folgenden  letzten  Paare  sind  kurze,  stummelartige 
Spitzchen. 

Auch  in  der  Art  der  Schwanzberippung  weicht  somit  Fetro- 
hates  von  Hylonomns  wesentlich  ab,  indem  sich  die  Caudalrippen 
des  ersteren  wie  bei  Kadaliosmirus  und  Palaeohatteria  gekrümmt, 
diejenigen  von  Hylonomus  gerade  gestreckt  wie  bei  Branchio- 
saurus  und  Pelosaurus  erweisen. 

Der  Schädel. 

Der  Schädel  ist.  wenn  überhaupt,  dann  im  Zustande  solcher 
Zerberstung  und  Zertrümmerung  fast  aller  seiner  einzelnen  Knochen- 
stücke überliefert  (Fig.  1,  2,  3  und  6,  Taf.  X),  wie  sie  selbst  an 
sehr  jugendlichen  Individuen  von  z.  B.  Brandnosaurus  selten 
wiederkehrt.  Es  kann  dies  einerseits  in  der  Zartheit  der  Schädel- 
deckknochen seinen  Grund  haben,  andererseits  aber  auch  in  einer 
den  übrigen  Stegocephalen  fremden  hohen  Wölbung  des  Schädel- 
daches, welche  bei  dessen  Zusammenpressung  zu  seiner  vollstän- 
digen Zertrümmerung  führte.  Es  ist  in  Folge  der  letzteren  sogar 
unmöglich  geworden,  mit  Sicherheit  zu  entscheiden,  ob  der  Schädel 
von  Pefroha/es  einen  stegocephalen  oder  rhynchocephalen  Habitus 
besass.  Jedenfalls  aber  ist  derselbe  im  Verhältniss  zu  der  Kör- 
perlänge des  Thieres   auftällig  klein  und  schmal  gewesen. 

Die  Parietalia  sind  bei  Fig.  1  sehr  breit,  reichen 
also  weit  nach  links  und  rechts.  Im  vorderen  Drittel  ihrer  Me- 
diannaht  liegt  das  Foramen  parietale.  Die  Frontalia  greifen 
mit  langen,  spitzen  Fortsätzen  zu  beiden  Seiten  der  Parietalia 
weit  nach  hinten.  Die  Postfrontalia  sind  schmal  sichelförmig, 
—  die  Augenhöhlen  klein,  rundlich  und  liegen  weit  nach  vorn 
gerückt,   —  die  Zähne  glatt,   dünnwandig,   spitz  kegelförmig. 


253 


Der  Brustgürtel. 

Der  Brustgüi'tel  dürfte,  soweit  man  aus  den  geringfügigen 
Resten  desselben  zu  schliessen  vermag,  grosse  Aehnlichkeit  mit 
demjenigen  von  Hylonomus  gehabt  haben.  So  läuft  die  quer- 
rhombische Platte  des  Episternums  {ep,  Fig.  3,  Taf.  X)  gleich- 
falls in  einen  hinteren  Stiel  aus  {ep,  Fig.  6),  während  die  sehr  kräf- 
tigen Claviculae  die  nehniliche  bumerangähnliche  Krümmung  auf- 
weisen {cl,  Fig.  1  und  3).  Die  Scapulae,  richtiger  Coracoidea 
{sc,  Fig.  1 ,  2 .  6) ,  geben  sich  als  starke  Knochenplatten  zu 
erkennen,  deren  Hinterrand  verdickt  und  schwach  ausgeschweift 
ist.  Ein  Sternal-Mosaik  wie  bei  Hylonomus  (p.  245,  Fig.  9  u.  10, 
Taf.  IX)  ist  bei  Petrohates  nicht  vorhanden. 

Der  Beckengürtel. 

Ueber  das  Becken  von  Petrohates  giebt  das  in  Fig.  1,  Taf.  X 
abgebildete  Skelet  vollkommen  klaren  Aufschluss.  Es  steht  fest, 
dass  dasselbe  von  nur  einem  einzigen  Wirbel  und  zwar  mittelst 
der  oben  beschriebenen  sehr  kräftigen  Sacralrippen  getragen 
wird  (vergl.  auch  es,  Textfigur  2.  sowie  Fig.  2,  Taf.  X).  Dem 
meisselartig  verbreiterten  und  gerade  abgestutzten  Distalende  der 
letzteren  fügt  sich  das  stämmige,  4  mm  lange  Ileum  an  (Text- 
figur 3).    Dieses  ist  in  der  Mitte  etwas  eingeschnürt  und  erleidet 


Figur  8.     Das  Becken  von  Petrohates  truncatus  Cred. 

in  eine  Ebene  ausgebreitet. 

i  =z  Ilea;  —  p  =  Pubica;  —  is  =  Ischia. 


namentlich  an  seinem  unteren  Ende  eine  sehr  beträchtliche,  flügel- 
artig nach  vorn  und  hinten  gerichtete  Verbreiterung.  Mit  dem 
Vorderrande  derselben  hat  das  Pubicum,  mit  dem  Hinterrande 
das  Ischium  in  Verbindung  gestanden.  Die  beiden  Schambeine 
sind  zarte,  dünne  Knochenlamellen  von  derartiger  halbkreisför- 
miger Gestalt,   dass  ihr  geradliniger  Rand  nach  vorn,   der  Bogen 


254 


nach  hinten  gerichtet  liegt.  Zarte  Anwachsstreifen  laufen  diesen 
Conturen  parallel.  .  Direct  an  den  Hinterrand  der  Pubica  stossen 
die  Ischia.  welche  umgekehrt  einen  bogigen  Vorderrand  haben, 
nach  hinten  spitz  zulaufen  und  auf  der  Aussenseite  etwas  ausge- 
schweift erscheinen,  also  fast  spitz  dreieckige  Gestalt  aufweisen. 
In  Folge  der  Bogengestalt  der  einander  zugewandten  und  zusam- 
menstosscnden  Ränder  der  beiden  Ischia  und  Pubica  wird  ein  von 
diesen  4  Knochenlamellen  umgebener  Zwischenraum,  ein  grosses 
Foramen  cordiforme  frei  gelassen.  Auf  diese  Weise  erhält 
das  Becken  von  Petrohafes  Reptiliencharakter,  und  zwar  speciell 
durch  die  Plattengestalt  der  Pubica  eine  gewisse  Aehnlichkeit  mit 
demjenigen  von  Palaeohatteria^)  und  demnach  auch  von  Fle- 
siosaiirus. 

Die  Extremitäten. 
Taf.  X,   Fig.  1  und  6. 

Verglichen  mit  den  viel  schlankeren  und  schwächeren  Knochen 
der  Gliedmaassen  von  Hylonomiis  erscheinen  diejenigen  von  Petro- 
hafes bei  ungefähr  gleicher  Länge  beträchtlich  stärker  und  kräftiger, 
wodurch  die  Extremitäten  ein  autfällig  stämmigeres  Aussehen  ge- 
winnen. Trotzdem  scheinen  Carpus  und  Tarsus  eine  geringer 
gradige  Ossification  erfahren  zu  haben,  wenigstens  waren  nur  einige 
wenige  kleine  Carpal-  und  Tarsalknöchelchen  vorzufinden  (Fig.  1 
und  2).  Auch  die  Gelenkenden  der  Knochenröhren  sind  knorpelig 
verblieben.  Knochenleisten  zur  Anheftung  von  Muskeln  sind  ebenso 
wenig  wie  ein  epicondylares  Foramen  wahrzunehmen. 

Das  Abdominalskelet. 

Zwischen  den  Rippen  verschiedener  Exemplare,  namentlich 
des  in  Fig.  1,  Taf.  X  wiedergegebenen,  erkennt  man  kleine,  zarte, 
beiderseits  scharf  zugespitzte  Knochengebilde  zerstreut  liegen, 
welche  in  dieser  ihrer  haferkornartigen  Form  grosse  Aehnlichkeit 
mit  den  Bauchschuppen  von  z.  B.  Archer/osnurns  haben.  Ihre 
Zahl  ist  jedoch  eine  so  geringe,  ihre  Verstreuung  auf  der  Rumpf- 
fläche eine  so  weitläufige,  dass  von  vornherein  Bedenken  ent- 
stehen, dieselben  als  Elemente  eines  die  ganze  Bauchseite  be- 
deckenden, dicht  schliessenden  Schuppeiipanzers  anzusprechen. 
Vielmehr  erinnern  sie  an  solche  Abdominalossificationen.  wie  wir 
sie  früher  an  Palacohatterin  und  Kndaliosaurus  kennen 
gelernt  haben-).  Bestätigt  wird  diese  Vermuthung  durch  den 
Befund    an    dem     in    vorzüglicher    Erhaltung    überlieferten    Ske- 


')  Vergl.  diese  Zeitschr.,  1888;  Textfigur  2f)  auf  p.  524. 

*)  Diese  Zeitschr.,  1888,  p.  537  und  1889,  p.  324;  Textfigur  1,  B. 


255 


lete  Fig.  6,  Taf.  X.  Hier  sind  diese  Knocheufädchen  nicht  isolirt 
und  verstreut,  sondern  z.  Th.  noch  in  ihrem  gegenseitigen  Zusam- 
menhang und  in  ihrer  ursprünglichen  Anordnung  zu  den  Rippen 
verblieben,  sodass  ihre  Natur  als  Einzelelemente  eines  sträh- 
nigen Bauchrippensystems  klar  vor  Augen  liegt.  Es  sind,  wie 
gesagt  ,  lauter  sehr  kleine  .  kurze  Knocheufädchen  (Fig.  7), 
welche  beiderseits  in  schärfste  Spitzen  auslaufen,  entweder  gerade 
oder  schwach  gebogene  Gestalt  besitzen  und,  wie  die  braunen, 
sie  haarzart  durchziehenden  Steinkerne  beweisen,  im  Innern  knor- 
pelig verblieben,  also  nur  oberflächlich  verkalkt  waren.  Dieselben 
legen  sich  mit  ihren  Spitzen  reiheiifürniig  zu  fadenartigen  Ossi- 
ticationsstreifen  an  einander,  deren  jeder  aus  5  bis  6  solcher 
Einzelstückchen  besteht.  Je  zwei  derartige  Strähnen,  eine  linke 
und  eine  rechte,  laufen  von  der  Medianlinie  aus  in  nach  hinten 
geötfnetem  Winkel,  also  divergirend  nach  hinten.  Ein  unpaares, 
beide  seitliche  Streifen  verbindendes  ]\Iittelstück  scheint  nicht 
vorhanden  gewesen  zu  sein. 

Die  Anzahl  dieser  gegenseitig  durch  weite  Zwischenräume 
getrennten  Ossificationssträhnen  scheint  die  doppelte  der  Rippen 
zu  betragen,  sodass  jede  der  letzteren  an  ihrem  distalen  Ende 
mit  zwei  der  ersteren  in  Verbindung  gestanden  haben  würde. 
Bezieht  sich  das  Gesagte  wesentlich  auf  Beobachtungen  in  der 
Brustregion  des  Pefrohafes-^keletes ,  so  erstrecken  sich  doch  die 
Ossificationsstreifen,  sich  allmählich  verkürzend,  auch  noch  bis 
in  das  hintere  Drittel  des  Rumpfes. 

So  weist  denn  das  abdominale  Ossificationssystem  von  Pe- 
frohafes  in  seiner  Bauweise  die  grösste  Uebereinstimnmng  mit 
demjenigen  von  Kadaliosanrits  auf,  wie  es  sich  in  dessen 
hinterer  Rumpfgegend  gestaltet^). 

Diagnose  und  Vergleichung  von  Hylonomus 
Gcinitzi  und  Petrohates  truncatus. 


liylonomns  Geinitzi  Cred.       Petrohates  Iruncatns  Crbd 


Eidechsenförmige  Quadrupeden   von   70  bis   80  nmi  Länge; 
Chorda  continuirlich ,    in   der  Mitte  der  Wirbel   schwach  ein- 
geschnürt ; 
einheitliche,   amphicoele  Wirbelhülsen; 
Rumpfrippen  lang,   schwach  gebogen; 
2  bis  3  Paare  kurzer,    meisselförmiger  Halsrippen; 
1   Paar  sehr  kräftige  Sacralrippen; 


')  Diese  Zeitschr.,  J889,  t.  XV,  f.  2  und  B  in  Textfigur  20,  p.  324. 


256 


Hylonomus  Geinitsi  Cred.       Petrohates  truncatus  Cred. 


etwa  5  Paar  Caüdalrippen; 

secrete  Ossa  pubica; 

das  Episternum  nach   hinten  in  einen  stielförmigen  Fortsatz 

auslaufend ; 

das  Extremitätenskelet  besteht  aus  Knochenröhren; 

die  Gelenkenden  derselben  sind  nicht  ossificirt; 

schwache  Ossificationen   im  Carpus  und  Tarsus ; 

Zähne  spitz  kegelförmig,   dünnwandig,   glatt. 


Echter   Stegocephalen  -  Schädel, 

mit   hechelartiger  Gaumeiibe- 

zahnung; 
Verknöcheruug   der   Skelettheile 

sehr  zartwandig; 
Zahl  der  Rumpfwirbel  20: 
Schwanz  kaum  halb  so  lang  als 

der  Rumpf: 
Rumpfrippen  dünn,   grätenartig. 

fadenförmig     mit     rundem 

Querschnitt ; 
sehr  wenig  gebogen; 

das  distale  Ende  zugespitzt; 

das  proximale  Ende  in  Capi- 
tulum  und  Tuberculum  ge- 
gabelt; 


sämmtliche  Rumpfrippen  von  fast 
gleicher  Länge,  nur  die  letz- 
ten 3  oder  4  Paare  sich  ver- 
kürzend, in  Folge  dessen  der 
Rumpf  cylin drisch  ,  langge- 
streckt; 

Schwanzrippen  schlank,  gerade; 


Schädel    klein ,    schmal , 
schlecht  erhalten; 


stets 


dickwandigere  Verknöcherung; 

Zahl  der  Rumpfwirbel   16; 
Schwanz    fast   so  lang  wie  der 

Rumpf; 
Rumpfrippen    kräftiger ,     com- 

press.  bandförmig; 

stärker  gebogen  und  zwar  im 
proximalen  Drittel; 

das  distale  Ende  abgerundet; 

das  proximale  Ende  stark  keil- 
förmig verbreitert,  die  Arti- 
culationsfläche  concav  ausge- 
schweift ;  nur  die  letzten 
Rippenpaare  mit  Capitulum 
und  Tuberculum; 

Rippen  in  der  mittleren  Rumpf- 
region am  längsten,  dann  sich 
nach  vorn  allmählich,  nach 
hinten  rasch  und  zuletzt  zu 
kleinen  Stummeln  verkürzend, 
in  Folge  dessen  der  Rumpf 
stark  aufgedunsen ; 

Schwanzrippen  kräftig,  haken- 
förmig gekrümmt; 

in  der  Schwanzwirbelsäule  inter- 
vertebral  eingekeilte  untere 
Bogen; 


257 


HylonoiHits  Geinit^i  Cred. 


Fctrubdtes  tru/icdtu^  Cred. 


Humerus,  Radius  und  Ulna  dünn 
und  schlank; 

auf  der  Bauchseite  ein  Panzer 
von  querovalen,  sich  dach- 
ziegelartig  deckenden  Schup- 
pen. 


Humerus,  Radius  und  Ulna  stär- 
ker und  viel  stämmiger; 

mit  einem  abdominalen  Ossifi- 
catioussysteni ;  die  strähnigen 
Bauchrippen  aus  spitz  spin- 
delförmigen Elementen  zu- 
sammengesetzt. 


Systematische  Stellung  von  Ilylonomus  und 
Petrohates. 

Die  Frage,  ob  Hylonomus,  und  namentlich  ob  Petrohates  den 
Stegocephalen  oder  aber  den  Rhynchocephalen  zuzurechnen 
seien,  lässt  sich  nicht  durch  ein  kurzes  Wort  entscheiden. 

Beiden  Quadrupeden  verleihen  die  langen,  gebogenen  Rumpf- 
rippen, die  Markirung  eines  Halsabschnittes  durch  kurze,  abwei- 
chend gestaltete  Rippen,  das  rhombische,  gestielte  Episternum, 
die  knöchernen  Pubica,  die  Ossiticationen  im  Carpus  und  Tarsus 
in  ihrer  Gesammtheit  einen  reptilienhaften  Habitus.  Dieser  ge- 
langt bei  Petrobdtes  zu  einem  noch  bestimmteren  Ausdruck  durch 
das  Auftreten  von  Bauchrippen  und  von  intercentral  zwischen  die 
Wirbelcentra  des  Schwanzes  eingefügten  unteren  Bogen. 

Dem  gegenüber  theilen  Hylonomus  und  Petrohates  das  Vor- 
handensein von  nur  einem  Sacralwirbel  mit  den  Amphibien, 
ebenso  wie  beiden  durch  die  Persistenz  des  continuirlichen  Chorda- 
stranges, durch  die  nur  geringfügige,  oberflächliche  Ossification 
der  Skeletelemente .  die  Nichtverknöcherung  der  Gelenkenden  der 
Extremitäten-Röhrenknochen,  die  indifferente  Gestalt  der  Zähnchen 
ein  primitiver  Habitus  aufgeprägt  wird.  Dieser  wird  bei  Hylo- 
nomus noch  verstärkt  durch  eine  augenscheinlich  echt  stegoce- 
phalische  Schädeldeckc,  ferner  durch  die  dichte  Hechelbezahnung 
des  Gaumens,  endlich  durch  einen  Bauchpanzer  aus  Knochen- 
schuppen. Durch  die  Vereinigung  aller  dieser  Züge  neigt  sich 
Hylonomus  mehr  den  Stegocephalen  zu,  während  sich  Pe- 
trohates durch  seine  Bauchrippen  und  intercentralen  Bogen  mehr 
den  Rhynchocephalen  nähert.  Mit  anderen  Worten:  es  be- 
sitzen beide  einen  noch  sehr  generellen,  noch  wenig  differenzirten 
Gesaramthabitus ,  —  jedoch  wiegt  bei  Hylonomus  der  primitive 
Typus  noch  mehr  vor  als  bei  Petrohates,  in  welchem  schon  eine 
grössere  SpeciaUsirung  in  der  Richtung  der  Rhynchocephalen 
zum  Ausdruck  gelangt  ist.  Wenn  man  bei  Petrohates  vom  Schä- 
del absieht,  welcher  nicht  genau  genug  bekannt  ist.  so  könnte 
man    diesen  Vierfüssler    für  einen    kleinen  Rhynchocephalen    aus 


258 


der  Familie  der  Proterosaurideii  halten,  wenn  dem  nicht  das 
Vorhandensein  von  nur  einem  Sacralwirbel  entgegenstünde.  Es 
scheint,  als  ob  Ilylonoinns,  Petrobafes,  Palaeohfifferia  und  Kada- 
liosaurus  einer  natürlichen  Gruppe  von  zeitgenössischen  Quadru- 
peden  angehören  (alle  mit  continuirlicher  Chorda,  intervertebral 
verengten  hülsenförmigen  Wirbelcentren,  allgemeiner  oder  theil- 
weiser  Vertretung  der  Intercentra.  langen  gebogenen  Rippen,  ver- 
knöcherten plattenförmigen  Pubicis,  meist  mit  2  Tarsalien  in 
erster  Reihe),  zugleich  aber  ebenso  viel  Stadien  der  Specialisi- 
rung  in  der  Richtung  des  Reptilienthums  zum  Ausdruck  bringen: 
in  Hylonomus  vorwiegend  stegocephalische  Charaktere,  —  in 
Petrohates  modificirt  durch  strähnige  Bauchrippen,  —  in  Pa- 
laeohatteria  specialisirt  durch  vermehrte  Zahl  der  Hals-  und 
Sacralwirbel  und  durch  die  Perforirung  des  distalen  Huraerus- 
endes,  —  in  Kadaliosaurus  durch  vollständige  Üssitication 
der  Gliedmaassenknochen  und  deren  Gelenkenden. 


Discosanrus  ijermianus  Cred. 
Taf.  X,  Fig.  8,  9,  10  und  Taf.  XI,  Fig.  1  bis  7. 

In  einem  früheren  Jahrgange  dieser  Zeitschrift  (1883,  p.  294) 
beschrieb  ich  aus  dem  Rothliegend  -  Kalkstein  von  Niederhässlich 
einen  Stegocephalen,  welcher  sich  u.  a.  durch  die  Scheibengestalt 
seiner  zierlichen  ßauchschuppen  vor  allen  seinen  Aufenthalts- 
genossen auszeichnet  und  deswegen  den  Namen  Biscosaurus 
erhielt^).  Das  dieser  Darstellung  zu  Grunde  liegende  Original 
war  leider  nur  ein  auf  die  hintere  Hälfte  des  Gesammtskelets 
beschränkter  Torso  und  liess  den  Verlust  des  Schädels,  des 
Schultergürtels  und  der  Vorderextremitäten  beklagen.  Längere 
Zeit  hindurch  blieb  dieser  Skeletrest  der  einzige  Repräsentant  der 
neuen  Gattung,  bis  im  Laufe  der  letzten  Jahre  unter  der  im 
Plauen' sehen  Gnmde  gesammelten  Stegocephalen- Ausbeute  allmäh- 
lich noch  fernere  3  Exemplare  auftauchten:  das  eine  vom  Schädel 
bis  zum  Schwanz  in  vollständiger  Ueberlieferung,  die  beiden  an- 
deren in  tadelloser  Erhaltung  grösserer  Skeletpartieen,  ergänzen 
sich  alle  drei  derartig,  dass  es  jetzt  möglich  ist,  ein  bis  in's 
Kleinste  gehendes  Bild  dieses  interessanten  und  seltenen  Sohup- 
penlurches  zu  geben. 


')  Die  von  Leidy  1851  als  Biscosaurus  vctustus  bezeichneten 
Rauiiei'wirbel  aus  der  Kreide  von  New  Jersey  gehören  zu  Cimolio- 
sanrun  mmjnus  Leidy.  Das  für  jene  crftaceischen  Reste  gegründete 
Genus  Discosaurtis  ist  also  verfallen  und  dieser  Gattungsname  wie- 
der frei  geworden  (vergl.  R.  Lydekker,  Catalogue  of  the  fossil  Rep- 
tilia  etc.,  Part.  II,  London  1889,  p.  18U  u.  211). 


259 

Als  überraschendes  Resultat  stellt  sich  jetzt  heraus,  dass  Bü- 
cosaurus  iu  der  Gestaltung  seines  Schädels,  der  Elemente  seines 
Schultergürtels  und  seiner  Gliedmaassen  eine  fast  täuschende 
Aehnlichkeit  mit  Melanerpeton  pulcherrimum  Fritsch  M 
besitzt,  —  dahingegen  von  diesem  im  Bau  der  Wirbelsäule  von 
Grund  aus  und  in  der  Form  und  Articulation  der  Rippen  in 
hohem  Grade  abweicht,  vor  ihm  auch  die  Bedeckung  der  Unter- 
seite durch  zierliche  Scheibenschupi)en  voraus  hat. 

Nach  A.  Fritsch's  Abbildungen  und  auch  noch  1885  in 
Band  11,  Heft  2.  p.  51  seines  citirten  Werkes  wiederholten  Dar- 
legungen besitzt  Melanerpeton  gerade  so  wie  Branchiosaiirus 
Wirbelhülseu  mit  intravertebral  erweiterter  Chorda  und 
sehr  kräftigen  Querfortsätzen  (1.  c,  Bd.  I,  p.  95,  103  u. 
107),  —  während  Discosaurus  geradezu  als  Typus  des  rhachi- 
tomen  Wirbelbaues  gelten  kann.  Ferner  sind  bei  Melaner- 
peton und  zwar  auch  bei  dem  „prachtvoll  erhalteneu"  pul- 
cherrimum sämmtliche  Rumpfrippen  von  gleicher  Form,  nämlich 
kurz,  schlank,  fast  gerade  und  nur  am  proximalen  Ende  ver- 
breitert, hier  aber  niemals  gegabelt.  Bei  Biscosaurus  hingegen 
sind  die  vorderen  Rumpfrippen  gebogen  und  an  beiden  Enden 
ruderförmig  ausgebreitet,  während  in  der  mittleren  und  hinteren 
Rumpfregion  eine  ausgezeichnete  Gabelung  des  proximalen  Rippen- 
endes Platz  greift.  Trotz  aller  sonstigen  Aehnlichkeiten  oder 
sogar  Uebereinstimmuiigen  in  der  Form  des  Schädels,  des  Schul- 
tergürtels und  der  Extremitäten  genügen.  —  ganz  abgesehen  von 
der  charakteristischen  Beschuppung  des  Biscosaurus,  —  diese 
principiellen  Unterschiede  im  Bau  der  Wirbelsäule  und  ihrer  An- 
hänge, um  in  Melanerpeton  und  Biscosaurus  difterente  Genera 
zu  erkennen.  Ja,  da  die  Art  des  Wirbelbaues  das  Hauptcriterium 
unserer  Classification  der  Stegocephalen  bildet,  so  bedingen  die 
oben  angedeuteten  Abweichungen  sogar,  dass  die  genannten  bei- 
den Gattungen  ganz  verschiedenen  Unterordnungen  zugetheilt 
werden  müssen:  Melanerpeton  den  Hülsenw^irblern  (Lepo- 
spondyli)  und  zwar  den  tonnenwirbeligen  Branchiosau- 
riden,  —  Biscosaurus  aber  den  Kranzwirblern  (Bhachi- 
tomi). 

Fällt  freilich  statt  eines  einigermaassen  vollständigen  Ske- 
letes  von  Melanerpeton  oder  Biscosaurus  nur  ein  isolirter  Schädel 
oder  Brustgürtel  derselben  dem  Paläontologen  anheim,  so  muss 
er  es  unentschieden  lassen,  welcher  von  den  beiden  Gattungen 
deren  ursprünglicher  Besitzer  zugehört.     Dieses  Schicksal  theilen 


*)  A.   Fritsch.     Fauna    der    Gaskohle    und    der   Kalksteine    der 
Permformation  Böhmens,  Bd.  I,  Heft  2,  p.  9i),  t.  XTV  u.  XV,  1880, 


260 

jene  Reste  mit  jedem  nur  durcli  seinen  losgetrennten  Schädel 
bekannten  Stegocephalen;  er  bleibt  „incertae  sedis'',  bis  der  Fund 
der  zugehörigen  Wirbelsäule  seine  Unterbringung  im  System 
ermöglicht. 

Bei  der  Erörterung  der  Avichtigsten  Charaktere  von  Disco- 
saurus,  also  des  Baues  seiner  Wirbelsäule  und  ihrer  Anhänge, 
sowie  des  Beckens  und  des  Schuppenkleides  gehen  wir  von  einem 
Fragmente  aus.  welches  nicht  nur  diese  Einzelheiten  am  klarsten 
zur  Schau  trägt,  sondern  andererseits  auch  im  Umfange  und  Er- 
haltungszustande der  überlieferten  Reste  dem  Original -Exemplar, 
dem  „type-specimen''  von  Biscoaaurus  (d.  Zeitschr.,  1883,  t.  XII, 
f.  6)  am  nächsten  kommt.  Von  ihm  aus  gehen  wir  zur  Beschrei- 
bung der  beiden  anderen  in  noch  grösserer  und  in  grösster  Voll- 
ständigkeit erhaltenen  Exemplare  über,  um  dadurch  zu  einem 
detaillirten  Bilde  des  Gesammtskeletes  zu  gelangen  und  dieses 
schliesslich  in  eine  Diagnose  der  Gattung  Discosaurus  zusammen 
zu  fassen  und  zu  fixiren. 

A.   Beschreibung  der  in  Figur  8  bis  10,  Tafel  X,  sowie  in 
Figur  1  bis  7,  Tafel  XI  abgebildeten  Exemplare  von 

Discosaurus  pnmimms  Orp:d. 

I.    Exemplar  Taf  X,    Fig.  8  bis  10. 

Das  zu  beschreibende,  in  Fig.  S,  Taf.  X  in  dreifacher  Ver- 
grösserung  abgebildete  Fragment  von  Discosanrus  liegt  auf  der 
Schichtfläche  einer  dünnen  Kalksteinplatte  und  besteht  aus  einem 
grösseren  Abschnitte  der  Rumpfwirbelsäule  nebst  den  zugehörigen 
Rippenpaaren,  der  Mehrzahl  der  Beckenknochen  und  neben  diesen 
aus  einzeln  verstreuten  oder  gruppenweise  zusammengeschaarten 
Schuppen  des  Bauchpanzers. 

Die  Rumpfwirbelsäule  liegt  flach  auf  der  rechten  Seite, 
besitzt  eine  Länge  von  35  mm  und  besteht  aus  11  sich  gerad- 
linig an  einander  reihenden  Wirbeln,  sodass  auf  jeden  der  letz- 
teren eine  Länge  von  etwa  3  mm  kommt.  Die  bei  der  Seitenlage 
der  Wirbelsäule  dem  Beschauer  zugewandte  linke  Reihe  der  Rip- 
pen ist  mit  ihren  proximalen  Enden  noch  auf  ihre  ursprünglichen 
Articulationsstellen  zu  gerichtet,  —  die  andere  zwar  noch  in 
ihrer  ungestörten  Anordnung  und  Lage  verblieben,  jedoch  nach 
oben  umgebogen,  sodass  sie  oberhalb  der  Wirbelsäule  zwischen 
die  bogigen  Einkerbungen  der  Dornfortsätze  zu  liegen  kommen. 

Die  Wirbel. 

Die  Mehrzahl  der  11  Wirbel  dieses  Columnarabschnittes  ist 
vorzüglich  erhalten.  Ihr  Bau  ist  ein  ausgezeichnet  rhachitomer; 
sie  setzen  sich  also  zusammen  aus: 


261 


1.  dem  oberen  (Neural-)  Bogen  mit  den  Gelenkfortsätzen  und 
dem  Dornfortsatz, 

2.  den  beiden  Pleurocentren. 

3.  dem  Intercentrmn. 

Der  Neuralbogen.  Die  Schenkel  des  oberen  Bogens  bil- 
den je  eine  sich  schräg  von  oben  nach  vorn  hinabsenkende  La- 
melle, M^elche  an  ihrem  unteren  Ende  stumpf  abgerundet  ist  und 
sich  nach  oben  zu  verbreitert  (Fig.  8  u.  10,  Taf.  X).  Hier  sendet 
sie  den  vorderen  Gelenkfortsatz  aus.  welcher  nach  vorn  spitz  aus- 
läuft und  hier  unter  den  durch  eine  Verdickung  an  der  Basis 
des  Processus  spinosus  markirten  hinteren  Gelenkfortsatz  des 
vorhergehenden  Wirbels  untergreift. 

Auf  der  etwa  6  mm  langen  Verbindungslinie  zwischen  beiden 
erhebt  sich  der  Processus  spinosus  zu  einem  im  Vergleiche  mit 
z.  B.  Archegosaurus  sehr  niedrigen,  halbmondförmigen  Kannn  mit 
scharfem  ungekerbtem  Rande.  Die  Höhe  des  Neuralbogens  sammt 
Dornfortsatz  beträgt  4  mm. 

Das  Wirbelcentrum  und  Intercentrum.  Das  Wirbel- 
centrum besteht,  wie  oben  und  durch  die  Bezeichnung  des  Wirbel- 
baues als  „rhachitom"  bereits  zum  Ausdruck  gebracht  worden  ist, 
aus  2  secreten  Knochenstücken,  den  beiden  die  Seitenflächen  der 
Chorda  deckenden  Pleurocentren.  Zwischen  je  2  solcher  durch 
ihre  beiden  lateralen  Elemente  repräsentirten  Wirbelcentra  schiebt 
sich  ein  der  Unterseite  der  Chorda  anliegendes,  beiderseits  aber 
etwas  nach  oben  reichendes  Intercentrum  ein. 

Die  Pleurocentra  schliessen  sich  an  die  unteren  Ränder 
jedes  der  Neuralbogenschenkel  in  Gestalt  einer  kleinen,  abgerun- 
det rechteckigen  oder  trapezförmigen  Knochenplatte  meist  so 
dicht  an.  dass  sie  bei  erster  Betrachtung  nur  wie  eine  nach 
unten  gerichtete  Verlängerung  derselben  erscheinen,  heben  sich 
jedoch  schon  durch  ihre  grob  spongiöse  Structur  von  den  angren- 
zenden Theilen  des  Neuralbogens  ab  und  sind  von  diesen  durch 
eine  zarte,  schräg  nach  oben  und  hinten  ansteigende  Naht  ge- 
trennt. In  mehreren  anderen  und  zwar  weiter  nach  dem  Sacrum 
zu  gelegenen  Wirbeln  ist  die  Trennung  dieser  Platte  von  dem 
Bogenschenkel  in  Folge  stattgehabter  kleiner  Verschiebungen  noch 
viel  deutlicher  ausgesprochen. 

Zwischen  je  zweien  dieser  Knochenstücke  liegt,  in  gleicher 
basaler  Linie  mit  diesen  beginnend  und  sich  bis  in  die  von  der 
vorderen  und  hinteren  Zygapophyse  zweier  benachbarter  Wirbel 
bogenförmig  überspannte  Lücke  erhebend,  ein  Intercentrum. 
Dasselbe  ist  in  Folge  der  Seitenlage  der  Wirbelsäule  aus  seiner 
urspünglichen   Position    an    der  Unterseite   der    letzteren    seitlich 

Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  2.  18 


262 


etwas  emporgeschoben  worden ,  sodass  jetzt  seine  ganze  Unterseite 
dem  Beobachter  zugewandt  ist.  Auf  diese  Weise  giebt  es  sich 
als  eine  quer-ovale  Knochenplatte  von  grob  spongiöser  Structur  zu 
erkennen,  welche,  nach  aussen  (bei  ursprünglicher  Lage  nach 
unten)  ziemlich  stark  gewölbt,  mit  ihren  Enden  einwärts  gebogen 
ist  (vergl.  namentlich  ic,  Fig.  10.  Tat.  X).  Denkt  man  sich  die- 
selbe wieder  in  ihre  ursprüngliche  basale  Lage  geschoben,  so 
bildet  sie  eine  sichelförmig,  fast  hufeisenförmig  nach  oben  ge- 
krümmte Platte. 

Bei  Discosaurus  sind  demnach  Pleurocentra  und  Intercentra 
ziemlich  gleichwerthig  entwickelt;  erstere.  also  die  seitlichen  Ele- 
mente der  Wirbelkörper  stehen  unmittelbar  unter  den  Bogen- 
schenkeln.  die  Intercentra  hingegen  unterhalb  der  Gelenkstelle 
zwischen  je  zwei  Neuralbogen.  Es  ist  dies  ein  Verhältniss,  wel- 
ches auch  dort  überall  wiederkehrt,  wo  die  Pleurocentra  stark 
entwickelt  und  als  pleurocentraler  Complex  zu  einem  einheitlichen 
Stücke,  dem  eigentlichen  Wirbelcentrum,  verschmolzen  sind.  In 
allen  diesen  Fällen  dienen  sie  als  Träger  des  Neuralbogens  und 
bilden  dessen  Basis,  während  das  getrennt  bleibende  Interceatrum 
zwischen  je  zwei  Wirbelkörpern  seinen   Platz  hat. 

Erhärtet  wird  diese  Deutung  der  in  Frage  kommenden  Wir- 
belelemente durch  den  Bau  der  Caudalwirbel  des  bereits  im  Jahr- 
gange 1883  d.  Zeitschr. ,  t.  XII.  f.  6  abgebildeten  und  beschrie- 
benen Exemplars  von  Discosaurus.  Hier  liegt  ebenfalls  unmittelbar 
unter  dem  oberen  Bogen  ein  kleines  Blättchen  (eines  der  Pleuro- 
centra) und  zwischen  je  zweien  derselben  ein  unterer  Bogen 
(also  ein  moditicirtes  Intercentrum;  vergl.  diese  Zeitschr.,  1888, 
p.  501,  Textfigur  IV).  somit  genau  an  der  Stelle  der  oben  als 
Intercentra  gedeuteten  Knochenplatten. 

Die  Rumpfrippen. 

Die  Rippen  des  an  diesem  Exemplare  ausschliesslich  über- 
lieferten hinteren  Rumpfabschnittes,  zartwandige  Knochenröhren 
mit  grossem  Lumen,  sind  fast  vollkommen  geradlinig  und  erreichen 
an  den  ersten  der  vorliegenden  Wirbel  10  mm  Länge,  das  ist 
mehr  als  das  Dreifache  der  Wirbellänge.  Da  sie  ausserdem 
dünn  und  am  distalen  Ende  nicht  verbreitert  sind,  so  erscheinen 
sie  neben  den  kui-zen.  an  beiden  Enden  meisselförmig  ausgebrei- 
teten, geraden  Rippen  von  Brancldosaurns,  Pelosaurus  und  Mela- 
nerpeton  lang,  schlank  und  fast  grätenartig.  Der  wesentlichste 
Unterschied  von  letzteren  beruht  jedoch  darauf,  dass  ihr  proxi- 
males Ende  gegabelt  ist,  dass  dieses  mit  anderen  Worten  in 
ein  lang  gestrecktes  Capitulum  ausläuft  und  oberhalb  des  letz- 
teren   ehi  deutlich   abgesetztes  Tuberculum   trägt.     Die  Rippen 


263 

der  hinteren  Rumpfhtälfte  von  Biscosaurits  articulirten  also  an 
zwei  Stellen  mit  dem  Wirbel.  Welche  Stücke  des  letzteren  es 
sind,  an  die  sich  die  Rippe  anheftet,  verräth  sich  durch  die  con- 
stante  .Stellung  der  Proximalcnden  sännntlicher  vorliegenden  linken 
Rippen  zu  den  Elementen  der  Wirbel.  Ausnahmslos  legt  sich 
nämlich  auch  jetzt  nocli  das  Capitulum  jeder  Rippe  an  ein 
Intercentrum,  —  das  Tuberculum  an  das  dahinter  stehende 
Pleurocentrum  an.  p]s  ist  deshalb  in  hohem  Grade  wahrschein- 
lich, dass  die  Rippen  thatsächlich  in  der  durch  fossile  üeberlie- 
ferung  angedeuteten  Weise,  und  zwar  ohne  Vermittelung  von 
Querfortsätzen,  an  diesen  beiden  Knochenplatten  articulirt  haben. 
Dieses  höchst  auffällige  Verhältniss  würde  jedoch  keineswegs 
isolirt  dastehen,  sondern  wiederholt  sich  genau  so  bei  gewissen 
Sauriern  aus  dem  Perm  Nordamerikas,  den  Pelycosauriern  Cope's, 
und  kehrt  in  ähnlicher  Weise  wieder  bei  Hafferia.  So  beschreibt 
CoPE^)  die  Rippen  von  Emholophorus  und  deren  Articnlation 
wie  folgt:  „Die  Rippen  sind  an  ihrem  proximalen  Ende  gegabelt. 
Das  Capitulum  lenkt  in  eine  Grube  am  Hinterrande  des  Inter- 
centrums  ein,  welches  vor  dem  den  oberen  Bogen  tragenden  Cen- 
trum liegt,  während  sich  an  letzteres  das  Tuberculum  anheftet.'' 
Aehnlich  verhält  sich  die  Rippenarticulation  bei  Hafteria.  Nach 
Baur^)  trägt  der  zweite,  dritte  und  vierte  Wirbel  dieser  Species 
gegabelte  Rippen,  deren  Capitulum  mit  dem  Intercentrum  und 
deren  Tuberculum  mit  einem  Querfortsatze  des  sich  jenem  hinten 
anschliessenden  Centrums  in  Verbindung  steht.  Bei  den  folgenden 
Wirbeln  wiegt  die  Tubercular  -  Articulation  vor.  das  Capitulum 
wird  rudimentär  und  ligamentös,  steht  aber  immer  noch  mit  dem 
Intercentrum  in  Verbindung.  Auch  bei  dem  meinen  Vergleichun- 
gen  zu  Grunde  liegenden  Spiritus  -  Skelet  von  Hatfcria  ist  das 
zuerst  beschriebene  Verhalten  des  Rippenendes  zum  Wirbel  in  der 
Art  ausgesprochen,  dass  das  ziemlich  lange  Capitulum  der  Rippen 
des  vierten  Wirbels  auf  dem  Intercentrum  ruht  und  das  breite 
Tuberculum  mit  dem  nächst  folgenden  Centrum  in  Verbindung 
steht,  während  die  beiden  vorhergehenden  Wirbel  noch  keine 
Rippen  tragen.  Baur  bezeichnet  die  intercentrale  Capitular-Arti- 
culation  als  den  ursprünglichen  Zustand,  aus  welchem  sich  alle 
übrigen  Verbindungsarten  von  Rippen  und  Wirbeln  ableiten  las- 
sen'^). Ist  ersteres  der  Fall,  so  offenbart  sich  bei  JJiscosanrus 
ein    höchst    primitiver  Bau    der  Wirbelsäule:    eine  conti- 


^)  CoPE.    Extinct  Batvachia  aud  Beptilia  etc.    Palaeontol.  Bullotin 
No.  29,  April  1878,  p.  518. 

')  Baur.    Amer.  Naturalist.,  November  1886,  p.  979. 
ä)  Ibidem,  October  1887,  p.  945. 

18* 


264 


nuirliche,  durch  Verknöcheruiig  nur  wenig  oder  gar  nicht  einge- 
schnürte Chorda.  —  die  oberflächliche  Verknöcherung  der  Chorda- 
scheide nur  partiell,  also  auf  getrennt  bleibende  Pleurocentra 
und  Intercentra  beschränkt.  —  die  Schenkel  der  oberen  Bogen 
nicht  mit  dea  Pleurocentren  verwachsen  und,  wie  wir  später 
zeigen  werden,  auch  dorsal  noch  getrennt  verbleibend.  —  die 
Articulation  des  Capitulunis  (wenigstens  an  den  letzten  1 1  prae- 
sacralen  Wirbeln)  eine  intercentrale. 

Die  oben  beschriebenen,  verhältnissmässig  langen  Rippen  des 
Rumpfes  werden  nach  hinten  zu  rasch  kürzer,  um  endlich  an 
den  letzten  praesacralen  Wirbeln  zu  kurzen  geradlinigen  Stum- 
meln von  kaum  3  mm  Länge  herabzusinken. 

Das  Becken  (vergl.  Texttigur  6,  p.  276). 

Die  Elemente  des  Beckengürtels  sind  zwar  an  dem  1883 
beschriebenen  Exemplare  etwas  vollständiger  und  in  grösserem 
gegenseitigem  Zusammenhange  überliefert,  als  bei  dem  jetzt  zur 
Darstellung  gelangenden,  doch  erhält  letzteres  insofern  Bedeutung, 
als  auch  an  ihm  die  bei  unseren  Stegocephalen  innnerhin  unge- 
wöhnliche Betheiligung  selbstständiger  Ossa  pubica  am  Aufbau  des 
Beckengürtels  zur  Erscheiimiig  gelangt. 

Die  Ilea  [i,  Fig.  8.  Tat".  X)  sind  sehr  kräftige,  stänmiige 
Knochen  mit  grobstrahliger  Ossiticationsstructur.  Dieselben  breiten 
sich  nach  oben  zu  fächerartig  aus,  sodass  ihr  costaler  Rand 
die  doppelte  Breite  des  mittleren  Durchmessers  erlangt.  Diese 
Ausbreitung  ist  in  höherem  Grade  nach  hinten  als  nach  vorn 
gerichtet,  sodass  das  Ileum  an  seinem  Hinterrande  tiefer  ausge- 
schnitten erscheint  als  am  vorderen.  Das  acetabulare  Ende  ist 
stark  verdickt  und  läuft  in  einen  vorderen,  urspünglich  wohl  dem 
Pubicum  zustrebenden  Fortsatz  aus.  Beide  Ileen  liegen  noch 
symmetrisch  zu  Seiten  der  Wirbelsäule  und  wenden  derselben 
ihren  costalen  Rand  zu;  dahingegen  sind  ihre  Träger,  die  Sacral- 
rippen,   an  diesem  Exemplare  nicht  deutlich  erhalten. 

Das  einzige  vorliegende  Ischium  (is),  und  zwar  das  linke, 
hat  im  Allgemeinen  die  Gestalt  einer  dreieckigen  Knochenplatte, 
deren  Spitze  nach  hinten  gerichtet,  deren  lateraler  Rand  verdickt 
und  dessen  der  Symmetrieebene  zugewandte  Contur  scharfrandig 
und  bogig  geschweift  erscheint.  Ihre  grösste  Dicke  erreicht  diese 
Platte  an  ihrer  vorderen,   acetabularen  Ecke. 

Das  ursprünglich  dicht  vor  diesem  Ischium  gelegene,  jetzt 
von  ihm  durch  das  zwischen  beide  eingepresste  Ileum  getrennte 
Pubicum  (p)  hat  fast  kreisrunde  Gestalt  und  setzt  sich  aus  zwei 
sehr  zarten  Knochenscheiben  zusannnen,  welche  eine  dünne  Knor- 


265 

pelschicht  zwischen  sich  einschlössen,   die  jetzt  durch  eisenschüssige 
Masse  ersetzt  wird. 

Das  ventrale  Schuppenkjeid. 

Von  dem  Schuppenkleidc,  welches  hei  l)iscosaun<s  die  Bauch- 
fliiche  sowie  die  Unterseite  von  Schwanz  und  Extremitäten  be- 
deckte, sind  trotz  der  Zartlieit  der  dasselbe  zusammensetzenden 
Elemente  auch  an  vorliegendem  Exemplar  ausgedehntere  Partieen 
überliefert.  Durch  den  Druck  von  Seiten  des  sich  dem  Cadaver 
auflagernden  Kalkschlammes  ist  dessen  beschuppte  Bauchfläche 
nach  rechts  gepresst  worden  und  gelangt  hier  in  Gestalt  eines 
sich  durch  etwas  lichtere  Farbe  von  der  rostgelben  Gesteinsfläche 
abhebenden,  15  mm  breiten,  hauchartigen  Streifens  zur  Erschei- 
nung. Derselbe  besteht  aus  einer  Vergesellschaftung  von  theils 
gegen  einander  verschobenen  und  meist  zerquetschten,  theils  aber 
auch  vollständigen  und  in  ihrem  ursprünglichen  gegenseitigen 
Verbände  verbliebenen  ausserordentlich  zarten  Schüppchen.  Wie 
bei  Anwendung  des  Mikroskops  einleuchtet,  stimmen  dieselben  bis 
in's  Kleinste  mit  den  früher  beschriebenen  DiscosaurusSchu^pen 
überein.  tragen  also  die  gleiche  Aehnlichkeit  mit  Gymnophionen- 
Schuppen  zur  Schau  (vergl.  die  1 2  fache  Vergrösserung  in  Fig.  9, 
Taf.  X).  .,Sie  sind  kreisrund,  besitzen  einen  Durchmesser  von 
etwa  2  mm  und  sind  aus  7  —  9  concentrischen.  flachen  Reifen 
von  weisser  Kalksubstanz  zusammengesetzt,  welche  sich,  durch 
schmälere  Zwischenräume  getrennt,  augenscheinlich  auf  einer  hauch- 
artig dünnen,  nicht  erhaltungsfähigen,  scheibenförmigen  Grund- 
schicht  reliefartig  erhoben  haben.  Jeder  dieser  Reifen  besteht 
aus  einer  grösseren  oder  geringeren  Anzahl  von  kürzeren  oder 
längeren  Theilstückchen. " 

Wenn  nun  auch  die  Verbindung  dieser  Schuppen  mit  der 
ihre  Unterlage  bildenden  Haut  eine  so  lockere  gewesen  ist.  dass 
sie  nach  Verwesung  der  letzteren  meist  jeden  Zusammenhang  ver- 
loren haben  und  in  ein  wirres  Durcheinander  geriethen,  so  ist 
doch  die  gegenseitige  Anordnung  dieser  Schuppen  an  einer  Gruppe 
derselben  zwischen  der  zweiten  und  dritten  rechtsseitigen  Rippe 
noch  recht  deutlich  sichtbar  geblieben,  und  scheinen  die  Schuppen 
reihenförmig  neben  einander  gelegen  zu  haben,  ohne  sich  randlicli 
zu  decken. 

Von  keinem  einzigem  anderem  Stegocephalen  sind  ähnliche 
Schuppengebilde  bekannt. 

II.  Exemplar  Taf.  XI,  Fig.  I,  2,  3,  4  und  5. 

Das  Original  der  in  Fig.  1 ,  Taf  XI  wiedergegebenen  Abbil- 
dung ist  durch   eine  derartige  Vollständigkeit   ausgezeichnet,    wie 


266 


sie  selbst  das  an  wohl  erhaltenen  Stegocephalen-Resten  so  reiche 
Niederhässlicher  Kalksteinflötz  nur  selten  darbietet.  Ursprünglich 
lag  das  Skelet  dieses  Thicres  zwischen  zwei  Kalksteinplatten  ein- 
gebettet. Durch  die*  Trennung  beider  kam  es,  bis  in's  Kleinste 
der  Länge  nach  gezweitheilt ,  gewissermaassen  also  in  duplo,  auf 
jeder  der  einander  zugewandten  Gesteinsflächen  zum  Vorschein, 
und  zwar  von  fast  dem  Vorderrande  des  Schädels  bis  zur  Spitze 
des   Schwanzes  und  in  beinahe  allen  seinen  Einzelheiten  erhalten. 

Die  Gesaramtlänge  dieses  Thieres  beträgt  140  mm,  wovon 
28  auf  den  Schädel.  67  auf  den  Rumpf  und  45  auf  den  Schwanz 
entfallen. 

Um  bei  der  schon  vorn  betonten  mehrfachen  Uebereinstim- 
mung  gewisser  Theile  dieses  Skelets  mit  MeJanerpet<M  piilcherri- 
mum  Fritsch  die  Zugehörigkeit  desselben  zu  Discosmirus  ausser 
jeden  Zweifel  zu  stellen,  ist  es  erforderlich,  zunächst  diejenigen 
Skeletpartieen  einei-  Schilderung  zu  unterziehen,  an  denen  die 
DibCosnmus-^SituY  am  schärfsten  zum  Ausdruck  gelangt,  nämlich 
die  Wirbelsäule,  die  Berippung  der  hinteren  Rumpf hälfte.  das 
Becken  und  die  Beschuppung  der  Bauchseite. 

Die  Zahl  der  Rumpf  wir  bei  dürfte  21  bis  22  betragen 
haben.  Unter  den  Elementen  der  Wirbel  sind  es  zunächst  die 
oberen  Bogen  (Taf.  XI,  Fig.  1  u.  3,  n)  mit  ihrem  charakteristisch 
abgerundeten,  niedrigen  Kammfortsatz  (jx  s.) ,  den  weit  hinab  rei- 
chenden Bogenschenkeln,  den  spitzen  vorderen  und  den  sie  decken- 
den, unter  dem  Ende  der  Processus  spinosi  gelegenen  hinteren 
Gelenkfortsätzen  f^und^^^,  welche  bis  in's  Kleinste  in  jedem  dieser 
Züge  mit  Discosmirus  überinstimraen. 

Wenn  auch  die  meisten  Pleurocentra  und  Intercentra 
in  Folge  der  schrägen  Lage  der  Wirbelsäule  in  der  Gesteinsmasse 
stecken,  so  kommen  doch  die  Querschnitte  einzelner  aus  dem  Ver- 
band gelöster  Wirbelkörperstücke  hier  und  da  zum  Vorschein. 
Einige  dieser  Querbrüche  zeigen  deutlich,  wie  der  pleurocentrale 
Abschnitt  von  zwei  secreten.  sichelförmig  nach  innen  gebogenen 
Pleurocentren  (pl)  zusammengesetzt  wird,  welche  ventral  zwar  fast 
zur  Berührung  gelangen,  aber  getrennt  bleiben.  Bei  zwei  an- 
deren etwas  weiter  vorn  quer  im  Gestein  liegenden  Wirbelresten 
scheinen  sich  beide  seitlichen  Elemente  in  der  ventralen  Sym- 
metrienaht zu  einem  einheitlichen,  hufeisenförmigen,  also  nach 
dem  Neuralbogen  zu  offenen  Centrum  verschmolzen  zu  haben. 
Auf  diese  Weise  würden  die  vordersten  Rumpfwirbel  eine  An- 
näherung zu  embolomerem  Wirbelbau  bekunden,  wobei  jedoch  das 
Intercentrum  auf  die  ventrale  Hälfte  des  AVirbels  beschränkt 
bleibt,  also  nicht  bis  in  das  Niveau  der  Neuralbogen  hinaufreicht. 
Einige    solche    aus    ihrem  Verbände    gelöste  Intercentra  (ic)  von 


267 


sichel-  oder  apfelschnittförniiger  Gestalt  liegen  zwischen  den  Rip- 
pen zerstreut. 

Genau  die  gleiche  Gestalt  wie  bei  dem  Fig.  8  u.  10,  Taf.  X 
abgebildeten  Exemplar  von  Discosanrus  besitzen  die  Rippen  der 
hinteren  Hälfte  der  Runipfwirbelsäule  (c,  Fig.  1  u.  3.  Taf.  XI)  des 
vorliegenden  Skelets.  Ihr  charakteristisches  Aussehen  beruht  auf 
ihrer  Schlaidiheit,  ihrer  massigen  Biegung,  ihrem  durchweg  runden 
•Querschnitt,  namentlich  aber  auf  der  ausgezeichneten  Gabelung 
ihres  Proximalendes  in  ein  langes  Capitulum  (ca)  und  ein  kräf- 
tiges Tuberculum  (t) .  von  denen,  wie  früher  gezeigt  wurde,  das 
erstere  mit  dem  Intercentrum.  das  zweite  mit  einem  Pleurocentrum 
in  Verbindung  gestanden  hat.  Es  sind  die  letzten  12  bis  13  prae- 
sacralen  Wirbel,  welche  derartige  Rippen  trugen,  von  denen  die 
vorderen  10  mm  lang  sind,  während  sie  sich  nach  hinten  zu 
allmählich  bis  zu  5  mm  Länge  verkürzen. 

Der  nun  folgende  Sacralwirbel  (es)  verräth  sich  auch  hier 
durch  die  auffällige  blattförmige  Ausbreitung  seines  Rippenpaares. 

Der  Schwanz  hat  aus  etwa  25  Wirbeln  bestanden.  Die 
oberen  Bogen  derselben  laufen  nach  vorn  in  längere  und  kräf- 
tigere Gelenkfortsätze  aus  als  diejenigen  der  Rumpfwirbel,  wäh- 
rend zugleich  die  Processus  spinosi  allmählich  mehr  nach  hinten 
rücken,  ihre  Halbmondgestalt  verlieren  und  zu  einer  schwach  nach 
hinten  aufsteigenden  Lamelle  werden.  Weiter  nach  der  Schwanz- 
spitze zu,  also  vielleicht  in  den  letzten  12  bis  14  Wirbeln,  stellen 
deren  Ossificationen  nur  noch  kleine,  wenig  regelmässig  conturirte 
Blättchen  vor.  Die  den  ersten  Caudalwirbeln  zugehörigen  Rip- 
pen sind  schwach  gekrümmt  und  proximal  erweitert. 

Die  kräftige,  durch  die  beträchtliche  Ausbreitung  an  beiden 
Enden  noch  verstärkte  Gestalt  der  Ileen  (i)  kommt  an  vorlie- 
gendem Exemplare  nur  an  dem  rechten  Ileum  zur  Erscheinung, 
weil  das  andere  nicht  mit  seiner  Breitseite  auf  der  Gesteinsfläche 
liegt,  sondern  von  dieser  zwar  der  Länge  nach,  aber  im  Quer- 
bruche getheilt  wird,  wodurch  es  in  leistenförmigem  Schnitt 
sichtbar  wird. 

An  den  Ischien  oflenbart  sich  genau  die  pag.  264  be- 
schriebene Gestaltung.  Von  den  Ossa  pubica  (p)  ist  das  eine 
in  Form  einer  rundlichen,    zarten  Knochenlamelle  erhalten. 

Eine  der  bezeichnendsten  Eigentliünilichkeiten  von  Disco- 
saurus  besteht  in  der  Bedeckung  der  Unterseite  des  Bauches, 
des  Schwanzes  und  der  Extremitäten  durch  lauter  kleine,  sehr 
zarte,  runde,  mit  concentrischen  Reifen  gezierte  Schuppen.  Auch 
an  vorliegendem  Exemplare  findet  man  dieselben  überliefert.  Sind 
es  auch  meist  nur  fast  bis  zur  Unkenntlichkeit  zerdrückte  Frag- 
mente dieser    ausserordentlich  vergänglichen  Schüppchen,    welche, 


268 

dicht  zusammengehäuft,  wie  ein  hauchartiger  Streifen  das  Rumpf-. 
Gliedmaassen-  und  Schwanzskelet  begleiten,  so  sind  doch  an 
einigen  Stellen  Gruppen  besser  erhaltener  derartiger  Scheiben- 
schuppen wahrzunehmen,  die  bei  Anwendung  starker  Lupe  genau 
das  gleiche  charakteristische  Bild  gewähren  (Fig.  4,  Taf.  XI)  wie 
am  Original-Exemplare  fig.  6  —  10.  t.  XII.  Jahrg.  1883  d.  Zeitschr.. 
sowie  an  der  oben  beschriebenen  Fig.  9.  Taf.  X.  Unter  dem 
Mikroskop  erhält  man  einen  sehr  interessanten  Einblick  in  die 
Structur  der  sich  zu  den  concentrischen  Reifen  der  Scheiben- 
schuppen an  einander  reihenden  kleinen  Kalktäfelchen  (Fig.  5, 
Taf.  XI).  Sie  bauen  sich  aus  3  ausserordentlich  zarten  Lagen 
auf.  Die  unterste  derselben  besteht  aus  lauter  parallelen,  recht- 
winklig zur  Längsausdehnung  des  Blättchens  gestellten  feinsten 
Fädchen.  welche  sich  gegenseitig  nicht  berühren  (f).  Auf  sie  folgt 
eine  siebartig  durchlöcherte  Xetzschicht  (n)  und  zuoberst  eine 
solide,  aber  hauchartig  dünne  Kalklamelle   (s). 

Rhachitomer  Wirbelbau,  —  halbmondförmige  Umrandung  der 
niedrigen  oberen  Bogen,  —  am  Proximalende  gegabelte  Rippen 
in  der  hinteren  Rumpfhälfte.  —  blattförmig  ausgebreitete  Sacral- 
rippen,  —  secrete  scheibenförmige  Ossa  ijubica.  —  zarte,  runde, 
concentrisch  gereifte  Bauchschuppen  kennzeichnen  den  vorliegen- 
den Stegocephalen  unbedingt  als  ein  Exemplar  von  Biscosaurus 
permicDias.  Wäre  von  demselben  nichts  als  die  Hinterhälfte 
des  Rumpfskeletes  nebst  den  Bauchschuppen  überliefert,  so  würde 
dieser  Rest  kaum  etwas  Neues  zu  dem  bereits  über  Biscosaurus 
Gesagten  hinzufügen.  Neu  aber  ist  das,  was  die  Vorderhälfte 
des  vorliegenden  Exemplars  zur  Vervollständigung  des  Gesammt- 
bildes  von  Biscosaurus  darbietet. 

Zunächst  ist  die  Thatsache  überraschend,  dass  die  Berip- 
pung  des  vorderen  Drittels  der  Rumpfwirbelsäule  eine  durchaus 
andersartige  ist.  wie  die  für  den  weiter  hinten  folgenden  Ab- 
schnitt als  so  charakteristisch  gekennzeichnete  (vergl.  Textfigur  4. 
p.  274).  Diese  Verschiedenheit  stellt  sich  fast  ohne  jeden  ver- 
mittelnden Uebergang.    ganz   plötzlich    an    dem   Rippenpaare    des 

9.  oder  10.  Wirbels  ein.  Während  die  dann  folgenden  Rippen 
noch  grätenartig,  rund,  sehr  schwach  gebogen,  in  ihrer  ganzen 
Länge  von  gleicher  Stärke  sind,  stumpf  enden  und  proximal  sich 
in  Capitulum   und  Tuberculum  gabeln,    treten,    wie  gesagt,    vom 

10.  Wirbel  an  deren  Stelle  Rippen,  welche  sich  distalwärts  all- 
mählich, proximalwärts  viel  rasclier,  fast  fächerartig  um  das  drei- 
bis  vierfache  ihres  mittleren  Durchmessers  und  zwar  nach  unten 
zu  verbreitern  (Fig.  2,  Taf.  XI).  Ihr  Distalende  ist  gerade  ab- 
gestutzt, ihr  proximales  behufs  Articulation  am  Wirbel  schwach 
concav    ausgeschweift.      Vom   10.  bis  zum   1.  Wirbel    bleibt   die 


269 


Gestalt  derselben  fast  die  gleiche,  nur  ihre  Länge  vermindert 
sich  gleichmässig  von   8  bis  auf  kaum  4  mm. 

So  wird  denn  in  den  zehn  ersten  Wirbeln  ein  Rippentypus 
erzeugt,  der  von  demjenigen  in  der  hinteren  Rumpfregion  so 
durchaus  abweicht,  dass  man  beide  Skelethälften.  wenn  sie  durch 
Zufall  getrennt  in  die  Hände  des  Paläontologen  gelangt  wären, 
unbedingt  zwei  ganz  verschiedenen  Gattungen  überwiesen  haben 
würde. 

Der  freilich  nicht  ganz  vollständig  erhaltene  Schädel  würde 
nach  seiner  Ergänzung  34  mm  breit  und  28  mm  lang  sein,  be- 
sitzt abgerundet  dreiseitige  Gestalt,  ist  vorn  abgestumpft,  wäh- 
rend am  Hinterende  die  Schädelkapsel  hinter  die  flügelartig  aus- 
geschweiften Supratemporalia  zurückspringt  und  beiderseits  von 
tiefen  bogenförmigen  Ohrausschnitten  begrenzt  wird.  Die  Parie- 
talia  sind  8.  die  Frontalia  9,  die  Nasalia  7  mm  lang.  —  die 
letzteren  und  namentlich  die  Parietalia  etwas  breiter  als  die 
Frontalia,  —  die  sich  beiderseits  an  die  Parietalia  anlegenden 
Squamosa  verhältnissmässig  schmal  und  durch  eine  Quernaht  in 
2  Knochenplatten  getheilt,  jede  mit  selbstständiger  radiärer  Ossi- 
ficationsstructui',  —  die  Supratemporalia  tief  ausgeschweift,  mit 
ihrem  äusseren  Flügel  weit  nach  hinten  reichend.  Die  Supra- 
occipitalia  und  Epiotica  sind  nicht  er])alten.  Die  Umrahmung 
der  Orbitae  ist  durch  Zusammenquetschung  mit  zerdrückten 
Knochen  der  Schädelbasis  verundeutlicht.  Man  erkennt  nur,  dass 
das  Jugale  sich  nach  vorn,  der  Oberkiefer  nach  hinten  spitz 
auszieht,  sodass  der  äussere  Rahmen  der  Orbitae  nur  ein  schmaler 
war.  An  den  linken  Rand  der  Schädeldecke  legt  sich  der  lange, 
vom  hinteren  Ende  des  Supratemporales  bis  nach  vorn  reichende 
Unterkiefer.  Die  Zähne  sind  spitz  konisch  mit  grosser  Pulpa, 
an  der  Basis  schwach  gefaltet. 

Die  Elemente  des  Schultergürtels  haben  zwar  ihren  Zu- 
sammenhang verloren  find  eine  ziemlich  weite  Zerstreuung  er- 
fahren, sind  jedoch  jedes  für  sich  gut  erhalten.  Das  Epister- 
num  (ep)  ist  nach  vorn  geschoben  und  randlich  etwas  vom 
Unterkiefer  bedeckt,  unter  welchem  es  jedoch  grösstentheils  frei 
hervorragt.  Seine  Gestalt  ist  die  einer  abgerundet  fünfseitigen 
Platte,  welche  am  Yorderrande  zerschlitzt  ist.  hinten  in  einen 
langen  Stiel  ausläuft  und  dadurch  fächerförmig  wird.  Die  derben 
Verknöcherungsstrahlen  gehen  radiär  von  einem  hinter  der  Mitte 
der  Platte  gelegenen  Ossificationspunkte  aus  und  erstrecken  sich 
von  dort  bündeiförmig  auch  bis  zum  Ende  des  Stieles  (vergl. 
Textfigur  5,  pag.  275).  Der  Durchmesser  der  Platte  beträgt 
10  mm.  die  Länge  des  Stieles  12  mm,  die  Breite  des  letzteren 
anfänglich  2,5,  weiter  hinten  1,5  mm.     Schräg  hinter  dem  Stiel- 


270 


ende  des  Episternums  und  zugleich  auf  dem  Gelenkende  des 
Unterkiefers  erkennt  man  eine  der  beiden  Claviculae  (d).  Ihr 
ventraler  Abschnitt  ist  blattförmig  ausgebreitet  und  verjüngt  sich 
ziemlich  rasch  zu  einem  stielförmigen.  ursprünglich  nach  aufwärts 
gerichteten  Stab.  Noch  etwas  weiter  von  den  übrigen  Knochen 
des  Schultergürtels  entfernt  liegt  eines  der  beiden  Coracoidea^), 
eine  kräftige  Platte  von  7  mm  Länge  und  4  mm  Höhe,  welche 
ihre  fast  halbmondförmige  Gestalt  dadurch  erhält,  dass  ihr  Aussen- 
rand  ziemlich  tief  concav  ausgeschweift  ist,  während  ihr  Innenrand 
in  convexem  Bogen  verläuft. 

Direct  an  diesem  Coracoid  liegt  der  eine  Humerus  und 
hinter  ihm  das  Knochenpaar  des  Vorderarmes.  Die  Reste  der 
rechten  Extremität  linden  sich  noch  mehr  in  Zusammenhang  auf 
der  anderen  Seite  der  Wirbelsäule.  In  hohem  Grade  auffällig 
ist  die  im  Vergleiche  mit  den  sonstigen  Grössenverhältnissen  des 
Skelets  und  seiner  Theile  ausserordentliche  Kürze  der  Annknochen 
und  zwar  namentlich  des  Humerus.  Letzterer  besitzt  nur  eine 
Länge  von  7  mm,  bleibt  also  sogar  um  etwas  hinter  derjenigen 
der  vorderen  Rumpfrippen  zurück.  Dahingegen  erhält  derselbe 
durch  seine  Dicke  (an  beiden  Enden  5  mm)  ein  höchst  stämmiges 
und  kräftiges  Aussehen.  Radius  und  Ulna  sind  fast  vollkom- 
men gleichgestaltete  und  gleichgrosse,  nämlich  fast  6  mm  lange, 
an  beiden  Enden  2  mm  breite  Knochenröhren.  Spuren  ossificirter 
Carpalelemente  werden  vermisst.  Sämmtliclie  überlieferte  Meta- 
carpalia  und  Phalangen  sind  in  der  Mitte  verengt  und  an  den 
verdickten  Enden  offen,  also  ebenso  wie  die  Armknochen  ur- 
sprünglich mit  knorpeligen,  nicht  verknöcherten  Gelenkenden  ver- 
sehen gewesen.  Der  einzige  gut  erhaltene  Finger  besteht  aus 
einem  Metacarpale  und  4  Phalangen,  von  denen  die  letzte  zu- 
gespitzt und  klauenförmig  gekrümmt  ist. 

Von  den  Hinterextremitäten  sind  rechtes  und  linkes 
Femur  nebst  Tibia  und  Fibula  überliefert.  Ersteres  ist  zwar 
wesentlich  länger  als  der  Humerus,  aber  inmier  noch  verhältniss- 
mässig  kurz,  nämlich  10  mm  lang,  dabei  jedoch  an  beiden  Enden 
5  mm  breit.  Die  Unterschenkelknochen  sind  gleich  lang  (6  mm) 
und  scheinen  sich  auch  nicht  durch  ihre  Gestalt  zu  unterscheiden. 
Einige  Zehenglieder  liegen  zwischen  den  Elementen  des  Schwanzes 
zerstreut,  die  Metatarsalia  des  anderen  Fusses  seitlich  von  den 
zugehörigen  Extremitätenknochen. 


^)  bei  andei-en  Stegocephalen    früher  von  uns    als  Scapulae  be- 
zeichnet. 


271 


Hl.  Exemplar  Taf.  XI,  Fig.  6  und  7. 

Wenn  sich  auch  das  dieser  Abbildung  zu  Grunde  liegende 
Discosauriis  -  Exemplar  bei  Weitem  niclit  jener  Vollständigkeit 
erfreut,  wie  das  soeben  beschriebene,  so  dient  es  doch  in  mehr- 
facher Beziehung  zur  Ergänzung  des  letzteren.  Dies  gilt  vor 
Allem  bezüglich  des  Baues  der  Wirbelkörper,  welcher  in  dem 
Fig  1 ,  Taf.  XI  wiedergegebenen  Skelete  nicht  so  klar  wie  wün- 
schenswerth  zum  Ausdruck  gelangt.  Dadurch,  dass  einerseits  die 
Wirbel  des  in  Folgendem  zu  beschreibenden  Restes  ihre  rhachi- 
tome  Gliederung  in  grösster  Klarheit  zur  Schau  tragen  und  an- 
dererseits diese  rhachitome  Wirbelsäule  einen  mit  dem  eben  ge- 
schilderten durchaus  übereinstinmienden  Schädel  und  Brustgürtel 
trägt,  dient  dieses  Exemplar  als  Bindeglied  zwischen  dem  zuerst 
beschriebenen,  auf  die  hintere  Hälfte  des  Rumpfes  reducirten 
Dtseosatints-'Rest  (Fig.  8.  Taf.  X)  und  dem  einzigen  vollständigen, 
in  manchen  Beziehungen  Melaner^ieton-älmWchen  Exemplar  (Fig.  1, 
Taf.  XI)   und  erhebt  deren  Zusammengehörigkeit  über  jeden  Zweifel. 

In  Folge  dessen,  dass  sich  die  Rumpfwirbelsäule  wie- 
derum in  Seitenlage  befindet,  offenbart  sich  deren,  wie  gesagt, 
rhachitomer  Bau  vollkommen  klar.  Die  oberen  Bogen  mit 
ihren  halbmondförmigen,  niedrigen  Känmien.  welche  weit  zurück- 
reichen, um  hier  mittelst  an  ihrer  Basis  gelegenen  Gelenkflächen 
mit  den  unter  sie  greifenden,  spitzen,  vorderen  Zygapophysen  des 
nächsten  Wirbels  zu  artikuliren,  sind  vollständig  ident  mit  den 
auf  p.  261  u.  266  beschriebenen.  Zugleich  aber  zeigt  sich  hier, 
dass  eine  Verwachsung  beider  Bogcnschenkel  in  der  dorsalen 
Symmetrielinie  nicht  stattgefunden  hat,  ja  dass  jeder  derselben 
seinen  eigenen,  dem  Dornfortsatz  entsprechenden  Kannn  trägt, 
dass  somit  der  Processus  spinosus  paarig  angelegt  und  es  zu 
einer  Verschmelzung  beider  Hälften  nicht  gekommen  ist.  In  Folge 
dieses  lockeren  Zusammenhanges  beider  Bogen-  und  Fortsatz- 
hälften sind  dieselben  gegen  einander  in  der  Weise  verschoben, 
dass  der  eine  an  den  vertebralen  Rand,  also  gewissermaassen  zu 
Füssen  des  anderen  gerückt  ist  (Fig.  7).  Die  Höhe  des  Neu- 
ralbogens  nebst  Kammfortsatz  beträgt  3,5  mm,  die  Länge  des- 
selben an  des  Basis  des  letzteren  mit  Einschluss  der  Gelenk- 
fortsätze 4.5  mm,  weiter  unten,  also  an  der  Basis  der  Bogcn- 
schenkel,  2  mm. 

Direct  unter  letzteren  liegen  die  Pleurocentra  (p/),  ziem- 
lich dicke .  vierseitige ,  spongiöse  Knochenstücke ,  —  in  die 
Zwischenräume  zwischen  ihnen,  also  unterhalb  der  Articulations- 
stelle  der  Gelenkfortsätze  zweier  Bogen,  schalten  sich  die  Inter- 
centra  ein. 


272 


Die  Länge  der  Rumpfwirbelsäule  beläuft  sich  auf  72  mm, 
die  Anzahl  ihrer  Wirbel  dürfte  etwa  20  betragen.  Diese  Be- 
stimmungen werden  dadurch  ermöglicht,  dass  einer  der  letzten 
Wirbel  durch  eine  sehr  kräftige,  sich  gleich  vom  Proximalende 
aus  stark  verbreiternde,  dadurch  blattförmige  Sacralrippe  {es, 
Fig.  6  u.  7.  Taf.  XI)  als  Beckenwirbel  gekennzeichnet  wird. 
Die  übrigen  Rippen  sind  bis  auf  eine  oder  zwei  nicht  erhalten. 

Der  Schädel,  welcher  mit  dieser  i'/.sco.sr««»«  -  Wirbelsäule 
in  Verbindung  gestanden  hat.  zeichnet  sich  durch  das  Zurück- 
springen der  Schädelkapsel  hinter  die  Supratemporalia  und  durch 
die  weiten ,  tiefen  Ohrausschnitte  zwischen  beiden  aus.  Die 
Knochenplatten  der  Schädeldecke  sind  glatt,  auf  der  Oberseite 
mit  kleinen,  weitläufig  zerstreuten  Grübchen.  Die  Orbitae  sind 
etwas  nach  vorn  gerückt,  massig  gross;  in  einer  derselben  liegen 
die  Knochenplättchen  des  Scleralringes  zerstreut.  Die  Pa- 
rietalia  sind  fünfseitig  und  umschliessen  in  der  Vorderhälfte 
ihrer  9  nnn  langen  Mediannaht  das  Foramen  parietale.  Die 
Frontalia  sind  rechteckig,  verhältnissmässig  breit  und  ebenfalls 
9  mm  lang;  die  Nasal ia  8  mm  lang,  aber  etwas  breiter  als,  die 
Frontalia.  Der  sehr  scharfe  Xegativabdruck  des  Squamosums 
läs-st  keine  Naht  bemerken,  welche  auf  die  Zweitheilung  dieses 
Deckknochens  hinwiese.  Das  Supratemporale  ist  am  Hinter- 
rande tief  ausgeschweift  und  nach  aussen  und  hinten  lang  flügel- 
artig ausgezogen.  An  seinen  Aussenrand  und  zugleich  hinten  an 
die  Jugalia  legt  sich  ein  schmales,  sich  nach  hinten  verjüngendes 
Quadratojugale  an.  Supraoccipitalia  und  Epiotica  sind  ebenso 
wenig  wie  bei  Fig.  1,  Taf.  XI  überliefert.  Die  Unn-ahmung  der 
Orbitae  wird  wie  bei  anderen  Stegocephalen  gebildet:  innen  von 
dem  Prae-  und  Postfrontale,  deren  einander  zugekehrte  Spitzen 
sich  in  der  Mitte  des  Orbitalrandes  gerade  berühren,  sodass  die 
Frontalia  von  der  Betheiligung  an  letzterem  ausgeschlossen  wer- 
den, —  hinten  von  dem  dreieckigen  Postorbitale  und  der 
Verbreiterung  des  Praefrontale.  —  aussen  von  dem  nach  vorn 
spitz  zulaufenden  Jugale.  —  vorn  von  dem  sich  hier  erwei- 
ternden Praefrontale.  An  den  beiden  Unterkiefern  (iin,  Fig.  1, 
Taf.  XI)  markiren  sich  die  sie  zusammensetzenden  3  Knochen 
(Articulare,  Angulare  und  Dentale)  sowohl  durch  ihre  Nähte,  als 
auch  durch  die  Richtung  der  Ossificationsstrahlen.  Das  Dentale 
ist  mit  einer  Reihe  von  dicht  an  einander  stehenden,  spitz  kegel- 
förmigen, ein  Minimum  nach  hinten  gebogenen,  an  der  Basis 
schwach  gefalteten  Zähnen  besetzt. 

Als  zum  Gaumen  gehörig  kennzeichnet  sich  ein  hinter  den 
Schädel  gerückter  Knochen  durch  seine  Hechelbezahnung  (vo). 
Derselbe  ist  vorn  stielförmig  ausgezogen,  nach  hinten  flügeiförmig 


273 


verbreitert  und  hier  auf  seiner  ganzen  Unterseite  von  kleinen, 
dicht  und  ordnungslos  stehenden,  spitz  conischen  Zähnchen  be- 
deckt. Dieselben  stecken  theils  noch  in  dem  Gestein,  welchem 
die  zahntragende  Fläche  zugewandt  war.  theils  sind  sie  heraus- 
gefallen und  haben  dann  ihre  tutenförmigen  Negativabdrücke  in 
demselben  hinterlassen. 

Vom  Schultergürtel  sind  sämmtliche  Knochenelemente 
überliefert,  wenn  auch  ihres  Zusammenhanges  beraubt  und  regellos 
zerstreut.  Links  unterhalb  des  Schädels  liegt  das  Episternum 
(ep),  eine  an  den  Ecken  abgerundete  Platte  von  10  mm  Durch- 
messer, in  der  Mitte  mit  feinwarzigem  Relief.  Die  ursprünglich 
nach  hinten,  jetzt  bei  der  umgekehrten  Lage  des  Episternums 
nach  vorn  gerichtete  Ecke  derselben  läuft  in  einen  langen,  längs- 
streifigen Stiel  aus.  An  die  Platte  des  Episternums  legt  sich 
das  massig  ausgebreitete  ventrale  Ende  der  Clavicula.  welche 
sich  nach  oben  zu  einem  langen,  schlanken  Stiel  umbiegt.  Auf 
der  rechten  Seite  der  Wirbelsäule  liegt  die  andere  Clavicula  und 
unter  ihr  eine  am  distalen  Ende  schwach  lötfelförmig  verbreiterte 
Knochenspange,  welche  früher  als  Clavicula  aufgefasst  wurde, 
jetzt  als  Scapula  zu  bezeichnen  ist  (vergl.  Textfigur  5.  p.  275). 
Alle  diese  Theile  des  Schultergürtels  von  Biscosaurus  stimmen 
zugleich  in  hohem  Grade  mit  denjenigen  von  Melanerpeton 
pulcherrimidn  Fritsch  und  M.  spiniceps  Cred.  überein  ^). 
Zwischen  Episternum  und  Wirbelsäule  erkennt  man  den  wenig 
scharf  conturirten  Rest  eines  Coracoids  und  neben  demselben 
solche  der  kräftigen,   stämmigen  Armknochen. 

B.   Diagnose  der  Gattung  Biscosaurus  Cred. 

Allgemeine  Gestalt;  diejenige  eines  Lurches  mit  grossem 
Kopf,  mittellangem  Schwanz  und  sehr  kurzen,  aber  stämmigen 
Gliedmaassen.  Die  Gesannntlänge  des  vollständigsten  der  vor- 
liegenden Exemplare  beläuft  sich  auf  140  nun,  wovon  28  auf 
den  Schädel,  67  auf  den  Rumpf  und  45  auf  den  Schwanz 
entfallen. 

Die  Wirbelsäule  besteht  aus  22  Rumpfwirbeln,  einem 
Sacralwirbel  und  etwa  25  Schwanzwirbeln.  Ihr  Bau  ist  ein  aus- 
gezeichnet rhachitomer;  sie  setzen  sich  also  zusammen  aus  dem 
oberen  Bogen,  2  Pleurocentren  und  einen  Intercentrum.  Die 
Schenkel  der  Xeuralbogen  mit  spitz  auslaufenden  vorderen  Ge- 
lenkfortsätzen und  unter  dem  Hinterrande  des  Processus  spinosus 
gelegenen  verdickten,    hinteren  Gelenkflächen    bleiben    dorsal    ge- 


1)  Vergl.  diese  Zeitschr.,   1883,  t.  XII,  f.  3;   sowie  1885,  t.  XXVII, 
f.  1  und  5. 


274 


5S=3        CÄi^ 


l^S"^^ 


&^ 


trennt.  Die  Processus  spinosi 
sind  i^aarig  angelegt  und  bilden 
niedrige,  halbmondförmige  Kämme. 
Die  Pleurocentra  legen  sich 
unmittelbar  an  den  basalen  Rand 
der  Bogenschenkel  an,  dienen  als 
Träger  der  letzteren  und  stellen 
im  Querschnitte  sichelförmig  nach 
innen  gebogene  Knochenplatten 
dar,  welche  auf  der  Unterseite 
des  Wirbels  zur  Berührung  ge- 
langen ,  ja  in  dem  vordersten 
Rumpfabschnitte  zu  einem  huf- 
eisenförmigen, oben  offenen  Com- 
plexe  verwachsen  können.  Die 
Intercentra  schieben  sich  in 
die  Lücke  zwischen  zwei  auf  ein- 
ander folgende  Pleurocentra  ein, 
liegen  also  unterhalb  der  Articu- 
lationsstelle  zweier  Neuralbogen 
und  bilden  quer-ovale,  mit  ihren 
Enden  nach  oben  gebogene  Kno- 
chenplatten. In  der  Schwanz- 
wirbelsäule gestalten  sich  diesel- 
ben zu  unteren  Bogen  um. 

Die  Rippen  des  ersten  Drit- 
tels der  Rumpfwirbelsäule  und 
zwar  namentlich  des  vierten  bis 
neunten  Wirbels  (vergl.  Textfigur 
4)  sind  in  ihrer  Mitte  rund,  an 
beiden  Enden  beträchtlich,  näm- 
lich um  das  Vierfache  flächen- 
haft,  also  fächerähnlich  ausge- 
breitet. Das  distale  Ende  ist 
gerade  abgestutzt,  das  proximale 
behufs  Articulation  mit  dem  Wir- 
bel concav  ausgeschweift.  Nach 
vorn  zu  findet  eine  allmähliche 
Verkürzung  dieser  Rippen  statt, 
während  sich  nach  hinten  zu. 
also  vom  10.  Wirbel  an.  fast 
ganz  unvermittelt  eine  vollstän- 
dige Umgestaltung  derselben  vollzieht.  Die  Rippen  dieses  zweiten 
Drittels    der   Kumpfwirbelsäule    sind    gleich    laug    (9  --  10  mm), 


==^  ^^^=_ 


-^  >- 


Figur  4.    Die  Berippung  von 

Discosaurus  permianuft 

Cred. 

cft  =  Sacralrippen. 


275 


grätenartig,  sehr  schwach  gebogen,  in  ihrer  ganzen  Länge  von 
rundem  gleich  bleibendem  Querschnitt  und  gabeln  sich  proximal  in 
ein  schlankes  Capitulum  und  ein  kräftiges  Tuberculum.  Im  letzten 
Drittel  nimmt  die  Länge  der  Rippen  allmählich  um  mehr  als  die 
Hälfte  ab,  ohne  dass  sie  jedoch  der  Gabelung  des  Proximalendes 
verlustig  gehen.  Das  Capitulum  aller  dieser  Rippen  hat  mit 
einem  Intercentrum,  das  Tuberculum  mit  einem  der  dahinter 
stehenden  Pleurocentra  und  zwar  ohne  Vermittelung  von  Quer- 
fortsätzen artikulirt.  Die  Rippen  des  nun  folgenden  Sacral- 
wirbels  sind  bereits  vom  Proximalende  an  ausserordentlich  kräftig 
und  breiten  sich  distalwärts  noch  mehr,  also  blattförmig,  aus. 
Die  Rippen  der  ersten  Schwanz  wirb  el  sind  sclnvach  gekrümmt. 

Der  Schädel  besitzt  abgerundet  dreiseitige,  vorn  abge- 
stumpfte Gestalt,  eine  Länge  von  28,  und  eine  Breite  von  34  mm. 
Die  ovalen,  mit  Scleralring  versehenen  Augenhöhlen  liegen  ziem- 
lich in  der  Mitte  der  Schädellänge.  Die  Schädeldecke  weist 
ganz  die  nämliche  Zusammensetzung  auf.  wie  sie  bei  z.  B. 
Branchiosaurns  und  Pelosaunis,  namentlich  aber  bei  Melaner- 
pefun  herrscht.  Mit  der  letzteren  hat  sie  ausser  der  freilich 
nicht  constant.  sondern  wie  es  scheint  individuell  eintretenden 
Zweitheilung  des  Stjamosums  vorzüglich  noch  das  gemeinsam, 
dass  die  Schädelkapsel  ziendich  betrachtlich  hinter  die  stark  aus- 
geschweiften und  nach  hinten  tiügelartig  verlängerten  Supratem- 
poralia  zurückspringt  und  beiderseits  von  tiefen,  bogenförmigen 
Ohrausschnitten  begrenzt  wird.  Die  Zähne  sind  spitz  conisch 
mit  grosser  Pulpa,  an  der  Basis  schwach  gefaltet.  Der  Gaumen 
ist  hechelartig  von  kleinen   spitzen  Zähnchen  dicht  besetzt. 

Der  Schulte rgürtel    (vergl    Texttigur  5)  besteht   aus  dem 


Figur  5.     Der   Schultergürtel  von  Discos-nurus 
jjermianus  Cred.  in  eine  Ebene  ausgebreitet. 
ep  =  Episternum;  —  cl  =  Claviculae;  —  sc  =  Scapulae; 
CO  =  Coracoidea. 


276 


Episternum  ,  einer  abgerundet  fünfseitigen,  vorn  zerschlitzten 
Platte  von  10  nun  Durchmesser,  welche  nach  hinten  in  einen 
12  mm  langen  Stiel  ausläuft  und  in  Folge  dessen  fächerartig  ge- 
staltet ist,  —  aus  2  Claviculis,  deren  ventraler,  sich  von  bei- 
den Seiten  her  unten  dem  Episternum  auflegender  Theil  blatt- 
förmig ausgebreitet  ist  und  sich  stielförmig  zu  einem  nach  oben 
gerichteten  Stabe  verjüngt,  —  aus  2  Scapulis,  schwachen,  am 
oberen  Ende  etwas  verbreiterten  Knochenspangen.  —  endlich  aus 
2  halbmondförmigen  Coracoideen.  deren  convexer  Rand  nach 
innen  gerichtet  ist. 

Das  Becken  (vergl.  Textfigur  6)  besteht  aus  8  secreten 
Knochenpaaren:  den  sehr  kräftigen,  am  Costalrande  stark  ver- 
breiterten Ileen,    deren   verdicktes    unteres  Ende    nach  vorn    in 


Figur  6.    Das  Becken  von  Discosaurus  perviianns 

Cred.,  in  eine  Ebene  ausgebreitet. 

i  =:  Ilea;  —  P  =^  Pubica;  —  is  =  Ischia. 


einen  auf  die  Pubica  zustrebenden  Fortsatz  ausläuft,  —  ferner 
den  dreieckigen,  ihre  divergirenden  Spitzen  nach  hinten  wenden- 
den Ischien  und  den  rundlich  ovalen  bis  kreisrunden,  isolirt 
vor  letzteren  liegenden  Pubicis.  Die  acetabulare  Partie  des 
Beckens  verblieb   knorpelig. 

Die  Gliedmaassen  sind  aufl'ällig  kurz,  aber  sehr  stämmig 
und  kräftig,  die  hinteren  Extremitäten  etwas  länger  als  die  vorderen. 
Sämmtliche  Elemente  derselben  erscheinen  als  beiderseits  offene 
Knochenröhren,  sind  also  ursprünglich  mit  knorpeligen  Gelenk- 
enden versehen  gewesen.  Weder  Carpus  noch  Tarsus  haben 
Ossificationen  aufzuweisen. 

Das  ventrale  Schuppenkleid  dehnt  sich  von  der  Bauch- 
fläche aus  bis  auf  die  Unterseite  des  Schwanzes  und  der  Extre- 
mitäten aus  und  besteht  aus  ausserordentlich  zarten  und  zierlichen 
kreisrunden  Schuppen.  Dieselben  sind  aus  7  bis  9  concentrischen. 
flachen  Reifen  von  weisser  Kalksubstanz  zusammengesetzt,  welche 
sich,  durch  schmälere  Zwischenräume  getrennt,  augenscheinlich 
auf  einer  hauchartig  dünnen,   scheibenförmigen  Grundschicht  relief- 


277 


artig  erhoben  liaben.  Jeder  dieser  Reifen  besteht  aus  einer  grös- 
seren oder  geringeren  Zahl  von  kürzeren  oder  längeren  Theil- 
stücken.  Die  letzteren  setzen  sich  aus  3  Lagen  zusammen,  einer 
fadigen  Basisschicht,  einer  mittleren  Netzschicht  und  einer  oberen 
soliden  Lamelle.  Die  Verbindung  dieser  Schuppen  mit  der  Haut 
war  eine  sehr  lockere. 

Systematische  Stellung.  Discosaurtis  ist  ein  Ste- 
gocephale  und  gehört  der  Unterordnung  der  Bhachitomi  an. 
Die  in  dem  grössten  Theile  der  Rumpfwirbelsäule  herrschende 
Articulation  des  Capitulums  der  gegabelten  Rippen  mit  dem  Inter- 
centrum,  sowie  die  bleibende  Trennung  der  beiden  Neuralbogen- 
schenkel  und  des  paarig  angelegten  Processus  spinosus  weisen 
der  Gattung  Discosaurus  selbst  unter  den  Bhachitomi  eine  sehr 
niedrige  Stellung  an. 

Species:    Discosaurus  pernnamis  Cred. 
Geologischer  Horizont:     Mittel -Rothliegendes. 
Fundort:     Kalkwerk  Niederhässlich  im  Plauen' sehen  Grunde 
bei  Dresden. 


2eitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLll.  2. 


19 


278 


5.   Beiträ2:e  zur  Keiiiitiiiss  der  Gattung 
Protospliyraena  Leidy. 

Von  Herrn  Johannes  Felix  in  Leipzig. 
Hierzu  Tafel  XII  bis  XIV. 

Auf  einer  meiner  Reisen  in  den  Vereinigten  Staaten  Nord- 
Amerikas  im  Jahre  1S88  fand  ich  in  dem  reichhaltigen  Lager 
des  naturhistorischen  Etablissement  der  Herren  Ward  und  Howell 
in  Rochester,  N.  Y.,  diverse  Fisch-  und  Saurier  -  Reste  aus  der 
Kreideformation  von  Kansas,  welche  ich  sofort  erwarb.  Das 
Hauptstück  dieser  Suite  bildete  ein  prächtiger  Schädel,  der  Gat- 
tung Protosphifraena  Leidy  {■=  Erisicldhe  Cope)  angehörig,  ferner 
enthält  sie  weitere  Fragmente  derselben  Gattung  sowie  von  Pe- 
lecopterus,  Pachyrliizodiis,  Entpo,  Plafecarpiis  etc.  In  Folgendem 
sollen  nun  die  der  Gattung  Protosphyraena  angehörenden  Reste 
näher  besprochen  werden,  welche  wohl  geeignet  sind,  unsere 
Kenntniss  dieser  interessanten  Fische  in  Bezug  auf  ihre  Osteo- 
logie  zu  erweitern.  Sämmtliche  genannten  Reste  stammen  aus 
dem  sogen,  j'ellow  chalk  der  Kreideformation  des  Staates  Kansas 
und  zwar  aus  der  Trego  County.  Der  Schlämmrückstand  des 
äusserst  feinerdigen,  Kreide  -  ähnlichen,  weisslich  gelb  gefärbten 
Gesteins  erwies  sich  bei  näherer  Untersuchung  als  zum  grössten 
Theil  aus  Globigerinen  -  Schalen  bestehend,  zwischen  denen  sich 
auch  solche  der  Gattung   Textularia  fanden. 

Für  mancherlei  Belehrungen  im  Gebiete  der  Fisch-Osteologie 
sowie  für  werthvolle  Winke  bei  der  Bearbeitung  des  genannten 
Materials  fühle  ich  mich  Herrn  Professor  Dr.  K.  von  Zittel  so- 
wie nicht  minder  Herrn  Dr.  Otto  Reis,  k.  bayr.  Landesgeologen 
in  München,  zu  lebhaftem,  herzlichem  Danke  verpflichtet,  welchem 
Ausdruck  zu  geben  mir  auch  an  dieser  Stelle  gestattet  sein  möge. 

Von  dem  erwähnten  Schädel  fehlt  die  Occipital- Region  und 
der  Opercular  -  Apparat.  Das  übrige  ist  ausgezeichnet  erhalten, 
abgesehen  von  einer  Deformation,  welche  der  Schädel  durch  einen 
schräg  von  oben  und  von  hinten  wirkenden  Druck  erlitten  hat. 
Durch    letzteren  ist  z   B.  das  rechte  Parietale    nach  abwärts  ge- 


279 


drückt  und  ein  wahrscheinlich  ah  Squaniosum.  möglicherweisfi 
auch  als  Hyoniaiidibel  zu  deutender  Knochen  nach  vorn  gescho- 
ben, sodass  er,  in  Bezug  auf  die  Längsaxe  des  Schädels  betrachtet, 
fast  horizontal  liegt  und  vorn  an  das  Frontale  anstösst.  Ausser- 
dem ist  der  rechte  Oberkiefer  etwas  mehr  über  den  Unterkiefer- 
ast hinüber  geschoben,  als  dies  bei  geschlossenem  Munde  die 
normale  Lage  zu  sein  pflegt. 

Ausser  den  erwähnten  Deformationen,  welche,  wie  gesa.gt. 
auf  einen  schräg  von  oben  und  hinten  wirkenden  Druck  zurück- 
zuführen sind,  ist  der  Schädel  noch  ein  wenig  comprirairt  worden; 
dadurch  sind  die  beiden  Unterkieferäste  in  sehr  ungleiche  Höhe 
gekommen  und  etwas  von  einander  gerückt  worden.  Indem  nun 
der  linke  Unterkieferast  nach  oben  gedrückt  ist,  ist  in  Folge 
dessen  zwischen  diesem  und  dem  rechten  Ast  ein  Theil  des  Zun- 
genbein -  Kieniengerüstes  mit  den  Radii  branchiostegi  auf  das 
Schönste  zum  Vorschein  gekommen. 

Der  Schädel  ist  vollständig  frei  aus  dem  Gestein  heraus- 
präparirt,  und  ist  von  letzterem  nur  soviel  zwischen  den  Knoc^lien 
gelassen,  als  die  Festigkeit  des  Stückes  es  erforderte.  In  Folge 
der  erlittenen  Deformationen  gewähren  die  beiden  Seiten  des 
Schädels  ein  vollkommen  verschiedenes  Bild  und  ergänzen  sich 
gegenseitig  sehr  wesentlich.  Er  ist  daher  auf  Taf.  XIII  von  der 
rechten  und  auf  Taf.  XII  von  der  linken  Seite  gesehen  dar- 
gestellt. Die  Taf.  XIV  bringt  sodann  noch  osteologische  Details 
und  die  Ansicht  eines  complet  erhaltenen  Rostrums  eines  an- 
deren Exemplares. 

Von  der  Occipital-Region  und  dem  Opercular-Apparat 
ist,  wie  schon  oben  bemerkt,  leider  nichts  vorhanden;  von  dem 
linken  Parietale  nur  ein  unbedeutendes  Fragment  der  hinteren 
Partie,  welches  in  der  Schädelansicht  auf  Taf.  XII  in  Folge 
des  Formates  wegbleiben  musste;  dagegen  ist  das  rechte  Pa- 
rietale fast  vollständig  erhalten  (Taf.  XIII,  Fig.  1;  Fa).  Es 
erscheint  als  ein  platter  Knochen,  welcher  nach  hinten  einen  stiel- 
förmigen  Fortsatz  entsendet.  Auf  der  vorderen  Hälfte  der  Ober- 
seite benierkt  man  zwei  nach  voi'n  divergirende  schwache  Leisten. 
Auf  der  Unterseite  verläuft  in  der  Medianlinie  ein  kräftiger, 
breiter  Kiel.  Auf  der  Oberseite  zeigt  sich  auf  der  von  den  bei- 
den erwähnten  Leisten  eingeschlossenen  Fläche  eine  eigenthüm- 
liche  Sculptur,  bestehend  aus  kleinen,  rundlichen  Grübchen,  welche 
nach  voi-n  allmählich  in  eine  stärker  werdende  Tuberkulirung 
übergeht  Die  Oberfläche  der  hinteren  Pai'tie  ist  nicht  intact 
erhalten. 

Es  folgen  nach  vorn  die  beiden  Frontalia  (Taf.  XII,  Fig.  3 
und  Taf.  XIII,  Fig.  1 ;  Ff)  von  breit   plattenförmiger  Gestalt.     Sie 


280 


sind  durch  kurze,  wirr  verlaufende  Runzeln  sculpturirt,  welche 
indess  auf  den  seitlichen  Rändern  und  auf  der  vorderen  Partie 
eine  längliche  Form  annehmen.  Die  Ossificationscentren  sind  nur 
mit  Punkttuherkeln  versehen.  —  An  die  Frontalia  setzt  sich  das 
unpaare  Ethmoidale  (Taf.  XII  und  XIII ;  7*,?/^) ,  welches  massig 
entwickelt  ist  und  sich  nach  vorn  in  ein  langes  Rostrum  ver- 
längert; hinten  überlagert  es  die  Frontalia  und  ist  an  dieser, 
wie  es  scheint,  seiner  dünnsten  Stelle  zerbröckelt.  Die  Verlän- 
gerung dieses  Knochens  in  ein  Rostrum  ist  schon  von  Cope  *) 
beobachtet  worden,  indem  er  angiebt,  dass  jene  Offensiv- Waffe 
„probably  by  the  ethmoid  hone"  gebildet  werde.  Neben  der 
hinteren  Partie  dieses  Ethmoidale,  zwischen  diesem  und  den 
Praemaxillaria  liegen  zwei  Knochen,  welche  wohl  als  Eth- 
moidalia  lateralia  (Taf.  XIII;  Eili.  l.)  aufzufassen  sind.  Bei 
dem  vorliegenden  Schädel  ist  das  Rostrum  leider  nicht  voll- 
ständig erhalten;  zunächst  ist  es  abgebrochen,  sodann  fehlt 
auch  ein  Stück  seines  Ansatztheiles  an  den  Schädel,  sowie 
auch  seine  vordere  Spitze,  vergl.  Taf.  XIV.  Fig.  b.  Dagegen 
liegt  mir  von  einem  anderen  Exemplar  ein  vollständig  erhal- 
tenes Rostrum  vor.  welches  auf  Taf.  XIV,  Fig.  1  und  la  ab- 
gebildet ist  und  die  einzelnen  Knochen,  aus  denen  es  sich  zu- 
sammensetzt, in  grösster  Deutlichkeit  zeigt.  An  der  Bildung  des 
Rostrum  betheiligen  sich  ausser  den  Ethmoidalia  auch  die  Prae- 
frontalia,  das  Parasphenoid  und  der  paarig  entwickelte  Vomer. 
Letzterer  sendet,  wie  dies  am  Vorderabbruch  des  grossen  Schä- 
dels deutlich  zu  sehen  ist,  dem  medianen  Ethmoid  eine  starke, 
senkrechte  Lamelle  entgegen,  welche  dieses  stützt,  wie  bei  den 
meisten  F'ischen;  seitlich  an  diese  schliesst  sich  zwischen  das 
Ethmoid  und  den  vorderen  Theil  des  Praemaxillare  ein  weiterer 
Knochen  an,  das  erwähnte  Ethmoideum  laterale.  Ferner  bethei- 
ligen sich  an  der  Rostrum -Axe  noch  die  Praefrontalia  (Taf. 
XIV,  Fig.  la;  prfr).  Sie  sind  ebenfalls  sehr  verwachsen,  na- 
mentlich mit  den  Ethmoidalia,  sodass  ihre  vollständigen  Grenzen 
nicht  mehr  wahrzunehmen  sind;  sie  zeigen  sich  jedoch  unmittelbar 
hinter  dem  Vomer  in  Gestalt  von  zwei  starken  Tuberkeln,  wie 
sie  die  meisten  Teleostier  und  Ganoiden  auf  den  Praefrontalia 
zum  Ansatz  des  Pterygo-palatin-Bogens,  bezw.  des  Palatiimm  ha- 
ben. Ihre  Lage  ist  hier  wie  bei  den  meisten  Fischen  durch  die 
Grenze  von  Frontale  und  Ethmoid  oben,  sowie  Vomer  und  Pa- 
rasphenoid unten  bestimmt.  Auch  das  Parasphenoid  schien 
vorn  stark  in  senkrechter  Richtung  entwickelt  zu  sein. 


')   Cope.     On    the    gonus  Erisichthe.     Bull.    Gool.    Surv.    Territ., 
Vol.  III,  1877,  p.  821. 


281 


Die  beiden  Hälften  des  Vom  er  umfassen  einerseits  das  vor- 
dere Ende  des  im  Allgen)einen  lanzenschaftförniigeii  Parasphe- 
noides  und  lagern  sich  andererseits  an  die  Innenflächen  der  ver- 
wachsenen Ethnioidalia  an.  Jede  Voinerhälfte  trug  nahe  ihrem 
vorderen  Ende  einen  mächtigen,  schräg  nach  vorn  und  abwärts 
gerichteten  Fangzahn.  Derselbe  ist  von  elliptischem  Querschnitt. 
Die  Aussenflächen  sind  glatt.  Bei  dem  mir  isolirt  vorliegenden 
Rostrum  (Taf.  XIV,  Fig.  la)  ist  nur  der  linke  der  beiden  Zähne 
z.  Th.  erhalten.  Die  rechte  Alveole  scheint  leer  zu  sein.  Auch 
bei  den  von  Cope  untersuchten  Exemplaren  scheint  das  gleiche 
Verhältniss  stattgefunden  zu  haben,  denn  er  giebt  an  (1.  c, 
p.  822):  „Anterior  to  the  premaxillarv  bones,  on  the  inferior 
aspect  of  the  ?  ethmoid,  is  situated  a  paire  of  large,  compressed, 
double  edged  teeth,  whose  alveoli  are  close  together.  Only  one 
of  these  teeth  is  in  functional  service  at  a  time."  Ueber 
der  leeren  rechten  Alveole  ist  auf  der  Ethmoid  -  Oberfläche  eine 
geschwulstförmige  Erhöhung  sichtbar  (vergl.  Taf.  XIV,  Fig.  1). 
Anfangs  könnte  man  geneigt  sein,  sie  für  eine  zufällige  Erschei- 
nung des  betreffenden  Individuums  aufzufassen,  da  jedoch  auch 
Cope  (1.  c. ,  p.  822)  angiebt:  „In  the  Erisichthe  penctrans,  the 
superior  surface  of  the  skull  is  swoUen  above  the  fundus  of  this 
alveolus  (nämlich  eben  der  Alveole  des  fehlenden  Vomer-  [?  Eth- 
moid, Cope]  Zahnes)  while  no  such  enlargement  marke  the  Po- 
sition of  its  young  companion",  so  dürfte  die  eigenthümlichc 
Erscheinung  doch  nicht  individuell  sein.  Es  wäre  zu  seltsam, 
wenn  unter  den  wenigen  bisher  aufgefundenen  Schädelfragmentcn 
von  Erisiehthe  sich  zwei  Exemplare  finden  sollten,  welche  an 
genau  derselben  Stelle  an  einer  Knochengeschwulst  gelitten  hätten. 
Auch  macht  die  Erhöhung  in  der  That  durchaus  nicht  den  Ein- 
druck eines  pathologischen  Productes,  wenngleich  ihr  Auftreten 
in  letzter  Instanz  doch  wohl  auf  die  Druckwirkung  des  mäch- 
tigen Fangzahnes  zurückzuführen  ist.  Cope  giebt  auch  an,  dass 
sie  sich  nur  bei  Erisichfhe  penefrans  finde,  zu  welcher  Ai't  dann 
auch  unser  isolirtes,  Taf.  XIV,  Fig.  1  u.  1  a  abgebildetes  Rostrum 
gehören  würde,  da  es  auch  in  den  übiigen  für  diese  Art  ange- 
gebenen Merkmalen  übereinstimmt.  In  ganz  analoger  Weise  finden 
sich  auch  um  die  Basen  der  grossen  Fangzähne  im  Praedentale 
und  vorderen  Spleniale  Verdickungen,  (s.  u.).  Die  Entfernung 
des  vorderen  Alveolarrandes  der  Vomerzähne  von  der  Spitze  des 
Rostrmn  beträgt  0.145  m. 

An  dem  completen  Schädel  ist  ferner  noch  das  hintere  Ende 
des  Parasphenoides  sichtbar  (Taf.  XIII,  Fig.  1;  PSph),  welches 
unten  einen  kräftigen  Kiel  trägt.  Die  Oticalregion  ist  sehr 
verdrückt  und  lässt  eine  sichere  Deutuns^  der  dort  sich  findenden 


282 

Knochen  und  Knochentragmente  kaum  zu.  Es  lässt  sich  vielleicht 
ein  vorderer,  der  Orhita  zu  gelegener  Knochen  als  Prooticuni 
(oder  Alisphenoid) ,  ein  hinterer  als  Opisthoticum  ansprechen. 
Die  jetzige  Aussenfläche  des  letzteren  lag  einst  dem  Primordial- 
knorpel  auf.  wie  das  die  rauhe  Aussenfläche  beweist.  Dieses 
?Opisthoticum  (Taf.  XIII,  Fig.  1;  OjW)  besitzt  in  der  Mitte  eine 
tiefe  Grube,  weiche  vielleicht  als  Nervenöffnung  zu  deuten  ist. 
am  Hinterrand .  mit  welchem  es  auf  der  hinteren  Partie  des  Para- 
sphenoides  aufliegt,   einen  Einschnitt. 

Unter  dem  Frontale  liegt  die  massig  grosse  Orbita,  na- 
mentlich auf  der  linken  Schädelhälfte  (vergl.  Taf.  XII)  recht  gut 
erhalten.  Sie  ist  von  einem  Kranze  von  Knochen  eingefasst, 
welche  in  ihrer  Gesammtheit  gewöhnlich  als  Suborbitalia  be- 
zeichnet werden.  Nur  ihr  oberes  Dach  scheint  direct  von  dem 
Frontale  gebildet  zu  w'erden.  Die  vordere  Begrenzung  der  Orbita 
bildet  ein  relativ  sehr  kräftiger,  aussen  schwach  convexer,  an 
seiner  Innenseite  entsprechend  ausgeliöhlter  Knochen  von  ungefähr 
breit  mondsichelförmigem  Unu-iss.  Er  ist  mit  grubig  -  runzliger 
Sculptur  bedeckt.  Diejenigen  Suborbitalia.  welche  den  Hinterrand 
der  Orbita  bilden,  oder  wenigstens  das  breite  unterste  derselben, 
waren  nach  hinten  stark  verlängert,  ähnlich  wie  bei  den  Gattun- 
gen ÄDu'a  und  SikUs.  Ihre  gegenseitigen  Suturen  sind  leider 
nicht  deutlich  wahrzunehmen,  namentlich  auch  deshalb,  weil  die 
Knochen  nach  hinten  dünn  und  brüchig  werden,  und  kann  man 
daher  die  Frage,  ob  zwei  oder  drei  vorliegen,  nicht  wohl  ent- 
scheiden. Vorn  sind  sie  mit  runzligen  Sculpturen  bedeckt,  nach 
hinten  werden  sie  glatter  und  besitzen  nur  dicht  gestellte  win- 
zige, rundliche  Grübchen  wie  das  Parietale.  Vor  ihnen  liegen 
noch  zwei  kleinere,  gröber  sculpturirte  Knöchelchen,  welche  wohl 
ebenfalls  an  der  Umrandung  der  Orbita  theilnehmen.  Zwischen 
dem  erwähnten,  die  Orbita  vorn  begrenzenden  mondsichelförmi- 
gen Knochen  und  dem  Maxillare  liegt  ein  Lacrymale  (Taf.  XII 
und  XIII;  L).  Ungefähr  in  der  Mitte  ist  es  am  breitesten,  nach 
hinten  und  besonders  nach  vorn  verschmälert  es  sich  beträcht- 
lich. Zwischen  dem  vorderen  Theil  desselben  und  dem  vorderen 
Theil  des  Frontale  liegen  ein  oder  mehrere  Knöchelchen,  welche 
die  untere  Begrenzung  der  Nasenhöhle  bilden  und  vielleicht  Ho- 
mologa  des  Anteorbitale  gewisser  Ganoiden  und  Teleostier 
sind.  Es  ist  indess  nicht  mit  Sicherheit  zu  ermitteln,  ob  es 
zwei  Knochen  sind,  oder  ob  die  scheinbare  Trennungslinie  nur 
durch  einen  Schleimkanal  hervorgebracht  wird.  Auch  auf  ihnen 
ist  eine  starke  runzlige  Sculptur  zu  bemerken. 

Am  hinteren  Ende  des  Maxillare  sind  nocli  Knochenreste  wahr- 
zunehmen,   welche  vielleicht  eineni  Jugale  angehören,    vielleicht 


283 


indess  auch  nur  überschobene  Bruchstücke  der  hinteren  Orbita- 
Begrenzung  darstellen.  —  Im  Innern  des  Schädels  ist  ferner  der 
vollständig  intact  erhaltene  hintere  Theil  des  Pterygoid  (Ekto- 
pterygoid)  sichtbar,  von  dreieckiger  Form.  Dasselbe  ist  voll- 
ständig mit  kleinen  Zähnchen  besetzt  (Taf.  XIII;  Pf).  Es  ist 
dies  also  der  Theil  des  Pterygo-Palatin-Bogens.  an  welchen  sich 
direct  das  Quadratum  nach  hinten  ansetzt,  welch"  letzteres  selbst 
aber  nach  hinten  verlagert  und  daher  ebenso  wie  das  ünter- 
kiefergelenk  leider  nicht  mehr  erhalten  ist.  Die  Zähnchen  dieses 
Pterygoids  stehen  dicht  gedrängt;  sie  sind  spitz-conisch  und  er- 
heben sich  auf  kleinen,  halbkugeligen  Tuberkeln.  Von  den  mei- 
sten sind  nur  die  letzteren  erhalten.  Etwas  vor  diesem  Pterygoid. 
an  die  hintere  Partie  des  Parasphenoid  angepresst,  liegt  ein  wei- 
terer dünnplattiger  Knochen,  wohl  das  Mesopterygoid  (oder 
Entopterygoid).  Dieses  ist  in  genau  gleicher  Weise  bezahnt  wie 
das  Pterygoid  selbst.  Vor  und  über  dem  Mesopterygoid  liegt  ein 
länglicher  Knochen  (Taf.  XIII;  HM),  welcher  als  Hyomandi- 
bulare  oder  wahrscheinlicher  als  Squamosum  aufzufassen  ist. 
Jedenfalls  ist  er  aus  seiner  ursprünglichen  Lage  verschoben  und 
weit  nach  vorn  und  unten  gerückt,  sodass  er  mit  seinem  jetzigen 
vorderen  Ende  das  rechte  Frontale  berührt  und  in  die  rechte 
Orbita  hineinragt,  während  sein  hinteres  Ende  an  der  Innenseite 
des  linken  Unterkieferastes  anliegt.  Es  ist  ein  kräftiger  Knochen, 
in  seiner  jetzigen  vorderen  Partie  schaufeiförmig  verbreitert,  in 
seiner  hinteren  stielförmig  verschmälert. 

Der  Oberkiefer  besteht  aus  den  Maxiilaria  und  den  Prac- 
maxi Ilaria.  Letztere  legen  sich  mit  ihren  vorderen  Innenflächen 
seitlich  fest  an  das  mediane  Ethmoid  an  und  helfen  so  die  Ein- 
fügung des  Rostrum  in  den  Schädel  verstärken;  ihre  gegenseitigen 
Hälften  berühren  sich  in  Folge  dessen  in  der  Medianlinie  natür- 
lich nicht.  Mit  dem  hinteren  Theil  seines  Oberrandes  grenzt 
das  Praemaxillare  an  das  Lacrymale,  welches  z.  Th.  noch  auf  dem 
Maxillare  liegt;  der  vordere  Theil  liegt  unmittelbar  dem  Ethmoi- 
dale  laterale  angeschlossen.  Die  hintere  Partie  des  Praemaxillare 
ist  verbreitert,  nach  vorn  verschmälert  es  sich  beträchtlich,  indem 
sein  Unterrand  sich  nach  aufwärts  biegt.  Es  trägt  in  seiner  mitt- 
leren Partie  zwei  mächtige  Fangzähne,  von  denen  der  vordere 
schräg  nach  vorn,  der  hintere  fast  gerade  abwärts  gerichtet  ist; 
der  vordere  steht  stets  an  der  Aufbiegung  des  Unterrandes  zu 
dem  langspitzigen  Vorderende  des  Knochens,  dessen  Oberrand  fast 
horizontal  verläuft.  Zwischen  diesen  beiden  Fangzähnen  steht 
ein  kleiner  Zahn,  gleich  denen  auf  den  übrigen  Kieferrändern,  und 
zwei  eben  solche  auf  dem  hintersten  Theilc  des  Randes. 


284 


Das  Maxillare  ist  ein  schlanker  Knochen,  der  Längsaxe  des 
Schädels  parallel  liegend  und  oben  den  grösseren  Theil  der  Be- 
grenzung der  Mundspalte  bildend.  Es  trägt  längs  seines  ganzen 
Unterrandes  grosse  innere  und  sehr  kleine  äussere  Zähnchen.  Die 
ersteren  sind  spitzig,  stai'k  comprimirt,  mit  glatten,  schneidenden 
Vorder-  und  Hinterrändern.  Sie  stehen  bemerkenswerther  Weise 
sämratlich  in  besonderen  Alveolen.  Auf  dem  rechten  Maxillare  sind 
15,  auf  dem  linken  dagegen  19  erhalten.  Die  äusseren  Zähnchen 
stehen  nicht  in  Alveolen,  sondern  sind  direct  dem  Knochen  auf- 
gewachsen. Sie  sind  sehr  klein,  von  spitz -conischer  Form,  von 
rundlichem  Querschnitt  und  aussen,  besonders  gegen  die  Basis 
zu,  längs  gefurcht  (vergl.  Taf.  XII,  Fig.  2  u.  2  a).  Ihre  Stellung  ist 
eine  etwas  unregelmässige.  Die  kleinsten  derselben  erscheinen 
nur  als  spitze  Tuberkeln.  Derjenige  Theil  des  Knochens,  wel- 
cher der  äusseren  Zahnreihe  zunächst  liegt,  ist  runzelig  sculptu- 
rirt,  unmittelbar  am  Rand  verlaufen  die  Runzeln  senkrecht  zu 
diesem  (vergl.  Taf.  XII,  Fig.  3;  Mx).  Bei  einem  isolirt  vorlie- 
genden Maxillen- Fragment  eines  anderen  Exemplars  lösen  die  in 
der  Mitte  der  Knochens  längs  verlaufenden  Runzeln  sich  erst  in 
einzelne  Tuberkeln  auf,  ehe  sich  die  zum  Kiefen^and  senkrechten 
liunzeln  bilden.  Mit  dem  vorderen  Theil  des  Oberrandes  legt 
sich  das  ^Maxillare  an  den  hinteren  Unterrand  des  Lacrymale.  Die 
hintere  Endfläche  des  Maxillare  ist  leider  nicht  erhalten,  man  sieht 
nur,   dass  ihre  Höhe  -hinter  der  Orbita  grösser  wird. 

Der  Unterkiefer  besteht  aus  dem  Dentale,  Angulare  und 
auffallender  Weise  noch  einem  Praedentale  nebst  zwei  inneren 
Splenialia!  Das  Articulare  ist  nicht  erhalten.  Er  zeigt  also 
einen  relativ  sehr  complicirteu  Bau.  Das  Praedentale  trug  in 
seiner  vorderen  Partie  zwei  grosse,  schräg  nach  vorn  und  auf- 
wärts gerichtete  Fangzähne,  vor  dem  vorderen  dieser  beiden  steht 
ein  dritter  grosser  Zahn,  doch  etwas  Ideiner  als  die  beiden  an- 
deren, welcher  fast  horizontal  nach  vorn  gerichtet  ist.  Der  hin- 
terste dieser  drei  genannten  Zähne  ist  an  dem  Taf.  XII  ab- 
gebildeten Schädel  nicht  mehr  erhalten.  An  seiner  Stelle  befindet 
sich  nur  eine  Zahngrube,  die  sogar  halb  verwachsen  zu  sein 
scheint.  Bei  der  Präparation  des  Praedentale  jedoch  brach  das- 
selbe einmal  (juer  durch,  und  wurde  dadurch  gerade  die  Alveole 
des  dritten  grossen  Fangzahnes  der  Länge  nach  geöffnet.  Dabei 
fand  sich  denn  der  im  Kieferknochen  steckende  Theil  des  betr. 
Zahnes  vollständig  erhalten  vor. 

In  dieser  vordersten  Partie  ist  das  Praedentale  am  dicksten 
und  kräftigsten  (vergl.  Taf.  XIV,  Fig.  6);  unmittelbar  hinter  der 
erwähnten  Grube  des  letzten  Zahnes  verschmälert  sich  seine  Dicke, 
der  Knochen  wird  dünner,  aber  nun  durch  ein  Element  verstärkt, 


285 

welches  mit  Rücksicht  auf  ein  weiter  voihandeiies ,  abweichend 
bezahntes  hinteres  Spleniale  als  ein  vorderes  Spleniale  ge- 
deutet werden  niuss,  so  auttallend  dies  auch  für  einen  Teleoslier 
erscheinen  mag.  Zu  der  Anfügung  dieses  Spleniale  besitzt  der 
vorderste  Theil  des  Praedentale  auf  seiner  Innenseite  eine  lang- 
gestreckte, polsterförmigc  Verdickung  (Taf.  XIV,  Fig.  6),  auf 
welche  sich  das  Spleniale  auflegt  (Taf.  XIV,  Fig.  3).  Die  Wich- 
tigkeit dieses  Vcrliältnisses  zwischen  Dentale  bezw.  Praedentale 
und  Spleniale.  nämlich  der  Auflagerung  des  letzteren  auf  ersteres, 
ist  bereits  von  Reis  bei  Aspidorhynclms^)  und  den  Coelacan- 
thinen-)  betont  worden.  Die  obere  Partie  des  Spheniale  ist  ver- 
breitert, auf  ihrer  Innenseite  ist  dieselbe  flach  rinnenförmig  aus- 
gehöhlt (vergl.  Taf.  XIV.  Fig.  2  a).  und  schmiegt  sich  dadurch 
eng  an  die  flach  convexe  Oberfläche  des  Praedentale  -  Polsters 
an.  Das  Spleniale  (vergl.  Taf.  XII,  Fig.  3,  Taf.  XIV.  Fig.  2  u.  3) 
besitzt  nahe  seinem  vorderen  Ende  ebenfalls  zwei  mächtige  Fang- 
zähne. Auf  dem  Taf.  XII  abgebildeten  Schädel  ist  nur  der  hin- 
tere dieser  beiden  Zähne  complet  erhalten,  der  vordere  zu  etwa 
ein  Viertel  seiner  ursprünglichen  Länge  abgebrochen.  An  dem 
Taf.  XIV,  Fig.  2  dargestellten,  mir  isolirt  vorliegenden  Spleniale 
ist  dagegen  der  hintere  Zahn  ganz  ausgefallen.  Ausser  diesen 
beiden  Fangzähnen  besitzt  das  Spleniale  nun  ferner  noch  eine 
reiche  Bezahnung.  Die  Zähne  derselben  bilden  im  vordersten 
Theil  des  Spleniale  zunächst  eine  einfache  Reihe,  welche  sich  nach 
hinten  zu  bald  verdoppelt.  Die  hinterste  Partie  des  Spleniale 
schliesslich  ist  ganz  mit  kleinen,  kurz  kegelförmigen  Zähnen  dicht 
bedeckt.  Dieselbe  ist  bereits  auf  dem  Dentale  selbst  gelegen, 
und  es  ist  wahrscheinlich,  dass  diese  so  abweichend  bezahnte 
Stelle  schon  das  Vorderende  des  hinteren  Spleniale  andeutet,  wie 
auch  gewisse  Anzeichen  cinei-  Trennungslinie  trotz  engster  Ver- 
wachsimg  vorliegen.  Die  Zähne  auf  dem  vorderen  Theil  des 
Spleniale  sind  seitlich  comprimirt,  die  vorderen  und  hinteren  Kan- 
ten jedoch  nicht  gerade  „schneidend"  zu  nennen.  Sie  sind  längs 
gefurcht.  Die  hintersten  sind  niedriger  und  nicht  mehr  compri- 
mirt, und  vermitteln  dadurch  einigermaassen  den  Uebergang  zu 
den  kleinen,  conischen  Zähnchen  der  hintersten  Partie  des  Sple- 
niale, welche  ebenfalls  längs  gefurcht,  aber  von  rundlichem  Quer- 
schnitt sind.   —  Die  Sutiu-  zwischen  Dentale  und  Praedentale  ist 


')  Reis.  Ueber  Belonostomn.s,  Ätipidorhijnchns  und  ihre  Beziehun- 
gen zum  lebenden  Lepido-stmti.  Sitzungsber.  d.  köiiigl.  bayr.  Akad.  d. 
Wiss.,  II.  Bl.,  1887,  p.  170. 

■^i  Reis.  Die  Coelacanthinen  mit  besonderer  Berücksichtigung  der 
im  Weissen  Jura  Baverns  vorkommenden  Gattungen.  Palaeontogr., 
]888,  Bd.  3r>,  p.   15. 


286 


auf  dem  ersten  Unterkieferast  ausgezeichnet  erhalten,  der  linke 
Unterkiefer  ist  gerade  in  der  betreffenden  Sutur  durchgebrochen. 
Sie  liegt  ungefähr  2  cm  vor  der  Sutur  z\Yischen  Maxillare  und 
Praemaxillare.  ist  auf  der  Aussenseite  des  Kieferknochens  winkelig 
gebrochen  und  daher  >  förmig,  wie  die  Sutur  zwischen  Dentale 
und  Angulare.  Bemerkenswerth  ist  schliesslich  zu  dem  Praeden- 
tale-Ansatz,  dass  ein  Bruch  durch  die  vordere  Partie  des  Unter- 
kiefers, wie  zwei  Exemi3lare  meiner  Sammlung  zeigen,  stets  der 
Praedentale - Sutui-  nach  geschieht,  quer  durch  die,  wie  oben  be- 
merkt, wahrscheinlich  eng  verwachsenen  Splenialia  hindurch.  Dies 
Verhältniss  findet  ebenso  bei  dem  von  Cope  abgebildeten  Spe- 
cimen  statt  ^). 

Das  Dentale  selbst  ist  ein  langer,  schlanker,  aber  kräftiger 
Knochen.  Auf  seinem  oberen  Rande  ist  er  mit  Zähnen  besetzt, 
welche  vollkommen  mit  denen  des  Maxillare  übereinstimmen,  nur 
dass  sie  durchschnittlich  etwas  grösser  sind.  Namentlich  gilt 
dies  für  die  Zähne  auf  der  hintersten  Partie  des  Dentale.  Vor 
diesen  eigentlichen  Kieferzähnen  steht  ebenfalls,  wie  bei  dem 
Maxillare,  auf  dem  äusseren  zugeschärften  Rande  eine  Reihe 
von  kleinen,  festen,  nicht  in  Alveolen  stehenden  Randzähnchen 
von  der  gleichen  Form  und  Grösse  wie  die  entsprechenden  Ge- 
bilde auf  dem  Oberkiefer.  Unter  dem  hinteren  Theil  des  rechten 
Dentale  kommt  das  Angulare  zum  Vorschein  (Taf.  XIII,  Fig.  1; 
Ang),  welches  sich  nach  vorn  spitz  auskeilt.  In  seiner  unteren 
und  hinteren  Partie  ist  es  stark  sculpturirt,  ein  Verhältniss,  wel- 
ches hier  mit  den  Verzweigungen  des  mandibularen  Schleimkanals 
in  Beziehung  steht. 

Dem  grössten  Theil  der  Innenseite  des  Dentale,  mit  dem 
hinteren  Ende  des  vorderen  Spleniale.  wie  oben  bemerkt,  wahr- 
scheinlich verwachsen  und  bis  zum  Unterrand  des  Unterkiefers 
reichend,  liegt  nun  das  zweite  hintere  Spleniale  auf,  welches 
ebenfalls  über  und  über  mit  kleinen  Zähnchen  bedeckt  ist 
(Taf.  Xm,  Fig.  1;  Spl  p.).  Der  Oberrand  der  hinteren  Hälfte 
des  Dentale  ist  sehr  verdickt  bezw.  verbreitert.  Wie  weit  diese 
Verdickung,  auf  welche  sich  dieses  Spleniale  auflegt,  nach  vorn 
reicht,  ist  nicht  sichtbar;  dass  sie  in  der  That  dem  Dentale  und 
nicht  dem  Spleniale  angehört,  zeigt  deutlich  der  hintere  Quer- 
bruch des  Schädels.  Die  Zähnchen  des  Spleniale  selbst  erheben 
sich  auf  halbkugeligen  Knochen-Tuberkelchen,  sind  von  conischer 
Form  und  ringsum   längs  gefurcht.     Nahe   dem  Dentale -Zahnrand, 


')  Cope.  The  vertebrata  of  the  cretaeeous  formations  of  the 
West,  in  Hayden,  Rep.  of  the  U.  S.  Geol.  Surv.  of  the  Territ.,  Vol.  II, 
1875,  PI.  48,  f.  6  a. 


287 


direct  unter  welchem  sich  der  Oberrand  des  Spleniale  anfügt, 
zeichnen  sich  einzehie  Splenialzähnclien  durcli  besondere  Grösse 
vor  den  übrigen  aus. 

Auf  beiden  Unterkiefer- Aesten  ist  die  Seitenlinie  deutlich 
erhalten.  Die  Oeifnungen  derselben,  welche  namentlich  auf  dem 
linken  Dentale  gut  sichtbar  sind  (vergl.  Taf.  XII.  Fig.  3;  B), 
müssen  im  Yerhältniss  zur  Grösse  des  Fisches  ausserordentlich 
klein  genannt  werden.  In  dem  Angulare  verästelt  sie  sich,  wo- 
durch die  schon  erwähnte  runzelig -netzförmige  Sculptur  auf  der 
hinteren  Partie  dieses  Knochens  erzeugt  wird. 

Was  den  Zahnwechsel  anlangt,  so  findet  derselbe  bei  Pro- 
tos2)]i//raena,  wie  dies  bei  der  Befestigung  der  Zähne  in  beson- 
deren Alveolen  nicht  anders  erwartet  werden  kann,  in  der  Art 
statt,  dass  sich  der  junge  Zahn  unter  dem  alten  bildet  und 
letzteren  in  verticaler  Richtung  aus  dej-  Alveole  schiebt  (vergl. 
Taf.  XII,  Fig.  2.  2a).  Bemerkenswerth  ist  aber,  dass  dieser 
Wechsel  bisweilen  in  auffallend  regelmässiger  Weise  einen  Zahn 
um  den  anderen  ergreift.  In  Fig.  1 ,  Taf.  XII  ist  ein  derartiges 
Maxillar-Fragment  dargestellt;  regelmässig  zwischen  je  zwei  Zähnen, 
deren  Spitzen  allerdings  sämmtlich  abgebrochen  sind,  befindet  sich 
eine  leere  Alveole. 

Was  schliesslich  die  Bildung  der  Symphyse  des  Unter- 
kiefers anlangt,  so  betheiligen  sich  an  derselben  ausschliesslich 
die  Praedentalia.  Die  Symphysialfläche  ist  nicht  eben,  sondern 
trägt  zwei  Wülste,  welche  um  die  Basen  der  beiden  vordersten 
Fangzähne  entstanden  sind. 

Zu  einem  anderen  Resultate  bezüglicli  der  Zusammensetzung 
des  Unterkiefers  gelangte  Copb'}.  Er  schreibt  nämlich:  „A  re- 
markable  feature  of  the  genus  is  displayed  in  the  mandibles. 
Each  of  these  is  Compound  in  the  region  usually  composed  of 
the  simple  dentary  bone.  It  tliere  consists  of  three  parallel  ele- 
ments,  an  internal  and  an  external  embracing  a  median  element. 
The  inner  bears  a  band  of  teeth  en  brosse  on  its  inner  and 
superior  aspect,  and  the  external  a  few  teeth  of  similar  character 
on  its  superior  edge.  The  large  lancet-shaped  teeth  are  borne 
by  the  middle  element.  excepting  some  of  the  largest  near  the 
Symphysis.  Two  of  these  on  the  inner  side  of  the  ramus  ori- 
ginate  in  the  internal  bone."  Wenn  wir  auch  den  Unterkiefer, 
abgesehen  von  dem  Articulare  und  Angulare.  aus  vier  Stücken 
bestehend  gefunden  haben,  dem  Praedentale  und  Dentale,  sowie 
einem  vorderen  und  einem  hinteren  Spleniale,  so  können  doch 
dies  nicht   die  Elemente   sein,    welche  Cope    meint.      Denn    das 


1)  Bull.  Gfol.  Surv.  Terr.,  p.  821. 


288 


hiutcre  Splciiiale  reicht  vorn  nur  bis  an  das  hintere  Ende  des 
vorderen  Spleniale,  nirgends  liegen  drei  Elemente  parallel  neben 
einander,  keins  von  ihnen  kann  „niiddle  element''  genannt  werden. 
Vergleicht  man  mit  der  citirten  Beschreibung  die  früher  von  ihm 
gegebene  Abbildung  ^)  des  vorderen  Mandibel-Theiles,  so  niuss  man 
es  auch  befremdlich  finden,  dass  Cope  die  grossen  Fangzähne, 
mit  Ausnahme  allerdings  von  zwei,  welche  er  in  dem  inneren 
Knochen  entstehen  lässt,  von  dem  mittleren  Theil  getragen  wer- 
den lässt,  da  dieselben  dem  äusseren  Rande  so  nahe  stehen, 
dass  zwischen  ihnen  und  jenen  nur  eine  sehr  dünne  Knochen- 
lamelle gedacht  werden  kann.  Was  sollte  diese  aber  in  osteo- 
logischer  Hinsicht  darstellen? 

Zwischen  den  Aesten  des  Unterkiefers  tritt  nun  in  nur 
wenig  gestörter  Lagerung  der  Zungenbein  apparat  hervor. 
Seitlich  liegen  die  langen,  kräftigen  Ceratohyalia  (Taf.  XII, 
Fig.  3;  CHy),  welche  zahlreiche  Radii  branchiostegi  (RBr) 
tragen.  Bei  dem  linken  Ceratohyale  zählt  man  deren  ungefähr 
40,  doch  sind  die  hinteren  Enden  der  Ceratohyalia  nicht  voll- 
ständig erhalten,  sodass  vielleicht  eine  noch  etwas  grössere  Zahl 
angenommen  werden  kann.  Zwischen  den  vorderen  Enden  der 
Ceratohyalia  liegt  eine  kräftige,  breite  Knochenplatte  mit  Grüb- 
chen -  Sculptur,  gleich  derjenigen  anderer  Hautknochen  des  Schä- 
dels, welche  etwas  unter  den  linken  Unterkiefer  geschoben  ist 
und  als  Urohyale  (UHy)  aufgefasst  werden  muss.  Au  dem 
vorderen  Ende  derselben  sind  zwei  dicke  Knöchelchen  eins  hinter 
dem  anderen  gelegen;  das  eine  scheint  das  rechte  Hypohyale 
zu  sein,  das  vordere  das  Linguale  (Glossohyale) ;  das  linke 
Hypohyale  ist  von  dem  Urohyale  bedeckt,  welches  seinerseits  noch 
imter  das  Vorderende  des  linken  Ceratohyale  gedrückt  ist.  Der 
ganze  Complex  Linguale -Hypohyale  und  -Urohyale  ist  daher  von 
den  Ceratohyalia  abgerissen  und  nach  innen  und  vorn  gedrückt 
worden.  Zwischen  dem  Urohyale  und  dem  vorderen  Ende  des 
rechten  Ceratohyale  wird  die  mittlere  Partie  des  hinteren  Sple- 
niale des  rechten  Unterkiefers  sichtbar.  An  der  auf  Taf.  XHI  dar- 
gestellten Schädelansicht  sind  schliesslich  noch  mehrere  Kiemen- 
bögen  sichtbar  (Br).  starke  Knochen  mit  einer  tiefen  unteren 
oder  inneren  Höhlung. 

Die  Taf.  XH  gegebene  Schädelansicht  zeigt  ferner,  abge- 
sehen von  der  Orbita,  zwei  Oetfnungen.  Unter  dem  Vorderrand 
des  Frontale  erblickt  man  ein  grosses,  wohl  erhaltenes  Nasen- 
loch, der  Durchmesser  beträgt  an  seinem  Eingange  8  mm.  hinter 
demselben,    über  dem    als  ? Anteorbitale    gedeuteten  Knochen   ist 


')  Cope.    Vertebrata  of  the  cret.  form,  of  the  "West.  t.  48,  f.  6  a. 


289 


eine  zweite  kleinere  Oefll'nung,  die  wohl  als  das  hintere  Xasenloch 
zu  deuten  ist. 

Nachdem  wir  im  Vorausgehenden  versucht  haben,  die  ein- 
zelnen Knochen  des  Schädels  zu  beschreiben  und  zu  deuten,  er- 
übrigt es  noch,  einige  Beobachtungen  über  die  Mikrostructur 
des  Rostrum  und  der  Zähne  mitzutheilen. 

Von  dem  vorderen  Ende  des  auf  Taf.  XIV,  Fig.  5  abge- 
bildeten Rostrum  wurde  ein  Querschlitt'  angefertigt,  von  welchem 
Taf.  XIII,  Fig.  2  u.  2  a  einige  Partien  dargestellt  sind.  Die  Un- 
tersuchung des  Schliffes  ergab  folgendes:  Der  Bau  des  Rostrum 
lässt  sich  im  Allgemeinen  mit  dem  eines  Röhrenknochen  ver- 
gleichen. Im  Centrum  verläuft  ein  Hauptkanal,  um  ihn  herum 
eine  Anzahl  ebenfalls  noch  ansehnlich  grosser  Haversi' scher  Kanäle. 
Dieselben  werden  gegen  die  mittlere  Partie  zu  immer  kleiner, 
gegen  die  Randzone  zu  jedoch  wieder  etwas  grösser.  Um  jeden 
dieser  Kanäle  hat  sich  die  Knochensubstanz  in  concentrischen 
Lamellen  gebildet.  Bemerkenswerth  ist  noch,  dass  auch  die  Tu- 
berkel -  Streifen  und  liängsriefen  der  Oberflächen  -  Sculptur  aus 
Knoohenlamellen  und  nicht  aus  dem  Dentin  bestehen. 

Sehr  merkwürdig  für  einen  Teleostier  ist  der  Bau  der  Zähne. 
Bei  den  grossen  vorderen  Fangzähnen  ist  die  Pulpa  in  viele 
Theilpulpen  aufgelöst.  In  einem  vollständigen  Querschliff  des 
Zahnes  (vergl.  Taf.  XIV,  Fig.  4^))  lassen  sich  mehrere  Zonen 
unterscheiden,  deren  gegenseitige  Grenzen  indess  durchaus  nicht 
scharf  sind.  Im  Centrum  findet  sich  eine  Partie,  in  welcher  die 
Theilpulpen  einen  ganz  unregelmässigen  Umriss  besitzen;  sodann 
werden  sie  regelmässiger  rundlich,  während  sie  in  der  nächsten 
Zone  in  überwiegender  Anzahl  radial  verlängert  sind.  Darauf 
folgt  schliesslich  ein  äusserster  Kranz  von  ganz  kleinen  randstän- 
digen Pulpen.  Die  einzelnen  die  Pulpen  umgebenden  Vasodentin- 
complexe  werden  nun  durch  eine  Schicht  getrennt,  welche  keine 
Dentinröhrchen .  sondern  nur  eine  dunkle  Körnelung  zeigt  (gra- 
nulär layer  J.  Tomes).  Diese  Zahnstructur  unterscheidet  sich  also 
nur  dadurch  von  einer  typischen  Dendrodontie ,  dass  bei  Profo- 
sphyraena  die  Körnerschicht  nicht  jene  baumförmigen  Veräste- 
lungen zeigt,  wie  sie  sich  bei  Beitdrodits  finden. 

Es    wurde    ferner    ein    Querschliff'    durch    die    Krone    eines 

')  Zu  diesem  Schliff"  wurde  ein  mir  isolirt  vorliegender  Fangzahn 
benutzt,  welcher  wahrscheinlich  im  vorderen  Spleniale  gestanden  hat. 
Die  Krone  desselben  war  abgebrochen,  doch  liegt  die  Ebene  des  Schlif- 
fes, der  Länge  des  noch  übrigen  Fragmentes  nach  zu  urtheilen,  dicht 
unter  dem  Alveolenrand.  Eine  Schmelzschicht  fehlt  daher  im  Schliff", 
welcher  nur  Vasodeutin  zeigt. 


290 

Maxillarzahiies')  gefeitigt,  und  zeigte  sich  bei  der  Unter- 
suchung dieses  Schuftes,  dass  die  Kieferzähne  einen  mit  dem  der 
Fangzähne  vollkommen  übereinstimmenden  Bau  besitzen,  nur  dass 
bei  ersteren  die  oben  genannten  Zonen  in  Folge  der  Kleinheit 
der  Querfläche  nicht  so  deutlich  hervortreten.  Anders  verhalten 
sich  dagegen  die  Zähnchen  des  Pterygoids.  In  einem  Vertical- 
schlitf  dieses  Knochens  (vergl.  Taf.  XIV.  Fig.  7)  zeigten  sich  die 
Pulpen  der  Zahnchen  einheitlich,  aber  so  gross,  dass  letztere  fast 
als  Hohlzähnchen  bezeichnet  werden  können;  im  Uebrigen  beste- 
hen sie  aus  Dentin,  welches  von  einer  dünnen  Schmelzkappe  be- 
kleidet ist. 

Wohl  die  interessanteste  osteologische  Eigenthümlichkeit  des 
ProtosphyraenaSchädels  besteht  in  dem  Vorhandensein  eines  Prae- 
dentale  und  zweier  Splenialia  am  Unterkiefer.  Vielleicht  ist 
es  daher  nicht  unangebracht,  hier  einen  ganz  kurzen  Uebcrblick 
über  die  Verbreitung  dieser  letzteren  Belegknochen  zu  geben. 
Unter  den  Dipnoern  wird  von  Traquair-)  in  der  Ordnung  der 
Cienodipferini  ein  Spleniale  bei  Palaeäaphus  angegeben,  von 
Pander^)  ist  ein  solches  auch  bei  iJipferus  beobachtet,  welches 
jederseits  den  einzigen  grossen  Unterkieferzahn  trägt.  Dergleichen 
Splenialia  dürften  indess  auch  den  anderen  Gattungen  nicht  fehlen. 
In  der  Ordnung  der  Sircnoidcd  besitzt  Cernfodus  ein  Spleniale, 
auf  welchem  jederseits.  analog  wie  bei  Dipterus.  ein  grosser, 
fächerförmig  gefalteter  Zahn  aufsitzt.  Unter  den  Ganoiden  sind 
Splenialknochen  ziemlich  verbreitet,  und  tritt  bei  manchen  Gattun- 
gen ein  Spleniale  gegen  das  Zurückgebildete  Dentale  sogar  ganz 
bedeutend  hervor.  Bei  der  Crossopterjgier- Familie  der  Coela- 
canthinen  scheinen  Splenialia  nirgends  zu  fehlen,  sondern  stets  in 
mehi'facher  Anzahl  entwickelt  zu  sein.  Beobachtet  sind  sie  bei 
Undina,  bei  welcher  Gattung  sie  von  Reis*)  auf  das  Gründ- 
lichste untersucht  und  beschrieben  wurden,  ferner  bei  Lihys, 
Coccoderma,  Macroptoma,  Graphmrus  und  Bhahdoderma.  Unter 
der  derselben  Ordnung  angehörenden  Familie  der  Cyclodipterini 
besitzt  Dendrodus  drei    innerhalb  des  Dentale   gelegene  bezahnte 


')  Zu  diesem  Schliff  wurde  der  Zahn  benutzt,  welcher  in  der 
Fig.  2  a  aut  Taf.  XII  dirert  über  der  I'igurennummer  links  von  dem 
jungen  Ersatzzahn  stand. 

*)  Traquair.  On  the  Genera  Dipterus,  Palaedaphus,  Holodt4s, 
Cheirodus.  Ann.  Mag.  nat.  bist.,  1878,  4.  ser.,  Vol.  XMI  und  5.  ser., 
Vol.  II,  p.  1. 

^)  Pander.  Die  Ctenodipterinen  des  devonischen  Systems,  1858, 
p.  12. 

*)  Reis.    Die  Coelacanthinen,  p.  12. 


291 


Plättchen,  welche  von  Pander^)  als  „dentalia  interna"  beschrie- 
ben, von  Reis  (1.  c,  p.  13)  dagegen  ebenfalls  als  Splenialia  auf- 
gefasst  werden,  welche  Anschauung  sich  auch  in  v.  Zittel,  Hand- 
buch der  Palaeontologie,  III.  Bd.,  p.  177  verti-eten  findet.  Bhlzo- 
dopsis  und  Verwandte  besitzt  mehrere  Splenialia,  welche  frei- 
lich von  Traqrair^)  auch  „dentalia  interna"  genannt  werden^). 
Unter  der  Familie  der  Rhomhodipterini  zeigt  Osfeolepis  nur  ein 
einziges  Spleniale,  welches  auch  die  Form  des  hintersten  Sple- 
niale  bei  den  Coelacanthinen  hat^).  Unter  der  Ordnung  ITefero- 
cerci  haben  gewisse  Platysomiden  nur  ein  Spleniale,  so  z.  B. 
Cheirodus  M'  Coy  (non  Pander).  Bei  Lepidotus  wird  ebenfalls 
ein  grosses  Spleniale  angeführt,  ebenso  bei  der  zu  den  Lauro- 
dontidae  gehörenden  Gattungen  EugnatJms^)  und  3Iacrosemms. 
Die  RhjTichodontiden  haben  ebenfalls,  wie  es  scheint,  nur  ein 
Spleniale  (Asindorhynchus  und  BeJonostomus^)),  mehrere  dagegen 
der  recente  Lepidosfeus  und  vielleicht  Polyprerns.  Für  letztere 
Gattung  wird  allerdings  von  Agassiz  nur  ein  Spleniale  (Opercu- 
lare  Ag.)  angegeben,  doch  sind,  der  Abbildung  nach  zu  urthei- 
len^),  deren  wohl  zwei  vorhanden.  Unter  den  Amiadae  hat  Ca- 
turus  ein  Spleniale,  Amia  sogar  sieben.  Die  Pycnodoiitidae 
haben  ein  grosses  Spleniale. 

Unter  den  Teleostiern  findet  sich  nur  in  der  Familie  der 
Osteoglossidne  ein  Spleniale  bei  Sudis  (Arapeima).  Es  entspricht 
dem  hinteren  Spleniale  anderer  Formen;  nach  vorn  reicht  es  bis 
ziemlich  an  die  Symphyse,  wie  ich  an  einem  grossen  Exemplar 
des  Münchener  zoologischen  Museums  beobachten  konnte.  Um 
so  interessanter  ist  daher  das  Auftreten  zweier  Splenialia  bei 
einem  geologisch  so  alten  Teleostier  wie  Proiosphyraena  aus  der 
oberen  Kreideformation,  welcher  daher  in  dieser  Beziehung  die 
bekanntlich  ohnehin  nicht  scharfe  Grenze  zwischen  Teleostiern  und 
Ganoiden  weiter  überbrücken  hilft. 

Gehen  wir    nun    zur  Vergleichung    des  Schädels    mit   schon 


*)  Pander.  Die  Sam-odipterinen ,  Dendrodonten,  Glyptolepiden 
und  Cheirolepiden  des  devonischen  Systems,  1860,  p.  40  u.  45. 

^)  Traquair.  On  the  cranial  osteologv  of  Bhisodopsis.  Trans. 
Roy.  Sog.  Edinbm-gli,  Vol.  XXX,  1881. 

^)  Da  bei  Bhizodopsis  ausserdem  noch  Infradentalia  entwickelt 
sind,  so  erklärt  sich,  wie  v.  ZrrTEL  aus  Versehen  letztere  als  gleich- 
werthig  mit  den  Zahn  tragenden  Splenialplatten  von  Dendrodus  (=  den- 
talia interna  Pander)  erwähnt  (Handbuch,  111.  Bd.,  p.   182). 

*)  Reis.    Die  Coelacanthinen,  p.  12. 

*)  AuASSiz.     Poissons  fossils,  T.  II,  P.,  2,  p.  42. 

®)  Reis.    Ueber  Belonostomns  etc.,  p.  169. 

')  Agassiz.     Poissons  fossils,  T.  II,  P.  2,  p.  42,  t.  Ca,  f.  14, 


292 


beschriebenem  Material  über,  so  tiiidcii  wir  bei  Cope  unter  dem 
Namen  ErisicJifhe  nitida^)  eine  Anzahl  Schädelknochen  abge- 
bildet, welche  z.  Th.  mit  denen  des  uns  vorliegenden  Schädels 
vollständig  übereinstimmen.  Später-)  hat  dann  Cope  noch  zwei 
weitere  Arten  dieser  Gattung  bekannt  gemacht,  nämlich  Erisichthe 
penefrans  und  E.  ziphioides.  Auch  von  seinem  Portliens  angtt- 
latus  bemerkt  er:  „P.  angnlafns  Cope,  from  North  Carolina, 
perhaps  belongs  to  the  genus  Erisichthe.^  Was  zunächst  die 
Gattung  Erisichthe  Cope  selbst  anlangt,  so  hat  schon  Newton^) 
dieselbe  als   Sjnionj^m  mit  Protosphyraenn  Leidy  erkannt. 

Die  Vollständigkeit  des  uns  vorliegenden  Schädels  gestattet 
einige  Angaben  von  Cope  zu  berichtigen.  Er  giebt  folgende 
Diagnose  von  Erisichthe:  „The  teeth  are  implanted  in  deep 
pockets  as  in  other  Sanrodontidae,  and  the  subalveolar  line  of 
foramina  seen  in  Saurocephnlus  is  wanting.  The  crowns  of  the 
teeth  are  compressed  and  knife-like,  as  in  Baptimis;  but  those 
of  the  anterior  parts  of  the  dentary  and  maxillary  bones  are 
greatly  enlarged.  Maxillary  hone  short,  and  rapidly  tapering  to 
a  narrow  edentulous  extremity.  Greater  part  of  the  dentary  with 
a  rugose  band  on  the  inner  side  of  the  teeth;  its  distal  portion 
with  a  row  of  small  compressed  teeth,  separating  the  large  teeth 
into  two  areas."  Was  Cope  damals  (1875)  für  das  Maxillare  hielt, 
ist  in  Wirklichkeit  das  Praemaxillare ,  wie  er  dies  später  (1877) 
selbst  berichtigt  hat.  Auf  dem  Maxillare  sind  die  Zähne  jeder  der 
beiden  Reihen,  welche  früher  geschildert  worden  sind,  alle  gleich- 
artig. Die  grossen  Fangzähne  werden  oben  von  dem  Praemaxillare 
(und  dem  Vomer)  getragen.  Der  in  fig.  3  auf  t.  48  (Cope,  Ver- 
tebrata)  abgebildete  Knochen  stellt  das  rechte  Praemaxillare  vor, 
während  fig.  5  wahrscheinlich  als  das  Palatinum  aufzufassen 
ist.  Jedenfalls  ist  es  ein  mit  der  Kante  nach  unten  gerichteter 
Knochen,  wie  dies  beim  Palatinum  in  der  That  der  Fall  ist. 
Ausser  einem  Streifen ,  der  dicht  mit  ganz  kleinen  conischen 
Zähnchen  besetzt  ist,  trägt  es  am  Rande  etwas  weitläufig  ste- 
hende, kräftige,  schräg  nach  vorn  gerichtete  Zähne.  Das  spricht 
ebenfalls  für  einen  Knochen  aus  der  vorderen  Schädelpartie,  Denn 
bei  den  übrigen  Knochen  dieser  Region,  dem  Praemaxillare,  dem 
Vomer  und  dem  Praedentale,  sind  die  Zähne  nach  vorn  gerichtet, 
sodass  die  Annahme  berechtigt  ist.    auch  auf  dem  Palatinum  wür- 


')  Cope.     Vertebrata  of  the  cret.  form,  of  the  West,  p.  217,  t.  48. 

*)  Cope.    On  the  genus  Erisichthe,  p.  821. 

*)  Nev^^ton.  Remarks  on  Snurocephalus  and  on  the  species 
which  have  been  refened  to  this  genus.  Quart.  Journ.,  1878,  Bd.  34, 
p.  788. 


293 


den  die  Zähne  diese  Stellung  innc  gehabt  liaben.  Dass  überhaupt 
ein  kräftiges  Palatiuuni  dagewesen  ist,  dafür  sprechen  die  früher 
erwähnten  starken  Praefrontal-Tuberkeln.  Mit  der  Deutung  dieses 
Knochens  als  Palatinuni  stimmt  denn  schliesslich  auch  der  Um- 
stand, dass  er  sich  mit  keinem  Knochen  des  mir  vorliegenden 
fast  completen  Schädels  identificiren  lässt,  und  dass  bei  diesem 
eben  gerade  das  PaUitinum  nicht  erhalten  bez.   nicht  sichtbar  ist. 

Was  CoPE  in  der  angeführten  Diagnose  schliesslich  von  dem 
distalen  Ende  des  Dentale  sagt,  muss  dahin  berichtigt  werden, 
dass  jene  Reihe  von  „small  corapressed  teeth  separating  the  large 
teeth  into  two  areas"  bereits  zu  dem  vorderen  Spleniale  gehört, 
ebenso  wie  die  hintere  Gruppe  der  grossen  Zähne.  Die  fig.  6  a 
(bei  Cope)  zeigt  in  der  That  die  Grenze  zwischen  Praedentale  und 
Spleniale  sehr  scharf;  fig.  4  dürfte  die  Innenansicht  des  hinte- 
ren Theiles  des  linken  Praemaxillare  sein.  Zwischen  den  beiden 
fragmentarisch  erhaltenen  grossen  Fangzähnen  befindet  sich  eine 
Alveole  für  einen  dritten,  hinter  dem  letzten  grossen  Zalme  ste- 
hen nun  noch  eine  Anzahl  kleinerer  Zähne,  welche  unter  sich 
in  ihrer  Grösse  wieder  etwas  diii'eriren.  Sie  sind,  wie  Cope 
angiebt,  flach,  zugespitzt,  vollkommen  glatt  und  schliesslich  klei- 
ner als  die  Zähne  auf  dem  Dentale.  Bei  dem  mir  vorliegenden 
Exemplare  (vergl.  Taf.  XIII,  Fig.  1;  Fiiu)  stellen  ebenfalls  hin- 
ter den  beiden  grossen  Fangzähnen  des  Praemaxillare  zwei  kleine 
Zähne,  dieselben  sind  jedoch  in  ilirer  Grösse  vollkommen  überein- 
stimmend sowohl  untereinander  als  auch  mit  den  Zähnen  auf  dem 
Maxillare.  Ein  ebensolcher  Zahn  steht  zwischen  den  beiden 
grossen  Fangzähnen,  wo  sich  in  der  x\bbildung  von  Cope  die 
Alveole  für  einen  dritten  grossen  Zahn  findet.  Es  muss  vorläufig 
dahingestellt  bleiben,  ob  diese  Differenz  zwischen  dem  Cope'- 
schen  und  meinem  Exemplar  nur  als  eine  individuelle  anzusehen 
ist,  oder  ob  sie  zwei  verschiedene  Species  bezeichnet.  Cope 
unterscheidet  (1877)  die  oben  genannten  drei  Arten  —  von  Pro- 
theus  angulatus  =  ?  Erkichfhe  vorläufig  abgesehen  —  haupt- 
sächlich nach  der  Form  des  Rostrum.  Es  ergiebt  sich  hieraus, 
dass  die  früher  (1875)  als  E.  nitida  beschriebenen  und  abge- 
bildeten Knochen  nicht  nothwendig  alle  zu  einer  Species  gehören 
müssen.  Der  mir  vorliegende,  fast  complete  Schädel  scheint 
zu  E.  nitida  zu  gehören,  worauf  später  noch  zurückzukommen 
Gelegenheit  sein  wird. 

Auch  die  von  Dixon')  als  Satirocephahis  laneiformis  ab- 
gebildeten,   aber   nur    zum  Theil   beschriebenen  Reste   geben  una 


1)  DixoN.     Geology  of  Susscx,   1850,  p.  374,  t.  30,  f.  21;  t.  31, 
f.  12;  t.  32,  f.  l;  t.  34,  f.  11. 

Zeitsclir.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  2.  20 


294 

Aiilass  zu  einigen  Bemerkungen.  Davies-)  schreibt  über  das 
eine  Exemplar  —  er  giebt  nicht  direct  an  über  welches,  aber 
aus  dem,  was  er  sagt,  ergiebt  sich,  dass  er  das  t.  34,  f.  11 
meint  —  Folgendes:  „The  maxillary  figured  in  Dixon,  but  of 
which  no  description  is  given,  is  also  sub-triangular  in  form,  but 
much  deeper  in  proportion  to  its  length  than  the  Eristchfhe  ni- 
tida, Cope;  the  surface  having  an  irregulär  rugose  ornamentation. 
It  shows  a  continuous  series  of  seven  lanciform  and  equidistant 
teeth,  increasing  in  size  from  the  anterior  tooth  to  the  fourth;  this, 
and  the  posterior  teeth,  appear  from  the  alveoli  to  have  been 
of  uniform  size.  It  also  differs  from  E.  iiifida,  in  so  much  that 
it  has  no  outer  row  of  small  lancet-shaped  teeth.  The  anterior 
termination  of  the  hone  is  wanting. '•  Was  zunächst  die  Bestim- 
mung des  eben  beschriebenen  Knochens  anlangt,  so  halte  ich  ihn 
für  das  rechte  Praemaxillare.  Dass  die  Zähne  vom  ersten  bis  zum 
vierten  an  Grösse  zunehmen  sollen,  geht  aus  der  Abbildung  bei 
Dixon  nicht  hervor  und  ist  mir  auch  unwahrscheinlich,  indem 
bei  Protosphyraena  keine  Uebergänge  zwischen  den  grossen  Fang- 
zähnen und  den  eigentlichen  Kieferzähnen  vorzukommen  scheinen. 
Es  finden  sich  vielmehr  auf  dem  betreffenden  Praemaxillare  zwei 
mächtige  Fangzähne,  wie  auch  bei  dem  von  Cope  abgebildeten 
(1.  c.  t.  48,  f.  3)  und  demjenigen  unseres  Exemplars  (Taf.  XIII, 
Fig.  1;  Pnix),  zwischen  ihnen  steht  ein  kleinerer  Zahn  von  einer 
Grösse,  wie  sie  auch  auf  den  übrigen  Kieferrändern  vorkommen 
und  wie  ein  solcher  sich  auch,  wie  erwähnt,  bei  unserem  Exem- 
plare zwischen  den  beiden  grossen  Fangzähnen  vorfindet.  Vor 
dem  vorderen  dieser  beiden  standen  nun  bei  dem  von  Dixon 
abgebildeten  Exemplar  noch  4  weitere  kleine  Zähne,  unter  sich 
an  Grösse  etwas  differirend,  aber,  der  Abbildung  nach  zu  ur- 
theilen,  ebenso  wenig  regelmässig  an  Grösse  von  vorn  nach  hinten 
zunehmend,  als  man  sie  „equidistant"  nennen  kann.  (Die  Alveole 
des  zweiten  ist  z.  B.  schmäler  als  der  erste  Zahn,  der  dritte 
scheint  ebenso  gross  gewesen  zu  sein  wie  der  erste;  nur  der 
vierte  ist  in  der  That  grösser  als  die  drei  vorangehenden.)  Diese 
Zähne  fehlen  nun  bei  dem  Cope' sehen  und  dem  unsrigen  Exem- 
plar, und  es  liegt  hierin  entschieden  eine  specifische  Verschieden- 
heit zwischen  dem  englischen  und  dem  amerikanischen  Fisch, 
welche  auch  noch  darin  ihren  Ausdruck  findet,  dass  das  Prae- 
maxillare der  englischen  Art  plumper  und  gedrungener  gebaut  zu 
sein  scheint  als  bei  E.  nitida.     Nicht  völlig  verständlich  erschei- 


')  Davies.  On  the  nomenclatur  of  Saurocephalus  lanciformis  of 
the  Brit.  cretac.  deposits  with  description  of  a  new  species.  Geolog. 
Magazine,  1878,  Dec,  II,  Vol.  V,  p.  257. 


295 

neu  mir  die  Worte  von  Davies:  „It  also  differs  from  E.  nituhi, 
in  so  much  that  it  lias  no  outer  row  of  small  lancct  -  sliaped 
teetli."  CoPE  giebt  für  das  Praemaxillare  keine  äussere  Zahnreihe 
an,  sie  war  bisher  nicht  beliannt.  Es  lässt  sich  übrigens  un- 
serer Ansiolit  nach  an  dem  bei  Dixon  abgebildeten  Stück  nicht 
entscheiden,  ob  eine  solche  vorhanden  war  oder  nicht.  Wie  wir 
sahen,  ist  der  Kieferrand  ausserordentlich  zugeschärft,  und  fast 
direct  an  diesem  scharfen  Rande  sitzt  die  äussere  Zahnreihe. 
Nach  innen  zu  fällt  der  Kieferrand  zunächst  steil  ab  bis  zu  der 
schmalen  sclirägen  Fläche,  in  welcher  die  Alveolen  für  die  eigent- 
lichen Kieferzähne  eingesenkt  sind.  Sieht  man  nun  die  Prae- 
maxillaria  in  ihrer  normalen  Stellung  von  aussen,  so  verdeckt  der 
hohe,  die  äusseren  Zähnchen  tragende  Rand  die  Insertionsfläche 
der  Kieferzähne  (vergl.  die  CoPE'sche  Abbildung  fig.  3  und  unsere 
Taf.  XIII,  P^'ig.  1 ;  Pinx).  Bei  der  Figur  von  Dixon  übersieht 
man  jedoch  bei  gleicher  Stellung  des  Knochens  (wenn  auch  die 
Figur  selbst  umgekehrt  gestellt  werden  muss)  die  ganze,  die 
grossen  Kieferzähne  tragende  Fläche.  Daraus  möchte  ich  fol- 
gern, dass  der  hohe  scharfe,  die  äussere  Zahnreihe  tragende 
Rand  abgebrochen  ist.  Dass  eine  solche  wirklich  vorhanden  war, 
scheint  mir  aucli  nach  der  am  Rande  besonders  starken  Sculptur 
sehr  wahrscheinlich;  „lancet-shaped"  sind  freilich  die  Zähnchen 
der  äusseren  Reihe  auch  bei  K  nitida  nicht,  sondern  einfach 
spitz -conisch. 

Dixon  bildet  ferner  ein  Unterkiefer-Fragment  ab  (1.  c,  t.  31. 
f.  12).  Er  sagt  (1.  c,  p.  374)  über  das  betreffende  Exemplar 
Folgendes:  „The  finest  specimen  of  this  species  hitherto  dis- 
covered  belongs  to  Mr.  Bowerbank;  it  shows  the  extremities  of 
the  two  rami  of  the  lower  jaw;  the  dentary  bones  thicken  out 
as  they  converge  to  the  Symphysis  to  give  space  for  the  Implan- 
tation of  six^)  large  lanciform  teeth,  whith  project  forwards 
nearly  in  a  horizontal  direction;  the  dentary  hone  immediately 
behind  the  Symphysis  is  armed  on  its  inner  edge  with  streng 
laniary  teeth;  the  two  hinder  ones  being  on  either  side  consi- 
derably  larger  than  those  that  precede  them;  the  specimen  is 
broken  off  a  short  distance  from  the  commencement  of  the  outer 
row,  the  anterior  teeth  of  which  are  small."  Der  Bau  dieses 
Stückes  scheint  von  demjenigen  unseres  Exemplares  nicht  we- 
sentlich verschieden  zu  sein.  Die  Grenze  zwischen  dem  vor- 
deren Spleniale  und  dem    äusseren  Kieferknochen    ist   sehr  deut- 


^)  Gezeichnet  sind  jederseits  nur  fünf  —  drei  vordere  (auf  dem 
Praedentale)  und  zwei  hintere  (auf  dem  Spleniale)  — ,  welche  Zahl 
in  der  That  wohl  auch  die  richtige  ist. 

20* 


296 


Hell,  wie  auch  Davies  angiebt  (1.  c,  p.  259):  „The  mandible 
figured  by  Dixon  has  two  parallel  elements  in  each  ranius." 
Auf  dem  rechten  Kiefer  -  Ast  erscheint  auch  die  Sutur  zwischen 
Dentale  und  Praedentale  gut  sichtbar,  während  sich  das  Spleniale 
noch  über  diese  Sutur  hinweg  nach  hinten  fortsetzt  —  soweit 
man  dies  und  die  anderen  besprochenen  Verhältnisse  nach  einer 
Abbildung  beurtheilen  kann.  Eine  Diti'erenz  besteht  jedoch  darin, 
dass  sich  die  Reihe  der  kleinen  Splenialzähnchen  nicht  an  den 
grossen  Fangzähnen  vorbei  auf  den  hinteren  Theil  des  Spleniale 
fortsetzt.  Im  Praedentale  stehen  drei,  im  Spleniale  zwei  grosse 
Fangzähne,  übereinstimmend  mit  unserem  Exemplar  und  denjeni- 
gen von  CoPE. 

Es  mag  schliesslich  noch  eine  üebersicht  über  die  bis  jetzt 
bekannten  iirten  der  Gattung  Protosphijraena  gegeben  werden. 
CopE  sagt  über  die  drei  amerikanischen  Arten  Folgendes  ^) : 
„Three  species  are  represented  by  the  specimens  received.  They 
are  readily  distinguished  by  the  forms  of  the  beaks.  In  the  E. 
nitida,  this  weapon  is  distinguished  by  the  flat  superior  surface 
of  its  distal  half.  The  section  of  this  region  is  semicircular, 
a  strong  angle  on  each  side  bounding  the  superior  plane,  while 
at  the  base  the  section  is  a  transverse  oval.  The  flat  surface 
is  only  finely  rugose,  while  the  remainder  is  closely  marked  with 
raised  ridges.  wliich  are  generally  parallel,  but  which  send  oif 
many  lateral  free  or  inosculating  branchlets.  This  beak  is  stout, 
and  contracts  abruptly  at  the  tip.  It  is  also  recurved,  and  the 
form  does  not  appear  to  be  due  to  distortion.  Length  from  the 
inferior  pair  of  large  basal  teeth  0,155  m;  transverse  diameter 
at  base  0,025  m;  depth  at  base  0,021  m."  Nach  dem,  was 
CopE  hier  über  die  Sculptur  des  Rostrum  angiebt,  dürfte  der 
oben  beschriebene  fast  complete  Schädel  zu  dieser  Art  gehören, 
welche  dann  die  bisher  bestgekannte  sein  würde.  Das  distale 
Ende  fehlt  freilich  bei  dem  zugehörigen.  Taf.  XIV,  Fig.  5  abge- 
bildeten Rostrum,  ebenso  wie  das  proximale,  indem  es  noch  vor 
den  beiden  grossen  Vomerzähnen  abgebrochen  ist.  Sein  hinterer 
Querschnitt  besitzt  rundlichen  Umriss,  der  vordere  ist  unregel- 
mässig elliptisch,  die  eine  Fläche  ist  glatter  als  die  gegenüber 
liegeiule.  einen  „strong  angle"  bilden  freilich  diese  beiden  Contour- 
linien  noch  nicht.  Was  jedoch  Cope  über  die  Art  der  Sculptur 
(Form  und  Verlauf  der  Sculpturriefen)  sagt,  stimmt  fast  voll- 
ständig mit  der  Sculptur  des  in  Rede  stehenden  Rostrumfrag- 
mentes überein.  was  mich  hauptsächlich  bestimmt,  den  Schädel 
als   E.  nitidd    zu    bezeichnen.      Darin   besteht    jedoch   immerhin 


*)  Cope.     On  the  genus  Erisichthe,  p.  822. 


297 


noch  eine  Differenz,  dass  Cope  angiebt:  „The  flat  surfaee  is  only 
finely  rugose"-',  denn  bei  c|em  mir  voiliegenden  Rostrum  ist  die 
Sciilptur  ringsum  gleichmässig  stark  entwickelt,  und  es  ist  wohl 
nicht  anzunehmen,   dass  die  ganze  distale  Plälfte  fehlt. 

Ueber  die  zweite  Species  (E.  penetrans)  sagt  (Jope  (1.  c., 
p.  822)  Folgendes:  „The  second  species.  which  J  call  E.  pe- 
netrans, has  a  snout  of  uniformly  oval  section  at  all  points. 
The  long  diameter  of  the  section  is  transverse.  The  axis  is 
straight  and  the  form  acuminate,  the  contraction  being  uniform 
and  gradual  to  acute  apex.  Thus  it  follows  that  a  beak  of 
greater  diameter  at  the  base  than  one  of  the  E.  nitida  has  a 
more  slender  shaft.  The  teeth  of  the  inferior  basal  pair  are, 
in  the  specimen  described.  of  large  size,  and,  as  in  other  species, 
smooth,  compressed.  and  with  opposite  fore  and  aft  cutting  edges. 
The  surfaee  of  the  beak  is  thrown  into  numerous  sharply  defined 
longitudinal  ridges,  which  more  or  less  inosculate  with  each. 
There  is  no  difference  between  the  superior  and  inferior  surfaces 
in  this  respect.  Length  of  beak  from  basal  teeth  0,150  m; 
transverse  diameter  at  base  0,035  m;  vertical  diameter  at  the 
same  point  0.020  m;  width  at  middle  of  the  fossae  for  the 
premaxillary  bone  0,060  m.'' 

Der  Hauptunterschied  scheint  in  der  Sculptur  des  Rostrum 
zu  liegen:  Bei  E.  penetrans  zahlreiche,  dicht  gedrängte,  scharfe, 
kurze,  ziemlich  gerade  verlaufende  Leisten;  bei  E.  nitida  die 
Leisten  weniger  gedrängt,  weniger  hoch,  oft  gekräuselt  verlaufend 
und  zahlreiche  kurze  Seitenzweige  entsendend  (vergl.  Taf.  XIV, 
Fig.  1  und  5).  Vielleicht  wäre  als  ein  weiterer  Unterschied  noch 
die  Erscheinung  hinzuzufügen,  dass  sich  auf  dem  Ethmoidale  über 
der  Alveole  des  (fehlenden)  Vomerzahnes  eine  geschwulstartige 
Erhöhung  bildet   (vergl.  oben  pag.  281). 

Zu  der  dritten  Species  (E.  ziphioules)  bemerkt  Cope  (1.  c, 
p.  822):  „The  third  species  of  Erisichthe  is  represented  by  a 
muzzle  of  an  old  individual,  which  has  lost  a  good  deal  of  its 
apex  by  attrition.  Its  surfaee  lacks  the  sculpture  of  the  other 
species;  but  whether  this  smoothness  is  due  to  attrition  or  not  is 
uncertain.  The  alveolae  for  the  basilar  teeth  are  empty  and 
alraost  filled  up  with  bone.  The  form  of  the  muzzle  is  quite 
peculiar.  Its  shaft  is  depressed,  with  a  strongly  convex  inferior 
surfaee,  the  two  separated  by  an  obtuse  angular  border.  Behind 
the  alveolae,  the  inferior  surfaee  is  narrowed  by  a  strong  lateral 
contraction.  in  which  the  superior  surfaee  shares  in  a  slight  de- 
gree.  The  latter  is  continued  in  a  prominent  border.  The  in- 
ferior surfaee  is  divided  by  an  angular  depression.  the  apex  of 
which  is  directed  forward.      It  is  perhaps   the  articular  face  for 


298 


the  extremity  of  tho  vonier.  As  compared  with  thc  otlier  spe- 
cies,  this  one  is  charactcrized  by  the  lateral  longitudinal  oonca- 
vity  at  the  base.  which  appears  to  be  an  anterior  Prolongation 
of  the  grooves  for  the  preniaxillary  bones.  The  small  size  and 
anterior  position  of  the  alveolae  of  the  basal  pair  of  teeth  is 
also  a  niarked  character.  The  superior  surface  of  the  skull  at 
the  base  of  the  beak  is  apparently  unworn:  it  is  smooth.  In 
E.  nitida  it  is  sculptured  with  ridges.  Length  preserved,  an- 
terior to  dental  alveolae  0,045  m;  transverse  diameter  in  front 
of  alveolae  0,025  m;  vertical  diameter  0.020  ra.  This  species 
niay  be  called  E.  ziphiotdes,  from  the  Ziphius-like  form  of  the 
beak." 

Die  von  Cope  erwähnte  winklige  Depression  an  der  Unter- 
seite des  Rostrum  ist  nicht  für  E.  ziphiaides  charakteristisch: 
wie  erwähnt  zeigt  sie  das  mir  vorliegende  Rostrum  von  E.  pene- 
irans  auch  (vergl.  Taf.  XIV.  Fig.  la).  Es  ist.  wie  gezeigt, 
7..  Th.  der  unten  etAvas  concave  Yomer,  z.  Th.  mag  sie  mit  der 
vorderen  Ausdehnung  der  Weichtheile  in  Verbindung  stehen. 
Leider  erwähnt  hier  Cope  nichts  von  der  vierten  amerikanischen 
Art,  dem  früher  als  Portheus  anffulafns  beschriebenen  Fisch ^), 
welchen  er  später  auch  zu  Erisichthe  zu  stellen  geneigt  war. 

Eine  eventuelle  fünfte  Art  findet  sich  nun  im  „white  chalk" 
von  Lewes  und  Burham  (Kent).  Amberly  und  Washington  (Sussex) 
und  dem  „upper  greensand"  von  Cambridge  und  anderen  englischen 
Localitäten.  Zu  ihr  gehören  die  von  Dixon  abgebildeten  Reste. 
Sie  wurden  von  Leidy^)  „Protosphyracna  ferox^'-  genannt.  Syno- 
nym mit  diesem  Namen  ist  Xiphias  Dironi  Leidy.  welch'  letz- 
terer Name  von  dem  amerikanischen  Paläontologen  für  die  iso- 
lirten  Rostra  aufgestellt  wurde,  da  sie  seiner  Meinung  nach  einem 
anderen  Fisch  angehörten.  Das  Praemaxillare  ist  bei  Protosphy- 
raena  ferox  gedrungener  und  kräftiger  gebaut  als  bei  Pr.  nitida, 
auch  das  vordere  Spleniale  ist,  wie  es  scheint,  abweichend  be- 
zahnt, indem  die  Reihe  der  kleinen  Zähnchen  vor  den  beiden 
grossen  Fangzähnen  sich  nicht  an  letzteren  vorbei  nach  hinten 
fortsetzt  und  dort  verbreitert  (vergl.  oben  pag.  296).  Namentlich 
aber  ist  Pr.  ferox  durch  ihr  Rostrum  von  all'  den  angeführten 
amerikanischen  Arten  verschieden,  indem  New'ton  (1.  c,  p.  789) 
angiebt:  „The  rostrum  figured  by  Dixon  (1.  c.  t.  32*.  f.  1)  is 
nearly  circular  in  section  throughout".  Diese  englische  Pr.  ferox 
scheint    die  grösste  Art    der  Gattung   gewesen   zu  sein.     In  dem 


1)  Geol.  Surv.  X.  Carolina  by  W.  C.  Kerr,  p.  32. 
-)  Leidy.     Remarks  on  SaurocepJudus  and  its  allies.    Trans.  Am. 
Phil.  Sog.,  1860,  vol.  XI,  p.  9L 


299 


Vomer  sind  oft  (?iiiimer)  beide  Zähne  entwickelt  und  zwar  sind 
sie  einander  gleich,  oder  der  eine  ist  etwas  kräftiger  als  der 
andere').     Die  Schwaiizwirbel  waren  z.  Th.  verwachsen-!. 

Auch  Agassiz'^)  beschreibt  aus  der  weissen  Kreide  von  Lewes 
diverse  Reste  als  Tefrapfenis  minor  Ag.,  welche  z.  Th.  mit  Sicher- 
heit ebenfalls  der  Gattung  Protospliyraena  zuzutheilen  sind.  Diese 
Reste  bestehen  nämlich  einerseits  aus  dem  wohl  erhaltenen  distalen 
Ende  eines  Rostrum  (t.  60a,  f.  9  u.  10),  andererseits  aus  einigen 
Wirbeln  (f.  11  —  13).  Das  Rostrum  ist  ausgezeichnet  durch 
eine  an  der  einen  Seite  verlaufende  Längsfurche.  Der  Abbildung 
nach  zu  urtheilen  ist  sie  zu  regelmässig  und  zu  scharf  begrenzt, 
als  dass  man  sie  für  eine  zufällige  Verletzung  des  betretfenden 
Stückes  halten  könnte.  Man  kann  sich  indessen  andererseits 
schwer  vorstellen,  was  dieselbe  für  einen  Zweck  gehabt  hat. 
Die  Sculptur  der  übrigen  Oberfläche  besteht  aus  schmalen  aber 
scharfen,  schwach  w'ellig  verlaufenden  liängsriefen.  Das  Stück 
deutet  daher  wohl  eine  weitere  6.  Art  an.  welche  als  Protospliij- 
raena  minor  Ag.  sp.  zu  bezeichnen  sein  würde.  An  den  Wir- 
beln ist  bemerkenswerth ,  dass  ihre  Neurapophysen  und  die  Dorn- 
fortsätze die  Form  breiter  Lamellen  besitzen.  Ihre  Zugehörigkeit 
zu   Frotosphyraena  ist  unsicher. 

Die  von  Agjassiz^)  als  Saurocephalus  lanciformis  Harl. 
beschriebenen  und  abgebildeten  isolirten  Zähne  endlich  gehören 
ebenfalls  zu  Protosphyraena  ferox  Leidy  und  eventuell  zu  Pr.  minor 
Ag.  sp.  Dagegen  ist  der  von  Geinitz^)  als  Saurocex)halus  lanci- 
formis  Harl.  aus  dem  turonen  Plänerkalk  von  Strehlen  bei  Dresden 
beschriebene  Zahn  wohl  nicht  zu  Protosphyraena  zu  rechnen, 
ebenso  wenig  wie  das  von  Reuss^)  aus  dem  Pläner  von  Bilin 
unter  dem  gleichen  Namen  erwähnte  Exemplar;  eher  könnte  ein 
von  Geinitz  zu  Hypsodon  Lewesiensis  Ag.  gerechneter  Zahn ') 
zu  Protosphyraena  gehören.  Ich  besitze  jedoch  aus  dem  Pläner- 
kalk von  Weinböhla  bei  Meissen  einen  Zahn,  dessen  Zugehörig- 
keit zu  Protospliyraena  keinem  Zweifel  unterliegen  kann.  Er 
stimmt  mit  Zähnen  von  Pr.  ferox  Leidy  aus  der  Kreide  von 
Kent,    von  denen  vier  Exemplare,    ebenfalls  in  meiner  Sammlung 


1)  Davies,  1.  c,  p.  259,  t.  VIII,  f.  3. 

2)  Nach  Davies,  1.  c,  p.  256. 

^)  Agassiz.     Poissons  fossils,  T.  V,  p.  91,  t.  60a,  f.  9 — 13. 

*)  Ebendaselbst,  T.  V,  p.  102,  t.  25  c,  f.  21—29. 

*)  Geesiitz.  Das  Eibthalgebirge.  Palaeontographica,  Bd.  XX, 
2.  Abth.,  p.  225,  t.  43,  f.  10. 

*)  Reuss.  Die  Versteinerungen  der  böhmischen  Kreideformation, 
1.  Abth.,  p.  18,  t.  4,  f.  67. 

')  Geinitz,  1.  c,  t.  42,  f.  6. 


300 


befindlicli.  zur  Yergleichuiig  vorliegen,  vollküiniueu  übereiii.  Üb 
er  nun  in  der  That  zu  derselben  Species  zu  rechnen  ist,  niuss 
indessen  natürlich  dahingestellt  bleiben. 

Vergleichen  wir  Protosphyraena  mit  der  ebenfalls  mit  einer 
dolchförniigen  Offensivwaiit'e  ausgerüsteten  Gattung  Äsjridorhf/n- 
eJiKS,  deren  Details  bezüglich  des  Schädelbaues  namentlich  Keis^) 
kennen  gelehrt  hat,  so  finden  wir  eine  interessante  üebereinstim- 
mung  darin,  dass  den  Haupttheil  des  Rostrum  bei  beiden  das 
Ethmoidale  bildet.  In  der  hinteren  Partie  der  Unterfläche  des 
Rostrum  finden  wir  bei  Aspidorlnjnclius  ebenfalls  kräftige,  spitze 
Fangzähne.  Dieselben  werden  jedoch  von  dem  Praemaxillare  ge- 
tragen, während  bei  Pvotospltyraena  die  beiden  grossen  Basal- 
zähne  im  Vomer  sitzen.  Letzterer  Knochen  ist  bei  Aspidorln/nclms 
vollkommen  zahnlos.  Eine  weitere  Uebereinstimmung  zwischen 
beiden  Gattungen  besteht  in  der  starken  Zahnbewaffnung  der 
Mundhöhle,  indem  auch  bei  Aspidorhi/ncJnrs  sowohl  das  Pala- 
tinüm  als  das  Ptervgoideuni  stark  bezahnt  sind,  wenngleich  letz- 
teres schwächer  als  ersteres.  Beide  Gattungen  besitzen  schliess- 
lich ein  Praedentale. 

Im  Gegensatz  zu  diesen  mesozoischen  Schwertfischen  in  Bezug 
auf  die  Bezahnung  sowohl  als  den  Bau  des  Rostrum  stehen  die 
recenten  Xiphio'iden.  bei  welchen  die  Zähne  nur  sehr  klein  sind 
oder  auch  fehlen.  Ueber  die  Zusammensetzung  des  Rostrum  der 
Gattung  Tetrapterus  schreibt  Agassiz^):  „Le  bec  est  forme 
par  les  intermaxillaires  qui  sc  soudent  enscmble  pour  former  un 
cylindre  pointu;  les  os  du  cräne  sont  petits  et  tres-reduits." 
Claus '^j  dagegen  giebt  bei  X/))Jn'as  an:  „Oberkinnlade  (Inter- 
maxillaria,  Vomer,  Ethmoideum)  stark  verlängert,  schwertförmig." 
Der  Abbildung  bei  Awassiz  nach  zu  urtheilen,  nehmen  allerdings 
den  Hauptantheil  an  der  Bildung  des  Rostrum  die  Praemaxillaria, 
welche  auch  für  sich  allein  die  vorderste  Partie  desselben  bilden. 
Auf  der  Oberseite  betheiligt  sich  indess  auch  das  Ethmoid,  auf 
der  Unterseite  wahrscheinlich  der  Vomer. 

Möglicherweise  waren  bei  Protosphyraena  gleichwie  bei  den 
recenten  Xiphio'iden  einige  Schwanzwirbel  verwachsen.  Davies*^) 
(1.  c,  p.  250)  schreibt  nämlich:  „Associated  in  the  same  de- 
posits  are  frequently  obtained  coalesced  caudal  vertebrae  similar 
to,  but  less  symmetrical.  and  also  shorter,  higher  and  thicker, 
than  the  Consolidated  caudal  vertebrae  of  the  Tetrapterus. " 
Diese  Wirbel  sah  Davies    für   zugehörig    zu  Ptorosphyraena  an, 


')  Reis.     Ueber  Bdonostomits  etc.,  p.  170. 

-)  AciASSiz.     Poissons  fossils,  Vol.  V,  p.  90,  t.  E. 

')  Claus.    Grundzüge  der  Zoologie,  Bd.  II,  p.  235  (4.  Aufl.,  1882). 


301 

da  or  cltMi  Schluss  zog,  dass  ein  Fisch  mit  einer  so  gewaltigen 
Offensivwaffe  auch  den  Schwanz  als  das  hauptsächlichste  Fort- 
bewegungsüi'gan  im  Wasser  möglichst  kräftig  gebaut  haben  würde. 
Er  bemerkt  noch:  „such  coalesced  vertebrae  we  find  in  the  tail 
of  Xiphias  and  other  recent  fishes".  Auch  über  das  übrige 
Skelet  von  Proiosphyraena,  ist  etwas  absolut  Sicheres  nicht  be- 
kannt. Es  ist  jedoch  auch  mir  sehr  wahrscheinlich,  dass,  wie 
schon  Davies  und  Cope  vermutlieten,  die  von  letzterem  Forscher 
als  Pelecopterus  beschriebenen  Brustflossen  in  der  That  zu 
jenem  Genus  gehören.  Wood\vard  scheint  es  schon  als  festste- 
hende Thatsache  zu  betrachten,  da  er  in  seiner  „Synopsis  of  the 
vertebrate  fossils  of  the  English  Chalk"  i)  angiebt:  „The  fins 
of  Profosphyracna  were  originally  described  by  Agassiz^)  as  the 
dorsal  fin-spines  of  the  Selachian  fish  Ptychodus,  and  were  first 
recognized  as  Teleostian  by  Prof.  Cope  who  refered  them  to  a 
genus  Pelecopterns,  indicating  a  previously  unknown  order  (Adi- 
nochiri)  and  family  (Pelecopteridae).^  Das  Zusammenvorliommen 
der  Pe/ecopfents-F\ossen  mit  Profosphjraena  ist  von  Davies  und 
Cope  beobachtet  worden.  Davies  schreibt  (1.  c.  p.  256):  „In 
the  sanie  deposits  frequently  occur  either  singly,  or  in  displaced 
groups.  some  long  bony  and  unarticulated  fin-rays.  which  pro- 
bably  appertain  to  the  same  species."'  Cope  erhielt  zahlreiche 
Stücke  eines  Schädels  nebst  dem  Fragment  einer  Brustflosse, 
welche  von  Prof.  Mudge  in  der  Gegend  des  Salomon  River  in 
Kansas  aufgefunden  worden  waren.  Ueber  dieses  Flossenfragment 
giebt  Cope  (1.  c. ,  p.  218)  nur  an:  „The  ray  is  of  the  Com- 
pound character  already  described  as  belonging  to  other  genera 
of  this  family;  its  edge  is  not  preserved."  Auch  ich  selbst  erwarb 
gleichzeitig  mit  dem  beschriebenen  Schädel  und  den  anderen  Schä- 
delfragmenten ein,  wenn  auch  unvollständiges  Exemplar  einer 
I'elecopterns-YXoi'äQ,  welche  von  dem  gleichen  Fundorte  stammt. 
Nach  diesem  Exemplar  kann  ich  der  Beschreibung  von  Cope 
noch  hinzufügen,  dass  gegen  die  Spitze  der  Flosse  zu  eine  Zer- 
theilung  der  einzelnen  Flossenstrahlen  eintritt,  welche  gegen  den 
Hinterrand  in  eine  förmliche  Zerfaserung  ausartet.  Die  Zähnung 
des  Vorderrandes  verliert  sich  gegen   die  Spitze  zu. 

Was  schliesslich  die  Frage  anlangt,  ob  Proiosphyraena  zu 
der  Familie  der  SanroccphaJidae  Zitt.  (Sanrodontidac  Cope)  zu 
stellen  oder  als  Repräsentant  einer  eigenen  Familie  zu  betrachten 


')  Proceed.  of  the  Geologisf  s  Association,  Vol.  X,  No.  5,  p.  321  (49). 
-)  Agassiz.  Poissons  fossils,  Vol.  III,  p.  56—59,  t.  Xa,  Xb,  f.  18. 
ä)  Cope.    Vertebrata  of  the  cret.  form,  of  the  West,  1875,  p.  244. 


302 


ist,  so  glaube  ich.  dass  die  Verlängerung  der  Schnauzeupartie 
in  ein  Rostruni.  sowie  der  eigcnthüniliclie  Bau  des  Unterkiefers 
(namentlich  die  Abgliederung  eines  Praedentale)  mehr  für  eine 
Sonderstellung  von  Protosphyraena  spricht.  Sobald  die  Zuge- 
hörigkeit der  Pelecopierus-¥\o%sQ\\  zu  jener  Gattung  mit  Sicher- 
heit erwiesen  ist.  würde  man  am  zweckmässigsten  für  diese  Fa- 
milie den  bereits  von  Cope  vorgeschlagenen  Namen  ,,Pelecoptc- 
ridae''  anwenden. 


303 


6.    Ueber  Schwan  klingen  in  der  Intensität 
der  Erdanziehung. 

Von  Herrn  F.  W.  Pfaff  in  Erlangen. 

Hierzu  Tafel  XV  u.  XYI. 

Während  über  die  Entstehimg  der  Gesteine  und  Formationen 
der  jüngeren  Erdperioden  fast  bei  allen  Geologen  so  ziemlich  die- 
selben Meinungen  herrschen,  gehen  diese  bei  Besprechung  des 
Urzustandes  der  Erde  und  der  Bildung  der  ältesten  Gesteine  stark 
aus  einander.  Auch  zur  Erklärung  verschiedener  Erscheinungen, 
wie  vulkanische  Ausbrüche,  manche  Erdbeben.  Hebungen  und  Sen- 
kungen einzelner  Theile  der  Erdoberfläche  u.  s.  w.,  stehen  sich 
zwei  vollständig  verschiedene  und  entgegengesetzte  Ansichten,  die 
der  Neptunisten  und  jene  der  Plutonisten  gegenüber.  Während 
diese,  ein  Kind  früherer  Zeiten,  bis  in  dieses  Jahrhundert  herein 
herrschte,  kam  jene  erst  in  der  neueren  Zeit  hauptsächlich  zur 
Geltung.  Jene  Lehre,  die  der  Plutonisten,  besagt,  dass  die  Erde 
im  Innern  eine  noch  ihrem  feuerflüssigen  Urzustand  gleiche  ge- 
schmolzene Kugel  bilde,  und  die  P^rdrinde  eine  durch  die  Abküh- 
lung entstandene,  im  Vergleich  zur  ganzen  Erde  dünne  Kruste 
sei.  Sie  giündet  sich  auf  Beobachtungen,  welche  ergeben  haben, 
dass  die  Bodenwärme  an  allen  Orten  der  Erde  mit  zunehmender 
Tiefe,  die  jedoch  unterhalb  der  durch  die  Sonnenwärme  noch 
beeinflussten  Tiefe  liegen  nuiss.  eine,  wenn  auch  nicht  überall 
gleiche  Zunahme  zeigt.  Da  nun  aber  an  vielen  Stellen  der  Ei-de 
noch  heutzutage  geschmolzene  Massen  aus  der  Tiefe  an  die  Ober- 
fläche gelangen,  so  weist  jene  überall  mit  der  Tiefe  zunehmende 
Erdwärme  auf  ein  überall  geschmolzenes  Erdinnere  hin. 

Fragt  man  nun  auch  bei  den  Neptunisten  nach,  so  hört 
man,  dass  diese  von  einem  feuerflüssigen  Zustande  im  Innern  der 
Erde  nichts  wissen  wollen.  Sie  erklären,  dass  jene  allgemein 
zunehmende  Erdwärme  viel  zu  schwankend  sei.  um  jene  Schlüsse 
zu  rechtfertigen,  und  sich  auf  verschiedene  in  der  Erde  statt- 
findende chemische  Vorgänge  zurückführen  lasse.  Ebenso  seien 
die  geschmolzenen  Laven  durch  in  gewissen  Tiefen  vorkommende 
Verbrennungen    organischer  Stoffe    zum  Schmelzen   gebracht    und 


304 


ausgepresst  Avortloii.  Der  HauptuiiterschiGd  dieser  beiden  Lehren 
beruht  also  darauf,  dass  jene  behaupten,  der  grösste  Theil  der 
Erde  sei  jetzt  noch  ghditflüssig,    diese,   er  sei  fest  und  starr. 

Neigt  man  nun  mehr  zur  einen  oder  anderen  Theorie  hin, 
so  wird  man  doch  immer  zugeben  müssen,  da  die  ganze  Erde 
ein  specitisches  Gewicht  von  5.4  hat.  die  hauptsäcldichste  Masse 
der  Erdoberfläche  aber  nur  2,5.  dass  im  Innern  der  Eixle  sich 
viel  specitisch  schwere  Massen  befinden  müssen.  Da  nun  aber 
auch  der  Schwerpunkt  mit  dem  geometrischen  Mittelpunkt  der 
Erde  zusammenfällt,  so  müssen  im  Innern  die  allmählich  schwerer 
werdenden  Schichten  wie  concentrische  Kugelschalen  auf  einander 
folgen. 

Diese  im  Mittelpunkt  sich  befindenden  schwereren  und  schwer- 
sten Theile  der  Erde  werden  nun  auf  der  Erdoberfläche,  von 
localen  Störungen  abgesehen,  eine  gleichniässige.  und  da  die  Erde 
annähernd  ein  Umdrehungsellipsoid  ist,  vom  Aequator  zu  den 
Polen  zunehmende  Wirkung  äussern.  Würde  nun  die  Erde  jene 
von  denNeptunisten  vorausgesetzte  Beschaffenheit  haben,  so  müsste 
sich  diese  Kraft,  die  Schwerkraft,  fast  vollständig  gleich  und  für 
alle  Zeiten,  wenn  nicht  etwa  durch  unterirdische  ,.Faulberge'' 
grosse  Veränderungen  erzeugt  würden,  constant  bleiben.  Eine 
geringe  Aenderung  wird  jedoch  Mond  und  Sonne,  erstens  durch 
ihre  dire(;te,  der  Schwerkraft  der  Erde  entgegenwirkende  Anzie- 
hung auf  die  Erde  ausüben,  zweitens  durch  die  Fluhtwelle, 
welche,  wie  Thomson  berechnet  hat,  entstehen  würde,  wenn  die 
Erde  sogar  die  Starrheit  von  Stahl  hätte,  da  sie  in  diesem  Falle 
doch  noch  den  Fluth  erzeugenden  Einflüssen  von  Mond  und  Sonne 
ungefähr  Ys  soviel  nachgeben  müsste,  wie  wenn  sie  vollständig 
flüssig  wäre  und  keine  Starrheit  besässe').  Durch  diese  Fluth- 
welle  würde  nämlich  die  Entfernungen  vom  Mittelpunkt  grösser  an 
einigen  Stellen,  geringer  an  anderen,  und  so  die  Anziehungskraft 
geändert. 

Betrachtet  man  nun  unter  derselben  Voraussetzung  die  Lehre 
der  Plutonisten,  so  gestalten  sich  hier  diese  Verhältnisse  etwas 
anders.  Doch  bevor  wir  diesen  Fall  in  Ueberlegung  ziehen, 
müssen  wir  uns  diese  Theorie  etwas  genauer  besehen.  Die  Erde 
ist  hiernach  also  äusserlich  mit  einer  im  Verhältniss  dünnen 
Rinde  umhüllt,  dann  folgt  der  flüssige  Theil.  wenn  wir  den  viel- 
leicht halb  geschmolzenen,  halb  festen  übei-gehen.  Je  weiter  man 
sich  nun  dem  Mittelpunkte  nähert,  werden  die  Massen  unter 
einem  desto  höheren  Drucke  stehen.  Da  aber  experimentell  nach- 
gewiesen wurde,   dass  mit  Zunahme  des  Druckes  auch  der  Schmelz- 


')  Cfr.  Thomson:  Theoretische  Physik. 


305 


punkt  steigt,  so  kann  man  auch  annehmen,  dass  von  einem  Punkte 
an  im  Erdinnern  die  Hitze  nicht  mehr  hinreicht,  um  die  Massen 
nocli  tiüssig  zu  halten.  Es  wird  sich  also  im  Mittelpunkte  selbst 
ein  fester  Erdkern  beiinden,  der  die  specitisch  schwersten  Massen 
enthält,  jedocli  seiner  Grösse  nach  unbekannt  ist.  Ohne  nun 
näher  auf  die  mathematische  Form  dieses  Kernes,  sowie  die  wirk- 
liche Gestalt  der  ganzen  Erde  und  die,  durch  ihre  sphäroidische 
Gestalt  und  letzterwähnte  Eigenschaft  bedingte  Anziehung  auf 
einen  Punkt  ihrer  Oberfläche  einzugehen,  da  dies  zu  den  schwie- 
rigsten mathematischen  Verhältnissen  gehört,  wird  man  doch  zu- 
geben müssen,  dass,  da  die  P^i'de  nicht  die  Starrheit  einer  Stahl- 
kugel besitzt,  über  ihre  Oberfläche  sich  Fluthwellen  hinziehen. 
Eine  wird  ihre  Ursache  in  der  Anziehungskraft  des  Mondes,  die 
andere  in  der  der  Sonne  haben,  und  zwar  wird  die  erstere  die 
letztere  überwiegen.  Thomson  berechnete  nun,  dass  die  Inten- 
sität der  scheinbaren  Schwerkraft  der  Erde  um  Veoonoon  durch 
den  Mond,  und  ungefähr  um  Y12000000  durch  die  Sonne  geringer 
ist,  wenn  diese  im  Median  dieses  Punktes  stehen. 

Es  wird  also  für  den  Fall,  dass  Sonne  und  Mond  im  Zenith 
stehen,  ein  Maximum  in  der  Verminderung  der  Intensität  der 
Schwerkraft  eintreten,  das  ungefähr  Y-ioonono  beträgt.  Diese  Stö- 
rungen, hervorgerufen  durch  die  directe  Anzielmng  und  die  durch 
die  Fluthwelle  entstandene  grössere  oder  kleinere  Entfernung  eines 
Punktes  der  Oberfläche  vom  Mittelpunkt,  geben  uns  nun  ein  Mittel 
an  die  Hand,  experimentel  nachzuweisen,  ob  die  Erde  durch  und 
durch  so  fest  und  hart  wie  Glas  und  Stahl,  oder  ob  sie  im 
Innern  einen  noch  flüssigen  Theil  besitzt.  Denn  kann  mm  nach- 
gewiesen werden,  dass  die  Schwerkraft  sich  um  mehr  als  diese 
Grösse,  nämlich  Y4000000  ändert,  so  kann  die  Erde  nicht  voll- 
ständig starr  sein. 

In  den  folgenden  Zeilen  soll  nun  eine  Reihe  von  darauf 
bezüglichen  Beobachtungen,  die  mit  einem  eigens  von  mir  hierzu 
construirten  und  ausgearbeiteten  Apparate  gemacht  wurden,  be- 
schrieben werden.  Der  Verfasser  legt  dieselben  vor,  mit  dem 
Vorbehalt  weiterer  nachträglicher  Verbesserungen  und  Aenderun- 
gen  an  den  Resultaten,  da  die  vorliegenden,  wenn  es  erlaubt  ist 
zu  sagen,  nur  eine  „qualitative"  Voruntersuchung  sein  soll.  Er 
bittet  um  Entsclmldigung.  wenn  er  mit  so  lückenhaften  Beobach- 
tungsreilien  vor  die  Oetfentlichkeit  tritt,  aber  er  glaubt,  dass,  da 
seines  Wissens  noch  keine  derartigen  Untersuchungen  angestellt 
sind  und  dieselben  von  Interesse  sein  dürften,  es  doch  geboten 
ist,  einiges  darüber  mitzutheilen.  Es  scheint  ilim  aber  auch 
nothwendig  zu  sein,  dass  dieselben  an  anderen  Orten,  sowie  wäh- 
rend   längerer  Zeit   Tag    und   Nacht    fortgesetzt    werden    sollten, 


306 


was  für  ihn,  da  er  allein  auf  sieb  angewiesen  war  und  ist,  nicht 
leicht  durchzuführen  sein  dürfte.  Zugleich  giebt  er  sich  der  Hoff- 
nung hin,  in  späterer  Zeit,  da  es  ihm  gelungen  zu  sein  scheint, 
durch  geeignetere  feinere  Constructionen  die  Beobachtungen  ge- 
nauer und  automatisch  aufuzeichnen,  besseres  Material  liefern  zu 
können.  Möge  es  ihm  nun  erlaubt  sein,  kurz  zu  erwähnen,  wie 
er  zur  Inangriffnahme  dieser  Frage  galangte. 

Schon  im  Jahre  1883  hatte  mein  im  Sommer  1886  ver- 
stobener  Vater.  Univers. -Professor  Pf  äff,  diese  Arbeit  begonnen. 
Grund  dazu  waren  verschiedene  Arbeiten  über  Aenderung  des 
Meeresspiegels,  deren  nächste  Folge  eine  kleinere  in  dieser  Zeit- 
schrift, 1884  erschienene  Schrift  war:  „Zur  Frage  der  Verän- 
derung des  Meeresspiegels  durch  den  Einfluss  des  Landes".  Da 
nun  nach  den  Berechnungen,  die  auf  Grund  der  genauesten  Pendel- 
schwingungen, angestellt  au  verschiedenen  Punkten,  die  Erde  sich 
als  dreiaxiges  Ellipsoid  ergab,  so  construirte  er  einen  Apparat, 
der  ähnlich  einem  Barometer,  jedoch  ohne  Zuhülfenahme  der  Erd- 
atmosphäre, dazu  benutzt  werden  konnte,  um  diesen  verwickelten 
Verhältnissen  etwas  näher  zu  treten,  das  heisst  um  die  etwa  höher 
oder  tiefer  gelegenen  Theile  der  Erdrinde  anzuzeigen,  mit  an- 
deren Worten,  es  sollte  ein  Nivellirungs- Instrument  sein,  jedoch 
ohne  Nivelle.  Bevor  jedoch  derartige  Versuche  angestellt  werden 
konnten,  war  es  nothwendig,  experimentell  nachzuweisen,  sollte 
nicht  alle  Arbeit  umsonst  sein,  dass  die  Schwerkraft  der  Erde 
an  einem  Punkte  sich  constant  erlialte. 

Es  möge  mir  nun  erlaubt  sein,  kurz  die  von  meinem  Vater 
und  mir  hierzu  construirten  Apparate,  die  sich  jedoch  alle  in 
der  Praxis  als  unbrauchbar  erwiesen,  zu  beschreiben,  um.  sollten 
von  anderer  Seite  derartige  Versuche  vorgenommen  werden,  einem 
resultatlosen  Arbeiten  vorzubeugen.  Zugleich  möchte  der  Ver- 
fasser den  schon  von  seinem  Vater  für  diesen  Apparat  gebrauchten 
Namen  „Geobarometer"  vorschlagen. 

1.  ilpparat:  Es  wurde  die  Elasticität  der  Luft,  die  einer 
bestimmten  Quecksilbersäule  das  Gleichgewicht  halten  musste,  be- 
nutzt. Ohne  näher  auf  diese  Construction  einzugehen,  scheiterte 
die  Brauchbarkeit  dieses  Apparates  an  dem  Reibungswiderstand 
des  Quecksilbers  am  Glas.  Obwohl  dieser  Apparat  in  den  ver- 
schiedensten Formen  und  mit  der  verschiedensten  Aenderungen 
ausgeführt  wurde,  so  konnten  doch  die  vielfachen  Missstände  nicht 
beseitigt  werden,  sodass,  nachdem  auch  eine  ganz  einfache  Con- 
struction, bei  welcher  die  Reibung  des  Quecksilbers  am  Glase 
hätte  so  ziemlich  wegfallen  müssen,  nämlich  ein  sehr  weiter  Glas- 
barometer, eingeschmolzen  in  einem  grossen  Glasgefäss,  versehen 
mit  einem  sehr  feinen  Thermometer,    bei  dem  die  Ablesung  mit- 


307 


telst  des  Mikrogoniometers  erfolgte,  sich  als  unbrauchbar  erwies, 
von  diesem  Princip  Abstand  genommen  und  die  weiteren  Versuche 
nur  noch  mit  feinen  Federn  angestellt  wurden. 

Es  waren  zu  diesem  Zwecke  2  Uhrfedern,  die  auf  ihre  ün- 
veränderlichkeit  schon  längere  Zeit  geprüft  waren,  einerseits  an 
einer  Axe.  andererseits  auf  einer  Platte  befestigt;  die  Axe  ruhte 
auf  2  mit  Achatlagern  versehenen  Trägern,  welche  ebenfalls  auf 
der  Platte  ruhten.  An  der  Axe  selbst  war  ein  Hebelarm  an- 
gebracht, der  mit  einem  derartig  gewäliltem  Gewicht  belastet  war, 
dass  die  Federn  soweit  angespannt  wurden,  um  sich  noch  frei  zu 
bewegen,  ohne  ein  Berühren  der  einzelnen  Windungen  herbeizu- 
führen. Als  Indicator  diente  eine  feine  Nivelle.  Aber  auch  dieser 
Apparat  gab  kein  Resultat. 

Soweit  waren  die  Versuche  bis  zum  Sommer  1886  ge- 
schritten. In  der  dauf  folgenden  Zeit  setzte  ich  nun  diese  Ver- 
suche fort,  doch  im  Anfang  auch  mit  keinem  besseren  Erfolg. 
Was  mich  nun  veranlasste,  diese  Untersuchungen  dennoch  weiter 
fortzuführen,  war  erstlich,  dass  ich  es  als  ein  Vermächtniss  be- 
trachtete, das  wenigstens  soweit  fortgeführt  werden  musste,  bis 
ein,  wenn  auch  negatives,  Resultat  erzielt  worden  war,  sodann 
der  Umstand,  dass  mir  die  so  günstige  Lage  meines  Hauses  die 
beste  Gelegenheit  zu  diesen  Beobachtungen  bot.  Selbstverständ- 
lich ist  ja  bei  solchen  Versuchen  die  erste  Bedingung  ein  voll- 
ständig ruhiger  Stand,  der  nicht  etwa  durch  schwere  vorbeifah- 
rende Wagen  oder  durch  Bahnzüge  sowie  andere  Einflüsse  in. 
wenn  auch  nur  die  kleinsten  Bewegungen  versetzt  wird.  Nun 
liegt  mein  Haus  auf  einem  dem  obersten  Keuper  angehörigen 
Hügel,  der  aus  dem  sogenannten  Stubensandstein  aufgebaut  ist, 
circa  50  m  über  der  Thalsohle.  Vollständig  nach  allen  Seiten 
abgegrenzt,  ist  er  von  allen  störenden  Einflüssen  frei,  nur  geht 
circa  100  m  westlich  und  45  m  tiefer  der  Eisenbahntunnel  durch. 
Obgleich  nun  der  ganze  Hügel  wechsellagernd  aus  Stein  und  Mer- 
geln besteht,  so  merkt  man  doch  schon  die  störenden  Einwir- 
kungen der  Bahn,  am  stärksten  dann,  wenn  ein  von  Bamberg, 
das  heisst  von  Norden  kommender  Zug  in  den  Tunnel  einfährt, 
viel  weniger,  wenn  er  ihn  verlässt.  Nach  Süden  und  Westen  fällt 
der  Berg  ziemlich  steil  ab,  etwas  langsamer  nach  Norden,  und 
nach  Osten  verflacht  er  sich  mehr  und  mehr.  Seine  längste 
Ausdehnung  geht  von  Osten  nach  Westen,  seine  kürzeste  von 
Norden  nach  Süden.  In  dem  Hause  selbst  befindet  sich  ein  ^/s 
unter  und  '/s  über  der  Erde  liegender  Raum,  der  zum  Theil  in 
den  Felsen  eingehauen  ist.  zum  Theil  aber  im  lockeren  Sand- 
boden liegt.  In  diesem  Geschoss  wurde  zu  diesen  Versuchen  ein 
1  m  langer  und  40  cm  im  Geviert  haltender  Stein   in  den  Fuss- 


308 


bogen  eingefügt,  der  noch,  um  die  Erschütterungen  abzuhalten, 
die  durch  das  Betreten  des  Raumes  entstehen,  vollständig  von 
dem  ihn  umgebenden  Erdreich  und  Fussboden  mit  einem  starken 
Holzkasten  getrennt  ist. 

Zwei  weitere  Apparate,  die  daselbst  ihre  Aufstellung  fanden, 
waren  ebenso  ergebnisslos;  der  eine  bestand  aus  einem  biftilar 
aufgehängten  Gewichte,  das  durch  eine  feine  Uhrfeder  aus  seiner 
Gleichgewichtslage  um  120^'  gedreht  war  und  einen  langen  Zeiger 
hatte.  Der  andere  bestand  aus  einer  Anaroidbarometerkapsel,  die 
angebohrt  worden  war,  und  ein  dem  Luftdruck  entsprechendes 
Gewicht  trug.  Die  Kapsel  ruhte  auf  einem  starken  Stahlträger, 
das  Gewicht  aber  war  so  angebracht,  dass  es  unter  ihr  selbst 
und  um  sie  herum  hing,  von  oben  aber  auf  sie  selbst  aufge- 
schraubt war.  Da  nun  nach  den  bis  dahin  gemachten  Erfahrun- 
gen die  Schwankungen  äusserst  gering  sein  mussten,  so  wurde 
hier  zum  Beobachten  derselben  die  Interferenz  des  Lichtes  einer 
Natriumweingeistflamme  benutzt.  Dazu  war  auf  dem  Gewichte 
eine  sehr  schwach  convexe  Linse  angebracht,  an  einem  selbst- 
ständig daneben  befindlichen  Träger  jedoch  ein  über  die  Linse 
übergreifendes  Spiegelglasstück.  Das  Licht  fiel  seitwärts  herein 
und  erzeugte  bei  richtiger  Stellung  so  jene  bekannten  hellen  und 
dunklen  Interferenzringe.  Der  Durchmesser  dieser  Ringe  nun 
wurde  mittelst  eines  Okularmikrometers,  der  auf  ein  schwach 
vergrösserndes  Mikroskop  aufgesetzt  war.  gemessen.  Doch  auch 
hier  ergab  sich  keine  Veränderung,  die  Ringe  blieben  während 
wochenlanger  Beobachtungen   immer  von    demselben  Durchmesser. 

Im  August  vergangenen  Jahres  nun  wurden  diese  Versuche, 
die  längere  Zeit  ausgesetzt  worden  waren,  wieder  in  Angriff  ge- 
nommen. Diese  letzten  Versuche  waren  nun  endlich  auch  von 
Erfolg  gekri3nt. 

Das  Princip.  das  bei  diesem  Apparat  in  Anwendung  kam, 
ist  kurz  folgendes:  Da  das  Gewicht  eines  Körpers  von  seinen 
physikalischen  Eigenschaften  und  der  Anziehungskraft  der  Erde 
herrührt,  so  kann,  da  sich  die  phj'sikalischen  Eigenschaften  bei 
den  richtigen  Vorsichtsmaassregeln  nicht  ändern,  die  Anziehungs- 
kraft der  Erde  bestimmt  werden.  Diese  kann  durch  die  Elasti- 
cität  eines  Stoffes,  am  leichtesten  die  des  Stahles  gefunden  werden. 
Es  ist  nun  bekannt,  dass  richtig  gehäi'tete  Stahlfedern,  wenn  sie 
vor  der  chemischen  Einwirkung  feuchter  Luft,  dem  Rosten,  be- 
wahrt werden.  Jahre  lang  vollständig  constant  bleiben,  so  lange 
nicht  ihre  Elasticitätsgrenze  überschritten  wird.  Wird  nun  an 
einer  Feder  eine  Masse  gehängt,  so  kann  daraus  ihr  Gewicht 
oder  die  Anziehungskraft  der  Erde  gefunden  werden,  sobald  man 
nur  die  Ausdehnung  oder  Biegung  derselben  gemessen  hat.    Wird 


309 

nun  diese  Ausdehnung  genau  gemessen,  so  kann  man,  wenn  sich 
die  Anziehungskraft  der  Erde  ändert  und  die  Messmethode  ehen 
noch  fein  genug  ist,  um  die  entsprechende  Veränderung  bemerk- 
bar zu  machen,  die  Aenderungen  der  Anziehungskraft  selbst  be- 
stinnnen. 

Zu  diesem  Zwecke  wurde  nun  folgender  Apparat  construirt 
und  ausgearbeitet,  der  deshalb  etwas  genauer  beschrieben  werden 
soll.  Dieser  Apparat  (siehe  Tafel  XV)  besteht  aus  zwei  Federn, 
die  sich  zu  einer  ergänzen.  Aus  einer  in  einer  Ebene  gewun- 
denen (a)  und  einer  einfachen  Stangenfeder  (b).  Diese  sind  an 
den  Endstellen  bei  d  etwas  keilförmig  und  mittelst  einer  ein- 
fachen, der  Form  der  Feder  entsprechenden  durchbrochenen  Stahl- 
stückes (d)  zusammengehalten.  Um  Verrückungen  zu  verhüten, 
trägt  b  am  äussersten  Ende  einen  Stift,  der  in  ein  Loch  der  Feder 
a  genau  eingepasst  ist.  Die  Feder  a  ist  beinahe  doppelt  so  stark 
wie  b,  letztere  ist  am  hinteren  Theile  stärker  und  nach  vorne  zu 
stark  verjüngt,  sodass  sie  bei  d  genau  2  mm  dick,  am  an- 
deren Ende  nur  noch  '/a  mm  stark  ist.  a  ist  in  einer  Axe  (e) 
eingekeilt  und  festgekeilt,  die  seitlich  von  zwei  Schrauben  (q)  mit 
Gegenschrauben  geklennnt  und  gehalten  wird.  An  der  Axe  e  ist 
noch  ein  kleiner  Hebelarm  (f)  befestigt,  auf  den  eine  Schraube 
(g)  drückt,  um  das  Einstellen  der  Feder  zu  erleichtern  und  um 
ein  allenfallsiges  Nachgeben  zu  verhüten.  Diese  Axe  e  ruht  in 
einem  U-förmig  rechtwinklig  gebogenem,  oben  offenem  Eisen  (c), 
das  auf  einer  starken  Eisenplatte  vernietet  ist.  Fast  an  ihren 
Enden  tragen  beide  Federn  ein  Achatlager  (h)  und  zwar  ist  jenes 
auf  a  viel  stärker  wie  jenes  auf  b.  In  diesen  Lagern  ruhen  2 
Stahlschneiden,  ähnlich  jenen  an  den  Wagen,  von  denen  jede 
wieder  mit  einer  anderen,  jedoch  umgekehrt  gerichteten  Stahl- 
schneide verbunden  ist.  Auf  diesen  Schneiden  ruhen  nun  wieder 
zwei  Achatlager,  die  auf  einer  einem  T-Eisen  entsprechenden, 
keilförmig  gefeilten  Stahlstange  (i)  befestigt  sind.  Auf  dieser 
Stahlstange  lagert  nun  bei  r  ein  Gewicht  (k)  =  2000  gr  schwer. 
Um  nun  die  geringen  Veränderungen  in  der  Lage  des  Gewichtes, 
erzeugt  durch  die  wechselnde  Anziehungskraft  der  Erde,  noch 
beobachten  zu  können,  ist  auf  der  Feder  b  am  äussersten  Ende 
eine  sehr  schwache  couvexe  Linse  (1)  mittelst  einfacher  Schraub- 
vorrichtung horizontal  angebracht;  darüber  liegt  eine  concavc 
Linse  von  etwas  grösserem  Krümmungsradius  in  einer  Fassung  (o) 
auf  einem  seitwärts  angebrachten  Trüger  (mj,  festgehalten  durch 
zwei  Federn  (n).  Diese  Linse  ruht  in  ihrer  Fassung  o  auf  3 
feinen  Mikrometerschrauben  (p).  die  durch  den  Träger  m  hindurch 
gehen,  um  die  durch  die  beiden  Linsen  erzeugten  Interferenzringe 
in  die  Mitte    zu  bringen.      Von  der   einen  Seite    fallen  parallele 

Zeitsclir.  d.  D.  geol.  Ges.  XLU.  -2.  21 


310 


Natriumlichtstrahlen  von  einer  Spirituslampe  auf  dieses  Linsen- 
system .  und  von  der  anderen  Seite  werden  die  Interferenzringe 
durch  eine  schwach  (circa  18  mal)  vergrössetes  Mikroskop,  das 
einen  Ocularmikrometcr  trägt,  beobachtet.  Bei  der  Ausführung 
des  Apparates  war  genau  darauf  geachtet  worden,  dass  sämrat- 
liche  Theile.  da  eine  gleichmässige  Temperatur  in  dem  Aufstel- 
lungsraume  doch  nicht  erzielt  werden  konnte,  die  durch  Tempe- 
raturschwankuiigen  Aederuiigen  erzeugen  mussten.  von  demselben 
Material  und  derselben  Länge  hergestellt  wurden.  Da  beim  An- 
zünden der  Lampe  und  beim  Beobachten  selbst  kleine  Erschüt- 
terungen nicht  vermieden  werden  konnten,  so  war  der  Beleuch- 
tungs-  und  Beobachtungstheil  abseits  auf  einem  unverrückbaren 
Gestell  angebracht.  Der  ganze  Apparat  war  mit  einer  doppelten 
Hülle  von  Holz  und  Pappdeckel  umgeben,  die  Oetfnung  zum  Beob- 
achten der  Ringe  mit  Spiegelglas  belegt,  und  um  den  störenden 
Einfluss  einseitiger  Erwärmung,  von  der  Lampe  herrührend,  mög- 
lichst zu  beseitigen,  wurde  eine  Lösung  von  Alaun  und  ein  durch- 
sichtiger Kochsalzkrystall  benutzt.  Bevor  der  Apparat  mit  dem 
Gewichte,  das.  da  es  keinen  Raum  mehr  zwischen  Feder  und 
Eisenplatte  hatte,  durch  diese  hindurch  in  einem  fest  verschlos- 
senen Gehäuse  hing,  belastet  worden  war.  wurde  die  Feder  län- 
gere Zeit  bis  nahe  zu  ihrer  Elasticitätsgrenze  angespannt,  um 
jedem  spi^teren  Nachgeben  vorzubeugen. 

Zur  Aufstellung  gelangte  dieser  Apparat  Ende  August  ver- 
gangenen Jahres,  die  Beobachtungen  konnten  jedoch  wegen  man- 
cherlei nothwendiger  Aenderungen,  namentlich  an  der  Beleuchtung, 
erst  Anfang  October  systematisch  angestellt  werden.  Gewöhnlich 
wurde  von  Morgens  8  bis  Nachts  12  beobachtet,  alle  10  bis  14 
Tage  in  der  Regel  einmal  während  24  Stunden.  Zur  Beobachtung 
selbst  wurden  immer  ein  Interferenzring,  und  wenn  sich  in  der 
Mitte  ein  Punkt  zeigte,  auch  dieser  benutzt,  und  zwar  wurde  stets 
der  Durchmesser  eines  Ringes  oder  Punktes  luittelst  des  Ocular- 
mikrometers  gemessen  und  dessen  Länge  aufgeschrieben.  Ein  Wach- 
sen der  Ringe  bedeutet  natürlich  immer  ein  Steigen  des  Gewichts 
oder  Abnahme  in  der  Intensität  der  Erdanziehung,  und  umgekehrt. 
Wenn  nun.  obschon  längere  Zeit  beobachtet  wurde,  das  Resultat 
doch  nur  ein  qualitatives  genannt  werden  kann,  so  liegt  das  eben 
in  dem  schon  früher  genannten  Umstände,  dass  Tag  und  Nacht 
hätte  stündlich  beobachtet  werden  müssen.  Avas  mir  natürlich  nicht 
möglich  war,  und  in  einem  weiteren  Grunde,  nämlich  dass,  wenn 
selbst  24  Stunden  stündlich  die  Beobachtungen  vorgenommen 
worden  wären,  doch  öfter,  namentlich  aber  bei  etwas  schnellerem 
Wechsel,  die  Art  der  Bewegung  nicht  mehr  festgestellt  werden 
konnte,    da  ja.    wenn  ein  Ring,   dessen  grösster  Durchmesser  25 


311 


Theilstriche  des  Ocularmikrometers  betrug,  um  12  Uhr  beispiels- 
weise 17  Striche  zählte,  nach  einer  Stunde  sich  zu  einem  Punkte, 
das  heisst  zu  einem  9  Striche  haltenden  dunklen  Fleck  gestaltet 
hatte,  man  nicht  mehr  bestimmen  konnte,  ist  der  Ring  von  25 
auf  27  weiter  gegangen,  und  ist  so  ein  neuer,  durch  Heben  ent- 
standener Anfang  eines  Ringes  in  dem  Punkte  zu  sehen,  oder  ist 
17  auf  9  heruntergesunken.  Mit  anderen  Worten,  hat  sich  das 
Gewicht  gesenkt  oder  gehoben. 

Um  nun  aucli  einem  etwaigen  Einfluss  der  Temperatur  genau 
festzustellen,  so  wurden  zwei  Thermometer,  in  0.1  Grad  getheilt, 
aufgehängt.  Der  eine  reichte  durch  die  Undiüllung  des  Appa- 
rates hindurch,  der  andere  war  in  einiger  Entfernung  davon  auf- 
gehängt. Doch  konnte  eine  Veränderung  des  Apparates  durch 
die  wechselnde  Wärme  nicht  nachgewiesen  werden.  Ebenso  wurde, 
da  ja  ein  stärkerer  oder  geringerer  Luftdruck  einen  Einfluss 
ausüben  sollte,  der  Barometerstand  genau  aufgezeichnet,  doch 
auch  dieser  zeigte  keinen  Einfluss  auf  den  Gang  des  Apparates. 
Um  nun  die  bei  den  Beobachtungen  gefundenen  Schwankungen 
ihrer  Grösse  nach  bestimmen  zu  können,  das  heisst,  um  sich 
Rechenscliaft  von  der  Aenderung  in  der  Intensität  der  Schwer- 
kraft abzulegen,  war  es  nothwendig.  die  Emfindlichkeit  des  Appa- 
rates zu  untersuclien.  Zu  diesem  Zwecke  wurde  versucht,  um 
den  Apparat  nicht  ganz  aus  einander  zu  nehmen  und  ein  tage- 
langes Unterbrechen  der  Beobachtungen  herbeizuführen,  da  das 
Zusammenstellen  und  Einstellen  der  Interferenzringe  immer  eine 
sehr  langwierige  und  mühsame  Arbeit  ist,  zur  Bestinunung  des 
Elasticitätscoefficienten  so  zu  verfahren,  indem  ein  bekanntes 
Gewicht  auf  das  GcAvicht  am  Apparat  gelegt  und  vor  und  nach 
dem  Auflegen  der  Durchmesser  der  Interferenzringe  geraessen 
wurde.  Es  dauerte  jedoch  immer  45  Minuten,  wie  vielfache  an- 
gestellte Beobachtungen  ergaben,  bis  der  Apparat  wieder  seine 
vollkommene  Ruhe  hatte;  aus  der  Differenz  der  Ringe  hätte  dann 
der  Coefticient  berechnet  werden  können.  Es  zeigte  sich  leider, 
dass  diese  Methode  zu  sehr  verschiedenen  Resultaten  führte,  da 
der  Gang  des  Apparates  natürlich  während  dieser  45  Minuten  nicht 
bekannt  war.  Um  ein  brauchbares  Resultat  zu  erhalten,  hätte 
ein  zweiter  gleicher  Apparat  vorhanden  sein  müssen,  der  mir 
leider  nicht  zu  Verfügung  stand.  Ist  es  jedoch  erlaubt,  bei  Fe- 
dern vorauszusetzen,  dass  dieselben  auch  bei  ganz  kleinen  Diffe- 
renzen proportional  der  Belastung  nachgeben,  so  könnte  auch  hier 
ungefähr  die  Bewegung  berechnet  werden.  Die  Beobachtungen 
ergaben  nun ,  dass  der  grösste  Gangunterschied ,  das  heisst  der 
tiefste  vom  niedrigsten  Stand,  um  3  Wellenlängen  des  Natrium- 
lichtes unterschieden  sind.    Nun   ist  eine  Natriumlicht- Wellenlänge 

21* 


312 


gleich  0,000589  mm.  folglicli  3  =  0,001767.  Da  nun  die  Feder 
mit  einem  Gewicht  von  2000  gr,  zu  dem  noch  27  gr  von  der 
Tragstange  kommen,  im  Ganzen  also  mit  2027  gr  belastet  ist. 
so  findet  man,  da  dieses  Gewicht  nicht  am  Ende,  sondern  128  mm 
davon  aufgehängt  ist,  die  ganze  Länge  der  beiden  Federn  a  und 
b  zusannnen  aber  =356  mm  ist.  dass  dies  einem  am  Ende 
befindlichen  Gewichte  von  1298  gr  entspricht.  Diese  1298  gr 
werden  nun  also  um  0,001767  mm  gehoben  oder  gesenkt.  Die 
Feder  aber  wird  selbst  von  diesem  Gewichte  um  92  mm  gebo- 
gen. Rechnen  wir  nun  diesen  Ausschlag  ^"/o.oonci  unter  obiger 
Voraussetzung  aus,  so  finden  wir  die  Maximalbewegung  gleich 
V52066  oder  =    7.52000. 

Berechnen  wir  nun  andererseits  auch,  um  die  Empfindlich- 
keit zu  prüfen,  wie  gross  die  geringste  Schwankung  ist,  die  noch 
nachgewiesen  werden  kann,  so  finden  wir,  da  eine  Natriumlicht- 
Wellenlänge  einen  Ring  von  25  Mikrometertheilstrichen  Durch- 
messer bildet  ö^^fo.össy^.  _  0,0000235  nun  oder  =  Va-ao^ooo. 
Dieses  ist  also  die  Differenz,  welche  ein  Tiieilstrich  des  Ocular- 
mikrometers  angiebt. 

Wohl  wissend,  dass  bei  so  kurz  angestellten  Beobachtungs- 
reihen man  nicht  vorsichtig  genug  mit  der  Deutung  der  Resultate 
zu  Werke  gehen  kann,  sollte  diese  Berechnung  nur  ein  Versuch 
sein,  die  Schwankungen  ihrer  Grösse  nach  im  .'allgemeinen  zu 
bestimmen.  Um  sich  ein  richtiges  Bild  von  denselben  machen 
zu  können,  mtissten  an  verschiedenen  Orten,  in  verschiedenen 
Breiten  und  mit  den  genauesten  Apparaten  Jahre  lang  beobachtet 
werden,  da  sich  möglicher  Weise  diese  Verhältnisse  mit  steigen- 
der Breite  merklich  ändern  können.  —  Gehen  wir  nun  etwas 
genauer  auf  die  Schwankungen  selbst  ein,  so  möge  bemerkt  sein, 
dass  hier  nur  jene  berücksichtigt  wurden,  welche  vom  24.  October 
1889  an,  nachdem  der  Apparat  seine  feste  Aufstellung  und  Um- 
hüllung gefunden  hatte,  bis  zum  2i.  März  1890  angestellt  wor- 
den sind. 

Seit  dieser  Zeit  wurden  1218  einzelne  Beobachtungen  an- 
gestellt. Wegen  Unsicherheit  der  Bewegung  und  mancher  anderer 
Vorkomnmisse  konnten  leider  manche  Tage  nicht  mit  in  Rech- 
nung gezogen  werden.  Wie  schon  frülier  bemerkt,  handelt  es 
sich  hier  um  die  Schwankungen,  welchen  ein  an  einer  Feder 
aufgehängtes  Gewicht  im  Laufe  der  Zeit  unterworfen  ist.  Ohne 
weiter  darauf  einzugehen,  woher  diese  Schwankungen  nun  kom- 
men könnten,  entspricht  eine  aufwärts  gehende  Bewegung  natürlich 
einer  Abnahme,  eine  abwärts  gehende  aber  einer  Zunahme  in  der 
Intensität    der    Erdanziehung.      Zur    leichteren  Uebersicht  wurde 


31.3 


nachstehende  Tabelle  entworfen,  auf  der  vorn  das  Datum  der 
Tage  verzeichnet  ist;  in  den  vier  folgenden  Reihen  ist  verzeichnet, 
wann  jedesmal  der  höchste  und  der  tiefste  Stand  eintrat .  und 
zwar  enthält  die  erste  Reihe  die  Stunde  des  höchsten  Standes 
bei  Tag.  die  zweite  bei  Nacht;  die  dritte  die  des  tiefsten  Standes 
bei  Tag.  die  vierte  bei  Nacht;  in  den  drei  folgenden  sind  die 
Grössen  der  Schwankungen  je  eines  Tages  aufgezeichnet,  ausge- 
drückt in  den  Durchmessern  der  Interferenzringe,  bezogen  auf 
die  Theilstriche  des  Ocularmikrometers.  Diese  Zahlen  sind  also 
die  direct  abgelesenen  grösseren  oder  kleineren  Durchmesser  der 
dunklen  Ringe,  von  denen  25  immer  einer  Natriumlicht-Wellen- 
länge, 'also  0,000589  mm  entsprechen.  Ist  die  Zahl  grösser  als 
25.  so  zeigt  das  an,  dass  an  diesem  Tage  die  Bewegung  um 
ebenso  viel  grösser  als  eine  Natriumlicht-Wellenlänge  war.  als  sie 
selbst  25  übersteigt.  Die  erste  der  drei  letzten  Reihen  enthält 
Difl'erenzen.  welche  die  aufsteigende  Bewegung,  die  zweite  jene, 
welche  keinen  auf-  noch  absteigenden  Charakter  erkennen  lassen, 
und  die  dritte  solche,  die  absteigende  Bewegung  erkennen  lassen. 
In  der  letzten  ist  die  Phase  des  Mondes  eingetragen.  Der  Tag 
ist  wie  bei  der  Bahn  von  ^Morgens  6  bis  Abends  6,  die  Nacht 
von  Abends  6  bis  Morgens  6  gerechnet. 


Zeit 

des 

Differenz  u.  Charakter 

höchsten 

tiefsten 

der 

Bewegung, 

Tag. 

Standes 

Tag.     Nacht. 

1 

Stai 
Taff. 

ides 
Nacht. 

stei- 
nend. 

unent- 
schie- 
den. 

fal- 
lend. 

Mond 

7.  Nov.  1889 

5 





12 

5 



8.         „ 

4 

— 

— 

12 

— 

6 

— 

9.         „ 

5.3Ü 

— 

— 

11 

— 

8 

— 

10. 

— 

11 

10 

— 

7 

— 

— 

11.         „ 

— 

7 

— 

10 

— 

3 

— 

13. 

10 

— 

1 

— 

— 

— 

18 

14. 

11 

— 

— 

11 

— 

— 

11 

15.         „ 

10 

— 

1 

— 

— 

— 

1 

19. 

11 

— 

3 

— 

— 

— 

ö 

22.         „ 

s 

— 

— 

10 

— 

— 

IG 

23.         „ 

— 

4 

12 

— 

— 

— 

17 

25. 

4 

— 

1 

— 

— 

5 

— 

26.         „ 

— 

8 

9 

— 

3 

— 

— 

28.         „ 

— 

9 

9 

— 

7 

— 

— 

29. 

11 

— 

— 

12 

— 

— 

16 

1.  Dec.  1889 

10 

— 

— 

12 

—    ■ 

— 

9 

2. 

8 

— 

4 

— 

15 

— 

-^ 

4. 

— 

2.30 

10 

— 

8 

— 

— 

5. 

9 

— 

— 

9 

— 

— 

3 

6.         „ 

4 

— 

10 

— 

— 

1 

■ — 

314 


Tag. 


Zeit  des 


höchsten 
Standes 

Tag.    Nacht. 


tiefsten 
Standes 

Tag.    Nacht. 


Differenz  u.  Charakter 
der  Bewegung, 


stei- 
gend. 


unent- 
schie- 
den. 


fal- 
lend. 


7.  Dec.  1889 
8. 

9. 
10. 

11.  „ 
12. 

13.  „ 

14.  „ 

15.  „ 
16. 

17.         „ 

18. 

19. 

20. 

21. 

22. 

23.  „ 

24.  „ 
25. 

26. 
29. 
30. 
31. 

1.  Jan.  1890 

') 

-■  n 

3. 

4.         „ 

6. 

7. 

8.  „ 
9. 

10. 

11. 

12. 

15. 

16. 

17. 

18. 

20. 

21. 

22. 

28. 

25. 

26. 

27. 

29.         „ 

30. 

31. 


8 



— 

12 

7 

. 

— 

9 

— 

8 

— 

11.50 

— 

9 

— 

7 

— 

5 

9 

— 

— 

9 

— 

2 

— 

10 

9 

— . 

8 

— 

— 

11.45 

— 

10 

10 

— 

— 

10 

— 

9 

— 

12 

10 



— 

6.15 

— 

7 

— 

7 

1 

2 

J 

9 

(i 

— 

4 



— 

9 

— 

9 

1.30 

— 

— 

12 

2 

— 

— 

11 

11 

— 

— 

12 

— 

9 

— 

11,50 

2.30 

— 

—  , 

11,80 
12 

— 

12 

— 

10 

12 

— 

1   8 

— 

10 

12 
10 

9 
10.45 

9 

2 

1 

11 

3 


12 

11 
9 
9 


10 
1 


1 

11 

2 

5,30 

4 

5.30 

5.3(J 

1 
2.30 
10.80 
8 
3 
3 


11.30 
11 


10 
2.30 


10 

10 

8 

1.30 

11 


11.50 


4 

25 
12 
13 

7 
11 

4 


9 
11 
12 

17 
6 


0.30 

— 

— 

— 

9 

— 

1.30 

28 

— 

— 

27 

— 

11.30 

8 
15 

— 



. 

— 

15 

— 

— ~ 

11 

8 
8 





15 


12 


16 
6 
6 


15 


11 


31.5 


Zdt 

des 

Diifere 

iz  u.  Charakter 

höchsten 

tiefsten 

der 

Bewegung, 

Tag. 

Standes 
Tag.    Nacht. 

Standes 
Tag.     Nacht. 

stei- 
gend. 

unent- 
schie- 
den. 

fal- 
lend. 

Mond 

3.  Febr.  1890 



6 

2 





6 



4.         „ 

— 

7 

8 

— 

12 

— 

— 

9.         „ 

10.30 

— 

— 

12 

— 

— 

11 

11.         „ 

— 

6 

10 

— 

14 

— 

— 

12.         „ 

— 

10 

8 

— 

20 

— 

— 

13. 

10 

— 

2 

— 

— 

— 

.0 

17.         „ 

— 

7 

— 

11 

— 

— 

10 

18.         „ 

2 

— 

— 

7 

— 

— 

;_) 

21.         „ 

9 

— 

5.40 

— 

— 

— 

10 

22.         „ 

10 

— 

— 

11 

— 

— 

1.5 

24.         „ 

— 

12 

5 

— 

. — 

~ 

17 

26. 

10 

— . 

— 

7 

— 

13 

— 

12.  März  1890 

— 

11 

9 

— 

14 

— 

— 

13 

— 

11 

9 

— 

6 

— 

— 

14.         „ 

— 

11 

1 

— 

9 

— . 

— 

17.         „ 

— 

11 

9 

— 

b 

— 

— 

18.         „ 

9 

— 

3 



— . 

— 

5 

20.         „ 

9 

— • 

— 

9 

— 

10 

— 

Ueberblickt  man  diese  Tabelle,  so  zeigt  sich,  dass  meistens 
das  Steigen  und  Fallen  in  längeren,  während  mehrerer  Tage  an- 
haltenden Perioden  stattfindet.  Gewöhnlich  werden  diese  entgegen- 
gesetzten Bewegungen  durch  einen  Tag  vermittelt,  der  unentschie- 
den ist,  also  kein  Steigen  oder  Sinken  erkennen  lässt.  Oefters 
kam  es  vor,  dass  an  solchen  unentschiedenen  Tagen  der  Apparat 
wie  festgeschraubt  dastand,  sodass  kaum  der  Durchmesser  der 
Ringe  um  einen  einzigen  Theilstrich  schwankte,  während  Baro- 
meter und  Thermometer  ziemlich  lebhaften  Aenderungen  unter- 
worfen waren.  Bemerkt  soll  hier  nur  kurz  werden,  dass  die 
Temperaturschwankungen  eines  Tages  selten  mehr  als  'Yio "  be- 
trugen. Neben  diesen  fast  keine  Difterenz  aufweisenden  Tagen 
stehen  dann  solche,  an  denen  die  Aenderungen  20  und  mehr 
Theilstriche  umfasste.  Die  Dauer  der  einzelnen  Perioden  hat. 
soweit  die  bis  jetzt  gemachten  Beobachtungen  erkennen  lassen, 
nie  mehr  als  höchstens  5  Tage  gewährt,  daneben  schliessen  sich 
solche  von  4,  3,  2  und  einem  Tage  an.  Rasch  steigende  und 
fallende  Perioden  von  je  einem  Tage  konnten  ebenfalls  nur  selten 
beobachtet  werden. 

Betrachten  wir  nun  jene  Perioden  selbst  etwas  gerauer,  so 
sind  zu  diesem  Zweck  die  Curven  auf  Taf.  XVI  gezeichnet  worden, 
die  auch  zu  gleicher  Zeit   die  Unabhängigkeit  des  Apparates  von 


316 


der  Temperatur  beweisen  sollen.  F^s  bedeuten  die  horizon- 
talen Höhen  die  Schwankungen  des  Apparates,  ausgedrückt  wie- 
der, wie  in  der  Tabelle,  in  den  Durchmessern  der  Interferenz- 
ringe, gemessen  durch  den  Okularmikrometer,  die  horizontalen 
einzelnen  Längen  die  Stunden,  und  zwar  fällt  immer  12  Uhr  Mittags 
oder  Nachts  auf  einen  stärkeren  verticalen  Strich.  Da  die  Schwan- 
kungen in  den  Curven  jedoch  durch  dirccte  Eintragung  zu  gross 
ausgefallen  wären,  so  wurde  immer  nur  die  Hälfte  davon  genommen 
und  eingezeichnet.  Neben  dem  Stande  des  Thermometers  wurde 
bei  einigen  zugleich  der  des  Barometers  mit  eingetragen.  Es  zeigt 
sich  also,  dass  hier  die  grösseren  Pei'ioden  sich  aus  kleineren 
zusammensetzen,  die  selbst  wieder  eine  auf-  oder  abwärts  gehende 
Bewegung  erkennen  lassen.  Bei  diesen  jedoch  folgen,  verschieden 
von  den  zuerst  genannten  grösseren  Perioden,  sehr  häufig  plötz- 
lich und  unvermittelt  entgegengesetzte  Bewegungen.  Ob  nun  diese 
raschen  kleineren  Aenderungen  durch  die  Construction  des  Appa- 
rates bedingt  sind,  indem  das  Gewicht  vermittelst  seines  Behar- 
rungsvermögens längere  Zeit  seine  angenommene  Bewegung  bei- 
beihält.  und  dann  auf  einmal  wieder,  indem  es  dadurch  über 
seinen  richtigen  Stand  sich  hinaus  begeben  hatte,  in  die  entgegen- 
gesetzte Richtung  verfällt,  oder  in  etw^as  anderem  seinen  Grund  hat, 
kann  natürlich  bis  jetzt  noch  nicht  angegeben  Averden,  doch  scheint 
ersteres  das  wahrscheinlichere  zu  sein.  Aus  diesem  letzt  angeführten 
Grunde,  der  in  dem  Beharrungsvermögen  des  Gewichtes  liegt,  ist 
es  sehr  wahrscheinlich,  dass  jene  oben  angeführte  Zahl  von  7^2000 
zu  hoch  gefunden  Avurde.  doch  konnte  leider  nicht  berechnet 
werden,  wie  viel  etwa  davon  durch  Construction  des  Apparates 
in  Abrechnung  zu  ziehen  ist.  Einmal  wurde,  um  diese  Bewe- 
gungen genauer  kennen  zu  lernen,  während  86  Stunden  ununter- 
brochen stündlich  beobachtet,  doch  ergab  auch  diese  Beobach- 
tungsreihe keine  genauere  Uebersicht. 

Um  einer  etwa  gefassten  Meinung  von  der  allzugrossen  Starr- 
heit der  Erdrinde  etwas  entgegenzutreten,  möchte  ich  hier  noch 
eine  bei  diesen  Untersuchungen  gemachte  andere  Beobachtung 
erwähnen,  die  auf  den  Gang  des  Apparates  während  kurzer  Zeit 
sehr  störend  einwirkte.  Es  herrschte  nämlich  hier  zwischen  dem 
22.  und  25.  Januar  dieses  Jahres  ein  sich  bis  zu  ziemlicher 
Stärke  steigender  Sturm,  der  8  — 12  Stunden  nach  seinem  Beginn 
den  ganzen  Berg,  oder  doch  wenigstens  den  Ort.  an  dem  der 
Apparat  seine  Aufstellung  gefunden  hatte,  der  doch  1,5  m  unter 
dem  Boden  liegt,  so  heftig  erzittern  machte,  dass  ein  Beobachten 
unmöglich  war.  Dieses  Zittern  dauerte  mehrmals  mehrere  Stun- 
den und  hörte  ebenfalls  circa  8  Stunden,  nachdem  sich  der  Sturm 
fast  vollständig  gelegt  hatte,   erst  AAieder  auf. 


317 


Nachdem  nun  die  hier  erwähnten  Aenderungen  erkannt  wa- 
ren, lag  ein  anderer  Gedanke  sehr  nahe,  nämlich  zu  sehen,  ob 
diese  Bewegung  sich  nicht  in  einer  Schwankung  der  Erdrinde 
äussern  würde.  Es  wurde  zu  diesem  Zweck  ein  Apparat  con- 
struirt  und  ausgearbeitet,  der  eine  etwaige,  über  die  Oberfläche 
der  Erde  hinziehende  Welle,  wie  sie  ja  von  Thomsen  berechnet 
wurde  und  Herr  R.  Falb  sie  wenigstens  im  Innern  der  Erde  zur 
Erklärung  der  Erdbeben  annimmt,  anzeigen  sollte.  Ohne  auf  den 
sehr  einfachen  Apparat  und  die  durchaus  nicht  negativen  Resul- 
tate desselben  weiter  einzugehen,  da  diese  Beobachtungsreihen 
noch  zu  kurz  sind,  möchte  ich  nur  erwähnen,  dass  eine  solche 
Bewegung  oftenbar  vorhanden  zu  sein  scheint.  Anführen  will  ich 
nur  noch,  dass  jener  von  Herrn  Falb  als  kritisch  bezeichnete 
Tag.  der  15.  März,  sich  auch  hier  in  der  sonst  so  ruhigen 
Gegend  in  einem  schwachen  sonst  unbemerkten  Erdstoss  bemerk- 
bar machte,  der  von  dem  Apparat  angezeigt  wurde,  und  eine 
west-östliche  Richtung  darnach  haben  musste.  Es  könnte  also 
auch  dieser  Apparat  als  Seismograph  für  schwache  Stösse  ver- 
wandt werden.  Vielleicht  ist  mir  später  Gelegenheit  geboten. 
Genaueres  noch  mitzutheilen,  doch  ist  für  diese  Untersuchungen 
die  Lage  meines  Hauses  weniger  gut  geeignet. 

Ueberblicken  wir  zum  Schluss  noch  einmal  kurz  die  Ergeb- 
nisse dieser  Arbeit ,  so  findet  man .  dass  die  Intensität  der  Erd- 
anziehung gewissen  Aenderungen  unterworfen  ist.  Und  zwar 
überschreiten  diese  Schwankungen  jene  von  Thomsen  theoretisch 
berechneten,  von  Sonne  und  Mond  hervorgerufenen,  um  ein  ganz 
Beträchtliches.  Es  dürfte  in  Folge  dessen  hierdurch  auch  jener 
Streit  über  die  Beschaftenheit  der  Erde  im  Innern  entschieden 
sein,  und  dieselbe  sich  als  eine  gluhtflüssige  Kugel  mit  Erstar- 
rungskruste erwiesen  haben,  zumal  da  die  Erdobei"fläche  sehr 
wahrscheinlich  ziemlich  beträchtlichen  Schaukelbewegungen  unter- 
worfen ist. 

Ob  nun  jener  oben  erwähnte  erste  Grundgedanke  dieser  Ar- 
beit, die  wahre  Gestalt  der  Erde  mittelst  eines  Instrumentes  zu 
finden,  sich  verwirklichen  lässt,  muss  der  Zukunft  überlassen 
bleiben. 


318 


7.    Das  Eocäii  in  Syrien,  mit  besonderer 
Berücksichtigung  Nord- Syriens. 

Ein  Beitrag  zur  Geologie  Syriens. 

Von  Herrn  Max  Blanckenhorn    in  Cassel. 

ffierzu  Tafel  XVll— XIX. 

I.    Geologischer  Theil. 

unter  den  geologischen  Systemen,  welche  an  dem  Aufbau 
Syriens  betheiligt  sind,  kommt  nach  der  Kreide^)  das  Eocän  in 
erster  Linie  in  Betracht.  Mit  der  Wichtigkeit,  welche  demselben 
bei  dem  grossen  von  ihm  eingenommenen  Areal  zukommt,  steht 
die  Kenntniss,  die  man  bislier  von  demselben  hatte,  wenig  im 
Verhältniss. 

A.    Das  Eocän  in  Süd-  und  Mittel- Syrien. 

Aus  Palästina  wissen  wir  durch  Fraas.  Lartet  und  Hüll 
von  einer  ununterbrochenen  Folge  von  Sedimenten  des  Kreide- 
und  Eocänsystems.  Die  letzteren  sind  petrographisch  nicht  we- 
sentlich verschieden  von  den  unterlagernden  Senonschichten  und 
nur  durch  ihre  charakteristischen  Leitfossilien  (Nummuliten)  zu 
unterscheiden.  Eine  Vergesellschaftung  von  cretaceischen  Thier- 
formen  (Rudisten,  Nerineen.  Gr)j2)](aea  oesicnlaris)  mit  echten 
Nummuliten,  wie  sie  von  Fraas  aus  den  Grenzschichten  zwischen 
beiden  Systemen  in  Süd-  und  Mittel-Syrien  mitgetheilt  wurde,  ist 
bis  jetzt,  wenigstens  für  Syrien,  von  keinem  anderen  Beobachter 
bestätigt  worden.  Lartet  wie  Diener  halten  eine  Grenzbestim- 
mung überall  sehr  wohl  für  durchführbar. 

Die  oberste  cretaceische  Stufe,  das  Senon,  besteht  im  süd- 
lichen  und   mittleren  Syrien   aus   weisen  Kreidemergeln    und    der 


*)  Vergl.  hierüber:  M.  Blanckenhorn  ,  Beiträge  zur  Geologie 
Syriens:  Die  Entwicklung  des  Kreidesystems  in  Mittel-  und  Nord- 
Syrien.  Eine  geognostisch  -  paläontologische  Monographie,  mit  3  Ta- 
bellen und  11  Tafeln  mit  Abbildungen.  Cassel,  1890.  4^  In  Com- 
missiou  bei  R.  Friedländer  u.  Sohn.    Berlin. 


319 

darüber  folgenden  Feuersteiiikreide  mit  Gryphaea  vesicularis.  In 
den  obersten  Feuersteinlagen  stellt  sich  nun  schon  eine  eocäne 
Foraminiferen-Fauna  ein.  speciell  Numniulites  variolaria.  Echte 
Nuramuliten  -  Kalke  sind  noch  wenig  in  Palästina  beobachtet  wor- 
den. Lartet  giebt  vom  Berge  Garizim  und  Ebal  bei  Sichem 
Kalkstein  und  kreideartige.  Feuerstein  führende  Mergel  mit  Num- 
mulites  mriolariu,  N.  Biaritzensis  und  N.  Gueltardi  an;  Bel- 
LARDi  erhielt  Nunmiuliten  vom  Karmel-Gebirge. 

Erst  im  nördlichen  Galiläa  gewinnt  der  Xummuliten  -  Kalk 
grössere  Verbreitung  und  zieht  sich,  wie  es  scheint,  in  zusam- 
menhängender Verbreitung  über  den  Nähr  el-Käsimije,  den  Grenz- 
fluss  Süd-Syriens  gegen  Mittel- Syrien,  bis  zum  Nähr  el-Zaheräni 
und  längs  der  Küste  bis  über  Saida  hinaus.  Sonstige  Vorkomm- 
nisse von  echtem  Nummuliten-Kalk  in  Mittel -Syrien,  die  Denuda- 
tionsreste einer  vielleicht  ursprünglich  zusammenhängenden  Decke, 
welche  vermuthlich  das  Kreidegebirge  des  Libanon  grossentheils 
überzog,  sind  nur  vereinzelt  und  zerstreut  vorhanden,  so  am 
Dahar  el-Litani  bei  Medjdel  Belhis  und  im  Osten  der  ßekä'a 
am  westlichen  Rande  des  Antilibanon  bei  Ba'albek.  „Die  Mäch- 
tigkeit dieser  eocänen  Schichtgruppe  ist  vergleichsweise  gering." 
Diener^)  veranschlagt  sie  im  Maxinmm  auf  50  m.  „Den  grossen 
Schwierigkeiten,  welche  Lartet  und  Fraas  in  Palästina  bei  dem 
Versuche  einer  Trennung  der  obersten  Kreidebänke  von  den  Num- 
muliten  führenden  Schichten  der  nächst  höheren  Etage  fanden", 
ist  Diener  im  Libanon  nirgends  begegnet.  Hier  ist  eine  Scheidung 
der  weissen,  feuersteinreichen  Senonmergel  von  den  überlagern- 
den, gleichfalls  sehr  feuersteinreichen  Kalken  beinahe  allenthalben 
durchführbar.  Die  schon  durch  ihre  lithologischc  Beschaffenheit 
von  den  Senonmergeln  unterschiedenen  Nummuliten  -  Kalke  ent- 
halten einen  überraschenden  Reichthum  an  Foraminiferen,  die  mit 
Ausschluss  aller  anderen  Thicrklassen  in  denselben  vorzuherrschen 
scheinen.  Die  von  Diener  „gesammelten  Nummuliten  sprechen 
für  ein  eocänes  Alter  jener  Ablagerungen." 

„Während  im  Libanon,  der  Scholle  des  Dahar  el  -  Litäni, 
und  bei  Ba'albek  die  Senomuergel  von  Nummuliten -Kalken  über- 
lagert werden,  bildet  im  Antilibanon  und  den  Gebirgen  der 
Palmyrenc  ein  anderer  wohl  bis  zu  600  m  mächtiger  Schicht- 
complex  das  Hangende  der  Oberen  Kreide."  Das  Eocän  erscheint 
sonach,  sofern  die  Diener' sehe  Deutung  dieses  Kalksteins  als 
eocän  gerechtfertigt  ist,  in  Mittel- Syrien  in  einer  zweifachen  Aus- 
bildung, und  zwar  in  der  Facies  der  Nummuliten-Kalke  im  Westen 


^)  Libanon.     Grundlinien   der  pliysik.  Geogr.  u.  Geol.  von  Mittel- 
Syrien.     Wien  1886,  p.  46. 


320 


und  in  jener  des  von  Diener  sogenannten  Wüstenkalksteins  im 
Osten.  Letzterer  „tritt  im  Antilibanon  sowohl  in  geschichteter 
Facies,  als  auch  in  der  Ausbildung  schichtungsloser  Korallen- 
Kalke  auf.  welche  von  den  geschichteten  Sedimenten  überlagert 
werden.  Die  corallogene  Facies  des  Eocän  ist  namentlich  auf 
der  Ostseite  des  Antilibanon  in  bedeutender  Mächtigkeit  ent- 
wickelt und  setzt  hier  den  ausgedehnten  Steilabfall  der  Terrassen 
von    Asal  el-Ward  und  Saidnäja  zusanunen'^  ^). 

„In  der  östlichen  Stufe  des  Antilibanon,  in  dem  Zuge  des 
Djebel  Kasiun  und  in  dem  nördlichen  Theile  der  Beka  a"  be- 
stehen nach  Diener  „die  höchsten  Abtheilungen  des  Wüstenkalk- 
steins fast  ausschliesslich  aus  dickbankigen,  undeutlich  struirten 
Breccien  und  Conglomeraten .  deren  Mächtigkeit  an  einzelnen 
Punkten  bis  auf  50  m  und  selbst  darüber  steigen  mag. " 

Diese  Conglomerate  bilden  den  Untergrund  der  nördlichen 
Bekä'a,  in  deren  tief  eingeschnittenen  AVadis  östlich  Hörmül  sie 
unter  jüngeren  Bildungen  steil  aufgerichtet  und  mit  30  —  40  "^ 
nach  W  einfallend  zu  Tage  treten.  Die  Trennung  dieser  Eocän  (?)- 
Bildungen  von  den  diluvialen  Schottermassen,  welche  sowohl  in 
der  Thalebene  der  Beka  a  als  an  den  Rändern  der  beiderseitigen 
Gebirge  aufgeschüttet  sind,  ist  nicht  immer  leicht.  Zwischen  Zahle 
und  Mu'allaka  am  iVusgang  des  Bardünithals  beobachtete  ich  in  dem 
Chausseeeinschnitt  Conglomerate  und  Geröllschichten  von  zusam- 
men mehr  als  100  m  Mächtigkeit,  welche  steil  aufgerichtet  unter 
45''  nach  W  zur  Bekä'a  fallen.  Die  Stadt  Zahle  selbst  oberhalb 
dieser  Zone  soll  nach  Fraas^)  z.  Th.  auf  neogenen  Süsswasser- 
mergeln  ruhen,  welche  ihrerseits  sich  (im  W?)  „an  die  fast  auf 
den  Kopf  gestellten  Nunimulitenbänke  anlehnen''.  Es  erscheint 
mir  vorläufig  zweifelhaft,  ob  diese  Conglomerate  nur  verfestigte 
diluviale  Schotteranhäufungen  des  Bardüni,  vielleicht  aus  einer 
Zeit  der  Vergletscherung  des  hohen  Sannin  sind,  wie  es  Fraas 
nach  seiner  mir  vorliegenden  geologischen  Kartenskizze  aufgefasst 
zu  haben  scheint,  und  nicht  vielmehr  der  obersten  Abtheilung  des 
Eocäns  entsprechen,  wie  die  Conglomerate  des  Antilibanon.  Auf 
meiner  schnellen  Rückreise  durch  diese  Gegend  konnte  ich  (in 
Folge  Unwohlseins)  diesen  Fragen  nur  geringe  Aufmerksamkeit 
widmen.  Es  wäre  wünschenswerth,  wenn  von  späteren  Reisenden 
genauere  Beobachtungen  über  die  gegenseitigen  Beziehungen  der 
eocänen?,  geschichteten,  versteinerungsleeren  Conglomerate,  der 
neogenen  Süsswassermergel  und  -Kalke  und  der  diluvialen  Schotter- 


')  Näheres  hierüber  vergl.  Diener:  Libanon,  p.  48. 
*)  Geologisches    aus    dem  Libanon.     Württemb.  naturw.  Jahresh., 
1878,  p.  362. 


321 

massen  etc.  in  der  Bekä'a  und  deren  Umgebung  angestellt  wür- 
den, sowie  eine  kartographische  Fixirung  dieser  Gebilde  vorge- 
nommen würde. 

Dieselben  versteinerungslosen  Kalke  und  Conglomerate  („Wü- 
stenkalkstein" Dienek's)  wie  im  Norden  der  Bekä'a  traf  ich  auf 
meinem  Uebergang  über  den  nordwestlichen  Ausläufer  des  Libanon, 
den  Djebel  Akkum.  Sie  herrschen  von  el-Kasr  in  der  Bekä'a 
(570  m)  bis  zur  liuine  der  Djisr  el-Kamar  („Mondbrücke'')  (267  m) 
über  den  Nähr  el-Chalid  an  dem  alten  Karawanenweg  von  Tri- 
polis nach  Homs,  soweit  sie  nicht  von  Basaltergüssen  bedeckt 
sind.  So  ist  auf  den  höchsten  Punkten  (603  m)  des  Plateaus 
bei  el-Hit,  welches  die  niedrige  Wasserscheide  zwischen  dem 
70  m  tieferen  Orontes  im  Osten  bei  Ribla  und  dem  Nähr  el-Kebir 
resp.  Wadi  Chalid  bildet,  horizontal  geschichtetes  Kalkconglomerat 
anstehend.  Die  beiden  Thalseiten  am  unteren  Wadi  Chalid  wer- 
den von  Kalk  gebildet,  der  im  Osten  wie  im  Westen  muldenartig 
gegen  das  Thal  einzufallen  scheint.  Diese  durch  persönliche 
Beobachtung  auf  der  Durchreise  gewonnene  Auffassung  bezeich- 
neter Localität  steht  in  vollständigem  Gegensatz  zu  Ingenieur 
Cernik's  Durchschnitt  No.  1  in  Ergänzungsh.  zu  Petermann's 
Mitth.,  No.  44,  t.  2  und  der  vermuthlich  hierauf  sich  stützenden 
Darstellung  auf  der  geologischen  Karte  Diener" s.  Erst  ganz  am 
Ausgang  des  Thaies,  direct  am  Djisr  el-Kamar,  erscheint  blos 
auf  der  rechten  Seite  des  Thaies  eine  Decke  von  Basalt  über 
dem  Kalke. 

Wenn  sich  die  Zugehörigkeit  der  erwähnten  Kalkconglome- 
rate  bei  Zahle,  in  der  Bekä'a  und  auf  der  Wasserscheide  bei 
el-Hit  zur  eocänen  Epoche  wirklich  erweisen  sollte,  so  würde 
deren  Verbreitung  rings  um  die  nördlichen  höheren  Theile  des 
Libanon  für  die  Existenz  einer  gebirgigen  Insel  oder  wenigstens 
einer  Festlandsküste  an  dieser  Stelle  schon  zur  Eocänzeit  spre- 
chen, worauf  schon  Diener  hingedeutet  hat. 

B.    Das  Eocän  in  Nord -Syrien. 

Am  Nähr  el-Kebir  betreten  wir  die  Schwelle  Nord-Syriens^). 
In  diesem  Gebiete  nimmt  das  Eocän  im  Gegensatze  zu  Mittel- 
Syrien  auch  an  der  Zusammensetzung  des  Küstengebirges,  der 
nördlichen  Fortsetzung  des  Libanon,  nämlich  des  Djebel  el- 
'Ansärije  oder   Nusairier-Gebirges.  einen   wesentlichen  An- 


*)  Zur  Verfolgung  der  im  Folgenden  genannten  Localitiiten  ver- 
weise ich  auf  meine  demnäclist  erscheinende  geognostische  Karte  von 
Nord-Syrien  im  Maassstab  1  :  oOüÜOO  in:  „Grundzüge  der  Geologie  und 
physikalischen  Geographie  von  Nord-Syrien."  1890.  Vorlag  v.  R.  F'rieu- 
LÄNDER  u.  Sohn.    Berlin. 


322 


theil,  wenn  derselbe  aucli  nicht  ganz  so  gross  ist  als  ihn  Diener's 
geologische  Kartenskizze  vermuthen  lässt.  Die  von  mir  besuchte 
Feste  Kal'at  el  -  Hösn  steht  z.  B.  im  Gegensatz  zu  dieser  Karte 
noch  auf  basaltischem  Boden.  Nur  im  W  und  NW  derselben 
erkennt  man  von  den  Zinnen  der  Burg  helles,  kalkartiges  Gestein 
auf  der  gegenüber  liegenden  Thalseite  des  Nebu  el  -  Fuwar  oder 
Sabbathflusses.  Es  sind  Gesteine  obercretaceischen  Alters,  na- 
mentlich weisse  krystallinische  Dolomite  mit  Rudisten,  Nerinea 
(jenmufera,  Ceritliinm  cf.  sexangitlum  etc. ,  wie  sie  z.  B.  an  der 
Grotte  der  berühmten  intermittirenden  Quelle  des  Sabbathflusses 
anstehen  und  auch  in  Kal'at  el-Hösn  vielfach  als  Bausteine  neben 
dem  Basalt  Verwendung  gefunden  haben.  Nördlich  von  diesem 
Kalk-Dolomit-Gebiet  traf  Thomson  nach  Ueberschreitung  des  Nähr 
el-' Abrasch  hinter  Tulaije  auf  ein  Gebiet,  bedeckt  von  harten 
y, gelben  Kieselsteinen"^).  Es  ist  wohl  nicht  zu  viel  gewagt, 
wenn  ich  diese  Gebilde  für  identisch  halte  mit  den  Hornsteinen 
des  unteren  Eocäns.  welche  wir  später  im  Osten  Nord-Syriens  bei 
Kal'at  Sedjar,  Hama  und  am  Djebel  el-A'lä  wieder  treffen  Averden. 
Muschelig  brechende  Kieselsteine  von  gelblicher,  röthlicher,  bis 
brauner  Farbe  dürften  überhaupt  im  Innern  des  südlichen  Nu- 
sairier-Gebirges  eine  ziemliche  Rolle  spielen;  denn  überall  an  den 
Flussmündungen  und  auf  den  erhobenen  Küstenterrassen  triift  man 
auf  einem  Marsche  längs  des  Meeres,  besonders  zwischen  Tartüs 
und  Bäniäs  in  der  Umgegend  der  Marakija  -  Mündung  zahllose 
kleine,  bald  eckige,  bald  abgerundete  Bruchstücke  von  „den 
schönsten  Jaspis-,  Achat-  und  Chalcedonkieseln"-).  Die  Berge 
direct  an  der  Küste  scheinen  nach  meinen  Beobachtungen  vor- 
wiegend aus  Rudisten  führenden  Kieselkalken,  Dolomiten  und  Sand- 
steinen des  Turon,  weissen  Mergeln  des  Senon  und  Basalt  zu 
bestehen.  Die  turonen  Kalke  führen  wohl  auch  zerstreute  Con- 
cretionen  oder  dünne  Lagen  von  dunklem,  schwarzem  Feuerstein; 
niemals  erscheinen  die  letzteren  aber  von  jener  röthlich  gelben, 
chalcedon-  und  jaspisartigen  Farbe  wie  die  an  der  Küste  zer- 
streuten Fragmente,  welche  allem  Anschein  nach  einem  jüngeren, 
mehr  im  Innern  des  Gebirges  vorherrschenden  System  angehören. 

Gerolle  von  echtem  Nummuliten-Kalk  sali  ich  auf  meiner 
Küstenwanderung  zuerst  im  Alluvium  des  nördlichen  Nähr  el- 
Kebir  bei  Lädikije.  Sie  stammen  aus  dem  Innern  des  nördliclieii 
Nusairier  -  Gebirges ,  das  ich  auf  der  Route  von  Lädikije  nach 
Djisr  esch-Schughr  durchquerte. 

In  einer  Mächtigkeit  bis  vielleicht  100  m  erheben  sich  dort 


1)  Ritter.     Die  Erdkunde,  XVI.  Theil;  Syrien,  I,  1854,  p.  825. 
')  Vergl.  C.  Ritter,  1.  c,  p.  887. 


323 


echte  Nummuliten  -  Kalke  direct  auf  den  weiclieren  Senonmergeln 
in  steilen  Klippen,  namentlich  die  Gipfel  in  der  Region  der 
Wasserscheide  zusammensetzend.  Die  Lagerung  weicht  in  der 
Regel  nicht  viel  von  der  Horizontalen  ab.  Die  Schichtensysteme 
scheinen  concordant  zu  folgen,  doch  ist  die  Grenze  zwischen 
beiden  durch  das  herunter  gestürzte  Gesteinsmaterial  oft  verdeckt. 
In  einem  Falle  aber  konnte  an  einem  sehr  guten  Aufschluss  auf 
der  Ostseite  des  Gebirges  eine  ganz  unzweifelhafte,  wenn  auch 
geringe  Discordanz  der  Lagerung  wahrgenommen  werden  zwischen 
senkrecht  zerklüftetem  Kalk  mit  vielen  Nummuliten  oben  und 
weichen,  dünn  geschichteten  Senonmergeln  unten.  Oftenbar  fand 
dort  mit  dem  Ende  der  Kreideperiode  eine  kurze  Unterbrechung 
in  der  Sedimentation  und  später  eine  Transgression  statt,  worauf 
auch  der  sonst  beobachtete  plötzliche  Uebergang  in  petrographi- 
scher  Hinsicht  hinweist. 

Die  Nummuliten-Kalke  des  Djebel  el-'Ansärije  sind  schon  in 
ihren  tiefsten  Lagen  durch  eine  reiche  Fauna  ausgezeichnet.  Auf 
den  Djebels  Ruweise.  Dabo  und  Hassan  Erai  (604  m)  bei  Kastal 
Bigdasch  (411  m)  an  der  Wasserscheide  zwischen  dem  Nähr  el- 
Kebir  von  Lädikije  resp.  seinem  Zufluss  Nähr  Sakh  el-Adjüs  und 
dem  Nähr  el-Abjad,  der  zum  Orontes  strömt,  fand  ich  Alveolina 
fnmientiformis,  Operculina  sp. .  Nnmmulifes  rarioJaria,  N.  Lu- 
cnsana  var.  ohsoleta,  sowie  eine  grössere  Form  ebenfalls  mit 
grosser  Centralkanmicr  (N.  curviyn'ra  Men.?  oder  N.  TcJiihachefft 
d'Arch.?),  andere  Nummuliten.  Korallen  in  grosser  Zahl,  Lamel- 
libranchiaten  und  Gastropoden  ^). 

Gross  ist  der  Reichthum  an  Nunmiuliten  an  den  eigenartigen 
Felsenruinen  von  Ruweise  el  -  Hersch  bei  Dämat,  Grabkammern, 
Wohnräumen ,  einer  Oelpresse  etc. ,  die  auf  einem  Hügel  voll- 
ständig aus  dem  natürlichen  Kalkfelsen  herausgearbeitet  sind. 
Letzterer  enthielt  vereinzelt  kieselige  Concretionen. 

Aus  dem  nördlichen  Nusairier-Gebirge  liegen  mir  - —  speciell 
aus  dem  Stromgebiete  des  Nähr  el-Abjad,  der  ^/4  Stunden  nörd- 
lich Djisr  esch-Schughr  sich  in  den  Orontes  ergiesst  —  folgende 
Eocänfossilien  vor,  die  ich  vor  der  Mündung  des  genannten  Flusses 
in  dessen  Bett  als  Flussgerölle   aufsammelte: 

L'ithothmmvmm  sp . , 

Alveolina  frumenfifonnis  Schwag..  häufig, 

Orhitolites  cmiplanatus  Lam., 

Nnmmidües  sp., 


')  Diese  schöne  Suite  von  Versteinerungen  ist  mir  leider  dm-ch 
den  Verlust  der  betreffenden  Kiste  zum  grossen  Theil  abhanden  ge- 
konnuen. 


324 

Pontes  interminata  n.  sp., 
Troch  osmilia  ?  sp . , 
Anthozomn  div.   sp., 
Pecten  sp., 
Natica  sp., 
CeritMum  sp., 
Mitra  sp., 

Das  einschliessende  Gestein  ist  weisser  Kalk. 

An  dem  Fusse  des  Steilabfalls  des  Djebel  el-'Ansärije  zum 
breiten  Orontesthal  bei  Djisr  escb  -  Schughr  liegt  eine  Scholle 
von  weissem,  z.  Tb.  breccienartigem  Marmorkalk  mit  vereinzelten 
Feuersteinen  zwischen  Verwerfungen  neben  pliocänen  Süsswasser- 
schichten  eingeklemmt.  Dieser  Kalk  war  z.  Th.  reich  an  grös- 
seren Lithothamnien ,  dagegen  arm  an  Nummuliten  und  Gastro- 
poden. 

Der  Oront  es  Strom  selbst  hat  in  dem  Städtchen  Djisr  esch- 
Schughr  und  unterhalb  desselben  die  Nummuliten  -  Kalke  in  dem 
Grunde  der  Grabensenke  unter  den  bedeckenden  Paludinen-Schich- 
ten  blosgelegt.  Sie  führen  hier  kleine,  dünnästige  Lithothamnien, 
Poriies  cf.  incrusfans  und  Pecten  -  Reste.  Unterhalb  Djisr  folgt 
eine  landschaftlich  höchst  charakteristische  Partie  des  Orontes- 
thales  ,  indem  dieser  Pluss  eine  bis  200  m  tiefe,  enge  Schlucht 
in  den  massigen  Nummuliten-  (Nulliporen-)   Kalk  eingegraben  hat. 

Während  der  Gebirgsabfall  im  Westen  der  breiten  Thalebene 
des  mittleren  Orontes,  der  östliche  Steilrand  des  Djebel  el-'An- 
särije  von  den  Quellen  des  Sarüdj  in  dem  Breitengrade  von 
Restan  bis  zum  Nähr  el-Abjad  w'esentlich  aus  harten  Kalken  der 
Oberen  Kreide  (des  Turon)  sich  aufbauen  dürfte,  das  Eocän  aber 
wahrscheinlich  erst  westlich  Djisr  sich  am  Gebirgsfuss  einstellt, 
setzt  sich  auf  der  rechten  Seite  der  Orontes -Thalebene  von  Kal'- 
at  el-Mdik  an,  das  ganze,  etwas  niedrige  Gebirge  bis  vielleicht 
in  die  Gegend  von  Derküsch  aus  Numnuiliteu- Kalken  zusammen. 
Es  herrscht  ganz  das  nämliche  Vcrhältniss  wie  zwischen  Libanon 
und  nördlichem  Antilibanon  am  Oberlauf  des  Orontes.  Der  Ent- 
blössung  des  Numnmliten -Kalks  durch  Erosion  in  der  Thalsenke 
selbst  unterhalb  Djisr  esch-Schughr  entspricht  die  Bloslegung  des 
Eocängebirges  (Conglomerates)  in  der  nördlichen  Bekä'a  bei  Ka- 
moat  el-Hörmül.  Und  schliesslich,  wie  in  Mittel-Syrien  das  Eocän 
nach  Diener  die  Bergzüge  des  Hinterlandes,  die  palmyrenischen 
Ketten  im  Wesentlichen  zusammensetzt,  ähnlich  ist  es,  wie  wir 
sehen  werden,  in  Nord-Syrien  der  Fall.  Verfolgen  wir  die  Vor- 
kommnisse des  östlichen  Nord-Syrien  von   S  nach  N. 

Ueber    dem    niedrigen    Wüstenplateau    zwischen    Homs    und 


325 


Selcmije  mit  soiiicm  üntorgrund  von  Hellten  senonen  Mergeln, 
der  freilicl)  nur  in  tiefei-en  Wadis.  so  am  Bach  von  Selemije, 
zum  Vorschein  kommt,  erhebt  sich  im  NO  eine  Reihe  von  Tafel- 
bergen, der  sogenannte  Djebel  el-A'lä  bei  Selemije.  Sämmt- 
liche  gleich  hohe  Hügel  desselben  bestehen  aus  horizontal  gela- 
gerten Kieselkalken,  die  übergehen  in  gelben,  grauen  und  braunen 
Hornstein  von  muscheligem  Bruch.  Diese  Sedimente  sind  bedeckt 
und  geschützt  von  einer  ursprünglich  zusammenhängenden  Basalt- 
decke, welche  jetzt  durch  Denudation  zerstückelt,  die  Gipfel  der 
isolirten  Tafel-  oder  Kegelberge  (^  Spitzkopjes  Süd-Afrikas)  bildet. 
Diese  Hornstein -Schichten  und  Kieselkalke  bilden  fast  im  ganzen 
südlichen  Nord -Syrien  die  Basis  des  Eocäns  direct  über  den  se- 
nonen Kreidemergeln. 

Wir  finden  sie  zunächst  wieder  im  Westen  von  Hama, 
indem  sie,  diesmal  ohne  eine  schützende  Basaltdecke,  das  Pla- 
teau zwischen  dieser  Stadt  und  Kal'at  Sedjar  zusammen- 
setzen. Dasselbe  enthält  im  Allgemeinen  dunkel  grüne,  im  fri- 
schen Bruch  oft  rostgelblich  oder  röthlich  gefärbte  Gesteine, 
welche  bei  genauerer  Prüfung  sich  bald  als  grauer,  mittelkörniger 
Sandstein,  bald  als  rosa  gefärbter,  sehr  feinkörniger  Kalkstein 
oder  Kieselkalk  erweisen.  In  dem  sandigen  Kalkstein  kommen 
auch  ganze  Lagen  von  dunklem  Feuerstein  vor.  Unbrauchbare 
Bivalven-Abdrücke  waren  die  einzigen  mit  Mühe  gefundenen  P^os- 
silien-PtCste.  Die  Schichtung  ist  wie  am  Djebel  el-A'lä  fast  ho- 
rizontal mit  geringer,  kaum  merklicher  Neigung  nach  NW.  Durch 
dieses  Plateau  hat  sich  der  Orontes  in  nordwestlicher  Richtung 
eine  enge,  wohl  bis  50  m  tiefe  Schlucht  gegraben,  um  bei  Kai 
'at  Sedjar  in  eine  zweite  grabenartige  Senke,  das  sogenannte 
el-Ghäb,   analog  der  Bekä'a,   zu  gelangen. 

Der  im  Anfang  niedrige  östliche  Bergsaum  dieser  Thal- 
ebene  wird  zuerst  noch  von  pliocänen  Süsswasserbildungen  ein- 
genommen, ebenso  wie  der  Boden  der  Senke  selbst.  Erst  bei 
Kal'at  el-Mdik  tritt  das  Eocängebirge  an  der  Basis  des  Plateau- 
abfalls wieder  hervor  in  Gestalt  von  harten  kieseligen  Kalken 
ohne  Fossilien.  Im  Norden  der  Feste  KaVat  el-Mdik.  die  selbst 
auf  einem  Hügel  von  Süsswasserschichten  ruht,  erheben  sich  die 
Randberge  des  Grabens  bald  zu  bedeutenderen  Höhen  und  setzen 
sich  nunmehr  vollständig  aus  Eocänkalken  zusammen,  ohne  eine 
Decke  von  Süsswasserschichten,  die  jetzt  auf  die  Thalsenke  sich 
beschränken.  In  diesem  Eocänkalke  findet  man  hin  und  wieder 
Feuersteinknollen.  Je  weiter  nach  Norden  um  so  eher  trifft  man 
vereinzelt  z.  B.  bei  el-Amkije,  Nummuliten  und  kleine  Gastro- 
poden an.  Der  ziemlich  genau  nord-südlich  streichende  Gebirgs- 
rand  erfährt  eine  Unterbrechung  südöstlich  Djisr  esch-Schughr  in 

Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XL  11.  2.  99 


326 

der  Tlialsenke  er-Rüdj^),  welche  den  Anfang  einer  eigenthüm- 
lichen  Abzweigung  des  Ghab  -  Grabens  ^)  darstellt.  Dieser  secun- 
däre,  schräg  auf  das  Orontes-Thal  (wie  der  Golf  von  'Akabah,  das 
Wadi  'Araba  und  Todte  Meer  etc.  auf  das  Rothe  Meer)  zulaufende 
Quergraben  besteht  aus  einer  Kette  von  abflusslosen  Seebecken, 
dem  Rüdj.  dem  Sumpf  Bal'a  etc.,  welche  unter  einander  und 
vom  Orontes  -  Thal  durch  sehr  niedrige  Wasserscheiden  getrennt 
sind.  Für  den  südlich  vom  Rüdj  gelegenen  Theil  des  Rand- 
gebirges des  Ghäb  bis  nach  Kal'at  el-Mdik  giebt  es  keinen  all- 
gemein gebräuchlichen  Collectivnamen.  Die  von  Burckhardt  ent- 
lehnte Bezeichnung  Djebel  Schachsabou  (besser  Scheich  Säbü) 
der  Rey' sehen  Karte  bezieht  sich  nach  Sachau  eigentlich  nur  auf 
eine  seiner  höchsten  Kuppen. 

Die  nördliche  Fortsetzung  von  der  Unterbrechung  am  Rüdj 
an  bis  nach  Härim  und  Inmia  in  der  Niederung  el-'Amk  ist  der 
über  400  m  hohe  Djebel  el-A'la,  das  Haupt-Eocängebirge  Nord- 
Syriens,  wohl  gänzlich  aus  milchweissen,  oft  marmorartigen  Nuni- 
muliten-Kalkcn  gebildet,  die  eine  Mächtigkeit  von  mehr  als  300-m 
darin  erreichen  mögen.  In  diesem  höchst  einförmigen,  öden  .Kalk- 
gebirge sind  typische  Karrenfelder  eine  allgemein  verbreitete  Er- 
schehmng.  Fossilien  lassen  sich  bei  längerem  Suchen  inniierhin 
darin  vortinden.  wenn  sie  auch  nicht  so  häufig  sind  als  im  Nu- 
sairier-Gebirge.  Charakteristisch  sind  Reste  zierlicher,  dünnästiger 
Lithothamnien .  während  kleine  Nummuliten-  und  Pecten  -  Reste 
schon  vereinzelter  auftreten.  Bei  Mischlamün.  im  Osten  von 
Djisr  esch-Schughr,  fand  ich  neben  letzteren  zwei  Alveolinen- 
Arten. 

An  die  plateauförmigen  Gebirge  im  Osten  des  Ghäb  schlies- 
sen  sich  gegen  Osten  andere  von  derselben  Gesteinsbeschaffenheit. 
Der  Djebel  el-Bära  zwischen  el-Bära  und  Ma'arrat  en  Na'män, 
der  Djebel  el  Arba'in  oder  er-Riha  im  Süden  von  Riha,  der 
Djebel  Uaslai  zwischen  der  Grabensenke  Bal'a  und  der  Ebene 
von  Edlib,  dessen  nördliche  Fortsetzung  der  Djebel  Barischa 
und  schliesslich  vielleicht  auch  der  hohe  Djebel  Sim'än  oder 
Scheich  Barakät,  setzen  sich  alle,  wenigstens  in  ihrem  Kern, 
aus  denselben  Eocänkalken  zusammen,  an  die  sich  im  Osten  das 
Miocänbecken  von  Edlib  -  Aleppo,  im  Norden  das  des  unteren 
'Afrin-Thals  anschliesst. 

Gegen  Nordosten  treffen  wir  zwischen  Aleppo  und  Euphrat 
bei  Halise  und  Deana,   wenige  Stunden  von  Aleppo,    noch  einmal 


')  lieber  diese  und  andere  Verhältnisse  vergl.  M.  Blanckenhohn  : 
Grundzüge  der  Geologie  und  pliysikalischen  Geographie  von  Nord- 
Syrien  mit  einer  orograpliischen  und  einer  geognostisclien  Karte. 
Berlin  1890. 


327 


einen  Zug  von  körnigen  Eocänkalken  mit  Operculinen  und  (?)  Nutn- 
mulites  variolaria,  welche  den  Uebergang  von  dem  Miooänbecken 
von  Aleppo  zu  den  ausgedehnten  Kreideterritorien  (Senon)  am 
Sadjür  Su,  Kirsun  Tschai  und  Euphrat  vermittehi. 

Es  bleibt  jetzt  noch  ein  höchst  wichtiges  und  ausgedehntes 
Eocängebiet  im  äussersten  Norden  Syriens  zu  besprechen,  das 
eigentliche  Stromgebiet  des  "Afrin  (im  Süden) .  ferner  des  oberen 
Sadjür  und  Kirsun  Tschai  (im  Osten),  sowie  des  'Ak  Tschai  (im 
Norden).  Diese  ganze  gebirgige  Landschaft,  von  der  breiten  Thal- 
ebene des  Kara  Su  und  It schere  Su  im  Westen,  vom  Unterlauf  des 
'Afrin  im  Süden  begrenzt,  im  Osten  bis  zum  Euphrat  reichend, 
trägt  im  Allgemeinen  einen  ziemlich  einheitlichen  Charakter,  näm- 
lich den  eines  von  zahlreichen  tiefen  Thälern  durchfurchten  Pla- 
teaus, und  diese  Einheit  documentirt  sich  auch  in  geognostischer 
Beziehung  insofern,  als  wenigstens  unter  den  Sedimentärsystemen 
das  Eocän  allein  vorherrscht.  Da  ein  passenderer,  allgemein  ge- 
bräuchlicher Collectivname  für  dieses  plateauartige  Gebirge  nicht 
existirt,  so  werden  wir  uns  hier  am  besten  nach  dem  Vorgange 
C.  Rjtter's  des  Ausdrucks  „Kurdischer  Berge"  bedienen, 
indem  •  wir  den  Namen  des  am  höchsten  aufragenden  Gebirgs- 
rückens Kardalar  Dagh  oder  Kurd  Dagh  dieses  Gebietes  ver- 
allgemeinern. 

Wir  betrachten  zunächst,  dem  Thale  des  'Afrin  aufwärts  fol- 
gend, die  südlichen  Theile  der  Kurdischen  Berge.  In  genanntem 
Thale  steht  von  der  Niederung  el-'Amk  bei  el  -  Hammäm  bis  in 
die  Gegend  zwischen  Karnabe  und  Killis  in  zerstreuten  Partieen 
das  oberste  scnone  Kreidegebirge  an,  weisse,  weiche  Mergel  oft 
von  eigenthümlich  schalig  muscheligem  Bruch  mit  Resten  von 
Pteropoden. 

I  a.  Hierauf  folgen  gegen  NW  z.  B.  am  'Afrin  bei  Kar- 
nabe und  am  unteren  Sabün  Su,  einem  rechten  Zufluss  des  'Afrin, 
bei  Kyrrhos.  schiefrige  Kalkmei'gel  und  grau-blaue  Schieferthone, 
vermuthlich  die  untersten,  allerdings  versteinerunglosen  Lagen  des 
Eocän.  Diese  thonigen  Gesteine,  an  der  Luft  leicht  zerfallend, 
erscheinen  in  unzähligen  kleinen  Hügelchen  und  abgerundeten 
Rücken  an  den  Gehängen  der  Flussthäler  und  zwischen  den  vie- 
len sich  verzweigenden  Wadis  oder  Trockeininnen. 

Gegen  oben  stellen  sich  härtere,  z.  Th.  kieselige  Mergel- 
bänke ein.  welche  an  den  Thalwänden  aus  den  lockeren  umge- 
benden Schichten  vorragen.  Am  Ufer  des  Sabün  Su  zeigte  sich 
etwa  ^/t  Stunden  nördlich  von  dem  Ruinenfeld  von  Kyrrhos  fol- 
gendes Profil  von  oben  nach  unten: 

22* 


328 


rundlichen  Blöcken    sieh 


1        Hl  grauweissc   Mergel,    zu 

schalig  absondernd. 
1         „   bröcklige  Thonletten, 
0,50   „   grauweisse,  harte  Mergel  von  muscheligem  Bruch, 

I  Kalkspathschicht,  ungleich  stark,  wellenförmig  ge- 
0,2 — 0.10   „   {       faltet,  in  die  tieferen  Letten  eingreifend, 

(  Thonletten. 
1,20   „   grauer  Schieferthon, 
0,40   „   härtere  Mergel, 
0,20 — 1,30   „   weicher  Schieferthon  mit  Kalkspathadern, 
0,40   „   härtere  weisse  Mergelbank, 
0,25   „   grauer  Schieferthon, 
0,55   „   harte  Bank, 
0,30  „  weiche  Bank, 
1         „   harte  Bank, 
1.40   „   weiche  Bank, 
1         „   harte  Bank. 

Sämmtliche  Schichten  sind  ohne  Spur  von  Fossilien. 

Die  harten  Mergelbänke  gehen  weiterhin  nach  oben  in  harten 
Kalk  über,   der  zunächst  noch  ebenso  bankweise  vorspringt. 

Ib.  lieber  diesem  Schichtencomplex  la  (1  in  der  unten  fol- 
genden Abbildung)  folgt  am  Sabün-Su  aufwärts  ein  harter,  grauer 
Kalk,  etwa  von  der  Beschaffenheit  der  Dachsteinkalke  in  den 
Alpen,  aber  mit  grauen  Feuersteinen  (vergl.  2  der  Abbildung). 
Von  organischen  Resten  konnte  ich  nur  Korallen-  und  Bivalven- 
Durchschnitte  entdecken.  Dieser  Kalk  bildet  vornehmlich  die 
enge,  von  hohen  Steilwänden  umschlossene  Gebirgsschlucht  Ba- 
rosklin  Boghaz  bei  dem  gleichnamigen  Dorfe.  durch  welche  sich 
der  Sabun  Su  in  eiligem  Laufe  hindurchwindet. 


Partie  aus  dem  Kurdengebirge  am  mittleren  Sabun  Su 

bei  Barosklin  Boghaz. 

Maassstab  1 :  100000. 


Barosklin   Thal  des 
Boghaz   Sabün  Su 

4-  ;     ; 


Thal  des 
Sabün  Su 


1  —  3  Eocän:     1  =  grauer,  weicher  Schieferthon  und  härtere 

Mergelbänke;    2  =  Feuerstein  führender  Kalk;    3  =:  Quarzit. 

4  =  Basalt. 


329 


Au  der  oberen  Grenze  dieses  vielleicht  150  m  mächtigen 
Kalkcomplexes  begegnet  man  unterhalb  genannten  Dorfes  einer 
Lage  schwärzlichen  Kalkschiefers  mit  Fischschuppen.  Auf  die- 
selbe folgt  unmittelbar  ein  100  m  mächtiger  Complex  von  grauem 
und  grünlichem,  sehr  hartem  Kieselkalk  oder  kieseligem  Mergel, 
der  vollständig  in  Mergelquarzit,  bei  dem  noch  ein  Vorhandensein 
von  wenig  Kalk  durch  Brausen  in  Säuren  sich  verräth,  oder  in 
kalkfreien  Thonquarzit  übergeht.  Innerhalb  dieser  Quarzitzone 
zeigten  sich  im  Westen  von  Barosklin  grosse,  concentrisch?  scha- 
lige Einlagerungen?  von  rOthlichem  jaspisartigem  Ilornstein.  Bei 
Barosklin  wird  der  Quarzit  von  Basalt  bedeckt.  Weiter  westlich 
erscheinen  an  einer  Biegung  des  Sabün-Thales ,  wo  der  von  NO 
nach  SW  gerichtete  Oberlauf  des  Flusses  in  den  südöstlichen 
Mittellauf  übergeht,  wieder  Kalkfelsen,  direct  den  Grünsteinmassen 
(bastithaltigen  Serpentinen)  des  eigentlichen  Kurdu  Dagh  aufruhend, 
lieber  das  Yerhältniss  dieser  Kalke  zu  den  Quarziten  von  Ba- 
rosklin, ob  sie  noch  jünger  sind  oder  den  älteren  Kalken  ent- 
sprechen, lässt  sich  vor  der  Hand  nichts  entscheiden.  Oernik^) 
giebt  in  einem  Profil  bei  Gjömrik  und  Kurt  Kalleh  am  mittleren 
'Afrin  Kalke  concordant  über'  Quarziten  an.  Indess  haben  sich 
die  geologischen  Profile  ebenso  wie  die  Höhenmessungen  etc.  des 
Ingenieur  Oernik  sonst  z.  Th.  so  wenig  über  allem  Zw'eifel  er- 
haben und  den  thatsächlichen  Verhältnissen  entsprechend  erwiesen, 
dass  mir  hier  die  Annahme  einer  umgekehrten  Schichtenfolge  fast 
ebenso  erlaubt  erscheint.  Von  jener  Ecke  zwischen  Mittel-  und 
Oberlauf  des  Sabün  Su  sei  übrigens  hier  noch  erwähnt,  dass  dort 
nesterartige  Bildungen  von  rothem  und  grauem  Jaspis  innerhalb 
des  Serpentins  wahrgenommen  wurden. 

Der  hohe,  östlich  der  Quellen  des  Sabün  Su  gelegene  Ge- 
birgszug, der  Kardalar  Dagh  im  engeren  Sinne,  der  sich  weithin 
in  gerader  Linie  nach  NO  erstreckt,  zugleich  die  Wasserscheide 
zwischen  'Afrtn  und  Kara  Su,  stellt  sich  nördlich  vom  .'^7.  Brei- 
tengrade als  ein  lang  gestreckter,  durchschnittlich  1200  m  hoher, 
oben  abgeflachter  Rücken  dar,  mit  einer  Hochfläche  von  2 — 4  km 
Breite  auf  seinem  Gipfel.  Den  Kern  des  Gebirgszuges  bilden 
mächtige  Eruptivmassen,  Grünsteine  aus  der  Gruppe  der  Gabbro-, 
Schillerfels-  und  Serpentin-Gesteine.  Hierüber  erscheint  als  hori- 
zontale Decke  zunächst  ein  Conglomerat  oder  porphyrartige  Breccie 
von  abgerundeten  oder  eckigen  Grünsteinfragmenten,  verkittet 
durch  röthliches  Kalkcäment;  sodann  ein  nur  wonig  (vielleicht 
50  m)  mächtige  Lage  von  röthlichem  und  grauem  Kalk.  Von 
organischen  Resten  enthielten  nur  die  tieferen  Lagen  Schalenreste 


')  Ergänzungshefte  zu  Petermann's  Mitth.,  No.  45,  t.  1,  f.  22, 


330 

unbestimmbarer  Austorii.  Unzweideutig  gelit  jedenfalls  aus  den 
Verhältnissen  hervor,  dass  die  kalkigen  Sediinente  hier  jünger 
sind  als  die  genannten  Eruptivmassen  im  Gegensatz  zu  der  Obe- 
ren Kreide  des  Djebel  el  'Okrä,  welche  von  Serpentinen  durch- 
brochen wurde. 

Diese  Kalke  vom  Plateau  des  Kardalar  oder  Kurd  Dagh  gehören 
einer  im  nördlichen  Kurdengebirge  weithin  verbreiteten,  ursprünglich 
zusammenhängenden,  im  Allgemeinen  horizontalen  Ablagerung  an. 
welche  theils  (im  Westen)  direct  auf  den  Serpentinen,  theils  (im 
Osten)  auf  den  diese  vertretenden  unteren  Eocänmergeln.  Mergel- 
kalken und  Thonen  aufruhte,  jetzt  aber,  durch  Denudation  gros- 
sentheils  zerstört,  nur  noch  in  einzelnen  Resten  erhalten  ist.  die 
dann  immer  die  Gipfel  der  Berge  oder  Gebirgsrücken  einneh- 
men. So  finden  wir  auf  einer  nördlichen  Durchquerung  des 
Kurdengebirges  unter  37"  5'  nördl.  Breite  zwischen  Kartal  und 
Jailadjik  wieder  zwei  Gebirgszüge  des  Sarikaja,  welche  wie  der 
westlich  gelegene  eigentliche  Kurd  Dagh  in  hora  4  von  SW  nach 
NO  streichen,  von  ähnlicher  Beschaftenheit.  der  Hauptsache  nach 
aus  Serpentin  bestehend  oben  tlieilwcise  mit  einer  Kalkdecke. 
Im  SW  von  Jailadjik  hat  übrigens  Serpentin  an  einigen  Stellen 
auch  den  Kalk  stockförmig  durchbrochen  und  sich  zu  niedrigen 
Kuppen  über  dem  Kalkplateau  aufgethürmt.  Es  geht  daraus 
hervor,  dass  die  Grünstein-Eruptionen  sich  niclit  lediglich  auf  die 
Zeit  vor  der  Ablagerung  des  Eocäns  des  Kurdengebirges  be- 
schränkten, sondern  wenigstens  vereinzelt  auch  noch  später  (wäh- 
rend des  Eocäns)  erfolgten.  Der  Kalk  enthält  häufig  Lager  oder 
Nester  und  Gänge  von  rothem  Hornstein  oder  Jaspis,  neben  dem 
der  Kalk  selbst  in  ^Marmor  umgewandelt  erscheint.  Durchgehende 
Quarzitschichten,  wie  am  Sabün  Su.  mit  welchen  dort  das  Vor- 
kommen von  Jaspis  verknüpft  war,  wurden  im  Norden  nicht  mehr 
beobachtet. 

la.  An  dem  Gebirgszuge  von  Jailadjik  selbst  liegt  der  Kalk 
nicht  mehr  direct  dem  Serpentin  auf.  sondern  wird  von  ihm  ge- 
trennt durch  graue,  grünliche,  auch  röthliche  Mergel  und  Schiefer- 
thone,  die  auf  der  Westseite  des  Rückens  nach  unten  allmählich 
in  die  hier  schiefrigen,  sehr  verwitterten  Serpentine  übergehen. 
Auf  der  Ostseite  hingegen  herrschen  sie  allein  vor  und  erreichen 
eine  grössere  Mächtigkeit.  So  schreitet  man  vom  Dorfe  Jailadjik 
an,  das  an  dem  Ostrande  des  betreffenden  Plateaurückens  gelegen 
ist,  auf  bunten  Mergeln  bis  zu  den  Gewässern  des  oberen  'Afrin 
hinab.  Zunächst  unter  den  Kalken  erscheinen  grau-weisse  und 
grünlich  graue  Mergel,  dann  im  tieferen  Theil  des  'Afrin -Thaies 
ein  mächtiger  Complex  von  rothen  Thonmergeln.  welche  durch- 
zogen sind  von  hellen  Kalkspathadern.     Man  glaubt  sich  in  einer 


331 


deutscheu  Roth-  oder  Keuponnergel  -  Laiidscliaft  zu  befinden,  so 
ähnlich  ist  die  Bcschatfcnheit  des  Gesteins  und  die  dadiuxh  be- 
dingten Obertiäclienfonnen.  Dieser  ganze  bunte  Mergelconiplex 
unter  dem  Kalk  dürfte  ohne  weiteres  den  mergeligen  Schichten 
la  am  Mittleren  'Afrin  und  unteren  Sabün  Su  bei  Kyrrhos  pa- 
rallel zu  stellen  sein,  wenn  er  auch  in  der  Farbe  und  geringeren 
Härte  nicht  unwesentlich  abweicht. 

Ib.  Auf  die  jetzt  östlich  folgende  Wasserscheide  zwischen 
'Afrin  und  Sadjür  oder  'Aintäb  Su,  einem  Nebenfluss  des  Euphrat. 
steigen  wir  aus  den  rothen  durch  die  hellen  Mergel  von  neuem 
in  die  Region  d(^s  horizontal  gelagerten  Kalkes  empor.  Hier 
endhch  gelang  es.  brauchbai'e  Fossilien  zu  entdecken.  Die  zahl- 
reichen Feuersteine,  welche  der  Kalk  einschliesst,  bestehen  oft 
beinahe  nur  aus  Foran^iniferenresten:    Nunnnuliten  und  Orbitoiden. 

la.  Und  nun  beginnen  am  Oberlauf  des  'Aintäb  Su  auch  die 
oberen  grauen  Mergel  schon  Spuren  von  Fossilien  aufzuweisen: 
Pflanzenreste.   Seeigel,  kleine  Austern  etc. 

In  der  G-egend  von  'Aintäb  erreicht  das  Eocän  seine 
interessanteste  Entwicklung.  Hier  ist  in  allen  Schichten  ein  be- 
deutender Reichthum  an  Fossilien  geborgen: 

la.  Die  Stadt  'Aintäb  selbst,  auch  das  Grundstück  des  Sy- 
rian  Protestant  College  der  amerikanischen  Mission,  steht  auf  den 
untersten  Lagen  des  Eocän.  weissem,  weichem,  erdigem,  zuweilen 
kreideartigem  Kalk,  der  im  Grossen  eine  schiefrige.  in  Platten 
spaltbare  Structur  besitzt.  Herr  Livonian.  Professor  der  Natur- 
wissenschaften an  dem  amerikanischen  CoUeg,  hat  in  diesen 
Schichten  in  und  bei  'Aintäb  nach  den  mir  freundlichst  vorge- 
legten und  von  mir  untersuchten  Pj'oben  gesammelt: 

Fossiles  Holz, 

Pecten  TÄvoninni  n.   sp.   (mit  Schale). 

Chama  sp.. 

Voluta  liarpa  Lam.   (Steinkern), 

Nautilus  sp..  von  15  cm  Grösse. 

Einer  vermuthlich  etwas  höheren  Lage  dieser  Schichten, 
einem  weissen,  wenig  härteren  Kalk  entstammen  nach  Herrn 
Livonian' s  Aufsammlung: 

ScJu'zasfer  vicmalis  Ac4,,        1 

—  cf.  rimosus  Ac;.,  }  mit  Schale. 

-  ?   sp.  j 

Ib.  Aus  einer  gelblich  grauen.  hart(Mi  Kidkbaiik,  eine  Stunde 
südlich  'Aintäb  sollen  stammen: 


Anunchytcs  votumlatus  n.   sp.,  j 

Fxhinolampas  sp.  aft.  Suessi  Laube,  I  Schalen. 

—  aintahensis  n.   sp.,  j 
Pecten  Livioniani,  Steinkern. 

Als  kieselige  Steinkerne  aus  hornsteinartigen  Schichten  er- 
hielt ich  durch  Herrn  Livonian: 

Ananchytes  et",  rotrmdatus  n.   sp., 
Schizaster  cf.  foveaius  Ag.. 
Ditremaster  sp.. 
Pericosnms  sp. 

Auf  Excursionen  in  der  Umgebung  von  'Aintäb,  die  ich 
unter  der  kundigen  Führung  des  Herrn  Livonian  unternahm, 
gelaug  es  mir  selbst,  noch  eine  beträchtliche  Suite  von  Fossilien 
zusammenzubringen. 

Die  Hügel  im  Süden  von  'Aintab  bestehen  in  ihren  höheren 
Lagen  aus  gelblich  grauem,  hartem,  marmorartigem  Kalk,  röthlich 
grauem.  Feuerstein  führendem  Kieselkalk  und  kalkarmem  Horn- 
stein  von  grauer,  gelblicher  oder  röthlicher  Farbe.  Diese  harten 
Gesteine  sind  mehr  oder  weniger  löcherig  durchsetzt  von  Hohl- 
räumen, welche  die  Schalen  der  Fossilien  hinterlassen  haben. 
Die  Fauna  ist  ungefähr  die  gleiche  bei  ^j-i  Stunde  Entfernung  süd- 
lich 'Aintab,  wie  ^ji  Stunden  und  1  Stunde  südsüdöstlich  'Aintab. 
Nach  meinen  Aufsammlungen  besteht  sie  aus: 

Ojperculma  sp..   sehr  häufig, 
Nummulites  variolaria  Lam., 

—  sp., 

Styhtphord  cf.   B<(incsi  Felix, 

Eupatagns   sp.    und    zahlreiclie   andere    leider   unbe- 
stimmbare Abdrücke  von  Seeigel -Schalen, 
Membranipora  sp.,   häufig, 
Eschara  sp., 
Pecten  quinquepartitus  n.   sp.,  vereinzelt, 

—  sp., 

Cardita  aintahensis  n.   sp.,   häufig, 
Crassatella  c&inpressa  Lam.,  häufig. 
Cardiimi  acutnw  n.   sp., 
Turritella  imbricataria  Lam., 

—  vittata  Lam.,  häufig, 

—  sp.   ind..  häufig, 
Natica  sp., 

Strombus?  sp.. 


333 

Murex?  sp., 

Mitid   sp.. 

Voluta  lincolala  Desh.  ? 

Ter  ehr  a  sp., 

Conus  sp'., 

Balaniis  sp..  häufig. 

Im  Westen  und  Nordwesten  von  'Aintäb  befinden  sich  in  den 
Thälern  der  Quellflüsse  des  'Aintäb  Su  zunächst  weiche  Kalke  ohne 
Feuerstein,  wie  in  der  Stadt  'Aintäb,  wechselnd  mit  weichen  Thon- 
zwischenlagen  und  Platten  von  weissen  Plänermergeln.  Sie  wer- 
den bedeckt  von  grau-röthlicliem  Kieselkalk,  der  in  Hornstein 
übergeht  und  ähnliche  Petrefacten  enthält  wie  im  Süden  von 
'Aintäb.  besonders 

Operculiiien. 

fisastraca  Michelottina  Cat.   sp., 

Bryozoen. 

Pecfen  qninquepartifus  n.   sp.. 

Cardin m  sp..   gross. 

II.  Hinter  Tab  trifft  man  etwa  drei  Stunden  Ritts  nordwest- 
lich 'Aintäb  nach  Ueberschreiten  des  oberen  'Afrin  auf  hell  graue 
Mergel  und  ein  tuffartiges,  grünlich  graues,  sandiges  Kalkgestein  mit: 

Einzelkorallen. 

Xumiiudites  intermedia  dArch., 

—  Fichteli  Mich.. 

■ —  et".    Chavannesi  de  la  Harpe, 

Thracia  Bellardi  May. 

Endlich  erscheint  über  diesen  weicheren  Schichten  typischer, 
harter,   weisser  Nummuliten-Kalk  oder  -Marmor.    Von  hier  stammt: 

Isastraea  Michelott ina,  von  mir  gesammelt, 
Solenastraea  sp.,  1  von  Herrn  Livonian 

Heliastraea  Livoniani  n.  sp.  j      gesammelt. 

Dieser  harte  Kalk  enthält  auch  gelbliche,  kieselige  Lagen, 
die  ganz  den  Kieselkalken  und  Hornsteinen  des  tieferen  (?)  Eocän 
südlich  bei  Tab  entsprechen  und  sich  durch  folgende  Fauna 
auszeichnen : 

Operculinen,   sehr  zahlreich, 

Trochosmilia  sp., 

Cupularia?  sp., 

Pecten  quinquepartitua ,   häufig, 

Turritella  angulata  Sow.,   häufig. 


334 


Auf  dem  weitere  Wege  nach  Marasch.  4  —  5  Stunden  von 
Aintäb,  bei  dem  Dorte  'Arablar  will  Herr  Livonian  sowohl  Num- 
muliten^)  als  Rudisten  und  andere  Fossilien,  die  auf  Kreide  ver- 
weisen, gefunden  haben.  Leider  war  es  mir  unmöglich,  diese 
wichtige  Stelle  des  Beginns  der  Kreideformation  bei  Arablar 
selbst  zu  «Teichen.  Ein  Zusammenvorkommen  von  Xummuliten 
und  Rudisten  in  denselben  Schichten  anzunehmen,  liegt  vor  der 
Hand  kein  Grund  vor. 

Aus  der  Gegend  nördlich  von  Arablar  auf  dem  Wege  nach 
Mar'asch.  sieben  Stunden  von  Aintäb  entfernt,  erwähne  ich  hier 
Desmodadia  scpttfera  Reuss.  eine  Korallenart  des  Oligocäns  von 
Castelgomberto .  welche  ich  der  Güte  des  Herrn  Livonian  ver- 
danke. 

Auch  östlich  von  Aintäb  lassen  sich  Eocänschichten  noch 
weiterhin  verfolgen.  Das  zwischen  Aintäb  und  Nisib  gelegene 
Plateaugebirge  hat  dieselbe  Zusammensetzung  wie  die  Berge  im 
Norden.   Süden  und  Westen  von  'Aintäb. 

la.  In  den  Thälern.  welche  das  Plateau  durchfurchen,  sind 
die  tiefsten  Lagen  des  Eocäns  entblösst.  Thon  und  Mergel  an 
der  Oberfläche,  in  kleine  Stücke  zerbröckelnd,  wechseln  mit  feste- 
ren Lagen  von  feuersteinfreiem  Kalk. 

Ib.  Es  folgen  grau-weisse  Kalke  mit  dunklen  Feuersteinen, 
bald  weicher  und  grobkörnig,  bald  härter,  kieselig  und  dicht. 
Die  Feuersteine  enthalten  Foraminiferen-Reste ,  aber  schlecht  er- 
halten. In  dem  Feuerstein  führenden,  grobkörnigen  Kalke  des 
Plateaus,   ungefähr  ^ji  Stunden   im  Osten  von   'Aintäb,   fand  ich: 

Operculina  sp.   sp.,   zahlreich. 

Nnmmulites  variolnria  Lam.?. 

Heterostegina  assilinoiäes  n.  sp. ,  häufig, 

Seeigel-Reste, 

Bryozoen, 

Pecten  sp., 

Baianus  sp. 

Es  entsprechen  diese  Schichten  also  paläontologisch  den 
harten  Kalken  im  Süden  von  "Aintäb.  Petrographisch  stehen  sie 
namentlich  dem  an  Operculinen  und  grossen  Gastropoden -Stein- 
kernen   (Conus,  Sfronihus)    reichen    Kalk    auf    dem  Berge,    eine 


^)  Angeblich  aus  der  Gegend  von  'Arablar  erhielt  ich  in  'Aintäb 
durch  Herrn  Livonian  ein  prächtiges  Handstück,  das  ganz  aus  Xum- 
wulites  Gizehensis  Ehr.  und  N.  currispim  Schwag.  in  vortrefflicher 
Erhaltung  bestand.  Doch  zeigt  dasselbe  so  auffallende  Aehnlichkeit 
mit  den  in  der  ganzen  Welt  verbreiteten  Haudstüeken  vom  Mokattam 
bei  Cairo,  dass  mir  seine  angegebene  Herkunft  zu  verdächtig  vorkommt. 


335 


Stunde  siUlst'ulöstlioli  "Aiiitab,   sowie  dem  oben  crvväluiteii  körnigen 
Operculinen-Kalkc  im  Nordosten  von  Aleppo  nahe. 

Verfolgt  man  die  aus  horizontalen  Eocänschichten  aufge- 
bauten Gebirgszüge  im  Osten  von  "Aintäb  weiter  gegen  den 
Euphrat  hin.  so  zeigt  sich  bei  Nisib  schon  das  Liegende  des 
Eocäns,  senone  Kreide,  in  dem  tiefereu  Flussthale  des  Kirsun 
Tschai  entblüsst,  sodass  dort,  wo  diese  Ausläufer  des  Kurdeu- 
gebirges  den  Euphrat  erreichen,  bei  Horum  Kal'at  und  Rum  Kal'at, 
die  Ufer  des  grossen  Stromes  schon  zur  unteren  Hälfte  aus  lich- 
tem, cretaceischcm  Kalk  bestehen  und  nur  in  der  oberen  dunkleren 
Hälfte  nach  dem  Eocän  angehören  dürften. 

Wir  haben  die  Entwicklung  des  Eocänsystems  in  ganz  Sy- 
rien, soweit  es  möglich  war,  verfolgt.  Es  bleibt  nunmehr  übrig, 
auch  eine  allgemeine  kurze  Gliederung  desselben  und  Paralleli- 
sirung  der  Schichten  in  den  einzelnen  Gegenden  zu  versuchen. 
Freilich  bei  dem  unzureichenden  Material  an  vorliegenden  Beob- 
achtungen kann  diese  Eintheilung  eben  nur  als  ei'ster  Versuch, 
als  provisorisch  gelten,  und  dieser  Versuch  muss  sich  vor  der 
Hand  auf  Nord-Syrien  beschränken.  Denn  für  Mittel-  und  Süd- 
Syrien,  wo  das  Eocän  auch  weniger  mächtig,  viel  einförmiger 
und  ärmer  an  Fossilien  entwickelt  scheint,  liegen  noch  zu  wenig 
Beobachtungsrcsultatc  vor.  die  sich  zu  irgend  einer  Eintheilung 
verwerthen  Hessen. 

In  Nord-Syrien  können  wir  zwei  Hauptabtheilungcn  wohl  un- 
terscheiden, deren  höhere  (H)  die  eigentlichen  Nummuliten-Kalke 
und  Marmore  repräsentiren.  Die  untere  Abtheilung  (I)  bietet  in 
vcrticaler  Richtung  einen  grösseren  Wechsel. 

I.  In  ihr  lassen  sich  noch  trennen  eine  tiefere  Stufe  (la)  der 
vorherrschenden  Mergel  und  Thone,  oft  unterbrochen  von  feuer- 
steinfreien Kalkbänken  und  eine  höhere  (Ib)  mit  harten,  Feuer- 
stein führenden  Kalken,  Kieselkalken,  ganzen  Hornstein-  oder 
Quarzitlagen    und  nesterartigen  P^inlagerungen  von  rothem  Jaspis. 

la.  Die  tiefste  Stufe  der  Mergel  erkannten  wir  von  der  fol- 
genden getrennt  nur  im  Norden  einer  Linie  von  der  Mündung 
des  "Afrin  über  Killis  und  Nisib  zum  Knie  des  Euphrat.  In  dem 
nördlich  davon  gelegenen  ausgedehnten  Kurdengebirge  sind  graue 
Mergel  verschiedener  Härte  als  directes  Hangendes  der  lichten 
Senonmergel  des  unteren  -Afrin  -  Thaies  das  herrschende  Gestein 
in  der  Umgegend  der  Ruinen  von  Kyrrhos  am  mittleren  'Afrin 
und  unteren  Sabun  Su.  Nördlich  dieser  Gegend  sind  sie  nur  in 
den  Thälern  durch  Erosion  entblösst.  Aus  der  Gegend  von 
•Aintäb  sind  als  charakteristische  Fossilien  der  entsprechenden 
Schichten  anzuführen : 


336 

Pecten  Livoniani, 
Schizaster  vicinalis, 

—         cf.   rimosus, 
Voluta  harpa, 
Nautilus  sp. 

Ib.  Die  folgende  Stufe  der  harten  Kalke  liegt  im  westlichen 
Kiirdengebirgc.  so  in  dem  Höhenzuge  des  eigentlichen  Kurd  Dagh, 
direct  den  Grünsteinen  auf.  Von  Jailadjik  über  'Aintäb  und  Nisib 
bis  zum  Euphrat  folgen  die  an  Feuerstein  reichen  Kalke  und  Hoi-n- 
steine  auf  die  Mergelzone  und  sind  oft  sehr  reich  an  Fossil- 
einschlüssen. Die  grösste  Rolle  spielen  die  Operculinen.  daher 
man  diese  Schichten  auch  als  Operculinen-Kalke  bezeichnen  könnte. 
Vielleicht  darf  man  ihnen  die  Schichten  mit  Operculina  lihyca 
in  Aegypten  parallel  stellen.  Nummuliten  sind  noch  spärlich  ver- 
treten. Es  wurde  besonders  beobachtet  Nummulües  variolaria  Lam. 
eine  Art.  die  in  Aeg3'pten  nach  Zittel  am  häufigsten  im  oberen 
Theil  der  „libyschen  Stufe'-   (Zittel' s  Untereocän)   vorkommt. 

Zahlreich  sind  die  Reste  von  Seeigeln    hi  diesen  Schichten: 

Echinolampas  aft.  Suessi, 
Schizaster  cf.   foveatns, 
Pericosmus  sp.  etc. 

Als  besonders  interessant  ist  eine  Ananchytes- Art  (A.  rotun- 
daius  n.  sp.)  hervorzuheben,  die  der  A.  ovata  am  nächsten  steht. 
Es  ist  das  einzige  Fossil,  dessen  Vorkommen  mehr  fär  Kreide- 
schichten sprechen  würde. 

Von  höheren  Thierformen  erwähne  ich: 

Pecten  quinquepartittis  n.   sp.. 
Crassatella  compressa, 
Cardium  acutum  sp., 
Tiirritella  imbricataria, 

—         vittata, 
Arten  von   Oonus,  Strombus,  Mitra, 
Terebra  cf.  Flemingi, 
Baianus  sp. 

Im  südlichen  Nord-Syrien  ist  eine  Zweitheilung  der  unteren 
Eocän  -  Abtheilung  vorläufig  unthunlich.  Wahrscheinlich  besteht 
auch  ein  analoger  Unterschied  gar  nicht,  sondern  die  dortigen 
Kieselgesteine  und  Kalke,  welche  petrographisch  mit  der  zweiten 
Zone  des  unteren  Eocäns  im  Kurdengebirge  correspondiren,  folgen 
direct  auf  die  Senonkreide.  Hierher  gehören  die  Gesteine  im 
höheren  centralen  Theil    des  südlichen  Nusairier-Gebirges ,  ferner 


337 


die  des  Djebel  ol-  A'la  bei  Selemijc  und  des  Plateaus  zwischen 
Restän,   Orontes.   Hania  einerseits  und  Kai  at  Sedjar  andererseits. 

In  Palästina  dürften  die  feuersteiureicben  Nuniniuliten-Kalke 
direct  im  Hangenden  des  Senons  mit  Gryphaea  vesicnlaris  als 
Aequivalent  aufzufassen  sein. 

Aus  ihnen  werden  namhaft  gemacht: 

Nummulites  variolaria, 

—  Biarriizensis, 

—  Giteitardi. 

Ob  in  Aegypten  die  libysche  Stufe  Zittel's  unserem  syri- 
schen unteren  Eocän  entspricht,  werden  spätere  Studien  auf- 
zuklären haben. 

II.  Als  oberes  Eocän  möchte  ich  in  Nord-Syrien  zunächst  bei 
'Aintäb  die  mergelig  sandigen,  tuffartigen  Kalke  mit  Nummulites 
intermedia,  N.  Fichfeli  und  N.  cf.  Chavanncsi  im  Norden  von 
Tab  an  den  Quellen  des  'Afrin  auffassen;  Aveiterhin  die  massigen 
marmorartigen  Nummuliten-Kalke  im  Süden  von  'Arablar.  Num- 
muliten  und  Korallen  (Isnstraea  Michelottina,  Solenastraea,  Heli- 
astraea,  TrocJi().s)ni/ia,  Desmocladin  sepfifera)  sind  die  häufigsten 
Fossilien.  In  kieseligen  Lagen  treten  noch  Fecten  quinquepar- 
titus  und    Turritelht  (uiguJata  auf. 

Im  Orontesgebiet  könnte  man  dem  oberen  Eocän  die  Masse 
der  mächtigen  Kalke  in  den  karstartigen  Gebirgen  der  nord- 
syrischen Wüsten,  z.  B.  des  nördlichen  Djebel  el-A"lä.  des  Djebel 
Barischa,  sowie  im  nördlichen  Nusairiergebirge  zurechnen.  Nul- 
liporen  [Lithothamttirtm  sp.  sp.),  Nummuliten  (N.  curvispira?), 
Alveolinen,  Korallen,  besonders  Forites-kvX&w  sind  charakteristisch 
für  diese  Marmorkalke  am  mittleren  Oroutes  bei  Djisr  csch- 
Schughr.  Aloeoliiia  frumentiformis,  Nummulites  variolaria  und 
N.  Lncasana  v.  obsoleta  vom  Nähr  el-Abjad  im  Nusairier-Gebirge 
verweisen  freilich  als  Leitfossilien  für  die  obere  Abtheilung  der 
Libyschen  Stufe  Aegyptens  auf  das  (obere)  Untereocän  Zittel's. 
Andererseits  ist  aber  die  wichtige  Thatsache  der  beobachteten 
Discordanz  und  Transgression  der  Eocänkalke  auf  Senon  gerade 
im  Stromgebiete  des  Nähr  el-Abjad  hervorzuheben,  eine  Thatsache, 
aus  der  ich  auf  eine  wenn  auch  kurze  Unterbrechung  der  ma- 
rinen Absätze  wenigstens  im  Anfang  des  Untereocäns  in  jener 
Gegend  schliessen  möchte. 

In  Mittel-Syrien  mögen  die  Nummuliten-  und  Korallen-Kalke 
vielleicht  der  ganzen  Eocänperiode  angehören,  auch  dem  unteren 
Eocän.   da  sie  überall  concordant  dem   Senon  auflagern. 


338 


II.    Palaeontologischer  Theil. 

Plantae. 

Lithothamnium  sp. 

Strauchartig  mit  dünnen  Aestclien. 

Vorkommen:  Im  Eocän  -  Kalk  in  Djisr  esch-Schughr  am 
Ufer  des  Nalir  el-'As_y  (Orontes)  und  nördlich  davon. 

Lith 0 th a m n tu  m  sp. 

Strauchartig  mit  dickeren  Aasten. 

Vorkommen:  Im  Nummuliten- Marmor  westlich  von  Djisr 
esch  -  Schughr  am  Fusse  des  östlichen  Abfalls  des  Djebel  el- 
'Ansärije ;  vereinzelt  im  körnigen  Kalk  mit  Numnmlites  vario- 
laria  (?),   1   Stunde  östlich  'Aintäb. 

Fora/ininifera. 

Alveolina  frumentiformis  Schwag. 

Schwager.  Die  Foraminiferen  aus  den  Eocänablag.  der  libyschen 
Wüste  und  Aegyptens.  Palaeontographica,  XXX,  p.  100,  t.  25, 
f.  4  a  — i. 

Spindelförmig  bis  fast  cylindrisch.  Mittelpartie  nicht  bauchig 
hervortretend.  Abfall  nach  den  Enden  zu  gering  und  gleich- 
massig.  Enden  meist  kugelig  abgerundet,  seltener  spitz  zulau- 
fend. Vcrhältniss  der  Länge  zur  grössten  Dicke  vorwiegend 
=  5:1.  zuweilen  auch  geringer  bis  2:1.  Mittlere  Länge 
10  mm  bei  2  mm  Dicke  (vergl.  Schwager.  1.  c. ,  t.  25,  f.  4g). 
Ein  vereinzeltes  gedrungeneres  Exemplar  misst  bei  6  mm  Länge 
schon  3  mm  Dicke  und  entspricht  ungefähr  der  bei  Schwager, 
t.  25,  f.  4h  abgebildeten  Form,  noch  mehr  aber  der  Alveolina 
cf.  oblonga  d'Orb.  bei  Schwager,  ibidem,  t.  25,  f.  5e.  von  der 
sie  sich  indess  durch  geringere  Anzahl  Kammern  in  einem  Um- 
gang (nur  10,  bei  A.  cf.   oUonga  12  — 11)  unterscheidet. 

7 — ^9  Umgänge  mit  je  8  — 10  Kammern. 

Vorkommen:  Häufig  in  den  aus  dem  östlichen  Nusairier- 
Gebirge  stammenden  Flussgeröllen  im  Nähr  el-Abjad,  einem  linken 
Nebenfluss  des  Orontes  im  Norden  von  Djisr  esch-Schughr;  ver- 
einzelt im  Nummuliten- Kalk  von  Kastal  Bigdäsch  auf  der  Wasser- 
scheide im  nördlichen  Nusairier-Gebirge  zusammen  mit  Nummu- 
lites  varlolaria  und  N.  Lncnsaiui.  —  In  Aegypten  ist  A.  frumen- 
tiformis Leitfossil    für  die  obere  Abtheilung  der  libyschen  Stufe. 


339 


Alveolina  sp. 

Elliptisch.  Enden  regelmässig  gerundet.  Länge  mindestens 
6  mm,  Breite  4  mm.     Etwa  1 5  Umgänge. 

Vorkommen:  Nummuliten  -  Kalk  von  Mischlamün  östlich 
Djisr  esch-Schughr. 

Alveolina  sp. 

Cylindrich.  an  den  Enden  kugelig  abgerundet.  Das  einzige 
vorliegende  Exemplar,  an  einem  Ende  abgebrochen,  ist  24  mm 
lang.  Die  ursprüngliche  Länge  —  ergänzt  -  muss  mindestens 
26  mm  betragen  haben.  Die  Dicke,  5  mm.  ist  in  der  ganzen 
Länge  gleichmässig. 

Etwa  14  Umgänge  mit  je  ca.   18  Kammern. 

Vorkommen:  In  dem  weissen  Nummuliten  -  Marmor  von 
Mischlamün  im  Osten  von  Djisr  esch-Schughr  im   Orontesthal. 

Orlritolites  cf.   romplanatus  Lam. 

Scheibenförmig,  concentrisch  gestreift,  in  der  Mitte  vertieft. 
Durchmesser  9  mm. 

Vorkommen:  Im  Alveolinen  -  Kalk  des  nördlichen  Djebel 
el-'Ansärije.   Flussgerölle  im  Nähr  el-Abjad. 

Operculina  sp. 
Taf.    XVII.    Fig.    1. 

Klein.  Durchmesser  5  mm.  2  —  27-2  Umgänge,  langsam 
zunehmend.     Scheidewände  regelmässig  gebogen. 

Vorkommen:  ^Ja  Stunden  östlich  'Aintäb  in  grobkörnigem 
Kalk  mit  Numnmlites  iHiriolaria,  ferner  im  Kieselkalk  mit  Pecfen 
qiiinquepartitus  Blanck.  bei  Tab  nordwestlich   'Aintäb. 

Operctilina  sp. 
Taf.  XVII,    Fig.    2. 

Durchmesser  8  —  15  mm.  2  Y^  Umgänge,  schnell  zunehmend 
an  Breite.      Scheidewände  gebogen. 

Vorkommen:  Oestlich  'Aintäb  mit  voriger  zusammen,  ebenso 
bei  Tab  nordwestlich   'Aintäb. 

Nil  muri!  li(es^)  variolaria  Lam.    sp. 

Klein.  Durchmesser  2  mm.  Bikonisch  oder  linsenförmig  mit 
scharfem  Rande,    beiderseits   in  der  Nabelregion  knopfförmig  an- 

')  Von  dieser  wiclitis'sten  FiOcängattuiit;:  Hoot  mir  aus  Nord-Syrien 
leider  nur  mehr  un\ollstiiiidiges  Material  vor,  da  meine  scliöne  Samm- 
lung' von  Nummxditcn  aus  den  nördlichen  Nnsairier-(iebirge  zwischen 
Lädikije  und  Djisr  esch-Schughr  verloren  gegangen  ist. 


340 


geschwollen.  Oberfläche  mit  genäherten,  ziemlich  geraden  Radial- 
falten versehen,  welche  am  Rand  stärker  hervortreten  und  dort 
deutlich  nach  hinten  gekrünnnt  sind.  Spira  regelmässig  an- 
wachsend. Spiralblatt  viel  dünner  als  die  Kammerhöhe.  Central- 
kanimer  klein.  Tier  Umgänge.  Kammerwände  besonders  im  letzten 
Umgang  stark  gebogen. 

Vorkommen:  Erster  Vertreter  des  Xummuliten-Geschlechts 
im  (Unter-)  Eocän  von  'Aintäb,  vereinzelt  im  Feuerstein  führen- 
den Foraminiferen-Kalk  mit  Operculinen.  Heterosteginen,  Balanen 
etc.,  ^/4  Stunden  östlich  und  1  Stunde  südsüdöstlich  'Aintäb; 
ferner  in  ähnlichem  grobkörnigem  Kalk  bei  Halise.  3  Stunden 
nordnordöstlich  Aleppo.  —  Im  Nusairier- Gebirge  bei  Kastal  Big- 
däsch  auf  dem  Gebirgsübergang  von  Lädikije  nach  Djisr  esch- 
Schughr  im  Numniuliten  -  Kalk  zusammen  mit  N.  Lucasana  v. 
ohsoleta  und  Ah-eolina  fnvmentiformis. 

Fraas  führt  dieselbe  Art  aus  Uebergangsschichten  von  Kreide 
in  Eocän  Palästinas  an,  nämlich  aus  den  obersten  Schichten  des 
Oelbergs.  weisser  Kreide  mit  Feuerstein,  welche  er  noch  als  cre- 
taceisch  auflasst,  da  sie  Osfrea  vesicnlaris  führen.  Die  Nunnnu- 
liten  „stellen  sich'"  dort  aber  erst  „in  den  obersten  Feuersteinen 
ein,  die  gänzlich  von  den  ausgezeichnet  erhaltenen  kleinen  Ge- 
häusen erfüllt  sind"  und  wohl  richtiger  ähnlich  wie  bei  'Aintäb 
als  Anfang  der  Eocänbildungen  gedeutet  werden. 

In  Aegypten  tritt  N.  rariolaria  nach  Zittel  hauptsächlich 
in  der  oberen  Abtheilung  der  libyschen  Stufe  fUntereocän) ,  aber 
auch  in  den  jüngsten  eocänen  Ablagerungen  in  Begleitung  von 
K  infer media  und  N.  Fichieli  auf. 

Nummulifes  Lucas  an  a  v.  ohsoleta  de  la  Harpe. 

De  LA  Harpe.  Bull.  sog.  geol.  P'rance,  1877,  3.  ser.,  vol.  V,  p.  824, 
t.  14,  f.  8.  —  Mon.  der  in  Aegj-pten  und  der  libyschen  Wüste 
vorkommenden  Nummnliten.     Palaeont.,  XXX,  1883,  p.  54. 

Durchmesser  der  grössten  Exemplare  5  mm  bei  27-2  nun 
Dicke,  kleine  Exemplare  3  mm  bei  IY2  mm  Dicke.  Linsenförmig, 
bikonisch,  oft  in  der  Mitte  verdickt  mit  angeschwollenem  Nabel 
und  zugeschärftem  Rand.  Querschnitt  rhombisch  bis  spindelförmig. 
Centralkannner  gross.  Das  ziemlich  regelmässige  Gewinde  besteht 
aus  fünf  Umgängen. 

Vorkommen:  Im  Nummuliten-Kalk  des  Nusairier-Gebirges 
bei  Kastal  Bigdäsch  zusammen  mit  ÄlreoHna  fnimeufiformis  und 
NumniuUtes  rariolaria.  Ferner  in  Feuersteinknollen  des  harten 
Kieselkalks,   1^2   Stunden  westlich    Aintäb. 


3^1 

NummuJites  cf.   C//at;awwesi  de  i.a  Harpe. 

6  mm  Durchmesser.  Niedrig  linsenförmig.  Oberfläche  glatt 
Rand  gekielt  (?).  Centralkammer  klein.  Fünf  Umgänge,  im  Ver- 
hältniss  von  1  :  P/a   bis   1:2  an  Breite  zunehmend. 

Vorkommen:  In  einem  grünlich  grauen,  buntkörnigen, 
porösen,  conglomeratartigen  Kalkgestein  bei  Tab.  3  Stunden  nord- 
westlich -Aintäb  an  den  Quellflüssen  des  'Afrin  (Obereocän?). 

Nnmmulites  intermedia  d'Arch. 

Durchmesser  11  mm,  10 — 12  Umgänge.  Schale  stark  wellig 
gebogen,  linsenförmig  niedergedrückt.  Obei-fläche  glatt.  Septal- 
wanderungen  wellig  hin  und  her  gebogen,  schnurförmig ,  ver- 
schmelzen in  unregelmässiger  Weise  mit  einander,  sodass  ein  Netz 
von  wurmförmig  gewundenen,   länglichen  Maschen  entsteht. 

Vorkommen:  Mit  voriger  zusammen  in  conglomeratarti- 
gem,  sandigem  Kalkgestein,  nordwestlich  von  Aintäb  am  Wege 
nach  Mar'asch  (Obereocän?). 

Nummulites  Fichteli  Mich.? 

Durchmesser  3  —  3^/4  mm.  Dicke  1  —  1  Y2  mm.  Linsen- 
förmig, in  der  Mitte  angeschwollen.  Rand  stumpf  oder  schnei- 
dend. Oberfläche  glatt.  Wird  dieselbe  geätzt,  so  sieht  man  eine 
netzförmige  Zeichimng  von  polygonalen,  nicht  verlängerten  Maschen. 

Vorkommen:  Mit  voriger  zusammen  bei  Tab  nordwestlich 
'Aintäb.  auf  dem  rechten  Ufer  des  oberen  "Afrin. 

Nummulites  div.  sp. 

Vorkommen:  In  den  Nummuliten-  und  Alveolinen- Kalken 
der  Kammhöhen  und  Westabfälle  des  Djebel  el-'Ansärije  (Kastal 
Bigdäsch,  Dämat,  Ruweise  el  -  Hersch) ;  Gebirge  im  Osten  des 
mittleren  Nähr  el-'Asy  (Mischlamün  bei  Djisr  esch-Schughr,  Dje- 
bel el-Alä);   Umgegend  von  'Aintäb. 

Ueber  das  angebliche  Vorkommen  von  Nummulites  Gisehensis 
Ehr.  und  N.  cnrvispira  Men.  bei  Arablar  im  Nordwesten  von 
'Aintäb  siehe  oben  im  geologischen  Tlieil  dieser  Arbeit. 

Aus  Mittel-Syrien  kann  ich  nur  anführen: 

Nummulites  curvispira  Men. 

Durchmesser  8  mm.  Umgänge  7  bei  einem  Radius  von  4  mm. 
8  Scheidewände  auf  ^/i  des  dritten,  12  —  13  auf  Y4  des  sie- 
benten Umganges.  Centralkammer  sehr  gross.  Umgänge  vom 
Centrum  nach  aussen  an  Entfernung  zuerst  abnehmend,  später 
sich  gleichbleibend. 

Vorkommen:     Ba'albek. 

Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  2.  23 


342 


Aus  Süd -Syrien  werden  noch  von  Lartet  erwähnt: 

Nummulites  Biarritzensis  d'Arch., 
—  Guettardi  d'Arch. 

aus  Kalkstein  und  kreideartigem  Mergel  mit  Feuerstein  vom  Djebel 
Garizim.  von  Sichern  und  Saida,  Schichten,  welche  dort  unmittel- 
bar über  der  Kreide  liegen. 

Heterostegina  assilinoides  n.  sp. 
Taf.  XVn,  Fig.  4  —  6. 

Durchmesser  16  mm.  Oberfläche  glatt.  In  der  Mitte  knopf- 
förmig  verdickt.  Umriss  annähernd  kreisförmig.  2  —  3  Umgänge. 
Spiralblatt  äusserlich  kaum  zu  erkennen  (vergl.  Fig.  4  a).  Haupt- 
septa  dicht  gedrängt  in  langen,  wellig  gebogenen  Spiralen,  der 
Peripherie  fast  parallel,  um  das  Centrum  kreisend  und  nach  ihm 
hinstrebend.  So  haben  Bruchstücke  dieser  Heterostegina  voll- 
ständig das  Aussehen  von  Assilinen  und  erinnern  auch  an  Orbi- 
culinen  (0.  numismalis  d'Orb.   des  Pliocäns). 

Secundärsepta  senkrecht  zu  den  Hauptsepten,  häufig  noch 
dichter  als  diese  gedrängt ;  daher  Kammerabtheilungen  meist 
oblong,  in  radialer  Richtung  gestreckt,  wie  dies  Fig.  4a  zeigt. 
Diese  schmale  Beschaffenheit  der  kleinen  Kammern  ist  aber 
keineswegs  innner  vorhanden,  sondern  ihre  Gestalt  variirt.  Sind 
die  Kammertheile  mehr  quadratisch  bis  sechseckig  rundlich  und 
die  Hauptsepta  mehr  radial  (vergl.  Fig.  5).  so  ist  diese  Hete- 
rostegina von  H.  ruida  Schwager  aus  dem  Eocän  Aegyptens  nur 
durch  die  grössere  Nähe  beider  Arten  von  Septen  und  die  demge- 
mäss  viel  grössere  Zahl  der  Kammerabtheilungen  zu  unterscheiden. 

Vorkommen:  Häufig  östhch  "Aintäb  in  Feuerstein  führen- 
dem Kalk  mit  Operculinen,  Nummulites  variolaria,  Pecfen  (Unter- 
eocän). 

Orhitoides  sp. 

Linsenförmig,  fast  regelmässig  gewölbt.  Abfall  von  der 
Mitte  zu  den  Rändern  gleichmässig;  Rand  scharf.  Durchmesser 
3  —  7  mm.     Dicke  ^/^  —  2  mm.     Durchschnitt  spindelförmig. 

Vorkommen:  Sehr  häufig  in  den  Feuersteinen  1  Y2  Stunde 
westlich  'Aintäb. 

Orhitoides  sp. 

Flach  scheibenförmig,  in  der  Mitte  einerseits  knopfförraig 
angeschwollen.  Durchmesser  7  mm.  Dicke  1  mm,  im  Centrum 
2  mm.     Durchschnitt  mehr  oder  weniger  parallelrandig. 

Vorkommen:  Mit  voriger  zusammen  sehi'  häufig  in  den- 
selben Feuersteinknollen. 


343 


Anthofioa, 

Porites  intertninata  n.  sp. 

Ein  Knollen  (abgerundetes  Flussgerölle)  von  13  :  10  :  6  cm 
Durchmesser,  ganz  aus  dieser  Koralle  zusammengesetzt. 

Die  einzelnen  Sternzellen  sind  als  solche  nicht  zu  erkennen, 
da  eine  deutliche  Umgrenzung  fehlt.  Der  Querschnitt  entspricht 
vollkommen  demjenigen  von  Porites  raniosa  Cat.  bei  Reuss  ^ 
Es  ist  ein  feines  unregelmässiges  Gewebe  von  kurzen  Fasern,  die 
an  knotigen  Verdickungen  unter  einander  verbunden  sind.  Nur 
mit  Mühe  erkennt  man  hie  und  da  etwa  sechs  oder  zwölf  solcher 
Fasern  in  radialer  Stellung,  die  nach  einem  Centrum  streben, 
aber  kurz  vor  demselben  in  einer  knotigen  Verdickung  endigen, 
den  sechs  bis  sieben  Pfählchen,  welche  direct  unter  einander  ver- 
bunden scheinen.  Innerhalb  dieses  Kranzes  erscheint  im  Centrum 
ein  schwach  entwickeltes  Säulchen. 

Die  Längsansicht  der  Zellen  zeigt  feine  parallele  oder  kaum 
divergirende  „Stäbchen",  die  durch  dünnere,  kurze  Querfäden 
verbunden  sind,  daher  in  verticaler  Reihe  stehende  rundliche 
Löcher  zwischen  sich  lassen.  Es  entsteht  dadurch  ein  zartes, 
symmetrisches  Netzwerk,  genau  wie  bei  Pontes  incrustans  Defr. 
sp.  aus  dem  Miocän^). 

Diese  Koralle  war  nicht  ästig  verzweigt,  wie  die  eocäne 
Porites  ramosn  und  mehr  oder  weniger  auch  P.  nuwmulitica, 
sondern  bildete  vermuthlich  grosse  zusammenhängende,  massive 
Stöcke,  wovon  ein  abgerundetes  grosses  Bruchstück  vorliegt. 
Schichtung  wie  bei  P.  ramosa  ist  nicht  vorhanden. 

Da  das  GeröUe  oberflächlich  mit  Bohrmuschellöchern  behaftet 
ist,  die  letzte  Meeresbedeckung  der  betreffenden  Localität,  wäh- 
rend welcher  diese  Löcher  entstanden  sein  konnten,  aber  in  das 
Miocän  fällt,  so  vermuthe  ich,  dass  die  Koralle  selbst  älteren 
Datums  ist,  also  dem  am  Nähr  el-Abjad  hauptsächlich  verbrei- 
teten Eocän  angehört,  in  dem  die  Gattung  Porites  zweifellos  auch 
durch  die  folgende  Form  vertreten  ist. 

Vorkommen:  Flussgerölle  im  Nähr  el-Abjad,  einem  linken 
Nebenfluss  des  Orontes  nördlich  von  Djisr  esch-Schughr  im  Djebel 
el-'Ansärije. 

Porites  cf.  incrustans  Defr.   sp. 

Steinkern.  Bildet  deutlich  übereinander  liegende  Schichten. 
Die    einzelnen  Zellen    sind  an  der    sternförmigen  Anordnung  der 


')  Reuss.     Anthozoen    und  Bn,-ozoen    von  Crosara.     Denkschr.  d. 
k.  Akad.  d.  Wiss.  math.-naturw.  Cl,  XXIX.  Bd.,  1869,  t.  26,  f.  3. 
•')  Bei  Reuss.     Denkschr.  d.  Wien.  Ak.,  XXXI,  1872,  t.  17,  f.  6. 

23=^ 


344 


ausgefüllten  Zwischenräume  zwischen  den  Sternlamellen,  die  selbst 
meist  verschwunden  sind,   erkennbar. 

Diese  Porites-Form  lässt  sich  kaum  unterscheiden  von  dem 
Pontes  incrustans  des  Miocänkalks  im  Norden  des  Djebel  el-"Okrä 
und  von  Beirut. 

Vorkommen:  Im  Eocänkalk  der  Stadt  Djisr  esch-Schughr 
am  Ufer  des  Orentes. 

Heliastraea  Livoniani  n.   sp. 
Taf.  XVII,  Fig.  7  —  8. 

Die  Kelche  sind  einander  genähert  und  von  rundlicher  bis 
länglich  ovaler  Form.  Sie  besitzen  einen  dicken  Rand.  Dieser 
wie  auch  die  Kelchmitte  ragen  etwas  aus  ihrer  Umgebung  empor. 

Der  Durchschnitt  der  Kelche  beträgt  7  — 11  mm.  Es  sind 
drei  deutliche  Cyclen  von  Septen  vorhanden,  deren  erster  von 
12  Septen  bis  zur  dicken  spongiösen  Axe  reicht.  Die  Septen 
werden  in  grossen  Abständen  durch  sehr  dünne  Endothekallamellen 
verbunden. 

Die  ca.  48  Rippen  stossen  in  den  Zwischenräumen  der 
Kelche  winklig  zusammen.  Zwischen  ihnen  finden  sich  zahlreiche 
dicke  Exothekallamellen. 

Vorkommen:  Von  Herrn  Prof.  Livonian  aus  'Aintäb  im 
Eocän  4  Stunden  nordwestlich  'Aintäb  auf  dem  Wege  nach 
Mar'asch  gesammelt. 

Solenastraea  sp. 
Taf.  XVn,  Fig.  9. 

Knolliger  Polypenstock.  Kelche  vertieft,  von  kreisrunder 
Form.     Durchmesser  3  —  4  mm. 

Septa  sehr  dünn,  zickzackförmig  hin  und  her  gewunden. 
Drei  deutliche  Cyclen.  Erster  Cyclus  von  10 — 12  Septen  bis  in 
die  Nähe  der  Mitte  reichend,  an  seinem  Innenrand  oft  verdickt. 
Axe  spongiös,  rudimentär,  im  Querschnitt  nur  in  undeutlichen  Spu- 
ren erscheinend.    Ganze  Zelle  meist  von  blasigem  Endothek  erfüllt. 

Rippen  kurz.  Zellen  unter  einander  durch  bald  reichliche, 
bald  spärliche  Exothek  verbunden. 

Vorkommen:  Im  Eocän?  bei  'Arablar  nordwestlich  'Aintäb 
von  Herrn  Prof.   Livonian  gesammelt. 

Isastraea  Michelottina  Cat.   sp. 

Astraea  3IicIielottina  Catullo:     Dei  terr.  sedim.  sup.  delle  Venezie 

etc.,  p.  60,  t.  13,  f.  1. 
Prionastraea  Michelottina  Meneghini    in  d'Achiardi:     Corall.   foss. 

del  terr.  numm.  dell'  Alpi  Venete.      Catalogo   delle  specie  etc., 

1867,  p.  7. 


345 

Isastraea  Mtchelottina  Reuss:  Die  fossilen  Anthozoen  und  Bryo- 
zoen  der  Schichtengruppe  von  Crosara.  Denkschr.  d.  k.  k.  Ak. 
d.  Wiss.     Wien  1869,  XXIX,  p.  247,  t.  24,  f.   1. 

Vorkommen:  Diese  Art  des  Obereocäns  von  Crosara  fand 
ich  in  mehreren  Stücken  im  Nnmmuliten-Kalk  fObereocän)  zwi- 
schen Tab  und  -Arablar  nordwestlich    Aintäb. 

Desmocladia  septifera  Reuss. 

Besmodadia  septifera  Reuss:  Paläont.  Studien  über  die  älteren 
Tertiärbild.  d.  Alpen,  I.  Die  fossilen  Anthozoen  der  Schichten 
von  Castelgomberto.  Denkschr.  d.  Wien.  Ak.,  1868,  XXVIII, 
p.  37,  t.  55,  f.   1—4. 

Vorkommen:  Sieben  Stunden  nördlich  'Aintäb  gesammelt 
von  HeiTn  Prof.  Livonian.  — •  Sonst  ist  die  Art  nur  bekannt 
vom  Monte  Sta  Trinita  bei  Castelgomberto  (Oligocän). 

Trochosmilta?  sp. 

Niedrige  Einzelkoralle  von  elliptischem  Querschnitt.  4  cm 
lang.  3V2  cm  breit.  Septen  dünn,  geradlinig,  fast  bis  zur  Mitte 
reichend,  schwach  gekörnelt,  an  Zahl  ungefähr  72.  Die  Aussen- 
wand  ist  mit  scharf  leistenartig  hervortretenden  Rippen  bedeckt, 
unter  denen  etw'a  12  mehr  als  die  übrigen  (4  mm  weit)  schneidig 
vorragen.  * 

Vorkommen:  Bei  Tab  nordwestlich  'Aintäb  in  dunklem 
Hornstein,   der  erfüllt  ist  von  Operculinen. 

Trochosmilia?  sp. 

Steinkern.  Niedrig  kreiseiförmig,  seitlich  zusammengedrückt. 
20  mm  hoch.   35  mm  lang,   28  mm  breit.    Ungefähr  100  Septen. 

Vorkommen:  Im  Alveolinen-Kalk  am  Nähr  el-Abjad  im 
nördlichen  Nusairier- Gebirge. 

Stylophora  cf.  Bamesi  Felix. 

Taf.  XVn,  Fig.  10. 

Vergl.  Stylop/m-a  Bamesi  Felix:  Korallen  aus  ägypt.  Tertiärbild. 
Diese  Zeitschr.,  1884,  p.  434,  t.  4,  f.  1  —  4. 

Aestiger  Korallenstock.  Aeste  seitlich  comprimirt,  5^8  mm 
breit,   3  mm  dick. 

Die  warzenförmig  hervortretenden  Kelche  stehen  ziemlich 
dicht;  ihre  gegenseitige  Entfernung  ist  ebenso  breit  als  sie  selbst. 
Sie  gruppiren  sich  in  schräg  nach  oben  gerichteten  Spiralen.  Der 
ümriss  der  Kelche  ist  oval.  1  mm  lang.  7^  J""i  breit.  Sie  sind 
rings  von  einem  scharfen  .  steil  aufragenden  Rand  umgeben. 
Septalapparat  nicht  erhalten. 


346 


Die  Oberfläche  rles  zwischen  den  Zellen  befindlichen  Coenen- 
chyms  zeigt  feine,  gekörnelte,  wenig  gebogene  Linien,  welche, 
von  den  Kelchen  ausgehend,  meist  in  verticaler  Richtung  oder 
schräg  aufwärts  verlaufen.  Ein  besonderes  Zäpfchen  am  Unter- 
rand des  Kelches,  von  dem  bei  Sti/lopJiora  Damesi  diese  Linien 
ausgehen,  wurde  nicht  beobachtet.  Die  Rippchen  sind  sowohl 
unter  als  neben  und  über  den  Kelchen  vorhanden. 

Vorkommen:  Ln  grauen  Hornstein  südlich  von  'Aintäb.  — 
Stylophora  Damesi  Felix  stammt  aus  der  untertertiären  Schicht 
„AA"  Schweixfurth's  vom  Nordabhang  der  Steilwand,  100  Fuss 
über  dem  Wadi  Bela  ma  nördlich  Wadi  Dugla  in  Aegypten. 

Echinoidea, 

Echinolompas  aintahensis  n.  sp. 
Taf.  XMIL  Fig.  L 

Länge  65  mm.  Breite  60  mm.  Höhe  27  mm.  Umriss  breit 
elliptisch.  Grösste  Breite  in  der  Mitte  der  Längsausdehnung. 
Oberseite  niedergedrückt,  gleichniässig  gewölbt,  in  der  Mitte  am 
höchsten.  Scheitel  excentrisch  nach  vorn.  Unterseite  fast  flach, 
gegen  die  Ränder  sehr  gerundet,  leicht  kissenförmig,  um  das 
Peristom  etwas  eingesenkt. 

Die  vier  Genitalporen  weit  offen;  Madreporenplatte  in  der 
Mitte  des  Scheitelapparates. 

Porenfelder  ungleich  lang  und  ziemlich  breit.  Das  vordere 
unpaare  etwas  kürzer  als  die  vorderen  paarigen.  Bei  letzteren 
sind  die  vorderen  Porenzonen  nur  schwach  gebogen,  die  hinteren 
um  13  Porenpaare  länger  als  die  vorderen.  Die  hinteren  Ambu- 
lacren  sind  länger  als  die  drei  vorderen;  ihre  beiden  Porenzonen 
sind  genau  gleich  lang.  Die  sechs  hinteren  Porenzonen  sind 
gegen  den  Scheitel  etwas  eingedrückt.  Sämmtliche  fünf  Zwischen- 
porenzonen merklich  erhaben. 

Die  Unterseite  ist  an  dem  vorliegenden  Exemplar  schlecht 
erhalten.  Die  Afterlücke  liegt  hinten  hart  unter  dem  Rand  und 
ist  von  quer  elliptischem  Umriss. 

Verwandtschaft:  Diese  Art  hat  ihre  nächsten  Verwandten 
im  Eocän  Aegyptens.  von  denen  sie  sich  aber  wohl  unterschei- 
den lässt: 

Ech.  Perrieri  de  Lor.  ^)  aus  den  obersten  Nummuliten  -  Ab- 
lagerungen östlich  der  Oase  Sinah  hat  im  Verhältniss  zur  Länge 
eine  geringere  Breite.  Die  Poreiizoncn  sind  in  allen  Ambulacren 
eingedrückt,  die  der  hinteren  Ambulacren  ungleich  lang. 


')  De  Loriol.    Eocene  Echiniden  aus  Aegvpten  und  der  libvsch. 
Wüste.     Palaeont,  XXX,  2.    Cassel,  1883,  p.  25,  t.  VII,  f.  2  —  3. 


347 


Bei  E.  Aschcrsoni  de  Lor.  ^)  aus  der  Mokattamstiifc  der 
Oase  Beharieh  sind  die  Fühlergänge  alle  viel  länger,  die  Inter- 
poriferenzone  nicht  erhaben.  Die  grösste  Wölbung  liegt  excen- 
trisch  vorn  am  Scheitel. 

E.  istrianus  Bittn.  -)  aus  dem  südalpinen  Eocän  ist  höch- 
stens 51  mm  lang  und  vorn  am  breitesten,    auch  höher  gewölbt. 

E.  discoideus  d'Arch.  ^)  hat  denselben  Umriss  und  dieselbe 
Höhe.  Nur  ist  der  Scheitel  der  höchste  Punkt.  Die  Petala  sind 
länger  und  flach.  Ein  EcJdnolampas  von  ähnlicher  Beschaffenheit 
wie  E.  discoideus  wird  von  d'Archiac*)  aus  Kleinasien  (Kappa- 
docien)  citirt.  Möglicherweise  ist  dieser  mit  der  vorliegenden 
Form  des  Kurdengebirges  ident. 

Vorkommen:  Aus  der  Gegend  von  'Aintäb,  mit  verän- 
derter Schale  erhalten,  aus  hartem  Kalk  stammend  (Geschenk  des 
Herrn  Prof.  Livonian). 

Echinolampas  sp.  äff.  Stiessi  Laube. 

Tat".  XYin,  Fig.  2. 

Vergl.  Denkschr.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.     Wien,  XXIX,  1869,  p.  247, 
t.  4,  f.  2. 

Längsdurchmesser  86  mm,  Breite  79  mm.  Höhe  24  mm. 
Noch  etwas  flacher  als  E.  Snessi.  Scheitel  noch  excentrischer 
nach  vorn  gerückt.  Ambulacra  etwas  hervorragend  aus  der  all- 
gemeinen Oberfläche.  Porenzonen  nicht  bis  zum  Rande  reichend, 
blos  ^/i  des  Radius  einnehmend.  Genitalporen  schwach  erkennbar. 
Unterseite  gegen  das  Peristom  etwas  eingesenkt. 

Vorkommen:  Wie  vorige  aus  Kalk  von  •Aintäb,  mit  Schale 
gut  erhalten. 

Ananchytes  orhicularis  n.   sp. 

Ein  Exemplar  mit  Schale. 

Halbkugelig.  Grösste  Breite  und  Länge  an  der  Basis.  Letz- 
tere kreisförmig,  nur  hinten  etwas  zugespitzt,  ebenso  lang  als 
breit  (72  mm).  Vom  abgerundeten  Rande  der  Basis  erhebt  sich 
die  Schale  zuerst  steil,  dann  in  regelmässiger  Wölbung  zu  einer 
Höhe  von  44  mm  am  Scheitel.  Basis  etwas  vertieft.  In  der 
Mitte  verläuft   vom  Munde,    der  in    einer  vertieften  Grube  liegt, 


1)  De  Lokiol,  1.  c,  p.  28,  t.  VIII,  f.  2. 

*)  BiTTNER.  Beitrag  zur  Kenntn.  d.  altt.  Echiniden  der  Südalpen, 
p.  36,  t.  VlII,  f.  1—2. 

^)  DArchiac  et  Haime.    Anim.  foss.  de  l'Inde,  p.  209,  t.  14,  f.  3. 

*)  D'Archiac,  Fischer  et  de  Verneuil.  Paleontologie  de  l'Asie 
mineure,  p.  185. 


348 


ein  Wulst  zum  After.  Letzterer  ist  rundlich  und  liegt  hart 
am  Rand. 

Oberseite  glatt,  ohne  Furchen,  nur  die  hinteren  Interambu- 
lacralfelder  erheben  sich  ein  wenig  gegen  das  Periprokt  hin.  Sänimt- 
liche  Interanibulacraltafeln  von  gleicher  Höhe.  Anibulacraltafeln  viel 
niedriger,  ungleich,  gegen  oben  an  Höhe  abnehmend.  An  den 
Seiten  über  dem  Rand  entsprechen  einer  Interambulacraltafel  1 Y2 
Anibulacraltafeln.     Nahe  dem  Scheitel  ist  das  Verhältniss   1  :  5. 

Poren  eiförmig,  durch  eine  seichte  Furche  paarweise  ver- 
bunden.    Porenpaare  horizontal. 

Verwandtschaft:  Der  Unterschied  von  der  nächstver- 
wandten Ä.  ovata  und  allen  anderen  auf  die  Kreide  beschränkten 
Arten  dieser  Gattung  beruht  in  der  kreisförmigen  Gestalt  der 
Basis.     Auch  hat  A.  ovata  keine  vertiefte  Basis. 

Vorkommen:  Aus  weichem,  hellem  Kalkstein,  eine  Stunde 
südlich  Aintab  gesammelt  von  Herrn  Prof.  Livonian,  wahrschein- 
lich aus  denselben  Schichten  wie  Sehizaster  vicinalis,  ScIi.  ?  cf. 
amhulacrum  und  Seh.  cf.  rimosus.  Ich  selbst  habe  den  speciellen 
Fundpunkt  nicht  besucht ,  in  seiner  Nähe  aber  sah  ich  nur 
eocäne  Schichten. 

Ananchytes  sp.   cf.  orhiciilaris  Blanck. 

Kieseliger  Steinkern.  Basis  kreisförmig  oval,  68  mm  lang, 
64  mm  breit,  vorn  abgestumpft,  hinten  nur  wenig  zugespitzt,  von 
den  Seitenrändern  aus  nach  der  Mitte  stark  eingesenkt.  In  der 
Längslinie  zwischen  Mund  und  After  eine  wulstartige  Erhebung. 
After  rund,   direct  am  Rande. 

Oberseite  relativ  niedriger  gewölbt  als  bei  voriger  Form, 
von  der  Basis  schief  aufsteigend.    Höhe  24  mm.     Sonst  wie  vorige. 

Verwandtschaft:  Die  flachere  Wölbung  und  geringere  Höhe 
ist  vielleicht  nur  durch  die  Art  der  Versteinerung  nachträglich  ent- 
standen, und  es  gehört  das  Individuum  doch  noch  zu  voriger  Art. 

Vorkommen:  In  dem  eocäncn  Kieselkalk  resp.  Hornstein 
von  'Aintab  gefunden  von  Herrn  Livonian,  vermuthlich  zusam- 
men mit  Pencosmus  sp. .  der  genau  dieselbe  Erhaltungs-  und 
Gesteinsart  zeigt. 

Sehizaster  vicinalis  Ag. 

COTTEAU.     Pal.  fran§.,  p.  328,  t.  98  —  99. 
Dames.     Palaeontrgr.,  XXV,  t.  9,  f.  4. 

Vorkommen:  Mit  Schale  wohl  erhalten  aus  einem  weissen, 
weicheren  Kalkgestein  der  Umgegend  von  'Aintab,  gesammelt  von 
Herrn  Livonian.  Die  Art  ist  sonst  nur  bekannt  aus  oberem 
Eocän. 


349 


Schizaster  cf    rimosus  Ag. 
Taf.  XVm,  Fig.  3. 
CoTTEAU.     Pal.  frang.,  t.  100. 

Ein  weniger  gut  erhaltenes  Schalenexemplar  zeigt  mit  S. 
rimosHs  die  grösste  Aehnlichkeit ,  ist  aber  nicht  genauer  be- 
stimmbar. 

Vorkommen:  Vermuthlich  in  denselben  Schichten,  hellem 
Kalkstein,  wie  vorige  Art  bei  'Aintäb  gefunden  von  Herrn  Livonian. 

Schizaster  sp. 
Taf.   XVIII,  Fig.   4. 

Kieseliger  Steinkern.  Länge  39 V2  mm.  Breite  37  mm.  Höhe 
2572  mm.  Schale  breit  eiförnig.  Seitenränder  gerundet.  Vorder- 
rand unmerklich  eingebuchtet.  Hinten  wenig  verschmälert.  Ober- 
seite hoch  gewölbt.  Der  höchste  Punkt  liegt  auf  dem  Interam- 
bulacralfelde  etwas  excentrisch  nach  hinten.  Unterseite  gewölbt. 
Hinterseite  vom  Periprokt  an  bis  zur  Unterseite  plötzlich  schief 
abgestutzt. 

Scheitelapparat  excentrisch  nach  vorn  gelegen.  Das  unpaare 
Ambulacrum,  16  mm  lang,  liegt  in  einer  breiten,  regelmässig 
concaven  Furche,  welche,  vom  Ende  der  Poren  an  seichter  wer- 
dend, sich  deutlich  erkennbar  bis  7A\m  Peristom  fortsetzt,  wo  sie 
sich  wieder  vertieft.  Die  Poren  jedes  Porenpaares  durch  ein 
Korn  getrennt.  Porenzonen  breit,  etwa  von  derselben  Breite  wie 
die  Zwischenporenzone. 

Vordere  Interambulacralfelder  gekielt.  Die  vorderen  paa- 
rigen Ambulacra,  12  mm  lang,  liegen  in  einer  noch  tieferen, 
schwach  S  förmig  gekrümmten  Furche.  Im  Ganzen  bilden  sie  in 
ihrer  allgemeinen  Erstreckungsrichtung  mit  einander  einen  Winkel 
von  ungefähr  86 ".  Porenzone  breiter  als  die  Interporiferenzone 
und  als  die  Porenzone  des  unpaaren  Ambulacrums,  ganz  auf  den 
aufsteigenden  Seitentheilen  liegend,  die  äusseren  Poren  beinahe 
oben  auf  dem  Rand.  Interporiferenzone  sehr  schmal,  die  Rinne 
bildend. 

Hintere  paarige  Ambulacra  sehr  kurz,  4^2  mm  lang, 
von  kreisrundem  Umriss. 

Die  Furchen  der  zwei  kurzen  hinteren  Ambulacra  setzen  sich 
auf  der  Oberseite  noch  deutlich  bis  zur  Höhe  des  Afters  fort. 

Peristomgegend  vertieft.  Das  Peristom  scheint  dreieckig  ge- 
wesen zu  sein  mit  stumpfem  Winkel  an  der  vorderen  Seite  oder 
Oberlippe.  After  eiförmig,  an  der  unteren  Seite  zugespitzt,  oben 
gerundet.  Darunter  befindet  sich  eine  flache  Area,  der  abge- 
stutzte Theil  der  Hinterseite. 


350 


Verwandtschaft:  Dieser  Schizasfer  steht  dem  Seh.  foveatus 
Ag.  aus  dem  französischen  Eocene  superieure ')  und  aus  den 
tiefststen  und  höchsten,  Nummuliten  führenden  Lagen  der  liby- 
schen Wüste  und  des  Djebel  Mokattam-)  nahe.  Indessen  giebt 
es  genug  Unterschiede,  um  beide  leicht  auseinander  zu  halten, 
so  besonders  die  geringere  Grösse,  die  subcentrale  Lage  des 
Scheitelapparates,  den  stumpfen  Winkel  der  vorderen  paarigen 
Ambulacren.  die  relativ  grössere  Länge  der  hinteren  Ambulacra 
etc.  bei  Seh.  foveatus. 

Vorkommen:  In  der  Umgegend  von  'Aintäb  aus  kiesel- 
reichem Kalk,   gesammelt  von  Herrn  Livoxian. 

Schizaster?  sp. 
Taf.  XVm,  Fig.  5. 

Ein  Exemplar  mik  Schale  erhalten.  Länge  60  mm,  Breite 
61  mm,  Höhe  3272  mm.  Form  und  Grösse  stimmt  mit  Sehi- 
caster  lucidus  Laube  emend.  Dämes  ^)  überein;  nur  ist  der 
Vorderrand  etwas  weniger  ausgebuchtet,  und  die  Wärzchen  im 
Plastrum  stehen   so  dicht  wie  bei  Seh.  ambulacrum  Desh.  sp.'*). 

Diesen  Seeigel  könnte  man  sehr  wohl  als  eine  Zwischenform 
von  Schizasfer  lucidus  Laube  und  Seh.  ambulacrum  Ag.  ansehen, 
wenn  nicht  der  aufli'allende  Umstand  vorhanden  wäre,  dass  die 
für  die  Gattung  Schizasfer  charakteristischen  Lateralfasciolen  trotz 
der  relativ  guten  Erhaltung  der  Oberseite  nicht  zu  sehen  sind, 
während  man  die  Peripetalfasciolen  sehr  wohl  beobachtet.  liCtz- 
tere  springen  zwischen  den  Ambulacralfeldern  winklig  ein,  die 
Ambulacra  sind  alle  stark  vertieft:  es  kann  also  von  einer  He- 
miaster  -  Art  nicht  die  Rede  sein.  Vorläufig  möchte  ich  dieses 
Fehlen  der  Lateralfasciolen  nur  für  individuell  und  zufällig  hal- 
ten;  anderenfalls  hätte  man  ein  neues  Genus  vor  sich. 

Ditremaster  sp. 
Taf.   XVm,    Fig.   6. 

Kieseliger  Steinkern.  Länge  33  mm.  Breite  29  mm.  Höhe 
17  mm.  Hat  die  Grösse  von  Ditremaster  dux  (Des.)  Munier 
Chalm.   bei  Cotteau,  Pal.  franQ.  Echinides,  t.  118,  während  er 


^)  Cotteau.    Pal.  fran?.,  Echinides,  t.  106. 

^)  De  Loriol.  Eoeäne  Echiniden  aus  Aegypten  u.  d.  lib.  Wüste. 
Palaeont.,  XXX,  2,  1,  p.  44,  t.  9,  f.  8  —  9. 

5)  Laube.  Echin.  Vic.  Tert.,  p.  32  (ex  parte).  —  Dames.  Die 
Echiniden  d.  vicentin.  Tertiärabi.    Palaeont.,  XXV,  p.  69,  t.  10,  f.  1. 

*)  Deshayes.  Coq.  caract.,  p.  225,  t.  7,  f.  4.  —  Agassiz.  Cat. 
syst.  Ech.  foss.,  p.  3.  —  Dames.  Echin.  d.vicent.  Tert.,  p.  60,  t.  10, 
f.  1.  —  Cotteau.   Pal.  fran^.,  t.  95. 


351 

in  der  Form  mehr  dem  D.   Begrangei  Cotteau,    ibidem,   t.  118, 
f.  5  —  9  entspricht. 

Vorkommen:     Grauer,   kieseliger  Kalk  oder  Hornstein  bei 
'Aiutäb,  gesammelt  von  Herrn  Livonian. 

Pericosmus  sp. 
Zwei  kieselige  Steinkerne  aus  grauen  Hornsteinschichten  bei 
'Aintäb. 

Eupatagus  sp. 

Zahlreiche  Abdruckfragmente  im  gelblichen  Hornstein  süd- 
lich 'Aintäb. 

Bryo&oa. 

Membranipora  sp.  1  in  grauem  und  gelblichem  Horn- 
Eschara  sp.  }     stein  im  Süden  und  Nordwesten 

Cupularia?  sp.        j      von    Aintäb. 

Latnellihranchiata, 

Anoniia  sp. 

Flach.  35  mm  hoch.  25  mm  breit,  mit  ca.  50  dicht  ge- 
drängten,  concentrischen  Anwachsstreifen  und  zarten  Radiallinien. 

Vorkommen:  Im  weissen  Kreidekalk  von  'Aintäb  (Unter- 
eocän),  am  Hügel  des  Syrian  Protestant  College  der  amerika- 
nischen Mission,   auf   Valuta  hurpa  aufsitzend. 

Pecten  Livoniani  n.   sp. 

Taf.  XIX,  Fig.  1  a.  b. 

Pecten  sp.  ind.  cf.  laerüjatus  Goi.df.  bei  Fischer,  d'Archiac  et 
DE  Verneuii..  Paleontologie  de  TAsie  Mineure,  p.  147  in 
TcHiHATCHEFF :  Asie  Mineure. 

Maasse  zweier  mit  Schale  erhaltenen  Individuen: 
Höhe    .   .      34  beziehungsweise  36  mm, 
Länge  .   .     33  „  35    „ 

Dicke   .  .     12  „  13    „ 

Im  Maximum  erreichte  diese  Art  nach  den  vorliegenden 
hierher  gehörigen  Steinkernen  44  mm  Höhe  bei  43  mm  Länge. 

Fast  gleichklappig,  aber  ungleichseitig,  schief  rundlich,  indem 
die  Schale  in  einer  schiefen  Querlinie  parallel  der  Basislinie  des 
vorderen  Ohres  ausgedehnt  ist.  Wölbung  bei  beiden  Klappen 
ganz  gleichmässig. 

18  —  19  glatte  Rippen  laufen  gleichmässig  über  die  Ober- 
fläche, nacli  den  Septen  regelmässig  an  Stärke  zunehmend. 


352 


Auf  der  linken  Klappe  sind  die  Rippen  ein  wenig  höher  und 
von  halbkreisförmigem  Querschnitt,  gegen  den  Rand  zuweilen  mit 
sehr  stumpfer  Kante  in  der  Mitte  versehen.  Auf  der  rechten 
Klappe  sind  sie  mehr  abgeflacht. 

Die  Zwischenräume  zwischen  den  Rippen  sind  auf  beiden 
Schalen  gleich  gross,  daher  ebenso  breit  wie  die  Rippen.  Coii- 
centrische  Streifung  ist  sehr  zart  vorhanden  und  leicht  verwischt. 

Ohren  ungleich,  glatt.  Das  vordere  Ohr  tiefer  in  Folge  des 
unsymmetrischen  Zurücktretens  des  berippten  Schildes. 

Verwandtschaft:  Diese  Art  steht  unzweifelhaft  am  näch- 
sten dem  Pecten  Jaengatus  Golfuss.  Petr.  Germ.,  p.  68,  t.  97, 
f.  6,  aus  dem  Oligocän  von  Bünde,  von  dem  er  aber  doch  durch 
einige  Merkmale  unterschieden  ist.  P.  laevigatus  lerreicht  eine 
Grösse  von  30  mm.  Die  Rippen  sind  gerade  auf  der  rechten 
Schale  schmaler  und  höher  und  mit  stumpfer  Kante  versehen, 
auf  der  linken  breiter  und  flacher.  Die  vorderen  Ohren  haben 
zwei  deutliche,   die  hinteren  drei  schwache  Radialfurchen. 

Bemerkung:  Ich  nenne  diesen  Pecten  zu  Ehren  des  Pro- 
fessors der  Naturwissenschaften.  Herrn  Livonian,  am  'Aintäber 
College  der  amerikanischen  Mission,  welcher  die  vorliegenden 
Stücke  auf  dem  Gartengrundstück  des  College  in  'Aintäb  gesam- 
melt und  mir  freundlichst  geschenkt  hat. 

Vorkommen:  Lichter,  weicher  Kalkstein  und  kreideartiger 
Mergel  von  Aintäb.  —  Tchihatcheff  ^j  erwähnt  von  Gökagatsch 
und  nordwestlich  Angora  im  nördlichen  lOeinasien  aus  einem 
weissen  Kalk  neben  einer  Reihe  anderer  Eocänfossilien  (z.  B. 
Nummnlites  Lucasann)  einen  Pecten  äff.  laevigatus  Goldf.,  der 
höchst  wahrscheinlich  identisch  ist  mit  unserer  Art. 

Pecten  quinquex>artitn,s  n.   sp. 

Taf.  XIX,  Fig.  2  —  3. 

? Pecten  äff.  opercularis  d'Archiac,  Irischer  et  de  Verneuil.  Pa- 
leontol.  de  l'Asie  Mineure,  18G6,  p.  146.  —  TcHfflATCHEFF. 
Geologie  de  l'Asie  Mineure,  1867,  p.  223  und  238. 

Steinkerne  und  Abdrücke.     Höhe  36  mm.  Breite  33  mm. 

Beide  Schalen  convex,  ziemlich  gewölbt,  gleichseitig,  nahezu 
gleichschalig. 

17- —  20  dachförmige  Rinnen  schliessen  sich  ohne  merkliche 
Zwischenräume  direct  an  einander.  Jede  Rippe  ist  mit  5  Reihen 
von  Schuppen  verziert,  die  auf  dem  Abdruck  längliche,  quer  ge- 
stellte Löcher  hinterlassen  haben.  Die  zwei  äussersten,  am  tief- 
sten liegenden  Schuppenreihen  führen  kleinere,   an  Zahl  mindestens 


^)  Geologie  de  l'Asie  mineure,  p.  238. 


353 


anderthalbmal  so  viele  Schuppen  als  die  drei  mittleren  Reihen. 
In  dem  sehr  schmalen  Zwischenraum  zwischen  den  fünfgetheilten 
Rippen  zeigt  sich  oft  noch  eine  einzige  Reihe  ganz  winziger 
Schüppchen. 

Ohren  gross,  mit  7  — 10  schuppigen  Radialstreifen.  Das  vor- 
dere Ohr  ein  wenig  länger,   an  der  Basis  ausgeschweift. 

Verwandtschaft:  Dieser  Fecten  gehört  zu  der  vielgestal- 
tigen Gruppe  des  Pecien  opercnlnris  etc.,  von  der  man  viele 
Vertreter  von  der  Kreideperiode  bis  zur  Jetztzeit  kennt.  Ver- 
wandte Formen  sind  besonders: 

Pecten  mimidus  Coq.  aus  dem  Urgon  Algeriens, 

—  sectns  (lOLDF.  aus  Grünsand  von  Quedlinburg, 

—  Palassoui  Leim,    aus  der  Oberen  Kreide  der  Pyrenäen, 

—  suhtripartitus  d'Arch.  1  j        r^     ••  -o 

,,,,         ,  •     , .  }  aus  dem  Eocan  von  Bayonne, 

—  Ihorenh  d  Arch.  j 

—  Trhiliafcheffi  d'Arch.   aus  dem  Eocän  Kleinasiens. 

—  helUcosintns  Wood  aus  dem  Eocän  Englands, 
maerofis  Sow.  aus  dem  Miocän  von  Lissabon, 

—  Malvinae  Dub.  bei  Fuchs  fnon  Hörnes)  aus  dem  Miocän 

Aegyptens. 

—  opercularis  aus  Pliocän  und  Jetztzeit. 

Unter  den  eocänen  Formen  sind  bei  Pecien  suhtripartitus 
d'Arch.  ^)  die  Rippen  auch  in  mehr  als  zwei  Längsstreifen  ge- 
theilt,  aber  die  Theile  zeigen  nicht  so  hohe  Schuppen;  vor  Allem 
sind  die  Rippen  viel  zahlreicher  (26  —  28).  Der  Name  P.  Tho- 
renti  d'Arch.  bezieht  sich  auf  eine  flache  rechte  Schale  mit  22  bis 
23  halbkreisförmigen  schuppigen  Rippen,  zwischen  denen  breite, 
ebenfalls  längsgestreifte,  ebene  Zwischenräume  sich  befinden, 

jP.  heUicostatus  Wood,  ^)  hat  20  —  24  abgerundete  Rippen 
mit  dachziegelförmigen  Schuppen.  Die  ebenso  breiten  Zwischen- 
räume zeigen  5  Strahlen  feinerer  und  dichter  stehender  Schuppen. 
Das  vordere  Ohr  der  rechten  Klappe  ist  nicht  wie  das  unserer  Art 
bedeckt  mit  feinen  gekörnelten  Strahlen,  sondern  zeigt  besonders 
am  Grunde  concentrische  Anwachsstreifen. 

P.  Tcldhntcheffi  d'Arch.^)  ist  relativ  flach  und  trägt  25 
schmale,  wenig  ausgesprochene  Rippen. 

Näher  könnte  stehen  P.  atf.  opercularis  d" Kucn.'^) ,  ebenfalls 


>)  Mem.  SOG.  geol.  France,  I.  ser.,  tome  3,  p.  434,  t.  XII,  f.  14—16. 

^)  A  monogr.  of  the  Eocene  Bivalves  of  England.  The  palaeont. 
Society,  1870,  p.  38,  t.  8,  f.  11. 

ä)  d'Auchiac,  Fischer  et  de  Verneuil.  Paleont.  de  TAsie  Mi- 
neure,  p.  143,  t.  4,  f.  6. 

*)  Ibidem,  p.  146. 


354 


aus  dem  kleinasiatischen  Eocän,  bei  dem  indess  breite  Zwischen- 
streifen  zwischen  den  18 — 20  Rippen  und  eine  Höhe  von  80  mm, 
eine  Breite  von  70  mm  angegeben  werden. 

Vorkommen:  Als  Steinkerne  und  Abdrücke  vereinzelt  in 
grauem  Hornstein  südlich  'Aintäb.  häufig  in  hartem,  gelblichem 
Kieselkalk  zusammen  mit  zahlreichen  Operculinen  nordwestlich 
'Aintäb,  zwischen  dieser  Stadt  und  dem  Dorfe  Tab,  unter  dem 
eigentlichen  weissen  Nummuliten  -  Kalk;  schliesslich  in  ähnlichen 
harten .  kieseligen  Lagen  im  Nummuliten  -  Kalk  selbst  zwischen 
Tab  und  'Arablar. 

Pecten  div.  sp. 

Verschiedene  unbestimmbare  Abdrücke  im  weissen  Alveolinen- 
Kalk  am  Nähr  el  -  Abjad  nördlich  Djisr  esch  -  Schughr  im  Nu- 
sairier -  Gebirge ;  in  weissem,  körnigem  Kalk  mit  Niimmniites  va- 
riolaria  Lam.  östlich   Aintäb;  in  grauem  Hornstein  südlich  'Aintäb. 

Cardita  aintabensis  n.   sp. 
Taf.  XIX,  Fig.  4  — 7I). 

Schale  quer  eiförmig  länglicJi  bis  viereckig,  32  mm  lang, 
23  mm  hoch. 

20  schmale  hohe  Rippen  werden  getrennt  durch  flach  con- 
cave  Zwischenräume,  die  gegen  den  Wirbel  relativ  breiter  als 
die  hier  schärferen  Rippen,  gegen  den  Rand  ebenso  breit  als 
diese  sind.  üeber  Zwischenräume  und  Rippen  laufen  concen- 
trische  Anwachslamellen.  Hinter  den  vom  Wirbel  zum  Hintereck 
verlaufenden  Rippen  erscheint  auf  der  Hinterseite  der  linken 
Schale  constant  eine  breite  Furche,  hinter  ihr  bis  zum  Schloss- 
rand noch  zwei  feineren  Rippen. 

Schloss  beider  (?)  Schalen  mit  je  einem?  Schloss-  und  einem 
leistenartigen  hinteren  Seitenzahn. 

Verwandtschaft:  Aeusserlich  im  Umriss  und  in  der  An- 
zahl der  Rippen  gleicht  diese  Art  der  Cardita  Bazini  Desh.  ") 
aus  den  oberen  Sauden  von  Ormoy  im  Pariser  Becken  (Mittel- 
oligocän),  doch  sind  dort  die  Rippen  mit  Warzen  oder  Schuppen 
versehen,  und  das  Schloss  zeigt  wesentlich   andere  Beschaffenheit. 

Vorkommen:  Zahlreiche  Steinkerne  und  Abdi'ücke  im  i'öth- 
lich  grauen  Hornstein,    Y2   Stunde  südlich  'Aintäb. 


')  Vergl.  die  Anmerkung  auf  der  Tafelerklärung. 
')  Deshayes.     Animaux    sans   vertebres    du   bassin    de  Paiis,    I, 
p.  775,  t.  60,  f.  1  —  3. 


355 

CrassateUa  comprcssa  Lam. 

Taf.  XIX,  Fig.  8  —  10. 

Orassatdla  compressa  Deshaybs:  Desci-.  des  coq.  des  environs  de 
Paris,  t.  III,  f.  8—9  und  t.  V,  f.  3—4  (varietas  c). 

Vorkommen:  Sehr  häufig  als  wohl  erhaltene  Steinkerne 
und  Abdrücke  in  dem  rötlilich  grauen  Hornstein,  ^2  Stunde 
südlich  'Aintäb,  zusammen  mit  voriger  Art.  Sonst  bekannt  aus 
dem  Pariser  Grobkalk  (Mitteleocän). 

Cardium  acutum  n.   sp. 
Taf.  XIX,  Fig.  11. 

Schale  schief  herzförmig  bis  viereckig,  stark  gewölbt.  Höhe 
15  mm,  Länge   17  mm. 

Vom  Wirbel  verläuft  nach  dem  hinteren  Ende  eine  sehr 
stumpfe  abgerundete  Kante.  Es  sind  ungefähr  32  sehr  scharfe, 
gekörnelte  Rippen  vorhanden,  getrennt  durch  dreimal  so  breite, 
flache  Zwischenräume.  Letztere  sind  mit  dichten,  regelmässigen 
Anwachs streifen  geziert,  welche  nicht  über  die  Rippen  verlaufen. 
Je  einer  Kerbe  oder  einem  Korn  der  Rippen  entsprechen  2  —  3 
Anwachsstreifen  der  Zwischenräume. 

Verwandtschaft:  In  Form  und  Grösse  stimmt  die  Art  mit 
Cardium  ohliquum  Lam.  aus  dem  Eocän  des  Pariser  Beckens 
überein.   aber  die  Berippung  ist  gänzlich  verschieden. 

Vorkommen:  Abdrücke  im  röthlich  grauen  Hornstein  Ya 
Stunde  südlich  'Aintäb. 

Cardium  sp. 

Hälfte  eines  Steinkerns,  radial  gerippt,  5  cm  hoch,  5  cm  dick. 
Vorkommen:     Röthlich  grauer  Hornstein  1   Stunde    nord- 
westlich 'Aintäb. 

Thracia  Bellardi  May. 
Taf.  XVn,  Fig.  11. 

Anatina  rugosa  Bellakdi;  Cat.  rais.  des  numm.  foss.  du  comte  de 
Nice.     Mem.  soc.  geol.,  2.  ser.,  tome  IV,  t.  16,  f.  13. 

Tfiracia  BeUardii  (May.)  Gümbel:  Gcogn.  Beschr.  d.  Bair.  Alpen, 
p.  668. 

60  mm  lang,  33  mm  hoch. 

Vorkommen:  In  grauem,  weichem,  körnigem,  etwas  san- 
digem Kalk  mit  vereinzelten  Nummuliten,  3  Stunden  nordwestlich 
'Aintäb  bei  Tab  (Obereocän).  —  Sonst  bekannt  in  Obereocän- 
schichten  der  Alpen. 


356 


Gastropoda. 

Turritella  imhricataria  Lam. 
Taf.  XIX,  Fig.  10. 
Deshayes:    Descr.  des  Coq.  foss.  des  env.  de  Paris,  t.  35,  f.  1 — 2. 
Vorkommen:       Ys    Stunde    südlich     "Aintäb    in    grauem, 
äusserlich  röthlichera  Hornstein. 

Turritella  vitfafa  Lam. 

Turritella  fasciata   (Lam.)   Deshayes:      Descr.    des    Coq.    foss.    des 

env.  de  Paris,  II,  p.  284,  t.  38,  f.  13,  14,  17,  18. 
Turritella  vittata  (Lam.)  Deshayes:    Ibidem,  t.  39.  f.  1  —  20. 

Grösste  Höhe  35  mm.  Breite  der  letzten  Mündung  12  mm, 
10  Umgänge. 

Entweder  sind  bloss  drei  gleichmässige  Spiralkiele,  gleich 
■weit  von  einander  entfernt,  auf  dem  gewölbten  Theil  des  Um- 
gangs vorhanden,  oder  der  unterste  Spiralkiel  rückt  etwas  an 
den  mittleren,  und  es  schieben  sich  (auf  den  letzten  Umgängen) 
noch  1  —  2  schwächere  Spiralstreifen  zwischen  ihm  und  der  un- 
teren Naht  ein.  Der  concave  Raum  an  der  Naht  zwischen  einem 
oberen  und  einem  unteren  Kiel  zweier  Umgänge  ist  fast  noch 
breiter  als  der  von  dem  unteren  und  oberen  Kiel  begrenzte  ge- 
wölbte Theil  eines  Umganges. 

Verwandt  ist  T.  subfasciata  d'Archiac  et  Haime:  Descr.  des 
an.  foss.  du  groupe  numm.  de  l'Inde.  Paris  1853,  p.  297.  t.  28, 
f.  3 ,  wo  sich  1—2  schwächere  Kiele  oberhalb  der  drei  stär- 
keren zeigen. 

Vorkommen :  Zusammen  mit  voriger  im  Kieselkalk  und 
Hornstein  Y2   Stunde  südlich  'Aintäb. 

Turritella  sp. 

Gehäusewinkel  15".  Höhe  25  mm.  Etwa  neun  flache  Um- 
gänge. Naht  kaum  vertieft  mit  zwei  Hauptrippen  an  der  oberen 
und  unteren  Naht;  die  obere  breiter,  von  schiefen  Anwachsstreifen 
gestrichelt,  die  untere  gekörnelt.  Zwischen  beiden  drei  oder  vier 
schwächere  Rippen,  die  unterste  zuweilen  stärker  und  deutlicher 
gekörnelt  als  die  anderen ;  ebenso  noch  eine  schwächere  Rippe 
über  der  oberen  Hauptrippe.  An  der  Naht  ganz  feine  Spiral- 
streifen. 

Verwandtschaft:  Diese  Turritella  gehört  in  die  Verwandt- 
schaft von  T.  grarmlosa  Desh.  und  T.  fanicnlosa  Desh.,  welche 
Deshayes  aus  dem  Grobkalk  von  Paris  beschrieb. 

Vorkommen:  Mit  voriger  zusammen  häufig  in  Hornstein 
und  Kieselkalk  72  Stunde  südlich  'Aintäb, 


357 


Turritella  angulata  Sow. 

Abich.     Pal.  des  asiat.  Russland,  1858,  p.  24,  t.  1,  f.  4. 
d'Archiac  et  Haime.     Croupe  numm.  de  linde,  t.  27,  f.  6  —  9. 

Diese  Turritella  ist  eine  nahe  Verwandte  und  Vorläuferin 
der    T.  c/radrifa  Menke  des  Miocäns. 

Vorkommen:  Häufig  zusammen  mit  Pecten  quinquepartitus 
Blanck.  in  röthlich  grauem  Kieselkalk  nordwestlich  'Aintäb  zwi- 
schen Tab  und  'Arablar. 

Natica  sp.   sp. 

Unbestimmbare  Steinkerne  im  Alveolinen  -  Kalk  am  Nähr  el- 
Abjad  im  nördlichen  Djebel  el-'Ansärije  und  im  Kieselkalk  süd- 
lich 'Aintäb. 

Cerithium  sp. 

Schlecht  erhaltene  Abdrücke,  16  mm  hoch.  Letzter  Um- 
gang 5  mm  breit.  8  Umgänge,  wenig  gewölbt,  je  mit  zwölf 
knotigen  Querrippen  geziert.  Spiralstreifen  nicht  sichtbar.  Ge- 
häusewinkel gegen  die  Spitze  stumpfer  werdend. 

Vorkommen:  Im  Alveolinen-Kalk  am  Nähr  el-Abjad  {Djebel 
el-'Ansäilje). 

Strombus  (oder   Voluta?)  sp. 

Riesiger  Steinkern.  14  cm  hoch,  10  cm  breit.  Gewinde 
stumpf. 

Vorkommen:  Im  Operculinen-Kalk  1  Stunde  südsüdöstlich 
'Aintäb. 

Fusus?  oder  Murex?  sp. 

Thurmförmig,  klein.  Umgänge  mit  8  — 10  Querwülsten,  die 
nahe  der  oberen  Naht  sich  scharfknotig  verdicken.  Zahlreiche, 
abwechselnd  feinere  und  etwas  gröbere  Spiralstreifen  laufen  über 
die  Umgänge. 

Vorkommen:  Abdrücke  im  Kieselkalk  Y2  Stunde  südlich 
'Aintäb. 

Mitra  sp. 

7  mm  hoch,  an  der  Basis  2  mm  breit,  sehr  spitz,  conisch, 
thurmförmig.  Etwa  sieben  Windungen,  flach,  jede  mit  9  —  10 
schief  auf  der  Naht  stehenden  Querrippen,  die  sich  regelmässig 
untereinander  zu  Radiallinien  ordnen.  Innenlippe  mit  ^^er  deut- 
lichen Falten. 

Vorkommen:  Abdruck  und  Steinkern  im  Alveolinen-Kalk 
am  Nähr  el-Abjad  bei  Djisr  esch-Schughr. 

Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ues.  XLII.  2.  24 


358 


Voluta  harpa  Lam. 

Yoluta  harpa  Lamark:    Ann.  du  Mus.,  t.   1,  p.  476  et  t.  17,  p.  74, 

No.  1. 
Voluta  cithara  Lamark:    Anim.  sans  vertebres,  tome  7,  p.  346,  No.  1. 
Voluta  harpa  Deshayes:     Descr.   des   coq.  foss.  des   env.  de  Paris, 

II,  p.  681,  t.  90,  f.  11—12. 

Steinkern,   14  cm  hoch,   6  —  7  cm  breit. 
Vorkommen:     In    dem    weissen,    weichen  Kreidekalk    der 
Stadt  'Aintäb. 

Voluta  cf.   lineolnta  Desh. 
Deshayes:    I.  c,  t.  92,  f.  11—12. 

Steinkern,  nur  halb  so  gross  als  die  citirte  Abbildung  ge- 
nannter Art,  im  Uebrigen  ganz  derselben  entsprechend. 

Vorkommen:    Steinkern  im  Kalk  1  Stunde  südlich   Aintäb. 

Terehra   sp.   cf.   Flcmingi  d'Arch. 
d"Archiac:     Foss.  numni.  de  linde,  t.  31,  f.  17. 

Noch  spitzer  als  genannte  Art.  Gehäusewinkel  19^.  Grösse 
5  —  6  cm.  Die  Windungen  nehmen  schneller  an  Höhe  zu.  sind 
daher  relativ  weniger  zahlreich,  nur  neun.  Umgänge  flach.  Die 
obersten  fünf  zeigen  etwa  15  senkrecht  stehende  Querrippen  auf 
jedem  Umgang.  Die  übrigen  Umgänge  sind  glatt.  Mündung 
elliptisch  eiförmig. 

Vorkommen:  Steinkern  und  Abdruck  im  Kieselkalk  72 
Stunde  südlich   'Aintäb. 

Conus  (?)  sp. 

Steinkern.    6  cm  hoch,   47  mm  breit.    Gehäusewinkel  stumpf. 
Vorkommen:     Im  Operculinen-Kalk  1  Stunde  südsüdöstlich 
'Aintäb. 

Cephalopoda. 

Nautilus  sp. 

Durchmesser  15  cm. 

Vorkommen:  Weiche,  kreidige  Kalke  mit  Voluta  harpa 
und  Pecten  Livoniani  in  der  Stadt  'Aintäb.  Original  in  der 
Sammlung  des  Prof.  Livonian  in  "Aintäb. 

C^'iistacea, 

B ala n n s  sp. 

Reste  von  kegelförmigen  Schalen,  die  eine  Höhe  von  fast 
40  cm    und    eine  Breite  von  22  cm  erreichten.     Kalkplatten  von 


859 


zelliger  Structur  aus  einer  äusseren  und  einer  inneren  Kallc- 
lamelle  zusammengesetzt,  welche  durch  einander  parallele  Septen 
verbunden  sind.  Diese  werden  ihrerseits  unter  einander  durch 
Querscheidewände  verbunden,  sodass  rektanguläre  Maschen  ent- 
stehen. Die  einzelnen  KalUplatten  sind  durch  feinwellige  Nähte 
verbunden. 

Nähere  Angaben  über  die  einzelnen  Kalkplatten  sind  bei 
dem  Zerdrücktsein  der  Cxehäuse  leider  uuthunlich,  da  der  Zu- 
sammenhang der  Theile  zu  einander  nicht  mehr  ersichtlich  ist. 
Deutlich  erkennbar  ist  der  Abdruck  einer  Carina. 

Die  Zugehörigkeit  dieser  Reste  zu  der  Familie  der  Bala- 
niden  scheint  mir  zweifellos. 

Vorkommen:  Schalenreste  im  körnigen  Kalk  mit  Num- 
niuUfes  variolaria  ^ji  Stunden  östlich  'Aintäb,  Abdrücke  häufig 
im  Kieselkalk   ^'2   Stunde  südlich  'Aintäb. 


24  = 


360 


B.   Briefliche  Mittheilun^en. 


Herr  Ferd.  RcEiAiEK  aa  Herrn  W.  Dames. 

Plagioteuthis,   eine  neue  Gattung  dibranchiater  Ce- 
phalopoden  aus  dem  Eussisclien  Jura. 

Breslau,  den  9.  Juni  1890. 

Mit  der  grossen  Sammlung  russischer  Jui"a- Versteinerungen, 
welche  Staatsrath  H.  von  Traütschold  durch  einen  vieljährigen 
Samraelfleiss  vereinigte  und  seitdem  dem  Breslauer  Museum"  gü- 
tigst überliess.  gelangte  auch  das  Fossil,  welches  den  Gegenstand 
der  nachstehenden  Bemerkungen  bildet,  hierher. 

Es  ist  ein  fingerförmiger,  von  den  Seiten  etwas  zusammen- 
gedrückter. 40  mm  langer  und  20  mm  breiter  Körper,  der  nicht 
ganz  gerade  gestreckt,  sondern  etwas  schief  gebogen  ist.  Das 
untere  Ende  ist  stumpf  zugerundet,  das  obere  Ende  abgebrochen. 
Eine  Längswulst,  welche  sich  scharf  von  der  übrigen  Oberfläche 
absetzt  und  sich  auch  durch  die  verschiedene  Sculptur  unter- 
scheidet, zieht  sich  an  einer  der  schmaleren  Seiten  entlang.  Am 
oberen  abgebrochenen  Ende  nur  6  mm  breit,  erweitert  sie  sich 
nach  unten  und  umfasst  das  ganze  untere  Ende.  Die  ganze 
Oberfläche  des  Körpers  ist  mit  einer  dünnen,  perlmutterglänzen- 
den, bräunlich  grauen  Schicht  bedeckt,  welche  auf  der  Längs- 
wulst mit  deutlichen,  aber  unregelmässigen  Längslinien,  auf  der 
der  Wulst  gegenüber  liegenden  Seite  aber  mit  viel  schwächeren, 
von  undeutlichen  feinen  Anwachslinien  gekreuzten  Längslinien  ver- 
sehen ist. 

Die  innere  Schalenstructür  ist  an  dem  abgebrochenen  vor- 
deren Ende  deutlich  wahrzunehmen.  Dasselbe  zeigt  eine  läng- 
liche mittlere  Oeffnung  von  subrhomboidischer  Form,  welche  von 
einer  dicken  Wand  imigeben  ist.  Die  Substanz  dieser  Wand  ist 
ein  mit  Säuren  lebhaft  brausender  Kalk  von  hell  grauer  oder  weiss- 
licher  Färbung,  welcher  ganz  ähnlich  wie  die  Scheide  der  Be- 
lemniten  aus  concentrischen,    72 — 2  mm  dicken  Lagen  zusammen- 


361 


gesetzt  ist.  Bei  genauerer  Prüfung  mit  der  Lupe  erkennt  man, 
dass  diese  concentrischeu  Lagen  eine  selir  feine,  senkreclit  fase- 
rige Structur  besitzen.  Auch  die  Längswulst  zeigt  sich  auf  dem 
Querschnitt  aus  denselben  concentrischcn  Lagen  zusammengesetzt, 
welche  hier  einen  spitzen  Winkel  bilden.  Nach  der  Art,  wie  die 
Wulst  sich  scharf  von  der  übrigen  Oberfläche  absetzt  und  durch 
eine  abweichende  Sculptur  sich  auszeichnet,  hätte  man  auch  eine 
eigenthümliche  innere  Structur  derselben  vermuthen  sollen. 

Die  centrale  Höhlung  reicht,  wie  man  sich  durch  Einführung 
eines  dünnen  Stäbchens  leicht  überzeugt,  fast  bis  zum  unteren 
Ende  des  Körpers  hinab.  Sie  ist  mit  einer  glänzend  glatten 
Schicht  von  gelblicher  Farbe  ausgekleidet. 

Die  nachstehenden  Figuren  stellen  den  Körper  in  natürlicher 
Grösse  dar. 


Fig.  1. 


Fig.  2. 


Fig.  3. 


Fig.  4. 


Fig.  5. 


Figur  ].  Ansicht  gegen  eine  der  beiden  breiteren  Seitenflächen 
mit  der  Längswulst  auf  der  linken  Seite. 

Figur  2.  Ansicht  gegen  die  andere  der  beiden  breiteren  Seiten- 
flächen mit  der  Längswulst  auf  der  rechten  Seite. 

Figur  3.     Ansicht  gegen  die  Längswulst. 

Figur  4.  Ansicht  gegen  die  der  Längswulst  gegenüber  liegende 
schmalere  Seitenfläche  mit  der  am  anderen  Ende  übergrei- 
fenden Wulst. 

Figur  5.  Querschnitt  des  oberen  abgebrochenen  Endes  mit  der 
mittleren  Oeffnung.  Der  obere  eckig  vorspringende  Theil  ist 
der  Querschnitt  der  Längswulst. 


362 


Bei  dem  Versuche  die  sj'stematisclie  Stellung  des  Körpers 
zu  ermitteln  gelangt  man  bald  zu  der  Ueberzeugung,  dass  nur 
bei  den  dibranchiaten  Cephalopoden  und  im  Besonderen  in  den 
Familien  der  Belosepiden.  der  Belopteriden  oder  der  Belemnitiden 
ein  Platz  für  dieselbe  zu  finden  sei.  Sowohl  durch  die  allgemeine 
Form,  wie  auch  durch  die  innere  Structurbeschaffenheit  wird  man 
zu  der  Annahme  geführt,  in  demselben  die  Scheide  oder  das 
Rostrum  eines  Thieres  aus  einer  der  genannten  Familien  zu 
sehen.  Die  allgemeine  Form  erinnert  an  diejenige  gewisser  zu- 
sammengedrückter Belemniten  wie  z.  B.  Belemnites  digitalis.  Die 
unsymmetrische  und  etwas  schief  gedrehte  Gestalt  ist  freilich  bei 
keinem  Belemniten  bekannt,   ebensowenig  die  einseitige  Längswulst. 

Die  innere  Structur  erinnert  lebhaft  an  diejenige  von 
Belosepia  und  Spinilirostra.  Wie  bei  diesen  letzteren  Gat- 
tungen besteht  die  Schale  aus  concentrischen  Lagen  von  weiss- 
lichem,  unkrystallinischem  Kalk  mit  verstecktem,  fein  radial- 
faserigem Gefüge.  Die  concentrischen  Lagen  sind  jedoch  viel 
deutlicher  als  bei  den  genannten  Gattungen  und  noch  mehr 
als  bei  Belemnites  gesondert.  Bei  Belemnites  sind  dieselben  ge- 
wöhnlich nur  durch  feine  concentrische  Linien  auf  dem  Quer- 
schnitte angedeutet  und  nur  bei  Einwirkung  der  Verwitterung 
werden  sie  deutlich  erkennbar  und  trennen  sich  auch  wohl  voll- 
ständig. Freilich  wäre  es  möglich,  dass  auch  unser  Fossil  eine 
gewisse  Verwitterung  erfahren  habe  und  dadurch  die  blätterige 
Structur  deutlicher  hervorgetreten  sei  als  bei  frischen,  unzer- 
setzten  Exemplaren. 

"Wenn  man.  wie  angenommen  wurde,  das  Fossil  mit  solchen 
Gattungen  wie  Bdosepia  und  Spinilirostra  vergleichen  darf,  so 
wird  man  naturgemäss  dazu  geführt,  die  mittlere  Höhlung  als 
den  zur  Aufnahme  des  Alveolar  -  Kegels  oder  Phragmokon's  be- 
stimmten Raum  zu  deuten.  Freilich  ist  von  einem  solchen  ge- 
kammerten  Schaltheile  selbst  keine  Spur  mehr  erhalten.  Die 
glänzend  glatte,  gelbliche  Schalschicht.  welche  die  Höhlung  aus- 
kleidet, beweist  aber,  dass  die  Höhlung  nicht  etwa  zufällig  durch 
Auswitterung  entstanden  ist;  der  rhomboidische  Querschnitt  der 
Höhlung  ist  allerdings  verschieden  von  dem  bei  Belemnites  und 
Spirnlirostrn ,  wo  er  stets  kreisrund  ist.  Auffallend  ist  auch, 
dass  die  Höhlung  bis  zum  unteren  Eude  der  Scheide  binabreicht. 
In  dieser  Beziehung  verhält  sich  jedoch  Zittel's  Gattung  iJiplo- 
conus  ganz  ähnlich. 

Obgleich  bei  der  unvollständigen  Erhaltung  des  Körpers  die 
generische  Bestimmung  nur  mangelhaft  sein  kann,  so  genügen  die 
angegebenen  Merkmale  doch,  ihn  als  eine  neue  Gattung  der  di- 
branchiaten Cephalopoden  zu  bezeichnen.     Bei   der  gewählten  Be- 


363 


nennung  Plagioteuthis  Moscoviensis  soll  in  dem  Gattungsnamen 
die  schief  gedrehte,  unsymmetrische  Gestalt  des  Körpers  ange- 
deutet sein. 

Nur  das  einzige  beschriebene  Exemplar  liegt,  vor.  Es  wurde 
in  den  den  Kohlenkalk  bedeckenden  dunklen ,  sandig  -  thonigen 
Schichten  von  Mjatschkowa  unweit  Moskau,  welche  durch  Ammo- 
nites  cordntiis  und  andere  Fossilien  als  zur  Oxford  -  Gruppe  ge- 
hörig bezeichnet  werden,  gefunden.  Es  wird  die  Auffindung  von 
vollständigeren  Exemplaren  abzuwarten  sein,  um  die  generischen 
Merkmale  zu  ergänzen  und  die  Beziehungen  zu  den  bekannten 
dibranchiaten  Cephalopoden  genauer  festzustellen. 


364 


C.  Verliaudluiigen  der  Gesellschaft. 


1     Protokoll  der  April -Sitzung. 

Yerhandelt  Berlin,  den  2.  April  1890. 
Vorsitzender:    Herr  Beyrich. 

Das  Protokoll  der  März -Sitzung  wurde  vorgelesen  und 
genehmigt. 

Der  Vorsitzende  legte  die  für  die  Bibliothek  der  Gesellschaft 
eingegangenen  Bücher  und  Karten  vor. 

Der  Gesellschaft  ist  als  Mitglied  beigetreten: 

Herr  Dr.  R.  RtJoiGER  aus  St.  Gangloff,  z.  Z.  in  Rostock, 
vorgeschlagen  durch  die  Herren  E.  Geinitz.  H.  B. 
Geinitz  und  G.  Wigand. 

Herr  Scheibe  legte  die  Photographie  einer  Sandstein- 
platte mit  Thierfährten.  ferner  Pflanzenreste  aus  dem 
Rothliegenden  von  Tambach  vor. 

Jene  Platte  befindet  sich  im  Museum  in  Gotha.  Auf  der- 
selben befinden  sich  mehrei'e  Tapfen  eines  Thieres,  dessen  fünf- 
zehiger Fuss  etwa  10  cm  gross  war.  —  Die  Pflanzenreste  werden 
als  solche  von  einer  kräftigen  Walchia  (piniformis?)  angesehen, 
sind  aber  denen  von  Ullmannia  ähnlich.  Von  Interesse  sind 
aber  weniger  die  Reste  als  solche,  als  vielmehr  ihr  Vorkommen. 
In  der  Gegend  zwischen  Friedrichroda  und  Tambach  tritt  eine 
Schichtein-eihe  von  Gesteinen  des  Rothliegenden  auf,  die  man, 
VON  Seebach  und  E.  Weiss  folgend,  als  Oberrothliegendes  auf- 
fasst  und  gewöhnlich  in  1.  ein  liegendes,  grobes  Porphyrconglo- 
merat,  2.  eine  Folge  von  Sandsteinen  und  Schieferthonen,  3.  ein 
hangendes,  bunt  zusammengesetztes,  weniger  grobes  Conglomerat 
zerlegt.  Aus  den  Sandsteinen  der  mittleren  Abtheilung  stammen 
die  oben  genannten  Reste:    die  Pflanzen   aus   dem  Steinbrucli  im 


365 


Vitzerod  an  der  Georgenthal-Tambacher  Strasse,  die  Fährten  aus 
dem  Steinbruch  an  der  Seeberger  Fahrt  bei  Tambach. 

Dass  jene  Ablagerungen  oberrothliegende  seien,  wurde  dadurch 
gestützt,  dass  sie  sowohl  zu  den  hängendsten  Partieen  des  Rothlie- 
genden gehören,  als  auch  frei  von  Eruptivgesteinen  und  Tuffen  und 
von  Fossilien  befunden  worden  waren.  Gegenüber  dem  letzteren 
Umstände,  der  in  neuerer  Zeit  von  E.  Weiss  als  Charakteristicum 
des  Oberrothliegenden  besonders  betont  worden  ist,  muss  nun  im 
Auge  behalten  werden .  dass  er  in  der  Friedrichroda  -  Tambacher 
Mulde  keine  Geltung  besitzt.  In  wie  weit  die  anderen  Kenn- 
zeichen in  Thüringen  zutreffen,  bedarf  noch  des  weiteren  Studiums. 

Herr  G.  Berendt  berichtete  über  die  Erbohrung  von 
Schichten  des  mittleren  Lias  in  einem  zu  Hermsdorf  bei 
Berlin  zum  Zweck  der  Sool- Gewinnung  mit  Erfolg  gestossenen 
Bohrloch.  Die  Schichten  wurden  unter  überlagerndem  Oligocän 
mit  verhältnissmässig  dünner  Diluvialdecke  bei  224  m  Tiefe  er- 
reicht und  auf  weitere  100  m  bis  zur  Erschrotung  der  Soole 
durchsunken.  Die  Bohrproben  sowie  die  durch  Herrn  Dames  be- 
stimmten Schalreste  wurden  vorgelegt.  Näheres  bringt  ein  später 
erscheinender  Aufsatz. 

Herr  Otto  Jaekel  sprach  über  tertiäre  Trygoniden. 

Fossile  Trygoniden -Reste  gehören  zu  den  Seltenheiten,  und 
diejenigen,  welche  bisher  dafür  gehalten  wurden,  gehören  z.  Th. 
nicht  dieser  Familie  der  Rochen,  oder  wenigstens  nicht  dieser 
Gattung  im  engeren  Sinne  an.  Dies  gilt  namentlich  von  der 
Gattung  Cyclohatis,  welche,  wie  an  anderer  Stelle  gezeigt  werden 
soll,  eine  echte  Rajide  ist,  sowie  von  der  Mehrzahl  der  übrigen 
bisher  beschriebenen  Reste.  Andererseits  lässt  sich  eine  ganze 
Reihe  fossiler  Selachier  -  Reste  als  Hartgebilde  von  Trygoniden 
bestimmen,  welche  bisher  andere  und  sehr  verschiedene  Deutun- 
gen erfahren  hatten.  Aus  dem  reichen  Material  der  marinen  Mo- 
lasse von  Baltringen,  welche  Herr  Pfarrer  D.  Probst  die  Liebens- 
würdigkeit hatte,  dem  Redner  zur  erneuten  Untersuchung  zu  über- 
lassen. Hess  sich  mit  vollkommener  Sicherheit  eine  Art  bestim- 
men, welche  der  lebenden  Trijgon  ilialassia  so  nahe  steht,  dass 
sie  nur  als  eine  var.  fossüis  bezeichnet  werden  kann  und  also 

Trygon  tkalassia  fossilis  Jaekel 

zu  benennen  ist.  Von  dieser  sind  sämmtliche  Theile  des  Haut- 
skelets  nachweisbar  und  bisher  unter  folgenden  Namen  beschrie- 
ben worden. 

Hautschilder  und  Schuppen  auf  dem  Schwanz: 


366 

Itaja  Philippn  Münster, 
Acipenser  molassicus  Probst, 
Raja  molassica  v.  Zittel, 
Acipenser  tuherculosus  Probst, 
Acanthohatis  tuherculosus  y.  Zittel, 
Dynohatis  Lakrazet. 
Baja  mammillaris  Probst, 
applanata  Probst, 

—  conica  Probst. 

Hautschuppen  auf  dem  Rumpf: 

Raja  ornata  Ag. 
Zähne : 

Raja  cavernosa  Probst, 

—  riigosa  Probst, 

?  —     strangulata  Probst. 

Schwanzstacheln : 

Baus  lineatus  Probst, 
Myliobatis  canaliculatus  Probst, 
?       —  Haidingeri  MtJNST. 

Die  fossile  Art,  welcher  alle  diese  isolirt  gefundenen  Theile 
angehören,  übertraf  die  lebende  Form,  bezw.  die  Exemplare, 
welche  ich  im  British  Museum  und  dem  städtischen  Museum  in 
Strassburg  gesehen  habe,  noch  erheblich  an  Grösse.  Letztere 
gehören  übrigens  mit  einer  Länge  von  etwa  2  m  zu  den  grössten 
Arten  lebender  Rochen. 

Eine  ähnliche  Art  findet  sich  in  der  raiocänen  Meeresmolasse 
der  Schweiz,  eine  andere  in  den  tertiären  Schichten  am  Rio 
Parana  in  Süd-Amerika.  Auch  im  Miocän  Frankreichs  kommen 
vereinzelt  hierher  gehörige  Reste  vor. 

Herr  Fkech  sprach  über  Calostylis  und  die  Stellung 
der  perforaten  Korallen. 

Herr  K.  A.  Lossen  sprach  über  J.  E.  Hibsch's  wichtige 
Mittheilung  über  „den  Dolerit"  von  Rongstock  im  böh- 
mischen Mittelgebirge^),  indem  er  dieselbe  an  lehrreichen 
Handstücken  erläutez'te.  die  er  der  Freundlichkeit  des  Autors 
verdankt. 

Das    durch  die  Elbe ,    fast   im  Centrum    des  genannten  Ge- 


^)  Der  Doleritstock  und  das  Vorkommen  von  Blei-  und  Silber- 
erzen bei  Rongstock  im  böhmischen  Mittelgebirge.  Verh.  d.  k.  k.  geol. 
Keichsanst.,  No.  11,  1889. 


367 

birges  angesclinittene  und  im  Eiseubalinprolil  vortrefflicli  ent- 
blösste  Gestein  setzt  auf  dem  linken  Flussufer  einen  oberflächlich 
etwa  500  m  messenden  und  nahezu  200  m  über  den  Eibspiegel 
aufragenden  kleinen  Stock  zusammen,  der  durch  einen  Contact- 
hof  von  mehr  als  800  m  radialer  Ausdehnung  umgeben  ist.  Der 
Lerchenberg  rechts  der  Elbe  ist  die  durch  die  Elberosion  abge- 
trennte grössere  Hälfte  des  Stockes  mit  entsprechender  Umge- 
bung. Die  metamorphosirten  Contactgesteine  bestehen  aus  um- 
gewandelten senonen  Baculiten-Mergeln  und  darüber  aus 
mittel oligocänen  Sandsteinen.  Letztere,  weniger  gut  aufge- 
schlossen, lassen  doch  deutlich  „eine  scharfe  Frittung  des  tho- 
nigen  Bindemittels"  erkennen,  wonach  an  Stelle  von  ursprünglich 
mürben  Gesteinen  sehr  harte,  quarzitähnlich  aussehende  getreten 
sind.  In  cretaceischen  Mergeln  dagegen  gestattet  das  Bahnprofil 
die  Umwandlung  Schritt  für  Schritt  mit  der  Annäherung  an  das 
Eruptivgestein  vom  bläulich  grauen,  foraminiferenreichen  Thon- 
mergel  bis  zum  Epidot,  Granat  (doppelbrechend)  und  unterge- 
ordnet Quarz  führenden,  harten,  durchaus  krystallinen.  weissgrauen, 
grünlich  gelb  gestreiften  und  gefleckten  Kalksilicathornfels  zu 
verfolgen. 

Das  tertiäre  Alter  des  Eruptivstockes  ist  darnach  unzweifel- 
haft. Herr  Hibsch  sieht  sich  „bei  voller  Berüchsichtigung  aller 
„hier  zu  Tage  tretenden  Erscheinungen  gezwungen,  die  gesanmite, 
„jetzt  durch  das  Elbthal  zertheilte  Doleritmasse  aufzufassen  als 
„einen  Gesteinskern,  welcher  in  der  Tiefe  eines  grösseren  ter- 
„tiären  Kraters  unter  höherem  Drucke  allmählich  erstarrte."  Er 
erinnert  dabei  an  J.  W.  Judd's  und  J.  v.  Szabo's  Schilderung 
der  Verhältnisse  von  Schemnitz  und  des  ersteren  Autors  Auf- 
fassung der  Hebrideninseln  Skye,  Mull  u.  s.  w.  Es  bleibt  abzu- 
warten, ob  die  in  Aussicht  gestellte  Detailforschung  den  greif- 
baren directen  Zusammenhang  des  Stockes  mit  vulcanischen 
Tertiärgesteinen  nachweist.  Für  jetzt  sagt  Herr  Hibsch  „ein 
unmittelbarer  Zusammenhang  mit  dichten  Feldspathbasalten  ist 
nicht  erkennbar". 

Lässt  man  also  diese  Auffassung  des  Stockes  als  Krater- 
füllung zunächst  auf  sich  beruhen,  wie  dies  ja  auch  nach  A. 
Geikie's  neueren  Mittheilungen  für  die  analogen  angezogenen 
Vorkommen  der  Hebriden  richtig  erschehit,  so  ist  darum  das 
Interesse  an  dem  tertiären  Eruptivstock  mit  einem  so  ausgezeich- 
neten Contacthof,  wie  wir  in  Deutschland  und  auch  allermeistens 
anderwärts  einen  solchen  um  Granite  oder  Gabbro's  in  palaeo- 
zoischen  Schichten  oder  Urschiefern  zu  beobachten  gewohnt  sind, 
wahrlich  kein  geringeres.  Die  Vorstellung,  dass  eugranitische 
Eruptivgesteine    ihre  Structur   und  die  Art   ihrer  Einwirkung  auf 


368 


das  Nebengestein  nicht  einem  relativ  liohen  geologischen  Alter, 
sondern  einer  Erstarrung  unter  hohem  Druck  in  relativ  grosser 
Tiefe  verdanken,  ist  uns  zwar  durch  Ch.  Lyell  und  B.  y.  Cotta 
bereits  vermittelt,  ein  so  greifbares,  leicht  erreichbares  und  gut 
aufgeschlossenes  Beispiel,  das  zu  allseitigem  Studium  einladet, 
gleichwohl  nicht  bekannt.  Was  v.  Cotta' s  Banatite  und  zumal 
Inseln  mit  bis  zum  Meeresspiegel  niederreichenden  Profilen  wie 
die  Hebriden  oder  die  durch  zahlreiche  wackere  Fachgenossen, 
neuerdings  zumal  durch  B.  Lotti's  Untersuchungen  erforschte 
Insel  Elba  erkennen  lassen,  bietet  hier  das  Erosionsthal  der  Elbe 
in  ähnlicher  Weise  dar. 

Nur  in  ähnlicher  Weise,  denn  von  einem  Gabbro  (Euphotid) 
im  strengen  Sinne  des  Wortes  wie  in  Schottland  oder  auf  Elba 
ist  bei  Rongstock  nicht  die  Bede.  Herr  Hibsch  hat  das  „nüttel- 
bis  grobkörnige,  durchaus  holokrystalline  Gestein,  welches  ehedem 
,, Syenit'-  oder  „Syenit-ähnlicher  Grünstein"  genannt  -worden  war, 
als  „hypidiomorph-körnigen  Dolerit"  bezeichnet  und  an  der  Hand 
von  Rosenbusch' s  Gruppirung  der  Plagioklas- Basalt -Typen  mit 
dem  Gestein  von  der  Löwenburg  im  Siebengebirge  annähernd  ver- 
glichen. An  der  Löwenburg  fehlen  indessen  nach  des  Referenten 
Erfahrung,  wie  auch  aus  Rosenbusch's  photographischer  Abbil- 
dung des  zur  Illustration  der  Structur  ausgewählten  Scliliffes 
ersichtlich  ist,  rhyodiabasische  Tj'pen  nicht,  deren  Herr  Hibsch 
keine  Erwähnung  thut.  Mit  dem  ophitischen  Diabas  und  dem 
echten  Meissner  Dolerit  aber  kann  das  Gestein  von  Rongstock 
Mangels  der  Intersertalstructur  und  mit  letzterem  obendrein  Man- 
gels der  Basis  nicht  zusammengefasst  werden.  Ist  schon  das 
Löwenburg-Gestein  kein  echter  Dolerit,  so  steht  das  Gestein  von 
Rongstock  dem  Augitdiorit  und  Gabbro  näher,  als  dem  Dolerit. 
Der  augitische  Gemengtheil  des  böhmischen  Gesteins  ist  freilich 
kein  Diallag,  er  verhält  sich  zum  typischen  brauneu  Diallag  in- 
dessen kaum  anders,  als  der  Hypersthen  des  Quarz -Diorits  von 
Klausen  zum  Hypersthen  der  echten  Norit- Gabbro' s,  d.  h.  die 
prismatische  Spaltbarkeit  tritt  hervor,  die  auffällige  Theilbarkeit 
nach  dem  Orthopinakoid  fehlt,  und  die  Krystalle  sind  häufig 
automorph  (idiomorph)  begrenzt  und  der  Hauptmasse  nach  vor 
dem  Plagioklas  erstari't.  Letztere  Eigenschaft  erinnert  an  die 
dioritischen  Kersantite.  mit  welchen  das  Gestein  auch  durch  seine 
Nebengemengtheile  (Magnesiaglimmer  reich,  sehr  untergeordnet 
Hornblende)  Verwandtschaft  besitzt. 

Von  besonderem  Interesse  aber  dürfte  es  sein,  dass  nach 
Beobachtungen  des  Vortragenden  stabförmige,  undurchsichtige  und 
durchsichtige  Körperchen,  wie  solche  den  Diallagen,  Hypersthenen, 
Labradoren    und  Olivinen    der   Gabbro's,    den    augitischen  Mine- 


369 


ralen  mancher  Augitsyenite  und  Augitdiorite ,  dem  Amphibol  der 
Cortlandite  (Hudsonite)  zu  eignen  pflegen,  dem  Augit  des  Rong- 
stocker  Gesteins  nicht  ganz  fehlen.  Sie  liegen  im  klinopina- 
coidalen  Schnitt  entweder  parallel  oder  geneigt  zur  Hauptaxe. 
Aehnliche  Stäbchen  hat  Redner  allerdings  auch  in  einem  grü- 
nen Augit  eines  Hypersthen  -  Andesits  von  St.  Angelo  (Liparen) 
beobachtet,  hier  aber  in  einem  porphyrisch  ausgeschiedenen, 
also  wohl  in  der  Tiefe  gebildeten  Krystall.  Dagegen  kommt  am 
Staarfels  bei  Baumholder  im  Rothliegenden  der  Saar-Nahegegend 
ein  dem  Rongstocker  substanziell  und  structurell  nahe  ver- 
wandtes Eruptivgestein  vor,  dessen  Augit  ebenfalls  M i kr op la- 
ute führt. 

Herr  Wahnschaffe  legte  im  Auftrage  des  durch  Krankheit 
am  Erscheinen  verhinderten  Herrn  Schreiber  in  Magdeburg  einige 
in  Gemeinschaft  mit  ihm  ausgewählte  Proben  von  den  Schichten- 
köpfen der  Grauwacke  im  Untergrunde  Magdeburgs  vor,  deren  deut- 
liche Schramnuing  keinen  ZAveifel  darüber  aufkommen  lässt,  dass  sie 
auf  eine  Wirkung  des  Inlandeises  zurückgeführt  werden  muss. 

Hierauf  wurde  die  Sitzung   geschlossen. 

V.  w.  0. 

Beyrich.  Dames.  Koken. 


2.     Protokoll  der  Mai -Sitzung. 

Verhandelt  Berlin,   den  7.  Mai  1890. 
Vorsitzender:    Herr  Beyrich. 

Das    Protokoll    der    April -Sitzung     wurde     vorgelesen    und 
genehmigt. 

Der  Vorsitzende  legte  die  für  die  Bibliothek  der  Gesellschaft 
eingegangenen  Bücher  und  Karten   vor. 

Der  Gesellschaft  sind  als  Mitglieder  beigetreten: 

Herr  stud.  rer.  nat.   Stoleey  aus  Kiel, 

vorgeschlagen    durch    die    Herren    Lehmann,    Haas 
und  Gottsche; 


370 


Herr  Freiherr  v.  Wöhrmann,   z.  Z    in  München. 
Herr  Dr.   E.  Fraas.   Privatdocent  in  Münclien. 

beide    vorgeschlagen    dnrch   die    Herren  v.  Zittel, 

Dames  und  Koken. 

Herr  Scheibe  legte  Krystalle  von  Magneteisen  von 
Moriah  Mine.  New  York  und  Magnet  cove.  Arkansas,   vor. 

Dieselben  sind  oktaedrisch  gestaltet  und  zeigen  sämmtlich 
deutliche  Zwillingstreifung  nach  dem  Spinellgesetz.  Parallel  den 
Venvachsungsflächen  der  Zwillings  -  Individuen .  also  parallel  der 
Oktaederfläche,  tritt  zum  Theil  deutliche  blättrige  Absonderung 
auf,  die  mit  der  Verzwillingung  ursächlich  zusammenhängt.  An 
einzelnen  Krystallen  wurde  ausserdem  deutliche  Zwillingsstreifung 
nach  einer  Fläche  des  Pvramidenoktaeders  3  0  (331)  wahrgenom- 
men. Die  Streifen  bilden  z.  B.  auf  0(111)  mit  der  Kante 
(lll):(lll)  Winkel  von  79^'— 80«  und  auf  c^  0  (101)  mit  der 
Kante  (101)  :  (111)  solche  von  29  ^  —  30^  Krystalle  von  Moriah 
mine  zeigten,  z.  Th.  neben  der  Zwillingsstreifung  nach  3  0  (331), 
auch  solche  nach  dem  Pyramidenwürfel  oo  0  2  (201).  und  hier  Avar 
auch  eine  blättrige  Absonderung  (Gleitung?)  nach  der  letzteren 
Zwillings-  und  Verwachsungsebene  erkennbar.  An  einer  Ecke  des 
Krystalls  trat  oo  0  2  (201)  als  Absonderungsfläche  auf.  Auf  den 
anliegenden  Flächen  des  Oktaeders  und  Granatoeders  zeigte  sich 
dann  die  Streifung  den  Combinationskanten  von  (201)  gegen 
(111),  (iTl).   (101)  parallel. 

Herr  Frech  sprach  über  die  letzte  Eruption  des  Yulcano. 

Herr  Remele  sprach  über  Geschiebe  von  Betioliies- 
Schiefer. 

Herr  LoKETZ  sprach  über  ein  Vorkommen  von  verkie- 
seltem  Zech  steinkalk. 

In  der  Gegend  von  Schwarzburg .  nahe  dem  nördlichen 
Rande  des  Thüringer  Waldes,  kommen  an  mehreren  Stellen,  be- 
sonders aber  in  der  Gemarkung  des  Dorfes  Cordobang,  zahlreiche 
lose  Blöcke  eines  gelbbraunen,  quarzitischen  Gesteins  vor,  wel- 
ches nach  der  Ansicht  des  Vortragenden  verkieselter  oberer 
Zechsteinkalk,  bezw.  Plattendolorait  ist.  Diese  Meinung  stützt 
sich  besonders  darauf,  dass  an  einer  nicht  weit  davon  entfernten 
Stelle,  bei  Pennewitz  unweit  Königsee.  Verkieselung  von  Platten- 
dolomit in  verschiedenen  Stadien,  vom  Carbonat  durch  theilweise 
erfolgte  bis  zu  völliger  Umwandlung  beobachtet  und  auch  mila-o- 
skopisch    und    chemisch   bestätigt  werden    konnte,    und  dass  das 


371 


umgewandelte  Gestein  dieser  Stelle  mit  dem  Gestein  jener  Blöcke 
stimmt.  Leider  wurden  in  denselben  keine  Petrefacten,  die  den 
vollgültigen  Beweis  liefern  würden,  gefunden.  Mit  Braunkohlen- 
quarzit,  an  welchen  jene  Blöcke  auch  erinnern  könnten,  besteht 
weniger  petrographische  Uebereinstimniung.  —  An  einer  anderen 
Stelle  in  der  Nachbarschaft  von  Schwarzburg  wurden  auch  nach 
Farbe  und  Structur  etwas  anders  beschaffene  Quarzitblöcke  ge- 
funden, welche  als  verkieselter  mittlerer  Zechsteinkalk  gedeutet 
werden;  dem  Gestein  nach  stimmen  sie  mit  den  von  E.  Zimmer- 
mann weiter  nordwestlich  im  Thüringer  Walde  entdeckten  und 
beschriebenen  Blöcken  eines  dunkel  graubraunen  Quarzits  überein, 
der  sich  dort  durch  deutlich  erhaltene  Exemplare  von  Prodnctus 
horridus  als  Umwandlungsproduct  nach  Zechsteinkalk  erwiesen  hat. 

Herr  G.  Berendt  legte  einige  neue,  von  Herrn  Schreiber. 
Magdeburg,  für  die  Sammlung  der  königl.  geologischen  Landes- 
anstalt eingesandte  Gesteinsstücke  aus  der  vom  Diluvium  be- 
deckten Oberfläche  der  Kulm-Grauwacke  unter  Magdeburg  vor. 

Dieselben  beseitigen  endlich  die  Zweifel,  welche  durch  eine 
frühere  Sendung  angeregt  wurden  und  ihren  Ausdruck  in  Erör- 
terungen gelegentlich  zweier  der  vorhergegangenen  Sitzungen 
fanden.  Während  nämlich  die  frühere  für  die  genannte  Samm- 
lung bestimmte  Sendung  nxw  die  durch  die  Verwitterung  und 
Abspülung  von  Schichtenköpfen  eines  dünngeschichteten  Gesteins 
entstandene  Riefung  erkennen  Hess,  zeigen  die  nunmehr  vorlie- 
genden Stücke  bei  ziemlich  grobkörnigem  Material,  ohne  erkenn- 
bare Schichtung,  Rundhöckerform  und  deutliche  Glacialschrani- 
mung.  welche  sich  wesentlich  von  der  Riefung  bei  der  früheren 
Sendung  unterscheidet.  Herr  Wahnschaffe,  welcher  bei  seiner 
jüngsten  Anwesenheit  in  Magdeburg  bereits  ähnliche  Stücke  in 
der  Sammlung  des  Herrn  Schreiber  gesehen  hatte,  war  deshalb 
schon  in  der  April-Sitzung  für  das  wirkliche  Vorhandensein  echter 
Glacialschrammung  auf  der  Magdeburger  Grauwacke  eingetreten, 
erkennt  aber  ausdrücklich  die  Verschiedenartigkeit  der  aus  beiden 
Sendungen  vorliegenden  Stücke  und  die  mangelnde  Beweiskraft 
der  ersteren  an. 

Hierauf  wurde  die  Sitzung  geschlossen. 

V.  w.  0. 

Beyrich.  Dames.  Koken. 


372 


3.    Protokoll  der  Juni -Sitzung. 

Verhandelt  Berlin,  den  4.  Juni  1890. 
Vorsitzender:    Herr  Beyrich. 

Das  Protokoll  der  Mai  -  Sitzung  wurde  vorgelesen  und 
genehmigt. 

Der  Vorsitzende  legte  die  für  die  Bibliothek  der  Gesellschaft 
eingegangenen  Bücher  und  Karten  vor. 

Der  Gesellschaft  ist  als  Mitglied  beigetreten: 

Herr  Privatdocent  Dr.   von  Siemiradzki   in  Lemberg. 
vorgeschlagen  durch    die  Herren  Berendt,    Rcemer 
und  Dames. 

Herr  P.  Oppenheim  sprach  über  das  Auftreten  hetero- 
gener Geschiebe  in  den  basaltischen  Tuffen  des  Vicen- 
tiner  Tertiärs. 

Nachdem  der  Vortragende  zuerst  eine  kurze  Uebersicht  der 
hier  in  Betracht  zu  ziehenden  Ablagerungen  theils  limnisch-ter- 
restrer,  theils  mariner  Natur  gegeben,  constatirt  er  das  reiche 
Vorkommen  von  heterogenen  Gestainselementen  in  der  grossen 
Mehrzahl  derselben.  Die  Hauptrolle  nimmt  unter  diesen  fremden 
Bestandtheilen  naturgemäss  der  Kalk  ein.  Kalkbrocken  und  Kie- 
selscherben, wie  sie  für  die  Scaglia  charakteristisch  sind,  finden 
sich  überall  in  unserem  Gebiete  in  den  Tuffen  eingestreut;  doch 
zeigten  sich  auch  Bruchstücke  von  Sedimentärkalken,  welche, 
theils  jünger,  dem  unteren  Eocän,  der  Membrogruppe  angehören, 
theils  älter,  anscheinend  auf  Tithon  und  Jurakalke  schliessen 
lassen.  Diese  Kalkgeschiebe  nun  sind  nicht  metamorphosirt .  an 
ihrer  Oberfläche  häufig  abgerollt  und  gerundet  und  tragen  so  die 
Spuren  des  Wassertransportes  an  sich.  Sie  sind  als  die  Analoga 
der  KalkgeröUe  aufzufassen,  welche  sich  auch  in  den  Transport- 
tuffen des  Busens  von  Neapel  in  grosser  Anzahl  vorfinden  (Castel- 
lamare,  Gragnano,  Capri)  und  wie  diese  als  vom  Wasser  einge- 
schwemmt zu  betrachten.  Bei  den  linmisch  -  terrestren  Tuffen 
waren  es  Regengüsse,  stellenweis  wohl  auch  Bergströme,  welche 
das  vulkanische  Material  an  den  Gehängen  herunterpeitschten, 
die  Knochen,  Zähne  und  Schalen  Land  bewohnender  Organismen 
mit  dem  Gehängeschutte  vereint  aufrafften  und  schliesslich  auf 
ebener  Fläche,  in  den  Vertiefungen  und  Thälern  zum  Absätze 
brachten.  Bei  den  marinen  Tuffen  spielte  das  Meer  die  gleiche 
Rolle;    die  Brandung  nagte  Stücke  des  anstehenden  Gesteins  los, 


378 


und  diese  wurden  daim  zugleich  mit  dem  vulkanischen  IVIaterial 
niedergeschlagen;  so  vermnthet  der  Vortragende  auch,  dass  die 
reiche  Fauna  von  Kiftkorallen,  welche  sich  in  den  grünen  Tuffen 
des  Monte  Grumi  bei  Castelgoniberto  vorfindet,  dem  darunter 
liegenden  Korallen-Kalke  entnommen  ist  und  sich  so  also  als  Kalk- 
geschiebe schon  auf  secundärer  Lagerstätte  befindet.  Der  Redner 
hält  diese  seine  Erklärung  der  in  den  Tuffen  auftretenden  Ge- 
schiebe für  eine  nothwendige  und  selbstverständliche,  er  habe  sie 
auch  nur  angeführt.  Aveil  sie  seiner  Ansicht  nach  Geltung  besitzt 
nicht  nur  für  diese,  sondern  auch  für  das  analoge  Vorkommen 
von  rein  krystallinischen  Gesteinen,  wie  sie  an  drei  Punkten  un- 
seres Gebietes,  bei  Novale.  Ai  Fochesatti  nahe  Pugniello  und 
Sudiri  nahe  Mussolon  in  den  Basalttuffen  zu  beobachten  sind. 
Von  diesen  drei  Localitäten  keimt  der  Redner  nur  die  zwei 
ersten  aus  eigener  Beobachtung;  die  dritte  ist  erst  in  den  letzten 
Wochen  von  dem  unermüdlichen  und  vielgewandten  Sammler  im 
Vicentiner  Tertiär.  G.  Meneguzzo,  aufgefunden  und  sind  die 
vorliegenden  Stücke  dem  Vortragenden  zugesandt  worden. 

In  den  grünen  Tuffen  von  Novale,  welche  in  ihren  obersten 
Schichten  in  Süsswasserkalke  übergehen,  in  denen  die  bekamite, 
hoch  interessante  Landflora  enthalten  ist,  fand  Redner  neben  den 
zahlreichen  Gerollen  von  Membrokalk  auch  Stücke  eines  Thonglim- 
merschiefers ,  welche  auffallende  habituelle  Aehnlichkeit  zeigten 
mit  dem  im  Norden  bei  Recoaro  anstehenden  gleichartigen  Ge- 
stein, welches  durch  die  Untersuchungen  von  Stäche  und  Suess 
als  dem  obersten  Carbon  angehörig  erkannt  worden  ist.  Am 
interessantesten  und  lehrreichsten  ist  aber  für  den  vorliegenden 
Gegenstand  der  grüne  Tuff'  von  Ai  Fochesatti  bei  Pugniello, 
welcher,  eine  echte  Landbildung,  die  Reste  eocäner  Landschnecken, 
insbesondere  zahlreiche  Clausilien  einschliesst,  wie  sie  in  den  dem 
Faldostrome  folgenden  Süsswasserbildungen  vorkommen  und  letzthin 
durch  den  Vortragenden  in  den  Denkschriften  der  Wiener  Aka- 
demie beschrieben  worden  sind.  Dieser  Tuff'  ist  so  erfüllt  mit 
theils  basaltischen,  theils  fremden  Geschieben,  welche,  in  ihrer 
Grösse  und  Gestalt  ausserordentlich  mannichfaltig.  ein  Gewicht 
bis  zu  10  kg  erreichen  können,  während  sie  häutig  wieder  nur 
hirsekorngross  auftreten,  dass  ihn  Sandbergek  mit  Recht  als 
Tuffbreccie  bezeichnen  konnte.  Hier  wie  in  Sudiri  finden  sich 
nun  ausser  den  basaltischen  und  kalkigen  Geschieben  Granite, 
Syenite.  Porphyre  und.  Glimmerschiefer.  Diese  krystallinischen 
Einschlüsse  sind  in  der  Literatur  bisher  nicht  unerwähnt  ge- 
blieben. Suess  fand  bei  Gelegenheit  seiner  bahnbrechenden, 
für  die  Stratigraphie  des  Vicentiner  Tertiärs  grundlegenden  Ex- 
cursionen    in  unserem  Gebiete   in  den   sechziger  Jahren  gelegent- 

Zoitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  2.  9n 


374 


lieh  ein  Stück,  welches  er  in  Wien  dem  dortigen  Privat docen ton 
Dr.  Schuster  zur  Bearbeitung  überliess.  Nach  des  Letzteren 
Tode  gelangte  sein  Aufsatz  aus  den  hinterlassenen  Papieren  in 
den  Sitzungsberichten  der  Wiener  Akademie  zum  Abdruck. 
Schuster  fasst  darin  den  betreffenden  Einschluss  als  einen  Syenit 
vom  Habitus  eines  Monzonisyenites  auf.  glaubt,  dass  er  nach 
Analogie  der  Somma- Bomben  bei  der  Eruption  mit  an's  Tages- 
licht geworfen  und  so  eingebettet  worden  sei.  und  vergleicht  ihn 
mit  einem  analogen  Vorkommen  anstehenden  Gesteins,  welches 
von  TcHiHATSCHEFF  aus  den  Euganeen  mitgetheilt  wird.  Diese 
Erklärung  scheint  dem  Vortragenden  eine  sehr  wenig  plausible 
und  nicht  stichhaltige  zu  sein.  Die  betreffenden  Geschiebe  sind, 
soweit  wenigstens  makroskopisch  erkennbar,  nicht  metamorpho- 
sirt,  dagegen  äusserlich  meist  abgerundet  und  angewittort,  sie 
liegen  in  ungeheurer  Menge  und  in  den  verschiedensten  Grössen- 
verhältnissen  vor  und  finden  sich  in  Gemeinschaft  mit  jenen 
charakteristischen  Kalkbrocken,  für  welche  jede  andere  Erklärung 
als  die  des  Wassertransportes,  wie  bereits  einleitend  erwähnt, 
von  der  Hand  zu  weisen  ist.  Sie  müssen  daher  dem  anstehen- 
den Gesteine  entnommen  worden  sein,  und  da  drängt  sich  deim 
die  Frage  auf,  wo  sie  wohl  in  der  Periode,  in  welcher  ihr  Ab- 
satz erfolgte,  also  im  Mitteleocän,  als  Gebirge  bereits  entwickelt 
waren.  Heute  zeigen  sich  nun  in  der  näheren  Umgegend  des 
Vicentiner  Tertiärs  nirgends  krystallinische  Gesteine  entwickelt; 
um  dieselben  zu  finden,  müssen  wir  uns  bis  weit  in  den  Norden 
hinein  begeben,  wo  wir  im  Etschthale  einmal  die  Quarzporphyre 
des  Trentino  und  weiter  im  Osten  das  Granitmassiv  der  Cima 
d'Asta  vorfinden.  Mit  den  dortigen  Gesteinen  zeigen  nun  unsere 
Geschiebe  wenigstens  äusserlich  auffallende  Aehnlichkeit ;  wir 
hätten  also  anzunehmen,  dass  im  Mitteleocän  sich  das  Gebiet, 
welchem  die  Landtufte  von  Vicenza  ihre  Entstehung  verdanken, 
bis  weit  in  den  Norden  hinein  als  reich  gegliederte  Bergkette 
erstreckte  ,  oder  dass  vielleicht  die  Quarzporphyre  des  südlichen 
Tyrols  und  die  Granite  des  Cima  d'Asta  -  Massivs  in  jener  Pe- 
riode noch  weiter  hinab  nach  Süden  reichten.  In  jedem  Falle 
hätten  wir  für  jenen  Theil  der  Südalpen  im  älteren  Tertiär  be- 
reits eine  gebirgige  Aufstauung  und  ausgedehnte  Landverbindungen 
anzunehmen,  und  da  erinnert  der  Vortragende  daran,  dass  auch 
in  den  Centralalpen  keine  Spur  einer  eocänen  Meeresbedeckung 
vorhanden  ist.  dass  die  im  Norden  und  .im  Süden  dieser  Alpen- 
kette entwickelten,  zumal  im  Norden  dieselbe  wie  ein  Saum  um- 
zielienden  Ablagerungen  des  älteren  Tertiärs  alle  Charaktere  eines 
litoralen  Absatzes  an  sich  tragen  und  sich  trotz  vielfacher  Ana- 
logien doch   in   ihren  Faunen  wesentlich  unterscheiden,    dass  wir 


375 


zudem  im  Oligocän  auf  beiden  Seiten,  sowohl  bei  Reit  im  Winkel 
in  Oberbaiern  als  bei  Montecchio  und  Castelgomberto  im  Vicen- 
tinischen,  echte  Saumriffe  entwickelt  sehen,  kurz  dass  alle  diese 
Anzeichen  für  die  Existenz  eines  gebirgigen  Alpenfestlandes  der 
älteren  Tertiärperiode  zu  sprechen  scheinen.  —  Eine  genauere 
mikroskopische  Untersuchung  der  Geschiebe  und  eine  petrogra- 
phische  Vergleichung  derselben  mit  den  anstehenden  Gesteinsele- 
menten steht  von  Seiten  des  Herrn  Dr.  H.  Finkelstein  in  Leipzig 
für  die  nächste  Zeit  zu  erwarten. 

Herr  KOKEN  sprach  über  die  Beziehungen  triassischer 
Gastropodenfaunen  der  Alpen  zu  einander  und  zu  dem 
ausseralpinen  Muschelkalk  und  Kohlenkalk. 

Hierauf  wurde  die  Sitzung  geschlossen. 

V.  w.  0. 

Beyrich.  Dames.  Koken. 


Druck  von  J.  F.  Starcke  in  Berlin. 


Zeitschrift 

der 

Deutsclieii  geologischen  Gesellseliaft. 

3.  Heft  (Juli,  August,  September)  1890. 

A.    Aufsätze. 


1.   Labyrinthodoiiten-ßeste  des  oberschle- 
sisclieii  Muschelkalkes. 

Von  HeiTü  Hermann  Kunisch  in  Breslau. 

Hierzu  Tafel  XX. 

Die  Familie  der  Labyrinthodonten  ist  im  Musclielkalkc  spär- 
lich vertreten  und  aus  dem  oberschlesischen  Muschelkalke  bis  zum 
Jahre  1884  überhaupt  nicht  bekannt  geworden.  Seitdem  sind 
folgende  hierher  gehörige  Versteinerungen  aus  diesem  Gebiete  ge- 
fördert worden. 

I.   Schädeldecke  von  Capitosanrus  Silesiacus  nov.  spec. 

Die  Schädeldecke  habe  ich  im  Frühjahre  1889  zu  Gogolin 
in  einem  Kalkstcinbruche  der  Gogolin -Goradzer  Kalk -Actien- Ge- 
sellschaft, welcher  dem  von  Eck^)  als  Chorzower  Schichten  be- 
zeichneten Mveau  des  oberschlesischen  Muschelkalkes  angehört, 
aufgenonniien.  Sie  ist  nicht  vollständig,  sondern  nur  in  der 
linken  Hälfte  überliefert,  und  zwar  im  Abdruck  (Taf.  XX,  Fig.  1) 
und  theilweise  auch  im  Substanz  (Fig.  2).  Die  Versteinerung 
hebt  sich  durch  weissliche  Farbe  von  der  Unterlage,  welche  von 
bräunlich  grauem,  dichtem  und  festem  Kalksteine  gebildet  wird, 
deutlich  ab.  Um  selbige  in  ein  handliches  Format  zu  bringen, 
musste  die  Kalksteinunterlage  zersägt  werden.  V^ährend  dieses 
Verfahrens  lösten  sich  die  Knochenreste  stückweise  los  und  Hessen 


*)  Eck.     Ueber    die  Formationen    des  bunten  Sandsteins  und  des 
Muschelkalkes  in  Oberschlesien  etc.,  Berlin  1865,  p.  44  ff. 

Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  3.  2ö 


378 


den  unversehrten  Abdruck  zurück.  Die  Knochenstücke  wurden  sorg- 
fältig gesammelt  und  konnten  theilweise  wieder  verbunden  werden. 

Der  Abdruck  (Fig.  1)  besitzt  einen  annähernd  elliptischen 
Umfang,  ist  19  cm  lang  und  misst  in  der  grössten  Breite  8  cm. 
Aus  ihm  tritt  die  AugenöiTnung  (A)  durch  die  braune  Farbe  und 
das  unregelmässige  Relief  der  sie  ausfüllenden  Gesteinsmasse  auf- 
fällig hervor.  Dieselbe  liegt  an  der  rechten  Seite,  und  zwar  am 
unteren  Ende  des  obersten  Drittels.  Sie  ist  rechtsseitig  in  der 
Länge  eines  knappen  Viertels  der  ganzen  Peripherie  ein  wenig 
verletzt  und  gestattet  deshalb  keine  ganz  genaue  Angabe  der 
Grösse  und  Gestalt.  Nichtsdestoweniger  wird  man  keinen  grossen 
Fehler  begehen,  wenn  man  den  Umriss  mit  einer  Eilinie  ver- 
gleicht und  den  kleineren  Durchmesser  auf  2,5  cm  angiebt;  der 
grosse  Durchmesser  beträgt  3.5  cm.  Das  stumpfe  Ende  des 
Ovals  liegt  nach  oben,   das  wenig  spitzere  nach  unten. 

Die  Nähte  der  Schädeldecken  sind  im  Abdrucke  als  schwache 
Erhabenheiten  fast  durchweg  deutlich  erkennbar.  Unter  Berück- 
sichtigung derselben  lassen  sich  folgende  Knochen  unterscheiden: 
das  Frontale,  F,  das  Praefrontale .  Pr.F,  das  Jugale,  Ju,  das 
Postorbitale .  Pt.  Orb. ,  das  Postfrontale .  Pt.  F,  das  Squamosum, 
Sq,  das  Supratemporale.  S.  Tenip.,  das  Maxillare.  3Ijc,  das  Lacri- 
male.  L,  und  das  Nasale,  N,  von  welchen  die  ersten  fünf  an 
der  Begrenzung  der  Augenhöhle  theilnehmen. 

Die  von  dem  Abdrucke  losgelösten  Knochenreste,  welche  die 
Suturen  in  Form  feiner  Vertiefungen  aufweisen,  gehören  dem 
Jugale,  Praefrontale,  Postorbitale  und  Maxillare  an.  Die  Scholle, 
welche  durch  Zusammenkitten  kleinerer  Stücke  wiedergewonnen 
worden  ist  (Fig.  2).  ist  etwa  5,5  cm  lang  und  3,5  bis  4,5  cm 
breit.  Die  übrigen  Stückchen,  welche  wegen  Losbröckelung  von 
Substanz  an  den  Rändern  nicht  mehr  zusammenpassen  und  des- 
halb durch  Kitt  nicht  mehr  ordnungsgemäss  verbunden  werden 
konnten,  stammen  aus  dem  Praefrontale,  Jugale  und  Maxillare 
und  haben  in  ihrer  Gesaramtheit  eine  Fläche  von  ungefähr  16  qcm 
bedeckt.  Die  Dicke  der  Ivuochen  schwankt  zwischen  5  und 
10  mm;  am  kräftigsten  sind  die  Reste  des  Maxillare  und  die 
angrenzenden  Theile  des  Jugale.  Am  Augenhöhlenrande,  welcher 
die  benachbarten  Regionen  nur  wenig  (1 — 2  mm)  überragt,  kan- 
ten sich  die  ihn  zusammensetzenden  Knochen  keilförmig  ab.  Die 
Knochenmasse  ist  grauweiss  von  Farbe,  in  der  obersten,  die  Skul- 
pturen bildenden  Lage  dicht  und  daher  porzellanartig,  in  der 
mittleren  und  unteren  Lage  aber  porös  und  theilweise  auch 
faserig.  Die  Innenfläche  der  Knochenplatte  ist  meist  glatt,  zu- 
weilen aber  auch  mit  einer  feinen  Längsstreifung  versehen;  als 
anfälligere  Unebenheiten  treten  lediglich  die  Knochennähte  hervor. 


379 


Zur  Herstellung  mikroskopischer  Präparate  erwies  sich  das  mürbe 
und  bröckelige  Material  als  ungeeignet. 

Die  Knochenmasse  ist  übrigens  auch  vielfach  von  unregel- 
mässig verlaufenden  Sprüngen  durchsetzt,  welche  zu  dunkelfarbi- 
gen, dendritischen  Bildungen  Veranlassung  gegeben  haben.  Durch 
diesen  Umstand  wird  auch  die  Oberflächensculptur  in  ihrer  Deut- 
lichkeit ungünstig  beeinflusst.  Dendriten  stören  übrigens  auch 
ein  wenig  die  Deutlichkeit  des  im  Negativ  sich  darbietenden 
Oberflächenreliefs,  bezw.   des  natürlichen  Abdrucks. 

Die  Sculptur  der  durchaus  unebenen  Oberfläche  besteht  im 
Wesentlichen  aus  mehreren  Grubensj'stemen  (Buckeln  im  Abdruck), 
welche  in  Furchen  (Wülste  im  Abdruck)  ausstrahlen  und  dabei 
in  einander  übergehen.  Dieses  eigenthümliche  Relief  wird  im 
Abdruck  überragt  durch  eine  Wulst,  welche  hinter  dem  Auge  im 
Gebiete  des  Postfrontale  und  des  Squamosum  zweiästig  anhebt 
und  nach  der  Vereinigung  der  beiden  Aeste  in  schlanker  S-Form 
das  Supraorbitale  und  Jugale  durchsetzt,  um  dann  ungefähr  in 
der  Höhe  des  vorderen  Augenrandes  in  einem  spitzen  Winkel  von 
ungefähr  60"  umzubiegen  und  in  das  Maxillare  überzugehen. 
Diese  Wulst  entspricht  offenbar  einem  stark  vertieften  Schleim- 
kanale  auf  den  Knochen  der  Wangengegend.  Weniger  deutlich 
und  nicht  gleichmässig  zusammenhängend,  sondern  mehrfach  durch 
seichte  und  quer  gerichtete  Vertiefungen  unterbrochen  ist  die  Wulst, 
welche  vom  inneren  Rande  der  Augenötl'nung  ausgeht  und  sich  in 
kurzem,  kühnem  Bogen  nach  rechts,  bezw.  nach  der  Mittellinie 
des  Schädels  wendet,  um  dann  in  rückläufigem,  sehr  flachem 
Bogen  sich  über  den  vorderen  Theil  der  Schnauze  zu  erstrecken; 
sie  entspricht  einem  von  der  Augen-  zur  Nasenöffnung  sich  hinzie- 
henden Schleimkanale  der  knöchernen  Schnauzendecke.  Die  Ein- 
zelheiten werden  bei  der  Sonderbetrachtung  der  Schädeldecken- 
knochen Erwähnung  finden. 

Das  Frontale  ist  nur  fragmentarisch  erhalten  und  zwar  mit 
einem  an  das  Praefrontale  angrenzenden  Theile  von  4,5  cm  Länge 
und  bis  1  cm  Breite.  Die  in  der  Längsrichtung  des  Schädels 
verlaufende  Knochennaht  ist  deutlich  und  einfach.  Die  Sculptur 
des  Fragmentes  ist  undeutlich  und  zeigt  keine  ausgesprochene 
Orientirung. 

Das  Praefrontale  ist  eine  schmale  Platte  von  etwa  10  cm 
Länge  und  4  cm  gi*össter  Breite.  Sie  schliesst  sich  seitlich 
an  das  Frontale  einerseits  und  das  Jugale  andererseits  an. 
bildet  mit  ihrer  hinteren  Endigung  den  vorderen  Theil  des 
Augenrandes  und  ragt  vorn  mit  einer  scharfen  Spitze  tief  zwi- 
schen das  Lacrvmale  und  Nasale  hinein.  Die  Suturlinien  sind 
wohl  erkennbar  und    erscheinen    am    zungenförraigen  Vordertheile 

26* 


380 


deutlich  ausgefranst.  Während  die  Naht  zwischen  Yorderstirn- 
hein  und  Jochbein  nächst  dem  Auge  auf  dem  Abdi'ucke  und  der 
Oberfläche  der  Knochenscholle  einfach  erscheint,  erijmert  sie  auf 
der  unteren  Fläche  der  Knocheuscholle,  auf  welcher  sie  sich 
übrigens  vom  Augeurande  aus  22  mm  weit  verfolgen  lässt,  an 
zahnstangenartiges  Ineinandergreifen.  Die  scharf  hervortretende 
Sculptur  besteht  in  einem  central  gelegenen  Netzwerk  von  rund- 
lichen Löchern,  welche  nach  der  Peripherie  hin  eine  mehr  ge- 
streckte Form  annehmen,  insbesondere  nach  dem  Augenrande  hin 
sich  in  radial  gestellte  Strahlenfurchen  umwandeln  und  nach  dem 
Schnauzenende  zu  in  Furchen  übergehen,  welche  der  Längsaxe 
des  Schädels  ziemlich  parallel  laufen.  Dieser  Knochenplatte  ge- 
hört der  grösste  Abschnitt  der  bereits  als  Schleimfurche  ange- 
sprochenen lyraförmigen  Vertiefung  an.  welche,  wie  bereits  be- 
merkt, nicht  gleichmässig  und  scharf  ausgeprägt,  sondern  mehr 
andeutungsweise  vorhanden  ist.  Ihr  Bau  besteht  lediglich  darin, 
dass  die  in  ihr  Gebiet  fallenden  Maschen  und  Furchen  vorherr- 
schend tief  und  breit  ausgebildet  sind,  ohne  mit  einander  zu 
einem  einheitlichen  Kanäle  zu  verschmelzen. 

Das  Najsale  ist  nur  theil weise  und  zwar  mit  dem  an  das 
vordere  Stirnbein  und  das  Thränenbein  angrenzenden  Theile  über- 
liefert. Derselbe  weist  bei  einer  Länge  von  etwa  5  cm  eine 
grösste  Breite  von  1.2  cm  auf.  Die  Naht  zwischen  dem  Nasen- 
bein und  dem  Thränenbein  ist  nicht  erkennbar.  Die  längsstrahlige 
Sculptur  der  Oberfläche  kann  als  Fortsetzung  der  vorderen  Längs- 
furchen des  Praefrontale  angesehen  werden.  Eine  der  Längs- 
furchen fällt  in  das  Gebiet  der  Lyra  und  zeichnet  sich  dem- 
entsprechend durch  Mächtigkeit  vor  den  benachbarten  aus. 

Das  Lacrymale  ist  ebenfalls  nur  als  Bruchstück  vorhanden. 
Letzteres  besitzt  annähernd  die  Form  eines  gleichschenkligen 
Dreiecks  und  ist  keilförmig  zwischen  das  Praefrontale  und  Jugale 
eingefügt.  Die  Höhe  des  Dreiecks  beträgt  5,5  cm,  die  Breite 
an  der  Basis  ungefähr  3  cra.  Die  Naht  zwischen  Thränen-  und 
Jochbein  erscheint  wenig  gefranst.  Die  Sculptur  besteht  aus 
ziemlich  parallelen  Längsfurchen,  welche  hinten  seicht  anheben 
und  nach  vorn  an  Tiefe  und  Breite  zunehmen. 

Das  Jugale  ist  im  Abdruck  vollständig,  in  Substanz  im 
hinteren  Drittel  erhalten.  Es  ist  die  grösste  der  vorhandenen 
Knochcnplatten.  ist  vorherrschend  in  die  Länge  ausgedehnt  und 
unregelraässig  begrenzt.  Es  ist  nahezu  15  cm  lang  und  misst 
in  der  Augenregion,  der  Stelle  der  grössten  Breite,  4,6  cm.  Es 
berührt  das  Praefrontale  und  das  Lacrymale  in  der  bereits  an- 
gedeuteten Weise,  stösst  mit  einer  ziemlich  geradlinigen,  mit  der 
-Längsaxe    des     Schädels    fast    parallel    laufenden    Naht    an    das 


381 


Maxillare,  mit  einer  kreisbogenförniigen  Suturliiiie  an  das  Supra- 
temporale und  mit  einer  unregelmässig  wellig  gebogenen  Linie 
an  das  Postorbitale,  um  schliesslich  den  grössten  Theil  des 
äusseren  Augenrandes  zu  bilden.  Die  Grenzlinie  gegen  das  Maxil- 
lare ist  auf  dem  Abdrucke  am  schlechtesten  sichtbar.  Die  Su- 
turen  zwischen  Jugale  einerseits  und  Supratemporale  und  Post- 
orbitale andererseits  sind  auf  dem  Abdrucke,  auf  der  oberen  und 
der  unteren  Seite  der  Knochenscholle  deutlich  erkennbar.  Die 
wohl  ausgeprägte  Sculptur  besteht  aus  einem  vor  der  Augen- 
region  und  unmittelbar  am  Maxillare  anliegenden  Maschennetze, 
welches  sich  aus  massig  grossen  Löchern  zusammensetzt  und  nach 
hinten,  nach  der  Schädeldeckemnediane  und  nach  vorn  in  radiale 
Furchen  ausläuft.  Die  nach  der  Schnauze  gerichteten  Strahlen 
erlangen  dabei  eine  Länge  von  etwa  6.5  cm.  In  den  hinteren 
äusseren  Zipfel  des  Jochbeines  fällt  der  winkelförmige  Theil  des  die 
hintere  Hälfte  der  Schädeldecke  besonders  bezeichnenden  Schleim- 
kanales,  welchen  die  Oberflächensculptur  der  Knochenplatte  als 
tiefere  und  breitere  gekielte  Furche  und  den  Abdruck  als  mäch- 
tige kantige  Wulst  rücksichtslos  durchsetzt. 

Das  Maxillare  superius  erscheint  fragmentarisch  als  un- 
gefähr 9  cm  lange  und  weniger  als  1  cm  breite  Knochenleiste, 
welche  dem  Jugale  fast  geradlinig  ansitzt  und  unter  einem  stum- 
pfen Winkel  von  ungefähr  120"  nach  unten  (im  Abdruck  nach 
oben)  umgebogen  ist.  Die  undeutliche  Sculptur  scheint  längs- 
strahlig  zu  sein. 

Das  Postorbitale  ist  vollständig  erhalten.  Es  ist  durch- 
weg krummlinig  begrenzt,  hat  aber  immerhin  noch  eine  entfernte 
Aehnlichkeit  mit  einem  regelmässigen  Sechseck;  Seitenlänge  an- 
nähernd 1,8  cm.  Es  bildet  den  hinteren  äusseren  Ausgenrand, 
berührt  im  übrigen  das  Supratemporale,  das  Squamosum  und  das 
Postfrontale.  Die  Suturen  sind  im  Abdruck  und  auf  dem  Kno- 
chenreste nicht  sonderlich  scharf.  Die  Sculptur  wird  beherrscht 
durch  die  das  Feld  schräg  durchsetzende  Schleimfurche  bezw. 
Wulst.  Der  nach  aussen  zu  gelegene  Theil  des  Feldes  besitzt 
einige  Löcher  ohne  ausgesprochene  Orientirung;  der  dem  Auge 
anliegende  Abschnitt  enthält  längliche  Löcher,  welche  in  der 
Nähe  des  Jugale  in  dessen  Strahlonfurchen  einlenken  und  sonst 
mit  der  Längsaxe  senkrecht  auf  den  Augenrand  gerichtet  sind. 
Letztere  Oiientirung  findet  sich  auch  bei  dem  aus  länglichen 
Löchern  bestehenden  Ornament  des 

Po  st  frontale,  welches  den  hintersten  Theil  des  Augenrandes 
bildet,  dem  Postfrontale  seitlich  benachbart  ist  und  hinten  an  das 
Squamosum  anstösst.  Die  Naht  zwischen  dem  Postfrontale  und 
dem  Squamosum  ist  dnrch  den  vorderen  Ast  des  Gabelendes  der 


382 


Schleimfurche  (bezw.  Wulst)  fast  unkenntlich  urd  deshalb  zweifel- 
haft gemacht.  Die  Länge  und  Breite  des  Plattenfragmentes  be- 
trägt annähernd  1,5  cm. 

Das  S  quam  OS  um  ist  nur  in  seinem  vorderen  Theile  über- 
liefert, welcher  an  das  Postfrontale.  Postorbitale  und  das  Supra- 
temporale angelagert  und  annähernd  o  cm  lang  und  o.n  cm  breit 
ist.  Die  Nähte  sind  bis  auf  die  bereits  erwähnte,  das  Postfron- 
tale verbindende  Sutur  deutlich  erkennbai'.  Es  wird  durch  den 
oberen  Ast  der  Schleimfurchengabelung  in  einen  grösseren  äusse- 
ren und  einen  kleineren  inneren  Abschnitt  zerlegt.  Beide  sind 
dui'ch  ein  groblöcheriges  Maschennetz  ohne  bestimmte  Orien- 
tirung  erfüllt. 

Das  Supratemporale  ist  nur  im  vorderen  Theile  vorhanden. 
Derselbe  liegt  mit  einer  S  förmigen  Naht  dem  Jugale,  Postorbitale 
und  Squamosum  an.  und  misst  etwa  5,5  cm  in  der  Länge  und 
etwa  3  cm  an  der  Stelle  der  grössten  Breite.  Das  Bildwerk  der 
Obei-fläche  besteht  in  wohl  ausgeprägten  Längsfurchen,  welche  in 
die  benachbarten  Strahlenfurchen  des  Jugale  übergehen. 

Bezüglich  der  systematischen  Einreihung  stellen  sich  wegen 
der  UnVollständigkeit  der  Schädeldecke  und  ganz  besonders  we- 
gen des  Fehlens  des  hinteren  Schädelrandes  Schwierigkeiten  ein. 
Die  überlieferten  Reste,  insbesondere  die  Grösse  und  Gestalt  der 
einzelnen  Knochenplatten  und  des  Auges,  die  Zusammensetzung 
des  Augenrandes  und  die  auffällige  Breite  der  Schnauze  genügen 
aber  vollständig  zum  Nachweise  der  nahen  Verwandtschaft  mit 
dem  Genus  Capitosaurus  Graf  Münster  und  dem  Genus  Cycloto- 
satirns  Eberh.  Fraas^).  Letzteres  Genus  ist  hauptsächlich  ge- 
gründet und  ersterem  gegenübergestellt  worden  mit  besonderer 
Berücksichtigung  auf  die  geschlossene  Ohrenspalte  und  die  Lage 
der  an  der  Ohrbildung  theilnehmenden  Knochen.  Da  bei  der 
vorliegenden  Versteinerung  der  hierbei  in  Frage  kommende  Schä- 
deltheil  fehlt,  muss  auf  unwesenthchere  Merkmale  gesehen  werden. 
Ein  solches  haben  wir  in  der  als  Lyra  bezeichneten  Gesichtsfurche, 
welche  bei  Cyclotosaurus  so  gut  wie  gar  nicht,  bei  unserem 
Exemplare  aber  ziemlich  deutlich,  wenn  auch  nicht  musterhaft, 
entwickelt  ist.  In  guter  Uebereinstimmung  dagegen  befindet  es 
sich  in  dieser  Beziehung  und  überhaupt  bezüglich  der  Gesammt- 
heit  der  Sculptur  mit  dem  Genus   Capitosaurns. 

Von  den  bekannten  Arten  des  Genus  Capitosaurus  unter- 
scheidet sich  aber  unser  Exemplar  auffällig  durch  den  vorderen 
Rand    des  Postorbitale.       Derselbe    ist    unregelmässig  wellig   ge- 


^)  Eberhard  Fraas.      Die    Labyrinthodonten    der    schwäbischen 
Trias.     lu  Palaeoutographica,  36.  Bd.,  Stuttgart  1889,  p.  121  ff. 


383 


bogen  und  ragt  mit  oiiiom  zungcuföniiigen  Abschnitt  etwa  2  cm 
tief  in  das  hintere  Ende  des  Jugale  hinein.  Sehr  bezeichnend 
hebt  sich  unser  Exemplar  von  den  vorhandenen  Arten  auch  ab 
durch  die  das  Bildwerk  der  hinteren  Schädeldeckcnhälfte  beherr- 
schende gegabelte  Schleimfurche.  Ich  glaube,  dass  diese  auft'äl- 
ligen  Eigenthümlichkeiten  zur  Aufstellung  einer  neuen  Species 
genügen,  welche  ich  in  Hinweis  auf  den  Fundort  als  Capito- 
saufus  Silesiacus  bezeichnen  will. 

Der  Schädel  dieses  Thieres  scheint  hinsichtlich  der  Grösse 
dem  Capifosaurus  nahisus  H.  v.  Meyer  nahe  gestanden  und  den 
Capitosaurus  Fronto  H.  v.  Meyer  ^)  nicht  unwesentlich  überragt 
zu  haben.  Bei  unserem  Exemplare  dürfte  die  Länge  des  Schä- 
dels ungefähr  30  —  35  cm.  die  Breite  in  der  Augengegend  etwa 
22  —  25  cm  betragen  haben. 

IL   Unterkiefer. 

Unterkiefer  in  fragmentarischer  Erhaltung  sind  bis  jetzt  vier 
bekannt  geworden.  Ein  24  cm  langes,  sehr  unvollkommen  über- 
liefertes Bruchstück  des  linken  Untei'kieferastes  von  Lagiewnik 
bei  Königshütte  wurde  bereits  1884  von  Gürich^)  beschrieben. 
Schon  im  Jahre  1885  kam  ich  in  die  Lage,  ein  26  cm  langes, 
wohl  erhaltenes  Stück  des  rechten  ünterkieferastes,  welches  einen 
Fangzahn  und  Backzahnreste  aufweist  und  den  Bau  des  Kiefers 
genauer  erkennen  lässt,  aus  Sacrau  bei  Gogolin  unter  dem  vor- 
läufigen Namen  Mastod onsaurus  Silesiacus  der  Oeffentlichkeit^) 
zu  übergeben.  Zittel"*)  hält  die  Zugehörigkeit  dieses  Kiefers  zu 
dem  Genus  Capitosaurus  für  wahrscheinlich,  welcher  Ansicht  ich 
mich  nunmehr  um  so  lieber  anschliesse,  als  der  oben  beschrie- 
bene Schädelrest  von  Capitosaurus  Silesiacus  das  Vorhandensein 
dieses  Genus  in  den  Chorzower  Schichten  von  Gogolin  und  Um- 
gegend ausser  Zweifel  gestellt  hat. 

Aus  demselben  Kalksteinbruchc  von  Sacrau  stammt  ein 
Kieferbruchstück,  über  welches  ich  in  der  naturwissenschaftlichen 
Section  der  Schlesischen  Gesellschaft    für  vaterländische  Kultur  5) 


1)  Vergl.  H.  V.  Meyer.  Die  Labyrinthodonten  aus  dem  bunten 
Sandstein  von  Bernburg.  In  Palaeontographica,  W.  Band,  p.  221  ff., 
t.  XXIY  — XXYIII. 

*)  GÜRiCH.  Ueber  einige  Saurier  des  oberschlesischen  Muschel- 
kalkes.    Diese  Zeitschrift,  Jahrg.  1884,  p.  141. 

^)  KuNisCH.  Ueber  den  Unterkiefer  von  Mdstodoiisaurus  Silesiacus 
nov.  spec.     Diese  Zeitschr.,  Jahrg.  1885,  p.  528  ff. 

*)  Zittel.  Handbuch  der  Paeontologie,  I.  Abth. ,  III.  Bd.,  Mün- 
chen und  Leipzig  1888,  p.  404. 

^)  66.  Jahresber.  der  Schlesischen  Gesellschaft  für  vaterländische 
Kultur,  p.  90. 


384 

eine  vorläufige  Mittheilung  gemacht  habe.  Dasselbe  ist  durch 
mich  aus  den  von  Herrn  Rittergutsbesitzer  Madelung  zu  Sacrau 
zurückgelegten  Versteinerungen,  von  welchem  mir  übrigens  seiner 
Zeit  auch  der  oben  erwähnte  Kieferrest  zugegangen  ist,  ausge- 
lesen worden  und  ist  aller  Wahrscheinlichkeit  mit  dem  letzteren 
zusammen  gefunden  worden  und  nur,  weil  man  die  Zusammen- 
gehörigkeit nicht  sofort  erkannt  hat.  zu  anderer  Zeit  in  meinen 
Besitz  gelangt.  In  der  äusseren  Beschatf'enlieit  stinnnen  die  bei- 
den Unterkieferfragmente  so  auffällig  überein.  dass  man  wohl 
Grund  hat  anzunehmen,  sie  hätten  dem  rechten  Kieferaste  des- 
selben Individuums  angehört  und  wären  unter  denselben  äusseren 
Bedingungen  conservirt  worden.  Wenn  man  sie  zusammenhält, 
so  ersieht  man,  dass  zwischen  beiden  eine  Lücke  von  ungefähr 
10  cm  Länge  besteht.  Unter  Hinzurechnung  dieser  Lücke  wäre 
somit  der  rechte  Unterkiefer  eines  zu  dem  Genus  Capitosaurus 
gehörigen  Thieres  in  der  Länge  von  annähernd  47  cm  mit  einer 
Reihe  von  etwa  85  Backen-  und  Schneidezähnen  und  einem  Fang- 
oder Eckzahne  nachgewiesen.  Da  das  hintere  Ende  unseres 
Fragmentes  eine  Bruchfläche  ist.  muss  der  ganze  Unterkiefer  noch 
länger  gewesen  sein.  —  Ein  viertes  Kieferbruchstück,  welches 
dem  linken  Unterkieferaste  eines  jüngeren,  bezw.  kleineren  Exem- 
plares  derselben  Species  anzugehören  scheint,  wurde  in  Sacrau 
1889  gefunden.  (Genaueres  darüber  im  67.  Jahresber.  d.  schles. 
Ges.   für  vaterl.  Kultur,  p.    100.) 

III.   Wirbel. 

Unter  den  zahlreichen  Wirbeln,  welche  ich  in  den  letzten 
10  Jahren  in  dem  Gebiete  des  oberschlesischen  Muschelkalkes 
gesannnelt  habe,  befindet  sich  ein  einziger  Wirbelkörper,  welcher 
unbedenklich  den  Labyrinthodonten  zugeschrieben  werden  kann, 
und.  den  ich  als  den  Rest  eines  Wirbels  aus  der  hinteren  Rumpf- 
region anspreche.  Er  stannnt  aus  Gogolin.  Er  ist  in  der 
Vorder-  und  Hinteransicht  nierenförmig,  in  der  Seitenansicht 
keilförmig  und  an  beiden  Gelenkflächen  schwach  concav.  Unter 
Miteinschätzung  der  verletzten  Stellen  lassen  sich  Höhe  und  Breite 
auf  etwa  6  cm  und  die  Dicke  auf  1.5  —  3,5  cm  schätzen.  Der 
auf  der  oberen  Seite  in  der  Mittellinie  gelegene  rinnenförmige 
Einschnitt  (Chordaloch)  ist  annähernd  2  cm  tief  und  erscheint  im 
Querschnitt  als  ein  am  Scheitel  abgerundeter  Winkel  von  un- 
gefähr 60^'.  Die  mechanischen  Verletzungen  des  Wirbelkörpers, 
welche  uns  das  Anschleifen  und  somit  die  Vernichtung  eines 
weiteren  Theiles  der  für  unser  Gebiet  seltenen  Versteinerung 
ersparen,  geben  einigen  Aufschluss  über  die  Structur  des  Kno- 
chens: letztere  ist  im  peripheren  Theile  der  unteren  zwei  Drittel 


385 


ausgesprochen  lainellar  -  concentrisch  und  in  den  tieferen  Lagen 
schwammig;  im  oberen  Drittel  des  Wirbelkörpers,  wo  die  äusserste 
Lage  fehlt,  erscheint  die  Knochenmasse  nur  schwammig. 

IV.   Rippe. 

Als  eine  der  beiden  Enden  beraubte  rechte  Rippe  aus  der 
Rumpfgegend  eines  Labyriuthodontcn  glaube  ich  eine  Versteine- 
rung von  Gogolin  bezeichnen  zu  müssen,  welche  folgende  Be- 
schaffenheit besitzt:  Das  bogenförmige  und  an  der  Aussenseite 
geflügelte  Knochenfragment  ist  etwa  12  cm  lang.  Die  Breite 
beträgt  au  der  proximalen  Bruchfläche  2,5  cm,  an  der  distalen 
dagegen  3.4  cm,  wovon  im  ersten  Falle  etwa  %  und  im  letzten 
Falle  ungefähr  %  auf  den  flügelartigen  Fortsatz  entfallen.  Sieht 
man  von  diesem  keilförmig  gestalteten  flügelartigen  Anhange  ab, 
so  erscheint  der  Querschnitt  des  Knochens  an  der  vorderen 
Bruchfläche  annähernd  in  der  Gestalt  eines  Kreises  von  1.5  cm 
Durchmesser,  an  einer  mittleren  Bruchfläche  wie  ein  fast  quer- 
liegendes, an  den  Ecken  abgerundetes  Rechteck  von  1  bezw.  2  cm 
Seitenlänge  und  endlich  an  der  hinteran  Endfläche  wie  ein  dem 
Quadrat  nahestehender  Rhombus  von  etwa  1,1  cm  Seitenlänge. 
Die  flügelartige  Verbreiterung  bildet  mit  dem  Haupttheile  des 
Knochens  auf  der  Unterseite  einen  stumpfen  Winkel  von  etwa 
120^,  wogegen  sie  auf  der  oberen  Seite  in  einer  Kante  zusam- 
menstossen,  welche  an  der  vorderen  Bruchfläche  einen  Neigungs- 
winkel von  100  — 110"  aufweist,  sich  im  weiteren  Verlaufe  all- 
mählich abflacht  und  sich  schliessliöh  in  der  halben  Länge  des 
Knochens  in  zwei  Aeste  spaltet,  von  welchen  der  eine  flach 
bleibt  und  längs  des  Haupttlieiles  verläuft,  während  der  andere 
wieder  schärfer  wird  und  die  flügelartige  Verbreiterung  als  wohl 
ausgeprägter  Grat  diagonal  durchsetzt.  Der  Verlauf  des  äusseren 
Randes  des  Flügelansatzes  ist  bogenförmig  gewesen,  lässt  sich 
aber  einiger  Verletzungen  wegen  nicht  ganz  genau  angeben.  Das 
Rippenfragment  ist  nicht  hohl,  sondern  besteht  durchweg  aus 
fester,  kleinporiger  Knochensubstanz. 

Die  hier  beschriebenen  Originale  werden  demnächst  in  den 
Besitz  des  mineralogischen  Museums  der  königl.  Universität  zu 
Breslau  übergehen. 


386 


2.  Beiträge  zur  Keniitiiiss  der  Plioccänfauiia 
Süd -Spaniens. 

Von  Herrn  F.  Schrodt  in  Heidelberg. 

Hierzu  Tafel  XXI  und  XXII. 

Den  ersten  Anstoss  zu  dieser  Arbeit  gab  eine  von  Dr. 
MoLDENHAUER  in  Garrucha  gesammelte  Schlämmprobe,  welche 
sich  bei  näherer  Untersuchung  als  ungemein  reich  an  gut  erhal- 
tenen Foraminiferen  erwies.  Der  gleiche  Herr  hatte  die  Güte, 
uns  auch  fernerhin  reichlich  mit  Material  zu  versehen.  Die 
übrigen  erwähnten  Fossilien  wurden  von  Herrn  Dr.  Osann  bei 
einem  längeren  Aufenthalte  in  der  Provinz  Almeria  gesammelt. 
Ihm  verdanken  wir  auch  die  geologischen  Daten  in  Bezug  auf 
die  Lagerungsverhältnisse.  Die  paläontologische  Untersuchung  des 
Materials  wurde  von  mir  auf  Anregung  und  unter  gütiger  Leitung 
von  Herrn  Professor  Andreae  unternommen,  wofür  ich  demselben 
an  dieser  Stelle  meinen  verbindlichsten  Dank  ausspreche, 

Lagerungsverhältnisse  d6r  Pliocänschichten  in  der  Bucht 
von  Vera. 

In  dem  ganzen  nahezu  horizontal  ^)  gelagerten  Pliocäncomplex 
von  Vera  (Provinz  Almeria)  scheinen  blaugraue  Mergel  das  Lie- 
gende zu  bilden.  Dieselben  ruhen  bei  dem  Orte  Garrucha  direct 
auf  alten  (wohl  paläozoischen)  Schiefern,  in  denen  bisher  keine 
Fossilien  gefunden  wurden.  Diese  Schiefer  setzen  wesentlich  die 
benachbarten  Sierren.  S.  Cabrera  und  S.  Almagrera.  zusammen. 
Beziehungen  der  Mergel  zu  den  von  L.  N.  Monreal  aus  dieser 
Gegend  angeführten  angeblich  miocänen  Schichten  sind  nicht  be- 
kannt^).    Die  Mergel  von   Garrucha   stehen    in   dem  Orte    selbst 


*)  Nur  in  einzelnen  Ausnahmefällen  zeigen  die  Tertiärschichten 
eine  steilere  Schichtenstellung,  so  z.  B.  wurden  Neigungen  bis  über 
50"  an  der  Strasse  von  Vera  nach  Almeria,  wo  dieselbe  den  Rio  de 
4ntas  überschreitet,  beobachtet. 

-)  Cf.  Boletin  de  la  Comision  del  Mapa  geol.  de  Espana,  T.  Y, 
1878.  Monreal:  Apuntes  fisico  -  geol.  de  la  Prov.  de  Almeria.  Aus 
dem  angeblichen  Miocän  werden  von  Fossilien  angeführt:  Ostrm  lon- 
girostris  Lmk.  ,    0.  lamellosa  Brocchi,    Clypeaster  laganoides  Aü.    und 


387 


oberflächlich  an.  Sie  wcrdeu  in  kleinen  Gruben  gewonnen  und 
zur  Herstellung  von  porösen  Thonkrügen.  sogenannten  „Jarras" 
und  „Botijos"',  verwendet.  Ihre  Mächtigkeit  soll  wenigstens  10 
bis  15  m  betragen.  Die  tieferen,  frisch  aufgeschlossenen  Par- 
tieen  sind  graublau,  die  mehr  oberflächlichen  Schichten  gelblich, 
wahrscheinlich  in  Folge  der  Oxydation  durch  die  Atmosphärilien. 
Den  Mergeln  von  Garrucha  durchaus  gleichende  Mergel  sind 
in  der  ganzen  Bucht  von  Vera  verbreitet  und  bilden  die  tiefsten 
Pliocänschichten.  Nach  oben  hin  werden  sie  sandig  und  reich 
an  Glimmer,  sodass  sie  in  glimmerreiche  Sandsteine  übergehen 
können.  In  diesen  Schichten  wurden  an  der  Chaussee  von  Vera 
nach  Almeria  etwa  5  km  von  Vera  einige  Fossilien  gesammelt, 
deren  Liste  anbei  folgt: 

LithotJiamnmm  pliocaenicum  aut., 

Orhulina  umversa  d'Orb.. 

Rotalia  Soldnnü  d'Orb.. 

PolystonieUa  iherica  n.   sp., 

Kleines  Fragment  einer  hexactinelliden  Kieselspongie  mit  un- 
durchbohrtem  Axenkreuz.  -^ 

Cidaris  sp..   Stacheln  und  Asseln, 

Ärhacia  sp., 

Echiniis,  kleine  Fragmente,  oligopor,  imperforirt  und  un- 
gekerbt, 

Clypeaster,  kleines  Fragment, 

Serpula,  3  spec, 

Memhraniporn  cf.  suhtilimargo  Rss., 

—  annuhcs  Manz., 

—  calpensis  Busk., 
Reiepma  cellnlosa  Lam., 
Lepralia  rudis  Manz., 

—  utriculus  Manz.   (:=  Microporella  ciliata  Fall,  sp.), 

—  innominata  Couch., 

—  ohelisciis  Manz., 
Schizoporella  (Pachycraspedon)  sp.. 
Myriozoum  truncatum  Pall.,   sehr  häufig, 
Gellepora  pumicosa  Lin., 

Hm-nera  sp.,   eine  kriechende  Art, 
Bliynchonella  cf.   bipartita  Brocch.   sp., 


?Melania  decussata.  —  Aus  dem  Pliocän  werden  angegeben:  Ostrca 
lamellosa  Brocchi,  Spondyliis  (joedtropiis  L. ,  Pecten  opercidaris  Lmk., 
P.  duhius  Broc.?,  P.  striatus  Goldf.?,  Jan ira  jacobuta  Lmk.  sp.,  J. 
■ma.dma  Lmk.  sp.,  Terehratvla  f/randis  Blumb.  ;  ferner  von  anderem  Orte 
und  jedenfalls  sehr  fraglich :  Ostrea  Oellovacina  Isyst.  und  Pecten 
tenuis  Lea.  ? 


388 


Terebratula  ampulla  Brocch.,  flache  Varietät, 

Pecten  scabrellus  Lam.,   sehr  häufig,   eine  Form,   die  aucli  im 

Miocän  sehr  verbreitet  ist, 
Janira  jacohaea  Lin.,  Fragment, 
Hinnites  pusio  Lin.   sp., 
Ostrea  (Älcdryonio)  atf.  cristata  Born., 

—       cochlcar  Poli, 
Baianus  sp. 

Im  Anschluss  an  diese  Liste  folgen  noch  einige  Fossilien, 
die  vermuthlich  aus  demselben  Horizonte,  von  Cuevas,  1  Stunde 
nördlich  von  Yera,   stammen: 

Textilaria  (Plecaninm)  ahbreciata  d'Orb., 

Nodosaria  hacillum  Defr.. 

Marr/inulina  Pecketi  n.  sp.    (vergl.  pag.  409), 

CristeUaria  calcar  Lin.   sp.. 

TJviyerina  pygmaen  d'Orb.  var.  tennistriata  R.S8.  Bei  einzel- 
nen Exemplaren  sind  die  oberen  Kammern  ungestreil't  und 
etwas  rauh. 

Glohigerina  hidloides  d'Orb., 

TriDicatulina  tenera  Brady, 

—  WueUerstor/i   Schwg.    sp.,    die   typische   flache 

Form, 

Spatangen  -  Stacheln, 

Oxyrhina  hastalis  Ag.  Ein  Zahn  von  70  mm  Länge  und 
12  mm  Dicke  (Taf.  XXE,  Fig.  10).  Unser  Exemplar 
stimmt  genau  mit  derjenigen  Form  überein.  die  Agassiz 
als  0.  trigoiuidon  beschreibt  und  abbildet  (Recherches  s. 
1.  poissons  foss..  p.  279,  t.  37,  f.  17  u.  18)  und  die  mit 
().  hastalis  Agj.  synonym  ist.  Die  gleichen  Formen  sind 
aus  dem  angeblichen  Miocän  von  Tejares  und  Malaga 
bekannt  (S.  Woodward,  Catalogue  of  the  foss.  fishes  in 
the  British  Mus.,  Part.  I,  p.  388), 

?  Balaenoptera  rostrata  F.  Neben  einigen  kleinen,  unbestimm- 
baren Knochenfragmenten  von  überaus  spongiöser  Natur 
liegt  ein  vollständig  erhaltenes  Zungenbeinhorn  des  vor- 
deren Zungenbeinbogens  (Stylohyale)  von  der  linken  Seite 
vor.  Der  leicht  gekrümmte  Knochen  misst  190  mm  in 
der  Länge,  50  mm  in  der  grössten  Breite  und  die  Dicke 
beträgt  in  der  Mitte  nicht  ganz  20  mm,  am  oberen  Ende 
fast  30  mm.  Die  beiden  etwas  verjüngten  Enden  sind 
spongiös  und  ohne  deutliche  Contour,  was  den  Uebergang 
in  Knorpel  und  Bandmasse  andeutet.  Die  ungemein  flache 
Gestalt  dieses  Stylohyale  erinnert   an  Zyphioideen,    sowie 


389 


auch  an  Balaenoptera  rast  rata;  die  noch  im  Mittehiieer 
vorkommende  B.  musculus  (van  Beneden  et  Gervais, 
Osteographie  des  Cetaces  viv.  et  foss.,  p.  185)  ist  wegen 
ihres  mehr  rundlichen  Stjlohyale  ausgeschlossen.  Die 
Uebereinstimmung,  welche  der  gleiche  Knochen  an  einem 
recenten  Skelete  von  B.  rostrata  (dem  nordischen  Schnabel- 
wal) in  dem  zoologischen  Museum  von  Heidelberg  dar- 
bietet, ist  sehr  gross,  weshalb  dieser  Knochen  wohl  zu 
dieser  Art  oder  einer  sehr  nahe  verwandten  Form  ge- 
hören wird.  In  den  grossen  AVerken  von  van  Beneden 
(van  Beneden  et  Gervais.  Osteographie  d.  Cetac.  viv.  et 
foss.  und  VAN  Beneden,  Descript.  d.  osseraents  foss.  des 
environs  d'Anvers.  Annal.  d.  mus.  d'hist.  nat.  de  Bel- 
gique,  Ser.  palaeont. ,  I,  IV  und  VII)  ist  nichts  abge- 
bildet, was  eine  grössere  Verwandtschaft  zeigt.  Angeb- 
lich miocäne  Bildungen  Portugals  (van  Beneden,  1.  c, 
IV,  pag.  40  und  VII,  pag.  58)  haben  schon  früher  Wal- 
fischreste geliefert.  Auch  Botella  (Boletin  de  la  Co- 
mision  del  Mapa  geologico  de  Espana  1882:  Resena 
fisica  y  geologica  de  la  region  SO  de  la  provincia  de 
Almeria.  p.  58)  erwähnte  einen  Walfischwirbel  wahrschein- 
lich von  Balaenoptera  aus  pliocäncn  Ablagerungen  von 
Huecija,  ca.  75  km  WSW  von  Cuevas  entfernt.  Ihre 
ungemeine  Häufigkeit  und  Verbreitung. namentlich  in  den 
Pliocängebilden  Englands  und  Belgiens,  sowie  ihr  Vor- 
kommen im  italienischen  Pliocän  ist  bekannt. 

Ueber  den  glinnnerreichen  Schichten  liegen  Conglonierate, 
mit  denen  vermuthlich  diejenigen  aus  der  Rambla  del  Esparto, 
nahe  der  Strasse  von  Vera  nach  Aguilas  gleichalterig  sind,  aus 
welcher  nachfolgende  sparsame  Fossilien  stammen,  die  auf  ober- 
pliocänes  Alter  hindeuten: 

Patella  peraff.  Adunsoni  Dunk.  Die  Form  steht  der  am 
Senegal  lebenden  P.  Adansoni  überaus  nahe. 

Trochns  (Osilinus)  turtjinatus  Gmel.  (auch  noch  lebend  im 
Mittelmeer). 

Stromhus  coronatus  Defr.  Diese  Form  aus  der  Verwandt- 
schaft des  recenten  Str.  huhonius  von  den  Cap  Verden 
steht  in  den  meisten  Merkmalen  dem  pliocänen  Str.  coro- 
natus näher  als  dem  pleistocänen  Str.  niedäerranctcs  Ducl. 
(=  Str.  sferracarallensis  De  Greg.)  ,  cf.  Boll.  R.  Com. 
geol.  d'Italia,  vol.  XX.  1889  (Simonelli:  foss.  dell' Isola 
di  Piaiiosa  etc.),  p.  203. 


390 


Liste  der  Foraminiferen  aus  den  pliocäiien  Mergeln 
von  Garrucha,    verglichen  mit  anderen  Fundorten. 


I. 

II. 

III. 

IV. 

V. 

VI. 

VII. 

c 

o 
> 

'S 

55C 

^  E 

o 

> 

'S 
CD 

tao 
c3 

'S 

ö 
o 
> 

'S 
% 

p 

PL|    CS 

^< 

S  '^ 

Ö 

'S 

Recent. 

'S 

a  tu 

SO 

2h 

?Pelosina  apiculata  n.  sp       ... 
Saccammina  sphaerica  Sars.     .     . 
Psaymnosphaem  fusca  Schulze     . 
BJmhdammina  irregularis  Cakp.    . 
Jthizammina  cf.  algefwmis  Brdy  . 

Planisperina  celata  CosT.  sp.    .     . 

Spiroloculina  limbata  d'Orb.     .     . 

—          tenuis  Czjz.  sp.    .     . 

Textilaria  sayittula  Defr.    .     .     . 
- —         abhreviata  d'Orb.      .     . 

—  trochus  d'Okb.      .     .     . 

—  splmerica  n.  sp.    .     .     . 

Tritaxia  lepida  Brdy 

Bigenerina  nodosaria  d'Orb.     .     . 

—  capreolus  d'Orb.  sp.   . 
Gaudryina  ckilostoma  Rss.   .     .     . 
Clavulina  communis  d'Orb.       .     . 

—  cylindrica  Hajs'TK.      .     . 
Bulimina  pyrida  d'Orb.  .... 

var.  spinescens  Brdy.    . 

—  piupoidcs  d'Orb.    .     .     . 

—  aculcata  d'Orb.    .     . 

—  inflata  Seg 

Bolimna  punctata  d'Orb.     .     .     . 

—  dilatatu  Rss 

—  robitsta  Bedy 

—  Beyrichi  Rss 

—  var.  alata  Seg 

Pleurostomella  altermins  ScHWG.  . 
Cassidulina  oblonga  Rss 

Hippocrepina  constricta  n.  sp.  .     . 

Lagena  laevis  Montag,  sp.  .     .     . 

—  clavata  d'Orb  sp.    .     .     . 

—  hispida  Rss 

+ 
+ 
+ 
+ 
+ 

+ 
+ 

+ 

+ 
+ 
+ 
+ 
+ 
+ 
+ 
+ 

+ 

+ 
+ 

+ 

+ 

+ 

+ , 

+ 

+ 

+ 

+ 
+ 

+ 
+ 

+ 

+ 
+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 



+ 
+ 

+ 

+ 

+ 

+ 
+ 

+ 
+ 
+ 

+ 
+ 

+ 

+ 

+ 
+ 
+ 

+ 
+ 
+ 
+ 

+ 

+ 

+ 
+ 

+ 

+ 

+ 
+ 

+ 
+ 

+ 
+ 
+ 

+ 

+ 
+ 

+ 
+ 

+ 
+ 
+ 
+ 

+ 
+ 
+ 

+ 

391 


I. 

IL 

III. 

IV. 

V. 

VI.   VII. 

s 

s 

es 

o 

Recent. 

o 

o 

ÖC 

-ö 

> 

> 

ei 

c 

'S 

g 

u   H 

O 

> 

E 

es   ff 

^   g 

'03 

%< 

s 

s 

es    <v 

1' 

bß 

Sh 

QCOJ 

CD 

Oi 

S 

o 

g 

S 

1— ( 

i 

';^ 

Laijena  aspern  Rss 

+ 

— 







— 

+ 

—       sulcata  Walk.  u.  Jag.     . 

+ 

— 

+ 



+ 

+ 

+ 

—       hexagmia  William  .     .     . 

+ 

— 



— 

— 

— 

Ghnduliiin  lacini/ata  d'Orb.      .     . 

+ 

— 

+ 



+ 

+ 

+ 

Nodosaria  radicula  LiN.  sp. .     .     . 

+ 

— 

+ 



+ 

+ 

—          soluta  Ess 

+ 

+ 





— 

+ 

— ■         suhtertenuata  Schwg.  . 

+ 





— 

— 

—          (IJ)  communis  d'Orb.   . 

+ 

+ 

+ 



+ 

+ 

+ 

—          (IJ)  subtilis  Neugb. 

+ 





— 

— 

— 

.    —          (V)  consobrina  d'Orb  . 

+ 

+ 





+ 

— 

+ 

—                 —    var.    emaciata 

Rss.      .     .     . 

+ 

+ 

— 



+ 

— 

+ 

—          (D)  approximata  Rss.  . 

+ 

+ 







— 

— 

—         mucronata  Neugb.   .     . 

— 

+ 

— 

— 

+ 

+ 

+ 

—         hispida  d'Orb.     .     .     . 

+ 

+ 

+ 



+ 

+ 

+ 

— •         verruculosa  Neugb.  .     . 

+ 

— 







— 

— 

—         Scolaris  Ratsch,  sp.     . 

+ 

+ 

+ 



+ 

+ 

+ 

—         (D)  elcgantissima  d'Orb. 

+ 

— 

+ 



+ 

+ 

— 

—          catenulata  Erdy.      .     . 

+ 

— 







— 

— 

—         vertebrcdis  Ratsch  sp. . 

+ 

+ 

— 





-- • 

+ 

• —          cf.  microptycha  Rss. 

+ 



— 

— 

— 

—         punifens  Rss 

+ 

— 







— 

— 

—          obliqua  LiN.  sp.  .     .     . 

+ 

+ 





+ 

+ 

+ 

—          bacillum  Defr.     .     .     . 

+ 

+ 

■ 

+ 



— 

— 

—          acuminata  Hantk.  .     . 

+ 





— 

— 

?  Nodosaria  Ewaldi  Rss 

+ 

+ 





— 

— 

— 

—          annulata  Terq.  und 

Berth 

+ 

— 







— 

— 

Marginulina  glabra  d'Orb.  .     .     . 

+ 

+ 

— 

— 

+ 

+ 

+ 

—            acumi)iata  n.  sp.  .     . 

— 

+ 







— 

— 

—           ventricosa  n.  sp.   .     . 

+ 

— 







— 

— 

—            curvata  n.  sp.  .     .     . 

+ 

— 







— 

— 

—           problematica  n.  sp.     . 

+ 

— 







— 

— 

—           hirsuta  d'Orb.     .     . 

+ 

+ 

+ 



+ 

+ 

— 

—            Fecketi  n.  sp.    .     .     . 

+ 

+ 

~ 

— 

— 

— 

—            —  var.  spinosa  w.  var. 

+ 

+ 







— 

— 

Lingidiita  costata  d'Orb.      .     .     . 

— 

+ 







— 

— 

—          (data  n.  sp 

+ 

~ 







— 

— 

Frondicularia  alata  d'Orb.      .     . 

+ 

+ 



— 

+ 

+ 

+ 

—            interrupta  Karr,    . 

+ 



— 



— 

— 

Bhahdogoiiium  tricarinatum  d" Orb. 

sp 

+ 

— 

+ 



+ 

+ 

+ 

392 


]. 

II. 

III. 

IV. 

V. 

VI. 

VII. 

o 

p 

CS 
S50 

o 

'S 

Recent. 

"3 

■od 

^1 

C3   *J 

.    CS 

;cs 

ia 

^    t 

«  H 

Cj 

■z< 

c 

B 

■^    CB 

CS    Qi 

2;  CS 

15 

'Öj 

'S  " 

S 

o 

§ 

S 

1— 1 

S 

Z 

Cristellaria  reniformis  d'Orb.   .     . 

+ 



+ 





. 



—         dentata  Karr.    .     .     . 

+ 

+ 

— 

— 

— 



—          tricarinella  Rss. .     .     . 

+ 

— 

— 

—  ^ 

— 



—         cymha  d'Orb.     .     .     . 

+ 

_ 

— 

— 

— 

+ 



—         semiluna  d'Orb.      .     . 

+ 

— 

— 

— . 

— 



—          MoldenJumeri  n.  sp.     . 

+ 

+ 

— 

— 

— 

— 

—          —  var.  lata  n.  var. 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 



—          crepidida  Ficht,  u. 

Moll.  sp.      ... 

+ 

— 

+ 

— 

+ 

+ 

+ 

—          italica  Defr.  sp.     .     . 

+ 

— 

+ 

— 

+ 

+ 

+ 

inornata  dOrb.      .     . 

+ 

— 

— 

+ 

— 

— 



—         rotulata  Lam.  sp.   .     . 

+ 

— 

+ 

+ 

+ 

"+ 

vortex  Ficht,  u.  Moll 

sp.    .....     . 

+ 

+ 

+ 

— 

+ 

+ 

+ 

—          orbicularis    D  Orb.  sp. 

+ 

+ 

— 

+ 

— 

+ 

—          crassa  d'Orb.     .     .     . 

+ 

— 

— 

— 

— 

^ 

— 

—          cidtrata  Montf.  sp.     . 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

—          calcar  Lin.  sp.    .     .     . 

+ 

— 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

—          tanyentkdis  Rss.     .     . 

+ 

+ 

— 

— 

— 

— 



—         cassis  Ficht,  u.  Moll 

SP; 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 



—          mamüligera  Karr.  .     . 

+ 

+ 

— 

— 

— 

— 



—         echinata  d'Orb.  sp.     . 

+ 

+ 

— 

+ 

+ 

+ 



—          aciücata  d'Orb.  .     .     . 

+ 

+ 

+ 

— 

+ 

- —         arimiuensis  d'Orb.  sp. 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 



Vaginulina  striatissima  u.  sp.  .     . 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

—           Icgumen  Lin.  sp.      .     . 

+ 

+ 

— 

— 

— 

+ 

+ 

—           marguritifera  Batsch. 

sj).  vai\  striata  n.  var. 

+ 

+ 

— 

— 

— 

— 



—          linearis  Montag,  sp.   . 

+ 

— 

— 

— 

— 

+ 

Polymorphina  communis  d'Orb.    . 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

+ 

—             gibba  d'Orb.  .     .     . 

+ 

— 

— 

+ 

9 

+ 

Dimordhina  tnherosa  d'Orb.     .     . 

+ 

— 

+ 

+ 

+ 



Thngerinii  ligginaca  d'Orb.   .     .     . 

+ 

+ 

+ 

— 

+ 

+ 

+ 

—         asperida  Czjz.       .     .     . 

+ 

— 

— 

— 

+ 

— 

+ 

Sagrina  virgida  Bray 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

^ 

—      nodosa  Park.  u.  Jon.  .     . 

+ 

— 

— 

— 

+ 

+ 



Globigeriim  bulloides  d'Orb.      .     . 

+ 

+ 

+ 

— 

+ 

+ 

+ 

u.  var.  Globigerina  bilobata  d'Orb. 

+ 

+ 

— 

— . 

— 

— 



Orbtdina  imiversa  d'Orb.     .     .     . 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

Sphacroidina  bulloides  d'Orb.  .     . 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

jhiUenia  splmeroides  d'Orb.  sp.    . 

+ 

+ 

— 

+ 

+ 

+ 

«D3 


I. 

II. 

III. 

lY. 

1 

VI. 

VlI. 

c      Is 

CS 

o 

Recent. 

o         o 

bC 

'S 

> 

^    CS 

> 

cö 

s 

Pm  CS 

c 

o 

pH 

0- 

CS    r; 

t<   r* 

u  H 

Oj 

%< 

c 

s 

*3    s! 

Co     OJ 

'S 

'O; 

P3 

;D 

s 

§ 

Ä 

§ 

Ä 

Discorbina  Vilardeboana  d"Orb.  sp. 

+ 







— 



+ 

Truncatulina  Haidimjeri  d'Orb.    . 

+ 

+ 

+ 



+ 

+ 

+ 

—             f/n^enan«  d'Orb.  sp. 

+ 

+ 

+ 

— 

+ 

+ 

+ 

—            Dutenq)lei  d'Orb.  sp. 

+ 

+ 

— 



— 





—            pygmaea  Hantk. 

+ 

— 

— 

— 

— 



+ 

—            praecineta  Karr.  sp. 

— 

+ 

— 

— 

+ 





—            reticulaUi  Czjz.    .     . 

+ 

+ 

+ 

— 

+ 

+ 

+ 

Anomalina  anunonoides  Rss.  sp.    . 

+ 

+ 

— 

— 

+ 

+ 



—          ariminensis  d'Orb.  sp. 

+ 

+ 

+ 

— 

+ 

+ 

+ 

Pulvinulina  auricula  Ficht,  u. 

Moll  sp 

+ 

+ 

+ 

— 

+ 

+ 

+ 

—          umbonata  Rss.  . 

+ 

+ 

— 

— 

— 



+ 

—           Schreibersi  d"Orb.  sp. 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

—           Partschiana  d'Orb. sp. 

+ 

— 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

Eotalia  Soldanii  d'Orb 

+ 

+ 

— 

— 

+ 

+ 

+ 

Noniolina  ttmbicilattda   Montag. 

sp 

+ 

— 

— 

— 

+ 

+ 

+ 

—        pompiloides  Ficht,  u. 

Moll  sp 

+ 

+ 

+ 

— 

+ 

+ 

+ 

Polystomella  crispa  LiN.  sp.      .     . 

+ 

— 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

—            Josephina  d'Orb.  .     . 

+ 

— 

— 



— 



■ 

121 

57 

40 

12 

65 

51 

66 

Gesammtzahl    der    Foi'men    in 

der    Fauna    von   Garrucha    und 

Anzahl  der  Formen,  welche 

diese  Fauna  mit   anderen  plio- 

cänen  und  recenten  Faunen  ge- 
meinsam hat 

129 

Gesammtzahl    der  Formen   aus 

dem  Pliocäa    von    Malaga    und 

Alcantara         

87 

29 

Zeit.schr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  3. 


27 


394 


Bemerkungen  zur  Foraniinifcrcn-Liste. 

No.  I.  Diese  Rubrik  entspricht  der  Fauna  des  tiefen,  blauen 
Mergels  (creda  azul)  von  Garruclia.  Derselbe  ist  ausgezeichnet 
durch  die  gute  Erhaltung  der  Foraminiferen.  Bemerkenswerth 
ist  der  Reichthum  an  Globigerinen,  Nodosarien  und  Cristellarien. 
Es  fanden   sich  in  Allem  116   Species  darin. 

No.  II.  Entspricht  der  Fauna  der  meist  höher  gelegenen 
gelben  Mergel  (creda  amarilla)  von  Garruclia.  Die  Erhaltung  ist 
eine  v^^eniger  gute.  Globigeriniden  sind  ebenfalls  häufig.  Beson- 
ders charakteristisch  ist  der  Reichthum  an  Lingulina  costata 
d'Orb.,   die  in  No.  I  fehlt. 

No.  III.  Enthält  die  Fauna,  die  Parker  und  Jones  aus  den 
Mergeln  von  Malaga  anführen  (Quart.  Journ.  Geol.  Soc,  1860, 
T.  16,  p.  302).  soweit  dieselbe  zum  Vergleich  mit  unserer  Fauna 
in  Betracht  kommt.  Die  Localität  Malaga  hat  ausserdem  noch 
eine  Anzahl  Formen  geliefert,  welche  bisher  bei  Garrucha  fehlen. 
Die  Liste  verselben  folgt  anbei: 

Nodosaria  raphaniis  Lin.,  N.  rnphanistrum  Lin.,  N.  den- 
ialina  Lam.  ,  Dentalina  acicnia  Lam..  D.  Adoljyhma  d'Orb., 
D.  elegans  d'Orb.,  D.  guttifera  d'(Jrb..  Frundiculina  complanata 
Depr.,  Ritmilina  glahra  d'Orb.,  Vaginulina  hadenensis  d'Orb., 
MarginnUna  rajjhciNUs  Lin.  M.  littius  d'Orb.,  CristeUaria  lan- 
eeolata  d'Orb.,  Cr.  clypeiformis  d'Orb..  Cr.  ornata  d'Orb., 
Etitosofenia  marginata  Montag..  BuUiitina  Buchiana  d'Orb., 
B.  ohfum  d'Orb.,  Uvigerina  angularis  William,  U.  nodosa 
d'Orb..  Tea-filaria  agglutinans  d'Orb.,  T.  gibhosa  d'Orb..  T. 
Partschi  Czjz.,  Bigcnerina  digifata  d'Orb.,  Grammosfomum 
gramen  d'Orb.,  Verneuillina  tricarinata  d'Orb.,  Y.  commu- 
nis d'Orb  ,  Planarltnlina  fr  acta  Ficht,  u.  Moll.,  Truncatii- 
lina  lobatula  W.  u.  Jac. ,  AnomaUna  variolaria  d'Orb.,  Ro- 
talia  repanda  Ficht,  u.  Moll,  R.  cxcavata  d'Orb.,  R.  Beccarii 
Lin.,  R.  orhicularis  d'Orb.,  R.  trochidiformis  Lam.,  Nonio- 
nina  scapha  Ficht,  u.  Moll.,  N.  asterisans  Ficht,  u.  Moll.. 
PolystomeUa  striafopunctata  Ficht,  u.  Moll.  ,  Amphistegina 
milgaris  d'Orb..  SpirolocMlina  canicuJahi  d'Orb..  Qninque- 
oculina  semimdnm  Lin..  Qu.  triangiifnris  d'Orb..  Biloctihna 
depressa  d'Orb.,  Lituola  nautiloidea  Lam..  L.  Soldanü  Park. 
u.  Jon. 

No.  IV.  Umfasst  die  Formen,  welche  die  Fauna  der  Gar- 
rucha -  Mergel  mit  derjenigen  der  blauen  Mergel  von  San  Pedro 
de  Alcantara  (vergl.  die  Liste  von  Schlumberger  in:  Memoires 
preseut.  ä  l'acad.  des  scienc.  de  l'institut  de  France,  T.  XXX, 
1888.     Mission    d'Andalousie.      Etüde    geol.    de   la    Serrania  de 


395 


Ronda  p.  Lew  et  Bergekon.  p.  344)  gemein  hat.    Ausserdem  sind 
dort  aus  dem  Mergel  von  San  Pedro  noch  folgende  Arten  erwähnt: 

SpiroJoculma  hadenensis?  d'Orb.,  Sp.  cannliculata  d'Orb.. 
Sp.  excavaia  d'Orb  .  Biloculina  lunula  d'Orb.  ,  B.  sphaera 
d'Orb.,  B.  n.  sp.,  Trüociilina  cf.  angiilans  d'Orb.,  Quinque- 
loculina  Bnchiann  d'Orb.,  Adclosina  2iuJchella  d'Orb.,  TJenta- 
lina  e/ef/ans  d'Orb..  D.  gnUifera  d'Orb.,  Ämphisteginn  Lessoni 
d'Orb.,  Botaliiia  sp..  Planispinna  contraria  d'Orb.,  ?Gutfu- 
lina  problema  d'Orb..    Cldlostomella  ovoidea  Rss. 

No.  Y,  VI  u.  VII.  Enthalten  die  Faunen  des  italienischen 
Pliocäns  (Quart.  Journ.  Geol.  Soc,  1860,  Bd.  16,  p.  302),  die 
recenten  Faunen  des  Mittelmeeres  (ibid.)  und  des  nordatlan- 
tischen Oceans  (nach  den  Angaben  von  Brady  in  Report  of  Chal- 
lenger  Exped.,  Tom  IX),  soweit  sie  zum  Vergleiche  in  Betracht 
kommen.  Die  entsprechenden  Gesammtfaunen  sind  bedeutend 
artenreicher. 

Vergleich  der  Garrucha-Mergel  mit  anderen  Localitäten. 

Der  blaue  Mergel  von  Garrucha  (Probe  A)  liat  die  statt- 
liche Anzahl  von  116  x\rten  (ohne  Varietäten)  geliefert,  ist  also 
in  dieser  Beziehung  viel  reicher  als  die  bis  jetzt  bekannten  spa- 
nischen Foraminiferen-Faunen  aus  dem  Neogen. 

In  dem  gelben  Mergel  (Probe  B)  wurden  dagegen  nur  54 
Species  aufgefunden ,  wenn  man  von  den  wegen  schlechter  Er- 
haltung fraglichen  Formen  absieht,  die  meisten  kommen  auch  in 
Probe  A  vor.  Sieben  wurden  darin  nicht  beobachtet.  Von  die- 
sen gehören  fünf,  nämlich  Textilaria  ahbreinata  d'Orb..  Nodo- 
saria  vmicronata  Neugb.,  Lagena  hispida  Rss..  Marginulina  acu- 
minata  n.  sp. .  Truncatulina  praecincta  Karr.  sp. .  zu  den  Sel- 
tenheiten; Gristellaria  aculeata  d'Orb.  kommt  ziemlich  häufig 
vor  und  Lingulina  costata  d'Orb.  ist  gemein.  Es  ist  merkwür- 
dig, dass  von  L.  costata  d'Orb.  keine  Spur  in  Probe  A  gefunden 
ward.  Dieser  Umstand  spricht  dafür,  dass  der  gelbe  Mergel 
nicht  einfach  ein  oberflächliches  Verwitterungsproduct  des  blauen 
Mergels  darstellt,  oder  dass  wenigstens  die  höheren  gelb  gefärbten 
Schichten  des  gesammten  Mergelcomplexes  eine  etwas  abweichende 
Fauna  enthalten,  was  vielleiclit  veränderten  Tiefenverhältnissen 
entsprechen  dürfte.  Mit  dieser  Anschaung  würde  auch  der  nach 
oben  hin  beobachtete  Uebergang  der  gelben  Mergel  in  sandige 
Schicliten  in  gutem  Einklang  stehen. 

Im  Anschluss  an  die  Garrucha-Mergel  sei  hier  noch  das  Er- 
gebniss  der  Untersuchungen  von  zwei  anderen  Proben  erwälint. 
die  auch  aus  der  Provinz  Almeria  stammen.     Die  eine  wurde  bei 

27* 


396 


Alifragas  unweit  Vera,  die  andere  ebenfalls  in  der  Umgegend  von 
Vera  (etwa  4  km  südlich  von  diesem  Orte)  gesammelt.  Die  Probe 
von  Alifragas,  die  der  Kürze  wegen  mit  Probe  C  bezeichnet 
werden  soll,  zeigt  dieselbe  bläuliche  Färbung  wie  Probe  A.  Auch 
in  der  Foraminiferen-Fauna  gleichen  sie  sich,  nur  ist  Probe  C  in 
dieser  Beziehung  weniger  artenreich.  Es  fanden  sich  47  Species! 
Auffallend  ist  der  Mangel  an  Cristellarien,  von  denen  sich  nur 
3  Arten  fanden,  sowie  das  Fehlen  von  Marginulinen  und  Vagi- 
nulinen.  Auch  die  Nodosarien  treten  viel  spärlicher  auf  als  in 
den  Proben  A  und  B.  Folgende  7  Arten  wurden  in  den  Proben 
A  und  B  nicht  beobachtet:  MilioUna  agghifinans  d'Orb.  sp., 
VirguUna  Mustoni  Andr.  ,  Bolivina  cf.  textilaroides  Rss. ,  Cy- 
clammina  cancellafa  Brdy.  ,  Nodosaria  rticlis  d'Orb.,  N.  pyrula 
d'Orb.,  N.  perversa  Schv^g.  Es  sind  dies  jedoch  verhältniss- 
mässig  seltene  Formen,  über  die  sich  weitere  Bemerkungen  im 
speciellen  Theile  finden. 

Die  Probe  D  aus  der  Umgebung  von  Vera  hat  eine  gelb- 
liche Färbung  und  gleicht  hierin  etwas  der  Probe  B.  Sie  ist 
jedoch  viel  ärmer  an  Arten.  Die  Schalen  sind  meistens  schlecht  er- 
halten und  corrodirt.  Ihre  Bestimmung  wird  daher  oft  sehr  pro- 
blematisch. Es  wurden  nur  28  sicher  bestimmbare  Arten  beob- 
achtet, die  fast  alle  auch  in  den  drei  übrigen  Proben  vorkommen 
bis  auf  eine,  nämlich  Textilaria  conica  d'Orb.  var. ,  die  jedoch 
sehr  selten  zu  sein  scheint.  Näheres  hierüber  und  über  einige 
Abnormitäten  und  Problematica  wird  im  speciellen  Theile  erwähnt 
werden.  Nach  allem  diesen  scheinen  die  vier  besprochenen  Mer- 
gel, wenigstens  was  ihre  P'oraminil'eren- Fauna  betriflt,  nicht  we- 
sentlich von  einander  abzuweichen. 

Anders  verhält  es  sich,  wenn  man  die  blauen  Mergel  von 
Andalusien  bezüglich  der  Foraminiferen  mit  den  Mergeln  aus  der 
Provinz  Almeria  vergleicht.  Diese  scheinen  nicht  nur  viel  ärmer 
an  Arten  zu  sein,  sondern  die  Zusammensetzung  der  Fauna  ist 
auch  eine  andere.  Von  den  durch  Schlumbbrger  bestimmten 
29  Arten  wurden  12  auch  in  unseren  Proben  gefunden.  Die 
Milioliden  sind  ziemlich  reichlich  vertreten.  Es  werden  9  Arten 
aufgeführt,  von  denen  Bilocnlina  hninla  dOrb.  als  häufig,  Qtiin- 
qtieloculina  Btirhiana  d'Orb.  und  Adelosina  j^^fMwUa  d'Orb.  als 
sehr  häufig  bezeichnet  werden.  Auffallend  ist  das  Fehlen  von 
Globigerii.ien  und  das  seltene  Vorkommen  von  Orhulina  imwersa 
d'Orb.  Es  scheint  hier  mehr  eine  Milioliden-Facies  vorzuliegen, 
analog  der  des  Pariser  Grobkalkes  oder  einzelner  Pliocänthone 
Italiens,  während  die  Mergel  von  Garrucha  und  Umgebung  eine 
Globigerinen-Facies  repräsentiren.  Doch  ist  es  auch  sehr  möglich, 
dass  wir  es  hier  mit  anderen  Tiefenverhältnissen   zu  thun  haben, 


397 


wofür  allerdings,  wie  später  gezeigt  werden  soll,  einige  Vorkonun- 
nisse  sprechen. 

Geringer  ist  der  Unterschied,  wenn  man  die  Fauna  von 
Malaga  mit  der  unserer  Proben  vergleicht.  Von  Parker  und 
Jones  werden  aus  den  Mergeln  von  Malaga  87  Arten  aufgeführt, 
von  denen  40  auch  in  den  vorliegenden  Proben  angetroffen  wur- 
den. Beide  Faunen  zeichnen  sich  durch  den  Artenreich thum  der 
Cristellarien.  Nodosarien  und  Rotaliden  aus.  Es  wurden  bei 
Malaga  jedoch  keine  Astrorhizen.  Planispirinen.  Gaudryinen.  Cla- 
vulinen.  Pleurostomellen,  Cassidulincn.  Lingulinen.  Polymorphinen 
und  Sagrinen  beobachtet.  Bolivineu.  Marginulinen  und  Vaginu- 
linen  sind  viel  spärlicher  vertreten.  Im  Grossen  und  Ganzen 
zeigt  sich  hingegen  eine  gewisse  Verwandschaft  beider  Foraraini- 
feren- Faunen. 

Grösser  ist  die  Anzahl  der  gemeinsamen  Arten,  wenn  man 
die  hii  italienischen  Pliocän  auftretenden  Foraniiuiferen.  wie  sie 
Parker  und  Jones  in  seiner  Vergleichsliste  aufführt,  mit  den  in 
den  Almeriaproben  beobachteten  vergleicht.  In  dieser  Tabelle 
sind  129  italienische  Species  enthalten,  von  denen  ca.  40  in 
unseren  Proben  sich  wiederfinden.  Jedoch  ist  die  Anzahl  der 
gemeiusamen  Formen  noch  grösser  und  beträgt  mindestens  63, 
mit  Varietäten  65.  da  genannte  Autoren  nicht  alle  aus  dem 
Mittelmeer  bekannten  Arten  anführen.  Es  fehlen  bis  jetzt  im 
italienischen  Pliocän  die  Astrorhizen.  Die  Lagenen,  Marginulinen 
und  Vaginulinen  scheinen  weniger  häufig  zu  sein.  Dagegen  sind 
die  Milioliden  viel  artenreicher.  Alle  übrigen  Gattungen  sind 
ungefähr  gleich  stark  vertreten.  Bemerkenswerth  ist  das  Auf- 
treten von  Polystomellen  für  manche  Faunen  des  italienischeu 
Pliocäns.  Diese  Formen  fehlen  in  vorliegenden  Proben  fast  voll- 
ständig, nur  in  Probe  A  fanden  sich  einige  dürftige  Exemplare 
von  Polystomella  crispa  Lin.  sp.  und  P.   Jose])1iina  d'Orb. 

Auch  mit  den  recenten  Foraminiferen-Faunen  zeigt  die  un- 
serer Mergel  grosse  üebereinstimmung.  etwa  .51  Arten  leben 
noch  im  Mittelmeere,  etwa  66  Formen  im  atlantischen  Ocean. 
Es  dürfte  diese  Verwandtschaft  der  Faunen  für  die  Geologie  von 
Interesse  sein. 

Tiefenverhältnisse  der  Garrucha- Mergel. 

Die  Tiefen,  in  welchen  unsere  Mergel  zum  Absätze  ge- 
langten, lassen  sich  aus  der  Menge  und  Art  der  gefundenen  Or- 
ganismen wenn  nicht  genau,  so  doch  annähernd  bestimmen. 
Jedenfalls  kann  man  ermitteln,  ob  man  es  mit  Ablagerungen  aus 
seichtem  oder  tiefem  Wasser  zu  thun  hat.  Dazu  liefern  die 
Foraminifercn  wichtige  Anhaltspunkte,   da  man  die  recente  bathy- 


398 


inctrisclio  Verbreitung  von  vielen  Formen  in  Folge  der  Tiefsee- 
forschung kennt.  Besonders  verdienen  in  dieser  Beziehung  die 
agglutinirten  Formen  erwähnt  zu  werden,  denn  sie  sind  als  Be- 
wohner des  Meeresgrundes  für  die  Tiefenbestimmung  sehr  werth- 
voll ').  Der  grösste  Theil  der  vorliegenden  agglutinirten  Arten 
bewohnt  das  tiefere  Meer  wie  Saccmiu'na  spJtaerica  Sars  (Nord- 
atlant. Ocean  173 — 1443  Faden  ^)).  Psanimosphnera  fnsca  Schulze 
(sie  findet  sich  nur  in  kälteren  Meeren  in  seichterem  Wasser), 
lihahdammina  irref/ularis  Carp.  (kommt  zugleich  mit  Wi.  abys- 
somm-  in  grossen  Tiefen  vor) ,  Jtlnzammma  aUjaeformis  Brdy. 
(Nordatl.  Ocean  630 — 2435  Faden),  Plamsperina  celata  Cost. 
sp.  (hauptsächlich  300 — 1500  Faden),  B igenerina  capreohis  b'Orb. 
sp.  (350 — 675  Faden),  Clavnlina  communis  d'Orb.  (147 — 2200 
Faden)  und  Cl.  cylindrica  Uastk.  (155  — 1900  Faden).  Es  sind 
dies  meistens  Formen,  die  sich  ziemlich  häufig  in  unseren  Pro- 
ben finden.  Ebenfalls  zahlreich  vertreten  ist  Bifienerina  nodo- 
snria  d'Orb.,  welche  geringere  Tiefen  bewohnt,  aber  doch  bis  zu 
1620  Faden  angetroffen  wurde.  Eine  andere  agglutinirte  Form, 
die  fast  ausschliesslich  das  seichte  Wasser  bewohnt,  wurde  in 
Probe  C  aber  nur  in  wenigen  Exemplaren  beobachtet.  Unter  den 
agglutinirten  Formen  überwiegen  also  die  im  tieferen  Meere  ^) 
vorkommenden  Arten  entschieden. 

Nicht  agglutinirte  Formen  unserer  Proben  wurden  bis  jetzt 
folgende  nur  in  tieferem  Meere  gefunden:  Tritaocia  lepida  Brdy. 
(1240  Faden).  Biaimina  pyrnJa  D'OviB.  (100  — 200  F.),  B. 
aculeafa  d'Orb.  (ca.  1000  F.).  B.  inflnta  Seg.  (340—2435  F.), 
Bolinna  dilatnta  Rss.  (96 — 1180  F.),  B.  Beyriclxi  Ess.  mit  B. 
var.  (datti  Seg.  (95 — ^1125  F.),  Plcurostomella  alternuns  Schwg. 
(129- -2075  F.),  Nodosaria  soluta  Rss.  (300  — 1360  F.),  N. 
consohrina  d'Orb.  mit  N.  var.  emacinfa  Rss.  (Nordatl.  Ocean 
290  -725  F.).  N.  hispida  d'Orb.  (Nordatl.  Ocean  390—450  F.l, 
K  verfchmlis  Batsch  sp.  (Nordatl.  Ocean  300—1000  F.).  Fron- 
dicularia  alata  d'Orb.  (Nordatl.  Ocean  390—435  F.),  Bhahdo- 
gonium  fricarinatiim  d'Orb.  sp.  (390  — 1360  F.).  Cristellaria 
reniformis  d'Orb.    (Nordatl.   Ocean  300  — 1000  F.),     Cr.  vartex 


^)  Die  agglutinirten  Formen  können  nicht  pelagisch,  sondern  müs- 
sen auf  dem  Meeresgrunde  leben,  da  sie  Sand  zum  Aufbau  ihrer  Schale 
verwenden. 

2)  1  Faden  =  1,3716  Meter. 

')  Es  ist  unter  Tiefmeerablagerung  eine  Tiefe  von  mindestens 
mehreren  Hunderten  von  Faden  verstanden,  jedoch  nicht  eine  eigent- 
liche abyssische  oder  Tiefseeahlagerung,  die  mindestens  1000  oder 
mehr  Faden  umfasst  und  im  europaischen  Pliocän  überhaupt  nicht 
vorkommen  dürfte. 


199 


F.  u.  M.  sp.  (Nordatl.  Oeean  435  F.,  Mittelmeer  90— 360  F.), 
Cr.  crastsa  d'Orb.  (210  F.),  Cr.  cultraia  Montf.  sp.  (Hauptent- 
wicklung über  100  F.)-  Cr.  cakar  Lin.  sp.  (Nordatl.  Ocean  390 
bis  450  F.).  Cr.  mamilligeiui  Karr.  (95 — 210  F.).  Cr.  ecldnata 
d'Orb.  sp.  (95  — 210  F. I.  Cr.  amleata  d'Orb.  (390  — 450  F.), 
Truneatulma  Haidingeri  d  Orb.  sp.  (90  —  1776  F.).  IV.  JÜutem- 
pki  dOrb.  sp.  (1070  —  1900  F.),  Piilvimilina  Parischiana 
d'Orb.  sp.  (300  —  2000  F.),  Rotalia  Soldanii  d'Orb.  (am  häu- 
figsten tiefer  als  1000  F.).  Nonionina  ijompüoides  F.  u.  M.  sp. 
(1000 — 2750  F.)  Ausserdem  finden  sich  ziemlich  viele  Formen, 
welche  weder  ausgesprochene  Seicht  -  noch  Tiefwasser  -  Foramini- 
feren  sind,  sondern  von  der  Littoralzone  bis  in  grosse  Tiefen 
hinab  vorkommen.  Diese  sind  zur  Tiefenbestimmung  natürlich 
nicht  verwendbar.  Zu  denjenigen  unserer  Formen,  welche  tie- 
feres Wasser  bevorzugen  ohne  im  seichten  zu  fehlen,  gehört  Pul- 
lenia  sphaeroides  d'Orb.  sp.  und  die  Lagenen,  von  denen  5  Arten 
beobachtet  wurden.  Von  Foraminiferen,  die  gleichfalls  vom  seich- 
ten Wasser  an  bis  in  grosse  Tiefe  hinabgehen,  aber  das  seichte 
Wasser  vorziehen ,  wurden  Spirolociilina  limhata  d'  Orb.  ,  Texti- 
laria sagittula  Defr.  ,  Vaginutinu  legumen  Lin.  sp. ,  V.  marga- 
ritifera  Batsch.  sp.  und  CristeUaria  crepidnla  F.  u.  M.  sp.  ge- 
funden. Ausgesprochene  Seichtwasserformen  sind  nur  spärlich 
vertreten.  Die  wenigen  Formen,  die  hierher  zu  rechnen  sind,  liefer- 
ten die  Genera  Polystmnella  und  Polymorphina.  Polyinorphinen  fin- 
den sich  in  Tiefen  von  weniger  als  80 — 100  Faden.  Es  kamen  in 
unseren  Proben  nur  einige  Exemplare  von  Polymorphina  gibba 
d'Orb.  und  P.  commums  d'Orb.  vor.  Von  der  sonst  so  häu- 
figen Seichtwasser-Foraminifere  Polystomella  crispa  Lin.  sp.  wur- 
den nur  wenige  dürftige  Stücke  beobachtet.  Nach  allem  diesem 
überwiegen  auch  unter  den  kalkschaligen  Foraminiferen  die  For- 
men des  tieferen  Wassers  bedeutend  über  diejenigen  des  Seicht- 
wassers, besonders  da  manche  Tiefwasserarten  mit  grosser  Indi- 
viduenzahl auftreten,  z.  B.  Bnliniina  inflata  Seg. ,  Nodosaria 
consohrina  d'Orb.,  N.  hispida  d'Orb.,  CristeUaria  vortex  F.  u.  M. 
sp.,  Cr.  ndtrata  Montf.  sp.,  Tnmcaiulina  Haidingeri  d'Orb. 
Dieser  Umstand  und  das  fast  vollständige  Fehlen  von  ausschliess- 
lichen Seichtwasserformen  deutet  also  auf  tieferes  Meer  hin. 

Dazu  kommt  ein  anderes  sehr  wichtiges  Moment,  nämlich 
das  massenhafte  Auftreten  der  wohl  meistens  pelagisch  lebenden 
Globigerinen  und  Orbulinen,  deren  abgestorbene  Gehäuse  dann 
in  der  Tiefe  den  Globigerinenschlannn  bilden.  In  unserer  Probe 
bestehen  gegen  80  pCt.  aller  Foraminiferen  aus  diesen  Formen, 
und  ist  das  Verhältniss  in  allen  4  Proben  fast  das  gleiche. 
Diese   grosse  Menge  von  Globigerinen   und  Orbulinen  kommt  nur 


400 

in  grösserer  Tiefe  in  dem  Globigerincnsclilannne  vor.  der  von 
450  bis  gegen  nOOO  Faden  angetrotlen  wird.  Unsci'e  ausgc- 
schlänmiten  Mergel  entsprechen  ziemlich  genau  einer  Globigerinen- 
schlamm- Probe. 

Auch  das  Vorkommen  resp.  Fehlen  anderer  Organismenrestc 
spricht  zu  Gunsten  einer  Tiefmeerfacies.  Es  fehlen  nämlich  die 
Organismen,  die  sonst  im  seichteren  Wasser  häutig  auftreten, 
wie  Bryozoen,  Muschel-  und  Schneckenschalen  nahezu  gänzlich. 
Von  Bryozoen  wurde  nur  Baiopora  sp.  einigermaassen  häufig  ge- 
funden. Ausserdem  kamen  von  organischen  Resten  Spatangiden- 
Stacheln.  sowie  einige  Ostracoden  nicht  selten  vor.  Als  Selten- 
heit fand  sich  ein  kleiner  etwas  abgeriebener  Fischotolith  und 
ein  Fragment  eines  unbestimmbaren  Fischzahns.    ' ''^•r^ir.^i       ■      _. 

Im  scharfen  Gegensatze  hierzu  steht  die  Fauna  der  die 
Mergel  überlagernden  sandigen  Schichten  von  Vera  und  der  Rambla 
del  Esparto.  In  diesen  treten  nämlich  Bryozoen.  Muschel-  und 
Schneckenschalen  massenliaft  auf,  ausserdem  neben  anderen  See- 
igeln ein  Fragment  eines  Clypeastet:  Diese  Vorkommnisse  deuten 
auf  seichteres  Wasser,  was  auch  durch  die  sandige  Natur  der 
Schichten  bestätigt  wird.  Es  wurden  in  diesen  Schichten  einige 
wenige  Foraminiferen  gefunden,  von  denen  Polysfomella  iberica 
n.  sp.   (siehe  spec.   Theil)  ziemlich  häufig  zu  sein  scheint. 

Zu  einem  ähnlichen  Ergebiiiss  führt  der  Vergleich  der  Fauna 
unserer  Mergel    mit    der   von  Malaga    und  San  Pedro  de  Alcan- 
tara.     Auch  diese  Mergel  sind  reich  an  Muschel-  und  Schnecken- 
schalen,   scheinen  sich   also  gleichfalls  in  seichterem  Wasser  ge- 
bildet zu  haben.     Die  Mergel  von  San  Pedro  weichen  ausserdem  a; 
durch  die  Foraminiferen-Fauna  erheblich   ab.       Es  finden   sich  in  &•, .  ^ . 
derselben    ausgesprochene    Seichtwasserformen .    wie   Polijfitomella  %^:Vi^' 
cri'spa   LiN.    sp.    und    Am2)Jnsfcrfina   Lessor/i  dOrb.  ,    die    beide 
häufig  sind.     Auffallend  ist  der  Mangel  an  Globigerinen. 

Geologisches  Alter  der  Garrucha-Mergel. 

Eine  weitere  wichtige  Frage  ist  die  nach  dem  geologischen 
Alter  unserer  Mergel.  Mit  den  Foraminiferen  allein  lässt  sich 
dieses  nicht  genau  bestimmen.  Immerhin  kann  im  Allgemeinen 
gesagt  werden,  dass  die  grosse  Verwandtschaft  sowohl  mit  den 
pliocänen  Faunen  Spaniens  und  Italiens,  als  auch  mit  den  re- 
centen  des  Mittelmeeres  und  atlantischen  Oceans  auf  verhältniss- 
mässig  junges  geologisches  Alter  hindeutet.  Dazu  kommt,  dass 
unsere  Mergel  von  Schichten  überlagert  werden,  die  nach  den 
darin  gefundenen  I''ossilien  wohl  dem  Über-Pliocän  angehören 
(s.  Einleitung).  Eine  besonders  nahe  Beziehung  zu  den  reicheren 
und  bekannteren   miocänen  Foraminiferen -Faunen,    wie  z.  B.   der 


401 


des  Wiener  Beckens  ist  dagegen  niclil  gerade  zu  bemerken,  wäli- 
rend  die  überaus  grosse  Zald  reccnter.  sowohl  mediterraner,  wie 
nordatlautischer  Formen  in  die  Augen  fällt.  Unsere  Fauna  hatte 
51  Arten  mit  dem  Mittelmeer  und  66  Formen  mit  dem  nord- 
atlantischen Ocean  gemeinsam,  beides  Zahlen,  die  sich  gewiss 
noch  mit  der  Zeit  vergrössern  werden.  Diese  Momente,  ebenso 
wie  der  allmähliche  Uebergang  in  typisch  pliocäne  Gebilde  nach 
oben  hin,  drängen  zur  Annalnne  eines  pliocänen  Alters.  Die 
tiefste  Stellung,  welche  die  Garrucha  -  Mergel  in  dem  dortigen 
Tertiär  einzunehmen  scheinen ,  ihre  unmittelbare  Auflagerung  auf 
dem  gefalteten  alten  Gebirge,  ihre  auf  grössere  Tiefe  hinweisende 
Facies,  verglichen  mit  ihrer  jetzigen  Höhenlage  von  etwa  20  m 
über  dem  Meeresspiegel,  lassen  ein  unterpliocänes  Alter  ver- 
muthen.  Botklla  (Boletin  de  la  Comision  del  Mapa  geol.  de 
EspaTa  1852:  Resena  fisica  y  geolog.  de  la  region  SO  de  la 
provincia  de  Almeria,  p.  54  if.)  beschreibt  aus  einem  anderen 
Theile  der  Provinz  Almeria  Tertiärschichten,  die  theilweise  mit 
unseren  höheren  Schichten  viele  Aehnlichkeit  zeigen.  Er  spricht 
dieselben  als  mittleres  und  oberes  Pliocän  an.  ohne  jedoch  irgend 
eine  speciiisch  bestimmte  Versteinerung  anzuführen.  Die  tiefsten 
Foraminiferen-reichen,  blauen  Mergel  unseres  Gebietes  scheinen  (?) 
dort  zu  fehlen. 

Von  Wichtigkeit  bei  den  Altersbestimmungen  von  pliocänen 
und  pleistocänen  Ablagerungen  sind  auch  die  Temperaturver- 
hältnisse, da  die  der  Eiszeit  aequivalenten  pleistocänen  Bil- 
dungen der  mediterranen  Gebiete  nordisclie  Elemente  in  ihrer 
Fauna  erkennen  lassen,  die  zuweilen  schon  ihre  Vorboten  im 
()berpliücäu.  haben.  In  der  Fauna  unserer  Mergel  fanden  sich 
aber  keine  typisch  nordischen  Formen,  und  spricht  im  Gegentheil 
das  reichliche  Vorkommen  von  Globigerinen ,  deren  Hauptverbrei- 
tung zwischen  ca.  40  '^  nördliclier  und  40 "  südlicher  Breite  liegt, 
für  eine  wärmere  oder  mindestens  gemässigte  Temperatur,  wäh- 
rend in  hohen  Breiten,  die  bei  uns  seltene  kleinere  und  dürftige 
Varietät  Glohigerina  horealis  {=^  Gl  pacliyderma  Ehrbg.  sp.) 
überwiegt^). 


')  Der  Golfstrom  scheint  das  Vorkommen  von  Globigerinen  in 
hohen  Breiten  zu  begünstigen,  da  von  der  Procupine- Expedition  im 
Bereiche  dieses  Stromes  noch  bei  55"  nördl.  Br.  Globigerinenschlamm 
beobachtet  wurde.     (Brady,  1.  c,  p.  120.) 


402 


Bemerkungen  zu  den  einzelnen  in  dieser  Arbeit  erwähnten 

Foraminiferen  und  Beschreibung   der   neuen  Arten  und 

Varietäten. 

AstrorJiiziilae, 

?  Pelosina  npiculata  n.  sp. 
Taf.  XXII,  Fig.  7. 

Schale  verlängert,  nach  dem  aboralen  Ende  zu  sich  ver- 
jüngend. Besitzt  zwei  ziemlich  tiefe  horizontale  Einschnürungen, 
ist  aber  allem  Anscheine  nach  nur  einkammerig.  Der  End- 
abschnitt ist  gezipfelt.  die  zwei  anderen  Abschnitte  kugelig.  Die 
Mündung  liegt  auf  einer  dünnen  Röhre.  Die  Oberfläclie  ist  rauh. 
Länge  0,7  mm,  Breite  0,3  mm. 

Die  in  Probe  A  sehr  seltene  Form  weicht  von  allen  be- 
kannten Pelosinen  durch  die  starken  horizontalen  Einschnürun- 
gen ab. 

Die  im  Wesentlichen  nordische  Saccamnüna  sphaerica  M. 
Sars  findet  sich  verhältnissmässig  selten  in  Probe  A.  Es  wur- 
den sowohl  Exemplare  mit  Mündung  beobachtet  als  auch  solche, 
bei  denen  sie  zu  fehlen  schien.  Auch  bei  lebenden  ist  eine 
Mündung  oft  nicht  nachzmveisen  (Bkady,  Report  Challg.  Forani., 
pag.  253). 

Von  Rhizammina  alyucformis  Brady  liegt  nur  ein  kleines 
Fragment  aus  Probe  A  vor.  Es  ist  sparsam  agglutinirt.  Zum 
Aufbau  der  Schale  sind  auch  Globigcrinen  und  Cristcllarien 
verwendet. 

Die  Schale  von  liliahäammina  ü-regularis  Carp..  die  häufig 
in  Probe  A  und  B,  seltener  in  Probe  C  vorkommt,  ist  fein  und 
dicht  agglutinirt  mit  sehr  eisenreichem  Cement.  Zuweilen  werden 
Globigerinen  und  andere  kleine  Foraminiferen  mit  agglutinirt. 

MlUolidae, 

Bemerken swerth  ist  der  Mangel  an  Milioliden-  Es  fanden 
sich  nur  einige  kleine  Spiroloculinen  und  dann  agglutinirte  For- 
men wie  Planispirina  celata  Cost.  sp.,  die  besonders  in  den 
Proben  A  und  B  ziemlich  häufig  beobachtet  wurde.  Planispenna 
celata  Cost.  sp.  kann  beim  ersten  Anblick  leicht  mit  31ilioUna 
agglutinans  d'Orb.  sp.  verwechselt  werden,  doch  unterscheidet  sie 
sich  von  ihr  durch  die  eigenthümliche  Anordnung  der  Kannnern. 
Diese  zeigen  .^vorliegende  Exemplare  sehr  deutlich,  wenn  man  Prä- 
parate in  der  Weise  herstellt,  dass  mau  die  Stücke  mit  einem 
scharfen  Messer   quer  durchschneidet.    —    Sehr  viel   seltener  als 


403 

Pkiuispirixa  cclatd  Cost.   sp.    ist  Miliolina  (uiylntinans    d'Orb. 
sp.,   die  nur  in  Probe  C  sich  vorfand. 

Textilavidae. 

Textilaridcn  koninien  in  vorliegenden  Proben  ziendicli  liäutig 
vor  und  zwar  sowohl  agglutinirte  als  kalkschalige  Formen.  Unter 
den  ersteren  findet  sich  in  Probe  D  eine  der  lexiilaria  sagit- 
tula  Defr.  sehr  nahe  stehende  Form.  Sie  weicht  vom  Typus 
insofern  ab,  dass  sie  weniger  comprimirt  ist  und  die  Nähte  nicht 
so  deutlich  erkennen  lässt.  Was  Textäarid  cf.  conica  d'Orb. 
aus  Probe  D  betrifft,  so  unterscheidet  sich  unser  Exemplar  von 
der  tj'pischen  Texfilana  conica  d'Orb.,  wie  sie  Brady  beschreibt 
und  abbildet  (1.  c,  p.  365,  t.  43,  f.  13  u.  14),  besonders  durch 
die  sehr  comprimirte  Gestalt.  Sie  stimmt  besser  mit  der  1.  c, 
t.  113.  f.  1  abgebildeten  kurzen  Varietät.  Unter  den  aggluti- 
nirten  Formen   fand  sich  eine  neue  Art: 

Textilaria  sphaerica  n.  sp. 
Taf.  XXII,  Fig.  6  a  u.  b. 

Schale  wenig  comprimirt.  gedrungen,  beinahe  kugelig  mit 
kurzer  Spitze.  Das  orale  Ende  ist  gerundet;  das  aborale  endigt 
ziemlich  stumpf.  Der  Querschnitt  erscheint  kreisförmig.  Die 
Segmente  sind  wenig  an  der  Zahl,  vielleicht  nur  3  bis  4  in  jeder 
Reihe;  die  ersten  sind  äusserlich  kaum  wahrnehmbar.  Die  letzte 
Kammer  ist  stark  aufgeblasen  und  nimmt  über  die  Hälfte  des 
Gehäuses  ein.  Die  Nähte  sind  schwach  vertieft  und  werden  ge- 
gen das  spitze  Ende  hin  sehr  undeutlich.  Die  Schale  ist  massig 
fein  und  dicht  agglutinirt.  Länge  und  Breite  0,8  mm.  Sie  findet 
sich  in  Probe  A  nicht  selten. 

Diese  auffallend  kugelige  Art  lässt  sich  direct  mit  keiner 
der  zu  Gebote  stehenden  Abbildungen  vergleichen.  Am  besten 
stimmt  sie  noch  mit  Textilaria  aspera  Brady  (1.  c,  p.  367, 
t.  44,  f.  9  — 13),  besonders  was  die  llundung  der  Kammern  be- 
trifft. Textila ria  aspera  ist  jedoch  länglicher,  die  Nähte  sind 
tiefer  und  alle  deutlich  wahrnehmbar.  Auch  scheint  vorliegende 
Form  nie  aufgewachsen  vorzukommen  wie  die  Brady"  sehe  Art. 
Vielleicht  kann  man  noch  Textilaria,  trochus  d'Orb.  (Brady, 
1.  c,  p.  366,  t.  43.  f.  1.5  —  19  u.  t.  44,  f.  1  —  3),  Textilaria 
tiirris  (ibid.,  p.  366.  t.  44.  f.  4  u.  5)  und  ihre  Verwandten  zum 
Vergleiche  heranziehen;  doch  unterscheiden  sich  alle  diese  For- 
men durch  ihr  gerade  abgestutztes  kantiges  Mündungsende,  so 
dass  sie  umgekehi'te  Kegel  mit  ebener  Basis  darstellen.  Das 
nicht  seltene  Vorkommen   in  unserer  Probe   und  das  Fehlen  aus- 


404 


gewachsener  Exemplare  von  Textilariou  und  Gaiuhyineu  in  der- 
selben, welche  hier  in  Betracht  kommen  könnten,  schliesst  die 
Annahme  aus.  dass  unsere  neue  Form  nur  ein  Jugendstadium 
darstellt. 

Von  dreireihigen  Textilariden  kommt  Tritwia  lepida  Brady 
(Taf.  XXII.  Fig.  oa.  b)  in  den  Proben  A  und  C  ziemlich  selten 
vor.  Diese  zierliche  kleine  Form  zeichnet  sich  vor  allen  an- 
deren Tritaxien  durch  die  hyaline  Beschatrenheit  ihrer  Schale 
aus,  wie  auch  Brady  (1.  c.  p.  389)  es  ausdrücklich  hervorhebt 
(„texture  hyaline").  Sie  ist  lebend  sehr  selten.  Gandryina 
chilosfoma  Rss.  (Denkschr.  der  Wien.  Akad.  d.  Wiss..  Bd.  25, 
p.  120.  t.  1,  f.  5)  wurde  als  Species  beibehalten  und  nicht  zu 
Gandryina  impoides  d'Orb.  (Wien.  Becken,  p.  197.  t.  21,  f.  34 
bis  36)  gezogen,  wie  es  Brady  thut.  da  sie  in  unserem  Falle 
genau  mit  der  REuss'schen  Originaiabbildung  übereinstimmt  und 
sich  hinreichend  von  der  anderen  Form  unterscheidet. 

Von  Clavulinen  fanden  sich  zwei  Arten.  Die  fein  agglutinirte 
Claviilina  communis  d'Orb..  die  in  allen  Proben  häutig  vor- 
kommt, und  die  grob  agglutinirte  Clavulina  cylindrica  Hantk., 
die  nur  in  Probe  A  beobachtet  wurde.  Die  grob  agglutinirten 
Formen  zeichnen  sich  dadurch  aus,  dass  sie  Globigerinen  zum 
Aufbau  ihrer  Schale  verwenden.  Die  eigenthümliche  Mündung 
mit  vorspringender  Zunge  (valvulär  tongue),  wie  sie  die  von  Brady 
abgebildeten  Challenger-Formen  zeigen  (1.  c,  p.  396,  t.  48,  f.  32 
bis  38),   wurde  auch  an  vielen  unserer  Exemplare  constatirt. 

Die  in  Probe  C  sehr  seltene  Vin/ulina  Mustoni  Andr. 
(Beiträge  zur  Kenntniss  d.  Elsässer  Tertiärs,  p.  162,  t.  XI.  f.  4a 
u.  b)  ist  eine  von  denjenigen  Formen,  die  zwischen  den  Gattun- 
gen Bulimina  und  Virgulina  stehen,  ähnlich  wie  die  schlanken 
Varietäten  der  Bulimina  elef/ans  d'Orb..  welche  sich  in  grös- 
seren Tiefen,  namentlich  im  nordatlantischen  Ocean  findet.  Vir- 
gulina Mustoni  Andr.  steht  dem  Formenkreis  der  Virgulina  suh- 
squamosa  Egger  (Neues  Jahrb.  f.  Mineral,  etc.,  1857.  p.  295,  t.  12, 
f.  19  —  21;  —  Brady,  1.  c,  p.  415,  t.  52.  f.  7  —  11)  nahe, 
unterscheidet  sich  aber  durch  die  mehr  biseriale  Anordnung  der 
Kammern,  sodass  sie  sich  den  Bolivinen  nähert.  Unter  den  Bo- 
livinen  fand  sich  in  Probe  C  in  wenigen  Exemplaren  eine  mit 
Bolivina  textilaroides  Rss.  (Brady,  1.  c.  p.  419)  verwandte  Form, 
die  sich  vom  Typus  durch  die  etwas  zahlreicheren  Kammern  un- 
terscheidet. 

Von  Cassidulinen  wurde  nur  eine  Art.  und  zwar  in  Probe  A 
häufig,  seltener  in  Probe  C  beobachtet.  Sie  stimmt  fast  genau 
mit  Cnssidulina  ohlonga  Rss.  (Denkschr.  d.  Wien.  Akad.,  Bd.  I, 
p.  376,  t.  48,   f.  5  u.  6)  überein,    ist  aber  seitlich  weniger  com- 


405 


primirt,  fast  kugelig.  Weniger  gut  stimmt  sie  mit  C.  crassa 
d'Orb.  (Wiener  Becken,  p.  213.  t.  21,  f.  42  u.  43),  welche  tie- 
fere Nähte  zeigt.  Nach  Brady  ist  Cassidulina  crassa  d'Orb. 
mit   C.   ohlonga  d'Orb.   synonym. 

lAtuolidae. 

Die  Abtheilung  der  Lituolidae  ist  in  unseren  Proben  sehr 
spärlich  vertreten.  In  Probe  C  fand  sich  als  Seltenheit  Cyclam- 
■minn  canrellata  Brady,  die  vielleicht  mit  der  im  Oligocän  so 
häufigen  CycJamnnna  placenta  Rss.  sp.  ident  sein  dürfte.  Ausser- 
dem wurde  in  Probe  A  ein  einkammeriges  Gehäuse  beobachtet, 
das  bei  näherer  Untersuchung  Verwandtschaft  zur  Gattung  Hip- 
jiocrepina  zeigt,  ohne  mit  der  einzigen  bekannten  Art,  H.  indivisa 
Park.  (Brady.  1.  c.  p.  325,  t.  26.  f.  10  bis  14),  vereinigt  wer- 
den  zu  können. 

Hippocrepina  constricta  n.  sp. 
Taf.  XXII,  Fig.  4. 

Schale  frei,  einkammerig.  verlängert,  kaum  gebogen,  mit 
vier  queren  Einschnürungen.  Das  eine  offene  Ende  ist  breit  und 
gerundet,  das  andere  geschlossene  läuft  in  eine  kurze  Spitze  aus. 
Die  Mündung  ist  eine  weite  runde  Oeffnung  mit  wulstartigem 
Rande  und  liegt  im  Centrum  des  breiten  Schalenendes.  Die 
Schalenoberfläche  ist  rauh.  Länge  0,8  mm.  Breite  0,3  mm.  Ist 
in  Probe  A  sehr  selten. 

Unsere  Form  unterscheidet  sich  von  Hippocrepina  indivisa 
Park,  hauptsächlich  durch  die  starken  horizontalen  Einschnü- 
rungen, obwohl  im  Innern  keine  Scheidewände  vorhanden  sind. 
Auch  besitzt  sie  eine  rauhe  Oberfläche,  während  Hippocrepina 
indivisa  Park,   glatt  ist. 

Noclosar  klae. 

Nodosariden  kommen  in  unserem  Materiale  häufig  vor;  be- 
sonders bemerkenswerth  ist  der  grosse  Reichthum  an  Nodosarien, 
Marginulinen  und  Cristellarien  in  den  beiden  Garruchaproben 
(A  und  B|. 

Von  Lngenen  finden  sich  in  Probe  A  5  Arten,  die  meist  nur 
in  geringer  Individuenzahl  auftreten.  Die  beobachtete  Lagena 
laevis  Montg.  sp.  ist  nicht  ganz  typisch,  da  sie  eine  etwas 
rauhe  Oberfläche  besitzt.  Brady  bildet  eine  solche  Modification 
1.  c,   t.  56,   f.  10  u.  11   ab. 

Unter  den  Glandulinen  findet  sich  in  Probe  D  sehr  selten 
eine  Form,  die  feine  Längsstreifen  auf  der  Schale  erkennen  lässt 
und    var.   sithfi/isfriafa   n.  v.    heissen  mag.       Brady  bildet   1.   c, 


406 


t.  61.  f.  19  eii)e  Ghindidii/a  laecüjata  d'Orb.  ab,  die  ebenfalls 
Andeutung  von  feiner  Längsstrcifung  zeigt.  Auch  sonst  stimmt 
sie  mit  unserer  Form  ziemlich  genau  überein.  nur  ist  das  Em- 
bryonalende bei  dieser  mehr  zugespitzt.  Im  Text  erwähnt  Bradv 
nichts  von  Streifung. 

Nodosaria  annul/ifa  Terq.  u  Berth..  eine  namentlich  im 
Lias  häufige  Form  mit  nach  oben  hin  an  Grösse  abnehmenden 
Kammern,  findet  sich  in  Probe  A  in  ganz  typischen  Stücken,  ist 
jedoch  nicht  häufig.  Ihre  wulstige  runde  Mündung  erinnert  etwas 
an  Sagrinen.  Mit  Nodosaria  radicnla  Lin.  sp.,  zu  welcher  sie 
Brady  als  Varietät  ammlata  stellt,  hat  sie  wenig  Aehnlichkeit. 
Nodosaria  radicula  Lin.  sp.  wurde  auch  in  der  gleichen  Probe 
beobachtet.  Sie  weicht  durch  ihre  schmale  Gestalt  etwas  vom 
Typus  ab.  In  Probe  A  findet  sich  sehr  selten  eine  kleine  Den- 
taline mit  schräg  gestellten  Nähten,  welche  gut  mit  der  von 
Hantken  in  den  Clavulina-Sznhoi -^cXnchi^w  beobachteten  Form 
von  Denfalina  suhtilis  Neugb.  {Mittheil.  d.  k.  ungar.  geol.  Anst., 
Bd.  IV,  Heft  1,  p.  33,  t.  Iltr  4'.  13)  stimmt.  Vielleicht  ist  diese 
ihrerseits  ident  mit  der  nich^  vollständig  bekannten  Bentalina 
hadenensis  d'Orb.  (Wiener  Becken,  p.  44,  t.  I,  f.  48  u.  49). 
Unsere  mit  Nodosaria  (Bent)  äff.  mieropti/cha  Rss.  (Sitzb.  d.  Wien. 
Akad.  d.  Wiss.,  Bd.  42,  p.  365,  t.  I,  f.  4)  bezeichnete  Form 
ist  der  Keuss' sehen  Art  sehr  ähnlich,  der  Unterschied  liegt  haupt- 
sächlich darin,  dass  vorliegende  Form  auf  den  ersten  Kammern 
gestreift  ist.  Als  häufigste  Nodosarie  in  unseren  Proben  ist  die 
Dentalinenform  Nodosaria  consohrina  d'Orb.  und  ihre  schlanke, 
kurzkammerige  Varietät  (N.  emaeiaia  Rss.)  bemerkenswerth.  Viel- 
leicht ist  zu  ihr  auch  ein  Fi-agment  aus  Probe  B  zu  rechnen, 
das  nur  aus  den  drei  letzten  Kammern  besteht.  Das  orale  Ende 
ist  in  eine  lange,  dünne  Röhre  ausgezogen,  deren  etw^as  ange- 
schwollene Spitze  die  gestrahlte  Mündung  trägt.  In  Bezug  auf  die 
in  Probe  A  und  B  ziemlich  häufige  Nodosaria  approximata  Rss. 
ist  zu  erwähnen ,  dass  der  Name  N.  approximata  beibehalten 
wui'de,  da  diese  Form  nicht  mit  Bentalina  pleJjeja  Rss.  (diese 
Zeitschr.,  Bd.  VU,  p.  267,  t.  8,  f.  9)  aus  der  Schreibkreide  iden- 
tisch sein  dürfte.     Brady  vereinigt  beide  Formen  zu  einer  Art. 

Die  in  Probe  A  sich  nicht  selten  findende  Nodosaria  cate- 
nulata  Brdy.  (1.  c. ,  p.  515.  t.  63,  f.  32  u.  33)  könnte,  wenn 
man  sie  nicht  als  selbstständige  Form  ansehen  will,  nach  vorlie- 
gendem Materiale  eher  als  Varietät  zu  B.  elegantissima  d'Orb. 
(Wiener  Becken,  p.  55,  t.  II,  f.  33  —  35)  und  nicht,  wie  Brady 
meint,  zu  N.  vertehralis  Batscii  sp.  (Brady.  1.  c.  p.  514.  t.  63, 
f.   35  und  t.   64,  f.   11- — 13)  ge?;ogen  werden. 

In  Probe  A  fanden  sich  einige  schmale,    cylindrisclie  Nodo- 


407 


sarien  mit  dickem,  eiförmigem  Embryonalende  (Taf.  XXII.  Fig.  3). 
Die  nähere  Untersuchung  der  Sclialenbeschatt'enheit  ergab,  dass 
eine  feine  Punktirung  vorhanden  ist.  Unsere  Exemplare,  denen 
der  Münduiigstheil  fehlt,  dürften  zu  Nodosaria  Eiva/di  Rss.  ge- 
hören, besonders  nach  der  Abbildung  wie  sie  Bornemann  giebt 
(diese  Zeitschr..Bd.  Yil,  t.  12.  f.  10).  Bei  vorliegenden  Stücken 
hat  jedoch  das  kugelige  Ende  einen  grösseren  Durchmesser  im 
Verhältniss  zum  übrigen  Schalentheil;  auch  ist  es  nicht  aus  zwei 
Kammern  zusammengesetzt,  sondern  die  erste  Scheidewand  be- 
findet sich  über  dem  kugeligen  Embryonaltheile.  Beuss  (diese 
Zeitschr. ,  Bd.  III,  t.  3.  f.  2)  bildet  auch  ein  angeblich  zu  K 
Eicaldi  gehöriges  Embyonalende  ab.  das  jedoch  nicht  angeschwollen, 
sondern  schmal  und  spitz  ist.  Es  handelt  sich  vielleicht  hier  um 
zwei  verschiedene  Arten,  wenn  nicht  ein  Fall  von  Dimorphismus 
vorliegt,  was  immerhin  möglich  wäre,  oder  die  Form  mit  dicker 
Embryonalkammer  überhaupt  zu  den  Sagrinen  gehört. 

Zwischeiiformeii  von  Xodosaria  und  Mavffinulina. 

In  unseren  Proben  konnnen  als  Seltenheiten  einige  Formen 
vor.  bei  deren  Bestimmung  man  im  Zweifel  ist,  in  welche  der  Gat- 
tungen Nodosaria  oder  Margimilina  man  sie  einreihen  soll.  Sie 
gehören  in  die  Formenreihe  der  Maryinulina  ylahra  d'Orb.,  doch 
weichen  sie  so  wesentlich  von  diesen  Formen  ab,  dass  sie  als 
besondere  Arten  gelten  können. 

Marf/innlina  acmninnta  n.  sp. 
Taf.  XXI,  Fig.  3  a,  b. 

Schale  länglich,  stark  gebogen,  gegen  das  orale  und  aborale 
Ende  sich  zuspitzend.  Der  Querschnitt  ist  nahezu  kreisförmig. 
Das  Gehäuse  besteht  aus  5  Kammern,  die  durch  sehr  schräg 
stehende  Nähte  getrennt  sind.  Der  äusserlich  sichtbare  Theil  der 
4  ersten  Kammern  ist  breiter  als  hoch.  Die  letzte  Kammer  ist 
stark  aufgeblasen  und  in  eine  dünne  Mündungsröhre  ausgezogen. 
Die  Oberfläche  ist  glatt.  Länge  0.4  mm.  Breite  0.15  mm.  Sie 
findet  sich  sehr  selten  in  Probe  B. 

Unsere  Form  ist  nahe  verwandt  mit  der  schlankeren  Modi- 
fication  von  Margimilina  tnfnrcta  Rss.  (=  M.  glahra  d'Orb. 
nach  Brady.  1.  c.  p.  527),  Sitzber.  d.  Wien.  Akad..  Bd.  48.  t.  3, 
f.  37;  doch  weicht  sie  von  dieser  durch  die  stärkere  Krümmung 
der  Schale,  durch  die  in  eine  Röhre  ausgezogene  Mündung  und 
das  schärfer  zugespitzte  Embryonalende  ab.  Die  beiden  ersten 
Merkmale  unterscheiden  sie  auch  von  der  verwandten  Nodosaria 
mueroxafa  NEuaB.  (Brdv.  .  1.  c. ,  p.  506).  Dazu  kommt  für  31. 
acroiiit/afa  noch  die  grössere  Aufgeblasenheit  der  letzten  Kammern. 


408 


Marge nulina  ventricosn  ii.  sp. 
Taf.  XXI,  Fig.  4c%  b,  c. 

Schale  verlängert,  ungefähr  in  der  Mitte  am  breitesten  und 
rund  im  Querschnitt.  Das  Mündungsende  läuft  spitz  zu;  das 
Embryonalende  ist  gerundet.  Die  5  Kammern  sind  schräg  ge- 
stellt; die  ersten  haben  die  Tendenz,  sich  spiral  einzurollen;  die 
letzte  und  vorletzte  sind  auf  der  Concavseite  der  Schale  bauchig 
aufgetrieben.  Die  gestrahlte  Mündung  liegt  randlich  auf  einer 
vorgezogenen  Spitze.  Länge  0,7  mm.  Breite  0,3  mm.  Sie  findet 
sich  sehr  selten  in  Probe  A. 

MarginuJina  ventricosa  ist  verwandt  mit  M.  pedum  d'Orb. 
(Wien.  Becken,  p.  68,  t.  3,  f.  13  und  14),  iH  similis  d'Orb. 
(1.  c. ,  p.  69,  t.  3,  f.  15  u.  16)  und  M.  pediformis  Bornem. 
(diese  Zeitschr.,  Bd.  VII,  p.  326,  t.  13,  f.  13).  Sie  unterscheidet 
sich  von  diesen  Formen  hauptsächlich  durch  die  starke  Aufge- 
blasenheit und  Breite  der  beiden  letzten  Kammern  im  Vei'hältniss 
zum  übi'igen  Schalentheile  und  durch  die  auf  der  convexen  Scha- 
lenseite winklig  erscheinenden  Nähte.  Brady  zieht  alle  diese 
Formen  zu  Marginulina  glahra  dOrb..  von  der  unsere  Form 
durch  die  spitz  zulaufende  Endkammer  abweicht. 

Marginulina  curvata  n.  sp. 
Taf.  XXI,  Fig.  5. 

Schale  verlängert,  fast  überall  gleich  breit  und  schwach 
S-förmig  gebogen.  Das  Mündungsende  ist  schief  abgeschnitten, 
das  Embryoalende  gerundet.  Die  7  schräg  gestellten  Kammern 
nehmen  gegen  das  orale  Ende  hin  nach  und  nach  an  Grösse  zu. 
Die  Nähte  sind  bogenförmig  und  nur  die  beiden  letzten  ^  vertieft. 
Die  gestrahlte  Mündung  liegt  randlich.  Die  Oberfläche' ist  glatt. 
Länge  0,7  mm,  Breite  0,2  mm.     In  Probe  A  sehr  selten. 

Es  giebt  ziemlich  viele  Formen,  die  Aehnlichkeit  mit  M. 
curvaia  haben.  Die  oben  erwähnte  M.  infarcta  Rss.  gleicht  ihr 
etwas  in  der  äusseren  Contour.  doch  ist  bei  M.  curvata  das 
Embryonalende  stärker  gekrümmt,  die  Nähte  des  Anfangstheiles 
stehen  steiler  und  sind  sich  mehr  genähert,  auch  ist  die  letzte 
Kammer  stärker  aufgeblasen.  Ferner  sind  mit  M.  curvata  die 
Karrer' sehen  Formen  Crist.  (31.)  nnralnlis  Karr.  (Abhandl. 
d.  k.  k.  geolog.  Reichsanst. ,  Bd.  IX,  p.  382,  t.  16b,  f.  35) 
und  Gr.  (31.)  ampla  Karr.  (1.  c,  p.  382,  t.  16b,  f.  36)  ver- 
wandt,' sie  unterscheiden  sich  jedoch  durch  die  plumpere,  bei 
Cr.  ampla  fast  kugelige  Gestalt.  Zu  diesem  Forraenkreis  sind 
noch  zu  rechnen  31.  tumida  Rss.  (diese  Zeitschr.,  Bd.  III,  p.  64, 
t.   3.   f.   4  und  Sitzungsber.   d.   Wiener  Akad.   d.  Wiss.,  Bd.   48, 


409 

p.  48,  t.  3.  f.  32  —  35).  M.  nhhren'afn  Karr.  (Sitzber.  d.  Wien. 
Akad.  d.  Wiss.,  Bd.  44,  p.  445,  t.  1.  f.  7)  und  auch  die  jetzt  zu 
beschreibende  Form,   die  vielleicht  nur  eine   Abnormität  darstellt. 

Marginulina  prohleniatica  n.  sp. 
Taf.  XXI,  Fig.  6. 

Schale  länglich,  fast  gerade,  spindelförmig.  Das  Mündungs- 
ende ist  zugespitzt,  das  Embrj^onalende  gerundet.  Es  sind  5 
Kammern  vorhanden.  Von  den  flachen  Nähten  sind  die  3  ersten 
schräg  gestellt,  die  letzte  jedoch  verläuft  horizontal.  Die  ge- 
streifte Mündung  liegt  central.  Die  Oberfläche  ist  glatt.  Länge 
0,7  mm,   Breite  0,2  nun.     Sie  findet  sich  in  Probe  A  sehr  selten. 

Marginnlinn  prohleniaficd  unterscheidet  sich  von  allen  ge- 
nannten, in  diesen  Formenkreis  gehörigen  Arten,  durch  die  letzte 
horizontal  verlaufende  Scheidewand.  Sie  stellt  vielleicht  eine 
abnorme  Varietät  von  M.  curvaia  n.  sp.  dar.  Es  fehlt  aber 
vorliegender  Form  die  stärkere  Krümmung  der  Schale,  auch  ist 
die  Mündung  mehr  central  gelegen.  Einige  Aehnlichkeit  im  Um- 
riss  hat  M.  proUematica  auch  mit  Cristellaria  (M.)  Inimilis 
Karr.  (Abhandl.  d.  k.  k.  Reichsanst. .  Bd.  IX,  p.  382,  t.  1Gb. 
f.  33),  doch  ist  diese  Form  etwas  grösser,  besitzt  etwas  tiefer 
liegende  Nähte,    die  alle  ein  wenig  schräg  gestellt  sind. 

Unter  den  echten  typischen  Marginulinen  unserer  Proben 
findet  sich  eine  elegante,   reich  ornanientirte  neue  Form. 

Marginulina  Peckcti^)  n.  sp. 
Taf.  XXI.   Fig.  1. 

Schale  verlängert,  gerade,  fast  cylindrisch.  Sie  verjüngt 
sich  etwas  gegen  das  Embryonalende,  welches  mit  Stachel  ver- 
sehen ist.  Es  sind  durchschnittlich  etwa  8  Kammern  vorhanden. 
Nur  die  letzten  Nähte  sind  vertieft.  Die  marginale  Mündung 
liegt  auf  einer  kurzen  cylindrischcn  Röhre,  die  durch  eine  kleine 
gestrahlte  Pyramide  geschlossen  ist.  Die  Oberfläche  ist  mit  un- 
gefähr 12  kräftigen,  in  gleicher  Entfernung  von  einander  ste- 
henden Rippen  verziert,  die  über  die  Nähte  hinweglaufen.  Die 
Rippen  sind  am  Embryonalende  manchmal  etwas  dornig.  Länge 
durchschnittlich  2.3  mm.  Breite  0.6  mm.  Findet  sich  häufig  in 
Probe  A  und  B,   ist  in  B  jedoch  etwas  seUener. 

Ausser  dieser  Form  konnnt  noch  eine  Modification  vor,  die 
als  Varietät  spinosa    bezeichnet  werden    soll    (Taf.  XXI.   Fig.  2). 


1)  Diese  Form  wurde  benannt  zu  Ehren  des  englischen  Consuls 
George  Clifton  Pecket,  der  unseres  Wissens  zuerst  das  Vorkonuueu 
von  Foraminiferen  in  den  Mergeln  von  Garrucha  beobachtete. 

Zeitsclir.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  3.  2S 


410 


Bei  dieser  sind  nändicli  die  Rippen  der  ganzen  Länge  nach  mit 
Dornen  versehen.  Die  gedornte  Form  sclieint  nach  vorliegendem 
Materiale  mit  der  ungedornten  durch  Uebergänge  verbunden  zu 
sein,  wie  es  auch  schon  das  Vorkommen  von  Dornen  am  Em- 
bryonalende der  glattrippigen  Stücke  vermuthen  lässt.  Die  Varietät 
besitzt  tiefere  Nähte  auf  dem  oralen  Theile  der  Schale,  als  der 
Typus.  Das  Primordialende  ist  manchmal  etwas  eingerollt,  dann 
gerundet,  comprimirt  und  mit  einem  Kiele  versehen.  Auf  dem 
gekrümmten  Schalentheile  treten  bisweilen  unregelmässig  vertheilte 
Tuberkeln  auf.  Die  Varietät  kommt  in  Probe  A  und  B  häufig 
vor;  in  Probe  C  ist  sie  seltener  und  schwächer  gedornt. 

Margimilina  Pecheti  und  ihre  gedornte  Varietät  haben  in  der 
äusseren  Gestalt  einige  Aehnlichkeit  mit  Brady's  Challenger-Form 
von  Marginulina  costata  Batsch  sp.  (Brady,  1.  c,  p.  528,  t.  55, 
f.  10 — 13).  Unsere  Art  unterscheidet  sich  aber  duixh  die  mehr 
horizontal  verlaufenden  Nähte,  durch  die  kugelige  Form  der  letzten 
Kammer  und  durch  die  röhrige  Mündung.  Die  Varietät  spi- 
nosa  lässt  sich  ausserdem  noch  mit  Crisfellaria  semäuherculata 
Karr.  (Sitzber.  d.  Wiener  Akad.  d.  Wiss.,  Bd.  55.  p.  355,  t.  1, 
f.  7)  vergleichen,  sie  ist  jedoch  grösser.  Ihre  Länge  beträgt 
ungefähr  3  mm,   während   Cr.  semituherculata  Karr,   nur   1 Y2  bis 

2  mm  misst.  Auch  sind  unsere  Exemplare  vollständig  und  viel 
kräftiger  gedornt.  Das  P^mbryonalende  scheint  bei  Cr.  semireti- 
culata  nicht  so  stark  eingerollt  zu  sein. 

Von  Lingulinen  fanden  sich   zwei  Arten: 
Liiigulina  costata  d'Orb., 
deren  häufiges  Vorkommen   in  Probe  B   um  so  merkwürdiger  ist, 
als  sie  in  dem  übrigen  Materiale  zu  fehlen  scheint,   und  eine  Art, 
die  von  den  bekannten  Lingulinen  erheblich  abweicht  und  als  eine 
neue  Species  angesehen  werden  niuss. 

Lingulina  ulata  n.  sp. 
Taf.  XXII,  Fig.  1  a,  b,  c. 
Die  Schale  ist  sehr  verlängert,  gerade,  bedeutend  compri- 
mirt und  besitzt  einen  breiten,  flügelartigen  Kiel.  Sie  verjüngt 
sich  etwas  nach  dem  Embryonalende  zu.  Das  Mündungsende 
fehlt  an  unseren  Stücken;  das  aborale  Ende  ist  gerundet.  Die 
Kammern  sind  zahlreich;  die  erste  verhältnissmässig  klein,  läng- 
lich eiförmig.  Die  wenig  vertieften  Nähte  verlaufen  horizontal. 
Die  Schale    besitzt   auf    dem    oberen    breiteren  Theile    jederseits 

3  Längsstreifen,  auf  dem  schmäleren  Anfangstheile  finden  sich 
nur  noch  2.  Die  Länge  ist  fraglich,  jedenfalls  mehr  als  2,2  mm, 
die  grösste  beobachtete  Breite  0,35  nun.  Sie  kommt  in  Probe  A 
ziemlich  häufig  vor. 


411 


In  dei-  zu  Gebote  stellenden  Literatur  ist  keine  Art  aufzu- 
finden, die  mit  unserer  Form  nähere  Verwandtschaft  zeigt.  Viel- 
leicht stellt  diese  ein  Bindeglied  zwischen  Lingulinen  und  Nodo- 
sarien  dar. 

Unsere  Exemplare  von  Frondicnldria  aluta  d'Okij.  sind  da- 
durch bemerkenswerth,  dass  sie  Dimorphismus  in  Bezug  auf  die 
Embryonalkammern  zeigen.  Es  kommen  nämlich  Formen  mit 
grosser,  aufgeblasener  und  solche  mit  flacher  Embryonalkammer 
vor,  analog  wie  das  bei  Milioliden,  Nummuliten  und  vielleicht 
auch  Nodosarieu  (cf.  N.  Ewaldi,  p.  407)  beobachtet  wurde.  Die 
Embryonalkammer  hat  4  bis  6  Längsstreifen.  Bezüglich  der  nur 
in  Probe  A  gefundenen  Fr.  interrnpta  Karr,  ist  zu  erwähnen, 
dass  von  einem  Alterniren  der  allerersten  Kammern,  wie  es 
Brady  bei  der  recenten  Fr.  interritpta  Karr,  erwähnt  (1.  c, 
p.  523)  und  1.  c. .  t.  66.  f.  7  abbildet,  nichts  Avahrgenommen 
werden  konnte,  auch  zeigt  die  Originialabbildung  der  Karrer'- 
schen  Miocänform  (Abliandl.  d.  geol.  Reichsanst.,  Bd.  IX,  p.  380, 
t.  16b,  f.  7)  kein  solches  Alterniren,  ebensowenig  bemerkt  Karrer 
im  Text  etwas  davon. 

Unser  Bhahdogoniwn  tricaröiatnni  d'Orb.  sp.  (Taf.  XXII, 
Fig.  2a,  b).  welches  sich  in  Probe  A  ziemlich  selten  fand,  stimmt 
mit  dem  i/OnBiGNY'schen  Modell  No.  4.  da  auch  bei  diesem  die 
Mündung  nicht  central,  sondern  in  einem  der  3  Winkel  liegt. 
Die  von  Brady  beobachtete  und  mit  der  von  u'Orbigny  aufge- 
stellten identificirte  Art  zeigt  eine  centrale  Mündung. 

An  Cristellarien  waren  unsere  Proben  A  und  B  besonders 
reich,  sowohl  was  die  Individuen  als  die  Artenzahl  anbelangt. 
Die  meisten  fanden  sich  in  typischen  Stücken,  sodass  sie  sich 
mit  Hülfe  der  vorhandenen  Literatur  identificiren  Hessen. 

Die  miocäne  Cndellaria  arinunensis  dOrb.  wird  von  Brady 
(1.  c,  p.  555)  zu  Cf.  costata  Ficht,  u.  Moll  sp.  gestellt.  Un- 
sere Exemplare  iseig'^n  grössere  Achnlichkeit  mit  ersterer  Form; 
die  D'ORBiGNY'sche  Bezeichnung  wurde  deshalb  beibehalten.  Sie 
fanden  sich  ziemlich  häufig  in  Probe  A  und  B. 

In  denselben  Proben  wurde  eine  Form  beobachtet,  die  als 
neu  angesehen  werden  muss. 

Cristellaria  Moldcnhdueri  n.  sp. 
Taf.  XXI.  Fig.  7  a.  b.  c. 

Schale  verlängert,  comprimirt.  flach  auf  beiden  Seiten  und 
ungefähr  in  der  Mitte  am  breitesten.  Mündungs-  und  Embryonal- 
ende laufen  spitz  zu.  Kannnern  sind  durchschnittlich  10  vor- 
handen; die  letzte  erstreckt  sich  fast  bis  an's  Enibryonalende. 
Zwischen    den  Kammern    ist   durchsichtige  Schalensubstanz   abge- 

28- 


412 


lagert.  Die  Nähte  sind  kaum  vertieft  und  verlaufen  vom  aboralen 
Ende  aus  bogenförmig  nach  dem  Rücken  {richtiger  der  gekielten 
Seite)  hhi.  Die  jüngeren  Nähte  sind  weniger  gebogen  als  die 
älteren.  Manchmal  gabeln  sich  die  Kamraerscheidewände  in  der 
Nähe  des  Rückens.  Dieser  ist  mit  einem  Kiele  versehen,  der 
fast  bis  an  das  untere  Ende  reicht.  Nahe  dem  Rücken  und 
parallel  zu  diesem  verläuft  ein  erhöhter  Längsstreifen,  unter  dem 
man  die  Mündungen  der  einzelnen  Kammern  durchschimmei'n 
sieht.  Ausserdem  befinden  sich  auf  dem  Embryonalende  4  bis  5 
viel  kürzere  Längsrippen.  Länge  2,8  mm,  Breite  0,8  mm.  Sie 
findet  sich  häufig  in  Probe  B.  weniger  häufig  in  A. 

Ausserdem  wurde  in  Probe  A  als  Seltenheit  eine  Form 
beobachtet,  die  als  breite,  stark  berippte  Varietät  (var.  latu  n.  v.) 
der  soeben  beschriebenen  Cnstellaria  gelten  kann.  Dieselbe  zeigt 
auch  einen  mehr  unregelmässigcn  Verlauf  der  viel  längeren  und 
stärkeren  Rippen,  indem  diese  in  ihrer  Krünnnung  mehr  oder 
weniger  dem  Aussenrande  parallel  laufen  und  somit  auf  dem  un- 
teren nicht  gekielten  Kammertheile  den  Nähten  folgen.  Sowohl 
Typus  als  Varietät  gehören  der  alten  von  Defkance  aufgestellten 
Formengruppe  der  Planularien  an,  in  der  ganz  flache  Arten  von 
Cristellarien-  oder  Vaginulinen  -  ähnlichem  Habitus  vereinigt  wur- 
den. Unsere  Formen  nähern  sich  überhaupt  sehr  den  Vaginu- 
linen wegen  der  fast  verschwindenden  spiraligen  Einrollung  der 
ersten  Kammern,  was  das  einzige  sehr  inconstante  Unterschei- 
dungsmerkmal beider  Gattungen  ist. 

In  Probe  A  findet  sich  eine  nachstehend  beschriebene  Form, 
die  ebenfalls  eine  Mittelstellung  zwischen  Cristellaria  und  Vagi- 
mdina  einnimmt,  indem  sie  in  ihrer  Gestalt  einestheils  an  die 
ensiformen  Cristellarien,  anderentheils  an  die  kürzeren  Arten  von 
Vaginulina  erinnert : 

Yaqinnlina  strintissinia  n.  sp. 
Taf.  XXI,  Fig.  9  a,  b. 

Die  verlängerte  Schale  nimmt  nach  unten  an  Breite  ab.  Das 
Mündungsende  ist  schief  abgestutzt.  Das  ziemlich  stark  ver- 
schmälerte und  etwas  gebogene  Embryonalende  ist  gerundet.  Die 
Kammern  sind  schräg  gestellt.  Ihre  wenig  tiefen  Nähte  sind  un- 
deutlich und  verschwinden  gegen  unten  hin  ganz.  Die  runde 
Mündung  liegt  randlich.  Die  Oberfläche  ist  dicht  mit  feinen 
Längsstreifen  bedeckt.  Länge  1,4  nun.  Breite  0.4  mm.  Ist  in 
Probe  A  sehr  selten. 

In  ihrer  äusseren  Gestalt  hat  diese  Form  Aehnlichkeit  mit 
gewissen  langgestreckten  Cristellarien.  doch  war  weder  unter  die- 
sen, noch  unter  den  Vaginulinen  eine  Art  mit  so  auffallender 
Ornamentik  der  Schale  aufzufinden. 


413 


Ausserdem  wurden  noch  drei  ander-e  gestreifte  Yaginulincn 
beobachtet,  nämlich  V((fiwifh'n((  linearis  Montao.  sp..  die  ziem- 
lich selten  in  Probe  A  vorkommt,  ausserdem  zwei  Varietäten  von 
zwei  sonst  glatten.  Von  der  einen.  Vaginnla  kr/unicn  Lin.  sp.. 
findet  sich  in  Probe  A  ziemlich  häufig  eine  Modification  mit 
dickem  Embrvonalende.  das  einige  Streifen  trägt.  Man  hat  es 
wahrscheinlich  mit  einer  ähnlichen  Erscheinung  zu  thun.  wie  oben 
bei  Fnindicnlarid  nlatn  d'Orb..  nämlich  mit  einem  Dimorphismus. 
Neben  diesen  Formen  kommt  auch  der  Typus,  jedoch  viel  seltener 
vor.  Von  der  anderen  Art.  Vaginulina  margaritifera  Batsch 
sp..  wurde  in  den  Proben  A  und  B  eine  ziemlich  stark  gestreifte 
Varietät  beobachtet.  Sie  soll  als  Varietät  striata  n.  var.  auf- 
gestellt werden  (Taf.  XXI.  Fig.  8).  Abgesehen  von  der  Strei- 
fung stimmt  unsei'e  Form  genau  mit  dem  Typus  überein.  Die 
Streifen  zeigen  sich  hauptsächlich  auf  dem  Embryonaltheile.  Sie 
laufen  von  der  convexen  Seite  aus  etwas  schräg  über  die  Schalen- 
oberfläche hinweg.  Einige  derselben  sind  manchmal  in  Knötchen 
aufgelöst.  Ausserdem  treten  in  der  Nähe  des  Rückens  bisweilen 
1  oder  2  Längsstreifen  auf.  die  parallel  dem  Rande  verlaufen. 
Die  Exemplare  variiren  sehr  an  Grösse.  Die  grössten  sind  0,8  mm 
lang,  0,7  mm  breit.  Unsere  Form  ist  in  den  Proben  A  und  B 
ziemlich  häufig.  In  Probe  B  finden  sich  fast  glatte  Individuen, 
die  also  dem  Typus  nahe  konniien.  Vaginnla  legnmen  Lin.  sp. 
und  V.  margaritifera  Batsch  sp.  wurden  nach  Brady  (1.  c, 
p.  532)  noch  nie  für  sich  allein,  sondern  immer  vergesellschaftet 
gefunden.  Dieses  gilt  auch  für  unser  Material.  Ferner  bemerkt 
Brady  (1.  c,  p.  532).  dass  die  Vaginulincn  mit  wulstartig  ver- 
dickten Kammerscheidcwänden  (limbatc  varicties)  sowohl  recent 
als  fossil  durchweg  seltener  seien,  als  diejenigen  mit  unverdickten 
Nähten  (non  limbatc  sutures).  Es  zeigte  sich  nun.  dass  in 
Probe  A  beide  Formen  ungefähr  gleich  liäufig  sind,  in  Probe  B 
aber  die  Exemplare  ohne  Liinbation  seltener  sind,  als  die  mit 
einer  solchen. 

Die  in  Probe  A  gefundenen  Stücke  von  Dimorph i na  tube- 
rosa  d'Orb.  (Taf.  XXI.  Fig.  10)  stimmen  mit  d'Orbicjny's  Mo- 
dele No.  60  (Brady,  Parker  u.  Jones:  A  monography  of  the 
genus  FolgmorpJiina.  Trans.  Lin.  Soc. .  1870,  Bd.  27.  t.  42, 
f.  39  a)  gut  überein,  nur  sind  die  Nähte  des  Polymorphinen-ähn- 
lichen  Anfangstheiles  nicht  so  tief,  auch  ist  die  Mündungsspitze 
etwas  mehr  ausgezogen.  Diese  Unterschiede  sind  jedoch  von  zu 
geringem  morphologischen  Werthe.  um  selbst  nur  eine  Varietät 
darauf  zu  gründen.  Schon  unsere  verhältnissmässig  wenigen  Exem- 
plare variiren  ein  wenig  in  dieser  Hinsicht. 

Uvigerina  pygntaea  d'Orb.    und    ihre  feingestreifte  Varietät 


414 


(U.  temiisfriatd  Rss.)  kommen  in  fast  allen  unseren  Proben  vor. 
Besonders  häufig  ist  die  Varietät  und  die  Uebergangsformen  von 
dieser  zum  Typus.  In  Probe  D  fand  sich  ein  Exemplar  einer 
feingestreiften  Uvigerina,  das  jedoch  comprimirt  ist.  Ausserdem 
wurde  in  Probe  C  eine  zur  Gattung  Sagrina  führende  Ueber- 
gangsform  beobachtet.  Sie  gleicht  der  gestreiften  Varietät  von 
JJ.  pygmnea,  doch  ist  sie  etwas  länger  im  Verhältniss  zur 
Breite  und  der  Mündungstheil  beginnt  einreihig  zu  werden.  Sie 
stellt  also  wahrscheinlich  eine  Zwischenform  von  U.  pygmaea 
var.  temmtriata  Rss.  und  Sagrina  nodosa  Park.  u.  Jon.  dar. 
Diese  Sagrina  fand  sich  in  Probe  A  in  mehreren  typischen 
Stücken.  Der  einreihige  Schalentheil  besteht  bei  denselben  aus 
5  geradlinig  aneinander  gereihten  Kammern. 

Die  vorliegenden  Exemplare  von  Sagrina  virgnJa.  Brady,  die 
in  den  Proben  A  und  C  häufig  ist.  sind  alle  vom  Embryonalende 
an  einreihig  gebaut,  wie  das  auch  bei  anderen  Sagrinen  manchmal 
vorkommt.  Solche  Formen  sind  dann  schwer  von  Nodosarien  zu 
unterscheiden,  besonders  von  denjenigen,  welche  eine  runde,  un- 
gestrahlte.  mit  Wulst  umgebene  oder  Uvigerinenmündung^)  be- 
sitzen, wie  die  Sagrinen.  Es  sind  vielleicht  diese  aberranten 
Nodosarien,  zu  denen  z.  B.  Nodomria  annnlafa  Terq.  u.  Berth., 
N.  abyssormii  Brady  gehören,  aus  der  Gattung  Nodosaria  auszu- 
scheiden und  Sagrina  beizufügen.  IS.  Ewald i  gehört,  wie  oben 
angedeutet,  möglicher  "Weise  auch  hierher.  Wenn  also  die  Form 
der  Mündung,  nicht  die  Anordnung  der  ersten  Kammern,  die 
sogar  innerhalb  einer  Art  sehr  schwankend  ist,  das  Hauptcharakte- 
risticum  der  Sagrinen  bildet,,  so  dürfte  Brady' s  Diagnose  von 
Sagrina:  ~,Earlier  Chambers  Uvigerine.  later  ones  Nodosarian" 
nicht  ganz  zutreffend  sein.  Selbst  die  von  ihm,  allerdings  mit 
Vorbehalt,  zu  Sagrina  gestellten  S.  anmiJata  und  S.  tesselata 
fügen  sich  nicht  seiner  Definition,  indem  an  ihnen  von  einem 
TJvigerinen-ähwWchew  Anfangstheile  nichts  zu  erkennen  ist.  Viel- 
leicht würde  man  die  Diagnose  der  Gattung  Sagrina  besser  in 
folgender  Weise  umändern:  Schale  hyalin,  älterer  Kammertheil 
Uvigerinen  -  ähnlich  oder  einreihig,  jüngerer  stets  einreihig  n)it 
runder,  gewulsteter  oder  Uvigerinenmündung.  aber  nie  Nodosarien- 
ähnlich.  d.  h.  mit  typisch  gestrahlter  oder  Entosolenienmündung, 
während  man  im  Gegensatz  dazu  bei  der  Diagnose  von  Diinor- 
phina  Werth  auf  die  gestrahlte  Mündung  zu  legen  hätte. 


^)  „Uvigpriiieiimündmit;"  soll  der  Kürze  -wegen  diejenige  Mün- 
dungsfonii  genannt  werden,  die  eine  stielartige  Röhre  und  an  deren 
Ende  einen  die  Mündung  umgebenden  ringförmigen  Wulst  oder  Um- 
schlag besitzt,  sodass  sie  etwa  dem  Halse  einer  Bierflasche  ähn- 
lich sieht. 


415 


Berücksichtigt    man    die   Schalenbeschaffenheit   und    die  An- 
ordnnntr  der  Kammern,   so  lässt  sich  folgendes  Schema  aufstellen: 


Meist    relativ  gross    und 
dickschalig,  mit  gestrahl- 
ter Mündung. 

Meist  klein  und  sehr  zart- 
schalig  mit  ungestrahlter, 
gewulsteter  oder  Uvige- 
rinenmündung. 

einkammerig. 

(Lyenu  ylohofsu)  ^).          i                   Lcujtna. 

einreihig 

Nodosaria. 

Sagrina  p.  p. 

anfangs  spiral, 
dann  einreihig 

DiiHorphina. 

Sayrina  p.  p. 

unregelmäs- 
sig Spiral. 

Polyxwrphina. 

l'cigerina. 

ganz   oder 
theilweise  Spi- 
ral in  einer 
Ebene. 

Cr  id  teilen- ukie. 

— 

Entosoleuienraündung  kommt  neben  den  genannten  Mündun- 
gen in  beiden  Reihen  vor.  so  bei  La<jena,  Nodosaria,  Poly- 
morphina. 

GlobUjeriKiidue, 

Die  kosmopolitisch  und  pelagisch  lebende  Glohigcfina  hul- 
hoides  d'Orb.  findet  sich  nebst  Orhiilina  universa  in  allen  un- 
seren Proben  in  so  grosser  Zahl,  dass  mehr  als  7^  ^^Ig^'  Fora- 
n^iniferen  zu  diesen  Arten  gehören.  Von  Glohk/erina  hulhoiäes 
d'Orb.  kommen,  wie  sich  das  bei  der  grossen  Individuen -Anzahl 
vermutlien  lässt.  nicht  selten  Varietäten  vor.  So  trifft  man 
manchmal  äusserlich  scheinbar  dreikammerige  Exemplare  (var. 
trilohu  Rss.)  und  solche  Modificationen,  die  (Muhkicriim  cvetacea 
d'Oku.  (Brady.  1.  c,  p.  596)  und  (}l.  comilohafa  Brady  (1.  c. 
p.  60o)  ähnlich  sind.  Auch  finden  sich  hie  und  da  kleine  For- 
men mit  sehr  wenig  tiefen  Nähten,  die  der  Gl.  pachyderma 
Ehrbg.  (Brady,  1.  c. ,  p.  600,  t.  114,  f.  19,  20)  nahe  stehen. 
Manche  Stücke  besitzen  Kammern,  deren  ümriss  etwas  eckig  ist, 
wie  bei  Gl.  inflata  Brady  (1.  c,  p.  601).  doch  ist  die  Schale 
unserer  Exemplare   nicht  Rotaliden  -  ähnlich    gebaut ,    sondern  die 


*)  Bei  Lagena  globosa  Montag,  sp.  sollen  nach  Brady  (1.  c,  p.  441, 
f.  11  f,  g)  gestrahlte  Mündungen  hie  und  da  vorkommen. 


416 


Anordnung  der  Kammern  gleiclit  mehr  der  von  Gl.  huUonles 
d'Orb.  Als  anormal  sind  diejenigen  Individuen  zu  betrachten, 
bei  denen  die  Kammern  nicht  regelmässig  spiralig  aneinander 
gereiht  sind,  sondern  ein  unregelmässiges  Haufwerk  bilden.  Aehn- 
liche  monströse  Formen  bildet  Brady  1  c.  t.  81,  f.  6  u.  7  ab. 
Schliesslich  finden  sich,  doch  nur  in  Probe  D,  ganz  flach  ge- 
drückte, scharfkantige  Formen.  Sie  erinnern  etwas  an  Discor- 
binen.  besitzen  aber  keine  regelmässige  spiralige  Anordnung  der 
Kammern.  "" 

Von  Orhnlina  nniversa  d'Orb.  kommen  Individuen  mit  und 
ohne  grössere  Oeffnung  vor.  Auch  zweikammerige  Exemplare 
(Gl.  hilohata  d'Orb.)  sind  nicht  selten.  Bemerkens werth  ist  noch 
das  Auftreten  von  Orbulinen  mit  eingeschlossener  Globigerinen- 
schale. 

In  Probe  D  kommen  eigenthündiche  Schalen  vor.  die  durch- 
schnittenen Orbulinen  gleichen,  indem  sie  nämlich  Kugelsegmente 
darstellen.  Die  convexe  Oberfläche  ist  fein  punktirt  und  zeigt 
keine  Spur  von  Nähten,  sodass  an  eine  mehrkammerige  Form. 
z.  B.  Discorl)ina,  nicht  zu  denken  ist. 

Hotalidae. 

Die  Rotaliden  sind  durch  zahlreiche  Arten  vertreten,  von 
denen  manche  eine  stattliche  Individuenzahl  aufweist.  Besonders 
zeichnet  sich  in  dieser  Hinsicht  Anomalina  ariminensis  d'Orb. 
sp.  aus,  die  sich  in  allen  Proben  häufig  findet.  Die  in  Probe  D 
vorkommenden  Exemplare  von  Uiscorhina  Vüardeboana  d'Orb.  sp. 
weichen  vom  Typus  insofern  ab.  als  sie  eine  fast  ebene  Spiral- 
seite und  eine  etwas  convexe  Nabelseite  haben.  Neben  typischen 
Stücken  von  Truncafxlina  Haiclinffen'  d'Orb.  sp.  wurden  in 
Probe  B  einige  Individuen  beobachtet,  die  wegen  des  etwas  schär- 
feren Randes  und  wegen  Ablagerung  von  Schalensubstanz  auf  den 
inneren  Umgängen  der  Oberseite  (Spiralseite)  etwas  von  der  nor- 
malen Form  verschieden  sind.  Bei  manchen  Exemplaren  der  in 
den  Proben  A.  B  und  C  nicht  seltenen  Traneatalina  reficulata 
Czjz.  sp.  treten  auch  auf  den  Suturen  der  Unterseite  (Nabelseite) 
kurze,  tuberkel artige  Röhrchen  auf,  ähnlich  wie  bei  Tr.  solnta 
Brady  (1.  c.  p.  670,  t.  96.  f.  4).  In  Probe  A  fand  sich  nur 
in  einem  Exemplar  eine  eigentliümliclie  Truncatulinen  -  ähnliche 
Form,  die  auf  ihre  kalkige,  deutlich  perforirte  Schale  fremde 
Substanzen  (Sandkörner  etc.)  aufgeklebt  hat.  also  agglutinirend 
geworden  ist.  Sie  mag  deshalb  Trvncatulina  agglutinans 
n.  sp.  (Taf.  XXII.  Fig.  8)  heissen.  Auf  der  Oberseite  lässt  sich 
nur  der  letzte  Umgang  erkennen.     Eine  Mündung  ist  nicht  wahr- 


417 


nehmbar.  Der  Durchmesser  beträgt  0,7  mm.  Ob  man  es  hier 
mit  einer  Trnncatulina ,  die  nur  gelegentlich  durch  äussere  Ein- 
flüsse agglutinirend  geworden,  oder  mit  einer  constant  agglutini- 
renden  Art  zu  thun  liat,  L'isst  sich  nach  dem  spärlichen  Vorkom- 
men Jiicht  entscheiden.  Brady  (1.  c.  t.  115,  f.  3.  4)  bildet  eine 
fest  gewachsene  agglutinirende  Form  als  Tninedtiila  lobatida  W. 
u.  J.  ab.  die  jedoch  schon  wegen  ihrer  Anheftung  hier  kaum  in 
Betracht  kommt.  Anomnlina  ammonoides  Rss.  sp.  tindet  sich  in 
allen  Proben.  Daneben  kommen  besonders  in  Probe  A  und  B 
Stücke  vor.  die  durch  ihre  etwas  mehr  gerundete  Peripherie  und 
durch  die  Ausfüllung  des  Nabels  der  flacheren  Seite  mit  Schalen- 
substanz abweichen.  Einige  Exemplare  von  Pulvinnlina  Part- 
schiana dOrb.  sp.  aus  Probe  A  zeigen  sehr  schön  die  margi- 
nalen Epistominen-Mündungen.  Bei  den  vollständigen  Stücken  ist 
die  ursprüngliche  Pulvinulinen-Mündung  der  letzten  Kammer  ge- 
schlossen, während  sie  an  den  vorhergehenden  Kammern  vorhan- 
den und  die  marginale  ^Mündung  verklebt  ist.  Dasselbe  wurde 
auch  von  Pizehak  bei  Pnlviitnlina  (Epistomtna)  clegans  d'Orb. 
sp.  beobachtet  (Annal.  d.  Wien.  Hofmus.,  Bd.  III,  p.  265).  Pul- 
vinidina  Partschiana  ist  die  Tiefwasserform  von  P.  elqians 
d'Orb.  sp.  (Brady,  1.  c.  p.  699).  In  Probe  C  findet  sich,  jedoch 
selten,  neben  der  typischen  Nonioniha  ainhilicatala  Montag,  sp. 
eine  Zwischenform  zwischen  N.  iuHhilirafnla  Montac.  sp.  und 
N.  Boueana  Rss. 

Ni  tmni  iilitidae, 

Nummulitiden  sind  in  unseren  Proben  sehr  spärlich  ver- 
treten, dagegen  scheinen  sie  in  den  sandigen  Schichten,  welche 
über  den  Garrucha-Mei'geln  liegen,  häufiger  zu  sein.  Aus  diesen 
sandigen  Schichten  stannnt  folgende  Form: 

Polystomella  ihcrtca  n.   sp. 
Taf.  XXII.    Fig.  9. 

Schale  comprimirt,  Peripherie  nicht  gekielt.  Die  Kammern, 
deren  Anzahl  bis  50  betragen  kann,  sind  durch  rückwärts  ge- 
bogene Scheidewände  getrennt.  Im  Centrum  befindet  sich  eine 
deutliche,  etwas  grubige  Nabelscheibe.  Der  Dui'chmesser  beträgt 
bei  den  grössten  Stücken  1.5  mm.  Die  Breite  beträgt  etwa  V^ 
des  Durchmessers. 

Unsere  Form  steht  zwischen  Polystomella  crispa  Lin.  sp. 
und  P.  craiiculata  F.  u.  M.  In  Folge  der  ziemlich  flachen  Ge- 
sammtgestalt  konmit  sie  Poli/stoinella  crispa  Lin.  sp.  näher,  wäh- 
rend sie  die  hohe  Zahl  der  Kammern  mit  Polystomella  craticulata 


418 


F.  u.  M.  (mit  ca.  40  Kanmiern)  gemeinsam  liat.  Die  Unterschiede 
von  P.  crispa  Lin.  sp.  sind  die  geringe  Kammerzahl,  nur  ca.  25, 
und  die  geringe  Höhe  der  Kammern,  die  etwas  flachere  Gestalt 
und  die  grössere,  stärker  punktirtc  Nabelscheibe.  Von  P.  crafi- 
culata  unterscheidet  sie  sich  durch  geringere  Grösse,  viel  flachere 
Gestalt  und  durch  die  gewölbte,  deutlicher  abegesetzte  Nabelscheibc. 

Schlussresultate. 

Die  Mergel  von  Garrucha  in  der  Provinz  Almeria,  welche 
die  Basis  des  Pliocäns  in  der  Bucht  von  Vera  bilden  und  direct 
dem  alten  gefalteten  Gebirge  auflagern,  sind  eine  in  tiefem  Meere 
abgelagerte  Bildung.  Dieselben  enthalten  eine  reiche  Foramini- 
feren-P^auna.  in  der  an  122  Arten,  mit  Varietäten  129  Formen 
nachgewiesen  wurden.  Die  Facies  ist  eine  ausgesprochene  Glo- 
bigerinen-Facies  mit  ca.  80  pCt.  Globigerinen.  —  Die  Ueberein- 
stimmung  unserer  Foraminiferen- Fauna  mit  derjenigen  des  italie- 
nischen Pliocäns.  sowie  mit  den  recenten  Faunen  des  Mittelmeeres 
und  des  nordatlantischen  Oceans  ist  eine  sehr  grosse.  Nach  oben 
hin  gehen  die  Globigerinen-Mergel  in  sandige  Gebilde  über.  Die- 
sem Niveau  entstammen  vermuthlich  die  Reste  von  grossen  Walen 
und  Haien,  welche  sich  bei  Cuevas  finden.  Eine  andere  Loca- 
lität  bei  Vera  lieferte  eine  an  Bryozoen  namentlich  reiche,  eben- 
falls jüngere  Fauna,  die  auf  eine  Verflaclmng  des  Meeres  hin- 
deutet. Das  jüngste  Glied  der  pliocänen  Schichtenreihe  der 
dortigen  Gegend  dürften  die  groben  Conglomerate  der  Rambla 
del  Esparto  mit  Sfronihiis,  Paiella  und  TrorJius  bilden,  die  als 
eine  directe  Küstonbildung  anzusehen  sind. 


419 


3.    lieber  eine  Kohlenkalk- Fauna  aus  der 
ägyptisch- arabisclien  Wüste. 

Von  Herrn  Jonannes  Waltiiek  in  Jena. 
Hierzu  Tafel  XXIII  — XXVIII. 

Als  ich  Allfangs  März  1887  in  Sues  meine  Caravane  für 
eine  Reise  nach  den  Küstengebirgen  der  Sinai  -  Halbinsel  zusam- 
menstellte, erhielt  ich  von  Professor  Schweinfurth  in  Cairo  die 
Einladung:  am  20.  April  nach  dem  Leuchtthurm  von  Safarana 
(Westküste  des  Rothen  Meeres)  zu  kommen,  um  mit  ihm  von 
hier  aus  nach  dem  üadi  el  'Arabah  und  den  Galala- Gebirgen  zu 
reisen  und  dort  die  fossilreichen  Bänke  im  Nubischen  Sandstein 
genau  zu  untersuchen. 

Mit  grosser  Freude  nahm  ich  diese  Einladung  an,  denn  es 
galt,  die  interessanteste  Localität  des  nordöstlichen  Afrikas  zu 
studireii  und  eine  der  räthselhaftesten  Erscheinungen  in  der  Geo- 
logie Aegyptens  aufzuklären. 

Der  mächtige  Sandsteincomplex.  welcher  in  Aegypten  von 
der  Kreide  überlagert  wird,  galt  als  fossilleer,  bis  Herr  Prof. 
ScHv^'EiNFURTH  das  Glück  hatte,  in  demselben  paläozoische  Bra- 
chiopoden  zu  entdecken;  und  die  Aufgabe  unserer  Expedition 
sollte  es  sein,  das  genaue  Alter  und  die  Lagerung  dieser  fossil- 
reichen Schichten  im  Verbände  der  Sandsteine  festzustellen.  Ich 
unterbrach  meine  Arbeiten  auf  der  Sinai-Halbinsel,  und  nachdem 
ich  fünf  Tage  lang  in  einem  gebrechlichen  arabischen  Fischer- 
boote mit  den  stürmischen  Wellen  des  Rothen  Meeres  gekämpft 
hatte,  erreichte  ich  endlich  am  25.  April  den  Leuchtthurm  von 
Safarana  und  am  nächsten  Tag  das  Lager  von  Prof.  Schwein- 
furth im  Uädi  Arabah.  wo  wir  geraeinsam  über  eine  Woche 
sammelten  und  beobachteten. 

Der  grösste  Theil  des  gesammelten  Materials  wurde  von 
Herrn  Prof.  Schvs'einpurth  dem  geologischen  Museum  in  Berlin 
geschenkt,  einen  Theil  habe  ich  der  paläontologischen  Sammlung 
zu  München  überlassen,  eine  kleine  Suite  endlich  beündet  sich 
in  meinem   Besitz. 


420 


Leider  liat  sich  die  Ausarbeitung  meiner  Beobachtungen  und 
die  Bearbeitung  des  dort  gesammelten  Materials  durch  äussere 
Umstände  verzögert. 

Ich  schulde  Herrn  Geh.  Bergrath  Prof.  Byerich  und  Herrn 
Prof.  Dr.  VON  Zittel  aufrichtigen  Dank  für  die  Erlaubniss,  das 
Material  in  ihren  Instituten  bearbeiten  zu  dürfen.  Ausser  den 
genannten  Herren   haben  mich    die  Herren  Professor  Dr.  Dames, 


421 


Dr.  Fkecii,  Dr.  Koken  und  C.  Schwager  mit  freundlichem  Rath 
und  mit  Literatur  unterstützt,  wofür  ich  ihnen  an  dieser  Stelle 
meinen  besten  Danli  ausspreche.  Die  Gastropoden  des  Berliner 
Museums  waren  durch  Herrn  Dr.   Koken  bestimmt  worden. 

Bei  der  Ausarbeitung  und  Bestimmung  wurden  folgende  Ab- 
handlungen benutzt  und  werden  im  Text  citirt: 

J.  L.  VON  Buch.  Ueber  Terebrateln,  mit  einem  Versuch  sie  zu 
classificiren  und  zu  beschreiben.  Abb.  der  Berliner  Aka- 
demie, mathem.-pbysik.  Ciasse,  1834. 

2.  De  Koninck.     Description  des  Aniniaux   fossils  qui  se  trouvent 

dans  le  terrain  Carl)onifere  de  Belgique.     Liege  1842 — 44. 

3.  J.  E.  Portlock.     Report  on  the  Geology  of  the  County  of  Lon- 

donderry.     London  1843. 

4.  A.  RcEMER.     Die   Versteinerungen    des    Harzgebirges.     Hannover 

1843. 

5.  J.  RussEGGER.      Reise    in    Aegvpten  ,    Nubien    und    Ost  -  Sudan. 

Stuttgart  1843. 

6.  M'  CoY.     A    Sypopsis    of   the   Characters    of   the    Carboniferous 

Limestone.     Fossils  of  Ireland.     Dublin  1844. 

7.  De  Koninck.    Recherches  sur  les  Aniniaux  fossils,  I.  Pt.    Mono- 

graphie des  Genres  Pi-odnctus  et  Chonetes.     Liege  1847. 

8.  De  Koninck.     Faune    du    Calcaire  Carbonifere    de    la    Belgique. 

Ann.  du  Musee  Royal  d'Histoire  Naturelle  de  Belgique. 
T.  VIII.    Gasteropodes, 
T.  XIV.    Brachiopodes, 
T.      XI.    Lamellibranches. 

9.  Sedgwick  and  M"  Coy.     A  Synopsis   of  the  Classification  of  the 

British  Palaeozoic  Rocks.  AVith  a  systematic  discription  of 
the  British  Palaeozoic  fossils  in  the  Geological  Museum  of 
the  University  of  Cambridge.     London  1855. 

10.  Th.  Davidson.     British  foss.  Brachiopoda,  Vol.  II,  Pt.  V.    Car- 

boniferous Brachiopoda.     Pal.  Soc.     London  1857  —  62. 

11.  FiGARi  Bey.    Studii  scientifici  sull' Egitto  e  sue  adiacenze,    1864. 

12.  0.  Fraas.     Aus  dem  Orient.     Stuttgart  1867. 

13.  Bauermann.     Quat.  Journ.  Geol.  Soc,  XXIV,  1868. 

14.  F.  TouLA.    Ueber  einige  Fossilien  des  Kohlenkalkes  von  Bolivia. 

Sitzungsber.  d.  math.-physik.  Classe  d.  k.  Akad.  d.  Wissen- 
schaften.    Wien,  März  1860. 

15.  Lartet.     Essai    sur    la  Geologie    de    la  Palestine.     Ann.  de  la 

Soc.  geol.,  1869,  Vok  I. 

16.  K.  A.  ZiTTEL.     Beiträge    zur    Geologie    und    Palaeontologie    der 

Libyschen  Wüste  und  der  angrenzenden  Gebiete  von  Aegyp- 
ten.     Palaeontogr.,  XXX.     Cassel  1883. 

17.  G.  Stäche.     Fragmente    einer    afrikanischen  Kohlenkalk  -  Fauna 

aus  dem  Gebiet  der  West -Sahara.  --  Bericht  über  die  Un- 
tersuchung der  von  Dr.  0.  Lenz  auf  der  Reise  von  Ma- 
rocco  nach  Tinibuktu  gesammelten  Gesteine  und  Fossilreste. 
Denkschr.  d.  mathera. -naturw.  Classe  d.  Akad.  der  Wissen- 
schaften, Wien,  1883,  Bd.  XLVI. 

18.  E.  HuLL.     The  Survey    of  Western  Palestine.     Memoirs    on    the 

Physical  Cieology  and  Geographie  of  Arabia  Petraea,  Pale- 
stine and  adjoining  Districts.     Dublin  1886. 


422 


19.  G.  ScHM^EiNFURTH.     Siir  la  (lecouveito  d'uiip  Faune  paleoy.oique 

dans  le  Gres  d'Acgvpte.     Bull,  de  llnstitat  egy])tipn,  II  Sor., 
No.  6.     Le  Caire  1886. 

20.  W.  Waagen.     Salt  ränge  fossils.     Meni.   of  the  Geol.  Survey  of 

India,  Ser.  XIII,  A^ol.  I.    Calcutta  1887. 

21.  G.  ScHWEiNFURTH.     Sur  une    recente  exploration   geologique   de 

rOuadi  Arabah.     Bull.  Inst.  Egypt.,  1887.     Le  Caire  1888. 


Eine  100 — 300  m  mächtige  Schichtenreihe  gelber  und  rother 
Sandsteine  ist  in  Nord -Afrika  weit  verbreitet.  Dieser  Sandstein 
findet  sicli  in  Nubien.  in  Ober-Aegypten,  in  der  libyschen  Wüste, 
in  der  arabischen  Wüste,  auf  der  Sinai -Halbinsel,  ja  bis  nach 
Syrien  und  Abyssinien  lässt  er  sich  verfolgen.  Viele  der  Kata- 
komben in  Ober-Aegypten  sind  in  demselben  angelegt,  und  mäch- 
tige Tempel  aus  seinen  Quadern  gebaut.  Deshalb  bezeichnete 
RoziERE,  der  Geologe  der  Napoleonischeii  Expedition,  diesen  Sand- 
stein als  gres  monumental.  Die  jMchrzahl  der  Reisenden  nach 
RoziERE  erwähnen  den  Sandstein,  ohne  über  seine  geologische 
Stellung  ein  begründetes  Urtheil  abzugeben. 

Später  untersuchte  ihn  Russeüger  (1.  c.  p.  275)  genauer 
und  gab  ihm  den  Namen:  Nubischer  Sandstein,  der  bis  heute 
gültig  geblieben  ist,  und  den  man  auch  wohl  als  Allgemeinbenen- 
nung beibehahen  muss.  Russegger  urtheilt  über  den  Nubischen 
Sandstein  folgendermaassen : 

„Von  Kairo  bis  in  die  Gegend  von  Siut  bestehen  beide  Berg- 
züge, die  das  Nilthal  bilden,  aus  Ablagerungen  der  Tertiärzeit, 
ruhend  auf  denen  der  Kreide  und  bedeckt  von  Diluvium  und  Allu- 
vium, unter  welch'  ersterem  sich  ein  eigenthümlicher,  quarziger, 
verstehierungsarmer  Sandstein  auszeichnet.  Bei  Theben  treten 
die  Ablagerungen  der  Kreide,  besonders  im  libyschen  Gebirge,  in 
grosser  Entwicklung  hervor,  werden  aber  oberhalb  Esne  von  einer 
Sandstein-Formation  verdrängt,  die  weiter  nach  Süden  eine  kolos- 
sale Entwicklung  gewinnt,  indem  sie  nicht  nur  in  dem  südlichen 
Theile  von  Ober-Egypten.  sondern  auch  in  ganz  Nubien,  bis  zu 
den  Grenzen  von  Kordofan  und  Sennaar,  also  durch  mehr  als 
10  Breitegrade,  die  durch  ihre  Ausdehnung  vorherrschende  Fels- 
bildung darstellt.  Dieser  Sandstein  liegt  unter  den  Ablagerungen 
der  Kreide,  was  sich  bei  Theben  und  an  mehreren  Punkten,  wie 
wir  sehen  werden,  nachweisen  lässt.  Da  er  aber  einerseits  mir 
als  Decke  massiger,  krystalliiiischer  Gesteine,  höchstens  als  solche 
Grauwacken  ähnlicher  Bildungen  erscheint,  andererseits  wieder, 
statt  durch  die  Kreide,  durch  tertiäre  Bildungen  und  durcli  Di- 
luvialsandsteine  bedeckt  wird,  die  ihm  in  ihrem  äusseren  Habitus 
ganz  gleichen,  und  ich  in  ihm  ausser  Dikotyledonen-Stännnen  und 


423 


einer  Cyclas  bei  Assuaii  keine  Versteinerungen  auffinden  konnte, 
so  ist  die  Bestininning  seiner  geognostischen  Stellung  äusserst 
schwierig,  und  das  Schwankende,  was  sich  in  meinen  Angaben 
bisher  darüber  aussprach,  wohl  verzeihlich.  Nach  einer  genauen 
und  sorgfältigen  Vergleiclmng  dieses  Sandsteingebildes  mit  ähn- 
lichen Formationen  und  anderen  Ländern  der  Erde,  durch  seine 
Lagerung  unter  der  Kreide,  durch  seine  Uebergänge  in  dieselbe, 
durch  die  gleichen  kieseligen  Einschlüsse,  durch  seine  Salz- 
und  Eisenerzführungen  etc.  glaube  ich  endlich,  wenn  es  mir 
erlaubt  ist,  meine  Meinung  bestimmt  auszusprechen,  zur  Ueber- 
zeugung  gelangt  zu  sein,  dass  dieser  Sandstein  von  Ober-Egypten, 
gleich  dem  von  Nubien  und  gleich  dem  von  Sinai,  den  Sandsteinen 
der  unteren  Kreidereihe,  dem  Grün-  und  Quader  Sandstein 
angehört." 

RussEGGER  fasst  seiu  ürtheil  in  dem  auf  pag.  570  gege- 
benen Satz  zusammen:  „Als  ganz  erwiesen  glaube  ich  ansehen 
zu  dürfen,  dass  der  untere  Sandstein  von  Nubien  in  keinem 
Falle  jünger  ist,   als  die  Kalkablagerungen  der  Kreidezeit." 

FiGAKi  Bey  erklärt  in  seinen  geologischen  Studien  den 
Nubischen  Sandstein  für  ti'iasisch,  ohne  das  Problem  durch  exacte 
Beobachtungen  zu  fördern.  (Räthselhaft  ist  es,  wie  Figari  zu 
dei'  Vernmthung  kam.  dass  bei  den  Klöstern  Zechstein.  Trias 
und  Jura  vorkomme,  und  warum  er  dort  nach  Steinkolilen  ge- 
graben hat.  da  unsere  Untersuchungen  thatsächlich  Carbon  dort 
nachweisen) 

Lartet  und  Fkaa.s  beschäftigen  sich  eingehend  mit  der 
Frage  nach  dem  Alter  des  Nubischen  Sandsteins,  doch  auch  ihre 
Untersuchungen  ergaben  keine  sicheren  Resultate. 

Als  ein  Wendepunkt  in  unseren  Anschauungen  müssen  die 
Entdeckungen  Bauermann's  gelten,  welcher  in  dem  Sandstein 
der  Sinai  -  Halbinsel  Steinkohlenpflanzen  und  carbonische  Meeres- 
conchylien  entdeckte,  denn  ausser  Leinclodendron  Mosaicum  und 
Sicjlllaria  sp.  bestimmten  Wilson  und  Holland  aus  diesen 
Schichten: 

Orthis  Michelini, 

Streptorhi/nchus    crenistvia, 

Spirifera, 

Murchisonin, 

Fjulima, 

Hhodocrinus, 

Poteriocrinus, 

und  zu  diesen  Resten  fand  Hüll   noch: 


S//riii(/opoi-a  ramulosa  Goldf., 


424 

FenesteUn  (plehea?), 
Frodnctus  pustulosns  Phill., 
—  äff.   longispifm  Phill., 

also  lauter  echte  Kohlenkalk- Versteinerungen. 

Es  war  durch  diese  Funde  sichergestellt,  dass  ein  Theil  des 
Sandsteins  der  Sinai  -  Halbinsel  (den  Russegger  ebenfalls  als 
„Nubischen"  bezeichnet  hatte)  von  carbonischem  Alter  sei.  Und 
wenn  auch  viele  Gründe  dafür  sprechen,  dass  auch  auf  afrika- 
nischem Boden  ähnliche  Verhältnisse  sprechen  könnten,  so  blieb 
es  doch  ScHWEiNFURTH  vorbehalten,  für  Afrika  den  thatsäch- 
lichen  Beweis  dafür  zu  liefern. 

ZiTTEL  (1.  c,  p.  60),  welcher  auf  der  berühmten  RoHLr'schen 
Expedition  den  Nubischen  Sandstein  in  der  Oase  Dachel  und  west- 
lich von  Chargeh  eingehend  untersuchte,  fand,  wie  Rrssegger  früher, 
nur  versteinertes  Hoiz  und  einige  unbestimmbare  Steinkerne  darin, 
und  wie  Russegger  konnte  er  feststellen,  dass  die  obersten 
Schichten  des  Nubischen  Sandsteins  allmählich  in  die  cenomane 
Kreide  übergehen.  Die  versteinei'ten  Hölzer  betrachtet  er"  als 
Beweis  für  cretaceisches  Alter. 

Viele  Jahre  hindurch  hatte  inzwischen  Schweinfurth  die 
ägyptischen  Wüsten  durchstreift,  und  trotz  grösster  Aufmerksam- 
keit im  Nubischen  Sandstein  keine  Fossilien  gefunden,  als  ein 
glücklicher  Zufall  ihn  nach  der  Galäla-Wüste  führte. 

Im  Winter  1884  —  85  besuchte  G.  Schw^einfurth  das  Uadi 
el  'Arabah  und  fand  östlich  vom  Kloster  St.  Antonius,  in  der  Nähe 
des  Hauptrinnsales  des  Uadi  el  "Arabah  mitten  zwischen  fossilleeren 
Bänken  des  Nubischen  Sandsteins  eine  Bank  mit  Crinoiden  -  Glie- 
dern und  mit  Brachiopoden ,  welche  durch  E.  Beyrich  als  Spi- 
rigera  concentrica  bestimmt  wurden.  Schweinfurth  schreibt  über 
seine  Entdeckung  im  Bulletin  de  rinstitut  Egyptien,  1885,  p.  15 
bis  17   Folgendes: 

„La  localite  en  question  se  trouve  ä  25  kilometre  ä  Tonest 
du  phare  de  Zattarana  sur  le  torrent  principal  de  l'ouadi  Ara- 
bah qui  se  rapproche  ici  jusqu'ä  10  kilometres  du  plateau  num- 
mulitique  qui  limite  la  grande  vallee  vers  le  nord.  L'ouadi 
Arabah.  ([ui  a  une  largeur  de  30  ä  40  kilometres  sur  90  de 
longieur  se  dirige  en  moyenne  du  sud  ■  ouest  vers  le  nord  -  est 
entre  les  deux  flaues  du  plateau  calcaire  dont  la  partie  septen- 
triouale  s'appelle  Galäla-el-baharieh  et  l'autre  qui  est  plus  elevee 
Galäla-el-giblieh.  Les  escarpements  s'elevent  ä  pic  sur  les  deux 
cötes  et  atteignent  700  et  1000  metres  d'elevation  absolue  et 
500  et  600  metres  au-dessus  de  la  vallee. 


425 

L'ouadi  Arabäh,  en  quelque  sorte,  iie  forme  qu'un  vaste 
golfe  lateral,  devenu  sec,  du  golfe  de  Suez,  dont  il  partage  ä 
peu  pres  les  dimensions  de  largeur.  A  l'instar  d'une  rauipe  large 
et  unie  dont  les  deux  parapets  sout  formes  par  les  flaues  du 
plateau  calcaire,  le  foiid  de  la  vallee  monte  jusqu'a  300  metres 
d'elevation  ,  donnant  ainsi  insensiblement  un  acces  ä  ce  meme 
plateau  qui  plonge  vers  le  Nord-ouest. 

Le  fond  de  la  vallee  est  uni,  releve  sur  les  bords  et  par- 
couru  par  de  nombreux  torreuts  qui  descendeut  des  vallees  creu- 
sees  sur  les  deux  cotos  dans  le  plateau  calcaire  et  qui  s'unissent 
ä  un  torrent  central,  l'ouadi  Arabäh  par  excellence.  Mais  dans 
la  partie  oriental  de  cette  grande  depression  qui  s'elargit  vers  la 
mer,  d'innonibrables  collines  de  gres  se  raugent  Tune  aupres  les 
autres,  separant  ainsi  les  torrents.  Ces  collines  se  presentent 
generalement  sous  la  forme  de  longues  et  etroites  digues  ou 
remparts,  allignes  souvent  d'une  fagon  tres  reguliere  et  se  ran- 
geant  aussi  parallelement  ä  travers  la  vallee. 

Ces  collines  depassent  rarement  20  metres  en  liauteur  et 
leur  stratification  est  toujours  horizontale  et  non  interrompue. 

C'est  sur  le  dos  d'une  de  ces  petites  collines  remparts  qui 
fait  face  au  torrent  central  de  1' Arabäh  sur  sa  rive  droite  et 
situee  ä  130  metres  au  dessus  de  la  Mer  Rouge  que  se  trouve  la 
localite,  ä  un  endroit  oü  de  l'autre  cote  debouchent,  Tun  pres  de 
l'autre,  deux  torrents  secondaires  descendant  de  la  Galäla  du 
nord  l'ouadi  Beheit  et  l'ouadi  Abu-Sille,  12  kilometres  au  sud- 
est  de  la  source  de  Deir-el  Bekheit.  Ici  je  trouvai  une  assiette 
tres  mince  d'un  calcaire  siliceux  et  blanchätre  intercale  dans  le 
gres  psammite  ferrugineux  et  dur.  Cette  couche  contenait  une 
grande  quantite  de  valves  d'une  brachiopode  pareille  ä  une  tere- 
bratule,  des  fragnients  de  tiges  et  d'articles  d'Encrins  et  plu- 
sieurs  empreints  de  bivalves.  Les  brachiopodes  transformees  avec 
leur  valves  et  leurs  squelette  spirales  ä  l'interieur  en  calcaire 
dur  et  cristallin  se  sont  eculees  par  suite  de  decomposition 
aerienne  de  la  röche  d'une  fagon  tellement  complete  qu'aucun 
artiste  n'aurait  pu  les  detacher  mieux  avec  un  ciseau. 

Le  professeur  Beyrich,  de  Berlin,  dont  l'opinion  pese  tant 
en  pareille  matiere  a  soumis  les  exemplaires  de  brachiopode  que 
j'avais  recueillis  en  grande  quantite  ä  un  examen  attentif  et  il  a 
reconnu  en  eile  une  espece  du  genre  Spirigera  (Athyris),  voisine 
de  l'espece  appelee  concenirica.'-- 

Das  Ziel  unserer  Expedition  war  es  nun.  die  fossilreichen 
Bänke  weiter  auszubeuten,  um  das  Alter  derselben  genauer  fest- 
zustellen,   und  mir  speciell  war  die  Aufgabe  gestellt,    die  geolO' 

Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  3.  29 


426 


gisch-tektonische  Stellung  der  betreffenden  Schichten  aufzuklären 
und  ihr  Verhältniss  zu  der  darüber  lagernden  Kreide  zu  unter- 
suchen. So  lagerten  wir  denn  fünf  Tage  im  Uadi  el'  Arabah.  dann 
noch  einige  Tage  am  Kloster  St.  Antonius,  und  während  Prof. 
ScHWEiNFURTH  die  Topographie  der  Gegend  durch  genaue  Pei- 
lungen festlegte  und  die  Fossilienbänke  ausbeutete,  suchte  ich 
durch  Excursionen  zu  Kamel  und  zu  Fuss  die  Verbreitung  der 
Schichten  und  ihre  Tektonik  zu  enträtliseln.  Es  stellte  sich  bald 
heraus,  dass  die  Schichten  sehr  stark  und  manuichfaltig  dislocirt 
waren,  dass  die  leitende  Crinoiden-Kalkbank  in  oftmaliger  Wieder- 
holung auftritt  und  dadurch  der  Anschein  erweckt  wird,  als  ob 
die  fossilreichen  Bänke  eine  grössere  Mächtigkeit  hätten,  als  sie 
thatsächlich  besitzen. 

Ueber  unsere  Resultate  hat  Herr  Prof.  Schweinfurth  einen 
kurzen  Bericht  im  obengenannten  Bulletin.  Jhrg.  1887,  erstattet, 
und  mir  liegt  es  jetzt  ob,  diese  Ergebnisse  hier  weiter  auszuführen 
und  im  Einzelnen  zu  belegen. 

1.   Verbreitung  und  Topographie  der  Carbonregion. 

Das  Uadi  el'  Arabah  ist  eine  Ebene  Von  30  km  Breite  und 
90  km  Länge,  im  Norden  und  im  Süden  begrenzt  von  den  Steil- 
abstürzen der  Galäla-Gebirge .  welche  mit  fast  senkrechten  Wän- 
den 1000  m  hoch  emporragen.  In  dieser  weiten  Ebene,  dem 
Nordrande  etwas  genähert,  findet  sich  das  flache  Rinnsal  des 
eigentlichen  Uadi  mit  seinen  Nebenthälern  eingeschnitten  in  eine 
niedi'ige  Hügellandschaft  von  etwa  60  Qu.  -  km  Fläche.  Als  ein 
wahres  Labyrinth  kleiner  Bergketten  und  Hügel  von  Sandstein. 
Kalk  und  Mergel  ragt  diese  Kohlenkalk -Region  10  —  50  m  hoch 
wie  ein  Inselarchipel  aus  der  mit  Sand  und  Kies  bedeckten 
Wüstenebene  hervor,  und  nur  im  Nordosten,  am  Anfang  des  Uadi 
Rod-el-Hamär  hängt  die  Region  mit  den  Felsen  der  nördlichen 
Galäla  zusammen. 

Das  Rinnsal  des  Uadi  el'  Arabah  theilt  die  Region  in  eine 
nördliche  und  eine  südliche  Hälfte;  die  erstere  wird  ausserdem 
getheilt  durch  die  Rinnsale  des  Uadi  -  Abu  -  Sille  und  Rod  -  el- 
hammäl. 

Der  Einmündung  des  Uadi -Abu -Sille  gegenüber  entdeckte 
Schweinfurth  1883  die  ersten  Carbon -Fossilien.  Hier  ist  ein 
halbmondförmig  gekrümmtes  Plateau  mit  horizontaler  Schichten- 
stellung. Ein  zweites  fast  ebenso  horizontales  Plateau  befindet 
sich  der  Mündung  des  Rod-el-hammäl  gegenüber;  von  hier  stam- 
men   die  Mehrzahl    der  gesammelten  Fossilien.     Denn  die  ganze 


427 


übrige  Region  ist  dislocirt,  die  Schichten  durch  viele  Verwerfun- 
gen zerbrochen,  basaltische  Gesteine  sind  an  9  verschiedenen 
Stellen  hervorgebrochen,  und  in  der  Nähe  dieser  kleinen  Eruptiv- 
punkte sind  häufig  die  Schichten  verändert  und  die  Fossilien 
schlecht  erhalten.  Nur  die  Crinoiden-Breccie  tritt  immer  wieder 
leicht  erkennbar  zu  Tage  und  bildete  für  meine  Aufnahmen  den 
leitenden  Horizont.  Südlich  des  Uadi  el'  Arabah  lässt  ein  Staffel- 
bruch dieselben  Crinoidenbank  viermal  hervortreten,  entsprechend 
vier  heteroklinen  Längsthälern.  Aber  die  auffallendste  Erschei- 
nung in  der  Topographie  und  Tektonik  der  Gegend  sind  circus- 
artige  Thalkessel  von  200  —  2000  m  Durchmesser,  in  denen  die 
Sandstein-  und  Kalkschichten  mantelförmig  nach  allen  Seiten  ab- 
fallen. Solcher  kleiner  aufgebrochener  Gewölbe  habe  ich  in  der 
Region  etwa  5  gezählt;  ihnen  steht  als  Gegenstück  eine  Stelle 
gegenüber,  wo  die  Schichten  auf  kleinem  Raum  nach  dem  Mittel- 
punkt einer  Depression  radial  einfallen  (vergl.  das  Fallen  der 
Schichten  auf  der  Karte,  Taf.  XXIII). 

Wer  die  Wüste  aus  eigener  Anschauung  nicht  kennt,  wird 
sich  keine  Vorstellung  von  der  Klarheit  machen  können,  mit  der 
sich  derartige  Dislocationen  in  der  Wüste  erkennen  lassen.  Der 
Mangel  von  Humus-  und  Alluvialgebilden  lässt  solche  Erschei- 
nungen so  klar  und  deutlich  werden,  dass  die  ägyptischen  Wüsten- 
gebiete für  tektonische   Studien  als  Modell  dienen  könnten. 

Das  Streichen  und  Fallen  der  Schichten  wechselt  also  un- 
gemein, und  nur  auf  der  Westseite  des  Rod-el-hammäl  konnte 
ich  die  Sandsteine  in  grösserer  Mächtigkeit  und  ungestört  beob- 
achten. 

Beigefügtes  Profil  wurde  auf  Grund  mehrerer  von  mir  auf- 
genommener Einzelprofile  durch  Prof.  Schweinfurth  zusammen- 
gestellt: 

Es  besteht  aus  fünf  Stücken,  die  in  derselben  Richtung, 
aber  nicht  in  der  gleichen  Ebene  liegen.  Zwei  mit  Geröll  und 
Sand  bedeckte  Flächen  schieben  sich  noch  ausserdem  dazwischen, 
sodass  die  Continuität  des  Profils  nicht  ganz  einwurfsfrei  ist. 
Allein  ich  habe  geglaubt,  das  Profil  meiner  Abhandlung  beilegen 
zu  sollen,  weil  es  die  topographische  Karte  im  Text  und  die 
Karte  Tafel  XXIII  ergänzt  und  den  Zusammenhang  der  Carbon- 
region mit  den  Steilwänden  der  beiden  Galäla  -  Gebirge  erläutert. 
Prof.  Schweinfurth  hat  die  Eruptivgänge  im  Streichen  verscho- 
ben,  um  sie  alle  zur  Darstellung  zu  bringen. 

Von  links  nach  rechts  reicht  das  erste  Eiuzelprofil  bis  zum 
Fuss  der  nördlichen  Galäla.  wo  ein  Spaltenthal  die  Crinoiden- 
Bank   zu  Tage  bringt.      Das   zweite  Profil    beginnt    am  Eruptiv- 

29^^ 


428 


gang  G  und  reicht  bis  zur  Sohle  des  Uadi  el'  Arabah,  das  dritte 
und  vierte  von  hier  bis  zum  Beginn  der  Arabah  -  Niederung,  das 
fünfte  wurde  2  km  östlich  vom  Kloster  St.  Antonius  bis  in 
1000  m  Höhe  aufgenommen. 

Sollte  künftig  ein  Geologe  das  Glück  haben,  die  interessante 
Gegend  zu  besuchen,  so  wird  er  hotfentlich  in  der  Lage  sein, 
meine  Aufnahmen  zu  vervollständigen  und  zu  verbessern. 


2.   Die  Fauna  des  Uadi  el'  Arabah. 

Wie  aus  dem  vorher  beschriebenen  Profil  hervorgeht,  ist 
die  fossilreiche  Schichtenreihe  eingeschaltet  zwischen  fossilleere 
Sandsteine  und  von  Dislocationen  vielfach  durchkreuzt.  Als  con- 
stanten  Horizont  kann  man  die  Crinoiden  -  Kalkbank  durch  das 
ganze  Gebiet  hindurch  verfolgen,  während  die  fossilreichen  Mergel 
nur  eine  geringere  Verbreitung  besitzen  und  am  besten  entwickelt 
sind  südlich  vom  Eingang  des  Rod  -  el  -  hammäl  in  das  üadi  el' 
Arabah. 

Hier  konnten  wir  folgendes  Einzelprofil  beobachten: 

11.    2  m  fester  Sandstein  mit  vielen  Fossilienresten. 

(Schicht  A.) 
10.    2  m  grüne  Mergel. 
9.    4  m  sandige   Mergel    mit   Kalkbänkchen    und    Bryozoen- 

Schichten.      (Schicht  B.) 
8.    Im  fester,  blau-grauer  Crinoiden-Kalk  mit  Brachiopoden. 

(Schicht  C.) 
7.    3  m  hell  grüne  Mergel. 
6.    3  m  dunkel  graue  und  roth-braune  Mergel. 
5.    2  m  fester  Kalk  mit  Mergelschichten,   sehr  fossilreich. 

(Schicht  D.) 
4.    5  m  rothe  und  gelbe  Sandsteine. 
3.    5  m  weisser,   oberflächlich  gebräunter  Sandstein. 
2.    5  m  röthlicher,  lockerer  Sandstein. 
1 .    25  m  grauer  Sandstein  mit  gelben  Mergelschichten. 

Die  Fossilien  sind  leider  zum  grösseren  Theil  durch  den 
Flugsand  stark  abgerieben,  ein  Theil  nur  als  Steinkerue  erhalten. 
Es  gelang  folgende  Formen  zu  bestimmen. 


429 

I.   Fo7'atifiiniferea. 

1.    Cormispira  sp. 

Auf  Schliffen  sind  die  Querschnitte  von  Cornusjnra  deutlich 
zu  erkennen.  Die  Schale  beginnt  mit  einem  D'iloculina-^tadimn, 
welches  die  Mitte  des  Querschnittes  einnimmt,  daran  reihen  sich 
beiderseits  die  Durchnitte  von  4  Kammern,  welche  einen  nieren- 
förmigen  Querschnitt  besitzen. 

Die  Aufiindung  dieser  Gebilde  gelang  dem  geübten  Blick 
des  Herrn  C.  Schwager  in  München,  der  mich  durch  die  Mit- 
theilung seiner  Schliffe  zu  besonderem  Dank  verpflichtet. 

2.     Trocliammina  incerfa?  Brady. 

Aus  einem  Mergelstück  gelang  es  Herrn  Schwacher,  auch 
diese  zweite  Form  heraus  zu  präpariren,  welche  ziemlich  genau 
übereinstimmte  mit  der  von  Waagen  auf  Geol.  Survey  of  India; 
Salt-range  fossils,  t.   CXXVHI.   f.   7  —  8  gegebenen  Abbildung. 

II.   Antlw^oa. 

3.    cf.   Zaplirentis  Guerangeri  ME.  u.  H. 
Taf.  XXV.  Fig.  11,  13. 

Der  vorliegende,  in  zwei  Stücke  zersprungene  Kelch  ist  6  cm 
hoch  und  am  Kelchrand  4  cm,  an  der  Basis  3  cm  dick.  Das 
Epithek  ist  fast  vollkommen  durch  Sandgebläse  corrodirt.  sodass 
auf  der  ganzen  Aussenseite  die  Septen  und  Böden  deutlich  .sicht- 
bar sind.  Der  Kelch  ist  von  ovalem  Querschnitt,  die  Septen 
sind  regelmässig  angeordnet,  und  etwa  40  derselben  zu  erkennen, 
welche  am  Aussenrande  je   1,.'')  mm  von  einander   abstehen. 

Die  Böden  erscheinen  auf  der  Aussenseite  als  zarte  Linien 
in  den  Interseptalräumen.  welche  1  —  2  mm  verticalen  Abstand 
haben ;  die  Böden  benachbarter  Interseptalräume  entsprechen  sich 
meist  nicht.  Eine  sichere  Diagnose  auf  Zaplireniis  oder  Ayn- 
plexris  dürfte  nicht  zu  stellen  sein;  nach  dem  Urtheil  von  Dr. 
Frech  steht  der  Kelch  Zaphreniis  näher. 

Münchener  Museum. 

4.  Fistulipora  sp. 
Taf.    XXVn,    Fig.   15. 

Das  Stück  besteht  aus  Crinoiden-Kalk,  auf  welchem  eine  5  mm 
dicke  Korallenrinde  aufgewachsen  ist.  Diese  Rinde  lässt  auf  dem 
Querbruch  drei  weisse  und  dazwischen  zwei  braune  Schichten  er- 
keiineu.   wclclie  von  zarten,   röthlichen   Linien   durchquert  werden. 


430 


Dieselben  entsprechen  den  kleinen  Kelchröhren,  welche  auf  der 
Oberfläche  der  Colonie  als  Punkte  erscheinen.  Diese  Punkte 
sind  so  angeordnet,  dass  sie,  wie  die  Figur  zeigt,  3  —  5  mm 
lange  und  1  —  2  mm  breite  punktfreie  Flecken  auf  der  Oberseite 
frei  lassen.  Die  starke  Corrosion  des  Stückes  erlaubt  keine  ge- 
naue Bestimmung.  Am  besten  stinnnt  es  überein  mit  der  von 
Waagen  (Salt-range  Fossils,  t.  CV,  f.  1)  gegebenen  Abbildung, 
was  mich  veranlasst,  es  als  FistuUpora  zu  beschreiben. 
Berliner  Museum. 

III.    Urachiopoda. 

5.    Sprigera  ambigua  Sow^. 
Taf.  XXIV.  Fig.  L  2,  4,  5. 

Vorkommen:  Diese  Form  ist  nächst  Crinoiden  -  Stielglie- 
dern und  Bryozoen  das  häutigste  Fossil  der  ganzen  Ablagerung. 
Einzelne  Bänke  (besonders  B  und  C)  sind  ganz  erfüllt  mit  den 
Brachiopoden  -  Schalen .  welche  theilweise  in  festen .  braunrothen 
Kalk  eingeschlossen,  theils  durch  Wüstendenudation  herausmo- 
dellirt  sind  und  die  Hügel  an  den  Gehängen  des  Uadi  bedecken. 
Wenn  ihnen  noch  eine  Schicht  von  dem  umgebenden  Sediment 
anhaftet,  so  sind  sie  wie  dieses  braun-roth  gefärbt,  die  meisten 
aber  sind  durch  den  Wüstensand  polii't  und  angeschliffen.  Dann 
tritt  die  weisse  oder  graue  Farbe  des  die  Schale  erfüllenden 
Kalkspathes  hervor.  Viele  sind  durch  das  Sandgebläse  ganz  de- 
formirt.  sodass  die  Durchschnitte  des  Armgerüstes  auf  der  Ober- 
fläche als  dunklere  Liniensysteme  sichtbar  werden.  Taf.  XXIV, 
Fig.  1  ist  ein  nach  dem  „Dreikantertypus"  durch  Wüstensand 
zugeschliifenes  Kalkstück,   welches  diese  Erscheinung  deutlich  zeigt. 

Grössen  Verhältnisse:  Die  Abbildungen  von  Davidson. 
British  Carboniferous  Brachiopoda,  1857 — 62,  t.  XV,  f.  15  —  26 
und  t.  XVII.  f.  11  — 14,  zeigen,  welche  Mannichfaltigkeit  die  bri- 
tischen Formen  darbieten,  und  dieser  Mangel  an  Formbeständig- 
keit ist  auch  für  unsere  Funde  charakteristisch.  Damit  hängt 
es  auch  zusammen,  dass  einige  Zeit  Zweifel  über  die  genaue 
Altersbestimmung  der  betrefi'enden  Ablagerung  herrschen  komiten. 
denn  ein  Theil  der  Individuen  ist  von  rundliclior  Form,  der 
Sinus  ist  nur  wenig  ausgeprägt,  der  Schnabel  ragt  unbedeutend 
über  den  Schlossrand  hervor.  Diese  Formengruppe  nähert  sich 
sehr  der  Sjyirigera  concentrica  v.  Buch.  Das  andere  Extrem  ist 
flacher,  von  polj^gonalem  ümriss,  mit  wohl  ausgeprägtem  Sinus 
versehen  und  schliesst  sich  an  die  typischen  amhigiia  -  Formen 
an.  Daher  wechseln  die  Dimensionen  der  Schalen  ungemein,  wie 
aus  folgenden  Zahlen  hervorgeht: 


431 


a.           b.           c.          d.  e. 
Länge     ....      20  mm   19  mm  17  mm  16  mm  16  mm 
Breite     .      .      .      .      17    „      16    ,,  13    „  16    „  14    „ 
Dicke     .      .      .      .      13    „      13    ,,  10    „        8    „  10    „ 
Dicke     des     Stirn- 
randes    ...        2„        6„  0„  0„        1„ 

Durch  Altersunterschiede  lassen  sich  diese  Differenzen  nicht 
erklären,  es  sind  vielmehr  variirendc  Typen  einer  wenig  bestän- 
digen Form,  wie  sie  in  gleicher  Weise  in  England,  Belgien  und 
Aegypten  auftritt. 

Beschreibung:  Auf  Taf.  XXIV.  Fig.  2,  4,  5  habe  ich  drei 
verschiedene  Typen  der  Schalen  darstellen  lassen  und  will  die- 
selben bei  der  Beschreibung  auseinander  halten.  Fig.  2  zeigt  die 
ambigua-Ch&rakteve  am  deutlichsten.  Die  grosse  Schale  ist  21  mm 
lang  und  (20)  1 9  mm  breit.  Die  kleine  Schale  ist  nur  1 8  mm  lang, 
sodass  der  Schnabel  3  mm  vorragt.  Das  Schnabelloch  ist  2  mm 
gi'oss.  von  länglich  ovalem  Umriss.  Der  Stirnrand  ist  scharf  und 
dreilappig  eingebuchtet.  Anwachsstreifen  bedecken  die  Schalen- 
oberfläche. Der  mittlere  und  zwei  seitliche  Wülste  auf  der  klei- 
nen Schale  entsprechen  einem  mittleren  Sinus  und  zwei  Wülsten 
auf  der  grossen  Schale. 

Im  Gegensatz  zu  Fig.  2  ist  Fig.  4  von  rundlichem  Umriss. 
sowohl  in  der  Flächen-  wie  in  der  Seitenansicht.  Der  Stirnrand 
wird  durch  einen  je  3  mm  breiten  Umschlag  beider  Schalen  stark 
verbreitert;  derselbe  ist  mit  vielen  Anwachsstreifen  versehen,  die 
der  eigentlichen  Schalenoberfläche  fehlen.  Die  Dimensionen  sind 
oben  unter  b.  angegeben.  Wenn  auch  von  kleineren  Dimensionen, 
macht  Fig.  .5  doch  den  Eindruck  einer  ausgewachsenen  Schale, 
und  unter  dieser  Annahme  weicht  sie  erheblich  von  den  beiden 
anderen  Typen  ab.  Die  Schale  ist  in  die  Länge  gezogen,  die 
Wülste  und  der  Sinus  flacher  als  bei  Fig.  2.  Der  Schnabel 
ragt  relativ  weit  über  den  Schlossrand  hervor.  Die  Dimensionen 
sind  oben  unter  e.  angegeben. 

Verwandtschaft:  Diese  drei  verschiedenen  Formen  wer- 
den durch  so  viele  Uebergänge  verbunden,  das  reichhaltige  Ma- 
terial gestattet  so  lückenlose  Variationsreihen  anzuordnen,  dass 
kein  Grund  vorhanden  ist,  die  Formen  specifisch  zu  trennen, 
umso  weniger  als  die  englischen  und  belgischen  Formen  densel- 
ben Wandelungen  unterlegen  sind;  und  da  durch  die  begleitenden 
anderen  Fossilien  die  ganze  Ablagerung  als  Kohlenkalk  bestimmt 
werden  kann,  so  trage  ich  kein  Bedenken,  auch  diese  Spirigera 
mit  ihrem  carbonischen  Speciesnamen  zu  bezeichnen,  obwohl  man 
vom    rein    morphologischen    Standpunkt    den   Namen    concentrica 


432 


ebenso  gut    auweiKleii   könnte,    wie    solches    früher  von  Beyrich 
geschehen  ist. 

Fig.    1:   Jena.     Fig.   2,  4,  5:   Berlin. 

6.    IJieldsma  hastattim   Sow.   att".  vir(/oides  M'  Coy. 
Taf.  XXIV,  Fig.  7,  8,  10. 

Davidson.     British  Carboniferous  Brachiopoda,  t.  I,  f.  12. 

De  KoNiNGK.    Faune  du  Calcaire  Carbonifere,  Pt.  VI,  t.  4,  f.  J9— 22. 

Vorkommen:  Die  Mehrzahl  der  gesammelten  Stücke,  aus 
den  Schichten  C  und  D,  sind  zerdrückt  und  del'ormirt,  nur  we- 
nige sind  soweit  erhalten,  dass  man  den  Umriss  und  die  Form 
der  Schalen  feststellen  kann.  Die  drei  besten  Stücke  habe  ich 
abgebildet.    Leider  ist  an  allen  dreien  die  Schnabelgegend  corrodirt. 

Grössenverhältnisse  und  Beschreibung:  Am  besten 
erhalten  ist  Fig.  7,  doch  fehlt  auch  hier  die  Schnabelspitze;  die 
Form  ist  viel  gestreckter  als  die  der  beiden  anderen  Stücke. 
Der  Schnabel  ragt  spitz  aus  dem  Schlossrand  hervor,  der  Stirn- 
rand ist  scharf  und  zeigt  eine  ausgeprägte  Einbuchtung,  welche 
sich  als  tiefer  Sinus  über  die  grosse  Schale  bis  in  die  Nähe  des 
Schnabels  verfolgen  lässt.  Diesem  Sinus  entspricht  am  Stirnrand 
der  kleinen  Schalen  ein  kurzer  Wulst.  Länge  27  mm.  Breite 
18  mm,  Dicke  13  mm.  Einige  Anwachsstreifen  sind  am  Schloss- 
rand erkennbar.  Fig.  8  stellt  ein  etwas  grösseres  Exemplar  dar, 
dessen  Form  wesentlich  gedrungener  ist;  leider  fehlt  der  Schnabel. 
und  ist  die  kleine  Schale  dui'ch  den  Wüstensand  corrodirt  und 
mit  einem  Geäder  von  Furchen  bedeckt,  die  einige  Aehnlichkeit 
mit  Blutgefässeindrücken  haben.  Solche  Skulpturen  sind  auf 
Kalksteinen  in  der  Wüste  häufig  und  haben  keinen  Zusammen- 
hang mit  organischer  Structur.  Die  grosse  Schale  ist  besser 
erhalten  und  zeigt  einen  flachen  aber  wohl  ausgeprägten  Sinus 
und  zahlreiche  Anwachsstreifen.  Der  Stirnrand  ist  unvollständig. 
Länge  (wahrscheinlich):  33  mm,  Breite  25  mm.  Dicke  17  mm. 
Obwohl  das  dritte  Exemplar  (Fig.  10)  Spuren  der  perlmutter- 
glänzenden Schale  erkennen  lässt,  so  ist  es  doch  im  Uebrigen 
ebenfalls  unvollständig;  es  steht  dem  Fig.  7  abgebildeten  nahe 
und  schliesst  sich  am  engsten  an  die  Form  I).  virgoides  an. 
welche  Davidson,  t.  I,  f.  12  abbildet.  Länge  29  mm.  Breite 
20  mm,  Dicke  12  mm.  Der  Sinus  ist  flach  und  lässt  sich  nur 
bis  in  die  Mitte  der  grossen  Schale  verfolgen. 

Verwandtschaft:  Obgleich  die  drei  Formen  in  einigen 
Charakteren  variiren,  so  fasse  ich  sie  unter  einem  Namen  zu- 
sammen, denn  keine  ist  so  gut  erhalten,  dass  eine  vollständige 
Diagnose  zur  Begründung  specifischer  Unterschiede  aufgestellt 
werden  kann. 

Fig.  7,  10:  Berlin.     Fig.  8:  München. 


433 


7.    lihynchonella  pleurodon  Phill. 

Taf.  XXIV,  Fig.  9  a,  b,  c,  d. 

De  KoNiNGK.     Faune  du  Calcaire  carbnnifere  de  Belgique,    Pt.  VI, 

t.  15,  f.  1—23. 
Davidson.     British  Carboniferous  Brachiopoda,  t.  XXIII,  f.  1  —  22. 

Vorkommen:  Die  kleinen  Schaloi  kommen  in  zwei  ver- 
schiedenen Erhaltmigszuständen  vor.  Zuerst  in  den  gelben  Mer- 
geln. Hier  sind  sie  meist  flach  zusammengedrückt,  sodass  es 
schwer  fällt,  die  Umrisse  genau  zu  erkennen.  Im  Kalk  dagegen 
fanden  sich  einige  Exemplare,  deren  Schalenlumen  mit  Sediment 
erfüllt  war,   sodass  sie  ihre  Form  erhielten. 

Grössenverhältnisse  und  Beschreibung.  Ein  kräftiger 
Sinus  und  scharfe  Rippen  sind  die  aufl'allendsten  Charaktere.  Die 
Rippen  sind  in  der  Mitte  der  Schalen  am  kräftigsten  und  ver- 
flachen sich  nach  dem  Seitenrande  zu.  2  Rippen  im  Sinus  ent- 
sprechen 3  Rippen  auf  dem  Mittelwulst,  während  auf  den  Seiten- 
wülsten 3  —  4  Rippen  gezählt  werden.  Das  Fig.  9a.  b.  c  abge- 
bildete volle  Exemplar  ist  leider  am  Wirbel  abgebrochen.  Es 
beträgt  die  Länge  wahrscheinlich  9  mm.  die  Breite  10  mm,  die 
Dicke  7  mm.  Der  Schlossrand  ist.  den  Rippen  entsprechend,  mit 
3  mm  hohen  Zähnen  versehen,  welche  fest  ineinander  greifen. 

Verwandtschaft:  Es  könnten  Zweifel  darüber  herrschen. 
ob  die  betreffenden  Formen  zu  lihynchonella  oder  zu  Camero- 
phoria  gehören,  und  ich  habe  die  Schnabelgegend  aller,  auch  der 
verdrückten  Exemplare  daraufhin  genau  untei'sucht.  Das  Fig.  9d 
abgebildete  Stück,  dessen  Schnabel  abgebrochen  ist.  zeigt  im 
Innern  auch  einige  braun  glänzende  Platten,  welche  als  Cama- 
rophorin  -  Gerüst  gedeutet  werden  konnten .  allein  ich  habe  an 
keinem  der  verdrückten  Exemplare  Aehnliches  gesehen  und  glaube 
daher,  dass  jene  Platten  nichts  anderes  sind,  als  die  hier  ent- 
blösste  Steinkern -Oberfläche.  Soweit  die  Schalen  bestimmt  wer- 
den können,  schliessen  sie  sich  an  Bh.  pleurodon  Phill.  so  eng 
an,  dass  ich  kein  Bedenkon  trage,  diesen  Namen  hier  anzu- 
wenden. 

Berlin. 

8.    Productus  semireticulatus  Martin 
Taf.  XXVI,  Fig.  8,  9,  10,  11. 
De  Koningk.     Monographie  du  genre  Productus,  t.  VIII,  f.  1. 

Vorkommen:  Nächst  der  Spirigera  ambü/ua  ist  dieser 
Productus  wohl  das  wichtigste  Fossil  für  die  Altersbestimmung 
der  Schichten.  Er  findet  sich  in  der  Kalkbank  C  in  wohl 
erhaltenen  Exemplaren.       Schalen-    und  Stachelfragmente  sind  in 


434 


den  weicheren  Schichten  mit  silberglänzender  Oberfläche  zu  beob- 
achten. Einer  unserer  Beduinen  brachte  Productus-^chalen  auch 
vom  Nordende  des  Rod-el-Hamär;  ich  suchte  diese  Localität  auf, 
wo  an  einem  Basaltgang  (G)  die  fossilreichen  Schichten  durch  eine 
Verwerfung  zu  Tage  treten,  allein  die  Fossilien  sind  hier  (viel- 
leicht in  Folge  des  nahen  Eruptivgesteins)   schlecht  erhalten. 

Grössenverhältnisse:  Das  Fig.  11  abgebildete  Exemplar 
ist  auf  der  Oberseite  zwar  durch  den  Wüstensand  corrodirt, 
Theile  des  Randes  sind  abgebrochen .  der  Schlossrand  unvoll- 
ständig, doch  lassen  sich  daran  alle  wichtigen  Charaktere  des 
Pr.  semireficulatus  erkennen.  Länge  46  mm,  Breite  (wahrschein- 
lich) 55  mm.  Breite  des  Schlossrandes  (wahrscheinlich)  35  mm, 
Dicke  20  mm. 

Beschreibung:  Die  grosse  Schale  von  massiger  Wölbung 
ist  mit  stachelbesetzten  Längsrippen  bedeckt,  welche  sich  am 
Stirnrande  gabeln.  Unregelmässige  Querrippen  kreuzen  die  ersteren 
in  den  ersten  zwei  D)-itteln  der  Schalenlänge.  Der  Wirbel  ragt 
nur  wenig  über  den  Schlossrand  hervor.  Der  Schlossrand  ist 
gerade,  die  Ohren  der  grossen  Schale  mit  Stachelansätzen  besetzt. 
Die  kleine  Schale  ist  flach  concav,  ihre  Längsrippen  gabeln  "sich 
in  verschiedenen  Abständen  vom  Schlossrand  und  sind  mit  Kno- 
ten besetzt,  welche  sich  zu  unregelmässig  verlaufenden  Querrippen 
anordnen.  Einem  Sinus  auf  der  grossen  Sehale  entspricht  ein 
flacher  Wulst  auf  der  kleinen. 

Ein  Stück  silberglänzender  Oberschale  ist  Fig.  9  abgebildet, 
um  die  in  verschiedenen  Abständen  auf  den  Längsrippen  auf- 
sitzenden Stacheln  zu  zeigen,  welche  nach  dem  Stirnrand  ge- 
richtet, aber  meist  abgebrochen,  in  1  mm  langen  Stümpfen 
erhalten  sind. 

Fig.  8  und  10  sind  Schalenfragmente  mit  kräftigen  Stacheln, 
welche  bis  15  mm  lang  sind,  doch  waren  sie  zweifellos  noch 
länger.  Einzehie  dieser  (nicht  hohlen)  Stacheln  sind  glatt  und 
cylindrisch,  andere  sind,  besonders  am  Unterende,  mit  Varicosi- 
täten  bedeckt  und  unregelmässig  gestaltet. 

Verwandtschaft:  Die  Form  des  beschriebenen  Exemplars, 
ebenso  wie  die  (nur  theilweise  erhaltenen)  Charaktere  der  übrigen 
gesammelten  Stücke  lassen  die  Zugehörigkeit  zu  Pt:  semircticu- 
latus  deutlich  erkennen. 

Berlin. 

In  der  Schicht  D  fanden  sich  ausserdem  aber  2  kleine  Pro- 
f??wfMS- Exemplare,  welche  auf  Taf.  XXVI,  Fig.  5  und  6  abge- 
bildet sind  und  deren  Bestimmung  mir  nicht  mit  Sicherheit  ge- 
lang (s.  u.).  Ich  kann  nur  feststellen,  dass  sie  nicht  zu  Pr. 
semireticulatus  gehören : 


435 


9.     Froductiis  sp.,   cf.   longispinns  de  Koningk. 
Taf.  XXVI,  Fig.  5,  6. 
DE  Koningk.    Monogr.  du  genre  Froductus,  t.  X,  f.  2. 

Von  den  beiden  Exemplaren  ist  nur  die  grosse  Schale  erhalten. 
Dieselbe  ist  10  mm  lang,  12  mm  breit,  5  mm  dick.  Der  Schloss- 
rand ist  eben  so  breit  als  die  übrige  Schale  und  mit  deutlichen 
Ohren  versehen.  Von  einem  Ohr  zum  andern  verläuft  über  die 
Schalenhöhe  eine  gerundete  Kante,  durch  welche  die  Schnabel- 
hälfte der  Schale  von  der  Stirnhälfte  geschieden  wird.  Längs- 
rippen bedecken  die  Schale  und  zeigen  Andeutungen  von  Stachel- 
ansätzen. In  der  Nähe  des  Schnabels  lassen  sich  zarte  Quer- 
rippen erkennen.  Da  die  Schalen  beschädigt  und  unvollständig 
sind,  muss  ich  auf  eine  genauere  Bestimmung  verzichten. 

Berlin. 

10.    Strepforhi/iichut!  crenistria  Phill. 
Taf.  XXV.  Fig.  la.  b,  2,  5. 
Davidson.     British  Carboniferous  Brachiopode,  t.  XXVII,  f.  1 — 10. 

Vorkommen:  Dieser  Brachiopode  findet  sich  in  Schicht  D 
ziemlich  häufig  und  zwar  von  allen  Dimensionen.  Allein  die 
Schalen  sind  alle  entweder  zerdrückt,  oder  durch  einen  eigen- 
thümlichen  Concretionsprocess  zersprengt.  In  dieser  Schicht  sind 
Septarien  ziemlich  häufig,  und  die  Mehrzahl  der  Streptürliynchus 
haben  ebenfalls  zur  Septarienbildung  Anlass  gegeben.  Durch  den 
im  Innern  der  Schale  sich  ansammelnden  Kalk  wurde  die  Schale 
auseinander  gesprengt.  Die  einzelnen  meist  rechteckigen  Stücke 
werden  zwar  durch  Kalksepten  zusammengehalten,  allein  dieser 
cämentirende  Kalk  ist  weicher  als  die  Schale  und  wurde  deshalb 
von  dem  Denudationsprocess ')  stärker  angegriffen.  In  Folge  dessen 
ist  die  Schalenoberfläche  netzförmig  mit  quadratischen  und  poly- 
gonalen Rissen  bedeckt,  und  dadurch  die  Mehrzahl  der  Exem- 
plare entstellt. 

Grössenverhältnisse :  Das  in  Fig.  1  abgebildete  Exem- 
plar misst:  Länge  85  mm,  Breite  45  mm.  Dicke  11  mm,  Breite 
der  Area  (ergänzt)   85  mm.   Höhe  der  Area  6  mm. 

Beschreibung:  Soweit  die  mir  vorliegenden  Exemplare  die 
ursprüngliche  Form  erkennen  lassen,  ist  die  grosse  Schale  flach 
concav,  die  kleine  Schale  etwas  convex.  Beide  sind  mit  zarten 
radialen  Rippen  bedeckt.  Zwischen  diesen  Rippen  erkennt  man 
feine  Querstreifen.  Der  Schlossrand  ist  gerade,  die  Area  mit 
Längsstreifen  versehen,    welche,  beiderseits  vom  Pseudodeltidium, 


')  Vergl.  J.  Walther.     Die  Denudation    in   der  Wüste   und    ihre 
geolog.  Bedeutung.     Abh.  d.  k.  sächs.  Ges.  d.  Wissensch.,  Bd.  XXVII. 


436 


von  feinen  Querstreifen  gekreuzt  werden.  Das  Pseudodeltidium 
ist  hoch,   und  mit  Anwachsstreifen  versehen. 

Verwandtschaft:  Davidson  (I.e.,  t.  XXY,  f.  16  —  21; 
t.  XXVL  f.  1—6;  t.  XXVn,  f.  1  —  10)  vereinigt  unter  oben  ste- 
hendem Namen  eine  solche  Formen -Mannichfaltigkeit.  dass  meine 
Formen  hier  Platz  linden  müssen,  wenn  es  auch  nicht  möglich 
ist,  sie  einer  bestimmten  Varietät  zuzuweisen,  da  sie  alle  etwas 
deformirt  sind. 

Fig.  1:  München.     Fig.  2,  5:  Berlin. 

.11.    Spirifer  convohifus  Phill. 
Taf.  XXV.  Fig.  10. 
Davidson.     Br.  Carb.  Brach.,  t.  V,  f.  2  — 15. 

Vorkommen:  Das  einzige  hierher  gehörige  Exemplar  stammt 
aus  der  Schicht  C  und  liegt  zum  Theil  im  Crinoiden-Kalk  ein- 
gebettet.    Die  grosse  Schale  scheint  nicht  vorhanden  zu  sein. 

Beschreibung:  Obwohl  der  eine  Flügel  theilweise  abge- 
brochen ist.  so  lässt  sich  doch  das  Exemplar  auf  obige,  von  Schott- 
land bis  Australien  verbreitete  Art  beziehen.  Länge  (ergänzt)  etwa 
30  mm.  Breite  (ergänzt)  66  mm.  Höhe  16  mm.  Die  Area  ist  6  "mm 
hoch,  flach  concav  und  quergestreift.  Auf  dem  Rücken  der  Schale 
befindet  sich  ein  von  zwei  kräftigen  Rippen  begrenzter  Sinus,  die 
übrigen  nach  aussen  divergirenden  Rippen  verflachen  sich. 
Berlin. 

12.    Spirifer  cf.   lineatus  Martin. 
Taf.  XXV,  Fig.  3. 
Davidson,   1.  c,  t.  XIII,  f.  4—13. 

Das  hier  abgebildete  Exemplar  stammt  aus  der  Schicht  C 
und  ist  sehr  unvollständig  erhalten.  Die  kleine  Schale  fehlt  ganz, 
von  der  grossen  fehlt  ein  ziemliches  Stück  des  Stirnrandes,  sodass 
der  hervorragende  Schnabel,  die  Querstreifung  und  ein  flacher 
Sinus  am  Stirnrand  die  einzigen  Merkmale  sind,  w^elche  eine  Be- 
stimmung möglich  machen.  Daraufhin  aber  lässt  sich  mit  einiger 
Sicherheit  die  Verwandtschaft  mit  *S/5.  lineatus  begründen. 

Berlin. 

13.    Spirifer  striatics  Martin. 
Taf.  XXV,  Fig.  7. 

Davidson.     Br.  Carb.  Br.,  t.  V,  f.  25  —  37. 

De  Koningk.     Faune  du  Calcaire  Carbonifere,  Pt.  \l,  t.  26,  f.  5,  6. 
—  Ann.  foss.  terr.  carb.,  t.  XVI,  f.  3. 

Zu  dieser  Form,  von  welcher  Davidson  pag.  222  sagt: 
,,No  species  is  more  variable  in  its  general  aspect.  or  in  the 
number  of  its  ribs.    still  every  intermediatc    form  maj'  be  found 


437 


in  our  carboniferous    limestones   district" ,    mag    das    abgebildete 
Stück  gehören,  obwohl  es  so  unvollständig  ist,    dass  eine  genaue 
Bestimmung  unmöglich  erscheint.     Ebenso,   vielleicht  noch  schwie- 
riger ist  die  Beurtheilung  eines  zweiten  Stückes  : 
Berlin. 

14.    Spirifer  cf.  siriatns  var.  multico Status  Toula. 
Taf.  XXV,  Fig.  9. 

Dasselbe  ist  durch  den  Wüstensand  so  stark  abgeschliffen, 
dass  es  sogar  zweifelhaft  bleiben  muss.  ob  die  scharfe  Wulstkante 
auf  der  Schalenniitte  eine  anatomische  Eigenthümlichkeit  ist,  oder 
nachträglich  durch  das  Sandgebläse  erzeugt  worden  sei.  Die 
Rippen  scheinen  bündeiförmig  angeordnet  zu  sein. 

Berlin. 

IV.    Pelecypoda. 

15.    Mynlina  depressa  de  Kon. 

Taf.  XXIV,    Fig.  3,  6. 

De  Koningk.   Faune  du  Calc.  Carb.  de  Belg.,  Pt.  V,  t.  29,  f.  3,  4. 

In  der  Crinoiden-Bank  erscheinen  mehrfach  spitzige  Schloss- 
felder eingefügt,  welche  mit  den  Schalenfragmenten  zusammenzu- 
gehören scheinen,  welche  in  den  begleitenden  Mergeln  frei  liegen. 
Leider  sind  nur  die  schnabelförmigen  Wirbel  erhalten  und  lassen 
auf  den  Umriss  der  Schale  keinen  Schluss  machen.  Das  Band- 
feld ist  mit  6  —  8  Streifen  versehen.  Fig.  5  ist  von  einer  lin- 
ken, Fig.   6  von  einer  rechten  Schale. 

Berlin. 

16.    Aviculopecten  aegypticns  n.  sp 
Taf.  XXIV,  Fig.   11. 

Das  Exemplar  stammt  aus  den  SU-eptorhynclms  -  Schichten 
und  ist  wie  diese  Schalen  mit  polygonalen  Sprüngen  bedeckt. 
Es  sitzt  auf  einem  Fragment  einer  solchen  Schale.  Es  ist  eine 
rechte  Schale  von  26  mm  Länge.  Der  Hinterflügel  ist  abge- 
brochen. Der  Vorderflügel,  durch  eine  scharfe  Furche  von  der 
Schale  abgesetzt,  zeigt  drei  Reihen  von  kleinen  stacheligen  War- 
zen.    Die  Schale  ist  radial  gerippt. 

Berlin. 

17.    Edmondia  ohlonga  M'  Coy. 
Taf.  XXVI,  Fig.  4. 

Sedgwick  u.  M'  Coy.  :  British  palaeozoic  fossils  in  the  geolog.  Mus. 
of  the  University  of  Cambridge,  t.  3  F,  f.  10. 

Vorkommen:    In  ziemlicher  Menge  finden  sich  in  Schicht  D 


.438 

die  grossen  Muscheln,  leider  fast  durchgängig  vom  Wüstensand 
angeschliffen  und  ihrer  Schale  beraubt,  sodass  eigentlich  nur 
Steinkerne  zur  Untersuchung  gelangen.  Weder  die  ursprüngliche 
Scbalenoberfläche ,  noch  Theile  des  Schlosses  sind  genau  zu  be- 
stimmen. 

Beschreibung:  Die  Steinkerne  sind  45  —  65  mm  lang, 
38  —  40  mm  breit,  20 — 30  mm  dick.  Die  Oberfläche  ist  bedeckt 
mit  breiten,  kräftigen  Anwachsstreifen.  Die  Wirbel  erheben  sich 
kaum  über  den  Schlossrand  und  umgreifen  eine  Lunulagrube.  Ob 
die  Schalen  klafften,    kann  ich  nicht  feststellen. 

18.  Ednionclia  sp. 
Taf.  XXVI,    Fig.  3,   7  a,  b. 

Es  sind  nur  drei  unvollständige  Exemplare  dieser  kleinen 
Form  erhalten,  doch  scheinen  sie  sich  von  E.  ohlonga  durch  den 
Mangel  deutlicher  Anwachsstreifen  zu  unterscheiden.  Unter  und 
vor  dem  Wirbel  der  einen  (rechten)  Schale  ist  eine  wohl  ausge- 
bildete, wenig  gekrümmte  Zahnleiste  sichtbar.  Länge  der  Schale 
ungefähr   10  mm.   Breite  6  mm.      Schicht  B. 

Berlin. 

19.    cf.  Saguinulites  variahiJis  M'  Cor. 

Taf.  XXVI,  Fig.  2,  4. 

Sedgwick  u.  M'  Coy.     Brit.  Pal.  Foss.    in    the    Geol.  Mus.    of  the 
Univ.  of  Cambridge,  t.  3F,  f.  6. 

Vorkommen:  Gemeinsam  mit  Edmondia^  und  fast  ebenso 
zahlreich  wie  diese.  Die  Schalen  dieser  Art  sind  noch  viel  mehr 
zerbrochen  als  die  Edmondien,  so  dass  sie  meist  deformirt  sind. 
Besonders  ist  die  Schale  in  der  Verlängerung  der  Seitenrippe 
gebrochen  und  diese  dadurch  bis  zum  Schaleurand  scheinbar 
verlängert. 

Beschreibung:  Durch  grössere  Dicke  des  Vorderkörpers, 
durch  die  stark  heraustretenden  Ilintcrflügel  des  Schlossrandes 
und  durch  eine  Rippe,  welche  vom  Wirbel  quer  über  die  Schale 
hinweg  nach  unten  und  hinten  verläuft,  unterscheidet  sich  diese 
Form  leicht  von  Edmondia.  Im  Uebrigen  ist  der  Erhaltungs- 
zustand auch  hier  ein  mangelhafter;  die  Schale,  mit  denselben 
Anwachsstreifen  versehen,  ist  abgerieben,  sodass  man  in  einigen 
Fällen  wohl  im  Zweifel  sein  kann,  ob  die  Form  sich  von  einer 
zerbrochenen  Edmondia  wirklich  unterscheide.  Länge  40  bis 
64  mm,  Breite  vorn  22  bis  (ungefähr)  30  mm,  hinten  26 — 36  mm, 
Dicke  vorn   18 — 31  mm,  hinten  sich  zuspitzend.      Schicht  D, 

Berlin. 


439 


Es  wäre  möglich,  dass  die  unter  diesem  Namen  hier  be- 
schriebenen Stücke  nur  stark  zerbrochene  und  deformirte  Edmon- 
dien  sind  —  eine  sichere  Entsclieidung  dieser  Frage  ist  nicht 
zu  führen. 

20.    Nuculnna  cf.   leiorliynclius  M'  Coy. 

Taf.  XXV,  Fig.  4  a,  b. 

Griffilth.     Carbonif.  Limestone  of  Ireland,  t.  XI,  f.  27. 

De  Koningk.     Faune  du  Calc.  Carb.  d.  Bei.,  Pt.  V,  t.  26,  f.  44-46. 

Das  abgebildete  Schälchen  stammt  aus  Schicht  B,  ein  zweites 
darin  gefundenes  Stück  ist  zerdrückt.  Während  dieses  letztere 
sich  durch  die  feinen  Anwachsstreifen  eng  an  die  Abbildung  de 
Koningk's,  t.  26,  f.  44,  anschliesst,  sind  bei  dem  hier  abgebil- 
deten Stück  nur  wenige,  flache  Anwachsstreifen  zu  sehen,  obwohl 
die  Schale  nicht  als  Steinkern,  sondern  vollständig  erhalten  ist. 
Denn  auf  der  Innenseite  sieht  man  die  Zähnchenreihen,  bez. 
Zahngruben  ganz  deutlich.  Obwohl  also  gewisse  Verschieden- 
heiten obwalten,  so  rechne  ich  wegen  der  zweiten  gefundenen 
Schale,  welche  den  gleichen  Umriss  und  die  gleiche  Grösse  be- 
sitzt, auch  diese  zu  der  oben  genannten  Species. 

Berlin. 

V.    Qastropoäa. 

Ein  grosser  Tlieil  der  Gastropoden  sind  nur  als  Steinkerne 
erhalten  und  daher  für  eine  genaue  und  sichere  Bestimmung  nicht 
recht  geeignet.  Mehrere  Stücke  des  Berliner  Materials  waren 
durch  Herrn  Dr.  Koken  schon  bestimmt. 

21.    Bellerophon  cf.   tenuifascia  de  Kon. 
Taf.  XXVn,  Fig.  16. 

Diese  Form  ist  ziemlich  häufig,  aber  von  der  Schale  ist 
keine  Spur  erhalten.  Das  hier  abgebildete  grösste  Exemplar 
misst  in  der  längsten  Dimension  30  mm,  grösste  Breite  26  mm. 
Der  Steinkern  lässt  erkennen,  dass  die  Schale  nur  Avenig  involut 
war  und  einen  kreisförmigen  tiefen  Nabel  besass.  Die  Umrisse 
lassen  sich  am  ehesten  mit  oben  genannter,  von  de  Koningk, 
t.  42.  f.  1   abgebildeten  Species  vergleichen. 

Berlin. 

22.    Bellerophoii  carinatus  n.  sp. 
Taf.  XXVII,  Fig.  20. 

Die  Form  steht  dem  B.  hisnlcatus  Rcemer  (t.  IX,  f.  1)  ziem- 
lich nahe,   allein  der  dachförmig  gestaltete  Rücken  mit  medianem 


440 


Kiel,  unterscheidet  sie  von  dieser  Species.  Der  letzte  Umgang 
erweitert  sich  rasch.  Es  sind  auch  von  dieser  Art  nur  Stein- 
kerne erhalten. 

23.    Bellerophon  (Enphemus)  Siff.  d'Orhignii  Voutlock. 
Taf.  XXVII,  Fig.  23. 

Die  äussere  Körperform  ähnelt  dem  B.  tenmfascia,  nur  ist 
sie  kugeliger,  die  Umgänge  sind  flachgedrückt  und  mit  dünnen 
Längsrippen  verziert,  deren  man  auf  dem  abgebildeten  Stück  14 
zählen  kann.  Der  Nabel  scheint  tief  gewesen  zu  sein.  Die  Rip- 
pen des  letzten  halben  Umgangs  sind  grösstentheils  abgerieben. 
Die  Form  stimmt  ziemlich  genau  mit  Portlock' s  Species  (Geol. 
of  Londonderry,  t.  XXIX,  f.  12  a — -b)  überein. 

Berlin. 

24.    Bellerophon  Antonii  n.  sp. 
Taf.  XXVII,  Fig.  19. 

Diese  Art  ist  in  mehreren  Exemplaren  erhalten  .  deren 
letzter  Umgang  leider  vollkommen  abgebrochen  ist  bis  auf  die 
flügeiförmigen,  den  Nabel  umgreifenden  Seitenwände.  Die  rund- 
liche Schale  zeigt  einen  wohl  abgesetzten  medianen  Kiel,  von 
dem  beiderseits  nach  vorn  gebogene  Anwachsstreifen  ausgehen. 
Der  Nabel  ist  sehr  tief,  die  Anwachsstreifen  lassen  sich  bis  in 
denselben  verfolgen. 

Berlin. 

25.    Stachella  striata  n.  sp. 
Taf.  XXVII,  Fig.  24. 

Mit  dem  Namen  Stachclla  bezeichnet  Waagen  (Saltrange 
fossils,  I,  2,  p.  171)  stark  unsymmetrische  Bellerophontiden ;  zu 
diesen  gehört  auch  die  vorliegende  Sehale,  welche  so  gut  erhalten 
ist,  dass  sogar  bräunliche  Querstreifen  vielleicht  als  Reste  ur- 
sprünglicher Färbung  zu  deuten  sind.  Der  Nabel  der  einen  Seite 
ist  etwa  3  mm  um  den  gegenüber  liegenden  verschoben.  Die 
gute  Erhaltung  des  Fossils  schliesst  die  Annahme  aus,  dass  es 
verdrückt  sei.  Der  Rücken  ist  wenig  gekielt.  Sehr  feine  Längs- 
streifen lassen  sich  über  die  ganze  Schale  verfolgen. 

München. 

26.     Platyceras  sp. 
Taf.  XXVII.  Fig.  18. 

Der  abgebildete  Steinkern  lässt  wenig  mehr  erkennen  als 
die  Zugehörigkeit  zu  dieser  Gattung.  Die  letzte  Windung  ist 
stark  erweitert.  Der  Steinkern  besteht  zum  Theil  aus  Cri- 
noiden-Kalk. 

Berlin. 


441 


27.    Naticopsis  äesertoruni  n.  sp. 
Taf.  XXVII,  Fig.  22. 

Obwohl  die  Form  mit  K  plicistria  Phill.  und  N.  hrevis 
DE  Kon.  manche  äussere  Aehnlichkeit  hat,  so  scheint  doch  eine 
neue  Species  vorzuliegen.  Die  Schale  ist  ziemlich  dick  (über 
1  mm).  Die  Unterseite  ganz  flach,  20  mm  lang,  15  mm  breit, 
mit  einem  flach  eingesenkten  Nabel  (?).  Der  Wirbel  ist  spitz, 
die  Umgänge  nehmen  rasch  an  Grösse  zu  und  viele  zarte  An- 
waclisstreifen  bedecken  die  Oberfläche.  Die  Umgänge  werden 
durch  eine  seichte  Furche  von  einander  getrennt.  Höhe  der 
Schale  11  mm. 

Berlin. 

28.    Fleurotomaria  sp. 
Taf.  XXVII,  Fig.  8,  9. 

Die  beiden  vorliegenden  Stücke  weichen  zwar  im  Spitzen- 
winkel und  in  der  Form  der  Uebergänge  etwas  von  einander  ab, 
doch  sind  sie  beide  so  ungenügend  erhalten,  dass  eine  Trennung 
unthunlich  erscheint.  Im  äussern  Habitus  ähneln  sie  dem  Piyclt- 
omphalus  Benedensis  de  Kon.,  P.  IV,  t.  30,  f.  27.  Höhe  der 
Schale  5  mm.  Breite  der  Basis  5  mm.  Ein  Schlitzband  scheint 
vorhanden  zu  sein,  die  Umgänge  sind  durch  eine  vertiefte  schmale 
Naht  von  einander  getrennt. 

Berlin. 

29.    Macrochilina  aperta  n.  sp. 
Taf.  XXVn,  Fig.  21. 

Es  ist  nur  ein  Steinkern  erhalten.  Die  Spitze  ist  abge- 
brochen. Die  Umgänge  greifen  weit  um  einander,  sodass  die 
gewundene  Spitze  mit  3  Umgängen  nur  halb  so  hoch  ist  wie  der 
letzte  Umgang  allein.  Eine  tiefe  Nahtfurche  trennt  die  einzelnen 
Windungen.  Die  Mündung  ist  gross,  ohrförmig.  Der  Nabel 
scheint  tief  gewesen  zu  sein.  Höhe  der  ganzen  Schale  48  mm, 
Höhe  der  Mündung  38  nun,  Breite  der  Schale  35  mm. 

München. 

30.    Macrochilina  cf.   conspicua  de  Kon. 
Taf.  XXVH,   Fig.  14. 

Im  Gegensatz  zu  der  vorher  beschriebenen  Form  ist  diese 
mehr  thurmförmig,  die  Windungen  weniger  umfassend,  die  Mün- 
dung ist  halb  so  hoch  (15  mm)  als  die  gesammte  Schale 
(30  mm).  Soweit  der  stark  abgeriebene  Steinkern  eine  Bestim- 
mung erlaubt,  liegt  hier  die  von  de  Koninck,  III,  t.  3 ,  f.  34, 
abgebildete  Species  vor. 

Berlin. 

üeitsclir.  d.  D.  geol.  ües.  XLIL  ;i,  30 


442 

VI.    Uchinoderniata. 

31.    Crinoiden. 

Eine  Kalkbank,  welche  fast  ausschliesslich  aus  Crinoiden- 
Fragmenten  besteht,  ist  das  verbreitetste  Glied  der  ganzen  Ab- 
lagerung. Die  Crinoiden -Bank  lässt  sich  in  dem  ganzen  Gebiet 
verfolgen  und  tritt  sogar  am  Abhang  der  Galäla  wieder  heraus. 
Ja  bis  zur  Sinai-Halbinsel  im  Uadi  Schelläl  konnte  ich  dieselbe 
Crinoiden-Bank  verfolgen.  Erhaltene  Crinoiden-Kelche  habe  ich  mit 
einer  Ausnahme  nicht  beobachtet,  und  in  diesem  Fall  gelang  es 
mir  leider  nicht,  die  Krone  aus  dem  Gestein  herauszulösen.  Da- 
gegen fanden  wir  in  den  Mergeln  B  eine  zarte  Kelchplatte, 
welche  wahrscheinlich  zu  einem  Crinoidenkelche  gehört. 

Taf.  XXVII,  Fig.   10. 

Diese  Platte  ist  fünfeckig,  6  mm  breit,  sehr  dünn  und  mit 
radial  angeordneten  grösseren  und  kleineren  Rippen  bedeckt.  Eine 
bestimmte  Anordnung  dieser  Rinnen  ist  nicht  erkennbar. 

Von  dem  Armskelet  eines  Crinoiden-Kelches  zeigt  einige  Reste : 

Taf.   XXVII.  Fig.   4. 

Ein  Armfragment  von  1  mm  Dicke  und  10  mm  Länge  be- 
steht aus  16  Gliedern,  welche  abwechselnd  durch  gerade  und 
schräge  Gelenkflächen  gegliedert  sind.  Neben  diesem  Arrastück 
sieht  man  3  Pinnula  -  Fragmente  aus  cylindrischen  bis  1,5  mm 
langen  Gliedern  bestehend.  Endlich  sind  auf  derselben  Platte 
einige  Stielglieder  wohl  erkennbar,  von  fünfeckigem  Umriss,  welche 
wahrscheinlich  dem  oberen  Stielende  angehörten.  Denn  der  grös- 
sere Theil  der  Stiele  war  von  rundem  Querschnitt,  wie  die  un- 
zähligen, aus  der  Crinoiden-Bank  ausgewitterten  Stielglieder  zeigen. 

Es  sind  unter  diesen  3  verschiedene  Tj^pen  zu  erkennen. 

Taf.  XXVn,  Fig.  1,  2,  3. 

Runde  Stielglieder,  deren  Gelenkfläche  mit  radialen  Rippen 
bedeckt  sind,  welche  abwechselnd  bis  zum  Centralkanal  und  bis 
zum  halben  Radius  reichen.  Dadurch  entsteht  eine  Andeutung 
eines  inneren  vertieften  Ringes. 

Taf.  XXVII,  Fig.  5,  6,  7. 

Die  hier  abgebildeten  Formen  besitzen  dieselbe  glatte  Aussen- 
seite,  auf  der  Gelenkfläche  aber  treten  1  bis  2  deutliche  Ring- 
furchen auf. 

Taf.  XXVII,  Fig.  11,  12,  13. 

Die  Aussenseite  jedes  Trochiten  ist  mit  einem  scharfen  Kiel 


443 


verseben,   der  Centralkanal  ist  weit,   die  ringförmig-e  Gelenkfläclie 
mit  wohl  ausgeprägten  Radialrippen  versehen. 

32.    Archaeocidaris  sp. 
Tat".  XXV,  Fig.   6,  8.   12.   14. 

In  der  Schicht  D  fanden  sich  wohl  erhaltene  und  auch  zer- 
brochene Asseln,  und  in  der  Crinoiden-Bank  sind  Stachelfragmente 
nicht  selten. 

Die  beiden  besten  Asseln  sind  Fig.  6  u.  8  abgebildet.  Fig.  6 
ist  von  etwas  unregelmässig  sechsseitigem  Umriss,  14  mm  lang, 
13  mm  breit,  2  mm  dick.  Aus  einem  weiten  Höfchen  erhebt 
sich  die  Stachelwarze,  welche  durchbohrt  und  von  einem  scharf 
ausgeprägten  Warzenring  umgeben  ist  Längs  des  Asselrandes 
zieht  sich  eine  Reihe  von  fast  1  mm  breiten  Warzen,  die  sich 
an  einer  Seite  zu  einer  3  mm  breiten ,  mit  Warzen  bedeckten  Zone 
verbreitert.  Der  Asselrand  ist  am  unteren  Rande  von  innen  her 
zugeschrägt,  und  diese  schräge  Gelenkfläche  ist  mit  Rippen  ver- 
sehen. Die  ebenso  abgeschrägte  Gelenkfläche  einer  Schmalseite 
ist  weniger  gut  erhalten. 

Die  in  Fig.  8  abgebildete  Assel  misst  etwa  10  mm  in's 
Geviert.  Zwei  Ecken  sind  abgestumpft,  so  dass  im  Ganzen  sechs 
Ecken  noch  hier  vorhanden  sind.  Zwei  der  (ielenkflächen  sind 
wie  oben  abgeschrägt  und  mit  Rippen  versehen.  Die  Oberfläche 
ist  wie  dort  gestaltet,  nur  ist  die  warzenbedeckte  Fläche  schmäler. 
Schicht  D. 

Berlin. 

Endlich  befindet  sich  unter  dem  Material  der  Münchener 
Sammlung  ein  kleines,  aus  mehreren  Asseln  bestehendes  Echi- 
niden  -  Fragment : 

Taf.  XXV,  Fig.   14. 

Es  sind  zwei  5 — 6  mm  grosse  Asseln  vollständig,  zwei  wei- 
tere in  Fragmenten  erhalten.  In  der  Mitte  jeder  Assel  erhebt 
sich  eine  Warze,  durchbohrt  und  umgeben  von  einem  kleinen  Hof. 
Der  Rand  der  Assel  ist  besetzt  mit  kleineren,  ebenfalls  durch- 
bohrten Warzen.  Ausserdem  liegt  neben  den  Asseln  ein  Stachel, 
6  mm  lang,   scharf  zugespitzt. 

Taf.  XXV,  Fig.  12. 
Stellt  den  Kopf  eines  Echiniden-Stachels  dar.  Es  sind  zwar 
unter  dem  Material  mehrei-e,  bis  25  mm  lange  Stacheln  vorhan- 
den, doch  sind  dieselben  so  vom  Sand  abgeschliffen,  dass  nichts 
Näheres  an  ihnen  zu  sehen  ist.  Das  hier  abgebildete  Stück  da- 
gegen zeigt  einen  durch  eine  Ringkante  ausgezeichneten  Stachel- 
kopf.    Die  Gelenkfläche  ist  vertieft. 

30* 


444 


VII.    Bryosioa. 

Von  den  fossilreichen  Bänken  am  Rande  des  Uadi  el'  Arabah 
ist  nächst  der  Crinoiden-Bank  eine  rostgelbe  Bryozoenschicht  am 
bemerkenswerthesten.  Dieselbe  ist  2  —  3  cm  dick  und  besteht 
fast  ausschliesslich  aus  den  platt  gedrückten  Stockfragmenten  von 
Bryozoen,  unter  denen  Fenestella  weitaus  am  häufigsten  ist.  Die 
zarten  Skelette  scheinen  so  vorzüglich  erhalten,  dass  man  mit 
blossem  Auge  die  wesentlichsten  Charaktere  leicht  erkennt;  frei- 
lich stellt  sich  bei  mikroskopischer  Betrachtung  heraus,  dass  die 
Oberfläche  der  Colonien  gelitten  hat. 

Die  häufigste  Form  ist 

33.    Fenestella  carinata  M'  Coy. 
Tef.  XXVIII,  Fig.  1,2. 

Der  Kiel  auf  der  Oberseite,  welcher  diese  Species  besonders 
auszeichnet,  ist  wohl  entwickelt,  die  Längsäste  sind  kräftig,  die 
Queräste  von  geringerer  Breite.  Sie  umschliessen  rundlich  vier- 
eckige Lücken.  Auf  beiden  Seiten  des  Kieles  steht  je  eine  Reihe 
von  runden  Zellen,  welche  oft  alterniren  und  durch  einen  scharfen, 
ringförmigen  Rand  bezeichnet  sind.  Die  Unterseite  (Fig.  2)  ist 
mit  ki'äftigen  Längswülsten  bedeckt,  deren  äussere  an  den  Quer- 
ästen umbiegend,  auf  diese  übergehen. 

34.    Fenestella  cf.  multipora  M'  Coy. 
Taf.  XX Vm,  Fig.  3. 

Diese  wesentlich  gröbere  Form  habe  ich  nur  in  einem  Stück 
gefunden,  welches  auf  der  Oberseite  ganz  abgerieben  ist;  eine 
genaue  Bestimmung  muss  daher  unterbleiben.  Das  Gitterwerk  der 
Colonie  besteht  aus  grossen  Längsbalken,  welche  in  Zwischen- 
räumen von  2  mm  durch  etwas  dünnere  Queräste  verbunden  werden. 
Berlin. 

35.   Polypora  sp. 
Taf.  XXVIII,  Fig.  4. 

Wie  die  Abbildung  erkennen  lässt,  sind  breite  Längsäste 
und  schmälere  Queräste  vorhanden,  die  von  länglichen  Lücken 
durchbrochen  werden  und  auf  ihrer  Oberfläche  von  unregelmässig 
vertheilten  Zellen  bedeckt  werden. 

36.    Goniocladia  sp. 
Taf.  XXVIII,  Fig.  4. 

Die  hier  darstellte  Form  bildet  ein  unregelmässiges  Netzwerk 
meist  gleich    dicker  Aeste,    die    an    den  Verbindungsstellen  sich 


445 


mehr    oder  minder    stark  verbreitern,    und  auf  denen  vereinzelte 
Zellen  zu  beobachten  sind. 

Die  oft  sehr  unklaren  Abbildungen,  welche  die  Bryozoen- 
Literatur  aufweist,  mag"  es  entschuldigen,  dass  ich  die  Bryozoen 
nicht  genauer  bestimmt  habe.  Da  meistens  nur  eine  Seite  der 
Colonien  erhalten  ist,  wird  es  selbst  schwer,  die  Gattung  mit 
Sicherheit  festzustellen. 

Blicken  wir  zurück  auf  die  soeben  beschriebene  Fauna,  so 
ergiebt  sich,  dass  sie  etwa  36  verschiedene  Arten  enthält,  welche 
sich  folgendermaassen  vertheilen: 

I.    Foraminifera: 

1.     Cornuspira  sp., 
'  2.     Trochammina  incerta. 

IL    Anthozoa: 

3.  cf.  Zaphrentis  Guerangeri, 

4.  FistuUpora  sp. 

in.    Brachiopoda: 

5.  Spirigera  ambigua, 

6.  Diclasma  hastatiim, 

7.  Bhyoclionella  pleurodon, 

8.  Productus  semireticulaius, 

9.  —  cf.  longispinus, 

10.  Streptorhynclius  crenistria, 

11.  Spirifer  convolutus, 

12.  —        cf.  lineafus, 

13.  —        sfriatus, 

14.  —        stnatus  \3iY.  multicostatus. 

IV.    Pelecypoda: 

15.  Myalina  depressa, 

16.  Aviculopecten  aegypticus  n.  sp.. 

17.  Edmondia  ohlonga, 

18.  —  sp., 

19.  Saguinulites  variabüis, 

20.  Nuc'ulcma  cf.  leiorhynchus. 

Y.    Gastropoda: 

21.  Bellerophon  tenuifascia, 

22.  —  carinatus, 

23.  — •  äff.  d'Orhignn, 

24.  —  Antonii  n.  sp.. 

25.  Stach ella  striata  n.  sp., 


446 

26.  Plaiyceras  sp., 

27.  Naticopsis  desertorum  n.  sp., 

28.  Pleurotomaria  sp., 

29.  Macrochilina  aperta  n.  sp., 

30.  —  cf.  conspicua. 

VI.    Echinodermata: 

3 1 .  Crinoidenglieder, 

32.  Archaeocidaris  sp. 

VII.    Bryozoa: 

33.  Fenestella  carinata, 

34.  —         cf.  multipora, 

35.  Polypora  sp., 

36.  Goniocladia  sp. 

Von  diesen  sind,  soweit  es  das  Material  zu  entscheiden 
erlaubt.  5  Formen  als  neu  zu  bezeichnen,  während  alle  übrigen 
als  echte  Kohlenkalk-Arten  bestimmt  werden  konnten.  Es  finden 
sich  darunter  sogar  mehrere  Arten,  welche  ausgezeichnete  Leit- 
fossilien des  Kohlenkalks  sind,  und  einige  unter  ihnen,  die  mit 
dem  Kohlenkalk  eine  fast  kosmopolitische  Verbreitung  besitzen. 
Aus  allem  dem  geht  hervor,  dass  die  betreffenden  Mergel  und 
Kalkschichten  des  Uadi  xlrabäh  als  subcarbon  zu  bezeichnen  sind. 

3.   Das  Alter  des  Nubischen  Sandsteins. 

Das  Auftreten  einer  Schichtenreihe  von  carbonischem  Alter 
in  nächster  Nähe  von  Kreide  bringt  die  Vermuthung  nahe,  dass 
die  grosse  Kluft  zwischen  beiden  Formationen  eine  nur  scheinbare 
sei,  und  dass  entweder  durch  grössere  Dislocationen  beide  For- 
mationen einander  so  nahe  gebracht  worden  seien,  oder  aber  dass 
eine  Transgressionsgrenze  zwischen  ihnen  vorhanden  sei.  welche 
erklärt,  warum  Perm,  Trias  und  Jura  fehlen.  Es  musste  dem- 
gemäss  meine  wichtigste  Aufgabe  sein,  nach  diesen  beiden  Rich- 
tungen die  Lagerung  der  Schichten  im  Uadi  el'  Arabah  zu  unter- 
suchen. 

Ich  habe  daher  das  Profil  der  Carbonschichten  sowohl  nach 
der  nördlichen  Galäla  wie  nach  der  südlichen  Galäla  weiter 
verfolgt,  um  das  Problem  zu  enthüllen.  Hierbei  ergab  sich 
Folgendes: 

Unterhalb  der  fossilreichen  Schichten  finden  sich  etwa  50  m 
Sandsteine  und  Mergel,  oft  von  Gypsschnüren  durchzogen,  in 
dünnere  und  dickere  Schichten  gegliedert.  Dann  tauchen  die 
Schichten   unter   den  Kies    der   weiten  Ebene.       Nach  Norden  im 


447 

üadi  el"  Arabah,  also  im  Hangenden  der  Carbonschichten  fand  icli 
folgende  Lagerung'): 

4  m  helle   Sandsteine, 

2  „    Mergel, 

1  ,,    feste  Mergelbank. 
33    „    Sandsteine, 

5  „    braune  Sandsteine. 

3  „    rothe  Sandsteine, 

4  „    Sandsteine, 

2  „    grüne  Mergel, 

2  „    weisse  Sandsteine, 

versteinertes  Holz, 

6  ,,    Sandsteine, 

0.10    „  rothe  Crinoiden-Bank. 
Senkung  des  Uadi,   wahrscheinlich  einem  Bruche  entsprechend. 

9  m  Mergel. 

3  „  rothe  Sandsteine, 
10   „  grüne  Mergel, 

5  „  braune  Sandsteine, 
30   „  weisse  Sandsteine, 

3  „    Sandsteine, 

5  „    grüne  Mergel, 
23    „    Sandsteine, 

4  „    hellrothe  Sandsteine, 

6  „    Sandsteine  mit  braunen  Punkten, 
2    „    Sandsteine, 

2    „    grauer,   sandiger  Mergel. 
16    „    hellrother  Sandstein,    nach   oben  mit  schwarzen 
Punkten, 
2    „    grüne  Mergel, 

4  „    brauner  Sandstein, 

1  „    grüner  Mergel  mit  bröckeligen   Kalkbänkchen, 

5  „    braune  Sandsteine, 

2  „    graue  Mergel. 

3  „    rothe  Sandsteine, 

5    „    braune  Sandsteine. 
Beginn  der  Ebene  am  Fusse  des  nördlichen  Galäla. 

Von  diesem  Profil    sind  140  m  vollkommen   concordant   der 
carbonischen  Crinoiden-Bank   aufgelagert;    nirgends  ist    eine  Dis- 

^)  Ich  habe  das  ganze  Profil  abgeschritten  und  die  einzelneu  auf 
einander  folgenden  Schichtenkopfabstände  petrographisch  verschie- 
dener Schichten  taxirt.  Die  Zahlen  haben  daher  nur  einen  Nähe- 
rungswerth. 


448 


cordanz  der  Schichten  zu  erkennen.  Aber  da  dieses  soeben  an- 
geführte Profil  unter  die  Vorebene  der  nördlichen  Galäla  hinab- 
taucht, so  war  damit  die  Aufgabe  noch  nicht  gelöst  und  ich 
niusstc  versuchen,  an  der  Steilwand  der  Galäla  selbst  eniporzu- 
klettern  bis  zu  den  ersten  Kreideschichten.  Ich  ritt  daher,  von 
zwei  Beduinen  begleitet,  bis  zum  Fuss  der  Galäla  und  stieg  von 
hier  direct  über  die  steilen  Wände  und  Schichtenköpfe  empor. 
Nachdem  ich  über  eine  lange  Reihe  (gegen  100  m)  von  Sand- 
steinbänken geklettert  war,  fand  ich  in  concordanter  Lagerung 
darauf  die  wohlbekannten  carbonischen  Schichten,  eharakterisirt 
durch  eine  50  cm  dicke  Crinoiden-Bank,   dann  folgten: 

20  m   Mergel  und  Sandsteine, 

30    „    Sandsteine, 

10    „    rothe  Sandsteine   mit  versteinerten  Holzstämmen 

(Araucarioxylon), 
15    „    weisse  Sandsteine, 
3    „    violette  Mergel, 

2    „    rothe  Sandsteine  mit  schwarzen  Punkten, 
10    „    weisse  Sandsteine  mit  Mergel-Zwischenschichten, 

6    „    rothe  Sandsteine, 
15    „    bunte  Sandsteine, 

Mangankugeln  aus  dem  Sandstein  ausgewittert, 
15    „    hell  rothe  Sandsteine, 
15    „    rothe  Sandsteine   und  Mergel, 
35    „    weisse  und  rothe  Sandsteine, 
20    „    Sandsteine .    nach    oben    in    Mergel    übergehend, 
welche  mit  Schutt  überrollt  sind,  in  denen  sich 
mehrere  Arten  von  Exogyra  fanden  (eine  10  cm 
grosse    glatte,    eine  4  cm  grosse  glatte,    stark 
eingerollte  und  eine  4  cm  grosse  gerippte). 

Das  Profil  liess  sich  dann  in  einem  Wasserriss  weiter  ver- 
folgen bis  zur  Quelle  Abu  el  Mesäd,  oberhalb  welcher  100  m 
hohe,  senkrechte  Kalkwände  ein  Weiterklettern  unmöglich  machten. 
Grosse  Blöcke  voll  Exogyra  und  voll  Ammoniten  lagen  überall 
in  dem  Rinnsal.  Ein  plötzlich  hereinbrechender  Chamsinsturm 
mit  42''  C.  im  Schatten  machte  mich  unfähig,  meine  Beobach- 
tungen weiterzuführen  und  Fossilien  zu  sammeln.  Allein  aus  den 
bis  dort  gemachten  Beobachtungen  geht  mit  Sicherheit  hervor, 
dass  im  Hangenden  der  carbonischen  Crinoiden-Bank  etwa  200  m 
Sandsteine  mit  Mergelschichten  vollkommen  concordant  folgen, 
dass  in  denselben  wie  in  dem  vorigen  Profil  50  m  über  der  Cri- 
noiden-Bank versteinerte  Hölzer  auftreten,  und  dass  weder  hier, 
noch   dort  bis     zur   darauf    lagernden  Kreide   irgend  eine  Discor- 


449 


danz  oder  ein  Brucli  die  regelmässige  Folge  der  Schichten  unter- 
bricht. 

Wir  konuiien  somit  zu  dem  Schluss,  dass  die  Saudsteine  des 
Uadi  el'  Arabah,  die  bisher  als  ^Nubischer  Sandstein"  betrachtet 
und  der  Kreide  zugerechnet  wurden,  in  3  historisch  verschiedene 
Glieder  zerfallen: 

1.  100  m  Sandstein  und  Mergel,  welche  vorcarbonisch  sind, 

2.  20  m  Mergel  und  Kalk,  welche  dem  Kohlenkalk  zuge- 
rechnet werden  müssen. 

3.  200  m  Sandstein,  welche  in  dem  Zeitraum  zwischen  Sub- 
carbon  und  Kreide  gebildet  worden  sind  und  die  man  als 
Aequivalente  von  Perm.   Trias  oder  Jura  betrachten  darf. 

Das  einzige  Fossil  dieser  Schichtenreihe  ist  versteinertes 
Holz,  das  nach  den  Bestimmungen  von  Prof.  Schenk  als  Arau- 
carioxylon  bezeichnet  werden  muss. 

Leider  gestattet  diese  Bestimmung  nach  dem  Ausspruch 
Schenk's  keinerlei  ürtheil  über  das  Alter  der  Ablagerungen,  da 
Hölzer  von  solcher  Structur  in  paläozoischen  ebenso  wie  in  ter- 
tiären Schichten  gefunden  werden.  Es  ist  deshalb  vorläufig  un- 
möglich, eine  genauere  Altersbestimmung  der  jüngeren  Hälfte  der 
Sandsteine  zu  unternehmen,  und  sicher  ist  nur,  dass  ein  Theil  der 
früher  als  cretaceisch  betrachteten  Sandsteine  älter  als  Kohlenkalk, 
ein  zweiter  Theil  jünger  als  Carbon  und  älter  als  Kreide  ist. 


450 


3.    Geologische  und  petrographisclie  Studien 

am   Monte  Aviölo   im   italienischen  Antheil 

der  Adamellogruppe. 

Von  Herrn  Wilhelm  Salomon  in  Leipzig. 

Hierzu  Tafel  XXIX. 

Seit  der  Mitte  der  40  er  Jahre  unseres  Jahrhunderts  wurde 
das  im  südlichen  Theile  der  Ostalpen  gelegene  Adamello-Gebirge 
von  einer  Reihe  von  Forschern  besucht,  beziehungsweise  zum 
Gegenstande  längerer  und  mühsamerer  Arbeiten  gemacht.  Es 
ergaben  sich  dabei  zahlreiche,  bemerkenswerthe  Resultate;  in- 
dessen reichen  diese,  wenigstens  soweit  sie  publicirt  sind^),  nicht 
aus,  um  ein  in  allen  Zügen  klares  Bild  von  dem  verwickelten 
geologischen  Bau  jener  Gegenden  zu  entwerfen.  Zu  der  Ver- 
vollständigung dieses  Bildes  beizutragen  ist  der  Zweck  der  vor- 
liegenden xlrbeit.  —  Im  Folgenden  möge  zunächst  kurz  dar- 
gestellt werden,  was  für  dieselbe  von  den  bisher  gemachten 
Beobachtungen  wesentlich  in  Betracht  kommt. 

Der  ungefähr  1200  Quadratkilometer  grosse  Adamellostock 
besteht  aus  einem  Kern  von  Tonalit  und  einem  Gürtel  von 
sehr  verschiedenartigen  Schichtgesteinen.  Es  sind  das  im  SO 
und  S  permische  und  triassische  Schichten  vom  „Grödener  Sand- 
stein" aufwärts  bis  zu  den  mittleren  triassischen  Kalken,  im  N 
und  0  aber  Gneisse.  Glimmerschiefer  und  Phyllite  von  grössten- 
tlieils  unsicherem  Alter.  Im  W  herrschen  ganz  besondere,  eigen- 
thümliche  Verhältnisse,  die  wir  später  bei  der  Besprechung  der 
Stäche' sehen  Untersuchungen  kennen  lernen  werden.  An  der 
Südgrenze  wurde    über  viele  Kilometer  hin   eine   contactmetamor- 


')  Aus  einer  freundlichen  Privatmittheilmig  des  Herrn  Ober-Berg- 
rath  Stäche  in  AA'^ien  habe  ich  ersehen,  dass  derselbe  beabsichtigt, 
sobald  es  ihm  seine  Berufs-Oblicgenheiten  gestatten  werdeu,  eine  grös- 
sere Arbeit  über  die  Adamellogruppe  herauszugeben,  die  zahlreiche, 
bisher  nicht  von  ihm  veröffentlichte  Beobachtungen  lunfassen  wird. 


451 


phische  Umwandlung  der  Sedimentärgebilde  beobachtet  und  von 
verschiedenen  xlutoren  mehr  oder  weniger  genau  beschrieben.  Sie 
ist  sehr  ähnlich  der  viel  früher  bereits  in  Predazzo  und  am  Mon- 
zoni  bekannt  gewordenen  Metamorphose  gleichartiger  Schichten. 
Die  Kalksteine  wurden  in  Marmor  verwandelt  und  je  nach  dem 
Grade  ihrer  Verunreinigung  durch  Kieselsäure  und  andere  Sub- 
stanzen mit  Granat.  Yesuvian.  WoUastonit  und  anderen  bekannten 
Contactmineralien  imprägnirt.  Der  Grödener  Sandstein  wurde  zu 
braungrauem  Quarzit  verändert^). 

So  genaue  Nachrichten  nun  aber  über  die  Umwandlung  dieser 
Schichtcomplexe  gegeben  sind,  so  spärlich  fliessen  die  Quellen  in 
Bezug  auf  die  Wirkungen,  die  der  Contact  des  Tonalites  auf  die  ande- 
ren Theilen  des  Eruptivstockes  benachbarten  Schichten  ausgeübt  hat. 
Der  erste,  der  darüber  etwas  angab,  war  Escher  von  der  Linth.  Er 
sagt^):  „Am  Nordufer  des  Sees  (sc.  Lago  d'Arno  östlich  von  Cede- 
golo  im  Val  Camonica)  herrscht  ein  schwärzliches  Gestein,  das  wie 
veränderter  Thonschiefer  aussieht.  Eine  Viertelstunde  bevor  ich 
den  See  erreichte,  sah  ich  in  einem  Seitentobel  Glimmerschiefer 
anstehend;  zugleich  fanden  sich  viele  Blöcke  von  weissem  Mar- 
mor, deren  Stammort  in  der  Nähe  liegen  muss.  Gegen  den  See 
hin  folgt  ein  bei  100  m  breiter,  auch  am  Ostufer  des  Seeaus- 
laufes fortsetzender  Streifen  höclist  eigenthümlicher  Gesteine,  die 
zum  Theil  in  hohem  Grade  an  die  Contacterscheinungen  von 
Monzoni  oder  an  die  Silicatbildungen  der  Sommablöcke  im  Tuff 
von  Neapel  erinnern. "  Benecke  ^)  bestätigte  diese  Beobachtungen 
und  bezeichnete  die  fraglichen  Gebilde  als  „harte,  kieselige, 
graue,  grünliche  Gesteine  von  sehr  eigenthümlichem  Aussehen, 
etwa  wie  umgewandelter  Thonschiefer'-.  Darauf  fand  Lepsius*) 
im  Glimmerschiefer  des  Val  San  Valentino,  nahe  dem  Tonalit. 
Andalusit  und  Staurolithkrystalle  auf  und  traf  am  Nordwest-Ende 
des  Lago  d'Arno  „Frucht-  und  Knotenschiefer'-  an.  Die  betref- 
fende bemerkenswerthe  Stelle  heisst:  „Um  den  Südwest-Fuss  des 
Re  di  Castello  (südwestlicher  Theil  des  Adamellomassivs)  sind  die 
Grauwacken.  Thonschiefer  und  Conglomerate  des  Rothliegenden 
herumgeworfen;  dieselben  stossen  ebenso  scharf,  wie  die  Muschel- 
kalke, an  den  senkrecht  abstürzenden  Seiten  des  Tonalitstockes 
ab.  Das  ganze  übrige  Massiv  des  Tonalit  ist  umgeben  von  Gneiss 
und  Glimmerschiefer.     Eine  Contactwirkung  auf  diese  Umwallung 


1)  SuESS.     Antlitz  der  Erde,  Bd.  I,  p.  316. 

2)  Studer's  Geologie  der  Schweiz,  Bd.  I,  p.  292  —  295. 

*)  Heber  Trias  und  Jura  in  den  Südalpen.     Gcogn.-paläont.  Bei- 
träge, Bd.  I,  Heft  1.    München  1866,  p.  61  u.  62. 
*)  Das  westliche  Süd -Tirol,  p.  151. 


452 


hat  sicherlich  .stattgefunden;  die  Andalusite  und  Staurolithe  im 
Glinunerschiefer  der  Yal  Valentine  nahe  dem  Tonalit  weisen  viel- 
leicht darauf  hin;  sicherlich  aber  jene  Frucht-  und  Knotenschiefer, 
welche  ich  am  Nordwest  -  Ende  des  Lago  d'Arno  anstehen  sah." 
Später  fand  Stäche^)  auf  der  Westseite  des  Adam ello- Gebirges 
an  der  Grenze  des  Tonalits  eine  „Randzone,  bestehend  aus  eigen- 
thümlichen,  fein  gebänderten  Schiefern.  Lagen  von  krystallini- 
schen,  Granat  führenden  Kalksteinen  und  lagerförmigen  Massen 
von  dioritischen  Gesteinen."  Er  beobachtete  sie  an  vielen  Punkten 
zwischen  „Val  d'Avoli"^)  im  N  und  Yal  Caffaro  im  äussersten 
SO  und  stellte  fest,  dass  ihre  äussere  Umhüllung  von  „Gneiss, 
Gneissphyllit  und  Glimmerschiefer"  gebildet  wird.  Ueber  die 
Natur  und  tektonische  Position  der  „Randzone"  spricht  er  sich 
in  seiner  letzten  diesbezüglichen  Publication  ^)  aus.  Es  heisst 
dort:  „Die  schmale,  durch  einen  Wechsel  von  krystallinischen 
Kalkschichten  mit  deckenartigen,  dioritischen  Lagermassen  ausge- 
zeichnete Gesteinszone,  welche  auf  der  Westflanke  des  Adamello- 
Gebirges  in  langen  Strecken  zwischen  dem  Tonalit  -  Gebirge  und 
dem  angrenzenden  Gneiss-  und  Quarz-Phyllit-Gebirge  eingeschaltet 
liegt",  repräsentirt  „zum  grössten  Theil  wahrscheinlich  Aequiva- 
lente  der  unteren  Servinoschichten  von  Paspardo"^).  Weiterhin 
fährt  er  fort:  „Es  haben  also  übergreifend  über  die  älteren 
permischen  Quarzite  von  Paspardo,  welche  direct  auf  Quarzphyllit 
liegen,  über  Gneiss-  und  Quarzphyllite  und  die  oberen  Granit- 
und  Dioritdecken  (sc.  der  Hauptmasse  des  Tonalits)  hinweg  auf 
dieser  Seite  schon  in  der  Schlussperiode  der  permischen  Bildun- 
gen Ablagerungen  von  Kalk,  quarzitischen  Schiefern  und  Tuifen 
unter  dem  anormalen  Verhältniss  eines  wiederholten  Wechsels  mit 
dioritischen  Decken  stattgefunden.  Diese  repräsentiren  somit  eine 
eigenthümliche ,  unter  besonderen,  nicht  normalen  Verhältnissen 
gebildete  Facies."  Er  schlägt  für  diese  den  Namen  „epikrystal- 
linische  oder  eventuell  subvulcanische  Facies"  vor  und  spricht 
sich  dafür  aus.  dass  die  ihr  angehörigen  Schichten  grösstentheils 
ursprünglich  in  ihrer  jetzigen  Beschaffenheit  abgelagert  und  nur 
„regional    oder    local"    nach    erfolgtem    Absatz    metamorphosirt 


^)  Verhandl.  der  k.  k.  geol.  Reichsanstalt  zu  Wien,  1879,  p.  300 
bis  310. 

')  Val  d'Avoli  ist  mir  nicht  bekannt.  Sollte  vielleicht  ein  Druck- 
fehler vorliegen?  —  Val  d'Aviolo  ist  der  bei  den  Einwohnern  gebräuch- 
liche Name  für  Val  Paghera  der  Karten. 

3)  Verhandl.  der  k.  k.  geol.  Reichsanstalt,  1880,  p.  252—255.  — 
Wegen  der  grossen  Wichtigkeit  dieser  Angaben  möge  es  gestattet 
sein,  die  eigenen  Worte  des  Verfassers^ausführlich  wiederzugeben. 

*)  In  der  Nähe  von  Breno,  unteres  Val  Camonica. 


453 


wurden.  Da  er  nun  ferner  Thatsachen  auffand,  die  für  die 
Existenz  von  Bruchspalten  in  der  „alten  Kernmasse  und  ihrer 
Umrandung"  sprechen,  so  nahm  er  an.  dass  grosse  Theile  der 
„epikrystallinischen  Randfacies"  in  diesen  Bruchspalten  absanken 
oder  eingequetscht  wurden.  Zum  Schluss  fasst  er  seine  Beob- 
achtungen wie  folgt  zusammen:  „Ich  sehe  in  der  schmalen,  im 
Westen  des  Adamellostockes  zwischen  dem  Tonalit  und  dem 
Phyllitgebirge  eingezwängten,  durch  krystallinische  Kalklager  aus- 
gezeichneten Zone  die  in  tektonisch  sehr  merkwürdiger  Weise 
postirten  Reste  jener  jüngeren  epikrystallinischen  Randbildungen, 
welche  einst  beiläufig  entlang  der  älteren  Grenzlinie  zwischen 
Tonalit  und  Phyllitgebirge  übergreifend  auf  Phyllit  und  Tonalit 
lagen.  Nur  die  zwischen  Tonalit  und  Phyllit  den  jungen  Bruch- 
linien entlang  eingezwängten  Theile  dieser  Randzone  blieben  von 
der  späteren  völligen  Zerstörung  durch  die  Erosionsarbeit  der 
glacialen  und  postglacialen  Zeit  verschont."  Soweit  gehen  Stache's 
interessante  Mittheilungen  über  die  relativ  jüngeren  Randbildun- 
gen entlang  der  westlichen  Grenze  des  Tonalitstockes.  Ueber 
dort  vorhandene  Beziehungen  zwischen  dem  Tonalit  und  dem 
alten  „Phyllit-  und  Gneissphyllit-Gebirge"  selbst  giebt  er  dagegen 
nur  wenig  an.  Er  erwähnt,  dass  eine  „Gneissphyllitzunge"  zwi- 
schen Cinia  Casinella  und  Passo  della  Forcellina  auf  der  Rand- 
zone des  Tonalits  und  daher  indirect  auf  diesem  selbst  lagert 
(1.  c,  1879).  Ueber  den  Tonalit  spricht  er  sich  in  seiner  letzten 
bereits  citirten  Publication  des  Jahres  1880  wie  folgt  aus: 
„Welches  Bildungsalter  und  welche  Bildungsweise  dem  Tonalit 
der  nördlichen  Presanellamasse  mit  ihrer  rindenartigen  Gneiss- 
decke und  dem  Granit  des  centralen  Adamello  zugeschrieben  wer- 
den muss,   darüber  will  ich    mich  hier  noch  nicht  äussern." 

Ueberblickt  man  all  die  angeführten  Beobachtungen,  welche 
im  Contact  mit  dem  Tonalit  aufgefundene  Schichten  betreffen, 
so  beziehen  sie  sich  auf  vier  ganz  verschiedenartige  Schichtgrup- 
peu.  Es  sind  das:  1.  die  breite,  mit  Contactmineralien  im- 
prägnirte  Zone  von  Trias-  und  Permschichten  des  Südens;  2.  die 
von  Stäche  untersuchte  eigenthümliche  Randzone,  die  den  grössten 
Theil  der  Westflanke  des  Tonalits  begleitet;  3.  die  von  Lepsius 
erwähnten  „Grauwacken.  Thonschiefer  und  Conglomerate  des  Roth- 
liegenden" am  Südwestfusse  des  Re  di  Castello  und  4.  das  alte 
Gueiss-,  Glimmerschiefer-  und  Phyllit-Gebirge,  im  Westen  durch 
die  Stäche' sehe  Randzone  vom  Tonalit  getrennt,  aber  ursprüng- 
lich unter  dieser  an  den  Tonalit  stossend.  im  Norden  und  Osten 
für  sich  allein  die  Begrenzung  des  Eruptivstockes  bildend.  Ueber 
die  beiden  erstgenannten  Schichtcomplexe  liegen  ausführliche  Be- 
richte vor.      Auf    die    dritte  Gruppe   beziehen  sich  die  Beobach- 


454 


tungen  von  Lepsius  über  „P'ruclit-  und  Knotenschiefer"  am  Lage 
d'Arno,  sowie  wenigstens  ein  Theil  der  Beobachtungen  von  Escheh 
und  Benecke,  lieber  eine  Contactmetamorphose  der  letztgenann- 
ten Gruppe  ist  ausser  jener  allein  stehenden  Wahrnehmung  von 
Lepsius  im  Val  San  Yalentino  noch  gar  nichts  bekannt  geworden. 

Es  gelang  mir  nun  auf  einer  im  Jahre  IbSS  in  diese  Gegenden 
unternonuuenen  Reise  an  dem  Monte  Aviolo,  dem  nordwestlichsten 
Tonalitpfeiler  der  Adamellogruppe,  einige  Thatsachen  aufzufinden, 
die  für  eine  contactmetamorphische  Umwandlung  des  dort  an  den 
Tonalit  angrenzenden  Gneiss-Phyllit-Gebirges  sprachen.  Ich  wurde 
indessen  damals  durch  Erkrankung  verhindert,  jene  Beobachtungen 
fortzusetzen.  Da  mir  nun  später  auch  Herr  Ober-Bergrath  Stäche 
auf  eine  Anfrage  in  liebenswürdigster  Weise  mittheilte,  dass  er 
glaube,  eine  petrographische  Specialuntersuchung  jenes  kleinen 
Abschnittes  der  Tonalitgrenzzone  könne  zu  interessanten  Resul- 
taten führen,  so  verwendete  ich  einen  grossen  Theil  des  Sommers 
1889  auf  eine  genaue  Untersuchung   des  Aufbaues  jener  Zone. 

Im  Folgenden  sind  die  Resultate  der  Aufnahmearbeiten, 
sowie  der  im  Winter  und  Frühling  1889 — 90  daran  angeknüpften 
petrogi'aphischen  Untersuchungen  enthalten.  Es  dürfte  dabei  am 
zweckmässigsten  sein,  zunächst  eine  topographische  Schilderung 
des  Gebietes  zu  entwerfen,  darauf  die  Darstellung  der  geologi- 
schen Beziehungen  zu  bringen  und  zum  Schluss  erst  die  petro- 
graphische Einzelschilderung  folgen  zu  lassen. 

Topographische  Schilderung  ^). 

Am  Passo  Tonale  berühren  sich  die  südlichsten,  rundlich 
geformten  Ausläufer  des  Ortlerstockes  (im  orographischen  Sinne) 
mit  den  nördlichsten,  gleich  wild  und  schroff  ansteigenden  Tonalit- 
felsen  der  Adamellogruppe.  Die  Passhöhe  selbst  ist  eine  flache, 
sumpfige,  fast  eine  halbe  Stunde  lange  Hochebene,  über  die  quer 
hinweg  die  italienisch-österreichiche  Staatsgi-enze  verläuft.  Steigt 
man  nach  Westen  hinunter,  so  erreicht  man  bald  den  Lauf  des 
Oglio.  der  nun  für  eine  weite  Erstreckung  hin  die  orographische 
Grenzlinie  des  Adamello  -  Gebirges  bildet.  Das  Thal,  in  dem  er 
fliesst.  trägt  den  Namen  „Val  Camonica".  Es  verdankt  seine 
eieenthümliche  Schönheit,   die  durch  den  Contrast  zwischen  wilder 


^)  Man  vergleiche  die  nebenstehende  Kartenskizze  event.  Blatt 
Adamello  -  Tione  der  Österreich.  Generalstabskarte  in  1  :  75  000.  Ge- 
nauere Details  enthalten  die  Blätter  Edolo  und  Monte  Tonale  der 
italienischen  Generalstabskarte  in  1  :  50000.  Bezüglich  der  Literatur- 
angaben vergl.  man  das  am  Schluss  der  Arbeit  abgedruckte  Yer- 
zeichniss. 


455 


Corno   BailOTie., 


ProftJIuLLe.     TonahJj^rau.e 


Hochgebirgsiiatur  auf  den  Höhen  ringsum  und  üppigem,  südlichem 
Pflanzenwuchs  im  Grunde  neben  dem  Flusse  charakterisirt  ist, 
nicht  zum  kleinsten  Theil  der  Eigenart  des  geologischen  Baues, 
wie  wir  später  sehen  werden.  Es  zieht  von  Ponte  di  Legno, 
dem  ersten  Orte  unter  dem  Tonale  in  ungefähr  westlicher  Rich- 
tung bis  nach  Vezza.  biegt  dann  allmählich  immer  mehr  nach 
Süden  um,  bis  es  sich  bei  Edolo.  dem  Hauptort  dieser  Gegenden, 
sogar  südöstlich  richtet,  indessen  nur  für  eine  kurze  Strecke; 
denn  bei  dem  nur  eine  halbe  Stunde  von  Edolo  entfernten  So- 
nico  nimmt  es  wieder  SSW-Richtung  an  und  behält  sie  bis  Breno, 
dem  Hauptort  des  unteren  Thaies.  Folgt  man  auf  dieser  langen 
Strecke  dem  Laufe  des  Flusses,  so  fällt  ein  eigenthümlicher  Zug 
der  Landschaft  zur  Linken  auf.  Im  Allgemeinen  nämlich  ver- 
decken   niedrige    bewaldete  Vorberge    die  Aussicht    auf    die    der 


456 

Karte  nacli  gar  nicht  weit  entfernten  hohen  Erhebungen  des 
eigentlichen  Adamello- Massivs.  In  kurzen  Zwischenräumen  aber, 
gewöhnlich  von  einer  halben  oder  ganzen  Stunde,  öffnet  sich 
ganz  plötzlich  senkrecht  auf  die  Richtung  des  Hauptthaies  ein 
Querthal  und  bietet  nun  ein  durch  sein  unerwartetes  Erscheinen 
um  so  stärker  fesselndes  und  anziehendes  Bild  erhabener  Hoch- 
gebirgsnatur  dar.  Die  höchsten  Spitzen  der  mit  Schnee  und  Firn 
bedeckten,  in  den  Hintergrund  der  Thäler  Gletscher  entsendenden 
Berge  erreichen  3600  m.  Das  Hauptthal  senkt  sich  zwischen 
Ponte  di  Legno  und  Edolo  bis  auf  700  m  hinunter.  Die  Höhen- 
differenz zwischen  der  Thalsohle  und  den  z.  Th.  nur  wenige  Kilo- 
meter in  der  Luftlinie  entfernten  Bergesgipfeln  beträgt  also,  we- 
nigstens auf  dieser  Strecke,  fast  immer  über  2000  m.  —  Mit 
dem  raschen  Abfall  des  Gebirges  zum  Oglio  hin  steht  eine  an- 
dere Erscheinung  in  Verbindung.  Die  Bäche  der  erwähnten  Seiten- 
thäler  besitzen  nämlich  in  Folge  ihres  kurzen  Laufes,  der  grossen 
Niveaudifferenz  zwischen  Quelle  und  Mündung  und  ihrer  relativ 
bedeutenden  Wassermengen  gewaltige  bei  Gewittern  oder  nach 
anhaltendem  Regen  oft  entsetzliche  Verheerungen  hervorbringende 
Kraft.  Sie  bilden  Wasserfälle  von  ansehnlicher  Höhe  und  haben, 
was  an  dieser  Stelle  am  meisten  in  Betracht  kommt,  regelmässig 
den  Contact  zwischen  dem  Tonalit  und  den  Schichtgebilden  dem 
Auge  des  Beobachters  entblösst.  Denn  die  Linie  des  Contactes, 
die  auf  dem  Passo  Tonale  mit  der  orographischen  Grenzlinie  zu- 
sammenfällt, bildet  weiter  westlich  einen  spitzen  Winkel  mit  der 
Richtung  des  Hauptthaies  und  entfernt  sich  daher  immer  weiter 
von  ihm.  Während  auf  dem  Passo  Tonale  zur  Linken  unmittelbar 
Tonalit  ansteht,  steigt  man  im  Aviothal  bereits  eine  Stunde  auf- 
wärts, bis  man  ihn  erreicht,  und  muss  in  dem  Val  Moja  zu  dem- 
selben Zweck  1500  m  Höhendifferenz  und  4  km  Horizontal -Ent- 
fernung überwinden.  Wo  der  Contact  verläuft,  das  kann  man 
schon  aus  grossen  Entfernungen  gewöhnlich  mit  Sicherheit  be- 
stimmen. Denn  der  Tonalit  ist  härter  als  die  ihn  umgebenden 
Schiefer  und  widersteht  auch  der  Verwitterung  besser  als  diese. 
Dazu  kommt,  dass  wo  die  Verwitterung  und  der  Spaltenfrost  in 
ihn  eindringen,  sie  in  Folge  seiner  eigenthümlich  verlaufenden 
Kluftsysteme  andere  Formen  erzeugen  als  bei  den  Schichtgesteinen. 
Endlich  hebt  er  sich  von  diesen  auch  durch  seine  lichtere  Farbe 
deutlich  ab. 

Schon  diese  Erscheinungen  mit  den  durch  sie  erklärten  Gon- 
trasten  der  Oberflächenformen  geben  der  Landschaft  eine  gewisse 
Abwechselung.  Dasselbe,  wenn  auch  mit  ganz  anderen  Mitteln, 
erreichte  ein  anderes  Phänomen,  nämlich  die  Thätigkeit  der  in 
der  Diluvialzeit  Haupt-  und  Seitenthäler  erfüllenden  Gletscher.  — 


457 


Da  über  die  scliöii  und  typisch  ausgebildeten  Glacialerscbeinun- 
gen  des  oberen  ^'al  Cainonica  bis  jetzt  so  gut  wie  gar  nichts 
bekannt  geworden  ist ,  so  will  ich  hier  beiläufig  einige  be- 
merkenswerthe  Thatsachen  aus  dem  Aviologebiet ')  hervorheben. 
In  der  Umgebung  von  Edolo  erscheinen  fast  sämmtliche  Hügel 
und  Auslaufer  der  höheren  Berge  als  tyi^ische  „roches  mouton- 
nees".  Als  Beispiele  seien  angeführt:  1.  Die  „colline  di  Nembra", 
eine  Viertelstunde  von  Edolo  im  Cortenothal.  2.  Alle  Hügel  auf 
der  Südseite  desselben  Thaies  vom  „Ponte  militare"  bis  Santi- 
colo,  was  für  die  schon  von  Amigiietti  erwähnte  Comnmnication 
zwischen  Oglio-  und  Valtellina-Gletscher  spricht,  o.  Der  Hügel, 
auf  dem  der  kleine  dem  Herrn  Folonari  in  Edolo  gehörige  Aus- 
sichtsthurm  neben  der  Kaserne  steht,  -i.  Fast  sänmitlichc  Berg- 
ausläufer, östlich  neben  der  Chaussee  zwischen  Edolo  und  Sonico. 
5.  Ein  grosser  Theil  der  Ausläufer  nördlich  von  dem  unteren 
Val  Moja;  besonders  schön  der  Felsvorsprung  nahe  der  Baita 
Felici.  —  Nicht  weit  von  der  Baita  Vestaz.  südlich  von  dem 
Val  Moja  sah  icli  an  einem  durch  Abrutschung  der  Humusdecke 
erst  kürzlich  entblössten  Schliff  auf  Phyllit  auch  noch  die  be- 
kannten Schrammen,  die  unter  einander  ziemlich  parallel,  schwach 
im  Sinne  des  Thaies  geneigt  waren.  Nicht  selten  findet  man  an 
Stellen  der  Oberfläche  solcher  Rundhöcker,  wo  Bäche  ganz  sicher 
niemals  fliessen  konnten,  massig  grosse,  rundliche  oder  länglich 
ausgezogene  Vertiefungen,  die  gewöhnlich  mit  Regenwasser  erfüllt 
sind.  Ich  halte  dies,  wenigstens  z.  Th.,  für  Reste  von  Gletscher- 
töpfen, obwohl  ich  ganz  sichere  Beweise  dafür  nicht  beibringen 
konnte.  Ein  weiteres  Kennzeichen  der  ehemaligen  Vereisung  sind 
die  Reste  der  alten  Gruiidmoräne  des  Ogliogletschers,  die  sich 
an  verschiedenen  Stellen,  besonders  schön  aufgeschlossen  aber 
bei  den  Boscavegno  genannten  Sennhütten  südlich  von  dem  Val 
Moja,  300  m  über  dem  Oglio  finden.  Sie  bedecken  dort  einen 
grossen  Theil  der  Bergflanke,  sind  durch  kleine,  im  Sommer  ge- 
wöhnlich trockene  Wasserläufe  gut  aufgeschlossen  und  lassen  alle 
charakteristischen  Merkmale  von  Grundmoränen  erkennen.  Ihr 
Material  ist  feinster,  lehmiger  Sand,  ganz  erfüllt  mit  Geschieben 
von  allen  möglichen  Grössen  bis  hinauf  zu  über  ein  Meter  im 
Durchmesser  haltenden  Blöcken.      Es    sind  hauptsächlich  Tonalit- 


')  Ich  muss  mir  versagen,  an  dieser  Stelle  über  die  Glacialerschei- 
nungen  des  Val  d'Avio  zu  berichten,  möchte  aber  auf  die  4  perl- 
schnurartig an  einander  gereihten,  von  Rundhöckern  abgeschlossenen, 
theilweise  jetzt  bereits  ausgefüllten  Seeen  dieses  Thaies  aufmerksam 
machen.  Dieselben  liegen  auf  4  in  schroffen  Felswänden  abbrechenden 
Terrassen,  über  deren  Rand  das  Wasser  des  Baches  in  gewaltigen 
Wasserfällen  niederstürzt. 
Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  3.  31 


458 


stücke  und  sehr  verschiedenartige  Schiefervarietäten.  Bemerkens- 
werther Weise  finden  sich  auch,  wenngleich  nur  selten,  kleinere 
Stücke  eines  weissen,  gebänderten  Marmors,  petrographisch  voll- 
kommen mit  dem  Gestein  aus  den  Steinbrüchen  von  Vezza  nörd- 
lich des  Oglio  übereinstimmend.  Anstehend  wurde  Marmor  auf 
dieser  Seite  des  M.  Aviolo  niemals  gefunden.  Gerade  diese 
Stücke  nun  waren  in  Folge  ihrer  geringeren  Härte  viel  häufiger 
als  die  aus  Schiefer  bestehenden  in  der  für  Grundmoränen  -  Ge- 
schiebe charakteristischen  Weise  auf  den  sonst  abgeschliffenen 
Flächen  geschrammt  und  zerkratzt.  Auch  die  Abrundungsart, 
welche  man  treffend  als  „Kantenrundung"  bezeichnet  hat  und  bei 
Flussgeröllen  nicht  in  dieser  Weise  trifft,  zeigt  sich  hier  überaus 
häufig  an  den  Geschieben.  Daneben  finden  sich  dann  auch  Stücke, 
besonders  grössere  Blöcke,  die  kaum  irgend  welche  Spur  von 
Politur  und  Bearbeitung  aufweisen.  Landschaftlich  tritt  die  Bosca- 
vegno-Moräne  dadurch  sehr  deutlich  hervor,  dass  an  einer  Stelle, 
wo  mehrere  kleine  Wasserläufe  sie  dicht  neben  einander  an- 
schneiden, inu-  noch  sehr  merkwürdig  geformte  Reste  von  ihr 
erhalten  blieben.  Es  sind  4  —  5  m  hohe,  scharfe  Kämme,  die  zu 
beiden  Seiten  in  Folge  der  wohl  den  meisten  Grundmoränen  ge- 
meinsamen Zähigkeit  ihrer  Substanz  mit  sehr  grossem  Neigungs- 
winkel abfallen.  Oben  sind  sie  oft  nur  wenige  Centimeter  breit. 
Mitunter  ragen  grössere  Blöcke  in  den  oberen  Theilen  nach  bei- 
den Seiten  frei  heraus.  Jeder  Regenguss  erniedrigt  die  Kämme, 
und  es  ist  dann  nicht  ungefährlich,  die  schmalen  Rinnen  zwischen 
ihnen  zu  passiren.  Demi  wenn  der  Regen  das  sandig  -  lehmige 
Cäment  erweicht,  welches  die  stützende  Unterlage  der  schweren 
Blöcke  bildet,  so  stürzen  diese  oft  ganz  plötzlich  und  unerwartet 
nieder.  Wahrscheinlich  werden  sich  aus  diesen  eigenthümlichen 
Producten  der  Erosion  im  Laufe  der  Zeit  bei  stärkerem  Ein- 
schneiden der  jetzt  noch  unbedeutenden  seitlichen  Furchen  „Erd- 
pyramiden" herausbilden.  — •  Hier  also  markirt  sich  die  Moräne 
in  sehr  auffallender  Weise  an  der  Oberfläche.  An  vielen  an- 
deren Orten  aber  erkennt  man  ihr  Dasein  nur  an  einzelnen  grös- 
seren, aus  dem  Boden  hervorragenden  Blöcken,  die  an  der  Stelle, 
wo  man  sie  findet,  nicht  anstehend  vorkommen  und  dorthin  auch 
nicht  durch  fliessendes  Wasser,  durch  Sturz  oder  durch  Lawinen- 
transport getragen  sein  können,  sowie  an  der  grösseren  Frucht- 
barkeit des  Terrains.  Die  letztere  ist  sehr  auffällig.  Die  pracht- 
vollen Wälder  von  Edelkastanien  finden  sich  gern  auf  solchem 
Boden.  Daneben  bedecken  sie  allerdings  auch  die  flachen  Schutt- 
kegel vor  den  Ausmündungen  mancher  kleinen  Seitenthäler.  Eben 
diese  Kastanien  sind  es  aber,    die  im  Verein  mit  Maulbeer-   und 


459 


Nussbäumeii,  sowie  den  in  Edolo  zuerst  auftretenden,  nach  Süden 
immer  häutiger  werdenden  Weinpflanzungon  und  Feigenbäumen 
der  Vegetation  der  untersten  Tlialgeliänge  den  südliclien  Charakter 
verleilien.  der  einen  so  reizvollen  Gegensatz  zu  der  echt  alpinen 
Natur  der  höheren  Erhebungen  bildet.  Beiläufig  sei  hier  bemerkt, 
dass  Latschen.  Lärchen  und  andere  Pinus-Arten  in  der  Foppa  bei 
Edolo  bis  zu  ungefähr  2300  m,  in  der  Nähe  der  Wallfahrtskirche 
von  San  Vito  oberhalb  Incudine  bis  etwa  2200  m  Meereshöhe 
hinaufgehen,  und  dass  hier  die  Baumgrenze  ziemlich  scliarf  mit 
der  Grenze  zwischen  Schiefer  und  Tonalit  zusammenfällt.  —  All' 
die  geschilderten  Eigenthümlichkeiten  der  Landschaft  übersieht 
man  mit  einem  Blick  von  dem  Thalkessel  von  Edolo  aus,  wenn 
man  das  Auge  auf  deu  M.  Aviolo  richtet.  Man  unterscheidet 
an  diesem  eine  untere  Zone,  in  der  rundliche,  wenig  individua- 
lisirte  Formen  vorherrschen,  darauf  eine  breite  mittlere  Zone,  die 
ebenso  wie  jene  aus  Schiefer  besteht,  aber  wenigstens  in  ihren 
höchsten  Theilen  gar  nicht  oder  nicht  stark  von  der  mechanischen 
Thätigkeit  der  Gletscher  beeinflusst  wurde.  Sie  weist  im  Gegen- 
satz zu  der  unteren  Zone  der  „roches  moutonnees"  wohl  charak- 
terisirte  Kämme  und  Vorsprünge  auf.  Ganz  oben  folgt  der  die 
höchsten  Theile  des  Berges  zusammensetzende  Tonalit,  der  sich 
durch  seine  zackigen,  zerrissenen  Formen,  sowie  durch  seine  hel- 
lei-e  Farbe  deutlich  von  der  zweiten  Zone  abhebt. 

Die  bisher  angeführten  allgemeinen  Erscheinungen  sind  wichtig, 
wenn  wir  uns  von  der  geologisch  zu  untersuchenden  Gegend  auch 
landschaftlich  ein  Bild  machen  wollen.  Gehen  wir  jetzt  zu 
einer  specielleren  topographischen  Darstellung  des  Aviologebietes 
über.  Es  sei  hier  gleich  im  voraus  bemerkt,  dass  von  den  ver- 
schiedenen Thälern.  die  den  Monte  Aviolo  durchfurchen,  das  Val 
Moja  bei  Edolo  wohl  die  meisten  und  interessantesten  Auf- 
schlüsse bietet.  Es  wurde  daher  mit  besonderer  Sorgfalt  unter- 
sucht, und  die  geologische  Darstellung  des  weiter  unten  folgen- 
den Abschnittes  wird  hauptsächlich  aus  einer  Schilderung  des 
in  ihm  gegebenen  geologischen  Profils  bestehen.  Bei  der  topo- 
graphischen Schilderung  wollen  wir  daher  dem  Bache  des  Val 
Moja  von  seiner  Mündung  in  den  Oglio  aufwärts  folgen  bis 
zum  Gipfel  des  Monte  Aviolo  und  daim  über  die  von  dort  leicht 
zu  übersehenden  anderen  Theile  des  Berges  einen  Ueberblick  zu 
gewinnen  suchen.    — • 

Von    Edolo  ^)    kommend    überschreiten  wir    die  Ogliobrücke, 


^)  Die  Wegangabeu  sind  hier  absichtlich  sehr  ausführlich  gehalten, 
um  späteren  Besuchern  derselben  Gegenden  das  Auffinden  der  inter- 
essantesten Punkte  zu  erleichtern  bezw.  überhaupt  zu  ermöglichen, 

31* 


460 


welche  die  beiden  nur  durch  den  Fluss  von  einander  getrennten 
Gemeinden  Edolo  und  Mü  verbindet,  steigen  ziemlich  steil  zu 
der  beiden  Ortschaften  gemeinsamen  grossen  Kirche  an  und  fol- 
gen darauf  einem  gepflasterten  Karrenwege  in  nordostliclier  Rich- 
tung. Wenige  100  Schritte  hinter  dem  Campanile  erreichen  wir 
den  Bach  des  Val  Moja.  Er  ist  hier  sehr  unansehnlich  und 
unbedeutend,  da  die  Anwohner  weiter  oben  den  grössten  Theil 
seines  Wassers  in  zahlreichen  kleinen  Kanälen  in  ihre  Felder 
und  Matten  ableiten.  Auf  dem  rechten  Ufer  stellen  schroffe 
Klippen  von  aufgerichtetem  Phyllit  an,  die  ersten  Aufschlüsse, 
denen  wir  begegnen.  Wir  benutzen  nun  einen  der  vielen  kleinen 
Fusspfade,  die  an  dem  Bach  entlang  aufwärts  führen.  Der  un- 
terste Theil  des  Thaies,  den  wir  zunächst  durchwandern,  bildet 
eine  ziemlich  breite,  aber  nicht  sehr  tief  eingeschnittene  Furche 
zwischen  den  in  der  Glacialzeit  geglätteten  Ausläufern  der  un- 
tersten Zone  des  Berges.  Bis  zu  900  m  Meereshöhe,  d.  h.  200  m 
über  der  Sohle  des  Hauptthaies,  bleibt  der  Charakter  der  Land- 
schaft derselbe.  Dann  aber  fällt  es  uns  auf,  dass  die  Kastanien 
allmählich  verschwinden,  dass  das  Thal  sich  verengt  und  seine 
AVände  höher  und  schroffer  werden. 

Unterhalb  der  Baita  Daone  verlässt  endlich  auch  der 
Weg  den  Grund ,  und  es  folgt  imn  ein  weit  weniger  zu- 
gänglicher Abschnitt ,  den  ich  bis  zu  einer  Höhe  von  un- 
gefähr 1200  m  rechne.  Die  Neigung  ist  hierin  eine  viel  grös- 
sere; dreimal  bildet  der  Bach  hohe  Wasserfälle,  die  über  die 
Schichtflächen  steil  aufgerichteter  Quarzphyllite  herunterstürzen. 
Einen  Weg  findet  man  nur  auf  einer  ganz  kurzen  Strecke.  Da 
nun  ausserdem  noch  dichtes  Buschwerk  das  Vorwärtskommen 
erschwert,  so  ist  es  sehr  mühsam,  stellenweise  sogar  schwierig, 
dem  Lauf  des  Baches  zu  folgen.  Hat  man  indessen  diesen  schwer 
zugänglichen  Abschnitt  überwunden,  so  erreicht  man  in  etwa 
1200  m  Höhe  eine  k-esselartige  Thalweiterung,  die  von  einem 
Wege  gekreuzt  wird.  Von  hier  aus  führt  wieder  ein  schlechter 
Fusspfad  auf  dem  rechten  Ufer  entlang.  Folgen  wir  ihm,  so 
verengt  sich  das  Thal  von  neuem,  und  es^ fällt  uns  auf,  dass  die 
schiefrigen  Gesteine  der  Felswände  nicht  mehr  das  Aussehen 
normaler  Quarzphyllite  haben.  Bald  darauf  erblicken  wir  einen 
schmalen  Porphyrgang  und  erreichen,  wenige  hundert  Schritte 
weiter,  das  untere  Ende  eines  kleinen  Eruptivstockes  von  Quarz- 
diorit,  der  hier  die  Schiefer  durchbrochen  und  verändert  hat.  Zu 
demselben  Punkt  führt  auch  ein  breiter  Weg  südlich  von  dem 
Val  Moja,  von  den  Boscavegnohütten  aus.  Etwa  60  Schritte 
oberhalb  der  Einmündung  desselben,  aber  auf  dem  anderen  Ufer, 
geht    ein   schwierig    zu  findender,    ganz    schmaler  Pfad    in    dem 


461 


Eruptivstock  in  die  Höhe  und  stösst  nach  liurzcr  Zeit  auf  einen 
anderen,  dort  zicmlicli  horizontal  verlaufenden  Weg,  der  weiter 
im  Thale  entlang  führt.  Bald  ist  der  Diorit.  dessen  horizontale 
Ausdehnung  nur  etwa  200  m  beträgt,  durchschritten,  und  es 
folgen  von  neuem  schiefrige  Gesteine.  Noch  eine  Strecke  weit 
fehlt  es  nicht  an  Aufschlüssen;  dann  aber  wird  die  Thalwand, 
auf  der  wir  uns  betinden,  flacher;  Buschwerk  und  Wiesen  treten 
auf,  und  man  sieht  nur  noch  wenig  anstehendes  Gestein.  In 
1450  m  Höhe  quert  ein  guter  Weg  das  Thal;  er  führt  nördlich 
nach  Pozzolo.  südlich  nach  Preda,  den  beiden  höchsten  Senn- 
hütten auf  dieser  Seite  des  Monte  Aviolo. 

Dann  aber  beginnt  ein  neuer  sehr  steiler,  auch  geologisch  von 
dem  vorigen  unterschiedener  Abschnitt  des  Val  Moja.  Leider  ist  es 
hier  zunächst  unmöglich,  neben  dem  Bach  in  die  Höhe  zu  steigen,  um 
die  durch  ihn  angeschnittenen  Felsen  zu  untersuchen.  Denn  die 
schmale,  glatte  Rinne,  in  der  das  Wasser  steil  herunterstürzt,  ist 
nicht  gangbar.  Man  ist  daher  genöthigt  einen  Umweg  zu  machen  und 
erreicht  die  Aufschlüsse  erst  sehr  viel  höher.  Da  triti't  man 
dann  aber  Gesteine,  welche  sich  von  den  bisher  beobachteten 
phyllitisch-quarzitischen  wesentlich  unterscheiden  und  nun  bis  zum 
Contact  mit  dem  Tonalit  anhalten.  Wir  werden  uns  später  ausführ- 
lich mit  ihnen  beschäftigen  müssen.  Hier  sei  nur  erwähnt,  dass 
man  in  ihnen  an  einem  zweiten,  in  gi'össerer  Höhe  von  Pozzolo 
nach  Preda  führenden  Wege  einen  Porphyritgang  aufgeschlossen 
sieht,  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  das  von  Stäche  aufgefundene 
und  von  v.  Foullon  (1.  c.  1886)  genau  beschriebene  Vorkommen, 
jedenfalls  aber  petrographisch  damit  völlig  identisch.  In  dieser 
Höhe  beginnt  dei'  Bach  sich  mehrfach  nach  oben  in  einzelne 
kleinere  Zuflüsse  zu  gabeln.  Gleichzeitig  werden  die  Furchen  der 
Wasserläufe  entsprechend  kleiner,  und  bald  ist  auch  die  Einsen- 
kung  des  Hauptbaches  mir  noch  eine  so  geringe,  dass  man  nicht 
mehr  gut  von  einem  eigentlichen  Thal  sprechen  kann.  Man 
erhält  vielmehr,  namentlich  aus  der  Entfernung,  den  Eindruck 
einer  ziemlich  ebenen,  stark  geneigten  Bergwand,  die  auf  beiden 
Seiten  von  höheren  Ausläufern  der  sich  darüber  erhebenden  Gipfel 
und  Kämme  begrenzt  wird,  in  der  Mitte  aber  von  unbedeutenden 
kleinen  Wasserläufen  durchfurcht  ist.  Sie  reicht  bis  zu  einer 
Höhe  von  1820  m  hinauf.  Dicht  unter  ihrem  oberen  Rand  bricht 
das  Wasser  des  Hauptbaches  als  Quelle  ans  dem  Erdreich  her- 
vor; steigt  man  aber  bis  zu  dem  Rande  selbst  hinauf,  dann 
erblickt  man  plötzlich  ein  eigenthümliches.  offenbar  die  Fortsetzung 
des  Val  Moja  bildendes  Hochthal.  Es  wird  von  den  Bewohnern 
des  Hauptthaies  „La  Foppa"  genannt  und  für  ein  streng  von  dem 


462 


Val  Moja  getrenntes  Gebilde  gehalten.  Den  Ursprung  des  letz- 
teren sehen  sie  dort,  wo  der  Bach  sich  tiefer  in  die  Bergwand 
einzuschneiden  beginnt. 

Die  Foppa  ist  eines  jener  merkwürdig  gebauten,  im  Hin- 
tergrunde kesselartig  gestalteten  Hochthäler ,  wie  sie  in  der 
Adamellogruppe  so  weit  verbreitet  sind,  Sie  hat  ebenso  wie 
das  Yal  Moja,  bei  dem  nur  der  unterste  ONO  verlaufende 
Abschnitt  eine  Ausnahme  macht,  eine  ziemlich  scharf  östliche 
Richtung,  ist  fast  eine  Stunde  lang  und  etwa  eine  Viertelstunde 
breit.  Nördlich  und  südlich  wird  sie  von  zwei  langgezogenen, 
die  Thalsohle  3  —  400  m  überragenden  Kämmen  begrenzt.  Im 
Hintergründe  ist  sie  durch  eine  mächtige  Tonalitwand,  die  den 
Fuss  des  eigentlichen  Aviologipfel  -  Massivs  bildet,  senkrecht  auf 
ihre  Längserstreckung  abgeschlossen. 

Ungefähr  in  der  Mitte  befindet  sich  eine  steilere  Thalstufe ,  au 
der  man  auch  anstehendes  Gestein  sieht;  sonst  aber  ist  sie  wenig  ge- 
neigt und  vollständig  mit  Bergtrünnnern  bedeckt.  Diese  letzteren 
sind  Stücke  von  allen  mtiglichen  Grössen,  mitunter  die  Seimhütten  der 
Bergbewohner  an  Rauminhalt  übertreffend,  wild  umhergewürfelt  und 
auf  einander  liegend.  Ihren  Ursprung  erkennt  man  leicht,  -wenn 
man  die  langen,  mächtigen  Schutthalden  betrachtet,  die  von  den 
Felsrippen  und  Wänden  der  Kämme  zu  dem  Trümmermeer  des 
Grundes,  abwärts  sich  immer  mehr  verbreiternd,  herunterziehen. 
Eine  Folge  dieser  Schuttanhäufung  auf  dem  felsigen  Boden  des 
Thaies  ist  es,  dass  die  Bäche,  welche  in  den  höchsten  Theilen 
des  Aviolo  entspringen,  schon  ganz  im  Hintergrunde  unter  den 
Trümmern  verschwinden.  An  manchen  Stellen  hört  man  freilich 
das  Wasser  in  der  Tiefe  rauschen.  Doch  ist  es  nicht  zugänglich 
und  erreicht  das  Tageslicht  erst  wieder  an  dem  oben  beschrie- 
benen Ort  als  „Quelle"  des  Mojabaches.  ■ —  Es  sei  noch  erwähnt, 
dass  die  äussersten  Ausläufer  der  beiden  Foppakämme  von  Edolo 
aus  gesehen  wie  zwei  selbstständige  Bergspitzen  erscheinen.  Der 
südliche  höhere,  mit  einem  trigonometrischen  Signal  versehene 
trägt  den  Namen  „Colmo",  in  dem  brescianischen  Dialekt  der 
Thalbewohner  „Collem-'.  Der  nördliche,  niedrige  hat  keine  Be- 
zeichnung. Da  es  mir  aber  im  Folgenden  wichtig  ist,  mich  einer 
solchen  bedienen  zu  können,  so  werde  ich  den  Namen  „Monte 
Piccolo "   anwenden. 

Dringt  man  auf  dem  schmalen  Pfade,  der  von  Hirten  durch 
die  Felstrümmer  hindurch  gebahnt  ist,  in  des  Innere  der  Foppa 
ein ,  so  erreicht  man  nach  ^/i  Stunden  drei  kleine,  flache  Wiesen, 
die  einzigen  nicht  von  Trümmern  bedeckten  Stellen  des  Thalgrun- 
des.    Bei  ihnen  hört  der  Weg  auf.     Richtet  man  hier  den  Blick 


463 


nach  Norden,  so  erkennt  man  sofort,  dass  man  auf  der  Höhe 
des  Kammes  den  Contact  zwischen  Tonalit  und  Schiefer  vor 
sich  hat.  Alle  die  bereits  beschriebenen  landschaftlichen  Merk- 
male des  Gesteinswechsels  zeigen  sich  auf's  Deutlichste  (vergl. 
Tafel  XXIX).  Schon  der  Farbenunterschied  ist  sehr  erheblich. 
Dann  aber  gehen  die  Klippen  des  Tonalits  viel  tiefer  in  das  Thal 
herunter,  während  sich  der  Kamm  ganz  plötzlich  um  ein  bedeu- 
tendes Stück  erhebt.  Ausserdem  unterscheidet  sich  der  Tonalit 
durch  seine  eigenthümliche  Zerklüftung  von  den  ihm  benachbarten 
Gesteinen.  Es  ist  dies  ein  schönes  Beispiel  für  den  Zusammen- 
hang zwischen  der  landschaftlichen  Physiognomie  und  dem  geolo- 
gischen Bau  einer  Gegend.  Auch  auf  der  Südseite,  wo  gleichfalls 
der  Contact  entblösst  ist.  kann  man  bei  günstiger  Beleuchtung 
an  den  geschilderten  Kennzeichen  die  Grenzlinie  unterscheiden. 
Da  aber  die  Yerbandverhältnisse  hier  viel  complicirter  sind,  ist 
auch  die  Erscheinung  lange  nicht  so  klar  und  schön  zu  beob- 
achten^). —  Mehrere  Gründe  sprechen  dafür,  dass  auch  die 
Foppa  zur  Diluvialzeit  einen  selbstständigen  Gletscher  ernährt 
haben  dürfte.  Erstens  nämlich  fand  ich  an  einer  Stelle  auf 
dem  Abhänge  des  Piccolokannnes  abgerundete  und  geglättete 
Felsflächen,  die  jedenfalls  auf  die  Thätigkeit  eines  Gletschers 
zurückzuführen  sind.  Zweitens  bleiben  noch  jetzt  in  manchen 
Sommern  vereinzelte  kleine  Firnflecken  an  günstigen  Stellen 
das  ganze  Jahr  hindurch  liegen").  Drittens  spricht  schon  die 
Configuration  der  Foppa  ganz  allein  dafür,  dass  sie  unter  sol- 
chen klimatischen  Bedingungen,  wie  sie  während  der  Glacialzeit 
geherrscht  haben  müssen,   einen  Gletscher  ernähren  konnte. 

Der  Anstieg  zu  der  Spitze  des  Aviolo  bietet  weniger 
Schwierigkeiten,  als  man  nach  dem  Aussehen  der  schroffen 
Felswände  erwarten  sollte.  Andere  Gesteine  als  Tonalit  treten 
nicht  auf.  Auch  der  2881  m  hohe  Gipfel'')  wird  von  ihm  auf- 
gebaut. Sind  wir  aber  oben  angelangt,  so  können  wir  uns  nun 
leicht  über  das  ganze  Gebiet  ringsum  orientiren.  Im  Osten,  un- 
mittelbar zu  unseren  Füssen,  liegt  der  grosse  ehemalige  Seeboden 
des  Pagherathals.  Jenseits  desselben  erhebt  sich  die  lange  Kette 
zackiger  Berghäupter,    die  vom  f!orno  Baitone  nach  Norden  aus- 

')  Die  der  Arbeit  auf  Tafel  XXIX  beigegebeue  Photographie  habe 
ich  auf  der  höchsten  der  drei  Wiesen  aufgenommen.  Sie  stellt  den 
Contact  auf  der  Nordseite  dar. 

^)  Im  Sommer  1889  erhielt  sich  der  Firu  nicht  einmal  in  den 
höchsten  Punkten  des  Aviolo,  1888  blieb  er  an  vereinzelten  Flecken 
selbst  bei  2000  m  Höhe  liegen. 

^)  Häufig  nicht  als  „Monte  Aviolo",  sondern  als  „Castello  della 
Foppa"  bezeichnet. 


464 


strahlt,  im  (.'orno  Porniua  und  Monte  Avio  ciilminirt.  Parallel 
zu  dieser  Kette  erstreckt  sich  auch  von  unserem  Standpunkt  ein 
mächtiger  Kamm  nach  Norden,  das  Val  Paghera  im  Westen  be- 
grenzend. Zwischen  seinen  nordwestlichsten  Ausläufern  liegt  der 
bereits  erwähnte  Thalkessel  von  San  Vito  sowie  der  Ursprung 
des  kleineren,  bei  Incudine  mündenden  Val  Moriana.  In  ungefähr 
westlicher  Richtung  von  unserem  Gipfel  strahlen  die  beiden  zu- 
nächst die  Foppa,  weiterhin  das  Val  Moja  umschliessenden  Kämme 
des  Colmo  und  des  Monte  Piccolo  aus.  In  dem  Winkel  zwischen 
diesem  letzteren  und  dem  schon  beschriebenen,  nach  Norden  ge- 
richteten Kamm  entspringen  die  Bäche  des  Val  Finale,  dessen 
untersten  Theil  wir  bis  zu  seiner  Einmündung  in  das  Ogliothal 
gegenüber  von  Monno  überblicken.  Der  zweite  südliche  Foppa- 
kamm  theilt  sich  in  ungefähr  1  Kilometer  Entfernung  von  dem 
Gipfel  in  zwei  Aeste  ^) ,  deren  einer  eben  in  dem  Colmo  endigt. 
Der  andere  verläuft  scharf  nach  Südwesten  und  schliesst  mit  jenem 
den  Ursprung  eines  bei  Sonico  mündenden  kleinen  Thaies  ein. 
Dasselbe  ist  den  Einwohnern  als  die  .,Valletta  di  Sonico"  be- 
kannt, aber  auf  der  österreichischen  Generalstabskarte  als  „Val 
Re".  auf  der  italienischen  als  ,,Valle  Grandi'*  bezeichnet.  Ich 
werde  mich  im  Folgenden  des  bei  den  Einwohnern  gebräuchlichen 
Namens  bedienen.  Endlich  verläuft  parallel  mit  dem  zuletzt  be- 
schriebenen Kamm,  in  südwestlicher  Richtung  das  Val  Gallinera, 
das  den  M.  Aviolo  im  Süden  begrenzt.  Nur  im  Südosten  steht 
dieser  mit  dem  A  damello-Hauptmassiv  in  directer  Verbindung,  und 
zwar  durch  den  vom  Gipfel  zuerst  in  östlicher  Richtung  fortzie- 
henden, dann  nach  Südosten  umbiegenden  Gallinerakamm.  der  zu 
dem  höheren.  Gletscher  tragenden  Corno  Baitone  hinüber  führt. 
Aber  auch  hier  ist  die  Einsenkung  eine  ziemlich  beträchtliche. 
Der  niedrigste  Punkt  des  verbindenden  Ausläufers  liegt  fast  600  m 
unter  dem  Gipfel  des  Aviolo.  Man  benutzt  ihn  als  Pass,  um 
von  der  Malga  Levedole  im  Pagherathal  in  das  Val  Gallinera  zu 
gelangen.  Daher  ist  die  orographische  Grenzlinie  des  Aviolo- 
gebietes  auch  hier  eine  scharfe.  Später  werden  wir  sehen,  dass 
dasselbe  geologisch  gleichfalls  gut  individualisirt  und  begrenzt  ist. 
Um  schliesslich  auch  noch  eine  Vorstellung  von  seiner  absoluten 
Grösse  zu  geben,  sei  bemerkt,  dass  die  Basis,  über  der  sich 
seine  Berge  erheben  (zwischen  Val  Camonica.  Val  Paghera  und 
Val  Gallinera)  nicht  ganz   50  Qu.-Kilom.   Oberfläche  hat. 


^)  Der  Punkt  der  Theilunjj;-  ist  auf  den  beiden  Generalstabskarten 
als  „Monte  Foppa"  bezeichnet.  Es  beruht  das  wohl  auf  einer  Ver- 
wechselung mit  „La  Foppa",   dem  beschriebenen  Hochthal. 


465 


Geologische  Beschreibung. 

Wir  haben  auf  unserer  Wanderung  durch  das  Val  Moja  und 
auf  der  sich  daran  anknüpfenden  Besteigung  des  Aviologipfels  er- 
kannt, dass  an  dem  Aufbau  dieses  Berges  in  hervorragendem 
Maasse  nur  der  Tonalit  und  ein  manniclifaltiger  Complex  ver- 
schiedenai'tiger  Schichtgesteine  theihiehmen.  Diese  letzteren  wol- 
len wir  im  Folgenden  auf  Grund  der  schiefrigen  Structur  der 
meisten  ihnen  zugehörigen  Gesteine  der  Kürze  halber  als 
„Schiefer"  bezeichnen.  Es  dürfte  dies  umsomehr  berechtigt  sein, 
als  wir  erkennen  werden,  dass  die  wenigen,  keine  Schieferstructur 
besitzenden  Gesteine  unter  ihnen  die  jetzige  Anordnung  ihrer  Ge- 
mengtheile,  ja  diese  selbst  grössten  Theils  erst  secundären  Pro- 
cessen verdanken. 

Der  Tonalit  bildet  den  eigentlichen  Kern  des  Berges.  Er 
wird  aber  nur  in  den  obersten  Theilen  desselben  sichtbar,  da 
ihn  rings  umher,  mit  Ausnahme  eines  Theiles  der  Ostseite,  ange- 
lagerte, steil  aufgerichtete  Schiefermassen  umhüllen  und  ver- 
decken. Bis  zu  ungefähr  2300  m  Höhe  reichen  diese  hinauf, 
und  erst  die  höchsten  Kämme  und  Gipfel  zwischen  2300  und 
2881  m  bestehen  ausschliesslich  aus  Tonalit.  Dieser  letztere 
bildet  eine  geologisch  vollkommen  einheitliche  Masse.  Kein  An- 
zeichen deutet  darauf  hin,  dass  man  in  ihm  Theile  von  ungleichem 
Alter  unterscheiden  müsse.  Im  Gegensatz  dazu  zerfallen  die  Schie- 
fer nach  ihrer  petrographischen  Ausbildung  in  zwei  verschiedene 
Abtheilungen.  Die  jüngere  gehört  dei-  STACHE'schen  Quarzphyllit- 
Gruppe  ^)  an.  Sie  setzt  den  äusseren,  niedrigsten  Theil  des  Ber- 
ges zusanmien,  reicht  im  Val  Moja  bis  zu  ungefähr  1550  m  Höhe 
hinauf  und  überlagert  die  Schichten  der  älteren  Abtheilung.  Die 
letztere  dürfte,  wie  später  erörtert  werden  wird,  wahrscheinlich 
der  Gneissphyllit- Gruppe  Stäche"  s,  beziehungsweise  einer  Ueber- 
gangszone  zwisclien  Gneissphyllit  und  Quarzphyllit  angehören. 
Ausser  diesem  mächtigen  Schiefercomplex  und  dem  Tonalit  be- 
theiligen sich  noch  eine  Reihe  untergeordneter,  wenig  ausge- 
dehnter Intrusionen  von  porphyrisch  struirten  Eruptivgesteinen  an 
dem  Aufbau  des  Gebirges.  Sie  durchsetzen  in  derselben  Weise 
sowohl  die  Schiefer  wie  den  Tonalitkern  und  sind  dadurch  als 
jüngste  Glieder  des  Ganzen  charakterisirt.  Endlich  findet  sich 
noch  in  den  Quarzphylliten  des  Val  Moja  ein  zweiter  dioritischer 
Eruptivstock,  fällt  aber  seinei'  Masse  nach  gegenüber  dem  Tonalit 
nur  wenig  in's  Gewicht.      Wegen  der  nahen  Beziehungen,  in  de- 


M  G.  Stäche.     Die  paläozoischen  Gebiete  der  Ostalpen.     J.  k.  k. 
R.,  1874,  Hett  'J. 


466 


iien  diese  beiden  Eruptivstöcke  zu  den  sie  umgebenden  Schiefern, 
nicht  aber  unter  einander  stehen,  wurde  es  für  zweclimässig  ge- 
halten, bei  der  nun  folgenden  Darstellung  der  geologischen  Be- 
ziehungen eine  entsprechende  Anordnung  zu  treffen.  Es  wird 
daher  zuerst  der  Quarzphyllit-Coniplex  zusammen  mit  dem  zu  ihm 
gehörigen  Dioritstock,  darauf  der  ältere  Schiefercomplex  mit  dem 
Tonalit  und  zum  Schluss  die  Gruppe  der  porphyrisch  struirten 
Eruptivgesteine  besprochen  werden. 

l    Der  Quarzphyllit-Complex  und  der  zu  ihm  gehörige 
Dioritstock. 

A.    Die  Quarzphyllite. 

Die  hierher  gehörigen  Schichten  setzen  eine  geologisch  ein- 
heitliche Masse  zusammen,  deren  Theile  unter  einander  concor- 
dant  gelagert  sind  und  von  allen  Bewegungen  des  Gebirges  in 
gleicher  Weise  erfasst  wurden.  Die  Schichten  sind  steil  aufge- 
richtet, streiclien  zwischen  Edolo  und  Yezza  in  NO-  bis  ONO- 
Richtung,  d.  h.  ungefähr  parallel  dem  Laufe  des  Oglio,  und  fallen 
nach  NW,  beziehungsweise  NNW  ein.  Da  die  Nebenthäler-  auf 
der  linken  Seite  des  Oglio  ungefähr  senkrecht  gegen  dessen  Lauf 
gerichtet  sind,  so  gelangt  man.  wenn  man  in  einem  derselben, 
z.  B.  in  dem  Val  Moja  emporsteigt,  stets  in  ältere,  die  vorher 
durchschrittenen  unterteufende  Schichten  hinein,  Dabei  beobachtet 
man,  dass  der  Fallwinkel  in  der  Nähe  des  Hauptthaies  etwa  40 
bis  50"  beträgt,  je  weiter  man  sich  aber  von  diesem  entfernt, 
um  so  mehr  zunimmt,  bis  schliesslich  eine  fast  saigere  Schicht- 
stellung vorherrschend  wird. 

Allerdings  ergeben  in  diesem  Gebiet  die  Messungen  der 
geologischen  Richtungen  oft  ganz  verschiedene  Resultate,  selbst 
wenn  der  Horizontal-  und  Verticalabstand  zwischen  den  Beob- 
achtungspunkten nur  ein  unbedeutender  ist.  Das  hat  seine 
Ursache  darin,  dass  das  ganze  Gebirge  in  hohem  Maasse  von 
Stauung  und  Faltung  ergriffen  ist.  Diese  Erscheinungen  las- 
sen sich  im  kleinen,  im  einzelnen  Fels  und  selbst  im  Hand- 
stück auf  das  deutlichste  erkennen.  Sie  äussern  sicli  in  Fal- 
tungen, Fältelungen  und  Knickungen  der  Schiefer,  die  durch  ihre 
Zusammensetzung  aus  abwechselnden,  dünnen  Lagen  von  verschie- 
denartigem Material  die  erwähnten  Phänomene  deutlich  zeigen. 
Auch  mit  dem  Mikroskop  kann  man  derartige  Wirkungen  der 
Gebirgsbewegung  studiren.  Viel  schwieriger,  ja  fast  immer  un- 
möglich war  es,  die  durch  sie  im  Grossen  erzeugten  tektonischen 
Verhältnisse  zu  übersehen  und  zu  verfolgen.  Hier  ist  das  Haupt- 
hinderniss    der   Mangel    an  wohl   charakterisirten ,    über   grössere 


467 


Erstreckungeu  hin  anhaltenden  Horizonten.  Es  wäre  daher  durcli- 
aus  nicht  unmöglich,  dass  der  scheinbar  aus  einander  regehnässig 
unterlagernden  Schichten  bestehende  Schiefercomplex  aus  einer 
grösseren  oder  geringeren  Zahl  von  überschobenen  und  eng  zu- 
sannnengepressten  Falten  mit  abgetragenen  Sätteln  bestünde.  In- 
dessen lassen  sich  in  unserem  Gebiet  schon  aus  dem  angeführten 
Grunde  keine  Anhaltspunkte  für  eine  derartige  Annahme  auffinden, 
und  es  möge  daher  gestattet  sein,  so  lange  die  scheinbare 
Schichtenfolge  als  wirkliche  und  normale  anzusehen,  bis  sich, 
etwa  bei  einer  genaueren  Untersuchung  grösserer  Gebirgsabschnitte, 
das  Gegentheil  erweisen  sollte. 

Der  ganze  hier  betrachtete  Complex  gehört,  wie  bereits  angeführt, 
der  Stäche' sehen  Quarzphyllit-Gruppe  an,  die  ihren  mehr  im  geolo- 
gischen Sinne  gefassten  Namen  von  dem  in  ihr  dominirenden  Gestein, 
dem  petrographischen  Begriff  „Quarzphyllif-  erhalten  hat.  Auch 
in  den  hier  zu  besprechenden  Schiefern  hat  dieses  Gestein  selbst 
die  grösste  Verbreitung.  Es  besteht  aus  abwechselnden  dünnen  La- 
gen von  Quarzkörnchen  in  (luarzitischem  Gefüge  und  solchen  von 
Phyllit.  die  ihrerseits  wieder  häutig  mächtigere  Knauern  und  Lin- 
sen von  weissem,  gröber  körnigem  Quarz  umschmiegen.  Es  ent- 
spricht der  „Quarzite  micacea"  Curioni's,  der  von  ihm  sagt^), 
seine  Bänke  seien  „costituiti  esclusivamente  di  quarziti  talvolta 
finamente  arenacee  con  alternanza  di  leccature  micacee".  Je 
nachdem  nun  darin  die  Zahl  und  Mächtigkeit  der  Phyllit-  bezw. 
Quarzitlagen  auf  Kosten  der  anderen  zunehmen,  erhält  das  Ge- 
stein mehr  den  Habitus  echter  Phyllite  oder  echter  Quarzite.  Die 
letzteren  sind  indessen  nicht  so  häufig  ausgebildet  wie  die  Phyl- 
lite. Diese  finden  sich  auch  in  zahlreichen  Varietäten,  gehören 
aber  immer  der  Glimmerschiefer -ähnlichen,  deutlicher  krystallini- 
schen  Abtheilung  an,  die  man  „Thonglimmerschiefer'*  oder  „g'lim- 
merige  Phyllite"  zu  nennen  pflegt.  Sie  entsprechen  demnach 
der  von  Gümbel  vorgeschlagenen  Bezeichnung  „Phyllite"  im  Ge- 
gensatz zu  den  mehr  Thonschiefer-ähnlichen  ,,  Schistiten".  Echte 
Vertreter  dieser  letzteren  Abtheilung  treten  nur  ganz  untergeordnet 
auf.  Dagegen  entstehen  umgekehrt  durch  Vermehrung  des  Glim- 
mergehaltes und  die  dadurch  bedingte  Zunahme  des  Glanzes  auf 
den  Schichtflächen  Gesteine,  die  man  bei  gesonderter  Betrachtung 
vielleicht  als  Glimmerschiefer  bezeichnen  würde.  Da  dieselben 
indessen  nur  ganz  local  und  untergeordnet  ausgebildet  sind  und 
in  ihrer  mikroskopischen  Structur  sehr  grosse  Aehnlichkeit  mit 
den  Phylliten  zeigen,  so  wurden  sie  in  der  Beschreibung  nicht 
von  diesen  getrennt.      Endlich  kommen  noch  einzelne,    petrogra- 


^)  Geologia,  1,  p.  25. 


468 


phisch  z.  Th.  ganz  abweichende  Gebilde  \oi'.  die  den  Phylliten 
concordant  eingeschaltet  und  geologisch  aufs  Engste  mit  ihnen 
verknüpft  sind,  nämlich  Phyllitgneisse.  verschiedene  Arten  der 
Amphibolite,  vielleicht  auch  Lager  von  Pyrit  ^).  Doch  konnte  die 
Art  und  Weise,  in  welcher  dieser  letztere  auftritt,  nicht  festge- 
stellt werden.  Die  Phyllitgneisse  und  Amphibolite  bilden  wahr- 
scheinlich dickbauchige  Linsen. 

Ordnen  wir  nun  all'  die  Gesteine,  welche  den  bisher  betrachteten 
unteren  Schiefercoraplex  zusammensetzen,  in  einer  Reihe  an.  entspre- 
chend ihrer  Verbreitung  und  Wichtigkeit,  so  müssen  wir  mit  den 
Quarzphylliten  und  den  normalen  Phylliten  beginnen.  Es  folgen  dann: 
Quarzite.  kohlenstoffreiche  Phyllite.  Chloritphyllite,  sericitische  Phyl- 
lite,  Granatphyllite,  Biotitphyllite,  Feldspath-  und  Epidotamphibolite, 
Phyllitgneisse.  ganz  vereinzelt  auch  Lagen  von  Feldspath  führen- 
dem Quarzit.  endlich  noch  seltener  Lagen  von  Thonschiefer- ähn- 
lichem Phyllit-Schistit.  Allerdings  wird  diese  Anordnung  in  ver- 
schiedenen Gebieten  sehr  variiren.  und  selbst  in  einem  bestimmten 
Gebii'gsabschnitt  ist  es  durchaus  nicht  immer  möglich  zu  ent- 
scheiden, welche  von  zw'ei  Varietäten  verbreiteter  ist.  Es  soll 
auch  dadurch  nur  ungefähr  eine  Vorstellung  von  der  Verbreitung 
der  einzelnen  Gesteine  gegeben  werden. 

Vergleichen  wir  die  bisher  entworfene  Schilderung  mit  der,  welche 
Stäche  von  der  Quarzphyllit-Gruppe  giebt.  so  erkennen  wir,  dass 
wir  es  hier  jedenfalls  nur  mit  der  unteren,  älteren  Abtheilung  dersel- 
ben zu  thun  haben,  die  ihrerseits  wieder  auf  dem  Gneissphyllit-Com- 
plex  auflagert.  — •  Was  das  Alter  unserer  Schiefer  betrifft,  so  gelang 
es  nicht,  in  dem  Aviologebiet  selbst  irgend  welche  Anhaltspunkte 
für  eine  absolute  Bestinnnung  desselben  zu  linden.  Dagegen  lässt 
sich  ihr  relatives  Alter,  wie  Avir  weiter  unten  sehen  w^erden,  mit 
Sicherheit  feststellen.  Das  Ergebniss  ist,  dass  die  Quarzphyllite 
älter  sind  als  sämmtliche  Eruptivgesteine,  mit  denen  wir  sie  in 
Berührung  finden,  jünger  nur  als  die,  geologisch  betrachtet,  unter 
ihnen  liegenden,  aber  in  grösserer  Höhe  an  dem  Berge  aufge- 
schlossenen Gneissphyllite.      Es  muss  noch  erwähnt  werden,   dass 


^1  Was  mir  über  das  Auftreten  dieses  Minerals  bekannt  wurde, 
ist  sehr  wenig.  Ich  sah  nämlich  bis  faustgrosse  Stücke  von  dichtem 
Pyrit,  die  jedenfalls  nicht  concretionären  Ursprungs  waren.  Arbeiter 
hatten  sie  vor  einigen  Jahren  bei  Gelegenheit  einer  Brunuengrabung 
an  einem  Hügel  östlich  des  Oglio  nicht  weit  von  Mü  gefunden  und 
dem  Besitzer  des  Grundstückes  übergeben.  In  welcher  Weise  das  Erz 
dort  vorkommt,  ob  in  Form  eines  Ganges  oder  eines  den  Schichten 
concordant  eingeschalteten  Lagers,  habe  ich  nicht  erfahren  können. 
CuRiONi  (Geologia,  Bd.  II,  p.  144  —  149)  beschreibt  von  mehreren 
Punkten  der  Adamellogruppe  sowohl  Lager  als  Gänge  („filoni'')  von 
Pyrit. 


469 


CuRioNi  darauf  liingewieson  liat,  dass  die  pctrograiiliiscli  durch 
Reichthuin  an  Kohlenstoff  ausgezeichneten  Phyllite,  seine  „scisti 
arenacei  (oder  silicei)  niehnosi  antracitici",  in  der  nordwestlichen 
und  nördlichen  Eandzone  des  Aviolo  im  Allgemeinen  zu  den 
jüngsten  Schichten  gehören  und  sich  stets  in  ziemlich  hohen  Ho- 
rizonten befinden.  Er  betrachtet  sie  sogar  als  eine  besondere, 
geologisch  geschiedene  Unterabtheilung  der  Quarzphyllite  ^).  Ob- 
wohl nun  das  erstere  entschieden  richtig  ist.  so  ist  es  doch  durch- 
aus noch  nicht  bewiesen,  dass  der  Kohlenstoff- Reichthum  immer 
ganz  demselben  Horizont  der  Quarzphyllit  -  Gruppe  zukommt.  — 
In  all'  den  oben  angeführten  Varietäten  der  Phyllite  ist 
Chlorit  ein  weit  verbreiteter  und  charakteiistischer  Gemeng- 
theil. Neben  ihm  findet  sich  in  ungefähr  gleicher  Menge  Mus- 
covit .  und  zwar  entweder  in  grösseren .  meist  unregelmässig 
conturirten  Lamellen,  oder  als  Sericit  in  winzigen  Schüppchen, 
bezw.  in  faserigen  Aggregaten  von  innig  mit  einander  vei-filzteu 
Blättchen.  Die  letztere  Ausbildungsweise  ist  die  häufigere.  Biotit 
wurde  nur  sehr  selten  beobachtet.  Er  fehlt  gewöhnlich  ganz;  wo 
er  aber  vorkommt,  da  findet  er  sich  mit  Vorliebe  in  quarzreichen 
Lagen,  und  zwar  in  Form  von  kleinen,  unregelmässig  begrenzten 
Fetzchen.  Ausserdem  tritt  er  in  einer  wenig  verbreiteten  Varietät 
als  accessorisches  Mineral  in  vereinzelten,  auffallend  grossen, 
wohl  conturirten  Lamellen  auf.  Turmalin  ist  constant,  aber  nur 
spärlich  vorhanden.  Von  den  Eisenerzen  herrscht  der  Ilmenit  bei 
Weitem  vor.  Magnetit  scheint  recht  selten  zu  sein,  und  auch 
Pyrit  wurde  nur  ganz  vereinzelt  beobachtet.  Piutil  tritt  in  sehr 
geringen  Mengen  auf.  Die  Titansäure  scheint  fast  ganz  und  gar 
zur  Bildung  des  Ilmenits  verwendet  worden   zu  sein. 

B.    Der  Dioritstock  und  die  durch   ihn  bewirkte 
Contactmetamorphose  der  Quarzphyllite. 

Das  Gestein  des  Moja-Eruptivstocks.  in  dem  man  mit  unbe- 
waffnetem Auge  Quarz.  Glimmer  und  Feldspath  in  granitisch- 
körnigem  Gefüge  unterscheidet,  ergiebt  sich  bei  der  mikrosko- 
pischen Untersuchung  als  ein  Diorit;  denn  der  Feldspath  ist 
darin  ausschliesslich  Plagioklas.  Da  ferner  Hornblende  gänzlich 
fehlt  und  der  Quarz  einen  wesentlichen  Antheil  an  dem  Aufbau 
des  Gesteins  nimmt,  so  werden  wir  es  vollständiger  als  „horn- 
blendefreien Quarzglimnierdiorit ''   bezeichnen  müssen.     Es  ist  jün- 


')  Geologia,  I,  p.  76.  Der  betreffende  Passus  lautet;  „In  questa 
valle  (sc.  del  Fopjione,  eines  der  Aviolothäler,  wahrscheinlich  die  Val- 
letta  cli  Sonico)  gli  scisti  arenacei  melmosi  antracitici  sonn  intima- 
mente  connessi  colle  suddette  quarziti  micacee,  che  ne  costituirebbero 
il  piano  inferiore." 


470 


ger  als  die  Soliiefer,  liat  diese  durdibrocheii  und  bildet  einen 
kleinen  Eruptivstock  in  ihnen.  Leider  sind  die  Aufschlüsse  nicht 
so  günstig,  dass  man  sich  ein  klares  Bild  von  der  Gestalt  des 
Stockes  machen  könnte;  es  ergiebt  sich  nur.  dass  dieselbe  eine 
sehr  unregelmässige  sein  muss.  Die  rechte  Thalwand  ist  in  ho- 
rizontaler Richtung  200 — 2.50  m  weit,  in  verticaler  bis  zu  mehr 
als  250  m  Höhe  über  dem  untersten  Aufschluss  des  Eruptiv- 
gesteins fast  ausschliesslich  aus  diesem  zusammengesetzt.  Auf 
dem  linken  Ufer  bestehen  nur  weniue  Felsen  unmittelbar  an  dem 
Bache  daraus.  Die  Querausdehnung  des  Stockes  konnte  aus 
Mangel  an  geeigneten  Aufschlüssen  überhaupt  nicht  ermittelt  wer- 
den, und  ebenso  wenig  Hess  sich  auf  dem  rechten  Ufer  die  Grenze 
zwischen  Diorit  und  Schiefer  tiberall  feststellen.  Die  Thalwand 
fällt  nämlich  an  vielen  Stellen  sehr  steil  ab  und  konnte  dort  nur 
mit  Gefahr  oder  überhaupt  nicht  begangen  werden.  Soweit  mir 
die  Grenze  indessen  bekannt  wurde,  verlief  sie  ganz  unregel- 
mässig, etwa  in  der  Art  und  Weise,  wie  es  die  nebenstehende 
Skizze  andeutet.      Dieselbe    stellt    einen  una,efähr    in    der  Ebene 


McJga  Molken  ea  <•?  iSZOm, 


Val   Moja      c».   1370-m,. 

lÜJit  au/bescMossem.  oder  Jiicht  iegeoigene 

Creme,  tzoischai  £tuirzcUorU  u  ^uarzjOuiliüb . 

*.W,|  Quarzdij/rrtt. 


rmtoTTv.  Quarzp}a/lUt . 


h'  und  b"  Apopliysen  dos  Quarz-Diorits,  //'  unmittelbar  neben  dem  Bach. 

1  und  2  Runsen,  davon  1  mit  kleinem  Bach,  2  wasserlos, 

3  bis  5  Fusspfade,   3  aufwärts  führend,    4  und  5  ungefähr  horizontal, 

letzterer  unterhalb  Molgen. 

des  Abhanges  geführten  Schnitt  durch  das  Gebirge  dar.  Sie 
kann  freilich  nur  in  zwei  Dimensionen  ein  Bild  von  der  Aus- 
dehnung des  Diorits  geben,  lässt  aber  doch  die  Thatsache  erken- 
nen, dass  dieser  nicht  etwa  den  Schichten  des  hier  fast  senk- 
recht stehenden  und  fast  senkrecht  gegen  die  Zeichnuugsebene 
streichenden  Schiefers  concordant  eingelagert  ist.  sondern  diesel- 
ben in  durchgreifender  Lagerung  durchsetzt.  Ferner  sieht  man 
daraus,  dass  er  wenigstens  zwei  grössere  Schollen  von  Schiefer 
umschliesst    und    an    mehreren    Punkten    schmale    Apophysen    in 


471 


diesen  entsendet.  Ausser  den  grossen  Schollen  wurden  in  ihm 
noch  kleine,  eckige  Bruchstücke  von  einem  Aktinolith-Schiefer  und 
einem  Feldspath-Amphibolit  beobachtet.  Besonders  die  letzteren 
häufen  sich  au  einer  Stelle  neben  dem  Bach  so  sehr  in  dem  Diorit 
an,   dass  dieser  förmlich  eine  breccienartige   Structur  erhält. 

Für  die  Betrachtung  der  coutactmetamorphen  Veränderungen, 
welche  die  Schiefer  erlitten  haben,  beginnen  wir  unsere  Beobachtun- 
gen am  besten  in  jener  kesseiförmigen  Thalweiterung,  welche  wir  bei 
Gelegenheit  unserer  Wanderung  durch  das  Val  Moja  erwähnten. 
Dort  steht  auf  dem  rechten  Ufer,  wenig  oberhalb  des  Baches  ein 
ausserordentlich  chloritreicher  Phyllit  in  stark  gefältelten  und  ge- 
falteten Schichten  an.  Das  Gestein  enthält  ausser  dem  Chlorit 
noch  Muscovit  von  nicht  sericitischem  Habitus  in  vereinzelten, 
sehr  grossen  Lamellen,  spärlich  auftretenden  Turmalin  und  Körner 
von  Eisenerz.  Quarz  findet  sich  hauptsächlich  in  einzelnen  Linsen 
und  Lagen.  Biotit  fehlt  ganz.  Das  Gestein  zeigt  keine  wesent- 
lichen Unterschiede  von  anderen  in  grosser  Entfernung  von  jedem 
Eruptivgestein  beobachteten  normalen  Phyllitvarietäten  und  muss 
demnach  als  gänzlich  unbeeinflusst  angesehen  werden.  Folgen 
wir  aber  von  dem  beschriebenen  Punkte  dem  oben  erwähnten 
kleinen  Fusspfade  aufwärts,  so  erreichen  wir  sehr  bald  Gesteine, 
die  in  ihrem  Habitus  von  den  normalen  Schiefern  abweichen. 
Unser  Weg  ist  stets  ungefähr  senkrecht  gegen  den  Verlauf  der 
Schichten  gerichtet.  Seitwärts,  im  Sinne  ihres  Streichens  sind 
Aufschlüsse  entweder  nicht  vorhanden  oder  nicht  zugänglich.  Die 
ersten  Veränderungen,  die  man  in  den  Schiefern  überhaupt  wahr- 
nimmt, bestehen  darin,  dass  mitten  in  den  grünlich  oder  bräun- 
lich grau  gefärbten  Phyllitlagen  kleine  dunklere  Punkte  und  Flecken 
von  selten  mehr  als  2  mm  im  Durchmesser  auftreten.  U.  d.  M. 
erkeimt  man,  dass  diese  zum  grössten  Theil  von  Anhäufungen 
kleiner  Blättchen  eines  braunen  Glimmers  gebildet  werden,  der 
sich  durch  seine  Gestaltung  und  durch  die  Art  der  Zusammen- 
lagerung seiner  Lamellen  wesentlich  von  dem  sonst  in  normalen 
Phylliten  auftretenden  Biotit  unterscheidet.  Daneben  finden  sich, 
auch  Flecken,  die  aus  einem  Korn  von  Ilmenit  und  einem  rand- 
lichen, schmalen  Hof  von  Biotitblättchen  bestehen.  In  beiden 
Fällen  ist  der  letztere  jedenfalls  auf  Kosten  urspilinglich  vorhan- 
denen Chlorits  gebildet  worden,  während  die  Binenitkörner  wohl 
schon  ursprünglich  vorhanden  waren  und  den  Biotitblättchen  nur 
als  Ansatzpunkte  dienten.  Uebrigens  überwiegen  in  den  meisten 
Lagen  des  Gesteins  die  Ilmenit  enthaltenden  Flecke  über  die 
anderen,  verdrängen  sie  sogar  nicht  selten  vollständig.  Neben 
dem  Biotit  ist  in  diesen  Gesteinen  stets  noch  eine  beträchtliche 
Menge  Chloiit  vorhanden  und  weist  darauf  hin.   dass  sie  nur  einen 


472 


verhältnissmässig  geringen  Grad  der  Metamorpliose  erlitten  Labeii. 
Ich  möchte  sie  nach  ihrem  cliarakteristischsten  (iemengtheil  und 
ihrer  Structm^  als  „Umenit-Fruchtschiet'er"  bezeichnen.  Das  Ma- 
terial, aus  dem  sie  hervorgegangen  sind,  ist  unzweifelhaft  ein 
chloritischer  Phyllit  gewesen. 

Xach  den  Ilmenit  -  Fruchtschiefern  folgen  in  der  Rich- 
tung zum  Diorit  zunächst  sehr  quarzreiche  Gesteine  und  zwar 
vorwiegend  Quarzite.  Sie  sind  trotz  ihrer  geringeren  Ent- 
fernung von  dem  Eruptivgestein  in  Folge  ihrer  chemischen 
Zusammensetzung  nur  wenig  von  diesem  beeinflusst  worden 
und  unterscheiden  sich  makroskopisch  von  den  normalen  Quar 
ziten  nur  durch  ihre  hellere  Färbung  und  anscheinend  gerin- 
gere Fissilität.  Auch  u.  d.  M.  kann  man  an  den  Quarzen 
keine  Veränderung  wahrnehmen.  Ziemlich  häufig  findet  man  aber 
glimmerige  Zwischenlagen,  die  in  ihrem  jetzigen  Zustande  aus 
wenig  braunem,  viel  farblosem  Glimmer  und  mitunter  etwas  ganz 
zersetztem  Feldspath  bestehen.  Primärer  Chlorit  fehlt.  Ob  in 
diesen  Lagen  eine  Veränderung  stattgefunden  hat,  ist  zweifelhaft, 
doch  wegen  des  Mangels  an  dem  sonst  in  den  Quarziten  gewöhn- 
lich auftretenden  Chlorit  wahrscheinlich.  Der  Feldspath  findet 
sich  auch  in  rein  quarzigen  Lagen  mitunter  in  vereinzelten  Kör- 
nern. Er  ist  jedenfalls  als  ein  primär  vorhandener  Gemengtheil 
der    ursprünglichen    Gesteine    aufzufassen. 

Weiterhin  sind  den  Quarziten  wieder  deutlich  spaltende,  sehr 
glimmerreiche  Gesteine  eingelagert,  die  gegen  den  Diorit  hin  immer 
mehr  an  Mächtigkeit  zunehmen  und  schliesslich  vorherrschen.  Sie 
unterscheiden  sich  schon  makroskopisch  durch  ihren  bedeutend  grös- 
seren Glanz  auf  den  Schichtflächen  und  ihre  dunklere,  violettlich 
graue  Färbung  von  den  normalen  Phylliten.  U.  d.  M.  erkennt  man, 
dass  sie  hauptsächlich  aus  Muscovit,  Quarz  und  Biotit  bestehen,  zwi- 
schen denen  sich  ganz  vereinzelte,  spärliche  Krystalle  von  Andalusit 
finden.  Der  JMotit  tritt  gern  in  bestinmiten  Lagen  auf,  fast  stets 
jedoch  in  geringerer  Menge  als  der  Muscovit.  Mitunter,  aber 
selten,  trifft  man  auch  noch  die  oben  beschriebenen,  von  Biotit- 
höfchen  umgebenen  Ilmenitkörner  an.  Diese  Schiefer  bilden  den 
Uebergang  zu  den  am  stärksten  umgewandelten,  von  nun  an  bis 
zum  Contact  vorherrschenden  Gesteinen,  die  im  Grossen  und  Gan- 
zen der  von  Dalmer^)  gegebenen  Beschreibung  der  ,,  schiefrigen 
Andalusit-Glimmerfelse"  mancher  Granitcontacthöfe  Sachsens  ent- 
sprechen. Sie  sind  offenbar  aus  ehemaligen  Quarzphylliten  ent- 
standen.     Denn   der    häufige  Wechsel    zwischen  glimmerigen  und 


^)  Erläuterungen    zur    geologischeu   Specialkarte    des  Königreichs 
Sachsen,  Section  Schneeberg  und  Lössnitz,  p.  39. 


473 


quarzigen  Lagen,  wie  er  für  diese  sehr  cliaraliteristiscli  ist.  tritt 
in  ihnen  noch  sehr  deutlich  hervor.  Man  erhält  schon  dadurch 
den  Eindruck  eines  gescliichteten  Gesteines.  Ausserdem  aber 
zeigen  auch  die  feinschuppigen,  glininierigen  Lagen  für  sich  allein 
eine  nicht  gerade  sehr  ausgeprägte,  aber  doch  erkennbai-e  Parallel- 
structur.  Die  Farbe  ist  oft  ebenfalls  violettlich  bis  bläulich  grau. 
U.  d.  M.  erkennt  man  wieder  in  den  Quarzlagen  keine  wesent- 
lichen Veränderungen,  während  die  anderen  Theile  des  Gesteins 
sehr  stark  beeinflusst  sind.  Eine  solche  lagenweise  verschiedene 
Stärke  der  Metamorphose  ist  indessen  nicht  auflallend,  wenn  man 
an  die  chemisch  ausserordentlich  verschiedene  Zusammensetzung 
der  quarzigen  und  der  glimmerigen  Lagen  deiikt  .  auch  steht 
diese  Beobachtung  durchaus  nicht  vereinzelt  da.  Erst  vor  Kur- 
zem wieder  wurde  sie  von  Beck  ')  an  ähnlichen  Gesteinen  eines 
sächsischen  Contacthofes  gemacht  und  mit  folgenden  Worten  be- 
schrieben: „Bei  denjenigen  Quarzitschiefern.  welche  durch  dünn- 
schichtige Wechsellagerung  mit  Phyllit  verknüpft  sind,  erstrecken 
sich  die  Contactwirkungen  nur  auf  den  letzteren'-,  nicht  aber  auf 
den  Quarzit.  —  Untersuchen  wir  jetzt  auch  die  glininierigen  La- 
gen unseres  Gesteins  unter  dem  Mikroskop,  so  erkennen  wir  als 
Gemengtheile  vorwiegend  Muscovit,  Biotit  und  demnächst  Anda- 
lusit,  ausserdem  aber  Eisenerzkörnchen,  etwas  zersetzten  Feld- 
spath,  wenig  Quarz.  In  ganz  vereinzelten,  seltenen  Lagen,  aber 
in  diesen  sehr  häufig,  finden  sich  blaue,  mitunter  ziemlich  scharf 
kry.stallisirte  Körner  von  Korund.  Der  Biotit  und  der  Andalusit 
besitzen  oft  eine  eigenthümliche.  wohl  nur  in  metamorphischen 
Gesteinen  zu  beobachtende  Structur,  die  weiter  unten  genau  be- 
schrieben werden  soll.  Eisenerzkörner  sind  nicht  selten,  aber  es 
fehlen  ihnen  die  für  das  erste  Stadium  der  Metamorphose  so 
charakteristischen  Höfe  von  Biotit. 

Es  bleiben  uns  nun  noch  drei  Gesteine  zu  erwähnen, 
die  nur  untergeordnet  zwischen  den  übrigen  bereits  beschrie- 
benen umgewandelten  Schiefern  auftreten.  Das  erste  von  ihnen 
hat  weisse  Farbe,  ist  relativ  grobkörnig  struirt  und  besteht 
aus  meist  polysynthetisch  verzwillingtem  Feldspath  ,  grossen 
Quarzindividuen  und  zu  Chlorit  zersetztem  Biotit.  der  an  Menge 
hinter  den  beiden  anderen  Mineralien  zurücksteht.  Accesso- 
risch  kommen  Titaneisen ,  Titanit  und  Zirkon  vor.  Es  fin- 
det sich  zwischen  den  Quarziten.  ist  aber  zu  schlecht  aufge- 
schlossen, als  dass  man  die  Art  des  Verbandes  mit  dem  Neben- 
gestein   genau    feststellen    könnte.       Durch    sein    gröberes    Korn 


')  R.  Beck.     Erläut.  zur  geol.  Specialkaite.  des  Königr.  Sachsen, 
Section  Berggiesshübel,  p.  50. 

2eitschr.  d.  D.  geol.  ües.  XLII.  3.  32 


474 


unterscheidet  es  sich  von  allen  übrigen,  mit  ihm  zusanmien  auf- 
tretenden Gesteinen.  Vielleicht  ist  es  als  ein  pegmatitischer 
Secretionsgang  aufzufassen.  Gegen  die  Annahme,  dass  man  es 
mit  einer  Apophyse  des  Diorites  zu  thun  habe  könnte,  spricht 
das  abweichende  Mengungsverhältniss  der  Gemengtheile.  sowie  die 
relativ  erheblichere  Korngrösse.  Das  zweite  noch  zu  erwähnende 
Gestein  hat  bläulich  schwarze  Farbe,  erscheint  dem  unbewaffneten 
Auge  ganz  dicht  und  zerfällt  bei  der  Verwitterung  genau  so  wie 
manche  daneben  anstehende  Quarzgesteine  in  scharfkantige,  lang 
prismatische  Bruchstücke.  U.  d.  M.  erkennt  man,  dass  es  fast 
ganz  und  gar  aus  innig  mit  einander  verwebten  Nädelchen  und 
Garben  von  hell  grünem  Aktinolith  besteht,  zwischen  denen  nur 
wenig  von  einer  farblosen,  wohl  aus  winzigen  Quarzkörnchen  ge- 
bildeten Masse  zu  sehen  ist.  Es  wurde  an  vier  oder  fünf  Stellen 
beobachtet,  theils  in  den  Quarziten.  theils  in  den  schiefrigen  An- 
dalusit-Glimraerfelsen.  An  einer  Stelle  und  zwar  gerade  da,  wo 
der  Quarzit  dieselben  Verwitterungsformen  aufweist,  fand  ich  ein 
Stück,  das  einen  Uebergang  zwischen  den  beiden  Gesteinen  dar- 
zustellen scheint.  Makroskopisch  glaubt  man  darin  einen  lagen- 
artigen Wechsel  von  dem  verschiedenartigen  Material  zu  erkennen. 
U.  d.  M.  sieht  man,  dass  sich  zwischen  den  Quarzkörnern  des 
Quarzits  zuerst  ganz  vereinzelte,  dann  zu  Garben  zusammen- 
tretende Nadeln  der  Hornblende  einfinden,  bis  schliesslich  durch 
Ueberhandnehmen  derselben  das  echte  Aktinolitligestein  entsteht. 
In  manchen  Varietäten  kann  man  eine  schiefrige  Structur  beob- 
achten; sie  wird  durch  reihenförmige  Anordnung  von  Eisenerz- 
körncheu  hervorgebracht.  Es  ist  sehr  wahrscheinlich,  dass  auch 
diese  Gesteine  nicht  in  ihrer  ursprünglichen  Ausbildungsweise 
erhalten  sind;  aber  es  gelang  nicht,  Aufschluss  darüber  zu  be- 
kommen, aus  welchem  primären  Material  sie  entstanden  sein 
mögen.  Das  dritte  hierher  gehörige  Gestein  tritt  auf  der  berg- 
wärts  gelegenen  Seite  des  Dioritstockes  wenige  Meter  vom  Cou- 
tact  entfernt  auf.  Es  besteht  zum  allergrössten  Theil  aus  einer 
schmutzig  braunen,  nicht  sehr  lebhaft  pleochroitischen  Hornblende, 
die  für  einen  Amphibolit  auffällig  gut  krystallisirt  ist.  Neben  ihr 
tritt  eine  zweite,  hell  grüne,  nur  ganz  schwach  pleochroitische 
Hornblende  auf.  die  dem  Aktinolith  angehört.  Die  letztere  um- 
wächst gern  die  braune  und  zwar  in  der  Art  und  Weise,  dass 
sie  krystallographisch  ganz  in  der  gleichen  Weise  orientirte, 
schmale  Zonen  um  die  Krystalle  der  ersteren  herum  bildet. 
Andererseits  tritt  sie  aber  auch  selbststäirdig  auf  und  reichert 
sich  sogar  an  manchen  Stellen  so  an,  dass  von  der  braunen 
Hornblende  gar  nichts  mehr  zu  sehen  ist.  Von  anderen  Mine- 
ralien finden  sich  noch  Quarz  in  kleinen  Mengen,    auffällig   zahl- 


475 


reiche,  durch  staubartige  Interpositionen  ganz  dunkel  gefärbte 
Apatitlaystalle  und  Eisenerzkörnchen.  Das  Gestein  besitzt  rich- 
tungslose Structur  und  unterscheidet  sich  ebenso  sehr  von  den 
Hornblendporphyriten  wie  von  den  übrigen  Amphiboliten ,  welche 
in  dem  Aviologebiet  beobachtet  wurden.  Sein  Ursprung  konnte 
nicht  festgestellt  werden.  —  lieber  die  räumliche  Ausdehnung  der 
contactmetamorphischen  Wirkungen  ist  nicht  viel  zu  sagen.  Die 
am  wenigsten  veränderten  Gesteine,  die  wir  beim  Durchschreiten 
der  Contactzone  antrafen,  nämlich  die  Ilmenit-Fruchtschiefer,  sind 
ungefähr  100  bis  150  m  von  dem  ersten  Aufschluss  des  Quarz- 
diorits  entfernt.  Dagegen  scheint  auf  der  östlichen,  d.  h.  berg- 
wärts  gelegenen  Seite  des  Eruptivstocks  die  Einwirkung  desselben 
auf  die  Schiefer  sich  nicht  so  weit  in  diese  hinein  erstreckt 
zu  haben. 

Soviel  ist  in  diesem  Theile  der  Arbeit  über  die  Umwand- 
lungen, welche  die  Phyllite  und  Quarzphyllite  durch  den  Quarz- 
diorit  des  Val  Moja  erlitten  haben,  anzuführen.  Es  müssen  aber 
noch  die  Gesteine  der  von  dem  Diorit  umschlossenen  Bruchstücke 
kurz  besprochen  werden;  denn  diese  unterscheiden  sich  durch 
ihren  Mineralbestand  zum  Theil  so  sehr  von  den  zur  Untersu- 
chung gelangten  umgewandelten  Quarzphylliten ,  dass  man  zu  der 
Vermuthung  gedrängt  wird,  sie  könnten  anderen,  in  der  Tiefe 
anstehenden  Gesteinen  entstanmien,  seien  von  dem  Eruptivgestein 
losgerissen  und  mit  in  die  Höhe  transportirt  worden.  Es  bezieht 
sich  das  indessen  nur  auf  die  Felsart  der  grösseren  Schollen, 
während  die  kleineren  Bruchstücke  von  Feldspathamphibolit  und 
Alvtinolithschiefer  doch  immerhin  eine  solche  Aehnlichkeit  mit 
dem  oben  erwähnten,  dicht  neben  dem  Contact  anstehenden  eigen- 
thümlichen  Amphibolit  haben,  dass  ihre  Zusammengehörigkeit  mit 
diesem  sehr  wahrscheinlicli  ist.  Von  dem  Aktinolithschiefer  wur- 
den überliaupt  nur  zwei,  wenige  Kubikcentimeter  Inhalt  besitzende 
Stückchen  beobachtet,  die  wohl  ursprünglich  einem  einzigen  grös- 
seren Fragment  angehörten.  Sie  haben  hell  grau -grüne  Farbe, 
ausserordentlich  dünnschieferige  Structur  und  sind  ganz  unregel- 
mässig eckig  gestaltet.  Der  Aktinolith,  der  sie  fast  ausschliess- 
lich zusammensetzt,  erscheint  u.  d.  M.  in  grösseren,  nur  ganz 
schwach  pleochroitischen  Individuen.  Er  ist  dem  Aktinolith  des 
oben  beschriebenen,  apatitreichen  Amphibolits  sehr  ähnlich,  nur 
dass  er  hier  nicht  mit  brauner  Hornblende  zusammen  vorkommt. 
—  Von  dem  Feldspathamphibolit  wurden  sehr  zahlreiche,  bis 
faustgrosse  Bruchstücke  aufgefunden.  Sie  haben  gewöhnlich  eckige, 
seltener  rundliche  Formen  und  sind,  wie  ich  hervorheben  möchte, 
keinesfalls  den  später  zu  besprechenden,  hornblendereichen,  dun- 
kelen,   sphäroidalen  Körpern  im  Tonalit  analog.    Dagegen  ist  hier 

32* 


476 


die  Aehnliclikeit  mit  dem  apatit reichen ,  ausserhalb  des  Diorits 
anstehend  gefundenen  Amphibolit  noch  viel  autfallender,  obwohl 
ein  Gehalt  an  Plagioklas.  die  grosse  Menge  der  hell  grünen,  das 
anscheinend  gänzliche  Fehlen  der  braunen  Hornblende  und  be- 
sonders die  viel  gröber  körnige  Structur  immerhin  deutliche  Un- 
terschiede hervorrufen.  —  Ganz  anders  steht  es  mit  den  erst 
erwähnten  grösseren  Schollen.  Welche  Form  und  Ausdehnung 
dieselben  besitzen,  liess  sich  nicht  feststellen.  Jedenfalls  sind 
sie  ihrer  Masse  nach  gar  nicht  mit  den  kleinen  Amphibolitfrag- 
menten  zu  vergleichen.  Sie  sind  meist  nicht  scharf  gegen  das 
Eruptivgestein  abgegrenzt,  scheinen  vielmehr,  wohl  in  Folge  von 
partieller  Einschmelzung,  allmählich  in  den  Diorit  überzugehen. 
Dennoch  kann  auch  bei  ihnen  kein  Zweifel  darüber  bestehen,  dass 
sie  nicht  etwa  concretionär  ausgeschiedene  Bestandmassen  des 
letzteren,  sondern  Einschlüsse  sind.  Die  Hauptgemengtheile .  die 
sich  an  ihrem  Aufbau  betheiligen,  sind  Cordierit,  Biotit  und 
Quarz,  weniger  wesentlich  sind  Plagioklas,  Apatit  und  Eisenerz. 
Muscovit  und  Andalusit  beobachtete  ich  in  den  von  mir  gesam- 
melten Stücken  niemals.  Die  Formentwicklung  und  Anordnung 
des  Biotits  ist  ausserordentlich  auftällig  und  kommt  in  derselben 
Ausbildungsweise  in  normalen  krystallinen  Schiefern  niemals  vor. 
Auch  die  Ausbildungsweise  des  Cordierit  ist  sehr  eigenthümlich. 
—  Der  mineralogischen  Zusammensetzung  nach  besteht  demnach 
nicht  die  geringste  Aehnlichkeit  mit  den  vorher  beschriebenen 
schieferigen  Andalusit-Glimmerfelsen,  die  aus  den  Quarzphylliten 
hervorgehen,  um  so  grössere  aber,  wie  ich  hier  vorgreifend  be- 
merken möchte,  mit  den  Umwandlungsproducten ,  die  der  Tonalit 
erzeugt  hat.  Der  Structur  nach  unterscheiden  sie  sich  aber  auch 
von  diesen.  Eine  eingehende  petrographische  Beschreibung  dieses 
Gesteins  kann  erst  im  letzten  Theil  der  Arbeit  gegeben  werden. 
Rückblick.  Fassen  wir  in  wenigen  Worten  die  in  diesem 
Abschnitt  gegebenen  Thatsachen  zusammen,  so  erkennen  wir  Fol- 
gendes. Der  hornblendefreie  Quarz -Glimmerdiorit  des  Val  Moja 
bildet  einen  kleinen,  unregehnässig  gestalteten  Eruptivstock  inner- 
halb phyllitischer  und  quarzphyllitischer  Gesteine.  Er  hat  die- 
selben im  Contact  metamorphosirt.  und  man  kann,  wenn  man  von 
den  Unregelmässigkeiten  absieht,  welche  durch  die  lagenweise  ver- 
schiedene chemische  und  mineralogische  Zusammensetzung  der 
ursprünglichen  Gesteine  hervorgebracht  werden,  im  Ganzen  zwei 
verschiedene  Zonen  der  metamorphischen  Einwirkung  unterschei- 
den: 1.  Die  Zone  der  Ilmenit-Fruchtschiefer,  in  denen  die  Haupt- 
masse des  Gesteins  im  Wesentlichen  unverändert  ist,  und  die  Um- 
wandlung des  Clilorits  in  Biotit  sich  noch  auf  einzelne  kleine 
Flecke  beschränkt.      2.     Die  Zone  der  völlig  veränderten  ..schie- 


477 


ferigeu  AiKlalusit-Glinniioifelse."'  Da  wo  man  zwischen  diesen  bei- 
den Zonen  in  anderen  Contactgebieten  gewöhnlich  Frucht-  oder 
Garbenschiefer  mit  krystallin  veränderter  Gesteinsmasse  autgefun- 
den hat,  sind  hier  quarzitische  Gesteine  eingelagert,  die  in  weit 
geringerem  Maasse  von  der  Contactmetamorphose  beeinflusst  wur- 
den als  die  weiter  von  dem  Diorit  entfernten  chloritischen  Phyllite. 
Ausserdem  umschliesst  das  Eruptivgestein  noch  Bruchstücke  frem- 
der Gesteine,  die  in  ihrem  jetzigen  Zustande  gleichfalls  wohl  als 
metamorphosirt  aufzufassen  sind  und  theils  mit  noch  jetzt  an- 
stehend in  der  Nähe  zu  beobachtenden  Felsarten  übereinstimmen, 
theils  aus  der  Tiefe  heraufgetragen  zu  sein  scheinen. 

II.    Der  Tonalit  und  der  ihn  umgebende  Schiefercomplex  sowie 
ihre  gegenseitigen  Beziehungen  \). 

Um  die  Contactfläche  zwischen  Tonalit  und  Schiefer  zu  un- 
tersuchen, mögen  wir  etwa  von  der  Mitte  der  Foppa  aus  den 
Golmokamm.  der  sie  im  Süden  abschliesst.  ersteigen.  Wandern 
wir  dann  zu  dem  Tonalit  hin.  das  heisst  also  in  ungefähr  öst- 
licher Riclitung.  so  schreiten  wir  über  die  Schichtköpfe  von 
Schiefern  hinweg.  Allerdings  ist  die  Schichtung  oft  nur  un- 
deutlich wahrzunehmen,  weil  in  Folge  der  später  zu  besprechen- 
den metaraorphischen  Veränderungen  ihre  ursprünglich  schieferige 
Structur  zum  Theil  verwischt  wurde  und  weil  ferner  auch  hier 
Bewegungen  des  Gebirges  zahlreiche  Faltungen  und  Fältelungen 
erzeugten,  die  eine  genauere  Bestimmung  der  geologischen  Rich- 
tungen unmöglich  machen.  Dennoch  kann  man  feststellen,  dass 
die  Schiefer  im  Grossen  und  Ganzen  fast  senkrecht  stehen,  nicht 
selten  aber  äusserst  steil  gegen  den  Tonalit  einzufallen  scheinen, 
und  in  ungefähr  nordwestlicher  bis  nördlicher  Richtung  streichen. 
Sie  setzen  den  allergrössten  Theil  des  Kammes  zusammen,  und 
erst  kurz  vor  dem  Punkt,  wo  sich  dieser  mit  der  eigentlichen 
Gipfelmasse  des  Aviolo  vereinigt,  treffen  wir  die  Grenze  zwischen 
ihnen  und  dem  Tonalit. 

Kehren  wir  jetzt  auf  dem  Kamm  einige  hundert  Schritte 
zurück  und  steigen  durch  eine  der  zahlreichen  ,  nordwärts 
hinunter    führenden  Runsen    in   gerader  Richtung    zur  Foppa  ab. 


^)  In  diesem  Abschnitt  werden  alle  Gründe,  welche  den  Nachweis 
liefern,  dass  die  den  nordwestlichen  Adamello  umgebenden  Schiefer 
von  gluhtflüssigem  Tonalit  durchbrochen  und  im  Contact  metamorpho- 
sirt-worden  sind,  der  Tonalit  demnach  für  jünger  als  jene  zu  erklären 
ist,  mit  besonderer  Ausführlichkeit  behandelt  werden,  da  Stäche  diese 
Fragen  entweder  noch  gar  nicht  berührte  oder  sich  ganz  unbestimmt 
äusserte  (vergl.  Einleitung  dieser  Arbeit) ,  Lepsiis  aber  gerade  das 
Gegenthtil  zu  erweisen  suchte  (vergl.  weiter  unten,  p.  484,  Anm.). 


478 


so  sehen  wir .  dass  die  untersten  anstehenden  Felsen .  die 
wir  an  dem  Abhang  treffen,  wieder  aus  Tonalit  bestehen,  der 
sich  von  dort  an  dem  Abhang  entlang,  in  östlicher  Richtung  bis 
zu  dem  rein  tonalitischen  Gipfelniassiv  des  Aviolo  verfolgen  lässt. 
Auf  dieser  Strecke  lagert  also  der  Schiefer  auf  dem  To- 
nalit. Man  kann  diese  Erscheinung  bei  günstiger  Beleuchtung 
bereits  aus  der  Entfernung  an  dem  Farbenunterschied  der  Felsen 
wahrnehmen.  Obwohl  nun  die  dem  Tonalit  unmittelbar  benach- 
barten Gesteine  jetzt  durchgehends  richtungslose  Structur  besitzen, 
so  muss  man  doch  auf  Grund  der  an  allen  anderen  Stellen  des 
Kammes  beobachteten  Lagerungsverhältnisse  annehmen,  dass  die 
Schichten  der  hier  ursprünglich  vorhandenen  Schiefermassen  an 
der  Contactfläche  scharf  abschnitten.  Dass  eine  concordante  An- 
lagerung derselben  gar  nicht  denkbar  ist.  beweist  übrigens  auch 
der  schon  aus  der  Entfernung  erkennbare,  unregelmässig  zackige 
Verlauf  der  Contactlinie.  Ein  Irrthum  ist  dabei  ausgeschlossen; 
denn  ich  constatirte  auch  bei  einem  Anstieg  durch  die  allerdings 
sehr  schroffen  und  steilen  und  daher  zum  grössten  Theil  ganz 
unzugänglichen  Felswände  das  Eingreifen  unrcgelmässiger  grosser 
Lappen  des  Contactgesteins  in  den  Tonalit.  Die  angeführten 
Thatsachen  scheinen  mir  insofern  von  Bedeutung  zu  sein,  als  sie 
beweisen,  dass  die  Contactfläche  zwischen  Tonalit  und  Schiefer- 
gebirge wenigstens  an  dieser  Stelle  die  ursprüngliche,  nicht  etwa 
eine  durch  Brüche  hervorgebrachte  ist.  Ferner  aber  kann  ich 
mir  dann  den  eigenthümlich  zackigen  Verlauf  der  Contactlinie 
bezw.  Contactfläche  nur  durch  die  Annahme  erklären,  dass  der 
Tonalit  jünger  ist  als  das  Schiefergebirge  und  dies 
durchbrochen    hat. 

"Wenden  wir  uns  jetzt  zu  der  nördlichen  Seite  der  Foppa. 
das  heisst  also  dem  im  Monte  Piccolo  endigenden  Kamm  der- 
selben, so  bemerken  wir.  dass  die  Contactstelle  hier  in  unge- 
fähr NNW-Richtung  von  der  auf  dem  Colmokamm  besuchten  ge- 
legen ist.  In  derselben  Richtung  verlief  aber  auch  das  Strei- 
chen der  dort  untersuchten  Schiefer,  und  ungefähr  ebenso  ver- 
läuft es  an  all'  den  Punkten  des  Piccolokammcs,  wo  man  die 
Schichtstellung  noch  erkennen  kann.  Was  die  Neigung  der 
Schichten  betrifft,  so  ist  dieselbe  häufig  ungefähr  senkrecht;  doch 
findet  man  sehr  oft  ein  äusserst  steiles  Einfallen  gegen  den  To- 
nalit. Bemerkt  sei  bei  dieser  Gelegenheit,  dass  auch  die  Felsen, 
welche  die  oben  erwähnte  Thalstufe  im  Grunde  der  Foppa  bilden, 
ungefähr  NW  streichen  und  deutlich  aber  steil  gegen  den  Tonalit 
einfallen. 

Vom  Grunde  des  Thaies  gesehen  scheint  der  Rücken  west- 
lich von  der  Contactstelle   des  Piccolokammes   ganz   und  gar  aus 


479 


Schiefer  zu  bestehen .  der  scharf  au  dem  Toualit  abschneidet. 
Der  Contact  zwischen  den  beiden  Gesteinen  ist  aber  nur  in  einer 
etwa  5 — 6  m  hohen,  stark  geneigten  Fläche  entblösst.  während 
weiter  unten  alles  von  Trümmern  und  Schutt  bedeckt  ist.  In  das 
Verbandverhältniss  lässt  sich  vom  Thalgrunde  aus  kein  Einblick 
gewinnen.  Steigt  man  aber  an  den  Tonalitklippen  entlang  zu  der 
Contactstelle  empor,  so  erkennt  man  Folgendes:  Auf  der  linken 
westlichen  Seite  stehen  sehr  verschiedenartige,  grösstentheil  den 
Eindruck  von  veränderten  Schiefern  machende  Gesteine  an  Schie- 
ferige Structur  lässt  sich  in  den  meisten  nicht  mehr  beobachten. 
Besonders  auffällig  ist  ein  ausserordentlich  feinkörniges,  dunkel 
graues  Gestein,  das  makroskopisch  einem  Eruptivgestein  nicht 
unähnlich  ist  und  auch  völlig  massiges  Aussehen  besitzt.  In  die- 
sen Gesteinscomplex  entsendet  in  dem  untersten  Theil  der  vorher 
erAvähnten  schrägen  Fläche  der  Tonalit  eine  kurze,  anscheinend 
apophysenartige  Zunge  hinein.  In  der  Mitte  der  Fläche  sieht 
man  sogar  in  dem  feinkörnigen  grauen  Gestein  schmale  Adern 
einer  grobkörnigen,  aus  Quarz.  Plagioklas  und  grossen  Biotit- 
blättern bestehenden  Masse,  die  wohl  als  eine  Modification  des 
Tonalits  aufzufassen  ist.  Ganz  oben  aber,  auf  der  Höhe,  wo  man 
nach  der  andeien  Seite  in  das  Val  Finale  tief  hinunterschaut, 
reicht  der  Tonalit  über  die  Contactstelle  westlich  hinaus  und  be- 
theiligt sich  demnach  auch  dort  noch  an  der  Zusammensetzung 
des  Kammes.  Jedenfalls  muss  die  Contactfläche  zwischen  ihm 
und  dem  Schiefergebirge  ziemlich  steil  stehen  und  eine  Strecke 
weit  in  ungefähr  westlicher  Richtung  verlaufen.  Da  nun  die 
Schiefer,  wie  bereits  hervorgehoben,  in  NNW  streichen,  so  schnei- 
den die  Schichten!  demnach  auch  hier  an  der  Contactfläche  ab. 

Vergleichen  wir  die  auf  den  beiden  Thalseiten  der  Foppa 
gemachten  Beobachtungen,  so  erhalten  wir,  in  wenigen  Worten 
zusammengefasst.  folgendes  Resultat.  Die  Contactfläche  zwischen 
dem  Tonalit  und  dem  Schiefer  hat  eine  ganz  unregelmässige  Ge- 
stalt Sie  entspricht  nämlich  nicht  etwa  einer  ebenen  oder  regel- 
mässig schwach  gewölbten  Fläche,  sondern  sie  ist  regellos  buckelig 
geformt;  auf  der  einen  Thalseite  steht  sie  steil,  auf  der  anderen 
ist  sie  schwach  geneigt  und  verflächt  beide  Male  in  verschiedenen 
Richtungen.  Die  Schichten  der  Schiefer  liegen  stellenweise  auf 
dem  Tonalit  und  schneiden  mitunter  scharf  an  der  Contactfläche 
ab.  Dabei  ist  im  Grossen  und  Ganzen  ihr  Streichen  aber  den- 
noch dem  Verlauf  der  Gi-enzlinie  parallel.  Die  eigenthümliche 
Gestaltung  der  Contactfläche  beweist  einerseits  das  Fehlen  von 
Brüchen,   andererseits  die  intrusive  Natur  des  Tonalits. 

Weitere  Beweise  für  diese  Thatsachen  sollen  im  Folgenden 
erbracht  werden.      Am  Grunde    der  Foppa,    nicht  weit  von   den 


480 


üben  erwähnten  drei  Wiesen,  tiiiden  sich  zwischen  Trümmern  ver- 
schiedener Tonalitvarietäten  auch  lose  Blöcke  eines  liornblende- 
freien  Tonalits,  der  zahh'eiche,  mehr  oder  weniger  eckig  gestaltete 
Einschlüsse  von  anderen  Gesteinen  führt.  Die  mikroskopische 
Untersuchung  dieser  letzteren  ergab  ihre  Uebereinstimmung  mit 
einem  auf  beiden  Foppakämmen  in  der  Nähe  des  Contacts  auf- 
tretenden charakteristischen  Cordieritgestein  und  deutete  ferner 
darauf  hin,  dass  Theile  der  ihrer  chemischen  Zusammensetzung 
nach  sehr  basischen  Einschlüsse  von  dem  saureren  Tonalitmagma 
anfgelöst  worden  sind.  Dafür  spricht  auch  die  Thatsache,  dass 
rings  um  diese  Fragmente  in  dem  Tonalit  zahlreiche  braun-rothe 
Granaten  und  auffällig  grosse,  nach  der  c  -  Axe  säulenförmige 
Biotitkrystalle  ausgeschieden  sind.  Die  dadurch  erzeugte  eigen- 
tühmliche  Varietät  des  Eruptivgesteins  wird  man,  da  ihre  beson- 
dere Ausbildungsart  unzweifelhaft  auf  eine  stoffliche  Beeinflussung 
des  flüssigen  Magmas  durch  den  Contact  mit  dem  eingeschlosse- 
nen Gestein  zurückzuführen  ist,  als  eine  „endogene  Contactmodi- 
lication"-  des  Tonalits  bezeichnen  müssen.  Diese  Aulfassung  wird 
noch  dadurch  bestätigt,  dass  dieselbe,  durch  grosse  braunrothe 
Granaten  ausgezeichnete  Varietät  des  Tonalits  auf  dem  Piccolo- 
kamm  in  losen  Blöcken,  auf  dem  Colmokamm  auch  anstehend, 
beide  Male  aber  in  der  Nähe  des  Contactes  gefunden  wurde. 
Allerdings  darf  es  nicht  unverwähnt  bleiben,  dass  auch  das  Ne- 
bengestein an  dem  letzteren  Fundort  ganz  ähnliche  Granaten 
führt.  Indessen  ist  es  mir  nicht  wahrscheinlich,  dass  die  Gra- 
naten des  Tonalits  nur  von  der  Einschmelzung  verschonte  Reste 
dieses  Nebengesteins  sind,  da  ja  an  der  ersterwähnten  Fundstelle, 
an  der  die  Granaten  am  reichlichsten  in  dem  Tonalit  auftreten, 
in  dem    eingeschlossenen  Gestein  nichts  davon    zu  sehen   ist. 

Nicht  weniger  Beachtung  verdient  eine  zweite  Thatsache,  die 
gleichfalls  an  einem  losen  Block  beobachtet  wurde.  Derselbe  fand 
sich  in  dem  mittleren  Val  Moja,  unmittelbar  neben  dem  Bach  an 
der  Stelle,  wo  die  oben  erwähnten  Ilmenit-Fruchtschiefer  in  dem 
Contacthof  des  Mojadiorites  anstehen.  Er  hat  ungefähr  einen 
Kubikmeter  Inhalt  und  besteht  auf  beiden  Seiten  aus  einem  eigen- 
thümlichen,  schieferigen  Gestein,  wie  es  anstehend  in  der  Foppa, 
also  in  nicht  grosser  Entfernung  von  dem  Tonalit  beobachtet 
wurde.  Man  erkennt  in  ihm  die  Schichtung  nur  noch  an  den 
Quarzlinsen  und  Lagen;  doch  sind  diese  in  Folge  des  Gebirgs- 
druckes  in  mannichfaltiger  Weise  gebogen,  verzerrt  und  zerrissen. 
Durch  den  Schiefer  hindurch  setzt  ein  ungefähr  einen  halben 
Meter  breiter  Gang  von  echtem.  Hornblende  führendem  Tonalit. 
Die  Grenze  ist  scharf  und  geradlinig.  Die  gebogenen  Quarzlinsen 
schneiden  an  ihr  ab.  —  Es  geht  daraus  zweierlei  hervor,   erstens. 


481 


dass  der  Tonalit  den  Schiefer  elurchbroclien  hat.  zweitens,  dass 
die  Intrusion  erst  stattfand,  als  bereits  Bewegungen  des  Gebirges 
die  Faltungen  und  Biegungen  des  Schiefers  erzeugt  hatten.  — 
Ausser  diesem  unzweifelhaften  Gang  von  Tonalit  wurden  noch 
vier  andere  gangförmige  Vorkonnunisse.  worunter  drei  anstehend, 
beobachtet,  von  denen  es  zwar  sehr  wahrscheinlich  ist,  aber  niclit 
mit  absoluter  Sicherheit  festgestellt  werden  konnte,  dass  sie  gleich- 
falls als  Tonalit  aufzufassen  sind.  Es  sind  sämmtlich  grobkörnige, 
aus  Plagioklas,  Quarz  und  Biotit  bestehende  Gesteine,  die  makro- 
skopisch dem  hornblendefreien  Tonalit  gleichen  und  auch  mikro- 
skopisch ganz  dieselbe  Structur  wie  dieser  besitzen.  Sie  um- 
schliessen  zum  Theil  Bruchstücke  des  cordieritreichen  Neben- 
gesteins und  vereinzelte  Körner  von  Cordierit.  Das  eine  dieser 
Vorkommnisse  fand  sich  sehr  schön  aufgeschlossen,  aber  nicht 
ganz  leicht  zugänglich  an  einer  von  dem  Piccolokamm  der  Foppa 
nach  Süden  herunterziehenden  Felsrippe.  Es  ist  ein  ungefähr 
1  m  breiter  Gang,  an  dem  die  gebogenen  Lagen  der  Schiefer  in 
der  gleichen  Weise  scharf  abschneiden,  wie  es  bei  dem  nicht  an- 
stehenden Block  aus  dem  Val  Moja  beschrieben  wurde.  Zwei 
andere  Vorkommnisse  wurden  anstehend,  aber  nicht  so  gut  auf- 
geschlossen auf  dem  Colmokamm  beobachtet,  das  vierte  als  loser 
Block  jenseits  des  Colmokammes  in  der  Valletta  di  Sonico. 
Gerade  dies  letztere  umschloss  bereits  makroskopisch  deutlich 
erkennbare  Bruchstücke  des  charakteristischsten  Contactgesteins 
der  Foppa  und  muss,  nach  dem  Auftreten  des  letzteren  zu  ur- 
theilen,  aus  ganz  geringer  Entfernung  von  dem  Tonalit  stammen. 
Die  drei  ersten  anstehend  beobachteten  wurden  gleichfalls  in  der 
näheren  Umgebung  des  Tonalits  aufgefunden. 

Es  kommen  daher  zu  den  oben  angeführten  Beobachtungen  über 
das  Verbandverhältniss  zwischen  Tonalit  und  Schiefer  noch  folgende 
Ergebnisse  hinzu:  1.  Der  Tonalit  durchsetzt  das  Nebenge- 
stein mitunter  in  Form  schmaler  Gänge.  2.  Er  umschliesst 
Bruchstücke  desselben.  3.  Das  Tonalitmagma  ist  au 
manchen  Stellen  im  Contact  mit  dem  Nebengestein 
stofflich  von  diesem  beeinflusst  worden.  Die  dadurch 
entstandene  Granat  führe  nde  Varietät  ist  demnach  eine 
endogene  Contactmodifica  tion  des  Tonalits. 

Aus  all'  den  angeführten  Gründen  kann  an  dem  jüngeren 
Alter  des  Tonalits  den  Schiefern  gegenüber  nicht  gezweifelt  wer- 
den. Denken  wir  nun  aber  an  die  Grösse  des  von  ihm  gebil- 
deten Eruptivstockes,  an  die  gewaltigen  Wirkungen,  die  er  im 
Contact  mit  dem  Grödener  Sandstein  und  den  kalkigen  Schichten 
der  Trias  im  Süden  der  Adamellogruppe  ausgeübt  hat.  und  ziehen 
wir  endlich  zur  Vergleichung  die  Erfahrungen  heran,   die  man  bei 


482 


der  Untersuchung  so  zahlreicher  grosser  Granit-,  Syenit-  und 
Dioritstöcke  der  ganzen  Welt  gemacht  hat.  dann  werden  wir  von 
vorn  herein  auch  eine  contactmetamorphische  Veränderung  der  ihn 
in  unserem  Gebiete  umgebenden  älteren  Schieferschichten  erwarten. 
Und  wirklich  finden  Avir  denn  auch  hier  entlang  der  Grenze  des 
Tonalits  eine  mächtige,  bisher  unbekannt  gebliebene  Zone  von 
contactmetamorphisch   umgewandelten  Gesteinen. 

Die  petrographische  Beschaffenheit  derselben  lässt  mit  Sicher- 
heit erkennen,  dass  die  ursprünglichen  Gesteine  zu  einem  grossen 
Theil  jedenfalls  nicht  Phyllite  waren.  Ebenso  besteht  der  schmale 
Saum  von  zweifellos  unveränderten  Gesteinen  zwischen  der  Contact- 
zone  und  den  schon  besprochenen  Quarzphylliten.  soweit  er  in 
dem  Val  Moja  aufgeschlossen  ist,  fast  ausschliesslich  aus  Gneissen 
mit  untergeordneten  Einlagerungen  von  Glimmerschiefer.  Der 
ganze  Complex  liegt  unter  den  Quarzphylliten  und  ist  also  älter 
als  dieselben.  Diese  Lagerungsw^eise  sowie  der  petrographische 
Charakter  der  Schichten  machen  es  wahrscheinlich,  dass  sie  der 
Gneissphyllit-Gruppe  Stache's  ^)  angehören.  Damit  stimmen  auch 
die  Beobachtungen  überein,  Avelche  dieser  Forscher  in  der  nord- 
westlichen und  wohl  auch  der  nördlichen  Randzone  des  Adamello 
machte.  Er  fand  dort  immer  zwischen  dem  Tonalit  und  dem 
äusseren  Quarzphyllit- Gebirge  eine  Zone  von  „Gneissen,  Gneiss- 
phylliten  und  Glimmerschiefern"  eingeschaltet,  welche  jedenfalls 
mit  dem  älteren  Schichtcomplex  des  Val  Moja  identisch  ist.  Eine 
„durch  einen  Wechsel  von  krystallinischen  Kalkschichten  mit 
deckenartigen,  dioritischen  Lagermassen"  ausgezeichnete  Gesteins- 
zone, wie  sie  nach  Stäche-)  auf  der  Westflanke  des  Adamello 
entlang  der  Tonalitgrenze  übergreifend  über  den  Tonalit  und  das 
angrenzende  Schiefergebirge  ausgebreitet  war.  ist  auf  der  West- 
seite des  Monte  Aviolo  nicht  vorhanden,  bezw.  nicht  erhalten. 
Uebrigens  hat  Stäche  selbst  bereits  angeführt,  dass  diese  eigen- 
thümliche  Gesteinszone  nur  dort,  wo  sie  in  Spalten  zwischen 
Tonalit  und  Schiefer  eingequetscht  wurde,  vor  der  Zerstörung 
durch  Denudation  und   Erosion  bewahrt  blieb. 

Für  die  Betrachtung  der  Lagerungsverhältnisse  der  Gneiss- 
phyllitzone  unseres  Gebietes  müssen  wir  auch  die  bereits  bespro- 
chene Lagerung  der  Quarzphyllite  und  einige  Angaben  von  Curioni 
und  VOM   Rath  zur  Vergleichung  heranziehen. 

Die  Quarzphyllite  des  unteren  Val  Moja  haben  im  Allge- 
meinen NO -Streichen  bei  NW,    also  von  dem  Tonalit  weggerich- 


')  Man  vergleiche  die  Schilderung  desselben  in:  J.  d.  k.  k.  R.-A., 
1874,  Heft  2. 

^)  Man  vergleiche  die  ausführlichen  Citate  in  der  Einleitung. 


483 


tetem  Fallen.  Der  Fallwinkel  ist  in  grösster  Entfernung  von 
dem  Eruptivgestein  am  geringsten  und  wird  mit  der  Annäherung 
an  dasselbe  immer  grösser,  bis  endlich  verticale  Stellung  der 
Schichten  vorherrscht.  In  der  Foppa  dagegen  trafen  wir  bei  den 
contactmetaniorphisch  veränderten  Schiefern  fast  immer  ein  N- 
bis  NNW-Streichen  ungefähr  entsprechend  dem  dort  beobachteten 
Verlauf  der  Contactlinie.  Dabei  ist  das  Verflachen  dieser  Schichten, 
wenn  sie  nicht  ganz  senkrecht  stehen,  fast  stets  steil  gegen  den 
Tonalit  gerichtet.  Die  Uebergangszone  zwischen  den  Quarzphyl- 
liten  und  dem  älteren  Schichtcomplex  ist  einerseits  ausserordent- 
lich verworren  gelagert,  andererseits  wenig  oder  unklar  aufge- 
schlossen und  gestattet  in  Folge  dessen  keinen  deutlichen  Ein- 
blick in  die  Structur  der  von  ihnen  zusammengesetzten  Theile  des 
Berges.  Dafür  beobachtete  aber  auch  Curioni  in  der  Valletta  del 
Foppone^)  südlich  von  dem  Val  Moja,  dass  der  äussere,  tiefer 
am  Berge  gelegene  Schichtcomplex  die  Schichten  des  anderen, 
höher  am  Berg  gelegenen  überlagert  uiul  demnach  jünger  ist  als 
dieser.  Der  bezügliche  Passus  lautet;  „Nella  valle  del  Foppone 
a  mozzodi  della  Valle  di  Moja  ed  a  levante  di  Mü,  si  incontrano, 
oltrepassato  un  potente  deposito  di  roccie  di  trasporto,  gli  scisti 
silicei  con  melme  micacee  antracitiche  (die  kohlenstoffreichen 
Phyllite).  Essendo  i  terreni  rialzati  a  levante,  progredendo  nella 
valle  si  giunge  ai  banchi  che  sotto  giacciono  a  quelli  antracitiferi. 
Essi  si  appoggiano  alle  masse  sienitiche  del  gruppo  di  monti 
deir  Aviolo;  sono  contorti,  molto  micacei,  e  contengono  vene 
quarzose."  Diese  letzteren  glimmerreichen  Schiefer,  die  er  nicht 
näher  untersuchte,  gehören  ohne  Zweifel  zu  den  von  mir  in  dem 
Val  Moja  und  in  der  Valletta  di  Sonico  beobachteten  Glimmer- 
schiefern und  Gneissen.  —  Ausser  dieser  Angabe  Curioni' s  sind 
noch  Gerhard  vom  Rath's  (1.  c,  1864)  Beobachtungen  über  die 
Lagerung  der  Schiefer  in  dem  9  km  in  ONO  -  Richtung  vom  Val 
Moja  entfernten  Val  d'Avio  bemerkcnswerth.  Auch  dort  nämlich 
sind  die  Schichten  unmittelbar  an  dem  Tonalit  am  steilsten,  ja 
fast  senkrecht  aufgerichtet,  streichen  parallel  dem  Verlaufe  der 
Contactlinie  und  fallen,  je  weiter  man  sich  von  dem  Tonalit  ent- 
fernt, immer  flacher  von  der  Gesteinsgrenze  fort.  Fassen  wir 
diese  Beobachtungen  zusammen,  so  ergiebt  es  sich,  dass  die  ur- 
sprünglich concordant  gelagerten  Schiefer  in  der  nördlichen  und 
nordwestlichen  Umrandung  des  Tonalits  jetzt  gewisse  Unterschiede 
in  der  Schichtstellung  und  zwar  immer  in  dem  Fallen,  mitunter 
auch    in   dem  Streichen    aufweisen.      Dabei  werden   diese  Diver- 


^)  Vergl.  Anmerkung  auf  pag.  469. 


484 


genzen  im  Allgemeinen  um  so  stärker,  je  mehr  man  sieh  dem 
Contact  mit  dem  Tonalit  nähert.  Ihre  Grösse  ist  also  gewisser- 
maassen  eine  Function  der  Entfernung  von  dem  Tonalit.  Ich 
habe  mir  diese  Verhältnisse  durch  Annahme  derselben  Erschei- 
nungen zu  erklären  versucht,  welche  man  stets  dort  beobachtet 
hat,  wo  geschichtete  Systeme  durch  Gebirgsbewegung  an  vorlie- 
genden  festeren  Massiven  gestaut  wurden. 

Dass  grossartige  Bewegungen  auch  das  Adamello-Gebirge  betrof- 
fen haben,  das  ist  wenigstens  für  seine  östlichen  Theile  längst  nach- 
gewiesen. Denn  wir  erkennen  ihre  Wirkungen  an  dem  Judikarien- 
bruch.  an  der  von  Teller  (1.  c.  1886)  beschriebenen  Ueberschie- 
bung  am  Corno  Alto,  an  der  langen,  den  Tonalit  im  Osten  begrenzen- 
den Bruchlinie  und  an  den  Faltungen  der  Schieferschichten  zwischen 
dieser  und  der  Judikarienlinie.  Ebenso  wie  dort  wurde  die  Adamello- 
masse auch  im  N  und  NW  einem  gewaltigen  Druck  ausgesetzt, 
der  sie  zum  Ausweichen  und  somit  zu  Bewegungen  nöthigte.  Es 
geschah  dies  zu  einer  Zeit,  in  welcher  der  Tonalit  bereits  längst 
erstarrt  war  und  längst  die  später  zu  beschreibende  Contactmeta- 
morphose  der  Schiefer  bewirkt  hatte.  Da  er  nun  schon  in  Folge 
seiner  grösseren  Homogenität  und  durch  seine  mineralogische 
Zusammensetzung  die  gleichzeitig  mit  ihm  bewegten  Schiefer  an 
Festigkeit  und  Widerstandskraft  bedeutend  übertraf,  so  bewirkte 
der  Druck  in  ihm  nicht  so  sehr  eine  innere  Auslösung  der  Span- 
nung durch  Verschiebung  der  einzelnen  Theile  gegen  einander  als 
eine  einheitliche  Bewegung  der  ganzen  Masse  im  Grossen.  Er 
wurde  in  Folge  dessen  wie  ein  fester  Klotz  \)  gegen  die  ihn  um- 
gebenden Schiefer  gepresst.  Es  ist  für  die  dabei  erzielte  Wir- 
kung gleichgültig,  ob  man  sich  die  bewegende  Kraft  von  der 
Tonalit-  oder  von  der  Schieferseite  ausgehend  denkt.  In  jedem 
Fall  wurden  die  geschichteten  Gesteine  so  an  die  Contactfläche 
angedrückt,  dass  sie,  wo  dies  nicht  schon  ursprünglich  der  Fall 
war,  ein  im  Grossen  imd  Ganzen  mit  dem  Verlauf  der  Contact- 
fläche tibereinstimmendes  Streichen  erhielten.  Was  das  Fallen 
betrifft,    so  wurden  sie  unmittelbar  am  Contact  gewöhnlich  senk- 


^)  Ich  entnehme  diesen  Ausdruck  von  Lepsius,  der  zuerst  die 
beschriebenen  Lagerungsverhältnisse  durch  Bewegungen  der  starren 
Tonalitmasse  erklärte.  Seine  Anschauung  unterscheidet  sich  aber  da- 
durch sehr  wesentlich  von  der  hier  vertretenen,  dass  er  den  Tonalit 
für  älter  als  die  ihn  umgebenden  Sedimentgehilde  hielt.  Er  nahm 
nämlich  an,  dass  ersterer  in  festem  Zustand  aus  einer  Tiefe  von 
wenigstens  20(X)0  Fuss  emporgehoben ,  durch  die  ihn  bedeckenden 
Schichten  durchgestossen  und  neben  die  ihn  jetzt  umlagernden  For- 
mationen geworfen  worden  sei.  Die  Contactmetamorphose  fühi'te  er 
auf  die  „Eigenwärme"  zurück,  welche  der  feste  Tonalit  als  Glied  jener 
Tiefenstufe  besass. 


485 


recht  oder  fast  senkrecht  emporgerichtet,  an  manchen  Punkten, 
wie  in  der  Foppa.  sogar  in  eine  überkippte  Stellung  gebracht. 
Je  weiter  man  sich  von  dem  Contact  entfernt,  um  so  geringer 
wird  die  Abweichung  der  Lagerung  von  der  ursprünglichen.  In 
noch  grösserer  Entfernung  geht  das  Fallen  und  Streichen  all- 
mählich in  das  des  umgebenden  Schiefergebirges  über.  Dieses 
letztere  ist  zwar  auch  in  Falten  geworfen,  aber  dieselben  lassen 
keine  Beziehungen  zu  der  Tonalitmasse  und  deren  jetzt  entblösster 
Grenzlinie  erkennen. 

Ein  besonderer  Fall  konnte  eintreten,  wenn  die  Bewegungs- 
ditferenz  zwischen  dem  Tonalit  und  der  Schiefermasse  so  gross 
wurde,  dass  sie  zu  Zerreissungen  ursprünglich  fest  mit  einander 
verbundener  Gebirgstheile  führte.  Es  bildeten  sich  dann,  wie 
Stäche  (1.  c,  1880)  bereits  für  die  Westseite  annahm,  grössere 
und  kleinere  Brüche  entlang  der  Contactlinie.  Dazu  kam  es  in- 
dessen weder  in  der  Foppa,  noch  überhaupt  an  dem  Westabhang 
des  Monte  Aviolo. 

Jedenfalls  aber  haben  wir  in  dem  Profil  des  Yal  Moja  drei  ver- 
schiedene tektonische  Zonen  zu  unterscheiden.  Erstens  nämlich  eine 
ganz  schmale  Zone  in  der  unmittelbarsten  Nachbarschaft  des  Tonalits, 
in  welcher  die  mit  der  Intrusion  des  Eruptivgesteins  in  Verbindung 
stehenden  Unregelmässigkeiten  der  Lagerung  noch  jetzt  maassgebend 
sind.  Dort  beobachten  wir  local  discordantes  Abschneiden  der 
Schichten  an  der  Contactfläche.  Zweitens  eine  dem  Tonalit  im  weite- 
ren Sinne  benachbarte  Gesteinszone,  in  welcher  das  Streichen  der  an 
die  Contactfläche  herangepressten  Schiefer  parallel  der  Grenzlinie, 
d.  h.  NNW  verläuft.  Drittens  eine  am  weitesten  entfernte  Zone, 
welche  das  ONO -Streichen  des  tektonisch  nur  noch  unbedeutend 
beeinflussten  Grundgebirges  jenseits  des  Oglio  besitzt.  Alle  drei 
Zonen  gehen  allmählich  in  einander  über.  Dort,  wo  der  Verlauf 
der  Tonalitgrenze  mit  dem  Streichen  des  unbeeinflussten  Schiefer- 
gebirges übereinstimmt,  wie  es  in  dem  Aviothal  der  Fall  zu  sein 
scheint,  kann  natürlich  eine  Divergenz  in  dem  Streichen  der 
Schichten  nicht  beobachtet  werden.   — 

Bei  der  nun  folgenden  Beschreibung  der  durch  den  Tonalit  in 
den  Schiefern  hervorgebrachten  Contactmetamorphose  sind  die  Er- 
gebnisse der  petrographischen  Untersuchungen,  soweit  sie  zur  Er- 
kenntniss  der  geologischen  Vorgänge  beitragen  können,  mit  aufge- 
führt. Da  indessen  für  die  hier  vorliegenden  Contactgesteine  ein 
neues  Benennungsprincip  angewendet  wurde,  so  ist  vorher  in  we- 
nigen Worten  auseinandergesetzt,  weshalb  und  in  welcher  Weise 
dies  geschah.  Die  von  Naumann.  Lossen,  Zirkel,  Rosenbusch, 
Dalmer  und  zahlreichen  anderen  deutschen,  französischen  und 
englischen  Forschern    beschriebenen  Contactgesteine   unterscheiden 


486 


sich  meist  durch  ihren  Mineralbestand,  ihre  Structur  und  durch 
die  Natur  der  ursprünglichen,  von  der  Metamorphose  ergriffenen 
Gesteine  so  sehr  von  den  hier  untersuchten,  dass  mir  die  dort 
gewählten  und  mehr  oder  weniger  passenden  Benennungen  ^)  nicht 
anwendbar  erschienen.  Es  wurde  deshalb  nöthig.  neue  Bezeich- 
nungen zu  wählen,  und  es  geschah  dies  nach  dem  Grundsatz, 
dass  der  Name,  wenn  es  irgend  angeht,  gleichzeitig  den  Mineral- 
bestand und  die  Genesis  des  Gesteins  ausdrücken  soll.  Freilich 
liess  sich  beides  der  gleichfalls  wünschenswerthen  Kürze  des  Na- 
mens wegen  nicht  immer  vollständig  erreichen.  Indessen  wurde 
es  wenigstens  erstrebt.  Wenn  daher  die  wesentlichen  Gemeng- 
theile  des  vorliegenden  Gesteins  eine  Mineralcombination  ergaben, 
die  durch  einen  bestimmten  Namen  der  petrographischen  Nomen- 
clatur  bezeichnet  zu  werden  pflegt,  so  wurde  dieser  angewendet, 
ohne  Rücksicht  darauf,  dass  er  eigentlich  für  normale  Gesteine 
der  archäischen  Formationen  bestinmit  war.  Gleichzeitig  aber 
wurde  durch  Vorsetzung  des  Wortes  „Contact"  angedeutet,  dass 
ein  oder  mehrere,  oder  alle  Gemengtheile  des  Gesteins  entweder 
ganz  und  gar,  oder  doch  in  ihrer  jetzigen  Structur  Producte  einer 
Contactmetamorphose  sind.  Betheiligten  sich  noch  besonders 
charakteristische  Gemengtheile  ausser  der  im  Namen  bereits  aus- 
gedrückten Mineralcombination  wesentlich  an  der  Zusammensetzung 
des  betreffenden  Gesteins,  so  wurde  ihr  Name  der  ganzen  Be- 
zeichnung vorangesetzt.  Nicht  schiefrige  Gesteine  wurden  Contact- 
felse  benannt  und  gleichfalls  durch  Hinzufügung  des  Namens  des 
wichtigsten  Gemengtheils  etwas  näher  charakterisirt.  Eine  ge- 
nauere Angabe  des  Mineralbestandes  war  hier  nicht  möglich,  weil 
sonst  die  Bezeichnung  zu  lang  geworden  w^äre.  Nach  diesen 
Auseinandersetzungen  dürften  Ausdrücke  wie  Andalusit-Contact- 
gneiss  und  Cordierit-Contactfels  ohne  weiteres  verständlich  sein. 

An  der  Zusammensetzung  der  charakteristischsten  Contact- 
gesteine  der  Foppa  betheiligen  sich  in  erster  Linie:  Cordierit, 
Andalusit,  Biotit,  Muscovit,  Quarz,  Fekispath  und  zwar  gewöhn- 
licher Orthoklas,  ein  eigenthümlich  faserig  erscheinender  Ortho- 
klas, ziemlich  wenig  Plagioklas;  in  zweiter  Linie  sind  zu  nennen, 
weil  nur  untergeordnet  oder  doch  nur  in  vereinzelten  Fällen  in 
grösserer  Menge  auftretend:  Granat.  Turmalin,  Sillimanit.  Spinell, 
Korund ,  Zirkon ,  Ilmenit .  vielleicht  etwas  Magnetit .  ganz  selten 
Pyrit.  —  Von  den  zuerst  aufgeführten  wichtigeren  Mineralien 
besitzen  drei  eine  ausserordentlich  auffallende  und  merkwürdige 
Structur,   die  ich,  wie  hier  gleich  im  voraus  bemerkt  sei.  in  den 


^)  Hornfels,  Knotenthonschiefer,  Knotenglimmerschiefer,  Andalusit- 
glimmerfels,  Cornubiaiiit,  Leptynolitb,  Fruchtgnciss  u.  s.  w. 


487 


vorliegenden  Gesteinen  überall  für  ein  Cliarakteristicum  der  durch 
die  Contactmetamorpliose  erzeugten  Neubildungen  halte  und  daher  als 
Contactstructur  bezeichne.  Die  drei  Mineralien,  bei  denen  sie  sich 
findet,  sind  der  Cordierit,  der  Andalusit  und  jener  faserige  Or- 
thoklas. Bemerkenswerther  Weise  treten  diese  in  den  unverän- 
derten Gneissen  und  Glimmerschiefern  der  äusseren  Zone  über- 
haupt niemals  auf.  Die  Contactstructur  äussert,  sich  bei  ihnen 
auf  die  folgende  Art  und  Weise. 

In  den  allermeisten  Cordierit  führenden  Gesteinsarten  snid  bald 
sämmtliche  Körner  des  Cordierits,  bald  wenigstens  ein  grosser  Theil 
desselben  von  oft  sehr  zahlreichen,  eigenthümlich  gestalteten  Biotit- 
blättchen  erfüllt.  Während  diese  letzteren  nämlich,  wo  sie  in  nor- 
malen krystallincn  Schiefern,  z.B.  in  den  unveränderten  Gneissen  und 
Glimmerschiefern  des  Aviologebiets  als  Interpositionen  auftreten, 
ganz  uni'egelmässige,  nicht  selten  ausgefranste  oder  in  kleinen  Zacken 
vorspringende  und  umgekehrt  wieder  eingebuchtete  Conturen  be- 
sitzen, sind  sie  hier  mit  Vorliebe  kreisrund,  länglich  oval,  scharf 
sechseckig  oder  rechteckig,  und  wenn  unregelmässiger,  dann  jeden- 
falls geradlinig  polygonal  umrandet,  nicht  aber  in  der  beschrie- 
benen Weise  ausgefranst.  Dabei  sind  ihre  Dimensionen  gewöhn- 
lich ausserordentlich  gering.  Sie  gleichen ,  wie  Sauer  ^)  bei  der 
Beschreibung  derselben  Interpositionen  in  neugebildeton  Quarzen 
metamorpher  Gesteine  sagt,  „winzigsten  braunen  Glaseiern ".  Mit 
ihnen  zusammen  finden  sich  gleichfalls  sehr  zahlreiche,  aber  nicht 
so  regelmässig  gestaltete  Titaneisenkörnchen,  mitunter  auch  ver- 
einzelte kleine  runde  Quarzkörnchen  eingeschlossen.  Schon  die 
Zahl  der  Interpositionen  ist  oft  in  hohem  Grade  auffällig.  Ich 
zählte  in  den  Cordieritkörnern  mancher  Contact-Felse  und  -Gneisse 
gar  nicht  selten  in  noch  nicht  Quadratmillimeter  grossen  Durchschnit- 
ten mehrere  hundert  Biotitblättchen.  Zur  Vergleichung  wurden 
normale,  Cordierit  führende  Gesteine  der  archäischen  Formationen 
herangezogen.  Auch  in  diesen  fanden  sich  mitunter  vereinzelte 
rundliche  oder  scharf  geradlinig  conturirte  Biotitblättchen  im  Cor- 
dierit, auch  wohl  zusammen  mit  einzelnen  Erzkörnchen,  aber 
niemals  auch  nur  annähernd  mit  der  Beständigkeit,  in  der  Zahl 
und  mit  der  Regelmässigkeit  der  Ausbildung,  welche  sie  in  den 
hier  vorliegenden  Gesteinen  erreichen. 

Sehr  ähnlich  ist  die  Contactstructur  bei  dem  faserig  erscheinen- 
den Orthoklas  entwickelt.  Was  zunächst  diesen  selbst  betrifft,  so 
möchte  ich  hier  gleich  bemerken,  dass  er  keine  Aehnlichkeit  mit  Mi- 
kroperthit  hat.  Ebenso  wenig  scheint  die  Faserung  mit  der  von  Sauer 


^)  Erläuter.  zur    geol.  Specialkaite  des  Königr.  Sachsen,    Section 
Meissen,  1889,  p.  G7. 


488 


in  contactmetamorphisch  neu  gebildetem  Feldspath  (1.  c,  p.  66 — 67) 
beobachteten  übereinzustinunen.  Worauf  sie  in  den  von  mir  unter- 
suchten Gesteinen  beruht,  habe  ich  niclit  mit  Siclierheit  feststellen 
können.  Eine  genaue  Schilderung  folgt  weiter  unten  in  dem  petro- 
graphischen  Theil  der  Arbeit.  Immerhin  ist  es  auftällig,  dass  auch 
hier  gerade  derjenige  Feldspath,  welcher  durch  die  Contactstructur 
als  Neubildung  charakterisirt  ist,  ebenso  wie  in  den  Contactge- 
steinen  der  Meissener  Gegend  durch  eine  eigenthümliche ,  sonst 
nicht  beobachtete  Faserung  ausgezeichnet  ist.  Ausser  den  sehr 
charakteristischen,  ganz  in  der  gleichen  Weise  wie  im  Cordierit 
ausgebildeten  Biotitblättchen  besitzt  unser  Feldspath  an  Interpo- 
sitionen  auch  noch  etwas  grössere,  meist  runde  bis  ovale  Quarz- 
körnchen in  wenigstens  ebenso  grosser  Zahl,  doch  ist  die  Ge- 
sammtzahl  der  Interpositionen  hier  niemals  so  gross  wie  in  dem 
Cordierit.  Auch  die  dort  so  häufigen  Erzkörner  fehlen  hier 
meistens  ganz.  Jedenfalls  aber  ist  der  Anblick  dieses  faserigen, 
von  runden  Quarzkörnchen  vielfach  durchbrochenen  Feldspathes 
mit  den  in  seinem  Innern  angesammelten,  eigenthümlich  gestal- 
teten Biotitblättchen  so  charakteristisch,  dass  eine  Verwechselung 
mit  selbst  ganz  Einschluss  -  erfüllten  Feldspathen  normaler  ar- 
chäischer Schiefer^)  gar  nicht  denkbar  ist.  Wieder  passt  auch 
hier  die  von  Sauer  (1.  c.)  gegebene  Schilderung  von  den  Inter- 
positionen seines  faserigen  Feldspathes  ganz  genau  für  die  hier 
beschriebenen  Verhältnisse. 

Beim  Andalusit  ist  die  Contactstructur  wenigstens  mit  dersel- 
ben, eher  aber  mit  noch  grösserer  Regelmässigkeit  ausgebildet  wie  bei 
dem  Cordierit  und  dem  faserigen  Orthoklas.  .  Sie  wird  in  ihm  haupt- 
sächlich durch  Quarzkörnchen,  demnächst  durch  Erzpartikel,  selten 
nur  durch  Biotitblättchen  hervorgerufen.  Die  Gestaltung  der 
Quarzeinschlüsse  ist  etwas  abweichend  von  der  im  Feldspath 
beobachteten.  Erstens  nämlich  sind  die  Dimensionen  der  Körner 
entschieden  geringere;  zweitens  treten  neben  den  auch  hier  vor- 
herrschenden rundlichen  bis  ovalen  Formen  noch  andere  mannich- 
faltigere  auf.  Nicht  selten  sind  Körner  von  dem  Aussehen  einer 
Thräne;  sehr  häufig  findet  man  andere,  die  länglich  ausgezogen 
sind  und  eigenthümlich  gebogene  und  gekrümmte,  bald  sich  ver- 
engernde, bald  wieder  breiter  werdende,  fladenartige  oder  wurm- 
ähnliche Gestalten  besitzen.  Die  Zahl  dieser  Interpositionen  ist 
gewöhnlich  ganz  ausserordentlich  gross  und  der  Anblick,  den  ein 
von    ihnen  erfüllter,    im  Dünnschliff    durchbrochen    erscheinender 


*)  Man  vergl.  z.  B.  die  von  v.  Foullon  beschriebenen  und  abge- 
bildeten Feldspathe  gewisser  Gneisse  in:  Ueber  die  Gesteine  und  Mi- 
nerale des  Arlbergtunnels.     J.  d.  k.  k.  R.,  1885,  p.  70 — 7i. 


489 


Andalusit  gewährt,  sehr  eigenthümlich.  Immerhin  ist  bei  der  be- 
schriebenen Ausbildungsart  der  Structur  der  Zusammenhang  der 
umschliessenden  Krystalle  noch  vollkommen  gewahrt.  Es  kommt 
aber  niclit  selten  zu  der  Ausbildung  einer  förmlichen  Skelett- 
structur,  bei  der  dann  die  Interpositionen  den  die  Rolle  des 
Wirthes  spielenden  Krystall  an  Menge  und  Masse  bei  Weitem 
übertreffen.  Es  ist  nun  eine  vielfach  beobachtete  Thatsache,  dass 
die  neu  gebildeten  Andalusite  der  Contactgesteine  mit  zahlreichen 
Einschlüssen  von  Quarz,  Erz,  Biotit  und  anderen  Mineralien 
erfüllt  zu  sein  pflegen.  Auch  in  den  umgewandelten  Phylliten 
des  oben  beschriebenen  Contacthofes  im  mittleren  Val  Moja  sind 
die  neu  gebildeten  Andalusite  durch  Reichthum  an  Interpositionen 
ausgezeichnet.  Ja,  diese  letzteren  besitzen  sogar  ganz  dieselben 
Formen  wie  in  dem  Andalusit  der  Tonalit- Contactgesteine.  Die 
gleiche  Structur  beobachtete  auch  Sauer  wieder  an  den  in  so 
vielen  Punkten  eine  völlige  Analogie  mit  den  Foppagesteinen  auf- 
weisenden metamorphen  Felsarten  der  Meissener  Gegend.  Ausser- 
dem liegen  noch  zahlreiche  Beobachtungen  anderer  Autoren  vor, 
die  ganz  dieselbe  Structur  bei  dem  Andalusit  der  Schiefercontact- 
höfe  auffanden. 

Berücksichtigt  man  all'  die  geschilderten  Thatsachen,  und 
erinnert  man  sich  des  bereits  oben  erwähnten  Factums ,  dass 
weder  der  Cordierit,  noch  der  Andalusit,  noch  der  faserige 
Orthoklas  in  den  unveränderten  Gneissen  und  Glimmerschiefern 
des  äusseren  Gürtels  auftreten,  so  dürfte  es  gerechtfertigt  er- 
scheinen, dass  die  beschriebene  Structur  in  den  vorliegenden 
Gesteinen  als  ein  Charakteristicum  durch  die  Contactmetamor- 
phose  erzeugter  Mineralien  aufgefasst  wurde.  Ich  halte  dement- 
sprechend sowohl  den  Cordierit,  den  Andalusit  und  den  faserigen 
Orthoklas,  wie  die  von  ihnen  umschlossenen  Quarzkörnchen  und 
Biotitblättchen  für  Xeubildungen. 

Daraus  ergiebt  sich  nun  aber  eine  Anzahl  von  Anhaltspunkten 
zur  Bestimmung  der  Genesis  anderer  Gemengtheile  derselben  Gesteine. 
Es  sind  nämlich  die  Biotitinterpositionen  besonders  in  den  Cordierit- 
Contactfelsen,  aber  auch  in  den  Contactgneissen  mitunter  durch  deut- 
lich erkennbare  Uebergänge  mit  dem  selbstständig  auftretenden  Biotit 
verbunden.  Ferner  treten  der  Korund  und  der  Spinell  nur  in  Verbin- 
dung mit  dem  Cordierit,  niemals  ohne  diesen  auf.  Das  Gleiche  gilt 
von  dem  allergrössten  Theil  des  Sillimanits.  Sodann  wurden  in  grös- 
seren, porphyrischen  Plagioklaskrystallen  eines  sehr  feinkörnigen 
Cordierit-Contactgneisses  Andalusitkörner  und  Sillimanitnadeln  als 
Einschlüsse  aufgefunden.  Endlich  beobachtete  ich  in  vereinzelten 
Fällen  Interpositionen  von  Quarzkörnchen  im  Muscovit,  in  selbst- 
ständigem Biotit  und  im  Turmalin  bestimmter  Contactgneisse,   diq 

Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  3.  "  33 


490 


sehr  reich  au  faserigem  Orthoklas  mit  der  beschriebejien  Contact- 
structur  sind.  Obwohl  nun  die  genannten  Mineralien  durch  diese 
Interpositionen  nocli  nicht  ein  derartiges  Aussehen  erhalten,  dass 
man  auch  bei  ihnen  von  einer  förmlichen  Contactstructur  sprechen 
könnte,  ja  obwohl  sie  ganz  gut  in  derselben  Ausbildungsweise 
auch  in  unveränderten  krystallinen  Schiefern  auftreten  könnten, 
so  halte  ich  sie  doch  wenigstens  in  diesen  Gesteinen  gleichfalls 
für  Neubildungsproducte  der  Contactmetamorphose.  Mit  Bestimmt- 
heit aber  nehme  ich  den  Korund,  den  Spineil,  wenigstens  den 
grössten  Theil  des  Sillimanits,  die  erwähnten  porphyrischen  Pla- 
gioklaskrystalle,  den  Biotit  der  Contactfelse  und  einen  Theil  des 
Biotits  der  Contactgneisse  als  Producte  der  Metamorphose  in 
Anspruch.  Dieselbe  Genesis  ist  für  den  Turmalin  schon  aus  dem 
Grunde  wahrscheinlich,  weil  er  seiner  Vertheilung  nach  in  der 
Art  und  Weise  auftritt,  wie  sie  für  die  Anschaung.  die  man  sich 
von  seiner  Bildung  in  Contactgesteinen  macht,  charakteristisch  ist. 
Im  Allgemeinen  ist  er  nämlich  nur  in  ganz  vereinzelten  Säulchen 
in  den  Gesteinen  verstreut  zu  finden.  Wo  er  aber  in  etwas 
grösserer  Menge  auftritt,  da  ist  sein  Vorkommen  nicht  etwa  an 
ein  bestimmtes  Gestein  geknüpft,  sondern  an  eine  bestimmte ' Lo- 
kalität, derart,  dass  alle  Felsarten,  welche  in  der  Nähe  derselben 
auftreten,  den  Reichthum  an  Turmalin  gemeinsam  haben.  Näheres 
über  diese   bekannte  Erscheinung  ist  überflüssig. 

Ganz  anders  ist  die  Sachlage  bei  den  nocli  übrigen  Gemeng- 
theilen  der  Contactgesteine.  Weder  bei  dem  Quarz,  noch  bei  dem 
gewöhnlichen,  nicht  faserigen  Orthoklas  noch  bei  dem  allergrössten 
Theil  des  Muscovits  habe  ich  jemals  irgend  ein  Anzeichen  getroffen, 
welches  das  Auftreten  dieser  Mineralien  von  dem  in  den  unverän- 
derten Gneissen  und  Glimmerschiefern  beobachteten  unterscheidet. 
Sie  sind  den  unveränderten  und  den  verändeiten  Schiefern  in 
gleicher  Ausbildungsart  gemeinsam.  Bemerkens werth  ist  es  ferner, 
dass  der  gewöhnliche  Orthoklas  und  der  Muscovit  in  grösseren 
Mengen  überhaupt  erst  in  den  äusseren  Theilen  der  Contactzone 
aufgefunden  wurden,  der  inneren  aber  theils  ganz  (Muscovit), 
theils  fast  ganz  (Orthoklas)  fehlen.  Ganz  dasselbe  gilt  auch  von 
dem  allerdings  nur  accessorisch  auftretenden  Apatit,  der  sich  hier 
stets  in  grossen,  unregelmässig  begrenzten  Körnern,  nur  selten  in 
den  bekannten  schmalen  Säulchen  findet.  Ich  halte  es  daher  für 
sicher,  dass  diese  Mineralien  in  ihrer  jetzigen  Ausbildungsweise 
wenigstens  zu  einem  sehr  grossen  Theil  bereits  in  den  ursprüng- 
lichen Gesteinen  vorhanden  waren  und  von  den  umwandelnden 
Processen  bei  der  Contactmetamorphose  nicht  wesentlich  oder  gar 
nicht  beeinflusst  wurden.  Eine  solche  partielle  Metamorphose 
kann  durchaus  nicht  befremden.    Ganz  analoge  Verhältnisse  hatten 


491 


wir  ja  auch  in  dem  Contacthof  des  Mojadiorits  gefunden,  wo  in 
den  Ilmenit-Fruchtschiefern  neben  neu  gebildetem  Biotit  noch  grös- 
sere Mengen  von  Chlorit  vorbanden  waren,  und  wo  die  Quarz- 
lagen selbst  in  ganz  stark  umgewandelten  Gesteinen  in  der  Nähe 
des  Contactes  durchaus  keine  Anzeichen  von  Metamorphosirung 
durch  Umkr3'stallisirung  erkennen  Messen.  Ferner  möchte  ich 
darauf  verweisen,  dass  ganz  dieselben  Verhältnisse  nach  den 
später  noch  ausführlich  zu  citirenden  Arbeiten  von  Beck  ^j  und 
ScHALCH^j  in  den  von  diesen  Autoren  aufgefundenen,  partiell  con- 
tactmetamorphen  Andalusit-Gneissen  und  -Glimmerschiefern  be- 
stehen müssen.  Wir  werden  auf  all'  diese  Thatsachen  später 
noch  einmal  zurückkommen,  wenn  wir  zu  der  Frage  gelangen, 
aus  welchen  Gesteinen  die  Contactzone  der  Foppa  ursprünglich 
zusammengesetzt  war.    — 

Sehen  wir  jetzt,  in  welcher  Weise  die  beschriebenen  Mine- 
ralien an  dem  Aufbau  der  Contactgesteine  betheiligt  sind.  In 
dem  Gürtel,  auf  den  sich  die  metamorphosirenden  Wirkungen  des 
Tonalits  erstreckt  haben,  können  Avir  zwei  Zonen  verschieden 
starker  Einwirkung  unterscheiden.  Die  Ausdehnung  der  beiden 
Zonen  ist  auf  dem  Colmokamm  geringer  als  auf  dem  Piccolo- 
kamm.  Auf  diesem  beträgt  die  Breite  der  inneren  Zone  etwa 
100  bis  150  m,  die  der  äusseren  gegen  600  m.  Daher  erreicht 
die  Gesammtbreite  der  ganzen  Contactzone  von  dem  letzten  ent- 
blössten.  nicht  gangförmigen  Tonalitvorkommen  bis  zu  den  äusser- 
sten,  schon  zwischen  unveränderten  Gneissen  und  Glimmerschie- 
fern auftretenden  Contactgesteinen  gerechnet,  noch  nicht  800  m. 
Indessen  ist  diese  Bestimmung  nur  unsicher,  da  man  ja  über  die 
Gestalt  der  Tonalitmasse .  soweit  sie  unter  der  Oberfläche  ver- 
borgen ist,  gar  nichts  weiss. 

Die  Gesteine  der  inneren  Zone  sind  fast  ausnahmslos  rich- 
tungslos struirt,  und  nur  untergeordnet  kommen  schiefrige  Gebilde 
zwischen  ihnen  vor.  Das  bei  Weitem  charakteristischste  Gestein, 
das  auch  den  grössten  Theil  der  ganzen  Contactzone  fast  aus- 
schliesslich zusammensetzt,  besteht  in  den  meisten  Varietäten  zur 
Hälfte,  sehr  häufig  wohl  zu  60 — 70  7o,  mitunter  in  noch  höherem 
Maassc.  aus  Cordierit.  Damit  zusammen  finden  sich  stets,  aber  in 
wechselnden  Mengen,  Biotit,  Andalusit,  Quarz,  Sillimanit.  Titan- 
eisen, Zirkon.  Nur  in  vereinzelten  Varietäten  wurden  beobchtet 
Plagioklas.  sehr  wenig  Orthoklas,  Granat,  Spinell,  Korund.  — 
Muscovit  fehlt  ganz.     Je  nachdem  sich  nun  die  hier  aufgeführten 


')  R.  Beck.     Erläut.  zur  geol.  Spcc- Karte  von  Sachsen,    Soction 
Elster  und  Schönberg. 

^)  Fr.  Schalch.    Ebendort,  Section  Schwarzenberg. 

33* 


4Ö2 


Mineralien  neben  dem  Cordierit  an  der  Zusammensetzung  des 
Gesteins  betheiligen,  entstehen  sehr  verschiedenartige  Varietäten, 
die  durch  zahlreiche  Uebergänge  mit  einander  verbunden  sind. 
Sie  erhielten  sämmtlich  den  Namen  „Cordierit  -  Contactfels".  da 
in  ihnen  der  Cordierit  sowohl  der  wesentlichste  als  auch  der 
charakteristischste  Gemengtheil  ist.  Gewisse  Eigenschaften  sind 
allen  in  gleicher  Weise  gemeinsam.  Das  gilt  besonders  von  der 
auffälligen,  dunkel  grau-blauen  Farbe,  die.  verbunden  mit  eigen- 
thümlichem  Fettglanz,  bereits  bei  der  Betrachtung  mit  unbewaff- 
netem Auge  auf  einen  Cordieritgehalt  deutet.  Die  neben  dem 
Cordierit  vorhandenen  Gemengtheile  kann  man  schon  mit  blossem 
Auge  fast  stets  deutlich  erkennen.  Nur  die  Cordieritkörner  selbst, 
obwohl  selten  unter  '/^  n^m  Durchmesser  heruntersinkend,  lassen 
sich  meist  nicht  von  einander  unterscheiden.  Das  Gefüge  des  Ganzen 
ist  völlig  richtungslos.  Nur  ganz  local  scheinen  lagenweise  stärker 
angereicherte  Biotitblättchen  eine  ursprüngliche  Schichtung  anzudeu- 
ten. Beim  Schlagen  mit  dem  Hammer  nimmt  man  eine  nicht  unbe- 
trächtliche Härte  und  Festigkeit  wahr.  —  An  der  südlichen  Wand  der 
Foppa  findet  sich  unmittelbar  neben  dem  Tonalit  in  ziemlicher  Mäch- 
tigkeit ein  anderes  Gestein,  das  mit  den  besprochenen  nahe  ver- 
wandt ist,  da  der  Cordierit  auch  in  ihm  als  wesentlicher  Ge- 
mengtheil auftritt.  Die  anderen  wesentlichen  Gemengtheile  sind 
trikliner  Feldspath.  Biotit  und  Granat.  Quarz  findet  sich  nur  in 
sehr  geringen  Mengen.  Andalusit  scheint  lokal  vorhanden  zu 
sein.  Das  Gestein  ist  durch  Uebergänge  mit  den  Cordierit-Con- 
tactfelsen  eng  verknüpft,  hat  die  gleiche  Zähigkeit  und  Härte, 
dieselbe  Structur  und,  obwohl  der  Cordieritgehalt  ein  geringerer 
ist,  auch  dieselbe  dunkel  grau-blaue  Farbe  wie  diese.  Es  wurde 
daher  als  eine  etwas  abweichende  Varietät  betrachtet,  nicht  aber 
von  ihnen  getrennt.  An  der  Contactstelle  des  Piccolokammes 
fand  ich  zusammen  mit  den  typischen  Cordierit  -  Contactfelsen  in 
nicht  unbeträchtlicher  Mächtigkeit  ein  Gestein,  das  von  jenen  nur 
dadurch  verschieden  ist,  dass  der  Quarz  darin  über  den  Cordierit 
überwiegt.  Lokal  führt  er  auch  Plagioklas.  Andalusit  fehlt  ihm 
stets;  Glimmer  ist  nur  sehr  wenig  vorhanden.  Es  ist  etwas 
gröber  körnig  als  die  eigentlichen  Cordierit-Contactfelse  und  auch 
heller  gefärbt  als  diese,  stimmt  aber  in  allen  wesentlichen  Eigen- 
schaften so  sehr  mit  jenen  überein,  dass  es  nur  als  eine  be- 
sonders quarzreiche  Varietät  aufgefasst  wurde.  Es  erreicht  gerade 
an  der  Contactstelle  eine  ziemliche  Verbreitung  und  nimmt  lokal 
durch  sehr  grosse  Quarzbrocken  eine  eigenthümliche  Structur  an. 
Hier  müssen  wir  auch  etwas  näher  auf  die  oben  erwähnten, 
in  dem  Granat-Tonalit  aufgefundenen  Einschlüsse  eingehen.  Die- 
selben  gehören    unzweifelhaft    zum   Cordierit  -  Contactfels .    unter- 


493 


scheiden  sich  aber  von  den  normalen  ^\^rietäten  durch  einige 
auffallende  Eigenthüralichkeiten.  Erstens  nämlich  führen  sie  den 
grünen  Spinell,  der  in  den  anderen  Varietäten  stets  nur  spärlich 
beobachtet  wurde,  in  aussergewöhnlich  grosser  Menge.  Zweitens 
sind  sie  durcli  einen  sonst  niemals  beobachteten  grossen  Gehalt 
an  Korund  ausgezeichnet.  Drittens  fehlen  dem  Cordierit  meist 
die  sonst  gewöhnlich  vorhandenen  Biotiteinschlüsse;  dafür  findet 
man  in  ihm  in  grossen  Mengen  kleine,  selten  oktaedrische.  meist 
unregelmässig  gestaltete  Spinellkörner,  schmale,  lang  stabförmig 
erscheinende  Ilmenitkrystalle.  Korund  in  flachen  Tafeln  und  langen, 
schmalen  Vertikalschnitten  durch  diese  Tafeln,  vereinzelt  auch 
roth-braune  Rutilsäulchen.  Viertens  treten  an  manchen  Stellen 
Anhäufungen  grosser  Biotitblätter  und  Plagioklaskrystalle  auf,  die 
den  Habitus  der  Gemengtheile  des  Tonalits  tragen.  Der  Glimmer 
umschliesst  nicht  selten  Spinell  und  Korund,  der  Plagioklas  sehr 
häufig  diese  beiden  Mineralien,  aber  auch  noch  Titaneisen  und 
Sillimanit.  Er  macht  oft  ganz  den  Eindruck,  als  ob  er  durch 
»Einschmelzung  anderer  Gemengtheile  entstanden  wäre.  Fünftens 
ist  in  manchen  Präparaten  eine  scharfe  Grenze  zwischen  dem 
Tonalit  und  dem  an  solchem  Biotit  und  Plagioklas  i^eichen  Cor- 
dierit-Contactfels  gar  nicht  vorhanden.  —  Ich  glaube,  dass  man 
nicht  fehlgehen  wird,  wenn  man  sich  diese  Verhältnisse  auf  fol- 
gende Weise  erklärt.  Die  in  dem  Tonalit  eingeschlossenen  Schiefer- 
stücke erlitten  eine  etwas  andere  Metamorphose,  als  die  weiter 
vom  Eruptivgestein  entfernten,  lange  nicht  in  dem  Maasse  den 
umwandelnden  Agentien  zugänglichen  Gesteinsmassen.  Die  Folge 
davon  war  die  Bildung  des  Korunds,  der  grossen  Spinellmengen, 
der  eigenthümlich  geformten  Titaneisenkrystalle  und  der  anderen 
von  dem  normalen  Contactfels  unterscheidenden  Merkmale.  Gleich- 
zeitig mit  der  Metamorphosirung  der  Einschlüsse  fand  aber  auch 
noch  eine  Einschmelzung  der  äusseren  Theile  derselben  statt. 
Ausserdem  drang  das  flüssige  Tonalit  -  Magma  auf  Spalten  und 
Rissen  in  das  Innere  ein,  nahm  auch  dort  fremde  Bestandtheile 
in  sich  auf  und  erfuhr  dadurch  selbst  eine  Modificirung  in  seiner 
chemischen  Zusammensetzung.  Bei  der  Erstarrung  schieden  sich 
dann  die  erwähnten  grossen  Granaten  aus. 

Ausser  den  Cordierit  -  Contactfelsen  nehmen  an  der  Zu- 
sammensetzung der  inneren  Contactzone  noch  mehrere  andere 
Gesteine  Theil.  Sie  treten  aber  nicht  so  regelmässig  auf,  sind 
stets  nur  untergeordnet  und  lange  nicht  so  charakteristisch  wie 
jene.  Das  erste  hierher  gehörige  Gestein  ist  jene  oben  erwähnte 
graue,  sehr  feinkörnige  Felsart,  die  makroskopisch  einem  Eruptiv- 
gestein nicht  unähnlich  ist.  Unter  dem  Mikroskop  löst  sie  sich 
zu  einem  Aggregat  von    farblosen   Feldspath-   und  Quarzkörnchen 


494 


auf,  zwischen  denen  braune  Biotitblättehen  und  meist  unregel- 
niässig  begrenzte  Körnchen  einer  hell  grünen,  fast  gar  nicht 
pleochroitischen  nionoklinen  Hornblende  liegen.  Der  Feldspath 
ist  grösstentheils  ungestreift.  Er  ist  ganz  frisch  und  oft  nicht 
von  dem  Quarz  zu  unterscheiden.  Ganz  vereinzelt  finden  sich 
in  dem  Gesteinsgemenge  grössere,  oft  nur  einmal  verzwillingte. 
trübe  Feldspathkrystalle.  Diese  raineralogische  Zusammensetzung 
stimmt  mit  der  eines  auf  dem  anderen  Foppakamm  anstehenden, 
aber  deutlich  schieferigen  Gesteins  überein.  Auch  die  Yerschrän- 
kung  der  einzelnen  Gemengtheile  in  einander  spricht  dafür.,  dass 
man  es  hier  mit  einem  ehemaligen  krystallinischen  Schiefer  zu 
thun  hat.  Dennoch  ist  seine  Natur  einigermaassen  zweifelhaft. 
Mikroskopische  Merkmale,  die  auf  eine  metamorphische  Entste- 
hung hinw^eisen  würden,  habe  ich  nicht  beobachten  können.  Ueber- 
haupt  weicht  seine  Structur  etwas  von  der  der  übrigen  umge- 
wandelten und  nicht    umgewandelten  Gesteine  der  Foppa  ab. 

3Iakroskopisch  dem  eben  beschriebenen  ähnlich,  aber  durch 
eine  undeutlich  schieferige  Structur,  mikroskopisch  auch  noch  durch 
das  Fehlen  des  Aktinoliths  unterschieden  ist  ein  anderes  Gestein, 
das  auf  dem  Piccolokamm  neben  der  Contactstelle  beobachtet 
wurde.  Mit  diesem  aber  gehört  wieder  eine  etwas  glimmerärmere, 
gröber  körnige  Felsart  zusammen,  die  im  Wesentlichen  aus  Or- 
thoklas, Quarz  und  Biotit  besteht  und  deutlich  schieferige  Structur 
besitzt.  Beide  haben  jedenfalls  mehr  Aehnlichkeit  mit  den  später 
zu  besprechenden  Contactgneissen  als  mit  den  Cordierit-Contact- 
felsen.   — 

Das  sind  die  wesentlichsten  in  der  Foppa  aufgefundenen 
Gesteine  der  inneren  Contactzone  des  Tonalits.  Allerdings  darf 
nicht  unerwähnt  bleiben,  dass  namentlich  auf  dem  Colmokamm. 
in  geringerem  Maasso  aber  auch  auf  dem  Piccolokamm  selbst  in 
dieser  inneren  Zone  mehrfach  Gesteine  auftreten,  wie  sie  eigentlich 
für  den  geringeren  Grad  der  Metamorphose,  d.  h-.  für  die  äussere 
Contactzone  charakteristisch  sind.  Jene  beiden  Zonen  sind  also 
nicht  scharf  getrennt,  sondern  es  findet  besonders  an  der  Grenze 
beider  fast  ein  lagenweiser  Wechsel  in  der  Ausbildungsweise  der 
Gesteine  statt.  Indessen  überwiegen  immerhin,  namentlich  auf 
dem  Piccolokamm  die  Contactfelse  so  bedeutend,  dass  eine  Schei- 
dung der  beiden  Gruppen  entschieden  zweckmässig  ist.   — 

Die  Felsarten  der  äusseren  Zone  sind  fast  innner  mehr  oder 
weniger  deutlich  geschiefert.  Nur  untergeordnet  kommen  rich- 
tungslos struirte  Einlagerungen  vor.  Die  weiteste  Verbreitung 
haben  Gesteine,  welche  wesentlich  aus  Feldspath.  Quarz  und  Glim- 
mer bestehen.  Da  sie  zum  allergrössten  Theil  jene  Structur- 
eigenthümlichkeiten  besitzen,    welche   für    die    metamorphe  Natui" 


495 


wenigstens  eines  Theiles  ihrer  Geruengtheile  sprechen,  so  wurden 
sie  in's  Gesamnit  als  Contactgneisse  bezeichnet.  Ausser  den  ge- 
nannten Mineralien  betheiligen  sich  fast  stets  noch  Andalusit  oder 
Cordierit  oder  beide  zusammen  an  der  Zusarinnensetzung  der  Ge- 
steine. AVeniger  verbreitet  sind  Felsarten,  welche  im  wesentlichen 
aus  Quarz  und  Glimmer  bestehen,  gewöhnlich  Cordierit  oder  Andalusit 
führen,  mitunter  aber  auch  frei  davon  sind.  Sie  wurden  als  Contact- 
Glimmerschiefer  bezeichnet.  Endlich  treten  mit  den  letzteren  und 
den  Contactgneissen  zusannnen  untergeordnet  Gesteine  auf,  an  denen 
man  ^Merkmale,  die  eine  Umwandlung  andeuten,  nicht  wahrnimmt, 
die  demnach  einfach  „Gneisse'-  und  „Glimmerschiefer''  hätten 
benannt  Averden  können.  Da  es  aber  durchaus  nicht  sicher 
ist,  dass  die  Metamorphose  stets  derartige  Merkmale 
erzeugt  und  da  die  betreffenden  Gneisse  geologisch  aufs  Engste 
mit  den  echten  Contactprodukten  verbunden  sind,  so  wurde  von 
einer  Trennung  abgesehen.  Sowohl  in  den  Contactgneissen,  wie 
in  den  Contactglimmerschiefern  ist  der  Biotit  weiter  verbreitet 
und  in  grösseren  Mengen  vorhanden  als  der  Muscovit;  häufig 
genug  fehlt  dieser  letztere  ganz  und  gar,  und  nur  in  wenigen, 
meist  sehr  weit  nach  aussen  liegenden  Felsarten  überwiegt  er  den 
Biotit.  Es  wird  schon  dadurch  ein  Gegensatz  zu  den  fast  immer 
muscovitreichen ,  gewöhnlich  biotitarmen .  unveränderten  Gesteinen 
erzeugt. 

Es  wäre  nun  vielleicht  zu  erwarten,  dass  die  äussere  Con- 
tactzone,  weil  fast  ausschliesslich  aus  den  oben  beschriebenen 
beiden  Gesteinsarten  aufgebaut,  eine,  petrographisch  betrachtet, 
einförmige  Zusammensetzung  besitzen  sollte;  das  ist  in  AVii-klich- 
keit  aber  durchaus  nicht  der  Fall.  Denn  durch  Variationen  in 
der  Deutlichkeit  der  Schieferung  und  der  Korngrösse,  durch  ver- 
schiedenartige Anreicherung  der  einzelnen  am  Gesteinsbestandc 
theilnehmenden  Gemengtheile,  durch  Hinzutreten  von  Turmalin, 
Sillimanit.  Granat  und  anderen  accessorischen  Mineralien  werden 
sehr  zahlreiche,  auch  makroskopisch  z.  Th.  ganz  verschiedenen 
Habitus  besitzende  Varietäten  erzeugt.  Ausserdem  wurden  auch 
noch  untergeordnet  Einlagei'ungen  sehr  abweichend  zusammenge- 
setzter Schieferarten  gefunden;  so  auf  dem  Colmokamm  ein  Con- 
tactgneiss,  in  dem  der  Glimmer  grösstentheils  durch  Aktinolith 
ersetzt  ist;  auf  dem  Piccolokamm  ein  hauptsächlich  aus  Quarz 
und  kleinen  Epidotkörnchen  zusammengesetzter  Schiefer,  der  durch 
"Wechsellagerung  mit  einem  Quarz  -  Biotitschiefer  verbunden  ist; 
auf  demselben  Kamm,  aber  an  anderer  Stelle,  eine  aus  Quarz 
und  gemeiner  Hornblende  bestehende  Felsart.  —  Es  sei  noch 
erwähnt ,  dass  es  für  die  Andalusit  führenden  Gesteine  sehr 
charakteristisch  ist.   dass  bei  den  allermeisten  von   ihnen  auf  den 


496 


Yerwitterungstiäohen  die  lang  säulenförmigen  Krystalle  des  Anda- 
lusit  je  nach  ihrer  Lage  bald  als  Knoten,  bald  als  lange,  scharfe 
Leisten  hervortreten. 

Der  Uebergang  aus  der  äusseren  Contactzone  in  das  aus 
unveränderten  Gneissen  und  Glimmerschiefern  bestehende  schmale, 
saumähnliche  Gebiet  wird  theils  dadurch  vermittelt,  dass  sich  nor- 
male Gesteine  zwischen  den  Contactgneissen  einschalten,  nach 
aussen  hin  immer  mehr  und  mehr  an  Zahl  und  Mächtigkeit  zu- 
nehmen, bis  schliesslich  die  metamorphen  Gesteine  gänzlich  ver- 
schwinden, tlieils  dadurch,  dass  die  Contactmineralien  allmählich 
an  Zahl  abnehmen.   — 

Wir  haben  nun  das  Material  kennen  gelernt,  aus  dem  sich 
die  beschriebene  Contactzone  des  Tonalits  aufbaut.  Ferner  haben 
wir  durch  eine  Reihe  von  geologischen  und  petrographischen  Be- 
ziehungen den  Beweis  dafür  zu  erbringen  versucht,  dass  die  be- 
treffende Zone  Avirklich  als  metamorph  aufzufassen  ist.  Im  Fol- 
genden sollen  einige  andere  Thatsachen  angeführt  werden,  die  den 
Grad  der  Wahrscheinlichkeit  dieses  Beweises  noch  bedeutend  zu 
erhöhen  geeignet  sind.  Sie  stehen  in  engster  Beziehung  zu  dem 
Mineralbestand  der  beschriebenen  Gesteine. 

Von  dem  Andalusit  ist  es  bekannt,  dass  sein  Vorkommen 
in  normalen  arcliäischen  Schiefern  übei'haupt  nur  ein  ausseror- 
dentlich beschi-änktes  ist.  Zahlreiche  Andalusit  führende  Gesteine 
gehören  Contactgebieten  an,  und  umgekehrt  fand  man  in  dem 
grössten  Theil  der  zur  Untersuchung  gelangten  Schiefer -Contact- 
höfe ')  den  Andalusit  als  ein  sehr  wesentlich  an  dem  Aufbau  der 
umgewandelten  Gesteine  theilnehmendes  Mineral.  Die  Bedeutung 
dieser  Thatsache  wird  für  den  hier  betrachteten  Fall  noch  da- 
durch erhöht,  dass  das  Vorkonnnen  von  Andalusit  bis  auf  eine 
einzige  Ausnahme  niemals  in  dem  den  Adamellostock  umgebenden 
Schiefergebirge  beobachtet  worden  ist.  Jenes  eine  Vorkommen 
aber  ist  das  von  Lepsiüs  ^)  bekannt  gemachte  „im  Glimmer- 
schiefer des  Val  San  Valentine  nahe  dem  Tonalit".  Dasselbe 
kann  in  Folge  der  Lage  seines  Fundortes  nur  die  Annahme  der 
Entstehung  des  Andalusits  durch  die  Contactmetamorphose  bestä- 
tigen. Dass  auch  seine  Structur  und  der  Umstand,  dass  er  nur 
in  den  Gesteinen  der  für  metamorph  gehaltenen  Zone,  nicht  aber 
in  denen  des  sicher  unveränderten  Saumes  auftritt,  für  diese  Ent- 
stehungsart   sprechen,    wurde    bereits    ausführlich    dargelegt.    — 


^)  Andalusit  fanden  z.  B.  in  Schiefer  -  Contaethöfen  der  Vogesen: 
RoSENBUCSCH,  der  Pyrenäen:  Zirkel,  des  sächsischen  Erzgebirges: 
die  Geologen  der  sächsischen  ^eol.  Landesanstalt,  am  Granit  des 
Hennberges  hei  Weitisberga:   F.  E.  Müller  u.  s.  w. 

^)  Vergl.  Einleitung  dieser  Arbeit. 


497 


Etwas  anders  liegen  die  Verhältnisse  bei  dem  Cordierit.  Dies 
Mineral  ist  sehr  oft  als  Gemengtheil  durchaus  normaler  Gesteine 
der  archäischen  Formationen,  namentlich  der  nach  ihm  benannten 
Cordierit-Gneisse  beobachtet  worden  und  bildet  stellenweise  sogar 
den  Hauptgemengtheil  der  ganzen  Felsart.  Man  hat  derartige, 
übrigens  nur  ganz  lokal  und  niemals  in  grösserer  Mächtigkeit 
entwickelte  Gesteinsmassen  als  ,, Cordieritfels "  bezeichnet.  An- 
dererseits ist  der  Cordierit  aber  auch  in  mehreren  Schiefer-Contact- 
höfen  ^j  beobachtet  worden.  Indessen  ist  seine  Menge  in  diesen 
meist  ziemlich  gering,  sein  Vorkommen  nicht  so  verbreitet  und 
charakteristisch  wie  das  des  Andalusits.  Nur  ein  einziges  Mal 
wurde  ein  Contactgestein  aufgefunden,  das  in  Bezug  auf  seine 
mineralogische  Zusammensetzung  möglicher  Weise  mit  den  Cor- 
dierit-Contactfelsen  der  Foppa  Aehnlichkeit  hat.  Es  ist  das  die 
von  Dlller  auf  der  Halbinsel  Troas  im  Contact  mit  Quarzdiorit 
beobachtete  Felsart,  der  er  den  Namen  Cordierit -An  dalusit-Horn- 
fels  gab.  Ob  dieser  Name  indessen  gewählt  worden  ist,  weil  der 
Cordierit  ein  sehr  wesentlicher  oder  nur  weil  er  ein  sehr  auifäl- 
liger  Gemengtheil  des  Gesteins  war,  geht  aus  seiner  Darstellung 
nicht  hervor.  Die  betreffende  Stelle^)  lautet:  „The  quartz-diorites 
form  a  number  of  comparatively  small  masses  about  the  base  of 
Mount  Ida  and  are  evidently  younger  than  the  quartzose  argillite," 
—  „which,  in  one  case.  has  been  metamorphosed  into  a  cordie- 
rite-  and  andalusite-hornfels".  —  Vergleichen  wir  aber  jetzt  die 
Thatsachen,  welche  über  das  Vorkommen  des  Cordierit  in  den 
krystallinen  Schiefern  der  dem  Adamellostock  benachbarten  Theile 
der  Ostalpen  beobachtet  worden  sind,  so  finden  wir,  dass  ein 
Cordieritgestein  dort  überhaupt  mir  ein  einziges  Mal  bekannt  ge- 
worden ist.  Es  ist  das  von  Stäche'^)  in  der  Umgegend  von 
Sondalo  in  Veltlin  aufgefundene  und  nach  dem  Fundort  „Son- 
dalit"  genannte  Gestein,  das  er,  wie  folgt,  kurz  beschreibt: 
„Bläulich  bis  grünlich  graue,  fettige  Masse  von  Cordierit  und 
Quarz  in  verschwommen  grobkörniger  Verwachsung  mit  unvoll- 
kommen auskrystallisirtem  oder  derbem,  licht  rothem  Granat,  fein 
durchsprengt  mit  feinen,  schwarzen  Turmalinkörnchen ,  und  mit 
seltenen,  lebhaft  glänzenden  Nadeln  von  ?Disthen  durchschossen." 
Eine  mikroskopische  Schilderung    ist   leider  noch   nicht  veröffent- 


')  Z.  B.  „Unter  dem  Rebstall  und  im  Rapsloch  im  Andalusit- 
schiefer."  Rosenbusch,  Abhandlungen  zur  geolog.  Specialkarte  von 
Elsass-Lothringen,  Bd.  I,  1877,  p.  220;  vergl.  auch  p.  224. 

^)  J.  S.  Diller.  Notes  on  the  geology  of  the  Troad.  Quarterly 
Journ.  of  the  Geolog.  Society  of  London,  A"ol.  39,  1883,  p.  631. 

^)  Die  Gesteine  der  Zwölferspitzgruppe  in  West-Tirol.  J.  d.  k.  k. 
geol.  R.-A.,  1877,  p.  194. 


498 


licht.  Es  lässt  sich  daher  nicht  mit  Sicherheit  sagen,  üb  der 
Sondalit  von  dem  Cürdierit-Contactfels  der  Foppa  wesentlich  ver- 
schieden ist  oder  niclit.  Auf  keinen  Fall  aber  stimmt  er  ganz 
genau  mit  den  beschriebenen  Varietäten  des  letzteren  überein. 
Nun  entstannnt  er  ferr^er  einer  Gegend,  in  der  eine  grosse  An- 
zahl sehr  merkwürdiger,  meist  ihrer  Natur  nach  ebenso  wenig 
wie  der  Sondalit  aufgeklärter  Felsarten  vorkoramen.  In  nenne  nur 
den  STACHE'schen  „Veltlinit",  „Granatporijhyr"  und  die  verschie- 
denen Hypersthengesteine  der  Gegend  von  Leprese.  Ferner  ist 
dieser  Fundort  in  der  Luftlinie  fast  20  km  von  der  Foppa  ent- 
fernt und  auf  dieser  ganzen  Strecke  durch  normal  ausgebildetes 
Schiefergebirge  getremit.  Ich  glaube  daher,  dass  kein  Grund 
dafür  vorliegt,  irgend  welche  Beziehungen  zwischen  den  beiden 
Gesteinen  vorauszusetzen.  In  dem  ganzen  Schiefergürtel  aber, 
welcher  den  Toualit  umgiebt  und  noch  zur  Adamellogruppe  zu 
rechnen  ist,  wurden  bisher  niemals  Cordierit  führende  Gesteine 
beobachtet.  Berücksichtigt  man  diese  Thatsachen  und  erinnert 
man  sich  dessen,  was  weiter  oben  über  die  Structur  des  Cor- 
dierits  und  die  Art  seines  Auftretens  in  den  Felsarten  des  Aviolo- 
gebiets  gesagt  wurde,  so  dürfte  die  Behauptung,  dass  er  darin 
als  ein  Contactproduct  aufzufassen  ist,  gerechtfertigt  erscheinen.  •^ 
Es  sind  jetzt  nur  noch  einige  Beobachtungen  aufzuführen, 
die  sich  auf  die  Verbreitung  der  beschriebenen  Contactgesteine 
beziehen.  Bevor  wir  aber  darauf  eingehen  können,  ist  es  nöthig, 
noch  kurz  den  Verlauf  der  Contactlinie  in  dem  Aviologebiet  zu 
besprechen.  Wie  z.  Th.  bereits  in  der  topographischen  Beschrei- 
bung angedeutet  wurde,  verläuft  die  Grenze  zwischen  Tonalit  und 
Schiefer  aus  dem  Aviothal,  wo  sie  nur  eine  Stunde  von  dem 
Hauptthal  entfernt  ist,  in  ungefähr  WSW  -  Richtung  durch  den 
obersten  Theil  des  Val  Valiaro,  ziemlich  weit  hinten  durch  das 
Val  Paghera  ^)  nach  dem  Circusthal  von  San  Vito.  Dort  biegt 
sie  alhnählich  nach  Süden  um,  erreicht  den  nöi'dlichen  Foppa- 
kamm,  verläuft  in  der  Foppa  selbst  nach  SSO,  biegt  von  neuem 
stark  um,  sodass  sie  östliche  Richtung  erlangt,  und  zieht  dann 
im  Val  Gallinera  und  über  den  Passo  Gallinera  in  ungefähr  ONO- 
Richtung  entlang.  Die  nördliche  Thalwand  des  Val  Gallinera  be- 
steht ganz  und  gar  aus  Schiefern  bis  auf  eine  einzige  Stelle,  wo 
sie  durch  Erosion  entfernt  sind,  und  wo  nun  der  Tonalit  sichtbar 
wird.  Sie  streichen  auf  der  ganzen  Strecke  von  dem  Val  d'Avio 
an  im  Grossen  und  Ganzen  parallel  zu  dem  Verlauf  der  Contact- 
linie, umgeben  den  Tonalit  des  Monte  Aviolo  auf  drei  Seiten 
vollständig  und  schneiden  ihn,     da  er  auf  der  vierten    durch   das 


Vergl.  die  Kartenskizze,  p.  454. 


499 


tiefe  Val  Paghera  yüu  dciii  Tonalit  des  Monte  Avio  getrennt  ist, 
ganz  und  gar  vom  Hauptniassiv  des  Adamello  ab.  Die  Länge 
der  Contaetlinic  beträgt  zwischen  dem  Val  d'Avio  und  dem  Passo 
Gallinera  etwa  14  km;  dagegen  ist  die  Entfernung  der  beiden 
Punkte  in  der  Luft  in  Folge  des  bogenförmig  gekrümmten  Ver- 
laufs der  üesteinsgrenze  imr  etwa  8  km.  Erwähnt  sei  übrigens 
bei  dieser  Gelegenheit,  dass  die  Schieferzone,  welche  zwischen 
den  Tonalit  des  Monte  Aviolo  und  den  der  westlichen  Ausläufer 
des  Corno  Baitone  in  sehr  merkwärdiger  "Weise  eingekeilt  über 
den  Passo  Gallinera  in  das  oberste  Val  Paghera  hinüberstreicht, 
um  dort  scheinbar  plötzlich  abzubrechen,  in  den  schwer  zugäng- 
lichen Kämmen  und  Gipfeln  zwischen  Monte  Avio  und  Corno 
Baitone  der  österreichischen  Generalstabskarte  eine  Fortsetzung 
zu  haben  scheint.  Wenigstens  deutet  darauf  eine  Reihe  von 
Gesteinsstücken,  die  Herr  Prof.  K.  Schulz  in  Leipzig  bei  den 
zahlreichen  von  ihm  in  jenen  Gegenden  unternommenen  Bergbe- 
steigungen sammelte  und  mir  in  liebenswürdigster  und  dankens- 
werthester  Weise  zur  Verfügung  stellte.  Es  wirft  das  ein  sehr 
eigenthümliches  Licht  auf  die  Structur  des  nördlichen  Theils  der 
Adamellokernmasse.  Eine  weitere  Verfolgung  der  Beobachtung 
ist  nöthig. 

Es  wurden  nun  einige  zum  Theil  weit  von  einander  entfernte 
Punkte  der  Contactlinie  besucht,  um  festzustellen,  ob  auch  dort 
die  Tonalitgrenze  von  ähnlichen  Gesteinen  begleitet  würde,  wie 
sie  in  der  Foppa  zur  Beobachtung  gelangt  waren.  Das  Resultat 
war  folgendes:  Bei  dem  Anstieg  von  dem  obersten  Theil  des 
Val  Paghera  zu  dem  Passo  Gallinera  und  auf  diesem  selbst  fand 
ich  Andalusit  führende  Cordierit-Contactfelse  und  -Contactgneisse 
in  losen  Blöcken  und  anstehend.  Auf  dem  schlecht  aufgeschlos- 
senen, die  Valletta  di  Sonico  im  SO  begrenzenden  Ausläufer  des 
Colmokammes  der  Foppa  wurden  Cordierit  -  Contactgneisse  beob- 
achtet. Endlich  wurden  in  dem  Thalkessel  von  San  Vito  und 
auf  dem  westlichen^)  Gehänge  des  Aviothales  typische,  Andalusit 
führende  Cordierit  -  Contactfelse  in  der  Nähe  der  Gesteinsgrenze 
angetroffen.  Allerdings  konnten  genauere  Untersuchungen  über  die 
Art  des  Auftretens  dieser  Gesteine  an  den  betreffenden  Punkten 
noch  nicht  angestellt  werden.  Innnerhin  ergeben  jene  Ausflüge 
aber  folgendes  Resultat:  Der  Tonalit  des  westlichsten 
Theiles  der  Adamellogruppe  wird  auf  der  ]  4  km  langen 
Strecke   vom  Val  d'Avio    bis    zum   Passo  Gallinera    von 


*)  Das  viel  besser   aufgeschlossene    östliche  Gehänge  konnte    ich 
leider  nicht  mehr  besuchen. 


500 


einem  Gürtel  eigenthünilich  ausgebildeter,  meist  Anda- 
lusit  führender,  bezw.  andalusitreicher  Cordieritge- 
steine  umgeben.  Dieselben  fehlen  dem  Grundgebirge  in 
der  weiteren  Umgebung  des  Adamellostockes  und  sind 
die  Producte    einer  Contactmetamorphose   des  Tonalits. 

Es  bleibt  uns  mir  noch  die  Frage  zu  erledigen,  welches  die 
ursprüngliche  Beschaftenheit  der  uns  jetzt  vorliegenden  Contact- 
gesteine  gewesen  sein  mag.  Betrachten  wir  zunächst  die  äussere 
Contactzone.  Die  in  dieser  hauptsächlich  auftretenden  Cordierit- 
und  Andalusit-Contactgneisse  und  -Glimmerschiefer  gehen,  wie  wir 
bereits  sahen,  nach  aussen  allmählich  in  normale  Gneisse  und 
Glimmerschiefer  über.  Sie  haben  mit  diesen  Quarz,  Muscovit, 
Biotit  und  einen  grossen  Theil  des  Feldspathes  in  der  gleichen 
Ausbildungsweise  gemein.  Diejenigen  Gemengtheile  aber,  welche 
den  unveränderten  Gesteinen  fehlen,  nämlich  Cordierit.  Andalusit 
und  der  faserige  Orthoklas  sind  durch  die  Contactstructur  im 
Gegensatz  zu  den  anderen  Mineralien  als  metamorph  charakte- 
risirt.  Wahrscheinlich  ist  auch  ein  kleiner  Theil  des  Muscovits, 
ein  grösserer  Theil  des  Biotits  und  der  Turmalin,  wo  er  in  be- 
trächtlicheren Mengen  auftritt,  als  Neubildung  aufzufassen.  In- 
dessen waren  in  ihnen  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  Quarz,  Mus- 
covit, Biotit  und  ein  Theil  des  Orthoklases  bereits  vor  der  Me- 
tamorphose vorhanden;  d.  h.  die  ursprünglichen  Gesteine  waren 
Gneisse  und  Glimmerschiefer,  gleich  oder  ähnlich  denen,  die  wir 
noch  jetzt  in  dem  äusseren,  sicher  unveränderten  Gesteinsgürtel 
antreffen.  Die  ton  alitische  Contactmetamorphose  be- 
wirkte demnach  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  in  der 
äusseren  Contactzone  die  Umwandlung  von  normalen 
Gneissen  und  Glimmerschiefern  in  Cordierit-  und  An- 
dalusit-führende  Gneisse   und  Glimmerschiefer. 

Analoge  Erscheinungen  sind  bisher,  so  viel  mir  bekannt,  nur 
zweimal  beobachtet  worden,  nämlich  erstens  von  Beck,  zweitens  von 
ScHALCH  in  den  oben  angeführten  Arbeiten  (p.  490) ').  Die  bei- 
den genannten  Forscher  wiesen  nach,  dass  Gneisse,  bezw.  Glim- 
merschiefer der  archäischen  Formationen  im  Contact  mit  Granit 
Andalusit-Krystalle  und  -Körner  aufnehmen  und  zwar  in  Mengen, 
die  proportional  mit  der  Annäherung  an  das  Eruptivgestein 
wachsen.     Ferner  fanden  sie  local  sehr  grosse  Mengen  von  Tur- 


')  Wahrscheinlich  sind  auch  noch  die  neuerdings  von  G.  H.  Wil- 
liams beschriebenen  Verhältnisse  des  „Contact-Metamorphism  produeed 
in  the  adjoining  Micaschists  and  Limestones  by  the  Massive  Rocks  of 
the  Cortland  Series"  ganz  analog.  Yergl.  N.  Jahrb.  für  Mineral,  etc., 
1890,  Bd.  I,  Heft  1,  p.  88—91.    (Referat.) 


501 


maliii  auf.  Schalch  beobachtete  ausserdem  noch  die  Neubildung 
von  braunem  Glimmer,   der  den  unveränderten  Gesteinen  fehlt. 

Danach  zu  urtheilen  besteht  eine  gewisse  Analogie  zwischen 
den  dort  constatirten  Umwandlungserscheinuiigen  und  denen  un- 
serer Contactgesteine.  Andererseits  sind  aber  auch  mehrere  Unter- 
schiede vorhanden.  Dieselben  bestehen  in  der  hier  beobachteten, 
dort  fehlenden  Neubildung  von  Feldspath  und  Cordierit  und  in  dem 
sehr  viel  unbedeutenderen  Auftreten  des  Tunnalins  in  den  Foppa- 
gesteinen.  In  allen  drei  Fällen  scheint  eine  stoffliche  Verände- 
rung der  von  der  Metamorphose  ergriffenen  Felsarten  eingetreten 
zu  sein,  da  mit  dem  Auftreten  des  so  ausserordentlich  basischen 
Andalusits  nicht  etwa  eine  entsprechende  Ausscheidung  von  Quarz 
Hand  in  Hand  geht.  Auch  die  Neubildung  des  faserigen  Ortho- 
klases kann  nicht  für  geeignet  gehalten  werden,  eine  chemische 
Ausgleichung  herbeizuführen,  da  der  Andalusit  auch  in  Gesteinen 
auftritt,  welche  jenen  Orthoklas   nicht   enthalten. 

Die  innere  Contactzone  besteht  der  Hauptsache  nach  aus  rich- 
tungslos struirten  Cordierit-Contactfelsen,  daneben  wurden  aber  auch 
untergeordnet  Einlagerungen  von  abweichend  zusammengesetzten, 
z.  Th.  ganz  mit  den  Contactgneissen  übereinstimmenden  Gesteinen  ge- 
funden. Der  Uebergang  in  die  äussere  Zone  scheint  dadurch  vermit- 
telt zu  werden,  dass  die  Cordieritmengen  abnehmen.  Eine  scharfe 
Grenze  zwischen  den  beiden  Zonen  ist  jedenfalls  nicht  vorhanden. 
Andererseits  bestehen  aber  zwischen  den  t}T)ischen  Contactfelsen 
und  den  typischen  Contactgneissen  gewisse  auffällige  Unterschiede 
in  der  raineralogischen  Zusammensetzung.  In  den  ersteren  fehlen 
der  in  den  Contactgneissen  so  weit  verbreitete  faserige  Orthoklas 
und  der  Muscovit  ganz  und  gar  .  Feldspath  ist  in  ihnen  über- 
haupt nur  sehr  spärlich  vorhanden  und  dürfte  fast  immer  zum 
Plagioklas  gehören.  Gemäss  dieser  mineralogischen  Verschieden- 
heit scheinen  auch  chenische  Unterschiede  vorhanden  zu  sein. 
Es  beweist  dies  das  ungleich  stärkere  Auftreten  von  so  basischen 
Mineralien  wie  Cordierit  und  Andalusit  in  den  Contactfelsen  und 
das  damit  verbundene  Zurücktreten  des  Quarzes  und  des  Ortho- 
klases. Auch  dadurch,  dass  der  in  Bezug  auf  Kieselsäuregehalt 
noch  hinter  dem  Cordierit  zurücktretende  Muscovit  in  den  Contact- 
gneissen und  Glimmerschiefern  reichlich  vorkommt,  dürfte  eine 
völlige  Ausgleichung  nicht  stattfinden.  Eine  ausführliche  chemische 
Untersuchung  dieser  Verhältnisse  schien  mir  indessen  aussichtslos 
zu  sein,  weil  es  bei  der  ausserordentlich  wechselnden  petrogra- 
phischen  Zusammensetzung  der  jetzt  vorliegenden  Gesteine  sehr 
wahrscheinlich  ist,  dass  schon  die  ursprünglichen  Felsarten  in 
ihrem  Mineralbestande  z.  Th.  sehr  stark  von  einander  abwichen, 
sichere  Resultate  sich  demnach  gar  nicht  hätten  ergeben  können. 


502 


Immerhin  bestätigte  die  Analyse  ^)  eines  Cordierit  -  Contactfelses 
die  Vermuthung  von  der  sehr  basischen  Constitution  dieses  Ge- 
steins.    Ich  fand  dabei  folgende  Zalilen: 


Si02    .      .     . 

.     44.62  pCt. 

Ti02   .      .     . 

.        2.04     „ 

AI2O3       .     . 

.     33,33     „ 

Fe2  03       .     . 

.       7,32     ^ 

FeO  2)      .     . 

.       5,45     „ 

MgO  .     .     . 

.        5,46     „ 

CaO    .     .     . 

.       0.12     „ 

MnO  .     .     . 

Spuren 

K2O    .     .      . 

0,68     „ 

Na20       .     . 

0,53     „ 

Glühverlust   . 

1.47     ,,■ 

101,02  pCt. 

Allerdings  muss  bemerkt  werden,  dass  sich  die  zur  Unter- 
suchung benutzte  Varietät  in  einigen  Punkten  von  den  am  wei- 
testen verbreiteten,  also  normaleren  Arten  des  Cordierit -Contact- 
felses unterscheidet.  Da  nämlich  der  Hauptzweck  der  Analyse 
eine  Bestätigung  der  mikroskopischen  Diagnose  sein  sollte,  so 
wurde  eine  sehr  biotitarme.  fast  Feldspath-freie  Varietät  ausge- 
wählt, die  andererseits  durch  einen  nicht  unbeträchtlichen  Gehalt 
an  Titaneisen  und  Andalusit  vor  den  übrigen  ausgezeichnet  war. 
Es  erklärt  sich  daraus  der  relativ  hohe  Gehalt  an  Thonerde  und 
Titansäure  ^) ,  der  relativ  geringe  an  Alkalien  und  Kalk.  Die 
Menge  des  Quarzes  ist  etwa  die  normale.  Wenn  nun  auch  der 
Kieselsäuregehalt  durch  die  etwas  abweichende  chemische  Zusam- 
mensetzung selbst  um  mehrere  Procente  hcrabgedrückt  worden 
wäre,  so  kann  dennoch  über  den  ausserordentlich  basischen  Cha- 
rakter des  vorliegenden  Gesteins  kein  Zweifel  bleiben. 

Es  bestehen  demnach  nicht  nur  mineralogische,  sondern  auch 
chemische  Verschiedenheiten  zwischen  den  Gesteinen  der 
äusseren  und  denen  der  inneren  Contactzone.  Da  sich 
dieselben  auf  keinen  Fall  nur  durch  Unterschiede  in  der  Inten- 
sität der  metamorphosirenden  Kraft  ohne  die  gleichzeitige  An- 
nahme einer  stofflichen  Veränderung  der  Contactgesteine  begründen 


')  Ausgeführt  im  Laboratorium  des  Herrn  Prof.  Ostwald. 

-)  Nach  der  DÖLTER'schen  Methode  bestimmt. 

^)  Die  Titansäure  wurde  erst  mit  dem  Eisen  und  der  Thonerde 
ziisammen  durch  Anunoiiiak  abgeschieden,  dann  vermittelst  wieder- 
holter Ausfällung  durch  Kochen  unter  Zusatz  von  SO2  getrennt  und 
gereinigt. 


503 


lassen,  so  sind  nur  die  beiden  folgenden  Erklärungsweisen  mög- 
lich: 1.  Bei  der  Contactnietaniorphose  des  Tonalits  hat  eine 
stoffliche  Beeinflussung  der  von  der  Umwandlung  ergriffenen  ur- 
sprünglich übereinstinmiend  gewesenen  Gesteine  stattgefunden,  und 
zwar  in  dem  Sinne,  dass  sie,  sei  es  durch  Zufuhr  basischer 
Bestandtheile,  sei  es  durch  Extrahirung  von  Kieselsäure  und  viel- 
leicht auch  von  Alkalien  einen  basischeren  Charakter  erhalten  haben 
2.  Die  Gesteine  der  inneren  jetzt  vorliegenden  Contactzone  waren 
bereits  ursprünglich  anders  und  zwar  basischer  zusammengesetzt 
als  die  der  äusseren  Zone.  —  Bei  dieser  Erklärungsweise  wären 
aber  immer  noch  zwei  Fälle  möglich,  nämlich  2a.  Ausser  der 
bereits  primär  abweichenden  Beschaffenheit  der  Gesteine  haben 
noch,  wenn  auch  mehr  untergeordnet,  Vorgänge,  wie  sie  in  1. 
angeommcn  wurden,  den  jetzigen  Charakter  der  Contactgesteine 
hervorgerufen.  2  b.  Der  jetzige  Charakter  der  Contactgesteine  ist 
lediglich  durch  die  primär  abweichende  Zusammensetzung  der 
Gesteine  bedingt.  Betrachten  wir  die  Gründe,  welche  für  bezw. 
gegen  diese  einzelnen  Ei-klärungsweisen   sprechen. 

Für  1  und  gegen  2b  sprechen:  a.  In  den  beiden  bisher 
bekannt  gewordenen  Fällen,  in  welchen  eine  Umwandlung  von 
Gneissen  und  Glimmerschiefern  durch  contactmetaraorphische  Vor- 
gänge stattgefunden  hat,  wurde  gleichfalls  eine  stoffliche  Verän- 
derung der  von  der  Umwandlung  ergriffenen  Gesteine  beobachtet 
und  zwar  ebenfalls  in  dem  Sinne,  dass  diese  gegen  den  Contact 
hin  basischei''  wurden  (Beck,  Schalch).  3.  Aller  Wahrschein- 
lichkeit nach  haben  auch  die  Gesteine  der  äusseren  C'ontactzone 
des  Tonalits  eine  Stoffveränderung,  bestehend  in  Anreicherung 
der  basischen  Substanzen  erfahren.  Um  so  mehr  muss  dies  also 
für  die  innere  Contactzone  Geltung  haben  j.  Es  ist  zum  we- 
nigsten auffällig,  dass  ganz  derselbe  Horizont  die  Grenze  des 
Tonalits  auf  der  14  km  langen  Strecke  zwischen  Val  d'Avio  und 
Passo  Gallinera  begleiten  soll.  5.  Drei  der  charakteristischen 
Mineralien  des  Contactes,  nämlich  Cordierit,  Andalusit,  Biotit 
sind  den  Gesteinen  der  äusseren  und  der  inneren  Contactzone 
gemeinsam.  Nur  ihi'e  Menge  (Cordierit.  Biotit)  ist  in  den  dem 
Contact  benachbarten  Gesteinen  grösser  als  in  den  von  ihm  ent- 
fernten. Es  entspricht  dies  ganz  den  Verhältnissen,  welche  man 
erwarten  muss,  wenn  eine  stoffliche  Beeinflussung  ursprünglich 
gleichartiger  Schichten  stattgefunden  liat. 

Gegen  1  und  für  2  sprechen:  a.  Die  bedeutend  gerin- 
gere Ausdehnung  der  Contactzone  auf  dem  Colmokamm,  die  sich 
durch  primäre  Verschiedenlieit  der  Horizonte,  aus  welchen  die 
beiden  Zonen  hervorgingen,  leicht  erklären  lässt.  jj.  In  die  innere 
Zone  sind,    besonders   auf  dem  Cohaokamm.    auch  Gesteine  ein- 


504 


gelagert,  welche  mit  den  Felsarten  der  äusseren  Zone  übereinzu- 
stimmen scheinen,  jedenfalls  aber  ihnen  näher  verwandt  sind,  als 
den  Contactfelsen.  y.  Das  gänzliche  Fehlen  des  faserigen  Ortho- 
klases und  des  Muscovits  in  den  Contactfelsen  begründet  eine 
mineralogische  Verschiedenheit,  welche  der  Annahme  widerspricht, 
dass  die  Gesteine  der  beiden  Zonen  aus  demselben  Urmaterial 
hervorgegangen  seien,  o.  Da  das  Streichen  der  Schiefer,  abge- 
sehen von  gewissen,  auf  eine  ganz  schmale  Zone  begrenzten  Un- 
regelmässigkeiten, parallel  mit  der  Contactlinie  verläuft,  ist  es 
erklärlich,  dass  auf  der  ganzen  Strecke  stets  derselbe  Hoi'izont 
in  Berührung  mit  dem  Eruptivgestein  ist.  e.  Die  chemische  Zu- 
sammensetzung mancher,  besonders  chloritischer  Phyllite  scheint 
der  für  den  Cordierit-Contactfels  nachgewiesenen  ähnlich  zu  sein. 
^.  In  der  Gneiss  -  Phyllitgruppe ,  zu  der  die  Contactgesteine  des 
Tonalit  gehören,  ist  ein  Wechsel  phyllitischer  Gesteine  mit  gneiss- 
artigen Felsarten  ausserordentlich  verbreitet^). 

Ueberblicken  wir  all'  die  aufgeführten  Gründe,  so  erkennen 
wir,  dass  kein  einziger  unter  ihnen  gegen  die  unter  2  a  gegebene 
Erklärungsweise  spricht.  Ich  glaube  deshalb,  dass  diese  we- 
nigstens vorläufig  am  meisten  begründet  ist.  Allerdings  ist  es 
nicht  unmöglich,  dass  weitere  Untersuchungen  der  Contactgebiete 
des  Tonalits  auch  neue  und  maassgebendere  Anhaltspunkte  für 
die  Beurtheilung  der  Frage  ergeben  können.  Bis  dies  geschieht, 
möchte  ich  aber  daran  festhalten,  dass  die  verschiedene  Zusam- 
mensetzung der  beiden  Contactzonen  des  Tonalits  sehr  wahrschein- 
lich zum  grösseren  Theil  auf  verschiedenartige  Zusam- 
mensetzung der  ursprünglichen  Gesteine  ,  zu  einem 
kleinen  Theile  aber  auch  auf  stoffliche  Veränderung 
durch  die  Metamorphose  zurückzuführen  ist.  Ueber  die 
Frage,  welche  Felsarten  es  wohl  gewesen  sein  mögen,  aus  denen 
die  Contactfelse  hervorgegangen  sind,  darüber  kann  ich  mich  vor- 
läufig noch  nicht  äussern. 

lil.    Geologische  Beziehungen  der  porphyrisch  struirten 
Eruptivgesteine. 

In  dem  eigentlichen  Aviologebiet  wurden  an  17  verschie- 
denen Punkten  porphyrisch  struirte  Eruptivgesteine  anstehend  auf- 
gefunden. Dazu  kommen  noch  zwei  Vorkommnisse,  die  jenseits 
des  Oglio,  aber  unmittelbar  an  einem  anderen  Ufer  neben  der 
Strasse    zwischen  Edolo    und  Incudine   aufgeschlossen   sind,    und 


')  Vergl.  die  Schilderung,  welche  Stäche  von  der  Gneiss-Phyllit- 
gruppe  entwirft.  Gesteine  der  Zwölferspitz  -  Gruppe.  Jahrb.  d.  k.  k. 
R.-A.,  1877. 


505 

ein  drittes  auf  dem  westlichen  Gehänge  des  Yal  d'Avio  aufge- 
fundenes Gestein  ^) ,  im  Ganzen  also  20  verschiedene  Vorkomm- 
nisse. Es  wäre  sicherlich  leicht  möglich,  bei  einer  genauen  Be- 
gehung der  Berghänge,  aber  aucii  manclier  von  mir  nur  flüchtig 
besuchter  Thäler.  wie  des  Yal  Finale,  diese  Zahl  noch  erheblich  zu 
vergrössern.  —  AU'  die  aufgefundenen  Gesteine  sind  durch  ihre  por- 
phyrische Structur  und  die  trikline  Natur  des  an  ihrer  Zusammen- 
setzung betheiligten  Feldspaths  als  Poi-phyrite  charakterisirt.  Sie 
treten  fast  sämmtlich  in  schmalen,  mitunter  nur  wenige  Decimeter 
breiten  Gängen  auf,  durchsetzen  in  gleicher  Weise  die  Quarzphyllite 
und  die  Gneisse,  die  Contactzone  des  Mojadiorits  und  des  To- 
nalits,  ja  sogar  den  Tonalit  selbst.  Fraglich  ist  ihr  Altersver- 
hältniss  lediglich  gegenüber  dem  Mojadiorit.  Die  in  der  Contact- 
zone desselben  auftretenden  Gänge  lassen  zwar  keine  Beeinflus- 
sung durch  eine  Contactmetamorphose  erkennen,  sind  aber  auch 
soweit  vom  Contact  entfernt,  dass  man  eine  solche  auch  dann 
nicht  erwarten  könnte,  wenn  sie  älter  als  der  Diorit  wären.  Sieht 
man  indessen  von  diesem  ab,  so  sind  sie  die  jüngsten  Glieder 
des  ganzen  Gebirges.  Meist  fand  ich  sie  zu  schlecht  aufge- 
schlossen, als  dass  ich  die  Streich-  und  Fallrichtung  ihrer  Gang- 
spalten hätte  feststellen  können.  Wo  dies  aber  gelang,  da  ergab 
sich  bis  auf  eine  einzige  Ausnahme  mit  Sicherheit,  dass  die 
Gänge  die  Schichten  der  Schiefer  schräg  durchschneiden,  also 
nicht  Lagermassen  bezw.  Lagergänge  sein  können.  Bei  einem 
einzigen  Yorkommniss  auf  dem  nördlichen  Foppagehänge  ist  die 
Möglichkeit  der  Einschaltung  parallel  der  Schichtfläche  der  Schiefer 
nicht  ausgeschlossen.  Doch  schien  mir  auch  dort  wenigstens  eine 
geringe  Yerschiedenheit  zwischen  dem  Streichen  des  Ganges  und 
dem  der  Schichten  stattzufinden.  Eine  gesetzmässige  Anord- 
nung der  Gangspalten  wurde  nicht  beobachtet.  In  einem  Falle 
fanden  sich  Stücke  des  Nebengesteins  in  dem  Eruptivgestein  ein- 
geschlossen. Contactmetamorphische  Processe  haben  nicht  statt- 
gefunden. Genauere  Einzelangaben  werden  zusammen  mit  der  Be- 
schreibung der  Fundorte,  um  Wiederholungen  zu  sparen,  erst  in 
dem  petrographischen  Theil  der  Arbeit  gegeben  werden. 

Das  umstehende  Profil  des  Monte  Aviolo  ist  auf  Grund  der 
Aufnahmearbeiten  entworfen. 


')  Es  wird  dies  trotz  der  entfernten  Lage  seines  Fundortes  au 
dieser  Stelle  besprochen,  da  dasselbe  mit  den  Eruptivgesteinen  des 
Aviolo  eng  vei-wandt  ist. 


Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  3.  34 


506 


MAOLOLO  ■JSÜfr, 


Pucolo  KamTn.  23S0n 


Giiei&se  u..  CU/n/nersciuefcr 


^•^^^TonalU  OLunma-scIueter 


j:rv\Ouarz- 


Petrographische  Beschreibung. 

Die  Gesteine,  die  im  Folgenden  zu  besprechen  sind,  lassen 
sich  in  drei  grosse ,  geologisch  und  petrographisch  scharf-  von 
einander  getrennte  Gruppen  eintheilen.  nämlich  erstens  die  Ge- 
steine der  älteren  Schieferabtheilung,  zweitens  die  der  jüngeren 
Schieferabtheilung,  drittens  die  Eruptivgesteine.  Dementsprechend 
wird  auch  die  Beschreibung  in  dieser  Reihenfolge  vorgehen.  — 
Bemerkt  sei,  dass  diejenigen  petrographischen  Beobachtungen, 
welche  in  der  vorangegangenen  geologischen  Schilderung  bereits 
ausführlich  besprochen  wurden,  hier  höchstens  ganz  kurze  Er- 
wähnung finden  werden. 


A.    Gesteine  des  älteren  Schiefercomplexes. 

A.    Normale  Gesteine. 

Hierher  gehören  die  Gneisse  und  Glimmerschiefer  jenes 
schmalen  Gesteinssaumes,  den  wir  zwischen  dem  Quarzphyllit- 
Complexe  des  Val  Moja  und  der  Contactzone  des  Tonalit  einge- 
schaltet fanden.  Leider  sind  die  Aufschlüsse  gerade  dieses  Ho- 
rizontes in  dem  Val  Moja  recht  ungünstig.  Es  wurden  deshalb 
auch  einige  Gesteinsstücke,  die  von  Ausflügen  in  die  Yalletta  di 
Sonico  herrühren,  mit  zur  Untersuchung  herangezogen.  Dennoch 
ist  es  wahrscheinlich,  dass  man  bei  genauen  Begehungen  mancher 
anderer  Thäler,  welche  die  Tonalit-Randzone  durchschneiden,  voll- 
ständigeres und  reichhaltigeres  Material  von  Felsarten  dieses 
Horizontes  sammeln  könnte,   als  mir  diesmal  zur  Verfügung  stand. 

Unter  all'   den  Gesteinen,    welche  hierher  gehören,    besitzen 


507 


Muscovitgesteine  die  grössto  Mächtigkeit  und  Verbreitung.  Sie 
führen  stets  auch  Biotit  in  kleineren,  aber  wechsehiden  Mengen 
und  gehen  durch  Anreicherung  des  letzteren  in  Biotitgneisse  mit 
meist  nicht  unbedeutendem  Muscovitgehalt  über.  Es  finden  sich 
auch  Gesteine,  welche  zwischen  beiden  etwa  in  der  Mitte  stehen 
und  demnach  als  zweiglimmerige  Gneisse  zu  bezeichnen  sind. 
Gerade  aus  diesen  letzteren  entstehen  gern  durch  Herabminderung 
des  Feldspathgehalts  zweiglimmerige  Glimmerschiefer,  in  denen 
bald  der  Biotit.  bald  der  Muscovit  etwas  überwiegt.  All'  die 
genannten  Gesteine  haben  indessen  meist  nur  einen  relativ  ge- 
ringen Glimmergehalt.  Was  ihre  Structur  betrifft,  so  besitzen 
sie  grösstentheils  ein  schwach  und  verworren  flaseriges  Gefüge 
bei  geringer,  1  mm  nur  selten  übersteigender  Grösse  des  Kornes. 
Scharfe  Grenzen  zwischen  den  einzelnen  Gesteinsarten  sind  nicht 
vorhanden.  Sie  sind  im  Gegentheil  durch  Uebergänge  eng  mit 
einander  verknüpft  und  unterscheiden  sich  überhaupt  nicht  so 
sehr  durch  qualitative  als  durch  quantitative  Gegensätze  in  der 
mineralogischen  Zusammensetzung.  Da  ausserdem  aucli  noch  die 
Structur  der  einzelnen  Gemengtheile  in  allen  Gesteinsarten  durch- 
aus übereinstimmt,  so  werde  ich  im  Folgenden  lediglich  die  an 
ihrem  Aufbau  betheiligten  Mineralien  beschreiben,  von  einer  Einzel- 
besprechung der  Gesteine  aber  ganz  absehen. 

Ausser  den  makroskopisch  bereits  erkennbaren  Gemengtheilen 
Quarz.  Feldspath.  Muscovit.  Biotit  kommen,  wie  die  mikrosko- 
pische Untersuchung  lehrt,  auch  noch  vor:  Turmalin,  Apatit, 
Eisenerz.   Zirkon,   Chlorit,   Granat. 

Der  Quarz  erscheint  dem  unbewaffneten  Auge  in  Aggregaten 
winziger,  graulich  weisser,  fettglänzender  Körnchen,  die  nicht  von 
einander  zu  unterscheiden  sind.  Makroskopisch  und  mikrosko- 
pisch erkennt  man,  dass  er  bald  in  den  Gesteinen  Lagen  und 
Linsen  fast  ausschliesslich  zusammensetzt,  bald  in  normaler  Weise 
und  Menge  im  Verein  mit  den  übrigen  Gemengtheilen  an  dem 
Aufbau  Tlieil  nimmt  Endlich  beobachtet  man  einzelne  Lagen, 
in  denen  er  fast  ganz  und  gar  fehlt  oder  doch  nur  in  seltenen, 
isolirten  Körnchen  auftritt.  Diese  letzteren,  im  gewöhnlichen  Licht 
einheitlich  erscheinend,  sind,  wie  man  bei  gekreuzten  Nicols  er- 
kennt, aus  mehreren  kleineren  Individuen  zusammengesetzt.  Der 
Durchmesser  der  einzelnen  Körner  beträgt  gewöhnlich  etwa  0,5  nun. 
Kleinere  Körner  treten  aber  fast  stets  noch  in  Avechselnden  Men- 
gen auf.  Li  einem  eigenthümlichen  Gestein,  das  einem  dichten 
Quarzit  ähnlich  ist  und  durch  Wechsellagerung  mit  Glimmerschie- 
fern verbunden  ist,  aber  keine  grössere  Verbreitung  erlangt, 
erreicht    der    Durchmesser    der    einzelnen    Körnchen    nur    selten 

34* 


508 


0,04  mm  mid  bleibt  gewöhnlich  sogar  noch  hinter  0.02  mm  zurück. 
Ausserordentlich  verbreitet  ist  die  Erscheinung,  dass  in  Präpa- 
raten, welche  senkrecht  gegen  die  Schieferungsebene  der  Gesteine 
gerichtet  sind,  zahlreiche  Individuen  auflallend  in  die  Länge  ge- 
zogen sind.  Körner,  die  im  Durchschnitt  viermal  so  grosse  Länge 
als  Breite  besitzen,  sind  gar  nicht  selten.  Sie  sind  .stets  in  dem- 
selben Sinne  angeordnet  und  lassen  daher  auch  mikroskopisch  auf 
das  deutlichste  die  Textur  des  Gesteins  erkennen.  Die  einzelnen 
Individuen  zeigen  niemals  Krystallconturen.  sondern  sind  entweder 
unter  einander  oder  mit  den  übrigen  Gemengtheilen,  namentlich 
dem  Feldspath.  in  jener  unregelmässigen  Weise  verwachsen,  wie 
sie  für  die  Gemengtheile  krystalliner  Schiefer  charakteristisch  ist. 
Flüssigkeitseinschlüsse  und  Hohlräume  sind  im  Ganzen  nicht  sehr 
häufig.  Die  letzteren  dürften  die  P'lüssigkeitseinschlüsse  an  Zahl 
bei  Weitem  übertreffen.  Der  Quarz  umschliesst  gelegentlich  wohl 
sämmtliche  mit  ihm  zusammen  auftretende  Gemengtheile.  Die  Ge- 
staltung der  Interpositionen  lässt  kein  bestinnntes  Gesetz  erkennen. 

Der  Feldspath  tritt  so  häutig  in  nicht  polysynthetisch 
verzwillingteu  Körnern  auf,  dass  ein  Theil  wohl  zum  Orthoklas 
zu  rechnen  ist.  Mikroperthitische  Structur  wurde  nur  selten  beob- 
achtet. In  Bezug  auf  die  Gestaltung  der  Körner  gilt  Wort  für 
Wort,  was  oben  bei  dem  Quarz  gesagt  worden  ist.  Auch  die  in 
die  Länge  gezogenen,  platten  Individuen  sind  oft  sehr  charakte- 
ristisch ausgebildet.  Die  Grösse  der  Körner  stimmt  im  Allge- 
meinen mit  der  beim  Quarz  beobachteten  überein.  doch  sind 
Körner  von  1  mm  Durchmesser  hier  nicht  gerade  selten.  In  all* 
den  untersuchten  Gesteinen  ist  der  Feldspath  bereits  durch  Zer- 
setzung mehr  oder  weniger  stark  getrübt  und  lässt  sich  daher 
stets  leicht  vom  Quarz  unterscheiden.  Interponirung  fremder 
Mineralpartikel  ist  in  ihm  nicht  selten,  und  zwar  scheinen  auch 
hier  alle  anderen  Gemengtheile  gelegentlich  dazu  befähigt  von  ihm 
umhüllt  zu  werden.  In  manchen  noch  ziemlich  frischen  Feld- 
spath-Individuen.  besonders  in  Plagioklaseii.  hifit  man  kleine,  fast 
farblose,  bezw.  äusserst  schwach  gelbliche  Körnchen  in  grossen 
Mengen  an.  Dieselben  scheinen,  nach  ihrer  Anordnungsweise  und 
ihrem  ganzen  Habitus  zu  urtheilen,  primär  zu  sein.  Ich  möchte 
sie  für  Epidot  halten,  konnte  aber  allerdings  in  Folge  der  un- 
regelmässigen Conturen  keine  sicheren  Anhaltspunkte  für  eine 
Bestimmung  erlangen.  —  Selbst  wenn  die  Zahl  der  Interpositio- 
nen des  Feldspaths  sehr  gross  wird,  ei-hält  er  doch  niemals  eine 
der  Contactstructur  des  faserigen  Orthoklases  der  Contactgesteine 
ähnliche  Beschaffenheit. 

Der  Muscovit  ist  schon  makroskopisch  bemerkbar,  mi- 
kroskopisch   durch     die     ausgezeichnete    Spaltbarkeit ,     scheinbar 


509 


gerade  Auslöschung  und  lebhaften  Polarisationsfarben  leicht  zu 
erkennen ,  in  basischen  Schnitten  durch  grossen  Winkel  der 
optischen  Axen  charakterisirt.  Er  ist  in  fast  all'  den  unter- 
suchten Gesteinen  in  beträchtlichen  Mengen  vorhanden  und  tritt 
gewöhnlich  in  unregelmässig  umrandeten  .  grösseren  Lamellen 
auf.  Ausserdem  kommt  er  aber  auch  nicht  selten  in  feinblätte- 
rigen Aggregaten  vor.  die  man  wohl  am  besten  als  Serieit  be- 
zeichnen wird.  In  dieser  Ausbildungsart  findet  er  sich  gern  in 
enger  Verwaclisung  mit  kleinen  Quarzkörnchen.  Die  grösseren 
Lamellen  erscheinen  in  quer  gegen  die  Schiefernng  geschnittenen 
Präparaten  meist  parallel  gestellt.  Er  tritt  in  vielen  anderen 
Gemengtheilen  als  Einschluss  auf,  führt  aber  selbst  nur  ausnahms- 
weise fremde  Interpositionen .  unter  diesen  noch  am  meisten 
kleine,   unregelmässig  geformte  Quarzkörnchen. 

lieber  den  Biotit  ist  nur  wenig  zu  sagen.  Er  zeigt  den  be- 
kannten starken  Pleochroismus  (zwischen  bräunlich  gelb  und  dunkel 
braun)  und  lässt  in  basischen  Schnitten  bei  der  Untersuchung  im  con- 
vergenten  Licht  erkennen,  dass  der  Winkel  der  optischen  Axen 
sehr  klein  ist.  Man  muss  auch  bei  ihm  zwei  Ausbildungsarten 
unterscheiden.  Er  tritt  nämlich  entweder  in  grösseren,  unregel- 
mässig umrandeten  Lamellen  anf  oder  in  Anhäufungen  kleiner, 
gern  mit  Muscovit  vergesellschafteter  Fetzchen.  Die  grösseren 
Lamellen  sind  fast  stets  parallel  der  Schieferung  angeordnet. 
Interpositionen  fremder  Mineralien  sind  selten.  Es  finden  sich 
eigentlich  nur  Eisenerzkörnchen  und  kleine  Zirkonkrystalle.  Letz- 
tere sind  häufig  von  dunkler  gefärbten  Höfen  umgeben.  Bisweilen 
scheidet  er  bei  beginnender  Zersetzung  Rutilnädelchen  in  geringer 
Zahl  aus.  Einmal  wurde  eine  offenbar  gesetzmässige  Verwach- 
sung mit  Muscovit  beobachtet.  Eine  Lamelle  des  letzteren  war 
so  zwischen  zwei  gleich  grosse  Lamellen  des  Biotit  eingeschaltet, 
dass  die  c  -  Axe  gemeinsam,  die  Basis  Verwachsungsfläche  zu 
sein  schien. 

Wir  gehen  jetzt  zu  den  accessorischen  Gemengtheilen 
über.  Der  Turmalin  findet  sich  in  vielen  der  hierher  gehörigen 
Gesteine  in  vereinzelten  Kryställchen.  Nur  in  wenigen  schmalen 
Lagen  tritt  er  etwas  häufiger  auf.  Er  erscheint  gern  in  zier- 
lichen, schlanken  Säulchen,  die  auf  dem  einen  Ende  rhomboe- 
drisch  begrenzt,  auf  dem  anderen  unregelmässig  abgebrochen  zu 
sein  pflegen.  Gew^öhnlich,  aber  nicht  immer,  sind  die  Conturen 
scharf  und  geradlinig.  Einschlüsse  wurden  nicht  gefunden.  Der 
Pleochroismus  ist  sehr  lebhaft.  (e  schwach  gelblich,  m  dunkel 
violettlich  grau,  mitunter  auch  braun.)  —  Chlorit  wurde  nur  in 
zwei  auf  dem  Abhang  oberhalb  der  Sennhütte  Pozzolo  anstehen- 
den Gesteinen,  aufgefunden,    von  denen  das    eine  eigentlich  mehr 


510 


pliyllitisclieu  Charakter  trügt.  Es  ist  darin  ein  unzweifelhaft  pri- 
märer, aber  nur  untergeordneter  Gemengtheil.  Sein  ganzer  Ha- 
bitus unterscheidet  ihn  von  dem  in  echten  Phylliten  auftretenden 
Chlorit.  Er  erscheint  in  vereinzelten,  basisch  gut  begrenzten, 
bis  zu  0.6  mm  langen  Lamellen.  In  dem  phyllitälmlichen  Gestein 
liegen  dieselben  gewissermaassen  porphyrisch  in  einem  feineren 
Gewebe  von  Biotitfetzchen  und  soricitischem  Muscovit.  In  dem 
anderen  betheiligt  er  sich  in  derselben  Weise  an  der  Zusammen- 
setzung des  Gesteins  wie  die  Glimmer.  Parallel  der  Basis  ver- 
laufen Spaltrisse,  doch  sind  dieselben  wenig  zahlreich.  Der 
Pleochroismus  ist  ziemlich  schwach,  aber  immerhin  deutlich  wahr- 
nehmbar. Der  Farbenwechsel  geht  von  fast  farblos,  bezw.  äus- 
serst schwach  grünlich  bis  zu  hell  grün.  Zwischen  gekreuzten 
Nicols  zeigt  er  meist  jenes  eigenthümliche  Blau,  welches  bei  den 
Chloriten  durch  die  Combination  der  Eigenfarbe  und  der  nie- 
drigen Polarisationsfarben  entsteht^).  Die  Lichtbrechung  ist  sehr 
schwach.  Die  Auslöschungsrichtung  geht  parallel  der  Basis. 
Mitunter  sind  dem  Chlorit  winzige,  unregelmässig  geformte  Quarz- 
körnchen eingelagert.  --  Der  Apatit  ist  ein  nie  fehlender,  aber 
fast  immer  nur  sehr  untergeordneter  Gemengtheil  sämmtlicher 
hier  beschriebener  Gesteine.  Mitunter  tritt  er  in  den  bekannten 
langen,  quer  gegliederten  Säulchen  auf;  weit  häufiger  aber  findet 
er  sich  in  anscheinend  von  jenen  ganz  verschiedenen,  meist  voll- 
kommen unregelmässig  contui'irten ,  nur  selten  Andeutungen  kry- 
stallographischer  Begrenzung  aufweisenden  Körnern.  Die  grösste 
Ausdehnung  derselben  beträgt  gewöhnlich  nur  Bruchtheile  eines 
Millimeters,  erreicht  indessen  bisweilen  auch  Ibis  1.5  mm,  ja  in 
einem  Glimmerschiefer  vom  nördlichen  Gehänge  des  Colmokammes, 
nahe  dem  Ausgang  der  Foppa,  bis  über  8  mm  Länge  und  1  ^2  mm 
Breite.  Die  Körner  zeigen  ziemlich  regelmässig  eine  Absonde- 
rung quer  auf  ihi'e  Längserstreckung  und  löschen  auch  .parallel 
zu  derselben  aus.  Sie  sind  nicht  selten  durch  zahllose  winzige 
Pünktchen  ganz  getrübt  und  erscheinen  in  Folge  dessen  dem  un- 
bewaffneten Auge  in  den  Präparaten  als  weiss,  während  ihre 
eigentliche  Substanz  farblos  durchsichtig  ist.  Die  Lichtbrechung 
ist  stärker  als  die  der  übrigen  farblosen  Mineralien  dieser  Ge- 
steine, fast  so  stark,  bei  gleicher  Dicke  der  Schnitte,  wie  die 
des  Andalusits  der  Contactgesteine.  Die  Doppelbrechung  ist  recht 
schwach;  in  den  nicht  basischen  Schnitten  erzeugt  sie  das  für 
Apatit  charakteristische  Grau -blau.  Dass  man  es  wirklich  mit 
Apatit  zu  thun  hat,  beweist  auch  die  Thatsache,  dass  sich  die 
dafür  gehaltenen  Durchschnitte  in  den  Präparaten  leicht  in  heisser 


Rosenbusch.    Mikrosk.  Physiographie,  I,  p.  869. 


511 


Salzsäure  lösen  lassen.  Ausserdem  wurden  aucli  einmal  die  bei- 
den verschiedenen  Ausbildungsarten  neben  einander  und  durch 
Uebergänge  mit  einander  verbunden  beobachtet.  —  Eisenerz 
findet  sich  in  fast  all'  den  untersuchten  Gesteinen  in  kleinen 
Mengen  und  zwar  entweder  in  einzelnen  unregelmässig  begrenzten 
Körnern  oder  in  Zusammenhäufungen  solcher.  Leukoxenartige 
Umwandlungsproducte  wurden  nicht  beobachtet.  Es  ist  deshalb 
wahrscheinlich,  dass  Magneteisen  vorliegt.  Eine  sichere  Bestim- 
mung dei-  Natur  des  Erzes  konnte  nicht  vorgenommen  werden. 
—  Zirkon  findet  sich  in  der  bekannten  Ausbildungsweise.  Mit- 
unter sind  die  Krystalle  in  einzelne,  gegen  einander  verschobene 
Stückchen  zerbrochen. 

In  einem  Biotitgneiss  aus  der  Yalletta  di  Sonico  wurden 
vereinzelte,  z.  Th.  scharf  sechsseitige  Durchschnitte  beobachtet. 
Sie  waren  durch  Zersetzung  so  sehr  getrübt,  dass  sich  über 
ihren  Ursprung  nichts  Sicheres  feststellen  Hess.  Vielleicht  sind 
sie  aus  Granat  hervorgegangen. 

B.    Contactgesteine. 

Ein  Ueberblick  über  die  hierher  gehörigen  Gesteine,  sowie 
eine  Besprechung  mancher  geologisch  wichtiger  Einzelheiten  be- 
züglich ihrer  Structur  und  mineralogischen  Zusammensetzung 
wurde  bereits  gelegentlich  der  geologischen  Schilderung  gegeben. 
Es  möge  deshalb  hier  gleich  die  Beschreibung  der  an  ihrem  Auf- 
bau betheiligten  Mineralien  und  erst  zum  Schluss  eine  kurze 
zusanunenfassende  Darstellung  der  Gesteine  folgen. 

Als  wesentliche  Gemengtheile  treten  auf:  Cordierit, 
Andalusit,  Quarz,  Orthoklas.  Plagioklas,  Muscovit.  Biotit;  als 
accessorische,  bezw  nur  in  vereinzelten  Fällen  als  wesentliche 
Gemengtheile:  Sillimanit,  Turmalin,  Granat,  Spinell.  Korund, 
Ilmenit.  Magnetit,  Pyrit,  Apatit,  Zirkon.  Rutil. 

In  all'  den  Gesteinen,  in  denen  der  Cordierit  beobachtet 
wurde,  tritt  er  in  gänzlich  farblosen,  in  der  Grösse  zwischen 
0,1  mm  und  2  mm  variirenden  Körnern  auf.  In  den  Cordierit- 
Contactfelsen  ist  die  durchschnittliche  Ausdehnung  zwischen  0,5  mm 
und  0,9  mm.  Daneben  trifft  man  aber  auch  stets  in  geringeren 
Mengen  bedeutend  kleinere  und  umgekehrt  bis  zu  1.5  mm  und 
2  mm  grosse  Körner  darin  an.  In  manchen  Contactgneissen,  in 
denen  er  gewissermassen  porphyrisch  in  einer  Art  Grundmasse 
von  kleinen,  gewöhnlich  nur  0,1  mm  erreichenden  Quarz  und 
Feldspathkörnchen,  sowie  Biotitblättchen  liegt,  ist  seine  durch- 
schnittliche Grösse  1.5  —  2  mm.  In  den  anderen  Contactgneissen 
und  Contact-Glimmerschiefern  hat  er  dieselbe  Ausdehnung  wie  die 
übrigen  Gemengtheile.     Die  Spaltbarkeit  nach    x  P  oo   äussert  sich 


512 


nur  selten  durch  meist  nicht  ganz  regelmässig  verlaufende,  pa- 
rallele Risse.  Was  die  Formenausbildung  der  einzelnen  Indivi- 
duen betrifft,  so  sind  krystallograpliisch  gut  begrenzte  Körner  nur 
dort  häufiger  vorhanden,  wo  der  Gordierit  in  den  Contactfelsen 
mit  Quarz  zusammen  auftritt.  Der  letztere  füllt  dann  gern  die 
unregelmässigen  Räume  zwischen  den  Krystallflächen  der  verschie- 
denen Cordieritkörner  aus.  Dort  aber,  wo  diese  allein  dicht  an 
einander  gedrängt  liegen  oder  wo  sie  mit  Feldspath.  Andalusit, 
und  Glimmer  zusammenstossen,  pflegt  die  Umrandung  eine  un- 
regelmässigere  zu  sein.  Dennoch  springt  die  Begrenzungslinie 
nicht  so  ganz  regellos  aus  und  ein,  wie  dies  von  den  Quarzen  und 
Feldspathen  der  normalen  Gneisse  beschrieben  wurde.  Gerad- 
liniger oder  gleichmässig  gebogener  Verlauf  der  Umrandung  herrscht 
vor.  Die  besser  conturirten  Individuen  liefern  selten  sechsseitige, 
meist  rechteckige  bis  quadratische  Formen.  Bei  den  letzteren 
sind  gern  die  Ecken  abgestumpft  odei-  unregelmässiger  abgerundet-, 
Yerzwillingung  ist  sehr  häufig,  meist  aber  nicht  so  typisch  aus- 
gebildet, wie  in  den  von  Hussak  \),  v.  Lassaulx  ^),  Dittmar  ^), 
Vogelsang'*)  und  aaideren  beschriebenen  Cordieriten  der  vulca- 
nischen  Auswürflinge  bez.  Schiefereinschlüsse  in  Eruptivgesteinen. 
Im  Allgemeinen  äussert  sie  sich  nur  dadurch,  dass  im  gewöhn- 
lichen Licht  vollkommen  einheitlich  erscheinende  Körner  im  pola- 
risirten  Licht  in  zwei  oder  mehrere  Felder  zerfallen;  dabei  ver- 
läuft die  Begrenzungslinie  dieser  letzteren  durchaus  nicht  immer 
ganz  regelmässig.  In  vielen  Fällen  entsendet  das  eine  Indivi- 
duum Zahn-  oder  Band  -  artige  Fortsätze  in  das  andere  hinein, 
vergl.  Figur  1.    Diese  Erscheinung  äussert  sich  dann  bei  anderer 


^)  E.  HussAK.  lieber  den  Cordierit  in  vulkanischen  Auswürflingen. 
Sitzungsber.  der  k.  Akad.  d.  Wissensch.,  Wien,  I.  Abth.,  April  1883; 
vergl.  auch  N.  Jahrb.  für  Mineral,  etc.,  1885,  II,  p.  81:  lieber  die  Ver- 
breitung des  Cordierits  in  Gesteinen. 

^)  A.  V.  Lasaulx.  lieber  Cordieritzwillinge  in  einem  Auswürfling 
des  Laacher  See's.     Zeitschr.  f.  Krystallogr.,  1883,  Bd.  VIII. 

^)  C.  Dittmak.  Mikrosk.  Untersuchung  der  aus  krystallinen  Ge- 
steinen, insbesondere  der  ans  Schiefer  herrührenden  Auswürflinge  des 
Laacher  See's.  Verh.  d.  naturli.  Vereins  f.  Rheinland  u.  Westfalen, 
1887,  p.  502  —  503. 

*)  Karl  Vogelsang.  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Trachyte  und 
Basalte  der  Eifel.     Diese  Zeitschr.,  1890,  p.  26. 


513 


Lage  der  Sclinittebene  des  Präparates  dadurcli,  dass  man  bei 
gekreuzten  Nicols  mitten  in  einem  sonst  einheitlichen  Kr.ystall 
mehrere  kleine,  scharf  begrenzte,  meist  polygonale  Felder  erkennt, 
die  sämmtlich  die  gleiche  optische  Orientirung  haben.  Sie  sind 
jedenfalls  nichts  weiter  als  quer  gegen  ihre  Längserstreckung  ge- 
schnittene Ausläufer  eines  ursprünglich  oberhalb  oder  unterhalb 
der  jetzigen  Schnittebene  des  Präparates  gelegenen  zweiten  Zwil- 
lings -  Individuums,  vergl.  Figur  2.  Häufig  sind  kleinere  und 
grössere  Körner,  die  durch  eine  gerade  verlaufende  Naht  in  zwei 
verschieden  polarisirende  Theile  zerlegt  werden,  vergl.  Figur  3. 
Einmal  wurde  ein  typisch  ausgebildeter  Juxtapositionsdrilling  beob- 
achtet, den  Figur  4  darstellt.  Elndlich  gelang  es  in  einem  be- 
sonders günstigen  Fall  auch  die  Lage  der  Zwillingsebene  mit 
Sicherheit  zu  bestimmen.  Der  betreffende  Schnitt  ist  unregel- 
mässig rundlich  begrenzt  und  durch  eine  gerade  verlaufende  Zwil- 
lingsnaht in  zwei  verschieden  polarisirende  Felder  zerlegt.  In 
jedem  dieser  beiden  Felder  beobachtet  man  im  convergenten  po- 
larisirten  Licht  das  Axenbild  des  Cordierits,  wobei  die  Axen- 
ebenen  um  60  ^  gegen  einander  verwendet  sind.  Dem  entsprechend 
bilden  auch  die  Auslöschungsrichtungen  im  parallelen  polarisirten 
Licht  gleichfalls  einen  Winkel  von  60  '^  mit  einander.  Das 
sind  aber  ganz  genau  die  Verhältnisse,  welche  beim  Cordierit  basi- 
schen Schnitten  durch  nach  cc>  P  zerzwillingte  Individuen 
zukonnnen.  —  Mitunter  ist  es  in  Präparaten,  die  aus  ganz  frischen 
Gesteinsstücken  angefertigt  sind,  nicht  möglich,  verzwillingte  Kry- 
stalle  von  solchen,  welche  regellos  neben  einander  gelagert  sind, 
aber  eine  gerade  Begrenzungslinie  besitzen,  mit  Sicherheit  zu 
unterscheiden.  Wo  aber  die  Zersetzung  des  Cordierits  nur  ein 
wenig  begonnen  hat,  da  wird  sofort  der  Unterschied  zwischen 
gesetzmässig  und  nur  zufällig  an  einander  gelagerten  Krystallen 
erkennbar.  Die  Zersetzung  folgt  nämlich  stets  mit  Vorliebe  zu- 
nächst den  Krystallgrenzen  und  Spaltrissen,  verschont  aber  die 
Zwillingstracen ,  weil  an  diesen,  wenn  man  so  sagen  darf,  das 
Gefüge  des  Krystalls  nicht  lockerer  ist  als  an  beliebigen  anderen 
Stellen.  Dringt  sie  abei-  endlich  in  das  Innere  der  Krystalle  ein, 
so  sind  aus  dem  gleichen  Grunde  die  Zwillingstracen  durchaus 
nicht  etwa  bevor-zugte  Richtungen  ihres  Fortschreitens.  Sehr 
häufig  kann  man  sogar  beobachten,  dass  sie  von  den  Strängen 
der  Zersetzung  durchzogen  werden,  ohne  irgend  welchen  Einfluss 
auf  die  Richtung  und  den   Verlauf  derselben   auszuüben. 

Bei  den  Umwandlungsvorgängen  selbst  bilden  das  haupt- 
sächlichste zuerst  entstehende  Product  grünliche,  faserige,  pi- 
nitische  Substanzen,  die  die  Krystalle  umranden  und  in  Form 
von  Strängen    durchziehen,    wobei   sie    gern    zwei    senkrecht  auf 


514 


cinanilor  stelifeuden  Kichtuiigen  folgen.  Von  den  liauptsträn- 
gen  gehen  nach  den  Seiten  kleinere  secundäre  aus.  die  immer 
weiter  in  den  Krystall  hineinwachsen,  bis  schliesslich  die  ur- 
sprüngliche Substanz  desselben  vollständig  aufgezehrt  ist.  Dabei 
bleiben  die  Krystallconturen  gut  erhalten,  und  man  erkennt  erst 
bei  gekreuzten  Nicols  an  der  Aggregatpolarisation,  dass  man  nicht 
mehr  eine  einheitlich  orientirte  Substanz  vor  sich  hat.  Aus  den 
wohl  pinitischen  Uniwandlungsproducten  bildet  sich,  wie  es  scheint, 
durch  einen  neuen  secundären  Vorgang  Muscovit  heraus.  Dabei 
findet  oft  eine  Ortsveränderung  der  umgewandelten  Substanz  statt, 
und  es  sind  dann  auf  allen  Spaltenräumen  des  Gesteins  zahlreiche 
grosse  Muscovitblätter  angesiedelt.  Andererseits  trifft  man  aber 
auch  mitunter  an  der  Stelle  des  ursprünglichen  Cordieritkrystalls 
ganz  feinfaserige  Muscovitgewebe ,  die  man  wohl  am  besten  als 
Sericit  bezeichnet.  Eine  sicher  directe  Umwandlung  des  Cor- 
dierits  in  Sericit  konnte  nicht  constatirt  werden.  Neben  der  be- 
schriebenen Zersetzung  konnut  auch,  obgleich  bedeutend  seltener, 
eine  andere  Art  der  üniwandlung  vor,  bei  der  Serpentin-ähnliche, 
meist  gelb  oder  gelb-braun  gefärbte,  nicht  faserig,  wie  der  Pinit, 
struirte,   sondern  einheitliche  Producte  entstehen. 

Von  den  Biotit-Interpositionen  des  Cordierits  haben  wir 
schon  ziemlich  ausführlich  bei  der  Beschreibung  der  hauptsäch- 
lich durch  sie  erzeugten  Contactstructur  gesprochen.  Es  möge 
hier  nur  noch  kurz  einiger  Einzelheiten  gedacht  werden,  welche 
dort  der  Uebersichtlichkeit  halber  nicht  mit  aufgeführt  wurden. 
Die  Biotitblättchen  besitzen  durchschnittlich  mir  ein  oder  wenige 
Hundertstel  Millimeter  Ausdehnung,  erreichen  sogar  mitunter  noch 
nicht  einmal  diese  Dimensionen.  Dabei  haben  sie  so  geringe 
Dicke,  dass  selbst  in  dünnen  Präparaten  nicht  selten  zwei  oder 
drei  unter  einander  liegen  und  bei  der  Verschiebung  des  Tubus 
nach  einander  sichtbar  werden.  Diejenigen  unter  ihnen,  welche 
längliche,  und  besonders  die,  welche  rechteckige  Gestalten  be- 
sitzen, sind  recht  oft  parallel  zu  den  Krystallaxen  des  Cordierits 
angeordnet.  Ausser  dem  Biotit  wurden  noch  eine  Reihe  anderer 
Mineralien  als  Einschlüsse  in  dem  Cordierit  aufgefunden,  treten 
aber  viel  seltener  auf  als  jene  und  unterscheiden  sich  im  Allge- 
meinen nicht  durch  ihre  Formen  von  den  Einschlüssen,  welche 
im  Cordierit  normaler  archäischer  Gesteine  aufzutreten  pflegen. 
Vor  Allem  sind  Titaneisen,  Sillimanit  und  Zirkon  zu  erwähnen. 
Das  Titaneisen  trifft  man  meist  in  frischen,  opaken,  selten  nur 
in  umgewandelten  und  dann  Leukoxen  bildenden  Körnern  an. 
Magnetit  dürfte,  nach  dem  hohen  Titansäuregehalt  zu  urtheilen, 
welchen  die  oben  angeführte  Analyse  ergab,  meist  nicht  daneben 
vorhanden    sein.      Im  Allgemeinen    haben  die  Körner    des  Erzes 


515 


unrcgeln)ässige  Gestalt;  nur  in  dem  Cordierit  der  aus  dein  Gra- 
nat-Tonalit  stammendeu  Einschlüsse  herrschen  lang  stabartige  For- 
men vor.  Der  Sillimanit  findet  sich  entweder  massenhaft  in 
dichten  Büscheln  oder  aber  in  vereinzelten,  sehr  häufig  parallel 
zu  den  krystallographischen  Axen  des  Cordierits  eingelagerten, 
langen  Nadeln.  Nur  selten  sind  dieselben  undeutlich  pyramidal 
begrenzt,  meist  unregelmässig  endend.  Querabsonderung  ist  nicht 
häufig  wahrzunehmen  und  jedenfalls  viel  seltener  als  beim  Apatit. 
Der  Zirkon  tritt  bald  in  gut  krystallisirten.  scharfen,  kleinen 
Säulchen,  bald  in  mehr  oder  minder  unregclmässig  begrenzten 
Körnern  auf;  er  ist  fast  stets  von  den  bekannten  gelben,  pleo- 
chroitischen  Höfen  umgeben,  deren  Farbenintensität  in  der  Stellung 
am  grössten  ist,  in  welcher  eine  Elasticitätsaxe  des  Cordierits 
mit  der  Schwingungsrichtung  der  Polarisators  zusammenfällt.  Auch 
Quarzkörnchen  sind  mitunter  in  dem  Cordierit  eingeschlossen  und 
besitzen  dann  meist  dieselben  rundlichen  Gestalten,  wie  sie  den 
Quarzeinschlüssen  des  faserigen  Orthoklas  eigenthünilich  sind. 
Audalusitkörnchen  wurden  nur  in  vereinzelten,  seltenen  Fällen  als 
Interpositionen  beobachtet.  Sie  sind  stets  ganz  unregelmässig 
umgrenzt.  Schliesslich  sind  noch  Spinell,  Korund  und  Kutil  als 
Einschlüsse  zu  erwähnen.  Der  Rutil  und  der  Korund  wurden 
nur  in  den  Cordieriten  der  aus  dem  Granat -Tonalit  stammenden 
Varietät  aufgefunden.  Ersterer  tritt  in  dünnen,  roth  -  braunen 
Säulchen  zusammen  mit  den  oben  erwähnten  Ilmenitstäbchen  auf. 
Den  Korund  und  den  Spinell  werden  wir  erst  später  besprechen, 
da  sie  auch  noch  in  anderen  Mineralien  und  ferner  auch  selbst- 
ständig ganz  in  derselben  Ausbildungsweise  vorkommen,  (xlas- 
und  Flüssigkeitseinschlüsse  wurden  niemals  constatirt. 

Es  bleibt  uns  jetzt  nur  noch  übrig,  kurz  auf  die  optischen 
Eigenschaften  einzugehen,  welche  an  dem  Cordierit  beobachtet 
wurden  und  theilweise  die  besten  diagnostischen  Merkmale  für 
seine  Wiedererkennung  in  den  verschiedenen  Gesteinen  gewährten. 
Seiner  rhombischen  Natur  entsprechend  ergab  sich  die  Auslöschung 
in  all'  den  Schnitten  als  gerade,  in  welchen  auf  irgend  eine  Weise 
ein  Anhaltspunkt  zur  Bestimmung  der  Auslöschungsrichtung  ge- 
geben war,  sei  es  nun  durch  Krystallconturen  oder  durch  Spalt- 
risse, sei  es  durch  Richtungen,  in  denen  die  Zersetzung  fort- 
schreitet oder  durch  geradlinig  parallele  Anordnung  von  Interpo- 
sitionen. Im  convergenten  polarisirten  Licht  wurden  die  Merkmale 
optisch  -  zweiaxiger  Krystalle  mit  grossem  Winkel  der  optischen 
Axen  beobachtet.  Die  Lichtbrechung  ist  schwach.  Dass  sie  sehr 
annähernd  mit  der  des  Canadabalsams  übereinstimmt,  trat  deut- 
lich hervor,  als  Splitterchen  des  Minerals,  die  mit  Thoulet' scher 
Flüssigkeit  isolirt  worden  waren,   in  den  Balsam  eingebettet  wur- 


516 


den.  Im  gewöhnlichen  Licht  sah  man  ausser  den  Partikelclien, 
welche  durch  Verunreinigung  mit  nicht  zu  entfernendem  Biotit 
sofort  sichtbar  waren,  nur  noch  sehr  wenige  Körnchen  imierhalb 
des  Gesichtsfeldes.  Setzte  man  aber  den  oberen  Xicol  in  ge- 
kreuzter Stellung  auf,  so  erschien  dasselbe  plötzlich  ganz  erfüllt 
mit  Ideinen,  bunt  polarisirenden  Splitterchen  und  Körnchen.  Die 
Doppelbrechung  hat  ungefähr  dieselbe  Stärke,  wie  bei  dem  Quarz, 
von  dem  er  daher  auch  durch  die  Interferenzfarben  nicht  unter- 
schieden werden  konnte.  Der  charakteristische  Pleochroismus 
war  selbst  in  dif^keren  Präparaten  niemals  wahrnehmbar.  Es 
wurde  daher  der  Versuch  gemacht,  ilin  in  der  bekannten,  zuerst 
von  BorucKY  ^)  angegebenen  Weise  künstlich  zu  erzeugen.  Zu 
dem  Zweck  wurden  einzelne  Stücke  von  Präparaten  vom  Object- 
träger  gelöst  und  auf  Platinblech  geglüht.  Die  besten  Resultate 
erhielt  ich  bei  schwachem,  aber  anhaltendem  Glühen.  Es  gelang 
dann,  einen  recht  intensiven  Pleochroismus  hervorzubringen,  dessen 
Farbenwechsel  von  gelblich  weiss  bis  zu  hell  blau  ging.  Durch 
die  hierbei  angewendete  Temperatur  wurden  die  pleochroitischen 
Höfe  rings  um  die  Zirkonkrystalle  bereits  vollkommen  zerstört. 
Bei  sehr  lange  fortgesetztem,  kräftigerem  Glühen  verschwand  der 
Pleochroismus  wieder.  Es  trat  dabei  aber  eine  andere  Erschei- 
nung auf,  die  man  zur  Unterscheidung  des  Cordierits  von  Quarz 
und  Feldspath  benutzen  kann.  Während  nänüich  diese  beiden 
Mineralien  klar  und  frisch  bleiben,  bräunt  sich  der  Cordierit  in 
einer  ganz  eigenthümlichen  Weise.  Freilich  ist  die  Bräunung  nur 
schwach,  aber  sie  reicht  vollkommen  aus,  um  jene  Unterscheidung 
mit  Sicherheit  vornehmen  zu  können.  Der  Cordierit  erscheint 
in  solchen  Präparaten  nach  dem  Glühen  wie  mit  einem  feinen, 
braunen  Pulver  überstreut;  seine  bereits  zersetzten  Stellen  aber 
färben  sich  durch  Ausscheidimg  ihres  Eisengehaltes  dunkel  braim. 
Wahrscheinlich  beruht  die  ganze  Erscheinung  darauf,  dass  schon 
vor  dem  Glühen  auch  in  der  anscheinend  unveränderten  Substanz 
zahlreiche,  winzige,  zersetzte  Partikelchen  liegen,  die  wegen  ihrer 
hellen  Farbe  und  ihrer  geringen  Dimensionen  leicht  ganz  zu 
übersehen,  bezw.  mit  Interpositionen  zu  verwechseln  sind.  Beim 
Glühen  verhalten  sie  sich  dann  nicht  anders,  als  jene  grösseren, 
nachweislich  zersetzten  Partieen;  sie  scheiden  nändich  dunkle 
Eisenverbindungen  aus.  die  durch  die  grosse  Anzahl  der  ehizel- 
nen  dunklen  Pünktchen  dem  ganzen  Durchschnitt  eine  eigenthüm- 
lich  bräunliche  Färbung  geben.  Ganz  dieselben  Phänomene  wur- 
deu    bei    einer  Reihe    ven  Versuchen    wahrgenommen,    die    mein 


^)  Elemente  einer  neuen,  chemisch -mikroskopischen  Mineral-  und 
Gesteins -Analyse,  Prag  1877. 


517 


Freund  Dr.  Karl  Vogelsang  in  Gomeinschaft  mit  mir,  übrigens 
liauptsächlicb  zu  anderen  Zwecken,  anstellte.  Genaueres  darüber 
vergleicbe  man  in  seiner  bereits  oben  (p.  511)  citirten  Arbeit, 
p.  45  —  46. 

An  diesem  Orte  führe  icb  nur  soviel  an.  als  für  die  bier 
vorliegende  Arbeit  in  Betracbt  kommt.  Die  Versuche  bestanden 
darin,  dass  Stückchen  von  C^ordieritgneiss  von  Lunzenau  und  von 
Cordierit-Contactfels  der  Foppa  in  Andesitpulver  eingebettet  und 
bei  sehr  hohen  Temperaturen  partiell  eingeschmolzen  wurden. 
Es  stellte  sich  dabei  heraus,  dass  mitunter,  offenbar  bei  nicht 
sehr  starker  Einwirkung  des  Andesitmagmas  einzelne  Cordierit- 
körner  künstlichen  Pleochroismus  erhielten.  Gewöhnlich  aber  war 
davon  in  den  Präparaten  nichts  mehr  zu  sehen.  Dafür  fand 
dann  eine  ziemlich  reichliche  Ausscheidung  von  dunklen  Eisen- 
verbindungen und  zwar  besonders  auf  den  Spalten  und  an  den 
Rändern  des  Cordierits  statt. 

Einen  chemischen  Nachweis  für  die  Cordieritnatur  des  vor- 
liegenden Minerals  lieferte  die  oben  angeführte  Bauschanalysc 
eines  Cordierit  -  Contactfelses ,  der  sehr  biotitarm  ist  und  ausser 
dem  Biotit  und  dem  Cordierit  kein  einziges  Magnesia  enthal- 
tendes Silicat  führt.  Der  hohe  Gehalt  an  Magnesia  (5,46  pCt.) 
verweist  daher  unbedingt  auf  Cordierit. 

Noch  auf  eine  höchst  eigenthümliche  Erscheinung  möchte 
icb  hier  eingehen,  die  wohl  allgemeineres  Interesse  verdient. 
Der  Cordierit  wurde  in  Eruptivgesteinen  bisher  in  drei  verschie- 
denen Arten  des  Auftretens  beobachtet,  erstens  nämlich  als  un- 
zweifelhaft aus  dem  Schmelzfluss  auskrytallisirter  GemengtheiP), 
zweitens  als  ursprünglicher  Gemengtheil  fremder,  von  dem  Erup- 
tivmagma umschlossener  Felsarten  ^),  drittens  als  randliche  Neu- 
bildung rings  um  ursprünglich  cordieritfreie  Gesteinsbrocken''). 
In  diesem  letzteren  Fall  verdankt    er   seine  Entdeckung    anschei- 


^)  Hierher  gehört  der  Cordierit  der  Granite,  der  allerdings  wohl 
stets  bereits  zersetzte  Cordierit  der  Quarzporphyre  und  z.  Th.  der 
Cordierit  der  von  Szabö  und  Osann  beschriebenen  jung -eruptiven 
Gesteine. 

')  Hierzu  gehören  die  Cordierit  führenden  Auswürtlnge  des  Ivaacher 
See's,  welche  von  Hussak,  v.  Lasaulx,  Wolf  und  Dittmar  beschrie- 
ben wurden,  die  neuerdings  von  Vogelsang  untersuchten  Bruchstücke 
von  Cordieritgesteinen  in  Andesiten  und  Trachyten  des  Siebengebirges 
und  der  Eifel,  z.  Th.  die  von  Osann  und  Gerhard  vom  Rath,  viel- 
leicht auch  z.  Th.  die  von  Szabö  beschriebenen  Gesteine. 

'•^)  Nur  einmal  beobachtet  von  Prohaska. 

Anmerkung.  Genauere  Angaben  über  diese  Publicationen  ent- 
hält die  bereits  mehrfach  citirte  Arbeit  von  K.  VoGELSANG. 


518 


nend  der  Mischung  des    eruptiven  Magmas    mit   der  partiell    zur 
Einschmelzung  gelangten    Substanz  der  Einschlüsse. 

Sieht  man  ab  von  dem  unter  1.  aufgeführten  Cordierit,  der 
als  Gemengtheil  der  Granite  auftritt,  und  bei  dem  allerdings  andere 
Verhältnisse  maassgebend  zu  sein  scheinen  ^)  so  sind  all'  den  übri- 
gen genannten  Vorkommnissen  des  Cordierits  nach  den  darüber 
vorliegenden  Beschreibungen  gewisse  Eigenthümlichkeiten  mehr 
oder  minder  gemeinsam.  Vor  Allem  ist  es  das  Fehlen  der  be- 
kannten gelben,  pleochroitischen  Höfe.  Ferner  übertrifft  der 
Pleochroismus  dieser  aus  Eruptivgesteinen  stammenden  oder  von 
ihnen  umschlossenen  Cordierite,  wie  Rosenbusch  ^)  hervorhebt, 
bei  weitem  den,  welchen  man  an  den  Cordieriten  der  Contacthöfe 
und  der  normalen  krystallinen  Schiefer  beobachtet.  —  Dagegen  ver- 
halten sie  sich  in  Bezug  auf  das  Auftreten  von  Interpositionen^j 
und  die  Art  derselben  allerdings  ganz  verschieden.  In  dem  erst- 
erwähnten Fall  führt  der  Cordierit  Flüssigkeits-  und  Gaseinschlüsse 
oder  er  ist  einschlussfrei,  in  dem  zweiten  enthält  er  aber  gern 
auch  Interpositionen  von  Glas.  Hu.ssak's  Auffassung  von  der 
„unzweifelhaft  primären  Natur'-  der  Glaseinschlüsse  in  dem  Cor- 
dierit der  von  ihm  untersuchten  Laacher  Auswürflinge  dürfte  wohl 
durch  die  Arbeiten  von  v.  Lasaulx,  Dittmar  und  Vogelsang 
widerlegt  sein. 

Offenbar  liegt  nun  in  den  bereits  mehrfach  von  uns  be- 
sprochenen Einschlüssen  von  Cordierit-Contactfels  iu  dem  Granat 
führenden  Tonalit  der  Foppa  eine  ganz  neue,  mit  den  drei 
erwähnten  nicht  übereinstimmende  Ausbildungsweise  vor.  Der 
Cordierit  hat  nämlich  in  diesen  Einschlüssen  zweifellos  dieselbe 
Genesis  wie  in  der  Hunderte  von  Metern  breiten  Contactzone, 
die  den  Tonalit  ringsum  begleitet.  Das  heisst,  er  ist  durch  die- 
selben Agentien,  welche  ihn  in  jenen,  zum  allergrössten  Theil 
niemals  mit  dem  eruptiven  Magma  in  Berührung  gekommenen 
Gesteinen  erzeugt  haben,  auch  in  den  Einschlüssen  gebildet  wor- 
den, nicht  etwa  wie  in  dem  von  Prohaska  beschriebenen  Fall 
durch  Vermischung  des  eruptiven  Magmas  mit  zur  Einschmelzung 
gelangter  Substanz  der  Einschlüsse.  Ganz  dasselbe  gilt  ferner 
für  die    oben   nur   kurz    erwähnten  Einschlüsse  von  Cordieritkör- 


^)  Vergl.  Barrois.  Sur  le  massif  granitique  de  Huelgoat.  Bull, 
soe.  geol.  (3),  XIV,  1886,  p.  808:  „On  ne  peut  admettre  qiie  le  phe- 
nomene  des  aureoles  polychroiques  soit  limite  aux  cordierites  des 
schistes  cristallins;  car  11  presente  la  plus  grand  nettete  dans  le  cor- 
dierite du  granite  devonien  de  tout  ce  massif  du  Huelgoat."  (In  der 
Bretagne.) 

2)  Mikrosk.  Physiogr.,  Bd.  I,  p.  416. 

*)•  Von  den  mineralischen  Interpositionen  wird  hier  abgesehen. 


519 


nern  und  Cordierit-Contactfels-Bruchstücken  in  dem  gangförmigen 
Tonalit  und  endlich  von  den  Bruchstücken  von  Biotit  -  Cordierit- 
gesteinen  in  dem  Quarz-Diorit  des  Val  Moja.  Bemerkenswerther 
Weise  stimmt  der  Cordierit  dieser  Einschlüsse  in  allen  Eigen- 
schaften mit  dem  Cordierit  des  Contacthofes  und  der  Contacthöfe 
überhaupt  überein.  Das  heisst,  er  führt  gelbe,  pleochroitische 
Höfe  rings  um  Zirkonkrystalle,  enthält  niemals  Glaseinschlüsse  und 
ist  selbst  in  dickeren  Präparaten  ganz  fai-blos,  ohne  jede  Spur 
von  Pleochroismus.  Ganz  dasselbe  beobachtete  ich  auch  in 
Schliffen,  die,  aus  Contactstücken  angefertigt,  auf  der  einen  Seite 
aus  Cordierit- Contactfels,  auf  der  anderen  aus  Tonalit  bestehen, 
selbst  in  den  unmittelbar  dem  Eruptivgestein  benachbarten  Cor- 
dieritkörnern.  Es  ist  das  sehr  auffällig,  da  man  wohl  a  priori 
für  derartige  erst  in  dem  Eruptiv magma  durch  die  contact- 
metamorphischen  Agentien  gebildeten  Cordierite  erwarten  würde, 
dass  die  Temperatur  auch  nach  erfolgter  Ausbildung  noch  hoch 
genug  sein  müsste,  um  die  durch  organische  Substanzen  erzeugten 
Höfe  zu  zerstören  und  dem  Cordierit  den  bekannten  Pleochrois- 
mus zu  ertheilen.  Noch  auffälliger  ist  es  aber,  wenn  man  be- 
denkt, dass  es  bei  den  oben  erwähnten  Glüh-  und  Einschmelzungs- 
versuchen  ganz  leicht  und  mühelos  gelang,  in  dem  vollkommen 
übereinstimmenden  Cordierit  der  benachbarten  Contactfelse  den 
Pleochroismus  zu  erzeugen  und  die  organischen  Höfchen  zu  zer- 
stören. Die  Thatsachen  entsprechen  demnach  in  diesem  Falle 
nicht  den  Erwartungen.  Man  muss  sich  damit  begnügen,  die 
ersteren  zu  verzeichnen.  Eine  Erklärung  wird  man  aber  wohl 
erst  dann  dafür  geben  können,  wenn  man  beobachtet  haben  wird, 
was  für  eine  Beeinflussung  Fragmente  von  praeexistirenden  Cor- 
dieritgesteinen  erleiden,  die  schon  als  solche  von  den  Magmen 
von  Tiefengesteinen  umschlossen  wurden.  Schon  jetzt  kann 
man  indessen  sagen,  dass  die  oben  angeführte  Beobachtung  Bar- 
ROTs'  dafür  spricht,  dass  die  ja  noch  sehr  unbekannten  physika- 
lischen Zustände,  welche  in  den  Magmen  von  Tiefengesteinen 
herrschen,  die  Bildung  bezvv.  Erhaltung  der  pleochroitischen  Höfe 
des  Cordierits  gestatten.  Einschmelzungen  in  kleinem  Maassstabe 
im  Laboratorium  vorgenommen  odei-  Beobachtungen,  die  an  den 
Einschlüssen  von  Ergussgesteinen  angestellt  wurden,  können 
zur  Vergleichung  mit  den  in  unserem  Falle  beobachteten  Vor- 
gängen nicht  herangezogen  werden. 

Der  Andalusit  tritt  bald  in  compacteren,  mehrere  Milli- 
meter langen  und  ungefähr  1  mm  breiten,  dick  säulenförmigen 
Krystallen  auf.  bald  in  starken  bis  6  mm  langen,  aber  nur  Bruch- 
theile  eines  Millimeters  breiten  Nadeln,  die  gewöhnlich  in  paral- 
leler Anordnung  zu  einem  Bündel  aggregirt  sind.      Zwischen  bei- 


520 


den  AusbilduDgsweisen  existiren  Uebergänge.  Fast  immer  sind 
die  Individuen  in  der'Veiiicalzone  scharf  umrandet.  Die  pris- 
matische Spaltbarkeit  äussert  sich  in  den  Längsschnitten  durch 
zahlreiche  geradlinig  verlaufende,  parallele  Risse,  in  den  quadra- 
tisch geformten  Querschnitten  durch  zwei  Sj'steme  senkrecht  auf 
einander  stehender  Spalten,  die  den  ganzen  Krystall  in  mehr  oder 
weniger  regelmässig  ausgebildete  kleine  Quadrate  zerlegen.  Die 
Auslöschung  geht  im  letzteren  Fall  parallel  der  Diagonale  der 
Quadrate,  im  ersteren  parallel  der  Krystallcontur  und  der  Spal- 
tung, ist  also  gerade.  Im  convergenten  polarisirten  Licht  wurden 
in  den  Querschnitten  das  Interferenzbild  optisch  zweiaxiger  Kry- 
stalle  mit  grossem  Winkel  der  optischen  Axen  beobachtet.  Selbst 
in  dünnen  Präparaten  war  der  dem  Andalusit  eigenthümliche 
Pleochroismus  (c  =  rosaroth,  a  und  b  =  farblos)  meist  noch 
wahrnehmbar.  Sehr  häufig  ist  die  besonders  von  v.  John  ^)  ein- 
gehend beschriebene  Erscheinung,  dass  der  Pleochroismus  auf 
einen  bestimmten  Fleck  in  dem  Krystall  concentrirt  ist.  während 
die  übrige  Krystallniasse  farblos  erscheint.  Die  pleochroitischen 
Flecke  sind  oft.  wenigstens  theilweise.  kryst allographisch  begrenzt 
und  häufig  in  der  Piichtung  der  c  -  Axe  in  die  Länge  gezogen. 
Ein  Zusammenhang  mit  Mineral  -  Interpositionen  wurde  niemals 
beobachtet.  In  Folge  der  starken  Lichtbrechung  des  Andalusits 
tritt  sein  Relief  stark  und  deutlich  hervor.  Seine  Interferenz- 
farben sind  lebhafter  als  die  des  Cordierits  und  des  Quarzes. 
Bei  der  Zersetzung  geht  er  in  feinfaserige,  sericitische  Aggregate 
über,  die  die  Krystallformen  noch  vollständig  bewahren.  Es  ist 
mitunter  nicht  leicht,  diese  ümwandlungsproducte  von  denen  des 
Cordierits  zu  unterscheiden.  Uebrigens  ist  zu  bemerken,  dass 
im  Allgemeinen  bei  dem  Andalusit  die  Zersetzung  mehr  gleich- 
massig  von  den  Rändern  nach  innen  fortschreitet,  in  dem  Cor- 
dierit  aber  gern  durch  vorausgesandte  Stränge  ein  eigenthüm- 
liches  Maschennetz  erzeugt,  das  mehrere  kleine,  ursprünglich 
zusammenhängende,  noch  unzersetzte  Kerne  enthält,  ähnlich  wie 
mau  es  bei  der  Umwandlung  vzn  Olivin  in  Serpentin  beobachtet. 
—  Was  die  Interpositionen  des  Andalusits  betrifft,  so  ist  bereits 
bei  der  geologischen  Beschreibung  erwähnt  worden,  dass  der  An- 
dalusit durch  Aufnahme  zahlreicher  Partikel  anderer  Mineralien, 
besonders  Quarz,  Eisenerz  und  Biotit,  häufig  eine  förmliche 
Skelettstructur  annimmt.  Mitunter  äussert  sich  das  in  der  Weise, 
dass    man    bei    der  Betrachtung    im   gewöhnlichen  Licht    im  Ge- 


*)  F.  Teller  und  C.  v.  John.  Geol.-petrogr.  Beiträge  zur  Kennt- 
niss  der  dioritischen  Gesteine  von  Klausen,  p.  664.  J.  d.  k.  k.  R.-A., 
1882. 


5-21 

Sichtsfelde  des  Mikroskops  eine  grössere  Anzahl  unregelmässig 
begrenzter,  von  Quarz  und  Feldspatli- Aggregaten  getrennter  An- 
dalusitpartieen  wahrninuiit.  die  scheinbar  unter  einander  in  kei- 
nerlei Beziehung  stehen.  Erst  im  polarisirten  Licht  erkennt  man 
an  der  identischen  optischen  Orientirung  all'  dieser  Körner  und 
Fetzen,  dass  sie  nur  Theile  eines  einzigen  grossen  Krystalls  sind, 
dessen  einzelne  Partieen  in  Folge  seiner  skelettartigen  Ausbildung 
innerhalb  der  Ebene  des  Präparates  gar  keinen  Zusammenhang 
mehr  besitzen.  Im  Allgemeinen  sind  indessen  die  Interpositionen 
weniger  zahlreich  und  gross,  und  der  Zusammenhang  der  Anda- 
lusitkrystalle  ist  dann  nicht  in  dem  Maasse  gestört.  Wenn  sich 
dann  ausserdem  noch  Biotitblättchen  und  Eisenerzpartikelchen  als 
Einschlüsse  einstellen,  so  wird  die  Aehnlichkeit  mit  der  bei  dem 
Cordierit  beschriebenen  Structur  deutlich  und  zweifellos.  Sehr 
viel  seltener  als  in  der  geschilderten  Art  und  Weise  tritt  der 
Andalusit  in  kleineren,  unregelmässig  begrenzten  Körnern  auf. 
Er  kommt  dann  auch  bisweilen  selbst  als  Einschluss  in  anderen 
Mineralien  vor,   z.  B.  im  Cordierit  und  im  Plagioklas. 

Der  Quarz  tritt  als  wesentlicher  Gemengtheil  in  sämmtlichen 
Contact-Gneissen  und  -Glimmerschiefern  und  in  den  meisten  Cordierit- 
Contactfelsen  auf.  In  manchen  Varietäten  dieses  letzteren  ist  er  in- 
dessen nur  in  sehr  geringen  Mengen  vorhanden.  Er  findet  sich  daim 
tlieils  in  einzelnen,  unregelmässig  durch  das  Gestein  verstreuten  Kör- 
nern, theils  in  unbedeutenden  kleinen  Linsen.  In  Bezug  auf  Form 
und  Grösse  habe  ich  wesentliche  Unterschiede  gegenüber  dem  Quarz 
der  unveränderten  Gneisse  und  Glimmerschiefer  nicht  wahrnehmen 
können.  Flüssigkeitseinschlüsse  führte  er  zwar  nie  in  grosser 
Menge,  aber  doch  regelmässig  und  in  kleiner  Zahl  selbst  in  dicht 
neben  dem  Contact  geschlagenen  Gesteinen.  Nicht  gerade  selten 
umschliesst  er  Biotit-  und  Muscovitblättchen;  niemals  aber  kommt 
es  bei  ihm  in  diesen  Gesteinen  bis  zur  Ausbildung  jener  Contact- 
structur  des  Cordierits  und  Andalusits.  In  den  Cordierit-Contact- 
felsen  ist  es  sogar  ganz  auffällig  arm  an  Einschlüssen.  Dennoch 
geht  schon  aus  der  oben  besprochenen  Art  seiner  Begrenzung 
dem  Cordierit  gegenüber  mit  Sicherheit  hervor,  dass  er  in  den 
Contactfelsen  wenigstens   z.  Th.  als  Neubildung  aufzufassen  ist^j. 


')  Es  ist  auffällig,  dass  die  Ausbildungsweise  des  Quarzes  in  den 
hier  untersuchten  Gesteinen  so  sehr  von  der  von  Sauer  (1.  c.)  be- 
schriebenen des  Quarzes  der  Meissener  Contactgesteine  abweicht,  ob- 
wohl diese  in  so  vielen  anderen  Punkten  vollständige  Analogieen  auf- 
weisen. Es  erweckt  das  den  Anschein,  als  ob  in  sehr  cordieritreichen 
Contactgesteinen  der  Cordierit  die  Stelle  des  Quarzes  gewissermaassen 
vertritt. 
Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  3.  35 


522 


Er  selbst  findet  sich  selir  häufig  als  Einschluss  in  anderen  Mi- 
neralien und  zwar  mit  Vorliebe  in  dem  Andalusit  und  dem  fase- 
rigen Orthoklas,  demnächst  im  Cordierit,  seltener  im  Muscovit, 
Biotit,  Turmalin.  Die  Art  und  Weise  seiner  Ausbildung  in  all' 
diesen  Mineralien  ist  bereits  in  dem  geologischen  Theil  der  Arbeit 
genau  beschrieben  worden.  —  Erwähnt  sei  nur  noch,  dass  er  in 
manchen  sillimanitreichen  Contactgneissen  oft  von  den  Nadeln 
dieses   Minerals  durchspickt  wird. 

Der  Feldspath  der  Contactgneisse  gehört  zum  allergrössten 
Theil  dem  Orthoklas  an,  wie  die  recht  geringe  Zahl  der  polysynthe- 
tisch verzwillingten  Körner  beweist.  Dagegen  ist  er  in  den  Contact- 
felsen  fast  ganz  und  gar  zum  Plagioklas  zu  rechnen.  In  Bezug 
auf  Gestaltung  und  Grösse  der  Individuen  unterscheidet  er  sich 
nicht  von  dem  Feldspath  der  unveränderten  Gneisse.  Neben  dem 
gewöhnlichen  Orthoklas  tritt  jene  bereits  wiederholt  erwähnte 
faserig  erscheinende  Varietät  desselben  auf,  die  in  den  normalen 
Gneissen  niemals  beobachtet  wurde.  In  ihr  erscheint  das,  was  bei 
schwacher  Vergrösserung  einer  Faser  gleicht,  bei  lOOfacher  Ver- 
grösserung  als  zarte,  parallel  zu  den  übrigen  „Fasern"  angeord- 
nete Linie.  In  Krystallen  aber,  welche  sich  bereits  zu  zersetzen 
beginnen,  lösen  sich  diese  Linien  in  Reihen  von  winzig  kleinen, 
dicht  neben  einander  liegenden,  dunklen  Körnchen  auf.  Oft  beob- 
achtet man  randlich  schon  Körnelung.  während  in  dem  frischen 
Inneren  die  Faser  noch  ganz  homogen  erscheint.  Andererseits 
erkennt  man  selbst  in  anscheinend  ganz  frischen  Krystallen  bei 
SOOfacher  Vergrösserung,  dass  die  Fasern  auch  dort  häufig  schon 
aus  Körnchenreihen  bestehen.  Es  war  mir  nicht  möglich,  mit 
völliger  Sicherheit  zu  entscheiden,  ob  man  die  Erscheinung  auf 
ursprünglich  homogene,  erst  durch  Zersetzung  körnelig  werdende 
Substanz  zurückzuführen  hat,  die  in  Form  von  schmalen  Lamellen 
eingeschaltet  ist,  oder  ob  die  Körner  als  primäre  Einlagerungen 
in  den  Feldspath  aufzufassen  sind.  Indessen  ist  diese  letztere 
Annahme  unsicher.  Eine  Aehnlichkeit  mit  Mikroperthit  ist  nicht 
vorhanden.  Bemerkenswerth  ist  es,  dass  gerade  in  diesem  fase- 
rigen Feldspath  die  Contactstructur  stets  sehr  schön  ausgebildet 
ist,  während  sie  dem  gewöhnlichen  Orthoklas  und  dem  Plagioklas 
ganz  fehlt.  Der  gewöhnliche  Orthoklas  führt  dagegen  nicht  selten 
zahlreiche  Einschlüsse  von  Biotit,  Muscovit  und  anderen  Mine- 
ralien, erhält  aber  niemals  dadurch  eine  Structur,  die  ihn  mit 
dem  metamorphen  Orthoklas  verwechseln  liesse.  Der  Plagioklas 
ist  meist  einschlussfrei.  Der  oben  erwähnte  Fall,  dass  grössere 
Plagioklaskrystalle  eines  Contactgneisses  zahlreiche  Interpositionen 
von  Andalusit.   Sillimanit  und  Biotit  enthalten,    steht  ganz  isolirt 


523 

da.  Bezüglich  der  Vertheilung  der  beiden  Orthoklasarten  ist  zu 
bemerken,  dass  in  den  zur  Untersuchung  gelangten  Stücken  ge- 
wöhnlich nur  eine  der  beiden  Varietäten  beobachtet  wurde.  — 
Mikroskopische  Verwachsung  von  Quarz  und  Orthoklas  zu  Schrift- 
granit, die  granophyrische  Structur  Rosenbusch' s,  wurde  in  eini- 
gen vereinzelten  Präparaten  wahrgenommen,  ist  aber  nicht  sehr 
verbreitet. 

Der  Biotit  ist  eines  der  am  meisten  an  der  Zusammen- 
setzung der  Contactgesteine  betheiligten  Mineralien.  In  den  Con- 
tact-Gneissen  und  -Glimmerschiefern  überwiegt  er  den  Muscovit 
bei  Weitem,  in  den  Contactfelsen  verdrängt  er  ihn  ganz  und  gar. 
Einerseits  findet  er  sich  selbstständig,  zwischen  den  Körnern  der 
übrigen  Gemengtheile  eingeschaltet,  andererseits  in  den  beschrie- 
benen winzig  kleinen  Blättchen,  welche  durch  ihr  Auftreten  dem 
Cordierit  fast  ausschliesslich,  dem  Andalusit  und  dem  faserigen 
Orthoklas  z.  Th.  jene  charakteristische  Structur  verleihen.  Was 
die  grösseren  Blätter  betrifft,  so  habe  ich  keinen  Unterschied  in 
Bezug  auf  Gestaltung  und  Umrandung  gegenüber  dem  Biotit  der 
unveränderten  Gesteine  wahrnehmen  können.  Nur  ausnahmsweise 
führen  sie  Einschlüsse  und  zwar  hauptsächlich  von  Eisenerz  und 
Zirkon;  nur  in  ganz  vereinzelten  Fällen  und  zwar  in  Gesteinen, 
die  sehr  reich  an  dem  faserigen  Orthoklas  sind,  auch  von  Quarz. 
Die  optischen  Eigenschaften  sind  durchaus  normal.  Er  besitzt 
denselben  starken  Pleochroisnms  wie  in  den  unveränderten  Ge- 
steinen. Die  Untersuchung  im  convergenten ,  polarisirten  Licht 
ergab  geringe  Grösse  des  Winkels  der  optischen  Axen  und  unter 
Benutzung  der  durch  künstlich  erzeugte  Schlagfiguren  gegebenen 
Orientirung  parallele  Stellung  der  Axenebene  zu  dem  Klinopina- 
koid.  Bei  eintretender  Zersetzung  scheidet  er  nicht  selten  Rutil- 
nädelchen  aus. 

Der  Muscovit  ist  nicht  verschieden  von  dem  Muscovit  der 
unveränderten  Gneisse  und  Glimmerschiefer.  Als  primärer  Ge- 
mengtheil wurde  er  in  den  eigentlichen  Contactfelsen  nicht  beob- 
achtet. Dagegen  tritt  er  in  den  Gesteinen  der  äusseren  Contact- 
zone  mitunter,  in  ziemlicher  Menge  neben  dem  Biotit  auf.  Se- 
cundär  findet  er  sich  in  den  meisten  zersetzten  Andalusit-  und 
Cordieritgesteinen  und  zwar  entweder  in  grossen  Krystallblättern 
oder  in  feinfaserigen,  sericitischen  Geweben.  Ausnahmsweise  trifl't 
man  ihn  in  manchen  Gesteinen,  die  sehr  reich  an  dem  faserigen 
Orthoklas  sind,  von  Quarzkörnchen  durchbrochen.  Er  ist  dann 
möglicher  Weise  gleichfalls  als  eine  Neubildung  aufzufassen,  ob- 
wohl er  im  Allgemeinen  entschieden  zu  den  noch  aus  den  ur- 
sprünglichen Gesteinen  erhaltenen  Gemengtheilen  gehört. 

35* 


524 


Der  Sillimanit  findet  sich  hauptsäclilicli  in  der  beschrie- 
benen Weise  als  Einschluss  im  Cordierit.  Ausserdem  kommt  er 
aber  auch  noch  in  manchen  Turmalin  führenden  Contactgneissen 
in  mächtigen  Büschehi  und  Zügen  vor.  die  theils  zwischen  den 
übrigen  Mineralien  hindurchziehen,  theils  dieselben  durchdringen 
und  erfüllen.  Besonders  gilt  das  von  dem  Biotit,  welcher  hier 
ganz  in  der  Weise,  wie  es  Sauer  (1.  c,  p.  45)  von  gewissen 
Contactgesteinen  der  Meissener  Gegend  beschrieb,  „mitunter  bis 
zur  fast  vollständigen  Verdrängung  seiner  Substanz-  damit  im- 
prägnirt  ist.  Aber  auch  im  Quarz  tritt  er  gern  in  Form  von 
dichten  Büscheln  und  einzelnen  Nadeln  auf.  Einmal  wurde  er 
auch  in  grösseren  Plagioklaskrystallen   als  Einschluss   beobachtet. 

Den  Turmalin  trifft  man  in  vielen  Gesteinen  der  äusseren 
Contactzone  in  vereinzelten  Säulchen.  In  grösseren  Mengen  findet 
er  sich  an  einer  bestimmten  Stelle  des  Piccolokammes  und  zwar 
in  einem  Cordierit -Contactgneiss,  einem  Andalusit-Contactgneiss 
und  einem  cordierit-  und  andalusitfreien  Contactgneiss,  die  mit 
einander  wechsellagern,  ferner  auch  in  einem  an  den  Felsen  der 
Thalstufe  in  der  Foppa  geschlagenen  Contactgneiss.  Fast  all' 
diese  Gesteine  sind  sehr  sillimanitreich.  In  den  eigentlichen 
Cordierit -Contactf eisen  wurde  er  bisher  nicht  beobachtet.  Meist 
tritt  er  selbstständig  auf;  ausnahmsweise  tritlt  man  ihn  aber  auch 
als  Einschluss  im  Cordierit  und  Feldspath.  Gewöhnlich  erreichen 
seine  Krystalle  nur  Bruchtheile  eines  Millimeters  an  Länge.  Sie 
pflegen  scharf  und  deutlich  ausgebildet  zu  sein  und  sind  gern 
auf  der  einen  Seite  rhomboedi"isch  begrenzt,  während  die  andere 
unregelmässig  endet.  In  Querschnitten  beobachtet  man  mitunter 
die  charakteristischen  neunseitigen  Formen  seiner  Säulen.  Die 
Axenfarben  sind  lichtgelb  und  ganz  dunkel  braun.  In  manchen 
Contactgneissen,  die  an  dem  neu  gebildeten  und  durch  die  be- 
schriebene Structur  ausgezeichneten  faserigen  Orthoklas  reich 
sind,  umschliesst  auch  er.  wie  bereits  erwähnt,  mitunter  Quarz- 
körnchen. Ueber  seine  Vertheilung  in  den  Contactgesteinen  im 
Grossen  w^urde  bei  der  geologischen  Beschreibung  ausführlicher 
gesprochen. 

Das  Auftreten  des  Granats  ist  ein  sehr  beschränktes.  In 
grösseren  Mengen  fand  ich  ihn  nur  in  einem  Cordierit  -  Contact- 
fels  neben  dem  Tonalit  des  Colmokammes.  Dort  erreichen  seine 
Individuen  fast  1  cm  Durchmesser,  sind,  wenn  kleiner,  meist 
deutlich  und  scharf  krystallisirt  und  lassen  die  Combination  eines 
vorwaltenden  Ikositetraeders  mit  dem  Rhombendodekaeder  erken- 
nen. Die  Krystalle  sind  braunroth  gefärbt,  werden  im  Dünn- 
schliff mit  blass  rosarother  Farbe  durchsichtig  und  sind  von  un- 
regelmässig verlaufenden  Spaltrissen  durchzogen.    Sie  umschliessen 


525 


Hohlräume  und  Partikel  eines  farblosen  Minerals,  walirscheinlieli 
Quarz,  mitunter  auch  Glimmcrblättchen.  In  den  Contactgneissen 
fand  ich  Granat  meist  nur  in  ganz  vereinzelten  Körnern,  seltener 
in  etwas  grösseren  Mengen. 

Spinell,  von  der  grünen  Farbe  des  Pleoiiasts  und  des 
Hercynits.  wurde  mehrfach  in  Cordieritgesteinen  beobachtet,  ein- 
mal nämlich  in  einem  Cordierit  -  Contactgneiss  vom  Gehänge  des 
südlichen  Foppakammes,  mehrmals  in  Cordierit -Contactfelsen  von 
beiden  Foi)pagehängen,  im  Cordierit  -  Contactfels  aus  dem  Val 
d'Avio  und  in  dem  Gestein  der  im  Tonalit  gefundenen  Ein- 
schlüsse. Abgesehen  von  den  Gesteinen  der  beiden  letztgenannten 
Fundorte  ist  seine  Menge  stets  ausserordentlich  gering.  Ge- 
wöhnlich beschränkt  sich  sein  Vorkommen  darauf,  dass  man  in 
einem  Präparat  an  einer  oder  zwei  Stellen  in  dem  Cordierit 
winzige,  unregelmässig  geformte  Partieen  von  der  in  diesen  Ge- 
steinen niemals  bei  einem  anderen  Mineral  beobachteten  charakte- 
ristischen grünen  Farbe  antrifft.  In  Präparaten,  welche  von  einem 
aus  dem  Aviothal  mitgebrachten  Handstück  stammen,  tritt  er  be- 
reits weniger  spärlich  in  Anhäufungen  grösserer,  selten  gut  octae- 
drisch  gestalteter  Individuen  auf.  Endlich  findet  er  sich  in 
sämmtlichen  mikroskopisch  untersuchten  Einschlüssen  aus  dem 
Granattonalit  in  recht  beträchtlichen  Mengen,  und  zwar  nicht 
blos  im  Cordierit,  sondern,  wie  bereits  mitgetheilt  wurde,  auch 
im  Biotit  und  dem  jedenfalls  aus  dem  Tonalitmagma  ausgeschie- 
denen Feldspath.  Sehr  selten  trifft  man  bei  ihm  oktaedrischc 
Formen  an;  gewöhnlich  herrscht  geradlinige,  aber  unregelmässige 
Begrenzung  vor.  In  manchen  Gesteinen  dagegen  und  zwar  be- 
sonders in  den  zuletzt  erwähnten  Einschlüssen  beobachtet  man 
ihn  in  länglichen,  schmalen,  nicht  geradlinig  umrandeten,  sondern 
wellig  gebogenen,  wie  geschmolzen  aussehenden  Formen,  die  man 
nur  noch  an  ihrer  Fai'be  als  Spinell  erkennt,  die  aber  oft  durch 
üebergänge  mit  unzweifelhaftem,  besser  krystallisirtem  Spinell 
verbunden  sind.  Die  grösseren  Körner  sind  in  dickeren  Präpa- 
raten undurchsichtig,  bezw.  nur  an  den  Kanten  durchscheinend; 
in  dünneren  Schnitten  nimmt  man  stets  isotropes  Verhalten  wahr. 
Ein  weiterer  Beweis  der  Spinellnatur  des  Minerals  ist  der  Um- 
stand, dass  beim  Aufschliessen  des  Gesteinspulvers  mit  geschmol- 
zener Soda  seine  gi-ünen  Körner  unangegriffen  zurückblieben. 
Dagegen  constatirte  ich  ebenso  wie  Vogelsang  (1,  c. ,  p.  30), 
dass  bei  lange  andauernder  Behandlung  mit  HF  ohne  Schwefel- 
säure die  kleineren  Partikel  aufgelöst,  die  grösseren  angegriffen 
wurden,  bei  sehr  lange  (mehrere  Tage)  fortgesetzter  Digestion 
auch  die  grössten  Splitter  verschwanden,  während  winzige  Korund- 
splitterchen  auch  dann  noch  zurückblieben. 


526 


Der  Korund  wurde  lediglich  in  den  spinellreichen  Ein- 
schlüssen des  Granat  fülirenden  Tonalits  beobachtet  und  blieb 
beim  Schmelzen  mit  Soda  mit  dem  Spinell  zusammen  unaufge- 
scblossen  zurück.  Er  tritt  entweder  in  flachen,  rundlich  be- 
grenzten Tafeln  oder  in  unregelmässigeren ,  aber  nach  allen  drei 
Dimensioneii  gleichmässiger  entwickelten  Körnern  auf.  Im  ersteren 
Fall  erscheint  er  in  Querschnitten  in  langen,  dünnen,  gerade 
auslöschenden  Leisten.  Liegen  die  Tafeln  aber  mit  ihrer  OR 
entsprechenden  Fläche  parallel  zu  der  Ebene  des  Präparates,  so 
erkennt  man  nicht  selten  jene  durch  Anwachsstreifen  hervorge- 
brachte, die  Form  gleichseitiger  Dreiecke  besitzende  Zeichnung, 
die  für  den  Korund  recht  charakteristisch  und  erst  kürzlich  wie- 
der von  Voc4ELSANCi  (1.  c.  p.  30)  beschrieben  worden  ist.  Ent- 
sprechend ihrer  krystallographischen  Orientirung  bleiben  diese 
Tafeln  bei  gekreuzten  Nicols  dunkel.  In  dieser  Ausbildungsweise 
ist  der  Korund  meist  farblos,  aber  optisch  durch  seine  starke 
Lichtbrechung  charakterisirt.  Die  daneben  auftretenden  com- 
pacten Körner  besitzen  garnicht  selten  hell  blaue  Färbung  und 
einen  deutlich  erkennbaren  Pleochroismus  zwischen  blau  und 
farblos.  In  Bezug  auf  die  Dimensionen  der  Individuen  i^t  zu 
bemerken,  dass  die  Körner  meist  nur  wenige  Zehntel  Millimeter, 
selbst  die  grössten  beobachteten  Tafeln  aber  noch  nicht  1  mm 
Ausdehnung  erreichen. 

Der  Apatit  tritt  in  den  Contactgesteinen  der  äusseren  Zone 
in  derselben  eigenthümlichen  Ausbildungsweise  auf,  die  wir  bei 
den  unveränderten  Gneissen  und  Glimmerschiefern  beobachteten. 
Den  Contactfelseu  aber  scheint  er  ganz  zu  fehlen.  Vereinzelte 
Säulchen  wurden  zwar  in  der  spineil-  und  korundreichen  Varietät 
beobachtet,  stammen  indessen  doch  möglicher  Weise  ebenso  wie 
z.  Th.   der  Feldspath  und  der  Glimmer  aus  dem  eruptiven  Magma. 

Eisenerze  wurden  in  kleinen  Mengen  in  all'  den  unter- 
suchten Gesteinen  angetroffen.  Nur  ganz  vereinzelt  sieht  man 
Körner,  die  im  auffallenden  Licht  gelben  Metallglanz  besitzen 
und  demnach  wohl  zum  Pyrit  zu  rechneu  sind.  Von  dem  übri- 
gen Erz  aber,  besonders  dem  der  Contactfelse  ist  es  wahrschein- 
lich, dass  der  grösste  Theil  zum  Titaneisen  gehört.  Darauf 
deutet  einerseits  die  bei  eintretender  Zersetzung  oft  zu  beobach- 
tende Ausscheidung  von  Leukoxen,  andererseits,  wie  schon  be- 
merkt, der  hohe  Titansäuregehalt  (2  pCt.).  den  die  Analyse  eines 
erzreichen,  fast  biotitfreien  Contactfelses  ergab.  Die  Körner  des 
Erzes  sind  fast  stets  unregelmässig  umgrenzt  und  kommen  mit 
Vorliebe  als  Einschlüsse  in  anderen  Mineralien,  besonders  Cor- 
dierit  und  Andalusit  vor.  In  scharfen  Leisten  und  Stäbchen 
erscheint  es  nur  im  Feldspath  und  Cordierit  der  Einschlüsse  des 


527 


Granat -Tonalits.  Selbststäiidig  tritt  es  nicht  gerade  häufig  auf, 
am  meisten  noch  in  den  Contactfelsen. 

Primärer  Rutil  wurde  nur  selten  beobachtet.  Er  kommt 
in  braun -rothen,  schlanken  Säulchen  als  Einschluss  im  Quarz 
einzelner  Contactgesteine  vor,  ist  aber  stets  nur  in  ganz  unbe- 
deutenden Mengen  vorhanden.  Ausserdem  findet  er  sich  zusam- 
men mit  Titaneisen  in  dem  Feldspath  und  Cordierit  der  Ein- 
schlüsse des  Granattonalits. 

üeber  den  Z  i  r  k  o  n  ist  nichts  Bemerkenswerthes  anzu- 
führen.  — 

Die  bisher  besprochenen  Mineralien  setzen  die  eigentlichen, 
charakteristischen  Contactgesteine  zusammen.  Ausserdem  treten 
aber  noch,  wie  bereits  in  der  geologischen  Beschreibung  erwähnt 
wurde,  untergeordnet  und  in  geringer  Mächtigkeit  einige  wenige 
Einlagerungen  auf,  welche  Gemengtheile  besitzen,  die  den  be- 
sprochenen Gesteinen  z.  Th.  ganz  fremd  sind.  Wir  lassen  noch 
kurz  die  Beschreibung  derselben  folgen. 

Aktinolith  wurde  zweimal  gefunden,  nämlich  erstens  in 
einem  deutlich  schieferigen  Contactgneiss  vom  Colmokamm.  zwei- 
tens in  dem  schon  oben  geschilderten,  massig  struirten  eigen- 
thümlichen  Aktinolith,  Quarz,  Biotit.  Feldspath -Gestein  von  der 
Contactstelle  des  Piccolokammes.  Er  ist  schwach  hell  grün  ge- 
färbt, zeigt  keinen  Pleochroismus  und  ist  durch  schiefe  Aus- 
löschung und  den  Winkel  seiner  Spaltbarkeit  als  raonokline  Horn- 
blende charakterisirt.  In  dem  Gneiss  tritt  er  in  schmalen  Sten- 
geln, in  dem  anderen  Gestein  in  kleinen,  meist  unregelmässig 
conturirten  Körnern  auf.     Gut  ausgebildete  Querschnitte  sind  selten. 

Gemeine  Hornblende  wurde  nur  ein  einziges  Mal  ge- 
funden und  zwar  in  einem  Feldspath  führenden  Quarz-Hornblende- 
Gestein  der  inneren  Contactzone  des  Piccolokammes.  Sie  ist 
pleochroitisch  (hell  gelb -grün  bis  hell  grün),  ganz  unregelmässig 
conturirt  und  besitzt  eine  deutlich  prismatische  Spaltbarkeit,  die 
den  für  Hornblende  charakteristischen  Winkel  aufweist. 

Epidot,  bezw.  ein  Mineral,  das  dem  Epidot  sehr  ähnlich 
ist  (Salit?)  beobachtete  ich  nur  ein  einziges  Mal  in  einem  fast 
ausschliesslich  aus  Quarz  und  Epidot,  sowie  wenig  Biotit  und 
Titanit  gebildeten  Schiefer,  der  in  dünnen  Lagen  mit  Quarz- 
Biotitschiefer  wechsellagert.  Er  tritt  darin  in  kleinen,  ganz  un- 
regelmässig begrenzten,  äusserst  schwach  grünlichen  Körnchen  auf. 
und  ist  durch  starke  Licht-  und  Doppelbrechung  ausgezeichnet. 

Titanit  findet  sich  in  demselben  Gestein  in  ziemlich  zahl- 
reichen Anhäufungen  winzigster,  bräunlich  grauer  Körnchen.  In 
den  übrigen  Contactgesteinen  habe  ich  ihn  nicht  mit  Sicherheit 
beobachtet. 


528 


Tabelle  der  wesentlichsten  Coiitactgesteine. 

1.  Cordierit-Contactfelse.  Structur:  richtungslos.  Wesent- 
liche G e m eng th eile:  Cordierit.  dann  Audalusit,  Biotit, 
Quarz.  Accessorische  Gemengtheile :  Plagioklas. 
Granat,  Silliraanit.  Titaneisen.  Spinell,  Korund,  Zirkon. 
Pyrit.  Apatit. 

2.  Contactgneisse.  Structur:  mehr  oder  minder  deutlich 
schieferig.  Wesentliche  Gemengtheile:  Orthoklas. 
Quarz.  Biotit.  Muscovit.  ferner  gewöhnlich  entweder  An- 
dalusit  oder  Cordierit.  oder  beide.  Accessorische  Ge- 
mengtheile :  Plagioklas.  Turmalin.  Sillimanit.  Granat, 
Spinell.   Eisenerze.   Zirkon.   Apatit. 

3.  Contactglimmerschiefer.  Wie  die  Contactgneisse  und  nur 
untergeordnet  durch  Verschwinden  des  Feldspaths  aus 
diesen  hervorgehend. 

4.  Vereinzelte,  nicht  unter  die  anderen  Gruppen  gehörige 
Gesteine  von  meist  nur  untergeordneter  Bedeutung. 

a.  Aktinolith-Quarz-Orthoklas-Biotitgestein.  massig  struirt, 

b.  Aktinolith-Gneiss,   schieferig  struirt. 

c.  Quarz-Hornblende-Plagioklasgestein,  massig  struirt, 

d.  Quarz-Epidot schiefer. 

II.    Gesteine  des  jüngeren  Schiefercomplexes. 

Da  auch  die  hierher  gehörigen  Gesteine  in  ihren  geologi- 
schen Beziehungen  und  hinsichtlich  ihrer  petrographischen  Stel- 
lung bereits  in  dem  geologischen  Theil  der  Arbeit  dargestellt 
worden  sind,  so  können  wir  hier  dieselbe  Anordnungsweise  an- 
wenden, wie  bei  dem  älteren  Schiefercomplex.  Wir  werden  daher 
erst  die  normalen,  dann  die  metamorphosirten  Gesteine  besprechen, 
bei  jeder  dieser  beiden  Gruppen  das  Hauptgewicht  auf  die  Schil- 
derung der  Mineralien  legen  und  erst  zum  Schluss  einen  ganz 
kurzen  tabellarischen  Ueberblick  über  die  Gesteine  selbst  bringen. 

A.    Normale  Gesteine  des  Quarz-Phyllitcomplexes. 

a.  Wesentliche  Gemengtheile:  Quarz,  farbloser  Glim- 
mer (Muscovit  und  Sericit),   Chlorit. 

Von  all'  den  hier  zu  besprechenden  Mineralien  ist  der 
Quarz  unstreitig  das  wichtigste  und  verbreitetste.  Er  setzt 
erstens  die  Quarzite  und  die  zahllosen  quarzitischen  Lagen  der 
Phyllite.  zweitens  die  in  allen  hierher  gehörigen  Gesteinen  weit 
verbreiteten  und  mächtigen  Quarz -Linsen  und  -Knauern  fast  aus- 
schliesslich zusammen.  Drittens  nimmt  er  als  wesentlicher  Ge- 
mengtheil   an    dem  Aufbau    der  glinnnerigen  Lagen    der  Phyllite 


529 


Thcil;  viertens  tiiidel  er  sich  in  kleinen  Mengen  in  jfder  belie- 
bigen Gesteinsart.  ja  fast  in  jedem  beliebigen  Blatt  eines  Gesteins, 
das  überhaupt  zu  dem  Quarz-Phyllitcomplex  gehört.  Dem  Gewicht 
nach  bildet  er  sicherlich  wenigstens  die  Hälfte  des  ganzen  Ge- 
birges, wahrscheinlich  aber  noch  viel  mehr.  Die  Grösse  seiner 
Körner  schwankt  von  weniger  als  0,01  mm  bis  aufwärts  zu  einem 
Millimeter.  Am  häutigsten  trifft  man  Körner  von  ungefähr  0,1  mm 
Durchmesser.  Grössere  treten  nur  ausnahmsweise  und  vereinzelt 
auf.  Es  besteht  demnach  entschieden  ein  Unterschied  in  der 
Korngrösse  gegenüber  den  oben  beschriebenen  Gneissen  und  Glim- 
merschiefern, bei  denen  der  Durchmesser  der  Quarzkörner  durch- 
schnittlich 0,5  mm  beträgt.  Die  einzelnen  Individuen  sind  stets 
ganz  unregelmässig  conturirt.  Ihre  Begrenzungslinie  springt  zackig 
aus  und  ein.  Flüssigkeitseinschlüsse  sind  weit  verbreitet  und 
zahlreicher  als  in  den  Quarzen  der  Gesteine  des  älteren  Schiefer- 
complexes.  Auch  Hohlräume  und  unregelmässig  gestaltete  Ein- 
schlüsse von  Muscovit  und  Chlorit  werden  oft  angetroffen.  Viel 
seltener  sind  ihm  die  bekannten,  winzig  kleinen,  schmalen  Nä- 
delchen,   die  wohl  dem  Rutil  angehören,   eingestreut. 

Farbloser  Glimmer  findet  sich  sowohl  in  grösseren  Kry- 
stall- Lamellen  als  Muscovit,  als  in  feinschuppigen  und  faserigen 
Aggregaten  als  Sericit.  Beide  Ausbildungsweisen  sind  durch 
Uebcrgänge  verbunden,  sodass  man  eine  scharfe  Grenze  gar  nicht 
zwischen  ihnen  ziehen  kann.  Die  grösseren  Lamellen  zeigen 
deutlich  die  charakteristischen  Eigenschaften  des  Muscovits  (ba- 
sische Spaltbarkeit,  gerade  Auslöschung,  grosser  Winkel  der  opti- 
schen Axen.  lebhatte  Polarisationsfarben);  in  den  sericitischen 
Aggregaten  ist  das  meiste  davon  nicht  mehr  wahrnehmbar.  Nur 
die  Polarisationsfarben  bilden  in  der  Regel  auch  dann  noch  ein 
gutes  ünterscheidungsmittel  gegenüber  dem  Chlorit.  Nicht  selten 
aber  sind  gerade  die  feinsten  sericitischen  Anhäufungen  so  sehr 
von  feinsten  Chloritblättchen  und  Lamellen  durchdrungen  und 
durchwebt,  dass  dann  eine  optische  Untersucliung  gar  nicht  mehr 
möglich  ist.  Bei  den  grösseren  Blättern  ist  übrigens  schon  der 
Farbenunterschied  in  den  meisten  Fällen  recht  charakteristisch, 
da  der  Muscovit  nur  selten  schwach  grüidich  wird  ,  der  Chlorit 
aber  meist  viel  lebhafter  gefärbt  ist.  Die  Blätter  des  Glimmers 
sind  gewöhnlich  unregelmässig  begrenzt;  nur  ausnahmsweise  findet 
man  scharf  basisch  umrandete  Lamellen.  Ihre  Grösse  ist  niemals 
beträchtlich.  Sie  erreichen  gewöhnlich  nur  wenige  Zehntel  eines  Milli- 
meters in  der  Längsausdehnung.  Ausnahmsweise  wurden  in  einem 
eigenthüralichen  Biotitphyllit  bis  1  mm  lange  Blätter  beobachtet. 
Interpositionen  von    schwarzen,    wohl    aus   Eisenerz   bestehenden, 


530 


winzigen  Pünktchen  sind  recht  verbreitet;  andere  Einschlüsse 
fehlen  dagegen  fast  vollständig. 

Chlorit  ist  ein  ausserordentlich  liäufig  auftretender  und  we- 
sentlicher Gemengtheil.  In  den  normalen  Phylliten  trifft  man  ihn 
gewöhnlich  in  ziemlich  gleichen  Mengen  mit  dem  Muscovit  an. 
Selten  fehlt  er  ganz.  Oft  aber  überwiegt  er  den  Glimmer  und 
reichert  sich  in  manchen  Gesteinslagen .  ja  ganzen  Gesteins- 
schichten so  an,  dass  ich  dies  auch  im  Namen  auszudrücken 
suchte  und  diese  Varietät  als  chloritischen  Phyllit  bezeichnete. 
Echte  Chloritschiefer  habe  ich  nicht  beobachtet.  —  Der  Chlorit 
besitzt  meist  ziemlich  lebhaft  grüne  Farbe,  einen  nicht  sehr  in- 
tensiven Pleochroismus  zwischen  hellerem  und  dunklerem  Grün, 
schwache  Licht-  und  Doppelbrechung.  In  basischen  Schnitten 
verhält  er  sich  oft  anscheinend  ganz  isotrop.  Häufig  zeigt  er 
in  den  Verticalschnitten  jenes  eigenthümliche  charakteristische 
Blau  der  Chlorite.  Mit  heisser  Salzsäure  in  den  Präparaten  be- 
handelt, zersetzt  er  sich  ziemlich  leicht,  und  es  gelingt  dann,  die 
ausgeschiedene  Kieselsäure  mit  Fuchsinlösung  zu  imbibiren.  Auch 
diese  Erscheinung  kann  man  zur  Unterscheidung  vom  Glimmer 
benutzen.  Secundär  bildet  er  sich  aus  Biotit  und  Granat,  aber 
entsprechend  der  geringen  Verbreitung  dieser  Mineralien  in  den 
Phylliten,  nur  in  unbedeutenden  Mengen. 

b.  Accessorische  Gemengtheile :  Feldspath ,  Biotit, 
Granat,  Eisenerze,  Rutil,  Turmalin.  Zirkon.  Apatit,  Braunspath, 
Kohlenstoff,  Kalkspath. 

Feldspath  wurde  in  Phj'llitgneiss  -  Einlagerungen  und  in 
Quarziten  beobachtet.  Er  tritt  in  unregelmässig  conturirten, 
höchstens  1  mm  grossen  Körnern  auf.  Polysynthetische  Verzwil- 
lingung  wurde  nur  etwa  bei  einem  Drittel  der  in  den  Präparaten 
vorliegenden  Durchschnitte  wahrgenommen.  Da  indessen  die  Zer- 
setzungs  -  Erscheinungen  bei  all"  diesen  ganz  in  der  gleichen 
Weise  verlaufen,  so  halte  ich  es  für  sehr  wahrscheinlich,  dass 
sie  sämmtlich  zum  Plagioklas  gehören.  Eine  sichere  Bestim- 
mung konnte  wegen  der  geringen  Grösse  der  Körner  und  der 
stets  bereits  mehr  oder  weniger  stark  fortgeschrittenen  Zersetzung 
nicht  ausgeführt  werden. 

Biotit  ist  in  unseren  Phylliten  recht  selten.  Er  wurde  in 
einzelnen  Vorkommnissen  in  spärlichen  Anhäufungen  kleiner ,  brau- 
ner Fetzchen  angetroffen  und  betheiligte  sich  dann  etwa  in  der 
Art  und  Weise,  aber  nicht  in  der  Menge  wie  der  Chlorit  und 
der  Sericit  an  der  Zusammensetzung  der  Hauptgesteinsraasse. 
Viel  auffälliger  ist  seine  Erscheinungsweise  in  zwei  anderen  ein- 
ander ähnlichen,  aber  von  ganz  verschiedenen  Fundpunkten  stam- 
menden PhyUitvarietäten.      Er    tritt   dort    als   accessorischer  Ge- 


531 


mengtheil  in  bis  über  2  mm  langen,  nicht  selten  1  mm  breiten, 
basisch  \Yohl  begrenzten  Lamellen  auf  und  liegt  gewissermaassen 
porphyrisch  in  einer  Art  Grundmasse  von  Muscovit  und  Chlorit. 
Er  ist  intensiv  braun  gefärbt  mit  einem  schwachen  Stich  in's 
Röthliche  und  zeigt  ausgezeichnete  Spaltbarkeit.  In  der  einen 
Varietät  ist  er  bereits  voUkonmien  in  Chlorit  umgewandelt  und 
in  seinem  jetzigen  Zustande  von  zahlreichen,  schwarzen  Stäbchen 
von  Titaneisen  (?)  erfüllt.  Es  ist  nicht  ausgeschlossen,  dass  die- 
selben bereits  primär  in  ihm  vorhanden  waren.  Die  beiden  Ge- 
steine wurden  wegen  seines  charakteristischen  Auftretens  als  „Biotit- 
phyllit"  bezeichnet. 

Granaten  wurden  in  vielen  Varietäten  angetroffen.  Sie 
erreichen  mitunter  3 — 4  mni  im  Durchmesser,  sind  bald  gut  kry- 
stallisirt.  bald  unregelmässig  gestaltet  und  ragen  gewöhnlich  aus 
den  Schichtflächen  der  verwitternden  Phyllite  heraus.  Anderer- 
seits konunt  es  aber  auch  vor,  dass  sie  sich  ebenso  schnell  wie 
die  übrige  Gesteinssubstanz  zersetzen.  Dann  bilden  sie  eigen- 
thümliche  dunkle  Flecke  von  oft  scharf  sechsseitiger  Gestalt,  die, 
mit  unbewaffnetem  Auge  betrachtet,  dem  Gesteine  eine  auffallende 
Aehnlichkeit  mit  manchen  contactmetamorphen  Fleckschiefern  ge- 
ben, ü.  d.  M.  erkennt  man  aber  sofort,  dass  man  es  in  ihnen 
nur  mit  zersetztem  Granat  zu  thun  hat.  Durch  die  Umwand- 
lungsprocesse  wird  immer  Chlorit  gebildet,  der  ein  Maschennetz 
grüner  Stränge  in  den  Krystallen  bildet  und  noch  zahlreiche 
frische  Kerne  zu  umschliessen  pflegt. 

Eisenerze  treten  in  kleinen  Mengen  in  all'  den  vorliegen- 
den Gesteinen  und  zwar  in  meist  rundlichen  Körnern,  nicht  selten 
aber  auch  in  langen,  schmalen  Leisten  auf.  In  den  allermeisten 
Fällen  dürften  sie  zum  Ilmenit  gehören.  Darauf  deutet  die  über- 
aus häufig  beobachtete  randliche  oder  vollständige  Umwandlung 
in  sogenannten  Leukoxen.  Bemerkt  sei  übrigens,  dass  man  in 
diesem  letzteren  bei  starker  Vergrösserung  bisweilen  randlich 
Formen  beobachtet,  welche  viel  eher  dem  Rutil  als  dem  Titanit 
zuzuschreiben  sind,  nämlich  schmale  Nadeln  und  Säulchen,  die 
spiessartig  aus  dem  compacten  Innern  herausstarren.  In  den 
meisten  Fällen  gehören  die  Umwandlungsproducte  indessen  auch 
hier  wohl  zum  Titanit.  —  In  dem  bereits  erwähnten  Phyllit- 
gneiss  treten  auch  Erzkörner  auf,  die  im  auffallenden  Lichte 
gelben  Metallglanz  besitzen  und  sich  randlich  in  braunen  Limonit 
zersetzen.     Sie  sind  jedenfalls  zum  Pyrit  zu  rechnen. 

Rutil  findet  sich  primär  nur  in  äusserst  geringen  Mengen. 
Der  grösste  Theil  der  in  dem  Gestein  vorhandenen  Titansäure 
scheint  eben  zur  Bildung  von  Titaneisen  verwendet  worden  zu 
sein.    Ich  beobachtete  ihn  hauptsächich  in  den  beiden  „Schistit"- 


532 


ähnlichen  Varietäten  und  zwar  in  der  Form  der  winzigen, 
„Thonschiefer-Nädelchen"  ^)  genannten  Gebilde.  Ueber  sein  Auf- 
treten in  den  Epidot  -  Aniphiboliten  wird  weiter  unten  berichtet 
werden. 

Turm al in  wurde  fast  in  allen  Gesteinen,  aber  stets  nur  in 
sehr  Ideinen  Mengen  aufgefunden.  Die  Form  seiner  Individuen 
ist  dieselbe,  wie  in  den  Felsarten  des  älteren  Schichtcomplexes. 
Sein  Farbenwechsel  verläuft  von  schwach  gelblich  bis  dunkel 
schmutzig  braun.  Häufig  umschliesst  er  in  seineu  innersten 
Theilen  zahlreiche  schwarze  Pünktchen.  Seine  Krystalle  erreichen 
nur  selten  0,02  mm  Länge. 

Zirkon  ist  gleichfalls  Aveit  verbreitet.  Er  tritt  in  bis  0.02  mm 
langen,  bald  scharf  ausgebildeten,  bald  mehr  abgerundeten  Säul- 
chen auf. 

Apatit  findet  sich  in  grösseren,  unregelmässig  gestalteten 
Körnern.  Es  gilt  auch  hier  Wort  für  Wort  das,  was  bei  der 
Beschreibung  der  unveränderten  Gneisse  und  Glimmerschiefer  über 
ihn  gesagt  wurde.  Nur  erreicht  er  nie  dieselbe  Grösse  wie  in 
jenen.  Auch  fehlen  ihm  die  oben  besprochenen  winzigen  Inter- 
positionen,  welche  bei  schwacher  Vergrösserung  eine  Trübung 
seiner  Substanz  zu  bedingen  scheinen.  In  einem  Biotitphyllit 
wurden  schmale,  längliche,  trübe  Säulchen  beobachtet,  die  viel- 
leicht gleichfalls  zum  Apatit  gehören.  Mit  Sicherheit  liess  es 
sich  nicht  feststellen. 

In  den  meisten  Phylliten  und  Quarziten  finden  sich  bald 
vereinzelte  kleine  Körner  von  Braun spath.  bald  ganze  Schwärme 
solcher  Köi'iier.  Sie  besitzen  in  der  Regel  noch  nicht  O.Ol  mm 
Grösse,  erreichen  aber  ausnahmsw'eise  auch  0,1  nun  und  darüber. 
Es  sind  fast  immer  sehr  scharf  krystallisirte  Rhomboeder.  die 
sich  gern  unter  Abscheidung  von  Eisenverbindungen  zersetzen  und 
dann  mitunter  gelbe  bis  braune  Farbtöne  annehmen.  Optisch 
sind  sie  durch  starke  Lichtbrechung  charakterisirt.  Ausseror- 
dentlich häufig  liegen  sie  in  bedeutender  Zahl  in  grössere  Quarz- 
individuen eingebettet. 

Kohlenstoff.  Eine  grosse  Anzahl  von  Phyllit Varietäten 
(nach  CuRiONi  1.  c.  eine  ganze  Abtheilung  der  Schiefer)  ist  durch 
reichliches  Auftreten  von  Kohlenstoff  charakterisirt.  Er  findet 
sich  in  schwarzen  Massen  ohne  Krystallform  und  ninnnt  bisweilen 
so  wesentlich  an  dem  Aufbau  der  Gesteine  Theil,  dass  Stückchen 
von  ihm,  mit  dem  Finger  berührt,  deutlich  abfärben.  Beim 
Kochen    des    Gesteinspulvers    mit   Salzsäure    blieb    die    schwarze 


')  Poggenddorf's  Aniialeii,  1871,  CXLIV,  p.  319. 


533 


Farbe  vollstiüidig  erhalten.  Dagegen  Hess  sie  sich  durch  anhal- 
tendes Glühen  auf  dem  Platinblech  ganz  leicht  entfernen.  Ich 
habe  sie  deswegen  als  „Kohlenstoffreiche  Phyllite"  bezeichnet. 
Möglicherweise  sind  sie  identisch  mit  den  aus  vielen  anderen 
Theilen  der  Alpen  bekannten  ,,  graphitischen  ••  Schiefern  der  Quarz- 
phyllit- Gruppe. 

Kalkspath  wurde  imr  secundär  in  einem  stark  zersetzten, 
wahrscheinlicli  ehemals  Granat  führenden  Phyllit  beobachtet.    — 

Es  bleiben  jetzt  nur  noch  drei  Gemeugtheile  der  bereits 
kurz  erwähnten,  von  den  Phylliten  petrographisch  scharf  getrenn- 
ten Epidot-Amphibolite  zu  beschreiben.  Es  sind  dies  Hornblende. 
Epidot  und  Rutil.  Die  ersteren  beiden  treten  in  den  Phylliten 
überhaupt  nicht  auf,  der  Rutil  in  ganz  abweichender  Bildungs- 
weise. 

Die  Hornblende  erscheint  meist  in  ganz  unregelmässig 
zerlappten,  in  der  Richtung  der  grössten  Ausdehnung  mehrere 
Zehntel  Millimeter  nicht  übersteigenden  Partieen.  Sie  zeigt  kräf- 
tigen Farbenwechsel  von  gelblich  grün  in  dunkleres  bläulich  grün. 
Die  prismatische  Spaltbarkeit  ist  deutlich  ausgeprägt  und  liess 
in  den  seltenen  Querschnitten  den  charakteristischen  Hornblende- 
wiiikel  erkennen.  Bei  der  Zersetzung  geht  sie  in  den  denniächst 
zu  beschreibenden  Epidot  über.  Bisweilen  werden  dabei  auch 
kleine  Mengen  von  Calcit  ausgeschieden. 

Der  Epidot  findet  sich  gewöhnlich  in  unregelmässig  um- 
grenzten, deutlich  gelb  gefärbten  Individuen,  die  in  der  Grösse 
zwischen  nur  wenigen  Bruchtheilen  eines  Millimeters  und  einem 
ganzen  Millimeter  variiren,  in  manchen  Lagen  aber  in  höchstens 
0,1  mm  grossen,  meist  viel  schwächer  gefärbten  Körnern.  Die 
Formen  dieser  letzteren  erinnern  mitunter  an  die  von  v.  Foullon  ^) 
beschriebenen  und  abgebildeten.  Doch  sind  sie  immer  mehr  oder 
minder  stark  abgerundet,  niemals  scharf  krystallisirt.  Sie  uni- 
schliessen  nicht  selten  zahh'eiche,  winzig  kleine  Quarzkörnchen. 
In  allen  Fällen  ist  das  markante  Relief  und  die  Lebhaftigkeit 
der  Polarisationsfarben  charakteristisch.  Die  kräftiger  gefärbten, 
grösseren  Krystalle  zeigen  einen  deutlichen  Pleochroismus  zwischen 
weingelb  und  schwach  grünlich  gelb.  Sicher  ist  ein  grosser  Theil 
dieses  Epidots  erst  secundär  aus  Hornblende  herausgebildet.  An- 
dererseits ist  es  aber  gerade  bei  einem  Theil  der  farblosen 
Körner  sehr  wahrscheinlich,  dass  sie  primäre  Gemeugtheile  des 
Gesteins  sind.  Darauf  deutet  ihre  Vertheilung  und  die  grosse 
Zahl  der  in  der  Hornblende  nicht  in  solcher  Menge  auftretenden 


')  Heber    die  Gesteine    und  Minerale    des  Arlbergtunnels.     Jahrb, 
d.  k.  k.  aeol.  R.-A.,  1885. 


584 


winzigen  Quarz-Interpositionen.  Mit  Sicherheit  lässt  sich  indessen 
eine  Entscheidung  über  die  Genesis  der  einzelnen  Körner  nicht  treffen. 

Der  Rutil  findet  sich  in  kurzen,  mitunter  bis  0,2  mm  Länge 
erreichenden  Säulen,  die  zu  rundlichen  Gruppen  aggregirt  zu  sein 
pflegen.  Er  ist  dunkel  bräunlich  roth  gefärbt  und  tritt  durch 
seine  ausserordentlich  starke  Lichtbrechung  scharf  und  deutlich 
hervor.  Seine  Ausbildungsweise  ist  demnach  ganz  verschieden 
von  der  in  den  Phylliten  beobachteten. 

Ausser  den  besprochenen  drei  Mineralien  nehmen  noch  Quarz 
und  spärliche  Biotitfetzchen  an  der  Zusammensetzung  der  Epidot- 
Amphibolite  Theil. 

Tabelle  der  unveränderten  Gesteine  des  Quarz- 
Phyllitcomplexes. 

1.  Quarzite.  Structur:  meist  deutlich  schieferig;  ausnahms- 
weise richtungslos.  Wesentlicher  Gemengtheil:  Quarz. 
Accessorische  Gemengtheile:  Muscovit,  Chlorit,  Eisen- 
erz, Braunspath.  Turmalin,  Zirkon.  Apatit.  Mitunter 
ziemlich  viel  Feldspath. 

2.  Quarz- Phyllite.  Structur:  stets  deutlich  schieferig;  be- 
bestehen aus  abwechselnden  Lagen  von  Quarzit  nnd  dem 
unter  3.  aufzuzählenden  Phyllit .  sowie  aus  grösseren 
Quarzlinsen  und  -knauern. 

3.  Echte  Phyllite.  Structur:  stets  deutlich  schieferig.  We- 
sentliche Gemengtheile:  Quarz,  farbloser  Glimmer, 
Chlorit.  Accessorische  Gemengtheile  :  Eisenerz, 
Braunspath  .  Turmalin  .  Zirkon  .  Apatit ,  Biotit ,  Rutil. 
Zahlreiche  Varietäten  durch  reichliches  Hinzutreten 
von  anderen  Mineralien: 

a.  Kohlenstoffreicher  Phyllit^). 

b.  Chloritischer  Phyllit, 

c.  Sericitischer  Phyllit, 

d.  Granat -Phyllit, 

e.  Biotit -Phyllit. 

4.  Phyllit- Gneisse.  Structur:  oft  nur  undeutlich  schieferig. 
Wesentliche  Gemengtheile:  Quarz.  Plagioklas,  Mus- 
covit (in  grossen  Blättern),  wenig  Chlorit.  Accesso- 
rische Gemengtheile:  wie  bei  3.  Ausserdem  noch 
PjTit.  Fundort:  an  verschiedenen  Stellen  in  der  Nähe 
der  Ruine  oberhalb  Mü. 


^)  Fundorte  sind  z.  B.  Weg  von  Mii  nach  Incudine  auf  dem  linken 
Oglio-Ufer.  Umgegend  von  Malga  Lezzavone,  nicht  weit  von  dem  Val 
Finale;  Val  d'  Avio,  linkes  Ufer. 


535 


5.  Schistite.  Structur:  deutlich  schieferig,  aber  viel  dichter 
erscheinend.  Wesentliche  Gemengtheile:  wie  bei  3. 
Accessorische  Gemengtheile:  wie  bei  3.,  aber  Rutil 
in  grösseren  Mengen.  Fundort:  auf  den  Hügeln  un- 
mittelbar am  Oglio. 

6.  Epidot-Amphibolite.  Structur:  meist  schieferig.  We- 
sentliche Gemengtheile:  Hornblende,  Epidot,  Quarz. 
Mitunter  sind  indessen  fast  nur  noch  Epidot  und  Quarz 
vorhanden.  Accessorische  Gemengtheile:  Rutil, 
Biotit.  Fundort:  anscheinend  in  mächtigen  dickbauchi- 
gen Linsen  und  Lagen  in  der  Nähe  der  Gase  Tise  und 
bei  „C.  Foppa"  der  italienischen  Generalstabskarte  an 
einem  vorspringenden  Bergausläufer  in  etwa  900  m  Höhe. 

B.    Metamorphosirte  Gesteine   des   Quarz-Phyllit- 
complexes. 

a.  Wesentliche  Gemengtheile:  Quarz,  Muscovit,  Biotit, 
Chlorit,  Andalusit. 

Das  Auftreten  des  Quarzes  in  diesen,  durch  den  Moja- 
Dioritstock  metamorphosirten  Gesteinen  unterscheidet  sich  nicht 
wesentlich  von  dem  in  den  unveränderten  Gesteinen.  Flüssig- 
keitseinschlüsse kommen  selbst  in  grösster  Nähe  des  Contactes 
vor.  Auch  die  Umrandung  ist  meistentheils  ganz  ebenso  zackig 
und  unregelraässig  geblieben.  Nur  in  vereinzelten,  mikroskopisch 
kleinen  Linsen,  die  den  glimmer-  und  andalusitreichen  Lagen  in 
der  Nähe  des  Contactes  eingeschaltet  sind,  schienen  mir  gerad- 
linig polygonal  umrandete  Körner  gegenüber  den  anderen  we- 
nigstens sehr  stark  vorzuherrschen.  Keinesfalls  aber  ist  diese 
Erscheinung  hier  in  der  Weise  ausgebildet,  wie  sie  von  Sauer 
(1.  c.)  beobachtet  wurde.  Auch  in  Bezug  auf  Ai't  und  Zahl  der 
Interpositionen  unterscheidet  sich  der  Quarz  nicht  von  dem  der 
unveränderten  Gesteine. 

Muscovit  findet  sich  wieder  in  Aggregaten  von  Lamellen 
aller  möglichen  verschiedenen  Grössen.  Man  wird  daher,  wenn 
man  es  überhaupt  noch  für  zweckmässig  hält,  die  feinblätterigen, 
mehr  verworrenen  Aggregate  durch  einen  besonderen  Namen  von 
den  grösseren  Lamellen  und  Krystallen  zu  unterscheiden,  auch 
hier  von  Sericit  neben  Muscovit  sprechen  können.  Ein  Unter- 
schied gegenüber  dem  Muscovit  der  normalen  Schiefer  ist  inso- 
fern entschieden  vorhanden,  als  hier  die  grösseren  Lamellen 
ausserordentlich  häufig  wohl  begrenzt  sind.  Nicht  selten  liegen 
sie  gewissermaassen  porphyrisch  in  den  sericitischen  Aggregaten 
eingebettet.      Niemals    lassen    sie   eine  Anordnung    in   einem  be- 


536 


stimmten  Sinne  erkennen,  wie  dies  in  den  Phylliten  recht  häufig 
zu  beobachten  ist.  Sie  liegen  vielmehr  in  allen  möglichen  Rich- 
tungen kreuz  und  quer  durch  einander.  Bemerkt  sei,  dass  die 
Menge  des  Muscovits,  soweit  man  das  abschätzen  kann,  grösser 
zu  sein  scheint,   als  in  den  unveränderten  Schiefern. 

Viel  auffälliger  und  deutlicher  tritt  das  bei  dem  Biotit 
hervor.  \Yährend  dieser  nämlich  in  den  normalen  Phylliten 
und  ihren  Varietäten  nur  ganz  untergeordnet  auftritt,  ist  er 
hier  einer  der  wesentlichsten  Gemengtheile  geworden.  Meh- 
rere Merkmale  unterscheiden  sein  Auftreten  in  den  Contactgestei- 
nen  von  dem  in  dem  unveränderten  Phyllitgebirge  beobachteten. 
Erstens  ist  die  Grösse  seiner  Blättchen,  wenn  wir  von  jenen 
merkwürdigen,  grossen  Krystallen  der  Biotit-Phyllite  absehen,  viel 
erheblicher.  Seine  Individuen  erreichen  hier  gar  nicht  selten  das 
Zehnfache  der  dort  beobachteten  Dimensionen  und  sind  selbst  in 
den  kleinsten  Partikelchen  nicht  so  unregelmässig  ausgefranst  und 
fetzenartig  gestaltet.  Sehr  charakteristisch  ist  ferner  die  bereits 
im  geologischen  Theile  beschriebene  Art  und  Weise,  wie  sie  sich 
in  den  am  weitesten  vom  Contact  entfernten  Schiefern  zu  dunklen, 
ausschliesslich  aus  Biotit  bestehenden  Flecken  und  zwar  entweder 
selbständig  oder  rings  um  Ilmenitkörner  aggregiren.  Aehnliche 
Verhältnisse  beobachtet  man  auch  in  den  stärker  umgewandelten 
Gesteinen,  nur  dass  sie  dort  gern  ganze  Biotitlagen,  nicht  ver- 
einzelte kugelförmige  Anhäufungen  bilden.  Beiden  Ausbildungs- 
weisen ist  es  gemeinsam,  dass  die  Blättchen,  ohne  jede  Rücksicht 
auf  die  Richtung  der  Lage  selbst,  la-euz  und  quer  durch  einander 
liegen.  —  Ueber  die  optischen  Eigenschaften  des  Biotits  dieser 
Gesteine  ist  nichts  Bemerkenswerthes  zu  berichten. 

Der  Chlorit  kommt  nur  in  den  äussersten  Theilen  der 
Contactzone  vor.  Er  ist  dort  als  ein  noch  verschont  gebliebener 
Rest  der  ursprünglichen  Gesteine  zu  betrachten;  denn  in  den 
inneren  Theilen  der  Contactzone  fehlt  er  gänzlich;  und  dort  wo 
er  auftritt,  stinnnt  er  völlig  mit  dem  Chlorit  der  unveränderten 
Phyllite  überein.  Die  Neubildung  des  Biotits  geschieht  zweifellos 
hauptsächlich  auf  seine  Kosten. 

Der  Andalusit  erscheint  in  zwei  Ausbildungsarten,  von 
denen  die  eine  genau  mit  der  in  den  Contactgesteinen  des  To- 
nalits  beobachteten  übereinstimmt,  die  andere  aber  abweichend 
ist.  In  beiden  Fällen  ist  er  durch  dieselben  optischen  Eigen- 
schaften, insbesondere  durch  seinen  Pleochroisnms  charakterisirt 
und  leicht  zu  erkennen.  Er  findet  sich  erstens  in  bis  i  mm 
langen,  oft  1  mm  breiten,  säulenförmigen  Krystallen,  die  die 
Spaltbarkeit  und  die  im  Querschnitt  quadratischen  Formen  deut- 
lich erkennen    lassen.      In  quarzitischen  Gesteinen  sind    sie  mit- 


537 


unter  von  Quarzkörnclien.  in  ([uarzarmon .  aber  sehr  biotitreiclien 
Gesteinen  von  Biotitblättclien  erfüllt  und  erhalten  dann  ganz  die- 
selbe „Contactstructur''  wie  in  den  von  dem  Tonalit  nietamor- 
phosirten  Felsarten.  Zweitens  tritt  der  Andalusit  in  0.5  —  1  nun 
langen,  aber  selten  mehr  als  0,01  mm  breiten  Säulen  auf.  Ge- 
wöhnlich ist  dann  eine  grössere  Zahl  von  diesen  zu  Bündeln 
aggregirt.  Sie  unterscheiden  sich  von  den  einmal  neben  ihnen 
beobachteten  Sillimanit-Nadeln  morphologisch  dadurch,  dass  ihre 
Conturen  nicht  so  scharf  ausgebildet  sind  wie  bei  diesen,  optisch 
durch  den  häufig  wahrnehmbaren  Pleochroismus  (c  =  blass  rosa- 
rath.  a  und  b  =  farblos).  Zwischen  den  Säulchen  und  den 
Büscheln  liegen  nicht  selten  kleine  Biotitblättchen.  Mitunter 
bildet  der  Andalusit  in  dieser  Ausbildungsart  den  Hauptbestand- 
theil  einzelner  Gesteinsblätter.  Auffälliger  Weise  fand  ich  mit 
den  Säulchen  zusammen  in  denselben  Präparaten  auch  die  grossen 
Krystalle  der  anderen  Ausbildungsart,  ohne  dass  sich  üebergangs- 
formen  zwischen  beiden  einstellten. 

b.  Accessorische  Gemengtheile :  Korund.  Eisenerz, 
Apatit.   Turmalin.   Feldspath,   Sillimanit,   Zirkon. 

Das  Auftreten  des  Korunds  stimmt  nicht  ganz  mit  dem  in 
den  Einschlüssen  des  Granat -Tonalits  beobachteten  überein.  Er 
findet  sich  hier  in  länglichen,  prismatischen,  oft  ziemlich  scharf 
begrenzten  Körnern  von  0,1 — 0,3  mm  Länge  und  von  höchstens 
0.1  mm  Breite.  Gerade  Auslöschung  parallel  den  prismatischen 
Conturen,  starke  Lichtbrechung  und  oft  deutlicher  Pleochroismus 
(o  hellblau,  s  farblos)  charakterisiren  ihn  optisch  recht  gut. 
Die  blaue  Farbe  ist  mitunter  nicht  gleichmässig  über  den  Kry- 
stall  verbreitet,  sondern  mehr  flockig  vertheilt.  Seine  grosse 
Härte  äussert  sich  beim  Schleifen  der  Präparate  dadurch,  dass 
die  einzelnen  Körner  gern  herausbrechen,  und  es  daher  nicht 
leicht  gelingt,  dünne  Schliffe  herzustellen  Ueber  die  Art  seiner 
Verbreitung  in  den  Gesteinen  wurde  bereits  im  geologischen  Theil 
gesprochen. 

In  allen  Gesteinen  des  Contacthofes  beobachtet  man  schwarze, 
opake  Ilmenitkörner  von  unregelmässiger,  nur  selten  länglicher 
Gestalt.  Sie  sind  es.  um  die  sich  mit  Vorliebe  die  Blättchen 
des  neu  gebildeten  Biotits  herunüegen.  Sie  stimmen  in  ihrem 
ganzen  Auftreten  mit  den  Erzkörnern  der  unveränderten  Phyllite 
überein  und  dürften  daher  auch  kaum  als  Neubildungen  aufzu- 
fassen sein.  Dass  sie  dem  Ilmenit  angehören,  geht  daraus  her- 
vor, dass  sie  sich  selbst  bei  längerem  Kochen  in  Salzsäure  nicht 
lösen  und  in  der  Phosphorsalzperle  vor  dem  Löthrohr  auch  in 
kleinsten  Mengen  deutliche  Titanreaction  ergaben. 

Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  3.  36 


538 


Apatit  tritt  vereinzelt  in  den  mehrfach  beschriebenen,  un- 
regelmässig begrenzten  Körnern,  selten  in  etwas  deutlicher  kry- 
stallisirten   Säulchen   auf. 

Turinalin  ist  überall  verbreitet,  unterscheidet  sich  aber 
nicht  wesentlich  von  dem  Turmalin  der  normalen  Phyllite. 

Feldspath  wurde  mehrfach  in  vereinzelten,  unrcgelmässig 
umgrenzten  und  durch  Zersetzung  vollständig  getrübten  Körnern 
beobachtet.  Ausserdem  erscheint  er  als  wesentlichster  Gemeng- 
theil in  der  weiter  oben  beschriebenen  Einlagerung  fraglicher 
Natur.     Er  ist  darin  polysynthetisch  verzwillingt. 

Sillimanit  fand  sich  nur  einmal  ganz  untergeordnet  in 
scharfen,  farblosen  Nadeln  in  dem  Quarz  eines  schieferigen  An- 
dalusit-  Glimmerfelses. 

Zirkon  gelangte  wohl  nur  zufällig  nicht  zur  Beobachtung. 
Charakteristisch  scheint  dagegen  das  Fehlen  der  in  den  Phylliten, 
so  weit  verbreiteten  Braunspath-Kryställchen  zu  sein. 


Soviel  ist  über  die  Mineralien  zu  berichten,  welche  die  we- 
sentlichen Contactgesteine  des  Mojadiorits  zusammensetzen.  Die- 
jenigen der  in  dem  Diorit  und  neben  ihm  aufgefundenen  Horn- 
blendegesteine bereits  gelegentlich  der  geologischen  Schilderung 
ihres  Auftretens  auch  petrographisch  eingehend  beschrieben.  Es 
sind  daher  nur  noch  die  an  dem  Aufbau  des  Cordierit  -  Biotit- 
gesteins der  grössten  in  dem  Diorit  aufgefundenen  fremden  Ein- 
schlüsse betheiligten  Mineralien  zu  besprechen;  nämlich  Cordierit, 
Biotit  und  Quarz  als  wesentliche ,  etwas  Plagioklas ,  Apatit, 
Eisenerz  und  Zirkon   als  accessorische  Gemengtheile. 

Der  Cordierit  ist  durch  ganz  dieselben  Eigenschaften 
charakterisirt  wie  in  den  Contactgesteinen  des  Tonalits.  Bemer- 
kenswerth  ist  hier  die  ausserordentlich  grosse  Zahl  von  recht- 
eckigen, quadratischen  und  sechsseitigen  Durchschnitten,  die  in- 
derselben  Art  und  Weise,  wie  es  in  den  Cordierit -Contactf eisen 
der  Foppa  beobachtet  wurde,  in  grössere,  ganz  unregelmässig 
gestaltete  Quarzindividuen  hineinragen.  Die  Krystallisation  des 
Cordierits  ging  demnach  auch  hier  der  des  Quarzes  voran.  Gar 
nicht  selten  besitzen  seine  Körner  nur  sehr  geringe  Dimensionen 
und  sind  dann  dem  Quarz  in  einer  ausserordentlich  auffallenden 
und  eigenthümlichen  Weise  eingelagert.  Sie  bilden  nämlich  in 
diesem  in  Folge  ihrer  geringen  Dimensionen  und  ihrer  grossen 
Zahl  ein  förmliches  Pflaster  kleiner,  farbloser,  dem  umhüllenden 
Minei*al  in  Bezug  auf  Lichtbrechung  sehr  nahe  stehender  Körn- 
chen,   die  auf  den    ersten  Blick  gar  nichts  mit  Cordierit  gemein 


)39 


zu  haben  scheinen.  Betrachtet  man  sie  aber,  womöglich  bei 
stärkerer  Vergrösserung  eins  nach  dem  andern,  so  erkennt  man, 
dass  sie  recht  oft  ganz  dieselben  regelmässigen  Formen  besitzen, 
wie  die  grösseren  Cordieritkrystalle.  Ferner  sind  sie  bisweilen 
mit  diesen  durch  alle  möglichen  Zwischenstufen  in  der  Grössen- 
entwicklung  verbunden  und  stimmen  auch  in  Präparaten,  die  aus 
nicht  mehr  ganz  frischen  Gesteinsstücken  angefertigt  sind,  in  der 
Art  der  Zersetzung  so  vollständig  mit  ihnen  überein,  dass  man 
an  ihrer  Identität  nicht  zweifeln  kann.  Die  Dimensionen  der 
Cordicritkörner  schwanken  demnach  zwischen  0,01  und  0.5  mm. 
Auffällig  ist  ihre  Reinheit.  Nur  ausserordentlich  selten  um- 
schliessen  sie  kleine  Biotitblättchen.  Die  Zahl  der  Zirkonkrj^stalle 
im  Cordierit  und  der  mit  diesen  verbundenen  pleochroitischen 
Höfe  ist  nicht  gross. 

Der  Biotit  tritt  gleichfalls  in  einer  ganz  eigenthümlichen 
Ausbildungsweise  auf.  die  sich  sehr  auffällig  von  der  in  normalen 
Gesteinen  der  archäischen  Formationen  beobachteten  unterscheidet, 
andererseits  aber  auch  weder  mit  der  in  den  Foppa  -  Contact- 
gesteinen,  noch  mit  der  in  den  umgewandelten  Quarzphylliten  ge- 
schilderten übereinstimmt.  Er  findet  sich  nämlich  in  ganz  aus- 
gezeichnet hexagonal  umrandeten  Blättchen  von  0,3  bis  0.4  mm 
Durchmesser.  Dieselben  sind  entweder  gleichmässig  durch  das 
Gestein  verstreut  oder  an  einzelnen  Stellen  besonders  dicht  an- 
gehäuft. Dabei  liegen  sie  stets  ganz  richtungslos  kreuz  und  quer 
durch  einander.  Bei  eintretender  Zersetzung  verliert  der  Biotit 
allmählich  seine  dunkle  Farbe  und  geht  schliesslich  in  eine  farb- 
lose, äusserlich  dem  Muscovit  ähnliche  Substanz  über.  Damit 
verbunden  ist  die  Ausscheidung  von  Rutil  in  auffällig  grossen 
Mengen.  Obwohl  diese  Erscheinung  zur  Genüge  bekannt  ist, 
verdient  sie  doch  in  der  Ausbildungsweise,  wie  sie  hier  vorliegt, 
ein  gewisses  Interesse.  In  manchen  Präparaten,  in  denen  der 
Cordierit  bereits  von  der  Zersetzung  ergriffen  ist,  erscheint  der 
Glimmer  noch  ganz  frisch,  tief  braun  gefärbt  und  ohne  jede  Spur 
von  fremden  Einlagerungen.  In  anderen  dagegen,  in  denen  die 
umwandelnden  Processe  offenbar  schon  stärker  fortgeschritten  sind, 
besitzt  er  zwar  noch  ziemlich  lebhaft  braune  Farbe,  aber  man 
nimmt  doch  schon  in  den  meisten  Blättern  das  Vorhandensein 
winziger,  dunkler,  schwarzer  Nädelchen  wahr.  Gar  nicht  selten 
sind  diese  am  Rande  des  Krystalls  so  ausserordentlich  zahlreich, 
dass  in  der  äussersten  schmalen  Zone  die  Glimmersubstanz  im 
Verhältniss  zu  ihnen  fast  ganz  verschwindet.  Aus  diesem  schwar- 
zen Rand  reichen  dann  einzelne  Nädelchen  weiter  in  das  Innere 
hinein.     Nur  ausnahmsweise  aber  finden  sie  sich  in  solchen  Prä- 

36* 


)40 


paraten  auch  schon  in  dem  Centrum  der  Krystallc  in  grösserer 
Zahl.  Auf  dieses  Stadium  der  Zersetzung  folgt  ein  neues,  in 
dem  die  Bleichuiig  des  Glimmers  und  das  damit  eng  zusammen- 
gehörige Verschwinden  des  Pleochroisnms  sehr  augenfällig  wird. 
Gleichzeitig  ninnnt  die  Zahl  der  Rutil-Nädelchen  erheblich  zu. 
Sie  bilden  ausserordentlich  zarte,  dichte  Gewebe  und  erfüllen  die 
Krystalle  ganz  und  gar.  Andererseits  beginnt  aber  auch  die 
Stärke  der  einzelnen  Nadeln  zu  wachsen.  Ja,  man  findet  ver- 
einzelt schon  kurze  Säulchen,  die  0.03  mm  Breite  bei  etwa 
0,08  mm  Länge  besitzen  und  mit  den  feinen  Nädelchen  durch 
alle  möglichen  Zwischenstufen  in  der  Grösse  verbunden  sind.  In 
denselben  Präparaten  beobachtet  man.  aber  noch  ausnahmsweise 
einzelne  Biotitblättchen,  die  von  Quarz  umhüllt  und  so  gegen  die 
Einwirkung  der  zersetzenden  Agentien  geschützt,  keine  oder  nur 
äusserst  geringe  Spuren  von  Umrandung  aufweisen.  Sie  sind  tief 
braun  gefärbt,  stark  pleochroitisch  und  entweder  ganz  frei  von 
Rutilnädelchen,  oder  doch  auffallend  arm  an  diesen  Die  secun- 
däre  Natur  des  Rutils  ist  dadurch  ganz  zweifellos  erwiesen. 
In  dem  allerletzten  Stadium  ist  der  Biotit  vollkommen  gebleicht. 
Die  Titansäure  hat  dann  oft  bereits  einen  Transport  erlitten,  so 
dass  man  sehr  grosse,  über  0.1  mm  Länge  erreichende  und  fast 
0,1  mm  breite  Körner  von  Rutil  auch  anderweitig  in  dem  Gestein 
verstreut  sieht.  Auch  in  den  ehemaligen  Biotitlamellen  sind  die 
vorher  verbreiteren  Gewebe  feiner  Rutil  -  Nädelchen  meist  ver- 
schwunden und  haben  grösseren  Krystallen  und  Körnern  desselben 
Minerals  Platz  gemacht.  An  diesen  kann  man  nun  die  charakte- 
ristischen Eigenschaften  des  Rutils  ganz  deutlich  wahrnehmen. 
Die  Lichtbrechung  ist  ausserordentlich  stark  und  lebhaft.  Die 
Farbe  schwankt  je  nach  der  Dicke  des  betreuenden  Krystalls 
zwischen  klar  goldgelb  und  trüb  gelblich  braunroth  und  gewährt 
ein  sehr  bequemes  Unterschcidungsmittel  gegenüber  dem  in  den- 
selben Präparaten  überall  zu  beobachtenden  farblosen  Zirkon. 
Bemerkenswerther  Weise  sind  nun  die  Nadehi  und  Krystalle 
dieses  secundären  Rutils  sowohl  dort ,  wo  sie  in  grösserer 
Zahl  dichte  Gewebe  zusammensetzen,  wie  dort,  wo  säulenför- 
mige Krystalle  in  kleiner  Zahl ,  ohne  einander  zu  berühren, 
in  den  zersetzten  Glimmerblättern  liegen,  ausserordentlich  häufig 
zu  regelmässigen,  in  basischen  Schnitten  einander  unter  60" 
schneidenden  Systemen  angeordnet.  Da  nun  Zwillingsverwach- 
sungen so  gut  wie  gar  nicht  beobachtet  wui-den,  und  nicht  selten 
auch  frei  und  vereinzelt  liegende  Krystalle  dieselbe  Anordimngs- 
weise  erkennen  lassen,  so  hat  hier  unzweifelhaft  der  in  Zersetzung 
begriffene  Glimmer    auf    die    in  Form    von    Rutil    ausgeschiedene 


541 


Titansäure  eine  richten  de  Kraft  ausgeübt').  Allerdings  darf  nicht 
unerwähnt  bleiben,  dass  dieselbe  nicht  in  allen  Blättern  des  Biotits 
und  nicht  an  allen  Stellen  derselben  in  gleicher  Stärke  gewirkt 
hat.  Denn  man  beobachtet  in  manchen  Blättern  auch  ziemlich 
unregelmässigc  Lagerung  der  Rutilnadeln,  und  ferner  scheint  die 
Anordnung  der  kleinen  Nädelchen  in  der  äussersten  oben  be- 
schriebenen, an  sehr  vielen  Krystallen  deutlich  ausgebildeten  Rand- 
zone um  sehr  viel  regelloser  zu  sein  als  in  dem  Innern. 

Der  Quarz  tritt  ganz  in  der  Ausbildungsweise  auf.  die  er 
in  den  Contactfelsen  der  Foppa  hat,  d.  h.  in  grossen,  ganz  un- 
regelmässig gestalteten  Individuen,  welche  die  Zwischenräume  zwi- 
schen den  Cordieritkrystallen  ausfüllen.  Flüssigkeitseinschlüsse 
sind,   wenigstens  in  kleiner  Zahl,   vorhanden. 

Plagioklas  wurde  nur  in  vereizelten  Präparaten  beobachtet. 
In  Bezug  auf  Gestaltung  gilt  auch  von  ihm  das  eben  vom  Quarz 
Gesagte. 

Der  Apatit  hat  ganz  dieselbe  Ausbildungsweise  Avie  in  den 
Contactgesteinen  der  Foppa;  doch  ist  seine  Menge  hier  auffallend 
gross.  —  Ueber  den  Zirkon  und  die  spärlichen  opaken  Eisen- 
erzkörnchen ist  nichts  zu  sagen. 

Eine  Zusammenstellung  all'  der  Contactgesteine  des  Moja- 
diorits  dürfte  unnöthig  sein,  da  dieselben  bereits  bei  der  Schil- 
derung ihrer  geologischen  Beziehungen  sehr  ausführlich  besprochen 
wurden. 

lil.    Eruptivgesteine. 

Die  mir  bekannt  gewordenen  Eruptivgesteine  des  Aviölo- 
gebietes  treten  theils  in  Form  von  Stöcken,  theils  als  Gänge  auf. 
Die  erstcre  Gruppe  hat  nur  zwei  Vertreter,  nämlich  den  Tonalit  und 
den  hornblendefreien  Quarz-Glimmer-Diorit  des  Val  Moja.  Der  zwei- 
ten gehören  20  verschiedene,  anstehend  aufgefundene  Vorkommen 
an.  Eines  von  diesen  wurde  im  Tonalit  beobachtet,  die  anderen 
treten  sämmtlich  im  Schiefergebirge  auf.  Ihre  porphyrische 
Structur  und  der  trikline  Charakter  des  in  ihnen  dominirenden 
Feldspaths  kennzeichnen  sie.  Avie  bereits  hervorgehoben,  als  Por- 
phyrite. 


^)  Es  ist  dies  demnach  der  aucli  von  \.  Cathrein  (Neues  Jahr- 
buch f.  Min.  etc.,  1888,  Bd.  II,  p.  151  — 165)  als  möglich  zugegebene, 
wenn  auch  für  unwahrscheinlich  gehaltene  Fall,  dass  „eine  krystallo- 
grapliische  Orieniirunß-  von  Seiten  des  Glimmers  auf  die  sich  ausschei- 
denden Rutilkryställchen"  stattgefunden  hat. 


542 

Als  Stöcke  auftretende  Gesteine. 

1.     Tonalit. 

Eine  genaue  makroskopische  Schilderung  dieses  Gesteins  ist 
unnöthig.  Man  vergleiche  darüber  besonders  die  grundlegende 
und  mustergültige  Arbeit  Gerhard  vom  Rath's  und  die  späteren 
Arbeiten  Baltzer's.  Der  Tonalit  des  Monte  Aviolo  unterscheidet 
sich  nicht  wesentlich  von  dem  der  übrigen  Adamellogruppe;  den- 
noch mögen  die  beobachteten  Varietäten  hier  kurz  Erwähnung 
finden,  da  einige  unter  ihnen  ein  gewisses  Interesse  verdienen. 
Das  normale  und  am  weitesten  vcibreitete  Gestein  ist  der  typische, 
liornblendereiche  Quarz  -  Glinmier  -  Diorit .  wie  ihn  Gerhard  vom 
Rath  auf  dem  Passo  Tonale  fand.  Hornblende  und  Glimmer 
treten  darin  in  ziemlich  gleichen  Mengen  auf.  Das  erstere  Mi- 
neral findet  sich  mitunter  in  langen,  schmalen  Säulchen,  die  sich 
gern  mehr  oder  Aveniger  parallel  richten  und  dann  eine  Art  ma- 
kroskopischer Fluidalstructur  erzeugen.  Doch  ist  diese  Erschei- 
]mng  stets  nur  auf  wenige  Quadratdecimetei-  der  Oberfläche  des 
Gesteins  beschränkt.  (In  der  Foppa  stellenweise  an  den  Wänden 
des  Thalschlusses.)  Durch  Vermehrung  des  Glimmer-  und  Horn- 
blendegehaltes und  Zurücktreten  von  Quai-z  und  Feldspath  werden 
sehr  dunkel  gefärbte  Varietäten  hervorgebracht;  andererseits  aber 
kann  bei  normal  bleibender  Glimmermenge  die  Hornblende  immer 
mehr  zurücktreten,  bis  schliesslich  ganz  hornblendefreie  Tonalit- 
abänderungen  entstehen.  Dieselben  sind  in  der  Foppa  ziemlich 
weit  verbreitet,  und  es  ist  demnach  nicht  richtig,  dass  der  Tonalit 
innner  durch  einen  Hornblendegehalt  ausgezeichnet  sei.  Eine 
umgekehrt  nur  Hornblende  führende,  glimmerfreie  Varietät  scheint 
dagegen  nirgends  vorzul^ommen ,  wenn  auch  oft  genug  die  Horn- 
bleiide  sehr  stark  den  Glimmer  überwiegt.  Am  meisten  Interesse 
imter  allen  Abarten  des  Tonalits  verdient  wohl  die  bereits  be- 
sprochene granatreiche  Varietät,  die  aus  den  oben  angeführten 
Gründen  wenigstens  in  der  Foppa  mit  Sicherheit  als  eine  „endo- 
gene Contact-Modification"  aufzufassen  ist.  Ob  dieselbe  auch  in 
anderen  Theilen  der  Adamellogruppe  eine  grössere  Verbreitung 
besitzt,  das  ist  zweifelhaft.  Es  spricht  dafür  eine  Angabe  von 
FiNKELSTEiN  (1.  c. ,  p.  315)  Über  das  Auftreten  von  Granat  im 
Tonalit  des  Monte  Frerone  in  der  Nähe  des  Contactes  mit  den 
Triasschichten.  Dennoch  ist  es  durchaus  nicht  ausgeschlossen, 
dass  Granaten  im  Tonalit  als  accessorische  Gemengtheile  auf- 
treten könnten,  ohne  dass  eine  stoffliche  Beeinflussung  des  letz- 
teren durch  den  Contact  mit  dem  Nebengestein  die  Ursache  ihrer 
Entstehung  zu  sein  brauchte.  Ueber  die  Art  und  Weise  des 
Auftretens    der  von  Curioni  und  Lepsius   erwähnten   Granat  füh- 


54- 


reudcii  Toiialit-Variotäton .  ist  Genaueres  bisher  nicht  niitgetheilt 
worden.  Bezüglich  der  Fundorte  solcher  Gesteine  in  der  Foppa 
möchte  ich  angeben,  dass  der  eine  ganz  leicht  zu  erreichen  und 
den  Einwohnern  des  Hauptthaies  unter  dem  Namen  ^il  buco  delle 
Granate'-  wohl  bekannt^)  ist.  Die  Grösse  der  Granaten  schwankt 
im  Allgemeinen  zwischen  wenigen  Millimetern  und  einem  Centi- 
meter.  Sie  haben  bräunlich  rothe  Farbe  und  sind  ausserordent- 
lich scharf  krystallisirt.  Gewöhnlich  lassen  sie  nur  die  Flächen 
eines  Ikositetraeders  erkennen.  In  den  Varietäten  aber,  welche 
ich  auf  den  beiden  seitlichen  Gehängen  der  Foppa  autt'and,  ist 
neben  dem  vorwaltenden  Ikositetraeder  auch  noch  das  lihomben- 
dodekaeder  und  ein  Hexakisoktaeder  ausgebildet.  Die  winzigen 
Flächen  dieses  letzteren  stumpfen  die  Combinationskanten  der 
beiden  anderen  Formen  gerade  ab ,  gehören  also  der  Form 
30^/2  (3  21)  an.  Mit  den  Granaten  zusammen  liegen  an  dem 
erstgenannten  Fundort  sehr  zahlreiche  grosse ,  braun  -  schwarze 
Glimmerkrvstalle.  die  nach  der  c-Axe  säulenförmig  ausgebildet 
sind.  Sie  erreichen  mitunter  fast  1  cm  Durchmesser.  Dagegen 
ist  in  den  granatreichen  Varietäten  der  beiden  Abhänge  die  Be- 
theiligung des  Glinnners  nicht  stärker  als  in  dem  normalen  To- 
nalit.  U.  d.  M.  ^)  erkennt  man  ausser  den  schon  dem  unbewaffneten 
Auge  sichtbaren  Gemengtheilen  noch  Magnetit.  Zirkon,  Apatit. 
Titanit^).  Orthit  habe  ich  niemals  gefunden.  Spinell  nur  als 
Einschluss  in  dem  Feldspath  des  Granat  führenden  Tonalits. 
Dort  ist  er  aber  wahrscheinlich  gar  nicht  ein  diesem  eigenthüm- 
licher  Gemengtheil,  sondern  nur  ein  nicht  mit  eingeschmolzener 
Rest  des  spinellreichen  Cordieritgesteins'^).  —  Von  allen  Ge- 
mengtheilen sind  die  accessorischen:  Zirkon.  Magnetit,  Apatit, 
Titanit  am  wenigsten  in  ihrer  Formentwicklung  gestört.  Von 
den  übi'igen  Gemengtheilen  sind  im  Allgemeinen  Hornblende  und 
Glimmer  früher  ausgeschieden  als  der  Feldspath,  und  dieser 
wieder  früher  als  der  Quarz.  Der  letztere  umschliesst  alle  an- 
deren Mineralien,  die  mit  ihm  zusammen  vorkommen.  In  man- 
chen  Varietäten,    in  welchen   die  Hornblende    auffällig  grosse,   bis 


')  Auf  diese  Stelle  bezieht  sich  jedenfalls  die  von  C'urioni  (Ri- 
cerche,  1873,  p.  348)  gegebene  Notiz,  dass  „östlich  von  Mü  in  dem 
Val  Camonica"  Granaten  im  Tonalit  vorkäiueii. 

^)  Eine  genaue  mikroskopische  Beschreibung  des  Tonalits  ist  mei- 
nes Wissens  noch  nicht  gegeben  worden.  Man  vergl.  übrigens  Rosen- 
busch, Mikr.  Physiogr. ,  II,  p.  118,  wo  auch  bereits  die  Vermutbnng 
ausgesprochen  ist,  dass  der  Granat  durch  den  Contact  bedingt  sei. 

^)  Nach  C-ATHREiN  auch  Pyrit. 

*)  Leider  geht  aus  der  Notiz  von  v.  Chhoustschoff  nicht  hervor, 
woher  die  vou  ihm  untersuchte  und  Spinell  führende  Tonalit- Art 
stammt,  und  wie  sie  sonst  zusammengesetzt  war. 


544 


2  cm  lange  Krystalle  bildet,  umhüllt  sie  nicht  nur  die  accesso- 
rischen  Geniengtheile ,  sondern  auch  Glimmer  und  selbst  Feld- 
spath,  ist  also  jünger  als  dieser. 

Allerdings  sind  bei  dem  Feldspat h  ganz  besondere 
Verhältnisse  zu  berücksichtigen.  Er  zeigt  nämlich  jene  eigen- 
thümliche ,  zuerst  von  Höpfner  \)  und  Törnebohm  ^)  aufge- 
fundene, später  so  vielfach  beobachtete  Erscheinung  des  Auf- 
baues aus  isomorphen  Schichten  von  verschiedener  und  zwar 
nach  dem  Rande  hin  zunehmender  Acidität.  Die  Auslöschungs- 
schiefe ist  in  den  äusseren  Partieen  viel  geringer  als  in  den 
inneren,  nimmt  aber  so  allmählich  zu,  dass  das  Maximum  der 
Dunkelheit  beim  Drehen  des  Objecttisches  ganz  continuirlich 
über  den  Krystall  hinwegzugleiten  scheint.  Die  zuerst  ausge- 
schiedene Feldspathsubstanz.  die  jetzt  den  Kern  der  Krystalle 
bildet,  weicht  in  einzelnen  Schnitten  um  fast  SC*  in  der  Aus- 
löschungsschiefe von  der  äussersten  Randzone  ab  und  ist  jeden- 
falls viel  kalkreicher  als  diese,  da  sie  auch  von  der  Zersetzung 
rascher  ergriffen  wird.  Sehr  häufig  beobachtet  man  das  Centrum 
der  Krystalle  bereits  völlig  getrübt,  obwohl  ihre  peripherischen 
Schichten  noch  ganz  frisch  erscheinen.  Im  engsten  Zusammen- 
hang damit  steht  die  Erscheinung,  dass  die  inneren  Zonen  der 
Feldspathkrystalle  oft  ganz  ungestört  ausgebildet  sind,  während 
die  äusseren,  deren  Krystallisation  schon  mit  der  Festwerdung 
des  Quarzes  zusammenfiel,  sich  mit  diesem  gegenseitig  in  der 
Formentwicklung  hinderten  und  nun  mit  ihren  zackigen  Umrissen 
in  einem  auffallenden  Gegensatz  zu  dem  geradlinigen  Verlauf  der 
inneren  Zonengrenzen  stehen.  Zu  bemerken  ist  noch,  dass  der 
P'eldspath  fast  stets  polysynthetische  Verzwillingung  nach  dem 
Albitgesetz  aufweist.  Wo  dieselbe  fehlt,  dürfte  man  es  dennoch 
nicht  mit  Orthoklas-,  sondern  mit  Plagioklaskrystallen,  die  pa- 
rallel der  Zwillingsebene  geschnitten  sind,  zu  tliun  haben.  Ver- 
zwillingung nach  dem  Periklingesetz  kommt  nicht  häufig  daneben 
vor.  Aus  dem  Gesagten  ergiebt  sich,  dass  der  Feldspath  des 
Tonalits  überhaupt  kein  bestimmtes  Glied  in  der  Plagioklasreihe 
darstellt  und  dass  daher  die  von  Gerhard  vom  Rath  (1.  c.)  aus- 
geführte Analyse  nicht  die  Zusammensetzung  eines  solchen  ergeben 
konnte,  sondern  nur  einen  Mittelwerth  der  Zusammensetzungen 
sämmtlicher  in  dem  Tonalit  auftretenden  Plagioklase.  —  Dass 
der  Feldspath  die  accessorischen  Gemengtlieile,  sowie  Hoi'nblende 
und  Glinnner    gelegentlich   umhüllt,    ist    bereits    erwähnt  worden. 


^)  Neues  Jahrbuch  für  Mineralogie  etc.,   1881,  II,  p.  164.     lieber 
das  Gestein  des  Monte  Tajunihina  in  Peru. 
'')  Ebemla,  JS77,  p.  ^92. 


545 


Auch  Flüssigkeitseinsclilüsse  mit  beweglichen  Lamellen  wurden  in 
ihm  beobachtet.  In  vereinzelten  Fällen  sah  ich  granophyrische  Ver- 
wachsung von  polysynthetisch  verwillingtem  Plagioklas  und  Quarz. 

Bei  dem  Quarz  möchte  ich  nur  hervorheben,  dass  die 
haarförmigen  Mikrolithen.  die  von  Rosenbusch  (1.  c.)  in  ihm 
beobachtet  wurden,  jedenfalls  nicht  überall  vorkommen.  We- 
nigstens konnte  ich  sie  in  den  Präparaten  von  dem  Tonalit  des 
Monte  Aviölo,  selbst  bei  sehr  starker  Vergrösserung,  nicht  erkennen. 

Der  Glimmer  besitzt  den  bekannten  starken  Pleochroisraus 
zwischen  hell  strohgelb  und  tief  braun.  Der  Winkel  der  optischen 
Axen  ist  nur  sehr  klein;  die  Axenebene  geht  der  Symmetrieebene 
parallel. 

Die  Hornblende  wird  stets  mit  grünen  Farbentönen 
durchsichtig^).  Die  Intensität  der  Färbung  ist  bei  annähernd 
gleicher  Dicke  der  Präparate  in  den  Hornblenden  verschiedener 
Fundorte  mitunter  sehr  verschieden.  Ihr  Pleochroismus  ist  in 
manchen  Vorkommen  nicht  sehr  stark.  Sowohl  die  Hornblende 
wie  der  Glimmer  liefern  bei  eintretender  Zersetzung  als  Haupt- 
product  Chlorit,  daneben  aber  auch  sehr  vielfach  Epidot.  Letz- 
terer bleibt  entweder  mit  dem  Chlorit  zusammen  an  der  Stelle 
des  zersetzten  Krystalls  oder  er  siedelt  sich  auf  Spältchen  des 
Gesteins  an.  Im  Allgemeinen  bildet  er  kleine  und  grössere  Körn- 
chen, mitunter  aber  tritt  er  in  garbenförmigen ,  aus  einzelnen 
Krystallstrahlen  zusammengesetzten  Gebilden  auf. 

Von  accessorischen  Gemengtheilen  verdient  nur  der  Granat 
noch  Erwähnung.  Er  wird  mit  blass  rosarother  Farbe  durch- 
sichtig, hebt  sich  durch  seine  starke  Lichtbrechung  von  den  um- 
liegenden Gesteinspartieen  ab  und  umsclüiesst  zahlreiche,  farblose 
Mineralpartikel ,  hauptsächlich  wohl  Quarz.  Zwischen  gekreuzten 
Nicols  bleibt  er  dunkel.  —  Auch  einige  von  den  bekannten,  sphä- 
roidalen,  dunklen  Körpern,  welche  sich  im  Tonalit  so  häutig 
finden  und  von  Reyer  (1.  c,  p.  421)  den  drastischen,  aber  charak- 
teristischen Namen  „Schlierenknödel"  erhalten  haben,  waxrden  der 
mikroskopischen  ITijtersuchung  unterworfen.  Es  ergab  sich  dabei 
nur,  dass,  wie  vorauszusehen,  diese  Körper  hauptsächlich  aus  den 
basischeren  Mineralien,  nämlich  Hornblende  und  Glimmer,  zusam- 
mengesetzt sind.  Feldspat!)  ist  gewöhnlich  noch  in  ziemlichen 
Mengen  vorhanden,  Quarz  dagegen  fast  gar  nicht.  Mitunter  ent- 
halten sie  sehr  viel  Apatit.  Auch  die  übrigen  accessorischen  Ge- 
mengtheile  Titanit,   Zirkon  und  Magnetit  wurden  darin  beobachtet. 


*)  Wenigstens  in  all'  den  von  mir  untersuchten  Präparaten.  Ro- 
senbusch, Mikr.  Physiogr.,  Bd.  I,  p.  468,  sagt  dagegen:  „Die  gemeine 
Hornblende  erscheint  tief  braun  bis  braun-roth  im  Tonalit". 


546 


Die  Zahl  der  ..SchliereukiUHlel-'  ist  in  der  Foppa  nur  klein. 
Eine  parallele  Anordnung,  wie  sie  Reyer  beschreibt,  habe  ich 
nicht  wahrnehmen  köiuien.  Jedenfalls  sind  sie  frülier  als  die 
Hauptmasse  des  Tonalits  erstarrt.  Im  Gegensatz  zu  ihnen  stehen 
die  eigenthümlichen  weissen,  feinkörnigen  Gebilde,  die  Revek 
gleichfalls  im  Tonalit  der  südöstlichen  Adamellogruppe  beobachtet 
und  als  ., Kluft blätter"  bezeichnet  hat.  Ich  kann  dem.  was  er 
über  ihre  Genesis  sagt,  nur  beipflicliteii  ^).  Makroskopisch  sind 
sie  deutlich  von  dem  Nebengestein  abgegrenzt  und  bilden  schmale, 
gangähnliche  Partieen  in  dem  normalen  Tonalit;  indessen  erkennt 
man  bei  genauerer  Betrachtung,  besonders  mit  der  Lupe,  dass 
die  Grenze  keine  so  scliarfe  ist  wie  bei  echten  Gängen.  Auch 
diese  Kluftblätter  haben  in  der  Foppa  nicht  annähernd  die  Ver- 
breitung, wie  in  den  von  Reyer  besuchten  Gebieten.  In  den 
mikroskopischen  Präparaten,  die  aus  ihrem  Gestein  angefertigt 
wurden,  fanden  sich  als  wesentliche  Gemengtheile  Feldspath  und 
zwar  gestreifter  und  ungestreifter,  sehr  viel  Quarz,  sehr  wenig 
Biotit,  aber  viel  offenbar  primärer  Muscovit.  Hornblende  fehlt 
ganz.  In  seiner  Strnctur  unterscheidet  sich  das  Gestein  insofern 
etwas  vom  Tonalit,  als  hier  mitunter  zahlreiche  kleine  Körner 
von  Quarz  und  ungestreiftem  Feldspath  eine  Art  Teig  bilden,  in 
der  die  grösseren,  aber  unregelmässig  umgrenzten  (Juarz-  und 
Plagioklas  -  Individuen  eingebettet  sind.  Der  Plagioklas  stimmt 
ganz  genau  mit  dem  des  Tonalits  überein,  ist  aber  hier  viel 
reiner  und  lässt  die  Erscheinung  des  Aufbaues  aus  isomorphen, 
allmählich  in  einander  übergehenden  Schichten  in  Folge  dessen 
noch   schöner  erkennen. 

2.    Der  horiiblendefreie  Quarz  -  Glimmer- Diorit  des 
Val  Mo  ja. 

Dieser  Diorit  ist  ein  granitisch  aussehendes,  kleinkörniges, 
holokrystallines  Gestein,  in  dem  man  mit  unbewaffnetem  Auge 
schwarz-braunen  Biotit,  grau-weissen  Quarz  und  weissen  Feldspath 
unterscheidet.  U.  d.  M.  erkennt  man  ausser  diesen  Mineralien 
noch  Apatit,  Magnetit,  Zirkon,  Titanit  als  accessorische  Gemeng- 
theile. Feldspath  und  Quarz  herrsclien  vor  und  sind  in  ziemlich 
gleichen  Mengen  vorhanden. 

Der  Feldspath  scheint  mit  dem  im  Tonalit  gefundenen 
und  bereits  ausführlich  beschriebenen  Plagioklas  völlig  identisch 
zu  sein.       Er  ist  fast   stets  polysynthetisch  verzwillingt  und  zeigt 


*)  1.  c,  p.  428:  „Es  macht  entschieden  den  Eiiulruck,  als  ob  aus 
einer  Masse,  in  welcher  noch  einige  Gemengtheile  beweglich  waren, 
gerade  diese  in  die  entstandenen  Klüfte  vorgeschoben  (ausgeschwitzt) 
worden  seien." 


547 


ebenso  wie  jener  das  Phänomen  des  Aufbaues  aus.  isomorphen, 
chemisch  verschiedenen  Schichten  mit  all'  den  damit  verbundenen 
Nebenerscheinungen.  Die  Differenz  in  den  Auslöschungsschiefen 
der  basischen  Kerne  und  der  äussersten  Zonen  beträgt  auch  hier 
mitunter  80^.  Weitere  Einzelheiten  brauchen  nicht  angeführt  zu 
werden,  weil  das  für  den  Feldspath  des  Tonalits  Gesagte  Wort 
für  Wort  Geltung  hat. 

Auch  von  dem  Quarz  ist  wenig  zu  berichten.  Seine  Aus- 
scheidung fiel,  wie  im  Tonalit,  mit  der  der  äussersten  Feldspath- 
zonen  zusammen.  Infolgedessen  störte  er  diese  in  der  Forment- 
wicklung. Als  Einschlüsse  beobachtet  man  in  dem  Quarz  die 
accessorischen  Gemengtheile.  ferner  Glimmer  und  Feldspath.  End- 
lich umhüllt  er  auch  noch  zahlreiche  Flüssigkeitseinschlüsse  mit 
zum  Theil  beweglichen  Libellen. 

Der  Biotit  t.iitt  in  grossen,  unregelmässig  begrenzten  Lamellen 
auf.  Sein  Pleochroismus  ist  stark;  sein  Farbenwechsel  bewegt  sich 
zwisclien  licht  bräunlich  gelb  und  tief  braun.  Bei  eintretender 
Zersetzung  wird  er  zuerst  gebleicht,  geht  dann  in  faserige,  chlo- 
ritische  Massen  über  und  scheidet  hierbei  mitunter  spärliche 
Kutil  -  Nädelchen  aus. 

Der  Zirkon  findet  sich  in  ausgezeichnet  scharf  ausgebildeten 
Kryställchen .  die  von  Pyramideniiächen  begrenzt  und  nicht  selten 
parallel  OP  abgesondert  sind.  Apatit  tritt  in  langen,  farblosen 
Nadeln,  Titanit  in  schwach  röthlich  gefärbten  Krystallen,  Mag- 
netit in  unregelmässigen,   opaken  Körnern  auf. 

Wir  haben  nun  dies  Gestein  sowohl  in  seinen  geolo- 
gischen Beziehungen  wie  seinem  petrographischen  Charakter  nach 
kennen  gelernt.  Ich  möchte  daher  jetzt  kurz  auf  eine  Frage 
eingehen,  welche  sich  mir  bei  seiner  Untersuchung  aufdrängte. 
Denkt  man  nämlich  daran,  dass  der  Mojadioritstock  nur  etwa 
2  Kilom.  von  dem  Tonalit  entfernt  ist,  dass  beide  Gesteine  zu 
dem  Quarz-Glimmer  Diorit  zu  rechnen  sind  und  beide  eine  Con- 
tactmetaraorphose  der  benachbnrten  Schiefer  bewirkt  haben,  dass 
endlich  die  durchgreifende  Lagerung  des  Tonalits  mit  Sicherheit 
constatirt  wurde,  so  wird  man  die  Möglichkeit  nicht  ohne  Wei- 
teres von  der  Hand  weisen  wollen,  dass  der  Mojadioritstock 
vielleicht  nichts  anderes  sei  als  eine  mächtige  Apophyse  des  To- 
nalits. Die  drei  folgenden  Gründe  scheinen  mir  indessen  dagegen 
zu  sprechen:  1.  Der  Mojadiorit  ist  ganz  hornblendefrei.  2.  Er 
besitzt  niemals  die  für  den  Tonalit  so  charakteristischen,  sphä- 
roidalen.  wesentlich  aus  den  basischen  Gemengtheilen  des  Eruptiv- 
gesteins zusammengesetzten  Körper.  3.  Da  die  zur  Beobachtung 
gelangten,  z.  Th.  noch  nicht  1  m  breiten  Gänge  von  Tonalit  die- 
selbe   grobkörnige  Structur    besitzen   wie    die  Hauptmasse    dieses 


548 


Gesteins,  so  würde  man  das  auch  von  einer  Apophyse  von  der 
Mächtigkeit,  wie  sie  der  Mojadioritstock  besitzt,  erwarten.  In- 
dessen erreichen  aber  die  Körner  der  einzelnen  Gemengtheilc 
niemals  wesentlich  mehr  als  1  mm  im  Durchmesser,  gewöhnlich 
noch  weniger,  stehen  also  hinter  der  Grösse  der  tonalitischen 
Gemengtheilc  erheblich  zurück.  —  Aus  den  angeführten  drei 
Gründen  halte  ich  es  für  wahrscheinlich,  dass  der  Mojadiorit 
nicht  in  Beziehungen  zu  dem  Tonalit  steht,  sondern  als  ein  von 
diesem  unabhängiges  Eruptivgestein  aufzufassen  ist. 

Porphyrite. 

Aus  mehreren  Gründen  habe  ich  darauf  verzichtet,  schon 
jetzt  eine  eingehende  petrographischo  Beschreibung  der  hierher 
gehörigen  Gesteine  zu  geben.  Erstens  nämlich  war  es  bei  einem 
erheblichen  Theil  derselben  unmöglich,  auch  nur  halbwegs  frische 
Stücke  zu  erlangen.  Zweitens  glaube  ich.  dass  derartige  Unter- 
suchungen von  Eruptivgesteinen  nur  dann  zu  allgemeineren  Resul- 
taten führen  können,  wenn  der  Bearbeitung  ein  viel  umfangrei- 
cheres Material  zu  Grunde  liegt  als  das  in  diesem  Fall  zur 
Verfügung  stehende,  zumal  da  die  porphyrischen  Eruptivgesteine 
des  Aviölogebietes  sehr  verschiedenen  Gruppen  der  Porphyrit- 
familie  angehören.  Endlich  ist  die  geologische  Stellung  der  Ge- 
steine dieser  Gruppe  in  unserem  Fall  eine  derartige,  dass  selbst 
das  gänzliche  Fehlen  einer  petrographischen  Beschreibung  der- 
selben das  geologische  Bild  des  betreffenden  Gebirgstheiles  kaum 
wesentlich  stören  würde.  Ich  werde  mich  daher  im  Folgenden 
darauf  beschränken,  einen  üeberblick  über  ihre  Struetur  und 
mineralogische  Zusammensetzung  zu  geben,  ohne  auf  irgend  welche 
specielleren  Einzelheiten  einzugehen. 

Die  20  von  mir  gesammelten  Vorkommen  gehören  den  drei 
Gruppen  der  Quarz-Glimmer-Porphyiite,  der  Hornblende-PorphjTite 
und  der  Augit-  bezw.  Üralit-Porphyrite  an.  Diese  verschiedenen 
Gruppen  sind  indessen  nicht  scharf  von  einander  getrennt,  son- 
dern durch  Uebergänge  verbunden.  Sie  wurden  ihrerseits  wieder 
der  Uebersichtlichkeit  halber  in  Unterabtheilungen  von  nur  localer 
Bedeutung  eingetheilt.  —  Vorausgeschickt  sei  noch,  dass  die 
Grundmassen  sämmtlicher  Gesteine  holokrystallin  sind. 

A.  Quarz -Glimmer- Porphyrite. 
].  Gestein  vom  Monte  Colmo.  Porphyrisch:  gi'osse.  abge- 
rundete Quarzkörner,  in  welche  die  Grundmasse  buchtförmig  ein- 
dringt. Zonar  gebaute,  scharf  umgrenzte  Plagioklaskrystalle. 
Krystallographisch  schlecht  umgrenzte  Biotitblätter.  Accesso- 
risch:  vereinzelte  Granatkörner.  Die  Grundmasse  besteht  aus 
Fetzchen  von  Biotit,    farblosen  Körnchen    von  Quarz    und  meist 


549 


ungetreiftem  Felclspath.  Krystallconturen  zeigen  die  Gemengtheile 
der  Gi'undniasse  nur  ausnahmsweise;  am  meisten  beobachtet  man 
sie  nocl)  an  dem  Biotit.  Der  Grössenunterschied  zwischen  den 
porphyrisclien  Individuen  (über  1  mm)  und  denen  der  Grundmasse 
(unter  0,01  mm)  ist  sehr  beträchtlich. 

2.  Gesteine  aus  mehreren  Gängen  vom  Piccolokamm,  mög- 
licher Weise  den  Schichtttächen  der  Schiefer  concordant  eingedrun- 
gen. Porphyrisch:  ziemlich  regelmässig  krystallisirte,  zonar  ge- 
baute Plagioklas-Iudividuen.  Einheitliche  Biotitblätter  von  derselben 
Ausbildung,  aber  geringerer  Grösse  als  bei  1.  Daneben  dichte 
Zusammenhäufungen  kleiner  Glimmerblättchen  ,  gewissermaassen 
die  Stelle  porphyrischer  grösserer  Blätter  vertretend.  Nur  aus- 
nahmsweise porphyrisclie  Quarzkörner,  die  anscheinend  corrodirt 
sind.  Die  Grundmasse  besteht  aus  farblosen  Körnchen  von  Quarz 
und  meist  ungestreiftem  Feldspath,  aus  Glimmerfetzchen  und  aus 
ziemlich  grossen  Körnern  und  Stengeln  einer  hell  grünen,  fast 
gar  nicht  pleochroitischen,  monoklinen  Hornblende  (Aktinolith). 
Nur  diese  letztere  ist  gut  krystallisirt.  Der  Grössenunterschied 
zwischen  den  porphyrischen  Krystallen  und  den  Gemengtheilen  der 
Grundmasse  ist  nicht  so  beträchtlich  wie  bei  der  ersten  Gruppe. 
Der  ganze  mikroskopische  Habitus  erinnert  vielfach  an  manche 
Contactschiefer  mit  porphyrartiger  Structur. 

3.  Drei  verschiedene  Vorkommen  aus  der  Valletta  di  Sonico. 
in  der  Nähe  des  Baches.  Porphyrisch:  Plagioklaskrystalle.  regel- 
mässig aber  nicht  so  scharf  begrenzt  wie  in  1.  und  2.  Ganz 
vereinzelt  grosse  Biotitblätter,  sehr  oft  gewissermaassen  porpliy- 
risch.  compacte  Anhäufungen  kleiner  Biotitblättchen.  Grössere 
Quarze  fehlen  ganz.  Die  Grundmasse  besteht  aus  Biotitfetzchen 
und  farblosen  Körnern  von  Quarz  und  ungestreiftem  Feldspath. 
Der  Grössenunterschied  zwischen  den  porphyrischen  und  den 
Grundmassen-Gemengtheilen  ist  sehr  erheblich.  Anscheinend  ha- 
ben mechanische  Deformirungen  stattgefunden.  Es  deuten  darauf 
die  wahrscheinlich  aus  früher  einheitlichen  Biotitkrystallcn  hervor- 
gegangenen Anhäufungen  kleiner  Blättchen,  sowie  eine  auffallende 
parallele  Anordnung  der  allerkleinsten  Biotitfetzchen  der  Grund- 
masse; endlich  auch  die  mitunter  unscharfe,  wie  angebrochen  aus- 
sehende Umrandung  der  Plagioklase.  —  Hierher  wurde  noch  ein 
viertes,  gleichfalls  aus  der  Valletta  di  Sonico  stammendes  Gestein 
gestellt,  das  makroskopisch  sehr  ähnlich,  mikroskopisch  sich  in 
mehreren  Punkten  unterscheidet.  Mit  den  übrigen  Gruppen  ist 
noch  weniger  Verwandtschaft  vorhanden.  In  ihm  ist  eine  eigent- 
lich porphyrische  Structur  nicht  vorhanden.  Die  Gemengtheile 
variiren  in  der  Grösse,  sind  aber  durch  zahlreiche  Zwischenstufen 
eng    mit    einander  verbunden.       Der  Feldspath    zeigt  verhältniss- 


550 


massig  seltener  Zwillingsstreifung  und  ist  unregelmässiger  umrandet. 
Quarz  ist  sehr  wenig  vorhanden.  Der  Glimmer  tritt  in  derselben 
Weise  auf  wie  bei  den   übrigen  Gesteinen   dieser  Gruppe. 

B.    Hornblende-Porphyrite. 

1 .  Quarzfreie  bis  quarzarme,  glimmerreiche  bis  glimmerarme 
Hornblende  -  Porphyrite.  Es  gehören  hierher  zwei  Vorkommen 
aus  dem  Val  Moja.  zwei  aus  der  Schlucht  der  Valletta  di  Sonico 
und  eins  vom  linken  Gehänge  des  Aviothales,  100  bis  200  m 
über  dem  Bach  an  einem  schmalen  Fusspfad.  Von  den  beiden 
Gesteinen  aus  dem  Mojathal  ist  das  eine  das  p.  461  erwähnte, 
von  Stäche  und  v.  Foullon  (1.  c.)  beschriebene;  das  zweite  tritt 
anstehend  oberhalb  des  Dioritstockes  auf.  —  Porphyrisch:  scharf 
krystallisirte  Plagioklas- Individuen  und  bald  scharf  krystallisirte, 
bald  nicht  sehr  regelmässig  umrandete  Plornblendekrystalle;  ferner 
seltene,  gewissermaassen  als  porphyrische  Gemengtheile  fungirende 
Zusammenhäufungen  kleiner  Biotitblättchen.  Die  Grundmasse  be- 
steht aus  wenig  leistenförmigen ,  meist  nur  in  Körnern  auftreten- 
dem, fast  inmier  ungestreiftem  Feldspath.  Glimmer-  und  Horn- 
blendefetzchen  und  -Nädelchen.  Quarzkörner  dürften  nicht  selten 
sein.  Die  Hornblende  ist  in  dem  von  v.  Foullon  beschriebenen 
Gestein  gut  krystallisirter.  hell  grüner,  äusserst  schwach  pleoch- 
roitischer  Aktinolith  und  tritt  darin  nur  in  der  Grundmasse  auf. 
In  den  übrigen  Vorkommen  ist  sie  deutlich  pleochroitisch.  Ihr 
Farbenwechsel  geht  von  hell  gelb-grün  bis  dunkel  schmutzig  grün. 
Sie  ist  in  der  Grundmasse  unregelmässig  umgrenzt,  findet  sich 
aber  stets  auch  porphjTisch  in  meist  besser  krystallisirtcn  Indi- 
vtduen.  Fast  immer  findet  man  kleine  Biotitblättchen  mit  ihr 
vergesellschaftet  und  zwar  entweder  in  sie  eingewachsen,  oder  an 
sie  angelagert,  oder  endlich  den  ganzen  Hornblendekrystall  voll- 
ständig umgebend. 

2.  Glimmer-  und  quarzfreie  Hornblende-Porphyrite.  Hierher 
gehört  nur  ein  einziges,  zwei  Varietäten  bildendes  Gestein,  das 
die  Umenitfruchtschiefer  in  dem  Contacthof  des  Mojadiorits  durch- 
setzt. Es  ist  aber  so  charakteristisch  und  abweichend  ausge- 
bildet, dass  es  nicht  mit  B.  1.  vereinigt  wurde.  —  Porphyrisch: 
ganz  scharf  krystallisirte  Individuen  von  leistenförmigem  Plagio- 
klas und  Hornblende.  Diese  letztere  ist  lebhaft  pleochroitisch 
(c  =  b:  dunkel  gelblich  braun,  a:  licht  bräunlich  gelb)  und  ausser- 
ordentlich häufig  verzwillingt,  wobei  das  Orthopinakoid  Zwillings- 
ebene ist,  die  Verwachsungsnaht  aber  ganz  unregelmässig  zackig 
verläuft.  Die  Grundmasse  besteht  aus  stets  leistenförmigem  und 
gestreiftem  Feldspath.  sowie  aus  einer  zweiten  Generation  von 
ebenso  gefärbter,    aber   sehr    oft  unregelmässig  gestalteter  Hörn- 


551 


blende.  Im  Ganzen  sind  aber  hier  die  Elemente  der  Grundmasse 
besser  krystallisirt  als  in  den  anderen  beschriebenen  Gesteinen. 
Die  beiden  Varietäten  unterscheiden  sich  dadurch,  dass  die  eine 
vom  Salband  des  Ganges  stammende  sehr  viel  mehr  Grundmasse 
und  sehr  viel  weniger  porphyrische  Plagioklaskrystalle  enthält 
als  die  andere.  Es  ist  sogar  in  ihr  nicht  ganz  ausgeschlossen, 
dass   Spuren  einer  Basis  vorhanden  wären. 

C.    Augit-  bezw.  Uralit-Porphyrite. 

1.  Uralit-Porphyrit.  Gang  im  Tonalit  des  Colmokammes. 
Dies  Gestein  vermittelt  sehr  gut  den  Üebergang  von  dem  eben 
beschriebenen  zu  den  noch  folgenden  Porphyriten.  Porphyrisch 
treten  darin  erstens  sehr  scharf  krystallisirte ,  nach  dem  Brachy- 
pinakoid  dünn  tafelförmige  Plagioklaskrystalle  auf,  zweitens  bis 
1  mm  grosse  Krystalle  von  Uralit.  Derselbe  lässt  gar  nicht 
selten  die  charakteristischen  Augitformen  erkennen  und  wird  ge- 
bildet von  einer  zwischen  hell  gelb -grün  und  etwas  dunklerem 
hell  grün  pleochroitischen  Hornblende.  Auch  unregelmässigere 
Schnitte  sind  ganz  von  dieser  Hornblende  erfüllt .  nur  dass  dann 
häufig  kleine  Biotitblättchen  innig  mit  ihr  verbunden  sind  und 
die  gleiche  Entstehung  haben  dürften.  Die  Grundmasse  besteht 
aus  oft  wohl  umgrenzter,  primärer  Hornblende,  ziemlich  viel  ge- 
streiften Feldspathleistchen  und  ungestreiften  Feldspathkörnern. 
Die  Hornblende  überwiegt.  Ihr  PJeochroismus  bewegt  sich  von 
grünlich  braun  zu  reinem  dunkel  braun.  Der  Grössenunterschied 
der  porphyrischen  Gemengtheile  und  der  der  Grundmasse  ist  sehr 
erheblich. 

2.  Hierher  gehören  fünf  Vorkommen,  wovon  eins  in  dem 
unteren  Val  Moja,  zwei  an  der  Strasse  von  Edolo  nach  Incudine, 
zwei  in  dem  unteren  Val  Finale  gefunden  sind.  AU'  diese  Ge- 
steine sind  von  umwandelnden  Vorgängen  in  hohem  Maasse  cr- 
gritfen  und  liegen  jetzt  in  einem  solchen  Zustande  vor,  dass  man 
auf  ihre  ursprüngliche  Structur  und  mineralogische  Zusammen- 
setzung nur  unvollständige  Schlüsse  ziehen  kann.  Allen  gemein- 
sam sind  folgende  Gemengtheile:  Augit  in  bis  0,5  mm  langen, 
breiten  Krystallen;  uralitische  Hornblende  in  scharf  begrenzten 
Schnitten,  in  kleinen,  überall  zerstreuten  Fetzchen  und  in  grös- 
seren Anhäufungen  auf  Spalträumen  des  Gesteins;  Plagioklas  in 
ziemlich  grossen  Krystallen.  Der  Augit  ist  schwach  pleochroi- 
tisch.  Sein  Farbenwechsel  bewegt  sich  zwischen  blass  rosa  roth 
und  hell  bräunlich.  Meist  ist  er  ganz  in  trübe  Aggregate  von 
winzigen  Körnchen  zersetzt,  die  mitunter  Aehnlichkeit  mit  Epidot 
haben.  Die  uralitische  schiltige  Hornblende  erfüllt  den  aller- 
grössten  Theil    des  Gesteins,    umlagert,    wenn   auch  selten,    den 


552 


eben  beschriebenen  Augit,  tritt  im  Plagioklas  in  kleinen  Mengen, 
hauptsächlich  aber  selbstständig  in  grossen  Schnitten  und  Anhäu- 
fungen auf.  Sie  ist  völlig  identisch  mit  dem  Uralit  des  vorher 
beschriebenen  Gesteins.  Auffällig  ist  es,  dass  sie  an  manchen 
Stellen  der  Gesteine  einen  anderen  Farbenwechsel,  nämlich  zwi- 
schen gelblich  grün  und  bläulicli  grün,  besitzt.  Der  Plagioklas 
ist  stark  zersetzt  und  scheidet  allerhand  faserige,  unbestimmbare 
Producte,  zum  Theil  Epidot  aus.  Ausser  den  genannten  Gemeng- 
theilen  beobachtet  man  noch  Titaneisen,  das  in  Titanitbildung  be- 
gritfen  ist.  und  unregelmässig  umrandete  Biotitblätter.  Gewöhn- 
lich entstehen  nun  ferner  aus  der  secundären  Hornblende,  wie- 
derum secundär,  Epidot,  Chlorit  und  Calcit,  sodass  man  in  dem 
Gestein  ein  Gewirr  sehr  verschiedenartiger,  theils  w^ohl  durch 
mechanische,  theils  durch  chemische  Umwandlungsvorgänge  er- 
zeugter Mineralien  vor  sich  hat.  Ob  diese  Gesteine  jemals  eine 
wirkliche  Grundmasse  besessen  haben,  ist  recht  zweifelhaft.  Wür- 
den feinkörnige  Diabase  aus  jenen  Gegenden  bekannt  sein,  so 
wären  sie  mit  grösserer  Wahrscheinlichkeit  zu  diesen  zu  stellen, 
als  zu  den  Porphyriten.  Andererseits  ist  die  Aehnlichkeit  mit 
dem  unter  C.  1.  beschriebenen,  echten  Uralit  -  Porpliyrit  unbe- 
streitbar. Endlich  wurde  in  dem  mittleren  Val  Moja  noch  ein 
anderes  Vorkommen  gefunden,  das  mit  den  fünf  eben  geschilder- 
ten vollkommen  übereinstimmt,  nur  jenen  bräunlich  rothen,  zu 
trüben  Producten  zersetzten  Augit  nicht  fühi't  und  dadurch  auch 
einen  Uebergang  zu  dem  Gestein  von  C.  1.  vermittelt.  Ich  möchte 
übrigens  der  Yermuthung  Raum  geben,  dass  möglicher  Weise  der 
jetzt  als  Uralit  vorliegende  und  jener  andere  bräunlich  rothe,  so 
oft  noch  erhaltene  Augit  primär  verschiedenen  Pyroxenarten  an- 
gehört haben.  Es  spricht  dafür  die  Thatsache,  dass  der  Uralit 
nur  sehr  selten  mit  den  trüben  Zersetzungsproducten  des  anderen 
Augits  oder  gar  mit  diesem  selbst  vergesellschaftet  auftritt. 

3.  In  dem  mittleren  Val  Finale  wurden  zwei  unzweifelhaft 
gangförmige  Eruptivgesteine  aufgefunden,  die,  mikroskopisch  un- 
tersucht, sich  als  fast  ganz  aus  Chlorit  und  Kalkspath  bestehend 
erwiesen.  Ausserdem  treten  noch  vereinzelte  Körner  von  einem 
bald  auffällig  frischen,  bald  Leukoxen  ausscheidenden  Eisenerz, 
sowie  von  Quarz  auf.  Die  Gesteine  sind  von  weissen  Adern 
durchzogen,  die  der  Hauptsache  nach  aus  Kalkspath  gebildet  sind, 
aber  auch  vereinzelte  Quarzkörner  führen.  Letztere  sind  offenbar 
ebenso  wie  der  Kalkspath  neugebildet.  Es  kann  kein  Zweifel 
darüber  bestehen,  dass  diese  beiden  Gesteine  ursprünglich  wie 
die  Gesteine  der  Gruppe  C,  2.   zusammengesetzt  waren. 


Zum  Schluss  möge  mit  wenigen  Worten  einer^  Erscheinung 
gedacht  werden,  die  bisher  der  Uebersichtlicldveit  halber  nur  aus- 
nahmsweise Erwähnung  fand,  und  deren  Bedeutung  auch  für  die 
hier  untersuchten  Gesteine  Iveine  sehr  grosse  ist;  icli  meine  die 
mikroskopisch  erkennbaren  Wirkungen  des  Gebirgsdruckes.  Nur 
bei  den  zuletzt  behandelten  Eruptivgesteinen  haben  wir  mitunter 
davon  gesprochen;  aber  auch  in  sämmtlichen  Schichtgesteinen, 
welche  an  dem  Aufbau  des  Monte  Aviolo  theilnehmen,  und  zwar 
sowohl  in  den  unveränderten,  wie  in  den  metamorphosirten  sind 
diese  „kataklasti sehen"  Phänomene  wenigstens  gelegentlich  wahr- 
nehmbar. Sie  äussern  sich  besonders  schön  beim  Feldspath  und 
bem  Quarz,  indem  sie  bald  nur  optische  Anomalien  hervorrufen 
(undulöse  Auslöschung),  bald  ganz  erhebliche  mechanische  Defor- 
mirungen  erzeugen.  Im  letzteren  Fall  beobachtet  man  nicht 
selten  mehr  oder  weniger  vollständige  Zertrümmerung  ursprüng- 
lich einheitlicher  Krystalle,  wobei  dann  entweder  grössere  Theile 
derselben  an  mikroskopisch  kleinen  Verwerfungsspalten  um  oft 
weniger  als  0,01  mm  an  einander  verschoben  werden,  oder  aber 
das  ganze  Individuum  in  zahlreiche  kleine,  sehr  verschiedenartig 
gestellte  Bruchstücke  zerdrückt  wird.  Auch  Biegungen  und  Stau- 
chungen von  Plagioklas  -  Zwillingslamellen  sind  gelegentlich  zu 
beobachten.  Beim  Biotit  und  heim  Muscovit  nahm  ich  ausser 
den  sehr  verbreiteten  und  jedenfalls  häufig  nicht  auf  Gebirgsdruck 
zurückzuführenden  Biegungen,  noch  Zerreissungen ,  verbunden  mit 
seitlicher  Verschiebung  der  getrennten  Theile  wahr.  Auch  bei 
Zirkonkrj'stallen  sind  nicht  selten  die  einzelnen  parallel  OP  ab- 
gesonderten oder  durch  Zerbrechung  erzeugten  (?)  Stücke  derartig 
seitlich  verschoben,  dass  man  wohl  nichts  anderes  als  den  Ge- 
birgsdruck für  die  Ursache  der  Erscheinung  halten  kann. 


Rückblick. 

Die  Hauptergebnisse    der   vorliegenden  Untersuchungen    sind 
die  folgenden: 

1.  Der  Tonalit  des  nordwestlichsten  Theils  der  Adamello- 
gruppe  ist  in  seiner  ganzen  Masse  jünger  als  die  ihn  um- 
gebenden krystallinen  Schiefer  der  Gneiss-Phyllitgruppe. 

'2.  Er  hat  diese  auf  viele  Hundert  Meter  Entfernung  hin 
metamorphosirt. 

3.  Die  Producte  der  Contactmetamorphose  sind  petrogra- 
phisch  merkwürdige,  durch  einen  auffallend  hohen  Gehalt 
an  Cordierit  ausgezeichnete  Gesteine. 

Zeitschr.  tl.  D.  geol.  Ges.  XLII.  3.  37 


554 


4.  Die  aus  solchen  Gesteinen  zusammengesetzte  Contactzone 
begleitet  die  Tonalitgrenze  sicher  auf  dei-  fast  14  Kilom. 
langen  Strecke  zwischen  dem  Passo  Gallinera  und  dem 
Val  d'Avio.   wahrscheinlich  noch  weiter. 


Es  drängt  mich  zum  Schluss  dieser  Arbeit  Herrn  Geh. 
Bergrath  Professor  Dr.  Zirkel,  meinen  hei'zlichsten  Dank  für 
die  liebenswürdige  Bereitwilligkeit  auszusprechen,  mit  der  er  mir 
auch  bei  den  vorliegenden  Untersuchungen  seinen  Rath  und  seine 
Unterstützung  zu  Theil  werden  liess. 


Verzeichniss 
der  Literatur  des  Adamellogebietes. 

1847.  J.  Trinker.  Bericht  über  die  IX.  General  -  Versammlung  des 
Vereins  zur  geognostisch  -  montanistischen  Durchforschung 
von  Tirol  und  Vorarlberg.     (Innsbruck.)  ^) 

1851.  Derselbe.  Jahrbuch^)  der  k.  k.  geolgischen  Reichsanstalt  zu 
Wien,  Heft  2,  p.  74 — ^78.  lieber  die  Verbreitung  von  erra- 
tischen Blöcken  in  dem  südwestlichen  Tlieile  von  Tirol. 

1851.  Arnold  Escher  von  der  Linth  in  B.  Studer's  Geologie  der 
Schweiz,  Bd.  I,  p.  292  —  295. 

1853.  J.  Trinker.  Petrographische  Erläuterungen  zur  geognostischen 
Karte  von  Tirol'). 

1858.  Fr.  V.  Hauer.  Erläuterungen  zu  einer  geologischen  Ueber- 
sichtskarte  der  Schichtgebirge  der  Lombardei.  J.  k.  k.  R., 
p.  445. 

1864.  Gerhard  vom  Rath.      Beiträge    zur   Kenntniss    der   Eruptiv- 

gesteine   der    Alpen.     Diese    Zeitschrift,    Bd.  XVI,    p.    249 
bis  266. 

1865.  P.  G.  LoRENTZ.    Excursion   um  den  Ortler-  und  Adamellostock. 

Petermann's  Mittheilungen,  Bd.  IL 
1865.     A.  Kenngott.    Ueber  den  Feldspath  der  Tonalits.     Diese  Zeit- 
schrift, Bd.  XVII,  p.  569. 

1865.  Julius  Payer.    Die  Adaraello-Presauella- Alpen.     Ergänzungs- 

heft No.  17  zu  Petermann's  Mittheilungen. 

1866.  E.  W.  Benecke.    Geognostisch-Paläontol.  Beiträge,  Bd.  I,  Heft  1 

(München),     Ueber  Trias  und  Jura  in  den  Südalpen. 

1869.  A.  Baltzer.  Geologische  Notizen  aus  der  Adamellogruppe.  Im 
Jahrbuch  des  Schweizer  Alpenclub,  1869  —  70  (Bern  1870). 
p.  421  —  436. 

1871.  A.  Baltzer.  Adamellogranit  u.  Adamellogranitglimmer.  Viertel- 
jahrsschrift der  naturforsch.  Gesellschaft  in  Zürich,  Sechs- 
zehnter Jahrgang,  p.   175  — 184. 


^)  War  mir  nicht  zugänglich.     Citirt  nach  SuESS  und  Stäche. 

*)  Für  „Jahrbuch  der  k.  k.  geol.  Reichsanstalt  zu  Wien"  und 
„Verhandlungen  der  k.  k.  geol.  Reichsanstalt  zu  Wien"  wird  liier  der 
Kürze  wegen    „J.  k.  k.  R."    bezw.    „V.  k.  k.  R."  gesetzt. 


555 

1872.  Referat  über  beide  Arbeiten  Baltzer's,  die  danach  1870  in 
St.  Gallen  besonders  erschienen  sein  sollen.  Neues  Jahrb. 
für  Mineralogie  etc.,  p.  653. 

1872.  Juliiis  Payer.     Anhang    zu    den  Adamello  -  Presanella  -  Alpen 

des  Ergänzungsheftes  No.  17.  In  Ergänzungsheft  Xo.  81  zu 
Petermann's  Mittheilungen. 

1873.  GiULio  CuRiONi.     Ricerche    geologiche    sull'  epoca    dell'  emer- 

sione  delle  rocce  sienitiche  (Tonalite)  della  catena  dei  monti 
deir  Adamello  nella  prov.  di  Brescia.  Mem.  Ist.  Lonib.,  XII, 
p.  341  — 8G0. 

1874.  J.  MoRSTADT.     Ueber    die  Terraingestaltung    im  südwestlichen 

Tirol,  verglichen  mit  jener  in  der  Lombardei.  Zeitschrift 
des  Deutschen  und  Oesterreichischen  Alpenvereins,  Bd.  V. 
Heft  1,  p.  193  —  214  und  401—406. 

1875.  Giuseppe  Ragazzoni.    Profile  geognostico  del  pendio  meridio- 

nale  delle  Alpi  Lombarde.  Dai  commentari  dell"  Ateneo  di 
Brescia. 

1877.  GiULio  CuRiONi.     Geologia  applicata  delle  provincie  Lombarde 

(Milano  bei  Höpli),  besonders  wichtig  Bd.  I.  Mit  einer  Ueber- 
sichtskarte. 

1878.  Richard  Lepsius.     Das  westliche  Südtirol  (Berlin). 

1878.  C.  DÖLTER.     Referat  über  einen  Theil  des  IjEPSius'schen  Wer- 

kes: Die  Eruptivgesteine  des  westlichen  Süd-Tirol.  Y.  k.  k. 
R.,  p.  349. 

1879.  R.  Lepsius.     Berichtigung    zum   Referate    Dölter's.     V.  k.  k. 

R.,  p.  31. 
1879.     R.  BÖRNES.     Referat  über  das  LEPSius'sche  Werk.    V.  k.  k.  R., 

p.  34. 
1879.     Guido  Stäche.    Die  Umrandung  des  Adamellostockes  und  die 

Entwicklung    der  Permformation  zwischen  Val  buona  Giudi- 

caria  und  Val  Camonica.    V.  k.  k.  R.,  p.  300  —  310. 
1879.     R.  Lepsius.     Ueber  Dr.  Stache"s  Reisebericht,    betreffend  die 

Umrandung  des  Adamellostockes.     Y.  k.  k.  R. ,  p.  339  —  343. 

1879.  G.  Stäche.     Erwiderung    auf   die  voranstehende  Kritik  meines 

Reiseberichts  über  die  Umrandung  des  Adamellostockes.  Y. 
k.  k.  R.,  p.  844  —  350. 

1880.  G.  Stäche.     Y.  k.  k.  R.: 

1.  Der  krystallinische  Gebirgsabschnitt  zwischen  dem  hin- 
teren Ulteugebiet  und  Untersidzberg,  p.  250 — 251. 

2.  Aus    den  Randgebieten    des   Adamellogebirges,    p.  252 
bis  255. 

3.  Ueber  das  Yorkommen  von  Olivingesteinen  in  Süd-Tirol, 
p.  287  —  288. 

1880.  Baron  Heinrich  von  Foullon.  Ueber  Minerale  führende  Kalke 
aus  dem  Yal  Albiole  in  Süd-Tirol.     Y-  k.  k.  R.,  p.  146. 

1880.  Alexander  Bittner.  Die  Scdimentgebilde  in  Judicarien.  Y. 
k.  k.  R.,  p.  233. 

1880.  C.  W.  Gümbel.     Ein    geognostischer  Streifzug    durch    die  Ber- 

gamasker  Alpen.  Sitzungsberichte  der  mathematisch -physi- 
kalischen Classe  der  k.  bayerischen  Akademie  der  Wissen- 
schaften, p.  164. 

1881.  A.  Bittner.     Uebsr  die  geologischen  Aufnahmen  in  Judicarien 

und  Yal  Sabbia.     J.  k.  k.  R.,  Heft  3.  p.  219  —  370. 
1881.    Eduard  Reyer.     Die  Eruptivmassen    des   südlichen  Adamello. 
Neues  Jahrbuch  für  Mineral,  etc.,  Beil. -Band  I,  p.  419—450, 

37*       . 


556 

1883.  A.  BiTTNER.  Nachträge  zum  Berichte  über  die  geologischen 
Aufnahmen  in  Judicarien  und  Val  Sabbia.  J.  k.  k.  R.,  Heft  3, 
p.  405  —  442. 

1885.  Eduard  Suess.     In    „Das  Antlitz   der  Ende'",    Bd.  I,    p.  209, 

312  —  323,  355. 

1886.  V.  Chrustschoff.     Neues    Jahrbuch    für  Mineral,  etc.,    Bd.  II. 

p.  184  (giebt  eine  kurze  Notiz  über  das  Vorkommen  von 
Spinell  im  Tonalit). 

1886.  P'riedrich  Teller,  lieber  porphyrische  Eruptivgesteine  aus 
den  Tiroler  Central -Alpen.     J.  k.  k.  R,  p.  715  —  746. 

1886.  Baron  H.  v.  Foullon.  Ueber  Porphyrite  aus  Süd-Tirol  J.  k. 
k.  R.,  p.  747  —  777. 

1 889.  Heinrich  Finkelstein.  Die  Gruppe  des  Monte  Frerone.  Zeit- 
schrift des  Deutschen  und  Oesterreichischen  Alpenvereins, 
Bd.  XX,  p.  306  —  330. 

1889.  Amighetti.     Sac.  Alessio.     Nuove  ricerche   sui  terreni  glaciali 

dei  dintorni  del  lago  d'Iseo  (Lovere). 

1890.  A.  Cathrein.     Neues  Jahi'buch  für  Mineral,  etc.,  Bd.  I,  Heft  ], 

p.  73 — 74  (schlägt  eine  neue  Benennung  für  den  Tonalit  vor). 


Inhalt. 

Seite. 

Einleitung 450 

Topographische  Schilderung 454 

Geologische  Beschreibung 465 

Der  Quarzphyllit  -  C'oniplex    und    der    zu    ihm    gehörige 

Dioritstock 466 

Der  Tonalit    und    der    ihn    umgebende  Schiefercomplex, 

sowie  ihre  gegenseitigen  Beziehungen 477 

Geologische  Beziehungen  der  porphyrisch  struirten  Erup- 
tivgesteine        504 

Petrographische  Beschreibung 506 

Gesteine  des  älteren  Schiefercomplexes 506 

Gesteine  des  jüngeren  Schiefercomplexes 528 

Eruptivgesteine 541 

Als  Stöcke  auftretende  Gesteine 542 

Porphvrite 548 

Rückblick     .  " 553 


557 


4.    Lieber  den  oberen  Gault  mit  Belemiütes 

minimus  bei  Grliesmarode  unweit 

Braunschweig'. 

Von  Herrn  A.  von  Stkombeck  in  Braimschweig. 

Schon  auf  meiner  geognostischen  Karte  von  1856  ist  bei 
Gliesniarode  vor  dem  Fallersleber  Thore  von  Braunschweig  oberer 
Gault  an  drei  kleinen  Stellen  bezeichnet.  Es  gründete  sich  dies 
auf  das  dortige  Vorkommen  von  BeJemnites  mininms.  Die  Stellen 
sind  in  die  EwALü'sche  Karte  der  Provinz  Sachsen  übertragen. 
Inzwischen  ist  an  der  Kreuzung  der  Chaussee  nach  Fallersleben 
mit  dem  Wege  von  Riddagshausen  nach  Querum  eine  Ziegelei  ent- 
standen, und  befindet  sich  die  Thongrube  derselben  im  Gault  mit 
Belemnites  minimus.  Zwar  hat,  nachdem  dieser  Thon  bei  Boden- 
stein als  oberer  Gault  anerkannt  (s.  diese  Zeitschrift,  Jahrg.  1853, 
p.  501)  und  nachdem  der  Flammenmergel  als  demselben  Forma- 
tions-Gliede  zugehörig  befunden  ist  (s.  das.,  Jahrg.  1856,  p.  483), 
der  Gault,  den  man  bis  dahin  in  Deutschland  fehlend  glaubte, 
eine  grosse  Verbreitung  nicht  nur  nördlich  vom  Harze  sondern 
auch  im  Wesergebirge  und  in  dem  Teutoburger  Walde  bis  Rheine 
an  der  Ems,  jedoch  pflegt  der  Minimus -G^iuM  nur  durch  die 
kleinen  ihn  bezeichnenden  Belemniten  angedeutet  zu  werden.  Es 
mangelt  an  genügendem  Aufschlüsse,  zumal  man  die  Bodensteiner 
Grube  seit  langer  Zeit  verlassen  hat.  Einen  solchen  aber  bietet 
die  Gliesmaröder  Ziegelei  so  vorzüglich,  wie  kaum  zu  erwarten 
steht.  Es  möge  deshalb  von  den  dortigen  geognostischen  Vor- 
konnnnissen   in   den   folgenden   Zeilen  Kenntniss    gegeben   werden. 

Die  Tbongrube  der  Gliesmaröder  Ziegelei  erstreckt  sich  von 
Süd  nach  Xord  auf  eine  Länge  von  etwa  100  m.  Die  Breite  ist 
verschieden,  jedoch  geringer.  Den  südöstlichen  Theil,  wo  die  Ge- 
winnung anfänglich  stattfand,  hat  man  bereits  wieder  eingeebnet. 
Der  Thon  wird  von  einer  geringen  Schicht  von  Diluviallehm  und 
Sand  bedeckt  und  bis  zu  einer  bestimmten  Ebene,  4  bis  5  m 
mächtig,  gewonnen.  Derselbe  ist  grubenfeucht  von  dunkelgrauer 
Farbe  mit  einem  Stich  ins  Grünliche,  trocken  aber  hell  grau  und 
so  plastisch,  dass  er  gegraben,  ohne  eine  Zeit  lang  zu  liegen, 
sofort    verarbeitet    werden   kann.      Bei    den   älteren   Gault-Thonen, 


558 


auch  wenn  aus  geringer  Tiefe,  ist  dies  nicht  tler  Fall.  Der  Thon 
braust  mit  Säure,  ist  also  kalkig,  führt  aber  keinen  Gyps  im 
Zustande  von  Marienglas  wie  der  ältere  Gault-Thon  stellenweise 
sehr  häufig.  Dagegen  umschliesst  er  hin  und  wieder  runde  oder 
längliche  Phosphoritknollen. 

Deutliche  Schichtung  lässt  der  Thon  nicht  wahrnehmen, 
durch  die  Einwirkung  der  Atmosphärilien  ist  sie  verwischt,  es 
setzt  indessen  in  der  Mitte  der  Grube  eine  Gesteinsbank  von 
kalkigem  Thon  von  etwa  0,5  m  Mächtigkeit  auf,  stellenweise 
unterbrochen,  jedoch  im  Allgemeinen  h.  8  streichend  und  mit 
20  bis  25"  nordöstlich  einfallend.  Bleibt  so  das  Einfallen  in 
der  Tiefe,  wie  es  scheint,  so  ist  der  nördlich  anstehende  Thon 
der  jtingere.  Auch  würde  diesenfalls  die  Ablagerung  der  Falte 
des  nahen  Nussbergs  angehören,  wo  der  Buntsandstein  mit  h.  10 
Streichen  und  nordöstlichem  Einfallen  zu  Tage  ausgeht.  Doch 
müsste  der  Thon  der  nordöstlich  vorliegenden  Moorhütte  (Vieweg- 
sche  Ziegelei),  da  diese  ältere  Schichten.  Speeton-Thon  sind,  sich 
einem  andern  Faltensysteme  anschliessen.  Das  in  der  Gliesmaröder 
Thongrube  nördlich  Anstehende  ist  im  Folgenden  für  das  jüngere 
und  das  südliche  für  das  ältere  angenommen,  jedoch  nicht  ohne 
Vorbehalt.  —  Flammenmergel,  der  den  Ilim'nms-Ganlt  fast  regel- 
mässig unmittelbar  überlagei't,  ist  in  der  Nähe  nicht  bemerkt. 
Es  wird  solcher  ausnahmsweise  fehlen  oder  durch  Diluvium  ver- 
deckt sein. 

Die  Vergesellschaftung  der  organischen  Reste  im  Gliesma- 
röder Mimmus-GauW  stimmt  mit  der  des  Thones  von  Bodenstein 
vollständig  überein,  nur  erscheint  jener  etwas  reicher.  Die  Aehn- 
lichkeit  der  Fauna  an  beiden  Stellen  mit  der  in  Folkstone  ist 
überraschend.  In  der  Gliesmaröder  Grube  kommen  hauptsächlich 
folgende  Species  vor: 

1.  Belemnites  minimus  Lister.  Die  schöne  Abbildung 
d'Orb.,  Terr.  Cret..  t.  5,  f.  3 — 9.  nach  Exemplaren  von  Folkstone 
und  dieser  Fundstelle  gegenüber  in  Frankreich  von  Vissant  geben 
die  hiesigen  Formen  so  treffend  wieder,  als  wenn  sie  zur  Abbildung 
gedient  hätten.  Die  keulenförmigen  Stücke  walten  vor.  diejenigen, 
wo  sich  an  das  stumpfe  Ende  der  Keule  eine  spindelförmige  Spitze 
angesetzt  hat.  bilden  nur  den  10.  Theil.  Junge  Exemplare  bis 
15  mm  pflegen  nicht  keulenförmig  zu  sein.  Die  seitlichen  Doppel- 
linien sind  nur  bei  gutem  Erhaltungszustande  deutlich.  In  der 
Alveole  befindet  sich  nicht  selten  ein  kurzer  Theil  des  Phragmo- 
kons,  der  mit  einer  verhältnissmässig  grossen  Kugel  beginnt.  Un- 
sere Sammlung  enthält  den  Theil  eines  Phragmokons  von  Eilum 
unweit  Schöppenstedt.  der  unten  2  mm  und  oben  10  mm  im  Durch- 
messer hat,   22  mm  lang  ist  und  2-1  tellerförmig  in  einander  haf- 


559 


tende  Kammern  zeigt.  Da  an  der  Fundstelle  3Iinimt( s-Ganli  an 
die  Oberfläche  tritt,  so  könnte  der  Conus  der  Species  angehören 
und  hätte  solcher  diesen  Falls  eine  bedeutende  Grösse  gehabt 
(cf.  PicTET,   Sainte-Croix,  p.   104,  t.   13,  f.   9). 

d'Orbigny  vereinigt  die  beiden  Species  Belemnites  minimus 
List,  bei  Sow.,  t.  589,  f.  1  —  4.  und  Belemnites  attenuatus  Sow. 
t.  589,  f.  8  — 10,  unter  welcher  letzteren  Sowerby  die  spindel- 
förmig verlängerte  Form  versteht.  Pictet  nimmt  Anstand,  diese 
Vereinigung  gut  zu  heissen,  und  zwar  weil  die  Art  der  Zuspitzung 
an  Belemnites  minimiis  aus  Gault  von  St.  Croix  und  Peile  du 
Rhone  nicht  bemerkt  wurde.  Indessen  möchte  Pictet's  Anschau- 
ung nicht  stichhaltig  sein,  da  fast  an  jedem  Exemplare  von  Be- 
lemnites attenantas  äusserlich  die  Stelle  zu  erkennen  ist,  wo  sich 
an  das  keulenförmige  Ende  des  jüngeren  Zustandes  die  lange 
Spitze  angesetzt  hat,  sodass  ohne  den  Längendurchschnitt  bei 
d'Orb.,  t.  5,  f.  9,  zu  kennen,  feststeht,  dass  jeder  Belemnites 
attenuatus  einen  Belemnites  minimus  einschliesst.  Es  kann  daher 
nicht  zweifelhaft  sein,  dass  zwischen  beiden  Formen  kein  speci- 
lischer  Unterschied  obwaltet,  und  ist  der  jüngere  Name  Belemnites 
attenuatus  zu  unterdrücken. 

Im  Uebrigen  scheint  das,  was  Pictet,  St.  Croix,  p.  103, 
t.  1  —  6,  als  Belemnites  minimus  von  St.  Croix  und  Perte  du 
Rhone  darstellt,  eine  andere  Species  zu  sein.  Zwar  sind  danach 
die  dortigen  Exemplare,  in  Uebereinstimmung  mit  vorliegenden, 
nicht  völlig  cylinderisch,  vielmehr  am  Alveolenende,  ohne  das  Ab- 
blätterung vorhanden  ist.  etwas  verdünnt,  und  bildet  sich  die  Spitze, 
wenn  auch  allmählich  aber  rasch,  jedoch  betont  Pictet  selbst, 
dass  sich  kein  Exemplar  gezeigt  habe,  das  anstatt  der  Spitze 
keulenförmig  abgerundet  oder  mit  der  absonderlichen  Spitze  des 
attemiatus  versehen  sei.  Dieserhalb  und  da  ferner  die  Seiten- 
linien fehlen,  auch  die  Abbildung  an  einigen  Stücken  eine  Neigung 
zu  Actinocamax  andeutet,  die  am  hiesigen  Belemnites  minimus 
nicht  vorkommt,  so  dürften  die  obigen  Zweifel  nicht  unbegründet 
sein.  Mögen  Andere,  denen  eine  grössere  Anzahl  des  fraglichen 
Belemniten  zusteht,   darüber  befinden. 

Belemnites  minimus  kommt  in  der  Gliesmaröder  Thongrube 
in  den  jüngeren  und  älteren  Schichten  gleichmässig  und  ungemein 
häufig  vor. 

Von  Ammoniten  treten  mehrere  Species  auf,  jedoch  fast  nur 
in  Windungsstücken,  vollständige  Exemplare  sind  sehr  selten.  Es 
waltet  weitaus  vor: 

2.  Ammonites  interrupfus  Brug.  dOrb.,  1.  c,  t.  31  u. 
32;  Pictet,  St.  Croix,  t.  28.  und  Quenst.,  Cephal.,  t.  10.  f.  4. 
In  Gliesniarode  finden  sich  die  hochmündige  Form,   wo  die  Höhe  bis 


560 


l\/2mal  der  Breite,  und  die  aufgeblähetc  Form,  wo  die  Mund- 
öifnungsliöhe  und  Breite  gleicli  gross  oder  letztei-e  noch  etwas  dar- 
über ist,  in  ziemlich  derselben  Anzahl.  Die  Zwischenstufen  fehlen 
nicht.  Die  Seiten  sind  fast  flach,  die  Involubilität  beträgt  die 
Hälfte,  doch  auch  etwas  mehr  oder  weniger.  Die  Rippen  beginnen 
schwach  an  der  Naht  und  bilden  nach  kurzem  Verlaufe  einen 
länglichen  Höcker,  den  Nahtknoten,  aus  welchem  zwei  starke 
Rippen  entspringen.  Diese  Rippen  verlaufen  über  die  Seiten  in 
dem  einen  Exemplare  fast  radial,  in  dem  anderen  mit  mehr  oder 
weniger  Biegung  und  enden  auf  dem  Rücken  ^)  in  einem  stark 
nach  vorn  gerichteten  Höcker,  dem  Rückenknoten,  der  seine  grös- 
sere Höhe  auf  der  Kante  zwischen  Seite  und  Rücken  hat.  Diese 
Knoten,  von  beiden  Seiten  herrührend,  lassen  auf  dem  Rücken 
mehr  oder  weniger  freien  Raum  und  alteriiiren  daselbst.  Aus  den 
Nahtknoten  erheben  sich  hin  und  wieder  anstatt  zwei  Rippen  deren 
drei,  auch  schiebt  sich  ausnahmsweise  eine  einzelne  Rippe  ein, 
die  entweder  an  der  Naht  beginnt  und  dann  einen  Nahtknoten 
führt,  oder  erst  auf  der  Seite  beginnt.  Jede  Rippe,  sowohl  die 
büschelweise  wie  auch  die  einzeln  entstandenen,  bildet  ohne  Aus- 
nahme einen  Rückenknoten.  So  kommt  es,  dass  die  Anzahl  der 
Knoten  am  Rücken  doppelt  so  gross  oder  um  einige  grösser  ist 
als  die  über  der  Naht.  Der  Rücken  ist  concav.  in  der  Regel 
jedoch  nur  gering;  ein  Canal  fehlt.  So  tief  wie  d'Orbigny  die 
Einbiegung,  t.  32,  f.  4 — 5,  zeichnet,  ist  sie  in  Gliesmarode  selten. 
Die  Suturlinie  giebt  d'Orbigny  im  Allgemeinen  übereinstimmend, 
jedoch  ist  an  Gliesmaröder  Stücken  die  steile  Wand,  welche  den 
Dorsallobus  nach  Innen  hin  begrenzt  dadurch,  dass  sich  die 
Nebenarme  zwischen  die  alternirenden  hohen  Rückenknoten  drängen, 
zum  Theil  sehr  unsymmetrisch  und  scheint  auf  den  ersten  Anblick 
der  Sipho  bald  nach  rechts  bald  nach  links  gerückt.  Bei  näherer 
Betrachtung  stellt  sich  indessen  heraus,  dass  dies  nur  scheinbar 
ist  und  der  Sipho  in  der  Medianlinie  verbleibt.  Auch  bildet  der 
Dorsalsattel,  der  durch  einen  schief  gerichteten  und  tiefen  Secun- 
därlobus  getheilt  ist.  oben  nicht  immer  eine  so  gerade  Linie  wie 
d'0rbic4ny  angiebt.  sondern  es  ist  solcher  auch  nach  dem  oberen 
Laterallobus  abgerundet.  Der  obere  Laterallobus  und  der  Lateral- 
sattel nehmen  die  ganze  Seite  ein.  der  untere  Laterallobus  be- 
findet sich  schon  unter  den  Nahtkanten. 

Die  Species  ist  in  den  oberen  und  unteren  Schichten  der 
Thongrube  ziemlich  häutig,  hauptsächlich  zunächst  unter  der  fes- 
ten Bank. 


^)  Es  wird  hier  und  in  Folgendem  unter  Rücken  und  Bauch  die 
ursprüngliche  Bedeutung  beibehalten  ,  obgleich  die  Analogie  mit  dem 
noch  lebenden  Nautilus    die  umgekehrte  Benennung  empfehlen  könnte. 


561 


Das  vorliegende  ansehnliche  Material  vom  Gliesniaröder  Amm. 
interruptus  —  es  liegen  Stücke  von  über  100  verschiedenen  In- 
dividuen vor  —  giebt  Veranlassung,  damit  einige  nahe  stehende 
Formen  von  anderen  Fundorten,  die  als  besondere  Species  abge- 
trennt sind,  zu  vergleichen,  namentlich  zu  untersuchen,  ob  letztere 
aufrecht  zu  erhalten  sind.  Es  wird  in  dieser  Beziehung  das  Fol- 
gende bemerkt. 

a.  QuENSTEDT.  Ccphal. ,  p.  154,  sondert  vom  hochmündi- 
gen  Amm.  interruptus,  den  er  Amm.  dentatus  Sow.  nennt  (wor- 
über weiter  unten)  den  aufgeblähten  Amm.  Benettianus  Sow. 
539  und  Quenst..  t.  10,  f.  12.  spccitisch  ab.  jedoch  sagt  er, 
dass  sich  beide  durch  nichts  anderes  unterscheiden  als  durch  die 
grosse  Breite  des  Amm.  Benettianns.  Da  man  aber  aus  dem 
Gliesniaröder  Material  von  der  hochmündigen  Form  bis  zu  der, 
wo  die  Breite  ebenso  gross  ja  noch  grösser  ist  als  die  Höhe, 
eine  Reihe  heraussuchen  kann,  die  in  der  betreffenden  Hinsicht 
einen  unmerklichen  Uebergang  zeigt,  auch  d'Orbigny  und  andere 
Paläontologen  die  Spaltung  nicht  anerkennen,  so  muss  solche  un- 
terbleiben und  die  Species  Amm.  Benettianus  Sow.  aufgegeben 
werden. 

b.  PiCTET.  Gres  verts  des  env.  de  Geneve,  p.  67,  t.  7.  f.  1.  nennt 
einen  aufgeblähten  Amm.  interruptus.  an  welchen  aus  den  Nahtkno- 
ten unregelmässig  bald  zwei  bald  drei  Rippen  entspringen,  auch 
nicht  selten  sich  noch  eine  andere  auf  der  Seitenmitte  entspringende 
Rippe  einschaltet,  Amm..  Chabreyanus.  An  Gliesmaröder  Stücken 
zeigt  sich  zwar  diese  unregelmässige  Beripining  hin  und  wieder 
gleichfalls,  jedoch  an  demselben  Stücke  nicht  so  häufig  als  in  der 
Abbildung,  indessen  möchte  jene  erhöhre  Unregelmässigkeit  nicht 
genügen,   daraus  eine  besondere  Species  zu  schaflen. 

Wir  würden  keinen  Anstand  nehmen,  das  Exemplar  nach  der 
Abbildung  als  eine  aufgeblähte  Varietät  des  interruptus  (Benettia- 
nus) anzusprechen. 

c.  PiCTET  bezeichnet  St.  Croix,  p.  221,  t.  28,  f.  7  und  8, 
als  Varietät  von  Amm.  interruptus  zwei  Windungsstücke  von  fast 
ausgewachsenen  Individuen,  an  welchen  sich  die  Rippen  der  beiden 
Seiten  auf  den  Rücken  ohne  Biegung  nach  vorn  mit  einander  ver- 
binden, nur  in  der  Medianlinie  eine  geringe  Verschwächung  zei- 
gend. Es  findet  hier  also  kein  Alterniren  statt,  den  .Abbildungen 
nach  auch  nicht  einmal  eine  Hinneigung  dazu.  Von  Gliesmarode 
sind  ähnliche  Formen  nicht  bekannt.  Sollte  nicht  ein  pathologi- 
scher Zustand  oder  dergleichen  vorliegen,  so  wird,  da  das  ge- 
dachte Alterniren  zu  den  specifischen  Merkmalen  gehören  dürfte, 
hier  keine  Varietät  von  Amm.  interruptus,  sondern  eine  besondere 
Species  vorliegen. 


562 


d.  Schon,  im  Jahre  1822  stellte  Alex.  Brongniart  in  Desc. 
geol.  des  envir.  de  Paris,  t  6,  f.  4.  für  Versteinerungen  von  der 
Perte  du  Rlione,  die  dem  damals  noch  wenig  bekannten  Amm. 
interniptus  sehr  ähneln,  die  besondere  Species  Amm.  Deluci  auf. 
Der  Unterschied  zwischen  beiden  besteht  zum  Theil  darin,  dass 
aus  den  Nahtknoten  bei  letzterem  in  der  Regel  drei  Rippen  ent- 
springen (d'Orb.,  T.  cret..  t.  62;  Pictet.  Gres  verts,  t.  6.  f.  3 — 5; 
QuENST.,  Cephal.,  t.  10.  f.  15).  während  bei  dem  typischen  Amm. 
interriiptns  aus  den  Nahtknoten  nur  zwei  Rippen  entspringen. 
Hin  und  wieder  entspringen  jedoch  am  Amm.  Deluci  aus  einem 
Nahtknoten  zwei  Rippen,  wie  Pictet,  1.  c,  f.  3  c  und  5.  darstellt, 
und  auch  Originalstücke  von  Perte  du  Rhone  zeigen.  Da  nun  am 
Gliesmaröder  Amm.  inferruptus  aus  einem  Nahtknoten  ausnahms- 
weise sich  deutlich  auch  drei  Rippen  erheben  und  somit  an  beiden 
Formen  die  bezügliche  Unregelmässigkeit  auftritt,  so  kann  diese 
Verschiedenheit  der  Rerippung  keinen  specifischen  Unterschied  be- 
gründen. d'Orbigny  und  Quenstedt  wollen  nun  aber  am  Amm. 
Deluci  eine  Besonderheit  erkannt  haben,  welche  allerdings  eine 
Abtrennung  erfordern  würde.  Es  soll  nämlich  der  Sipho  und  so- 
mit der  Dorsallobus  nicht  in  der  Medianlinie  liegen,  sondern  bald 
nach  rechts  bald  nach  links  gerichtet  sein.  Diese  Lage  des  Sipho 
wäre  eine  Anomalie,  die  bei  den  x\mmoniten  kaum  wahrschein- 
lich ist.  Es  befinden  sich  in  unserer  Sammlung  zwei  Windungs- 
stücke von  Gliesmarode.  das  eine  von  einer  halben  Windung  und 
das  andere  nicht  ganz  so  lang.  Das  erste  hat  6  Nahtknoten  und 
entspringen  Rippen  aus  dem  vordersten  Nahtknoten  2  und  dann 
aus  dem  zweiten  3.  aus  dem  dritten  2,  aus  dem  vierten  3.  aus 
dem  fünften  2  und  aus  dem  sechsten  nicht  deutlich  2  oder  3; 
das  andere  Fragment  führt  4  Nahtknoten,  die  beiden  vorderen 
mit  je  2  und  die  beiden  dann  folgenden  mit  je  3  Rippen.  Nach 
dieser  Art  der  Berippung  gehören  beide  Fragmente  denjenigen 
Ammoniten  an ,  die  Alex.  Brongniart  Amm.  Deluci  benannte. 
Es  liegt  aber  an  ihnen  die  Mitte  des  kleinen  Sattels,  den  die 
beiderseitigen  Endspitzen  des  Dorsallobus  zwischen  sich  bilden  und 
somit  auch  der  Sipho,  genau  in  der  Medianlinie.  Selbst  wenn 
die  Beobachtungen  von  d'Orbigny  und  Quenstedt  richtig  sein 
sollten,  so  muss  nach  dem  Vorkommen  in  Gliesmarode  die  ano- 
male Lage  des  Sipho  in  localen  Verhältnissen  beruhen  und  die  Ab- 
trennung einer  besonderen  Species  kann  nicht  gerechtfertigt  werden. 
Wenn  aber  die  Loben  an  den  Exemplaren  vom  Perte  du  Rhone, 
die  den  gedachten  Paläontologen  zu  Gebote  standen,  nicht  deut- 
licher erkennbar  waren,  als  an  den  unserigen  von  dort,  so  könnte 
eine  Täuschung  um  so  leichter  untergelaufen  sein,  als  die  Wände 
des    Dorsallobus,    dessen   Nebenäste    sich    den   Unebenheiten   der 


563 


alternirendeii  Rückenknoten  anschliesseii  und  unsymetrisch  er- 
scheinen. Unter  solchen  Verhältnissen  ist  die  Species  Ämm. 
Dchici  nicht  anzuerkennen  und  niuss  solche  mit  Ämm.  inferriipttis 
Brug.  vereinigt  werden.  —  Dasselbe  dürfte  mit  noch  einigen  an- 
deren Species  der  Fall  sein  wie  z.  B.  mit  A.  splendens  Sow. 
(die  Mundöffnung  etwa  dreimal  so  hoch  als  breit,  der  Rücken 
eben  und  der  Dorsallobus  nach  rechts  oder  links  gerichtet  oder 
in  der  Mitte) ,  jedoch  liegt  uns  kein  genügendes  Material  vor, 
um  darüber  zu  befinden. 

Im  üebrigen  vereinigt  d'Orbigny  den  Amm.  Deluci  anfäng- 
lich (p.  211)  mit  Amm.  interrupius,  stellt  ihn  aber  später  (p.  219) 
als  Amm.  äenarius  Sow.  dar,  weshalb  ist  nicht  angegeben.  Nach 
PiCTET  indessen,  der  die  Exemplare  in  Deluc's  Sammlung,  wo- 
nach Brongniart  die  Species  bildete,  untersucht  hat,  stimmen 
Amm.  Deluci  und  Amm.  denarius,  auch  bezüglich  des  abnormen 
Dorsallobus,  völlig  überein  (Gres  verts,  p.  70,  und  St.  Croix.  p.  222). 
d'Orbigny.  der  Amm.  denarius  von  Amm.  interruptus  trennt, 
durfte  in  diesem  Simie  den  J.mm.  Deluci  nicht  als  synonym  mit 
Amm.  interruptus  bezeichnen,  auch  den  Amm.  denarius  nicht 
unter  dieser  Benennung  sondern  unter  der  älteren  Amm.  Deluci 
beschreiben. 

Ferner  nennt  Quenstedt.  wie  schon  oben  erwähnt,  den 
Amm.  interruptus  Brug.  nach  Sow..  t.  .308,  Amm.  dentatns  und 
zwar  weil  Brugui^re  nicht  einen  Amin,  interruptus  sondern  einen 
Amm.  Parhinsoni  vor  Augen  gehabt  habe.  Es  ist  dies  nicht  un- 
zweifelhaft. Wie  dem  aber  sei,  so  darf  die  Species  keinenfalls 
mit  Sow.  Amm.  dentafus  genannt  werden,  weil  diese  Benennung 
schon  früher  von  Reinecke  für  eine  Species  aus  dem  weissen  Jura 
verbraucht  war.  Es  empfiehlt  sich  aber  umsomehr  für  die  Gault- 
Species  die  Benennung  Amm.  interruptus  beizubehalten,  als  sich 
solche  bereits  eingebürgert  hat. 

3.  Amm.  auritus  Sow..  Min.  C,  t.  134;  d'Orb.,  1.  c,  t.  65. 
Nur  einige  wenige  Fragmente  von  ausgewachsen  und  jungen  Exem- 
plaren. Die  Mundüffnung  ist  an  den  Einen  doppelt  so  hoch  als  breit, 
an  den  Andern  sind  diese  Dimensionen  fast  gleich.  Die  Stücke  des 
Amm.  auritus  von  Bodenstein,  von  denen  eine  grosse  Anzahl 
vorliegt,  bilden  hierin  einen  Uebergang.  sodass  die  Form  der 
Mundöffnung  wie  bei  Amm.  interruptus  keinen  specifischen  Unter- 
schied bedingt.  Die  Seiten  pflegen  ziemlich  flach  zu  sein.  Der 
Rücken  ist  gewöhnlich  ein  wenig  concav,  jedoch  nichtt  so  viel  als 
d'Orbigny  angiebt.  Die  ausgewachsen  Exemplare  haben  auf  dem 
Umgang  in  der  Regel  12  Nahtknoten  und  doppelt  so  viel  Rücken- 
knoten oder  noch  mehr.  I^etztere  sind  ungewöhnlich  hoch,  bei 
den  aufgeblähten  Exemplaren  pflegt  dies  auch  mit  den  andern  der 


564 


Fall  zu  sein.  Im  Jugendzustande  ist  die  Anzahl  am  grossesten. 
Aus  jedem  Nahtknoten  erhebt  sich  ein  Büschel  von  2  oder  3  Rip- 
pen, unregelmässig  schalten  sich  zwischen  je  2  solcher  Büschel 
1  oder  2  Rippen  ein.  Die  Rippen  sind  ziemlich  stark  und  ver- 
einigen sich  in  der  Regel  o  derselben  zum  Rückenknoten,  die 
vorderen  beiden  laufen  über  die  Seiten  ziemlich  radial,  die  an- 
deren aber  mit  starker  Biegung  nach  vorn.  In  dieser  Weise  ge- 
staltet sich  die  Berippung  zwar  im  Allgemeinen,  jedoch  treten  an 
einzelnen  Stücken  stellenweise  und  nicht  lange  anhaltend  mancherlei 
Abweichungen  auf.  So  z.  B.  wird  ein  Rückenknoten  nur  von  1 
oder  2  Rippen  gebildet;  entspringen  im  letzteren  Falle  beide  aus 
einem  Nahtknoten,  so  findet  entweder,  nachdem  die  hinteren  stark 
nach  rückwärts  gebogen,  eine  Wiedervereinigung  im  Rückenknoten 
statt,  oder  es  läuft  die  hintere  Rippe  nach  dem  gegenüberstehen- 
den und  die  andere  nach  dem  nächst  vorderen  Rückenknoten,  auf 
der  Seite  ein  Zickzack  bildend.  Es  ist  dies  der  Verlauf  der 
Rippen  bei  Äimn.  BauHnianus  d'Orb.  (s.  weiter  unten).  —  Da 
von  Gliedmarode  nur  wenige  Fragmente  und  von  keiner  besonde- 
ren Erhaltung  vorliegen  ^  so  sind  in  vorstehender  Beschreibung, 
so  weit  nöthig,  Stücke  von  Bodenstein  zur  Hülfe  genommen.  — 
d'Orbigny  giebt  als  typische  Form  die  hochmündige  und  zeichnet 
die  Rippen  etwas  flach,  sodass  deren  Vereinigung  zu  den  Rücken- 
knoten undeutlich  erscheint. 

In  der  Gliesraaröder  Thongrube  sind  die  Amni.  auritus- 
Fragmente   zunächst  unter  der  festen  Schicht  gefunden. 

4.  Amm.  Guersanti  b'Okb.,  1.  c,  t.  67,  f.  1 — 4.  Nur  ein 
ziemlich  gut  erhaltenes  Windungsstück  mit  einem  Theile  der  Wohn- 
kammer und  woran  die  vorhergehende  Windung  haftet ,  liegt 
vor;  das  vollständige  Exemplar  mag  65  mm  im  Durchmesser  ge- 
habt haben.  Die  Mundöfinung  hat  da.  wo  die  Wohnkammer  be- 
ginnt, eine  Breite  an  der  Nahtkante  von  20  mm  und  an  der 
Rückenkante  12  mm  und  eine  Höhe  von  27  mm.  Die  Seiten  sind 
flach.  Der  Rücken  ist  nicht  concav  sondern  flach,  jedoch  macht 
sich  darauf  eine  Verbindung  der  Rückenknoten  der  einen  Seite 
mit  den  alternirenden  der  anderen  Seite  durch  eine  schwache  Er- 
hebung bemerkbar.  Die  Rückenknoten,  deren  Anzahl  die  der 
Nahtknoten  wenig  übersteigt,  sind  hoch  und  liegen  spiralförmig 
auf  der  Rückenkante,  nur  mit  der  vorderen  Spitze  nach  dem 
Rücken  geneigt.  Aus  den  Nahtknoten  entspringen  je  2  flache 
Rippen.  Von  diesen  Rippen  verbindet  sich  entweder  die  eine  mit 
dem  gegenüberstehenden  Rückenknoten  und  die  andere  mit  dem 
nächst  vorderen,  oder  es  vereinigen  sich  die  beiden  Rippen,  nach- 
dem sie  sich  auseinandergebogen  haben,  wieder  in  einem  Rücken- 
knoten.     Ausserdem  entstehen  auf  der  Seite   noch  einige  Rippen, 


565 

die  sich  dem  Rückenknoten  anscWiessen,  jedoch  ist  der  Anschluss 
stellenweise  undeutlich.  Es  dürfte  nach  vorstehender  Darstellung 
nicht  zweifelhaft  sein,  dass  das  Gliesmaröder  Stück  diejenige 
Form  ist.  die  d'Orb.,  t.  67.  f.  3  und  Pictet,  Gres  verts,  t.  5,  f.  7. 
Ämm.  Guersanti  nennen.  Da  nun  aber  das  Gehäuse  des  Amm. 
Guersanti  von  dem  des  Amm.  auritus  im  Wesentlichen  nicht  ab- 
weicht, auch  dieselbe  Art  der  Berippung  des  Amm.  Guersanti 
sich  stellenweise  am  Amm.  auritus  findet,  so  treten  wir  der  An- 
sicht von  QuENST.,  Cephal.,  p.  15i  und  Pictet,  St.  Croix,  p.  225, 
bei.   dass  beide  Formen  ein  und  derselben  Species  angehören. 

d'Orbigny  fasst  im  Prodr.  IL.  p.  123  (No.  19,  16)  seine 
beiden  Species  Amm.  Guersanti  und  Amm.  Baulinianus  unter 
der  letzten  Benennung  zusammen. 

Das  Fragment   hat  sich  in  den  unteren  Schichten  gefunden. 

5.  Ämm.  Raulinianus  u'Orb.,  T.  cret.,  t.  68;  Pictet,  St. 
Croix,  t.  29.  FiS  liegen  2  Stücke  vor.  No.  1  ist  ein  Stück  der 
Wohnkammer,  hinten  mit  der  letzten  Suturlinie.  Hier  hat  die 
Mundöflfimng  22  mm  Höhe  und  23  mm  Breite.  Das  vollständige 
Exemplar  möchte  einen  Durchm.  von  55  mm  gehabt  haben.  No.  2 
ist  ein  vollständiges  Exemplar  von  22  mm  Durchmesser.  Die 
vordere  kreisförmige  Mundöiinung  ist  10  mm  breit  und  eben  so 
hoch  und  haftet  vorn  daran  ein  kurzer  Theil  der  nächsten  Win- 
dung. Dem  Erhaltungszustande  nach  ist  es  nicht  unwahrschein- 
lich, dass  beide  Stücke  ein  und  demselben  Individuum  angehörten. 
An  No.  1  ist  die  Nahtkante  gerundet  und  zeigt  dasselbe  4  Naht- 
knoten und  gleich  viel  Rückenknoten  und  würden  auf  einen  Um- 
gang je  IS — 20  fallen.  Die  Nahtknoten  beginnen  als  Rippen 
bereits  an  der  Naht  und  verstärken  sich  dann  in  fast  halber  Ent- 
fernung zwischen  der  Naht  und  der  Rückenkante  zu  einem  länglichen 
hohen  Höcker,  dessen  Spitze  einen  runden  Knopf  bildet.  Aus  jedem 
Nahtknoten  entspringen  2  Rippen .  von  denen  ohne  Ausnahme 
die  eine  in  den  gegenüberstehen  den  Rückenknoten,  die  andere 
in  den  nächst  vorderen  verläuft,  so  den  Seiten  eine  zickzackartige 
Verzierung  gebend.  Die  langen  und  sehr  hohen  Rückenknoten 
biegen  sich  stark  nach  vorn  und  lassen  auf  dem  wenig  concaven 
Rücken  gegen  die  anderseitigen  Knoten  nur  einen  schmalen  freien 
Raum.  Das  Stück  stimmt  vollständig  mit  dem  entsprechenden 
Theile  der  Abbildung  bei  d'Orb.,  t.  68.  —  An  No.  2  hat  das 
jugendliche  Exemplar  von  22  mm  Durchmesser  auf  dem  letzten 
Umgange  (die  jüngeren  sind  durch  Gestein  bedeckt)  etwa  18  Naht- 
knoten, die  anfänglich  bereits  ziemlich  stark  sind,  und  dann  allmäh- 
lich wachsen,  so  dass  die  letzten  3  eine  verhältnissmässig  sehr  grosse 
Höhe  erreichen;  die  Spitzen  sind  knopfförmig  gerundet.  Aus  den 
Nahtknoten  entspringen  auf  der  ersten  Hälfte  der  Windung  3  starke 


566 


Rippen,  die  ohne  Zunalnne  der  Stärke  auf  dem  niclit  concaven 
Rücken,  alternirend  mit  denen  der  anderen  Seite,  endigen.  Im 
dritten  Viertheile  der  Windung  verstärken  sich  die  Rippen  und 
werden  sie  im  letzten  Viertheil,  welches  durch  das  Fragment  der 
nächsten  Windung  verdeckt  ist,  zu  Rückenknoten  heranwachsen,  es 
mag  sich  daselbst  auch  die  dritte  Rippe  der  Nahtknoten  verlieren 
und  sich  der  zickzackartige  Verlauf  der  beiden  bleibenden  Rippen 
bilden.  An  dem  anhaftenden  Fragment  der  nächsten  Windung 
treten  die  Naht-  und  Rückenknoten,  beide  ungemein  hoch,  auf  und 
verbinden  sich  die  beiden  Rippen  der  Nahtknoten  im  Zickzack 
mit  den  Rückenknoten  gleich  wie  in  No.  1.  Da  aber  der  Ver- 
lauf der  Rippen  im  Zickzack  stellenweise  auch  am  Ämm.  auritus 
vorkommt  und  letztere  Species  im  aufgeblähten  Zustande  wie 
Ämm.  Eaulinianus  auftritt,  so  erscheint  es  nicht  zulässig,  beide 
Formen  als  verschiedene  Species  zu  trennen.  Allerdings  hat 
Ämm.  Baulinianns  wie  ihn  d'Orbigny  abbildet,  ein  aufl alliges 
und  von  dem  typischen  Ämm.  auritus  abweichendes  Ansehen, 
jedoch  kann  dies  unter  den  obwaltenden  Umständen  die  specitische 
Trennung  nicht  rechtfertigen.  Man  wird  ihn  als  Varietät  zu  be- 
handeln haben.  Der  Ämm.  Banlinianus  zeigt  indessen  mancherlei 
Verschiedenheiten,  Pjctet  giebt  eine  ganze  Tafel  voll.  —  Im 
Uebrigen  machen  wir  noch  darauf  aufmerksam,  dass  die  Varietät 
Ämm.  BauJinianus  bis  zur  Grösse  von  18  mm  Durchmesser  eine 
grosse  Aehnlichkeit  mit  Ämm.  ititerruptus  hat. 

Beide  Stücke  haben  sich  in  den  unteren  Schichten  gefunden. 

6.  Ämm.  laufusVARK.  Sow..M.  C.  t.309;  d'Orb.,  T.  cret., 
t.  64,  f.  4 — 5;  PicTET.  Gres  verts,  t.  5,  f.  6;  Quenst.,  Cephal. 
t.  10,  f.  14.  Es  haben  sich  nur  2  jedoch  vollständige  Exemplare  ge- 
funden, das  eine  von  25  mm  Durchmesser  und  mit  fast  flacher  Seite, 
das  andere  von  .3?)  mm  Durchmesser  und  an  der  Naht  stark  auf- 
gebläht. Beide  sind  ihrer  geringen  Grösse  nach  Jugendzustände. 
Der  Rücken  führt  einen  scharf  durch  senkrechte  Wände  begrenzten 
etwa  1  mm  tiefen  Canal.  Die  Rippen  sind  ziemlich  erhaben.  Es 
entspringen  vorn  je  3  aus  einem  Nahtknoten,  jedoch  schliess.t  sich 
die  vordere  hin  und  wieder  dem  Knoten  nur  undeutlich  an.  Von 
15  mm  Durchmesser  an  pflegt  die  dritte  Rippe  zu  fehlen.  Der 
hohe  und  lange  Rückenknoten,  welcher  spiralförmig  ohne  Biegung 
nach  dem  Rücken  auf  der  Kante  ruht,  wird  gleichfalls  von 
3  Rippen  gebildet  und  zwar  von  den  2  vorderen  des  einen  Naht- 
knoten und  der  anderen  des  nächst  vorhergehenden  Nahtknotens. 
Eine  gleiche  Vertheilung  der  Rippen,  die  in  den  Abbildungen 
nicht  deutlich  erscheint  und  au  Ämm.  Baulinianus  erinnert, 
findet  an  vorliegenden  Exemplaren  von  Folkstone  statt.  —  An 
2  anderen  Exemplaren  von  1 0  und  1 2  mm  Durchmesser,  die,  da 


567 


der  Rücken  einen  deutlichen  Canal  zeigt,  als  Amm.  lautns  anzu- 
sprechen sein  dürfteil,  sind  zwar  Xalitlcnoten  aber  keine  Rücken- 
knoten vorhanden,  auch  die  Xahtknoten  verschwinden  bei  etwa 
6  mm  Durchmesser.  Die  Rippen  verflachen  sich  immermehr  und 
sind  sie  und  der  Canal  bald  selbst  mit  der  Lupe  nicht  mehr  zu 
erkennen.  Aehnlich  zeichnet  den  früheren  Jugendzustand  d'Orbigny 
bei  Ahun.  infernqjtns.  t.  32.  f.  6,  und  Aiuni.  denarius.  t.  62.  f.  5, 
und  PiCTET,  Gres  verts,  bei  Amin,  lantns,  t.  5,  f.  6  c.  —  Amm. 
tuhercidatus  Sow.  (einschliesslich  Amm.  pruhoscidetis  Sow.),  der 
von  Gliesmarode  nicht  bekannt  ist,  reiht  sich  an  Amm.  lautus 
ebenso  wie  Amm.  Ranliniamis  an  Amm.  unritiis  und  dürfte  eine 
specifische  Abtrennung  zwischen  jenen  beiden  nicht  zulässig  sein. 
—  PiCTET  und  QuENSTEDT  Vereinigen  Amm.  auritus  und  Amm. 
lautus  zu  einer  Species  und  auch  wir  sind  früher  dieser  An- 
schauung gefolgt  (s.  diese  Zeitschrift.  Jahrg.  1853,  p.  506).  In 
der  That  stehen  beide  was  das  Gehäuse,  die  Berippung  etc.  und 
was  die  Loben  anbetrifft,  sehr  nahe,  jedoch  bleibt  der  alleinige 
Unterschied,  der  Canal  am  Rücken  bei  Amm.  lautus.  bestehen, 
wenn  man  auch  andere  als  die  Gliesmaröder  Stücke  in  Betracht 
zieht.  Mag  die  Concavität  des  Rückens  bei  Amm.  auritus  noch 
so  stark  sein,  so  haben  wir  doch  nie  einen  üebergang  der  ge- 
rundeten Einbiegung  zum  Canal,  der  stets  durch  senkrechte  Wände 
begrenzt  ist,  bemerkt.  Es  empflehlt  sich  daher  einstweilen  beide 
Formen  als  verschiedene  Species  aufzufassen. 

Bei  Gliesmarode  sind  die  wenigen  Stücke  von  Amm.  lautus 
in  den  unteren  Schichten  gefunden. 

Von  glatten  und  gekielten  Ammoniten  hat  sich  bislang  noch 
nichts  gezeigt. 

Die  Gliesmaröder  Ammoniten  gehören  zur  Familie  der  Den- 
taten  von  Buch's  (zur  formreichen  Familie  der  Stephanoceratidae 
von  ZiTTEL  und  in  dieser  zu  der  Gattung  Hoplites  Neumayr). 
Dem  Obigen  zufolge  begrenzen  sich  die  Species  kurz  zusammen- 
gefasst  folgendermaassen : 

Amm.  interruptus.  Mundöifnung  bis  1 Y2  mal  so  hoch  als 
die  Breite,  jedoch  letztere  auch  durch  Aufblähung  in  den  Naht- 
kanten mit  der  Höhe  gleich,  ja  noch  etwas  grösser.  Rücken  mehr 
oder  weniger  concav.  jedoch  ohne  Canal.  10  —  24  Xahtknoten, 
aus  welchen  in  der  Regel  2 — 3  Rippen  entspringen.  Neben  die- 
sen Büscheln  legt  sich  hin  und  wieder  eine  Rippe  auf  der  Seite 
ein.  Die  Rippen  biegen  sich  in  der  Nähe  des  Rückens  nach  vorn 
und  bildet  jede  einzelne  einen  Rückenknoten.  Letztere  ver- 
flachen sich  auf  dem  Rücken  lassen  hier  mit  denen  von  der  an- 
deren Seite  einen  freien  Zwischenraum  und  alterniren. 


568 


Die  Species  Ämm.  BeneUiamis  Sow.,  Ajmn.  Chahreyanus 
PiCTET,  Amm.  Beluci  Brongt.,  Amni.  denarius  Sow.  und  Amm. 
denfatus  Sow.   sind  synonym  mit  Amm.   interriiptHS. 

Amm.  miritus.  Der  Unterschied  von  der  vorigen  Species 
besteht  hauptsächlich  darin,  dass  am  Amui.  miritus  nicht  jede 
Rippe  einen  besonderen  Rüclienknoten  bildet,  sondern  bei  ihm 
mit  seltener  Ausnahme  2 — 3  Rippen  in  einen  Rückenknoteii 
zusammenlaufen,  der  sehr  hoch  zu  sein  pflegt.  Rücken  concav 
ohne  Canal.  Involubilität  etwa  Y2,  dies  und  die  Mundöffnung  wie 
bei  Amin,  interruptiis.  Die  Art  der  Berippung  welchselt  an  ein 
und  demselben  Individuum  nicht  selten. 

Amm.  Guersanti.  Der  Rücken  ist  niclit  concav  viel- 
mehr flach;  im  Uebrigen  weicht  die  Form  von  der  Species 
Amm.  miritus  nicht  ab.     Mit  dieser  zu  vereinigen. 

Amm.  Bmiliniamis.  Meist  aufgebläht  und  der  Verlauf 
der  Rippen  zickzackförmig,  jedoch  an  ein  und  demselben 
Individuum  nicht  ohne  Wechsel.  Vom  Amin,  miritus  nicht  spe- 
cifisch  zu  trennen. 

Atmn.  lautus  unterscheidet  sich  vom  Amm.  miritus  .  nur 
dadurch,  dass  ersterer  auf  dem  Rücken  mit  einem  Canal  ver- 
sehen ist.  —  Amm.  tuherculatus  Sow.  und  Amm.  prohoscideus 
Sow.   sind  aufgeblähte  Amm.  Imitus. 

Nächst  den  Ainmoniten  mag  hier  erwähnt  werden: 

7.  Hamites  rotiindus  Sow.  bei  d'Orb.,  T.  cret..  t.  lo2, 
f.  1  —  4  und  bei  Pictet.  Gres  verts,  t.  14.  f.  1,  obgleich  davon  nur  ein 
Stück  aus  den  untersten  Schichten  vorliegt,  die  Species  jedoch 
für  den  oberen  Gault  bezeichnend  ist.  Dasselbe  ist  28  mm  hoch, 
gerade  und  ohne  jede  Art  der  Krünunung.  Durchschnitt  oval, 
von  23  und  27  mm  Durchmesser  und  führt  ringförmige,  hohe, 
einfache  Rippen,  die  sich  am  Bauche  verschwächen.  Das  Stück 
gehört  ohne  Zweifel  der  Species  an,  welche  die  obigen  Abbildun- 
gen darstellen.  Auch  weicht  dasselbe  von  Folkstoner  Exemplaren 
nicht  ab.  die  sich  in  unserer  Sammlung  befinden.  Wenngleich 
nun  die  Identität  feststeht,  so  fragt  sich,  ob  die  Benennung  rich- 
tig ist.  Pictet  (St.  Croix,  p.  96  und  120)  verneint  diese  Frage. 
SowBRBY  bildet  nämlich  seinen  Hmnites  ro/undus,  t.  61.  f.  2 — 4, 
nicht  nur  mit  hakenförmiger  sondern  auch  mit  seitlicher  Krüm- 
mung ab,  letztere  so  gering,  dass  sie  kaum  bemei^kbar,  jedoch 
wird  ihi-er  im  Texte  ausdrücklich  gedacht.  Hiernach  wäre,  wie 
Pictet  mit  Recht  behauptet.  Sowerby's  Hmnites  rottindiis  nicht 
ein  Hamites  sondern  ein  Helicoceras  und  dürften  die  obi- 
gen Abbildungen  bei  d'Orbigny  und  Pictet,  die  echte  Harai- 
ten  sind  wie  auch  das  Gliesmaröder  Stück,  nicht  mit  Ha- 
mites rotundus  bezeichnet  werden.     Die  vorliegende  Form  wurde 


569 

zur  Vermeidung  von  Missverständnissen,  als  Hnmifcs  »laxiiuns 
Sow.  anzusprechen  sein,  welche  Species  mit  Ausnahme  der  seitlichen 
Biegung  mit  Hamites  rotundiis  übereinstimmt.  Da  indessen  diese 
Biegung  sehr  gering  ist  und  sie  füglich  durch  Yerdrückung  ent- 
standen sein  könnte,  so  verbleiben  wir  einstweilen  bei  der  ur- 
sprünglichen Benennung. 

Von  Bivalven  sind  in  der  Gliesmaröder  Ziegelei-Thongrube 
z.  Zt.  nur  wenige  Species  bemerkt.  Ungemein  häutig  iindct 
sich  aber: 

8.  Inocera inii s  coi/cciifricnsVxKK.  Goi^df.,  Petr. (t..  1. 109, 
f.  8  a,  b,  c  nicht  d,  e,  f;  j/Orb.,  T.  cret.,  t.  404;  Pictet,  Gres 
verts,  t.  42,  f.  2.  An  einigen  Stellen,  so  zunächst  unter  der  festen 
Schicht  und  etwa  20  m  darüber  liegt  er  in  Bänken  von  1  —  2  ni 
Mächtigkeit,  jedoch  nach  oben  und  unten  nicht  bestimmt  begrenzt. 
An  diesen  Stellen  liegt  Stück  an  Stück  zerbrochen,  jedoch  sodass 
man  meistens  die  einzelnen  Theile  eines  Individuum  im  Sinne  zu- 
sammenfügen kann.  Sie  haben  hier  also  gelebt.  Gute  Exem- 
plare, die  sich  für  Sanunlungen  eigneten,  sind  selten.  Die  Form 
stimmt  im  Allgemeinen  mit  den  citirten  Abbildungen  überein, 
jedoch  ist  der  Schlossrand  mit  der  Ligamentgrube  nicht  so  schief 
wie  PiCTET  zeichnet,  sondern  parallel  der  Längsaxe  wie  bei 
d'Orbigny.  Die  grösste  Länge  liegt  ein  wenig  über  der  Hälfte 
der  Höhe.  Die  Höhe  der  Gliesmaröder  Exemplare  ist  gewöhn- 
lich 40 — 60  mm.  selten  bis  80  mm.  Sie  haben  eine  weisse  fase- 
rige Schale  von  Papierdicke  und  blättert  solche  beim  Uebergang 
der  Stücke  aus  den  grubenfeuchten  in  den  trockenen  Zustand  ab. 
Bei  dieser  geringen  Dicke  der  Schale  und  folgeweise  ihrer  ge- 
ringen Widerstandsfähigkeit  muss  man  annehmen,  dass  die  Mu- 
schel, vor  Einbettung  in  den  Schlamm  mit  der  inneren  Aus- 
kleidung der  Perlenmtterschicht  noch  behaftet  und  mit  Schlamm 
erfüllt  gewesen  war.  Erst  später,  nachdem  die  Perlemutterschicht, 
von  welcher  jetzt  keine  Spur  mehr  zu  bemerken  ist,  durch  Auf- 
lösung entfernt  war,  wird  die  Schale  in  den  zerbrochenen  Zu- 
stand, wie  sie  sich  jetzt  vorfindet,  versetzt  sein.  Nach  Unter- 
suchung von  Sachverständigen  besteht  bei  Inoceramus  die  äussere, 
faserige  Schalenschicht  aus  Kalkspath  und  die  innere  Perlenmtter- 
schicht aus  Aragonit.  und  da  das  erstere  Mineral  sich  in  kohlen- 
säurehaltigem Wasser  leichter  auflöst  als  das  letztere,  so  erklärt 
sich  der  Vorgang  bei  Gliesmarode.  Die  Oberfläche  der  weissen 
Schale  lässt  bei  gutem  E^rhaltungszustande  zwischen  den  concen- 
trischen  Kunzein  feine,  jedoch  mit  unbewaflnetem  Auge  noch  er- 
kennbare Anwachsstreifen  bemerken,  die  am  Buckel  sehr  dicht 
liegen,  nach  den  Rändern  zu  sich  von  einander  entfernen;  bei 
einem  Exemplare  von  50  nun  Höhe  folgen   sie  am  Unterrande  in 

Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  3.  3,>5 


570 

etwa  2  mm  Eutfeniung  aufeinander.  Die  Abbüdungen  zeigen  die 
Anwachsstreifen  nicht,  obgleich  ihrer  in  der  Beschreibung  gedacht 
wird.  Die  Steinkerne  geben  die  concentrischeu  Runzeln  der  übrig 
gebliebenen  Schale  nicht  abgeschwächt. 

Es  möge  im  Folgenden  noch  erörtert  werden,  ob  und  inwie- 
fern der  Gliesmaröder  Inocerainns  concentricns  von  den  nächstste- 
henden Gault-Species  anderer  Oertlichkeiten  abweicht,  als  I.  Co- 
(ßtancli  d'Orb..  T.  cret..  t.  403,  f.  6  —  8;  Pictet,  St.Croix,  t.  160, 
f.  9_10  —  I.  Safowom  d'Orb.  Prodr.  IL,  p.  139  (No.  19,  f.  274); 
Pictet,  St.  Croix,  t.  160,  f.  5 — 6  —  I.  E/valdi  Scuwtizr.  Kreide- 
Bivalv..  p.  7.  Was  zunächst  den  I.  Coquandi  anbetrifft,  so 
steht  dieser  den  Darstellungen  zufolge,  dem  I.  concentiicus  sehr 
nahe,  bleibt  jedoch  kleiner,  bis  25  mm.  hoch  und  unterscheidet 
sich  vom  letzteren  durch  flachere  rechte  Schale  und  gänzliches 
Fehlen  der  concentrischen  Runzeln.  Seit  dem  Aufsatze  über  den 
Bodensteiner  Gault  vom  Jahre  1853  haben  sich  dort  Versteine- 
rungen gefunden,  die  wir  für  I.  concentricus  halten.  Es  liegen 
5  Stück  vor,  alle  nur  die  linke  Klappe  zeigend,  die  grösste  23  mm 
hoch.  Obgleich  aus  Thon  herstammend,  so  bestehen  die  Stein- 
kerne doch  wie  die  vorkommenden  Concretionen  aus  dunkel  •  brau- 
nen, festen  Gestein,  die  darauf  haftende  Schale  ist  aber  heller. 
Der  Erhaltungszustand  ist  gut.  Das  eine  dieser  Stücke  zeigt 
keine  Andeutung  von  concentrischen  Runzeln,  sondern  führt  nur 
nahe  liegende  feine  Anwachsstreifen.  Dasselbe  würde  als  I.  Co- 
quanäi  anzusprechen  sein.  Zwei  dergleichen  haben  die  Runzeln 
vom  Wirbel  bis  zum  ünterrande  regelmässig  folgend,  sie  weichen 
von  Gliesmaröder  Formen  nicht  ab,  und  müssen  für  I.  concen- 
tricus gehalten  werden.  Die  beiden  anderen  Stücke  führen  einige 
wenige,  mehr  oder  weniger  von  einander  abstehende  Runzeln  und 
sind  im  Uebrigen  glatt.  Sie  stehen  offenbar  zwischen  I.  concen- 
tricus und  /.  Coquandi,  wie  sie  normal  gedacht  werden.  Es 
könnte  hiernach  zweifelhaft  erscheinen,  ob  die  neuere  Species 
/.  Coquandi  beizubehalten  ist.  Jedoch  möchte  das  vorliegende 
Bodensteiner  Material,  zumal  rechte  Klappen  fehlen,  zu  gering 
sein,  um  danach  zu  entscheiden.  —  Von  der  Species  I.  Salo- 
moni  d'Orb.,  die  sich  vom  I.  concentricus  durch  weite  Verlän- 
gerung nach  hinten  und  durch  eine  Einbuchtung  vom  Wirbel  bis 
zum  Unterrand  unterscheidet,  findet  sich  bei  Gliesmarode  nichts. 
Die  Species  möchte  eine  gute  sein;  sie  ist  von  Folkstone  und 
Wissant  nicht  bekannt  und  scheint  dem  unteren  Gault  anzuge- 
hören. —  I.  Ewa! dl,  den  Schlüter  an  bezeichneter  Stelle  be- 
schrieben hat,  unterscheidet  sich  danach  von  I.  concentricus,  dass 
an  jener  Species  der  Wirbel  der  linken  Schale  weniger  hervortritt 
und  dass  sie  sich  nach   hinten  weiter  ausdehnt.     Es  stinunt  dies 


571 


mit  einem  gut  erhalteüen  Exemplare  von  Ahaus,  das  wir  der  Güte 
des  Herrn  von  der  Makk  verdanken.  Die  linke  Schale  erhebt 
sich  nicht  mehr  als  die  rechte  des  I.  concentricus.  Der  gerade 
Schlosrand  ist  ziemlich  lang.  Der  Hinterrand  und  der  Unterrand 
sind  kreisförmig  gebogen.  Eine  Einbiegung  ist  weder  an  jenem 
noch  an  diesem  vorhanden.  Höhe  und  Länge  sind  fast  gleich. 
Von  I.  SalomonL  der  gleichfalls  hinten  verlängert  ist,  unterscheidet 
sich  I.  Eivaldi  vorzüglich  dadurch,  dass  diesem  die  Depression 
fehlt,  die  zum  Unterrande  läuft  und  daselbst  noch  hervortritt. 
Der  I.  Eivaldi  ist  bis  jetzt  nur  aus  unterem  Gault  mit  Anuii. 
Martini  (Aptien)  bekannt.  —  Die  Gliesmaröder  Yorkonnnen  ver- 
anlassen diesen  Verhältnissen  zufolge  zu  keinen  Einsprüchen  gegen 
die  Species  /.  Suluiiioni  und  I.  EwaUli,  dagegen  dürfte  die  Species 
I.   Coquandi  zweifehaft  erscheinen. 

L  concentricus  Park,  kommt  in  der  Gliesmaröder  Ziegelei- 
Thongrube,  wie  schon  erwähnt,  in  den  oberen  und  unteren  Schich- 
ten stellenweise  ungemein  häutig,  dazwischen  selten  vor.  /.  snJ- 
catus  Park,  der  gewöhnlich  der  Begleiter  von  jenem  ist.  hat 
sich  noch  nicht  gezeigt. 

9.  Nufula  xjectinafa  Sow.  d'Orbionv,  T.cret.,  t.  oOo,  f.  S 
bis  14;  PiCTET,  St.  Croix.  t.  139,  f.  13.  Es  liegt  nur  ein  Exemplar, 
jedoch  in  gutem  Erhaltungszustande  und  zwar  aus  den  tiefsten 
Schichten  vor.  Dasselbe  hat  22  mm  Länge  und  führt  die  Schale 
von  weissem  leicht  zerreiblicheni  Kalk,  radiale  breite  Kippen  mit 
gleich  breiten  Zwischenfurchen.  Reuss  beschreibt  in  den  Ver- 
steinerungen der  böhmischen  Kreide  H.,  p.  3,  die  Species  aus 
höheren  Schichten,  jedoch  möchte  dies  noch  weiterer  Untersuchung 
bedürfen.  Piömer's  Nuciila  striatida.  Nordd.  Kreidegeb.,  p.  68, 
t.  8,  f.  26.  aus  Pläner  von  Strehlen,  hat  denselben  Umriss  wie 
N.  pectinaia,  auch  vorn  deren  grosse  Lunula,  aber  feine  radiale 
Streifen  anstatt  der  breiten  Rippen. 

10.  Kleine  Austern  sind  nicht  selten.  Sie  sind  länglich 
oval,  20 — 25  mm  lang,  die  Unterschale  glatt  ohne  dass  sich  die 
Anwachsstreifen  besonders  bemerkbar  machten.  Bei  den  wenig 
auffälligen  Merkmalen  liegen  indessen  nicht  genügsame  gute  Exem- 
plare vor,  um  die  Species  sicher  zu  bestimmen.  Osfrea  Ar- 
duenensis  d'Orb.,  T.cret.,  t.  472,  f.  1 — 4,  die  im  unteren 
Gault  selten,  im  oberen  jedoch  häufiger  ist.   steht  nahe. 

11.  Es  finden  sich  nicht  selten  Fragmente  von  Serpulen 
bis  30  mm  Länge,  die  stielrund,  3  —  4  mm  im  Durchmesser,  fast 
gerade  und  nur  wenig  gebogen  sind,  sodass  sie  leicht  für  Dentalien 
gehalten  werden  könnten,  jedoch  kommen  Stücke  von  nicht  regel- 
mässiger Biegung  vor.  In  der  frühesten  Jugend  scheinen  sie  kork- 
zieherartig gewunden  und  nur  mit  der  Spitze  angeheftet  zu  sein. 

38* 


.72 


Längsstreifen  fehlen.  Auffällig  sind  zum  Theil  auf  der  ganzen 
Oberfläche  ziemlich  dicht  haftende  Löcherchen.  die  mit  unbewaff- 
netem Auge  erkennbar  sind  und  die  Schale  nicht  durchdringen. 
Sie  mögen  von  Parasiten  herrühren.  Die  gleiche  Species  mit  den- 
selben Löcherchen  liegt  von  Folkstone  vor.  jedoch  ist  sie.  soviel 
uns  bekannt,   noch  nicht  bestimmt. 

12.  Wir  glauben  noch  eine  Species  Penfacrinus,  die 
wie  es  scheint  anderen  Orts  nicht  bemerkt  ist  und  deshalb  zu 
Vergleichungen  nicht  dient,  erwähnen  zu  sollen,  weil  sie  bei  Glies- 
marode  in  den  oberen  und  unteren  Schichten,  wenn  auch  nicht 
häufig  doch  auch  nicht  selten  vorkommt.  Es  liegt  etwa  ein  Dutzend 
Stielstücke  vor.  das  längste  14  mm  hoch.  Die  Stiele  sind  spitz 
fünfkantig.  Alle  Glieder  sind  an  demselben  Stücke  von  gleicher 
Höhe  und  Breite,  ein  Wechsel  von  mehr  oder  weniger  Höhe 
findet  nicht  statt;  ein  Kreis  den  man  um  die  Kanten  der  breite- 
sten legt,  hat  reichlich  7  mm  Durchmesser.  Es  bestehen  die  Stiel- 
stücke von  14:  mm  Länge,  welche  zugleich  die  dicksten  sind,  aus 
8  Gliedern.  Die  äusseren  Seiten  der  letzteren  sind  kaum  be- 
merkbar gewölbt  und  pflegen  überall  mit  kleinen  Warzen  verziert 
zu  sein,  welche  sich  selten  in  gerade  Linien  ordnen.  Die  Blumen 
von  5  Blättern  auf  den  Gelenkflächen  sind  sehr  deutlich;  die 
nebeneinander  liegenden  Blätter  treten  mit  ihren  Zähnchen  so  zu- 
sammen, dass  dazwischen  keine  dreieckige  Fläche  bleibt.  Der 
innere  flache  Raum  der  Blätter  ist  in  seiner  Mitte  am  breitesten. 
An  den  höchsten  Stielstücken  von  8  Gliedern  zeigen  die  unter- 
sten die  Gelenkgruben  für  Hülfsarme  und  ist  auf  der  oberen  Ge- 
lenkfläche des  obersten  Gliedes  die  Blumenkrone  kaum  erkennbar. 
Ist  dies  nicht  zufällig,  so  war  das  über  diesem  obersten  Gliede 
folgende,  aber  nicht  mehr  anhaftende  Glied  mit  Hülfsarmen  ver- 
sehen. Diesenfalls  liegen  hier  7  Glieder  zwischen  denen  mit  Hülfs- 
armen. Von  Pentncrinus  annulatus  Römer  (Oolithengeb,  t.  6,  f.  2, 
und  Kreidegeb..  p.  27  und  Quensteht.  Asteriden,  p.  2(33,  t.  99, 
f.  loS  — 142)  aus  Hilsthon.  unserer  Ellingserbrinker-Schicht,  vom 
Ellingserbrink  unterscheidet  sich  die  Gliesmaröder  Species  da- 
durch, dass  jene  weit  kleiner  ist.  dass  die  Glieder  keine  spitzige 
sondern  gerundete  Kanten  haben,  ihre  Seiten  stark  gewölbt  sind 
und  in  der  Mitte  einen  Gürtel  führen.  Noch  andere  Encriniden 
sind  aus  dem  norddeutschen  Neocom  und  Gault  nicht  bekannt. 

In  der  folgenden  Tabelle  sind  die  organischen  Reste  im 
Minimus-GdiwM  von  Bodenstein  und  Gliesmarode  einerseits  und 
aus  dem  Flammenmergel  andererseits  zusammengestellt,  auch  dabei 
das  Vorkommen  in  Folkstone  bemerkt.  Es  bedeutet  +  das  Vor- 
handensein und  —   das  Fehlen. 


573 


Palaeocury-ste.v  Stokesi 

Belemnites  minimun 

Nautilus  NecJcerianus 

Amnionife,s  interruptv.s  .     .     .     .     . 
fiKritus 

—  —      var.  Giier.scmÜ    . 

—  —      var.  RauUnianus 

—  laittus 

—  — ^      var.  tuberculatits 

—  Benauxianus     .     .     .     . 

—  varicosns      .     .     .     .     . 

—  inflatus 

— •         splendeus 

—  Maywianus      .     .     .     . 

TurriUtes  Puzosiamus 

Hamites  rotundus 

—  intermedius 

—  armatus 

Serpula  sp 

Nucida  pectinata 

Area  carinata 

Avicula  gryplmeoides 

Inoceramus  concentricns      .     .     .     . 

—  stdcatus 

Ostrea  Arduennensis? 

Pentacrinus  sp 


^  .3 


P5 


+ 

+ 


+ 

+ 

+ 


H    0, 
<U    o 


+ 


+ 
+ 


+ 


+ 


4- 
+ 


+ 

+ 

+ 


1^ 


-       + 
+       — 

+    I    + 

+       + 

+       + 

+ 
+ 
+ 
+ 
+ 
+ 
+ 
+ 
+ 
+ 


+ 
+ 
+ 
+ 


+ 
+ 

+ 
+ 

+ 
+ 
+ 

+ 
+ 
+ 


+ 
+ 

+ 
+ 


+ 

+ 


Bei  einer  Yergleichung  der  Petrefacteii ,  welche  in  den 
Ziegelei-Thongrubeii  bei  Bodensteiii  und  Gliesmarode  gefunden 
sind,  muss  zuvörderst  bemerkt  werden,  dass  erstere  Grube  schon 
zur  Zeit  unseies  Aufsatzes  darüber  nicht  mehr  im  Betriebe  war 
und  bald  darauf  gänzlich  vei'lassen  wurde,  sodass  später  nur  Nach- 
lese stattfand.  Die  Anzahl  der  Species  von  dort  erscheint  daher 
dürftig.  Von  diesen  sind  bei  Gliesmarode  seither  nicht  erkannt: 
Palaeocorijstes  (Corystes)  Sfol-esi,  Amm.  lautus  var.  tuhercnlatus 
und  Hamiies  infermedins,  jedoch  sind  von  den  letzteren  beiden 
die  typischen  Formen  vorhanden.  Alle  übrigen,  als  namentlich 
Behnm.  minimtis,  Amm.  cmrifus  und  lautus,  Hamites  rotttndus, 
Inocer.  concentricns  sind  beiden  Localitäten  gemeinsam.  Unter 
diesen  Verhältnissen  und  da  die  sämmtlichen  Species 
von  Gliesmarode  den  oberen  Gault  in  England.  Frank- 
reich und  der  Schweiz  bezeichnen,  so  unterliegt  es 
keinem  Zweifel,  dass.  wie  der  Bodensteiner  Thon,  so 
auch   der   Gliesmaröder    unserem   Minimus-GdiWli    ange- 


574 


hört.  Auffällig  ist  indessen,  dass  Ämm.  interruptus,  der  bei 
Gliesmarode  so  häufig  vorkommt,  hei  Bodenstein  gar  nicht  ge- 
bunden ist  und  dass  Ämm.  anritus  und  Ämm.  lauhis,  die  bei 
Bodenstein  vorwalteten ,  bei  Gliesmarode  seither  nur  in  wenigen 
Exemplaren  gefunden  sind.  Da  die  3  Species  ausserhalb  Deutsch- 
lands mit  einander  vergesellschaftet  sind,  wie  selbst  in  Folkstone 
der  Fall  ist.  wo  der  Mrinmiis-Gault  in  derselben  Facies  aufzu- 
treten scheint  als  hier,  so  dürfte  jener  Umstand  in  einer  Zufällig- 
keit begründet  sein. 

Die  Fauna  des  Flammenmergels,  der  sich  als  solcher  auf 
das  nördliche  Deutschland  beschränkt  und  den  Minimus-GaMlt 
stets  überlagert,  weicht  von  derjenigen  des  letzteren  etwas  ab. 
In  der  obigen  Tabelle  ist  nach  dem  dermaligen  Stande  der  Er- 
mittelungen das  Vorkommen  zusammengestellt.  Danach  gehen  die  in 
dem  oberen  Gault  ausserhalb  Deutschlands  weit  verbreiteten  Species : 
Ämm.  auriüis,  Ä.  lantus,  ä.  tuberculafus,  Hamites  rotundus 
und  Inocer.  concenfricus  von  dem  31inimns-Gsiu\t  in  den  Flammen- 
mergel über,  jedoch  ist  dies  nicht  der  Fall  mit  Belemn.  minimus 
und  Ämm.  interruptus.  Dagegen  finden  sich  verschiedene  Species 
des  Flammenmergels  in  dem  Miiiimus-GwiM  nicht,  wie  Ämm.  in- 
flatifs,  Ä.  varicosus  und  Ä.  Mayormnus,  Hamites  armatus, 
Turrilites  Pusosianas,  Inocer.  sulcatus  und  Ävicula  gryphaeoides. 
Es  folgt  hieraus,  dass  im  nördlichen  Deutschland  zur  Zeit 
des  Absatzes  der  jüngeren  Schichten  des  oberen  Gault, 
des  Flammenmergels,  die  wichtigen  Species  Belemn. 
minirnns  und  Ämm.  interruptus  bereits  ausgestorben 
waren  und  dass  die  nicht  minder  wichtigen  zuletzt  ge- 
dachten Species  Ämm.  inflatus  u.  s.  w.  zur  Zeit  des  Ab- 
satzes der  älteren  Schichten  des  oberen  Gault.  des 
Minimus -GüvlM  noch  nicht  existirten.  Es  sind  Ermitte- 
lungen erwünscht,  ob  und  in  wie  weit  auch  in  anderen  Gegenden 
ein  solches  Verhältniss  besteht.  In  Betreff  Belemn.  minimus  und 
der  Ävieula  grypltaeoides  möchte  die  Facies,  einerseits  plastischer 
Thon  und  andererseits  kieseliger  Mergel,  von  Einwirkung  ge- 
wesen sein. 

Der  Zweck  dieser  Zeilen  würde  erreicht  sein,  wenn  damit 
zur  weiteren  Kenntniss  des  oberen  Gault  beigetragen  wäre  und 
wenn  sich  Andere  dadurch  veranlasst  fänden,  die  selten  schöne 
Aufschluss-Stelle  bei  Gliesmarode  zu  besuchen.  Bei  dem  starken 
Betriebe  wird  es  nicht  fehlen,  daselbst  noch  manches  Neue  zu 
entdecken. 


575 


B.   Brielliehe  Mittheiluiiffeii. 


1 .  Herr  H.  Trautschold  an  Herrn  W.  Dames. 
lieber  Megalopteryx  und  JPelecyphorus. 

Breslau,   den  5.  September  1890. 

Ein  Referat  über  meinen  Artikel:  „üeber  Coccosfeus  me- 
galojiteryx,  C.  ohtusus  und  Cltelioplioriis  VerneuiH  im  Neuen 
Jahrbuch  für  Mineralogie  etc.,  1.  Heft,  11.  Band,  1890,  p.  145, 
veranlasst  mich  zu  folgenden   ergänzenden  Bemerkungen. 

Es  wird  getadelt,  dass  ich  die  dort  beschriebenen  Ruder- 
organe zur  Gattung  Coccosteus  gestellt,  während  es  doch  nicht 
zweifelhaft  sein  könne,  dass  Coccosteus  keine  verknöcherten  vor- 
deren Ruderorgane  gehabt  habe.  Letzteres  ist  betreffs  der  be- 
kannten schottischen  Coccosfeus  -  Arten  zuzugeben ,  dass  sie  aber 
gar  keine  Flossen  gehabt  haben,  wird  nicht  behauptet.  Im  Ge- 
gentheil  wird  anerkannt,  dass  Flossen,  wenn  auch  verwesbare, 
vorhanden  gewesen  sein  müssen,  um  den  mit  verhältnissmässig 
dicken  Platten  bedeckten  Körper  des  Fisches  fortzubewegen.  Die 
Beschaffenheit  dieser  Flossen  war  mithin  sehr  verschieden  von 
derjenigen  der  Panzerplatten,  wie  die  Flossen  der  jetzt  lebenden 
Fische  verschieden  sind  von  den  Knochentheilen  der  letzteren. 
Wenn  aber  Flossen  und  Panzerplatten  bei  Coccosteus  von  ver- 
schiedener Beschaffenheit  gewesen  sind,  so  liegt  doch  nichts 
Widersinniges  in  der  Annahme,  dass  auch  die  von  mir  beschrie- 
benen Flossen,  die  keine  eigentlichen  Knochenkörperchen  ent- 
halten, möglicher  Weise  der  Gattung  Coccosteus  angehört  haben 
und  dass  der  Schluss  in  dem  oben  erwähnten  Referat,  diese 
Flossen  könnten  nicht  den  Placoderraen  zugeordnet  werden,  weil 
in  ihnen  keine  Knochenkörperchen  nachgewiesen  sind,  ein  Fehl- 
schluss  ist.  Andererseits  ist  nicht  zu  leugnen,  dass.  da  alle  von 
mir  beschriebenen  Bruchstücke  jener  Flossen  isolirt  gefunden 
sind,   sie  möglicher  Weise   nicht    dem  Genus   Coccosfeus,    sondern 


576 


einer  anderen  Gattung  Fische  angehören.  Meiner  Geneigtheit, 
die  erwähnten  Flossen  einer  besonderen  Gattung  zuzutheilen,  habe 
ich  bereits  dadurch  Ausdruck  gegeben,  dass  ich  an  verschiedenen 
Stellen  meiner  Arbeit  (pag.  41)  von  Megniopteryx  als  von  einem 
Genus  und  von  einer  Megalopteryx-VXdiiXQ  gesprochen  habe,  und 
so  mögen  die  erwähnten  Flossen  eine  besondere  Gattungsbezeich- 
nung erhalten,  und  zwar  durch  Erhebung  des  Species  -  Namens 
Ilegalopteryx  zur  Gattungsbezeichnung. 

Doch  auch  die  Platte  mit  dem  beilförmigen  Fortsatz,  die 
ich  ebenfalls  mit  Coccosfeus  in  Verbindung  gebracht,  ist  nur 
isolirt  gefunden  worden,  und  obgleich  a.  a.  0.  die  Möglichkeit 
zugegeben  wird,  dass  dieser  Körpertheil  und  die  Megnlopteryx- 
Flossen  einem  und  demselben  Thiere  angehört  haben  könnten,  so 
ist  Möglichkeit  doch  nicht  Gewissheit,  und  es  ist  nur  folgerichtig, 
wenn  auch  diese  immerhin  recht  charakteristische  Form  von  Cor- 
cosfens  getrennt  und  ihr  ein  besonderer  Gattungsname  zuertheilt 
würde,  für  den  ich  die  Bezeichnung  Pcleci/phonis  vorschlage. 
Sollte  sich  in  der  Zukunft  zur  Evidenz  die  Zusammengehörigkeit 
der  beiden  besprochenen  Körpertheile  herausstellen,  so  wäre  dafür 
ja  Megniopteryx  secnrigera  eine  ganz  passende  Bezeichnung",  wo- 
mit ich  der  Kritik  hinreichendes  Entgegenkommen  bewiesen  zu 
haben  glaube. 

Was  dagegen  den  in  dem  erwähnten  Referat  ausgesprochenen 
Wunsch  betrifft,  auch  für  Coccosfeus  obtusus  eine  neue  Gattung 
aufzustellen,  so  muss  ich  mich  dagegen  vorläufig  noch  ablehnend 
verhalten,  da  die  verschiedene  Form  der  Leisten  auf  der  Unter- 
seite der  beschriebenen  Platten  mir  noch  nicht  genügenden  Be- 
weis für  die  x\btrennung  von  Coccosteus  zu  liefern  scheint.  Wenn 
es  am  Schluss  des  Referats  heisst.  dass  ich  über  CheUophorus 
Verneuüi  nichts  Neues  gebracht,  so  weise  ich  darauf  hin,  dass 
meines  Wissens  die  abgebildeten  Platten  noch  nirgends  producirt 
worden  sind.  Sie  sind  verschieden  von  den  bisher  beschriebenen 
und  abgebildeten  Theilen  der  Gattung  ClteHophorus,  sie  sind  also 
entschieden  neu  und  sie  werden  ohne  Zweifel  bei  späteren  Funden 
zur  weiteren   Aufkläruns;  über  diese  Form  von  Nutzen  sein. 


577 


2.    Herr  F.  J.  P.  van  Calkek  an  Herrn  C.  A.  Tenne. 

lieber  ein  Vorkommen  von  Kantengeschieben  und 
von  HyoUthus-  und  ScoUthus-Sajid^tem  in  Holland. 

Groningen,  im  September  1890. 

Die  Beobachtungen  über  die  unter  den  Namen:  Dreikantner. 
Pyramidalgeschiebe ,  Kanten  -  Geschiebe.  -Gerolle,  -Gesteine,  be- 
kannten Gebilde,  sowohl  was  ihre  Form-  und  Obei-flächen  -  Be- 
schaffenheit, als  die  Weise  ihres  Vorkommens  in  verschiedenen 
Gegenden  betrifft,  haben  sich  im  Laufe  der  letzten  Jahre  stark 
gemehrt  und  in  Folge  dessen  wurde  auch  die  Frage  ihrer  Ent- 
stehung so  vielfach  erörtert,  dass  nun  wohl  in  diesem  Punkte 
Uebereinstimmung  erreicht  ist.  insofern  die  Erklärung  der  Ent- 
stehung der  genannten  Gebilde  durch  Sandschliff  „sandcutting" 
gegenwärtig  so  gut  wie  allgemein  angenommen  ist. 

Vor  einigen  Jahren,  als  noch  wenig  Beobachtungen  über 
Dreikantner  gemacht  und  überdies  einzelne  darauf  bezügliche 
Mittheilungen  und  Erklärungen  noch  nicht  zur  allgemeinen  Kennt- 
niss  gelangt  waren,  lag  die  Sache  anders.  Berendt^)  hatte  auf 
deren  Vorkommen  im  norddeutschen,  erratischen  Gebiete,  und 
zwar  im  Decksande,  aufmerksam  gemacht  und  für  deren  Erklä- 
rung seine  bekannte  Packungstheorie  eingeführt.  Indem  er  das 
Schmelzwasser  des  diluvialen  Gletschers  in  Anspruch  nahm,  hatte 
er  die  Dreikantner  mit  in  den  Cyclus  dei-  glacialen  Erscheinun- 
gen resp.   der  Phänomene  der  Abschmelzperiode  hei-eingezogen. 

Noch  vor  Publication  seiner  zuletzt  citirten  Abhandlung,  im 
Januar  1884,  veranlasste  mich  das  Auffinden  von  Dreikantnern 
in  der  hiesigen  Gegend  mit  Herrn  Berendt  über  deren  Bildung 
zu  correspondiren.  und  theilte  er  mir  brieflich  seine  Erklärung 
mit.  Unter  diesem  Eindrucke  erwähnte  ich")  das  hiesige  Vor- 
kommen von  Dreikantnern  und  führte  an.  dass  „in  Folge  Be- 
rendt's  Erklärung  der  Entstehungsweise  der  Dreikantner  auch 
diese  Gebilde,  wenn  auch  nur  mittelbar,  in  den  Kreis  der  gla- 
cialen Phänomene  hereingezogen"  seien.  Dass  ich  auf  diese 
Bildungsweise  nicht  näher  einging,  hatte  seinen  Grund  darin,  dass 
sich  mir  damals  schon,  anlässlich  eines  auf  einer  vom  Winde 
bestrichenen  Sandfläche  in  der  Provinz  Drenthe  aufgelesenen  Drei- 
kantners,   die  andere  Erklärung  der  Entstehung  durch  Sandschliff 


')  Berendt.  Diese  Zeitschr.,  1876,  p.  415;  1877,  p.  206.  —  Jahr- 
buch der  kgl.  preuss.  geol.  Landesanstalt  für  1884,  Berlin  1885. 
^)  VAN  Calker.     Diese  Zeitschr.,  1884,  p.  731. 


578 


aufgedrängt  hatte.  Ich  erwähnte  derselben  nicht,  da  ich  zu  deren 
Prüfung  vorher  mehr  Anschauungen  sammeln  wollte,  und  ich  hielt 
es  auch  später  nicht  mehr  für  geboten,  noch  meine  Ansicht  über 
den  Gegenstand  mitzutheilen.  Ich  hatte  nämlich  inzwischen 
Gottsche's  „Sediraentärgeschiebe  der  Provinz  Schleswig-Holstein, 
Jokohama  1883"  erhalten,  worin  p.  6  (2)  die  Pyramidalgeschiebe 
als  „sandcuttings",  als  Product  der  vereinigten  Wind-  und  Sand- 
erosion betrachtet  werden.  Und  bald  darauf  erschien  die  Ab- 
handlung von  Mickwitz  ^):  „Die  Dreikantner.  ein  Product  des 
Flugsandschliffes"  und  Nathorst's^)  Mittheilung  über  Pyramidal- 
geschiebe, durch  welche  ich  erfuhr,  dass  schon  vor  längerer  Zeit 
von  Travers'')  und  Emys'^)  jene  Erklärung  für  das  Vorkommen 
von  Pyramidalgeschieben  in  Neu-Seeland  gegeben  sei^). 

Neue  einschlägige  Beobachtungen,  welche  ich  im  vergangenen 
Herbste  machte,  veranlassen  mich  nun  zu  vorliegender  kurzer 
Mittheilung. 

Unter  einer  Anzahl  von  Geschieben  nämlich,  welche  Candidat 


^)  Mickwitz  und  F.  Schmidt.  Mem.  d.  1.  soc.  Imper.  miueral.  ä 
St.  Petersbourg,  XXIII,  1886.  —  Mickwizt.    N.  Jahrb.  1885,  II,  p.  177. 

-)  Nathorst.  Öfvers.  af  kgl.  Veteiisk.  Akad.  Förh.,  1885,  No.  10, 
p.  5.  —  Neues  Jahrb.,  1886,  I,  p.  179. 

^)  W.  T  .L.  Travers.  On  the  sandworn  stones  of  Evans  Bay. 
Transactions  and  Proceedings  of  the  New  Zeeland  Inst.,  Vol.  2,  1869, 
p.  247. 

*)  Emys.  Quarterlv  Journal  Geol.  Soc,  London,  Vol.  34,  1878, 
p.  86. 

^)  Neuere  Publicationen  über  Dreikantner: 

1886.  Berendt.    Diese  Zeitschr.,  1886,  p.  478. 

„  Fegraeus.    Geol.  Foren.  Förhandl,  VIII,  p.  514. 

„  DE  Geer.    Geol.  Foren.  Förhandl.,  VIII,  p.  501. 

„  Geinitz.    Archiv  Ver.  Nat.  Mecklenburg,  1886. 

„  Stone.    Americ.  Journ.  of  science,  XXXI,  p.  135. 

1887.  Dames.    Diese  Zeitsch.,  1887,  p.  229. 

„         Geinitz.    Neues  Jahrb.,  1887,  II,  p.  78. 
„        Jäkel.    Diese  Zeitschr.,  1887,  p.  287. 
„         AVahnschaffe.    Diese  Zeitschr.,  1887,  p.  226. 
„         Walther.    Sitzungsber.  der  math.  -  phys.  Classe  der  königl. 
Sachs.  Ges.  der  Wissensch.,  XXXIX,  p.  138. 

1888.  Heim.    Vierteljahrsschr.  der  Züricher  Naturf.-Ges.,  1888. 
Sauer  u.  Siegert.    Diese  Zeitschr.,  1888,  p.  575. 

1890.     Sauer  u.  Chelius*).    Neues  Jahrb.,  1890,  II,  p.  89. 

*)  Anmerkung:  Zu  der  zuletzt  citirten  Mittheilung  von  Sauer  u. 
Chelius  über  „die  ersten  Kantengeschiebe  im  Gebiete  der  Rheinebene", 
nämlich  zwischen  Forsthaus  bei  Frankfurt  a.  M.,  Bahnhof  Louisa  und 
Bahnliof  Isenburg,  bemerke  ich,  dass  ich  vor  einigen  Wochen  im  Frank- 
furter Stadtwalde  zwischen  Forsthaus  und  Oberschweinstieg  typische 
Kantengeschiebe  von  Sandstein  beschriebener  Art  in  grosser  Anzahl 
fand  und  sammelte. 


579 


BoNNEMA  und  mein  Laboratoriums  -  Diener  Meester's  von  einer 
Excursion  mitgebracht  hatten,  fielen  mir  mehrere  Stücke  durch 
ihre  Sandschlitfe  auf.  Als  ich  deshalb  im  October  1889  die  Stelle, 
von  welcher  die  Stücke  stammten ,  eine  vom  Wind  bestrichene 
Sandfläche  in  der  Haidc  bei  Steenbergen,  nahe  der  nordwest- 
lichen Grenze  der  Provinz  Drenthe.  selbst  besuchte,  fand  ich 
daselbst  ein  ausgezeichnetes  Terrain,  um  die  Entstehung  der 
Sandschliffe  zu  studiren.  In  ringsum  stundenweit  ausgedehnter 
Haide  streckt  sich  dort  zwischen  niedrigen,  dünenartigen  Sand- 
hügelchen,  unter  welchen  auch  die  Reste  eines  Hünengrabes  be- 
findlich, eine  kahle  Sandfläche  aus.  welche  mit  grösseren  und 
kleineren  Geschieben  oder  Gesteinsstücken  bestreut  erscheint, 
während  einzelne  grössere  Blöcke  zum  grössten  Theile  im  Sande 
verborgen  liegen  und  nur  mehr  oder  weniger  aus  demselben  her- 
vorschauen. Bei  einem  der  letzteren  hatte  der  hervorragende 
Theil  die  Gestalt  einer  dreiseitigen  Pyi'amide,  deren  dem  Niveau 
der  umringenden  Sandfläche  entsprechende  Basis  40 — 50  Centim. 
Seite  hatte.  Die  Seitenflächen  zeigten  die  charakteristische,  gru- 
bige und  fettglänzende  Oberflächen  -  Beschaffenheit,  wie  sie  von 
Sandschliffen  bekannt  ist.  Bei  anderen  der  im  Sande  eingebet- 
teten Blöcke  zeigten  sich  ein  oder  zwei  solcher  Flächen  an  dem 
hervorschauenden  Theile.  während  die  durch  das  Zusammenstossen 
der  Flächen  gebildete  Kante  meist  nur  nach  einer  Fläche  scharf. 
nach  der  anderen  Seite  hin  wie  abgerundet  ist  und  in  die  meist 
schwach  gewölbte  Fläche  überzugehen  scheint  und  dann  auch, 
deren  Gestalt  entsprechend,  selbst  mehr  oder  weniger  gekrümmt 
ist.  Der  im  Sand  steckende  Theil  dieser  grösseren  Blöcke  zeigte 
die  genannten  Erscheinungen  nicht,  sondern  nur  die  gewöhnliche 
Gestaltung  von  Geschieben.  Was  die  kleineren,  auf  der  Ober- 
fläche liegenden  Gesteinsstücke  betrifft,  unter  welchen  die  Feuer- 
steine sehr  vorherrschen,  so  lassen  dieselben  zum  grössten  Theil 
mehr  oder  weniger  deutlich  entwickelte  Sandschliffe  erkennen. 
Bald  ist  es  nur  eine  ebene  oder  schwach  gewölbte  oder  auch 
concave  Fläche  von  jener  bekannten  charakteristischen  Beschaffen- 
heit, bald  sind  es  zwei  oder  mehr  derartige  Flächen,  welche  ab- 
gerundete oder  scharfe,  wenigstens  einseitig  scharfe  Kanten  mit 
einander  bilden.  Auch  typische  Kantengeschiebe,  namentlich  von 
Quarzporphyr  mit  scharfen  Kanten  und  glatten,  glänzenden,  gru- 
bigen Flächen,  darunter  echte  pyramidale  Dreikantner.  wurden 
in  grösserer  Zahl  gesammelt.  Dass  diese  Erscheinungen  das  Re- 
sultat der  Einwirkung  des  Flugsandes  sind,  davon  erhält  man  an 
dieser  Localität  überzeugende  Beweise.  Nicht  nur  sieht  und  fühlt 
man  oft  auf  recht  unangenehme  Weise  den  vom  Winde  getrie- 
benen und    aufwirbelnden  Flugsand,     sondern  man  bemerkt  auch, 


580 

namentlich,  wenn  im  ftonncnsclieiii  die  abgeschliffenen  Flächen 
der  Steine  hell  erglänzen,  dass  die  grösseren  Flächen  meist  die- 
selbe Orientirung  nach  der  die  Sandflächc  bestreichenden  Haupt- 
windrichtung besitzen.  Und  in  und  hinter  dem  Hauptwindschatten 
der  kleinen  hügelförmigen  Erhöhungen,  sowie  der  Blöcke  des 
Hünengrabes,  wo  die  umherliegenden  Gesteine  von  mehr  seitlich 
begrenzten  Sandströmen  und  von  Sandwirbeln  getroifen  werden, 
welchen  auch  auf  dem  Sande  markirte  Wellensysteme  entsprechen, 
fand  ich  häufiger  typische  Dreikantner  und  mehrflächige  Kantner 
als  an   anderen  Stellen. 

Ganz  gleichartige  Beobachtungen  wurden  von  mir  einige  Tage 
später  an  einer  anderen  Stelle,  nahe  der  nördlichen  Grenze  der 
Provinz  Drenthe.  in  der  Nähe  des  etwa  V2  Stunde  südöstlich  von 
der  Eisenbahnstation  Vries  -  Zuidlaren  gelegenen  Weilers  Zeegse 
gemacht.  Die  Sandfläche  ist  dort  noch  ausgedehnter  und  stein- 
reicher; aber  dieselben  Erscheinungen  fanden  sich  auch  wieder 
auf  kleineren  Sandflächen  seitlich  von  dem  von  Zeegse  nach 
Zuidlaren  führenden  Wege,  wo  namentlich  ein  in  mehrere  Stücke 
zersprungener  grösserer,  im  Sande  theilweise  eingebetteter  Block 
auf  der  freien  Oberfläche  sehr  schöne  Sandschliffe  und  söharfe 
Kanten  zeigte,  während  an  einem  anderen  Granitblock  ausser 
der  durch  Sandschliff  veränderten  Oberfläche  eine  ungefär  40  cm 
lange,  ganz  eben  abgeschliffene  und  parallel  geschrammte  Fläche 
zu  sehen  war.  Auch  viele  der  lose  umherliegenden  Kantner  ga- 
ben sich  an  den  verschiedenen  erwähnten  Orten  durch  einzelne 
eben  abgeschliffene  und  geschrammte  Flächen  als  ursprüngliche 
Glacialgeschiebe  zu  erkennen  ^).  Die  ursprüngliche  glaciale  Ober- 
flächen -  Beschaffenheit  war  aber  in  diesen  Fällen  secundär  durch 
Flugsandschliff  verändert,  sodass  gegenwärtig  ausserdem  der  eigen- 
thümliche  Fettglanz  und  die  mehr  oder  weniger  grnbige  Beschaf- 
fenheit zur  Erscheinung  kommt. 

An  einer  solchen  Localität  wie  der  beschriebenen,  wird  zwar 
im  Allgemeinen  wohl  Niemand  über  die  Entstehung  der  Kantner 
und  der  eigenthümlichen  glänzenden  Oberflächen  -  Beschaffenheit 
der  Steine  im  Zweifel  bleiben;  indessen  fiel  es  mir  doch  oft 
schwer  zu  entscheiden,  ob  das  eine  oder  andere  Stück  der  vielen 
scharfkantigen  und  an  und  für  sich  fettglänzenden  Feuersteine 
als  durch  Sandschliff  bearbeitet  zu  betrachten  sei.  Allerdings 
kommen  unter  denselben  auch  solche  vor.  bei  welchen  die  nur 
auf  einer  Hälfte  vorhandene  kleingrubige  Flächenbeschaffenheit 
und  der  dort  von  dem  ursprünglichen  Glanz  des  Feuersteins  doch 


M  Cfr.  Wahnschaffe.    Diese  Zeitschr.,  1884,  p.  411.   —   Stone. 
Am.  Journ.  of  Science,  1886,  p.  135. 


581 

verschiedene  charakteristische  Glanz  des  Sandschlift's  die  Ent- 
scheidung erleichtert.  In  anderen  Fällen,  namentlich  bei  con- 
caven  und  schwach  vom  Sande  bearbeiteten  Fhächen  bleibt  man 
auch  nicht  im  Zweifel  darüber,  dass  die  Form  hier  nicht  das 
Resultat  des  Sandschliffes  ist.  Zwischen  diesen  beiden  Arten 
liegen  die  zweifelhaften  Fälle,  die  aber  wohl  geeignet  sind,  die 
u.  A.  namentlich  von  Heim^)  vertretene  Auffassung  zu  unter- 
stützen, dass  die  Entstehung  typischer  Dreikantner  von  der  ur- 
sprünglichen Form  des  Gerölles  oder  Geschiebes  abhängig  ist. 
Ich  bin  selbst  nach  meinen  Beobachtungen  entschieden  der  Mei- 
nung, dass  allgemein  die  Bildung  charakteristischer  Sandschlifte 
auf  einer  oder  mehreren  Gesteinsflächen,  abgesehen  von  der  Ge- 
steinsart, von  der  günstigen  Lage  dos  Stückes  gegen  Flugsand 
abhängt,  dass  aber  die  Entstehung  der  scharfen  Kanten,  sowie 
die  von  typischen  Dreikantnern  überdies  bedingt  ist  durch  eine 
günstige  ursprüngliche  Gestalt. 

In  letzterer  Beziehung  sind  drei  gleichartige  der  gesam- 
melten Geschiebe  mit  sandgeschlitlener  Oberfläche  besonders  inter- 
essant. Dieselben  verdienen  überdies  aber  auch  noch  deshalb 
hervorgeoben  zu  werden,  weil  sie  einer  durch  ihre  Petrefacten- 
Einschlüsse  charakterisirten  Geschiebeart  angehören,  die  meines 
Wissens  von  hier  noch  nicht  bekannt  ist.  Diese  Geschiebe  be- 
stehen nämlich  aus  einem  dunkel  aschgrauen,  quarzitischen  Sand- 
steine, der  ganz  erfüllt  ist  mit  1^2  —  4  cm  langen,  conischen 
oder  pyramidalen,  am  dicken  Ende  höchsens  0.5  cm  dicken  Stein- 
kernen eines  Fossils.  Während  letztere  nun  auf  dem  frischen 
Bruch  cylindrisch  oder  conisch  hervortreten,  erscheinen  dieselben 
auf  der  vom  Flugsande  glänzend  geschlitfenen  Oberfläche  meist 
mit  einer  mehr  oder  weniger  scharfen,  der  Längsaxe  parallelen 
Kante,  mit  zwei  in  derselben  unter  nicht  sehr  stumpfem  Winkel 
zusammenstossenden  Flächen,  die  bei  den  am  meisten  hervorra- 
genden Exemplaren  eben,  sonst  auch  schwach  gewölbt  sind.  Es 
machte  auf  mich  zuerst  vollständig  den  Eindruck,  als  seien  an 
den  auf  dem  Gesteinsbruche  cylindrisch  oder  conisch  erscheinen- 
den Gebilden  durch  den  Flugsand  auf  der  Oberfläche  Prismen- 
oder Pyramidentiächen  und  -Kanten  angeschliffen.  Bei  genauerer 
Untersuchung  bemerkte  ich  aber  einerseits  auf  dem  frischen  Ge- 
steinsbruche neben  den  rollrunden,  cylindrischen  oder  conischen 
Formen,  auch  vereinzelte  ebene  oder  doch  nur  wenig  gewölbte, 
unter  stumpfem  Winkel  an  einander  stossende  Flächen,  ent- 
sprechend den  eben  erwähnten  Gebilden  auf  der  sandgeschlifienen 
Oberfläche;    andererseits  fanden  sich  auf  letzterer    an  etwas  ver- 

'j  Cfr.  IIe[M.    Vierteljahrschr.  der  Züricher  Naturf.-Ges.,    1888, 


582 


tieften  Stellen  auch  vereinzelt  cylindrische  oder  conische  Stein- 
kerne. Ausserdem  konnte  ich  einige  dreiseitige  Durchschnitte 
derselben  mit  abgerundeten  Ecken  constatiren  und  bemerkte  hier 
und  da,  dass  deren  dickeres  Ende  schief  abgestutzt  oder  an  einer 
Seite  schulpartig  verlängert  sei,  und  wiewohl  übrigens  von  einer 
Oberflächen  -  Sculptur  nichts  erkeinibar  ist,  zeigte  ein  einzelner 
Steinkern  Spuren  feiner  Querrunzeln.  Es  unterliegt  hiernach 
keinem  Zweifel,  dass  wir  es  hier  mit  einem  Geschiebe  mit  Hyo- 
?^7/^^«s- Einschlüssen  zu  thun  haben.  Eine  zuverlässige  Species- 
Bestimmung  halte  ich  einstweilen  für  nicht  möglich,  wenn  auch 
die   Aehnlichkeit  mit  H.   acutus  Eichw\   gross  ist. 

Das  Vorkommen  von  diesem  Fossil  in  silurischen  Diluvial- 
geschieben Norddeutschlands  ist  unlängst  sowohl  von  Kemele  ^) 
als  auch  von  Koken  ^)  beschrieben  w^orden,  und  kann  ich  daher, 
um  Weitläufigkeit  zu  vermeiden,  was  dessen  Beschreibung  und 
die  Literatur  über  diesen  Gegenstand  betrifft,  auf  die  genannten 
Abhandlungen  verweisen.  Namentlich  ist  das  Vorkommen  von 
HyoUthus  in  Geschieben  sowohl  des  hell  grauen  als  des  dunkel 
grauen  jüngeren  Orthoceren  -  Kalkes  bekannt^),  dagegen  ist  mir 
aus  der  Literatur  keine  Angabe  über  ein  Vorkonmien  desselben 
in  quarzitischen  Sandstein-Geschieben,  wie  den  vorliegenden,  erin- 
nerlich. Indessen  darf  wohl  daran  erinnert  werden,  dass  liyo- 
lit}M.s- Arten  auch  vorkommen  in  verschiedenen  cambrischen  For- 
mationen Skandinaviens  und  Ehstlands.  so  im  J^Jo^^^to^-Sandstein 
Westgothlands ,  in  der  Abtheilung  der  Paradoxides  -  Schiefer  in 
Westgothland,  Ostgothland,  Schonen,  Oeland  und  in  quarzitischen 
Sandsteinen  zusammen  mit  Scolithus  in  Schonen.  Vielleicht  wird 
durch  Vergleichung  mit  den  genannten  anstehenden  Gesteinen,  die 
mir  aber  noch  nicht  zu  Gebote  standen,  das  cambrische  Alter 
der  vorliegenden  Geschiebeart  erwiesen  und  deren  nähere  Heimath- 
Bestimmung  möglich. 

An  dieser  Stelle  nimmt  die  sandgeschliffene  Oberfläche  auch 
dieser  Geschiebe  unsere  Aufmerksamkeit  in  Anspruch,  da  diesel- 
ben die  eigenthümliche  Erscheinung  zeigen,  dass  die  gewölbten 
Ht/olifhus -Flächen  vielfach  eben  angeschliffen  sind  und  in  Folge 
dessen  unter  scharfen  Kanten  an  einander  stossen.  sodass  die 
Hi/olifhus-^temkerne  auf  der  Obei^fläche  hauptsächlich  in  prisma- 
tischer oder  pyramidaler  Form  hervortreten.  Ausserdem  zeigte 
auch  noch  eines  dieser  Geschiebe    die  Spuren  ursprünglicher  gla- 


1)  Remele.    Diese  Zeitschr.,  1888,  p.  670;  1890,  p.  762. 
^)  Koken.    Diese  Zeitschr.,  1889,  p.  79. 

^)  Remele,  1.  c,   und:    „Untersucliungen  über  die  versteinerungs- 
führenden Diluvialgeschiebe  des  norddeutschen  Flachlandes". 
F.  Rcemer.    Lethaea  erratica,  p.  38. 


583 


cialer  Oberflächen-Beschaffenheit,   indem  seine  untere  Fläche  eben 
abgeschliffen  und  parallel  geschrammt  ist. 

Das  Vorkommen  noch  einer  anderen  Geschiebe-Art  an  beiden 
oben  genannten  Stellen  erregte  in  hohem  Grade  mein  Interesse; 
ich  meine  das  des  wohlbekannten  Sco?i^/i«.s  -  Sandstenies. 
Trotz  absichtlichen  eifrigen  Suchens  war  nämlich  noch  niemals 
ein  Scolithus -Qsindstemgeschieloe  von  mir,  noch  auch  früher  mei- 
nes Wissens  von  Anderen,  in  der  Umgegend  von  Groningen  oder 
anderswo  in  Niederland  gefunden  worden,  bis  ich  ein  solches 
unter  Geschieben  entdeckte,  die  mein  LabOratoriumsdiener  1885 
von  einer  Excursion  nach  Buinen  in  Drenthe  heimgebracht  hatte. 
Dieses  war  das  erste  (S'co/vV^m.s- Sandsteingeschiebe,  das  mir  aus 
niederländischem  Diluvium  bekannt  wurde,  dessen  ich  aber  bisher 
noch  nicht  Erwähnung  that,  um  es  bei  passender  Gelegenheit  mit 
anderen  Geschieben  zur  Sprache  zu  bringen.  Später  hat  van 
Cappelle^)  ein  Stück  &ofoVA?<.s' -  Sandstein  am  „roode  klif-'  in 
Friesland  gefunden  und  bekannt  gemacht.  Nach  diesen  ganz 
vereinzelten  Funden  überraschte  es  mich,  an  den  beiden  genann- 
ten Localitäten  in  Drenthe  ScohfJiusSanAstein  in  einer  grösseren 
Anzahl  von  Stücken,  worunter  eines  von  beträchtlicher  Grösse 
(22  :  16  :  14  cm),  auflesen  zu  können.  Auch  diese  Geschiebe 
zeigen  sämmtlich  mehr  oder  weniger  durch  Sandschliff  glänzende 
Oberflächen,  auf  welchen  bei  einzelnen  Stücken  auch  die  cylin- 
drischen  Scolifhus  -  Röhren  ebenflächig  und  kantig  angeschliffen 
erscheinen. 


3.    Herr  G.  Bekendt  an  Herrn  C.  A.  Tenne. 

Noch  einmal  die  Lagerlingsverhältnisse   in  den 
Kreidefelsen  auf  Rügen. 

Stettin,  im  September  1890. 

Wenn  ich  noch  einmal  die  Lagerungsverhältnisse  in  den 
Kreidefelsen  auf  Rügen  hier  zum  Gegenstande  der  Besprechung 
mache,  so  geschieht  solches,  weil  dieselben,  wie  ich  sehe,  weder 
mit  der  von  mir  versuchten  Erklärung"),  noch  mit  der  vermeint- 
lichen   Richtigstellung    des  Herrn  Hermann  Credner'^)    und    der 


^)  VAN  Cappelle.  Handelingen  van  het  tweede  Nederl.  Natuur.  en 
Geneesk.  Congres  gehenden  te  Leiden,  1889,  p.  242.  —  Derselbe. 
Extrait  du  Bulletin  de  la  Societe  Beige  de  Geologie,  T.  HI,  1889, 
p.  236,  237. 

-)  Diese  Zeitschr.,  Jahrg.   1889,  p.  147  ff". 

*)  Ebenda,  p.  365  ff". 


584 


sich  im  grossen  Ganzen  derselben  anschliessenden  Darstellung 
der  Herren  Cohen  und  Deecke  ')  abgemacht  sind.  Jedenfalls 
freut  es  mich,  dass  die  in  Rede  stehenden  Protile  am  Kieler  Bach 
in  Folge  meiner  Meinungsäusserung  einer  erneuten  gründlichen 
Erörterung  unterzogen  worden  sind  und  in  der  Folge  hoftentlich 
noch  des  weiteren  werden.  Der  Zweck  meiner  damaligen  Zeilen, 
die  Aufmerksamkeit  recht  vieler  ('ollegen  auf  dieselben  und  ihi-e 
Erklärung  zu  richten,    ist  insoweit  erreicht. 

Leider  ist  es  mir  in  der  Freude,  endlich  den  Schlüssel  für 
so  verwickelte  Lagerungsverhältnisse  gefunden  zu  haben,  wie  so 
natürlich,  begegnet,  dass  ich  meine  Ansicht  mit  einer,  den  Wider- 
spruch von  vornherein  herausfordernden  Bestimmtheit  und  Sicher- 
heit ausgesprochen  habe.  Es  hat  namentlich,  was  mir  aufrichtig 
leid  thut,  die  von  mir  gebrauchte  Wendung  „Absicht  der  Zeilen 
sei  es.  den  Blick  für  die  dortigen  Lagerungsverhältnisse  zu 
schärfen",  eine  nahe  liegende  Missdeutung  erfahren,  was  durch  die 
Wiederholung  der  Worte  mit  Anführungsstrichelchen  seitens  mei- 
nes Freundes  Credner.  wie  der  anderen  beiden  CoUegen  ausser 
Zweifel  gestellt  ist. 

Wenn  ich  nun  aber  meine  Ansicht  der  Verhältnisse  s.  Z. 
mit  einer  zu  grossen  üeberzeugungstreue  ausgesprochen  habe,  so 
geschieht  solches  in  der  Credner' sehen  Erwiderung  jedenfalls 
nicht  minder.  Recht  behält  vor  der  Hand  nur  Herr  Johnstrup 
—  dessen  erste  Auslegung  der  Protile  von  der  CREONER'schen 
wohl  noch  mehr  als  von  der  meinen  abweichen  dürfte  und  des- 
halb auch  mit  keinem  Worte  berührt  wird  —  wenn  er  damals 
,.die  verwirrten  Lagerungsverhältnisse  dieser  Kreidefelsen"  für 
schwer  zu  enträthseln  erklärte;  und  ebenso  die  Herren  Cohen 
und  Deecke  mit  ihrer  schliesslichen  Erklärung,  dass  es  „einer 
wiederholten  und  sehr  eingehenden  Untersuchung  der  Ostküste 
von  Rügen  bedarf,  um  alle  sich  aufwerfenden  Fragen  mit  befrie- 
digender Sicherheit  beantworten  zu  können.-' 

Was  nun  die  mir  gemachten  Einwürfe  gegen  meine  Erklä- 
rung betrifft,  die  ich  naturgemäss  erst  nach  nochmaligem  längeren 
Besuch  der  Oertlichkeit  beantworten  konnte,  so  steht  unter  den- 
selben in  erster  Reihe  die  Annahme,  dass  ich  das  Küstenprofil 
für  ein  echtes,  d.  h.  für  einen  rechtwinklig  zur  Streichrichtung 
gerichteten  Durchschnitt  gehalten  habe.  Nirgends  steht  davon 
etwas  in  dem  von  mir  Veröffentlichten.  Gesetzt  aber  auch  den 
Fall,  meine  Auffassung  des  Küstenprofils  sei  eine  solche  gewesen, 
während     andererseits    ein    spitzwinkelig    zur    Küste    gerichteter 


*)  Mittheil,  des  natui-wiss  Vereins  f.  Neu-Vorpommern  und  Rügen, 
21.  Jahrgang,  1889. 


585  • 

Verlauf  der  Streichrichtuiig,  sowohl  der  Schichten  wie  der  frag- 
lichen Verwerfungen  angenommen  wird,  so  bleibt  doch  in  jedem 
Falle  eine  Ueberlagerung  und  eine  Faltung  der  Schichten;  nur 
dass  der  Einfallswinkel  bei  beiden  mit  zunelmiender  Abweichung 
vom  rechtwinkeligen  Querschnitt  flacher  und  flacher  erscheinen 
wird.  Das  wirkliche  Einfallen  der  Schichten  in  der  im  Küsten- 
profil zu  beobachtenden  Faltung  und  Ueberlagerung  wäre  dann 
eben  nur  ein  steileres. 

Eine  wirkliche  Ueberlagerung  des  Diluvium  durch  die  Kreide 
hat  bisher  aber  noch  Niemand  in  Abrede  gestellt,  seit  Johnstrup 
auf  eine  solche  an  dieser  Stelle  aufmerksam  gemacht  hat,  zumal 
inzwischen  eine  grosse  Reihe  solcher  Unterlagerungen  des  Dilu- 
vium unter  Kreide  oder  Tertiär  nachgewiesen  worden  sind.  Und 
Niemand  wird  bei  näherer  Ueberlegung  glauben,  dass  alle  Geo- 
logen, welche  das  Kieler -Bach -Profil  bisher  gesehen  haben,  sich 
einfach  durch  „hinter  dem  Diluvium  emporragende  Kreide" 
haben  täuschen  lassen,  welche,  wie  Credner  sich  ausdrückt,  je 
mehr  man  sich  der  Frontansicht  der  Küste  näherte,  „sich  in 
gleichem  Maasse  immer  flacher  über  das  Diluvium  überzulegen 
schien". 

Geradezu  lothrecht  ist  keins  unserer  Küstenprofile  und  folge- 
richtig kann  jeder,  der  es  will,  jede  in  einem  solchen  zu  beob- 
achtende Ueberlagerung  so  lange  in  Frage  ziehen,  bis  ihm  durch 
einen  saigeren  Schnitt  die  Uebereinanderlagerung  handgreiflich 
bewiesen  ist.  So  widersinnig  die  Ueberlagerung  des  Diluvium 
durch  eine  ältere  Formation  nun  aber  auch  scheinen  mag,  so 
häufig  kommt  dieselbe  im  norddeutschen  Flachlande  vor  und  ist 
dieselbe  in  den  meisten  Fällen  —  ich  nannte  deren  bereits  eine 
Anzahl  (a.  a.  0..  p.  152)  —  sogar  auf  erhebliche  Erstreckung 
nachgewiesen,  wie  in  der  Regel  durch  Bohrung  oder  Schacht- 
abteufen gerade  auch  der   handgreifliche  Beweis  geliefert  worden. 

Natürlich  habe  ich  bei  meinem  diesjährigen  Besuche  der 
Stelle  nicht  verfehlt  —  und  zwar  sowohl  vom  Strand,  wie  im 
Boote  von  der  See  aus  —  den  empfohlenen  Standpunkt  in  der 
angenommenen  Streichrichtung  der  fraglichen  Verwerfung  einzu- 
nehmen. Immer  aber,  wenn  man  weit  genug  zur  Seite  zurück- 
gewichen ist,  tritt  eine  andere  Täuschung  dadurch  ein,  dass  der 
nächste  Vorsprung  der  südlich  gelegenen  steilen  Kreidewand  das 
in  Rede  stehende  Diluvialprofil  derartig  abschneidet,  wie  es  die 
Credner' sehe  Zeichnung  als  eine  Verwerfungslinie  darstellt.  Die 
Verwerfungsspalten  oder  Linien  selbst  aber  sind  nir- 
gends —  ^ie  es  den  der  meinigen  gegenübergestellten  Zeich- 
nungen nach  doch  anzunehmen  wäre  —  in  der  Küstenwand 
zu  entdecken. 

Zeitpchr.  d.  D.  geol.  Ge?.  XLII.  3.  39 


586 


Die  Richtigkeit  meiner  Skizze,  soweit  solches  ohne  feste 
Maasse  überhaupt  möglich,  fand  ich  dagegen  vollständig  bestätigt 
und  lege  auch  ausdrücklich  Verwahrung  ein  gegen  die  künstliche 
Erklärung  der  in  meiner  Skizze  zum  Ausdruck  gekommenen  ge- 
ringen Verzerrung  der  Sattelkuppe  Punkt  I  der  damaligen  fig  1 
und  2.  wie  sie  in  fig.  1  der  Credner' sehen  und.  wieder  ganz 
abweichend  davon,  bei  a  in  fig.  I  der  Cohen  und  DEECKE'schen 
Zeichnung  zur  Darstellung  gebracht  worden  ist.  In  der  Wirk- 
lichkeit sieht  man  weder  die  abstossende  discordante  Schichtung 
der  Kreide  der  letzteren,  noch  die  3  den  Sattel  zerstörenden 
Verwerfungen  der  Credner' sehen  Zeichimng.  Letztere,  sowie 
iig.  in  der  Cohen  und  DEECKE'schen  Abbildungen  sind  viel- 
mehr nur  schematische,  die  entgegenstehende  Anschauung  zum 
Ausdruck  bringende  Darstellungen. 

Dasselbe  gilt  von  dem  zweiten  Sattel,  dessen  Sattelschluss 
mit  Hülfe  der  angenommenen,  fast  der  Strandlinie  parallelen 
Streichrichtung  wieder  für  eine  Täuschung  erklärt  wird.  Ich 
halte  ihn  ebenso  aufrecht  wie  den  ersten  Sattel  und,  trotz  der 
verfochtenen  gegentheiligen  xlnsicht,  muss  auch  die  der  meinigen 
gegenüber  gestellte  Zeichnung  (b  in  fig.  I  u.  II  bei  Cohen  und 
Deecke)  die  deutliche  Umbiegung  der  Schichten  in  der  zinnen- 
artigen Kreideklippe  zugeben.  Aber  auch  gegen  die  etwas  ab- 
geschwächte Forin  dieser  Wiedergabe  muss  ich  Verwahrung  ein- 
legen, da  ich  die  von  mir  in  fig.  3  besonders  gegebene  Dar- 
stellung dieser  Umbiegung  vollkommen  richtig  fand. 

Berichtigend  möclite  ich  hier  nur  noch  hinzufügen,  dass  die 
in  fig.  2  meiner  damaligen  Zeichnung  sich  unnatürlich,  wie  von 
der  Kreide  durchsetzt  darstellende  obere  Partie  des  Geschiebe- 
mergels, zu  der  man  nicht  gelangen  kann,  durch  inzwischen  statt- 
gefundenen frischen  Abbruch  sich  als  regeh-echt  zusammenhän- 
gender Geschiebemergel  erwiesen  hat,  der  von  oben  her  mit 
Kreide  eben  nur  beflossen  werden  konnte,  weil  diese  ihn  in  der 
That  überlagert. 

Wie  hier  das  Profil  sich  somit  vereinfacht  hat,  so  wird  auch 
die  weder  für  noch  gegen  meine  Ansicht  sprechende  Unregel- 
mässigkeit bei  X  (fig.  I  u.  n  der  Cohen  u.  DEECKE'schen  Tafel), 
die  ich  zeichnete,  so  gut  als  es  sich  ohne  an  den  Punkt  gelangen 
zu  können,  bewerkstelligen  Hess,  in  der  Folge  sich  wahrscheinlich 
einfacher  erweisen,  als  es  in  beiden  Darstellungen  erscheint.  Einen 
besonderen  Werth  lege  ich  auf  dieselbe  in  keiner  Hinsicht. 

Das  Vorkommen  von  Verwerfungen  überhaupt  in  der  Kreide 
von  Jasmund  aber  durch  meine  Auffassung  des  Kieler-Bach-Profils 
in  Abrede  stellen  zu  wollen,  ist  mir  niemals  eingefallen.  Ja  die 
darauf    hinzielende   Bemerkung    auf    pag.    152    meiner  damaligeu 


587 


Mittheiluiig  machte  icli  gei-ade.  weil  auch  mir  die  Lagerungsver- 
hältnisse an  der  Kieler-Bachmündung  auf  eine  der  von  v.  Kcenen 
angenommenen  west- östlichen,  mit  dem  Bachlaufe  in  ursprüng- 
lichem Zusammenhange  stehenden  Verwerfungen  hinzudeuten  schien. 
Geradezu  nachweisen  konnte  ich  sie  aber  nicht.  Ist  sie  vorhan- 
den —  und  ich  glaube  es  auch  heute  noch  —  so  würde  sie 
aber  hier  zu  der  Faltung  hinzutreten  und  jedenfalls  nicht  in  der 
andererseits  angenommenen,  zum  Strande  spitzwinkeligen  Rich- 
tung verlaufen. 

Ein  entscheidender  Beweis  für  die  Richtigkeit  der  einen 
oder  der  anderen  Ansicht,  wie  die  in  der  That  vorhandene  Ueber- 
lagerung  des  Diluvium  durch  die  Kreide  am  Kieler-Bach  zu  er- 
klären sei,  wird  nur  durch  eine  kostspielige  Abschürfung  des 
Strandpofiles ,  wie  sie  aber  vielleicht  auch  in  der  Folge  ein  An- 
griff der  See  zu  Stande  bringt,  zu  liefern  sein.  So  lange 
weder  der  Muldenschluss  des  Geschiebeniergeis,  noch 
die  abschneidende  Verwerfung  den  Blicken  klar  gelegt 
ist.     wird    die    Frage    eben    noch    eine    offene    bleiben 


39 


588 


C.  Verliaiidluiigen  der  Gesellschaft. 


1     Protokoll   der  Juli  -  Sitzung. 

Verhandelt  Berlin,  den  2.  Juli  1890. 
Vorsitzender:    Herr  Beyrich. 

Das  Protokoll  der  Juni  -  Sitzung  wurde  vorgelesen  und 
genehmigt. 

Der  Vorsitzende  legte  die  für  die  Bibliothek  der  Gesellschaft 
eingegangenen  Bücher  und  Karten  vor. 

Der  Gesellschaft  ist  als  Mitglied  beigetreten: 
Herr  Generalagent  Langenhan  in  Breslau, 

vorgeschlagen  dui'ch  die  Herren  Dames,  Jaekel  und 
Koken. 

Herr  P.  Oppenheim  spricht  über  „Neue  oder  wenig  ge- 
kannte Binnenschnecken  des  Neogen  im  Peloponnes  und 
im  südlichen  Mittel-Griechenland". 

Das  vorgelegte  Material  entstammt  den  Aufsammlungen  meines 
werthen  Freundes  Dr.  Alfred  Philippson,  welcher  dasselbe  auf 
seinen  wiederholten  zur  geographischen  und  geologischen  Erfor- 
schung dieses  noch  wenig  bekannten  Gebietes  durchgeführten  Reisen 
in  den  letzten  Jahren  sammelte  und  mir  auf  meinen  Wunsch  zur 
Bearbeitung  überliess.  Eine  ausführlichere  Darstellung  der  von 
uns  beobachteten  Verhältnisse  und  Begründung  der  daraus  ge- 
wonnenen Resultate  wird  demnächst  von  uns  Beiden  der  Oeü'ent- 
lichkeit  übergeben  werden;  es  kann  hier  nur  meine  Aufgabe  sein, 
cursorisch  meine  Anschauungen  darzulegen,  und  muss  ich  für  alle 
Einzelheiten  und  Literaturbelege  auf  diese  baldigst,  wie  ich  hoffe, 
erscheinenden  Publicationen  hinweisen. 

Es  dürfte  zuvörderst  zweckmässig  erscheinen,  eine  kurze  Dar- 
stellung   der    Verbreitung    des    griechischen    Neogen,    seiner   Zu- 


589 


saramensetzung  und  Gliederung  vorauszuschicken.  Wie  die  Arbeiten 
der  österreichischen  Geologen,  insbesondere  die  Publicationen  von 
Neumayr,  Th.  Fuchs,  Bittner,  Teller.  Griesebach,  Burger- 
stein u.  A.  erkennen  lassen,  nimmt  das  Neogen  einen  erheblichen 
Antheil  an  der  Zusammensetzung  und  dem  tektonischen  Aufbau 
der  ganzen  Balkaiihalbinsel.  Im  Norden  vermitteln  Süsswasser- 
ablagerungen  in  Dalmatien,  Bosnien  und  der  Herzegowina  den  Zu- 
sammenhang mit  dem  kroatisch-slavonischen  Becken,  ihre  Fort- 
setzung nach  Macedonien  hinein,  wo  sie  weitverbreitet  sind,  dürfte 
nach  Neumayr  durch  Altserbien  vom  Thal  der  Merava  in  das 
des  Wardar  zu  suchen  sein;  Thessalien  ist  von  allerdings  versteine- 
rungslosem Neogen  erfüllt,  im  Königreich  Griechenland  beginnt  die 
Formation  schon  im  Othrysgebirge ,  sie  nimmt  dann  einen  grossen 
Theil  der  Ostküste  ein  (Locris) ,  ist  insbesondere  auch  auf  Euboea 
(Flora  von  Kumi)  mächtig  entwickelt  und  an  der  Zusammensetzung 
des  Bodenreliefs  von  Attika  hervorragend  betheiligt.  Megara  und 
der  Isthmus  von  Korinth  sind,  wie  Fuchs  und  Philippson  nach- 
gewiesen, fast  ausschiesslich  aus  ihr  aufgebaut,  sie  bildet  dann 
die  Ränder  der  heut  von  den  Busen  von  Korinth  und  Patras  aus- 
gefüllten mächtigen  Grabenverwerfung  des  Neogen ,  und  streift 
dann  etwa  bei  Patras  sowohl  nach  Norden  nach  Atollen  hinein  als 
nach  Süden  in  das  Bergland  von  Achaia  und  Elis  herüber,  wie  sie 
auch  einen  erheblichen  Antheil  an  der  Zusammensetzung  der  Insel 
Zante  bilden.  In  Aetolien  ist  es  besonders  Stamnä,  welche  mir 
eine  grosse  Fülle  von  herrlich  erhaltenen,  mit  der  von  der  gleichen 
liOcalität  beschriebenen  Ilelcmopsis  aetolica  Neumayr' s  in  Ver- 
bindung stehender  echt  pliocaener  Melanopsiden  geliefert  hat,  und 
eine  unbedingt  zu  dieser  Formenreihe  gehörige,  also  mit  ihnen 
im  Blutsverwandtschaft  stehende  Type  wurde  mir  durch  die  Güte 
des  verehrten  Herrn  Dr.  0.  Boettger  in  Frankfurt  a.  M.  aus 
Prevesa  in  Epirus  zugesandt,  sodass  wir  also  jetzt  in  der  Lage 
sind,  die  Süsswasserabsätze  der  Paludinen-Schichten  mit  Sicherheit 
bis  zum  Golfe  von  Arta  zu  verfolgen.  Es  fehlt  uns  nunmehr  also  nur 
die  sichere  Verbindung  durch  das  ..dunkle"  Albanien^),  um  nach 
dieser  Seite  hin  uns  ein  vollständiges  und  anschauliches  Bild  zu 
geben  von  dem  Seeen-  und  Stromnetz  des  Altpliocän  im  östlichen 
Europa,  welchem  die  ostasiatischen  und  nordamerikanischen  Pa- 
ludinen ,  Tulotomen ,  Prososthenien  und  Acellen  zum  grössten 
Theile  ihre  Entstehung  verdanken  und  welches  in  mächtiger  Aus- 
dehnung  das   gewaltige   Festland   erfüllte,   das,   den   Mt.   Gargano 


')  Wahrscheinlich  dürfte  dieselbe  durch  die  Neogenabsätze  von 
Selenitza,  Jpek  und  Lushan  tiegeben  sein,  welche  Coquand,  Boue  und 
ViQUESNEL  von  Mittel-  und  Nord- Albanien  beschreiben. 


590 


mit  Dalmaticn,  die  Bolcanlialbinsel  mit  Kleinasieu  vei'bindeuLl,  sich 
über  Sibirien  und  die  Aleuten  anscheinend  nach  Nordamei'ika  hhi- 
über  zog  und  so  drei  jetzt  getrennte  Continente  mit  einander 
vereinigte. 

Die  Westseite  des  Peloponnes,  Elis  und  Achaja  wie  Messenien 
sind  von  Neogen  erfüllt,  auch  im  Süden  finden  wir  es  wiederum 
in  Messenien  und  auf  der  lakonischen  Halbinsel  im  Eurotasthai; 
auf  der  Ostseite  zeigt  es  sich  dagegen  nur  sehr  sporadisch  im 
südlichen  Argolis,  wo  diese  Ablagerungen  indessen  zweifellos  mit 
den  auf  der  Nordseite  bei  Nemea  und  Phlius  entwickelten  Ab- 
lagerungen in  Zusammenhang  stehen:  im  Innern  haben  wir  das 
Süsswasserbecken  von  Megalopolis  in  Arkadien  \). 

Wii"  haben  in  Griechenland  —  wenn  wir  von  der  wahr- 
scheinlich etwas  älteren  Ablagerung  von  Trakonaes  bei  Athen  ab- 
sehen, deren  zeitliches  Aequivalent  uns  noch  nicht  mit  Sicherheit 
ermittelt  zu  sein  scheint  —  Absätze  des  Unter-  und  des  Ober- 
pliocaens  von  einandei'  zu  trennen,  und  zwar  stellt  sich  das  erstere 
sowohl  in  Süsswasser-  als  in  mariner  Facies  dar;  beide  wechsel- 
lagern an  vielen  Punkten  (Elis.  Kumari  bei  Aegion.  Megara  u.  A.) 
mit  einander,  die  limnischen  Absätze  haben  eine  ganze  Anzahl 
Typen  mit  den  kroatisch-slavonischen  Vorkommnissen  auch  speci- 
fisch  gemeinsam,  wie  auch  die  Umbildung  der  organischen  Formen 
durch  allmäliges  Erscheinen  von  Knoten  und  Kielen  und  Ver- 
stärkung der  Gehäuse  durch  dieselben  bei  den  verschiedensten, 
nicht  verwandten  Formen  (Melanopsiden ,  Paludinen.  Hydrobien) 
in  beiden  Verbreitungscentren  der  gleiche  ist.  Die  marinen  Sedi- 
mente lassen  eine  Reihe  von  altpliocänen  Formen  (Plenronec'ia 
cristaia,  Terebratvla  ((mpnlla  u.  A.)  erkennen,  marine  Zwischen- 
lagen mit  gleicher  Fauna  tinden  sich,  wie  bereits  erwähnt,  an 
vielen  Punkten  den  Süsswasserabsätzen  eingestreut,  wie  auch 
charakteristische  Formen  der  letzteren  insbesondere  in  Elis  den 
marinen  Vorkommnissen  ehigeschaltet  erscheinen.  Ich  glaube  also, 
dass  beide  als  gleichalterig  zu  betrachten  sind  und  dass  das  Meer 
in  häufigen  Oscillationen  die  Süsswasserseeen  ausfüllte,  um  die- 
selben schliesslich  ganz  zu  versalzen  und  die  unumstrittene  Herr- 
schaft zu  gewinnen.  Denn  an  vielen  Punkten,  insbesondere  in 
Kalamaki  am  Isthmus,  finden  wir  oberpliocäne  Conglomcrate  und 
Mergel  den  gleichartigen  Sedimenten  des  Unterpliocän  aufgelagert. 

Wenn  wir  also  in  den  Binnenabsätzen  Griechenlands  einen 
Vorgang  beobachten,    welcher   contradictorisch  entgegengesetzt  ist 


^)  Alle  auf  den  Peloponnes  bezüglichen  Angaben  sind  den  Reise- 
berichten von  Dr.  Philippson  oder  dessen  mündlichen  Angaben  ent- 
nommen. 


591 


deri)jcMiigen,  welchen  der  Puhidiuen-Coiiiplex  Kroatiens  und  Slawo- 
niens erkennen  lässt,  nämlich  allniälige  xlussalznng,  Avährend  dort 
continuirliche  Aussüssung  stattfand,  trotzdem  aber  das  gleiche 
Verhalten  der  organischen  Form  der  Veränderung  des  Mediums 
gegenüber  erkennen  können,  so  müssen  wir  daraus  schliessen, 
dass  entweder  total  entgegengesetzte  Vorgänge  hier  zu  den  gleichen 
Züchtungsergebnissen  geführt  haben,  oder,  was  uns  wahrscheinlicher 
zu  sein  scheint,  dass  noch  andere  Factoren  bei  der  ümprägung 
der  organischen  Gestalten  m.aassgebend  waren,  welche  bisher  noch 
nicht  erkannt  wurden  und  über  welche  auch  wir  hier  nur  unser 
„Ignoranius'"   bekennen  können. 

Ich  glaube  in  der  Lage  zu  sein,  sowohl  aus  den  Süsswasser- 
absätzen  von  Livonates  in  Locris  als  aus  denjenigen  von  Stamnä 
in  Aetolien  Formenreihen  entwickeln  zu  können,  welche  sich  voll- 
ständig mit  denen  vergleichen  lassen,  welche  in  Slavonien  und  in 
Kos  aufgefunden  wurden  und  durch  deren  Kenntniss  Neumayr 
die  Wissenschaft  bereichert  hat;  ich  kann  dabei  nur  lebhaft  be- 
dauern, dass  die  Aufsamrnlung  an  beiden  Localitäten  keine  so 
systematische  und  von  Schicht  zu  Schicht  fortschreitende  war  und 
sein  konnte  als  diejenige,  welche  der  leider  zu  früh  dahingegan- 
gene österreichische  Forscher  auf  dem  klassischen  Boden  seiner 
Untersuchungen  durchgeführt  hat.  Im  ersteren  Falle  sind  es 
Uebergänge  von  Hydrobia  prisca  Neumayr  bis  zur  echten  Pyrgiila 
incisa  Fuchs  ,  wobei  dann  wahrscheinlich  auch  die  Fyrgula 
tricarinata  Fuchs  mit  der  letzteren  Form  sich  verbinden  lassen 
würde.  In  Stamnä  geht  die  Formenreihe  aus  von  Typen,  die  zu 
entwickeln  sein  werden  aus  der  übrigens  auch  in  Megara  ver- 
tretenen Mutation  clavigera  Neumayr  des  kroatisch -slavonischen 
Bereiches:  welches  sich  eng  anschliesst  an  die  costnta  des  gleichen 
Autors;  aucli  nach  Boettoer's.  im  Neuen  Jahrbuch  1884,  in 
einer  brieflichen  Mittheilung  niedergelegten  Anschauungen  ent- 
spricht diese  aber  keineswegs  der  lebenden  costata,  sondern  dürfte 
als  Mutation  aus  der  Gruppe  der  noch  jetzt  in  Ungarn  bei  Gross- 
wardein  ganz  local  vorkommenden  M.  Parrcyssi  v.  MtJHLF.  zu 
betrachten  sein;  ich  habe  für  diese  Form  den  Namen  ijseudo- 
cosiata  vorgeschlagen  und  zwar  bin  ich  zu  der  Anschauung  der 
Nichtidentität  zwischen  der  lebenden  costata  und  der  fossilen  Type 
Neumayr' s  ohne  vorhergehende  Kenntniss  der  interessanten  Mit- 
theilung des  Herrn  Dr.  Boettger  gelangt,  auf  welche  ich  durch 
den  erwähnten  Herrn  erst  später  hingewiesen  wurde.  Auf  der 
clavigera  Neumayr  sind  bekanntlich  Knoten  auf  den  En.digungen 
der  Längsrippen  oberhalb  der  Naht  entwickelt;  diese  fangen  bei 
den  Formen  aus  Stamnä  an  zu  Längskielen  zu  verschmelzen 
(Mutation  carinata-costata  ndhi);   diese  Kiele  treten  inmier  schärfer 


592 


hervor,  und  die  Rippen  werden  auf  die  obersten  Windungen  con- 
centrirt.  während  zugleicli  die  Kiele  unterhalb  und  oberhalb  der 
einzelnen  Nähte  sich  zu  nähern  beginnen  (Mut.  stamnana  mihi); 
schliesslich  fangen  diese  beiden  Kiele  an  zu  verschmelzen,  die 
Type  wird  kurz  und  gedrungen  und  auffallend  Tulotomen  ähnlich; 
auf  solche  Formen  möchte  ich  den  Mutationsnamen  aeiolica  Neum. 
beschränkt  wissen,  während  die  ganze  Formenreihe  vielleicht  als 
Melanosteiren  zu  bezeichnen  sein  würde,  und  in  sie  ist  zwei- 
fellos auch  die  mir  als  M.  Conemenosi  Bttg.  in  litt,  vorliegende 
Form  einzureihen,  welche,  wie  bereits  oben  erwähnt,  aus  Prevesa 
in  Epirus   stammt. 

Von  weiteren,  der  pliocänen  Binnenfauna  Griechenlands  ent- 
stammenden Typen  wären  hier  nach  kurz  zu  erwähnen:  die  Lim- 
naeus  Adelinae  von  Fuchs  und  Neumayr  genannte  Form,  welche 
ich  für  eine  Melaniade  vielleicht  aus  der  Verwandtschaft  der  für 
die  Obere  Kreide  so  charakteristischen,  lebend  im  Taganyka  vor- 
kommenden Pyrguliferen  halten  möchte;  zwei  eigenartige  Valvaten- 
formen,  die  eine  aus  Kumari  bei  Aegion  im  Nordpeloponnes,  die 
andere  aus  Livonates,  für  welche  ich  ein  neues  Subgenus,  Aegaea, 
vorschlage;  eine  echte  Tulotome  aus  der  Formenreihe  der  Viv.  Coa- 
Gorceiad  Tourn.  ,  welche  aus  Skrura  bei  Sparta  stammt;  endlich 
eine  gerippte  Melanopside  aus  der  Verwandtschaft  der  auf  das 
westliche  Mittelmeerbecken  beschränkten  Mel.  Dufourii  Fer., 
welche  ich,  da  sie  aus  Bizere  in  Elis  vorliegt,  M.  Mets  genannt 
habe.  Bezüglich  aller  Einzelheiten  verweise  ich  hier  auf  meine 
demnächst  erscheinende  Publication,  welcher  auch  die  Abbildungen 
hinzugefügt  sein  werden. 

Herr  Beyrich  legte  typische  Versteinerungen  aus  der 
oberen  Kreide  von  ümtamfuma  vor 

Herr  Koken  knüpfte  einige  Bemerkungen  über  Geschichte 
der  Lozonema  und  verwandte  Gattungen  an. 

Hierauf  wurde  die  Sitzung  geschlossen. 

V.  w.  0. 

Hauchecorne.        Beyrich.  Koken. 


593 


2.  Sieben  und  dreissigste  Versammlung  der  Deutschen 
geologischen  Gesellschaft  zu  Freiburg  i.  Breisgau. 

Protokoll  der  Sitzung  vom  il.  August  1890. 

Herr  Steinmann.  Frei  bürg,  begrüsste  die  Versammlung  im 
Namen  der  Geschäftsführung  mit  folgender  Anrede: 

Hochverehrte  Fachgenossen   und  Freunde  der 
Wissenschaft! 

Durch  die  unvermuthete  Wahl  Freiburgs  zum  Orte  der  dies- 
jährigen allgemeinen  Versammlung  unserer  Gesellschaft  bin  ich  in 
die  angenehme  Lage  versetzt.  Sie  als  Geschäftsführer  derselben 
an  dieser  Stelle  herzlich  willkommen  heissen  zu  können. 

Der  mir  anvertrauten  Aufgabe  habe  ich  hauptsächlich  da- 
durch gerecht  zu  werden  versucht,  dass  ich  den  Schwerpunkt 
unserer  Zusammenkunft  auf  die  Excursionen  verlegte,  ohne  gleich- 
zeitig die  hergebrachte  Dauer  der  Sitzungen  schmälern  zu  müssen. 
Ich  durfte  das  um  so  eher  wagen,  als  unsere  Stadt  den  Mittel- 
punkt einer  der  geologisch  interessantesten  Gegenden  Deutsch- 
lands bildet  und  die  verführerische  Nähe  des  für  den  Geologen 
in  hohem  Maasse  lehrreichen  Alpcngebirges  zu  einem  Besuche 
desselben  im  Anschluss  an  die  Versammlung  gewissermaassen 
aufforderte. 

Durch  die  gefällige  Mitwirkung  des  Herrn  Prof.  Graefp 
war  es  mir  möglich,  das  Excursions- Programm  für  die  nächste 
Umgebung  zu  einem  möglichst  reichhaltigen  zu  gestalten  und 
Ilinen  an  Stelle  einer  mündlichen  Erläuterung  der  Excursionen 
eine  gedrängte  Skizze  der  gesammten  geologischen  Verhältnisse 
der  weiteren  Umgegend  zu  bieten. 

Bei  der  Herstellung  des  geologischen  Führers  hatten  wir 
uns  der  dankenswerthen  Unterstützung  des  Grossh.  Ministe- 
riums des  Innern  und  der  Grossh.  Geologischen  Landes- 
anstalt zu  erfreuen;  das  in  Ihren  Händen  befindliche  Exemplar 
des  Führers  verdanken  Sie  der  Freigebigkeit  des  Grossh.  Mi- 
nisteriums der  Justiz,   des  Cultus  und  des  Unterrichts. 

Ferner  hat  die  naturforschendc  Gesellschaft  unserer  Stadt 
bereitswilligst  die  Mittel  zur  Verfügung  gestellt,  um  einige  inter- 
essante Stellen  in  der  Umgebung  von  Freiburg  derart  zu  er- 
schliessen,  dass  sie  einer  grösseren  Anzahl  von  Besuchern  leicht 
zugänglich  und  gut  sichtbar  wurden. 

Einigerraaassen  schwierig  gestaltete  sich  die  Wahl  der  zu 
besuchenden    Oertlichkeiten    in    der    Schweiz,    theils    wegen    der 


594 


Ueberfülle  an  Problemen  von  nllgemeincr  Wiclitigkeit,  tlieils  we- 
gen der  Schwierigkeit,  gewisse  Tlieile  des  Gebirges  bei  zweifel- 
haftem oder  schlechtem  Wetter  mit  Erfolg  zu  besichtigen.  In 
dem  vorgeschlagenen  Programm  glaube  ich  Ihren  etwaigen  Wün- 
schen nicht  minder  Rechnung  getragen  zu  haben,  als  den  ge- 
nannten Factoren. 

Herrn  Prof.  Heim  in  Zürich  gebührt  unser  Dank  für  die 
BereitAvilligkeit,  mit  welcher  derselbe  meiner  Bitte  entsprach,  die 
Führung  der  Excursion  in  die  Glarner  Doppelfalte  zu  tibernehmen. 

Die  Wahl  der  Klippenregion  Iberg-Mythen  erklärt  sich 
wie  diejenige  der  Glarner  Berge  aus  dem  ungewöhnlichen  Inter- 
esse, welches  sich  an  diese  Gegend  knüpft.  Da  die  hier  in  Frage 
stehenden  Probleme  kaum  je  in  der  Literatur  eine  zusammen- 
fassende Darstellung  erfahren  haben,  so  gedenke  ich  zu  Beginn 
der  morgigen  Sitzung  eine  kurze  Erläuterung  derselben  zu  geben. 

Für  die  Sitzungen  der  3  Yerhandlungstage  hat  uns  die 
alma  mater  eine  gastliche  Aufnahme  in  diesen  Räumen  ge- 
währt; die  Stadtverwaltung  hat  in  zuvorkommender  Weise  für 
Ihre  Unterhaltung  am  heutigen  Abend  Sorge  getragen  und  Ihnen 
die  Orientirung  in  der  Stadt  und  deren  Umgebung  erleichtert. 

So  sehen  wir  unser  Unternehmen  von  den  verschiedensten 
Seilen  her  in  dankenswerthester  Weise  gefördert  und  verschönert; 
es  gebührt  den  genannten  Behörden.  Vereinen  und  Privaten  unser 
wärmster  Dank  für  das  Entgegenkommen,  welches  sie  unseren 
Bestrebungen  erwiesen  haben. 

Meine  Herren!  Ihr  zahlreiches  Erscheinen  in  einer  entlegenen 
Grenzmark  des  Reiches  und  die  Anwesenheit  ausserdeutscher  Mit- 
glieder darf  als  ein  erfreuliches  Zeichen  für  das  Gedeihen  un- 
serer Wissenschaft  und  unserer  Gesellschaft  im  Besonderen  gelten ; 
ich  vermag  aber  meine  heutige  Begrüssung  nicht  abzuschliessen, 
ohne  der  ungewöhnlich  schmerzlichen  Verluste  zu  gedenken,  welche 
die  Gesellschaft  und  die  Wissenschaft  seit  der  vorjährigen  Ver- 
sammlung in  Greifswald  betroffen  haben.  Eine  erhebliche  Zahl 
hervorragender  Männer. -z.  Tli.  langjährige  Mitglieder  und  eifrige 
Förderer  unserer  Gesellschaft,  wie  Friedrich  August  Quenstedt, 
Melchior  Neumayr,  Edmont  Hebert,  Abbrecht  Müller,  Al- 
PHONS  Favre  und  Ernst  Weiss  wurden  in  rascher  Folge  ihrer 
Thätigkeit  entrissen. 

Ich  ersuche  Sie,  das  Andenken  dieser  Todten  durch  Er- 
heben von  den   Sitzen  ehren  zu  wollen. 

Die  dann  stattfindende  Wahl  eines  Vorsitzenden  für  die 
erste  Sitzung  fällt  auf  Vorschlag  des  Herrn  Credner,  Leipzig, 
auf  Herrn   Beyrich,  Berlin,   der  die  Wahl  annimmt. 


595 

Zu  Sclu'iftfüliveni  wurden  ernannt  die  norren  Rinne  Berlin, 
Schlippe,   Freiburg,   Futteueu.  Heidelberg. 

Se.  Magnificenz  Prof.  Dr.  Kkaus  begrüsst  die  Versamm- 
lung im  Namen  der  Universität;  Herr  Oberbürgermeister  WlN- 
TEEER  im  Namen  der  Stadt  Freiburg  und  Herr  Prof.  Dr. 
EmminC4HAUS  im  Namen'  der  naturforschenden  (resellschaft  zu 
Freiburg. 

Der  Vorsitzende,  Herr  BeykiCH,  dankt  im  Namen  der  Ge- 
sellschaft den  drei  Vertretern  und  zugleich  auch  der  Grossher- 
zogliclien  Regierung. 

Als  Mitglieder  sind  der  Gesellschaft  beigetreten: 
Herr  Fritz  Hillmann  in  Freiburg. 
Herr  Ed.  Funk  in  Constanz. 
Herr  Herrmann  in  Freiburg, 

vorgeschlagen  durch  die  Herren  Steinmann.   (iuAEFP 

und   Schlippe. 

Herr  LOKETZ  legte  den  Rechenschaftsbericht  vor,  welcher 
von  jetzt  ab  nach  Titeln  geführt  wird. 

Zu  Revisoren  werden  gewahll  die  Herren  Koch  und  Jentzsch. 

Herr  Steinmann  machte  der  Gesellschaft  Mittheilungen  über 
die  Excursion  und  Zusammenkünfte  am   11.  August. 

Herr  Ph.  Platz,  Garlsruhe,  sprach  über  die  glacialen 
Bildungen   des  Schwarzwaldes. 

Die  Hochthäler  des  südlichen  Schwarzwaldes,  welche  sich 
durch  bi'eite.  schwach  geneigte  Thalsohlen  von  grosser  absoluter 
Höhe  (800  —  1000  m)  auszeichnen,  während  ihr  Mittellauf  steil 
und.  schluchtartig  in  die  Gebirgsmasse  eingeschnitten  ist.  sind 
dui'chweg  mit  Schuttablagerungen  der  Diluvialzeit  erfüllt. 

Führt  schon  die  Nähe  der  Alpen,  in  denen  die  grosse  Aus- 
dehnung der  Gletscher  zur  Diluvialzeit  mit  Evidenz  nachgewiesen 
ist.  zur  Vermuthung.  dass  dieselben  Ursachen,  welche  dort  ein 
Herabrücken  der  Gletscher  bis  auf  100  m  bewirkten,  auch  in  den 
benochbarten  Gebirgen  ähnliche  Erscheinungen  erzeugen  musslen, 
so  wird  auch  die  glaciale  Natur  dieser  Ablagerungen  durch  deren 
Lagerungsweise  und  Structur  erwiesen.  Sie  erfüllen  nicht  nur 
den  Grund  der  Thäler,  sondern  sind  auch  über  die  Abhänge  ver- 
breitet, und  zwar  theils  in  zusammenhängenden  x\blagerungen  von 
mehreren  (6 — 20.  ja  30)  Metern  Mächtigkeit,  theils  in  zerstreu- 
ten Blöcken,    welche  häufig    zum  Zweck    des  Anbaues    künstlich 


596 


zusammengetragen  wurden,  sowie  endlich  in  Form  von  Hügeln, 
welche  theils  den  Abhängen  angelehnt  sind,  theils  von  diesen 
spornartig  in  die  Thalebene  vorspringen  oder  endlich  einzelne 
isolirte  oder  gruppenweise  beisammenliegende  Hügel  auf  der  Thal- 
sohle bilden. 

Alle  diese  Massen  bestehen  aus  eckigen  oder  gerundeten 
Geschieben,  oft  von  beträchtlicher  Grösse,  deren  Zwischenräume 
theils  durch  feineren  Kies  und  Sand,  theils  von  Lehm  ausgefüllt 
sind;  in  letzterem  Falle  ist  die  Masse  fest  zusammengedrückt 
und  zeigt  nach  dem  Urtheil  der  erfahrensten  Kenner  vollkommene 
Uebereinstimmung  mit  dem  Geschiebelehm  in  Norddeutschland  und 
Schweden.  Mangel  an  Schichtung  unterscheidet  diese  Massen 
von  den  oft  in  denselben  Thälern  weiter  abwärts  liegenden  Ab- 
lagerungen, welche  durch  ihre  Schichtung  deutlich  als  Ströraungs- 
bildungen  charakterisirt  sind. 

Die  Blöcke,  besonders  die  grösseren,  sind  häufig  in  ausge- 
zeichneter Weise  geschliffen  und  gekritzt;  der  grösste  bis  jetzt 
gefundene  Block  von  62  Centner  Gewicht  ist  im  Hofe  der  Uni- 
versität zu  Freiburg  aufgestellt  und  mit  einer  Gedenktafel  für 
den  verstorbenen  Geh.   Hofrath  Dr.  Fischer  versehen. 

Am  vollständigsten  sind  diese  Erscheinungen  in  den  vom 
Feldberg  (1495  m),  dem  höchsten  Punkte  des  Schwarzwaldes, 
ausgehenden  Thälern:  dem  Wutach-,  Alb-,  Schwarza-  und  Wiesen- 
thal, entwickelt;  im  nördlichen  Tlieil  des  Gebirges  wui'den  bis 
jetzt  keine  solchen  gefunden.  Dort  finden  sich  die  schönsten 
Moränenhügel  von  18  m  Höhe  im  obersten  Albthal  bei  Menzen- 
schwand,  sowie  in  den  Umgebungen  des  Titisees  und  Schluchsees. 
Beide  Seeen  sind  an  ihrem  unteren  Ende  durch  Moränen  abge- 
sperrt (die  Endmoräne  des  Schluchsees  ist  30  m  hoch)  und  vor 
der  Verschüttung  mit  Gerollen,  welche  die  Abhänge  beiderseits 
und  unterhalb  der  Seeen  überdecken,  durch  Ausfüllung  mit  Eis 
bewahrt  worden :   sie  sind  unzweifelhafte  Zeugen  der  Eiszeit. , 

Die  Schuttmassen  des  Wutachgebietes  verbreiten  sich  vom 
Ursprung  des  Thaies  nicht  bloss  im  Thale  selbst  abwärts  bis  zum 
Titisee  und  gegen  Neustadt,  sondern  auch  von  diesem  westlich 
über  die  flache,  moorige  Wasserscheide  in  das  Dreisamthal,  wo  sie 
durch  die  Höllenthalbahn  in  17  Einschnitten,  welche  ebenso  viele 
einzelne  Moränen  repräsentiren,  ausgezeichnet  aufgeschlossen  wur- 
den. Dieselben  werden  nicht  bloss  von  dem  Gneiss  der  benach- 
barten Berge  gebildet,  sondern  schliessen  auch  zahlreiche  Blöcke 
von  Granit  und  Porphj^r  ein,  welche  nur  im  oberen  Wutachthaie 
anstehen  und  durch  fliessendes  Wasser  unmöglich  hätten  über  die 
Wasserscheide    und    über    den  See    transportirt  werden    können. 


597 


Auch  auf  den  anderen  Wasserscheiden  finden  sich  theilweise  gla- 
ciale  Schuttmassen,  sodass  die  verscliiedenen  Gletscher  mehrfach 
mit  einander  in  Verbindung  standen. 

Die  glacialen  Schuttmassen  des  hohen  Schwarzwaldes  endigen 
in  einer  Höhe  von  7  —  800  m;  durch  Prof.  Steinmann  wurden 
aber  neuerdings  am  Fusse  des  Gebirges  in  einer  Höhe  von  3 
bis  400  m  Schuttmassen  von  ebenfalls  glacialer  Natur  gefunden 
(geologischer  Führer  der  Umgebung  von  Freiburg,  von  Stein- 
mann und  Gräff,  Freiburg  1899,  p.  77),  sodass  trotz  des  Feh- 
lens in  der  Zwischenregion  eine  Ausdehnung  der  Schwarzwald- 
gletscher bis  in  die  Rheinthalebene  angenommen  werden  muss. 

Der  Vortrag  wurde  durch  zahlreiche,  vom  Redner  aufge- 
nommene photographische  Abbildungen  von  Moränen  und  geschlif- 
fenen Blöcken  des  Schwarzwaldes,  sowie  durch  Vorlage  von  ge- 
ritzten Geschieben  aus  verschiedenen  Thälern  des  Schwarzwaldes 
unterstützt;  ebenso  wurden  die  noch  unvollendeten  geologischen 
Karten,  auf  welche  die  Glacialbildungen  im  Auftrage  der  grossh. 
badischen  Landesanstalt  aufgetragen  wurden,  der  Versammlung 
vorgelegt. 

Herr  v.  Zittel,  München,  knüpfte  an  diesen  Vortrag  einige 
Bemerkungen  über  die  sehr  eingehenden  Untersuchungen  betreffend 
die  einstige  Vergletscherung  der  deutschen  und  österrei- 
chischen Alpen,  welche  auf  Veranlassung  der  Section  Breslau 
des  deutschen  und  österreichischen  Alpenvereins  ausgeführt  wurden. 

Herr  Steinmann  schliesst  hieran  eine  Erörterung  über  die 
Vereisung  des  Schwarzwaldes. 

Herr  Jentzsch.  Königsberg,  sprach  über  ein  neues  Vor- 
kommen von  Interglacial  zu  Neudeck  bei  Freystadt, 
Kreis  Rosenberg,  Westpreussen. 

Wer  mit  der  überwiegenden  Mehrzahl  der  norddeutschen 
Geologen  den  Geschiebemergel  als  Grundmoräne  von  Inlandeis  be- 
trachtet, der  kann  sich  der  Annahme  einer  Interglacialstufe  nicht 
entziehen.  Obwohl  der  Verfasser  seit  Jahren  wiederholt  und  ent- 
schieden diese  Stufe  in  Ostpreussen,  Westpreussen,  Schleswig- 
Holstein  und  Hannover  nachgewiesen  zu  haben  glaubt,  ist  doch 
die  Thatsache.  dass  ein  von  anderer  Seite  bekannt  gemachtes 
Vorkommen  angeblichen  Interglacials  bei  Lauenburg  an  der  Elbe 
nach  genauerer  Untersuchung  als  auf  Täuschung  beruhend  er- 
kannt wurde,  für  Manche  der  Sache  ferner  Stehende  Anlass  ge- 
wesen, allen  Angaben  über  norddeutsches  Interglacial  mit  Miss- 
trauen zu  begegnen.  Dem  gegenüber  hielt  Redner  an  seinen 
früheren  Angaben  über  Interglacial   mit  Entschiedenheit  fest,    be- 


598 


züglich  der  Fauna  und  des  Protiles  auf  die  soeben  verölfentlichteu» 
von  ihm  bearbeiteten  Sectionen  Mewe,  Rehhof,  Münsterwalde  und 
Marienwerder  der  geolog".  Specialkarte  von  Preussen  verweisend, 
deren  Text  und  Karten  er  allen  Zweiflern  zum  Studium  empfiehlt. 

Das  von  ilim  neu  aufgefundene  Vorkommen  von  Neudeck  ist  das 
südöstlichste  in  Westpreussen  und  das  höchste  in  Deutschland  be- 
kannte. Es  liegt  unter  53'^  36'  30"  X  Br.  und  36 '^  59'  20"  0  L., 
sowie  etwa  360  Fuss  {114  m)  über  dem  Ostseespiegel.  Die  von 
Frej^stadt  nach  Deutsch-Eylau  führende  Cliaussee  bildet  bei  dem 
Rittergute  Neudeck  ein  Knie,  indem  sie  eine  vertorfende  nordsüd- 
liche Seeenkette  gerade  an  dem  Punkte  durchquert,  welcher  die  Was- 
serscheide zwischen  Gardenga  und  Ossa  bildet.  Unmittelbar  nörd- 
lich der  Chaussee  liegt  hier  ein  Soll  bezw.  ein  auf  der  General- 
stabskarte nicht  verzeichneter  kleiner  See  von  45  m  nordsüdlicher 
Längserstreckung.  35  m  NNO  vom  Nordrande  dieses  See's,  mit- 
hin östlich  der  Seeeidcette,  liegt  am  Gehänge  der  Anfang  einer 
40  m  langen.  10  m  breiten  Grube,  in  welcher  das  Interglacial 
ansteht:  Viele  Meter  mächtiger  Diluvialsaud  wird  hier  von  Thoii 
bedeckt,  welcher  westlich  der  Seeenkette  von  mächtigem  und  weit 
verbreitetem  Geschiebemergel  {Oberem  Diluvialmergel)  überlagert 
wird.  Der  hängendste  Theil  des  Diluvialsandes  ist  auf  0,5 — 0.8  m 
Mächtigkeit  schwach  bindig  und  erfüllt  mit  Muschelschalen,  welche, 
obwohl  zu  Tausenden  hier  beisammenliegend,  ausschliesslich  3  Arten 
angehören:  Cardium  edule  L..  TelUna  solidula  Pult,  und  Cy- 
prina  Islandica  L.  Leider  sind  die  Schalen  trotz  der  schützen- 
den Thondecke  sehr  bröcklich.  Doch  konnten  bei  sorgfältiger 
Behandlung  zahlreiche  ganze  Klappen  und  mehrere  vollständige 
zweiklappige  Exemplare  von  TeUina  und  Cardium  herausgelöst 
werden.  Von  Cyprina  wurden  ausschliesslich  zerbrochene  grosse 
Exemplare  gefunden,  deren  Stücke  indess  noch  nahe  beisammen 
lagen,  wie  in  dem  Cyprinen  führenden  Thon  der  Elbinger  Gegend, 
welcher  dem  Frühglacial  angehört,  also  älter  als  die  in  Rede 
stehende  Schicht  ist.  Die  Cyprinen,  wie  viele  der  grösseren 
Cardien  sind  in  situ  geknickt,  unzweifelhaft  gelegentlich  der 
Schichtenstörungen,  welche  Sand  und  Thon  betrotfen  haben.  Die 
Verwerfungen  der  letzteren  sind  deutlich  und  scharf  und  zeigen 
ein  xlbsinken  der  Schollen  nach  der  Seeenkette  hin. 

Alle  drei  genannten  Arten  vermögen  gleichzeitig  im  selben 
Meere  zu  leben;  insbesondere  sind  Cardium  und  Tdlina  sich 
gegenseitig  treue  Begleiter.  Erhaltungszustand,  Individuen-Reich- 
thurn  und  Arten-Gruppirung  der  auf  eine  wenig  mächtige  Schicht 
beschränkten  Fauna  beweisen  unwiderleglich,  dass  zur  Zeit  der 
Ablagerung  jenes  Sandes  diese  Faunula  in  nächster  Nähe  lebte. 
Unentschieden  mag  es  vorläufig  bleiben,  ob  die  Muschelschicht  am 


599 


Grunde  des  Meeres  abgesetzt  wurde,  oder  als  Strandauswurf  zu 
betrachten  ist.  ünzweifelliaft  ist  dagegen  ferner  ihre  spätere 
Ueberlagerung  durch  Geschiebemergel,  mithin  durch  Jungglacial. 
somit  ihr  unterdiluviales  Alter.  Zur  Entscheidung  der  Frage:  ob 
interglacial .  altglacial  oder  frühglacial  bietet  der  Aufschluss  — 
für  sich  allein  betrachtet  —  zwar  keine  sichere  Handhabe.  In 
Vei'bindung  mit  den  verwandten  Aufschlüssen  bei  Riesenburg, 
Mewe.  Dirschau.  Elbing,  Heilsberg.  Bartenstein.  Heiligelinde  u.  s.  w., 
sowie  der  geologischen  Specialkartirung  der  Gegend  ist  es  indess 
dem  Redner  nicht  zweifelhaft,  dass  derselbe  dem  Interglacial  an- 
gehört. Der  Punkt  liegt  68  km  vom  frischen  Haff,  82  km  von 
der  Ostseeküste  entfernt.  Das  Interglacial  Ost-  und  Westpreussens, 
in  welchem  Meeres-  und  Süsswasserschichten  theils  übereinander, 
theils  sich  vertretend  bekannt  sind,  ist  nunmehr  über  ein  Gebiet 
von  der  ungefähren  Grösse  des  Königreiclis  Württemberg  nachge- 
wiesen. In  der  Hälfte  dieses  Gebietes  sind  Meeresschichten  be- 
kannt. Die  Fauna  und  Flora  dieses  Interglacial  entspricht  durch- 
weg, soweit  bekannt,  einem  gemässigten  Klima.  Die  sehr  ver- 
schiedene Meereshöhe  der  Schichtenaufschlüsse  dürfte  in  der 
Hauptsache  durch  Dislocationen  zu  erklären  sein. 

In  Westpreussen  und  den  angrenzenden  Theilen  Ostpreusseus 
sind  die  Untersuchungen  nunmehr  so  weit  gediehen,  dass  sich  die 
4  Hauptstufen  M  des  Diluviums  auch  paläontologisch  unterscheiden 
lassen.  Man  sammle  an  einem  beliebigen  Aufschluss  10  Muscheln 
und  Muschelstücke,   dann  hat  man  (neben  anderen  Formen): 

Im  Jungglacial:    Cardiitin  edide  neben    Yoldia  arctica, 

meist  auch  Dreissena  polymorplui; 

In»  Interglacial:    Cardium  edule  oder,  falls  dies  fehlt, 

eine  Süsswasserfauna,   aber  keine    Yoldia; 

Im  Altglacial:     Yoldia  arctica   neben  Dreissena  polij- 

morpha  oder   Valoata  piscinalis,    aber   weder    Cardium,    noch 

Mactra,  noch  Nassa; 

Im  Frühglaci'al:     Yoldia  arctica        ,     Cyprina    islan- 

dica,  oder  falls  diese  fehlen,  reine  Süsswasserfauna  mit  Dreis- 
sena oder   Valvata. 

In  paläontologischer  Hinsicht  sei  noch  bemerkt,  dass  Cyprina 
im  Interglacial  nur  in  grossen,  im  Frühglacial  nur  in  kleinen 
Exemplaren  bekannt  ist. 

Das  Vorkommen  von  Neudeck  soll  im  Jahrbuch  der  Königl. 
Preuss.  Geolog.  Landesanstalt  näher  beschrieben  werden. 


1)  Vergl.  Jentzsch.  Ueber  die  neueren  Fortschritte  der  Geologie 
Westpreussens.  Leipzig,  Engelmann,  1888,  p.  5.  Sonderabdruck  a.  d. 
Schriften  der  Naturf.  Ges.  zu  Dauzig,  N.  F.,  VIT,  1. 


600 


Hieran  schloss  sich  eine  Discussion,  an  welcher  sich  die 
Herreu  Credner,  Jentzsch  und  Beyrich  betheiligten. 

Herr  L.  Milch,  Breslau,  sprach  unter  Vorlegung  von  Stufen 
und  losen  Krystallen  über  Hintzeit.  ein  neues  Kaliunimagne- 
siumborat von  StassfurtM. 

In  Knollen  von  gelbem  und  weissem  Pinnoit  fanden  sich 
Krystalle  eines  farblosen  Minerals  vor.  ausgezeichnet  durch  deut- 
lich monosymmetrischen  Habitus  und  zwei  zur  Symmetrieebene 
senkrechte,  sehr  vollkommene  Spaltungsrichtungen.  Nimmt  man 
die  bessere  zur  Querfläche  a.  die  andere  zur  Basis  c,  so  wird 
der  Habitus  bedingt  durch  zwei  prismatische  Formen,  ein  vor- 
deres Prisma  m  und  eine  vordere  Hemipyramide  n,  sowie  durch 
ein  hinteres  Hemidoraa  x;  untergeordnet  tritt  eine  hintere  Hemi- 
pyramide 0  auf. 

Giebt  man  m  das  Zeichen  (110)  ooP,  n  das  Zeichen  (111) 
— P,  so  folgt  daraus  das  Axenverhältniss 

a  :  b  :  c  =  2.1937  :  1  :  1.7338;  p  =  80"  12' 
und  X  wird  zu  (101)  Pqo  ,  o  zu  (112)  72  P.  Der  Prismenwinkel 
beträgt  49^36',  der  Winkel  der  vorderen  Hemipyramide  77^  42', 
der  Winkel  des  Hemidomas  zur  Querfläche  57"  48'.  Die  Ebene 
der  optischen  Axen  steht  senkrecht  zur  Symmetrieebene  und  ist 
gegen  die  Verticale  etwa  7"  nach  hinten  geneigt;  die  Symmetrie- 
axe  ist  Axe  der  grössten  Elasticität  und  halbirt  einen  in  Oel  zu 
circa  105"  gemessenen  scheinbaren  optischen  Axenwinkel. 

Der  Glanz  des  Minerals  steht  zwischen  Glas-  und  Fettglanz, 
die  Härte  liegt  zwischen  4  und  5,  näher  an  der  des  Apatit;  das 
spec.  Gewicht  wurde  zu  2,127  bestimmt.  Vor  dem  Löthrohr 
sehr  leicht  unter  heftigem  Aufschäumen  zu  einem  weissen  Emäil 
schmelzbar. 

Eine  von  Herrn  Dr.  Baurath,  Assistenten  des  Herrn  Geh. 
Rath  Ladenburg,  im  ehem.  Laboratorium  zu  Breslau  ausgeführte 
Analyse  führt  auf  die  Formel  K  Mg2  B9  Oie  +  8  aq. 

Für  dieses  Mineral  schlägt  der  Vortragende  nach  dem  Forscher, 
der  es  zuerst  als  neu  erkannt,   den  Namen  Hintzeit  vor. 

Herr  Steinmaxn  berichtete  über  die  Gliederung  des 
Paläozoicums  in  Bolivien,  insbesondere  über  das  Vorkom- 
men des  Devons  im  östlichen  Theile  desselben. 

Im  Anschluss  an  letzteren  Vortrag  sprach  Herr  Ulrich, 
Strassburg.  über  die  Fauna  der  oben  erwähnten  Schichten. 


*)  Die  genaueren  Resultate   der  Untersuchung  werden  in  Groth's 
Zeitschrift  für  Krystallographie,  Bd.  XVIII,  Heft  5  veröffentlicht. 


601 


Herr  Graeff.  Freiburg  i.  Br. .  machte  vorläufige  Mitthei- 
lungen über  Studien  am  Montblancmassiv. 

Dieselben  betreffen  zunächst  die  porphyrartigen  Gesteine, 
welche  nach  den  älteren  Beobachtungen  von  A.  Favre  und  H. 
Gerlach  auf  der  Südostflanke  des  Massives  in  grösserer  Verbrei- 
tung vorkommen  und  nach  verschiedenen  Richtungen  von  Interesse 
sind.  Diese  Gesteine  sind  mit  dem  den  Kern  des  Gebirges  bil- 
denden Protogin  einerseits,  mit  dem  Mantel  echter  krystalliner 
Schiefer  andererseits  so  eng  verknüpft,  dass  die  Abgrenzung  der- 
selben früher  Schwierigkeiten  machte. 

Der  Vortragende  muss  diese  überaus  innige  Verknüpfung 
bestätigen,  fand  indess,  dass  von  einem  Uebergange  der  frag- 
lichen Gesteine,  wie  ihn  Gerlach  vermuthete,  weder  nach  der 
einen  noch  nach  der  anderen  Seite  hin  die  Rede  sein  kaim.  Es 
ist  vielmehr  stets  eine  scharf  markirte  Grenze  zwischen  Protogin 
und  porphyrartigem  Gestein  sowohl  als  auch  zwischen  letzterem 
und  den  krystallinen  Schiefern  zu  erkennen.  Das  porphyrartige 
Gestein  ist  nach  mikroskopischem  Befunde  ein  echter  Quarz- 
porphyr, ganz  ähnlich  den  mit  den  Graniten  von  Vallorcine  und 
Gastern  zusammen  vorkommenden  Porphyren.  Dasselbe  hat  jedoch 
unter  reichlicher  Sericit-Neubildung  zum  grössten  Theile  eine  mehr 
oder  weniger  deutliche  Schieferstructur  angenommen,  sodass  die 
am  meisten  veränderten  Partieen  das  Aussehen  gewisser  Quarzite 
oder  Glimmerschiefer  besitzen,  ganz  ähnlich  wie  die  „Alpgnofer- 
platten"  im  Maderanerthale.  Die  enge  Verknüpfung  des  Por- 
phyrs als  eines  unzweifelliaft  echten  Eruptivgesteins  mit  dem  bis 
in  die  neueste  Zeit  hinein  bezüglich  seiner  Entstehungsart  um- 
strittenen Protogin  scheint  geeignet,  auch  die  letzten  Zweifel  an 
der  Eruptivität  des  letzteren  zu  beseitigen.  Die  Porphyrergüsse 
sind  Nachschübe  des  granitischen  Magmas  der  Protogine ;  der 
Protogin  selbst  ein  durch  Druck  partiell  schiefrig  gewordener 
(und  dabei  auch  mineralisch  etwas  veränderter)  Granit,  geschiefert 
durch  dieselbe  Kraft,  welche  auch  den  Porphyr  zum  grössten 
Theile  in  ein  schiefriges  Gestein  verwandelte.  Durchgreifende 
Lagerung  des  Porphyrs  gegen  den  Protogin  ist  sehr  häufig  zu 
beobachten;  sie  scheint  auch  vorhanden  zu  sein  gegenüber  den 
krystallinen  Schiefern;  am  Contacte  gegen  die  das  Massiv  umgür- 
tenden Sedimente  konnte  sie  aber  (entgegen  den  Angaben  früherer 
Beobachter)   nirgendwo  constatirt  werden. 

Der  Porphyr  ist  den  krystallinen  Schiefern  sehr  liäufig.  den 
Sedimenten  immer  in  Form  bald  mehr,  bald  weniger  mächtiger 
Bänke  oder  Platten  concordant  zwischengelagert.  Ein  Lagerungs- 
verhältniss,  welches  offenbar  nicht  ursprünglich,  sondern  durch 
spätere  Dislocationen  bedingt  ist.   und  welches  aus  dem  Alter  der 

Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  3.  40 


602 


umschliessenden  Sedimente  keinen  Rückschluss  gestattet  auf  die 
Eruptionszeit  des  Porphyrs;  der  Contact  ist  also  ein  mecha- 
nischer. Die  Untersuchungen  des  vorigen  Jahres  waren  be- 
schränkt auf  die  Strecke  vom  Mont  Catogne  bei  Orsieres  bis 
zum  Col  du  Grapillon  oder  du  petit  Ferret;  in  diesem  Jahre 
sollen  dieselben  nach  Süden  zu  weiter  fortgesetzt  werden. 

Die  Mittheilungen  wurden  durch  eine  passende  Auswahl 
von  Belegstücken  erläutert. 

HerrRoTHPLETZ,  München,  sprach  seine  freudige  Zustimmung 
zur  Auffassung  des  Montblanc-Granites,  wie  sie  der  Vorredner  ent- 
wickelt hat,  aus,  und  wünschte  nur,  dass  der  alte,  nicht  ganz 
glücklich  gewählte  Name  Protogin  einfach  durch  Granit  oder  por- 
phyrartigen Granit  ersetzt  werde.  Die  theils  schiefrigen,  theils 
massigen  Quarzporphyre  kommen  auch  auf  der  italienischen  Seite 
des  Massives  vor  (am  Mont  Chetif  und  de  la  Saxe),  wo  sie  von 
A.  Favre  schon  eingehend  beschrieben  worden  sind.  Sie  treten 
dort  aber  nicht  unndttelbar  in  Berührung  mit  dem  Montblanc-Granit, 
sondern  sind  dui'ch  eingebrochene  Jurakalke  von  ihm  getrennt. 
Gleichmässig  überlagert  werden  sie  hingegen  durch  jene-  Gyps 
führenden  Schichten,  welche  für  triasisch  zu  halten  man  sich 
gewöhnt  hat. 

Herr  Hermann  Ckedner,  Leipzig,  knüpfte  hieran  die  fol- 
genden Bemerkungen: 

Der  Herr  Vorreder  hat  an  einem  neuen  überzeugenden  Bei- 
spiele dargethan,  wie  gewisse  Eruptivgesteine  unter  dem  Einflüsse 
gebirgsbildenden  Druckes  zu  Schiefergesteinen  umgestaltet  worden 
sind.  Diese  Darlegung  aber  giebt  mir  Veranlassung,  ganz  aus- 
drücklich vor  der  vielleicht  für  Manche  naheliegenden,  unwillkür- 
lichen Verallgemeinerung  dieser  Beobachtungen  und  Schlüsse  auf 
die  Genesis  der  archaeischen  Gneissformation  zu  warnen 
und  zugleich  der  neuerdings  mehrfach  behaupteten  Entstehung  der 
gesammten  archäischen  Formationen  aus  massigen  Erstarrungs- 
gesteinen entgegen  zu  treten. 

Letztere  Anschauung  dürfte  sich,  wo  sie  sich  überhaupt  auf 
das  Studium  der  Natur  zu  beziehen  vei-mag,  z.  Tb.  auf  Beob- 
achtungen an  Complexen  von  krystallinen  Gesteinen  stützen, 
welche  zwar  gneissähnlichen  oder  schieferigen  Habitus  aufweisen, 
in  Wirklichkeit  aber  geologisch  und  genetisch  etwas  durchaus 
Anderes  sind,  wie  die  archaeischen  Gneisse  und  die  mit  letzteren 
innigst  verknüpften  krystallinischen  ScWefer. 

Ein  Beispiel  solcher  gneissoiden  Gebirgsglieder  liefert  der 
Theil    des   Schwarzwaldes,    welchen    wir    gemeinsam   vor    einigen 


603 

Tagen  durchwandert  haben.  Die  Aufschlüsse  im  Höllenthal,  am 
Feldberge  und  im  Wiesethale,  sie  alle  boten  die  gleiche  Einför- 
migkeit: überall  die  nämlichen  streifigen,  undeutlich  flaserigen  bis 
schieferigen  Gneissgesteine,  selten  mit  Einschaltung  von  Augen- 
gneiss-ähnlichen,  „Porphyr-artigen  Krystallgneissen",  von  glimmer- 
armen, plattigen  Leptiniten,  sowie  von  Hornblendegneiss  und  Am- 
phiboliten.  In  diesen  eintönigen  Gebieten  fehlt  jeder  echte 
Flasergneiss .  jeder  Muscovitgneiss  und  deren  in  archaeischen 
Arealen  vorhandene  Fülle  von  Varietäten,  —  ebenso  werden  jene 
Einlagerungen  von  Dolomit,  Kalkstein  und  Quarzitschiefer,  jene 
Wechsellagerung  mit  Gneissglimmerschiefern  und  jene  Verknüpfung 
mit  Glimmerschiefern  und  Phylliten  vermisst,  wie  sie  für  andere, 
nämlich  archaeische  Gneissgebiete  charakteristisch  sind  und  den- 
selben ihre  reizvolle  Mannichfaltigkeit  verleihen.  Diese  petrogra- 
phische  Verschiedenheit  geht  so  weit,  —  und  auch  hierin  stimmt 
der  durch  seine  Erfahrungen  im  Erzgebirge  wie  im  Schwarzwalde 
ganz  besonders  zu  einem  derartigen  Vergleiche  befähigte  Herr 
A.  Sauer  mit  mir  überein,  —  dass  es  für  den  Kenner  kaum 
möglich  ist,  selbst  einzelne  Handstücke  von  „Gneissen"  des  süd- 
lichen Schwarzwaldes  mit  solchen  archaeischer  Districte,  also 
z.  B.  des  Erzgebirges  zu  verwechseln. 

Von  den  „Gneissen"  unseres  neulichen  Excursionsgebietes  den 
Nachweis  erbracht  zu  sehen,  dass  sie  dynamometamorphisch  ver- 
änderte Granite  und  Syenite  sind,  würde  nicht  überraschen,  tragen 
sie  doch  schon  in  der  z.  Th.  mit  blossem  Auge,  öfter  noch  mit 
dem  Mikroskope  wahrnehmbaren  Kataklasstructur  den  Stempel 
der  inneren  Zertrümmerung,  die  sie  bei  jenem  Vorgange  erlitten 
haben  und  welcher  sie  ihre  structurelle  Umgestaltung  verdanken. 
zur  Schau. 

Dieser  Nachweis  aber  gilt  eben  nur  für  dieses  specielle  Areal 
und  besitzt  nicht  die  geringste  Tragweite  auf  die  genetische  Deu- 
tung der  eigentlichen  archaeischen  Gneiss-  und  Schieferformation, 
wie  sie  z.  B.  im  Erzgebirge  entwickelt  ist.  Der  Gegensatz  dieser 
letzteren  zu  den  „Gueissen"  des  südlichen  Schwarzwaldes  ist  ein 
schroffer  und  beruht  zunächst  auf  der  abwechslungsreichen  Man- 
nichfaltigkeit ihres  Aufbaues.  Besonders  gross  ist  die  Artenzahl 
des  Gneisses.  diese  wird  einerseits  bedingt  dadurch,  dass  ent- 
weder nur  Biotit  oder  Muscovit.  oder  aber  beide  gemeinsam  als 
die  die  Flaserung  bedingenden  Glimmerminerale  voi'handen  sind, 
andererseits  auf  der  ausserordentlichen  Variabilität  der  Structui-. 
welche  jede  dieser  3  Gruppen  des  Glimmergneisses  wieder  in 
zahlreiche  Modificationen  spaltet.  So  entstehen  denn  grob-  und 
kleinüaserige.    schieferige,    augenartige,    plattige,     dichte    Biotit- 

40* 


604 


gneisse,  zweiglimmerige  Gneisse  und  Muscovitgneisse,  von  denen 
die  oft  in  dünnen  Bänken  oder  Complexen  wechsellagernden  Va- 
rietäten der  Zweiglimniergneisse  in  dem  grössten  Theile  des  Erz- 
gebirges vorwalten,  während  die  Muscovitgneisse  mehr  oder  we- 
niger mächtige  Einlagerungen  in  denselben  zu  bilden  pflegen. 
Diese  complicirte  concordante  Schichtenreihe  der  erzgebirgischen 
Gneissformation  erhält  nun  noch  grössere  Abwechslung  durch 
meist  schlank  oder  plump  linsenförmig  gestaltete,  untergeordnete 
Einlagerungen  von  substantiell  abweichenden  Gesteinsarten,  also 
von  dolomitischen  Kalksteinen  und  Quarziten,  von  Granatserpen- 
tinen, Amphibolschiefer,  Granat-,  Biotit-,  Zoisit-  und  Plagioklas- 
Amphibolit,  Eklogit,  Augitfels  und  Granatfels,  sowie  von  Magnet- 
eisenerz- und  Schwefelkieslagerstätten. 

Die  Grenze  der  Gneissformation  gegen  die  sie  concordant 
überlagernde  Glimmerschiefer  -  Formation  ist  eine  wenig  scharfe, 
wird  vielmehr  durch  Uebergänge  vermittelt.  In  noch  höherem 
Grade  gilt  dies  von  dem  Verhältniss  der  Glimmerschiefer-Forma- 
tion zu  den  darauf  folgenden  Phylliten,  aus  denen  sich  nach  dem 
Hangenden  zu  ganz  allmählich  die  cambrischen  und  silurischen 
Thonschiefer  herausbilden.  Von  diesen  letzteren  hinab  duich  die 
Phyllit-  und  Glimmerschiefer-Formation  bis  zu  den  Gneissen  stellt 
das  ganze  archaeische  System  des  Erzgebirges  eine  durch  Con- 
cordanz,  Uebergänge  und  Wechsellagerung  verbundene  Schichten- 
reihe gleichartiger  Entstehung  vor.  Ob  dieselbe  und  namentlich 
ihre  untersten  Glieder  ihre  heutige  petrographische  Erscheinungs- 
weise bei  oder  direct  nach  ihrer  Sedimentation  erhalten,  oder 
erst  später  durch  einen  auf  die  verschiedensten  Ursachen  zurück- 
geführten Metamorphismus  angenommen  haben,  bleibt  hier  un- 
erörtert.  Jedenfalls  aber  werden  die  archaeischen  Schichtencom- 
plexe  von  den  für  jüngere,  versteinerungsführende  Formationen 
gültigen  tektonischen  Gesetzen  beherrscht.  Hier  wölben  sich  die 
Gneisse  zu  flachen  oder  steilen  Kuppeln  oder  Sätteln  (Freiberg, 
Zöblitz,  Marienberg,  Sa3'da),  oder  bilden  trogförmige  Synklinalen 
(oberes  Flöhathal),  —  an  anderen  Stellen  lagern  sie  so  flach 
geneigt,  dass  die  Gneissbänke  die  felsigen  Thalgehänge  in  con- 
stantem,  spitzem  Winkel  schneiden  und  sich  der  Eintritt  der 
höheren  Complexe  in  die  Thalsohle  mit  Sicherheit  construiren 
lässt,  indess  anderorts  z.  B.  Muscovitgneisse  die  Gipfel-,  Biotit- 
gneisse  die  Sockelschichten  der  durch  Erosion  von  einander  ge- 
trennten Bergrücken  bilden,  genau  wie  es  beispielsweise  Keuper 
und  Muschelkalk  in  Thüringen  oder  Schwaben  thuen. 

Während  sonach  die  archaeische  Formationsreihe  sich  von 
Complexen  dynamometamorpher  Eruptivmassen  weit  unterscheidet, 
sind  auf  der  anderen  Seite    unseren   sächsischen  Granitterritorien 


605 


die  Producte  solcher  mechanischer  Umgestaltung ,  also  durch 
Druckwirkungen  flaserig  bis  schieferig  deformirte  Granitgesteine 
nicht  fremd.  Sauer,  Herrmann,  Weber  und  Hazard  haben  die- 
selben im  Bobritzscher  und  Lausitzer  Granit  genau  verfolgt  und 
in  den  Erläuterungen  zu  den  Sectionen  Freiberg,  Pulsnitz,  Rade- 
berg und  Moritzburg  beschrieben.  Stets  an  grosse  tektonische 
Störungen  gebunden,  erreichen  diese  weithin  verfolgbaren  Zonen 
der  mechanisch  deformirten  Granite  mehrere  Hundert  Meter  Breite, 
innerhalb  deren  sich  die  Dynamometamorphose  von  den  Andeu- 
tungen beginnender  Flaserung  und  Streifung  bis  zur  hornschiefer- 
artigen  oder  phyllitcähnlichen  Dünnschieferigkeit  steigert. 

Die  von  ihr  betroffenen  Granite  kennzeichnen  sich  zunächst 
dadurch,  dass  ihre  Biotitlamellen  gestaucht,  geknickt  oder  wurm- 
förmig  gebogen  sind  und  zugleich  eine  annähernd  parallele  Lage 
angenommen  haben,  wodurcli  der  gepresste  Granit  eine  Art  Fla- 
serung und  Streifung  erhält,  welche  ihm  ein  gneissähnliches  Aus- 
sehen verleihen.  Auch  die  grösseren  Quax'ze  sind  anfänglich  an 
ihren  peripherischen  Theilen  zu  unregelmässigen  eckigen  Frag- 
menten zerdrückt.  Die  Zwillingslamellirung  der  Plagioklase  ist 
nicht  mehr  geradflächig,  sondern  gebogen  und  gestaucht,  von 
Rissen  durchzogen  und  auf  diesen  gegen  einander  verschoben. 
Mehr  nach  der  Dislocationsfläche  zu  erweisen  sich  die  gesammten 
Feldspäthe  und  Quarze  in  eckige  Splitter  zerdrückt,  die  in  einem 
zuckerkörnigen  Cämeut  von  noch  kleineren  Mineralfragmenten 
liegen.  Der  Biotit  verschwindet  gänzlich,  an  seine  Stelle  treten 
hell  lauchgrüne,  kleinste  Glimmerblättchen.  Endlich  entstehen 
hornfelsartig  dichte,  heller  und  dunkler  gebänderte  oder  phyllit- 
artige  Schiefergesteine,  deren  ebenplattige  oder  schieferige  Lagen 
die  grösste  Constanz  im  Streichen  und  Fallen  einhalten  und  der 
herrschenden  Dislocationsrichtung  parallel  verlaufen.  Sie  erweisen 
sich  als  aus  feinsten  Zermalmungsproducten  zusammengesetzt,  die 
durch  ein  neugebildetes  Quarzcäment  nebst  Sericit  -  Schüppchen 
verfestigt  werden  und  den  Typus  einer  Mikrobreccie  repräsentiren 

So  wiederholen  sich  denn  an  allen  diesen  wie  anderen  den 
archaeischen  Gneissen  und  krystallinen  Schiefern  äusserlich  ähn- 
lichen Gesteinen,  deren  Flaserung  und  Schieferung  mit  Sicherheit 
auf  Dislocatioiismetamorphose  massiger  Gesteine  zurückfürbar  ist, 
die  Erscheinungen  der  inneren  Zertrümmerung,  Zerquetschung  und 
Zermalmung  und  verrathen  zuweilen  schon  dem  blossen,  stets  aber 
dem  mit  dem  Mikroskop  bewaffneten  Auge  den  secundären  Ur- 
sprung der  jene  Schiefergesteine  beherrschenden  Parallelstructur. 
An  den  normalen  Gneissen  und  krystallinen  Schiefern  der  ar- 
chaeischen Formation  sucht  man  vergeblich  nach  solchen  Erschei- 
nungen.      Nur   dort,    wo   ihnen    gleichalterigo  Eruptivlager  einge- 


606 


schaltet  sind,  pflegt  sich  bei  diesen  die  eben  beschriebene  dynamo- 
nietamorphe  Flaserung  und  Schieferung  und  mit  dieser  die  Mikro- 
breccienstructur  einzustellen.  Letzteres  gilt  auch  von  solchen 
Partieen  der  Gneisse,  welche  beim  Zusammenschub  der  Gneiss- 
formation zum  Erzgebirge  in  bereits  fertigem  Zustande, 
nämlich  während  der  Carbonperiode,  besonders  intensiven  tekto- 
nischen  Störungen  und  hierbei  einer  inneren  Zerberstung  ihrer 
bereits  flaserig  -  schieferig  aggregirten  Bestandtheile  unterworfen 
gewesen  sind. 

Für  die  Entscheidung  der  Frage,  ob  wir  in  gegebenem  Falle 
durch  Stauungsmetamorphismus  flaserig -schieferig  gewordene  mas- 
sige Gesteine  vor  uns  haben,  bietet  somit  die  Deformations-  und 
Mikrobreccienstructur  ein  sicheres  Kriterium.  Fehlt  dieser  cha- 
rakteristische Stempel,  so  gehört  jede  Behauptung  stattgehabter 
Dynamometamorphose  in  das  Gebiet  der  Hypothese! 

Herr  Beyrich  schloss-  sich  den  Ansichten  des  Vorredners  an. 

Zum  Vorsitzenden  der  Sitzung  vom  12.  August  schlug  Herr 
Beyrich  Herrn  Ferd.  Römer.  Breslau,  vor.  Letzterer  nahm  die 
Wahl  an. 


Hierauf  wurde  die  Sitzung  geschlossen. 


w. 


0. 


Beyrich. 


Rinne. 


Schlippe.        Futterer. 


Protokoll  der  Sitzung  vom  12.  August  1890. 
Vorsitzender:    Herr  Römer. 

Der  Gesellschaft  sind  als  Mitglieder  beigetreten: 
Herr  Dr.   Schröder  van  der  Kolk  in  Leiden, 

vorgeschlagen  durch  die  Herren  Martin,  Dames  und 
Wahnschaffb  ; 
Herr  Oscar  von  Alberti  in  Freiberg  i.  S, 

vorgeschlagen  durch    die  Herren    Stelzner,    Stein- 
mann und  Credner; 
Herr  Dr.  Frank  D.  Adams  in  Monreal  (Canada), 

vorgeschlagen  durch  die  Herren  Steinmann,  Graeff 
und  Schlippe. 

Als  Versammlungsort  für  die  nächstjährige  Versammlung 
wird  Frei  b  er  g  i.  S.  gewählt  und  zum  Geschäftsführer  Herr 
Stelzner  ernannt. 


607 


Zum  Vorsitzenden  der  Sitzung  am  13.  August  wurde  Herr  Rosen- 
busch, Heidelberg,  vorgeschlagen.    Derselbe  nahm  die  Wahl  an. 

Die  Revisoren  lieferten  die  als  richtig  befundenen  Rech- 
nungs-Abschlüsse ein  und  beantragten,  dem  Schatzmeister  Decharge 
zu  ertheilen.  Die  Versammlung  stimmte  diesem  Antrage  bei,  und 
der  Vorsitzende  dankte  Namens  der  Versammlung  dem  Schatz- 
meister und  den  Revisoren  für  ihre  Mühewaltung. 

Herr  P.  Oppenheim,  Berlin,  gab  einige  f au n istische  Mit- 
theilungen aus  dem  Vicentiner  Tertiär. 

Der  Vortragende  legte  zuerst  ein  neues  reiches  Material  an 
Landschnecken  aus  den  eocänen  Roncatuffen  des  genannten  Ge- 
bietes vor,  welches  aus  dem  Val  dei  Mazzini  bei  Pugniello 
stammt  und  die  in  den  Denkschriften  der  Wiener  Akademie  1889 
niedergelegten  Ausführungen  des  Redners  über  diese  Fauna  in 
wesentlichen  Punkten  zu  vervollständigen,  stellenweis  auch  zu 
moditiciren  im  Stande  sein  wird;  die  Typen  wurden  von  dem 
Vortragenden  in  diesem  Frühjahre  theils  selbst  gefunden,  theils 
von  dem  gewandten  Localsamraler  in  unserem  Gebiete,  G.  Mene- 
Guzzo,  käuflich  erworben.  Dem  unteren  brakischen  Tuffe  mit 
Stromhns  Forfisi,  wie  er  bei  Ronca  im  Val  nera  entwickelt  ist, 
und  welchem  die  unteren  Landschnecken -Schichten  von  Pugniello 
zeitlich  gleichzustellen  sind,  wird  in  den  meisten  Lehrbüchern  ein 
viel  zu  geringes  Alter  zugeschrieben.  Man  begreift  eigentlich 
kaum,  dass  man,  gestützt  auf  Hebert's  paläontologische  Bestim- 
mungen, bei  denen  höchst  wahrscheinlich  Ronca -Tuff  und  -Kalk 
mit  einander  vermengt  wurden,  denselben  für  gleichaltrig  mit  dem 
obereren  Grobkalk  und  für  älter  als  S.  Giovanni  Ilarione  an- 
spricht, nachdem  E.  Süss  und  Bayan  beide  überzeugend  nach- 
gewiesen, dass  der  den  schwarzen  Tuffhorizont  überlagernde  Kalk 
mit  dem  grünen  Tuffe  von  S.  Giovaimi  Ilarione  identisch  ist,  die 
faunistischen  Resultate  Hebert's  also  kaum  mehr  aufrecht  zu 
halten  sein  dürften,  sondern  dringend  eine  Nachprüfung  erfordern. 
Auf  Grund  eingehender  Prüfung  der  vorliegenden  Literatur  ist 
der  Vortragende  zu  dem  Ergebnisse  gelangt,  dass  die  Aequiva- 
lente  der  Vicentiner  Landschnecken-Tuffe  in  den  nordfranzösischen 
Ligniten,  den  gleichartigen  Bildungen  Ungarns  und  den  oberen 
Süsswasserbildungen  des  krainisch-istrischen  Bereiches  zu  suchen 
sind,  dass  sie  also  jedenfalls  noch  zum  Untereocaen  zu  ziehen  sein 
werden.  Mit  dem  Kalke  von  Rilly  haben  sie  die  Gattung  Oospira 
Blanf.  unter  den  Clausilien  gemeinsam  {Clausilia  sinuata  Boissy 
[Pupa  sinuata  Sandberger)  ist  nahe  verwandt  mit  der  Clausula 
Pugmellensis  Oppenh.),  zudem  dürfte  die  Gattung  Rilly a  Mun. 
Chalmas,   welche  für  die  beiden  von  v.  Sandberger  wunderbarer 


608 


Weise  zu  Amphiclronms  gezogenen  Pupa  columellarts  Boissy  und 
I'upa  Bülijensis  Boissy  aufgestellt  ist,  den  erwähnten  Clausilien 
jedenfalls  sehr  nahe  stehen,  wenn  sie  nicht  mit  Oospira  selbst 
zu  identificiren  ist;  aus  den  dalmatinisch-istrischen  CosinaSchich- 
ten,  soweit  wir  ihre  Fauna  durch  Stache's  bisherige  Publica- 
tionen  zu  überschauen  im  Stande  sind,  steht  die  Gattung  Kallo- 
mastoma  Stäche  jedenfalls  dem  Copiochilus  vnhricaius  Sandb., 
wie  Stäche  bereits  selbst  angiebt,  zweifellos  nahe  und  dürfte 
die  oberhalb  des  Alveolinen  -  Kalkes  in  den  adriatischen  Küsten- 
ländern entwickelte  zweite  Süsswasserfauna,  deren  Zusammen- 
setzung wir  leider  noch  nicht  kennen,  noch  bedeutendere  Ana- 
logien mit  der  vicentinischen  aufweisen,  ihr  jedenfalls  stratigra- 
phisch  zu  identiticiren  sein. 

Als  interessante  faunistische  Neuigkeiten  aus  dem  Vicentiner 
Tertiär  wären  hier  zu  erwähnen:  Eine  typische  Art  der  jetzt 
ausschliesslich  indo-malayischen  Diplomatinen,  eine  echte  Äcme 
(palaearctische  Type),  wie  zahlreiche  Clausilien  mit  erhaltenen 
Mündungscharakteren,  welche  die  bereits  gegebenen  Artdiagnosen 
in  den  wesentlichsten  Punkten  zu  vervollständigen  im  Stande  sind. 

Der  Vortragende  bespracli  fernev  die  Fauna  der  Lignite 
vom  Mt.  Pulli  bei  Valdagno.  welche  in  der  von  N  nach  S 
gerichteten  Synklinale  zwischen  Mt.  Pulli,  Crocerla  und  Spelacia 
Alveolinen-Kalke  mit  NvmmuUtes  Prntti  d'Arch.  concordant  über- 
lagei'n  und  in  ihren  oberen  Schichten  eine  Fauna  enthalten,  die 
dem  schwarzen  Tuffe  von  Ronca  gleicliwerthig  ist.  Es  sind  dies 
Brackwasserabsätze,  mit  Süsswasserbildungen  und  Ligniten  wech- 
sellagernd, welche  sich  in  geschützten  Flusslagunen  gebildet  haben; 
sie  enthalten  eine  reiche  Zahl  von  tropischen  Aestuar- Mollusken, 
welche  theils  auf  indo  -  malayische,  theils  auf  neotropische  und 
afrikanische  Beziehungen  hinweisen.  Die  grosse  Mehrzahl  dieser 
Formen  ist  ihnen  gemeinsam  mit  den  Ligniten  des  westlichen  Un- 
garns, wie  sie  in  der  Umgegend  von  Gran  und  Dorogh  entwickelt 
sind  und  deren  Beschreibung  wir  v.  Hantken  und  Boekh  verdanken ; 
doch  scheinen  auch  identische  Formen  mit  den  Pariser  lAgnites  auf- 
zutreten (Melanin  inilcanica\.  Schloth.  ^  Cerith.  GesIiniDESu.). 
Die  Aehnlichkeit  der  Formen  zwischen  vicentiner  und  ungarischem 
Tertiär  ist  eine  auffallende  und  in  den  meisten  Fällen  specifische 
und  steht  durchaus  im  Einklänge  mit  den  anscheinend  von  Neu- 
MAYR  (s.  Erdgeschichte.  II,  p.  481)  zuerst  vertretenen  Anschauun- 
gen, welche  die  Existenz  einer  langgestreckten  Continentalinsel 
auf  dem  jetzt  von  den  östlichen  Alpcnketten  und  den  Karpathen 
eingenommenen  Bereiche  voraussetzen;  dieses  Festland  wird  im 
Süden  von  dem  noch  erhaltenen  centralen  Mittelmeere  der  meso- 
zoischen Peiiode  begrenzt  und    in   seinen  Buchten    befanden  sich 


609 


die  Aestuarien.  deren  Ueberreste  uns  in  den  Ligniten  des  Vicen- 
tins  und  des  westlichen  Ungarns  bis  auf  unsere  Tage  erhalten  sind. 
Auffallend  ist  am  Mt.  Pulli  das  Erscheinen  einer  anschei- 
nend auch  in  Ungarn  in  nahe  verwandter  Form  (Dreissensm 
eocaena  Mun.  Chalm.,  Mytilus  sp.  v.  Hantk.)  vertretenen  kleinen 
Congerie.  welche  in  grosser  Menge  und  günstiger  Erhaltung  die 
Schichtenverbände  anfüllt  und  deren  lebhafte  Färbung  noch  gut 
zu  erkennen  ist.  Diese  Form  gehört  wohl  zweifellos  nach  den 
äusseren  Kennzeichen  der  Schale  (eine  Präparation  des  Schlosses 
erwies  sich  bei  der  grossen  Zartheit  der  Objecte  als  unmöglich) 
in  die  Untergattung  3Iytilopsis  Conrad  1857  {Praxis  H.  u. 
Adams  1857)  =  Congeria  Partsch  1833,  welche  sich  durch  das 
Auftreten  eines  nach  innen  gerichteten  zahnai'tigen  Fortsatzes  des 
Septums  von  ihren  Verwandten  auszeichnet  und  heut  die  afrika- 
nischen und  südamerikanischen  Ströme  bewohnt.  Zu  diesen  For- 
mengruppen gehören  nun  einmal  zweifellos  alle  älteren  Dreissen- 
sien  des  europäischen  Tertiärs,  wie  das  Vorhandensein  des  Zahnes 
deutlich  beweist,  so  Breisscnsia  unguiciilus  Sandb.  =  Brardii 
Wood,  aus  dem  englischen  Obereocän.  Dr.  Basteroti  Desh.  aus 
dem  Oberoligocän  von  Bordeaux  und  die  so  allgemein  verbreitete 
Dr.  Brnrdii  Faujas  aus  dem  Mainzer  Becken;  andererseits  auch 
die  echt  pontische  Congeria  spatlmlata  Partsch  der  Congerien- 
Schichten  des  Wiener  Beckens  und  ein  grosser  Theil  ihrer  Ver- 
wandten M.  Es  geht  daraus  hervor,  dass  wenigstens  ein  Theil 
der  charakteristischen  Bevölkerung  dieses  letzteren  Sohichtencom- 
plexes  allen,  insbesondere  von  Th.  Fuchs  vertretenen  entgegen- 
gesetzten Behauptungen  zum  Trotz  bereits  seit  dem  Eocaen  im 
centralen  Europa  bestand,  dass  wir  aber  andererseits  aus  dem 
Auftreten  von  „pontischen"  Congerien  im  Obermiocaen  allein  noch 
kein  Recht  haben,  auf  weite  Continental-Verbindungen  zu  folgern 
und  die  Gleichaltrigkeit  mit  marinen  Absätzen  auszuschliessen,  ein 
Resultat,  welches  im  Hinblick  auf  die  Verhältnisse  der  obermio- 
cänen  Congerien -Schichten  Toscanas  und  Siciliens  nicht  ohne 
Interesse  sein  dürfte, 

Herr  Steinmann  verlas  ein  Schreiben  der  Schweizerischen 
naturforschenden  Gesellschaft,  welche  die  deutsche  geologische 
Gesellschaft  zu  ihrer  Versammlung  in  Davos  einladet  und  theilte 
mit.  dass  die  geplanten  Excursionen  in  die  Schweiz  in  der  Weise 
modiiicirt  worden  sind,    dass  die  Theilnehmer  Gelegenheit  haben, 


^)  Congeria  Partsch  ist  nicht  identisch  mit  Dreifisensia  \. 
Bened.;  sie  unterscheidet  sidi  durch  das  Vorhandensein  einer  lötifel- 
förmigen  Schlossapophyse.  Die  ecliteii  rVingerien  sind  westindisch- 
afrikanisch  e,  nicht  pontische  Tyj)en. 


610 


sich  den  Excursioiien  der  Schweizerischen  naturforschenden  Ge- 
sellschaft anzuschliessen.  Der  Vortragende  machte  ferner  Rath- 
schläge  für  die  Schweizer  Excursionen  und  schlug  für  den 
13.  August  kleinere  Ausflüge  nach  Gottenheim  und  der  Hoch- 
burg vor. 

Derselbe  gab  hierauf  eingehende  Erläuterungen  über  die 
Klippenregion  Mythen  -  Iberg. 

Herr  A.  Schenck.  Halle  a.  S.,  sprach  über  den  Laterit 
und  seine  Entstehung. 

Es  wurde  besonders  darauf  hingewiesen,  dass  eine  bestimmte 
petrographische  Definition  des  Laterits  sich  nicht  geben  lasse, 
vielmehr  die  Lateritbildung  als  ein  geologischer  Vorgang  aufzu- 
fassen sei.  Mit  dem  Namen  Laterit  bezeichnen  wir  in  tropischen 
und  in  einigen  subtropischen  Ländern  (Afrika.  Indien.  Süd -Ame- 
rika) weit  verbreitete  Bodenarten  von  nicht  immer  gleich  bleiben- 
dem Charakter,  welclie  aus  der  Zersetzung  der  verschiedenar- 
tigsten Gesteine  (Gneiss  und  Granit,  Grünsteine.  Schiefer.  Sand- 
steine etc.)  hervorgehen.  Unter  dem  Einfluss  des  tropischen 
Klimas,  namentlich  der  höheren  Wärme,  der  grösseren  Rogen- 
menge und  des  Mangels  an  winterlichen  Frösten  findet  eine 
weit  intensivere  Verwitterung  der  Gesteinsmassen  statt,  als  in 
unseren  Gegenden.  Bis  zu  100  m  und  darüber  sind  oft  die 
Gesteine  vollständig  zersetzt,  wobei  ihre  ursprüngliche  Structur 
erhalten  bleibt.  Charakteristisch  für  diese  Verwitterungsmassen 
tropischer  Länder  ist  ihre  in  der  Regel  röthliche  Färbung  im 
Gegensatz  zu  der  meist  gelblichen  in  unseren  Breiten;  der  Un- 
terschied scheint  in  der  schnelleren  Oxydirung  des  Eisens  unter 
tropischem  Klima  seinen  Grund  zu  haben  (wobei  vielleicht  der 
hohe  Gehalt  der  I^uft  an  Salpetersäure  in  Folge  der  vielen  und 
heftigen  Gewitter  eine  Rolle  spielt),  während  bei  dem  Verwitte- 
rungslehm unserer  Gegenden  zuerst  vorwiegend  Eisenoxydulsalze 
und  aus  diesen  Eisenhydroxyde  sich  bilden.  An  der  Oberfläche 
erleiden  die  Verwitterungsmassen  der  Tropenländer  eine  Verän- 
derung, indem  eine  Aufbereitung  stattfindet.  Durch  den  Einfluss 
der  Regenwasser  und  der  Winde  werden  die  leichteren  und  fei- 
neren Theile  hinweggeführt,  die  schwereren  und  gröberen,  vor- 
wiegend Quarz  und  Eisenoxyd  bleiben  zurück,  es  findet  dadurch 
eine  Anreicherung  und  Concentration  des  letzteren  statt.  Die 
ursprüngliche  Structur  geht  verloren,  es  bilden  sich  jene  eisen- 
reichen, zelligen,  nicht  selten  schlackenartig  aussehenden  Massen, 
welche  man  wohl  im  eigentlichen  Sinne  als  Latente  bezeichnet 
hat.      Aus  diesen  primären  Lateriten   bilden    sich    durch  Umlage- 


611 


geruiig  (Transportation  und  Wieclerablagerung).  welche  theils  durch 
die  fliessenden  Gewässer,  tlieils  durch  die  Winde,  theils  durch 
die  Thätigkeit  des  Meeres  etc.  bewirkt  wird.  Sedimente,  die  auch 
Latente  genannt  worden  sind,  die  aber  mit  den  ersteren  häufig 
nur  noch  die  rothe  Farbe  gemein  haben.  Es  lassen  sich  hier- 
nach unterscheiden : 

A.  Primäre  oder  Eluvial-Laterite  und  zwar 

a.  Tiefenlaterite  (lateritisirte  Gesteinsmassen,  bei  de- 
nen die  ursprüngliche  Structur  noch  erhalten  ist  und 
die  wir  als  Granitlaterit ,  Gneisslaterit,  Dioritlaterit, 
Diabaslaterit ,  Glimmerschieferlaterit .  Sandsteinlaterit, 
etc.   bezeichnen  können; 

b.  Oberflächen-Laterite ,  aus  den  ersteren  in  der 
oben  geschilderten  Weise  hei'vorgehend. 

B.  Secundäre  oder  Detritus-Laterite  (alluviale,  aeolische, 
marine  Laterite). 

Auf  geologischen  Karten  würden  die  eluvialen  Laterite  am 
besten  mit  einer  Farbenabstufung  der  Gesteine,  aus  welchen  sie 
hervorgegangen  sind,  darzustellen,  die  secundären  aber  unter  den 
Bildungen  derjenigen  Periode,  in  welcher  sie  abgelagert  wurden 
(tertiär,  quartär),  einzureihen  sein. 

Zum  Schluss  erörterte  Vortragender  noch  den  Einfluss  der 
Laterite  auf  die  Oberflächengestaltung,  namentlich  die  Entstehung 
der  tiefen  Erosionsschluchten  und  die  Beziehung  des  Laterits  zur 
Vegetation.  Laterite  finden  sich  sowohl  auf  Hochflächen  als 
Untergrund  von  Steppen,  wie  auch  in  Niederungen  und  an  Berg- 
abhängen als  Träger  einer  dichten  Urwaldvegetation.  Man  hat 
einerseits  auf  eine  frühere  dichtere  Vegetation  der  ersteren  wie 
auch  umgekehrt  andererseits  auf  ein  früheres  Fehlen  derselben 
in  den  letzteren  geschlossen.  Die  erstere  Ansicht  geht  davon 
aus,  dass  der  Laterit  sich  nur  unter  dem  Einfluss  einer  dichten 
Vegetation  bilden  könne,  während  andererseits  das  Gegeutheil  be- 
hauptet wird.  So  lange  es  noch  nicht  näher  dargethan  ist,  in 
welcher  Weise  die  Vegetation  die  Lateritbildung  befördert  oder 
hemmt,  müssen  derartige  Schlüsse  als  voreilig  bezeichnet  werden. 

Es  schliesst  sich  hieran  eine  Discussion,  an  welcher  sich 
die  Herren  Streng  und  Schenck  betheiligen. 

Hierauf  wurde  die  Sitzung  geschlossen. 

V.  w.  0. 

F.  RoEMER.        Rinne.        Schlippe.        Futterer. 


612 

Protokoll  der  Sitzung  vom  13.  August  1890. 

Vorsitzender:    Herr  Rosknbusch. 

Die  Gesellschaft  beschliesst  die  Drucklegung  eines  Mit- 
glieder-Verzeichnisses, welches  als  besonderes  Heft  jährlich 
zur  Versendung  gelangen  soll. 

Herr  Steinmann  theilte  mit,  dass  die  für  den  Nachmittag 
geplanten  Excursionen  ausfallen,  um  den  Theilnehmern  an  den 
Excursionen  in  die  Schweiz  eine  frühere  Abreise  zu  ermöglichen. 

Herr  vox  Eeinach,  Frankfurt  a.  M.,  sprach  Folgendes:  Auf- 
gefordert dazu,  erlaube  ich  mir,  Ihnen  eine  vorläufige  Notiz  über 
Parallelisirung  des  südlichen  Taunus  mit  den  Ardennen 
und  der  Bretagne  zu  geben.  Um  kurz  zu  sein,  will  ich  das 
klarste  Profil  im  Taunus .  dasjenige  von  Wiesbaden  bis  zur 
Platte  darlegen,  welches  Profil  übrigens  auch  in  dem  3000  m 
langen  Wasserstollen  der  Stadt  Wiesbaden  controllirt  werden  kann. 
In  Wiesbaden  selbst  und  von  da  bis  zur  Würzburg  steht 
mit  steilem  NNW  -  Einfallen  ein  Wechsel  von  Sericitgneissen, 
Sericitglimmerschiefern  und  Bunten  Sericitschiefern  an,  also  die 
Serie  der  hemi-krystallinischen  Taiinusgesteine.  Durch  den  neuen 
Wegebau  und  einen  Steinbrucli  aufgeschlossen,  folgen  dann  im 
Hangenden,  an  der  Würzburg,  feste  Conglomerate,  deren  Material 
anscheinend  den  Gesteinen  des  Liegenden  entstammt.  Am  Wald- 
rand des  nach  Norden  abbiegenden  Wiesenthälchens  (Kessel  auf  der 
Karte  bezeichnet)  findet  sich  Arkose.  dann  die  grünen  und  rothen 
Phyllite  und  endlich  in  der  Platte  Hermeskeilschichten  nebst 
Taunusquarziten. 

"  Professor  Gossei.et  aus  Lille,  unter  dessen  Leitung  ich  das 
unterste  Devon  der  Ardennen  genau  studirte,  erklärte  bei  seinem 
Besuche  des  Taunus  in  diesem  Frühjahr  meine  Auffassung  des 
Complexes  klastischer  Gesteine,  von  den  Conglomeraten  bis  zum 
Taunusquarzit  als  Gedinnien  für  richtig.  Die  Gliederung  ent- 
spreche im  Ganzen  derjenigen  der  Ardennen,  hier  wie  dort  seien 
die  Conglomerate  und  Arkosen  als  die  unterste  Grenze  des  De- 
vons zu  betrachten,  die  südlicher  vorandene  hemikrystallinische 
Zone  falle  demnach  ausserhalb  des  devonischen  Systems.  Prof. 
Barrois  aus  Lille,  welcher  Herrn  Prof.  Gosselet  begleitete,  pa- 
rallelisirte  diese  hemikrystallinischen  Schichten  mit  der  „Serie  ^2 
auch  y."  der  Franzosen  (Huron  und  Precambrium).  Derselbe  hatte 
die  Freundlichkeit,  mir  diese  lithologisch  identische  Serie  von 
Sericitgneissen,    Sei'icit  -  und  Diabasschiefern,    auch  Hällefiint   in 


613 


der  Bretagne  zu  zeigen,  daselbst  auf  Urgestein  auflagernd  und 
überlagert  von  Petrefacten  führendem  Silur  und  Devon.  Nur  im 
Westen  der  Bretagne ,  woselbst  Granit  die  Schichten  etwas  ver- 
ändert hat,  treten  in  denselben  Elemente  auf,  (z.  B.  schwarzer 
Glimmer),   welche  dem  Taunus  fremd  sind. 

Koch  hat  187.5  (Ber.  d.  Senckenb.  naturf.  Ges.)  die  Zu- 
sammengehörigkeit der  grünen  und  rothen  Phyllite  mit  dem  Unter- 
devon erkannt  und  die  hemikrystallinischen  Gesteine  einer  älteren 
Serie  zugetheilt,   also  Ehre,  wem  solche  gebührt. 

Bei  dieser  Gelegenheit  will  ich  Besucher  des  Taunus  auf 
den  von  Koch  angeführten  Sericitgneiss- Steinbruch  in  den  Roth- 
tannen bei  Fischbach  i.  T.  aufmerksam  machen.  Derselbe  ist 
jetzt  stark  erweitert,  theilweise  abgebaut  und  giebt  ein  vollkom- 
men verschiedenes  Schichtenbild  als  früher.  Es  ist  keine  Veran- 
lassung mehr  anzunehmen,  dass  die  Sericitgneisse  das  älteste 
Glied  der  hemikrystallinischen  Taunusserie  sind. 

Es  schliesst  sich  an  diesen  Vortrag  eine  Discussion,  welche 
von  den  Herren  Roemer,  Beyrich  und  VON  Reinach  ge- 
führt wird. 

Hsrr  .j AEKEL,  Berlin,  berichtete  über  einige  jüngere  Cri- 
noiden. 

Herr  Jentzsch,  Königsberg  i.  Fr.,  sprach  über  einige 
Züge  in  der  Oberflächengestaltung  Westpreussens. 

Für  die  Eintheilung  und  Erklärung  der  baltischen  Höhenzüge 
sind  wir  in  Westpreussen  noch  heute  auf  das  Studium  der  Ober- 
flächengestaltung angewiesen,  da  die  Tektonik  des  tieferen  Kernes 
durch  eine  Diluvialdecke  von  etwa  100  m  mittlerer  Mächtigkeit 
grösstentheils  verhüllt  ist.  Bereits  1876  veröffentlichte  der  Vor- 
tragende in  den  Schriften  der  physikal.  -  Ökonom.  Gesellschaft  zu 
Königsberg  eine  Höhenkarte  im  Maassstabe  1  :  1.850000  mit 
farbigen  Höhenstufen  von  100  Fuss  nach  den  besten  damals  vor- 
handenen Messungen.  Nachdem  inzwischen  die  Generalstabskarte 
Ost-  und  Westpreussens  vollendet,  gelang  es  dem  Verfasser  von 
dem  Herrn  Chef  der  Preussischen  Landesaufnahme  eine  nahezu 
vollständige  Sammlung  photographischer  Abzüge  der  unveröffent- 
lichten Messtischblätter  beider  Provinzen  (im  Maassstabe  1  :  25000 
mit  Höhenkurven  von  5  m  bezw.  15  Duodecimalfuss  bezw.  I2Y2 
Decimalfuss  Verticalabstand)  für  das  Königsberger  Provinzial- 
museum  zu  erwerben.  Nach  dieser  vorzüglichen  Grundlage  — 
deren  geringe  Lücken  durch  die  Generalstabskarte,  die  neuesten 
Höhenmessungen  und  die  Tiefenzahlen  der  Seekarten  ergänzt  wur- 
den —   hat  derselbe  nun  gemeinsam  mit  Herrn  Schulamtscandidat 


614 


Vogel  eine  neue  Höhenkarte  Ost-  und  Westprcussens  im  Maass 
Stabe  1:300000  entworfen,  welche  von  der  physikal.  -  ökonom- 
Gesellschaft  herausgegeben  und  durch  die  Buchhandlung  von 
W.  Koch  in  Königsberg  zu  dem  sehr  massigen  Preise  von  2  Mark 
pro  Blatt  vertrieben  wird.  Die  kürzlich  erschienene  Section 
Marienwerder-Bromberg  und  die  im  farbigen  Probedruck  vollendete 
Section  Danzig  wurden  vorgelegt.  Beide  an  einander  grenzende 
Blätter  umfassen  den  zwischen  35^'  und  37'^  östl.  L.  liegenden 
Haupttheil  Westpreussens .  von  der  russischen  Grenze  bis  zur 
Ostsee,  einschliesslich  der  angrenzenden  Theile  Posens  und  Pom- 
merns. Die  Höhencurven  des  Landes,  wie  die  Tiefenlinien  der 
Ostsee  haben  je  20  m  Verticalabstand  und  sind  die  betreffenden 
Stufen  durch  17  braune  bezw.  6  blaue  Farbentöne  unterschieden. 
Ausserdem  sind  noch  zur  Charakteristik  der  Küstengestaltung  die 
Linien  von  -j-  10  m  und  —  10  m  durch  Strichelung  angedeutet. 
Die  dargestellten  Höhen  und  Tiefen  liegen  zwischen  —  113  m 
und  +  331  m,  ergeben  also  Höhenunterschiede  bis  zu  444  m. 
Zu  der  sehr  mühsamen  Bearbeitung  dieser  Karten  bewog  den  Vor- 
tragenden in  erster  Linie  die  Hoffnung,  neue  bezeichnende  Grund- 
züge der  Landesgestaltung  aufzufinden,  aus  denen  sich  geologische 
Schlüsse  ergeben  möchten. 

In  der  That  offenbarten  sich  zahlreiche  überraschende  Be- 
ziehungen und  Aehnlichkeiten,  auf  welche  Oskar  Peschel's  Aus- 
druck „geographische  Homologien",  oder  genauer  „ orographische 
Homologien"   ohne  Weiteres  Anwendung  finden  kann. 

Aus  der  grossen  Zahl  derartiger  Thatsachen,  welche  an  an- 
derer Stelle  näher  beschrieben  werden  sollen,  seien  nur  einige 
wenige  hervorgehoben,    welche  besonderes  Interesse  verdienen. 

In  seiner  bekannten  Abhandlung  ..Gletschertheorie  oder  Drift- 
theorie in  Norddeutscbland?"  (diese  Zeitschrift,  1879,  p.  1--20) 
gründete  Herr  Berendt  die  Vermuthung  eines  ursprünglich  von 
Nord  nach  Süd  gerichteten  Laufes  der  preussischen  Weichsel 
hauptsächlich  auf  die  eigenartige  Ausbuchtung  des  jetzigen  rechten 
Thalrandes  bei  Culm,  welche  nur  von  einem  in  nord- südlicher 
Richtung  herabkommenden  Gewässer  ausgehöhlt  kein  könne,  wie 
der  Augenschein  lehre.  Unsere  Höhenkarte  zeigt  nun,  dass  diese 
Gestaltung  gar  nicht  durch  Erosion,  sondern  durch  tektonische 
Ursachen  bedingt  ist.  da  diese  auffällige  NNW  —  SSO -Richtung 
des  Thalrandes  genau  parallel  einem  6  Kilom.  östlich  verlaufenden, 
von  Grzywno  nach  NNW  gerichteten,  27  Kilom.  langen,  bei  Culm 
mit  plötzlicher  Westbiegung  in's  Weichselthal  mündenden  Thale 
liegt.  Auch  sonst  noch  tritt  die  gleiche  Richtung  in  dieser  Ge- 
gend hervor.  Wir  haben  also  dicht  südlich  der  Stadt  Culm  eine 
von  zwei  parallelen  Seiten  begrenzte,    6  Kilom.  breite,    von  der 


615 


allgemeinen  Diluvialplatte  abgetrennte  Scholle,  welche,  um  jeden 
auf  Hypothesen  hindeutenden  Ausdruck  noch  zu  vermeiden,  vor- 
läufig als  „Kulmer  Platte"  bezeichnet  werden  kann.  Ganz 
entsprechende  Gebilde  sind  weiter  nördlich  die  Marienwerderer 
Platte  zwischen  Liebe  und  Weichsel  mit  NNO  —  SSW-Richtung 
und  die  NW  —  SO  gerichtete  Mewer  Platte  zwischen  Ferse 
und  Weichsel. 

Die  Meereshöhe  der  Thalsande  des  Weichseithaies  steigt  im 
Allgemeinen  von  Nord  nach  Süd,  wie  dies  der  jetzigen  Abfluss- 
richtung der  Weichsel  entspricht. 

Das  preussische  Weichselthal  ersclieint  auf  der  Höhenkarte 
als  eine  durch  Erosion  umgewandelte  Seeenkette.  Die  Stadt 
Graudenz  bezeicfuiet  den  Mittelpunkt  des  bedeutendsten  der  ur- 
sprünglichen Seeen,  aus  welchem  drei  hohe  Inseln  hervorragten: 
die  heutige  Festung  Graudenz,  und  die  Hügel  von  Kailinken  und 
Gruppe. 

Bereits  früher  war  es  bekannt,  dass  ungemein  häufig  Seeen 
und  Solle  zu  linearen  Ketten  geordnet  sind,  von  denen  oft  meh- 
rere in  geringer  Entfernung  derart  ähnlich  verlaufen,  dass  auf- 
fällige Biegungen  und  Knicke  der  einen  von  den  mehrere  Kilo- 
meter entfernten  Nachbarlietten  wiederholt  werden  (Jentzsch,  das 
Profil  der  Eisenbahn  Konitz  -  Laskowitz .  im  Jahrbuch  d.  preuss. 
geol.  Landesanstalt  für  1883.  p.  557  ff.).  Dieselbe  Erscheinung 
wird  bisweilen  auch  betreffs  des  Verlaufs  der  Horizontalen  beob- 
achtet, so  in  der  Gegend  von  Schöneck  (Ebenda  f.  1885,  p.  398), 
am  grossen  Gehlsee  im  Mohrunger  Kreise  u.  s.  f.  Hin  und  wieder 
zeigen  die  Horizontalen  statfelförmig  vorspringende  Stücke  mit 
z.  Th.  geradliniger  Begrenzung,  die  man  kaum  anders  denn  als 
Verwerfungen  deuten  kann,  so  östlich  von  Marienburg  und  süd- 
westlich von  Schneidemühl. 

Durch  Herrn  Berendt  sind  schon  früher  die  „Aufpressun- 
gen"  an  den  Thalrändern  hervorgehoben  worden.  Diese  haben 
sich  nunmehr  als  eine  in  Westpreussen  allgemein  verbreitete, 
geradezu  gesetzmässige  Erscheinung  gezeigt.  Ueberall  bezeichnen 
Wellen  parallel  der  Thalrichtung  den  Oberrand  der  Gehänge.  Sie 
zeigen  sich  aber  nicht  nur,  wie  man  nach  Herrn  Berendt's 
Theorie  annehmen  sollte,  an  den  0-W-Thälern,  sondern  auch  an 
den  N-S-Thälern,  z.  B.  der  Weichsel,  wo  es  kaum  möglich  sein 
dürfte,  sie  auf  Eispressungen  zurückzuführen. 

Aehnliche,  doch  minder  regelmässig  gestaltete  Wellen  be- 
gleiten vielfach  die  Ränder  der  Seeen.  Bei  länglichen  Seeen 
liegt  häufig  an  dem  einen  Ende  des  See's  ein  beherrschender 
Hügel,  dessen  Gestalt  bisweilen  (z.  B.  am  Burgal-See  im  Rosen- 
berger  Kreise)  die  Umrisse  des  See's  wie  ein  Spiegelbild  wiederholt, 


616 


In  und  an  länglichen  Seeeii  ragen  oft  Inseln  und  verlandete 
Inseln  hoch  auf.  welclie  in  kilometerlangen,  schmalen  Rücken  die 
Längsrichtung  des  See's  genau  innehalten.  Eines  der  zahlreichen 
Beispiele  bietet  der  grosse  Mausch-See.  Auch  solche  —  keines- 
wegs seltene  —  Fälle  sind  durch  Erosion  nicht  zu  erklären, 
sondern  deuten  auf  tektonische  Ursachen. 

Bestimmte  Richtungen  herrschen  auf  der  Diluvialplatte  in 
der  Weise,  dass  grosse  und  kleine  Wellen  innerhalb  eines  ge- 
wissen, mehrere  hundert  Quadrat-Kilometer  umfassenden  Gebietes 
ganz  oder  nahezu  parallel  verlaufen.  Diese  Richtungen  sind  indess 
in  den  einzelnen  Landestheilen  verschieden. 

Die  höchsten  Gipfel  (Thurmberg,  Kernsdorfer  Höhe  u.  s.  w.) 
ragen  als  Horste  beträchtlich  über  ihre  weite  Umgebung  hervor, 
und  ihre  Längsrichtung  kelirt  in  den  niedrigeren  Wellen  der  an- 
grenzenden Landestheile  deutlich  ausgesprochen  wieder.  Kurze, 
breite  und  tiefe  Thäler  von  fast  circusartigen  Umrissen  greifen 
bisweilen  unvermittelt  in  die  „Horste-'  ein,  beispielsweise  an  der 
Kernsdorfer  Höhe. 

Finden  sich  in  der  Gestaltung  einer  Gegend  2  Richtungen 
ausgesprochen  —  der  gewöhnliche  Fall  —  so  durchdringen  sich 
dieselben  ungefähr  rechtwinkelig.  Die  Folge  dieser  Regel  ist, 
dass  Thäler  oder  Seeenketten  sich  rechtwinklig  durchkreuzen, 
bisweilen  mit  merklicher  Verschiebung  (Verwerfung).  Eine  weitere 
Folge  derselben  Regel  ist  es  aber  auch,  dass  ein  Thal,  welches 
—  sei  es  schmal  und  ausgesprochen,  oder  breit  und  sanft  — 
an  der  Wasserscheide  endet,  jenseits  derselben  in  der  gerad- 
linigen Fortsetzung  ein  gleichgerichtetes  Gegenstück  findet.  Diese 
sehr  verbreitete  Erscheinung  scheint  dem  Vortragenden  ganz  be- 
sonders deutlich  für  tektonische  Gestaltung  zu  sprechen. 

Für  die  Bestimmung  des  Alters  der  angedeuteten  Stö- 
rungen haben  wir  folgende  Anhaltspunkte:  Vordiluviale  Schichten 
(Kreide  und  Tertiär)  ragen,  soweit  sie  nicht  durch  Flussläufe 
aufgeschlossen  sind,  mit  Vorliebe  in  Anschwellungen  des  Ge- 
ländes hervor.  Dies  gilt  nicht  nur  für  Ost-  und  Westpreussen, 
sondern  (nach  mündlicher  Mittheilung  des  Fürsten  Gedroitz) 
auch  im  Gouvernement  Grodno.  Die  erzgebirgische  Richtung  der 
Mucronaten  -  Kreide  zwischen  Christburg  und  Pr.-Holland  stimmt 
vollkommen  mit  der  Hauptrichtung  der  Oberflächengestaltung  jener 
Gegend  überein.  Nahezu  saigere  Schichtenstellung  zeigt  die  ter- 
tiäre Glaukonitbildung  von  Nenkau  bei  Danzig.  Aehnliche  Stel- 
lung zeigt  auch  das  Frühglacial  der  Elbinger  Yoldien-Thone,  dessen 
Streichrichtung  gleichfalls  mit  der  Oberflächengestaltung  überein- 
stimmt.      Als   meist    langgestreckte   Durchragungen    treten   Inter- 


617 


glacial  und  andere  Uüterdüavialgebilde  in  Ost-  und  Westprousson. 
sowie  nach  Herrn   Schröder  in  der  ückermarlv  auf. 

Manche  ausgesprochene  Thäler  zeigen  bei  der  Untersuchung 
eine  keineswegs  ebene,  sondern  sehr  unebene  Thalsohle,  welche 
mit  oberem  Geschiebemergel  ausgekleidet  ist.  z.  B.  dasjenige  Thal, 
welches  auf  Herrn  Berendt's  Kärtchen  (a.  a.  0.,  p.  14)  bei 
Neuenburg  in  die  Weichsel  mündet,  in  Wirklichkeit  aber  erst 
einige  Kilometer  nördlich  von  Neuenburg  beginnt,  sodass  es  vom 
Weichselthale  getrennt  bleibt.  Für  derartige  Thäler  bleibt  freilich, 
neben  der  Annahme  postdiluvialer  Einsenkung,  auch  die  andere 
Annahme  zulässig,  dass  ein  älteres  Thal  durch  oberen  Geschiebe- 
mergel ausgekleidet,   aber  nicht  ausgefüllt  worden  ist. 

Unzweideutig  erscheint  endlich  das  postdiluviale  Alter  des 
As-artig  nur  150  —  200  m  breiten.  5  Kilom.  langen.  19  —  24  m 
hohen  N-S- Rückens  von  Königswalde,  welcher  die  Verbreitungs- 
grenzen der  jüngsten  Dilmäalschichten  durchquert,  ohne  dieselben 
zu  beeinflussen  (siehe  Blatt  Münsterwakle  der  geologischen 
Specialkarte). 

Dieser  Rücken  ist  um  so  bemerkenswerther,  als  genau  pa- 
rallel 7  km  wesilich,  von  Wielbrandowo  über  Grabau  und  Russek 
bis  nahe  Bobau  eine  ganz  ähnliche  Welle  von  12  km  Länge  und 
29  m  Höhe  verläuft. 

Die  jüngsten  bekannten  Hebungen  zeigen  sich  in  den  grossen 
0-W-Thälern.  Sie  scheinen  angedeutet  zu  sein  in  der  jetzt  durch 
den  Bromberger  Kanal  überwundenen  Wasserscheide  innerhalb  des 
alten  Weichselthals  westlich  Bromberg.  Weit  deutlicher  sind  die- 
selben in  jener  grossen,  breiten  und  scharf  begrenzten  Thalrinne, 
welche  von  der  Danziger  Bucht  bei  Oxhöft  über  Rheda,  Neu- 
stadt, Lauenburg  bis  zur  Pommerschen  Küste  bei  Leba  die  Nord- 
spitze Westpreussens  durchschneidet.  Von  Meer  zu  Meer,  also 
von  0  zu  0  m  gehend,  zeigt  dieses  Thal  in  seiner  Mitte  unweit 
Gr.-Boschpohl  eine  Wasserscheide  von  50  m  Meereshöhe.  Diese 
Wasserscheide  liegt  dort,  wo  eine  bis  200  m  aufragende  S-N- 
Welle  von  der  ost- westlichen  Thalrinne   durchquert  wird. 

Für  den  Strom,  welcher  diese  Thalrinne  einst  durchflössen 
haben  muss,  fehlt  ein  östlicher  Anfang.  Die  mehr  als  100  m 
tiefe  Danziger  Bucht  schneidet  das  Thal  unvermittelt  ab.  Erst 
östlich  der  Danziger  Bucht  finden  wir  ein  ganz  ähnlich  gestaltetes 
Thal  —  das  alte  über  Insterburg  und  Königsberg  verlaufende 
Memelthal  —  für  welches  bisher  die  westliche  Fortsetzung 
fehlt.  Denn  sein  jetziges  Ende  am  frischen  Haff  unweit  Königs- 
berg kann  nicht  sein  ursprüngliches  Ende  gewesen  sein,  da  die 
alluvialen,  lediglich  Süsswasserformen  enthaltenden  Ausfüllungen 
desselben  bis  20  m  unter  den  Meeresspiegel  hinabreichen.     Noch 

Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  3.  44 


618 


unmittelbar  an  der  heutigen  Ostseeküste  ist  kürzlich  in  Pillau 
durch  eine  Bohrung  unter  oberflächlichen  Meeresschichten  eine 
alluviale,  reine  Süsswasserfauna  bei  30  m  Tiefe  nachgewiesen 
worden.  Ein  nicht  unbeträchtliches  Hinabreichen  von  Süsswasser- 
schichten  unter  den  Meeresspiegel  ist  bekanntlich  auch  für  Mecklen- 
burg durch  Herrn  E.  Geinitz  erkannt  worden,  während  an  der 
liv-  und  ehstländischen  Küste  gehobene  Meeresschicliten  auftreten. 
Verbinden  wir  diese  Thatsachen  im  Geiste  mit  den  merkwürdigen 
Ancyhis  -  Schichten ,  welche  Herr  F.  Schmidt  auf  Oesel .  Herr 
MuNTHE  auf  Gotland  und  Herr  Holm  auf  Oeland  nachwies,  so 
ergiebt  sich  ein  vielbewegtes  Bild  der  jüngsten  Geschichte  des 
Ostseebecl\ens,  welches  auch  nur  in  seinen  Umrissen  zu  ent- 
werfen, hier  zu  weit  führen  würde.  Vortragender  ist  fern  davon, 
seine  eben  entwickelten  Ansichten  als  bewiesen  zu  betrachten; 
aber  die  berichteten  Regeln  und  Homologien  sind  Thatsachen, 
welche  er  zur  Kenntnissnahme  und  theoretischen  Verwerthung  den 
Fachgenossen  mitzutheilen  sich  verpflichtet  fühlte. 

Herr  Pfafp  ,  Erlangen ,  machte  Mittheilungen  über  ein 
praehistorisches  Menschenskelet  aus  dem  fränkischen 
Jura. 

Auf  einer  im  vergangenen  Jahre  durch  den  fränkischen  Jura 
unternommenen  geologischen  Excursion,  auf  der  auch  den  im 
Dolomit  vorkommenden  Höhlen  einige  Zeit  gewidmet  wurde,  wurde 
ich  auf  eine  durch  ihre  Lage  sofort  auffallende  Höhle  aufmerksam, 
von  deren  fast  vollständigem  ünberührtsein  ich  mich  leicht  über- 
zeugen konnte.  Da  nun,  wie  ich  erfahren  hatte,  schon  früher 
vor  derselben  ein  Steinbeil  sowie  verschiedene  Knochen  gefunden 
sein  sollten,   so  beschloss  ich,   dieselbe  genauer  zu  untersuchen. 

Die  Höhle  befindet  sich  in  der  Nähe  von  Gössweinstein 
(Oberfranken)  auf  dem  rechten  Wiesentufer,  circa  15  m  über  dem 
jetzigen  mittleren  Jahresspiegel  desselben  Flusses,  an  einer  circa 
60  m  hohen  Dolomitwand.  Sie  ist  circa  20  m  lang,  1,5  — 1,2  m 
hoch  und  4 — 5  m  breit  in  ihrer  jetzigen  Beschaifenheit ,  von  da 
theilt  sie  sich  in  2  enge,  schmale  Gänge,  die.  in  die  Höhe  füh- 
rend, bald  enden.  Vom  Eingange  bis  tief  hinein  lagen  grosse, 
von  der  Decke  herabgefallene  Platten  und  Steine,  die  den  Boden 
der  Höhle  vor  Berührung  schützten.  Zuerst  wurde  nun  das  Stein- 
geröll entfernt,  und  dann  10  m  vom  Eingang  ein  Graben  senk- 
recht zur  Längsrichtung  1  m  tief  ausgeworfen.  Dieser  legte  nun 
ihre  Unberührtheit  vollständig  klar,  indem  er  verschiedene  fast 
horizontal  über  einander  gelagerte  Schichten  von  Asche,  gemischt 
mit  Kohle  und  gelbem  Thon,  freilegte.  Da  jedoch  kaum  ein 
gutes   Stück    hier   gefunden  worden   war.    so   wurde    das  Weiter- 


619 


graben  an  dieser  Stelle  aufgegeben,  dafür  aber  am  Eingänge  an- 
gefangen. Hier  zeigte  sich  nun  zuerst  eine  braune,  aus  ver- 
faultem Laub  und  Holz  bestehende,  ca.  10  cm  tiefe  Schicht,  die 
jedoch  vollständig  frei  war  von  Knochen  oder  sonstigen  Gegen- 
ständen. Unter  dieser  kam  nun  eine  Lage,  die  fast  imr  aus 
ganz  feinem  Material  bestand,  nämlich  Asche  und  kleineren  Koh- 
lenstückchen und  eine  grau-braune  Farbe  hatte.  Hierin  nun  wur- 
den verschiedene  Knochen  und  Artefacte  gefunden.  Was  nun  die 
Knochen  betrifft,  so  waren  die  meisten  so  stark  zerschlagen,  und 
ich  möclite  fast  sagen  angenagt,  sowie  angebrannt,  dass  die  Be- 
stimmung sehr  erschwert,  ja  manchmal  unmöglich  dadurch  ge- 
macht wurde.  Die  bestimmbaren  gehören  folgenden  Arten  an: 
Reh,  Hirsch,  Ur,  Bison.  Schwein,  Biber,  Wolf,  Bär  und  Fisch. 
Von  den  Artefacten  sind  zu  erwähnen:  mit  Stichverzierung  ver- 
sehene und  mit  Graphit  überzogene  Topfscherben,  dann  von  Thon 
gebrannte  und  von  Gyps  hergestellte,  kugelige  Gegenstände  und 
einige  viereckige,  ebenfalls  aus  Gyps  bestehende  Täfelchen.  Yon 
Feuerstein -Sachen  fanden  sich  verschiedene  Splitter,  dann  das 
Rohmaterial  in  Knollen,  das  wohl  von  den  benachbarten  Höhen 
stammte,  und  eine  sehr  schön  zugeschlagene  und  einige  angefan- 
gene Feuersteinspitzen.  Doch  war  dieses  Lager  im  Ganzen  nicht 
besonders  reichhaltig. 

Die  nun  folgende  Schicht  bestand  aus  einem  Gemisch  fein 
zerriebener  Kohle,  Dolomit -Sand  und  vielen  kleineren  und  grös- 
seren Dolomitstücken.  Schon  durch  ihre  fast  vollständig  schwarze 
Farbe,  mehr  aber  noch  durch  die  Beimengung  jener  Steinstücke, 
unterschied  sich  diese  Lage  auf  den  ersten  Blick  von  der  darüber 
lagernden.  Nicht  minder  aber  war  das  durch  die  verschiedenen 
Funde  der  Fall.  War  die  obere  Schicht  nicht  reich,  so  fiel 
gerade  diese  durch  das  massenhafte  Auftreten  von  Feuerstein- 
stücken und  Knochen  anf.  Letztere  nun  stammen  meistens  von 
den  schon  erwähnten  Thieren  her.  daneben  wurden  aber  zum  ersten 
Male  Renthierknochen  gefunden.  Was  nun  die  Beschaffenheit  der 
Knochen  anlangt,  so  war  sie  fast  ebenso  wie  in  der  oben  liegenden 
Schicht,  meistens  zerschlagen  und  angebrannt.  Unter  der  grossen 
Anzahl  von  Feuersteinstücken  ist  nur  schwer  zu  unterscheiden, 
was  eigentlich  Gebrauchsgegenstand  war.  oder  was  als  Splitter, 
das  heisst  Abfallstück  anzusehen  ist,  da  eine  feinere  Bearbeitung 
nicht  zu  sehen  ist.  sondern  die  meisten  Funde  nur  einfache 
Schlagstücke  sind.  Daneben  machte  sich  wieder  eine  gi'össere 
Anzahl  von  Knollen  bemerklich,  sodass  sich  einem  der  Gedanke 
aufdrängt,  es  wäre  hier  einmal  eine  Werkstatt  von  Waffen  ge- 
wesen, und  nur  der  unbrauchbare  Abfall  liegen  geblieben.  Von 
anderen  Watt'en-ähnlichen  Gegenständen  wurden  noch  verschiedene 


620 


aus  einem  sehr  harten,  schwarzen  Gestein  gearbeitete  Stücke, 
darunter  ein  sehr  scliön  zugeschlittenes  gefunden,  sowie  ein  vier- 
eckiges feinkörniges  Stück  aus  Keupersanclstein  bestehend,  was 
wohl  als  Schleifstein  für  Knochenwerkzeuge  benutzt  worden  sein 
mag.  Die  Topfscherben,  die  aus  dieser  Lage  stammen,  sind  alle 
mehr  oder  minder  rohe  Stücke,  die  keinerlei  Verzierung  zeigen. 
Erwähnenswerth  ist  vielleicht  ein  Stück,  aus  dem  geschlossen 
werden  kann,  woher  die  Bewohner  jener  Höhle  ihren  Thon  nah- 
men. Es  trägt  dieses  Stück  nämlich  ein  wohl  erhaltenes  Stück 
eines  Stachels  des  Cidaris  coronata  eingebacken,  der  aber  in  jener 
Gegend  nur  bei  Streitberg  (ca.  3  Stunden  davon)  in  den  Thonen 
zwischen  den  Kalkbänken  des  mittleren  weissen  Jura  vorkommt. 
Von  anderen  Gegenständen  wurden  noch  verschiedene  aus  Ren- 
thier-  und  Schwanknochen  gearbeitete  inesser-  und  nadelartige 
Instrumente  ausgegraben,  sowie  ein  Stück  rother  Farbe,  bestehend 
aus  Eisenoxyd.  Diese  Lage  schloss  in  einer  Tiefe  von  80  bis 
90  cm  ab  gegen  eine  aus  gelben  Thon  gemischt  mit  grossen 
Steinen.  So  tief  waren  diese  Schicliten  auf  fast  6  Qu. -Meter 
abgehoben  worden,  und  es  hatte  sich  dabei  keinerlei  Störung 
durch  späteres  Graben  bemerkbar  gemacht.  Die  einzelnen  Lagen 
hatten  sich  vollständig  ohne  Unterbrechung  über  diese  Strecke 
verfolgen  lassen.  Es  hatte  sich  also  das  vollständige  Unberührt- 
sein bewahrheitet. 

Ungefäln"  1  m  vom  Eingange  entfernt  stiess  man  nun  bei 
weiterem  Graben  auf  grosse,  ein  längliches  Oval  einschliessende 
Steine.  Nachdem  vorsichtig  die  Erde  weggeschafft  und  die 
obersten  Steine  weggehoben  waren,  wurde,  nachdem  das  sich 
dazwischen  befindliche  Erdreich  mit  den  Händen  entfernt  war, 
ein  Knochen  gefunden,  der  sich  als  zu  einem  Menschenskelet  ge- 
hörig auswies.  Unterdessen  war  nun  Dunkelheit  eingetreten  und 
so  wurde  nun  beim  Kerzenschein  mit  der  grössten  Vorsicht  weiter 
gesucht.  Nach  längerer  Zeit  imn  war  ein  fast  vollständiges 
Menschenskelet  aus  dem  Boden  gehoben,  und  zwar  zeigte  sich, 
dass  es  eine  liegende  Stellung  eingenommen  hatte.  Der  Kopf 
war  etwas  nach  der  inneren  Höhle,  die  Füsse  nach  dem  Eingange 
zu  gerichtet  gewesen. 

Was  nun  das  Skelet  betrifft,  so  ist  dasselbe  fast  voll- 
ständig, Kopf,  Wirbel,  Arm-  und  Beinknochen  u.  s.  w.  wurden 
alle  gefunden,  nur  fehlen  die  meisten  Hand-  und  die  Fussknochen, 
welche  trotz  des  eifrigsten  Suchens  nicht  mehr  gefunden  werden 
konnten.  Um  nun  über  den  Schädel  ein  Urtheil  abzugeben,  so 
bin  ich  zu  wenig  Sachverständiger;  bemerkt  sei  nur  noch,  dass 
der  Gesichtswinkel  ca.   90 '^  beträgt,   und  das  Alter  des  Gerippes 


621 


als    das    einem    sechsjährigen  Kinde   angehörig   betrachtet  werden 
niuss,   da  der  erste  Molar  eben  durchbricht. 

Leider  bot  das  Tiefergraben  so  viel  Schwierigkeiten,   sodass 
ich  davon  abstehen  musste. 

Herr  Steinmann  überreichte  der  Gesellschaft  die  gedruckten 
Listen  der  Theilnehnier  an  der  Versammlung. 

Hierauf  wurde  die  Sitzung  geschlossen. 

V.  w.  0. 

H.  Rosenbusch.     Rinne.      Schlippe.      Futterer. 


622 


o 


Rechnungs- 

der  Kasse  der  Deutschen  geologischen 


Einnahme. 


o; 

M/ 

:cl 

^ 

ö 

t: 

Bestand  de  1888      .     . 
Einnahme -Reste: 
]  Beitrag  zu  25  Mk. 
56     desgl.    zu  20     „ 


An  Beiträgen  der  Mitglieder  für  1889: 
Laut  beilieeender  Liste  vom  10.  2.  89. 

=  910  M. 
Davon  ab  obiger  Restbetrag  von  25  ,, 

bleiben 
Besser'sche  Bunclüiandlung : 
Laut  Yerzeichniss  vom  16.  5.  89. 

=  5949  M.  36  Pf. 
Desgl.  vom  7.  12.  89.     =     984  „    91  „ 


zusammen  6934  M.  27  Pf. 
Davon  ab  obiger  Restbetrag 


von 


1120 


bleiben 

Ausserdem   sind    direct   an    die  Kasse   ge- 
zahlt: 

]  Beitrag  zu  25  M.  .     .   =     25  M.  —  Pf. 
32        „          „    20    „    .     .    z=  640  „    40  ., 
zusammen 

Summa  Tit.  I. 

Vom  Verkauf  der  Schriften: 

Vom    Verkauf    der    Zeitschrift     durch    die 

Besser'sche  Buchhandlung 

Desgl 

Summa  Tit.  11. 

An  extraordinären  Einnahmen: 
An  Geschenken:  Nichts. 
An  Vermächtnissen:  Nichts. 
An  Zinsen: 

a.  von  der  Deutschen  Bank  für  die  De- 

pots pro  1.  Jan.  bis  20.  April  1889 

b.  Von     4proc.     consolidirten     Anleihe- 
scheinen zu  1000  M.  pro  1889  .     .     . 

Seitenbetrag 


Special-     Haupt- 
Summe. 

Ji.    \4\     Ji     U 


25 
1120 


885 


5814 


665 


1188 
112 


27 


40 


10749 


50 


98 
40 


138 


55 


55 


20559  19 


623 


Abschluss 

Gesellschaft    für    das    Jahr 


1889. 


QJ 

Special-     Haupt- 

'S 

Ausgabe. 

Summe. 

H 

O 

^ 

.!{. 

^f 

M. 

_£ 

Vorschüsse 

Ausgabe -Reste: 

1.  Buchdruckerei  von  J.  F.  Starcke, 

3.  Heft  des  40.  Bandes  der  Zeitschrift    . 

1/2 

1075 

10 

4.  Heft            desgl.                   desgl. 

3/4 

813 

25 

2.  W.  Pütz,  Zeichnung  etc.  einer  Tafel  dazu 
Für   Herausgabe    von    Zeitschriften 

5 

120 

— 

2008 

35 

I 

und  Karten. 

1 

Für  die  Zeitschrift: 
a.  Druck,  Papier,  Buchbinderarbeit: 

1.  J.  F.  Starcke,  hier,  1.  Heft  d.  41.  Bandes 

820  M.  —  Pf. 

2.  Derselbe,  2.  Heft  desgl.     942  „    55  „ 

3.  Derselbe,  3.  Heft  desgl.     893  „   85  „ 

6/7 

8/9 

10/11 

4.  Derselbe,  4.  Heft  desgl.    1154  „    75  „ 

12/13 

3811 

15 

b.  Kupfertafeln,  Lithographien  etc.: 

1.  E.  Ohmann,   Zeichnung  u.   Lithgraphie 

etc.  von  2  Tafeln  141  M.  —  Pf. 

14 

2.  Ders.  Desgl.     „    1      „         72  „    —  „ 

15 

"•        n              »              ))     '^        ))          14o    „             „ 

16 

'*•          »5                 ))                 )5       i          n            ioJ     „                „ 

17 

"-'•         »              >?              n     ^        »7             "^^    ))              )7 

18 

6.      „          „          „    2      „       130  „    -  „ 

19 

7.  W.  Pütz  „          „    3      „       250  „    -   „ 

20 

o.          „          „            „     d       „        ZwO   „           „ 

21 

9.         „         „           „    2      „        150  „    -  „ 

22 

10.        „        „          „    5      „       415  „    —  „ 

23 

^'■-           n           n              ))      J-         n             ""    »             )> 

24 

12.  Eugen  Duval  Desgl.  von 

1  Tafel 71  „    75  „ 

25 

13.  Victor  Wulff,  Zeichnungen      4  „    —  „ 

26 

14.             „                     „                16  „   -  „ 

27 

lo.             „                      „                10  „    —  „ 

28 

Iß                                                           q        

29 

17                                                                                                  F,             

30 

18.  Edm.  Gaillard,  Zinkogra- 

phien      97  „    40  „ 

31 

19.  Ders.     Desgl 200  „    —  „ 

32 

20.  E.  A.  Funcke  in  Leipzig 

Desg] 137  „    15  „ 

33 

Seitenbetrag  2363  „    30  „ 

3811 

15 

2008 

35 

624 


Ueb  ertrag 

c.  Desgl.    zu    11000  M.    pro    April    bis 
September  1889 

Erlös   aus   dem  Verkauf  von  4proc.  conso- 
lidirten  Staatsanleihesclieineii : 

a.  im  Betrage  von  1000  M. 

=  1082  M.  20  Pf. 

b.  Desgl.  von  1200  M.  =  1290  „    70  „ 

c.  Desgl.  von  1500  M.   =  1620  „     15  „ 

d.  Desgl.  von  2900  M.  =  3116  „    35  „ 


Summa  Tit.  III. 
Summa  der  Einnahmen 


7/8 
9/10 
11/12 
13/14 


138  55 


20559 


220 
358 


55 


7109 


40 


7467 


95 


28027  14 


625 


Ausgabe. 


o  — 


Special- 1  Haupt 
Summe. 

Ji.    I  4       JC. 


Uebertrag  2363  M.  30  Pf. 

21.  H.Hauschild,  Holzschnitte     15  „    —  „ 

22.  E.  Strassberger  in   Leip- 


Tit.  II.  für  sich. 

Zu  Anschaffungen  für  die  Bibliothek. 

1.  H.  Wichmann,  Buchbinderarbeiten    . 

2.  Ders.  Desgl. 

"•       ))  )j 

4 

Summa  Tit.  III 
Sonstige  Ausgaben. 
An  Bureau-  und  Verwaltungskosten 
1.  Dr.  Ebert,  Honorar  für  2  Quartale 
„        pro  3.  Quartal 


Dr.  Tenne 


pro  4.  Quartal 
1- 

3. 
4. 


incl 


Portoauslagen 

8.  J.  Winter,  Honorar  für  Januar — April 

9.  R.  Wernicke     „         „    Mai — December 

10.  Beyer,  desgl.  pro  1.  April  1889/90. 

11.  Schneider,  desgl.  pro  1889/90      .     . 

Seitenbetrag 


34 


zig,  Zeichnungen    .     .     . 

50  „ 

11 

35 

23.  Adolph  Renaud,  Lithogra- 

phie der  Tafel  27   .     .     . 

38  ,. 

25  „ 

36 

24.  Heinr.  Riffarth,  2  Photo - 

Chemigraphien     .... 

10  „ 

—  „ 

37 

25.  Berliner  Lithographisches 

Institut,  Druck  von  2  Ta- 

feln   

626  „ 

75  „ 

38 

26.  Dies.,  desgl.  von  3  Tafeln 

582  „ 

25  „ 

39 

^ '  ■        n                '5             !?      ■^          11 

547  „ 

)7 

40 

28.      „           „     Autographien 

64  „ 

41 

S 

umma 

Tit.  I. 

An   Kosten   für   die    allgemeine 

Ver- 

Sammlung. 

Schneider,  Portoauslagen  etc. 

42 

43 
44 
45 
46 


47 
48 
49 
50 
51 
52 

53 
54 
55 
56 

57 


3811  15 


4296 


38 

67 

92 

210 


100 
50 
50 
150 
150 
150 

174 
40 

200 
75 
15 

1154 
41^ 


55 


2008 


35 


8107 


19 


70 


45 


409 


15 


10544  65 


627 


'S 

k 

■Qß 

Special-     Haupt- 

Ausgabe. 

6^ 

r6 

JC. 

Sur 

nme. 

M. 

4 

Uebertrag 

1154 

— 

10544 

65 

12.  Ed.  Rölcke,  1  Palmenarrangement   .     . 

13.  „                             „                     .     . 

zusammen 

58 
59 

33 
12 

40 

1199 

40 

2 

Porto  und  Botenlöhne: 

1.  Prof.  Dr.  Dames,  Portoauslagen 

12  M.  50  Pf. 

2.  Derselbe,     Desgl.  .     .     .     12  „    50  „ 

3.  Dr.  Tenne       „        ...     32  „    —  „ 

4.  Dr.  Ebert       „        ...     35  „    87  „ 

5.  J.  Winter       „        ...     15  „    62  „ 

6.  Besser'sche     Buchhand- 
lung, Desgl 408  „    48  „ 

7.  Beyer,  Desgl 13  „    70  „ 

8.  Ed.  Prüfer,  Fracht     .     .       2  „    15  „ 

9.  „                 „           .     .       8  „    40  „ 

60 
61 
62 
63/67 
68 

69 
70 
71 
72 

541 

22 

zusammen 

3 

Ankauf  von  Staatspapieren: 

1.  Diskonto-Gesellsch.,  4%  Consols  über 

9000  M.  =  9680  M.  40  Pf. 

2.  Dies.,  desgl.   1000  M.  =  1088  „    10  „ 

3.  Dies.,  desgl.   3000  M.  =  3234  „    10  „ 

73/74 
75/76 

77/78 

14002 

60 

15743 

zusanunen 
Summa  Tit.  lY. 

22 

V 

Auf   das  Jahr  1890    zu    übertragender 
Kassenbestand 

Summa 

1739 

27 

28027 

14 

Berlin,  den  1.  August  1890. 

Der  Schatzmeister 

der  Deutschen  geologischen  Gesellschaft. 

Dr.  LORETZ. 

Die  der  Jahresversammlung  der  Deutschen  geologischen  Gesellschaft  durch 
den  HeriTi  Schatzmeister  vorgelegten  Rechnungen  des  Jahres  1889  haben  wir 
rechnerisch  und  nach  den  Belägen  geprüft  und  richtig  gefunden. 

Freiburg  i./Br.,   den  12.  August  1890. 

Eduard  Koch.       Alfred  Jentzsch. 


Druck  von  J.  F.  Starcke  in  Berlin. 


Zeitschrift 


der 

Deutschen  geologischen  Gesellschaft. 

4.  Heft  (October,  November,  December)  1890. 

A.    Aufsätze. 


1.   Beiträge  zur  Kenntiiiss  der  fossilen 
Arachniden. 

Von  Herrn  Erich  Haase  in  Königsberg  i.  Pr. 
Hierzu  Tafel  XXX  u.  XXXI. 

1.    Die  „Afithraconiarti*^. 

Nachdem  bereits  1834  in  Cyclophthalmus  (=  Microlahis) 
CoRDA  eine  zu  den  Scorpiones  gehörige  Arachniden -Form  der 
Steinkohlenformation  entdeckt  worden,  wurde  die  erste  Vertre- 
terin der  übrigen  Ordnungen  der  Arthrogastren  erst  1868  von 
G.  H.  ScuDDER^)  unter  dem  Namen  Architarhus  rotundatus  be- 
schrieben. 

ScuDDER  erkannte  sofort  die  Aehnlichkeit  der  fossilen  Form 
mit  den  „ Phalangiiden "  und  Phryniden,  die  sich  besonders 
in  der  „Anordnung  der  Beine"  zeigte  und  hob  den  „breiten  An- 
satz des  Thorax  an  das  Abdomen"  als  einen  an  die  „Phalan- 
giiden" erinnernden  Charakter  hervor,  während  er  zugleich  „die 
scharfe  Umgrenzung,  Grösse  und  Segmentzahl  des  Hinterleibes 
und  die  Wölbung  der  Mitte  der  Grundsegmente  desselben"  als 
Zeichen  näherer  Verwandtschaft  mit  den  Phryniden  anführte. 

Bald  darauf  erkannte  H.  Woodward  ^j  eine  schon  1837  von 
Buckland  in  dem  „  Bridge wat er  Treatise"  unter  der  Bezeichnung 


*)  G.  H.  Scudder.     Suppl.    to    the    Descript.    of  Articulates  etc. 
(Rep.  Geol.  Survey  Illinois,  III,  1868),  p.  568. 

^)  H.  Woodward.     On  the  discovery  of  a  new  and  very  perfect 
Arachnide  from  the  Ironstone  of  the  Dudley  Coal-Field    (Geol.  Maga- 
zine, VIII,  1871),  p.  385—388,  t.  IX. 
Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLU.  4.  42 


,v^ 


630 

„CurcuUoides  Prestvidi"'  als  Rüsselkäfer  gedeutete  Arthropoden- 
Form  der  Steinkohle  als  arthrogastres  Arachnid  und  stellte  sie 
als  Eophrymis  Prestvicii  zu  den  Cherneten  (Psetidoscorpiones). 

Im  nächsten  Jahre  beschrieb  H.  Woodward  ^)  aus  der  Kohle 
von  Lancashire  eine  neue  Arthrogastren  -  Form .  welche  er  — 
nach  ihrer  anscheinenden  Aehnlichkeit  mit  Scudder's  Art  —  der 
Gattung  Architarhus  einreihte  und  A.  suhovalis  nannte. 

Ers  12  Jahre  später  wurde  eine  weitere  Arthrogastren-Form 
von  ausgezeichneter  Erhaltung  und  bedeutender  Grösse  in  der 
Steinkohle  von  Zwickau  entdeckt,  welche  H.  B.  Geinttz^)  als 
Kreischeria  Wiedei  ebenfalls  zu  den  Cherneten  und  zwar  näher 
zu  Architarhus  stellte. 

Im  selben  Jahrgange  derselben  Zeitschrift  beschrieb  auch 
F.  Karsch^)  eine  neue  Arthrogastren-Form  als  Anthracmnartus 
Voelkelianus  und  versuchte  zugleich,  eine  systematische  Uebersicht 
der  bekannten  Steinkohlen -Arachniden  zu  geben. 

So  schloss  er  Kreischeria  von  den  Pseudoscorpionen  beson- 
ders wegen  ihrer  „immensen  Körpergrösse"  aus  und  stellte  sie 
zu  den  Opilionen  in  die  Familie  der  Troguliden.  —  Für  Archi- 
tarhus, Antliracomartus  und  Eophrymis  glaubte  er  dagegen  eine 
neue  Ordnung  arthrogastrer  Spinnen  aufstellen  zu  müssen,  welche 
er  nach  seiner  neuen  Form  Anthracomarti  benannte.  Zwar 
unterschied  er  dieselbe  „durch  die  von  oben  her  sichtbaren  Pal- 
pen und  Kieferfühler "  von  der  Familie  der  Troguliden,  doch 
lässt  sich  seine  Diagnose  sowohl  auf  die  Ordnung  der  Opiliones 
als  auch  auf  die  der  Chernetes  anwenden,  da  sie  kein  diese  aus- 
schliessendes  Merkmal  enthält. 

Seine  Anthracomarti  theilte  Karsch  in  die  zwei  Familien 
der  Architarh(o)idae  und  der  Eophryn(o)idae,  von  denen 
nur  erstere  eine  gleiche  Zahl  der  Dorsal-  und  Ventralplatten  des 
Hinterleibes  und  ein  glattes  Integument  besitzen  sollte  und  aus 
den  Gattungen  Architarhus  und  Anthracomartus  bestand. 

In  der  umfassenden  Zusammenstellung  der  paläozoischen 
Arachniden,  welche  Scudder  zwei  Jahre  später  gab^),  bezeichnete 


^)  H.  Woodward,  On  a  new  Arachnide  from  the  Coal-Measures 
of  Lancashire  (Geol.  Mag.,  IX,  1872),  p.  385—387,  t.  IX. 

^)  H.  B.  Geinitz.  KreiscJieria  Wiedei,  ein  fossiler  Pseudoskorpion 
aus  der  Steinkohlenformation  von  Zwickau  (diese  Zeitschr.,  XXXIV, 
1882),  p.  288  —  242,  t    XIV. 

^)  F.  Karsch.  Ueber  ein  neues  Spinnenthier  aus  der  schlesi- 
schen  Steinkohle  und  die  Arachniden  der  Steinkohlenformation  über- 
haupt (diese  Zeitschr.,  1882),  p.  556—561,  t.  XXI. 

*)  G.  H.  Scudder.  A  Contribution  to  our  knowledge  of  Palaeo- 
zoic  Arachnida  (Proceed.  Amei*.  Ac.  Arts  and  Sciences,  XX,  Boston 
1885),  p.  13  —  23. 


631 


Dieser  zwar  Karsch's  Definitionen  etwas  scharf  als  „botb  insuf- 
ficient  and  to  some  extent  based  on  altogether  subordinate  cha- 
racteristics",  fasste  aber  doch  alle  aus  der  Kohle  bekannten 
Arachniden  mit  Ausnahme  der  bereits  früher  zu  den  echten  Spin- 
nen gestellten  Gattungen  Protolycosa  Römer  und  Palaranea 
Fritsch,  weiter  der  als  zu  den  Peclipalpi  (i.  sp.  Tlielypho- 
nidae)  gehörig  erkannten  Gattung  Geralinura  und  endlich  der 
echten  Scorpione.  in  eine  Ordnung  zusammen,  die  er  zwar 
ebenfalls  „Anthracomarti  Karsch"  benannte,  zu  der  er  aber  im 
Gegensatz  zu  Karsch  auch  die  Kreischeria  stellte^). 

Auch  ScuDDER  lässt  etwaige  Beziehungen  seiner  „Ordnung" 
zu  den   Chernetes  und  Opiliones  unberührt. 

Die  AntJiracODiafHi  Scudd.  zerfallen  in  5  Familien, 
welche  hauptsächlich  durch  den  Körperumriss,  die  Einlenkung  der 
Beine  und  die  Zahl  der  Hinterleibsringe  sich  unterscheiden: 

1.  Arthrolycosidae    Harger    mit   Arihrolycosa  Karger    und 
Rakovnicia  Kusta  ^) ; 

2.  Poliocheridae  Scudd.  mit  PoUochera  Scudd.  ; 

3.  Architarhoidae  Karsch  mit  Geraphrynus  Scudd.,    Archi- 
tarhus  Scudd.  und  Anthraconiartus  Karsch; 

4.  Eophrynoidae    (Scudder    nee   Karsch!)    mit   Kreischeria 
und  Eophrynus. 

Endlich  führte  J.  Kusta  ^)  in  seiner  Uebersichtstabelle  der 
Rakonitzer  carbon  -  permischen  Fauna  als  zur  Ordnung  der  An- 
thracomarti  Karsch  gehörig  die  Familie  der  Arthrolycosidae 
Harger  mit  llakovnicia  und  den  drei  neu  aufgestellten,  später 
zu  behandelnden  Gattungen  Eolycosa,  Geralycosa  und  Scudderia, 
und  die  Familie  der  Archifarbidae  Karsch  mit  den  Arten 
von  Anthracomartus  und  einer  neuen  Form,  Eoiarhus  litoralis, 
auf,  welche  ebenfalls  unten  besprochen  werden  soll. 

Der  grösseren  Sicherheit  der  Resultate  wegen  wollen  wir  mit 
der  Beurtheilung  derjenigen  P'ormen  beginnen,  von  denen  uns 
bisher  allein  die  bisher  gegebene  Diagnose  vorliegt,  um  zu  denen 
überzugehen,  von  welchen  auch  Abbildungen  cxistiren  und  mit 
denen  zu  schliessen.    welche  wir  selbst  untersuchen  konnten. 


Scudder's  PoliocJieridae  (1.  c,  p.  16)  werden  von  ihm 
gekennzeichnet   durch   den   viereckigen   Cephalothorax,    das  wahr- 


*")  Dasselbe  System  der  Arachniden  übernahm  Scudder  auch  für 
Zittel's  „Paläozoologie",  II,  1885,  p.  734  —  737. 

*)  Vergl.  J.  Kusta.  Neue  Arachniden  aus  der  Steinkohlenforma- 
tion von  Rakonitz  (Sitzb.  d.  k.  böhm.  Ges.  d.  Wiss.,  Prag  1884  [1885]), 
p.  400,  fig.  3. 

ä)  Ebendaselbst,  1888  (1889),  p.  207. 

42* 


632 

scheinliche  (apparent)  Ausstrahlen  der  Hüften  von  einer  „Mittel- 
linie" und  die  gerundete  Form  des  aus  vier  Segmenten  beste- 
henden Hinterleibes. 

Schon  diese  geringe  Zahl  der  Abdominalringe  dürfte  darauf 
hinweisen,  dass  wir  in  Poliochera  eine  stark  durch  Reduction 
modificirte  Form  der  Arthrogastren  zu  erblicken  haben.  —  In 
der  That  findet  sich  nun  auch  bei  einer  recenten  Gattung  der 
Troguliden,  Cryptostemma  Guerin,  ein  ähnlicher  Körperumriss, 
eine  Längsfurche  auf  dem  Cephalothorax  und  anscheinend  vier 
Hinterleibssegmente,  von  denen  ebenfalls  wie  bei  Poliochera  das 
basale  nur  ein  Drittel  der  Länge  der  übrigen  erreicht.  Auch  ist 
die  „very  indistinct  or  no"  Längssculptur  des  Hinterleibes  von 
Poliochera  mit  den  „deux  inipressions  obliques  ä  la  base  de 
chaque  segment "  von  Cryptostemma  Wesfefmanni  Guer.  aus 
Guinea^)  vergleichbar.  Schliesslich  beträgt,  um  auch  das  nach 
meiner  Ansicht  für  die  Bestimmung  von  Verwandtschafts  -  Bezie- 
hungen epimorpher  Arthropoden  ziemlich  nebensächliche  Criterium 
der  Körperlänge  heranzuziehen,  dieselbe  bei  der  Cryptosiemma- 
Art  10  mm  und  bei  Poliochera  punctnlata  Scudd.  15  mm.  So- 
mit dürften  wir  nach  der  blossen  Diagnose  Scudder's  Poliochera 
zu  den  Troguliden  stellen. 

Die  von  Scuddek  zu  der  Familie  der  Archiiarhidae  gestellte 
Gattung  Gevaphrynus  (1.  c. ,  p.  16)  hat  ebenfalls  von  einer 
Mittellinie  ausstrahlende  Hüften,  dagegen  ein  spindelförmiges,  aus 
„neun"  Segmenten  bestehendes,  an  der  Basis  nicht  eingeschnürtes, 
am  Ende  gerundetes  Abdomen.  Leider  hat  Scudder  nicht  er- 
wähnt, ob  die  „large  triangulär  post-thoracic  plate,  crowding  the 
middle  of  the  first  five  short  segments  out  of  a  straight  trans- 
verse  line"  der  Bauch-  oder  Rückenseite  angehört,  doch  lässt 
die  entschiedene  Angabe  über  die  Insertion  der  Hüften  annehmen, 
dass  die  Yentralseite  des  Abdruckes  vorliegt. 

Dann  entspricht  die  „ postthoracic  plate",  welche  die  5 
nächsten  kurzen  Segmente  in  der  Mitte  zusammendrängt,  der  stark 
vorgewölbten,  bei  geschlechtsreifen  Thieren  am  mächtigsten  ent- 
wickelten Genitaldeckplatte  des  zweiten  Abdominalsegments  der 
Phryniden  (vergl.  Taf.  XXX,  Fig.  1  gen.  u.  2,  E).  Zwar  besteht 
das  Abdomen  auch  bei  Phrynus  (Taranhda)  aus  12  Segmenten, 
doch  sind  dieselben  erst  bei  genauerer  Untersuchung  erkennbar 
und  hätte  auch  Geraphrymis,  wenn  unsere  Deutung  der  „post- 
thoracic plate "  richtig  ist ,  mindestens  zehn  Hinterleibsringe 
besessen. 


')  Vergl.  Walckenaer  et  Gervais.    Hist.  nat.  Ins.  Apteres,  Paris 
1844,  III,  p.  131,  t  39,  f.  4. 


633 

Weiter  spricht  die  Angabe  Scudder's  über  das  mediane 
Zurückweichen  der  hinter  dieser  grossen  Platte  liegenden  kurzen 
Segmente  für  die  Zugehörigkeit  von  Geraphrt/nus  zu  den  Pedi- 
2)alpi.  Denn  auch  bei  Thelyphoniden  und  Phryniden  springt 
die  rückwärts  gerichtete  Vorwülbung  der  Genitaldeckplatte  gegen 
die  Mitte  der  beiden  folgenden  schmalen  Ventralschienen  vor. 
Diese  schmalen  Platten  gehören  dem  III.  und  IV.  Abdominal- 
segment an  und  tragen  an  ihrem  Vorderrande  die  Lungen- 
stigraata. 

Auch  „das  Ausstrahlen  der  Hüften  von  einer  Mittellinie" 
spricht  nicht  gegen  die  Zugehörigkeit  zu  den  Pedipalpen,  da 
sich  bei  den  Thelyphoniden  ebenfalls  diese  ursprünglichere 
Anordnung  der  Beine  erhalten  hat.  während  sie  schon  bei  den 
Phryniden  in  die  strahlige,  um  eine  centrale  Sternalplatte  grup- 
pirte  Insertion  übergeht. 

Die  Kiefertaster  (maxillary  palps,  patte-mächoires)  von  Ge- 
rnpkrijmis  carhonarius,  sind  „slender  than  the  legs,  longer  than 
the  cephalothorax  and  of  uniform  size  throughout",  was  ebenfalls 
auf  Pedipalpen-artige  Formen  hinweist.  Ebenso  lässt  das  an- 
scheinend sitzende,  hinten  abgerundete  Abdomen  auf  die  Ver- 
wandtschaft mit  Pltrynus  schliessen,  welche  auch  im  Gattungs- 
namen ausgesprochen  ist. 

Um  nun  zu  denjenigen  Formen  der  Anthracamarti  Scudd. 
überzugehen,  von  denen  wir  schon  eine  bildliche  Darstellung  be- 
sitzen, so  zeichnet  sich  vorerst  Arthrolycosa  Harger  durch  den 
runden,  das  Abdomen  an  Breite  übertreffenden  Cephalothorax,  das 
Ausstrahlen  der  Hüften  von  einer  Mittelgrube  und  das  schmälere 
ovale,  aus  7  Segmenten  bestehende  anhangslose  Abdomen  aus, 
dem  jede  „Längssculptur"  ^)  fehlt.  Nach  Scudder's  Prüfung 
(1.  c,  p.  15)  der  im  Yale  College  Museum  befindlichen  Type  enden 
die  Taster  nicht  scheerenförmig,  wie  Harger  es  angegeben. 

Gestützt  auf  die  Resultate  einer  neuerdings  unternommenen 
Freilegung  der  Type  vermochte  auch  Ch.  E.  Beecher^)  die  Anga- 
ben Scudder's  über  die  Tasterform  zu  bestätigen.  Seine  weiteren 
Feststellungen,  welche  sich  auf  die  Anordnung  der  Augen,  die 
Gliederung  und  Pachtung  der  Mandibeln,  den  Besatz  der  Rücken- 
platten des  7gliedrigen  Abdomens  mit  Knötchen  beziehen,  machen 
es  sehr  wahrscheinlich,  dass  engere  Verwandtschaftsbeziehungen 
zwischen  Arthrolycosa  und  Protolycosa  und  ebenfalls  der  recenten 


')  Damit  sind  die  später  zu  besprechenden  Dorsopleuralnähte 
gemeint. 

*)  Americ.  Journ.  of  Science  (3  S.),  Vol.  XXXVIII,  p.  219  —  228 
(nach  Bertkau  Ber.  für  1889,  p.  27). 


634 

Gattung   Liplnstia    (nach   Bertkau,    Beriebt    für  1889,    p.  27) 
bestehen. 

Hierher  gehört  wohl  auch  die  von  J.  Kusta  ^)  entdeckte  Qe- 
ralycosa  Friciif  deren  Cepbalothoraxdecke  durch  die  strahligen 
Intercoxaleindrücke  und  die  centrale  kleine  Sternalplatte  deutlich 
an  Theraphosiden  erinnert  und  deren  Abdomen,  obwohl  nur 
6  Segmente  erhalten  sind,  wohl  aus  mindestens  7  Ringen  bestand. 
Die  von  Kusta  für  generische  Abtrennungen  benutzte  Verschie- 
denheit des  Grössenverhältnisses  von  Cephalothorax  und  Abdomen 
dürfte  oft  nur  ein  sexuelles  Merkmal  sein. 

Die  Gattung  Mcikowiicia  mit  der  auf  ein  unvollkommen 
erhaltenes  Stück  gegründeten  R.  antiqua  wurde  von  J.  Kusta  ur- 
sprünglich wegen  der  anscheinend  scheerenförmigen  Taster  als 
Pseudoscorpion  angesprochen^),  später  jedoch  von  Scudder 
und  endlich  auch  von  Kusta  ^)  selbst  zu  den  Arthrolycosiden 
gestellt. 

In  der  That  zeigt  aber  EaJcovnicia  manches  typische  Merk- 
mal der  Chernetiden,  auch  wenn  man  von  der  zweifelhaften 
Scherenform  der  Taster  absieht. 

So  ist  die  Cepbalothoraxdecke  breit  und  flach,  überall  mit 
grob  eingestochenen  Punkten  bedeckt  und  es  fehlen  ihr  die  für 
die  Araneae  so  charakteristisclien  strahligen  Intercoxaleindrücke. 

Weiter  las  st  sich  von  dem  Hinterrande  der  Cepbalothorax- 
decke auf  der  Abbildung  (1.  c,  tig.  KI),  die  sehr  genau  zu 
sein  scheint,  eine  schmale  Quernaht  erkennen,  welche  bei  Cher- 
neten  häufig  vorkommt.  Ebenso  lässt  sich  die  feine  Punktirung 
der  stark  chitinisirten ,  gewölbten  Rückenplatten  des  lang  eiför- 
migen Hinterleibes,  die  an  ihrem  Vorderrande  deutliche  Vorschilde 
(praescuta)  zu  besitzen  scheinen,  nur  bei  Cherneten  wiederfinden. 
Auch  die  Gliedemng  des  einen  besser  erhaltenen  Beines  ent- 
spricht der  von  Pseudoscorpionen,  denn  man  erkennt  auch 
an  ihm  einen  kurzen  Trochanter,  anscheinend  auch  die  Andeu- 
tung eines  Trochantinus  am  Femur,  eine  entwickelte  Gelenkver- 
bindung am  Ende  des  Oberschenkels  und  eine  Zweitheilung  des 
Tarsus.  So  scheint  die  Patella  zu  fehlen,  wie  es  Simon*)  als 
charakteristisch  für  die  Cherneten  angiebt. 

Die  Arthrolycosiden  würden  sich  von  den  Liphistiidae, 
die  wohl  die  ursprüngliche  Familie  der  recenten  Tefrasfictoe 
(Tetraimeumones)  darstellen,  durch  die  vollständige  durchlaufende 


')  Vergl.  Sitzungsber.  d.  k.  böhm.  Ges.  d.  Wiss.,  Prag  1888  (1889), 
203,  fig.  1. 
')  Vergl.  ebenda  1884  (1885),  p.  403. 
ä)  Vergl.  ebenda  1888  (1889),  p.  199. 
*)  E.  Simon.     Les  Arachnides  de  France,  VII,  Paris  1879,  p.  7. 


635 

Gliederung  des  Hinterleibes  unterscheiden,  doch  ist  dazu  noch 
nothwendig,  dass  letztere  bei  Ärthrolycosa  und  Geralycosa  auch 
auf  der  Bauchseite  nachgewiesen  wird,  auf  der  sie  bei  den  Tetra- 
sticten  schon  zurücktritt. 

Denn  nach  der  Abbildung  Schiödte's^)  besitzt  die  recente 
Lipldstia  desuUor  (vergl.  Taf.  XXX,  Fig.  11)  zwar  noch  neun 
Rücken-,  aber  nur  mehr  zwei  entwickelte  Bauchplatten,  welche  vor 
den  Lungenstigmen  liegen  und  dem  II.  und  III.  ^)  Abdominalseg- 
ment angehören  dürften.  Diese  Bauchplatten  lassen  sich  auch 
noch  bei  Vertretern  der  Vogelspinnen  (Avicularia)  erkennen,  bei 
denen  die  Rückenplatten  verschwunden  sind.  Somit  bedarf 
Karsch's  Angabe  (1.  c,  p.  559),  dass  das  Abdomen  der  Araneae 
bauchwärts  ungegliedert  ist,   der  Einschränkung. 

Leider  ist  uns  von  der  interessanten  Protolycosa  anthraco- 
pliila  F.  Römers^)  kein  die  Ventralseite  zeigendes  Exemplar  be- 
kannt. Somit  empfiehlt  es  sich  vorläufig,  diese  Gattung,  statt 
sie  mit  Thorell  zu  den  recenten  Liphistiiden  zu  stellen,  denen 
sie  allerdings  in  der  Behaarung  und  Form  der  Beine  gleicht, 
von  denen  sie  sich  aber  besonders  durch  die  Kürze  des  zweiten 
Gliedes  der  Kieferfühler  und  die  Abdominalstacheln  nach  Tho- 
rell^) unterscheidet,  zum  Typus  einer  besonderen  Familie  der 
Tetrasiictae,  der  Protolycosidae,   zu  erheben. 

Die  erst  nach  Scudder's  Arbeit  beschriebene  JEolycosd  Lo- 
vetizi  KusTA  aus  dem  Schleifsteinschiefer  von  Rakonitz  möchte 
ich  dagegen  eher  für  eine  Liphistiide  halten.  Zwar  giebt  Kusta 
an,  dass  das  Kopfbruststück  deutliche  Querfurchen  zeigt  und  dass 
das  Abdomen  blos  auf  der  Bauchseite  sechs  Glieder  besitzt,  doch 
glaube  ich,  dass  er  die  Stellung  der  Beine  irrthümlich  aufgefasst 
hat,  da  sich  diese  bei  todten  Spinnen  meist  dorsalwärts  über  den 
Rücken  zusammenschlagen.  Somit  entspricht  wohl  die  „Gliede- 
rung des  Cephalothorax"  den  Hüften  der  übrigens  deutlich  an 
Liphistia  erinnernden  Beine,  sind  die  Platten  dem  Rücken  zuzu- 
sprechen und  findet  auch  die  Richtung  der  Cheliceren  ihre  Er- 
klärung.   Wahrscheinlicli  zeigt  Eolycosa  noch  nähere  Beziehungen 


*)  J.  C.  ScHiÖDTE.  Om  an  afvigende  Slaegt  of  Spindlemes  Ornen 
(Naturhist.  Tidsskrift  II,  2,  Kopenhagen  1846—49),  p.  623,  t.  V,  f.  6. 

"')  Diese  Bezeichnung  der  Abdominalsegmente  mit  römischen  Zif- 
fern bedeutet  ihre  morphologische  Zugehörigkeit. 

*)  F.  RÖMER.  Protolycosa  anthracophila  etc.  (Neues  Jahrb.  f.  Min. 
etc.,  1866,  p.  136—143),  t.  III. 

*)  Vergl.  V.  Zittel's  Paläozoologie,  1.  c,  p.  742. 

*)  J.  Kusta.  Neue  fossile  Arthropoden  aus  dem  Noeggerathien- 
Schiefer  von  Rakonitz  (Sitzunpsber.  d.  k.  böhm.  Ges.  d.  Wisp.,  Prag 
1885  [1886]),  p.  592—593. 


636 

zur  Gattung  Palaranea,  die  sich  nach  Scudder^)  von  Protoly- 
cosa  durch  das  Fehlen  der  Hinterleibsstachehi  entfernt  und  da- 
durch Lipliistia  nähert,  mit  der  sie  sich  in  eine  Familie  ver- 
einigen Hesse. 

Vielleicht  schliesst  sich  auch  die  von  Kusta  zu  den  Arthroly- 
cosiden  gerechnete  Seudderia  earhonaria  enger  an  die  Li- 
phistiiden  an.  Wie  schon  ihr  Autor  angiebt^),  ist  die  viereckige 
Form  des  Cephalothorax  wahrscheinlich  eine  Folge  ungünstiger 
Lage  und  Erhaltung.  Da  sich  an  einer  Seite  7  Beine  erkennen 
lassen,  deren  Gliederung  und  Form  durchaus  an  Eolycosa  erin- 
nert, gehören  3  Beinpaare  der  anderen  Körperseite  an  und  sind 
die  auf  dem  Cephalothorax  angegebenen  drei  Querstreifen  somit 
nicht,  wie  bei  der  auf  der  Seite  liegenden  Eolycosa  Lorenzi,  auf 
Reste  der  freien  Coxae  selbst,  sondern  auf  Vertiefungen  zwischen 
den  auf  die  Oberseite  durchtretenden  Hüften  zurückzuführen,  so- 
weit man  nach  der  Abbildung  schliessen  darf.  Dann  würde  das 
Thier  die  Oberseite  zeigen,  die  in  schiefer  Richtung  flach  zusam- 
mengepresst  wäre  und  es  entspi'ächen  die  6  nicht  durchgehenden 
Abdominalsegmentgrenzen  den  Rückenplatten,  die  2  anscheinend 
durchgehenden  den  Bauchplatten. 

Immerhin  bleibt  aber  der  breite  Ansatz  des  Abdomens  an 
die  Kopf  brüst  eine  Eigenthümlichkeit,  welche  der  Stellung  von 
Seudderia  bei  den  Araneae  zu  widersprechen  scheint,  vielleicht 
aber  durch  eine  erneute  Prüfung  des  Abdruckes  ihre  Erklärung 
finden  dürfte. 

Von  der  am  längsten  bekannten  Gattung  der  Anthraco- 
marti  ScvDV.,  Ai^chitarbiis  Scudd.,  besitzen  wir  Abbildungen 
zweier  Arten,  die  des  A.  rotimdatus  Scudd.,  welche  nach  der 
Wiedergabe  in  Zittel's  Paläozoologie,  p.  736  auch  von  uns  in 
Taf.  XXX,  Fig.  1  copirt  wurde,  und  die  von  A.  subovalis  Westw. 

Wenn  Geraphrynus,  der  sich  nach  Scudder  von  ArcJntarhus 
durch  den  vorgezogenen  und  eckigen  Cephalothorax  unterscheidet, 
in  dem  einzigen  vorhandenen  Stücke  wahrscheinlich  die  Ventral- 
ansicht darbietet,  lässt  sich  dies  von  der  Abbildung  des  A.  rotun- 
datus  mit  Bestimmtheit  behaupten. 

Dieselbe  zeigt  nämlich  vier  Paare  um  eine  centrale  Sternal- 
platte strahlenförmig  angeordneter  Hüften  und  zwischen  den  ersten 
Paaren  noch  an  einer  Seite  ein  Anhangsrudiment,  welches  dem 
Reste  eines  hinter  den  Kiefertastern  gelegenen  sogen,  „ersten 
Beinpaares"  entspricht.    Denn  auch  bei  den  recenten  Phryniden 


*)  In  V.  Zittel's  „Paläozoologie",  II,  p.  742. 
2)  Vergl.  Sitsungsb.  d.  k.  böhm.  Ges.  d.  Wiss.,  Prag  1888  (1 
p.  204  u.  fig.  2. 


637 


wird  dies  Anhangspaar  durch  die  mäolitige  Entwicklung  der  Coxae 
der  Taster  gegen  die  Rückcnfläche  gedrängt.  Somit  geliöreu  die 
acht  erkennbaren  Hüften  (vergl.  Taf.  XXX,  Fig.  1  u.  2)  von  Archi- 
farhus,  denen  des  2.  und  des  4.  bis  6.  Anhangspaares,  d.  i.  den 
Kiefertastern  und  dem  2.  bis  4.  Beinpaare  an. 

Die  hinter  den  Hüften  gelegene  dreieckige  Platte  bei  Archi- 
tarhiis  dürfte  der  Sternalplatte  zwischen  den  Hüften  des  letzten 
Beinpaares  entsprechen,  welche  bei  Thelyplwmis  noch  an  erwach- 
senen Stücken  scharf  abgeschieden,  bei  Phrynus  wenigstens  an 
jüngeren  Stücken  durch  entsprechende  Furchen  am  Hinterrande 
der  Sternalplatte  angedeutet  ist. 

Weiter  würde  ebenfalls  die  erste  Bauchplatte  verkümmert 
sein  und  so  wäre  die  „large  postthoracic  plate",  welche  Scudder 
(1.  c. ,  p.  17)  offenbar  mit  Unrecht  als  ,, Rückenplatte "  anspricht, 
als  Genitaldeckplatte  (H)   zu  betrachten. 

Dann  lassen  sich  auch  bei  Arclntarhus  hinter  der  Genital- 
deckplatte zwei  in  der  Mitte  durch  das  Vorspringen  der  letzteren 
stark  eingeengte,  schmale  Bauchplatten  als  denen  homolog  erken- 
nen, an  deren  Vorderrande  bei  Phrynus  die  Lungenstigmen  liegen. 

So  erhalten  wir  bei  Arckitarhus  11  deutliche  Abdominal- 
segmente, an  deren  Hinterende,  ein  wenig  ventralwärts,  in  einem 
besonderen  Endsegment  der  After  auftritt. 

Die  sich  bis  zum  Endsegment  fein  am  Rande  hinziehende 
schmale  Falte  (Taf.  XXX,  Fig.  1 ,  pl)  dürfte  der  ventralen  Ausbrei- 
tung der  weichhäutigen  Pleuren,  die  innere  Furche  dagegen  ihrer 
dorsalen  Grenze  entsprechen  und  letztere  somit  zugleich  die  Aus- 
dehnung der  Rückenplatten  des  Hinterleibes  bezeichnen. 

Somit  erkennen  wir  in  Arrhi'frtrhus  rohindaius  eine  Arthro- 
gastren-Form,  die  in  manchen  Beziehungen  in  der  Mitte  zwischen 
den  recenten  Unterordnungen  der  Pedipalpen  steht  (Sternum), 
und  sicher  dieser  Ordnung  beizurechnen  ist,  in  der  sie  vorläufig 
die  Familie  der  Architarhidae  vertreten  dürfte,  deren  Unter- 
schiede von  den  Phryniden  auch  eine  genauere  Untersuchung  der 
Afterpartie  festzustellen   hat. 

Einer  anderen  Gattung  und  wohl  auch  Ordnung  als  A.  rohm- 
äatus  gehört  dagegen  der  von  H.  Woodward  beschriebene  Arcki- 
tarhus suhovalis  an.  Nach  der  anscheinend  etwas  schematisirten, 
in  unserer  Fig.  3,  Taf.  XXX  wiedergegebenen  Darstellung  Wood- 
ward's  dürfte  das  Exemplar  auf  dem  Bauche  liegen  und  lässt 
sich  der  breite,  den  Cephalothorax  umgebende  Saum,  welcher  an- 
scheinend zwei  Beinrudimente  von  den  zu  ihnen  gehörigen  Hüften 
trennt,  nur  als  Dorsaldecke  auffassen,  die  so  zart  war,  dass  sie 
die  Ventralfläche  durchtreten  Hess.  Wie  die  breite,  vorn  gerun- 
dete Form    der  Cephalothoracaldecke ,    erinnert   auch    die   grosse 


638 


eckige  Centrosternalplatte  an  Phynus,  doch  gruppiren  sich  um 
letztere  nicht  4,  sondern  5  Anhangspaare,  deren  schmales  vor- 
derstes wohl  als  Cheliceren  zu  deuten  ist.  Die  vier  Hüftpaare 
entsprechen  mit  Berücksichtigung  der  einseitig  erhaltenen  Bein- 
reste wohl  den  vier  Beinpaaren.  So  wäre  denn  das  erste  Bein- 
paar wieder  in  das  Niveau  der  übrigen  herabgedrückt,  wie  wir 
es  bei  allen  Arachniden  mit  Ausnahme  der  erwachsenen  Thely- 
phoniden  und  Phr3'niden  finden,  dagegen  am  Foetus  auch  der 
beiden  letzteren  wiederfinden. 

Auch  in  Zahl  und  Form  der  Hinterleibssegmente  weicht 
Wood  ward's  Form  von  Scudder's  Ärchitarhus  ab. 

Das  vorderste  Segment  ist  bei  Ä.  suhovalis  viel  schmäler 
und  springt  nicht  nach  hinten  vor;  so  sind  auch  die  folgenden 
Bauchplatten  in  der  Mitte  des  Vorderrandes  nicht  eingeengt,  son- 
dern treten  sämmtlich  in  flachem  Bogen  vor. 

Wegen  der  eigenthümlichen ,  die  erste  Bauchplatte  durch- 
setzenden schiefen  Längsfurchen,  welche  die  Begrenzung  eines 
weiten  Canals  anzudeuten  scheinen,  darf  man  dies  Segment  für 
das  Genitalsegment  (H)  ansehen.  Auf  dasselbe  folgen  5  schmale, 
regelmässige  Bauchplatten,  und  diesen  schliessen  sich  drei  grös- 
sere Schilde  an,  welche  durchaus  denen  mancher  Opiliones  glei- 
chen, und  der  letzte  derselben  trägt  ebenfalls  etwas  ventral  die 
kleine,  von  den  Dorsalplatten  überwallte  Afteröffnung.  Somit 
lassen  sich  10  Abdominalsegmente  nachweisen,  also  weniger  als 
bei  den  Pedipalpen  und  mehr  als  bei  irgend  einer  Form  der 
Opilionen. 

Um  noch  die  auffälligen,  nach  aussen  concaven,  vom  Körper- 
ende bis  zum  Vn.  Abdominalsegment  verlaufenden,  erhabenen 
Leisten  („raised  lines'^)  zu  erwähnen,  so  entsprechen  dieselben 
wohl  tieferen  Furchen  der  Rückenseite,  welche  vielleicht  die  Grenze 
der  Dorsal-  und  Pleuralplatten  anzeigen  uud  den  später  zu  erwäh- 
nenden Dorsopleuralnähten  von  Kreischeria  etc.   homolog  sind. 

Somit  dürfte  die  Gattung  Phalangiotarbiis  n. ,  welche 
wir  für  Ä.  suhovalis  aufstellen  und  durch  ihre  Körperform  ge- 
kennzeichnet glauben,  den  Typus  einer  besonderen  Unterordnung 
bilden,  welche  anscheinend  zwischen  den  Ordnungen  der  Pedipalpi 
und  der  Opiliones  steht,   aber  besser  letzteren  zugetheilt  wird. 

Erinnert  Phalangiotarbus  an  erstere  Ordnung  durch  den 
Umriss  und  die  anscheinend  unausgesprochene  Gliederung  der 
Cephalothoracaldecke,  durch  das  fast  wie  bei  den  Phryniden  ent- 
wickelte centrale  Sternum  und  die  verhältnissmässig  hohe  Zahl 
der  Abdominalringe,  so  nähert  sie  sich  den  Opilionen  durch 
die  Form  der  Bauchplatten  und  des  Genitalsegments,  dessen 
Oeffnung  schon  relativ  höher  gegen  den  Mund  gerückt  ist  als  bei 


639 


den  Pedipalpen,  durch  die  Lage  des  Afters  und  vor  Allem  durch 
die  sich  bei  diesen  wiederfindende  Einlenkungsart  der  Beine,  wäh- 
rend die  Dorsopleuralnähte  an  Formen  wie  Kreischeria  etc.  den- 
ken lassen,  deren  nächste  Verwandte  wir  ebenfalls  unter  den 
Opüiones  zu  suchen  haben. 

Vielleicht  gehört  der  sehr  unvollkommen  erhaltene  Arach- 
nlden  -  Rest  von  4  mm  Länge,  welchen  Kusta  ^)  als  Eotavhus 
litovalis  bezeichnete  und  zu  den  Archifarbidae  stellte,  in  die 
Nähe  der  Phalangiotarhidae.  Wenigstens  spricht  die  gleichmässig 
schmale  Ausbildung  der  ersten  5  Hinterleibssegmente  gegen  die 
von  KusTA  betonte  Verwandtschaft  mit  Pedipalpen  (Geraphrynus 
i.  sp.).  Vielmehr  erinnert  Eotarhus  durch  die  schmalen  5  vor- 
deren und  breiten  4  hinteren  Abdominalringe  mehr  an  Phalan- 
gioiarhiis. 

Von  dem  typischen  Vertreter  der  Gattung  JEoxjhryniiSf 
welche  bei  Karsch  allein,  bei  Scudder  zusammen  mit  der  von 
Karsch  zu  den  Troguliden  gestellten  Kreischeria  die  Familie  der 
Eophryn(o)idae  bildet,  von  E.  Prestvicii  Buckl.  ,  besitzen  wir 
durch  Woodw'ard  Abbildungen  eines  ausgezeichnet  erhaltenen 
Stückes,  welche  uns  die  sichere  Ober-  und  Unterseite  eines 
Lidividuums  zeigen. 

Leider  lässt  die  glatte  Darstellung  anscheinend  etwas  an 
Genauigkeit  zu  wünschen  übrig,  was  um  so  bedauerlicher  ist,  als 
gerade  dieses  Stück  den  denkbar  besten  Aufschluss  über  die 
Stellung  der  Gattung  geben  dürfte.  So  bin  in  nicht  im  Stande, 
die  Zahl  der  Rückenplatten  des  Abdomens  mit  Sicherheit  zu 
erkennen.  Zwar  erwähnt  Woodward  ihrer  neun,  doch  ohne  sie 
auf  der  Abbildung,  auf  der  anscheinend  zehn  derselben  darge- 
stellt sind,  zu  bezeichnen.  Die  Grenzen  zwischen  den  Pleuren 
und  den  Rückenplatten  sind  nicht  angegeben,  und  auch  die  Form 
des  Hinterrandes  der  Dorsalplatten  dürfte  ungenau  wiederge- 
geben sein. 

Auf  der  Mitte  des  Cephalothorax  liegen  am  Hinterrande 
2  paarige  und  davor  2  unpaare  Platten  hinter  einander,  während 
die  seitlich  von  diesen  Dorsalplatten  gelegenen  Pleuren  stark  ent- 
wickelt und  ebenfalls  segmental  in  Schilde  umgewandelt  sind, 
welche  den  Epimeren  entsprechen  und  deren  sich  jederseits  drei 
besonders  scharf  abheben. 

Die  hinter  dieser  Thoraxpartie  gelegene,  deutlich  abgesetzte, 
vorn  noch  durch  eine  quere  Einsenkung  begrenzte  Platte  rechne 
ich  ebenfalls    zum  Cephalothorax.      Dieselbe    entspricht  durchaus 


1)  Vergl.  Sitzungsber.  d.  k.  böhm.  Ges.  d.  AViss.,  Prag  1888  (1889), 
p.  204,  Fig.  3. 


640 


der  Hinterrandsplatte  des  Cephalothorax  am  Embryo  der  Pha- 
langiiden,  welche  von  Balbiani^)  als  Rückenplatte  (da)  des  vor- 
letzten Beinpaares  angesehen  wurde.  Dieselbe  ist  aber  eher  als 
verschmolzene  Decke  der  zwei  letzten  embryonalen  Thoracal- 
segmente  anzusehen,  während  Balbiani's  „d4''  im  Gegeutheil  die 
erste  Abdominalplatte  darstellt,  welche  der  „zweiten  Dorsalplatte " 
Tulk's  entspricht.  Am  Hinterleibe  zählt  man  nach  dieser  Auf- 
fassung an  der  Figur  von  E.  Prestvicii  9  Dorsalplatten,  doch 
möchte  ich  glauben,  dass  deren  in  der  That  nur  8  vorhanden 
sind  und  dass  die  vier  auch  an  der  Oberseite  dargestellten  Rand- 
spitzen den  Pleuren  der  beiden  letzten  dieser  Segmente  ange- 
hören. 

Die  Bauchseite  scheint  genauer  wiedergegeben  zu  sein.  Man 
erkennt  an  ihr,  dass  die  Hüften  des  2.  bis  6.  Anhangspaares  in 
einer  Ebene  schwach  strahlig  um  eine  centrale  Vertiefung  grup- 
pirt  sind,  in  der  sich  kein  Sternum  unterscheiden  lässt.  Das  letzte 
Hüftpaar  ist  auffallend  stark  abgeflacht  und  verbreitert  und 
schmiegt  sich  innig  an  das  Abdomen  an,  das  mit  seiner  vor- 
dersten Bauchplatte,  welche  dem  HI.  Abdominalsegment  angehören 
dürfte,  stumpf  zwischen  die  Hüften  vorspringt  und  wohl  die  Stig- 
mata enthielt,  während  die  Genitalöfl'nung  am  Vorderrande  des 
Vorsprungs  lag. 

Die  IV.  bis  VHI.  Bauchplatte  trägt  jederseits  eine  flache, 
mediane  Vertiefung,  welche  von  Woodward  zu  „about  six  pairs 
of  stomata  or  tracheae"  gerechnet  wird  und  jederseits  mit  den 
übrigen  eine  etwas  nach  aussen  convexe  Reihe  bildet.  Ich  möchte 
diese  Eindrücke  lieber  für  Muskelansatzpunkte  halten,  wie  sie  bei 
den  Pedipalpen  und  Pseudoscorpionen  in  ähnlicher  Lage  und 
Grösse  an  der  V.  bis  VIH.  Bauchplatte  auftreten.  Solche  Ansatz- 
punkte sind  auch  bei  den  Opiliones  seit  Treviranus  besonders 
an  den  ersten  Bauchplatten  bekannt  und  wurden  als  „falsche 
Stigmata"  bezeichnet. 

Somit  fänden  wir  an  der  Bauchseite  von  Eopliryniis  acht 
Hinterleibssegmente,  deren  zwei  letzte  sich  in  den  Pleuren  zu 
den  erwähnten  Hinterrandsspitzen  ausziehen.  Der  After  selbst 
liegt  dann  in  einem  besonderen  neunten,  rein  ventralen  Segment^). 

Von  den  Anhängen  scheinen  die  Cheliceren  klein  und  un- 
entwickelt, die  Kiefertaster  dagegen  lang  beinförmig  und  zugleich 
kräftig  ausgebildet  gewesen  zu  sein.     Sie  ragen  frei  hervor,   sind 


^)  Balbiani.  Memoire  sur  le  developpement  des  Phalangides. 
(Ann.  Sc.  Nat.,  XVI,  1872,  art.  1,  t.  1,  f.  6. 

*)  Eine  nochmalige  Untersuchung  hat  herauszustellen,  ob  dieses 
Endsegment  nicht  noch  ein  besonderes  Afterstück  trägt,  das  den  After 
umschliesst  und  auf  der  Zeichnung  angedeutet  erscheint. 


641 


fast  so  stark  als  die  Beine  und  entsprechen  vielleicht  in  ihrer 
Form  den  Tastern  der  Phalangiiden.  —  An  den  Beinen  lässt 
sich  feststellen,  dass  kein  Trochautinus,  aber  eine  kräftige  Pa- 
tella entwickelt  ist,  wie  bei  den  meisten  Opiliones.  Auch  die 
Verbreiterung  der  letzten  Hüften  scheint  nur  bei  den  Opiliones,  be- 
sonders aber  bei  den  Mecostheti  E.  S.  (Laniatores  Thor.)  vorzu- 
kommen, bei  welchen  auch  der  Quereindruck  über  der  Basis  sich 
wiederfindet,  welchen  die  Darstellung  von  Eophrynus  zeigt  (vergl. 
Fig.  10,  Taf.  XXX). 

Ebenso  lässt  sich  der  eigenthümliche  Besatz  der  Rückenseite 
mit  Körnchenreichen  nur  mit  der  bei  Opi Honen  weiter  verbrei- 
teten Sculptur  vergleichen,  und  finden  auch  die  am  7.  und  8. 
Abdominalsegnient  aufsitzenden  Integumentaldornen  und  der  Zerfall 
des  Cephalothorax  in  einzelne  Platten  sich  nur  in  dieser  Ordnung 
der  receuten  Arachniden  wieder  (vergl.  Fig.  7,   Taf.  XXX). 

Dagegen  fehlen  den  recenten  Formen  meist  die  deutlichen 
Epimeren  am  Cephalothorax,  die  nach  Simon  allerdings  bei  Ischy- 
rop)S^'lis  noch  „affectent  la  forme  d'etroites  lanieres  effilees  en 
arriere"^).  während  sie  am  Embryo  von  Phalangium  noch  deut- 
Uch  sind.  Ebenso  sind  bei  den  recenten  Formen  die  Cheliceren 
und  die  Beine  meist  stärker  verlängert. 

So  müssen  wir  immerhin  den  Eophrynus  zu  den  Opiliones 
rechnen ,  mit  denen  er  die  Ausbildung  der  Anhänge ,  die  Gliede- 
rung des  Cephalothorax  und  die  ungefähre  Zahl  der  Hinterleibs- 
ringe gemeinsam  hat. 

Sicher  haben  sich  die  Opiliones  schon  in  früher  Zeit  in 
mehrere  Familien  gespalten,  denn  Vertreter  der  echten  Phalan- 
giiden treten  uns  schon  in  Hasseltides  primigenius^)  im  oberen 
Jura  Solnhofens  entgegen. 

Einen  wichtigen  Beitrag  zur  richtigen  Deutung  von  Eophry- 
nus Prestvicii  liefert  die  treffliche  Darstellung  Stur's^)  von 
seinem  Eophrynus  Salmi,  einer  Form,  von  welcher  ich  durch  die 
Güte  des  Herrn  Autors  einen  ausgezeichneten  Abdruck  erhielt. 

Die  Cephalothoraxdecke  des  die  Rückenseite  zeigenden  Thieres 
gleicht  der  von  E.  Prestvicii  bis  in  die  Einzelheiten  der  Platten- 
bildung und  Sculptur  hinein. 

Wie  schon  Stur  feststellte,  besteht  der  Hinterleib  aus  acht 


1)  E.  Simon,  1.  c,  Bd.  VII,  p.  117. 

^)  M.  Weyenbergh.  Sur  les  Ins.  fossiles  etc.  Mus.  Teyler, 
Harlem  1869,  p.  7,  f.  1.  —  Derselbe.  Notes  s.  quelques  Ins.  du  Calc. 
jurass.  etc.,  Harlem  1878,  p.  1 — 3. 

*)  D.  Stur.  Die  Culmflora  der  Ostrauer  und  Waldenburger 
Schichten.  Abhandl.  d.  k.  k.  geolog.  Reichsanstalt,  VIII,  2,  Wien 
3877,  p.  V. 


642 


Segmenten,  die  sich  besonders  an  ihren  Rückenplatten  durcli  die 
an  die  Sculptur  von  E.  Prestvicii  erinnernden  vier  Reihen  grober 
Granulationen  unterscheiden  lassen. 

Wie  Stur  weiter  angiebt,  finden  sich  anscheinend  am  un- 
teren Rande  auch  vier  Dornen,  von  deren  innerem  Paar  jederseits 
ein  vertieft  gebogener  linearer  Eindruck  bis  zu  den  zwei  tiefsten 
Höckern  der  inneren  beiden  Höckerreihen  verläuft,  sodass  das 
achte  Segment  in  drei  Felder  getheilt  wird.  Diese  Furchen, 
welche  wir  an  der  Darstellung  des  E.  Prestvicii  vermissten, 
trennen  die  Dorsalplatten  von  den  ebenfalls  segmentirten  Pleuren 
ab  und  lassen  uns  dadurch  die  nahe  Verwandtschaft  von  E.  Sturi 
mit  der  Kreischeria  erkennen,  welche  schon  Scudder  heraus- 
gefühlt hatte. 

Der  Abdruck  einer  noch  unbeschriebenen  Art  von  Eophrynus, 
welchen  ich  ebenfalls  der  Güte  des  Herrn  Hofrath  Prof.  D.  Stur 
verdanke,  vermittelt  einen  Uebergang  von  E.  Prestvicii  zu  E.  Salmi. 
So  zeigt  er  eine  nur  undeutliche  Ausbildung  der  Pleuralnaht, 
welche  ebenfalls  an  der  Hinterecke  der  Pleuren  des  8.  Abdomi- 
nalsegments beginnt,  und  lässt  somit  die  beginnende  Verschmel- 
zung der  Pleuren  mit  den  Rückenplatten  erkennen. 

Somit  ist  auch  bei  E.  Prestvicii  die  Grenze  zwischen  Dorsal- 
und  Pleuralplatten  am  Aussenrande  der  inneren  paarigen  Tuber- 
kelreihe zu  suchen  und  finden  wir  von  E.  Salmi  zu  E.  Prestvicii 
eine  allmähliche  Zunahme  der  Erhärtung  der  Pleuren  und  ihrer 
Verschmelzung  mit  den  Hauptplatten. 

Am  Hinterrande  des  Cephalothorax  liegt  die  hintere  Deck- 
platte, welche  ebenfalls  mit  zwei  Höckern  der  inneren  paarigen 
Reihe  besetzt  ist  und  am  Vorderrande  sich  in  einen  breiten  Rand- 
wulst verdickt,  welcher  vom  vorderen  grösseren  Theil  durch  eine 
schmale  Vertiefung  geschieden  ist.  Am  Hinterrande  des  letzteren 
lassen  sich  zwei  scharfe,  durch  eine  schmale  Furche  getrennte 
Querleisten  erkennen,  wie  sie  sich  ebenfalls  entsprechend  bei  re- 
centen  Phalangiiden  wiederfinden  lassen. 

Schon  durch  das  Fehlen  der  zierlichen,  durch  die  regel- 
mässige Anordnmig  der  Tuberkeln  entstehenden  Sculptur  der 
Rückenmitte  unterscheidet  sich  von  Eophrynus  die  Gattung  Kvei- 
sclieria. 

Von  der  einzigen  Art  derselben,  Kr.  Wiedei  Gein.,  verdan- 
ken wir  der  Geschicklichkeit  J.  Deichmüller' s  eine  vortreffliche 
Darstellung  des  günstig  erhaltenen  Abdruckes,  den  ich  in  Dresden 
durch  die  Güte  des  Herrn  Prof.  H.  Geinitz  damit  vergleichen 
durfte.  Ich  gebe  in  Fig.  6,  Taf.  XXX  eine  halb  schematische  Dar- 
stellung der  Oberseite  der  interessanten  Form,  welche  aus  den 
Abbildungen  derselben  combinirt  und  nur  theilweise  ergänzt  ist, 


643 

Die  Gliederung  der  Cephalothoraxdecke  erinnert  durchaus  an 
Eophri/nus.  Wie  dort  finden  sich  ähnlich  angeordnete  mediane 
Dorsalplatten,  deren  vorletzte  durch  eine  tiefe  Mittelgrube  getheilt 
ist,  und  lassen  sich  jederseits  vier  Epimeralplatten  erkennen,  denn 
auch  der  von  Geinitz  als  D  bezeichnete,  durch  eine  tiefe  Quer- 
furche abgetheilte  hinterste  Abschnitt  gehört,  wie  schon  Geinitz 
erkannte,  dem  Cephalothorax  an  und  entspricht,  wie  oben  ge- 
zeigt, der  hintersten  Platte  der  Cephalothoracaldecke  der  Opi- 
lionen. 

Hinter  dem  Thorax  liegen  wie  bei  Eoplirynus  acht  mediane 
Rückenplatten,  die  nur  ^5  der  Gesammtbreite  des  Rückens  ein- 
nehmen und  an  ihrem  Aussenrande,  im  4.  und  5.  Segment  aber 
noch  innen,  je  einen  grösseren  Höcker  tragen,  sodass  auch  hier 
vier  Tuberkelreihen  angelegt  sind. 

An  diese  Rückenplatten  schliesst  sich  seitlich  je  ein  nach 
hinten  zu  allmählich  breiter  werdendes  Randstück  an,  das  den 
Pleuren  angehört,  auf  welche  sich  die  Segmentfurchen  durch- 
gehend fortsetzten  und  so  Halbschienen  abschnitten,  die  durch 
stärkere  Chitinisirung  zu  Randplatten  erhärteten. 

Die  Pleuren  des  7.  und  8.  Abdominalsegments  sind,  eher 
dorsal  als  ventral,  wie  bei  Eophrynus  am  Hinterwinkel  in  ge- 
zackte Fortsätze  ausgezogen .  wie  der  Gegendruck  (fig.  2  bei 
Geinitz)  zeigt,  während  die  letzte  Rückenplatte  am  Hinterrande 
stumpf  abgeschnitten  erscheint. 

Durch  einen  glücklichen  Zufall  bei  der  Spaltung  zeigt  das 
Original  auch  die  Innenfläche  der  Bauchplatten  zum  Theil  er- 
halten. Dieselben  sind  wenig  breiter  als  die  Rückenplatten,  neh- 
men wie  diese  nach  hinten  an  Grösse  ab  und  lassen  am  hin- 
tersten Ende  eine  kleine  rundliche  Platte  erkennen,  welche  dem 
Afterstück  entspricht  und  uns  gestattet,  auch  die  Bauchseite 
des  Hinterleibes  zu  construiren.  Dieselbe  zeigt  7  stark  chitini- 
sirte  Bauchplatten,  welche  in  ihrer  Lagerung  besonders  an  Siro- 
niden  (vergl.  Fig.  5,  Taf.  XXX)  erinnern,  jedoch  wie  bei  Phalan- 
giotarhus  auch  am  zweiten  Bauchsegment  breit  entwickelt  sind, 
wie  das  bei  den  recenten  Opiliones  nicht  mehr  vorkommt.  Die 
Ausbildung  der  Pleuralplatten  nimmt  mit  der  Verschmälerung  der 
Bauchplatten  von  vorn  nach  hinten  zu  und  ist  somit  am  achten 
Segment  am  stärksten  entwickelt.  Hier  stossen  sie  seitlich  an 
das  Afterstück,  auf  welches  sich  offenbar  noch  die  Hinterrands- 
Verbindungshaut  der  8.  Dorsalplatte  herunter  neigt,  um  es  von 
hinten  zu  begrenzen. 

So  haben  wir  auch  hier  eine  besonders  an  die  Cherneten 
erinnernde  Lage  des  Afterstückes,  wie  sie  sich  unter  den  recenten 


644 


OpiUones  nur  bei  den  Sironiden  erhalten  hat  (vergl.  Fig.  4 
u.   5,   Taf.  XXX). 

Wie  die  meisten  OpiUones  scheint  auch  Kreischeria  nur 
zwei  Ocellen  zu  besitzen,  welche  jederseits  eines  schmalen,  nasen- 
artigen Vorsprunges  nahe  dem  Vorderrande  des  Cephalothorax 
liegen. 

Der  auf  Deichmüller' s  tig.  1  von  Kreischeria  erkennbare, 
ebenfalls  körnige  Plattenrest  am  Vorderrande  des  Cephalothorax 
gehört  offenbar  den  Pleuren  des  letzteren  an  und  entspricht  wohl 
dem  auf  Fig.  7 ,  Taf.  XXX  vor  dem  Augenschilde  liegenden 
Randsaum. 

Besonders  auffallende  Uebereinstimmung  zeigt  KreiscJieria 
in  vielen  Punkten  mit  der  recenten  Gattung  Trogulus,  wie  Karsch 
1.  c,  p.  559  bereits  treffend  hervorgehoben  hat. 

In  der  That  weichen  die  Troguli  den  (vergl.  beistehende 
Figur),    von  denen    ich  durch    die  Güte   des  Herrn  Prof.   Stein- 


Cephalothoracaldecke. 
I.  Abdominalsegment. 

Dorsalpleuren. 


1.  Beinpaar  (Femur). 


2.  Beinpaar  (Trochanter). 
Mittelfurche   d.  Cephalothoracaldecke. 

3.  Beinpaar  (Trochanter). 

3.  Beinpaar  (Trochantiniis). 

4.  Beinpaar  (Trochanter). 

Dorsaler  Mittelkiel. 

Seitenpleuren. 

4.  Beinpaar  (Femur). 


VI.  Al)dominal.«egment. 

Trogulus  lyyaeiformis  (L.Koch,  3mal  vergr.) 


DACHNER  und  C.  KÖLBL  in  Wien  den  grossen  Trogulus  lygaei- 
formis  C.  L.  Koch  aus  Griechenland  untersuchen  durfte,  von  Krei- 
scheria nur  gradweise  ab,  sodass  sie  davon  abgeleitet  werden 
können. 

So  finden  sich  auch  noch  bei  Trogulus,  wenngleich  verwischt 
und  undeutlich,  die  Epimeralstücke  und  Deckenfurchen  am  Ce- 
phalothorax erhalten,  welche  bei  Kreischeria  so  stark  entwickelt 
sind;  ebenso  treten  an  den  Dorsalplatten  noch  schwache,  undeut- 
lich gegliederte  Dorsalpleuren  auf,  die  sich  nach  unten  an  die 
den  Körper  umschliessenden  Seitenpleuren  anschmiegen.  Jedoch 
sind  die  Segmentgrenzen  des  Hinterleides  schon  so  verwischt, 
dass  die  5  ersten  Rückenplatten  einen  Dorsalschild  darzustellen 
scheinen,  dessen  Segmente  nur  mehr  durch  schwache  Wülste  an- 
gedeutet   sind.      Während    noch   die   VI.  Rückenplatte    gut    ent- 


645 


wickelt  ist.  sind  dagegen  die  VIT.  und  VITI.  schmal  ringförmig 
geworden  und  aul'  die  Bauchseite  gerückt,  während  sie  gerade 
bei  den  Anthracomartiden   eine  kräftige  Ausbildung  zeigen. 

An  dem  Vorderende  des  Kopfes  ist  bei  Krcisdieria  ebenfalls, 
wie  bei  Trogulus,  eine  Art  Stirnschild  entwickelt,  von  dem  spä- 
tere Funde  noch  festzustellen  haben,  ob  es  Taster  und  Cheli- 
ceren  frei  Hess  oder  wie  bei    Trogulus  kapuzenartig  überwölbte. 

Grössere  Unterschiede  zeigt  dagegen  die  Unterseite  beider  For- 
men, welche  bei  Krcischeria  7  deutliche  Bauchplatten  erkennen 
lässt,  die  zum  IL  bis  VIII.  Segment  gehören  und  den  After  in 
einem  rundlichen  Aftersegment  zeigt,  wie  bei  den  Sironiden,  wäh- 
rend dagegen  bei  Trogulus  die  Bauchplatte  des  II.  Segments 
ganz  schmal  und  nur  die  5  folgenden  des  IIL  bis  VII.  Segments 
stark  entwickelt  und  deutlich  sind.  Ebenso  wenig  stimmt  die 
Lagerung  des  Afters  bei  beiden  Formen  überein,  denn  derselbe 
ist  bei  Trogulus  von  4  Platten  umgeben,  während  er  bei  den 
Anthracomartiden  wie  bei  den  Sironiden  ^)  in  einem  einfach  ring- 
förmigen  Segmente  liegt. 

Die  von  Karsch  und  Scudder  zu  den  Architarhidae  ge- 
stellte Gattung  Aiithracomartiis  wurde  auf  Abdrücke  von  Ä- 
Voelkelianus  aus  Schatzlarer  Schichten  von  Neurode  in  Schlesien 
gegründet,  deren  zwei  bei  Karsch  von  Generalmajor  Quedenfeldt 
trefflich  abgebildete  Typen  sich  in  der  Sammlung  der  königl.  geo- 
logischen Landesanstalt  befinden  und  mir  durch  gütige  Verwen- 
dung des  Herrn  Prof.  Dames  in  Berlin  zugängig  gemacht  wurden. 

Nach  Karsch  (1.  c.  p.  557)  stellt  seine  fig.  1  die  Bauch- 
und  fig.  2  die  Rückenseite   dar. 

Wie  schon  der  erste  Eindruck  der  Typen  wahrscheinlich 
macht,  ergaben  Positiv-  und  Negativausgüsse  der  über  den  Origi- 
nalen geformten  Stanniol -Matrize,  dass  das  Original  von  Karsch' s 
fig.  1  ein  Hautrelief  der  Rückseite,  das  von  Fig.  2  ein  solches 
der  Bauchseite  darstellt.  Somit  kann  ich,  da  Scudder  nach 
seinen  Definitionen  zweier  neuer  Arten  anscheinend  ebenfalls  nur 
Rückenansichten  vor  sich  gehabt  hat,  seine  Angabe:  „coxae  ra- 
diating  from  a  broad  triangulär  sternal  plate,  the  base  of  which 
forms  the  posterior  margin '••  nur  darauf  zurückführen,  dass  er 
mit  Karsch  die  Dorsalfläche  für  die  ventrale  angesehen  hat. 

Der  Cephalothorax  des  Originals  von  Karsch's  fig.  1,  wel- 
ches ich   in  Fig.  9,   Taf.  XXX  noch  einmal  vergrössert  darstelle, 


^)  Sicher  werden  wir  noch  recente  Formen  entdecken,  welche  die 
Kluft,  die  das  System  zwischen  Sironiden  und  Troguliden  lässt,  aus- 
füllen, denn  es  sind  diese  beiden  Familien  der  Opiliones  zu  nahe  mit 
einander  verwandt,  als  dass  man  sie  in  verschiedene  Unterordnungen 
stellen  dürfte. 

Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  4.  43 


646 


zeigt  am  Vorderrande  einen  nasenartigen  Vorsprung,  welcher  an 
den  die  Augen  trennenden  Grat  von  Tlielifphomis  und  Kreischeria 
erinnert,  doch  habe  icli  keine  Ocellen  finden  können.  Auf  der 
Fläche  erkennt  man  nur  unregelmässige,  wohl  durch  Druck  ent- 
standene Einknickungen .  aber  am  Hinterrande  hebt  sich,  vorn 
wie  bei  Kreisclieria  von  einer  flachen  Einsenkung  begrenzt,  eine 
schärfer  umschriebene,  hintere  Thoracalplatte  hervor,  die  von 
Karsch  offenbar  als  erste  Abdominalplatte  angesprochen  wurde, 
hinter  der  aber  erst  der  Hinterleib  beginnt. 

So  ist  es  auch  die  erste  Rückenplatte,  welche  vorn  stark 
über  das  Niveau  der  übrigen  vorspringt,  am  Hinterrande  dagegen 
gerundet  erweitert  ist,  und  von  Karscfi  als  zweite  Rückenplatte 
angesprochen  wurde,  wie  seine  Artdiagnose  (p.  561)  ergiebt. 
Hinter  diesem  Abdominalsegment  finden  sich  noch  sieben  weitere, 
während  Karsch  und  nach  ihm  Scudder  deren  nur  im  Ganzen 
so  viel  angeben. 

Schon  vom  zweiten  Segment  an  beginnt  die  zunehmende 
Ausdehnung  der  Pleuren,  welche  von  der  Consistenz  der  Rücken- 
platten und  ebenfalls  durch  die  Segmentfurchen  abgegliedert  sind. 
Die  Nähte,  welche  Pleural-  und  Dorsalplatten  trennen,  entsprechen 
somit  in  ihrem  Verlauf  durchaus  den  bei  Palaeophrymis  und 
Kreischeria  nachgewiesenen  Furchen  und  verlaufen  auch  hier  in 
geschwungener  Linie  bis  zum  Körperende. 

Die  letzte  (VHI.)  Rückenplatte-  setzt  sich  durch  ihre  distale 
Verbindungshaut  spangenförmig  in  allmählicher,  unbedeutender  Zu- 
spitzung auf  die  Bauchseite  fort,  um  hier  die  hintere  Grenze  des 
Afterstückes  zu  bilden^)    (vergl.  Fig.  8,   Taf.  XXX). 

Entgegen  Karsch's  Angabe,  dass  das  Integument  von  An- 
thracomartus  „glatt"  sei,  welche  zur  späteren  Aufstelhmg  des 
mit  A.  Voelkelianus  wohl  zusammenfallenden  A.  minor  und  des 
wohl  davon  verschiedenen  A.  Krejcii  führte,  muss  ich  noch 
hervorheben .  dass  die  Haut  besonders  der  Rückenseite ,  mit 
schon  dem  unbewaffneten  Auge  erkennbaren  Körnclungen  bedeckt 
ist.  Dieselben  liegen  meist  zerstreut,  bilden  aber  am  Hinter- 
rande der  „Vorschildchen"  und  Schilde  eine  regelmässige  Reihe, 
gehen  auch  überall  auf  die  Pleuren  über  und  sind  an  dem  Ge- 
gendruck zum  Original  von  Karsch's  fig.  1 ,  welcher  sich  im 
Dresdener  mineralogischen  Museum  befindet,  ebenso  als  Gruben 
zu  erkennen,  wie  die  Dorsopleuralfurchen  als  erhabene  Leisten 
auftreten. 


^)  Es  empfiehlt  sich,  um  solche  schwierigeren  Verhältnisse  bei 
Arthropoden  etc.  zu  erkennen,  Bauch-  und  Rückenseite  auf  durchsich- 
tiges Papier  zu  zeichnen,  die  beiden  Seiten  genau  über  einander  zu 
legen  und  bei  durchfallendem  Licht  zu  vergleichen. 


647 


Somit  steht  auch  Anthracomartus  durch  die  Abschnürung 
des  hinteren  Cephalothoraxschildes,  die  Zahl  der  Hinterleibsseg- 
mente, die  Begrenzung  der  Deckplatten,  die  Lage  des  Afters  den 
Gattungen  Kreisclieria  und  Eophrynus  so  nahe,  dass  wir  ihn  mit 
letzteren  zu  einer  Unterordnung  vereinigen  müssen,  für  die  wir  den 
Namen  AntJirncotnaHi  nob.  aufstellen.  Ihre  Stellung  dürfte 
dieselbe  wohl  zweifellos  in  der  Ordnung  der  Opilioncs  finden, 
wohin  sie  schon  die  Zahl  der  Hinterleibssegmente  und  die  Glie- 
derung des  Cephalothorax  weist,  die  sie  sonst  nur  noch  mit  den 
mindestens   1 1   Segmente  besitzenden  Cherneten  gemein  hat. 

Somit  dürfen  wir  wohl  die  Anthracomarti  hinter  die  Pha- 
langiotarbi  und  nahe  an  den  Anfang  der  Entwicklungsreihe  der 
Opiliones  setzen,  deren  Urform  sie  näher  stehen  dürften,  als 
selbst  die  Sironiden. 

Denn  während  bei  den  Anthracomarti  die  Pleuren  und  der 
Dorsalschild  des  Cephalothorax  noch  deutliche  Spuren  der  em- 
bryonalen Gliederung  aufweisen,  während  die  Rücken-,  Bauch-  und 
Weichenplatten  noch  scharf  abgegrenzt  und  von  fester  Consistenz 
sind,  wird  bei  den  Sironiden  die  Zerlegung  des  Cephalothorax 
schon  verwischt.  Ebenso  lassen  sich,  eine  Folge  der  vermehrten 
Weiche  des  Integuments,  keine  scharfen  Grenzen  der  Bauch-  und 
Rückenplatten  gegen  einander,  vor  Allem  aber  keine  Segmentirung 
der  Pleuren  mehr  erkennen  (vergl.  Fig.  5,  Taf.  XXX),  wie  sie 
noch  bei  den  Cherneten  und  in  höchster  Ausbildung  wieder  bei 
Kreischeria  etc.  auftritt. 

Aber  gerade  diese  Unterschiede  von  den  Sironiden,  den 
Zerfall  der  Cephalothoracaldecke,  die  scharfe  Abtrennung  der 
Pleuren  von  der  letzteren,  die  Lage  der  Ocellen,  die  eigenthüm- 
liche  Skulptur  des  Integuments  haben  die  Anthracomarti  noch 
mit  einer  anderen  Abtheilung  der  Opilionen.  den  Mccostheti  E.  S. 
(Laniatores  Thor.)  gemein,  von  denen  einige  Formen  eine  so 
grosse  Aehnlichkeit  mit  Eophrynus  zeigen  (vergl.  Fig.  7  und  8, 
Taf.  XXX),   dass  sie  auf  engere  Verwandtschaft  hindeuten  dürfte. 

Somit  spricht  Alles  dafür,  dass  wir  die  „Anthracomarti'''  als 
eine  Unterordnung  der  Opiliones  Snd.   anzusehen  haben. 

Sie  enthält  aber  zugleich  drei  so  verschiedenartige  Gruppen, 
dass  wir  diese  (s.  u.)  besser  als  Familien  abgliedern,  von  denen 
die  Kreischeriiden  den  Troguliden,  die  Anthracomartiden  den  Siro- 
niden, die  Eophryniden  den  Opiliones  mecostheti  (=  Laniatores) 
am  nächsten  stehen  dürften. 


43* 


648 


2.   Uebersicht  des  Systems  der  Arachniden  der  Steinkohlen- 

formation. 

Ordnung  I.    Scorpioaes  Thor. 

Cheliceren  kurz,  dreigliedrig,  Kiefertaster  kräftig  und  lang, 
beide  scheerenförmig  endigend.  Augen  zahlreich.  Cephalothorax  nur 
oberflächlich  von  Furchen  durchzogen,  ohne  Nähte.  Hüften  der 
ersten  zwei  Beinpaare  zu  einer  Kaulade  umgewandelt.  Eine 
hintere  Sternalplatte.  Hinterleib  aus  12  Segmenten  bestehend, 
deren  letzte  5  schwanzartig  verjüngt  sind.  Hinter  dem  After 
dorsal  der  zum  Telson  gehörende  Giftstachel.  Hinter  der  I.  Bauch- 
platte die  unpaare  Genitalöffnung,  an  der  H.  die  Kämme,  auf  der 
ni.   bis  VI.   die  paarigen  Stigmen. 

1.  Unterordnung:  Ayithracoscorpii^)  Thor,  mit  der  Familie 
der  Eoscorpionidae  Scudd.  und  den  ünterfamilien  der  Eoscor- 
pionini  und   Oydophfhalmi. 

Ordnung  II.    Pedipalpi  Latr. 

Cheliceren  zweigliedrig,  mit  nach  unten  einschlagbarer  Klaue; 
Kiefertaster  mit  mächtig  entwickelten  Hüften.  Cephalothoracal- 
decke  meist  solid,  nur  bei  den  recenten  Scliisonotus  und  Tri- 
peltis  eine  hintere  Platte  abgetheilt.  Mehrere  einzelne  oder  eine 
grössere  centrale  Sternalplatte.  Erstes  Beinpaar  mehr  oder  we- 
niger dorsal  exserirt  und  stark  verlängert.  Patella  ausgebildet. 
Abdomen  etwas  gestielt,  aus  10 — 12  Segmenten  gebildet,  deren 
letzte  ca.  3  meist  plötzlich  stark  verjüngt  sind.  Pleuren  nur  in 
Längsfalten  gelegt,  nicht  segmentirt.  Hinter  dem  After  ein  zum 
Telson  gehöriger  Anhang. 

1.  Unterordnung:  Uropygi  Thor.-).  Mit  gegliedertem 
Schwanzfaden. 

1.  Familie  Thelyphonidae:  Sternum  stets  zwischen  den 
letzten  Beinhüften  entwickelt.  Genitaldeckplatte  gegen  die  schmalen 
folgenden  Bauchplatten  in  der  Mitte  stark  vorspringend.  Schwanz- 
faden vielringelig. 

Geralinura  (?  Thelyphomis)  carhonaria  Scudd.  ^)  und  G. 
bohemica,   G.  ?noctua,  G.  crassa,  G.  Sciidderi  Kusta. 


^)  Wegen  der  Definition  der  Anthracoscorpii  mit  ihren  Familien  und 
Unterfamilien  darf  ich  wohl  auf  die  Diagnosen  Scudder's  (ZrrTEL's 
„Paläozoologie",  II,  p.  738—740)  selbst  verweisen. 

')  T.  Thorell.  Descrizione  di  alcuni  Aracnidi  infer.  Archipel. 
Malese.     Mus.  Civico  Genova,  1842,  p.  35. 

*)  ScuDDER  giebt  zwar  an,  dass  der  Cephalothorax  wie  bei  den 
Tartariden    in    zwei  Abschnitte    getheilt    sei,    deren  hinterer  schmaler 


649 

2.  Unterordnung:  Amhlijpygi  Thor.  Mit  kurzem,  unge- 
gliedertem oder  verkümmertem  Scliwanzanhange. 

1.  Familie  Architarhidae  nob.  Mit  entwickelter  Sternal- 
platte zwischen  dem  letzten  Hüftenpaar.  Ärchitarhus  mit  zwei 
verengten  Baucliplatten  (lU.  und  IV.);   Ä.  rotunclatus  Scudd. 

Hierher:  Geraphrynus  Scudd.  mit  5  in  der  Mitte  verschmä- 
lerten Bauchplatten  (HI.  bis  VII).     G.  carhonariiis  Scudd. 

III.  Ordnimg:    Chemetes  E.  S. 

Die  zweigliedrigen  Cheliceren  und  Taster^)  mit  Scheeren, 
welche  an  die  der  Scorpione  erinnern;  keine,  2  oder  4  rückge- 
bildete Ocellen  an  den  Seiten  des  Cephalothorax.  Letzterer  oft 
durch  zwei  Querfurchen  zerlegt;  Sternum  höchstens  zwischen  dem 
letzten  Hüftpaar  entwickelt  (Garypus).  Hüften  sonst  in  der  Mittel- 
linie zusamraenstossend,  kaum  strahlig  angeordnet,  in  keiner  Be- 
ziehung zu  der  Nahrungsaufnahme  stehend.  Paarige  Genital- 
öffnungen hinter  der  zweiton  Bauchplatte;  Stigmen  vor  den  Pleu- 
ren des  III.  und  IV.  Hinterleibssegments.  Beine  ohne  Patella. 
Abdomen  sitzend,  aus  10  bis  11  hinten  recht  regelmässigen 
Segmenten  zusammengesetzt,  deren  letztes  auf  der  Bauchseite  das 
quere  rundliche  Afterstück  umschliesst.  After  von  einem  Ringe 
umgeben.     Pleuren  oft  segmentirt. 

1.   ?Racovnicia  anfiqtia  Kusta. 

IV.  Ordnung:    Opiliones  Snd. 

Cheliceren  scheerenförmig;  Kiefertaster  beinförmig,  6 -glie- 
derig. Mundöffnung  mehr  oder  weniger  nach  hinten  zurücktre- 
tend. An  der  Cephalothoraxdecke  meist  eine  schmale  Hinterrand- 
platte, seltener  Epimeralstücke  abgetrennt.  Meist  zwei  Augen. 
Hüften  der  Taster  schwächer,  die  der  Beinpaare  gleichmässig  ent- 
wickelt, die  ersten  zwei  Paare  oft  mit  Kauladen.  Sternum  meist 
rückgebildet.  Abdomen  breit  sitzend  und  undeutlich  abgetrennt, 
wie    bei    den    Cherneten ,    aus    8    bis    10  Segmenten    bestehend. 


das  letzte  Beinpaar  trage.  Eine  Zählung  der  Hinterleibssegmente  der 
trefflichen  Abbildung  des  Thehjphomts  hohemicus  bei  Kusta  (Sitzungsb. 
d.  kgl.  böhm.  Ges.  d.  Wiss.  ,'Prag  1884  [1885])  lässt  aber  erkennen, 
dass  Zahl  und  Form  der  Segmente,  wie  Kusta  p.  189  mit  Recht  her- 
vorhebt, durchaus  den  betreffenden  Segmenten  des  Tltelyphwius  ent- 
sprechen, flass  also  das  schmale,  von  Scudder  zum  Cephalothorax  ge- 
rechnete Segment  der  ersten  Rückenplatte  entspricht  und  das  letzte  Bein- 
paar vor  ihr  eingelenkt  ist,  wie  die  besser  erhaltene  eine  Seite  zeigt. 
')  Hiervon  ausgenommen  ist  nur  die  von  Thorell  zu  den  Cher- 
neten gerechnete  recente  Gattung  GihhoceUnm,  für  welche  er  die  Unter- 
ordnung der  Ha;plocholonethi  aufstellt. 


650 


Genital  Öffnung  gegen  den  Mund  hinaufgerückt,  nianclmial  mit 
einem  Deckel.  Meist  zwei  Stigmen  hinter  den  letzten  Hüften. 
Patella  kräftig.     Afterstück  entwickelt   oder  verkümmert. 

1.  Unterordnung:  Plialangiotarhi  n.  Mit  10  Hinter- 
leibssegmenten und  centraler  Sternalplatte.  Genitalötfnung  hinter 
den  letzten  Hüften.     After  am  distalen  Körperpol. 

1.  Familie:  Phalangioturhidae  n.  Beine  ohne  Kauladen. 
Dahin  die  Gattung  Phalangiotarhiis  n.  mit  Ph.  (A.)  subovalis 
Westw. 

Hierher  vielleicht  auch  Eotarhus  litoralis  Küsta. 

2.  Unterordnung:  Anihracomarti  woh.  Integument  kräftig, 
uneben.  Abdomen  breiter  als  der  Cephalothorax,  sitzend,  mehr 
oder  weniger  flach  gedrückt.  Cephalothoracaldecke  mit  segment- 
artig abgetrennter  Hinterrandplatte.  Hüften  auch  oben  über  den 
Cephalothorax  hervortretend.  Acht  Hinterleibssegmente  mit  stark 
entwickelten,    den  ganzen  Hinterleib  umziehenden  Pleuren. 

1.  Familie:  Anthracomartidae  s.  str.  Cephalothoracal- 
decke in  ihrem  grossen  Vordertheil  nicht  in  Platten  zerfallen, 
einheitlich.  EpimeraljDlatten  undeutlich.  Taster  frei  hervorragend, 
beinartig.     Dorsopleuralnäthe  deutlich. 

Hierher  Anthraconinrtus  Karsch  mit  fein  gekörntem  Inte- 
gument ohne  Abdominalwarzen   und  Pleuralzacken. 

Die  zahlreichen,  durch  Skulptur  und  Grössenverhältnisse  un- 
terschiedenen Formen  von  Anthracomartus  dürften  nur  einigen 
wenigen  Arten  angehören.  Die  älteste  derselben  ist  A.  (Archi- 
tarhus)  dlesincus  Rom.  ^) ,  deren  Type  ich  durch  die  Güte  des 
Herrn  Geh.  Rath  Prof.  Ferd.  Römer  in  Breslau  zur  Unter- 
suchung erhielt. 

Das  Stück  zeigt  die  Bauchseite  und  lässt  das  Afterstück  deut- 
lich innerhalb  der  Ventral-  und  Dorsopleuralplatten  des  VHI.  Seg- 
ments hervortreten;  auf  der  HI.  Bauchplatte  dürften  die  Respi- 
rationsöffnungen angedeutet  sein.  Die  Hüften  sind  kaum  etwas 
strahlig  angeordnet,  berühren  sich  fast  in  der  Mittellinie  und 
erinnern  somit  an  Woodward' s  Figur  der  Unterseite  von 
Eophrynus. 

Von  den  zu  dieser  Gattung  gerechneten  Arten  gehört  wohl 
A.  afßnis  Kusta  einer  besonderen  Gattung  der  Anthracomartiden 


^)  F.  RÖMER.  Auffinden  und  Vorlegung  eines  neuen  GHederthieres 
in  dem  Steinkohlengebirge  der  Ferdinandsgrube  bei  Glatz.  56.  Jah- 
resber.  d.  schles.  Ges.,  Breslau  1878  (1879),  p.  54 — 55. 

^)  Vergl.  Sitzungsber.  d.  k.  böhm.  Ges.  d.  Wiss.,  Prag  1885  (1886), 
p.  399,  f.  IL 


651 


an,  die  sich  von  AnfJiracoivarfus  durch  die  an  Chernetiden  erin- 
nernde Form  des  Halsschildes  und  der  Rückenskulptur  und  durch 
das  Fehlen  der  Dorsopleuralnähte  unterscheidet. 

Noch  weniger  gehört  zu  Anthracomarfus  der  Ä.  carhonis 
Scudder's  '),  welcher  auf  einen  Arthropodenrest  aus  der  Stein- 
kohle von  Mons  gegründet  ist,  den  H.  Woodward  ^)  ursprünglich 
Brachypyge  carhonis  genannt  und  als  Hinterleib  eines  kurzschwän- 
zigen  Dekapoden  angesprochen  hatte,  was  auch  v.  Zittel  proble- 
matisch erschien. 

Es  dürfte  aber  doch  Woodward's  Deutung  der  von  Scudder 
vorzuziehen  sein,  trotzdem  die  Aehnlichkeit  der  Braehypyge  mit 
Anthracomartiden  schon  von  H  B.  Geinitz*)  hervorgehoben  wurde. 

Auch  wenn  man  das  bei  Woodward  mit  a  bezeichnete  Stück 
als  zum  Cephalothorax  gehörig  ansehen  würde,  erhielte  man  nur 
6  Segmente,  während  sich  deren  8  bei  Anthracomarten  finden. 
Vielmehr  aber  dürfte  der  als  I  bezeichnete  Theil.  wie  Westwood 
richtig  annimmt,  dem  ersten  Segment  des  Hinterleibes  entsprechen, 
wobei  a  die  vordere  Gelenkfläche  darstellte.  Dann  folgten  6 
Ringe  mit  entwickelten  Dorsal-  und  Ventralplatten  und  ebenfalls 
segmental  abgesetzten  Pleuren,  und  an  diese  schlösse  sich  endlich 
das  Aftersegment  an,  das  an  der  Basis  den  länglichen,  an  den 
der  Macruren  erinnernden  After  trägt,  und  in  den  Pleuren  hinten 
in  vier  Felder  zerlegt  ist. 

Leider  kenne  ich  keine  recente  Krabbenforra,  derren  Hinter- 
leib dem  von  Brachypyge  gleicht.  Am  meisten  Aehnlichkeit  finde 
ich  vielmehr  unter  dem  nur  geringen  mir  zur  Verfügung  stehenden 
Material  noch  mit  Lithoäcs  Latr.,  einer  Gattung  der  Anomuren, 
sodass  ich  Brachypyge  letzterwähnter  Unterordnung  der  Dekapoden 
einzureihen  vorschlage. 

2.  Familie:  KreischervUlae  s.  str.  Kopf  vorn  mit  einem 
Stirnschild,   das  die  Kiefertaster  vielleicht  noch  frei  Hess. 

Dahin  die  Gattung  Krcisclteria  Gein.  mit  in  mehrere  Schilde 
zerlegter  Prothoracaldecke  mit  deutlich  abgetrennten  Epimeren 
und  Pleuralzacken  am  7.  und  8.  Hinterleibssegment.  Rücken  mit 
2  bis  4  Tuberkelreihen.  Dorsopleuralnaht  deutlich;  einzige  Art: 
Kr.  Wiedei  Gein. 

3.  Familie:  Eophrynidac  s.  str.  Cephalothoraxdecke  in 
Platten  zerlegt  und  Epimeren  deutlich  wie  bei  Kreischeria.     Kopf 


')  Comptes  rendus  d.  1.  Soc.  Entomol.  de  Belgique,  XXIX,  1885, 
p.  84  —  85. 

')  Woodward.  Remains  of  Fossil  Grab  in  Goal  -  measures  etc. 
Geol.  Magazine,  New  Ser.,  Dec.  II,  Vol.  V,  1878,  p.  438—436,  t.  XI. 

^)  „Paläozoologie",  II,  p.  701. 

*)  Vergl.  diese  Zeitschiift,  XXXIV,  1882,  p.  241. 


652 


vorn  ohne  Stirnschikl ;  Kieferfühler  und  Kiefertaster  frei,  erstere 
kurz,  letztere  lang  beinförmig.  Mit  undeutlichen  oder  verschwun- 
denen Dorsopleuralnähten.     Beine  ohne  Trochantinus. 

Dahin  Eoplirynus  Woodw..  Mit  5  dorsalen  Tuberkelreihen 
und  4  Pleuralzacken. 

Hierher  E.  Prestvicü  Buckl.  ,  E.  Salmi  und  E.  n.  sp.  (im 
Besitz  des  Herrn  Prof.   Stur). 

3.  Unterordnung:  Plagiosthethi  Simon.  Hüften  schief 
eingelenkt.  Zweites  Abdominalsegment  bis  zu  dem  ersten  Bein- 
paar verlängert.  Sternum  sehr  kurz,  verborgen.  Genitalötfnung 
nahe  dem  Munde.  Epimeren  schwach  entwickelt.  Abdominai- 
pleuren  undeutlich.     Höchstens  8   Hinterleibssegmente. 

1.  Familie:  Trognlidae  Snd.  Cephalothoracalschild  mit 
den  ersten  Rückenplatten  verschmolzen.  Cheliceren  und  oft  auch 
Kiefertaster  von  einer  kappenartigen  Vorragung  verdeckt.  Meist  nur 
die  letzten  Hinterleibsringe  deutlich  abgesetzt.     Beine  massig  lang. 

Hierher  \ielleicht  ?Polioclicra  Scudd. 

IV.  Ordnung :    Araneae  Snd. 

Cephalothoracalschild  ungegliedert,  gewölbt;  Abdomen  ge- 
stielt, rundlich.  Beine  an  einer  centralen  Sternalplatte  gelenkend, 
mit  Patella  versehen. 

1.  Unterordnung:  Ärthrarachnae  nob.  Abdomen  in  scharf 
getrennte  7  bis  ?  Ringe  zerfallend.  Cheliceren  2gliedrig,  wie 
bei  den  Pedipalpi  vertical  beweglich. 

Hierher  vielleicht  die  Ärthrolycosiclae  mit  Arthrolycosa  Harg. 
und  Geralycosa  Kusta. 

2.  Unterordnung:  Tetra sticta  Bertkau  ( Tetrapnemnones 
Latr).  Cheliceren  ebenfalls  mit  vertical  beweglicher  Giftklaue. 
Kiefertaster  der  Männchen  zu  Copulationszwecken  umgewandelt. 
Höchstens  2  undeutliche  Bauchplatten ,  an  deren  Hinterrande 
jederseits  ein  Stigma  liegt.  Genitalöifnung  hinter  der  vorderen 
(H.)  Bauchplatte.     Meist  mit  Spinnwarzen. 

1.  Familie:  Protolycosiflae  noh.^).  Mit  Abdominalstacheln 
und  kurzem  Basalgliede  der  Cheliceren  (Thorell).  Rücken  mit 
groben  Knötchen  geziert,  deutlicli  segmentirt.  Dahin  Protolycosa 
an*hracopldla  Roemer. 

2.  Familie:  Lipliistiidae  Thor.  Ohne  Abdominalstacheln. 
Rückenplatten  wie  vorige.  Dahin  Eolycosa  Fricii  Kusta  und  Pn- 
laranea  horassifolia  Fritsch. 


')  Vielleiclit  zu  den  Arthrolycosidae  gehörig. 


653 


3.  Eine  neue  Arthrogastren-Pamilie  aus  dem  weissen  Jura. 

Wie  ich  in  einer  früheren  Arbeit  bereits  behauptete ') ,  ge- 
hört die  merkwürdige  von  P.  Oppenheim^)  zur  Orthopteren -Gat- 
tung CJiresmoda  {=  Halometva  Opp.)  gestellte  Arthropoden-Form 
Halometra  minor  Opp.  zu  den  Arachniden.  was  ich  hiermit  nach- 
zuweisen versuche. 

Im  Ganzen  lagen  mir  von  derselben  di-ei  Gegendrucke  und 
ein  Hautrelief-Abdruck  mit  Gegenplatte  vor.  welche  alle  die  Bauch- 
seite zeigen  und,  obwohl  sie  auf  den  ersten  Blick  bedeutende 
Unterschiede  in  der  Körperform  aufweisen,  doch  wohl  einer 
Gattung  angehören  dürften. 

Das  auch  von  Oppenheim  auf  seiner  taf.  31.  fig.  4  abgebildete, 
in  der  kgl.  paläontologischen  Staatssamralung  zu  München  befind- 
liche, als  No.  414  inventarisirte  Stück,  welches,  wie  die  übrigen 
vorliegenden  Stücke  aus  Eichstädt  stammt,  ist  in  Fig.  1,  Taf.  XXXI 
nach  dem  künstlichen  Hautrelief  in  natürlicher  Grösse,  in  Fig.  3 
nach  der  Originalplatte  2  mal  und  in  Fig.  2  nach  dem  Abguss 
etwas  stärker  vergrössert  dargestellt,  wobei  die  Beine  an  den 
beiden  letzten  Figuren  nicht  ausgezeichnet  wurden. 

Die  Körperlänge  beträgt  15  mm.  wovon  der  Cephalothorax 
9,  das  Abdomen  6  nmi  ausmacht;  die  grösste  Breite  des  letz- 
teren beträgt  4,5  mm.  Am  Ende  sitzt  noch  ein  6  nun  langer, 
gekrümmter  Schwanzfaden. 

Die  deutlich  erhaltenen  drei  Beinpaare  gehören  drei  auf 
einander  folgenden  Thoracalsegmenten  an  und  schliessen  das  an- 
hangslose Abdomen  nach  vorn  ab.  Letzteres  besteht  aus  zum 
Theil  undeutlichen.  ?5  bis  7  weichhäutigen  Ringen,  deren  letzter 
das  Afterstück  umgiebt,  das  ventral  den  längs  gerichteten  After 
trägt  und  dorsal  sich  in  den  undeutlich  geringelten  Schwanz- 
anhaug  fortsetzt.  Vor  dem  ersten  der  Beine  tragenden  liegen  noch 
drei  andere  Segmente,  an  deren  letztem  sich  deutlich  die  Inser- 
tionsstellen  eines  weiteren  Beinpaares  erkennen  lassen.  Vor  die- 
sem Ringe  liegt  ein  viel  kürzeres,  schmales  Segment,  das  an  der 
einen  Seite  deutliche  Reste  einer  fadenförmigen  Extremität  trägt, 
und  an  das  stumpf  dreieckige,  stark  nach  vorn  und  unten  vor- 
springende Kopfsegment  anstösst,  an  dem  sich  keine  fühlerartige 
Bildungen  erkennen  lassen,    das  aber  ein  Kieferpaar  trägt. 


^)  E.  Haase.  Bemerkungen  zur  Paläontologie  der  Insecten.  N. 
Jahrb.  f.  Min.  etc.,  189(J,  II,  p.  11. 

^)  P.  Oppenheim.  Die  Insectenfauna  des  lithographischen  Schie- 
fers in  Baiern.  Palaeontographica ,  XXXIV,  1887  —  1888,  p.  233, 
t.  XXXI,  f.  4. 


654 


So  haben  wir  eine  Arthropoden  -  Form  mit  hechs  Anhangs- 
paaren, deren  erstes  zu  Kiefern,  deren  drei  letzte  zu  Beinen  ent- 
wickelt sind. 

Zwischen  den  Hüften  liegt  in  jedem  Segment  eine  besondere 
viereckige,  flach  eingesenkte  Sternalplatte,  welche  sich  nach  vorn 
hin  verschmälert  und  vorn  keilartig  bis  zur  Kopfspitze  voi-ragt. 

Die  Beine  sind  durch  ihre  auffallende  Länge,  die  3  —  4  cm 
misst,  und  die  peitschenförmige  Verdünnung  des  Tarsus  eigenthüm- 
lich,  an  dessen  Ende  sich  nie  eine  Kralle  nachweisen  liess^). 

Das  erste  der  erhaltenen  Beinpaare  hat  kurze,  etwas  keulen- 
artig verdickte  Hüften,  an  die  sich  das  9  mm  lange  Femur  durch 
den  undeutlichen  Schenkelring  anschliesst.  Dann  folgt  ein  kur- 
zes, wie  die  Hüften  nur  2  mm  langes  Glied,  das  nach  hinten 
vorspringt,  um  sich  an  die  dem  Femur  ungefähr  parallel  laufende 
Tibia  mit  dem  Tarsaltheil,  die  zusammen  13  mm  lang  sind,  an- 
zuschliessen.  Diese  Knickung  des  Beines  erinnert  durchaus  an 
die  Beine  der  Phalangiiden  und  so  müssen  wir  das  Glied,  wel- 
ches erstere  bewirkt,  denn  auch  als  Patella  bezeichnen,  d.  h. 
als  ein  Beinglied,  welches  den  Insecten  stets  fehlt,  dagegen  bei 
den  meisten  Arachniden  entwickelt  ist. 

An  dem  mittelsten  der  erhaltenen  Beine  ^)  fällt  die  Patella 
schon  in  die  Richtung  der  Tibia  hinein  und  ist  somit  nur  un- 
deutlich zu  erkennen.  So  messen  wir  am  vorletzten  Beinpaar  bis 
zum  Femur  2,5,  bis  zur  Patella  15  mm,  bis  zum  Tarsus  9  und 
an  letzterem  noch  7  mm.  Am  letzten  Beinpaar  ist  Hüfte  mit 
Trochanter  2,5,  das  Femur  14,  die  Patella  2,  der  fadenförmig 
auslaufende  Tibio  -  Tarsaltheil   17  mm  lang. 

Das  zweite  genügend  erhaltene  Stück  gehört  unter  No.  413 
ebenfalls  der  Münchener  paläontol.  Sammlung  an.  Es  ist  bedeu- 
tend schlanker  und  am  Hinterleibe  stärker  zugespitzt  als  das 
vorher  besprochene,  dürfte  aber  doch  derselben  Gattung  und  viel- 
leicht derselben  Art  angehören.  Die  Abbildung  in  Fig.  5, 
Taf.  XXXI  zeigt  das  Thier  in  natürlicher  Grösse  nach  dem  künst- 
lichen Hautrelief- Abdruck,  und  in  Fig.  6,  Taf.  XXXI  den  Leib 
nach  demselben  in  zweifacher  Vergrösserung. 


^)  Bei  der  in  Solnhofen  häufigen  Macruren-Larve  Phyllosoma  pris- 
cum  MÜNST.  (vergl.  Zittel's  Paläozoologie,  II,  p.  681),  von  der  ich 
das  reiche  Material  des  Berliner  und  Münchener  Museums  durchsehen 
durfte,  ist  meist  eine  scharf  ausgeprägte  Endkralle  vorhanden. 

')  Ich  Avill,  um  späteren  Einwürfen  zu  begegnen,  hier  gleich  er- 
wähnen ,  dass  dies  mittlere  Bein  auf  der  linken  Körperseite  an  dem 
Original  zwar  anscheinend  spaltfüssig  ist,  jedoch  am  Hautreliefausguss 
eher  einfach  erscheint,  und  dass  man  an  scharfen  Stanniolabdrücken 
die  Unregelmässigkeit  und  Zufälligkeit  der  Vertiefung  erkennt. 


655 


Dieser  Abdruck  iässt  über  die  Arachnideiinatur  der  „HaJ. 
minor"-  anscheinend  keinen  Zweifel  aufkommen,  denn  er  zeigt  an 
jeder  Seite  ausser  den  drei  bei  dem  ersten  Stück  vorhandenen 
Beinpaaren  noch  die  Reste  eines  vorderen  vierten,  welches  dem 
sogen,   „ersten  Beinpaar"   der  Arachnidcn  entspricht. 

Vor  diesem  liegt  ein  schmaler  Ring,  an  dem  man  bei  ge- 
nauerer Untersuchung  an  Wachsabdrücken  etc.  die  Insertion  zweier 
feiner,  über  den  Kopf  nach  vorn  verlaufender  Taster  erkennen 
kann.  Auch  bei  diesem  Stück  sind  die  Cheliceren  undeutlich 
und  scheinen  hakenartig  nach  vorn  und  unten  vorzuspringen^). 
Das  sitzende  Abdomen  besteht  hier  aus  7  bis  ?  9  Segmenten,  deren 
letztes  in  einer  schwachen  Vorwölbung  den  After  und  hinten 
ebenfalls  den  Schwanzanhang  trägt. 

Die  Zahlenverliältnisse  der  einzelnen  Beinglieder  wiederholen 
ungefähr  das  bei  der  ersten  Art  angegebene  A^erhältniss.  nur  sind  die 
Beine  wie  das  Thier  selbst  etwas  länger.  Am  zweiten  Beinpaar 
beträgt  die  Länge  bis  zur  Patella  17  mm,  die  der  letzteren  2, 
die  des  distalen  Theils  13  nnn;  die  Länge  des  dritten  Beinpaares 
beträgt  im  Ganzen  ca.   42,   die  des  vierten  40  mm. 

Aehnliche  Längenzahlen  der  Beinglieder  treffen  wir  auch  an 
dem  in  Hautrelief  und  Gegenplatte  erlialtenen  Stück  des  Dres- 
dener mineralogischen  Museum  (Fig.  4.  Taf.  XXXI),  welches  an- 
scheinend auch  das  erste  Beinpaar  erhalten  zeigt.  Dies  Beinpaar  hat 
die  gleiche  Knickung  der  Patellargegend  aufzuweisen  wie  das  zweite 
und  unterscheidet  sich  eigentlich  nur  durch  die  grössere  Kürze 
(15  mm)  des  Feniur  und  des  Tibio-Tarsus.  Bei  diesem  Stücke 
ist  der  Schwanz  besonders  deutlich;  er  ist  wurstförmig,  gekrümmt, 
8  ram  lang  und  lässt  mindestens  ca.  9  undeutliche  Ringel  er- 
kennen. 

Somit  dürfen  wir  schon  wegen  des  Vorhandenseins  von  6 
Anhangspaaren,  deren  erstes  als  Kiefer,  deren  zweites  taster- 
ähnlich, deren  4  letzte  als  Locomotionsorgane  functioniren,  die 
fragliche  Arthropoden-Form,  für  welche  ich  den  Namen  Sternar- 
thron  vorschlage,   der  Klasse  der  Arachniden  beizählen. 

Ihre  Stellung  im  System  wird  besonders  bedingt  durch  die 
streng  durchgeführte  Segmentation  der  Sternalregion ,  welche  wir 
bei  keinem  Arachnid  so  ausgesprochen  wiederfinden,  durch  die 
Form  und  Stellung  der  Extremitäten  und  den  Besitz  des  Schwanz- 
fadens. 

Durch  die  Gliederung  der  Sternalpartie  in  auf  einander 
folgende,  je  ein  Beinpaar  tragende  Segmente  erinnert  Sternarthron 
an  Tartariden,  an  Solpugiden  und  am  meisten  an  die  Falpigraden, 


')  Wahrscheinlich  endigten  sie  scheerenförmig. 


656 


deren  Vertreterin  die  erst  1886  von  B.  Gkassi  in  Catania  ent- 
deckte Gattung  Koenenla  (von  2  mm  Länge)  ist. 

Die  zu  der  Ordnung  der  Pedipalpen  gehörige  Familie  der 
Tartaridcs  Cambr.  (Scliizonotidae  Thor.)  besteht  aus  2  Gat- 
tungen. Von  diesen  unterscheidet  sich  Schizonotus  Thor.  ^) 
(=r  Nyctulops  Cambr.  ^))  von  Sternarthron  durch  die  mächtig 
entwickelten  Hüften  der  Kiefertaster  und  die  unvollkommene  Aus- 
bildung der  Sternalpartie,  welche  nur  zwischen  den  Hüften  der 
beiden  ersten  Beinpaare  zu  einer  kräftigen,  vorn  schnabelförmig 
vorspringenden  Platte  entwickelt  ist.  durch  die  Form  der  kurzen 
Beine,  die  Verjüngung  der  letzten  Abdominalsegmente  und  den 
eigenthümlich  spateiförmigen  Schwanz.  Auch  von  der  vor  Kurzem 
von  Thorell  beschriebenen  recenten  Gattung  Tripeltis^)  aus 
Birma,  welche  entwickelte  Brustplatten  wie  Telyphomis  zwischen 
den  Hüften  des  2.  und  denen  des  4.  Laufbeinpaares  besitzt, 
unterscheidet  sich  Sternarthron  durch  die  noch  gleichmässigere 
Ausbildung  des  Sternum,  die  fadenförmigen  Kiefertaster  und  die 
eigenartige  Beinform. 

Von  den  Solpugiden  unterscheidet  sich  Sternarthron  schon 
durch  die  Ausbildung  der  (bei  ersteren  durch  die  verbreiterten 
Hüften  verdrängten)  Sternalplatten,  ferner  durch  die  freie  Gelen- 
kung der  Hüften  des  3.  Anhangspaares  (welche  bei  Solpiiga  mit 
denen  der  Kiefertaster  verwachsen  sind),  endlich  durch  die  Form 
der  Cheliceren,  die  Gestalt  der  Beine  und  den  Besitz  des  Schwanz- 
anhanges. 

Mehr  Aehnlichkeit  zeigt  Sternarthron  in  der  Gliederung  der 
Sternalpartie  mit  Koenenia  (vergl.  Fig.  7.  Taf.  XXXI).  Bei  dieser 
sitzen  die  letzteren  drei  Beinpaare  (L  bis  6.  Anhangspaar)  an 
eigenen  Bauchplatten  je  eines  Segments  auf,  wie  bei  Sternarthron, 
dagegen  treten  die  Hüften  des  2.  bis  3.  Anhangspaares  nahe  an 
einander  und  setzen  sich  an  eine  mehr  weichhäutige,  nicht  zu 
Platten  differenzirte  Sternalpartie,  die  nur  durch  eine  abgekürzte 
Querfurche  ihre  ingehörigkeit  zu  zwei  (bei  Sternarthron  noch 
deutlich  geschiedenen)  Bauchsegmenten  zeigt. 

Wenn  Sternarthron  auch   in  der  eigenthümlichen  Gliederung 


^)  T.  Thorell.  Scoipioni  e  Pedipalpi  Malesi.  Ann.  Mus.  Civico, 
Genova  1888,  p.  340  if. 

^)  0.  P.  Cambridge.  Oh  a  new  family  and  genus  etc.  of  Thely- 
phonidae.     Ann.  Mag.  Nat.  Eist.,  IV,  1872,  p.  410,  t.  XXIL 

^)  Th.  Thorell.  Aracnidi  Arthrogastri  Birmani.  Ann.  Mus.  Ci- 
vico Genova,  (2),  VII,  1889,  p.  521—729;  vergl.  t.  V,  f.  1—3. 

*)  B.  Grassi.  Intorno  ad  un  nuovo  Aracnide  arthrogastro  (Koe- 
nenia mirabilifi)  etc.  Bull.  Soc.  Eni.  Ital.,  Firenze  1886,  p.  1  —  20, 
vergl.  f.  27. 


657 


und  Ausbildung  der  Beine  sich  an  die  Opiliones  anschliesst,  von 
denen  es  sich  schon  durch  die  Entwicl<elung  und  Gliederung  der 
Sternalplatte  und  Ausbildung  des  Schwanzanhages  unterscheidet, 
erinnert  wieder  die  Form  und  Gliederung  des  Abdomen  an  Sol- 
pugn  und  Koenenia. 

Auch  den  Besitz  des  Schwanzanhanges  hat  Sternarthron  wie 
mit  den  Uropygen  mit  Koenenia  gemein,  und  die  eigenthümlich 
gekrümmte  Haltung  desselben  an  allen  Stücken  des  Fossils  lässt 
gleichfalls  annehmen,  dass  er  auf  den  Rücken  gebogen  getragen 
wurde,  wie  dies  nicht  nur  die  Scorpione  mit  ihrer  gefährlichen 
Giftwaffe,  sondern  auch  Thelj'phoniden  und  Koenenia  mit  ihrem 
harmlosen  Anhang  thun. 

Da  somit  unter  den  recenten  Arachniden  Koenenia  noch  am 
meisten  an  Sternarthron  erinnert,  empfiehlt  es  sich  heute,  wo  wir 
letzteres  nur  in  einzelnen,  nicht  vollständig  erhaltenen  Exemplaren 
kennen,  von  der  Aufstellung  einer  besonderen  Ordnung  noch  ab- 
zusehen und  Sternarthron  den  Palpigradi  Thor.  ^)  einzureihen, 
welche  Ordnung  Thorell  für  die  Koenenia  errichtet  hat. 

Die  vollkommen  durchgeführte  Sternalgliederung  und  die 
Feinheit  der  Kiefertaster  würden  die  Familie,  die  eigenartige 
Form  und  Gelenkung  der  Beine  die  Gattung  charakterisiren, 
welche  wohl  nur  eine  Art,  Sternarthron  Zittelii  n.^)  (Fig.  4  —  6, 
Taf.  XXXI),  enthält,  während  die  von  Oppekheim  abgebildete 
Form  (Fig.  1  —  3,  Taf.  XXXI)  als  var.  minus  Opp.  bezeichnet 
werden  kann. 


*)  T.  Thorell.  Pedipalpi  e  Scorpioni  Arch.  Malese,  Mus.  Cirico 
Genova  1888,  p.  358. 

^)  Ich  erlaube  mir,  diese  Form  nach  Herrn  Geh.  Rath  Prof.  von 
ZiTTEL  zu  benennen,  dessen  Güte  ich  die  leihweise  Ueberlassung  des 
interessanten  Materiales  verdanke. 


658 


2.   Beiträge  zur  Keiiiitiiiss  der  Flora  des 
Aachener  Sandes. 

Von  Herrn  Theodor  Lange  in  Leipzig. 
Hierzu  Tafel  XXXII  bis  XXXIV. 

Das  Material  zu  vorliegender  Arbeit  wurde  von  Herrn  Dr. 
med.  Debey  in  Aachen  gesammelt  und  Herrn  Geh.  Hofrath  Prof. 
Schenk  in  Leipzig  zugestellt. 

Die  Pflanzenreste  wurden  den  plastischen  Thonen,  Sandstei- 
nen und  Sauden  des  unteren  Senons  von  Aachen  entnommen, 
einer  Schichtengruppe,  die  von  Debey  mit  dem  Namen  „Aachener 
Sand"  belegt  wurde').  Gemäss  den  verschiedenen  Vorkommen 
ist  der  Erhaltungszustand  der  Fossilien  ein  sehr  verschiedener. 
Aus  den  Sandsteinen  und  Thonen  liegen  nur  Abdrücke  vor.  Die 
Reste  der  Sande  sind  theilweise  verkieselt  oder  in  Brauneisen- 
stein umgewandelt;  ihre  äussere  P'orm  ist  vollständig  erhalten. 
Mikroskopische  Untersuchung  gestattete  nur  ein  vorzüglich  erhal- 
tenes Laubholz  und  einige  wenige  Zweige  von  Coniferen. 

Historischer  Rückblick. 

Eine  vollständige  Zusammenstellung  der  geologischen  und 
paläontologischen  Literatur  der  Kreide  von  Aachen  findet  sich 
in  der  oben  citirten  Arbeit  Böhm's.  Ich  kann  mich  daher  hier 
auf  die  Anführung  der  paläophytologischen  Literatur  beschränken. 

Die  ersten  Beschreibungen  der  Aachener  Reste,  die  wissen- 
schaftliche Bedeutung  haben,  finden  sich  in  Schlotheim's  Petre- 
factenkunde,  1820 — ^1823.  Derselbe  erwähnt  Hölzer,  Coniferen- 
zapfen  und  Fi-üchte  von  Dikotyledonen.  Im  Jahre  1841  beschrieb 
GöppERT  „Fossile  Pflanzenreste  des  Eisensandes  von  Aachen" 
(Nova  acta  Leopold.,  Vol.  XIX,  p.  II).  Ausser  einer  Anzahl  von 
Früchten  wird  in  dieser  Arbeit   eine  Conifere,    Pinites  aquisgra- 


^)  Debey.  Entwurf  zu  einer  geognostisch-geogenetischen  Darstel- 
lung der  Gegend  von  Aachen,  1849.  —  J.  Böhm.  Der  Grünsand  von 
Aachen,  Bonn  1885.  —  Holzapfel.  Zwei  Aufsätze  in  dieser  Zeit- 
schrift, 1884  und  1885. 


659 


nensis,  bebandelt,  die,  wie  icb  unten  zeigen  werde,  mit  Sequoia 
üeichenhachi  Gein.  sp.  identisch  ist.  1848  wurden  von  Debey 
zwei  Aufsätze  in  den  „Verbandlungen  des  naturbistoriscben  Ver- 
eins der  preuss.  Rbeinlande"  veröffentlicbt:  „üebersicbt  der  ur- 
weltlicben  Pflanzenreste  des  Kreidegebirges  überbaupt  und  der 
Aachener  Kreidescbicbten  im  Besonderen"  und  „lieber  eine  neue 
Gattung  vorweltlicber  Coniferen  aus  dem  Eisensande  der  Aachener 
Kreide".  Darin  wird  die  von  Göppert  als  Pinites  beschriebene 
Conifere  mit  dem  Gattungsnamen  Cycadopsis  belegt  und  zu  den 
Cupressineen  gestellt;  es  werden  sechs  Species  aufgestellt.  Von 
demselben  Verfasser  erschien  1849  ein  „Entwurf  zu  einer  geo- 
gnostisch  -  geogenetischen  Darstellung  der  Gegend  von  Aachen", 
in  dem  eine  grosse  Anzahl  Pflanzenreste  ohne  Diagnose  aufge- 
zählt und  die  Zahl  der  vorhandenen  Species  auf  70  ange- 
geben werden.  Gleichzeitig  mit  Debey's  Entwurf  erschien  im 
„Amtlichen  Bericht  der  25.  Versammlung  deutscher  Naturforscher 
und  Aerzte  in  Aachen"  ein  Aufsatz  von  A.  Pomel:  „Materiaux 
pour  servir  ä  la  flore  fossile  des  terrains  jurassiques  de  la  France", 
worin  dieser  eine  Najadee,  die  er  in  einer  Aachener  Sammlung  sah, 
als  Caulinia  Müllen  beschreibt.  Ferner  brachte  v.  Etting.shausen 
eine  „Mittheilung  über  fossile  Proteaceen"  in  den  „Sitzungsbe- 
richten der  math.-nat.  Classe  der  kaiserl.  Akademie,  Wien  1852." 
Hier  erwähnt  er  unter  Andern,  dass  er  in  der  Sammlung  Debey's 
eine  Anzahl  Proteaceen  sah,  die  dieser  zu  Grevülea,  BanJcsia 
und  JJri/andrn  stellte  und  deren  Epidermis- Structur  mit  der  der 
lebenden  Glieder  übereinstimme.  1856  gaben  Debey  und  von 
Ettingshausen  eine  „Uebersicht  der  gesammten  Aachener  und 
Maestrichter  Kreideflora"  in  den  „Verhandlungen  der  32.  Ver- 
sammlung der  deutschen  Naturforscher  und  Aerzte  in  Wien" 
heraus.  Im  Jahre  1859  endlich  wurde  mit  der  schon  längst  an- 
gekündigten Veröffentlichung  der  Diagnosen  der  Gattungen  und 
Arten  (es  sollen  ca.  300  vorliegen)  der  Anfang  gemacht:  „Die 
urweltlichen  Thallophyten  des  Kreidegebirges  von  Aachen  und 
Maestricht  von  Dr.  Debey  und  Dr.  C.  Ritter  v.  Ettingshausen. 
Denkschriften  der  kaiserl.  Akad.  der  Wiss.,  Wien,  XVI.  Band." 
In  der  Einleitung,  p.  138,  wird  erwähnt,  dass  die  Gattung  Ci/ca- 
dopsis  nicht  zu  den  Cupressineen  gehöre,  sondern  mit  den  Se- 
quoien nahe  verwandt  sei.  Die  früher  aufgestellten  Species  wer- 
den auf  zwei  reducirt.  Es  folgten  bald:  „Die  urweltlichen  Acro- 
bryen  der  Kreidegeb.  etc.  (Denkschriften,  XVII)".  Darin  werden 
43  Species  beschrieben,  unter  diesen  Moriconia  cydotoxon,  die 
von  Saporta  später  zu  den  Coniferen  gestellt  wurde,  und  damit 
hatte  die  Veröffentlichung  über  diesen  Gegenstand  vorläufig  ihr 
Ende  erreicht.     Erst   nach   1880   gab  Debey  wieder  eine  Arbeit 


660 

heraus:  „Sur  les  feuilles  querciformes  des  sables  d'Aix-la-Cha- 
pelle",  in  der  er  14  Species  der  Gattung  Bryopkyllum  beschreibt 
und  abbildet.  Seitdem  scheint  die  weitere  Bearbeitung  nicht 
wieder  aufgenommen  worden  zu  sein. 

S APORTA  und  Marion  beschreiben  in  ihrem  „Essai  sur  l'etat 
de  la  Vegetation  ä  l'epoque  des  marnes  heersiennes  de  Gelinden. 
Bruxelles  1873"  mehrere  Kreidepflanzen  von  Aachen,  nachdem 
ihnen  Debey  das  Manuscript  seiner  Arbeit  zur  Verfügung  ge- 
stellt hatte.  Ausser  Dryophyllum  crefaceiim  Deb.  wird  noch 
Detvalquea  aquisgranensis  Sap.  et  Marion  beschrieben  und  abge- 
bildet. Diese  ist  von  Debey  als  G-revillea  palmata  Deb.  be- 
schrieben und  zu  den  Proteaceen  gestellt  worden,  während  die 
gleiche  Gattung  aus  der  Kreide  von  Haldem  in  Debey' s  Manu- 
script als  Araliophyllum  bezeichnet  wird.  Saporta  und  Marion 
vereinigen  Beide  unter  dem  Namen  Beivalquea  und  stellen  sie  zu 
den  Helleboreen. 

Die  letzte  Notiz  über  hierher  gehörige  Reste  findet  sich  in 
Schenk's  Handbuch  der  Palaeophytologie .  wo  sich  auf  p.  282, 
f.  195  die  Abbildung  eines  Aachener  Exemplares  des  Ctmning- 
hamites  squamosus  Heer  findet. 

Coniferae. 

Sequoia  Endl.  Reichenhaclii  Getn.   sp. 

Taf.  XXXH.  Fig.  1  —  8. 

Geinitz,  Eibthalgebirge,  p.  306,  t.  67,  f.  6. 
Heer,  Flora  fossilis  arctica,  III,  VI,  VII. 

„       Flora  von  Moletein,  p.  7,  t.  I,  f.  1—9.    Daselbst  auch  ältere 

Literatur  und  Synonyma. 
„       Kreidefiora  von  (Quedlinburg,  p.  9,  t.  I,  f.  11. 
HosiüS  und  V.  d.  Mark,  Jlora  der  westfäl.  Kreideformation,  t.  67,  f.  6. 
Synonyma:  Pinites  aquisgranensis  Göpp.  ex  p.    Flora  d.  Eisenrandes 
von  Aachen. 

Cycadopsis  Debey  ex  p.     Ueber  eine  neue  Gatt.  etc. 

Die  Zweige  und  Zapfen  liegen  im  verkieselten  Zustande  in 
den  Sandsteinknollen  oder  in  ein  Eisenoxyd  verwandelt  in  den 
Sauden  des  Aachener  Waldes  und  haben  daher  ihre  natürliche 
Gestalt  behalten.  Die  abstehenden,  sichelförmig  gekrümmten,  ein- 
nervigen, an  der  Unterseite  scharf  gekielten,  zugespitzten  Blätter 
haben  eine  Länge  bis  12  und  eine  Breite  bis  2,5  mm.  Sie  sind 
spiralig  angeordnet  und  sitzen  an  älteren  Zweigen  mit  breiter, 
rhombischer  Basis  fest.  Die  Blätter  junger  Zweige  haben  eine 
elliptische  herablaufende  Basis.  Während  die  Blätter  jüngerer 
Zweige  ziemlich  dünn  sind  und  die  oben  angegebene  Grösse  er- 
reichen, sind  die  Blätter  älterer  Zweige  dick,  an  der  Basis  rhom- 


661 


bisch,  im  weiteren  Verlaufe  dreieckig  und  vei'hältnissmässig  kurz 
(bis  8  mm). 

"Von  Zapfen  liegt  mir  nur  ein  Bruchstück  vor.  An  der  re- 
lativ dicken  Spindel  sitzen  4  mm  breite,  2  mm  dicke,  rhombische, 
gestielte  Zapfenschuppen.  Aus  der  Mitte  des  Schildes  ragt  ein 
kleines  dreiseitiges  Spitzchen  hervor,  die  Spitze  des  Fruclitblattes 
darstellend.  Die  Zapfenschuppen  stehen  horizontal  ab  und  von 
einander  entfernt;  die  Zapfen  waren  also  geöffnet  und  die  Schup- 
pen schon  vertrocknet.  Diese  liegen  daher  nicht  mehr  in  ihrer 
ursprünglichen  Gestalt  vor.  Die  Zapfen  erinnern  bezüglich  der 
Grösse  und  der  Gestalt  der  Schuppen  an  solche  von  Sequoia 
sempervirens,  weniger  au  die  von  Sequoia  gigantea.  Dagegen  ist 
der  Habitus  der  Blätter  und  Zweige  ganz  der  von  S.  gigantea. 
Aus  dem  Holz  der  Zweige  gelang  es  mir,  einige  Schliffe  herzu- 
stellen, während  dies  von  den  Blättern  niclit  möglich  war.  Die 
Zweige  zeigen  ein  grosszelliges  Mark  und  spiralig  verdickte  Erst- 
lingstracheiden. Die  Hoftüpfel  der  Radialwände  der  Tracheiden 
sind  rundlich  und  berühren  einander  nicht.  Die  Markstrahlen 
sind  einreihig,  meist  ein  oder  zwei,  selten  drei  bis  vier  Zellen 
hoch.  Harzgänge  konnte  ich  nicht  finden.  Der  Erhaltungsznstand 
der  Rinde  machte  ihre  Untersuchung  unmöglich.  Die  lebenden 
Sequoien  zeigen  ebenfalls  einreihige  Markstrahlen,  auch  fehlen 
ihnen  die  Harzkanäle.  An  dünnen  Zweigen  von  S.  seniperviretis 
waren  die  Markstrahlen  wie  bei  der  vorliegenden  Sequoia  ein  bis 
zwei,  selten  drei  bis  vier  Zellen  hoch,  bei  S.  gigantea  dagegen 
viel  höher  (6  —  8). 

Ein  grösseres,  von  Bohrwürmern  angebohrtes  Stück  Coni- 
ferenholz  war  nur  ungenügend  erhalten. 

In  der  schon  oben  citirten  Arbeit  über  die  Flora  des  Eisen- 
sandes zählt  GöppERT  zu  Pinites  aquisgranensis  einen  mehrjäh- 
rigen verzweigten  Ast  (fig.  1 .  2 ,  3 ,  4 .  5)  mit  schön  erhaltener 
Structur,  mehrere  Zweigstücke  (Fig.  10,  12.  14)  und  zwei  Zapfen 
(fig.  16,  17),  Der  in  Brauneisenstein  verwandelte  beblätterte 
Zweig  entspricht  ganz  den  mir  vorliegenden,  in  demselben  Ma- 
terial versteinerten  Exemplaren.  Dieser  und  die  Zapfen  gehören 
zu  Sequoia. 

Die  Zugehörigkeit  des  verzweigten  Astes  dagegen  scheint 
mir  fraglich,  da  die  Markstrahlen  desselben  nach  der  Abbil- 
dung Göppert's  meist  6  Zellen,  bei  den  von  mir  untersuchten 
Zweigen  meist  nur  1  —  2 ,  nie  über  4  Zellen  hoch  sind.  Auch 
erinnern  die  dem  Ast  ansitzenden  Blattbasen  mehr  an  Cunning- 
hamites  als  an  Sequoia.  Debey,  der  das  von  Göppert  abge- 
bildete Exemplar  in  der  Schlothetm' sehen  Sammlung  in  Berlin 
sah,  glaubt  nicht,    dass  es  aus  der  Gegend  von  Aachen  stamme. 

Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  4.  44 


662 

Das  kleinere  von  Göppert  abgebildete  Aststück  zeigt  spiralig 
stehende  rhombische  Basen;  es  gehört  sicher  zu  Cunninghamites 
und  wird  auch  von  Göppert  mit  Belis  jamlifolia  Salisb.  (^  Cuvtr 
ninghamia  sinensis)  verglichen.  Uebrigens  lässt  es  Göppert  selbst 
unentschieden,  ob  die  Früchte  und  beblätterten  Zweige  zu  seiner 
Gattung  Pinifes  gehören. 

Debey  stellt  in  seiner  Arbeit  „lieber  eine  neue  Gattung 
urweltlicher  Coiiiferen  etc."  die  Gattung  Cycadopsis  (Cupressi- 
neae)  auf  und  vereinigt  mit  dieser  Pinites  Göpp.  Er  fand  Zapfen 
mit  beblätterten  Zweigen  vereinigt,  die  beide  nach  der  Beschrei- 
bung mit  den  mir  vorliegenden  Exemplaren  übereinstimmen,  sodass 
kein  Zweifel,  dass  Beide  zusammengehören,  bestehen  kann.  Die 
Zapfen  Debey's  enthielten  theilweise  noch  Samen,  p.  133:  „Die 
Samen  sitzen  nämlich  an  den  Seiten  des  keilförmigen  Schuppen- 
stiels und  zwar  nicht  bloss  an  den  unteren,  sondern  auch  an  den 
oberen;  es  scheint  jedoch,  dass  sie  an  letzteren  häufiger  fehl- 
schlagen, als  an  ersteren.  An  den  meisten  Stellen  erkennt  man 
deutlich  zwei  Reihen  übereinander  stehender  Samen;  nach  dem 
Aussehen  anderer  Stellen  zu  urtheilen,  dürfte  indess  nur  eine 
Reihe  vorhanden  gewesen  sein.  Die  obere  Reihe  reicht  bis  an 
den  oberen  Rand  des  Schildes.  Jede  Reihe  enthält  drei  bis  vier 
Samen,  die  einander  dachziegelförmig  decken,  sodass  der  eine 
Rand  des  Samens  frei,  der  andere  aber  unter  dem  des  folgenden 
Samens  liegt,  oder  wenn  es  der  letzte  in  der  Reihe  ist,  in  der 
Tiefe  sich  birgt.  Die  Samen  der  oberen  Reihe  endlich  greifen 
in  die  Lücken  zwischen  je  zwei  Samen  der  unteren  Reihe  ein. 
Die  Samen  sind  ^l^'"  —  1 '"  lang  und  Y2'"  breit,  länglich  ei- 
förmig, an  den  Rändern  in  eine  zuweilen  etwas  wellige,  sehr 
schmale  Flughaut  umgebogen,  in  der  Mitte  auf  beiden  Flächen 
erhaben  und  stellen  demnach  im  Querdurchschnitt  einen  sehr  ver- 
schobenen Rhombus  dar.  Innerhalb  der  durch  die  dicke,  im  ur- 
sprünglichen Zustande  wahrscheinlich  holzige  oder  beinartige  Sa- 
menhülle gebildeten  rhomboedrisch- prismatischen  Kapsel  liegt  der 
etwa  Y2'"  lange  Samenkern  in  der  bei  den  Coniferen  gewöhn- 
lichen umgekehrten  Lage,  sodass  das  breite  Ende  nach  unten, 
das  spitze  nach  oben  sieht." 

Die  Angabe  bezüglich  der  Stellung  der  Samen  scheint  mir 
auf  falscher  Beobachtung  zu  beruhen;  wenigstens  zeigen  alle  von 
mir  untersuchten  lebenden  Coniferen  nur  auf  der  Oberseite  der 
Zapfenschuppen  Samen.  Im  Uebrigen  zeigt  die  Beschreibung, 
dass  hier  eine  Sequoia  vorliegt.  Sodann  fand  Debey  Reste,  die 
er,  freilich  mit  einiger  Reserve,  als  männliche  Kätzchen  beschreibt, 
pag.  135:  „Sie  bestehen  aus  einer  dünnen,  oben  und  unten  gleich 
dicken  Axe,    um  welche    die    in    sechsseitige  Schilde  endigenden 


663 


kurzen,  horizontal  abstehenden  Schuppen  in  Spiralstellung  ge- 
ordnet sind.  Die  Schilde  haben  in  ihrer  Mitte  bei  einigen  eine 
Vertiefung,  bei  anderen  eine  kleine  Erhabenheit  und  ein  Stück 
aus  dem  Letten  zeigt  Andeutungen  einer  sehr  regelmässigen  Zeich- 
nung. Die  Grösse  wechselt  sehr  (Länge  4'"  —  2Y2";  durch- 
schnittliche Breite  7*")-"  Derartige  Zapfen  bildet  Schlotheim 
als  Carpolithes  liemlocinus  ab.  Auch  mir  liegt  ein  derartiger, 
in  Eisenoxyd  versteinerter  Zapfen  aus  den  Sanden  des  Aachener 
Waldes  vor.  Er  ist  53  mm  lang,  in  der  Mitte  15  mm  breit, 
gegen  die  Enden  hin  zugespitzt.  Die  spiralig  angeordneten 
Schuppen  sind  keilförmig  und  zeigen  ein  sechsseitiges  Schild,  in 
dessen  Mitte  man  eine  schwache  Vertiefung  wahrnehmen  kann. 
Dass  diese  Gebilde  männliche  Kätzchen  seien,  möchte  ich  ent- 
schieden bezweifeln,  da  von  den  männlichen  Kätzchen  lebender 
Coniferen  sich  nicht  ein  einziges  mit  dem  Aachener  Rest  ver- 
gleichen lässt.  Wenn  Debey  dieselben  mit  den  männlichen  Blü- 
thenständen  der  Cupressineen  vergleicht  und  dann  sagt:  „Die 
grosse  Kleinheit  und  Zartheit,  sowie  die  Anheftung  der  Stiele 
unter  der  Mitte  der  Schuppen  ist  den  lebenden  Formen,  der 
breite  kegelförmige  Stiel,  der  fast  die  ganze  hintere  Seite  der 
Schilde  einnimmt,  und  die  auffallende  Grösse  des  Ganzen  aber 
den  fossilen  eigenthümlich",  so  muss  ich  bemerken,  dass  er  damit 
gerade  das  Gegentheil  von  dem  beweist,  was  er  beweisen  will. 
Wenn  der  fossile  Rest  nach  seiner  Charakterisirung  in  so  vielen 
wesentlichen  Punkten  von  den  männlichen  Kätzchen  der  lebenden 
Cupressinen  abweicht,  so  dürfen  wir  ihn  doch  keinesfalls  für  ein 
derartiges  männliches  Kätzchen  erklären. 

Wir  haben  es  hier  jedenfalls  mit  einem  Fruchtzapfen  zu 
thun.  Ob  er  zu  Sequota  Eeichenhachi  gehört,  wage  ich  nicht 
zu  entscheiden.  Heer  bildet  einen  Zapfen  ab  (Flor.  foss.  arct., 
VII,  p.  16,  t.  LI.  f.  126),  den  er  Sequoia  macrolepis  nennt  und 
der  dem  vorliegenden  sehr  ähnlich  ist.  Heer  zweifelt  aber  selbst 
noch,   ob  dieser  einer  Sequoia   angehört. 

Von  den  von  Debey  beschriebenen  beblätterten  Zweigen  gehö- 
ren zu  Sequoia  Reichenhachi:  Cycadopsis  aquisgranensis,  C.  armi- 
carina,  C.  Foersten,  C.  thujoides.  Gegen  dieAnnahme,  dass  hier 
Cupressineen  vorliegen,  spricht  entschiegen  die  spieralige  Stellung 
der  Blätter  und  Zapfenschuppen.  Bei  Cupressineen  sind  dieselben 
gegen-  oder  quirlständig,  in  wenigen  Fällen  zerstreut. 

Fundort:     Fig.   5,  6:   Sandbrube  am  Salvatorberg, 
Fig.   1  —  3,  8:   Sandgrube  bei  Altenberg, 
Fig.   4,  7:  Lose  Sande  des  Aachener  Waldes. 


44' 


664 

Cunninghamites  Sternb.  squamosus  Heer. 

Taf.  XXXm,   Fig.  1—3. 

Heer:    Kreideflora  von  Quedlinburg,  p.  9,  t.  I,  f.  .5 — 7. 

Hosius  und  V.  D.  Mark:    Flora  der  westf.  Kreideform.,  p.  17  u.  18, 

t.  XXV,  f.  2Ü,  21;  t.  XXXVII,  f.  137,  138. 
(Wird  von  Heer:    Flora  foss.  arct.,  VH,  p.  17  zu  C.  degans  Cord. 

sp.  gezogen). 
ZiTTEL- Schenk:    Handbuch  der  Paläontologie,  II,  p.  282,  f.  195. 
Synonyma:    Pinites  aquisgranemis  Göpp.  ex  p.,  Cycadopsis  Monheimi 

Deb.,  C.  Bitsi  Deb. 

Von  dieser  Conifere  liegen  mir  zahlreiche  sterile  Zweige  aus 
den  Thonen  des  Aachener  Sandes  vor.  Ich  bilde  jedoch  nur  we- 
nige davon  ab,  da  schon  ein  solcher  aus  denselben  Schichten  in 
Schenk's  Handbuch  fig.    19.5   abgebildet  ist. 

Die  spiralig  stehenden  Blätter  sind  lanzettlich,  zugespitzt 
und  von  einem  Mittelnerven  durchzogen.  x\n  einzelnen  Blättern 
sieht  man  längs  des  Randes  noch  einen  feinen  Nerven  verlaufen. 
Sie  werden  15^ — 22  mm  lang;  die  Breite  beträgt  in  der  Blatt- 
mitte 2  —  3  mm.  Die  Blätter  stehen  auf  rundlich  abgestumpften 
Blattkissen,  die  an  älteren  Zweigen  durch  das  Dickenwachsthum 
ihre  Form  etwas  ändern.  Ein  Gypsabguss  eines  hierher  gehö- 
rigen mehrjährigen  Astes  von  Aachen  zeigt  oben  grosse,  rund- 
liche Blattkissen,  nach  unten  zu  werden  dieselben  immer  kleiner 
und  nehmen  dabei  breit  rhombische  Gestalt  an. 

Die  von  Debey  (p.  141)  als  Cycadopsis  Monheimi  beschrie- 
benen beblätterten  Zweige  und  das  mit  Blattnarben  besetzte  Ast- 
stück Cycadopsis  Biizi  Deb.  sind  mit  Cunninghamites  sqamosus 
Heer  zu  vereinigen.  Ferner  gehört  hierher  das  von  Göppert 
(Flora  des  Eisensandes  etc.)  fig.  12  abgebildete  Aststück  und 
vielleicht  der  verzweigte  verkieselte  Ast  fig.  1.  Cunninghamites 
wird  mit  der  lebenden  Cunninghamia  sinensis  verglichen,  und 
in  der  That  unterscheidet  sich  die  letztere  hauptsächlich  nur  durch 
den  fein  gesägten  Blattrand  von  C.  squamosus.  Wenn  Schenk 
(Handbuch,  p.  283)  sagt:  „Bei  allen  mit  Cunninghamia  ver- 
glichenen fossilen  Zweigfragmenten  vermisse  ich  den  für  die  Blätter 
von  Cunninghamia  charakteristischen  Bau:  die  beiden  an  den 
Blatträndern  deutlich  hervortretenden  Längsleisten,  bedingt  durch 
Sklerenchymfaserstränge  unter  der  Epidermis.  Sie  müssten.  wä- 
ren sie  vorhanden  gewesen,  sich  ebenso  erhalten  haben,  wie  die 
Spuren  der  Leitbündel",  so  sind  diese  Zweifel  an  der  richtigen 
Bestimmung  in  den  meisten  Fällen  begründet.  An  den  Aachener 
Blättern  aber  kann  man  vielfach  die  zarten  Längsleisten  noch 
wahrnehmen.  Das  im  Modell  vorliegende  Aststück  muss  ich 
seiner    Blattnarben    wegen    zu    Cunninghamites    stellen,    obgleich 


665 


bei  gleich  dicken  Zweigen  der  CunninyltanUa  die  Blattkissen  schon 
längst  mit  der  Borke  abgestossen  sind. 
Fundort:    Fig.   2:   Aachener  Sand, 

Fig.   1,  3:   Spitalgarten  (Wingertsberg). 

Moriconia  cyclotoxon  Debey  et  Ettinghausen. 
Taf.  XXXIII.  Fig.  4. 

Debey  und  Ettingshausen :    Die  urweltlichen  Acrobryen  etc.,  p.  59. 

Hp^er:    Flora  foss.  arct.,  t.  III,  VI,  VII. 

Sapokta:    Prodrome    d'une   flore  fossile    des    travertins  anciens  de 

Sesanne.     Meraoires    de   la   societe    geol.    de  France,    ser.  II, 

vol.  8,  p.  301. 
Schenk:    Handbuch  etc.,  p.  318. 

Das  Zweigstück  zeigt  die  gedrängt  stehenden,  gegenständigen, 
bilateralen  Seitenästc.  Bei  oberflächlicher  Betrachtung  glaubt  man 
einen  Farnen  vor  sich  zu  haben,  mit  der  Lupe  jedoch  erkennt 
man  deutlich  die  vierzeilige  Anordnung  der  den  Zweigen  ange- 
drückten Blätter. 

Debey  und  Ettingshausen  beschrieben  die  Pflanze  zuerst 
unter  obigem  Namen  als  Farnen.  Saporta  stellte  fest,  dass  hier 
Coniferenreste  vorliegen.  Schenk  vergleicht  sie  mit  Lihocedens, 
mit  der  sie  grosse  Aehnlichkeit  haben.  Auf  jeden  Fall  liegt  eine 
Cupressinee  vor,  wie  die  vierzeilig  geordneten,  abwechselnd  glatten 
und  gekielten  Blätter  zeigen. 

Fundort:   Thurmstrasse  in  Aachen. 

Dicotyledoneae. 

Dryophyllum  cretaceum  Debey. 
Taf.  XXXm,  Fig.  5  —  8. 

Debey:    Sur  les  feuilles  quergiformes  des  sables  d'Aix-la-Chapelle. 
Saporta  et  Marion:    Essai  sur  Tetat  de  la  Vegetation  ä  l'epoque 
des  mames  Heersiennes  de  Gelinden,  p.  36,  39,  t.  V,  f.  4,  6. 

Fig.  7. 
Aus  dem  starken  Mittelnerv  entspringen  unter  Winkeln  von 
45"  —  50*^'  alternirend  Secundärnerven,  die  im  Bogen  dem  Rande 
zulaufen.  Die  Endigungen  der  Secundärnerven  sind  nur  stellen- 
weise deutlich  sichtbar.  Hier  gabeln  sich  die  Nerven  vor  dem 
Blattrande;  der  eine  Zweig  endet  im  Zahn,  während  der  andere 
Schlingen  zu  bilden  scheint.  Die  Tertiärnerven  sind  verbindend. 
Das  Blatt  zeigt  eine  lange  keilförmige  Basis,  ist  unten  ganzrandig 
und  erst  weiter  oben  buchtig  gezähnt.  Unter  den  bisher  beschrie- 
benen Kreidepflanzen  kenne  ich  keine,  mit  der  dieser  Blattrest 
gut  übereinstimmte.       Am   meisten    erinnert    er    an  Dryophyllum 


666 


cretaceum  Deb.  ,  aber  weniger  an  die  von  Debby  abgebildeten 
Exemplare,  als  an  eines  von  denen,  die  Saporta  und  Marion 
abbilden  (Essai,  t.  V,  f.  4).  Auch  das  tertäre  Bryophyllmn  Be- 
■walquei  Sap.  et  Mar.  steht  ihm  nahe  (Revision  de  la  flore  Heer- 
sienne  de  Gelinden,  t.  VIII,  f.  2);  fast  könnte  man  beide  iden- 
tificiren,  wenn  der  geologische  Horizont  beider  nicht  ein  verschie- 
dener wäre. 

Fig.   5. 

Der  starke  Mittelnerv  hat  einen  geraden  Verlauf  und  verjüngt 
sich  nach  der  Blattspitze  zu.  Die  bedeutend  schwächeren  Se- 
cundärnerven  entspringen  unter  Winkeln  von  50  "^  und  laufen  im 
Bogen  dem  Rande  zu.  Vor  diesem  gabeln  sie  sich,  wobei  der 
eine  Ast  in  der  Spitze  des  Zahnes  endet,  der  obere  aber  den 
Rand  begleitend.  Schlingen  bildet.  Die  einfachen  oder  gegabelten 
Tertiärnerven  entspringen  zumeist  unter  Winkeln  von  ca.  90", 
aussen  unter  spitzeren,  innen  unter  stumpferen  Winkeln  und  sind 
verbindend.  Der  Rand  ist  buchtig  gezähnt.  Der  Blattrest  ist 
jedenfalls  zu  D.  cretaceum  zu  stellen;  namentlich  entsprechen  ihm 
die  Figuren  4  und  5  Debey's  sehr  gut. 

Fig.   8. 

Mit  dem  Original  des  vorigen  Blattes  zusammen  liegt  auf 
einer  Platte  ein  zweiter  hierher  gehöriger  Blattrest,  der  mehr  den 
Figuren  2  und  3  Debey's  entspricht.  Die  Secundärnerven  ent- 
springen unter  Winkeln  von  hO^ — 70"^.  Der  Blattrand  ist  nur 
an  wenigen  Stellen  erhalten. 

Fig.   6. 

Der  Ursprungswinkel  der  bogenlaufigen  Secundärnerven,  ihr 
Verhalten  am  Blattrande  und  der  buchtig  gezähnte  Rand  selbst 
lassen  erkennen,  dass  auch  dieses  Exemplar  zu  Bryophyllum  cre- 
taceum zu  zählen  ist. 

Fundorte:    Fig.  5,  7,  8:    am  Wege  nach  Gemmenich. 
Fig.  6:  Altenberg. 

Myricophylhim  Sap.  lialdemianum  Hos.  et  v.  d.  Mark. 
Taf.  XXXIV,  Fig.  3. 

Saporta:    Annales  de  sc.  nat.,  4,  XVII,  p.  255;  XIX,  p.  66. 
Hosius  und  v.  D.  Mark:    Flora  d.  westf.  etc.,  p.  44,  t.  31,  f.  91  bis 
100;  t.  82,  f.  101  —  104. 

Das  länglich-lanzettförmige  Blatt  zeigt  einen  kräftigen,  nach 
der  Spitze  zu  verschmälerten  Mittelnerv.  Von  weiterer  Nervatur 
ist  nichts  zu  sehen.  Die  Basis  ist  keilförmig,  der  Rand  buchtig 
gezähnt. 


667 


Dieser  Rest  ist  unzweifelhaft  mit  jenen  Blättern  zu  verei- 
nigen, die  Hosius  und  v.  d.  Mark  als  Dryandroides  haldemiana 
beschrieben  haben.  Hosius  und  v.  d.  Mark  stellen  diese  Gattung 
mit  ÜNGER  zu  den  Proteaceen,  lassen  aber  die  Möglichkeit  zu, 
dass  hier  eine  Myricacee  vorliegt.  Sichere  Beweise  dafür,  dass 
die  zahlreichen  fossilen  Gattungen  und  Species,  die  verschiedene 
Autoren  zu  den  Proteaceen  stellen,  wirklich  solche  sind  und  nicht 
den  Myricaceen  und  anderen  Familien  angehören,  liegen  nicht 
vor;  vielmehr  ist  es  wahrscheinlich,  dass  die  meisten  den  Myri- 
caceen zuzurechnen  sind,  wie  Schenk  in  seinem  Handbuch  der 
Palaeophytologie  (vergl.  Myricaceen,  p.  452  —  458,  Proteaceen, 
p.  650 — 665)  des  weiteren  auseinander  gesetzt  hat.  Neuerdings 
beschreibt  Velenovsky  (Kvetena  Ceskeho  Cenomanu,  Praze  1889) 
ein  Fossil  aus  dem  böhmischen  Cenoman,  dem  er  den  Namen 
Proteopsis  Proserpinae  beilegt.  Er  sieht  darin  den  korbförmigen 
Bliithenstand  einer  Proteacee.  Als  Beweis  dafür,  dass  ein  ver- 
holzter Pflanzeni'est  und  nicht  der  weiche  Blüthencorb  einer  Com- 
posite  vorliegt,  führt  er  an,  dass  das  Fossil  im  Schiefer  seine 
Form  behalten  und  nicht  plattgedrückt  ist.  Ob  hier  überhaupt 
ein  Blüthenstand  vorliegt,  lässt  sich  aus  der  etwas  undeutlichen 
Zeichnung  (t.  I,  f.  6  u.  7)  nicht  erkennen.  Auch  von  Ettings- 
HAUSEN  vermag  nicht  in  seiner  neuesten  Schrift:  Das  australische 
Florenelement  in  Europa,  Graz  1890,  genügende  Beweise  für  die 
Existenz  der  Proteaceen  in  Europa  zu  erbringen;  alle  seine  so- 
genannten Beweise  sind  rein  persönliche  Annahmen  seinerseits. 
Ich  schlage  daher  vor,  die  Gattung  Dryandroides  mit  Myrico- 
yhyllum  zu  vereinigen,  so  lange  nicht  durch  Blüthen  und  Früchte 
nachgewiesen  ist,  das  Proteacen  vorliegen.  Die  von  Heer  abge- 
bildeten Reste  aus  der  Kreide  von  Quedlinburg,  Myrica  cretacea 
(t.  in,  f.  2  a.  b,  c)  und  Proteoides  üicoides  (t.  HI,  f.  7,  8),  sind 
wahrscheinlich  mit  M.  haldemianum  zu  vereinigen  und  es  würde 
einer  der  von  Heer  gegebenen  Species  -  Namen  zu  wählen  sein, 
wenn  Heer's  Exemplare  besser  erhalten  wären. 

Fundort:     Am  Wege  nach  Gemmenich. 

Myricophylhim  Sap.  asplenioidea  nov.  sp. 
Taf.  XXXIV,  Fig.  1  u.  2. 

Die  tief  fiedertheiligen  Blätter  zeigen  einen  hervortretenden, 
gegen  die  Blattspitze  verschmälerten  Mittelnerv,  der  sich  zumeist 
bis  zur  Blattspitze  verfolgen  lässt.  Die  Secundärnerven  sind  nicht 
erhalten.  An  einigen  Stellen  scheint  ein  aus  rundlichen  Maschen 
bestehendes  Blattnetz  erhalten  zu  sein,  doch  lässt  es  keine  sichere 
Deutung  zu.     Die  Einschnitte  der  fiedertheiligen  Blätter  erreichen 


668 


fast  den  Mittelnerv.  Die  Segmente  sind  meist  länger  als  breit, 
einzelne  so  breit  als  lang,    meist  deutlich  zugespitzt,   alternirend. 

Ich  stelle  die  Blätter  zu  Saporta's  Gattung  Myrieophylhim 
(nicht  Myricipltyllum,  wie  Conwentz  schreibt;  vergl.  Schenk, 
Handbuch,  p.  409,  Anni.)'  wobei  es  unentschieden  bleibt,  ob  My- 
ricophyllum,  eine  Myricacee  oder  Proteacee.  Dafür,  dass  Myri- 
copliyllum  eine  Zwischenstufe  zwischen  Myricaceen  Und  Proteaceen 
sei,  wie  es  von  einigen  angenommen  wird,  liegen  keine  Beweise 
vor;  beide  Familien  konnten,  ohne  blutsverwandt  zu  sein,  unter 
ähnlichen  Bedingungen  ähnliche  Blattformen  entwickeln.  Saporta 
stellt  zwar  die  Blätter,  die  der  lebenden  Myrica  (Comptonia)  as- 
plenifoUa  Eich,  ähneln,  direct  zu  Myrica  und  nicht  zu  Myrico- 
phyllum;  so  lange  jedoch  nicht  blühende  Zweige  gefunden  sind, 
halte  ich  es  für  richtiger,  zur  Bezeichnung  dieser  Blätter  den 
Gattungsnamen  Myricophyllum'^)  zu  verwenden.  Demgemäss  er- 
weitere ich  die  Gattung  Saporta's  und  stelle  hierher  alle  ge- 
zähnten, gelappten  bis  fiedertheiligen  Blätter,  die  den  Myricaceen 
ähnlich  sind  und  sich  nicht  mit  Sicherheit  auf  eine  lebende  Gat- 
tung zurückführen  lassen.  Die  lebende  Gattung  Myrica  vereinigt 
ebenfalls  Blattformen  mit  sehr  mannichfacher  Ausbildung  des 
Randes. 

Bezüglich  der  Abstammung  des  hier  beschriebenen  Blattes 
ist  zu  bemerken,  dass  der  gegen  die  Blattspitze  zu  sich  ver- 
schmälernde Mittelnerv  und  die  Ausbildung  der  Blattspitze  bei 
Weitem  mehr  an  Myrica  asplemfoUa  Rich.  als  an  die  sonst  ähn- 
liche Proteacee  Bryandra  formosa  R.  Braun  erinnern.  Die 
Blätter  scheinen  weichhäutig  gewesen  zu  sein,  nicht  lederig,  wie 
bei  Bryandra.  Würden  die  Secundärnerven  erhalten  sein,  so 
wäre  das  für  die  Entscheidung  kaum  ausschlaggebend,  da  die 
Nervaturen  beider  Gattungen  sehr  ähnlich  sind. 

Aus  dem  Tertiär  sind  verschiedene  Species  beschrieben  und 
von  einigen  Autoren  zu  den  Proteaceen,  von  anderen  zu  Myrica- 
ceen gestellt  worden,  die  der  31.  asplemfoUa  ähnlich  sind.  My- 
rica dryandraefolia  Brngt.,  Dryandra  Sclirankü  Heer,  Dr. 
Brongniarti  Ett.  sind  nur  Synonyma  einer  Art.  Ferner  gehören 
hierher  Myrica  acutiloba  Brngt.  ,  M.  obtusiloha  Heer,  Comp)tonia 
oeningensis  A.  Braun,  Bryandra  Saxonica  Friederich.  Compto- 
nites  antiquus  Nilss.,  den  ünger  aus  der  Kreide  von  Deva  ab- 
bildet, ist  ein  Farnen  (Schenk,  Handbuch,  p.  663). 


^)  Die  Silbe  ,,phi/Uum'''  ist  nach  Nathorst  und  Schenk  (Schenk, 
Handbuch,  p.  409)  dann  dem  Gattungsnamen  anzuhängen,  wenn  die 
Blätter  älter  als  pliocän  und  nicht  mit  Sicherheit  auf  die  lebende  Gat- 
tung zurückgeführt  werden  können. 


669 


Icli  bezeichne  das  Blatt  als  Myricophyllum  asplenioidcs,  um 
schon  durch  den  ähnlich  klingenden  Namen  die  Formenverwandt- 
schaft mit  Myrica  asplenifulia  auszudrücken. 

Fundort:    Fig.  1  u.  2:  Wingertsberg. 

Ficiis  gracilis  Hos. 

Taf.  XXXIV,   Fig.  5. 

Hosius:    lieber  einige  Dicotylen  der  westfälischen  Kreide.    Palaeon- 
togr.,  XVII,  2,  p.  99,  t.  XV,  f.  23,  24. 

Basis  und  Spitze  fehlen.  Der  Blattrand  ist  nur  an  einigen 
Stellen  erhalten  und  ist  dort  ganzrandig.  Der  Verlauf  der  Ner- 
vatur lässt  auf  ein  länglich-lanzettförmiges  Blatt  schliessen.  Die 
beiden  Blatthälften  sind  ungleich  entwickelt.  Der  starke  Mittel- 
nerv ist  gebogen  und  nach  der  Spitze  zu  verschmälert.  Die 
Secundärnerven  sind  bogenläufig  und  bilden  am  Rande  schöne 
Schlingen.  Sie  sind  gegenständig  oder  alternirend  und  entsprin- 
gen unter  Winkeln  von  ca.  50",  die  unteren  unter  spitzeren  als 
die  oberen.  Die  Tertiärnerven  sind  verbindend,  einfach  oder 
gegabelt. 

Die  ungleiche  Ausbildung  der  Blatthälften,  die  kräftige  Ent- 
wicklung der  Nervatur  und  die  regelmässige  Schlingenbildung 
sprechen  für  die  Gattung  Ficus.  Hosius  beschreibt  aus  der  west- 
fälischen Kreide  neun  Arten  der  Gattung  Ficns,  die,  wie  er 
später  selbst  angiebt  (PIosius  u.  v.  d.  Mark:  Flora  d.  westf.  Kr., 
p.  62),  kaum  alle  gute  Arten  sind,  sondern  zum  Theil  zusammen- 
gehören. Er  hat  sie  bisher  nicht  zusammengezogen,  da  ihm  die 
Zwischenglieder  fehlen.  Das  eben  beschriebene  Blatt  erinnert  an 
mehrere  der  von  Hosius  beschriebenen  Arten  und  es  ist  schwierig 
zu  entscheiden,  zu  welcher  Art  es  zu  stellen  ist.  Die  meiste 
Aehnlichkeit  scheint  es  mir  mit  Ficus  gracilis  zu  haben.  We- 
nigstens stimmen  damit  Gestalt  des  Blattes,  ürsprungswinkel  und 
Verlauf  der  Leitbündel  überein.  wenn  auch  die  keilförmige  Basis 
mit  den  unter  30 "^  ausgehenden  Secundärnerven.  die  Hosius  als 
charakteristisch  für  seine  Gattung  anführt,   nicht  erhalten  ist. 

Fundort:     Am  Wege  nach  Gemmenich. 

Latcrojihyllum  aquisgranense  nov.  sp. 
Taf.  XXXIV,  Fig.  4. 

Das  länglich-lanzettförmige  Blatt  ist  zumeist  ganzrandig,  nur 
an  zwei  Stellen  sind  zahnartige  Bildungen  vorhanden.  Der  kräf- 
tige Mittelnerv  verschmälert  sich  nach  der  Blattspitze  zu  und  ist 
sanft  gebogen.  Die  sehr  regelmässig  verlaufenden  kamptodromen 
Secundärnerven    sind  alternirend.    entspringen  unter  Winkeln  von 


670 

40  **  —  50 "  und  steigen  am  Blattrande  empor.  Die  feinen  Tertiär- 
nerven sind  verbindend,  einfach  oder  gegabelt. 

Eine  derartige  Nervatur  findet  sich  bei  vielen  Lauraceen, 
wie  Laurus,  Persea,  Tetranthera,  Litsaea.  Doch  ist  mir  unter 
den  lebenden  keine  bekannt,  mit  der  ich  das  Blatt  direct  ver- 
gleichen möchte. 

Unter  den  fossilen  Lauraceen  mit  ähnlicher  Nervatur  im 
Tertiär  ist  namentlich  zu  erwähnen  Laurus  primigenia  Ung. 
(ünger:  Fossile  Flora  von  Sotzka,  t.  19,  f.  1 — 4);  besonders 
das  von  Saporta  (Annales  d.  sc.  nat.,  5,  IX.  t.  4,  f.  7)  abge- 
bildete Blatt  steht  dem  Aachener  Blatt  sehr  nahe.  Die  mir  zu 
Gebote  stehende  Literatur  der  Kreideflora  bietet  nicht  viele  Lau- 
raceen. Die  von  v.  Ettingshausen  beschriebene  Laurus  cretacea 
{Kreideflora  von  Niederschoena  in  Sachsen.  Sitzb.  d.  k.  xVkad.  d. 
Wissensch..  1867,  LV.  Bd.,  I.  Abth.,  t.  II,  f.  13)  ist  kaum  eine 
Lauracee.  Die  von  Heer  abgebildeten  Lauraceen  der  Gattung 
Daplinophyllum  (Kreideflora  von  Moletein ,  t.  VI,  f.  1  u.  2)  lassen 
sich  nicht  mit  dem  Blatt  von  Aachen  vereinigen.  Sodann  bildet 
Heer  in  der  Flora  fossilis  arctica  aus  den  Patoot-  und  den 
Ataneschichten  vier  Species  der  Gattung  Laurus  ab:  L.  plutonia, 
L.  angiista,  L.  Hollae,  L.  Odini  (Bd.  VI  u.  VII),  die  sich  eben- 
falls wesentlich  von  dem  Aachener  Blatte  unterscheiden.  Ferner 
werden  Lauraceen  von  Hosius  und  v.  d.  Mark  beschrieben.  Das 
als  Laitrus  affmistios.  et  v.  d.  Mark  beschriebene  Exemplar  (Fl. 
d.  westfäl.  etc.,  t.  XXXI,  f.  90)  ist  zu  mangelhaft,  um  zum  Ver- 
gleich herangezogen  werden  zu  können.  Gewisse  Aehnlichkeit 
zeigt  Litsaea  laurinoides  Hos.  et  v.  d.  Mark  (1.  c,  p.  65,  t.  XL, 
f.  157;  als  Phyllites  laurinoides  Hos.  in  Hosius:  lieber  einige 
Dikotylen  der  westfäl.  Kreideform.,  p.  101,  t.  XVI,  f.  31).  Das 
Exemplar  von  Aachen  zeigt  jedoch  viel  dichter  stehende  Secun- 
därnerven.  Die  Gattung  Litsaea  scheint  mir  übrigens  von  Ho- 
sius und  V.  D.  Mark  ziemlich  willkürlich  gewählt  zu  sein ;  den 
gegebenen  Abbildungen  nach  zu  urtheilen,  lässt  sich  höchstens 
sagen,  dass  eine  Lauracee  vorliegt.  Ebenso  kann  das  Blatt  von 
Aachen  nicht  in  eine  lebende  Gattung  eingereiht  werden;  ich  wähle 
daher  den  allgemeinen  Gattungsnamen  Laurophyllum.  Derselbe 
ist  schon  von  Lesquereux  für  Lauraceen  gebraucht  worden  für 
ein  Blatt,  L.  reticulatum  (The  cretaceous  Flora,  Washington  1874, 
p.  76,  t.  XV,  f.  4  —  5),  das  dieser  für  eine  Laurinee  hält,  aber 
keiner  lebenden  Gattung  einreihen  mag.  Vereinzelte  zahnartige 
Bildungen  am  Blattrande,  die  mir  anfangs  dagegen  zu  sprechen 
schienen,  dass  eine  Lauracee  vorliegt,  fand  ich  auch  bei  lebenden 
Laurus-^ldXi^Yw.  Sie  sind  bedingt  durch  wellige  Ausbildung  des 
Blattrandes.       Auch    Heer    bildet    eine    Laurus  primigenia    ab 


671 


(Flor.  füss.   arct.,  Bd.  VII,  II.  Theil,   t.  LXXVII,   f.  4),  die  ähn- 
liche Bildungen  zeigt. 

Ich  bezeichne  das  Blatt  als  Laurophyllum  aquisgranense. 

Fundort:     Am  Wege  nach  Gemmenich. 

Dewalquea  Sap.  et  Mar.   aquisgranensis  Sap.  et  Mar. 

Taf.  XXXIV.  Fig.  6  u.  7. 

Saporta  et  Marion  :    Essai    sur   l'etat    etc.,    p.   55  —  61,    t.  VIII, 

f.  5  —  7. 
Synonyma :    Araliophyllum  Deb.  und  Grevillea  palinata  Deb.  i.  m. 

Das  gestielte,  handförmig  getheilte,  anscheinend  lederige 
Blatt  zeigt  5  lineal-lanzettliche  Segmente.  Im  unteren  Theile  des 
Blattes  sind  nur  drei  Segmente  vorhanden,  von  denen  die  beiden 
äusseren  sich  bald  wieder  theilen.  Die  einzelnen  Blättchen  sind 
gezähnt,  nur  im  unteren  Drittel  ganzrandig.  Die  Spitzen  der 
Blättchen  sind  nirgends  erhalten.  Die  feinen  Secundärnerven  ent- 
springen unter  sehr  spitzen  Winkeln,  ca.  10*'— 15",  sind  bogen- 
läufig.  laufen  stellenweise  dem  Blattrand  parallel  und  bilden 
Schlingen.  Die  Verzweigungen  erreichen  den  Blattrand  theils  in 
den  Zähnen,   theils  ausserhalb  derselben. 

Die  Blätter  stimmen  mit  den  Beschreibungen  und  Abbildun- 
gen Saporta' s  und  Marion' s  vorzüglich  überein. 

Fundorte:    Fig.  6:   Sandgrube  vor  dem  Königsthor. 
Fig.  7 :   Spitalgarten. 

Deivalquea  insignis  Hos.  et  v.  d.  Mark. 

Taf.  XXXIV,  Fig.  8. 

Hosius  et  V.D.Mark:   Flora  d.  westfäl.  Kr.  etc.,  t.  32,  f.  111—113; 
t.  83,  f.  lOy;  t.  34,  i.  110,  p.  48. 

Ein  einzelnes  lancettförmiges  Blättchen  mit  kräftigem  Mittel- 
nerv. Die  Secundärnerven  sind  nicht  erhalten.  Es  unterscheidet 
sich  von  D.  aquisgranensis  durch  seine  lanzettförmige  Gestalt 
und  durch  die  gröberen,  dichter  stehenden  und  tiefer  herabge- 
henden Zähne.  Ich  kann  das  Blättchen  jedoch  nur  mit  Vorbehalt 
zu  Detvalquea  insignis  stellen,  da  die  Möglichkeit,  dass  ein  Blatt, 
etwa  einer  Myricacee,  vorliegt,   nicht  ausgeschlossen  ist. 

Fundort:    Am  Wege  nach  Gemmenich. 

Phyllites  sinuatus  nov.  sp. 
Taf.  XXXIV,  Fig.  9. 

Der  Blattrest  zeigt  einen  buchtigen  Rand  und  eine  anschei- 
nend keilförmige  Basis.     Die  Nervatur  ist  netzläufig.    Der  Mittel- 


672 


nerv  ist  kräftig  und  etwas  gebogen.  Die  feinen,  sehr  genäherten 
Secundärnerven  entspringen  unter  Winliehi  von  50  *•  —  60";  sie 
sind  gerade  oder  sanft  gebogen,  stellenweise  auch  etwas  geschlän- 
gelt, einfach  oder  gegabelt,  auch  in  der  Nähe  des  Randes  mit 
dem  nächsten  Secundärnerven  sich  vereinigend.  Die  Tertiärnerven 
sind  netzläufig.  Das  sehr  feine  Blattnetz  zeigt  polygonale  Maschen. 
Aehnliche  Nervaturen  finden  sich  bei  Myricaceen ,  Proteaceen, 
Myrtaceen,  Leguminosen,  Celastraceen  und  Ilicaceen.  Nirgends 
aber  findet  sich,  wenigstens  an  dem  Material  von  lebenden  Pflan- 
zen und  Abbildungen,  das  mir  zu  Gebote  steht,  mit  dieser  Ner- 
vatur der  buchtige  Rand  vereinigt.  Es  war  mir  daher  nicht 
möglich,  das  Blatt  in  eine  lebende  Gattung  einzureihen.  Unter 
den  beschriebenen  Kreidepflanzen,  die  ich  vergleichen  konnte, 
fand  sich  ebenfalls  nichts,  das  dem  Blatt  auch  nur  einigermaassen 
ähnlich  ist.  Von  den  Tertiärpflanzen  zeigen  zwar  einige  eine 
ähnliche  Nervatur,  wie  Hex  celastrina  Sap.  {Annales  d.  sc.  nat., 
5.  ni,  t.  8,  f.  1),  sowie  verschiedene  Celastraceen,  die  Saporta, 
Ettingshausen.  Heer  u.  A.  abbilden;  allen  aber  fehlt  der  buch- 
tige Rand.  Würde  die  Blattspitzs  erhalten  sein,  so  würde  sich 
vielleicht  entscheiden  lassen,  ob  eine  Celastraoee  vorliegt,  da  bei 
diesen  die  secundären  Leitbündel  in  der  Nähe  der  Blattspitze 
meist  stark  bogenförmig  sind.  Dass  Celastraceen  und  Bicaceen 
im  Tertiär  Europas  vorkommen,  zeigt  Conwentz  an  Blüthen  und 
Früchten  im  Bernstein.  Das  Vorkommen  in  der  Kreide  ist  daher 
nicht  ausgeschlossen.  (Vergleiche  hierüber:  Schenk,  Handbuch, 
p.  577  tf.) 

Ich  bezeichne  das  Blatt  vorläufig  als  Phyllites  sinuatus. 
Weiteres  Material  muss  entscheiden,   welche  Gattung  hier  vorliegt. 

Fundort :     Spitalgarten. 

Phyllites  sp. 
Taf.  XXXIV,  Fig.  10. 

Das  linear-lanzettliche,  ganzrandige,  lederige  Blatt  hat  seine 
grösste  Breite  im  oberen  Drittel.  Der  Mittelnerv  ist  hervortre- 
tend, gegen  die  Blattspitze  zu  schwächer  werdend.  Von  Secun- 
därnerven ist  nichts  zu  bemerken.  Als  diagnostisches  Hilfsmittel 
ist  dieses  Fehlen  natürlich  nicht  zu  verwenden.  Aus  der  Gestalt 
des  Blattes,  dem  Rande  und  dem  Mittelnerv  allein  Schlüsse  zu 
ziehen,  halte  ich  für  verfehlt  und  sehe  daher  von  einer  Benen- 
nung des  Blattes  ab. 

Fundort:     Spitalgarten    (Wingertsberg). 


673 


Nicolia  Ung.  aegyptiaca  Ung. 

Unger:     Der    versteinerte  Wald    bei  Cairo.     Sitzungsber.  d.  matli.- 
nat.  Classe  d.  kais.  Akad.  d.  Wissensch.,  33.  Bd.,  t.  I,  f.  1,  2. 
„  Notiz  über  fossile  Hölzer  aus  Abj'ssinien.    Sitzungsberichte, 

54.  Bd,  I.  Abth.,  t.  I,  f.  1—7. 

Schenk:    Fossile  Hölzer  der  libyschen  Wüste,  t.  HI,  f.  7  u.  8;  t.  IV, 
f.  11. 

Das  Vorliegende  verkieselte  Holz  ist  20  cm  lang  und  in  der 
Richtung  der  Markstrahlen  4  cm  breit  und  ist  das  Bruchstück 
eines  ziemlich  mächtigen  Stammes.  Schon  makroskopisch  kann 
man  auf  Quer-  und  Radialbrüchen  deutlich  Gefässe  und  Mark- 
strahlen unterscheiden.     Jahresringe  sind  nicht  vorhanden. 

Die  unregelmässig  zerstreut  liegenden  Gefässe  haben  einen 
Durchmesser  von  0,75  bis  1,5  mm,  stehen  einzeln  oder  zu  zweien, 
seltener  zu  dreien,  vieren  oder  fünfen  in  kurze,  radiale  Reihen 
geordnet,  oder  es  liegen  zwei  in  tangentialer  Richtung  neben 
einander.  Der  Querschnitt  der  Gefässe  ist  rundlich  oder  oval, 
oder,  wenn  mehrere  beisammen  stehen,  ein-  oder  mehrseitig  ab- 
geplattet. Sie  bestehen  aus  kurzen  oder  längeren  Gliedern  und 
zeigen  Hoftüpfel,  die  namentlich  auf  tangentialen  Schnitten  deut- 
lich hervortreten.  Im  Innern  der  Gefässe  finden  sich  zellenähn- 
liche Gebilde,  die  ich  für  Thyllen  ansprechen  möchte  und  die 
auch  Schenk  und  Unger  in  den  ägyptischen  Hölzern  fanden. 
Die  Gefässe  sind  von  einem  Kranz  von  Zellen  umgeben,  die  sich 
auf  Längsschnitten  als  Strangparenchym  erweisen.  Auf  Quer- 
schnitten ist  das  Parenchym  nicht  von  den  Libriformfasern  zu 
unterscheiden.  Die  Markstrahlen  haben  einen  geschlängelten  Ver- 
lauf und  begrenzen  stellenweise  die  Gefässe.  Auf  Radialschnitten 
sieht  man,  dass  der  Markstrahlkörper  aus  verschiedenen  Gliedern 
zusammen  gesetzt  ist.  Während  die  Zellen  der  mittleren  Zell- 
reihen radial  gestreckt  sind,  sind  die  der  randlichen  Reihen  qua- 
dratisch oder  gar  in  der  Richtung  der  Stammesaxe  gestreckt. 
Auf  Tangentialschnitten  sieht  man.  dass  die  zahlreichen,  unregel- 
mässig vertheilten,  spindelförmigen  Markstrahlen  ein-  bis  vier- 
seltener fünfreihig  und  bis  30  Zellen  hoch  sind. 

Es  kann  kein  Zweifel  bestehen,  dass  das  Holz  von  Aachen 
denselben  Bau  zeigt,  wie  die  von  Unger  und  Schenk  abgebildeten 
und  beschriebenen  Exemplare  aus  Afrika.  Der  einzige  Unter- 
schied besteht  darin,  dass  die  von  Unger  abgebildeten  Nicolien 
(Schenk  bildet  keine  Radialschnitte  mit  gut  ei'haltenen  Mark- 
strahlen ab)  Markstrahlen  zeigen,  die  aus  lauter  gleichgestalteten 
Zellreihen  bestehen,  während  die  randlichen  Markstrahlzellen  des 
Aachener  Holzes  verschieden  gestaltet  sind.  Der  Erhaltungs- 
zustand   der   ägyptischen  Hölzer  verhinderte  möglicher  Weise  die 


674 


Erkennung  dieser  Verschiedenheit.  Da  die  ägyptischen  Hölzer 
ebenso,  wie  das  Holz  von  Aachen  der  jüngeren  Kreide  angehören, 
so  stehe  ich  nicht  an,  das  letztere  als  Nicolia  aegyptiaca  Ung. 
zu  bezeichnen. 

Bezüglich  der  systematischen  Stellung  der  Nicolien  nahm 
Unger  an.  dass  sie  zu  den  Sterculiaceen  oder  Büttneriaceen  ge- 
hören, während  Schenk  dieselben  zu  den  Caesalpineen  stellen 
möchte.  Mit  Sicherheit  wird  sich  diese  Frage  wohl  kaum  ent- 
scheiden lassen.  Die  Frage,  ob  überhaupt  die  Holzstructur  sich 
zur  Bestimmung  der  systematischen  Stellung  verwenden  lässt,  ist 
vielfach  und  neuerdings  wieder  von  Felix  ^)  erörtert  worden. 
Felix  kommt  zu  dem  Schluss.  dass  die  Gattungen  fossiler  Laub- 
hölzer sehr  ungleichwerthige  Grössen  darstellen,  ähnlich  wie  bei 
den  fossilen  Nadelhölzern,  die  ja  auch  die  Glieder  der  verschie- 
densten Gattungen  in  sich  vereinen  können.  Danach  ist  es  nicht 
ausgeschlossen,  dass  das  Holz  von  Aachen,  trotz  der  gleichen 
Structur,  von  dem  ägyptischen  systematisch  verschieden  ist.  Einen 
Schluss  über  die  geographische  Verbreitung  der  Nicolia  zu  ziehen, 
halte  ich  daher  für  unstatthaft. 

Schluss. 

Im  Folgenden  gebe  ich  eine  Zusammenstellung  der  bisher 
von  Aachen  beschriebenen  Pflanzenreste.  Ausgeschlossen  sind 
davon  die  von  Debey  und  Ettixgshausen  beschriebenen  Plantae 
cellulares.  Von  den  von  diesen  Autoren  beschriebenen  19  Algen- 
arten werden  bei  einer  Revision  des  Materials  wohl  die  aller- 
meisten aus  der  Liste  fossiler  Algen  gestrichen  werden  müssen, 
nachdem  Nathorst  in  seiner  bekannten  Arbeit  darauf  hinge- 
wiesen hat.  dass  die  sogenannten  fossilen  Algen  theils  Kriech- 
spuren von  Thieren,  Spuren  rinnenden  Wassers,  schlecht  erhaltene, 
vielleicht  macerirte  Reste  höherer  Pflanzen  oder  die  Spuren  vom 
Wasser  bewegter  Pflanzen  sind.  Ferner  werden  vier  Blattpilze 
von  Aachen  beschrieben.  Wenn  es  bei  lebenden  Blattpilzen  nur 
mit  Hülfe  des  Mikroskops  möglich  ist.  Gattung  und  Species  fest- 
zustellen, dann  ist  der  wissenschaftliche  Werth  der  fossilen  Gat- 
tungen und  Species  ein  sehr  problematischer ,  so  lange  nur 
Abdrücke  vorliegen,  die  eine  mikroskopische  Untersuchung  nicht 
gestatten.  Dass  die  beiden  zu  den  Flechten  und  Moosen  ge- 
rechneten Reste  ^Nirklich  solche  sind,  bezweifeln  die  Autoren 
selbst.     Bezüglich  der  Filices  bemerke   ich,    dass  Pteridoleimma 


')  J.  Felix.     Studien  über  fossile  Hölzer,  Leipzig  1882.    —    Die 
fossilen  Hölzer  Westindiens,  Cassel  1883. 


775 


ein  Sammelname  für  solche  Formen  ist.  die  sich  nicht  mit  leben- 
den Vertretern  der  Klasse  vergleichen  Hessen;  daher  die  grosse 
Menge  der  Species. 

Filices. 

Gleicheniaceae. 

Didymosurus  comptonüfolius  Debey  et  Ettingshausen. 

—  gleickenioides        „  „ 

—  varians  „  „ 
Gleichenia  protogaea                   „  „ 

Polypodiaceae. 

Asplenium  Brongniarti  „  „ 

—  Foersteri  „  „ 

—  caenopteroides  „  „ 
Adiantiies  Becaisneanum  „  „ 

—  cassebeeroides  „  „ 

Sclnsaeaceae. 

Lygodium  cretaceum  „  „ 

Marattiaceae. 

Danaeites  ScUotheimi  „  ^ 

Filices  incertae  sedis. 

Bonaveniurea  cardinalis  „  „ 

Carolopteris  aquensis  „  „ 

Monheimia  polypodioides  „  „ 

—  aqtdsgranensis  „  .  „ 
Zonopteris  Goepperti  „  „ 
Benizia  calopteris  „  „ 
Raphaelia  neuropteroides  „  „ 
Pteridoleimma  Elisabethae,   Pf.  Ritzianum,  Pt.   Benincasae 

Pf.  pecopferoides ,  Pf.  orihophyllum ,  Pt  Heissianum. 
Pt.  Haidingeri,  Pf.  Michelisi,  Pf.  Serresi,  Pt.  aneimii- 
foliuni,  Pt  dubium,  Pt  Waterkey ni,  Pt  anfiquum, 
Pt  Kaltenliachi,  Pt  deperditum,  Pt  gymnorachis,  Pt 
odontopteroides ,  Pt  leptophyllum ,  Pt  pse^idadiantum, 
Pt  dichyodes,   Pt   arborescens  Deb.  et  Ettingsh. 

Coniferae, 

Sequoia  lieichenbachi  Gein.   sp. 

—       sp.   (Carpolifhes  Jiemlocinus  Schloth). 
Cunninghamifes  squamosus  Heer. 
Moriconia  cydotoxon  Deb.  et  Ettingsh. 


676 


Nojadaceae. 

Caulinia  Mülleri  Pomel. 

CupitUf'erae. 

Dryophyllum  cretaceum,  Dr.  aquisgranense,  Dr.  Alherti- 
Magni,  Dr.  Heeri,  Dr.  tenuif'oliuyn,  Dr.  gracüe,  Dr.  rega- 
liaquense,  Dr.  Lerschianum,  Dr.  Lesquereuxianum ,  Dr. 
Crejnm,  Dr.  Eodrys,  Dr.  DetJiimusiamim,  Dr.  txiguum, 
Dr.  Benthianum,  Dr.  campteroneurum  Debey. 

Myricaceae. 

Ilyricophyllnm  haläemianum  Hos.  et  v.  d.  Mark. 
—  aspleniaides  Lange. 

Urticaceae. 

Ficus  gracüis  Hosius. 

Laiiraceae. 

Laurophyllum  aquisgranense  Lange. 
Hanuneulareae. 
Deioalquen  aquisgranensis  Sap.  et  Mar. 
—  msignis  Hos.  et  v.  d.  Mark. 

Plantae  incertae  sedis. 

Phyllites  stnuahis  Lange. 

—         sp.     _ 
Nicolia  aegyptiaca  Unger. 


677 


3.    Die  marinen  Ablagerungen  auf  Gran 
Canaria. 

Von  den  Herren  A.  Rothpletz  und  V.  Simonelli  in  München. 
Hierzu  Tafel  XXXV  u.  XXXVI. 

Der  nachfolgende  Aufsatz  ist  auf  Grund  einer  Arbeitstheilung 
entstanden,  welche  in  den  beiden  Abschnitten  über  Stratigraphie 
und  Fauna  einen  entsprechenden  Ausdruck  gefunden  hat. 

Der  eine  von  uns  hat  Gran  Canaria  im  Jahre  1887  besucht, 
die  zu  besprechenden  Ablagerungen  an  Ort  und  Stelle  untersucht 
und  darin  Aufsanindungen  veranstaltet.  Er  wurde  hierbei  von 
dem  Director  des  naturhistorischen  Museums  zu  Las  Palmas,  dem 
Herrn  Dr.  Don  Gregorio  Chil  y  Naranjo  in  der  liebenswür- 
digsten und  entgegenkommendsten  Weise  unterstützt.  Zugleich 
hat  dieser  Herr  das  im  dortigen  Museum  befindliche,  noch  unbe- 
arbeitete Material  von  Versteinerungen  nüt  dankenswerthester  Be- 
reitwilligkeit uns  zur  Verfügung  gestellt  und  hierher  nach  München 
gesendet,  wofür  wir  ihm  auch  an  dieser  Stelle  unseren  wärmsten 
Dank  aussprechen  wollen. 

Der  andere  von  uns,  welcher  sich  schon  früher  vielfach  mit 
der  lebenden  und  fossilen  mediterranen  Fauna  beschäftigt  hat, 
übernahm  zu  Anfang  dieses  Jahres  die  Bearbeitung  der  so  zu- 
sammengebrachten Versteinerungen,  wobei  er  durch  das  reiche 
Vergleichsmaterial,  welches  die  hiesige  paläontologische  Sammlung 
besitzt  und  das  ihm  durch  die  Güte  des  Herrn  Prof.  von  Zittel 
zugänglich  war,  wesentlich  unterstützt  wurde. 

Diese  marinen  Ablagerungen  Canarias  sind  schon  mehrfach 
beschrieben  worden,  aber  doch  immer  nur  bei  Gelegenheit  an- 
derer Untersuchungen.  Die  Versteinerungen  derselben  hat  Lyell 
zwar  sehr  ergiebig  gesammelt,  aber  über  die  Bestimmungen  der- 
selben, welche  P.  P.  Woodward  vornahm,  ist  nur  das  Wenige 
bekannt  geworden,  was  Lyell  darüber  veröffentlicht  hat^). 

Das  Interesse,    welches    wir    diesem  Gegenstande    entgegen- 


')  Ch.  Lyell.     The  students  elements  of  Geology,    2  edit.,  1874, 
p.  537  und  Elements  of  Geology,  6  edit,  1865,  p.  668. 

Zeitschr.  d.  D.  g-eol.  Ge?.  XLII.  4.  45 


678 


bringen  dürfen,  ist  ein  doppeltes.  Einmal  ist  es  ein  mehr  locales 
und  bezieht  sich  auf  die  Altersbestimmung,  welche  wir  daraus 
für  die  Insel  selbst  gewinnen;  denn  die  marinen  Schichten  stehen 
mit  den  vulkanischen,  welche  die  Insel  hauptsächlich  aufbauen, 
in  ähnlicher  Weise  in  Zusannuenhang  wie  auf  Madeira  und  den 
Azoren.  Sodann  ist  es  ein  allgemeineres  Interesse,  da  die  Fossi- 
lien eine  Küstenfauna  mitten  im  Ocean  darstellen,  welche  sowohl 
zur  gegenwärtigen  als  auch  zur  miocänen  Küstenfauna  des  Mittel- 
meergebietes in  enger  Beziehung  steht,  ganz  ebenso  wie  das  theil- 
weise  ja  auch  für  die  jetzige  Land-Flora  der  canarischen  Inseln 
der  Fall  ist. 

I.   Die  Stratigraphie. 

Die  von  uns  untersuchten  marinen  Ablagerungen  liegen  am 
nordöstlichen  Rande  der  Insel  Gran  Canaria  und  bilden  daselbst 
ein  durch  vulkanische  Schuttkegel  nur  wenig  unterbrochenes,  in 
zwei  Terrassen  gegen  das  Meer  abfallendes  Flachland. 

1.    Die  Hochterrasse. 

Die  obere  Terrasse  endet  zumeist  mit  einem  bis  80  m  hohen 
Steilabfall,  an  dessen  Fuss  entweder  die  Meeres  wogen  unmittelbar 
anbranden,  oder  eine  zweite  niedrigere  Terrasse  sich  anlegt,  de- 
ren Höhe  15  m  selten  übersteigt  und  die  sich  bis  zum  Meeres- 
strande bis  nahe  an  die  Fluthgrenze  herabsenkt.  Wie  diese  zeigt 
auch  die  Hochterrasse  eine  gegen  das  Meer  hin  gerichtete  Nei- 
gung der  Oberfläche.  Geht  man  deshalb  von  ihrem  Steilrande 
aus  landeinwärts,  so  steigt  man  langsam  aber  stetig  bergan,  und 
um  so  schneller,  je  weiter  man  sich  von  der  Küste  entfernt;  denn 
allmählich  und  ohne  scharfe  Grenze  geht  die  Terrasse  in  das 
Bergland  der  Insel  über,  welches  sich  in  seinen  höchsten  Punkten 
bis  nahe  an  2000  m  über  den  Meeresspiegel  erhebt. 

Den  geologischen  Aufbau  der  Hochterrasse  kann  man  an 
ihrem  weithin  verfolgbaren,  unteren  Steilabfall  sehr  bequem  stu- 
diren.  Man  hat  in  der  Nähe  von  Las  Palmas  gewöhnlich  fol- 
gende Schichtenreihe  von  oben  nach  unten: 

1.  Oberste,  der  Oberfläche  sich  anschmiegende  und  discor- 
dant  auf  den  älteren  Schichten  lagernde  Mergeldecke. 

2.  Geschichtete,  meist  ganz  kalkfreie  Kiese  und  Conglome- 
rate ,  deren  Gerolle  von  den  vulkanischen  Gesteinen  der 
Insel  gebildet  werden. 

3.  Marine  Mergelsande  und  Sandsteine,  stellenweise  reich  an 
wohl  erhaltenen  Versteinerungen.     Bis   10  m  mächtig. 

4.  Gelbliche  Kalksteinbank,   0.5  bis  1  m  mächtig. 


679 

5.  Lavendecken  von  Phonolith  oder  Basalt,  stellenweise  aucli 
ganz  fehlend. 

6.  Geröll-  und  Sandlager  mit  Sandsteinen  und  Conglomeraten 
wechselnd.     Yersteinerungslos. 

7.  Mächtige  submarine  ungeschichtete  Bimsteintufl'e ,  die  im 
Süden  von  Las  Palmas  vielfach  als  Werksteine  gebrochen 
werden. 

Wo  3  und  4  wohl  entwickelt  sind,  fehlt  5  gewöhnlich  ganz, 
und  tritt  erst  im  Süden  von  Las  Palmas  und  landeinwärts  z.  Th. 
in  grosser  Mächtigkeit  auf,  d.  h.  in  den  Richtungen,  nach  wel- 
chen die  versteinerungsführendeu  Schichten,  soweit  die  tieferen 
Einschnitte  der  Barrancos  dies  zu  beobachten  gestatten,  sich 
langsam  auskeileu. 

In  den  Schichten  6  fällt,  besonders  im  Norden  des  Castillo 
del  Key,  die  Grösse  auf,  welche  sehr  viele  der  Gerolle  annehmen. 
Blöcke  von  Lavengesteinen  mit  wohl  abgerundeten  Aussenseiten 
sind  nicht  selten,  die  über  3  cbm  messen.  Auch  in  Schicht  2 
kommen  solche,   wenn  auch  nicht  so  häufig,   vor. 

Als  besonders  ergiebige  Fundorte  für  Versteinungen  ergaben 
sich  die  Umgebung  von  La  Vista  und  der  Cueva  de  mata.  La 
Vista  liegt  im  Südwesten  der  Stadt  auf  der  Höhe  eines  zungen- 
förmig  vorspringenden  Abschnittes,  welchen  zwei  sich  vereinigende 
Barrancos  aus  der  Hochterrasse  herausgeschnitten  haben.  Man 
sammelt  mit  Erfolg  sowohl  auf  der  südlichen  als  auch  auf  der 
nördlichen  Flaiüie  dieses  Vorsprunges.  Die  Cueva  de  mata  be- 
findet sich  im  Nordwesten  der  Stadt  auf  der  Nordflanke  eines 
Barrancos,   in  welchen  die  Fahrstrasse  nach  Aruca  herauftuhrt. 

Das   L ith oflia m n ii(, m -Lager. 

Eine  der  aufiälligsten  Erscheinungen  ist  das  Kalklager  4, 
welches  vorwiegend  aus  rundlichen,  bis  4  cm  im  Durchmesser 
messenden,  gelblich  weissen  Kalkgeröllen  besteht.  Da  KalkgeröUe 
den  übrigen  Kiesen  und  Conglomeraten  der  Hochterrasse  gänzlich 
fehlen,  so  ist  es  fast  befremdend,  dass  weder  L.  von  Buch^), 
noch  Berthelot  ^)  bei  Beschreibung  dieser  Schichten  ihrer  Er- 
wähnung gethan  haben.  Nur  K.  von  Fritsch^)  scheint  sie  im 
Auge  gehabt  zu  haben,  wenn  er  sagt:  „Lidessen  gehen  ....  theils 
durch  Mitwirkung  von  Algen,  theils  auch  wohl  blos  durch  den 
Wellenschlag,    der  nahe   den  Küsten  die  halb  gebundene  Kohlen- 


^)  Physikalische  Beschreibung  der  Canarischen  Inseln,  Berlin  1825. 
^)  Histoire  naturelle  des  iles  Canaries,  Paris,  tome  II,   1839. 
ä)  Geologische  Beschreibung  der  Insel  Tenerife,  Winterthur  1868, 
p.  428. 

45- 


680 


säure  zur  Verdunstung  bringt,  Kalksteinbildungen  vor  sich,  wie 
es  durch  die  von  den  Wellen  an's  Land  geschleuderten  dichten 
Kalksteinstücke  von  lederbrauner  Farbe  und  mit  recenten  Conchyl- 
resteu  dargethan  wird,  die  man  besonders  am  Fusse  des  Calde- 
reta-Kegels  bei  Sta  Cruz  de  la  Palma  und  an  mehreren  Küsten- 
punkten Gomeras  findet.  Gerade  diese  recenten  Kalkablagerungen 
sind  es,  welche  in  der  Gesteinsbeschati'enheit  den  meisten  der  im 
Conglomerat  von  Las  Palmas  eingelagerten  und  den  auf  Fuerte  Ven- 
tura vorkommenden  Kalksteinen  mit  tertiären  Conchylien  gleichen." 

Ich  verrauthe,  dass  diese  losen  Kalkstücke  mit  lederbrauner 
Farbe  Lithothamnnmi-  oder  LithophyUum-KyioWQw  waren,  die  noch 
etwas  von  der  Farbe  erhalten  hatten,  welche  diese  Körper  wäh- 
rend ihres  Lebens  schmückt.  Sicher  jedenfalls  trifft  diese  Deu- 
tung für  die  tertiären  KalkgeröUe  von  Las  Palmas  zu,  welche 
alle  im  Querbruch  schon  dem  unbewaffneten  Auge  den  eigenthüm- 
lichen.  concentrisch-schaligen  Aufbau  dieser  Kalkalgen  um  einen 
fremden  Körper  herum,  und  unter  dem  Mikroskop  den  so  cha- 
rakteristischen Zellenaufbau  erkennen  lassen.  Manche  dieser  Ge- 
rolle, welche  durch  die  Abrollung  weniger  gelitten  haben,  zeigen 
auch  noch  die  Anfänge  kleiner  ästiger  Verzweigungen,  und  in 
den  Sanden,  welche  jene  Kalkconglomeratbank  überlagern,  fällt 
es  sehr  leicht,  vereinzelte  Knollen  aufzufinden,  welche  noch  so 
vollständig  erhalten  sind,  dass  man  diese  Körper  schon  nach  ihrer 
äusseren  Form  geradezu  mit  dem  noch  lebenden  Lith.  racemns 
identificiren  muss. 

Eme  genauere  Beschreibung  werde  ich  im  nächsten  Bande 
dieser  Zeitschrift  geben. 

Neben  diesen  LitJiofJiammum  -  Knollen  betheiligen  sich  aber 
noch  viele  andere  Körper  an  dem  Aufbau  jener  Kalkbank:  mehr 
oder  minder  eckige  Gerolle  von  vulkanischen  Gesteinen,  ganze 
oder  zerbrochene  Gehäuse  von  Zweischalern  und  Gastropoden, 
Fischzähne,  Bryozoengerüste  und  anderes.  Häufig  sitzen  auf  und 
zwischen  den  Algenknollen  die  dickwandigen  Ptöhren  jenes  merk- 
würdigen Gastropoden,  welcher  einem  ganz  neuen  Geschlecht  an- 
zugehören scheint  und  dessen  Vorkommen  auf  diese  Bank  be- 
schränkt ist.  Zwischen  diesen  grösseren  Bestaudtheilen  ist  dann 
noch  feiner  Sand  eingestreut  von  der  gewöhnlichen  Beschaffenheit 
des  auch  darüber  liegenden  marinen  Sandes.  Das  Ganze  ist  durch 
ein  festes,  feinkrystallinisches  Kalkcäment  entweder  zu  einem  har- 
ten Gestein  verfestigt,  oder  nur  theilweise  zusammengefügt,  wobei 
dann  mehr  oder  weniger  die  Conglomeratnatur  hervortritt. 

Auch  in  der  Gegenwart  geht  eine  ähnliche  Bildung  am 
Strande  von  Gran  Canaria  vor  sich.  Figur  1  zeigt  an  der 
Fluthgrenze    der    Playa   de   la  Luz    ein  Sand-    und    Gerölllager, 


681 


Figur  1. 


welches  auf  älterem,  miocänem  Conglomerat  (I)  ruht  und  von  einer 
dünnen  Mergelschicht  (III)  bedeckt  wird.  Dieses  Lager  ist  erfüllt  mit 
LifJwfJmmiiixiH-KnoWen  von  einem  Durchmesser  bis  zu  4  cm  und 
Lithophi/lhi m-KnoWen  bis  10  cm.  Viele  sind  ganz  abgerollt,  an- 
dere tragen  noch  ihre  Aeste  wohl  erhalten,  während  dazAvischen 
kleine  bis  erbsengrosse  Körperchen,  die  abgebrochen  und  dann 
abgerollte  Aestchen  darstellen.  Dazwischen  kommen  natürlich 
auch  die  Reste  anderer  Thiere  und  Sandkörner  vor,  und  es  fehlt 
nur  das  feste  Kalkbindemittel,  um  aus  dieser  Schicht  ein  der 
miocänen  Kalkbank  vollständig  ähnliches  Gestein  zu  machen. 

2.    Die  Niederterrasse. 

Diese  der  Hochterrasse  vorgelagerte  untere  Terrasse  ist  es, 
auf  welcher  die  Stadt  Las  Palmas  erbaut  ist  und  welche  die  aus 
vulkanischen  Ausbruchsgesteinen  gebildete  Isleta  im  Norden  von 
Las  Palmas  mit  der  höheren  Terrasse  verbindet  und  so  aus  ihr 
eine  Halbinsel  gemacht  hat.  Soweit  die  Wurzel  dieser  Halbinsel 
aus  der  unteren  Terrasse  besteht,  hat  sie  einen  ganz  flachen  und 
von  Dünensand  vielfach  überwehten  Küstensaum,  der  im  Osten 
den  Namen  Playa  de  la  Luz,  im  Nordwesten  Playa  de  Con- 
fital  führt. 

Figur  2. 


%^gs 


Diese  Terrasse  ist  das  Product  der  Meereserosion,  durch 
welche  die  älteren,  miocänen  Schichten  der  Hochterrasse  (I)  in  einer 
Breite  von  mehreren  hundert  Metern  bis  auf  den  mittleren  Meeres- 
spiegel herab  abgetragen  worden  sind. 

Am  jetzigen  Meeresstrand  sieht  man  überall  zur  Ebbezeit 
im  Süden  von  Las  Palmas  die  Phonolithe  und  im  Norden  der 
Stadt  ein  hartes,  miocänes  Conglomerat  die  Basis  dieser  Terrasse 
bilden,    auf    denen    sich    erst     in   neuerer   Zeit   eine   verhältniss- 


682 


massig  dünne  Decke  von  Sand  und  Kies  (II)  abgelagert  hat  die 
weiter  landeinwärts  den  sehr  wahrscheinlich  gegen  die  höhere 
Terrasse  hin  allmählich  etwas  ansteigenden  Untergrund  gänzlich 
verhüllt.  Sicher  reichte  das  Meer  in  einer  früheren  Zeit  hö- 
her als  jetzt  herauf  und  bespülte  den  Fuss  der  Hochterrasse, 
hier  zugleich  Sedimente  ablagernd ,  welche  jetzt  trocken  ge- 
legt sind.  Dicht  an  jener  höheren  Terrasse  hat  man  schon 
vor  mehreren  Jahren  hinter  einem  Landgutc  von  S.  Catalina  im 
Norden  von  Las  Palmas  einen  Stollen  in  das  Steilgehänge  ge- 
trieben in  der  allerdings  aussichtslosen  Hoifnung  im  Miocän  eine 
Wasserquelle  anzutreffen.  Dabei  war  man  gezwungen,  zuerst  den 
Schuttkegel  zu  durchfahren,  welcher  ganz  regelmässig  den  Fuss 
des  Steilabfalles  verdeckt.  Unter  dieser  nicht  sehr  mächtigen 
Masse  von  Gehängeschutt  und  Gehängelehm  mit  vielen  Helix- 
Gehäusen  traf  man  in  unerwarteter  Weise  auf  versteinerungsreiche 
marine  Sandsteine  und  Conglomerate  (**),  welche  aber  50  m  tiefer 
liegen  als  diejenigen  der  nahen  miocänen  (*)  Schichten.  Sie  sind 
dem  unteren  versteinerungslosen  Conglomerat  der  Hochterrasse 
nur  vorgelagert  und  erweisen  sich  sowohl  hierdurch  als  durch 
ihre  Versteinerungen  als  eine  jüngere  pleistocäne  Bildung.  Auch 
Ch.  Lyell  hat  diese  Schicht,  aber  wie  es  scheint  an  einer  an- 
deren Stelle  aufgefunden.  Er  giebt  an,  dass  sie  35  Fuss  über 
Meer  und  150  Fuss  vom  Strande  entfernt  liege,  während  unser 
Fundort  etwa  doppelt  so  hoch  und  fast  zehnmal  so  weit  vom 
Strande  ab  liegt. 

Auch  diese  pleistocänen  Schichten  sind  gegenwärtig  zum 
grössten  Theil  der  Erosion  zum  Opfer  gefallen,  und  lockerer  Sand 
und  Mergel  sind  es  hauptsächlich,  welche  den  Boden  der  unteren 
Terrasse  zusammensetzen.  Von  diesen  Ablagerungen  der  jüngsten 
Zeit,  deren  Bildung  noch  immer  fortschreitet,  müssen  wir  auf 
zwei  besondere  Arten  noch  die  Aufmerksamkeit  lenken. 

a     Die  sogen.    Oolithe  von  Gran  Canaria. 

L.  VON  Buch  (1.  c,  p.  258)  sagt  in  seiner  Beschreibung  der 
Insel  Gran  Canaria:  „Der  heftige  Nordostpassat,  der  unausgesetzt 
den  ganzen  Sommer  hindurch  weht,  erhebt  die  leichten  Brocken 
von  zerbrochenen  Muscheln  und  kleine,  durch  die  Wellen  abge- 
rundete Körner  von  Trachyt  und  von  Basalt,  führt  sie  über  die 
schmale  liandenge  von  Guanarteme.  welche  die  Isleta  mit  der 
grösseren  Insel  verbindet,  und  setzt  sie  auf  der  anderen  Seite 
als  Dünen  wieder  ab,  von  80  oder  40  Fuss  Höhe,  welche  nord- 
deutschen Dünen  vollkommen  ähnlich  sind.  Hinter  den  Dünen 
trifft  der  Wind  das  Ufer  nicht  mehr,  die  Wellen  spielen  unauf- 
hörlich   mit  dem  Sande    und  das  Wasser  verbindet   es  nach  und 


683 


nach  zur  testen  Masse,  welche  zur  Ebbezeit  weggebrochen  wird. 
Das  Wasser  dieser  Wellen  ist  den  grössten  Theil  des  Jahres 
hindurcJi  bis  über  20"  R.  erwärmt  und  mit  dieser  Temperatur 
scheint  es  durchaus  und  überall  eine  besondere  Fähigkeit  zu 
erhalten,  Kalktheile  mechanisch  aufzulösen,  schwebend  zu  erhalten, 
und  sie  als  Sinter  wieder  abzusetzen,  dort  nemlich  wo  der  hef- 
tige Wind  die  anfangende  Bildung  nicht  immer  wieder  zerstört." 

So  erklärt  sich  L.  v.  Buch  die  Entstehung  eines  Gesteines, 
das  technisch  zur  Herstellung  von  Filtrirsteinen  ausgebeutet  wird 
und  das  er  weiterhin  in  folgender  Weise  charakterisirt:  „Unter- 
sucht man  diesen  Filtrirstein  etwas  genauer,  so  könnte  man  ihn 
leicht  für  einen  Rogenstein  halten.  Die  meisten  Körner  nemlich 
sind  rund,  kalkartig  und  umgeben  einen  sichtbaren  Kern,  um  so 
sichtbarer,  da  er  gcAvöhnlich  ein  dunkler,  kleiner  Brocken  von 
Basalt  oder  Trachyt  ist.  Oft  aber  erkennt  man  auch  deutlich 
ein  grösseres  Stück  einer  Muschel,  welches  einen  solchen  Kern 
bildet.  Grössere,  nicht  mit  solcher  Kalkrinde  umgebene  Trachyt- 
und  Basaltstückchen  mögen  durch  ihre  Ecken  die  Filtrirlöcher 
bilden,  und  ohne  sie  würde  man  vielleicht  das  Ganze  unbedenk- 
lich für  Rogenstein  ansehen.  Wenigstens  leugne  ich  nicht,  dass 
ich,  seitdem  ich  die  Bildung  dieser  Filtrirsteine  sah,  die  Rogen- 
steine der  Juraformation  nie  für  etwas  anderes  habe  ansehen 
können  als  für  die  Folge  einer  grossen  Bewegung  zerbrochener 
Muscheln  in  einem  sehr  erwärmten  Gewässer;  auch  zweifele  ich 
nicht,  dass  sich  auf  solche  Art  wohl  noch  jetzt  ganze  Rogenstein- 
flötze  auf  Korallbänken  der  Tropengegenden  absetzen  mögen." 

Berthelot  (1.  c,  p.  364)  drückt  sich  14  Jahre  später  in 
folgender  Weise  über  diesen  Gegenstand  aus:  „Des  oolites,  aussi 
caracterises  que  ceux  du  Jura,  de  Caen  en  Normandie  ou  de  Bath 
en   Angleterre,    se   forment  journellement    sur  les   plages    de    la 

grande  Canarie C'est  sur  les  plages  exposees  constamment 

ä    l'action    des    vents   alises    que    ce    phenomene    a    lieu " 

Seine  Erklärung  schliesst  sich  vollständig  an  die  von  v.  Buch 
gegebene  an,  aber  während  dieser  immer  noch  in  der  Porosität 
der  canarischen  Gesteine  einen  bemerkenswerthen  Unterschied 
von  den  echten  Oolithen  sieht,  geht  Berthelot  hierüber  still- 
schweigend hinweg. 

Auch  K.  VON  Fritsch  ^)  berührte  diese  Gebilde  1867:  „Der 
Dünensand  ist  in  einzelnen  Bänken,  namentlich  im  Meresniveau, 
zu  oolithischem  Kalkstein  geworden,  der  sich  da  noch  fort  und 
fort  bildet;    zum  Theil    geht  derselbe    aus  den    erhärteten  Kalk- 


^)  K.  VON  Fritsch.    Eeispbilder  von  den  Canarischen  Inseln.    Pe- 
termann's  geogr.  Mitth.,  Ergänz. -Heft  22,  18ö7,  p.  23. 


684 


Sandsteinen  hervor,  welche  die  kleinen  Riffe  zu  beiden  Seiten  des 
Isthmus  bilden.  Diese  Sandsteine,  aus  Muscheltrümmern  und  den 
dunklen  Körnchen  zerraahlener  vulkanischer  Gesteine  gebildet, 
liefern  das  beste  Material  für  die  Filtrirsteine."  Ein  Jahr  später 
aber  erhalten  wir  von  demselben  Autor  ^)  eine  eingehendere  Dar- 
stellung, wobei  die  Worte:  „So  werden  aus  den  losen  Kalkdünen 
feste  Kalksteine,  von  denen  oft  eijizelne  Lagen  noch  sandartig 
erscheinen,  andere  aber  durch  das  Hervortreten  der  einzelnen 
ursprünglich  vorhandenen  Kalkkörnchen  an  Oolith  erinnern",  deut- 
lich erkennen  lassen,  dass  zwischen  diesem  Gestein  und  Oolith 
doch  eine  bedeutende  Verschiedenheit  besteht. 

Betrachten  wir  uns  nun  die  fraglichen  oolithischen  Kalksteine 
an  Ort  und  Stelle,  so  erkennen  wir  liagerungsverhältnisse,  wie  sie 
Figur  3   darstellt,    und  die  durchaus  mit  den    schon  angeführten 

Figur  3. 


Schilderungen  übereinstimmen.  II  bildet  die  Unterlage  und  ist 
Meeressand,  vermischt  mit  Resten  abgestorbener  Algen  und  mehr 
oder  minder  grossen  Schalfragmenten  von  Meeresthieren.  Die 
Sandkörner  bestehen  aus  Augit,  Olivin.  Feldspath  und  anderen 
Mineralien  vulkanischer  Gesteine,  sowie  aus  abgerollten  Bruch- 
stücken kalkiger  Hartgebilde,  wie  sie  die  abgestorbenen  Seethiere 
liefern.  Landwärts  werden  diese  Sande  von  einem  feinerdigen, 
bräunlich  gelben  Mergel  (HI)  bedeckt,  der  nur  massig  fest  ist 
und  voll  von  Gehäusen  abgestorbener  Helix-,  Pitpa-  und  Cyclo- 
stoma  -  Arten  steckt.  Nur  ab  und  zu  hat  sich  auch  ein  mehr 
oder  minder  abgeriebenes  marines  Schalengehäuse  in  diese  I^age 
verirrt^).  Seewärts  ragen  die  Schichtköpfe  sehr  schwach  ge- 
neigter Sandsteinbänke  (I)  aus  den  sie  bespülenden  Meereswellen 
hervor.  Der  lockere  und  bei  Wind  fortwährend  in  Bewegung 
gehaltene  Dünensand  (im)  wird  vom  Passat  und  der  Seebrise 
regelmässig  von  NO  her  auf  die  älteren  Schichten  herauf  und 
über  sie  hinweg  geblasen.  Die  Hauptmasse  derselben  wandert  in 
Folge  dessen  landeinwärts  und  nur  ein  kleiner,  randlicher  Theil 
wird  bei  l  wieder  in's  Meer  getrieben,    wo   er   an  der  beständig 


^)  K.  V.  Fritsch  und  W.  Reiss.  Geol.  Beschr.  der  Insel  Tenerife, 
1868,  p.  427. 

*)  Umgekehrt  kommen  auch  Helix  -  Gehäuse  unter  den  marineu 
Schnecken  vor,  welche  man  zur  Ebhezeit  am  Str;nul  aufliest.  Ich  be- 
sitze ein  solches  von  Helix  malleata,  in  welchem  noch  der  Einsiedler- 
krebs sitzt,  der  es  zu  seiner  Wohnung  erkoren  und  in  das  Meeres- 
wasser hinausgeführt  hatte. 


685 


vor    sich    gehenden   Santlsteinbildung    einen    wesentlichen  Antheil 
nimmt. 

Schlägt  man  sich  von  den  bei  niederem  Wasserstand  zu- 
gänglichen Schichtköpi'en  ein  Stück  des  Sandsteines  ab,  der  ober- 
flächlich von  zahlreichen  Serpula-Gehämsen  bedeckt  zu  sein  pflegt, 
so  fällt  zunächst  seine  sehr  lockere  Beschaffenheit  auf.  Er  lässt 
sich  ganz  leicht  mit  der  Hand  zerreiben  und  zerlegt  sich  hierbei 
in  seine  einzelnen  Bestandtheile.  Die  Sandsteinkorner  haben  die- 
selbe Beschaffenheit  und  gleiche  Grössen  wie  die  Körner  des 
Dünensandes  und  unterscheiden  sich  dadurch  auffallend  von  dem 
Meeressande  bei  IL  Ihr  Durchmesser  überschreitet  selten  einen 
Millimeter,  ist  aber  gewöhnlich  geringer.  Es  sind  kleine,  schwärz- 
liche Basalt-  und  grünliche  Phonolithstückchen,  lichte  Feldspathe, 
schwarze  Augite,  hell  gelbe  Olivine.  Titanite  und  röthlich  braune, 
stark  umgewandelte  Mineralkörner,  daneben  die  lichtfarbigen  Kalk- 
schalenkörner, unter  denen  auch  grössere  Bruchstücke  von  Fora- 
miniferen  -  Gehäusen  vorkommen.  Zwischen  all'  diesen  Körnern 
liegt,  gewissermaassen  als  Bindemittel,  ein  feiner,  heller,  mine- 
ralischer Staub,  der  aber  keinen  festen  Zusammenhalt  hat,  wes- 
halb das  Gestein  so  leicht  zerrieben  werden  kann. 

Bringt  man  etwas  von  der  zerriebenen  Masse  unter  das  Mikro- 
skop, so  zerlegt  sich  dieser  Staub  in  kleinste  Kalkkörnchen,  deien 
Durchmesser  zwischen  1  und  7  Tausendstel  Millimeter  schwankt  und 
die  sich  unter  Entwicklung  von  Bläschen  leicht  und  rasch  in  Salz- 
säure auflösen.  Diese  Staubkörnchen  adhäriren  an  den  grösseren 
Sandkörnern,  z.  Th.  selbst  nach  Zusatz  von  Wasser,  während  ein 
anderer  Theil  alsdann  leicht  abfällt,  sodass  die  dunklen  Augit- 
körner  von  einzelnen,  bei  auffallendem  Licht  hell  aufleuchtenden 
Kalkkörnchen  wie  gespickt  erscheinen.  Nach  Auflösung  in  Salz- 
säure bleiben  neben  den  Silicatkörnern  nur  noch  winzig  kleine, 
unregelmässig  gestaltete  Häutchen  oder  Schüppchen  zurück,  welche 
zwischen  gekreuzten  Nicols  nur  sehr  schwach  aufleuchten  und  das 
Aussehen  macerirter  Zellhäute  haben.  Auch  etwas  grössere,  schon 
mit  der  Lupe  erkennbare  Partieen  von  Zellhäuten  liegen  eben- 
falls und  nicht  selten  zwischen  den  grösseren  Sandkörnern. 

Ein  festeres  Gefüge  zeigt  dieser  Sandstein  in  grösserer  Tiefe, 
wo    er    stets  vom   Meereswasser    bedeckt  bleibt,    und  nur    diese 
„.  Qualität  kann   zu  Filtrirsteinen  verarbeitet   wer- 

den. Er  allein  hat  insofern  ein  oolithisches  Aus- 
sehen, als  jedes  der  Sandkörner  von  einem 
papierdünnen .  milchweissen  Kalküberzug  mehr 
oder  weniger  vollständig  eingehüllt  ist.  (Fig.  4 
in  lOfacher  Vergrösserung.)  Wo  die  so  ein- 
geschlossenen    Sandkörner     einander    berühren, 


sind  die  Hüllen  mit  einander  verwachsen,  sodass  sie  geradezu 
ein  im  Gestein  liegendes,  zelliges  Maschenwerk  bilden.  Da  die 
Sandkörner  nur  kantengerundet,  aber  nie  kugelrund  sind,  so  las- 
sen sie  zwischen  sich  kleine,  unregelmässige  Hohlräume  frei,  die 
auch  von  den  dünnen  Kalkhüllen  nicht  ausgefüllt  werden,  deren 
Maschenmerk  also  grössere  Zellen  besitzt,  in  denen  die  Sand- 
körner liegen,  und  kleinere,  unter  einander  communicirende.  welche 
hohl  sind  und  denen  das  Gestein  seine  Brauchbarkeit  zum  Fil- 
triren  verdankt.  Bricht  man  einzelne  Sandkörner  vorsichtig  heraus, 
so  bleibt  in  der  Regel  die  untere  Hälfte  des  kalkigen  Ueberzuges 
im  Gestein   zurück  als  Negativ  des  herausgenommenen  Kornes. 

Von  Oolithen  unterscheidet  sich  dieser  Stein  schon  äusserlich 
hinreichend.  Keines  der  umhüllten  Körner  zeigt  kugelrunde  For- 
men. Die  unregelraässige  und  meist  eckige  Gestalt  der  Sand- 
körner wird  von  dem  dünnen  üeberzug  nicht  verhüllt,  um  so  we- 
niger als  derselbe  gar  nicht  selten  lückenhaft  ist  und  das  Korn 
entblösst  hervorschauen  lässt.  Auch  sind  die  Kalkhüllen  weder 
hart,  noch  haften  sie  fest  den  Körnern  an.  Mit  einem  spitzen 
Messer  schabt  man,  ohne  den  geringsten  Widerstand  zu  ver- 
spüren, den  üeberzug  wie  eine  seifige  Masse  von  seiner  Unterlage 
ab.  In  Wasser  gebracht,  zerfällt  die  Masse  rasch  in  ihre  Bestand- 
theile  und  wir  erkennen  in  diesen  unter  dem  Mikroskop  dieselben 
Kalkstaubkörnchen  und  winzigen  organischen  Häutchen ,  sowie 
etwas  grössere  (3  Hundertstel  Millimeter)  Körner  von  Augit, 
Olivin  und  Titanit,  wie  sie  auch  das  Bindemittel  des  vorhin  be- 
sprochenen, lockeren  Sandsteines  zusammensetzen. 

Wo  grössere,  schon  mit  der  Lupe  erkennbare  Massen  or- 
ganischer Natur  eingeschlossen  sind,  hat  sich  der  Kalkstaub  be- 
sonders hartnäckig  auf  denselben  eingenistet.  An  einem  Gemenge 
pflanzlicher  Zellschläuche  (die  einzelnen  Zellen  waren  bis  0,2  mm 
lang  und  1  mm  breit)  hafteten  dieselben  so  fest,  dass  weder  der 
Zusatz  von  Wasser,  noch  der  Druck  des  Deckgläschens,  noch 
auch  die  Präparirnadel  dieselben  abstreifen  konnte.  Erst  Salzsäure 
löste  sie  rasch  auf.  Es  geht  daraus  hervor,  dass  die  mikrosko- 
pische Beimengung  organischer  Substanzen  wesentlich  zum  Zu- 
sammenhalt der  kalkigen  Ueberzüge  und  damit  auch  zur  Festigkeit 
des  ganzen  Gesteins  beitragen  muss. 

Dieses  Gestein  kann  nicht  anders  bezeichnet  Averden  als 
poröser  Sandstein,  weil  das  Bindemittel  von  feinem  Staub  und 
organischer  Masse  nicht  alle  Zwischeiu'äume  ausfüllt,  sondern  häutig 
die  Sandkörner  umhüllt.  Dabei  haben  seine  Elemente  aber  weder 
eine  zonale,  noch  eine  radiale  Anordnung  erhalten,  und  sie 
lassen  einen  Vergleich  mit  Oolithen  schon  aus  diesem  Grunde 
ganz  besonders  aber  auch  noch  deshalb  nicht  zu,    weil  sie  nicht 


687 

authigeu,  sondern  allotliigen  sind.  Das  vorwiegend  kalkige  Binde- 
mittel ist  nicht  aus  einem  Niederschlag  des  im  Meereswasser  in 
Lösung  betin dlichen  kohlensauren  Kalkes  entstanden,  sondern  wird 
als  feiner  Staub  mit  dem  Dünensand  in  das  Meer  hineingeweht, 
wo  es  unter  dem  Druck  des  nur  schwach  bewegten  Meereswassers 
sich  mit  allerhand  organischen  Resten  vermischt,  fester  an  die 
Dünen-Sandkörner  anschliesst  und  sie  gewisscrmaassen  verkleistert, 
während  da.  wo  näher  an  der  Mecresobei-fläche  der  Druck  fehlt 
und  der  Wellenschlag  sich  heftiger  bemerkbar  macht,  es  zu  keiner 
wirkhchen  Umhüllung  kommt  und  das  Bindemittel  seinen  staub- 
artigen Charakter  behält. 

b.    Der  Steppenmergel  und  -kalk. 

Der  soeben  besprochene  Kalkstaub,  welcher  ein  Begleiter 
des  Dünensandes  ist.  hat  bisher  nur  wenig  Beachtung  gefunden. 
K.  V.  Fritsch  erwähnt  ihn  blos  einmal  und  Haktung,  welcher 
die  Kalk-  und  Mergelbildungen  auf  den  Canarischen  Inseln  und 
Madeira  am  eingehendsten  behandelt  hat.  scheint  ihn  gar  nicht 
zu  kennen. 

Der  Wind,  welcher  den  Dünensand  landeinwärts  trägt,  nimmt 
vom  Strande  nur  diejenigen  Körner  mit.  deren  Gewicht  seiner 
Tragfähigkeit  nicht  trotzen.  Der  Durchmesser  dieser  Körner 
überschreitet  bei  Las  Palmas  für  gewöhnlich  1  mm  nicht.  Die 
Kraft  des  Windes  nimmt  landeinwärts  wegen  der  zu  überwinden- 
den Reibung  allmählich  ab.  und  deshalb  wandert  der  Dünensand 
auch  nur  eine  beschränkte  Strecke  weit  in's  Land.  Zugleich 
muss  er.  der  Küstenbeschaffenheit  entsprechend,  bergan  steigen, 
und  bei  Las  Piletas  ist  er  am  Gehänge  bis  zu  Höhen  von  60  m 
heraufgeweht  worden.  Diejenigen  Körnchen,  welche  sehr  klein 
sind  und  die  wir  als  Staub  zu  bezeichnen  pflegen,  Averden  von 
demselben  Winde  natürlich  viel  leichter  fortgeschafft  und  auch 
höher  in  die  Luft  emporgetragen  als  die  Sandkörner,  in  Folge 
dessen  sie  ein  viel  grösseres  Areal  bedecken  als  diese.  Selbst 
an  Orten,  wo  die  geringe  Stärke  des  Windes  oder  die  Ungunst 
des  Geländes  Dünenbildung  gänzlich  ausschliesst .  finden  wir  oft 
den  Kalkstaub  ziemlich  weit  verbreitet.  Die  Art  seiner  Verbrei- 
tung ist  allen  Beobachtern  aufgefallen  und  am  eingehendsten  von 
Hartuncj^)  beschrieben  worden:  ^Diese  oberflächlichen  Kalkabla- 
gerungen erlangten  auf  den  unteren  sanft  geneigten  Küstenstrichen 
eine  Mächtigkeit  von  2  bis  8  Fuss.    während    sie  an  den  steiler 


^)  G.  Härtung.  Geolog.  Beschreibung  der  Insel  Madeira,  Porto 
Santo;  Leipzig  1864,  p.  168.  —  Siehe  auch:  Derselbe,  Die  Azoren, 
Leipzig  1864,  p.  295  —  304. 


688 


ansteigenden  Gehängen  nur  dünn  bleiben;  nach  aufwärts  aber 
spitzen  sie  endlich  ganz  aus,  oder  reichen  ausnahmsweise,  wie 
z.  B.  an  der  Cuesta  de  la  Villa  auf  Fuerte  Ventura,  unter  be- 
sonderen Verhältnissen  bis  auf  die  Höhe  hinauf." 

Merkwürdiger  Weise  hat  Härtung  diese  Ablagerungen  in 
keinerlei  Beziehung  zum  Dünensand  gebracht,  sondern,  durch 
Lyell  angeregt,  den  Versuch  gemacht,  sie  aus  der  Zersetzung 
der  kalkhaltigen  Basalte  hei'zuleiten.  welche  z.  Th.  die  Oberfläche 
dieser  Inseln  bilden.  „Schreitet  die  Zersetzung  weiter  fort  und 
werden  die  anfangs  mehr  zerfallenen  als  aufgelösten  Gesteine  all- 
mählich gänzlich  zerstört,  so  nimmt  der  Regen  den  Kalkgehalt 
auf  und  setzt  ihn  nach  dem  Verdunsten  des  Wassers  als  kohlen- 
sauren Kalk  wieder  ab Die  Kalkkruste  zerfällt    ebenfalls 

allmählich  an  ihrer  Oberfläche  und  ihre  Zersetzungsproducte  wer- 
den ebenso  wie  die  vulkanischen  Erzeugnisse  an  den  Abhängen 
herab  auf  die  unteren  sanft  abgedachten  Gehänge  geschwemmt, 
wo  die  meisten  zur  Ruhe  kommen  und  der  gelöste  Kalk  sich 
unter  der  heissen  Sonne  des  subtropischen  Klimas  aus  dem  schnell 
verdunstenden  Wasser  wieder  absetzt." 

Danach  würde  also  der  Kalk  hauptsächlich  in  der  sogen. 
Wald-  und  Wolkenregion  entstehen  und  nach  der  Küstenregion 
durch  das  Regenwasser  herabgebracht  werden.  Wäre  dem  wirk- 
lich so,  dann  müsste  man  auf  Canaria,  Tenerife  und  Madeira 
mit  ihren  grossen  und  regenreichen  Waldregionen  besonders  starke 
Kalkablagenuigen ,  auf  Fuerte  Ventura  und  Lanzerote  hingegen, 
die  eine  solche  Region  gar  nicht  besitzen,  und  die  wegen  ihrer 
Regenarnmth  berüchtigt  sind,  nur  sehr  schwaclie  Entwicklung  der- 
selben erwarten.  Bekanntlich  ist  aber  gerade  das  Gegentheil  der 
Fall,  ja  man  hat  sogar  Jahre  lang  von  den  zwei  letztgenannten 
Inseln  diesen  Kalk  nach  den  anderen  canarischen  Inseln  ver- 
frachtet, weil  er  dort  zu  gering  entwickelt  ist,  um  zum  Kalk- 
brennen genügend  Material   zu  liefern. 

Besonders  unwahrscheinlich  ist  aber  die  HARTUNG-LvELL'sche 
Erklärung  für  die  Kalkablagerungen  bei  Las  Palmas  auf  Gran- 
Canaria,  wo  sie  gerade  über  jenen  flachen,  breiten,  terrassen- 
förmig abfallenden  Landstrich  ausgebreitet  sind,  der  von  der 
Waldregion  weit  entfernt  liegt,  und  dessen  Obeiüäche  fast  nie- 
mals von  den  fliessenden  Gewässern  des  Berglandes  erreicht  wird. 

Fast  überall  nun,  wo  die  Culturanlagen  die  ursprüngliche 
Bodenbeschaffenheit  nicht  verändert  haben,  besitzt  dieser  flache 
Landstrich  auf  seinen  beiden  Terrassen  eine  dünne,  bis  zu  einem 
Meter  starke  Oberflächendecke,  die  aus  feinerdigem,  gelblich 
weissem  Mergel  besteht.  Derselbe  erinnert  durch  seine  gleich- 
massige  Feinerdigkeit  und  durch  seine  geringe  Festigkeit,   die  der 


689 


Gewinnung  wohl  geformter  Handstücke  sehr  hinderlich  ist,  lebhaft 
an  unseren  Löss.  Stellenweise,  besonders  auf  der  unteren  Terrasse 
und  ganz  besonders  auf  der  sogen.  Isleta,  schliesst  er  zahllose 
Gehäuse  von  Landschnecken  (Hel/'x  maUeata  Fer.  ,  H.  pisana 
MtJLLER,  H.  plicaria  Lam.  ,  Cyclostoma  canariensis,  Pupa)  ein. 
die  hinwiederum  anderwtärts.  und  hauptsächlich  auf  der  höheren 
Terrasse,  oft  gänzlich  fehlen.  Die  rundlichen  Kalkconcretionen 
(Lösskindl)  unseres  Lösses  konnnen  zwar  nicht  vor,  dafür  ist  er 
aber  oberflächlich  oft  in  dünnen  Krusten  zu  hartem,  klingendem 
Kalkstein  versintert. 

Das  Mikroskop  lehrt,  dass  dieser  Mergel  aus  winzigen,  bis 
5  Tausendstel  Millimeter  grossen  Kalkkörnchen  besteht,  denen  sich 
einzelne  bis  30  Tausendstel  mm  grosse  Körnchen  von  Silicatraine- 
ralien  (aus  den  vulkanischen  Gesteinen  abstammend)  und  verhält- 
nissmässig  nicht  selten  pflanzliche  Häutchen  und  Schüppchen 
(Zellmembranen)  zugesellen.  Dieser  Kalkstaub  unterscheidet  sich 
in  nichts  von  demjenigen,  welcher  das  Bindemittel  des  submarinen 
Filtrirsteines  bildet.  Dass  beide  Dünenstaub  sind,  der  einmal 
landwärts,  das  andere  Mal  leewärts  getrieben  wurde,  ist  unver- 
kennbar. Ein  Transport  von  aus  Verwitterung  der  Basalte  ent- 
standenem Kalk  von  den  Bergen  der  Insel  herab  über  die  breiten 
Terrassen  des  Vorlandes  ist  hier  ganz  undenkbar.  Das  Regen- 
wasser, welches  von  dort  hei'abfliesst .  ist  ausschliesslich  auf  die 
schmalen,  tiefen  Barrancos  beschränkt,  welche  das  Thalland  durch- 
furchen. Kein  Tropfen  derselben  erreicht  die  Oberflächen  der 
Terrassen,  wo  sich  jener  Mergel  findet,  und  auch  in  den  Bar- 
rancos ist  das  fliessende  Wasser  eine  grosse  Seltenheit.  Der 
landschaftliche  Charakter  dieses  Theiles  der  Insel  ist  durchaus 
ein  steppenartiger.  Quellen  und  regelmässig  fliessende  Gewässer 
fehlen,  die  Regentage  sind  selten  und  hauptsächlich  auf  die 
Winterzeit  vertheilt.  Die  Regenmengen  sind  gering  und  fallen 
gewöhnlich  in  heftigen  Platzregen  nieder,  sodass  sie  keine  Zeit 
haben,  in  den  harten,  trockenen  Mergelboden  einzudringen.  Sie 
laufen  deshalb  in  die  tieferen  BaiTancos  rascli.  ab  oder  verdunsten 
auf  dem  Steppenboden,  ohne  ihn  bedeutend  anzufeuchten.  Es 
besteht  keine  geschlossene  Pflanzendecke;  einzeln  sind  Euphor- 
bien, Staticeen,  Tamarisken,  Compositen  u.  a.  über  den  Boden 
ausgestreut.  Sie  gehören  meist  Arten  an.  deren  Blattspreiten 
verkümmert  sind,  und  deren  saftreiche  Stengel-  und  Blattgebilde 
auf  langdauernden  Mangel  atmosphärischer  Niederschläge  einge- 
richtet sind.  Es  ist  eine  echte  Steppenflora,  zwischen  der  überall 
der  helle  Mergelboden  hervorschaut.  Der  Staub,  den  der  regel- 
mässig blasende  Seewind  (theils  der  NO-Passat,  theils  der  Tages- 
Seewind),    wenn  auch  in  gei-in gen- Mengen .  herbei  bringt,    findet 


690 


zwischen  den  Pflanzen  genügend  Platz  und  erhöht  so  langsam 
Jahr  aus  Jahr  ein  den  Boden.  Die  absterbenden  Pflanzen  liefern, 
insbesondere  durch  ihre  unterirdischen  Theile.  reichlich  die  orga- 
nischen Bestandtheile,  welche  nicht  nur  das  Mikroskop  in  diesem 
Mergel  findet,  sondern  auch  schon  das  unbewaffnete  Auge  in  den 
zahlreichen  hohlen,  feinsten  Wurzelröhrchen  erkennt,  welche  den 
Mergel  durchziehen. 

Da.  wo  dieser  Düncnstaub  unmittelbar  auf  den  Geröllschichten 
der  höheren  Terrasse  abgelagert  worden  ist,  sieht  man  oft,  dass 
er  bis  über  einen  Meter  tief  in  diese  eingedrungen  ist  (Figur  5). 

Pigur  5. 


Mergel. 


Kies  u.  Sand  mit 
Mersrel  Überzügen. 


Merg'el  mit  Kies 
und  Sand. 


Kies  und  Sand. 


Die  einzelnen  Gerolle  sind  alsdann  von  dünnen  Kalkschlamm- 
krusten überzogen,  die  genau  dasselbe  Aussehen  haben  wie  die- 
jenigen, welche  sich  der  Fussgänger  auf  einer  schmutzigen  Land- 
strasse bei  nassem  Wetter  auf  seinen  Schuhen  zuzieht.  Es  ist 
unverkennbar,  dass  die  starken  Regenmassen,  welche  während  der 
Regenzeit  diese  sonst  so  wasserarmen  Gebiete  heimsuchen,  durch 
die  oberflächliche  Mergelschicht  hindurchgedrungen  sind  und  einen 
Theil  des  Kalkstaubes  mit  in  die  liegende  Kiesschicht  herein- 
gerissen haben. 

Mit  diesem  Eindringen  der  atmosphärischen  Niederschläge 
in  die  Kalkstaub  -  Schicht  ist  aber  offenbar  auch  ein  chemischer 
Process  verbunden.  Das  Kohlensäure  -  haltige  Regenwasser  löst 
jedesmal  ein  Weniges  des  feinen  Kalkstaubes  auf.  und  wenn  es, 
ohne  tief  einzudringen,  in  dem  heissen.  lockeren  Boden  rasch 
verdunstet,  so  muss  sich  diese  Lösung  wieder  als  Kalk  in  der 
Mergelschicht  selbst  absetzen.  Auf  diese  Weise  erklärt  es  sich 
leicht,  warum  oftmals  die  lössartige  Oberflächen-Schicht  von  einer 


691 


mehr  oder  minder  dicken,  sinterartigen  Kalkkruste  bedeckt  ist, 
oder  doch  einzahle  Krusten  in  seinen  oberen  Theilen  ein- 
schliesst.  Diese  Kalksteinbiklung  erhöht  die  Unfruchtbarkeit  des 
Steppenbodens  erhebMch.  Denn  auf  ihr  ist  fast  aller  Pflanzen- 
wuchs unmöglich,  und  wenn  auch  der  Wind  immer  wieder  neuen 
Staub  auf  die  einmal  gebildete  Kruste  hinweht,  so  erhält  dieselbe 
eben  dadurch  auch  wieder  die  Möglichkeit  nach  oben  fortzu- 
wachsen, indem  das  Regenwasser ,  welches  die  neue  Staubschicht 
durchsickert,  auf  ihr  verdunstet  und  den  gelösten  Kalk  absetzt. 
Die  Form  dieser  sinterartigen  Kalkbildungen  variirt  natürlich  je 
nach  der  Bodenbeschaifenheit  und  andferer  sie  begünstigenden 
Umstände.  Es  scheint,  dass  tiefer  eindringende  Pflanzenwurzeln 
ihrer  Entstehung  besonders  förderlich  sind,  sei  es,  dass  sie  dem 
Wasser  den  Weg  zeigen,  sei  es.  dass  sie  Lösung  und  Absatz 
des  Kalkes  erleichtern. 

Bei  Las  Palmas  ist.  entsprechend  der  geringen  Ausdehnung 
des  Steppenlandes,  diese  Art  von  Kalkstein  nur  schwach  ent- 
wickelt, während  sie  auf  Lanzarote  und  Fuei'te  Ventura  grosse 
Mächtigkeit  und  Bedeutung  erlangt.  Nach  den  vorhandenen  Schil- 
derungen kann  sie  auch  dort  nui'  als  eine  im  Steppenland  vor 
sich  gehende  Versinterung  des  Dünenstaubes  angesehen  werden 
und  verdient  deshalb  durchaus  als  Steppenkalkstein  bezeichnet 
zu  werden.  Es  scheint  eine  allen  Kalk  -  Steppen  eigenthümliche 
Bildung  zu  sein,  der  man  bisher  wohl  von  Seiten  der  Geologen 
eine  zu  geringe  Aufmerksamkeit  geschenkt  hat.  Die  ausgedehnten 
Steppen  Algeriens  und  Tunesiens  weisen  sie  fast  überall  auf. 
Mit  einer  ermüdenden  Beständigkeit  begleiten  sie  die  langen 
Eisenbahnlinien,  welche  die  algerischen  Steppen  durchziehen.  Bald 
bilden  sie  unmittelbar  die  Oberfläche,  bald  werden  sie  von  einer 
lockeren,  bis  ein  Fuss  starken  Erdschicht  bedeckt;  bald  sind  sie 
nur  ganz  dünn  und  bilden  keine  geschlossene  Decke,  bald  erlan- 
gen sie  mehrere  Fuss  Mächtigkeit.  Wo  sie  stark  genug  sind, 
gräbt  man  wohl  die  lockere  Erde  unter  ihrer  Decke  aus,  um 
windgeschützte  Höhlen  für's  Nachtquartier  zu  gewinnen. 

Es  gelten  auch  für  Nord- Afrika  die  Beschreibungen,  welche  für 
die  Canarischen  Inseln  gegeben  sind.  Ueber  den  mächtigen  Kiesen 
und  Sauden,  welche  die  Niederungen  der  von  hohen  Gebirgsketten 
umgebenen  Steppen  bedecken  und  ausgeebnet  haben,  liegt  der 
feine  Kalkstaub,  welcher  von  den  Winden  zusammengeweht  wird. 
Man  kann  ihn  hier  allerdings  nicht  ausschliesslich  als  Dünenstaub 
bezeichnen,  weil  eigentliche  Dünen  nur  eine  untergeordnete  Rolle 
in  diesen  Steppen  spielen,  aber  auch  hier  ist  es  der  Wind,  wel- 
cher die  Bestandtheile  der  Alluvionen  nach  ihrem  specifischen 
Gewichte    ordnet    und    den    leichten    Staub    zu    oberst    ablagert. 


692 


Dieser  Steppenstaub  wird  dann  von  den  atmosphärischen  Nieder- 
schlägen in  derselben  Weise  oberflächlich  versintert,  wie  wir  dies 
auf  Gran  Canaria  haben  vor  sich  gehen  sehen.  Die  Erklärung, 
welche  Pomel  ^)  dieser  Bildung  in  Tunis  hat  geben  wollen,  scheint 
mir  ungenügend,  da  über  die  Herkunft  der  in  Folge  von  Ca- 
pillarkräften  aufsteigenden  Wasser,  die  an  der  Oberfläche  ver- 
dunsten und  den  Kalk  absetzen  sollen,   nichts  gesagt  ist. 

Auch  auf  Dünensand  können  sich  solche  Kalkkrusten  bilden. 
Bei  Oran  hat  die  Steilküste  des  Meeresufers  mehrere  solche  in 
jenen  mächtigen  Dünensanden  aufgeschlossen,  w'elche  dort  die 
grauen,  pliocänen,  foraminiferenreichen  Mergel  überlagern,  selbst 
längst  schon  ihren  Dünencharakter  verloren  haben  und  durch 
eine  oberflächliche  Kalkkruste  den  Wirkungen  des  Windes  ent- 
zogen sind. 

Von  oben  nach  unten  trifft  man: 

0,3  m  sinterartige  Kalkkruste, 

4,0  „  Dünensand  mit  einzelnen  Hei  ix -Gehäusen, 

0,3  „  sinterartige  Kalkkruste, 

4,0  „  Dünensand  ohne  HeJix, 

2,0  „  sinterartige,  mit  Sand  untermischte  Kalkkruste, 

4,0  ,,  Dünensand  mit  i/efe'ic- Gehäusen, 

9,0  „  Dünensand  ohne  Helix- (jehmse, 

5,0  ^  fester,  mariner  Kalkstein, 

30,0  „  grauer,   foraminiferenreicher  Mergel, 


58,6  m. 

Jede  dieser  drei  Kalkkrusten  entspricht  ohne  Zweifel  einer 
zeitweiligen  Oberfläche,  und  sie  stellen  im  fossilen  Zustand  dar, 
was  man  in  den  Steppen  und  auf  Gran  Canaria  noch  im  Zustand 
des  Werdens  beobachten   kann. 

Schlussfolgerungen. 

Nach  dem  Vorhergehenden  gelangen  wir  zu  folgenden  Schlüssen: 
1 .  Die  miocänen  Ablagerungen  der  Hochterrasse  haben  sich 
längs  einer  aus  vulkanischem  Material  aufgebauten  Küste  und  in 
nur  geringer  Meerestiefe  gebildet.  Das  VorheiTSchen  grober  Ge- 
röllmassen, das  fast  gänzliche  Zurücktreten  feinen  Schlannnes, 
das  gesellige  Auftreten  des  Litliotliamniitm  Racemus,  welches  im 
Golf  von  Neapel  hauptsächlich  zwischen  50  und  60  Meter  Tiefe 
angetroffen  wird,   sowie  auch  der  im  zweiten  Theil  zu  besprechende 


1)  A.  Pomel.    Geologie  de  la  Petita  Syrte  et  la  region  des  Chotes 
tunisiens.     Bull.  soc.  geol.  France,  III,  t.  6,  1877,  p.  227. 


693 


CharaJIder   der  Fauna    lassen  auf  eine  Meerestiefe  von  bedeutend 
weniger  als   100  m  scliliessen. 

2.  Die  Trockenlegung  dieser  submarinen  Schichten  war  mit 
keiner  merklichen  Verschiebung  derselben  aus  ihrer  horizontalen 
Lage,  sondern  nur  mit  einer  negativen  Verschiebung  der  Strand- 
linie um  etwas  mehr  als  100  m  verknüpft.  Es  fand  eine  theilweise 
Abrasion  des  so  trocken  gelegten  Landes  statt,  welche  einen  um 
etwa  70  m  tiefer  gelegenen  Meeresboden  erzeugte,  auf  welchem 
zur  Diluvialzeit  von  Neuem  marine  Schichten  abgesetzt  wurden. 
Auch  diese  sind  jetzt  durch  eine  erneute  negative  Bewegung  der 
Strandlinie  zum  trockenen  Land  geworden. 

3.  Zieht  man  von  der  Basis  der  diluvialen  Schichten  von 
S.  Catalina  eine  Linie  bis  zum  Meeresstrand  und  von  dort  eine 
andere  bis  zur  100  Faden  -  Tiefe  des  Meeresgrundes,  so  haben 
beide  Linien  in  ihrer  Neigung  zum  Horizont  ungefähr  gleiches 
Gefälle.  Es  ist  deshalb  sehr  wahrscheinlich,  dass  die  untere 
Terrasse  und  der  Meeresboden  nahe  der  Küste  das  reine  Product 
der  Thätigkeit  des  Meeres  sind. 

4.  Ob  man  die  Trockenlegung  der  marinen  Schichten  durch 
eine  Hebung  des  Meeresbodens,  oder  durch  eine  Senkung  des 
Meeresspiegels,  oder  aus  einer  Vereinigung  von  Bewegungen  in 
der  festen  und  flüssigen  Erdhülle  erklären  soll,  bleibt,  so  lange 
man  nur  die  Verhältnisse  auf  Gran  Canaria  in  Betracht  zieht, 
zweifelhaft,  wenn  schon  die  ansclieinend  ungestörte  Lagerung  der 
Sedimente  und  die  tiefere  Lage  der  jeweilig  jüngeren  Schichten 
der  ausschliesslichen  Erklärung  aus  einer  Senkung  des  Meeres- 
spiegels das  Wort  zu  reden  scheint. 

Richten  wir  den  Blick  aber"  zugleich  auf  die  mit  den  cana- 
rischen  Inseln  so  eng  verschwisterten  Azoren  und  Madeira,  so 
erscheint  uns  diese  Angelegenheit  in  einem  helleren  Licht.  Die 
marinen  Schichten  auf  Sta  Maria  (Azoren) .  von  S.  Vincente  auf 
Madeira  und  von  Porto  Santo  bei  Madeira  sind  nach  den  sorg- 
fältigen Untersuchungen  Meyer  -  Eymar's  niittelmiocänen  Alters, 
und  wie  aus  der  nachfolgenden  Beschreibung  der  fossilen  Arten 
Canarias  hervorgeht,  mit  den  Schichten  der  Hochterrasse  gleich- 
alterig.  xiuch  sie  sind  Küstenablagerungen  und  annähernd  in 
gleicher  Meerestiefe  entstanden.  Nur  für  die  Ablagerung  von 
Ilheo  de  Baixo  auf  Porto  Santo  könnte  man  vielleicht  wegen  der 
etwas  häufigeren  Korallen  eine  grössere  Tiefe  vermuthen.  aber  das 
Vorkommen  von  Seichtwasserbewohnern  wie  Cypraea  und  Calyp- 
traea  widersprechen  dem  entschieden. 

Diese  gleichalterigen  Ablagerungen  aus  annähernd  gleichen  Mee- 
restiefen werden  gegenwärtig  aber  in  sehr  verschiedenen  Meereshöhen 
angetroffen,  welche  zwischen   400  Meter  und  0  Meter  liegen. 

Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  4.  46 


694 


Dabei  sind  sie  zwar  alle,  mit  Ausnalmie  der  mit  22,"  ge- 
neigten Schichten  von  der  Ponta  da  Papageio  auf  Sta  Maria, 
ziemlich  ebenso  horizontal  gelagert,  wie  ihre  ursprüngliche  La- 
gerung gewesen  sein  kann,  aber  das  verschiedenartige  Niveau, 
welches  sie  jetzt  einnehmen,  können  sie  nur  durch  Bewegungen 
erlangt  haben,  welche  in  der  festen  Erdkruste  vor  sich  gegangen 
sind ,  und  welche  an  verschiedenem  Ort  verschiedene  Stärke 
hatten  Dass  daneben  auch  eine  Senkung  des  Meeresspiegels 
stattgefunden  haben  kann,  und  dass  diese  Bewegungen  in  der 
Erdkruste  nicht  nothwendig  „wirkliche  Hebungen"  gewesen  sein 
müssen,   versteht  sich  wohl  von  selbst. 


IL   Die  Fauna. 

I.    Die  Schichten  der  Hochterrasse. 

üeber  die  Versteinerungen  dieser  Schichten  hat  Ch.  Lyell 
einige  Mittheilungen  in  „The  student's  Elements  of  Geology" 
gemacht.  Er  führt  dort  nur  Clypeaster  aUus,  Spondylus  goede- 
ropus,  Pectunculns  püosus,  Cardita  calycidata  und  das  Vorkom- 
men der  Gattungen  Corhis,  Hinnitcs,  Calyptraea,  Hipponyx, 
Nerita,  JSrafo,  Oliva,  Fasciolaria  und  Thecidium  an  zum  Be- 
weise des  obermiocänen  Alters  dieser  Ablagerungen.  P.  P.  Wood- 
ward fand  in  den  von  Lyell  gesammelten  und  jetzt  im  British 
Musemii  befindlichen  Materiale  62  Arten,  über  welche  er  jedoch 
keine  weiteren  Mittheilungen  gegeben  hat.  Zwei  interessante 
Fischarten ,  Pharyngodopilus  Africanus  und  Ph.  Canariensis, 
welche  in  denselben  Ablagerungen  gefunden  worden  sind,  hat 
Herr  Prof.  Igino  Cocchi  ^)  beschrieben.  Eine  neue  Pectunculus- 
Aii,  P.  insolitiis,  hat  Herr  Prof.  Meyer  -  Eymak  in  „Catalogue 
des  fossiles  tertiaires  du  Mus.  de  Zürich"  als  in  diesen  Schichten 
vorkommend  angezeigt. 

Unser  Material  besteht  hauptsächlich  aus  Mollusken,  welche 
zumeist  nur  als  Steinkerne,  seltener  mit  unveränderter  Schale 
erhalten  sind.  In  Bezug  auf  die  Anzahl  der  Exemplare  kommen 
an  zweiter  Stelle  die  Bryozoen,  unter  welchen  eine  Cupukiria 
sehr  häufig  ist.  Die  Fische  sind  durch  isolirte  Zähne  (haupt- 
sächlich von  CJirysophrys)  oder  Dentalplatten  von  Diodon  und  Nuni- 
mopalatus  vertreten.  Von  den  nicht  allzu  häufigen  Echiniden 
kommen  .3,    von   den    sehr    seltenen  Corallen    nur   2  Arten   vor. 


')  Moiiografia  dei  Pharyngodopilidap-nuova  famiglia  di  Pesel  La- 
broidi,  p.  68  u.  70,  1864. 


695 


Der  Lithotliamnien ,    welche  für  diese  Ablagerungen   sehr  bezeich- 
nend sind,  ist  bereits  weiter  oben  Erwähnung  gethan  worden. 

Anthozoa. 

1.     Trochocyathun  cnculliformis  nov.  sp. 
Taf.  XXXV,   Fig.  4,  4a. 

Polyparium  kegelförmig,  kurz  gestielt,  am  unteren  Ende 
etwas  gekrümmt.  Die  dünnen  und  wenig  hervorragenden  Rippen 
laufen  zum  basalen  Ende  herab.  Sie  sind  fein  granulirt.  tragen 
keine  Dornen  und  Kämme.  Der  Kelch  ist  trapezförmig  mit  ab- 
gerundeten Ecken ;  die  grössere  Seite  des  Trapezes  ist  nach 
innen  eingebogen.  Die  stark  granulirten  Septa  (88)  erreichen 
alle  die  gleiche  Höhe  und  sind  an  ihrem  oberen  Rande  abge- 
rundet. Sie  bilden  fünf  Cyclen,  von  denen  nur  die  drei  ersten 
in  allen  Systemen  vollständig  sind,  während  in  zwei  Systemen 
einige  Septa  des  4.  und  5.  Cyclus  fehlen.  Die  Septen  der  ersten 
drei  Ordnungen  sind  an  Länge  und  Dicke  fast  gar  nicht  ver- 
schieden. Die  Pali  sind  gut  entwickelt  und  stehen  vor  den 
Septen  der  ersten  vier  Cyclen.  Die  vor  dem  1.,  2.  und  3.  Cyclus 
sind  nur  wenig  kürzer  als  die  entsprechenden  Septen,  diejenigen 
des  4.  Cyclus  dagegen  sehr  kurz  und  vom  Kelchcentrum  weiter 
entfernt.  Die  Columella  ist  bündeiförmig  und  besteht  aus  sechs 
oder  sieben  runden  Stäbchen  von  unregelmässiger  Anordnung. 

Dimensionen:  Höhe  15  mm,  Durchmesser  des  Kelches 
18  mm. 

Bemerkungen:  Durch  die  Zahl  der  Cyclen  steht  unsere 
Art  dem  Trochocyathus  imparipartitiis  M.  E^)w^  u.  H.  und  Tr. 
Bellimiherianus  Mich.  (Tortonien)  am  nächsten,  unterscheidet  sich 
jedoch  von  diesen  durch  die  Gestalt  des  Polypars  und  durch  die 
Vertheilung  der  Septa. 

Fundort:    Cueva  de  Mata.   —   1   Stück. 

2.    Sphenotrochus  pharetra  nov.  sp. 
Taf.  XXXV,  Fig.  3. 

Polyparium  keilförmig,  stark  zusammengedrückt,  am  unteren 
Ende  verhältnissmässig  breit  und  abgerundet,  und  auf  der  ganzen 
Oberfläche  von  breiten,  geraden,  wenig  hervorragenden  und  nahezu 
glatten  Rippen  bedeckt.  Nur  auf  der  breiten  Seite  des  Keiles 
sind  diese  Rippen  in  der  mittleren  Partie  schwach  granulirt.  in 
den  äusseren  Theilen  aber  mit  grossen  Papillen  versehen.  Am 
basalen  Ende  der  breiten  Keilseite  und  im  unteren  Drittel  der 
schmalen  Keilseite    fehlen   die  Rippen,    und   sind    durch  unregel- 

46* 


696 

massig  angeordnete  Papillen  vertreten.  Die  Breitseite  ist  am 
Oberrande  bisweilen  gerade,  meist  aber  nach  oben  gewölbt.  Ver- 
hältnisse der  Axen  1  :  2  (im  Mittel).  üeber  die  inneren  Theile 
des  Kelches  können  wir  nichts  sagen,  da  er  bei  allen  uns  vor- 
liegenden Exemplaren  mit  Gesteinsmasse  ausgefüllt  ist. 

Dimensionen: 

i.        n.        ni.       IV 

Höhe 5.6  mm  5.5  mm  5.4  mm  5,3  mm 

Breite  des  basalen  Endes  .   .    2     ..  2.3    ..     1,5    .,     2.2   ,. 

Grössere  Axe  des  Kelches    .    3      .,  3.7    -       3     ,.     3,3   ^ 

Kleinere  Axe  des  Kelches     .  1,7   ,,  1,6    ,.     1.7    „     1.5    ^ 

Bemerkungen:  Unsere  Art  hat  grosse  Aehnlichkeit  mit 
Sphenotrochus  semigranosus  Mich,  aus  dem  Eocän  von  Cuise-la- 
Motte;  von  den  neogenen  und  recenten  Arten  unterscheidet  sie 
sich  durch  die  unregelmässigen  Papillen  auf  den  unteren  Partieen 
des  Polypars.  Von  »Sp/<.  semigranosus  unterscheidet  sie  sich  auch 
durch  die  grössere  Länge  der  Rippen  und  durch  den  schmä- 
leren Kelch. 

Fundort:    La  Vista,  Südseite.   —  4  Stücke. 

EchinofJsrmata, 

3.     Dorocidaris  trihuloides  Lk. 

Ciclaris  trihuloides  Bronn  in  Reiss:  jNIittheil.  über  die  tert.  Scliich- 
ten  von  Sta  Maria,  p.  47,  t.  I,  f.  20,  1862.  —  Mayer,  in  Här- 
tung: Geolog.  Beschr.  d.  Ins.  Madeira  u.  Porto  Santo,  p.  191, 
1864. 

Dwocidaris  trihuloides  Agassiz:  Revision  of  the  Echini ,  p.  253, 
t.  Id,  f.  1  —  3;  t.  11c,  f.  13,  1874. 

Diese  Art  ist  durch  eine  grosse  Anzahl  cylinderförmiger 
oder  spindelförmiger  Stacheln  von  8  —  15  mm  Länge  und  1  bis 
3  mm  Dicke  vertreten.  Den  Körper  dieser  Stacheln  bedecken 
ungefähr  20  Knoteureihen,  welche  manchmal  am  oberen  Ende 
zusammenfliesseu  und  echte  kleine  Rippen  (wie  bei  den  recenten 
Exemplaren)  bilden.  Zu  dieser  Art  könnte  man  vielleicht  auch 
das  Bruchstück  einer  interambulacralen  Area  von  La  Vista  Nord 
rechnen. 

Cidaris  trihuloides,  welche  noch  in  dem  Atlantischen  Meere 
(Antillen,  Cap-Verdischen  Inseln)  lebt,  ist  nach  Bronn  und  Mayer- 
Eymar  fossil  auf  der  Insel  Sta  Maria  (Azoren)  gefunden  worden. 

Fundorte:   La  Vista  Nord.  Vista  San  Rofiue,   Cueva  de  mata. 


691 


4.     Clypeaster  altus  Lk. 

Ol.  altus  Michelin:  Monogr.  d.  Clyp.  foss.  Mem.  Soc.  Geol.  de 
Fr.,  2e  sei-.,  vol.  VII,  p.  J22,  t.  XXV,  f,  a  — g,  1861.  —Mayer, 
1.  c,  p.  192,  1864  (?). 

Es  liegen  mir  von  dieser  Art  zwei  wohl  erhaltene  Exem- 
plare und  eine  grosse  Anzahl  Fragmente  vor.  Das  grösste  Exem- 
plar hat  eine  Länge  von  165  mm,  eine  Breite  von  150  mm  und 
eine  Höhe  von  circa  65  mm;  das  zweite  Exemplar  misst  in  den- 
selben Dimensionen  159,  130  und  50  mm.  Beide  zeigen  in 
ihrer  Gesammtform  und  in  allen  Theilen  der  Sculptur  eine  voll- 
ständige Uebereinstimmung  mit  den  Abbildungen  und  Beschrei- 
bungen, welche  Michelin  von  dieser  Art  giebt. 

CL  altus  wird  von  Mayer-Eymar  auch  aus  S.  Vicente  und 
Madeira  angegeben,  doch  fügt  er  hinzu,  dass  die  Exemplare  voll- 
kommen mit  der  Art,  wie  sie  von  Philippi  festgestellt  wurde, 
übereinstimmen;  Philippi' s  Art  (in  Dunker  u.  Meyer.  Palaeon- 
tographica.  I,  p.  322.  t.  39)  ist  aber  nicht  der  echte  Gl.  altus 
Lk.,   sondern   Cl.  pyramiäaUs  Michelin  ^). 

Gl.  altus  gilt  als  charakteristisch  für  die  helvetische  Stufe, 
ich  habe  jedoch  schon  früher  viele  Pliocän- Ablagerungen  (Pianosa, 
Siena,  Montalcino,  Pienza,  Bossi,  Sterza  etc.)  angeführt^)  in  de- 
nen diese  Art  sehr  häufig  vorkommt. 

Fundorte:    Vista  S.  Roque  (M.  C),  La  Vista  Nord. 

5.     Brissus  sp.  ind. 

Es  liegen  mir  zwar  nur  einige  Bruchstücke  von  La  Vista 
vor,  ich  stelle  sie  aber  dennoch  zu  dieser  Gattung,  weil  das 
schmale  und  vertiefte  Ambulacrum  in  der  für  Brissus  so  charak- 
teristischen Weise  eingeschlossen  ist. 

Bryo&oa. 

6.     Fasciculipora  sp.  ind. 

Das  einzige  Exemplar  ist  der  F.  qtiadriceps  Busk  des  Eng- 
lischen Crag  sehr  ähnlich.  Dasselbe  ist  aber  zu  schlecht  er- 
halten, um  eine  sichere  Bestimmung  zu  gestatten. 

7.     Eschara  monilifera  M.  E. 

E.  monilifera  Manzoni  :  Briozoi  fossili  del  Mioc.  di  Austria  e  d'Un- 
gheria,  H,  p.  59,  t.  V,  f.  20;  t.  VI,  f.  21,  1877. 

Dahin    gehören    mehrere    bandförmige   und    durch  Gabelung 


M  Seguenza.     Form.  tcrz.  di  Reggio  in  Calabria,  p.  86. 
^)  SiMONELLi.     TeiTPni    c  fossili    dell'  Isola    di  Pianosa    nel  Mar 
Tirreno,  p.  34,  1889. 


698 


sich  verzweigende  Stöcke,  welche  mit  12  bis  16  loiigituclinalen 
Zellenreihen  bedeckt  sind;  die  Zellen  stehen  im  Quincunx  ange- 
ordnet, sind  stark  verlängert  und  randlich  von  einer  Reihe  von 
punktförmigen  Vertiefungen  umsäumt.  Sie  stimmen  mit  den  von 
Reuss  u.  Manzoni  abgebildeten  Exemplaren  aus  Buytur  und  La- 
pugy  sehr  gut  überein. 

K  monilifera  ist  nicht  nur  im  Miocän  von  Oesterreich  und 
Ungarn,  sondern  auch  aus  dem  Crag  von  England  (Busk,  Crag 
Polyzoa,  p.  68,  t.  XI,  f.  1  —  3)  bekannt. 

Fundort:    La  Vista. 

8.     Eschara  lamellosa  (Mich.). 

Adeone  lamellosa  Michelin:    Iconogr.  zoophyt. ,    p.  326,  t.  78,  f.  5, 

1847. 
Eschara  lamellosa  Mayer:  1.  c,  p.  187,  1864. 

Von  dieser  in  mittelmiocänen  sowie  in  pliocänen  Ablagerun- 
gen bekannten  Art  habe  ich  nur  ein  Fragment  von  La  Vista  Nord. 
jE  lamellosa  ist  nach  Mayer  -  Eymar  in  Helvetien  von  Feitei- 
rinhas  (Sta  Maria)   sehr  häufig. 

9.    Retepora  cellulosa  L. 
J?.  cellulosa  Manzoni:  1.  c,  II,  p.  68,  t.  XIV,  f.  48,  1877. 

Zu  dieser  im  Miocän  und  herauf  bis  zur  Jetztzeit  so  häu- 
figen Bryozoenart  gehört  das  vorliegende  kleine  Bruchstück  aus 
La  Vista  Süd. 

10.     Celleporaria  verrucosa  Rss. 
C.  verrucosa  Manzoni:  1.  c,  II,  p.  51,  t.  I,  f.  1,  1877. 

Von  La  Vista  (N.  u.  S.)  stammen  einige  ziemlich  grosse 
Cellepora-^iöckQ,  welche  ich,  obwohl  sie  zum  grössten  Theile  von 
dünnen  Incrustationen  bedeckt  sind,  doch  nach  dem  Wenigen, 
was  man  von  ihrer  Structur  sieht,  zu  dieser  Art  des  österrei- 
chischen Miocäns  stelle. 

11.     Cupularia  intermedia  (Micht.). 

Lunulites  intermedia  Michelin:  1.  c,  p.  75,  t.  XV,  f.  7,  1847. 
Cupularia  intermedia  Mayer:  1.  c,  p.  188,  1864. 

Diese  Art  ist  sehr  häufig.  Der  Durchmesser  der  Basis  va- 
riirt  zwischen  3 — 9  mm.  und  auch  ihre  Höhe  ist  sehr  veränder- 
lich, sodass  die  einen  eine  nur  schwach  convexe,  die  anderen 
Individuen  eine  kegelförmige  Gestalt  haben.  Alle  sind  stark  cor- 
rodirt.  sodass  die  Randkerben  und  die  basalen  Radialsti-eifen  ge- 
wöhnlicli   nicht  melir   deutlich   zu   sehen   sind. 


699 


C.  intermedia  ist  aus  mehreren  Miocän  -  Ablagerungen  von 
Süd-Europa  (Bordeaux,  Dax,  Torino,  Tortona)  und  von  den 
Azoren  (Pinheiros  und  Sta  Maria)  bekannt. 

Fundort:    La  Vista  (N.  u.  S.). 

Lamellibranchiata. 

12.     Ostrea  (Loplia)  hyotis  L. 

0.  hyotis  Reeve:  Conch.  Iconica,  Ostrea,  t.  lY,  f.  7.  —  Mayer,  1.  c, 
'p.  230,  1864. 

Die  Schalen  von  Gran  Canaria,  wie  diejenigen  von  den 
Azoren  und  Madeira  unterscheiden  sich  von  denen  der  lebenden 
Individuen  durch  die  wenig  ausgesprochenen  Rippen.  Durch  die 
Gesammtform  haben  sie  grosse  Aehnlichkeit  mit  der  Varietät  aus 
dem  Miocän  von  Sumatra,  welche  von  Böttger  (Tert.  Fauna 
von  Sumatra,  IL  Th..  p.  77,  t.  V,  f.  13a,  b)  beschrieben  wor- 
den ist.     Dimensionen:  Höhe  24  mm,  Länge  25  mm. 

0.  hyotis  hat  eine  grosse  verticale  Verbreitung,  sie  ist  vom 
Obereocän  bis  hinauf  zur  Gegenwart  bekannt.  Ihre  horizontale 
Verbreitung  während  des  Miocäns  ist  ebenfalls  beträchtlich,  denn 
sie  wird  aus  Ost-Indien,  Persien,  Egypten,  Italien,  Frankreich 
und  Makaronesien  angegeben. 

Fundort:    La  Vista.  N.  u.  S. 

13.    Ostrea  Chili  nov.  sp. 
Taf.  XXXV,  Fig.  5.  5a. 

Diese  Species  ist  uns  nur  durch  zwei  linke  Schalen  be- 
kannt, von  denen  die  eine  sehr  gut  erhalten  ist.  Dieselbe  ist 
solid,  dick,  von  hinten  nach  vorn  verengt,  aber  in  der  Richtung 
der  umbo-ventralen  Axe  Avohl  entwickelt.  Die  Innenseite  ist  stark 
concav,  sodass  die  äussere  Oberfläche  die  Form  eines  Daches 
annimmt,  dessen  First  vom  Wirbel  zum  Ventralrand  verläuft,  und 
von  dem  aus  nach  beiden  Seiten  die  Abdachung  unter  einem 
Winkel  von  ca.  60"  erfolgt.  Zugleich  laufen  auf  der  hinteren 
Abdachung  in  fast  gleichmässigeji  Abständen  7  oder  8  dicke, 
regelmässige  Falten,  welche  mit  dachziegelartigen  Lamellen  be- 
deckt sind,  vom  First  nach  dem  Hinterrande  herab,  dessen  wel- 
ligen Verlauf  sie  bedingen.  Die  vordere  Hälfte  der  Klappe, 
welche  wahrscheinlich  als  Anheftungsfläche  diente,  ist  im  Gegen- 
satz zur  hinteren  unregelmässig  rauh,  ohne  deutliche  Falten.  Der 
Wii'bel  ist  ziemlich  verlängert,  zugespitzt  und  bei  dem  einen 
Exemplar  nach  vorn  gedreht,  während  er  bei  dem  andcrei;  fast 
gerade  erscheint.  Die  Ligamentgrube  ist  massig  tief.  eng.  und 
nimmt  ein  Viertel  der  Area  ein;   die  seitlichen  Wülste  sind  wenig 


700 

erhaben,  und  der  hintere  ist  etwas  schmäler,  aber  stärker  hervor- 
rageiid  als  der  vordere.  Die  Höhlung  der  Schale  verlängert  sich 
nur  wenig  unter  die  Arealplatte,  zum  Unterschied  von  dem,  was 
bei  ziemlich  nahe  stehenden  verwandten  Arten,  wie  z.  B.  0.  cu- 
cullata,  der  Fall  ist.  Der  Muskeleindruck  findet  sich  nahe  am 
Hinterrande;  sein  Quer-Durchmesser  beträgt  bei  dem  einen  Exem- 
plar  Ys-   bei  dem  anderen   7-i  des  Längen -Durchmessers. 

Dimensionen:  I.  H. 

Länge     ...      41  mm       58  mm 
Höhe      ...     86   „        120   „ 
Tiefe      ...     22   „  25    „ 

Bemerkungen:  Unter  den  neogenen  Species  der  Austern 
scheint  mir  der  0.  Chili  die  0.  bafülion  Mayer,  von  der  ich  ein  sehr 
gutes  Exemplar  im  Münchener  paläontologischen  Museum  gesehen 
habe,  am  nächsten  zu  stehen.  Dieses  Exemplar,  welches  aus  dem 
mittleren  Miocän  von  Ermingen  bei  Ulm  stammt,  ist  in  der  Ar- 
beit von  Miller:  „Das  Molassemeer  in  der  Bodenseegegend", 
(Verein  d.  Geschichte  des  Bodensees,  7.  Heft,  1877)  abgebildet 
worden.  Von  der  0.  hatülum  unterscheidet  sich  unsere  Art  durch 
die  schmälere  Form,  die  geringere  Breite  der  Bauchgegend,  die 
Regelmässigkeit  der  den  Rauhigkeiten  der  0.  hatillum  durchaus 
unähnlichen  Falten,  den  stark  welligen  Hinterrand,  und  durch 
den  schmäleren,  dem  Hinterrande  näher  gerückten  Muskeleindruck. 
Ausserdem  ist  die  Basis  der  Arealplatte  bei  0.  hatillum  fast 
geradlinig  und  breit,  bei  der  0.  Chili  bogenförmig  ausgeschnitten. 

Fundort:    Gran  Canaria  (M.  C). 

Wir  machen  uns  ein  Vergnügen  daraus,  diese  interessante 
Art  dem  gelehrten  Director  des  Museo  Canario  von  Las  Palmas. 
Herrn  Dr.  Chil  y  Naranjo,  zu  widmen,  dessen  Liebenswürdigkeit 
wir  einen  so  grossen  Theil  unseres  Studienmateriales  verdanken. 

14.    Anomia  ephippium  L. 
A.  ephippium  Bronn:  1.  c,  p.  45,  1862.  —  Mayer,  1.  c,  p.  232,  1864. 
Von  dieser    aus  dem  Miocän  bis    zur  Gegenward  bekannten 
Art  stammt  eine  linke  Schale  von  La  Vista,   Nord. 

15.    Spondylus  sp.  ind. 
Kleines  Schalenfragment  einer  dickrippigen  Art,   wahrschein- 
lich identisch  mit  8.  crassicosta  Lk. 
Fundort :    La  Vista. 

\  16.    Lima  (Badula)  atlanfica  Mayer. 

L.  aüantica  Mayer;  1.  c,  p.  221,  t.  V,  f.  27.  1864. 

Unter  den    lebenden   steht  dieser    fossilen  Art  L.  squamosa 


701 


Lam.  am  nächsten.  Ein  constanter  Unterschied  liegt  aber  darin, 
dass  bei  den  Exemplaren  der  L.  utUinfica  von  La  Vista.  sowie 
bei  denjenigen  Madeiras  die  Radiah-ippen  zwei  Mal  breiter  als 
die  Zwischenräume  sind,  während  bei  L.  squamosa  die  Zwischen- 
räume gleich  breit  oder  etwas  breiter  als  die  Rippen  sind. 
Fundort:     La  Vista.   Süd  (Zwei  Ex.). 

17.     Pecten  ptisio  (L.). 

P.  2>usio  Wood:    Monogr.  of  the  Crag  Moll.,  II,  pag.  33,  t.  VI,  f.  4, 
1850. 

Es  ist  ein  einziges  Exemplar  dieser  Art  von  Cueva  de  Mata 
vorhanden,  welches  gegenüber  recenten  Individuen  des  Canarischen 
Archipels  nur  unbedeutende  Unterschiede  erkennen  lässt ;  der 
Kantenwinkel  ist  etwas  stumpfer  und  die  Gesammtt'orm  ein  wenig 
niedriger.  Diese  Unterschiede  existiren  gewöhnlich  zwischen  den 
miocänen  und  den  recenten  Individuen  dieser  Art. 

Dimensionen  des  uns  vorliegenden  Exemplares:  Länge  10  mm, 
Höhe   12  mm. 

P.  pusio  (sensu  lato)  soll  schon  im  Aquitanien   vorkommen. 

18.     Pecten  sp.  ind. 

Von  Horno  del  Rey,  Cueva  de  Mata  und  Vista  S.  Roque  stam- 
men 3  kleine  Clamys-MXn'gi^^w.  welche  dem  P.  Blumi  Mayer  sehr 
ähnlich  sind,  sich  aber  durch  die  zahlreichen  (26)  Rippen  und 
durch  die  Zwischenräume,  welche  nicht  glatt,  sondern  mit  con- 
centrischen  Streifen  bedeckt  sind,    davon  unterscheiden. 

19.     Pecten  pes- felis  (L.). 

Pecten  polymorphus  Bronn:  1.  c,  p.  43  (pars)  [teste  Mayer],  1862. 
P.  pes-felis  Mayer:  1.  c,  p.  272,  1864. 

Zwei  junge,  unvollkonmien  erhaltene  Schalen  von  La  Vista, 
welche  wegen  der  kleinen  Anzahl  der  Rippen  (6),  des  sehr  spitzen 
Kantenwinkels  und  der  wenig  ausgesprochenen  Ungleichseitigkeit, 
eher  mit  dem  P.  pes- felis  als  mit  dem  allerdings  auch  sehr  nahe 
stehenden  P.  Reussi  Hörn,  in  Beziehung  zu  bringen  sind.  Von 
dem  im  Mittelmeer  lebenden  Typus  des  P.  pes-felis  unterscheiden 
sich  die  Canarischen  Stücke  nur  durch  die  geringere  Erhabenheit 
der  Radialrippen,  was  aber  auf  Rechnung  ihrer  Jugend  gestellt 
werden  kann. 

P.  pes-felis  lebt  noch  an  den  Küsten  der  Canarischen  Inseln 
und  der  Azoren,  und  kommt  auch  im  Miocän  der  Azoren  vor. 


702 


20.    Pecten  latissimus  (Broc). 

Vecten  latissimus  Bronn  in:    Härtung,    Die  Azoren,  p.  128,  1860. 
—  Bronn:  Sta  Maria,  p.  43,  1862.  —  Mayer:  1.  c.,p.  224,  1864. 

Bei  dem  einzigen  und  unvollständig  erhaltenen  Exemplar 
sind  die  Knoten  auf  den  Rippen  der  Apicalregion  nur  schwach, 
die  Radialleisten  in  den  Zwischenräumen  aber  wohl  entwickelt. 
Durch  diese  Merkmale  der  Verzierung,  sowie  durch  die  nur  wenig 
schräge  Gesammtform.  nähert  sich  unser  Exemplar  mehr  dem 
Typus  des  Pliocän  als  der  Varietät  Restitutensis  Font,  des  Mio- 
cän.  Indessen  kommen  der  Typus  und  diese  Varietät  im  Leitha- 
kalk des  Wiener  Beckens  zusammen  vor.  (Fuchs  in:  Fontannes, 
Sur  une  des  causes  de  la  variat.  dans  le  temps  de  faunes  malac. 
Bull,  de  la  Soc.  Geol.  de  Fr.,   1884,  p.  357.) 

Fundort:    Gran  Canaria,  M.  C. 

21.    Janira  Rhegiensis  Seg. 

J.  Bhegiensis  Seguenza:     Form.  terz.  di  Reggio,    p.  188,    t.  XIV, 
f.  "17,  1879. 

Das  einzige  vorhandene  Fragment  einer  rechten  Klappe  trägt 
seitlich  abgerundete  Radialrippen,  welche  durch  eine  tiefe  Median- 
furche längsgetheilt  sind.  Die  glatten  Zwischenräume  sind  nur 
ein  Drittel  schmäler  als  die  Rippen. 

J.  Rhegiensis,  zuerst  im  Pliocän  von  Süd-Italien  von  Se- 
guenza gefunden,  ward  neuerlich  von  Parona  und  Mariani 
(Foss.  tort.  di  Capo  S.  Mario,  in  Atti  d.  Soc.  It.  di  Sc.  Nat., 
vol.  30.  p.  69.  1887)  auch  aus  dem  Tortonien  Sardiniens  an- 
gegeben. 

Fundort:    Gran  Canaria  (M.  C). 

22.    Janira  sp.  ind. 

Der  Abruck  einer  kleinen  linken  Klappe  (21  X  22  mm)  ist 
von  J.  Rhegiensis  insofern  etwas  verschieden,  als  das  hintere 
Ohr  mit  dem  Schlossrand  einen  stumpfen  Winkel  bildet.  Die 
12  Radialrippen  zeigen  theilweise  Spuren  von  Mittelfurchen.  In 
den  Zwischenräumen  liegt  eine  niedrige  Medianleiste. 

Fundort:    La  Vista,  Xord. 

23.    Pyxis  pyxidatus  (Broc). 

Ostrea  pyxidata  Brocchi:  Conch.  foss.  subapp.,  vol.  II,  p.  579,  t.  14, 
f.  12,  1814. 

Diese  Art,  welehe  wir  bisher  nur  aus  dem  oberen  Neogen 
kannten,  ist  auch  hier  durch  zwei  Bruchstücke  vertreten,  von 
denen    das  eine    zu    einer  linken,    das  andere  zu    einer  rechten 


703 


Klappe  gehört.  Das  erste  Fragment  zeigt  die  vordere  Hälfte  mit 
dem  dazu  gehöi'igen  Obr.  Danach  war  die  linke  Schale  dünn 
und  durchscheinend,  fast  kreisrund,  höher  als  lang,  massig  con- 
vex,  aber  nicht  gleichmässig  gewölbt,  sondern  mit  vielen  Buckeln 
besetzt,  wie  bei  dem  lebenden  Pecfen  artriticus  Reeve.  Der 
mittlere  Theil  der  Oberfläche  ist  glatt  und  glänzend,  und  nur  von 
sehr  feinen  und  nahe  stehenden  concentrischen  Streifen  und  ein- 
zelnen stärkeren  Anwachsrunzeln  durchzogen.  Am  vorderen  Rand 
treten  drei  oder  vier  wellig  verlaufende  Radialrippen  auf,  welche 
durch  sehr  enge  und  seichte  Furchen  von  einander  getrennt  wer- 
den. Das  einzige  erhaltene  und  gut  entwickelte  Ohr  ist  fast 
halb  so  lang  wie  die  ganze  Schale  und  am  vorderen  Rand  stark 
ausgebuchtet.  Auf  seiner  Oberfläche  zeigt  er  zwölf  Radialrippen, 
über  welche  die  Anwachstreifen  weglaufen,  sodass  sie  ein  schup- 
piges Aussehen  gewinnen. 

Dimensionen:    Länge  20  mm  (circa).  Höhe  24  mm. 

Die  rechte  Schale  ist  kreisrund.  Das  vordere  Ohr  zeigt 
einen  sehr  tiefen  Ausschnitt  für  den  Byssus;  unter  dieser  Bucht 
trägt  der  Rand  eine  Reihe  von  stark  entwickelten  Dornen.  Das 
hintere  Ohr  scheint  sehr  lang  und  sehr  hoch  zu  sein.  Die  Ober- 
fläche der  Schale  ist  vollkommen  glatt;  nur  die  Ohren  tragen 
radiale  Strahlen,   die  von  den  Anwachsstreifen  durchquert  wurden. 

Die  Dimensionen  dieser  rechten  Klappe  sind  16  mm  in 
der  Länge  und  fast  ebensoviel  in  der  Höhe. 

Fundort:    La  Vista. 

24.    Anomalocardia  sp.  ind. 

Ein  unvollständiger  Abdruck,  welcher  der  A.  dihwii  Lk. 
angehören  dürfte. 

Fundort:    Insel  Fuerteventura. 

25.    Pectunculus  insolitus  May. 
Taf.  XXXV.  Fig.  2.  2a. 

P.  insolitus  Mayer:    Cat.  syst,    des    foss.  tert.   du  Mus.    de  Zürich, 
III,  p.  117,  1868. 

Der  unterscheidende  Charakter  dieser  schönen  Art  liegt  in 
der  Sculptur  der  Oberfläche,  welcher  die  Radialrippen  gänzlich 
fehlen,  und  die  nur  von  gedrängt  stehenden,  concentrischen,  regel- 
mässigen Falten  bedeckt  ist. 

Unsere  zwei  Exemplare  haben  durchschnittlich  eine  Länge 
von   15  nun  und  eine  Höhe  von  13,7 — 21,6  mm. 

Fundorte:  La  Vista,  Barranco  de  las  Palmas.  Das  Oi'i- 
ginal-P^xeniplar  des  Museums  von  Zürich,  welches  Mayer- Eymar 
beschrieben  hat,   stammt  gleichfalls  von  Gran  Canaria. 


704 


26.    Pectunculus  stellatus  Gmeun  in  Mayer. 

P.  pilosus  HöRNEs:  Foss.  Moll.  d.  Tert.-Beckens  von  Wien,  II.  Bd., 
p.  316,  t.  XL,  f.  1,  2;  t.  XLI,  f.  1—10,  1870.  —  Mayer:  Ma- 
deira, p.  215,  1864. 

P.  stellatus  Mayer:     Cat.,  p.  113,  III,  1868. 

Die  schon  bei  gut  erhaltenen  Stücken  von  Pectunculus 
schwierige  Artbestimmung  wird  fast  zur  Unmöglichkeit,  wenn  nur 
Steinkerne  vorliegen,  und  es  ist  deshalb  die  Zugehörigkeit  der 
canarischen  Exemplare  zu  P.  stellatus  nicht  über  allen  Zweifel 
erhaben.  Die  grössten  Steinkerne  übersteigen  mit  einer  Länge 
von  150  mm  und  einer  Höhe  von  130  mm  die  gewöhnlichen  Di- 
mensionen dieser  Art.  Die  Gestalt  ist  stets  eher  länglich  als 
kreisrund,  ziemlich  ungleichseitig,  etwas  schief,  und  so  stark  ge- 
wölbt, dass  ihre  Dicke  mehr  als  zwei  Drittel  des  Längendurch- 
messers beträgt.  Die  Wirbel  sind  etwas  nach  vorn  gerückt  und 
schräg  gestellt.  Der  obere  Theil  des  Schlossrandes  ist  in  der 
Mitte  geradlinig,  auf  beiden  Seiten  nach  unten  gebogen.  Die 
Zahl  der  Seitenzähne  beträgt  ungefähr  18;  die  mittleren  Zähne 
sind  nicht  erhalten.  Der  Rand  ist  mit  vielen  Kerben  besetzt, 
welche  nach  aussen  in  eine  Spitze  auslaufen,  und  auf  beiden 
Enden  des  Randes  undeutlich  werden. 

Diese  Art  tritt  schon  im  Mittelmiocän  auf,  lebt  noch  im 
Mittelmeere  und  im  Atlantischen  Ocean,  von  der  Küste  Norwe- 
gens bis  zum  Senegal. 

Fundorte:    Vista  S.  Roque,  Vista  Nord.    (Sehr  häufig.) 

27.  Pectunculus  sp.  ind. 

Mehrere  Steinkerne  einer  sehr  quer  verlängerten  Form  sind 
von  den  oben  genannten  Arten  jedenfalls  verschieden.  Die  Länge 
der  Schale  beträgt  33  mm,   die  Höhe  nur  25  mm. 

Fundort:    Vista  S.  Roque. 

28.  Venericardia  sp.  ind. 

Einige   Fragmente    gleichen    zwar    in    der  Sculptur    der   V. 
Partschi  Goldf.   sehr,   sind  jedoch  nicht  so  bauchig. 
Fundort:    Vista  S.  Roque. 

29.    Myfilicardia  calyculata  (L.)  var. 
Cardita  calyculata  Mayer:  Madeira,  p.  212,  1864. 

Diese  kleine  Varietät  lebt  noch  im  canarischen  Archipel 
und  kommt  sowohl  in  den  pleistocänen  Schichten  von  Santa  Ca- 
talina, als  auch  im  miocänen  Sandstein  von  La  Vista.  doch  sehr 
selten,  vor. 


705 


30.     Crassatella  sp.  ind. 

Dazu  gehören  einige  grosse  Steinkerne,  welche  in  der  Rich- 
tung vom  Wirbel  nacli  hinten  -  unten  stark  gewölbt ,  vorn  kurz 
und  abgerundet,  hinten  verlängert  und  stark  erweitert  sind.  Sie 
zeigen  die  Muskeleindrücke  und  die  Mantellinie  sehr  deutlich. 
Der  Eindruck  des  Fussinuskels  ist  schmal,  tief  und  steht  dicht 
über  dem  vorderen  Schliessmuskeleindruck.  Am  Unterrand  be- 
merkt man  noch  einige  Spuren  schwacher  Kerben.  Der  unvoll- 
ständige Abdruck  des  Schlosses  lässt  sehen,  dass  die  Zähne  und 
die  vorderen  Grübchen  sich  leicht  von  hinten  nach  vorn  senken, 
wie  bei  Crassatella,  während  dieselben  bei  Vener icardia,  welche 
unserer  Form  etwas  ähnlich  ist,  scharf  von  vorn  nach  hinten 
neigen. 

Dimensionen:  Länge  60  —  68  nun  ,  Höhe  40 — ^42  mm, 
Dicke  27  —  30  mm. 

31.     Gliania  gryphoides  L. 

Gh.  gryphoides  Mayer:    Madeira,    p.  206,    1864.   —  Hörnes:  1.  c, 
II.  Bd.,  p.  211,  t.  XXXI,  f.  1,  1870. 

Wurde  als  Ausfüllung  der  rechten  Klappe  bei  Cueva  Baez 
(Gr.  Canaria)  gefunden.  Clt.  gryplioides  lebt  noch  in  der  lusi- 
tanischen  Provinz;  ihre  verticale  Verbreitung  fängt  mit  dem  un- 
teren Miocän  an. 

32.    Lucina  (Jagonia)  actinoi^hora   nov.   sp. 
Taf.  XXXV,  Fig.  1. 

Das  Gehäuse  ist  fast  kreisrund,  ein  wenig  schief,  beinahe 
gleichseitig,  linsenförmig.  Die  Oberfläche  ist  mit  breiten,  abge- 
rundeten, nicht  sehr  hohen  Radialrippen  bedeckt,  welche  gegen 
den  Rand  hin  in  ungleichen  Abständen  durch  Dichotomie  sich 
vermehren  und  von  starken  concentrischen  Furchen  durchschnitten 
werden.  Die  Wirbel  ragen  wenig  hervor;  die  Lunula  ist  lanzett- 
förmig. Das  Schloss  der  rechten  Klappe  enthält  nur  einen  drei- 
eckigen, in  der  Mitte  gefurchten,  hinteren  Cardinalzahn ;  der 
vordere  Cardinalzahlzahn  ist  rudimentär.  In  der  linken  Klappe 
besteht  das  Schloss  aus  einem  einzigen  wohl  ausgebildeten  Zahn, 
welcher  in  dem  vorderen  Theile  der  Cardinalgrube  liegt.  Die 
vorderen  und  hinteren  Seitenzähne  sind  in  beiden  Klappen  wohl 
entwickelt. 

Dimensionen:  Länge  15.2  mm,  Höhe  15  mra,  Dicke  8,5  mm. 

Bemerkungen:  Diese  hübsche  Lucina  steht  der  L.  (Ja- 
gonia) exigua  und  der  i.  pecten  Lk  (1..  reficulafa  Poli)  sehr  nahe. 
Von  der  ersten  unterscheidet  sie  sich  jedoch  durch  die  weniger 
schiefe  Gestalt,    und  durch  die   dreifache  Grösse;    von  der    letz- 


706 

teren    durch    die    festere    Sehale    und    die    weniger    zahkeichen, 
breiten  Radiahippen. 

Fundort:  Ein  sehr  gut  erhaltenes  Exemplar  von  Gr.  Ca- 
naria,   aber  ohne  genauere  Angabe  des  Fundortes  (M.  C). 

33.    Lucina  (Codokia)  leonina  Bast. 

L.  tigerina  Mayer:  Madeira,  p.  211,  1864. 

L.  leonina  Hörnes:     1.   c,    II.    Bd.,    p.    221,    t.  XXXII,    f.  1  a  — c, 

1870. 

Die  grossen,  kreisförmigen,  fast  gleichseitigen,  linsenförmigen 
Steinkerne  zeigen  den  Abdruck  des  breiten  Schlosses  wohl  er- 
halten. In  der  rechten  Klappe  besteht  es  aus  zwei  Cardinal- 
zähnen  mit  einem  grossen  vorderen  Seitenzahm,  in  der  linken 
Klappe  aus  zwei  Cardinal-  und  zwei  Seitenzähnen.  Der  vordere 
Muskeleindruck  ist  so  weit  verlängert,  dass  er  ein  Drittel  des 
Längsdurchmessers  einnimmt.  Er  bildet  mit  der  Palleallinie  einen 
Winkel  von  25  —  30  0. 

Die  Exemplare  zeigen  eine  Länge  von  47  —  60  mm,  eine 
Höhe  von  4.5  —  50  mm  bei  einer  Dicke  von  18  —  27  mm. 

CudoJcia  leonina.  im  Miocän  und  Pliocän  der  circummediter- 
ranen  Provinz  besonders  verbreitet,  befindet  sich  nach  Mayer- 
Eymar  bei  S.  Vincente  und  am  Pico  de  Juliana  (Helvetien).  In 
Gran  Canaria  kommt  diese  Art,  namentlich  bei  der  Cueva  de 
mata  und  Oueva  Baez  nicht  selten  vor. 

34.    Lucina  sp.  ind. 

Ein  stark  gewölbter  Steinkern  von  der  Cueva  de  mata,  ohne 
Zweifel  von  der  oben  genannten  Art  unterschieden,  lässt  sich,  da 
das  Schloss  nicht  erhalten  ist.   nicht  sicher  bestimmen. 

35.    Lucina  Bellardiana  May. 

L.  miocenica  Michelotti:    Descr.  d.   foss.   des   terr.  mioc.    de   llt. 

Sept.,  P.  114  (partim),  t.  IV,  f.  10  (f.  5  excl.),  1847. 
L.  Bellardiana  Mayer:  Madeira,  p.  207,  1864. 

Ein  in  Kalkspath  umgewandeltes  Fragment  der  Schale  zeigt 
deutlich  alle  Charaktere  von  Mayer-Eymar's  Beschreibung. 

L.  Bellardiana  kommt  in  der  helvetischen  Stufe  von  S.  Vi- 
cente  auf  Madeira,  sowie  in  der  tortonischen  Stufe  von  Süd- 
Eviropa  vor. 

Fundort:    Gran  Canaria  (M.  C). 

36.     Cardium  (Laevicardium)  Hartungi  May. 

C.  Rartuncji  Bronn:  Azoren,  p.  123,  t.  XIX,  f.  1],  1860.  —  Broxn: 
Sta  Maria,  p.  40,  1862.  —  Mayer:  Madeira,  p.  203,  t.  III,  f.  16, 
1864. 


707 


Ein  einziger  eirunder,  etwas  schiefer,  fast  gleichseitiger, 
herzförmiger  Steinkern  mit  hervorragenden,  gewölbten  eingerollten 
Wirbeln  zeigt  allerdings  die  randlichen  Radialstreifen  nicht  mehr, 
und  es  ist  deswegen  die  Uebereinstinnimng  mit  C.  Hartmigi  des 
Helvetien  von  Madeira  und  den  Azoren  unsicher. 

Dimensionen:    Länge  35  mm,  Höhe  36  mm,  Dicke  12  mm. 

Fundort:    Cueva  Baez  (M.  C), 

37.     Tapes  sp.  ind. 

Mehrere  Steinkerne  dieser  Gattung  lassen  eine  specifische 
Bestimmung  nicht  zu. 

Fundort:    Insel  Fuerteventura  (M.  C). 

38.     Venus  multilamella  (Lam.). 

Veyius  multilamella  Hörnes:  1.  c,  II.  Bd.,  p.  130,  t.  X\',  f.  2,  3, 
1870. 

Ein  Stück,  welches  bei  aufgelöster  Schale  sowohl  den  in- 
neren (Steinkern)  als  auch  den  äusseren  Abdruck  der  Schalen 
zeigt,  stimmt  am  besten  mit  den  von  M.  Hörnes  beschriebenen 
und  abgebildeten  Gehäusen  von  Gainfahren  (t.  XV,  f.  3)  überein. 

Diese  Art  tritt  im  Helvetien  auf  und  wird  in  der  Jetztzeit 
durch   F,   rugosn  Gm.  oder   F.  cygnus  Lam.   vertreten. 

Fundort:  Gran  Canaria  (M.  C) 

39.    Ervilia  pusilla  (Phil.). 

Erycina  pusilla  Philippi:  Enum.  Moll.  Sic,  Vol.  I,  p.  13,  t.  I, 
f.  5,  1844. 

Enyilia  pusilla  Bronn:  Sta  Maria,  p.  38,  1862.  —  Mayer:  Ma- 
deira, p.  195,  1864. 

Diese  Ait,  vom  Aquitanien  an  bis  in  die  Gegenwart  bekannt, 
ist  im  Sandstein  von  La  Vista  sehr  häufig. 

40.    Mactra  ('^)  sp.  nov. 

Hierzu  stelle  ich  sieben  verlängert  eiförmige,  aufgeblasene, 
fast  vollkommen  gleichseitige,  vorn  und  hinten  abgerundete  Stein- 
kerne, deren  hervorragende,  scharfe  Wirbel  nach  vorn  geneigt 
sind.  Die  Wölbung  beider  Klappen  verflacht  sich  zu  einem 
schwachen  Sinus,  welcher  von  der  Schalenmitte  gegen  den  un- 
teren Rand  verläuft  und  wodurch  diese  Art  an  Eryciyia  Laiochai 
erinnert.  Bei  einem  Stück  ist  noch  die  Schale  selbst  erhalten, 
und  zeigt  eine  mit  sehr  feinen  concentrischen  Streifen  bedeckte 
Oberfläche.  Der  ganze  Innenrand  der  Schale  ist  mit  feinen 
Kerben  versehen.    Unter  dem  Wirbel  befindet  sich  bei  dem   Stein- 


708 


kerne  der  Abdruck  einer  breiten,  dreieckigen,  schief  gestellten 
Ligamentgrube,  und  von  zwei  dünnen,  lamelleuartigen  Seitenzäh- 
nen.  Dagegen  hat  der  Cardinalzahn  keine  Spur  zurückgelassen. 
Auch  die  Muskeleindrücke  sind  nicht  erhalten,  und  nur  eine  sehr 
kurze  Mantelbucht  scheint  vorhanden  zu  sein. 

Dimensionen:  Länge  2t  —  26  mm.  Höhe  12  —  L5  mm, 
Dicke  8  —  15  mm. 

Bemerkungen:  Wenn  auch  einige  Merkmale  der  oben  be- 
schriebenen Stücke  sich  denen  von  Mactra,  besonders  der  Section 
Spisula  zu  nähern  scheinen,  so  ist  doch  die  Verschiedenheit  der 
Gesammtform  zu  gross  und  die  üebereinstimmung  des  Schlosses 
zu  unsicher,  um  unsere  Exemplare  mit  Sicherheit  zu  diesem 
Genus  stellen  zu  können.  Indessen  darf  man  nicht  vergessen, 
dass  der  V  -  förmige  Cardinalzahn  manchmal  gänzlich  fehlt,  wie 
z.  B.  bei  M.  giganieu.  oder  imr  rudimentär  bleibt,  wie  bei  M. 
striateUa. 

Fundorte:    Cueva  Baez,  La  Vista. 

41.    Eastonia  niitis  May. 

E.  »litis  Mayer:  Cat.,  II,  p.  48,  1867. 

Das  Stück,  das  ich  dieser  Art  zurechne,  besteht  nur  aus 
einem  Fragment  der  rechten  Klappe.  Der  erhaltene  Theil  der 
Oberfläche  ist  mit  groben,  unregelmässigen,  concentrischen  Falten 
bedeckt,  welche  von  feinen,  zahlreichen  Radialstreifen  durchsetzt 
werden.  Vorn  und  hinten  fehlen  die  Radialstreifen.  —  Das  vor- 
liegende Exemplar  unterscheidet  sich  von  den  sehr  nahestehenden 
Arten  E.  aegyptiaca  Chmn.  und  E.  riigosa  Chmn.  (die  zweite  lebt 
noch  jetzt  im  Canarischen  Archipel)  durch  die  schwache  Ent- 
wicklung der  Verzierung. 

Diese  Art  kannte  man  bisher  aus  den  aquitanischen  Schichten 
von  Bordeaux.  St.  Avit.  Lausriey  Saucats.  aus  dem  Langhien  von 
Gaudendorf  und  aus  dem  Helvetien  von  Paulmy ,  Manthelan, 
Hutthngen  (tide  Mayer-Eymar)  . 

Fundort:  Vista  S.  Roque  (M.  C.) 

Gaateropoda. 

42.    Fissurella  graeca  (Lin.) 

F.  graeca  Hörnes:  1.  c,  1.  Bd.,  p.  642,  t.  L,  f.  27,  1856. 

Es  liegen  von  La  Vista  (Nord)  zwei  kleine  unvollständige 
Exemplare,  mit  allen  Merkmalen  der  heute  noch  lebenden  Art,   vor. 


709 


43.    Hnliotis  tuberculafa  L. 

H.  tuberculata  Lamarck:  Anim.  sans.  vert. ,  t.  6,  2.  pait.,  p.  215, 
No.  6,  1822. 

Einige  wohl  erhaltene,  in  den  Barrancos  de  Las  Palmas  ge- 
fundene Steinkerne  zeigen  keinerlei  Abweichung  von  recenten 
Individuen  dieser  Art.  welche  an  den  Küsten  der  canarischen 
Inseln  sehr  häufig  ist.  —  Ein  anderer,  sehr  grosser  Steinkern 
von  Fuerteventura  mit  einem  Durchmesser  von  95  mm  unter- 
scheidet sich  leicht  von  dieser  Art  durch  den  Mangel  der  Streifen 
auf  seiner  Oberfläche  und  durch  die  Lage  der  Lochlinie,  welche 
dem  Rande  genähert  liegt;  er  gehört  wahrscheinlich  einer  an- 
deren Art  an. 

44.    Fhasianella  sp.  ind. 

Ein  sehr  junges  Exemplar  von  La  Vista. 

45.     Trochus  sp.  ind. 

Zwei  grosse  Steinkerne  erinnern  in  ihrer  Gestalt  und  ihren 
Verhältnissen  an  Tr.  Näoiicus  L. .  welchen  Bronn  und  Mayer 
aus  den  Helvetischen  Schichten  von  Ponta  dos  Mattos  (Sta  Maria) 
als  unsicher  erwähnt  haben.  Von  dieser  noch  im  indischen  Ocean 
lebenden  Art  unterscheiden  sich  jedoch  unsere  Exemplare  durch 
zwei  auf  der  Basis  entwickelte  breite  und  tiefe  Spiralfurchen. 

Dimensionen:    Höhe  45  mm   (circa).   Breite  43  mm. 

Fundort:    Insel  Fuerteventura  (M.  C.) 

46.     Trochus  (Gihhula)  patulus  Br. 
Tr.  patulus  BROCcm:  1.  c,  Vol.  II,  p.  356,  t.  V,  f.  19,  1814. 

Diese  Art  liegt  mir  in  Exemplaren  vor,  welche  sich  von 
typischen  Individuen  durch  das  flachere  Gehäuse  und  durch  das 
Fehlen  des  Kieles  auf  der  Schlusswindung  unterscheiden.  Sie 
stehen  aber  einer  Varietät  des  italienischen  Pliocäns  (Riluogo  bei 
Siena  etc.)  sehr  nahe. 

Tr.  patulus  hat  eine  sehr  beträchtliche  verticale  Verbreitung; 
er  tritt  in  der  langhischen  Stufe  von  Leognan  etc.  zuerst  auf 
und  stirbt  in  der  astischen  Stufe  aus. 

Fundort:    La  Vista.      3   Stücke. 

47.    Nerita  plutonis  Bast. 

jV-  plutonis  Basterot:  Bass.  tert.  du  S.  0.  de  la  Fr.,  p.  39,  t.  ]1, 
f.  14,  1825.  —  Bronn,  Sta  Maria,  p.  33,  1862.  —  Mayer, 
Madeira,  p.  243,  1864. 

Von  Gran  Canaria  und  Fuerteventura  liegt  diese  Art  in  sehr 

Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  1.  47 


710 

wohl  erhaltenen  Exemplaren  vor,  welche  mit  dem  Typus  in  jeder 
Hinsicht  übereinstimmen.  —  N.  plutonis  tritt  schon  im  Tongrien 
(Piemont)  auf,  und  geht  bis  in's  Helvetien  hinauf.  Sie  kommt 
ausserdem  im  Untermiocän  von  Mutella  (Portugal)  und  im  Hel- 
vetien von  Bocca  do  Cre  (Sta  Maria)  nach  Bronn.  Ribeiro  und 
Mayer-Eymar  vor. 

48.    Nerita  Grateloiipana  (Fer.). 

Neritina  Grateloupana  Grateloup  :  Mein,  sur  la  fam.  des  Neritaces, 
p.  19,  t.  VII,  f.  6—8,  10—12,  1839. 

Von  dieser  Art,  welche  bisher  besonders  in  brakischen  Ab- 
lagerungen (Mandillot,  Congerien-  und  Cerithien  -  Schichten  des 
Wiener  Beckens)  gefunden  worden  ist,  liegen  zwei  wohl  erhaltene 
Exemplare  mit  noch  deutlichen  Spuren  der  Färbung  aus  den  rein 
marinen  Bildungen  von  La  Vista,   Nord  vor. 

N.  Grateloupana  findet  sich  im  Tongrien  von  Piemont  und 
in  der  sarmatischen  Stufe  des  Wiener  Beckens. 

49.    Solarium  sp.  ind. 
Einige  unbestimmbare  Fragmente  von  Gr.  Canaria  (M.  C). 

50.     Turritella  sp.  ind. 

Ein  Steinkern  von  Cueva  de  Mata  könnte  möglicherweise 
der    2]  turris  Bast,   angehören. 

51.    Mitrularia  semicanalis  (Br.). 

Dyspotea  semicanalis  Bronn,  Azoren,  p.  120.  t.  XIX,  f  4,  1860.  — 
Bronn,  Sta  Maria,  p.  33,  1862.  —  Martin,  Conch.,  I,  t.  XIII, 
f.  119,  120  (teste  Mayer-Eymar). 

Mitrularia  semicanalis  Mayer,  Madeira,  p.  234,  1864. 

Diese  interessante  Art  ist  in  der  Sammlung  des  Museo  Ca- 
nario  in  mehreren  Exemplaren,  zum  Theil  mit  erhaltener  Sehale. 
zum  Theil  nur  als  Steinkerne  vertreten.  Die  letzteren  sind  un- 
regelmässig und  bald  mehr  spitz,  bald  mehr  stumpf  kegelförmig, 
mehr  oder  weniger  zusammengedrückt,  und  ihre  Oberfläche  meist 
glatt.  Nur  am  Rand  stellen  sich  grobe  Runzeln  ein.  An  der 
stets  excentrischen  Spitze  liegt  die  abgerundete  Oeffnung  einer 
tiefen  Höhle,  die  von  unten  herauf  von  einem  halbkegelförmigen 
Körper,  welcher  seiner  ganzen  Länge  nach  und  mit  etwa  Y4 
seines  Umfanges  an  der  inneren  Wandung  der  Höhle  ange- 
heftet ist.  zum  grössten  Theil  ausgefüllt  wird.  Es  ist  dies  die 
Spur  derjenigen  dütenförmigen  Lamelle,  welche  in  der  inneren 
Höhle  der  Mitrularien  vorkommt,  die  aber  wie  die  übrige  Schale 
zerstört  ist  und  so  diesen  eigenthümlichen  Hohlraum  zurückge- 
lassen hat. 


711 

Diejenigen  Exemplare,  welche  ihre  dünne  und  sehr  zerbrech- 
liche Schale  noch  erhalten  haben,  zeigen  eine  excentrische ,  ge- 
wölbte und  dabei  sehr  .scharfe  Spitze.  Die  Oberfläche  wird  überall 
mit  grösseren  Längs-  und  Querfalten  und  sehr  feinen,  dichten 
Streifen  bedeckt,   welche  von  der  Spitze  radial  ausgehen. 

Dimensionen:    Höhe  16-28  mm. 

Durchmesser  30  —  50  mm. 

Mitrularia  seniicanalis,  zuerst  im  Helvetien  von  Sta  Maria 
gefunden,  lebt  noch  in  dem  Antillenmeer  und  im  stillen  Ocean. 

Fundort:    Barrancos.  Cueva  de  mata  (Gr.  Canaria). 

52.    Ilotlipletzia  rudista  nov.  gen.  et  nov.  sp. 
Taf.  XXXVI.  Fig.  6.  6  a  — d. 

Das  Gehäuse  ist  röhrenförmig  bis  schwach  kegelförmig,  ziem- 
lich kurz,  entweder  nur  unregelmässig  gekrümmt  oder  schwach 
schraubenförmig  gedreht.  Die  schwach  ovale  Oeti'nung  hat  einen 
geschlossenen  dünnen,  von  innen  heraus  zugeschärften  Rand,  und 
ist  zur  Krümmungsaxe  stark  geneigt  und  zwar  so,  dass  die  con- 
cave  Seite  des  Gehäuses  um  etwa  ^3  kürzer  als  die  convexe 
wird.  Das  der  Oeffnung  entgegengesetzte  Ende  ist  gewöhnlich 
abgestumpft;  bei  einigen  Exemplaren  ist  es  auf  einem  Lithotham- 
wmm-KnoUen  festgewachsen,  und  es  scheint  dies  die  Art  gewesen 
zu  sein,  in  welcher  auch  die  übrigen  jetzt  stets  abgebrochenen 
Gehäuse  sich  in  der  Menge  der  sie  umgebenden  Lühothamnmm- 
KnoUen  lixirt  hatten,  denn  auch  sie  zeigen  gewöhnlich  an  ihrem 
abgebrochenen  hinteren  Ende  eine  schwache  Verbreiterung  oder  un- 
regelmässige Eindrücke,  wie  von  Ansatzstellen  auf  fremden  Körpern 
hervorgebracht.  Die  Aussenseite  ist  von  schuppenartig  über- 
einander gelagerten  Lamellen  gebildet.  Das  Innere  des  Gehäuses 
ist  selten  ganz  hohl,  fast  immer  ist  es  durch  nach  hinten  con- 
vexe Scheidewände  in  mehrere  über  einander  liegende  Kammern 
eingetheilt.  Nahe  der  Oeffnung  und  zwar  stets  auf  der  con- 
vexen  Seite  der  Gehäusekrümmung  liegt  ein  grosser  hufeisen- 
förmiger Muskeleindruck.  Bei  einem  Exemplar  ist  die  Oeffnung 
durch  ein  napfförraiges  Operculum  verschlossen,  dessen  Bänder 
so  genau  auf  die  Oeffnung  des  Gehäuses  passen,  dass  ein  zu- 
fälliger Verschluss  durch  eine  fremde  Schale  ausgeschlossen  er- 
scheint. Dieses  Operculum  ist  innerlich  concav  und  erhebt  sich, 
von  aussen  betrachtet,  mützenförmig.  Auf  seiner  Oberfläche  trägt 
es  schwache,  dicht  gedrängt  stehende  Radialrippen,  welche  nahe 
dem  Rande  von  feinen,  concentrischen  Streifen  gekreuzt  werden. 
Die  Innenseite  ist  leider  von  kleinen  Kalkspathkryställchen  über- 
zogen und  lässt  keine  Details  mehr  erkennen. 

47* 


712 


Die  Gehäuse  sind  sehr  häufig  und  immer  an  das  Vorkom- 
men der  Lithothamnium -KnoWcn  gebunden.  Sie  stammen  haupt- 
sächlich von  La  Vista,  Cueva  de  mata  und  Cueva  Baez  und 
kommen  stets  in  grösseren  Mengen  zusammen  vor.  sodass  auf 
demselben  Gesteinshandstück  gewöhnlich  mehrere  Gehäuse  ange- 
troifen  werden,  was  auf  gesellschaftliche  Lebensgewohnheiten  dieser 
Thiere  schliessen  lässt. 

Die  Form  des  Gehäuses  und  des  Muskeleindruckes  schei- 
nen für  eine  nahe  Verwandtschaft  dieses  Thieres  mit  der  Fa- 
milie der  Capuliden  Und  insbesondere  mit  dem  Genus  Hipponyx 
zu  sprechen,  aber  die  unterscheidenden  Eigenschaften  sind  doch 
so  zahlreich  und  schwerwiegend,  dass  die  Aufstellung  eines  neuen 
Genus  für  diese  seltsame  Form  nicht  ungerechtfertigt  sein  dürfte. 
Insbesondere  ist  zu  beachten,  dass  die  Kammerung  des  Gehäuses 
bei  Hipponyx  gänzlich  unbekannt  ist.  Auffällig  ist  auch  das 
stumpfe  und  angewachsene  hintere  Ende  und  der  Umstand,  dass 
der  Muskeleindruck  nicht,  wie  bei  Hipponyx,  auf  der  concaven, 
sondern  uuf  der  convexen  Seite  liegt.  Eine  ganz  besondere  und 
ungewöhnliche  Eigenthümlichkeit  liegt  aber  darin,  dass  unser 
Thier  ofl'enbar  mit  dem  Apex  festgewachsen  war,  also  nicht  wie 
bei  Hipponyx  mit  der  Mundöft'nung  dem  Fremdkörper  oder  dem 
Operculum  aufsass.  Hierdurch  erinnert  Bothpletzia  an  die  Ver- 
metiden,  bei  denen  eine  ähnliche  Anheftung  häufig  vorkommt; 
doch  kann  in  dieser  Uebereinstimraung  keinesfalls  ein  Zeichen 
besonderer  Verwandtschaft  gesehen  werden. 

53.    Hipponyx  sulcatus   (Bors.). 

H.  sulcatus  MiCHELOTTi:  Descr.  d.  foss.  mioc.  de  Fit.  sept.,  p.  135, 
t.  V,  f.  7,  1847.  —  Mayer,  Madeira  p.  234,  1864. 

Die  Gattung  Hipponyx,  welche  auch  Lyell  in  seinem  kur- 
zen Verzeichniss  der  canarischen  Fossilien  aufführt,  ist  durch  ein 
bei  La  Vista,  Süd  gefundenes  Exemplar  vertreten,  welches  in 
allen  Punkten  mit  //.  sulcatus  übereinstimmt.  —  Diese  Art  tritt 
nach  Mayer -Eymar  zuerst  im  Aquitanien  auf,  kommt  auch  im 
Helvetien  von  Pico  de  Juliana  (Porto  Santo)  vor  und  scheint  in 
der  tortonischen  Stufe  zu  erlöschen. 

54.    Natica  cf.  he  Hein  a  Broc. 

N.  Micina  Brocchi,  1.  c,  T.  II,  p.  297,  t.  I,  f.  10,  1814. 

Ich  bin  nicht  sicher,  ob  ich  einige  sehr  kleine  (4  —  9  mm 
grosse),  schlecht  erhaltene  Exemplare  zu  dieser  so  bekannten  Art 
rechnen  darf.  —  Von  der  sehr  nahe  stehenden  N.  ntlantica, 
welche  Mayer-Eymar  in  dem  systematischen  Verzeichniss  der  fos- 


713 


silen  Reste  von  Madeira  beschrieben  hat,    unterscheiden   sie  sich 
ohne  Zweifel    durch  die  geringere  Höhe  des  Gewindes  und  durch 
die  grössere  Convexität  der  Umgänge. 
Fundort:    La  Vista. 

55.    Eissoina  pusilla  (Broc.) 

Turbo  pusiUus  Brocchi,  1.  c,  Vol.  II,  p.  381,  t.  VI,  f.  5,  1814. 
Bissoina  pusilla  Mayer,  Maedeira,  p.  237,  1864. 

Ein  gut  erhaltenes  Exemplar  wurde  bei  La  Vista  gefunden. 
—  Die  Art,  welche  vom  Helvetien  bis  in  die  Gegenwart  reicht, 
ist  auch   aus  dem  Kalktuff  von  Feiteirinhas  (Sta  Maria)  bekannt. 

56.  Pyramidella  plicosa  Bronn. 

P.  plicosa  HÖRNES,   1.  c,  I.  Bd.,  p.  492,  t.  XL  VI,  f.  20,  1856. 

Wir  haben  nur  ein  Exemplar,  welches  aber  sowohl  von  den 
recenten  als  auch  von  den  fossilen  Vertretern  aus  dem  Langhien, 
Helvetien  etc.  in  keinem  Punkte  abweicht. 

Fundort:    La  Vista. 

57.  Cerithium  varicosum  (Broc.) 

Murex  varicosus  Brocchi,  1.  c,  T.  II,  p.  440,  t.  X,  f.  3,  1814. 

Das  einzige  Exemplar  stimmt  vollständig  mit  den  pliocänen 
Lidividuen  der  oben  genannten  Art  überein,  desgleichen  auch  mit 
solchen  des  Tortonien  von  Stazzano.  welche  ich  im  Münchener 
paläontologischen  Museum  gesehen  habe. 

Fundort:    Barrancos  de  Las  Palmas  (M.  C). 

58.     Cerithium  sp.  ind. 

Einige  unvollkommen  erhaltene  und  corrodirte  Individuen  der 
Gattung  Cerifhimu  sind  ohne  Zweifel  verschieden  von  C.  vari- 
cosum, gehören  aber  sicher  der  Gruppe  des  C.  imlgatum  an. 
Von  C  vulgatum  selbst  unterscheiden  sie  sich  dadurch,  dass  der 
stumpfe  Kiel,  in  welchem  die  Querrippen  enden,  in  der  vorderen 
und  nicht  wie  bei  C.  vulgatum  in  der  hinteren  Hälfte  jedes  Um- 
ganges liegt.  In  Folge  dieses  Merkmals  nähern  sich  unsere 
Exemplare  mehr  dem  C.  minutum  Serr.  ,  welches  aber  eine 
schlankere  Form  ist  und  kleinere  Dimensionen  hat.  Sehr  gut 
stimmen  sie  hingegen  mit  der  (nur  etwas  kleineren)  von  Pereira 
DA  Costa  (Gasteropod.  dös  depositos  terc.  de  Portugal)  in  t.  28. 
f.  15  gegebenen  Abbildung  überein.  wclclie  leider  ohne  Beschrei- 
bung geblieben  ist. 


714 


59.     Cerithiolum  scahrum  (Olivi). 
Cerithiopsis  scabra  Mayer,  Madeira,  p.  247,  1864. 

Von  der  genannten,  der  heutigen  Fauna  der  Canarischen 
Inseln  angehörigen  Art  liegt  nur  ein  unvollständiges  Exemplar 
von  La  Vista,   Süd  vor. 

60.     Triforis  perversa  (L.). 

Cerithium  perversum  Hörnes,    1.  c. ,    I.  Bd.,    p.  414,  t.  XLII,  f.  20, 

1856. 
Cerithiopsis  perversa  Mayer,  Madeira,  p.  247,  1864. 

Das  einzige  Fragment,  welches  kaum  einen  Millimeter  im 
Durchmesser  hat.  besitzt  nur  noch  die  letzten  Umgänge,  an  wel- 
chen man  erkennt,  dass  alle  drei  Knotenreihen  vorhanden  waren. 
Wenn  auch  die  Dimensionen  sehr  klein  sind,  so  ist  doch  dieses 
Gehäuse  vermöge  seiner  cylinderförmigen  Gestalt  den  lebenden 
und  fossilen  Individuen  der  Art  vollkommen  gleich. 

T.  perversa,  in  den  neogenen  Ablagerungen  von  ganz  Europa 
verbreitet,  kommt  nach  Mayer-Eymar  auch  im  Helvetien  von  Ma- 
deira und  den  Azoren  vor.  Auch  jetzt  lebt  diese  Art  noch  im 
canarischen  Archipel. 

Fundort:    La  Vista,   Süd. 

61.     Chenopus  cf.  pes-pelecani  (L.). 

Murex  gracilis  Brocchi,    1.  c,    t.  11,   p.  437  u.  664,    t.  IX,    f.  16, 
1814. 

Von  La  Vista  liegt  mir  nur  ein  unvollständiges  Exemplar  vor. 

62.    Strombus  coronatus  Defr. 

Str.  cwonatus  d'Ancona:    Malac.  plioc.  ital. ,  p.  313,    t.  I,  f.   ],  2, 
1871. 

Die  zahlreichen  Exemplare  dieser  Art  besitzen  alle  mög- 
lichen Dimensionen  bis  zu  der  beträchtlichen  Länge  von  130  mm 
und  85  mm  Breite.  Obwohl  fast  alle  nur  schalenlose  Steinkerne 
sind,  so  zeigen  sie  doch  die  der  Art  eigenthümliche  Veränder- 
lichkeit in  der  Verzierung,  der  Höhe  des  Gewindes  u.  s.  w.,  und 
mit  Bezug  darauf  bleibt  es  uns  sehr  fraglich,  ob  der  von  Mayer- 
Eymar  (Madeira,  p.  253,  t.  VE,  f.  54)  von  Sao  Vicente  be- 
schriebene und  abgebildete  Stroinhws  italicus  Duclos  wirklich  eine 
selbstständige  Art  ist. 

Der  in  der  Gegenwart  durch  Str.  htibonms  Lam.  ,  in  der 
Quartärzeit  durch  Str.  mediterranens  vertretene  Str.  coronatus  er- 
scheint zum  ersten  Mal  in  der  zweiten  langhischen  Stufe  Mayer' s. 

Fundorte:  Insel  Fuerteventura  —  Lomo  Blanco.  Barran- 
cos,  La  Vista  (Gr.  Canaria). 


715 


63.     Trivia  avellana  (Wood.). 

Cypraea  avellana  Wood.:  Monogr.  of  the  Crag  Moll.,  Vol.  I,  p.  15, 
t.  II,  f.  5  a  — e,  1848. 

Sie  ist  durch  mehrere  Exemplare  vertreten,  welche  in  allen 
Punkten  mit  den  Individuen  des  Pliocäns  übereinstimmen.  Die 
Gestalt  ist  bei  einer  Länge  von  13  mm  und  einer  Breite  von 
10  mm  etwas  weniger  kugelförmig  als  bei  dem  Typus.  Wood 
sagt,  dass  die  Form  dieser  Art  sehr  veränderlich  ist,  und  dass 
die  Breite  der  Länge  gleichkomme,  oder  nur  ^/z  derselben  er- 
reichen kann. 

Tr.  avellana  findet  sich  im  Crag  von  England  und  Anvers, 
sowie  in  den  Faluns  der  Touraine  (nach  Wood  und  Nyst).  Pe- 
REiRA  DA  Costa  hat  als  C  affmis  eine  Trivia  von  Cacella  be- 
schrieben, welche  aber  wegen  der  ununterbrochenen  Fortsetzung 
der  Rippen  über  den  Rücken  der  Schale  wahrscheinlich  als  T. 
avellana  anzusehen  ist. 

Fundort:    La  Vista. 

64.     Trivia  canariensis  nov.   sp. 
Tat".  XXXVL  Fig.  3.  3  a. 

Die  eiförmig  verlängerte  Schale  ist  an  dem  vorderen  Ende 
merklich  verschmälert  und  oben  stark,  unten  aber  schwach  ge- 
wölbt. Sie  hat  eine  enge,  fast  gerade  Mundöifnung;  die  wulstige, 
aussen  gerundete  Aussenlippe  ist  der  ganzen  Länge  nach  mit  neun- 
zehn Zähnen  bedeckt:  die  Innenlippe  trägt  deren  fünfzehn.  Die 
Oberfläche  ist  von  Transversalrippen  bedeckt,  welche  in  der 
Mitte  des  Rückens  durch  eine  gerade,  sehr  breite,  von  oben  nach 
unten  sich  erstreckende  Furche  durchschnitten  werden.  Diese 
Rippen,  welche  gegen  die  Furche  hin  knotenförmig  sich  verbrei- 
tern, alterniren  mit  anderen  kürzeren  Rippen,  welche  nur  über 
die  Seite  und  über  die  Bauchfläche  laufen,  aber  schon  vor  der 
Medianfurche  des  Rückens  endigen.  —  Anzahl  aller  Rippen  20 — 26. 

Dimensionen:  Höhe  5,7  —  6,6  mm.  Grösster  Durchmesser 
5,7  —  6,6  mm. 

Diese  Art  steht  der  T.  parcicosta  Bronn  (Reiss,  Sta  Maria, 
p.  24,  1. 1,  f.  3,  und  Mayer  in  Härtung,  Madeira,  p.  265.  t.  VH, 
f.  64)  ungemein  nahe:  ihre  Rippen  sind  jedoch  nicht  ein  oder 
zweimal  gegabelt,  sondern  es  wechseln  kurze  und  lange  mit  ein- 
ander ab.  Von  der  T.  affinis  Duj.  (Mem.  sur  les  couch.  du  sol 
en  Tour.,  Mem.  geol.,  t.  II,  p.  304.  t.  XIX,  f.  12)  unterscheidet 
sie  sich  dadurch,  dass  ihre  Rippen  nicht  gekrümmt  und  deren 
knotenförmige  Anschwellungen  stärker  sind.  Auch  ist  die  Muiid- 
öftnung  enger.      Von  der  mehr  rundlichen    Ir.  Grayi  Michli  wird 


716 


unsere  Art  durch  ihre  oblonge  Form  getrennt;  ausserdem  hat  sie 
einen  fast  geraden  Mund,  während  derselbe  bei  jener  Art  sichel- 
förmig gestaltet  ist.  —  T.  radians  Lam.  der  Westküste  von 
Amerika  (Mart.  u.  Chemn.,  Syst.  Conch.  Cat.;  Weinkauff,  Ovula 
und  Cypraea,  p.  136,  t.  XXXYIII,  f.  14,  15)  ist  hinsichtlich  der 
Gestalt  und  Sculptur  sehr  ähnlich,  aber  durch  die  grösseren  Di- 
mensionen und  die  einfachen  Aussenlippen  deutlich  unterschieden. 
Fundort:    La  Vista  Nord  und  Süd. 

65.     Cassis  (Semicassis)  sulcosa  Lam. 
C.  sulcosa  HÖRNES,  1.  c,  I.  Bd.,  p.  179,  t.  XV,  f.  8,  1856. 

Nur  ein  Steinkern  mit  Abdruck  der  Sculptur. 
Fundort:    Gr.   Canaria  (M.  C). 

66.     Cassis  sp.  ind. 

Unbestimmbarer  Steinkern,  welcher  mit  der  lebenden  C.  cru- 
mena  Lam.  eine  gewisse  Aehnlichkeit  zeigt. 
Fundorte:    La  Vista  S.  Roque  (M.  C). 

67.    Ranella  (Lampas)  scrohiculator  (L.). 

i?.  scrohiculator  Tryon:  Man.  of  Conchology,  vol.  III,  p.  40,  t.  XX, 
f.  19,  20. 

Das  Exemplar  des  Museo  Canario  weicht  in  keinem  Punkte 
von  der  bekannten  lebenden  Art  des  Mittelmeeres  ab.  Das  Stück, 
welches  von  seiner  ursprünglichen  Färbung  noch  deutliche  Spuren 
erhalten  hat.  stammt  vielleicht  aus  den  jüngeren  Schichten  von 
S.  Catalina. 

68.     Ranella  (Aspa)  marginata  Mart.) 

E.  mcmjinata  Hörnes:  1.  c,  I.  Bd.,  p.  214,  t.  XXI,  f.  7 — 11,  1856. 
—  Bronn,  Sta  Maria,  p.  27,  1862.  —  Mayer,  Madeira,  p,  253, 
1864. 

Von  den  zwei  Exemplaren  ist  besonders  das  eine  recht  gut 
erhalten.  Es  hat  24  mm  Länge  zu  18  mm  Breite.  Der  letzte 
Umgang  zeigt  nur  sehr  feine  Querstreifen,  es  fehlen  ihm  aber 
die  Knoten  und  die  Spiralfurchen,  welche  auf  den  vorangehenden 
Umgängen  wohl  entwickelt  sind. 

R.  marginata  lebt  noch  in  der  Nähe  Gran  Canarias  und 
wurde  auch  im  Helvetien  von  Pinheiros  (Sta  Maria)  gefunden. 

Fundort:    La  Vista  Süd. 

69.    Nassa  atlantica  (May.). 

Bucciniuin  atlanticum  Mayeii  iii  Bronn:  Sta  Maria,  p.  26,  t.  I,  f.  6, 
1862.  —  Mayer:  Madeira,  p.  255,  t.  VII,  f.  56,  1864. 

Mir  liegt  von  dieser  Art   ein  Exemplar  vor.    welches   etwas 


717 

kleiner  ist  als  die  Individuen  von  Sta  Maria;  es  hat  nur  10  mm 
Länge  und  5  mm  Breite  und  besteht  aus  7  Umgängen,  von  wel- 
chen der  letzte  die  Hälfte  der  ganzen  Schalenlänge  einnimmt. 
Die  Oberfläche  der  drei  ersten  Umgänge  ist  vollkommen  glatt; 
auf  dem  4.  bis  6.  Umgange  sieht  man  Längs-  und  feine  Quer- 
rippen: die  Basis  ist  mit  tiefen  Spiralstreifen  bedeckt.  Spiral- 
winkel circa  42 ".  —  Die  Exemplare  aus  dem  Mittelmiocän  von 
Turin  (Bellardi.  Moll,  terziari  d.  Piemonte  e  Liguria,  P.  IIL 
p.  157.  t.  X,  f.  4  fa,  b])  sind  hinsichtlich  der  Dimensionen  sehr 
ähnlich,  und  unterscheiden  sich  nur  durch  das  stumpfere  und 
kürzere  Gewinde. 

Fundort:    La  Vista  S.  Roque. 

70.  Cantharus  variegatiis  Gray? 

Purpura  viverratmdes  d'Orbigny:  Mollusques  rec.  aux  lies  Canaries, 

p.  91,  t.  VI,  f.  38. 
Cantharus  variegatus  Tryon,    1.  c,    Vol.  III,    pag.  165,  t.  LXXIV, 

f.  298—299,  188L 

Erhalten  ist  nur  der  letzte  Umgang  und  gehört  wahrschein- 
lich der  bei  den  Canarischen  Inseln,  sowie  an  den  Küsten  von 
Senegal  und  Brasilien  lebenden  Art  an. 

Fundort:    La  Vista  Süd. 

71.  Perisfernia  atlantica  nov.  sp. 

Taf.  XXXVI.  Fig.  4.  4  a. 

Das  starke,  spindelförmige  Gehäuse  besteht  aus  acht  oder 
neun,  durch  eine  deutliche,  wellige  Naht  geschiedenen  Umgängen, 
von  denen  der  letzte  fünf  Achtel  des  Gehäuses  ausmacht.  Die 
vorhergehenden  Umgänge  bilden  unter  der  Naht  eine  stumpfe 
Kante  und  tragen  10  abgerundete  Qnerrippen,  welche  nicht  ganz 
bis  an  die  Naht  heraufgehen  und  sehr  viel  breiter  als  die  Zwi- 
schenräume sind.  Der  letzte  Umgang  wird  in  der  Mitte  convex, 
nach  vorn  regelmässig  verschmälert  und  läuft  in  ein  sehr  kurzes 
Rostrum  aus;  er  trägt  auf  seiner  Oberfläche  nur  4  bis  5  Quer- 
rippen. Die  Spiralsculptur  besteht  aus  breiten  Leisten  (2  bis  3 
in  den  ersten  Umgängen),  zwischen  denen  1  bis  3  feinere,  aber 
schärfere  Streifen  liegen.  Die  ovale  Mundöftnung  ist  vorn  in 
einen  kurzen,  etwas  nach  links  und  hinten  gerichteten  Canal  aus- 
gezogen, und  trägt  am  hinteren  Rand,  auf  der  Grenze  der  beiden 
Lippen,  eine  seichte  Rinne.  Die  mit  starkem  Callus  belegte 
Spindel  trägt  ganz  unten  eine  einzige  und  noch  dazu  sehr 
schwache,  undeutliche  Falte.  Die  Anssenlippe  ist  einfach,  schnei- 
dend und  im  Innern  glatt;   der  Nabel  eng  und  linear. 

Dimensionen:    Höhe  26  mm,  Breite  10,7  mm. 


718 


Diese  Art  ist  besonders  durch  die  undeutlichen  Rippen  des 
letzten  Umganges  von  allen  mir  bekannten  fossilen  und  lebenden 
Arten  unterschieden. 

Fundort:    La  Yista  Süd. 

72.    Murex  sp.  indet. 

Bruchstücke    von    letzten    Umgängen    einer    unbestimmbaren 
Art  gehören  wahrscheinlich  zur  Gruppe  des  M.  hrandaris. 
Fundort:    La  Vista  Nord  (M.  C). 

73.    Marginella  angustiforis  nov.  sp. 
Tat.  XXXVI,  Fig.  5,  5  a. 

Die  ei-  bis  kegelförmige  und  vorn  abgerundete  Schale  besitzt  ein 
sehr  kurzes,  breit  kegelförmiges  Gewinde  mit  einem  stumpfen  Apex. 
Die  Umgänge  sind  vollkommen  verschmolzen,  und  ihre  Obei-fläche 
erscheint  ganz  glatt  und  polirt.  Die  Mundöffnung  ist  sehr  schmal, 
fast  linearisch,  vorn  etwas  verbreitert.  Die  Aussenlippe  ist  gerade, 
sehr  verdickt,  aussen  gerandet.  nicht  gezähnelt,  die  Innenlippe 
trägt  vorn  drei  kräftige  Falten,  von  denen  die  beiden  vorderen 
schräger  verlaufen  als  die  hintere.     Basalausschnitt  fehlt. 

Dimensionen:    Höhe  8,7 — 9  mm.  Breite  5  mm. 

Diese  Art  erinnert  etwas  an  die  lebende  M.  olivaeformis 
Kiener  (Mart.  u.  Gh.,  Syst.  Conch.  Cat. :  Weinkaupf.  d.  Gatt. 
Marginella  und  Erato,  p.  61.  t.  XI,  f.  13  —  16)  von  Senegal. 
Sie  unterscheidet  sich  jedoch  durch  die  verschmolzenen  Umgänge. 

Fundort:    La  Vista  Süd.    (Xicht  selten. j 

74.    Marginella  sp.  ind. 

Von  „La  Vista  S.  Roque"  liegen  einige  Exemplare  vor,  welche 
sich  von  der  vorhergehenden  Art  leicht  durch  das  birnförmige, 
mit  kurzem  Gewinde  versehene  Gehäuse  und  durch  die  sehr  deut- 
lichen, geschiedenen  Umgänge  unterscheiden.  Die  Oberfläche  er- 
scheint vollkommen  glatt  und  polirt.  Die  Aussenlippe  ist  an 
allen  Exemplaren  abgebrochen;  die  Innenlippe  besitzt  vier  Falten, 
von  welchen  die  beiden  hinteren  undeutlicher  sind. 

Dimensionen:  Höhe  6  mm,  Breite  3  mm,  Höhe  der  Mund- 
öffnung 5  mm. 

Diese  Form  erinnert  hinsichtlich  der  Gestalt  und  der  Anord- 
nung der  Falten  an  junge  Individuen  der  Marginella  Beshayesei 
MiCHL.  (=  Marginella  Stephaniae  Pereira  da  Costa,  nach  Sacco 
Bellardi,  Moll.   terz.   d.  Piem.  e  Lig.,  P.  VI,  p.   25). 


719 


75.    Mitra  Ba-Costai  nob. 

M.  scrobiciilata  non  Broc,   Da  Costa:    Gast.  d.  dep.  terc.  d.  Por- 
tugal, p.  68,  t.  XII,  f.  13,  1866. 

Die  Schale  besitzt  ein  enges,  verlängertes,  fast  spindelför- 
miges Gehäuse,  an  welchem  der  letzte  Umgang  mehr  als  die 
Hälfte  der  Gesammtlänge  einnimmt.  Das  Gewinde  hat  einen 
Spiralwinkel  von  circa  27".  und  besteht  aus  sechs  schwach  con- 
vexen,  treppenartigen  Umgängen.  Die  Schlusswindung  ist  in  der 
Mitte  etwas  bauchig,  nach  vorne  regelmässig  verschmälert.  Die 
Oberfläche,  mit  Ausnahme  der  drei  ersten  Umgänge,  ist  mit  her- 
vorragenden, gerundeten,  durch  tiefe  und  enge  Furchen  getrennten 
Spiralleisten  bedeckt;  auf  der  Basis  werden  sie  ganz  flach  und 
sind  von  einigen  unregelmässigen  Längsfalten  durchkreuzt.  Die 
Zahl  der  Spiralleisten  beträgt  5  bis  6  im  vorletzten  Umgang,  17 
im  letzten.  Die  Mündung  ist  eng,  vorn  kanalartig  verlängert; 
die  Spindellippe  trägt  vier  grosse  Zähne,  von  denen  der  hintere 
der  grösste  ist. 

Dimensionen:    Höhe  11,5  mm,  Breite  3.5  —  3,8  mm. 

Diese  Art  gehört  zur  Sect.  11  von  Bellardi  und  besonders 
zu  der  Gruppe  der  Mitra  scrohiculata  Bk.  Von  M.  scrobiciilata 
selbst  unterscheidet  sie  sich  nicht  nur  durch  die  Dimensionen, 
sondern  auch  durch  die  im  Verhältniss  längere  Schlusswindung 
und  durch  die  gut  ausgesprochenen  Spiralfurchen  auf  der  ganzen 
Oberfläche:  auch  ist  ihr  Gehäuse  stärker  verlängert.  Ohne  Zweifel 
stimmt  sie  überein  mit  M.  scrohiculata  P.  da  Costa  (des  portu- 
gisischen  Miocäns),  welche  sich  von  der  echten  M.  scrobicülata 
Br.  auch  nach  Bellardi"  s  Ansicht  unterscheidet. 

Fundort:    La  Vista  S.  Roque.    (3  Exempl.) 

76.     Uromitra  recticostata  Bell. 

U.  recticontata  Bellardi:     Moll,    dei    terr.    terz.   del  Piem.   e  della 
Lig.,  P.  V  (contin),  p.  43,  t.  V,  f.  46  a,  b,  1887. 

Auf  den  zwei  letzten  Umgängen,  welche  allein  an  dem  ein- 
zigen Exemplare  erhalten  sind,  treten  die  Längsrippen  wenig 
hervor  und  sind  weniger  schneidend  als  auf  den  Stücken  dieser 
Art  aus  JSTord-Italien,  während  die  Querverzierungen  auf  der  Basis 
besser  entwickelt  sind  als  auf  den  von  Bellardi  abgebildeten 
Stücken.  Dieser  kleine  Unterschied  wird  jedoch  vollkommen  auf- 
gewogen durch  die  genaue  Uebereinstimmung  der  Grössen -Ver- 
hältnisse und  der  Windungen  und  durch  die  Art  der  Verzierung. 

U.  recticosta  geht  nach  Bellardi  aus  dem  oberen  Miocän 
(Colli  tortonesi,  Stazzano.  Sta  Agata)  in  das  untere  Pliocän 
(Albenga.   Torsero)  über. 


720 

77.  Oliv  eil a  Chili  nov.  sp. 
Taf.  XXXVI,  Fig.  7,  7a. 

Das  kleine,  spindelförmige  Gehäuse  besitzt  ein  conisches, 
zugespitztes  Gewinde,  welches  aus  fünf  ebenen,  schiefen  Um- 
gängen besteht,  die  durch  eine  tiefe  und  massig  weite  Naht- 
rinne getrennt  werden.  Der  letzte  Umgang,  welcher  sich  vorn 
und  hinten  sehr  regelmässig  verschmälert,  ist  vorn  von  einem 
callösen  Ueberzug  bis  zu  ^ji  der  Länge  bedeckt.  Die  Mündung 
ist  oben  eng,  erweitert  sich  nach  unten  und  nimmt  %  der  Länge 
des  Gehäuses  ein.  Die  dünne  Aussenlippe  verläuft  fast  gerade, 
die  Innenlippe  ist  mit  einer  Schwiele  bedeckt,  welche  vorn  drei 
grosse  Falten  trägt,  von  denen  die  erste  durch  eine  Medianfurche 
zweigetheilt  ist.     Die  Basalbucht  ist  weit. 

Dimensionen:    Höhe  11 — 12.6  mm.   Breite  4,5 — 5,5  mm. 

0.  hrevis  Bellardi  (1.  c.  P.  III.  p.  213,  t.  XH.  f.  34) 
ähnelt  der  hier  beschriebenen  Art.  unterscheidet  sicji  aber  durch 
das  stumpfere  Gewinde,  die  weniger  tiefen  Nahtrinnen  und  durch 
den  breiteren  calösen  Ueberzug  des  letzten  Umganges.  Auch 
steigen    die  Umgänge  von   0.  hrevis  nicht  so  schräg  an. 

Fundort:    La  Vista  Süd. 

78.  Olivella  stricta  Bell. 
0.  stricta  Bell.,  1.  c,  P.  HI,  p.  213,  1882. 

Zu  dieser  zuerst  aus  dem  Untermiocän  von  Dego  beschrie- 
benen Art  glaube  ich  ein  Exemplar  stellen  zu  dürfen,  welches 
eine  sehr  enge,  verlängerte,  nahezu  spindelförmige  Schale  mit 
einem  Spiralwinkel  von  circa  33  *•  besitzt.  Die  Schlusswindung, 
welche  zwei  Drittheile  der  ganzen  Schalenlänge  einnimmt,  ist  vorn 
sehr  verschmälert  und  von  einem  callösen  Ueberzug  bis  zu  V* 
der  Oberfläche  bedeckt.  Die  Spindel  ist  mit  sechs  Falten  ver- 
sehen,  von  denen  die  drei  vorderen  schärfer  ausgeprägt  erscheinen. 

Dimensionen:    Länge  17  mm.  Breite  6,5  mm. 

Die  Unterschiede  von  0.  davula  Lam.  .  mit  welcher  Bel- 
lardi's  Art  in  einigen  Merkmalen  übereinstimmt,  bestehen  darin, 
dass  die  Schlusswindung  an  der  Basis  etwas  mehr  verschmälert, 
das  Gewinde  höher  und  der  callöse  Ueberzug  weniger  ausge- 
breitet ist. 

Fundort:    La  Vista  S.  Roque  (M.  C.) 

79.    Ancillaria  f/landiformis  Lam. 
A.  fßandiformis  Bellardi:  1.  c,  P.  III,  p.  22.5,  t.  XII,  f.  41,  1882. 
Die    zahlreichen  Exemplare    dieser  Art    sind    fast    alle    als 
Steinkerne  erhalten;  nur  eins  besitzt  noch  die  vollständige  Schale, 


721 


zugleich  mit  deutlichen  Spuren  der  Färbung.  Die  an  beiden 
Enden  zugespitzte  Form  des  Gehäuses  und  die  Höhe  der  Schluss- 
windung, welche  ^/t  der  ganzen  Schalenlänge  einnimmt,  sowie  die 
Ausdehnung  des  callösen  üeberzuges  verweisen  dieses  Stück  zu 
der  Varietät  G.  von  Bellardi  {A.  elongafa  Desh.  in  Lamark, 
Anim.  s.  vert. ,  2.  Edit. ,  vol.  X,  p.  600,  und  Fuchs,  Stud.  tert. 
Bild.  Ob.-Italiens,  p.  49). 
Fundort:    La  Vista. 

80.     Terehra  Basteroti  Nyst. 
T.  Basteroti  Hörnes,  1.  c,  I.  Bd.,  p.  132,  t.  XI,  f.  2,  1856. 

Mir  liegen  von  dieser  bekannten  Art  einige  Exemplare  vor, 
welche  mit  denen  des  Wiener  Beckens  vollkommen  übereinstim- 
men. Von  den  pliocänen  Individuen  (var.  ])liocenica  Font.)  un- 
terscheiden sie  sich  durch  die  zahlreicheren  und  schärferen  Rip- 
pen, sowie  durch  die  tiefereu  Spiralstreifen. 
Fundort:    La  Vista  Süd. 

81.       Terehra  (Hastula)  cinereides. 

Hörnes  u.  Auinger:    Gastr.  d.  Meeresablager.  der   1.  u.  2.  Medit.- 
Stufe,  p.  109,  t.  XII,  f.  2Ü,  1879. 

Fundort:    La  Vista  Süd.     (2  Exempl.) 

82.    Haphitoma  perturrita   (Bronn). 

Fleurotoma  perturrita  Bronn:   Sta  Maria,  p.  29,  t.  I,  f.  9,  1862.  — 
Mayer:  Madeira,  p.  248,  t.  VI,  f.  47,  1864. 

Das  einzige  Exemplar  besitzt  eine  nicht  so  runde  Mund- 
öffnung wie  in  dem  Individuum,  welches  Mayer  abgebildet  hat, 
auch  sind  die  Rippen  des  letzten  Umganges  nicht  so  zahlreich. 
Der  Habitus  und  die  anderen  Merkmale  stimmen  aber  mit  der 
Diagnose  von  Bronn  und  Mayer  überein. 

Fundort:    La  Vista  Süd. 

83.    Mangelia  sp.  ind. 

Es    ist  ein    unvollständiges   Exemplar   mit    ungekielten  Um- 
gängen aus  der  Gruppe  der  M.  costata  (Penn.) 
Fundort:  La  Vista  Süd. 

84r.     Conus  (Leptoconus)  Puschi  Michti. 

C.  Puschi  Michelotti,  1.  c  ,  p.  340,  t.  XIV,  f.  6,  1847.  —  Mayer: 
Madeira,  p.  259,  1864. 

Der  schlanke  und  verlängerte  Steinkern  besteht  aus  sechs 
Umgängen;   das  liolie.   im  Profil  sehr  convexe  Gewinde  nimmt  mehr 


722 


als  ein  Drittheil  der  ganzen  Schalenlänge  ein;  die  Schlosswindung 
ist  vorn  beträchtlich  verschmälert,  mehr  als  in  ben  typischen 
Individuen  dieser  Art. 

Länge  35  mm,    Breite  des  letzten  Umganges  20  mm. 

C.  PuscJii  ist  charakteristisch  für  die  helvetische  und  tor- 
tonische Stufe,  und  findet  sich  nach  Mayer -Eymar  auch  bei 
S.  Vicente  (Madeira). 

Fundort:    Barrancos  (M.  C.) 

85.     Conus  Eeissi  May. 
C.  Beissi  Mayer:  Madeira,  p.  259,  t,  VII,  f.  59,  1864. 

Ich  rechne  zu  dieser  Art  einen  Steinkern  mit  sehr  stumpfem 
Gewinde  und  mit  hinten  bauchiger,  vorn  stark  verschmälerter 
Schlusswindung.  C.  Beissi,  welcher  bis  jetzt  nur  aus  dem  Hel- 
vetien  von  Ileo  de  Cima  (Madeira)  bekannt  war.  hat  nach  Mayer 
unter  den  fossilen  Arten  nur  ein  Analogon  in   C.  Bredai  Michti. 

Fundort:    Insel  Fuerteventura. 

86.     Comis  papilionaceus  Brug. 
C.  papilionaceus  Lamarck:  1.  c,  t.  7,  p.  476,  No.  71,  1822. 

Zwei  Steinkerne,  deren  Form  mit  der  Gestalt  dieser  im 
Canarischen  Archipel  lebenden  Art  übereinstimmt,  kommen  auf 
Fuerteventura  vor.    (M.  C.) 

87.     Conus  Esclitvegi  P.  da  Costa. 
G  Esclmeyi  Per.  da  Costa,  1.  c,  p.  29,  t.  XIX,  f.  18—23,  1866. 

Die  vorliegenden  Exemplare  stimmen  recht  gut  mit  f.  23, 
t.  XIX  von  P.  DA  Costa  überein,  indem  auch  bei  ihnen  das 
Gewinde  massige  Höhe  besitzt  und  im  Profil  etwas  convex  er- 
scheint. Ausserdem  ist  auch  die  Schlusswindung  unten  sehr 
bauchig  und  gerundet. 

C.  Eschwegi  war  bis  jetzt  nur  aus  dem  Miocän  von  Cacella 
bekannt. 

Fundort:    Gran  Canaria   (M.  C.) 

88.     Conus  (Ckeli/comis)  mediterraneus  Hwass. 

C.  mediterraneus  Hörnes  u.  Auinger,    1.  c. ,  p.  51,  t.  VI.  f.  9,  lU, 
11,  1879. 

Ein  sehr  junges  Exemplar,  das  kaum  10  mm  hoch  und  auf 
dem  letzten  Umgang  hinten  stark  kantig  ist,  gehört  zu  dieser 
Art,  welche  noch  jetzt  an  den  Küsten  der  Canarischen  Inseln, 
sowie  im  Mittelländischen  Meere   lebt    und   schon  in  der  zweiten 


f23 


mediterranen  Stufe   des  Wiener  Beckens    (Vöslau  und  Gainfarten) 
vorkommt. 

Fundort:    La  Vista  Süd. 

89.     Conus  sp.  ind. 

Ein  Steinkern  mit  sehr  hohem  Gewinde,  concavem  Profil  und 
mit  an  der  Basis  stark  verschmälertem  letzen  Umgang,  scheint 
mir  zur  Gruppe  des   Chelyconus  zu  gehören. 

Fundort:    Cueva  de  mata. 

90.  Ringicula  Hörnest  Segza. 

It.  Hörnesi  Següenza  :    Ringicole  italiane,  p.  18,  t.  I,  f.  4,  4  a,  4  b, 

1881. 

Mir  liegt  ein  ziemlich  unvollständiges  Exemplar  vor,  welches 
hinsichtlich  seiner  Form  und  seiner  Sculptur  sehr  viel  Aehnlich- 
keit  mit  dieser  tortonischen  Art  hat.  Die  entscheidenden  Spindel- 
falten sind  indessen  nicht  wahrnehmbar,  weshalb  die  Bestimmung 
dieses  Exemplares  etwas  unsicher  bleibt. 

Fundort:    La  Vista  Süd. 

91.  Bulla  micromphalus  May. 

Bulla  micromplmlus  Mayer:   Madeira,  p.  240,  t.  VI,  f.  38,  1864. 

Ein   in  Kalkspath  umgewandeltes  Exemplar  stimmt   in  Form 
und  Sculptur  ganz  gut  mit  den  Individuen  von  Pinheiros  überein. 
Fundort;    La  Vista  Süd. 

92.    Bulla  sp.  ind. 

Diese  Steinkerne  ähneln  am  meisten  der  B.  striata  Lam. 
des  atlantischen  Oceans  (incl.  Canarischem  Archipel),  welche  auch 
im  Miocän  Süd-Europas  fossil  vorkommt. 

Ch'ustacea, 

93.    Baianus  cf.  perforatus  Brug. 

B.  perforatus  Següenza:  Cin-ipedie  terziari,  P.  I,  p.  28,  t.  I,  f.  2,  2a, 
1873. 

Einige  sehr  frische  Exemplare  mit  wohl  erhaltenen  Farben- 
resten, aber  ohne  opercula,  scheinen  mir  sehr  gut  zu  B.  perfo- 
ratus aus  dem  Mittelmeer  und  von  der  westlichen  Küste  Afrikas 
zu  passen.  Sie  sind  nahezu  kegelförmig,  und  die  ziemlich  kleine 
Oeffnung  hat  eine  ovale  Form;  die  Wände  (parietes)  sind  durch- 
löchert und  äusserlich  mit  zahlreichen  Longitudinal- Furchen  be- 
deckt.    Die  Kadii  sind  sehr  schmal. 


724 

Dimensionen:  Durchmesser  der  Basis  13 — 16  mm,  Höhe 
8  mm,  Durchmesser  der  OetTnung  4  —  5  mm. 

Fossile  Exemplare  des  B.  perforatus  kennt  man  aus  den 
pliocänen  Ablagerungen  Süd -Italiens. 

94.     Chenolobia  heniitiphaerica  nov.  sp. 
Taf.  XXXVL  Fig.  2,  2  a,  2  b. 

Es  ist  zum  ersten  Mal,  dass  dieses  Genus  der  Balanideu 
in  Schichten  aufgefunden  worden  ist,  welche  älter  als  das  Astien 
sind.  Es  liegt  nur  ein  einziges,  aber  gut  erhaltenes  Schalenstück 
vor,  welches  aus  dem  mit  zwei  Rostro-lateralia  fest  verbundenen 
Rostrum  besteht.  Soweit  ich  es  nach  diesem  Reste  beurtheilen 
kann,  besass  die  ganze  Schale  eine  kugelig-gewölbte  Form.  Die 
Aussenseite  wird  von  zur  Basis  parallelen  Streifen  und  Furchen 
und  auf  ihrer  unteren  Hälfte  von  vielen  feinen  Radialstreifen  be- 
deckt. Zwei  leichte,  nahezu  parallele  Furchen,  welche  vom  oberen 
Rand  aus  eine  Strecke  weit  herablaufen,  bezeichnen  die  seitlichen 
Grenzen  des  Rostruras,  welche  noch  deutlicher  auf  der  Innenseite 
durch  zwei  von  oben  nach  unten  durchlaufende  Nähte  markirt 
sind.  Die  Rostra-lateralia  sind  doppelt  so  breit  als  das  Rostrum. 
Zu  beiden  Seiten  des  Schalenstückes  stehen  die  wohl  entwickelten 
Radia,  deren  äussere  Leisten  von  schräg  und  gedrängt  stehenden, 
schwachen  Fältchen  verziert  sind.  Diese  Leisten  unterscheiden  un- 
sere Art  von  der  C.  testudinaria,  bei  der  dieselben  stark  ge- 
zähnelt  sind.  Auf  der  Unterseite  der  Schale  strahlen  von  der 
äusseren  Wandfläche  zahlreiche  wellig  gebogene  und  auf  dem 
Basalrande  fein  gezähnelte  Vertical-Septen  aus.  Sie  sind  ab- 
wechselnd kürzer,  und  länger  und  nur  die  letzteren  erreichen  die 
innere  Wandfläche. 

Dimensionen:  Höhe  10mm.  Breite  an  der  Basis  23  mm, 
Breite  am  Apex  9  mm.  Dicke  des  Rostrum  an  der  Basis  7  mm. 
Wahrscheinlicher  Durchmesser  der  ganzen  Schale  35  —  40  mm. 

Bemerkungen:  Von  allen  lebenden  Formen  unterscheidet 
sich  die  canarische  fossile  Art  hinreichend,  um  die  Aufstellung 
einer  neuen  Art  zu  rechtfertigen.  Die  halbkugelige  und  nicht 
conische  Form,  die  nur  zart  gefältelten,  aber  nicht  gezähnten 
Leisten  und  die  im  Verhältniss  zum  Rostrum  sehr  viel  grös- 
seren Rostro  -  lateralia ,  sind  durchgreifende  Unterschiede  von 
C.  testudinaria  (L.).  Ebenso  ist  Ch.  patula  (Ranzani)  durch 
ihre  nach  Darwin  (Monogr.  of  „The  Balanidae",  pag.  396) 
steil  conische  Form  und  die  grössere  Breite  der  Radia  aus- 
geschlossen. Auch  Cli.  caretta  (Spengl.)  kann  damit  nicht  ver- 
wechselt werden,  weil  dort  die  Wand  ganz  solid  ist  und  keine 
Hohlräume  zwischen  den  Verticalsepten   hat.       Fossil  kenneii  wii' 


725 


nur  die  eine  Ai't  aus  dem  Pliocän  von  Messina,  welche  Seguenzä 
(Cirrip.  terz.  della  prov.  di  Messina.  P.  II,  p.  43)  unter  dem 
Namen  Ch.  depressa  beschrieben  hat  und  die  ebenfalls  coniscli, 
aber  viel  niedriger  als  Ch.  festnäwnrin  ist  und  zahlreiche,  dicht 
stehende  Sopten  haben   soll. 

Pisees. 

95.     Oxyrhina  plicatilis  Ag. 

().  plicatüis  Agassiz:     Rech,  sur  les  Poiss.  foss.,  Vol.  III,  p.  279, 
t.  XXXYII,  f.  14  u.  15,  1833  —  43. 

Ein  grosser,  bei  Cueva  Baez  gefundener  Zahn  besitzt  die 
für  diese  Art  des  europäischen  Miocäns  charakteristischen  Falten 
auf  der  Vorderfläche  und   eine  gleich  geringe  Dicke. 

96.     Oxyrhina  sp.   ind. 

Dreiseitige,  lancettförmige ,  fast  gleichseitige  und  nicht  ge- 
krümmte Zähne.  Die  Dicke  derselben  beträgt  nur  V^  der  Breite, 
die  Aussenfläche  ist  fast  glatt,  die  Inncnfiäclie  sehr  wenig  cenvex 
Die  Wurzel  ist  nicht  erhalten.  —  Diese  Zähne  sind  der  (J. 
hnstalis  kc.  (Rech..  Vol.  III.  p.  277.  t.  XXXIV)  sehr  ähnlich. 
Ihr  Erhaltungszustand  ist  aber  zu  ungünstig,  um  eine  genaue 
Bestimmung  zu  erlauben. 

Fundort;    La  Vista,   S.  Roque  und  Cueva  Baez. 

97.     (raleocerdo  cf.   Egcrtoni  (Ag.) 
Cwax  Egertoni  Ag.\s.siz:  Rech,  etc.,  Vol.  III,  p.  228,  t.  36,  f.  6—7. 

Ein  dreiseitiger,  gekrümmter  Zahn,  von  13  mm  Höhe.  13  mm 
Länge  und  3  mm  Dicke,  vorn  flach  und  hinten  gewölbt,  an  den 
Rändern  fein  gezähnelt.  Der  untere  Rand  des  Emails  bildet  vorn 
eine  fast  gerade,  hinten  eine  stumpfwinkelig  gebrochene  Linie.  Im 
Innern  der  Krone  befindet  sich  ein  dreiseitiger  Hohlraum,  welcher 
die  Zugehörigkeit  dieses  Zahnes  zum  Genus  Gnleocerdo  beweist. 
Mit  G.  Ef/ertoni  (Ag.)  hat  er  die  allergrösste  Aehnlichkeit  und 
an  der  Identificirung  hindert  uns  nur  der  Umstand,  dass  die 
Ränder  zu  sehr  corrodirt  sind. 

Fundort:    La  Vista. 

98.     Chrysophrys  sp.  ind. 

Zahlreiche  kegelförmige  oder  halbkugelige  Zähne  ähneln  dem 
C.  mioccnwa  Bassani  sehr. 

Fundort:    La  Vista.   Cueva  de  mata. 

Zeitächr.  d.  D.  geol.  Ges.  XL II.  4.  48 


726 


99.    Nummopalatus  africanus  (Coccm). 

Pharyngodopüus  Africanus  Coccm:  Monogr.  dei  Pharyngodopilidae, 
p.  68,  t.  IV,  f.  7.  8,  8a,  1864. 

Von  Ntimniopalatus  liegt  mir  nur  eine  untere  Dentalplatte 
vor,  welche  einen  Längsdurchmesser  von  6  und  eine  Breite  von 
11  mm  hat.  Der  Apicalwinkel  misst  10.5";  die  obere  und  die 
vordere  Fläche  stossen  unter  einem  Winkel  von  92 ''  zusammen. 
Die  erstere  ist  in  der  Mitte  etwas  abgeplattet  und  seitwärts  ab- 
schüssig. Die  von  rechts  nach  links  gewölbte  vordere  Fläche 
besteht  aus  sieben  Zahnreihen.  Die  drei  mittleren  Reihen  be- 
stehen je  aus  4,  die  zwei  nächst  liegenden  aus  je  3  Zähnen, 
während  die  äusserste  linke  nur  2,  die  äusserste  rechte  Reihe 
sogar  nur  1  Zahn  trägt.  Die  Zähne  der  mittleren  Reihen  haben 
bei  gleicher  Breite  eine  dreimal  grössere  I^änge  als  die  seitlichen. 
Die  hinteren  Zähne  der  Dentalplatte  gruppiren  sich  entsprechend 
der  ungleichen  Länge  der  vorderen  Zähne  bogenförmig  um  die- 
selben herum,  in  11  etwas  unregelmässig  gestellten  Reihen  klei- 
ner, fast  kreisrunder  Zähne,  deren  Grösse  von  innen  nach  aussen 
abnimmt.  Die  zwei  äussersten  dieser  Reihen  springen  nach  rechts 
und  links  weiter  vor  als  die  Zahnreihen  der  vorderen  Seite,  so 
dass  der  grösstc  Durchmesser  der  ganzen  Zahnplatte  durch  diese 
und  nicht  durch  die  vordere  Zahnreihe  hindurchgeht. 

Die  Originalstücke  des  N.  africaiius;  welche  Cocchi  abge- 
bildet hat,  stammen  von  Grau  Canaria  und  der  Westküste  Afrikas. 
Die  kleinen  Unterschiede,  welche  dieselben  mit  unserem  Exemplar 
zeigen,  rühren  sicher  nur  von  dem  weniger  vollkommenen  Erhal- 
tungszustand her 

Fundort:    La  Vista. 

100.    Biodon  sigma  Martin. 

/>.  sigma  Martin:    Pal.    Ergebnisse    von    Tiefbohrungen    auf  Java, 
d.  16,  t.  I,  f.  5,  1887. 

Zu  dieser  Art  stelle  ich  drei  Dentalplatten  von  La  Vista. 
Die  vollständigste  derselben  hat  eine  Breite  von  20  mm  und  einen 
Längsdurchmesser  von  11  mm;  die  Höhe  beträgt  fast  ebenso  viel. 
Der  Querschnitt  erscheint  als  eine  etwas  verlängerte  Ellipse,  de- 
ren Axen  das  Verhältniss  55  :  100  zeigen.  Die  vordere  Fläche, 
welche  noch  von  Cäment  umhüllt  wird,  ist  in  der  Mitte  schwach 
concav.  Sie  bildet  mit  der  Kaufläche  einen  Winkel  von  70''. 
Die  Dicke  der  Lamellen,  welche  die  Dentalplatte  zusanmiensetzen, 
beträgt  ^lo  —  Vio  iiim,  und  das  Email  wiegt  dabei  gegenüber  dem 
Doppelcäment  vor.  Die  Zahl  der  Lamellen  beträgt  in  der  einen 
Hälfte   16,  in  der  anderen   17,  und  sie  sind  so  angeordnet,   dass 


727 


die  gleichen  Lamellen  der  einen  Hälfte  mit  denen  der  anderen 
alterniren,  was  auf  der  Trenimngsfläche  deutlich  sichtbar  wird. 
Die  Trennungslinie  der  Lamellen  erscheint  fein  gezähnelt,  was 
seinen  Grund  darin  hat,  dass  die  obere  Fläche  mit  einem  Netze 
von  unregelmässigen  tiefen  Furchen  bedeckt  ist.  Die  Kaufläche 
besteht  zur  einen  Hälfte  aus  sieben,  zur  anderen  aus  acht  La- 
raellen, und  wird  von  denselben  unter  einem  Winkel  von  20  "^ 
geschnitten.  Li  der  Mitte  ist  sie  schwach  concav  und  bildet  mit 
der  hinteren  Fläche  des  Zahnes  einen  \Yinkel  von  130".  Einige 
Spuren  von  Abreibung  sind  auch  noch  auf  der  Hinterfläche  des 
Zahnes  zu  beobachten,  wo  sie  eine  mondsichelförraige  Area  hervor- 
gerufen haben.  Hier  sowohl  als  auf  der  Kaufläche  laufen  die 
Ränder  der  Lamellen  in  geschwungenen  Bögen  gegen  die  Tren- 
nungsfläche aus. 

Herr  Prof.  Portis  ^)  hat  kürzlich  eine  Abhandlung  über  die 
fossilen  Diodonten  verötfentlicht,  worin  er  drei  Arten  aus  dem 
Mittelmiocän  anführt:  Biodon  Scillae  Kg.  (Langhien?),  B.  Stenodus 
Portis  (Langhien  oder  Helvetien)  und  B.  corsicanus  Locaud 
(Helvetien  oder  Tortonien),  alle  der  Sectioii  der  Ortodiodonti  oder 
Biodonti  ortofdli  angehörig.  Zum  Unterschied  von  unserer  Art 
hat  B.  stenodus  einen  grösseren  Längsdurchmesser,  B.  Scillae 
eine  grössere  Lamellenzahl  und  minder  stark  gebogene  Trennungs- 
linien der  Lamellen.  Bei  B.  corsicanus  geht  die  Kaufläche  durch 
eine  bogenförmige  Krümmung  in  die  hintere  Zahnfläche  über, 
setzt  aber  nicht  wie  bei  unserem  Exemplare  unter  stumpfem 
Winkel  ab.  Auch  hat  sie  die  Form  eines  gerundeten  Trapezes 
von  nahezu  gleicher  Breite  und  Länge,  während  sie  bei  unseren 
Stücken  elliptisch  oder  herzförmig  ist. 

Eine  andere  Art,  welche  H.  Portis  übersehen  zu  haben 
scheint,  B.  sigma  Martin  aus  dem  Miocän  von  Ngemback,  weicht 
von  den  vorliegenden  Stücken  insofern  etwas  ab,  als  der  Längs- 
durchmesser bei  demselben  kleiner  ist.  Bei  den  drei  Stücken 
von  La  Vista  Nord  sind  Kaufläche  und  Hinterfläche  scharf  von 
einander  abgesetzt,  während  sie  bei  dem  Original  Martin' s  an- 
scheinend in  einander  übergehen.  Es  dürften  jedoch  diese  Unter- 
schiede schwerlich  zur  Aufstellung  einer  besonderen  Species  hin- 
reichen, weshalb  ich  es  vorziehe,  meine  Exemplare  mit  dem  Mar- 
tin'sehen  B.  sigm.a  zu  identificiren. 

Die  Fischfauna  von  Ngemback  hat  ausserdem  auch  noch  an- 
dere Beziehungen  zur  miocäncn  Fischfauna  Süd-Europas  und  Nord- 
Afrikas:  z.B.  Carcharedon  mrgalodon  Kg.  \x\\A  Heniiprislis  serra  Kg. 


^)    Di    alcuni  Gimnodonti  fossili  italiaiii.     Boll.  d.  R.  Com.  Geol. 
dltal.,  Anno  1889,  No.  11  e  12. 

48* 


728 


Ergebnisse. 

Die  von  uns  studirte  Fauna  besteht  aus  100  Arten,  die  sieb 
auf  74  Genera  vertbeilen.  von  denen  nur  15  sieb  nicht  mehr  in 
der  westlusitaniscben  Provinz  lebend  finden: 


Trochocyathus, 

Sphenotrochus, 

Clypeaster, 

Pyxis, 

Nerita, 

Müridaria, 

Bothpletzia, 

Hipponyx, 


Pyramidella, 

Aporrhais, 

Peristernia, 

Olivella, 

Ancillaria, 

Nummopalatns, 

Biodon  ^). 


Von  den  Ai'ten  sind  25  noch  lebend.  Sechszehn  derselben 
bewohnen  gegenwärtig  die  makarouesische  Provinz,  nämlich:  Ci- 
daris  trihuloides,  Retipora  celbdosa,  Anomia  ephippium,  Pecten 
pusio,  P.  pes-felis,  Mytilicaräia  calycnlata,  Chama  gryphoides, 
Haliotis  tuberculata,  Cerithiolum  scahrum,  Triphoris  perversus, 
Eanella  marginata,  It  scrobicidator,  Cantharus  variegatus,  'Conus 
painlionaceus ,   C.  mediterranen s,  Baianus  perforatus. 

Die  9  anderen  lebenden,  aber  dieser  Provinz  jetzt  fremden 
Arten  sind :  Ostrea  hyotis,  Ervilia  pius'illa,  Fissur ella  graeca, 
Mitrularia  semicanalis,  liissoina  2-^^silla,  PyramidelJa  plicosa, 
Cerifhium  varicosum,  Aporrhais  p)es-xKlecani,   Cassis  sulcosa. 

Von  den  ausgestobenen  Arten  sind  16  auf  Makaronesien 
beschränkt : 


Sphenotrochus  pharetra, 
Trochocyathus  cuculliformis, 
Ostrea  Chili, 
Lima  atlantica, 
Pectimculus  insolitus, 
Lucina  flahellifera, 
Cardium  Hartmigi, 
Bothpletzia  rudista, 
Trivia  canariensis, 


Peristernia  atlantica, 
Marginella  angustiforis, 
Olivella  Chili, 
Pleiirotoma  perturrita, 
Conus  JReussi, 
Bulla  micromphalus, 
Chenolobia  hemisphaerica, 
Nummopalatus  africanus. 


Die  fossile  marine  Fauna  Gran  Canarias  und  des  Mittel- 
meer-Gebietes zeigen  dieselben  Beziehungen  zu  einander  wie  die 
lebende    Fauna    der    Canarischen    Inseln    und    des   Mittelmeeres. 


^)  Galeocenlo  wird  zwar  von  Günther  als  im  Atlantischen  Ocean 
vorkommend  angegeben,  ob  er  aber  aucli  im  lusitanischen  Theil  des- 
selben lebt,  bleibt  ungewiss. 


729 

Denn  ^/s  der  lebenden  canarischeii  Arten  begegnen  uns  auch  im 
Mittelmeer,  gerade  so  wie  ^3  tler  fossilen  canarischen  Arten  in 
dem  Neogen  des  Mittelmeer-Gebietes  angetroffen  werden. 

Die  verticale  Verbreitung  der  fossilen  Arten  mit  Bezug  auf 
die  bekannteren  Fundorte  ist  in  der  umstehenden  Tabelle  (p.  730) 
zum  Ausdruck  gebracht. 

Die  von  Lyell  ')  ausgesprochene  Meinung  über  das  Alter 
dieser  Schichten  von  Las  Palmas  wird  durch  unsere  Untersu- 
chungen vollkommen  bestätigt.  Es  kann  kein  Zweifel  darüber 
bestehen,  dass  es  sich  um  Miocän  handelt,  wenn  wir  in  dieser 
Fauna  die  für  diese  Periode  charakteristischen  Arten,  wie  Äncil- 
laria  glandiformis,  Conus  Pusclii,  Nerita  plutonis,  Hipponyx 
sulcatus  etc.,  linden.  Aber  eine  andere  Frage  ist  es,  welcher 
der  fünf  Etagen  und  der  zehn  Unteretagen,  in  welche  die  mo- 
derne Systematik  das  Miocän  zerstückelt  hat,  die  uns  beschäfti- 
gende Ablagerung  einzureihen  sei.  —  Betrachten  wir  die  um- 
stehende Tabelle,  so  sehen  wir.  dass  die  Mehrzahl  der  Arten 
unverändert  aus  dem  Ilelvetien  in  das  Pliocän  übergehen,  und 
viele  derselben  steigen  sogar  bis  zum  Anuitanien  herab,  einige 
sogar  bis  in's  Tongrien,  andere  wieder  haben  bis  in  die  Gegen- 
wart ausgedauert.  Wenn  wir  die  neuen  und  die  unsicheren  Arten, 
welche  in  der  Tabelle  ausgelassen  sind,  nicht  berücksichtigen,  so 
ergiebt  sich  allerdings  ein  kleines  Uebergewicht  für  die  Arten, 
welche  nur  bis  zum  Helvetien  heraufgehen,  gegenüber  denjenigen, 
welche  nur  bis  zum  Pliocän  oder  Tortonien  herabsteigen.  Aber 
dieser  Unterschied  ist  zu  gering,  um  deshalb  unsere  Schichten 
in  das  Helvetien  zu  stellen. 

Eine  breitere  Basis  für  die  Altersbestimmung  bietet  sich  uns, 
wenn  wir  noch  die  miocänen  Faunen  von  Madeira  und  von  den 
Azoren,  welche  viel  reicher  als  die  canarische  Fauna  und  ohne 
Zweifel  gleichalterig  mit  dieser  sind,  mit  in  Betracht  ziehen. 
Ungefähr  die  Hälfte  der  canarischen  Arten  kommen  auch  auf 
Madeira  und  den  Azoren  vor;  unter  diesen  Formen  sind  einige, 
welche  man  als  auf  das  Gebiet  dieser  Inseln  beschränkt  ansehen 
muss:  Liina  ailantica,  Cardücm  Hartungi,  Mitndaria  semica- 
nalis,  Pleurotoma  perfurrita,  Conus  Ueissi,  Bulla  micromphalus, 
Cidaris  trihnloides;  andere  hingegen  sind  mehr  oder  weniger  weit 
im  Neogen  Europas  und  Nord-Afrikas  verbreitet: 

Clypeasier  altus,  0 streu  hyotis, 

Eschara  lamellosa,  Anomia  ephippium, 

Ciipularia  intermedia,        Pecten  pes-felis, 


')  Lyell.  Th«  student's  Elements  of  Geology,  2  edit.,  1874,  p.  537. 


730 


■  ä 

s 
•^ 

OJ 

^ 

d 
o 

s 

O 

O 

.4^ 

'S 

N 

CT-S 

s 

^ 

O 

\^ 

■aj 

<-:=i 

a 

w 

H 

Pl 

|-^ 

Olivdia  stricta     .... 

+ 

— 

— 

— 



— 

Nerita  Plutonis    .     .     . 

+ 

+ 

+ 

— 



— 

Eastonia  mitis     .     .     . 

+ 

+ 

+ 

— 

— 

— 

Eschara  lamellosa    .     . 

X 

+ 

+ 

+ 



— 

Conus  Puschi  .... 

X 

+ 

+ 

+ 



— 

Hipponyx  sulcatus   .     . 

+ 

+ 

+ 

+ 



— 

Nerita  Grateloupana     . 

-f 

+ 

+ 

+ 



— 

Venus  multilamella  .     . 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

Ervilia  pusilla     .     .     . 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

Natica  helieina    .     .     . 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

Ancillaria  (jlandiformis 

+ 

+ 

+ 



— 

Cerithium  mricosum     . 

— 

X 

+ 

+ 

+ 

+ 

Cupularia  intermedia    . 

— 

+ 

+ 

+ 

+ 

— 

Trochus  patulus  .     .     . 

— 

+ 

+ 

+ 

+ 

— 

Stromhus  cormiatus  .     . 

— 

+ 

+ 

+ 

+ 

— 

Terebra  Basteroti     .     . 

— 

+ 

+ 

+ 

+ 

— 

Pectunculus  stellaius 

— 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

Cardita  calymlata    . 

— 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

Chama  gryphoides     . 

— 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

Cassis  sulcosa  .     .     . 

— 

+ 

+ 

4- 

+ 

+ 

CJienopus  pes-pelecani 

— 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

Cerithium  scabrum   . 

— 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

Cerithium,  perversum 

— 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

Pyramidella  plicosa  . 

— 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

Cellepwa  verrucosa  . 

— 

— 

+ 



— 

Nassa  atlantica    .     . 

— 

— 

+ 

— 

~ 

— 

Conus  Eschwegi  .     . 

— 

— 

+ 

— 



— 

Lucina  Bellardiana  . 

— • 

— 

+ 

+ 



— 

Terebra  cinereides 

— 

— 

+ 

+ 



— 

EscJutra  monilifera  . 

— 

— 

+ 

+ 

+ 

— 

Lucina  leonina    .     . 

— 

— 

+ 

+ 

+ 

— 

Pecten  latissimus 

— 

— 

+ 

+ 

+ 

— • 

Triria  avellana    . 

— 

— 

+ 

+ 

+ 

— 

Pecten  pes-felis    . 

— 

— 

+ 

+ 

+ 

+ 

Pecten  pusio    .     .     . 

— 

— 

+ 

+ 

+ 

+ 

Anomia  epjhippium   . 

— 

— 

+ 

+ 

+ 

+ 

Ostrea  hyotis  .     .     . 

— 

— 

+ 

+ 

+ 

+ 

Eetepora  cdlidusa     . 

— 

— 

+ 

+ 

+ 

+ 

Conus  m editerraneus 

— 

— 

+ 

+ 

+ 

+ 

Eanella  maryinata    . 

— 

— 

+ 

+ 

+ 

+ 

Eissoina  pusilla  .     . 

— 

■ — 

+ 

+ 

+ 

+ 

Fissurella  yraeca 

— 

— 

+ 

+ 

+ 

+ 

Baianus  perforatus  . 

— 

— 

+ 

+ 

+ 

+ 

Einyicula  Härnesi    . 

— 

— 

— 

+ 



■ — 

Mitra  recticostata     . 

— 

— 

— 

+ 

+ 

— 

Janira  rhegiensis 

— 

— 

— 

+ 

+ 

— 

Pyxis  pyxidatus  .     . 

— 

— 

— 

— 

+ 

— 

Haliotis  tubcrculata  . 

~ 

— 

— 

— 



+ 

731 


Pccten  laüssinius,  Hipijonyx  sulcatus, 

Pcctuncuhis  steUatus,  Jiissoina  pusilla, 

Mitylicardia  calyculatd  Ceritliioluiu  scabrum, 

Chama  gryplioideii,  IViphoris  perversus, 

lAicina  leonina,  Stromhus  coronatus, 

—       Bellardiana,  Ranella  marginata, 

Ervilia  pusilla,  Nassa  atlantica, 

Nerita  Plutonis,  Conus  Puschi. 

In  der  Fauna  von  Madeii'a  und  den  Azoren  hat  Mayer- 
Eymar  „ein  Vorherrschen  der  Bivalven  über  die  Gastropoden, 
sowohl  in  Bezug  auf  die  Zahl  der  Species  (85  gegen  84)  als, 
noch  in  höherem  Grade,  in  Bezug  auf  diejenige  der  Individuen 
(421  gegen  248,  oder  5  gegen  3)"  ')  beobachtet.  Auf  Gran  Canaria 
ist  gerade  das  Umgekehrte  der  Fall:  es  überwiegen  die  Gastro- 
poden mit  50  Arten,  die  Lamellibranchiaten  mit  30.  Dasselbe 
gilt  für  die  Anzahl  der  Arten,  denn  die  grosse  Häufigkeit  von 
Ervilia  inisiUa,  Peefunculas  stellahis,  Lucina  sp.  pl..  wird  auf- 
gewogen durch  die  nicht  minder  grosse  Häufigkeit  von  Strmnlms 
coronatus,  Ancillaria  glandiformis,  Ceritldum,  Tcrebra,  Margi- 
nclla,  Mifrularia,  BotJipletzia  etc. 

Merkwürdiger  Weise  finden  wir  in  der  Gegenwart  das  Zah- 
lenverhältniss  beider  Mollusken  -  Gruppen  für  Madeira  gerade  um- 
gekehrt. Nach  Mac  Andrew^  kommen  auf  nur  56  Lamelli- 
branchiaten 107  Gastropoden.  Aber  diese  Umkehrung  hat  auf 
Gran  Canaria  nicht  stattgefunden,  woselbst  auf  78  Acephalen 
gegenwärtig  179  Gastropoden  kommen,  also  ein  ähnliches  Zahlen- 
verhältniss  wie  während  der  Miocänzeit  existirt. 

Zu  diesem  Unterschied  zwischen  Gran  Canaria  und  Madeira, 
welcher  wahrscheinlich  von  der  verschiedenen,  dort  mehr  felsigen, 
hier  mehr  schlammigen  Beschaffenheit  des  Meeresgrundes  her- 
rührt, kommen  noch  andere.  Auf  Gran  Canaria  fehlen  gewisse 
Typen,  welche  auf  den  Azoren  und  Madeira  reich  vertreten  sind. 
So  z.  B.  die  Familie  der  Astraeiden  und  gewisse  Gruppen  der 
Mollusken  Cardiurn,  Venus,  Area,  Rissoa,  Alvania,  Fasdolaria) , 
welche  auf  den  Azoren  und  Madeira  sowohl  nach  Arten  als  nach 
Individuen  reich,  auf  Gran  Canaria  aber  gar  nicht  oder  nur  sehr 
dürftig  vertreten  sind.  Während  andererseits  die  ziemlich  häu- 
figen Fische  und  die  Olividen.  Marginelliden ,  Crassatella,  Sphe- 
nofrocJms,  TrochoegatJius  und  die  so  seltsame  Rothpletzia  auf 
den  Azoren  und  Madeira  nicht  nachgewiesen  sind. 


^)  Mayer -Eymar,  Madeira,  p.  285. 


732 


Diese  Thatsachen  scheinen  zu  beweisen,  dass  hier  früher  in 
der  Vertheilung  der  Lebensbedingungen  eine  grössere  Mannich- 
faltigkeit  als  gegenwärtig  geherrscht  hat.  denn  gegenwärtig  sind 
nacli  den  Angaben  von  Mac  Andrew^  von  den  169  Mollusken- 
Arten  Madeiras  nicht  weniger  als  139  den  Canarischen  Inseln 
gemeinsam. 

Die  besprochenen  fossilen  Faunen  der  Azoren  und  Madeiras 
sind  von  Mayer-Eymar  in  das  Helvetien  gestellt  worden,  indem 
er  das  Tortonien  auf  Grund  der  lithologischen  Ausbildung  als 
ausgeschlossen  betrachtet,  da  letzteres  in  ganz  Europa  aus  blauen 
Mergeln  bestehe.  Er  fügt  hinzu,  dass  diese  blauen  Mergel  „eine 
so  constante,  durch  das  starke  VorheiTSchen  gewisser  Gattungen 
und  Arten  bezeichnete  Fauna  enthalten,  dass  auch  sie  von  vorn 
herein  als  auf  den  atlantischen  Inseln  nicht  vorhanden  genannt 
werden  können"  ^).  Es  ist  schwer  verständlich,  wie  ein  Meer  in 
seiner  ganzen  Ausdehnung  nur  blaue  Mergel  abgesetzt  haben  soll; 
gewiss  fehlten  in  der  Nähe  der  Küste  Sande,  GeröUe  und  orga- 
nogener  Kalk  nicht,  und  entsprechen  denselben  besondere  Faunen, 
gerade  so  wie  wir  es  in  den  heteropischen  Ablagerungen  anderer 
Perioden  sehen. 

In  dem  Verzeichniss  der  208  Arten  giebt  Mayer -Eymar 
an,   dass  folgende   15  nicht  über  das  Helvetien  hinaus  reichen: 

Escharu  lamellosa  Mich., 
Escliurina  hiaperta  Mich., 

—  celleporacea  Münst.. 

Ciqmlaria  inier media  Mich., 
Helinstraea  Prevostana?  M.  E.  u.  H., 

—  Bercssana  M.  E.  u.  H.. 

C/ytherea  Heeri  Ag., 
Cardinni  comatidnm  Br.. 
Plicatula  niperella,  Duj.. 
Ostrea  lacerata  Goldf., 
Nerita  Plutonis  Bast., 
Certthiopsts  hilineata  Hörn.. 
Fasciolaria  nodifera  Duj.. 
Mitra  Hörnesi  May., 
Clypeaster  crassicosfatus  Ag. 

Dies  gilt  aber  in  Wirklichkeit  nur  für  9  Arten,  denn 
Eschara  lamellosa  und  Escharina  hiaperta  finden  sich  auch  im 
Crag  von  England,     Cupulariu  intermedia  wird   aus    dem  Astien 


')  Mayer-Evmar,  Madeira,  p.  277. 


733 

von  Pieinoiit,  Heliastraca  Jiensö'ina  im  Tortonien  von  Calabria, 
Plicatula  riijK'rella  im  Tortonien  von  Modena  angeführt  und  Ce- 
rithwpsis  hilineafa  ist  noch  lebend.  Andererseits  giebt  jenes 
Verzeichniss  zusammen  32  Arten  an,  welche  nicht  im  Helvetien, 
sondern  im  Tortonien,  Pliocän  oder  in  der  Gegenwart  vorkom- 
men. Die  Wage  neigt  sich  ebenso  sehr  auf  die  Seite  des  Tor- 
tonien als  auf  die  des  Helvetien,  und  es  scheint  mir  die  Frage 
hier  am  Ort,  ob  es  nicht  besser  sei,  anstatt  unsere  Schichten 
auf  Grund  numerischer  Unterschiede,  welche  sich  je  nach  Aufas- 
sung  des  Artbegrifs  oder  je  nach  Geschick  des  Sammlers  von 
einem  Tag  zum  andern  verschieben  können,  in  die  engen  und 
künstlichen  Grenzen  der  einen  oder  anderen  Etagen  einzuzwängen, 
dieselben  einfach  in  das  mittlere  Miocän  zu  stellen,  welches  der 
zweiten  Mediterranstufe  der  österreichischen  Geologen,  oder  den 
Schichten  von  Grund  bis  herauf  zu  dem  oberen  Leithakalk 
entspricht? 

Wenn  auch  die  Unterscheidung  des  Helvetien  und  Tortonien 
in  einigen  besonders  begünstigten  Localitäten  möglich  ist,  so  wird 
sie  doch  in  einer  grossen  Anzahl  von  Fällen  zur  reinen  Unmög- 
lichkeit. Und  sie  scheint  mir  überhaupt  nicht  besser  begründet 
als  die  Eintheilung,  w^elche  man  in  das  Pliocän  einführen  wollte, 
indem  man  die  Küstenablagerungen  und  diejenigen  des  tieferen 
Meeres  als  selbständige  Unteretagen  ansah.  Deswegen  glauben  wir 
imsere  Schlussfolgerungen  darauf  beschränken  zu  sollen,  zu  sagen, 
dass  innerhalb  der  mittelmiocänen  Ablagerungen  solche  in  der 
Facies  des  Leithakalkes  vorkommen,  welche  am  besten  den  cana- 
rischen  Schichten  entsprechen.  Die  Häufigkeit  der  Lithoiham- 
nium-KnoWen  in  demselben,  sowie  die  bathymetrische  Verbreitung 
der  Organismen  sprechen  ebenso  wie  die  mächtigen  Conglomerate 
und  Sande,  die  sie  begleiten,  für  eine  Meerestiefe,  welche  100  m ') 
nicht  überschritten  haben  kann,  und  die  wohl  auch  diejenige  des 
Leithakalk-Meeres  war. 


2.    Die  Schichten  von  S.  Catalina. 

Die  Versteinerungen,    welche  mir  aus  diesen  Schichten  vor- 
liegen,  sind  viel  weniger  zahlreich  als  diejenigen  der  Hochterrasse. 


1)  Nach  P.  Fischer  (Manuel  de  Conchyliologie,  p.  184)  reicht  die 
untere  Grenze  der  Nulliporen  (Lithothamnium)  an  der  französischen 
Küste  nur  bis  zu  einer  Tiefe  von  72  m  herab.  Wenn  man  diese  Be- 
grenzun^ff  auch  für  die  Canarischen  Insehi  in  der  Miocänzeit  gelten 
lassen  will,  so  würde  das  Maximum  der  damaligen  Meerestiefe  von 
100  auf  72  m  zu  setzen  sein.  Indessen  ist  hierauf  deshalb  ein  beson- 
derer Werth  nicht  zu  legen,  weil  wahrscheinlich  diese  miocänen  Schich- 
ten sich  in  noch  geringerer  Tiefe  gebildet  haben. 


734 


Es  sind  nur  20  Arten,  während  Lyell  ^)  aus  denselben  Schichten 
der  unteren  Terrasse,  aber  wahrscheinlich  von  einem  anderen  Fund- 
ort, wie  bereits  weiter  oben  erläutert  worden  ist,  über  50  Arten 
erhalten  hat,  deren  Namen  er  aber  nicht  erwähnt  hat,  mit  Aus- 
nahme des  Strombus  hubonius,  Ceritliium  procerum,  Pecfen  jaco- 
baeiis,  P.  polymorplms  und  der  Cardita  squamosa.  Diese  Versteine- 
rungen haben  noch  ein  ungemein  frisches  Aussehen  und  machen  in 
Folge  dessen  einen  sehr  jugendlichen  Eindruck.  Wenn  nicht  einige 
Formen  darunter  wären,  welche  in  der  gegenwärtigen  Fauna  dieses 
Archipels  fehlen  und  die  deswegen  den  Eintritt  einer  Veränderung 
in  den  Lebensbedingungen  anzeigen,  so  könnte  man  sie  für  ebenso  alt 
halten  als  die  subfossilen  Gehäuse  des  jetzigen  Meeresstrandes. 

In  der  nachfolgenden  Liste  sind  die  Arten,  welche  noch  jetzt 
den  Canarischen  Archipel  bewohnen,    mit  einem  *  bezeichnet. 

1 .  *  Toxopnenstes  liviäus  Lam. 
Nur  isolirte  Stacheln. 

2.  '^ Mytilieardia  calyculata  (L.)    d'Orbigny.  Moll.,  Echinod. 

etc.   des  iles  Canaries,  p.   105. 
Die   zahlreichen  Exemplare    gehören    jener    kleinen  Varietät 
an,  welche  noch    an    den  Küsten  Gran  Canarias  lebt,    und  fossil 
auch   im  miocänen  Sandstein  von  La  Vista   gefunden  worden  ist. 

3.  '^Venns  verrucosa  L.     d'Orbigny.  1.   c,  p.  106. 

4.  Tatella  Loioei  d'Orbigny,   1.  c,  p.  97,  t.  VH,  f.  9,  10. 
Diese  Art,   welche  nach  Mac  Andrew  (Moll,   on  the  N.  E. 

Atlant.,  in  Rep.  of  the  twenty-sixth  meet.  of  the  Brit.  Ass.  for 
the  Adv.  of  sc,  p.  146,  1857)  nur  an  den  Küsten  der  Cana- 
rischen Inseln,  von  Madeira  und  Mogador  lebt,  wird  von  May^er- 
Eymar.  Madeira,  p.  234)  auch  aus  den  quartären  Schichten  von 
Prainha  angegeben. 

5.  '^'Patella  guttata  d'Orbigny,  1.  c,  p.  98,  t.  VII,  f,  13  u.  15. 
Ein  grosses  Exemplar,    welches  wie  die  ausgewachsen  Indi- 
viduen von  lebenden  Arten   eine  auffallende  Höhe  besitzen.     Ihre 
Höhe  beträgt  30  mm,  ihre  Breite  circa  60  mm. 

6.  "^ Fissurella  gibba  Phil.     Mac  Andrew,  Moll,  on  the  N.  E. 

Atlantic,  p.   147. 
Sehr  häufig. 

7.  * PhasianeUa  pulla  Pay^r.     d'Orbigny,   1.  c,  p.  81. 

8.  '^  Troclms  turhinaius  Born. 

Zahlreiche,  in  Form  und  Färbung  sehr  veränderliche  Exem- 
plare. 


1)  Eiern,  of  Geology,  6.  Edith.,  p.  668,  1865. 


735 


9.    ''^Monodonia  Bicliaräü  Payr.     d'Orbigny,  1.  c,  p.  82. 

10.  Vermdus  glomeratas  Biv. 

1 1 .  Vermetus  suhcancellatus  Biv. 

Diese  und  die  erstgenannte  Art  sind  aus  der  heutigen  Fauna 
des  Canarischen  Archipels  nicht  bekannt.  Sic  leben  jedoch  im 
Mittelraeer. 

12.  '^ Littorina  affinis  d'Orbigny,  1.  c,  p.  79,   t.  VI,   f.  11,  13. 
1'6.    '*  Cyclostoma   canariense   d'Orbigny,     1.   c. ,    p.   76,    t.  II, 

f.  31,  t.  VI,   f.  34. 

14.  *  Ceritimmi  lacteum  Phil. 

15.  *  Colmubella  rustwa  Lam.     d'Orbigny,  1.  c,  p,  90. 

16.  Purpura  (Polytropa)  lapälus  (L.) 

Die  nordische  Art  bewohnt  gegenwärtig  weder  den  Cana- 
rischen Archipel  noch  das  Mittelmeer. 

17.  "^Purpura    (Stramumta)    liaemastoma    Lam.      d'Orbigny, 

1.  c,  p.  91. 

18.  "^'Marginelln  müiacea  Lam.     Mac  Andrew,   1.  c. ,  p.  151. 

19.  *M^m  zchrina  d'Orb.,  1.  c,  p.  86.  t.  VI,  f.  29,  31. 

20.  '-^Marinula  Firminü  (Payr.).      Mac  ANDREM^  1.  c,  p.  145. 

21.  *Helix    (Hemicyclus)    malleata    Fer.      d'Orbigny,    1.    c. , 

p,  54,  t.  I,  f.  15,  17. 

Aus  diesem  Verzeichniss  ersieht  man,  dass  die  Schichten 
von  S.  Catalina  Strandbildungen  sind  und  nicht  wie  Lyell 
(1.  c.)  glaubte,  in  einer  Tiefe  von  über  30  m  zum  Absatz  ka- 
men. Die  Mischung  von  Landschnecken  (Helix  maUeata,  Cyclo- 
Stoma  canariense),  Strandbewohnern  (Marinula  Firmini)  und  der 
Patella,  Troclms  etc.  mit  Arten,  welche  nur  wie  Cardita  squa- 
■mosa  in  einer  gewissen  Meerestiefe  leben,  weist  deutlich  darauf 
hin,  dass  die  letzteren  erst  nach  ihrem  Tode  auf  den  Strand  ge- 
worfen wurden. 

Mit  Bezug  auf  die  Altersbestinnnung  machen  es  die  gegen- 
wärtig dem  Archipel  fremden  Arten  (Strombus  huhonius,  Pur- 
pura lapillus,  Cerithium  procerum,  Cardita  squamosa  etc.)  un- 
möglich, die  Entstehung  dieser  Schichten  in  die  Neuzeit  zu  ver- 
legen .  und  wir  vermuthen ,  dass  sie  zum  oberen  Quartär  gehören 
und  mit  dem  Kalktuti  von  Prainha.  welchen  Mayer-Eymar  eben- 
falls für  diluvial  hält,  gleichaltrig  sind. 

Die  Vergesellschaftung  von  Arten,  welche  gegenwärtig  nur 
noch  in  südlicheren  und  solchen,  die  nur  noch  in  nördlicheren 
Meeren  leben,  lässt  uns  über  die  Ursache  dieser  Wohnungver- 
änderung im  Ungewissen. 


736 


3.    Die  Sande  und  Mergel  der  Isleta. 

In  diesen  Schichten  existirt  ebenso  wie  in  denjenigen  von 
S.  Catalina  eine  Mischung  von  Land-  und  Meeresbewohnern, 
welche  die  Strandablagerungen  charakterisiren. 

Die  Mollusken -Gehäuse,  welche  sie  einschliessen,  sind  so 
vortrefflich  erhalten  und  zeigen  noch  so  viel  von  dem  Glanz  der 
Schale  und  den  Farben,  dass  man  sie  nur  als  subfossil  be- 
zeichnen kann. 

1.  Pectimculus  glycimeris  (L.).    d'Orbigny,    Moll.  d.  il.  Can., 

p.  104  (P.  püosiis). 
Mergel  der  Playa  de  Confital. 

2.  Vemis  verrncosa  L.     d'Orb.,  1.  c.  p.  106. 
In  Sand  der  Playa  de  la  Luz. 

3.  Cyclostoma  canariense  d'Orb.,  1.  c.  p.  76. 

4.  Conus  papilionaceus  Brug.     d'Orb.,  1.  c,  p.  85. 
Playa  de  la  Luz. 

5.  Helix  })isana  Müll.     d'Orb..  1.  c,  p.  58. 

Sehr  junge  Exemplare,   immer  mit  Kiel  versehen.     La  Luz. 

6.  Helix  maUeata  Fer.      d'Orb..   1.  c,  p.  54. 
Mergel  der  Playa  de  Confital. 

7.  Helix  Sauhyi  d'Orb..   1.  c.  p.  56,  t.  XXXI.   f.  9,  10,  11. 
Isleta. 

8.  Helix  lactea  Müll.     d'Orb..   1.  c,  p.  55. 

Im  Mergel  der  Playa  de  Confital.  —  Von  dieser  Art  sagt 
d'Orbigny.  dass  sie  wahrscheinlich  „a  cte  apportee  aux  Cana- 
ries  comme  comestible,  et  qu'elle  s'y  est  parfaitement  natu- 
ralisee". 

9.  Spinila  Feronii  Lam.      d'Orb.,   1.  c,  p.  24. 
Im  Sande  der  Playa  de  Confital. 

Das  ganz  jugendliche  Alter  dieser  Ablagerungen  ist  durch 
diese  kleine  Liste  vollkommen  bewiesen,  da  dieselbe  nur  Arten 
umfasst,  welche  noch  heute  den  Strand  der  Canarischen  Inseln 
bewohnen  und  von  denen  eine  sogar  wahrscheinlich  erst  vor 
einigen  Jahrhunderten   auf  diesen  Inseln  eingeführt  worden  ist. 


737 


4.   Zur  mikrocheniischeii  Untersuchung* 
einiger  Minerale. 

Von  Herrn  J.  Lemberc4  in  Dorpat. 

Die  gegenwärtigen  mikrochemischen  Untersuchungs-Methoden 
sind  fast  alle  darauf  gerichtet,  nur  die  elementare  chemische 
Zusammensetzung  zu  ermitteln,  doch  ist  das  Ergebniss  dieses 
Verfahrens  nicht  immer  eindeutig,  weil  dieselben  Stoffe  ja  in  ver- 
schiedenen Mineralen  vorkommen  können.  Die  Ermittelung  von 
chemischen  Reactionen,  welche  für  ganz  bestimmte  Minerale  be- 
zeichnend sind,  ist  daher  wünschenswerth.  Ferner  darf  die  che- 
mische Reaction  nur  auf  der  Oberfläche  des  zu  prüfenden 
Minerals  verlaufen,  die  Reactionsproducte  dürfen  nur  auf  der 
Oberfläche  niedergeschlagen  werden  ,  wodurch  das  Mineral 
kenntlich  gemacht  wird;  dann  eriiält  man  Einsicht  in  die  mine- 
ralogische Gruppirung  der  chemischen  Stoffe,  während  eine  solche 
nicht  immer  geliefert  wird,  wenn  die  Niederschläge  an  einem  be- 
liebigen Ort  aus  der  Lösung  sich  ausscheiden.  Besonders  bei 
synthetischen  Untersuchungen  tritt  innner  die  Frage  heran:  ist 
das  gebildete  Product  ein  chemisches  Individuum?  hier  ist  es 
wünschenswerth,  die  etwaigen  fremden  Beimengungen  sichtbar 
machen  zu  können. 

Die  folgenden  Versuche  sind  alle  an  gröblich  gepulverten 
Mineralen  angestellt,  nachdem  der  feine  Staub  durch  Schlämmen 
entfernt  war;  bei  sehr  feinem  Korn  versagen  die  Untersuchungs- 
methoden. Zum  Gelingen  der  Versuche  ist  es  nöthig,  dass  die 
Oberfläche  der  Körner  frei  von  fettigen  Stoffen,  überall  benetzbar 
sei;  besonders  sei  hervorgehoben,  dass  die  Empfindlichkeit  ein 
und  desselben  Minerals  (auch  von  demselben  Fundort)  gegen 
chemische  Agentien  eine  recht  verschiedene  ist,  sodass  die  fol- 
genden Angaben  über  Concentration  und  Einwirkungsdauer  der 
Lösungen  durchaus  nicht  allgemeine  Geltung  beanspruchen;  es  ist 
sehr  wünschenswerth,  dass  solche  Versuche  an  Orten  ausgeführt 
werden,  wo  umfangreiche  Sammlungen  der  verschiedenen  Abarten 
von  Mineralen  vorhanden  sind,  weil  dann  die  Grenzen  der  Brauch- 
barkeit einer  Methode  eher  festgestellt  werden  können.  Die  hier 
mitgetheilten  Versuche  konnten  nur  an  einer  recht  begrenzten 
Zahl  von  Mineralabarten  angestellt  werden,  doch  glaube  ich.   dass 


738 


auch  so  die  folgenden  Mittheiluiigeu  in  manchen  Fällen  dem  Geo- 
logen nicht  unwillkommen  sein  dürften.  Wo  nicht  besonders  be- 
merkt, wurden  die  Versuche  in  flachen  Uhrgläsern  bei  Zimmer- 
temperatur angestellt. 

1.  Sodalith  kann  dadurch  kenntlich  gemacht  werden,  dass 
das  Chlor  zunächst  als  AgCl  auf  den  Körnern  niedergeschlagen 
und  dann  das  AgCl  zu  Ag  reducirt  wird:  die  Sodalithkörner  sind 
durch  den  Ag-Üeberzug  undurchsichtig  gemacht. 

Das  Verfahren  ist  folgendes :  man  lässt  1 0  Minuten  lang  eine 
wässerige  Lösung,  die  gleichzeitig  4  pCt.  HNO3  und  2  pCt.  AgNOs 
enthält,  auf  den  Sodalith  einwirken,  nach  welcher  Zeit  sich  ein 
zwar  sehr  dünner,  aber  recht  gut  haftender  Ueberzug  von  AgCl 
abgelagert  hat.  Salpetersäure -reichere  Lösungen  sind  nicht  em- 
pfehlenswcrth ,  weil  dann  die  AgCl-Bildung  zu  rasch  erfolgt,  und 
der  Ueberzug  nicht  gut  haftet.  AgNOs  muss  immer  in  reich- 
licher Menge  zugegen  sein,  damit  die  Lösung  in  unmittelbarer 
Berührung  mit  Sodalith  nie  Ag  -  frei  wird,  weil  dann  die  abge- 
spaltene HCl- Säure  nicht  mehr  auf  der  Oberfläche  des  Sodaliths 
gefällt  wird,  sondern  in  weiterer  Entfernung.  Nach  genügender 
Einwirkung  (meist  10  Minuten)  wird  die  Lösung  von  den  Kör- 
nern abgegossen,  einmal  mit  etwas  Wasser  vorsichtig  nachgespült 
und  dann  sofort  das  AgCl  mit  Pyrogallol  zu  Ag  reducirt,  was 
in  folgender  Weise  geschieht:  Ein  Raumtheil  der  oben  genannten 
Lösung  wird  mit  dem  9 fachen  Raumtheil  Wasser  verdünnt,  und 
zu  einem  Kubikcentimcter  dieser  nun  zehnfach  verdünnten  Lösung 
etwa  ein  Centigramm  Pyrogallol  zugesetzt  (es  kommt  nicht  be- 
sonders auf  das  Verhältniss  an,  auch  ist  1  Centigr.  Pyrogallol 
für  jeden  Versuch  vollkommen  genügend);  der  Pyrogallol-Zusatz 
erfolgt  unmittelbar  vor  der  Verwendung  der  Lösung  zu  Reduction 
des  AgCl.  Nach  rasch  (höchstens  1 — -2  Min.)  erfolgender  Re- 
duction spült  man  die  Entwicklungsflüssigkeit  mit  wenig  Wasser 
ab;  bei  längerer  Einwirkung  von  Pyrogallol  löst  sich  leicht  etwas 
Ag  von  den  Sodalithkörnern  ab,  auch  wird  etwas  Ag  aus  dem 
AgNO.3  abgeschieden.  Die  Ei'gebnisse  an  Sodalithkörnern  waren 
recht  befriedigend.  Auch  an  Dünnschliffen  von  Ditroit  konnte 
der  Sodalith  dauernd  sehr  gut  sichtbar  gemacht  werden.  Zur 
Verwendung  gelangten  die  Sodalithe  von  folgenden  Fundorten: 
Ditro,  Vesuv,  Miask,   Grönland. 

Man  kann  auch  den  Sodalith  sichtbar  machen,  ohne  das 
AgCl  zu  Metall  zu  reduciren,  wenn  man  nur  den  AgCl-Ueberzug 
stärker  werden  lässt;  nach  15  bis  höchstens  30  Minuten  langer 
Einwirkungsdauer  der  sauren  Ag-Lösung  ist  das  durchgehende  Licht 
sehr  stark  geschwächt,  die  Sodalithkörner  erscheinen  gelb  bis 
braun    gefärbt,    im  auffallenden  Licht    erkennt  man    den  weissen 


739 


AgCl-üeberzug  sehr  (deutlich.  Die  Reaction  kann  noch  verstärkt 
werden,  wenn  man  die  saure  Lösung  abgiesst.  etwas  mit  Wasser 
abspült  und  nun  das  Ganze  belichtet;  der  AgCl-üeberzug  nimmt 
auch  im  zerstreuten  Tageslicht  die  bekannte  Violettfärbung  an. 
Dieses  Verfahren  empfiehlt  sich  in  den  Fällen,  wo  man  bei  der 
Reduction  mit  Pyrogallol  eine  etwaige  stellenweise  Ablösung  der 
Ag-Schicht  befürchtet. 

2.  Die  Hauyn  -  Analj^sen  weisen  meist  einen  geringen  Cl- 
Gehalt  auf.  was  entweder  auf  eine  mechanische  Beimengung  von 
Sodalith  oder  eine  wirkliche  Mischung  beider  Mineralsubstanzen 
zurückzuführen    ist. 

Hauyn  von  Niedermendig  (mit  0,74  pCt.  NaCl  analysirt; 
diese  Zeitschrift  1888,  p.  626)  erweist  sich,  in  oben  beschrie- 
bener Weise  behandelt,  als  kein  mechanisches  Gemenge.  Nach 
10  Minuten  langer  Einwirkungsdauer  der  sauren  Ag  -  Lösung 
erscheint  der  Hauyn  im  durchfallenden  Licht  sehr  viel  blas- 
ser gelb  als  der  Sodalith,  und  während,  nach  Zufügung  der 
Entwicklungs  -  Flüssigkeit .  der  Sodalith  ganz  undurchsichtig 
wird,  erscheint  der  Hauyn  meist  hell;  nur  stellenweise  ist  ein 
Korn  von  einem  trüben,  auch  bisweilen  dunkel  gefärbten  Schleier 
bedeckt,  doch  ist  dieser  Schleier  sehr  viel  heller  als  beim  So- 
dalith. Die  dünne  AgCl- Schicht  auf  dem  Hauyn  löst  sich  näm- 
lich ausserordentlich  leicht  ab,  weil  der  Hauyn  durch  HNO3  viel 
stärker  angegriffen  wird  als  der  Sodalith;  hat  die  saure  Ag- Lö- 
sung etwa .  20  Miimten  eingewirkt,  so  beginnt  der  Ueberzug  von 
wenig  AgCl  und  viel  Si02  sich  von  selbst  abzulösen,  was  durch 
ein  sehr  schwaches  Schwenken  der  Flüssigkeit  beschleunigt  wird. 
Die  in  der  Flüssigkeit  herumschwimmenden  oder  den  Körnern  an- 
haftenden Flocken  von  AgCl(Ag)-haltiger  Kieselsäure  trüben  zwar 
die  Schärfe  der  Reaction.  aber  bei  zahlreich  angestellten  Ver- 
suchen mit  Gemengen  von  Sodalith-  und  Hauynkörnern  konnten 
letztere  immer  gut  von  ersteren  unterschieden  werden. 

Es  wurde  noch  versucht,  die  Schwefelsäure  im  Hauyn  als 
PbSOi  niederzuschlagen;  wenn  auch  die  Versuche  wenig  befriedi- 
gend ausfielen,  so  sollen  sie  doch  mitgetheilt  werden,  weil  sie  viel- 
leicht in  manchen  Fällen  mit  mehr  Erfolg  angestellt  werden  können. 

Salpetersäure  von  15  pCt.  (HNO3)  wurde  mit  Pb2(N0.3)  ge- 
sättigt; zu  einem  Raumtheil  dieser  Lösung  wurden  3  Raum- 
theile  Alkohol  von  95  pCt.  zugemischt,  wobei  sich  Pb  2  (NO3) 
zum  Theil  ausschied;  die  rasch  sich  klärende  Lösung  wurde 
sofort  ^)  mit  Hauynpulver  (Niedermendig)  zusammengebracht,    und 


')  Auch  nachträglich  scheidet  sich  Pb2(N03)  in  Krystallen  aus,  man 
muss  daher  von  Zeit  zu  Zeit  die  Lösung  erneuern,    weil  sie  sonst  zu 


740 


das  Uhrglas,  in  dem  die  Reaction  vor  sich  ging,  die  ganze  Zeit 
über  bedeckt  gehalten.  Die  Verdunstung  der  alkoholischen  Lö- 
sung ist  durchaus  zu  vermeiden,  weil  die  rückständige  alkohol- 
ärmere Flüssigkeit  den  Hauyn  zu  stark  angreift.  Die  Hauyn- 
körner  werden  in  Folge  des  sie  bedeckenden  PbSOi  im  durch- 
fallenden Licht  trübe,  im  auffallenden  sieht  man  deutlich  den 
weissen  Ueberzug.  doch  verläuft  der  Vorgang  sehr  langsam;  erst 
nach  2 — 3  Stunden  waren  alle  Körner  trübe,  wenn  auch  manche 
schon  nach  einer  halben  Stunde  kenntlich  gemacht  waren.  Ferner 
löst  sich  der  PbSO- Ueberzug  etwas  leicht  ab. 

Man  kann  mit  dem  PbSOi- Ueberzug  noch  folgende  weitere 
Versuche  anstellen.  Fügt  man  basisch  weinsaures  Amnion  hinzu, 
so  löst  sich  PbSOi  sofort  und  die  trüben  Hauyne  werden  wieder 
klar ;  oder :  nach  sorgfältigem  Abspülen  der  Pb  -  Lösung  mit 
Wasser,  giebt  man  Na2S-Lösung  hinzu,  was  den  weissen  PbS04- 
Ueberzug  in  braunes  PbS  ^)  verwandelt.  Doch  löst  sich  PbS  etwas 
leicht  vom  Hauyn  ab. 

Als  der  Versuch  an  Dünnscidilfen  des  Nüseanphonoliths  von 
Olbrück  angestellt  wurde,  waren  die  grösseren  Noseane  nach 
lYs  Stunden  fast  ganz  mit  PbSOi  bedeckt,  was  schon  mit 
blossem  Auge  sichtbar  war;  die  kleinen  Krystalle  zeigten  jedoch 
erst  eine  theihveise  Bedeckung,  die  vom  Rande  aus  begann^); 
die  Unterschiede  in  der  Empfndlichkeit  gegen  chemische  xVgen- 
tien  sind  somit    sehr  gross. 

Es  wurde  ferner  Ittneritpulver  (Kaiserstuhl)  mit  obiger  Lö- 
sung behandelt,  wobei  sich  dieselben  Uebelstände  einstellten  Avie 
beim  Hauyn:  ein  Theil  der  Körner  war  schon  nach  einer  halben 
Stunde  stark  mit  PbS04  bedeckt,  während  ein  anderer  kaum 
angegritfen  war.   auch  löste  sich  PbSOi  zum  Theil  ab. 

Uebrigens  wird  durch  obige  alkoholische  Lösung  auch  PbCb 
gefällt,  sodass  man  sich  erst  von  der  Abwesenheit  des  Chlors 
überzeugen  muss,   ehe  man  auf  Schwefelsäure   prüft. 


Pb-ann  wird;  nachdem  die  Pb  -  arme  Lösung  abgegossen,  giebt  man 
etwas  Wasser  zu,  was  die  ausgeschiedeneu  Pb  2  (NO3")  -  Krystalle  löst, 
spült  ab  und  fügt  erst  dann  das  frisch  hergestellte  alkoholisclie  Ge- 
misch zu. 

*)  Die  Reaction  mit  XaäS-Lösung  darf  nur  dann  augestellt  werden, 
wenn  nicht  andere  Silicate  zugegen  sind,  deren  Oberfläche  mit  einer 
dünnen  Kieselsäure  -  Gallertschicht  bedeckt  ist,  in  welche  sich  natür- 
lich etwas  Pb  -  Lösung  eingesogen  hat.  Die  Reaction  ist  dann  wenig 
deutlich. 

^)  Die  alkohoHsche  Lösung  darf  nicht  mit  dem  Canadahalsam  des 
Dünnschlift's  in  Berührung  kommen;  man  umgieht  den  Dünnschlift'  mit 
einem  etwa  ^'•2  cm  hohen  Rand  von  Bienenwachs,  und  giesst  die  alko- 
holische Lösung  in  diese  Vertiefung. 


741 

3.  Es  wurde  Skapolithpulver  (St.  Lawrence  Cty,  mit  3.69  pCt. 
NaCl;  d.  Zeitschr. ,  1887,  p.  572)  mit  einer  Lösung  behandelt, 
die  6  pCt.  HF,  4  pCt.  HN0,3  und  2  pCt.  AgNOs  enthielt  i).  Ent- 
sprechend dem  geringeren  Cl  -  Gehalt  muss  hier  die  Einwirkung 
der  Lösung  länger  dauern  als  beim  Sodalith,  ehe  der  die  Körner 
umgebende  AgCl  -  Schleier  deutlich  wird.  Nach  10  Minuten  be- 
ginnt die  Trübung  merklich  zu  werden,  die  Körner  erscheinen 
blass  gelb  im  durchfallenden  Licht,  nach  30  —  35  Minuten  aber 
schon  braun;  fügt  man,  nach  vorheriger  xibspülung,  die  frühere 
Pyrogallol-Lösung  hinzu,  so  werden  die  Scapolithkörner  durch  ab- 
gelagertes Ag  undurchsichtig.  Man  kann  aber  auch  die  Reduction 
zu  Metall  unterlassen  und  die  Scapolithkörner  an  der  blossen 
AgCl  -  Ablagerung  (besonders  nach  vorheriger  Violettfärbung  im 
Tageslicht)  recht  gut  erkennen.  Da  sich  hierbei  auch  CaF2 
bildet,  so  musste  durch  einen  besonderen  Versuch  entschieden 
werden,  ob  nicht  auch  die  Ablagerung  dieses  Stoffes  zu  einer 
Verwechselung  mit  AgCl  Anlass  geben  könne.  Das  findet  nicht 
statt:  Scapolithpulver,  mit  einer  Lösung,  die  6  pCt.  HF,  aber 
nicht  HNO3  und  AgNO.-!  enthielt,  behandelt,  wurde  wohl  trübe, 
aber  nie  zeigten  die  Körner  im  durchfallenden  Licht  den  eigen- 
thümlichen  gelb-braunen  Farbenton,  und  im  aufi'allenden  Licht  den 
weissen  Schleier,  wie  er  für  AgCl  bezeichnend  ist.  Mit  Scapo- 
lithen  anderer  Zusammensetzung  sind  keine  Versuche  angestellt 
worden,  bei  den  basischen,  Cl- armen  Arten  wird  die  Methode 
vei'sagen. 

4.  Silicate,  die  rasch  mit  Salzen  schwerer  Metalle  in 
Wechselwirkung  treten,  können  dadurch  kenntlich  gemacht  wer- 
den, dass  man  deren  Metallsubstitutionen  mit  (NH4)2S  behandelt: 
das  dunkel  gefärbte  Schwefelmetall  schlägt  sich  auf  der  Ober- 
fläche der  Silicatkörner  nieder").  Da  der  Chabasit  sich  ganz 
besonders  rasch  mit  K-Salzen  umsetzt,  so  war  zu  erwarten,  dass 
er  sich  auch  mit  den  ähnlich  constituirten  Silber-  und  Thallium- 
Salzen  rasch  umsetzen  werde,  was  die  Versuche  bestätigen. 
Chabasitpulver  einige  Minuten  in  der  Kälte  mit  TINO3-  oder 
AgNOs -Lösung  behandelt,  lässt  eine  bedeutende  Menge  Kalk  in 
Lösung  gehen,  unter  Bildung  von  Tl-  und  Ag- Chabasit;  letztere 
Verbindungen  werden  durch  Schwefelammon  sofort  in  Amnioniak- 
Chabasit  und  AgL>S  oder  TI2S  zerlegt.  Zu  mikrochemischen 
Reactionen  erwies  sich  die  Tl-Lösung  geeigneter  als  AgNOs.    Es 


')  Die  Uhrgläser  waren  zum  Schutz  gegen  die  Flusssäure  mit 
einer  Schicht  Canadabalsam  überzogen. 

^)  Es  wird  weiter  unten  dargethan,  wie  man  das  weisse  ZnS  und 
das  sehr  blasse  MnS  deutlich  sichtbar  macht. 

Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  4.  49 


742 


wurde  Chabasitpulver  mit  kalt  gesättigter,  säurefreier  TINO3- 
Lösung  (etwa  10  pCt.  Salz  führend)  bei  70"  C.  im  Wasserbade 
behandelt  ^) ;  in  den  allermeisten  Fällen  war  eine  5  —  6  Minuten 
lange  Einwirkung  ausreichend,  in  ein  paar  Fällen  eine  10  Min. 
lange,  um  gute  Ergebnisse  zu  erhalten^).  Es  wurde  nun  durch 
Decantiren  das  TINO3  ausgewaschen,  wobei  natürlich  heftiges 
Schütteln  zu  vermeiden  ist,  und  dann  nicht  zu  starkes  Schwefel- 
ammon  zugegeben;  die  Chabasitkörner  wurden  von  braunem  bis 
schwarz -braunem  TI2S  bedeckt.  Das  Schwefelammon  darf  nicht 
zu  lange  mit  dem  TI2S  in  Berührung  bleiben^),  sondern  muss 
mit  Wasser  abgespült  werden,  weil  sich  sonst  etwas  TI2S  ablöst; 
letzteres  tritt  auch  nach  einiger  Zeit  in  reinem  Wasser  von  selbst 
ein,  weshalb  die  Beobachtung  unter  dem  Mikroskop  sofort  vorge- 
nommen werden  muss.  Die  untersuchten  Chabasite  stammen  von 
folgenden  Orten  her:  Faröer,  Leitmeritz,  Aussig,  Lobositz,  Anne- 
rode, Monzoni,  Gerstfeld,  Oberstein,  Monastir  (Sardinien),  Irkutzk 
und  Baikalsee  (Sibirien),  Nova  Scotia  (rother  sogen.  Acadiolith); 
ferner  Gmelinit  von  Glenarm,  Nova  Scotia,  Faröer;  Herschelith 
von  Aci  reale ;  Seebachit  von  Richmond.  In  allen  diesen  Fällen 
wurden  befriedigende  Ergebnisse  erhalten,  nur  bei  einem  Chabasit 
von  Nidda  (Hessen)  waren  auch  nach  10  Minuten  langer  Ein- 
wirkung von  TINO3  einzelne  Körner,  und  bei  einem  Chabasit  von 
unbekanntem  Fundort  sogar  die  meisten  unverändert  geblieben. 
Leider  reichte  der  Stoff  dieser  Chabasite  nicht  zur  Ausführung 
einer  quantitativen  Analyse. 

Bei  Dünnschliffen  versagt  diese  Methode,  weil  die  Färbung 
durch  TI2S  nicht  dunkel  genug  ist.  Mit  Ag2S  gefärbte  Dünn- 
schliffe sind  zwar  dunkler,  aber  die  Ag2S  -  Theilchen  sind  recht 
ungleichmässig   auf  der  Oberfläche  vertheilt. 

Folgende  Silicate  bleiben  unverändert,  auch  wenn  die  Tl- 
Lösung  Y4  Stunde  lang  bei  100"  C.  einwirkte:  Thorasonit  (Kil- 
patrik,  Kaaden),  Analcim  (Fassa),  Leonhardit  (Schemnitz;  diese 
Zeitschr.,  1885,  p.  984),  Leucit  (Vesuv),  Skolecit  (Island);  mit 
Schwefelammon  übergössen,  bleiben  die  klaren  Körner  völlig  farb- 
los, nur  die  trüben  waren  blass  braun,   was  wohl  auf  stattgefun- 


^)  Zu  jedem  Versuch  wurde  etwa  ein  halbes  Co  Lösung  ver- 
braucht; um  das  Eintrocknen  der  Lösung  zu  verhindern,  wurde  der 
Versuch  in  einem  kurzen  Probirrohr  angestellt,  in  welches  ein  zweites 
Probirrohr  hineingeschoben  wurde. 

*)  Zu  lange  Einwirkung  muss  vermieden  werden,  weil  dann  leichter 
eine  Ablösung  vom  unveränderten  Kern  eintritt. 

^)  Das  Schwefelammon  muss  frei  von  schwebenden  Stoffen  (Staub, 
Korkstücke)  sein,  weil  sonst  leichter  eine  Ablösung  des  TI2S  vom  Kern 
eintritt. 


743 


dene  Verwitterung  der  Minerale  deutet,  zum  Tlieil  mochte  auch 
die  Tl-Lösung  in  die  feinen  Risse  gedrungen  sein  und  Hess  sich 
dann  schwer  auswaschen.  Neben  diesen  Mineralien  konnte  man 
den  Chabasit  gut  kenntlich  machen. 

Die  folgenden  Minerale,  die  sich  mit  KCl-Lösung  langsamer 
als  der  Chabasit  umsetzen,  treten  auch  mit  TINO3  viel  langsamer 
in  Wechselwirkung;  da  nur  wenige  Abarten  zur  Verfügung  stan- 
den und  dieselben  nicht  immer  frei  von  Beimengungen  waren, 
so  wurden  eingehendere  Versuche  aufgegeben,  und  es  sind  hier 
nur  die  Tastversuche   mitgetheilt. 

Phillipsit  von  Aci  reale  wurde  nach  5  Minuten  langer  Ein- 
wirkung von  Tl  -  Lösung  bei  70 "  durch  Schwefelammon  ebenso 
gut  schwarz-braun  gefärbt  wie  der  Chabasit. 

Die  folgenden  Minerale  wurden  alle  15  Min.  bei  100^  C. 
mit  Tl-Lösung  behandelt  und  dann  mit  (NH4)2S. 

PhiUipsit  von  Aqua  acetosa  bei  Rom:  die  Körner  meist 
dunkel  braun,   einige  heller  braun. 

Phillipsit  von  Lauban:  meist  dunkel  braun,  einige  hell  und 
dunkel  braun  gesprenkelt,  sehr  wenige  Körner  noch  unverändert 
farblos. 

Harmotom  {Andreasberg):  dieselbe  Erscheinung  wie  beim 
Phillipsit  von  Lauban. 

Stilbit  (Berufjord):  wenige  schwarzbraun,  meist  ganz  farblos 
oder  braun  gesprenkelt. 

Desmin  (Island) :  mehr  braun  gefärbte  Körner  als  beim  Stil- 
bit,  sonst  gleich. 

Natrolit  (Leipa) :  sehr  ungleichmässig  gefärbt,  braun-schwarze 
neben  farblosen  Stellen;  zum  Theil  dürfte  die  Färbung  durch  Tl- 
Lösung,  welche  in  die  feinen  Risse  gedrungen,  bewirkt  sein. 

Mit  anderen  Metallsalzen  sind  keine  Versuche  angestellt. 

Barytharmotom  (Andreasberg)  mit  kalt  gesättigter  Lösung 
von  neutralem  chromsaurem  Kali  Y2  Stunde  dei  lOO**  behandelt, 
war  oberflächlich  mit  einem  sehr  blass  gelben  Ueberzug  von  BaCrO-t 
bedeckt,  der  im  auffallenden  Licht  etwas  deutlicher  hervortrat  als 
im  durchfallenden;  bisweilen  dürfte  diese  Reaction  zur  Erkennung 
von  Harmotom  verwerthbar  sein. 

5.  Silicate,  die  rasch  mit  NH4C1-Lösung  in  "Wechselwirkung 
treten,  können  dadurch  kenntlich  gemacht  werden,  dass  das  Am- 
mon  als  roth- braunes  Quecksilberoxyjodidamidid  mit  dem  Ness- 
ler' sehen  Reagenz  auf  den  Körnern  niedergeschlagen  wird.  Be- 
dingungen des  Gelingens  sind:  dass  die  Menge  des  NH3- Silicats 
eine  sehr  geringe  ist;  bei  viel  NHs  haftet  der  sich  ausseiest 
reichlich  abscheidende  braun -rothe  Niederschlag  gar  nicht  mehr 
an  den  Körnern;   dann  muss  die  NESSLERSche  Lösung  eine  sehr 

49* 


744 

ettipfindliche  sein,  da  der  braune  Niederschlag  in  JK  löslich  ist. 
Die  Lösung  wurde  folgcndcrmaassen  ^)  hergestellt:  1,8  grm  JK  in 
in  25  cc  H2O  gelöst,  mit  überschüssigem  HgJ2  gekocht,  dann 
3,5  grm  KHO  zugegeben,  auf  50  cc  verdünnt  und  wieder  gekocht; 
die  trübe  Lösung  klärte  sich  in  einem  verschlossenen  Cylinder 
nach  mehreren  Stunden  vollständig.  Diese  Lösung  ist  mit  HgJ2 
gesättigt  und  scheidet  diesen  Körper  beim  Verdünnen  mit  Wasser 
theilweise  ab,  was  jedoch  bei  den  Versuchen  nicht  weiter  schadet. 

Es  wurde  Chabasitpulver  (Faroer,  Leitmeritz;  Acadiolit  von 
Nova  Scotia),  Herschelit  (Aci  reale),  Seebachit  (Richmond)  2  Min. 
mit  kalt  gesättigter  NHiCl-Lösung  in  der  Kälte  behandelt^),  dann 
durch  Decantiren  mit  Wasser  ausgewaschen,  das  feuchte  Pulver 
mit  dem  NESSLER'schen  Reagenz^)  übergössen  und  etwas  umge- 
rührt, um  Concentrations-Unterschiede  rasch  aufzuheben  ;  die  blass 
bis  dunkel  braune  Färbung  der  Chabasitkörner  beginnt  sofort, 
und  es  ist  diese  Reaction  eine  befriedigende.  Ueber  die  Ein- 
wirkungsdauer der  NH4CI  -  Lösung  lassen  sich  keine  bestimmten 
Angaben  machen,  und  es  ist  die  Zeit  durch  Versuche  zu  ermit- 
teln. Gmelinitpulver  hatte  schon  durch  2  Min.  währende,  Cha- 
basitdünnschliffe  schon  durch  einige  Secunden  dauernde  Einwir- 
kung von  gesättigter  NHtCl-Lösung  so  viel  Amnion  aufgenommen, 
dass  der  braune  Niederschlag  nicht  mehr  haftete. 

Folgende  Minerale  zeigten  nach  2  Min.  langer  Einwirkung 
der  NIIiCl-Lösung  keine  Veränderung:  Thomsonit,  Analcim,  Leucit, 
Skolecit,   Leonharcüt. 

Bei  Stilbit  und  Desmin  war  dagegen  die  Färbung  der  Kör- 
ner eine  sehr  ungleiclmiässige. 

6.  Calcit  scheidet  aus  FeCIs -Lösung  rasch  Fe203  ab,  was 
mit  Schwefelammon  sichtbar  gemacht  werden  kann  (d.  Zeitschr., 
1887,  p.  489);  auch  Witherit  und  Aragonit  thun  das,  nur  lang- 
samer, auch  haftet  der  FeS-Niederschlag  weniger  stark  und  ist 
nicht  gleichmässig  auf  der  Oberfläche  vertheilt.  Besonders  beim 
Aragonit  findet  man  die  grössten  Unterschiede  im  Verhalten  gegen 
obige  Reagentien  und  es   ist  zu  untersuchen,   ob   fremde  Beimen- 


*)  Doch  ist  damit  nicht  gesagt,  dass  nicht  andere  Lösungen  noch 
zweckdienlicher  sind. 

^)  Die  Lösung  muss  vorsichtig  geschwenkt  werden ,  damit  die 
Chabasitkörner  immer  mit  dem  genügenden  NH4Cl-Ueberschuss  in  Be- 
rührung sind. 

^)  Das  NESSLER'sche  Reagens  muss  sofort  nach  dem  Auswaschen, 
was  einige  Minuten  dauert,  zugegeben  werden ;  wird  das  Reagens  etwa 
nach  20  Min  zugegeben,  so  erscheint  die  Braunfäi'bung  sehr  blass; 
offenbar  wird  das  Ammonsilicat  durch  Wasser  allmählich  etwas  zerlegt. 


745 


gungeu  (SrC03),  oder  ungleiche  Härte  des  Krystalls  dies  be- 
wirlvcu  ^). 

Ein  stark  abweichendes  Verhalten  zeigt  Eisensulfat -Lösung. 
Mit  Witherit  zusammengebracht,  findet  anfangs  eine  sehr  schwache 
COs-Entwicklung  statt,  die  bald  fast  ganz  aufhört,  und  wenn  man 
nach  5  — 10  Minuten  währender  Einwirkung  mit  Schwefelaramon 
behandelt,  so  erscheint  die  Oberfläche  durch  Spuren  FeS  sehr 
blass  grün  gefärbt,  während  Calcit  und  Aragonit  dunkel  bis 
schwarz-grün  gefärbt  sind.  Offenbar  scheidet  sich  im  ersten 
Augenblick  auf  der  Oberfläche  des  Witherit  eine  sehr  dünne 
BaSO^-Schicht  ab,  welche  die  weitere  Einwirkung  der  Fe-Lösung 
hindert.  Zur  Verwendung  gelangte  Eisenoxydammoniakalaun -Lö- 
sung (1  Theil  des  krystallisirten  Salzes  in  15  Theilen  H2O). 
Bei  den  grossen  Unterschieden  in  der  Angreifbarkeit  lassen  sich 
nähere  Angaben  über  die  Einwirkungsdauer  nicht  machen;  bei 
Pulvern  genügt  meist  eine  Minute,  bei  Dünnschlift'en  meist  10 
Minuten.  Man  lässt  letztere  am  besten  in  der  Lösung  liegen 
und  zieht  die  Platte  etwa  nach  jeder  Minute  für  einen  Augen- 
blick heraus,  damit  die  oberflächlich  anhaftenden  CO2 -Bläschen 
sich  loslösen.  Leider  haftet  das  FeS  an  den  Körnern  wenig, 
und  bei  Dünnschliffen  erscheint  die  Oberfläche  nicht  gleichmässig 
schwarz  oder  dunkel  grün,  sondern  gesprenkelt,  auch  weisse 
Stellen  finden  sich  selbst  nach  10  Minuten  langer  Einwirkung. 
Kleine  Einlagerungen  von  Witherit  im  Aragonit  können  somit 
nicht  mehr  erkannt  werden. 

Alstonit  und  Barytocalcit  scheiden  aus  der  Eisenalaun  -  Lö- 
sung sehr  wenig  mehr  Fe203  ab  als  Witherit;  nach  Behandlung 
mit  Schwefelammon  erscheint  die  Oberfläche  blass  grün  gefärbt. 
Aus  einem  Alstonit  (Aiston),  der  zusammen  mit  Calcit  auftritt, 
wurden  Dünnschliffe  hergestellt,  und  es  treten  nach  Behandlung 
mit  Eisenalaun  und  Schwefelammon  die  Grenzen  beider  Minerale 
gegen  einander  recht  scharf  hervor. 

Strontianit  scheidet  aus  Eisenalaun  -  Lösung^)  sehr  wenig 
mehr  Fe2  03  ab  als  Witherit,  und  nach  Behandlung  mit  Schwefel- 
ammon erscheint  die  Obei'fläche  sehr  blass  grün  gefärbt.  Dünn- 
schliffe, aus  einem  mit  Calcit  verwachsenen  Strontianit  herge- 
stellt, und  dann  wie  früher  behandelt,  Hessen  die  Grenzen  beider 
Minerale  gegen  einander  recht  scharf  erkennen. 

Mit  den  Sulfaten  von  AI,  Cr,  Ur  bei  Gegenwart  eines  Farb- 


^)  Auch  die  Oberflächen-Beschaffenheit  macht  sich  sehr  geltend. 
')  Auch  auf  FeCls  -  Lösung  wirkt  Strontianit    sehr  viel  langsamer 
als  Aragonit. 


746 


Stoffs    sind    keine    Versuche   angestellt  worden;    vielleicht    führen 
sie  zu  befriedigenderen  Ergebnissen  als  Eisenalaun. 

7.  Da  BaCrOi  in  Essigsäure  sehr  wenig  löslich,  CaCr04 
und  SrCr04  aber  leicht  löslich  sind,  wurde  noch  folgendes  Unter- 
scheidungs-Verfahren geprüft.  Es  wurde  eine  Lösung  hergestellt, 
die  auf  130  Theile  Wasser  12  Theile  K2Cr207  und  3  Theile 
Eisessig  enthielt.  Witheritpulver  10  Min.  mit  dieser  Lösung 
behandelt,  erscheint  sehr  blass,  aber  deutlich  gelb  gefärbt,  be- 
sonders im  auffallenden  Licht,  während  Strontianit  und  Calcit 
natürlich  farblos  bleiben.  Eine  längere  Einwirkung  verstärkt  die 
gelbe  Färbung  des  Witherit  nur  unbedeutend,  auch  ist  eine  solche 
durch  gleichzeitige  Gegenwart  von  SrCO.3  und  CaCOs  ausge- 
schlossen, weil  letztere  stark  durch  die  Essigsäure  gelöst  werden. 
Barytocalcit  und  Alstonit  verhalten  sich  beide  gleich  und  werden 
nach  10  Min.  dauernder  Einwirkung  durch  einen  stark  citron- 
gelben  Ueberzug  von  BaCrOi  getrübt,  und  sind  sehr  deutlich  von 
Witherit  zu  unterscheiden;  in  einzelnen  Fällen  musste  die  Ein- 
wirkungsdauer auf  20  Min.  ausgedehnt  werden,  um  alle  Körner 
gleichmässig  stark  zu  färben. 

Dieselben  Versuche  wurden  an  Dünnschliffen^)  wiederholt. 

Die  Färbung  ist  bei  Witherit  äusserst  schwach  gelb,  und  im 
durchfallenden  Licht  meist  nicht  wahrnehmbar,  dagegen  bei  Alstonit 
und  Barytocalcit  stark  citrongelb  und  sehr  deutlich.  Bei  den 
Proben,  die  gleichzeitig  Alstonit  und  Calcit  enthielten,  waren  die 
Grenzen  beider  Minerale  gegen  einander  sehr  scharf  zu  erken- 
nen; diese  Methode  ergänzt  also  die  im  vorigen  Abschnitt  be- 
schriebene. 

8.  Manche  Arten  von  Cerussit  (z.  B.  wasserhelle  von  Ner- 
tschinsk)  werden  durch  Schwefelammon  in  der  Kälte  sehr  wenig 
verändert,  ja  selbst  beim  Kochen  geht  die  Umwandlung  in  PbS 
sehr  langsam  vor  sich.  Wird  dagegen  Na2S- Lösung  angewandt, 
so  überziehen  sich  die  Cerussitkörner  in  wenigen  Minuten  mit 
schwarzem  PbS,  was  durch  Erwärmen  noch  beschleunigt  wird. 
Da  in  manchen  Fällen  die  Gegenwart  anderer  Minerale  die  An- 
wendung von  Schwefelnatrium  ausschliesst,  so  ist  es  wünschens- 
werth,  den  Cerussit  in  anderer  Weise  kenntlich   zu  machen. 

Cerussitpulver ,  mit  der  im  vorigen  Abschnitt  erwähnten 
chromsauren  Lösung  10  Min.  behandelt,  war  durch  oberflächlich 


')  Man  zieht  den  Dünnschliff  von  Zeit  zu  Zeit  aus  der  Lösung 
für  einen  Augenblick  heraus,  damit  die  CO2  -  Bläschen  sich  loslösen; 
wenn  man  mit  Mineralpulver  arbeitet,  so  genügt  eine  schwache  Er- 
schütterung des  Uhrglases,  um  denselben  Zweck  zu  erreichen. 


747 


abgelagertes  PbCr04  sehr  blass,  aber  deutlich  gelb  gefärbt;  län- 
gere Einwirkung  oder  Erwärmen  verstärkt  die  Gelbfärbung^). 

In  befriedigender  Weise  lassen  sich  die  Cerussitkörner  auch 
durch  oberflächlich  abgelagertes  gelbes  PbJs  kenntlich  machen, 
was  durch  Behandlung  mit  folgender  Lösung  geschieht.  Salpeter- 
säure von  20  pCt  HNO3  wurde  etwas  weniger  als  die  der  Säure 
äquivalente  Menge  JK  -  Pulver  zugefügt  und  dann  tüchtig  ge- 
schüttelt; ein  Theil  des  gebildeten  KNO3  scheidet  sich  sofort  aus, 
da  dieses  Salz  in  freien  Säuren  weniger  löslich  ist  als  in  reinem 
Wasser.  Man  lässt  absitzen  und  vermischt  einen  Raumtheil  der 
klaren  Lösung  mit  9  Raumtheilen  Alkohol  von  95  pCt. ,  und 
schüttelt,  wobei  sich  das  meiste  KNO3  abscheidet.  Die  klare 
Lösung-)  wandelt  Cerussitpulver  in  wenigen  Augenblicken  ober- 
flächlich in  PbJ2  um;  ist  die  Färbung  genügend,  so  spült  man 
mit  Alkohol  ab. 

Ist  die  Anwendung  einer  sauren  Lösung  ausgeschlossen,  so 
empfiehlt  sich  folgendes  Verfahren,  bei  welchem  die  Cerussit- 
körner durch  oberflächlich  abgelagertes  Bleisuperoxyd  kenntlich 
gemacht  werden.  Als  Oxydationsmittel  diente  eine  alkalische 
Br  -  Lösung ,  die  durch  Auflösen  vor  2  grm  KHO  in  12  cc 
Br  -  Wasser  (bei  Zimmertemperatur  mit  Br  gesättigt)  erhalten 
wurde ^).  Die  Wirkung  der  Lauge  auf  Cerussit  beginnt  sofort 
sichtbar  zu  werden,  nach  10  Min.  sind  die  Körner  orange  bis 
braun  gefärbt  und  sehr  deutlich  gekennzeichnet;  bei  stärkerem 
Erwärmen  werden  sie  schwarz-braun,  doch  ist  es  nicht  rathsam, 
die  Färbung  weiter  zu  trüben,  als  zum  deutlichen  Erkennen  er- 
forderlich ist,  weil  sich  der  Pb02  -  üeberzug  um  so  leichter  ab- 
löst, je  dicker  er  ist.  Na2S-Lösung  wandelt  den  Pb02-Üeberzug 
in  PbS  um. 

Anglesitpulver  (Pensylvanien)  wird  durch  Einwirkung  obiger 
Br  -  Lauge  in  der  Kälte  oberflächlich  rasch  zu  Pb02  oxydirt; 
Gelbbleierz  (Bleiberg)  mit  der  Lösung  gekocht,  färbt  sich  schwarz- 
braun, und  wahrscheinlich  wird  dieses  Verfahren  bei  allen  na- 
türlichen Sauerstoff-  und  Chlorverbindungen  des  Bleies  anwend- 
bar sein. 


')  Da  BiaOsCrOs  in  Essigsäure  wenig  löslich  ist,  so  wird  man 
dieses  Verfahren  vielleicht  auch  bei  manchen  Bi-Miueralien  anwenden 
können. 

-)  Eine  Verdunstung  des  Alkohols  während  der  Einwirkung  ist 
zu  verhindern,  auch  darf  beim  Zusatz  der  alkoholischen  Lösung  das 
Cerussitpulver  nicht  mit  Wasser  befeuchtet  sein,  sondern  trocken  oder 
mit  Alkohol  befeuchtet. 

')  Da  die  Lösung  sehr  veränderlich  ist,  so  stellt  man  dieselbe 
kurz  vor  der  Anwendung  her,  auch  werden  in  manchen  Fällen  andere 
Verhältnisse  von  Br  und  Alkali  besser  sein. 


748 


Vielleicht  auch  bei  manchen  Schwefelverbindungen  des  Bleies, 
wenigstens  führten  Versuche  an  Bleiglanz  zu  ganz  erträglichen 
Ergebnissen.  Bleiglanz  in  der  Kälte  mit  Br  -  Lauge  behandelt, 
verliert  rasch  den  Glanz  und  nach  15  Min  ist  die  Obei-fläche 
mit  einem  hell  gelben  bis  bräunlichen  üeberzug^)  bedeckt,  der 
nach  30  Min.  meist  hell  braun  gefärbt  ist.  doch  finden  sich  immer 
noch  Stücke  mit  einem  sehr  dünnen  üeberzug.  durch  welchen 
der  schw^arze  Untergrund  hindurch  schimmert.  Die  Flächen,  auf 
welchen  die  Körner  ruhen,  werden  begreiflich  sehr  viel  langsamer 
umgewandelt,  und  bei  dem  hohen  Eigengewicht  der  Körner  wer- 
den diese  durch  schwaches  Schwenken  der  Lösung  nicht  immer 
umgewendet.     Die  Br-Lauge  erneuert  man  von  5  zu  5  Minuten. 

Zweckmässiger  ist  es.  in  folgender  Weise  zu  verfahren.  Man 
lässt  die  Br-Lauge  etwa  10  Min.  einwirken,  spült  dann  mit  Wasser 
ab,  verdrängt  das  Wasser  mit  Alkohol  und  fügt  die  vorige  alko- 
holische JH-Lösung  hinzu,  wodurch  das  oberflächlich  abgelagerte 
Pb02  sofort  zu  PbJo  umgewandelt  wird.  Alle  Bleiglanzkörner 
sind  oberflächlich  gelb  gefärbt,  wenn  auch  in  verschiedenem  Grade, 
und  bei  manchen  schimmert  noch  der  schwarze  Untergrund  hin- 
durch,  doch  sind  auch  diese  deutlich  gekennzeichnet. 

Es  ist  nicht  rathsam.  den  Pb02  -  Üeberzug  stärker  werden 
zu  lassen  und  ihn  dann  in  PbJ2  überzuführen,  weil  dann  leichter 
eine  Ablösung  des  Ueberzuges  eintritt,  auch  erscheinen  die  schar- 
fen Kanten  und  Ecken  dann  stark  abgerundet. 

9.  Zinkspath  kann  dadurch  sehr  deutlich  kenntlich  ge- 
macht werden,  dass  man  denselben  zuerst  oberflächlich  in  weisses, 
wenig  deutlich  wahrnehmbares  ZnS  verwandelt,  was  durch  Be- 
handeln mit  einer  Na2S- Lösung  (7  Theile  Na2S  9  H2O  in  10 
Theilen  Wasser  gelöst),  am  besten  unter  schwachem  Erwärmen, 
ausgeführt  wird.  Die  Umwandlung  geht  rasch  vor  sich:  eine 
halbe  bis  drei  Minuten  genügen;  man  spült  die  NaoS-Lösung  ab 
und  fügt  AgNOs-Lösung  hinzu,  wonach  ZnS  sofort  durch  dunkel 
braunes  oder  schwarzes  Ag2S  ersetzt  wird.  Nach  diesem  Ver- 
fahren sind  schon  früher  (d.  Zeitsclir.,  1876,  p.  573)  Kiesel- 
zinkerz und  Zinkblende  gekennzeichnet  worden. 

10.  Nach  genau  demselben  Verfahren  kann  Manganspath 
(Nagyag.  Diez.  Freiberg)  gekennzeichnet  werden,  nur  muss  man 
mit  Na2S-Lösung  etwas  länger  (2 — -3  Min.)  und  viel  stärker  er- 
wärmen, namentlich  die  eisenreichen  Varietäten;  die  Trübung  der 
Körner  durch  MnS-Ablagerung  ist  meist  schon  mit  blossem  Auge 
wahrnehmbar,  und  bei  starkem  Fe -Gehalt  ist  die  Färbung  durch 


^)  Vielleicht  ist  derselbe  nicht  reines  PbOj,  sondern  ein  Gemenge 
von  diesem  und  den  zahlreichen  Oxybromiden. 


749 


FeS- Bildung  recht  dunkel.  Fügt  man  AgNOs- Lösung  hinzu,  so 
wird  der  MnS  -  Ueberzug  durch  AgoS  ersetzt,  die  Manganspath- 
körner  erscheinen  braun  bis  schwarz  gefärbt.  —  Oder  man  ver- 
wandelt Manganspath  oberflächlich  in  braunes  Manganhyperoxyd- 
hydrat; erwärmt  man  die  Körner  mit  der  früher  erwähnten  alka- 
lischen Br-Lösung  bis  fast  zum  Kochen,  so  werden  sie  alle  blass 
braun  gefärbt,  sie  sind  deutlich  zu  erkennen,  doch  erfolgt  die 
Einwirkung  langsam.  —  Am  besten  ist  folgendes  Verfahren: 
man  wandelt,  wie  oben  angegeben,  Manganspath  in  MnS  um, 
spült  die  Na2S-Iiösung  ab,  und  erwärmt  stark  mit  der  alkalischen 
Br-Lösung;  der  MnS -Ueberzug  wandelt  sich  rasch  in  kastanien- 
braunes Mn02  um. 

Ist  die  Anwendung  von  NaaS  anderweitig  ausgeschlossen,  so 
erwärmt  man  das  Manganspathpulver  mit  einer  Kalilösung  (2  gr 
KHO  in  12  CG  H2O)  bis  fast  zum  Kochen,  wobei  CO2  dem  Späth, 
entzogen  wird,  spült  die  Lösung  ab  und  erhitzt  nun  mit  der 
alkalischen  Br-Lösung:  es  bildet  sich  ein  stark  brauner  bis 
schwarzer  Ueberzug  von  Mn02;  doch  ist  dieses  Verfahren  weni- 
ger empfehlenswerth,  weil  der  starke  Ueberzug  sich  leicht  ablöst. 

Wird  nun  der  braun  gefärbte  Manganspath  mit  SchAvefel- 
ammon  behandelt,  so  tritt  ziemlich  rasch  eine  Umwandlung  des 
Mn02  zu  MnS  ein,  die  dunkle  Färbung  verschwindet  (Unterschied 
von  Pb02),  und  wenn  gleichzeitig  mit  dem  MnO^  auch  Fe20.3 
gebildet  war.    so  wird  dieses  als  grünes  FeS  sichtbar. 

11.  Wird  Eisenspath  mit  Na2S- Lösung  in  der  Wärme  be- 
handelt, so  haftet  das  sich  bildende  FeS  fast  gar  nicht;  erwärmt 
man  mit  Schwefelammon .  so  bildet  sich  eine  blass  grüne,  haf- 
tende FeS -Schicht,  die  sich  zwar  mit  AgNOs  sofort  zu  Ag2S 
umsetzt,   aber  letztere  Verbindung  haftet  nicht  an  der  Unterlage. 

Es  wurde  nun  folgendes  Verfahren  eingeschlagen:  zuerst 
Eisenspath  oberflächlich  in  Oxyd  umgewandelt,  und  dieses  dann 
mit  Schwefelammon  in  FeS.  Erwärmt  man  Eisenspathpulver  mit 
der  alkalischen  Br-Lösung  bis  fast  zum  Kochen  (2 — 3  Min.  lang), 
so  erscheinen  alle  Körner  blass  braun  und  dann,  mit  Schwefelam- 
mon versetzt,  ziemlich  dunkel  grün  gefärbt;  die  Reactionen  sind 
recht  deutlich. 

Oder  man  erhitzt  das  Eisenspathpulver  mit  Kalilauge  (2  gr 
KHO  in  12  CO  H2O)  2  —  3  Min.  lang  bis  fast  zum  Kochen;  alle 
Körner  erscheinen  hell  braun,  nach  Zusatz  von  Schwefelammon: 
schwarz ;  oder  man  erhitzt  erst  mit  obiger  Kalilauge  2  —  3  Min. 
lang,  spült  ab  und  erwärmt  schwach  mit  der  alkalischen  Br-Lö- 
sung: alle  Körner  sind  mit  schwarz  -  braunem  Fe203  überzogen, 
was  durch  Schwefelammon  in  schwarzes  FeS  übergeführt  wird. 

Die  Versuche  wurden  an  durchsichtigen  Krystallen  von  Neu- 


750 

dorf  (Anhalt)  angestellt,  und  es  enthielt  das  FeCOa  etwas  MnCOs 
beigemengt.  Es  wird  nun  die  weitere  Aufgabe  sein,  zu  ermit- 
teln, wie  sich  Minerale,  die  gleiclizeitig  verschiedene  Carbonatc 
der  allialischen  Erden  und  schweren  Metalle  führen,  gegen  obige 
Keagentien  (vom  Absatz  6  an)  verhalten;  einige  Tastversuche  be- 
lehren, dass  sich  bisweilen  abweichendes  Verhalten  einstellt,  wäh- 
rend in  anderen  Fällen  die  beschriebenen  Wege  zum  Ziele  führen. 
So  erleidet  der  ziemlich  eisenreiche  Dolomit  von  Traversella  durch 
obige  Kali-  und  alkalische  Br-Lösung  keine  Veränderung,  während 
der  Eisenzinkspath  von  Altenberg,  mit  NasS-Lösung  fast  bis  zum 
Kochen  erhitzt,  sich  durch  ausgeschiedenes  FeS  blass  grün  färbt; 
dann  mit  Br-Lauge  gekocht,  wandelt  sich  das  FeS  in  blass  brau- 
nes Fe203  um. 

Es  wurden  noch  folgende  Tastversuche  über  das  Verhalten 
.der  Schwefelverbindungen  des  Eisens  gegen  kalte  alkalische  Br- 
Lösung  angestellt.  Magnetkies  (Bodenmais,  Orijärwi  in  Finland) 
bedeckt  sich  rasch  mit  Fe^Oa,  was  jedoch  nicht  haftet,  auch 
werden  die  einzelnen  Körner  sehr  ungleichmässig  geschwind  an- 
gegriffen, besonders  langsam  die  natürlichen  Oberflächen.  Pyrit 
färbt  sich  nach  einigen  Minuten  brouce-gelb  bis  kupfer-roth  und 
nur  sehr  allmählich  tritt  eine  Oxydation  zu  Fe203  ein.  Markasit 
wird  rascher  als  Pyrit,  aber  sehr  viel  langsamer  als  Magnetkies 
angegriffen.  Vielleicht  lässt  sich  dieses  verschiedene  Verhalten 
in  manchen  Fällen  zur  Unterscheidung  des  Magnetkieses  von  den 
beiden  anderen  Kiesen  verwerthen. 

12.  Pyromorphit  (Braubach,  Ems,  Durham,  Pennsylvanien) 
und  Mimetesit  (Erzgebirge ,  Cumberland)  lassen  sich  dadurch 
kenntlich  machen,  dass  man  das  Chlor  als  AgCl  auf  der  Ober- 
fläche niederschlägt  und  dann  das  AgCl  zu  Metall  reducirt.  Das 
Verfahren  ist  genau  dasselbe,  wie  im  Abschnitt  1  beschrieben 
wurde.  Uebrigens  genügt  es  schon,  den  AgCl-Ueberzug  (durch 
20  —  40  Min.  dauernde  Einwirkung  der  sauren  Silberlösung) 
dicker  werden  zu  lassen,  um  die  Mineralkörner  kenntlich  zu 
machen,  besonders  wenn  man  durch  Belichtung  eine  Violettfärbung 
des  AgCl  bewirkt. 

Zum  Nachweis  des  Bleies  in  beiden  Mineralen  dienen  fol- 
gende Methoden :  Schwefelammon  ^)  wirkt  sehr  langsam  ein, 
während  Na2S-Lösung  (7  Theile  Na2S.  9  H2O  in  10  Theilen  H2O) 


^)  Bevor  die  beiden  Methoden  aufgefunden  waren,  wurde  folgendes 
Verfahren  eingeschlagen.  Das  Pulver  wurde  in  der  Kälte  mit  einer 
wässerigen  Schwefelsäurelösung  (5  pCt.  H2SO4)  15  Min.  behandelt, 
wobei  sich  die  Körner  mit  einem  dünnen  üeberzug  von  PbSOi  be- 
deckten; dann  abgespült  und  mit  Schwefelammon  übergössen.  Das 
PbS04  wandelt  sich  in  braunes  PbS  um. 


751 


in  wenigen  Minuten  eine  Sehwarzfärbung  bewirkt;  die  früher  ver- 
wendete allialische  Br-Lösung  wirkt  in  der  Kälte  auf  Pyromorphit 
sehr  langsam  ein,  auf  Minietesit  etwas  rascher;  beim  Erhitzen 
der  Lösung  werden  beide  Minerale  oberflächlich  rasch  in  schwarz- 
braunes Pb02  verwandelt. 

Chlorapatit  (Snarum  und  künstlich  dargestellte  Krystalle, 
erhalten  durch  Auflösen  von  Calciumtriphosphat  in  geschmolzenem 
CaCb  oder  NaCl)  lässt  sich  genau  nach  demselben  Verfahren 
wie  Pyromorphit  und  Mimetisit  durch  Behandeln  mit  der  sauren 
Ag-Lösung  kenntlich  machen,  doch  wird  Apatit  durch  die  4pro- 
centige  HNO3  -  Säure  stärker  gelöst,  als  die  beiden  anderen  Mi- 
nerale, man  darf  die  Einwirkung  nicht  zu  lange  ausdehnen.  Es 
ist  durch  Versuche  festzustellen,  bis  zu  welcher  Grenze  der  Chlor- 
gehalt herabgehen  darf,  um  noch  in  obiger  Weise  nachweisbar 
zu  sein. 

Nachtrag. 

Nachdem  obige  Arbeit  dem  Druck  übergeben  war,  fielen 
mir  folgende  mikrochemische  Reactionen  ein,  durch  welche  einige 
früher  mitgetheilte  vervollkommnet  werden. 

Witherit  wird  durch  Behandlung  mit  der  früher  erwähnten 
Chromsäurelösung  oberflächlich  in  gelbes  BaCrOi  verwandelt,  doch 
ist  die  Gelbfärbung  eine  sehr  blasse  und  bei  Dünnschliffen,  im 
durchfallenden  Licht,  meist  nicht  wahrnehmbar.  Dieser  hell  gelbe 
BaCr04-Ueberzug  wird  nun  in  rothes  Ag2Cr04  verwandelt,  dessen 
Farbe  so  gesättigt  ist,  dass  auch  Dünnschliife  von  Witherit  sehr 
deutlich  gekennzeichnet  sind;  auch  braucht  die  Chromsäure-Lösung 
jetzt  nur  5  Minuten  lang  einzuwirken  (früher  waren  10  Minuten 
angegeben),  was  den  weiteren  Vortheil  hat.  dass  beigemengte 
Carbonate  von  Strontium  und  Calcium  nicht  so  stark  gelöst  wer- 
den. Nachdem  die  Chromsäure-Lösung  vollkommen  abgespült  ist. 
übergiesst  man  die  noch  feuchten  Körner  oder  den  Dünnschliff 
mit  neutraler  AgNOs  -  Lösung:  die  Umsetzung  erfolgt  in  einigen 
Minuten.  Ein  Trockenwerden  der  mit  BaCrO^i  überzogenen  Kör- 
ner oder  Schliffe  ist  zu  vermeiden,  weil  dann  die  Umsetzung  mit 
AgNOs  langsamer  erfolgt. 

Wirkt  eine  concentrirte  Lösung  von  neutralem  Kalichromat 
(K2Cr04)  in  der  Kälte  ^)  10  Minuten  lang  auf  Witheritpulver  ein, 
so  bedecken  sich  die  Körner  mit  einem  sehr  blass  gelben,  wenig 
deuthchen  Ueberzug    von  BaCrOi;    nach  Zusatz   von  AgNOs-Lö- 


')  Da  das  sich  bildende  K2CO3  eine  theilweise  Rückbildung  von 
BaCr04  bewirkt,  so  ist  das  Gemenge  von  Lösung  und  Pulver  von  Zeit 
zu  Zeit  umzurühren,  um  eine  zu  starke  örtliche  Anhäufung  von  KoCOs 
zu  verhindern.  Man  kann  übrigens  die  Lösung  auch  bei  Siedehitze 
etwa  2  Min.  lang  einwirken  lassen,  und  erhält  ebenfalls  gute  Ergebnisse. 


752 


suiig  färben  sich  jedoch  die  Körner  lebhaft  roth.  Witherit  kann 
also  sehr  gut  so  gekennzeichnet  werden,  vorausgesetzt,  dass  die 
Gegenwart  anderer  Minerale  die  Anwendung  von  neutralem  Kali- 
cbromat  nicht  ausschliesst. 

Auch  der  BaCrOi-Ueberzug  beim  Harmotoni  (Absatz  4)  kann 
durch  Behandeln  mit  AgNOs  in  Ag2Cr04  übergeführt  werden. 
und  wenn  auch  die  Färbung  der  einzelnen  Körner  eine  sehr  un- 
gleichmässige  ist,  so  wird  sie  doch  in  manchen  Fällen  eine  Un- 
terscheidung des  Barytharmotoms  von  anderen  Mineralen  er- 
möglichen. 

Cerussitpulver,  mit  der  sauren  Chromsäure-Lcisung  behandelt, 
wird  oberflächlich  in  PbCr04  umgewandelt;  viel  zweckmässiger 
ist  es  jedoch,  statt  des  blass  gelben  neutralen  Bleichromats,  das 
gelb  -  rothe.  basische  Salz  2  PbO,  CrOa  (sogen.  Chromroth)  her- 
zustellen: die  Reaction  ist  sehr  viel  empfindlicher,  zudem  verläuft 
sie  nur  in  alkalischer  Lösung,  nicht  in  saurer,  was  unter  Um- 
ständen ja  ebenfalls  erwünscht  sein  kann.  Die  einwirkende  Lö- 
sung enthält  auf  S  Theile  H2O  2  Theile  K2Cr04  und  0,07  Theile 
Kalihydrat  (KHO).  Cerussitpulver  färbt  sich  in  dieser  Lösung 
nach  einigen  Minuten  in  der  Kälte  oberflächlich  roth.  bei  sehr 
schwachem  Erwärmen  schon  nach  einigen  Augenblicken.  Blei- 
vitriol (Pensylvanien)  und  Chlorblei  (Vesuv)  färben  sich  in  der 
Kälte  ebenfalls  rasch.  Molybdänbleierz  (Schwarzenbach)  wird  erst 
beim  starken  Erwärmen  der  Lösung  und  langsam  umgewandelt, 
Pyromorphit  und  Mimetesit  bleiben  unverändert.  Beimengungen 
von  Bleivitriol  und  Cerussit  im  Pyromorphit  köimen  also  so 
sichtbar  gemacht  werden,  z.  B.  in  den  Pscudomorphoscn  von 
Pyromorphit  nach  Cerussit  (Blum,  Pseudom.,   1879,  p.  96). 


753 


5.    Oracaiithiis  Bochuinensis  n.  sp., 
ein  Trachyacanthide  des  deutschen  Kohlen- 
gebirges. 

Von  Herrn  Otto  Jaekel  in  Berlin. 
Hierzu  Tafel  XXXVII. 

Von  Herrn  Prof.  Dames  wurde  ich  kürzlich  auf  ein  Fossil 
aufmerksam  gemacht,  welches  aus  der  productiven  Kohle  des 
Hannibal-Schachtes  bei  Bochum  in  Westfalen  stammt  und  bisher 
nur  gelegentlich  von  Herrn  Prof.  von  Kcenen  ^)  als  keilförmiges 
Knochenstück  erwähnt  worden  war. 

Die  äussere  Erhaltung  des  Fossils  ist  sehr  ungünstig,  indem 
dasselbe  sehr  abgerieben,  an  zwei  Seiten  des  Umrisses  mehrfach 
gebrochen  und  schliesslich  so  mit  Kohle  überzogen  ist,  dass  weder 
die  allgemeine  Form  noch  die  Oberfläche  ohne  Weiteres  kenntlich 
sind.  Auf  Taf.  XXXVII,  Fig.  1  ist  das  Fossil  in  ^3  natürlicher 
Grösse  abgebildet.  Einigermaassen  intact  ist  nur  die  linke  Seite; 
die  nach  oben  gerichtete  Spitze  war  sehr  abgerieben  und  musste 
überdies  noch  zur  Anfertigung  eines  mikroskopischen  Präparates 
z.  Th.  entfernt  werden.  Ganz  abgebrochen  ist  die  Unterseite  und 
die  untere  Hälfte  der  rechten  Seite.  Die  hier  nicht  abgebildete 
Rückseite  des  Fossils   ist  durch  eine  dicke  Kohlenrinde  verdeckt. 

Glücklicherweise  war  das  Fossil  zweimal  bei  m  und  n  der 
Fig.  1  gebrochen,  sodass  sich  an  drei  Stellen  die  Querschnitte 
feststellen  Hessen.  Dieselben  sind  in  Fig.  2,  3  und  4  in  natür- 
licher Grösse  abgebildet.  Fig.  2  stellt  den  Querschnitt  bei  n, 
Fig.  3  den  bei  m  und  Fig.  4  den  am  oberen  Ende  dar.  Aus 
denselben  ergiebt  sich,  dass  das  Fossil  aus  zwei  nach  unten  und 
hinten  (rechts  der  Fig.  1)  geöffneten  Flügeln  besteht,  welche  oben 
verschmolzen  sind  und  vorn  (rechts  der  Fig.  2,  3  u.  4)  einen 
verdickten  Kiel  bilden.  Ferner  zeigen  Fig.  2  und  3.  dass  der 
nach  unten  gerundete  Flügel  am  verdickten  Vorderrand  bei  a 
eingebrochen  und  auf  den  Gegenflügel  gedrückt  ist.  Dabei  hat 
er  noch    in    sicli    selbst   mehrere  Brüche    erfahren.       Schliesslich 

')  Diese  Zeitschrift,  Bd.  XVII,  ISHo,  p.  271. 


754 


erkennt,  man  an  den  Querschnitten  schon  mit  blossem  Auge  zahl- 
reiche Kanäle  bezw.  Hohlräume  in  der  Grundmasse,  auf  welche 
ich  später  bei  Besprechung  des  histologischen  Baues  zurück- 
komme. 

Die  Oberfläche  erscheint  unregelmässig  längsgefurcht,  aber 
diese  Furchung  entspricht  nicht  der  urspünglichen  Oberfläche  des 
Fossils,  sondern  ist  theils  die  Folge  einer  künstlichen  Abreibung 
in  der  Längsrichtung,  theils  mag  die  Kohlenrinde  selbst  sich  in 
Längswülsten  an  der  rauhen  Oberfläche  angeheftet  haben,  wie 
dies  auch  z.  B.  an  Stücken  aus  dem  englischen  Carbon  häufig  zu 
beobachten  ist.  Die  ursprüngliche  Oberflächen  -  Sculptur  erkennt 
man  an  den  Querschnitten,  wo  sich  deutlich  gerundete  Höcker 
zeigen,  und  an  stärker  abgeriebenen  Theilen  der  Oberfläche,  wo 
sich  diese  Höcker  durch  ihre  tief  schwarze  Farbe  in  den  Wül- 
sten der  heller  gefärbten  Kohle  markiren.  An  dem  Vorderrand 
stehen  einige  undeutliche  Höcker,  welche  sehr  stark  abgerieben 
sind,  aber  die  frühere  Anwesenheit  grösserer  Dornen  mehr  als 
wahrscheinlich  machen. 

Der  histologische  Bau  des  Fossils  ist  im  Gegensatz  zu  dem 
ungünstigen  Aussehen  der  Form  vorzüglich  erhalten  und  ermög- 
lichte eine  sichere  Bestimmung  desselben,  als  Hartgebilde  eines 
Placoiden  oder  Knorpelfisches.  Die  Grundmasse  ist  von  zahl- 
reichen grossen,  Gefässe  führenden  Kanälen  durchzogen,  von  de- 
nen vereinzelte  Dentinröhrchen  ausgehen  (vergl.  Fig.  5  a).  Die 
dünneren  Ausläufer  dieser  Kanäle  senden  zahlreiche  Dentinröhr- 
chen aus  (vergl.  Fig.  5  b)  und  zersplittern  sich  schliesslich  in 
diese.  Die  Grundmasse  ist  um  jene  Kanäle  concentrisch  abge- 
sondert, sodass  je  nach  dem  Gehalt  färbender  Salze  concentrische 
Streifung  entsteht.  Besonders  auffällig  und  fast  als  Fluidalstructur 
tritt  diese  Erscheinung  in  einer  horizontalen  Zone  auf,  durch 
welche  eine  krönen-  und  eine  wurzelartige  Substanz  unterschieden 
wird.  Das  in  systematischer  Hinsicht  Ausschlag  gebende  ist  der 
Mangel  an  Osteoblasten  oder  Knochenzellen.  Das  Hartgebilde  ist 
also  kein  Knochen,  sondern  eine  Placoidbildung  aus  Vasodentin, 
wie  sie  für  die  Knorpelfische  charakteristisch  ist. 

Unter  diesen  können  nun  zum  Vergleich  nur  jene  eigen- 
thümlichen  Hartgebilde  herangezogen  werden,  welche  als  Oracan- 
thus  bezeichnet  Averden  und  einer  Ordnung  von  Knorpelfischen 
angehören,  für  welche  ich  a.  a.  0.  den  Namen  Trachyacanihidac 
vorgeschlagen  habe^).  Es  sind  dütenförmige  Platten,  welche  seit- 
lich am  Kopf  befestigt  waren.     Da  die  äussere  Form  unserer  Art 


^)  Jaekel.    üeber  fossile  Ichthyodorulithen.    Sitzungsber.  d.  Ges. 
naturf.  Freunde,  Berlin  1890,  p.  130. 


'55 


so  ungünstig  erhalten  ist,  und  es  mir  bei  der  Seltenheit  derar- 
tiger Objecte  noch  nicht  möglich  war,  eine  grössere  Anzahl 
hierher  gehöriger  Gattungen  histologisch  zu  untersuchen,  so  lassen 
sich  für  die  genauere  Stellung  unserer  Form  wenig  Anhalts- 
punkte gewinnen.  Deshalb  erscheint  es  zweckmässig,  die  Art  zu 
Oracanflms  im  weiteren  Sinne  zu  stellen,  und  da  sie  sich  von 
den  beschriebenen  Arten  in  mehreren  Punkten  nicht  unerheblich 
zu  entfernen  scheint,  als 

Oracanthus  Bochumensis  n.  sp. 
zu  bezeichnen. 

Der  Fund  hat  insofern  einige  Wichtigkeit,  als  er  meines 
Wissens  der  erste  Rest  eines  Trachyacanthiden  ist,  der  aus  dem 
deutschen  Kohlengebirge  bekannt  wird.  Man  kannte  die  Formen 
bisher  aus  der  Kohlenperiode  namentlich  von  England.  Nord- 
Amerika  und  Belgien.  Es  wäre  in  hohem  Grade  interessant, 
wenn  neben  jenen  Hartgebilden  nun  auch  die  Gebisse  in  Gestalt 
CocMwäus-Sirüger  Zahnplatten  in  Westfalen  nachgewiesen  werden 
könnten. 


756 


B. 


Briefliche  Mittlieilimgeii. 


1.    Herr  J.  Siemiradski  an  Herrn  G.  Bekendt. 

lieber  eine  Endmoräne  der   ersten  Vergletscherung 

unterhalb  Krakau   an    der  Weichsel  und   über    die 

Natur  der  dortigen  Lössbildung. 

Erstes  Schreiben. 

Lemberg,  den  13.  October  1890. 
Ich  beeile  mich,  ihnen  eine  Nachricht,  mitzutheilen,  welche  Sie 
höchst  erfreuen  wird:  Ansser  der  oberen  Endmoräne  der  zweiten 
Gletscheroscillation  in  Polen,  welche,  wie  aus  meiner  früheren 
Mittheilung  ersichtlich  ist,  genau  in  der  Verlängerung  der  von 
Ihnen  beschriebenen  südlichen  l)altischen  Endmoräne  liegt,  habe 
ich  in  diesem  Sommer  viel  südlicher  Reste  einer  ebenso  schön 
ausgeprägten  Endmoräne  der  ersten  Vergletscherung  gefunden, 
und  zwar  unter  Bedingungen,  welche  das  Alter  derselben  ausser 
jedem  Zweifel  lassen.  Dicht  an  der  russisch -galizischen  Grenze, 
kaum  1  Kilom.  vom  linken  Weichselufer  entfernt,  zwischen  der 
Grenzwache  Sierosiavice  und  dem  Rittergute  Kuchary.  etwa 
3  Meilen  nördlich  von  Bochnia,  ist  der  Punkt  gelegen.  Das 
beigefügte  Profil  mag  die  Verhältnisse  des  Ortes  erklären: 


Das  steile  Weichselufer  ist  durchweg  aus  Löss  gebildet,  wel- 
cher auch  das  hohe  Plateau  nördlich  davon  ununterbrochen  be- 
deckt und  die  höchsten  Punkte  der  Gegend  bildet.  Schneiden 
wir  diesen  Lössstrcifen    in  S-N  -  Richtung    bis    zum  Kamme    der 


757 


Wasserscheide  zwisclien  der  Weichsel  und  dem  Flusse  Szre- 
niawa  durch,  so  erblicken  wir,  dass  diese  Wasserscheidelinie 
aus  einer  doppelten  Hügelkette  besteht.  Der  Löss  bricht  plötz- 
lich mit  einer  verticalen,  etwa  3  m  hohen  Wand  gegen  Norden 
ab  und  weiter  nördlich  tritt  nur  brauner,  unterer  Geschiebemergel 
auf,  welcher  gegen  das  Szreniawa-Thal  langsam  abfällt.  An  der 
nördlichen  Lössgrenze  entsteht  dadurch  ein  breiter  Graben,  dessen 
südliche,  verticale  Böschung  Löss,  dessen  nördliche,  weniger 
steile  Geröllhügel  bilden,  welche  sich  wallartig  in  W-0- Rich- 
tung erstrecken,  und  einzelne,  meist  von  Gebüsch  bedeckte  Gipfel 
darstellen,  die  jedoch  das  Höhenniveau  der  Lösshügel  nicht  erreichen. 

Der  Löss  umfasst  diesen  Hügelrücken  mantelartig  von  der 
Südseite  und  bietet  in  geradezu  seltener  Reinheit  das  Bild  einer 
von  Süden  her  angehäuften  aerischen  Bildung  Der  Nordabfall 
des  Geröllrückens,  ebenso  wie  das  ganze  Gebiet  des  Geschiebe- 
mergels bis  zum  Szreniawa  -  Thal ,  sowie  nordwärts  desselben 
sind  lössfrei,  nur  im  Thale  selbst  finden  wir  wieder  einen  klei- 
nen Lössfleck  an  einem  sehr  niedrigen  Punkte  und  ohne  jeden 
Zusammenhang  mit  dem  südlichen  Lössmantel.  Ich  bemerke  noch 
dazu,  dass  ich  durchaus  die  allgemeine  Ansicht  über  die  aerische 
Lössbildung  nicht  theile,  vielmehr  die  meisten  als  Löss  in  Ost- 
Galizien  bezeichneten  Gebilde  glacialen  Ursprungs  halte,  was  auch 
durch  ihre  boreale  Mollusken-Fauna  bewiesen  wird  —  hier  aber 
ist  aerische  Natur  der  Gebilde  ausser  allem  Zweifel. 

Die  Geröllhügel,  in  denen  durch  mehrere  Kiesgruben  deutliche 
Aufschlüsse  gegeben  sind,  gleichen  in  ihrer  Structur  vollkommen  der- 
jenigen, welche  ich  von  der  Warthe  beschrieben  habe.  Auffallend  ist 
die  Mächtigkeit  des  Diluviums  in  der  Gegend,  da  Aufschlüsse  von  mio- 
cäneni  Kalkstein  nur  im  Szreniawa-Thale  mit  Mühe  zu  finden  sind. 

Eine  Verlängerung  der  eben  besprochenen  Endmoräne  in 
östlicher  Richtung  wird  nicht  leicht  zu  finden  sein,  da  sie  in  das 
alluviale  Abrasionsgebiet  der  galizischen  Niederung  fallen  würde. 
Allerdings  giebt  es  autfallende  Anhäufungen  von  nordischen  Ge- 
schieben an  mehreren  Orten  in  der  galizischen  Niederung,  so  bei 
Mielec  und  bei  Tarnobrzeg.  Von  dieser  letzteren  Gegend 
habe  ich  in  Prof.  Rehmann"  s  Sammlung  geritzte  Scheuersteine 
und  ein  Dreikantergeschiebe  zu  sehen  bekommen. 

Zweites  Schreiben. 

Lemberg,  den  2.  November  1890. 
Auf  Ihr  werthes  Schreiben  beeile  ich  mich  zu  ei'klären,   dass 
die  Bedingungen,  welche,   meiner  Ansicht  nach,   die  Zugehörigkeit 
der  Endmoräne  von  SierosJawice    zur   ersten  Vergletscherung  be- 
weisen, folgende  sind: 

Zeitschr.  d.  D.  i,-eol.  Ges.  XLII.  4.  ^0 


758 


1.  Die  zweite  Vergletsclierung  reicht  in  Polen  nirgends  so 
weit  nach  Süden  hinab  —  die  südlichste  Grenze  des  oberen  Oe- 
schiebelehms,  welche  sehr  scharf  ausgeprägt  ist  und  zum  grossen 
Theil  von  den  Hügelzügen  des  polnischen  Mittelgebirges  gebildet 
wird,  verläuft  mindestens  15  geographische  Meilen  nördlich  von 
dem  beobachteten  Punkte. 

2.  Die  Moräne  von  Sieroslawicc  liegt  sehr  nahe  an  der  süd- 
lichen Grenze  des  unteren  Geschiebemergels,  welche  auch  zugleicli 
die  südliche  Grenze  der  Glacialgebilde  überhaupt  in  Galizien  bildet. 

8.  Spuren  derselben  Moräne  sind  nach  neuerdings  mir  zu- 
gegangenen Nachrichten  auch  anderwärts  auf  der  galizischen  Nie- 
derung, so  bei  Mielec  und  weiter  am  Fusse  der  Lublin'schen 
Höhe  als  St  ein  fei  der  bekannt.  Oberes  Diluvium  fehlt  auch 
hier  überall.  Radomsk,  Kielce,  Radom.  Lublin  sind  seine  süd- 
lichstena  Punkte. 

4.  Die  Moräne  von  Sierostavice  ist  älter  als  Löss.  wel- 
cher, ebenso  wie  andere  Interglacialgebilde  an  der  Warthe,  unter 
dem  oberen  Geschiebelehm  auftritt. 

Der  subaerische  Charakter  des  Lösses  in  der  besprochenen 
Gegend  ist  durch  seine  orographische  Yertheilung  bestimmt  —  er 
ist  überall  nur  an  der  Südseite  der  Hügel  angelehnt  und  fehlt 
stets  an  den  nördlichen  Böschungen.  Ausserdem  ist  gerade  an 
dem  Moränenkamm  von  Sieroslawice  das  dünenartige  Auftreten 
des  Lösses  sehr  charakteristisch  ausgeprägt  —  die  Gegend  giebt 
genau  längs  des  Moränenwalles  den  Charakter  einer  Düne  wieder, 
welche  sich  längs  einer  früher  vorhandenen  Erhebung  bildet.  Der 
petrographische  Charakter  des  Löss  von  Sierostawice  ist  gleich- 
falls vom  sogen.  Löss  der  Gegend  von  Lemberg  verschieden  und 
gleicht  demjenigen  von  Podolien.  welcher  ebenfalls  einseitig  in 
den  Dniester-Thälern  angehäuft  und  subaerischer  Bildung  ist. 


2.    Herr  Paul  Oppenheim  an  Herrn  C.  A.  Tenne. 

Die  Geologie  der  Insel  Capri, 
eine  Entgegnung  au  Herrn  Johannes  Walther. 

Berlin,  lu.  December  1890. 
Meine  in  dieser  Zeitschrift  veröffentlichten  „Beiträge  zur 
Geologie  der  Insel  Capri  und  der  Halbinsel  Sorrent"  (1889, 
p.  442  —  490)  haben  Herrn  Johannes  Walther  Gelegenheit  zu 
einem  Angriffe  gegen  mich  und  diese  meine  Publication  gegeben, 
welcher  den  Lesern  dieser  Zeitschrift  in  dem  letzten  Hefte  des 
vorigen  Jahrganges  vorgelegen  hat.      Ich  war   natürlich,    als   ich 


759 


den  erwälmteii  Aufsatz  sclirieb  und  veröffentlichte,  als  der  An- 
greifende auf  eine  Erwiderung  des  Herrn  Walther  vorbereitet, 
und  erwartete  eine  objective  Kritik,  sachlichen  Widerspruch  gegen 
verschiedene,  von  mir  mit  dem  vollen  Bewustsein  ihrer  Anfecht- 
barkeit aufgestellte  Punkte  und  Streitfragen;  überrascht  und  ent- 
täuscht war  ich,  als  ich  statt  einer  im  Interesse  der  Wissenschaft 
sehr  wünschenswerthen  und  erspriesslichen  Discussion  dieser  noch 
dunklen  Punkte  in  der  Entgegnung  des  Herrn  Walther  eine  oft 
persönliche  und  rein  subjective  Beurtheilung  und  Verurtheilung 
meines  ganzen  Wirkens  am  Golfe  von  Neapel  wahrnahm,  zu  wel- 
cher gerade  dieser  Herr  keine  Veranlassung  und.  wie  ich  glaube, 
auch  keine  Berechtigung  besitzt.  Jedenfalls  ist  Herr  Walther  von 
dem  Vorwurfe  nicht  freizusprechen,  die  ihm  vorliegenden  Belege 
nicht  mit  der  Sorgfalt  und  der  peinlichen  Gewissenhaftigkeit  benutzt 
zu  haben,  welche  meiner  Ueberzeügung  nach  im  Interesse  der  Sache 
wie  seiner  Theorien  gelegen  haben  würde.  Denn  der  Herr  Ver- 
fasser kennt  z.  B.  nicht  die  bereits  seit  den  fünfziger  Jahren 
vorliegende  Literatur  über  den  Neocomcharakter  der  Fischfauna 
von  Capo  d' Orlando  wie  über  das  Vorkommen  von  Patellina 
lenticularis;  er  giebt  auch  in  seiner  Entgegnung  zu  meiner  freu- 
digen Ueberraschung  zu,  dass  ihm  die  bis  dahin  nur  aus  Tithon- 
schichten bekannten  Caprenscr  Ellipsactinien  bereits  bei  der  Ver- 
öffentlichung seiner  „Studien"'  vorlagen  und  dass  der  von  ihm 
consultirte  Herr  Magister  Pratz  den  jurassischen  Typus  der 
Caprenser  Korallen  ausdrücklich  betont  hat.  Indem  ich  mir  vor- 
behalte, an  anderer  Stelle  ausführliciier  auf  die  Schrift  des  Herrn 
Walther  einzugehen,  will  icli  hier  nur  einige  Punkte  hervor- 
heben, welche  mit  den  Ausführungen  meines  Herrn  Gegners  in 
innigstem  Zusammenhange  stehen. 

Herr  Walther  macht  mir  zuvörderst  den  Vorwurf,  dass 
ich  durch  Einfügung  des  Wortes  „entschieden''  den  Sinn  der 
Pratz" sehen  Altersbestimmung  der  caprenser  Korallenreste  we- 
sentlich moditicirt  habe;  er  meint  dann  ferner,  dass  ich  mir 
vorerst  hätte  die  Mühe  nehmen  können,  mich  nach  diesen  „Leit- 
fossilien" zu  erkundigen.  Mein  geschätzter  Herr  Gegner  möge  sich 
nach  dieser  Richtung  hin  beruhigen!  Ich  habe  mich  bei  Herrn 
Pratz  seiner  Zeit  nicht  nur  erkundigt,  sondern  ihm  auch  zugleich 
mein  ganzes,  während  meines  zweimaligen  Aufenthalts  auf  Capri 
gesammeltes  Korallenmaterial  zur  Durchsicht  vorgelegt.  Das  „ent- 
schieden" in  der  Bemerkung  auf  p.  446  meiner  Beiträge,  welche 
übrigens  kein  Citat  ist  und  keins  sein  soll,  bezieht  sich  auf  diese 
letztere  Untersuchung,  welche  vollkommen  geeignet  war,  die  schon 
bei  Gelegeidieit  des  WALTHER'schen  Materials  geäusserte  Ansicht 
des  Herrn  Pratz  mit  Entsrliiedeiiheit    zu  bestätigen! 

50* 


760 

Bei  der  Besprechung  einer  weiteren  persönlichen  Bemerkung 
des  Herrn  Walthür  bin  ich  in  der  angenehmen  Lage,  einfach 
ilin  selbst  citiren  zu  können  und  dabei  nur  gewisse  Worte  durch 
den  Druck  hervorzuheben.  Walther  schreibt  p.  772  unten: 
„z.  B.  auf  p.  488  polemisirt  Herr  Oppenheim  gegen  meinen 
Satz:  Es  findet  sich  der  Macigno  nur  auf  den  gesunkenen  Schollen 
des  Apenninkalkes  etc.,  dagegen  sucht  man  auf  den  höher  gele- 
genen immer  vergeblich  danach.  Nachdem  Herr  Oppenheim 
behauptet,  dass  sich  diese  Beobachtung  nicht  bestätigt,  sagt  er 
p.  463  als  Resultat  seiner  eigenen  Beobachtungen:  „Macigno  ist 
nirgends  auf  den  Bergspitzen   zu  finden""   — ?  — 

Difficile  est  satü-am  non  scribere!  Im  Uebrigen  spreche  ich 
p.  463  von  dem  Macigno  der  Insel  Capri  und  p.  48  8  von  dem- 
jenigen der  Halbinsel  Sorrent  und  für  beide  nehme  ich  an  ver- 
schiedenen Stellen  meiner  Arbeit,  wie  ich  ausführlicher  darlege, 
ob  mit  Recht  oder  Unrecht  ist  hier  gleichgültig,  ein  gänzlich 
verschiedenes  tektonisches  Verhältniss  zur  Hauptmasse  des  Kalk- 
gesteines an!  —  Herr  Walther  sagt  weiter  p.  774:  „Die  An- 
nahme von  Tithon  auf  Capri  rührte  von  Steinmann  her  und  Herr 
Oppenheim  hatte  nur  ein  formales  Verdienst  als  er  (s.  u.)  statt 
der  etwas  bedenklichen  Leitfossilien  Steinmann's  „echte  Neri- 
neen  fand".  —  Ich  nehme  auch  diese  „formale"  Verdienst  für 
mich  gar  nicht  in  Anspruch!  Es  liegt  darin  meines  Erachtens 
überhaupt  kein  Verdienst,  dass  Jemand,  vom  Glückszufall  unter- 
stützt, eine  sogenannte  „Entdeckung"  auf  unserem  Wissensgebiete 
macht.  Diese  bilden  nur  dann  ein  Verdienst,  wenn  sie  die  Er- 
folge lastlosen,  zielbewussten  Strebens  sind,  und  dieses  kam 
sicherlich  bei  der  „Entdeckung"  der  ElKpsactinia  durch  Baldacci, 
Steinmann  und  mich  nicht  in  Frage !  Wenn  übrigens  Herr  Wal- 
ther in  dem  Auffinden  der  EUipsaciinia  ein  Verdienst  sieht,  so 
kann  ich  ihm  factisch  an  der  Hand  der  Thatsachen  erklären, 
dass  ich  dieselbe  lange  bestimmt  hatte,  als  mir  durch  Herrn  Prof. 
Georg  Bcehm.  welchem  ich  sie  zufällig  zeigte,  mitgetheilt  wurde, 
dass  Steinmann  eben  mit  seiner  Publication  über  diesen  Gegen- 
stand beschäftigt  sei,  worauf  ich  demseiben  mein  ganzes  Ma- 
terial sofort  für  seine  Veröffentlichung  eingesandt  habe;  im  Uebri- 
gen gebührt  die  Priorität  in  dieser  Hinsicht  wahrscheinlich  Bal- 
dacci, welcher  schon  vor  Steinmann  die  Stücke  aufgefunden  und 
dem  Comitato  geologico  übergeben  hatte. 

Weiter  sagte  Herr  Walther  p.  775:  „Und  da  finden 
wir,  dass  Herr  Oppenheim  auf  der  ganzen  übrigen  Insel 
nirgends  eine  Spur  tithonischer  Versteinerungen  auf- 
gefunden hat."  Dies  ist  ein  Irrthum,  an  welchem  ich  vielleicht 
die  Schuld  trage,   da  ich  die  genauen  Fundortsbestimmungen  mei- 


761 


ner  Fossilien  nicht  hinzugefügt  habe.  Auf  p.  457  schreibe  ich: 
„Wenn  wir  nach  dieser  prinzipiellen  Abweichung  wieder  auf  die 
Fauna  des  Obertithons  des  Caprikalkes  zurückkommen,  so 
erkannten  wir  in  den  meist  recht  schlecht  erhaltenen  Hexakorallen 
dieser  Formation  Arten  von"  Munflivaultia ,  EnaUolielia  und  Ca- 
lamophyllia  etc.",  und  citire  nun  13  dem  Obertithon  angehörige 
Species,  welche  neben  der  überall  auftretenden  EUipsactinia  auf  den 
verschiedensten  Punkten  der  Insel,  bei  Anacapri,  am  Tiberio,  an  der 
Punta  Tragara  und  an  anderen  Orten  von  mir  gesammelt  wurden! 
Herr  Walther  scheint  übrigens  zu  meiner  Genugthuung 
nicht  immer  den  gleichen,  unbedingt  ablehnenden  Standpunkt 
meinen  Untersuchungen  gegenüber  einzunehmen.  Nachdem  er 
am  Anfange  wie  auch  am  Schlüsse  seines  Briefes  erklärt  hat. 
dass  ich  den  Arbeiten  meiner  Vorgänger  „  fast  nichts  We- 
sentliches neu  hinzugefügt"  habe  (pag.  771),  fühlt  er  sich  auf 
pag.  774,  wo  sein  Zorn  anscheinend  von  meiner  Person  auf 
Herrn  Steinmann  abgelenkt  ist ,  mir  gegenüber  zu  grossem 
Danke  verpflichtet,  weil  ich  „eine  EUipscictinia  mitten  zwischen 
Rudisten  beobachtet"  hätte.  „Ein  zweites  Verdienst,  welches  ich 
mir  um  die  Geologie  von  Capri  erworben",  wäre  das  Auffinden 
von  obereocänen  Nummuliten  im  Macigno  der  Insel,  und  weiter 
unten  wird  dann  als  weiteres,  allerdings  „formales"  Verdienst  die 
Entdeckung  von  „echten  Nerineen"  (Herr  Walthbr  meint  wohl 
„echten  Tithon  -  Nerineen")  anerkannt!  —  Wenn  ich  nun  hier 
daran  erinnere,  dass  diese  „echten  Tithon-Nerineen"  wie  die  Ne- 
rinea  pseiiäohrHntutamt,  die  Itieria  austriaca  und  It.  obtusiceps, 
der  CrypiopJocus  Zitteli  u.  A.,  zum  ersten  Male  die  genaue  Pa- 
rallelisirung  des  im  Mittelmeerbecken  so  ausserordentlich  verbrei- 
teten, neuerdings,  wie  mir  Prof.  Canavari  bei  meinem  diesjäh- 
rigen Aufenthalte  in  Pisa  zeigte,  auch  in  Sardinien  aufgefundenen 
Ellipsactinien-Horizontes  ermöglicht  haben;  wenn  ich  weiter  darauf 
hinweise,  dass  das  Auffinden  dieser  EUipsactinia.  in  den  Rudisten- 
Schichten  des  Faro.  wie  dasjenige  echter  Kreide  -  Chamiden  in  den 
Nerineen  -  reichen  Kalken  der  Grotta  azurra  gleichmässig  für  die 
innige  Verbindung  der  Ellipsactinien-Kalke  und  ihrer  Aequivalente. 
der  Stramberger  Tithonschichten,  mit  der  unteren  Kreide  sprechen 
dürfte,  wie  andererseits  die  Hinzufügung  des  obereocänen  Num- 
muliten-Horizontes  in  den  Macignos  zu  den  von  Walther  und 
Mayer-Eymar  aufgefundenen  Scutellen-Schichten  die  Unhaltbarkeit 
der  tektonischen  Anschauungen  Walther' s  hinsichtlich  der  Halb- 
insel Sorrent  zu  beweisen  scheint  — :  so,  denke  ich,  Avird  jeder 
billig  denkende  Leser  mir  zugeben,  dass  das  bereits 
oben  citirte  Urtheil  des  Herrn  Walther,  ich  habe  fast 
nichts  Wesentliches    der    Geologie    von  Capri    hinzuge- 


762 


fügt,  zu  scharf  und  parteiisch  ausgefallen  ist,  'vor 
Allem  aber  nicht  in  Einklang  zu  bringen  ist  mit  dem, 
was  er  mir  selbst  an  anderen  Stellen  seiner  Streit- 
schrift als  neue  Resultate  meiner  Arbeit  zuzuer-  ken- 
nen sich  gezwungen  sieht!   — 

Herr  Walther  tadelt  mich  weiter,  weil  ich  seiner  Bemer- 
kung, der  ungeschichtete  Caprikalk  sei  am  Mt.  Solaro  von  ge- 
schichteten Kalken  überlagert  und  unterteuft,  bei  meiner  Polemik 
zu  wenig  Berücksichtigung  habe  angedeihen  lassen.  Wenn  ich 
nun  darauf  erwidere,  dass  Herr  Walther  von  einer  un ge- 
schichteten Masse  von  600  m  Höhe  spricht  (Studien,  diese 
Zeitschr.,  1886,  p.  295),  während  die  anscheinend  ungeschichtete 
Ostseite  der  Insel  in  ihrer  höchsten  Erhebung,  dem  Mt.  Tiberio, 
nur  gegen  300  m  erreicht,  und  die  Westseite,  das  Solaromassiv, 
fast  überall  geschichtet  ist.  so  wird  mir  wohl  jeder  Unbefangene 
zugeben,  dass  mit  dieser  Bemerkung  meines  geschätzten  Herrn 
Gegners  nicht  viel  anzufangen  war. 

Herr  Walther  tindet  es  „höchst  überraschend",  dass  in 
denselben  Schichten  von  mir  „echte"  Tithon-Versteinerungen  und 
„echte"  Kreide-Chamiden  gefunden  wurden  (p.  775).  Hat  er  die 
gleichen  Bedenken  gegen  alle  die  Fälle,  in  welchen  gerade  im 
Tithon  Jura-  und  Kreide -Organismen  vergesellschaftet  beobachtet 
worden  sind?  Und  weiss  er  nicht,  dass  eine  Autorität  wie  Mel- 
chior Xeumayr  in  seinem  „Geologischen  Bau  vom  westlichen 
Mittel-Griechenland"  (Denkschriften  d.  Wiener  Akad.,  1880)  die 
Ansicht  ausgesprochen  hat,  dass  die  Rudisten  wahrscheinlich  bis  in 
den  Jura  zurückgehen,  während  die  Gattung  Diceras  von  Pirona 
und  GEORCi  BcEHM  (vide  diese  Zeitschr.,  1885  u.  1886)  aus  echt 
cretacischen  Ablagerungen  (Biancone)  Yenetiens  citirt  wird?   — 

Da  Herr  Walther  es  vorgezogen  hat,  sich  ausschliesslich 
auf  Capri  zu  beschränken,  so  will  auch  ich  hier  nicht  auf  die 
tektonischen  Verhältnisse  der  Halbinsel  Sorrent  eingehen,  zumal 
mein  Herr  Gegner  mir  ja  seinerseits  noch  eine  Erwiderung  be- 
züglich ihrer  tektonischen  Verhältnisse  und  seiner  diesbezüglichen 
Anschauungen  in  Aussicht  gestellt  hat.  —  Was  nun  Capri  an- 
langt, so  betrachtet  es  Walther  in  seinen  „Studien"  als  eine 
Seichtwasserbildung  der  oberen  Kreide,  in  dem  gleichzeitig  1886 
im  Bolletino  des  R.  Comitato  geologico  erschienenen  Aufsatz: 
I  volcani  sottomarini  del  golfo  di  Napoli.  spricht  er  allerdings  von 
einer  wesentlichen  Verschiedenheit  der  Rudisten -Bevölkerung  bei- 
der Territorien,  so  dass  man  vielleicht  verschiedene  Horizonte 
unterscheiden  könnte  (diversi  piani).  Doch  kann  er  dabei  jeden- 
falls nicht  an  die  Zugehörigkeit  zum  subcretacischen  System  ge- 
dacht haben,   da  er  wenige  Zeilen  später  von  einer  in  der  Samm- 


763 


luug  des  Herrn  Dr.  Cekjü  beiiudlicbeu  Actaeonelle  spricht; 
auch  kann  ich  nirgends  in  seinen  Arbeiten  die  Stelle  auffinden, 
wo  er  von  einer  Neigung  der  Caprikalk  -  Schichten  um  20 "  N 
spricht;  es  wäre  ja  auch  sonst  die  Annahme  einer  horizontalen 
Lagerung  desselben,  zu  welcher  Steinmann  ')  auf  Grund  der  Wal- 
ther" sehen  Angaben  gelangt,  eine  völlig  unbegreifliche.  (Uebrigens 
ist  die  angegebene  Zahl  auch  falsch,  wie  man  aus  den  in  meiner 
Arbeit  p.  44  8  gegebenen  Richtungsangaben  ersehen  kann.)  Dem 
gegenüber  habe  ich  behauptet  und,  wie  ich  glaube,  auch  bewiesen, 
dass  die  grosse  Masse  des  Caprikalkes  dem  Obertithon  (Stram- 
berger  Schichten)  angehört  und  von  dort  aus  in  allmählichem 
Uebergange  in  die  untere  Kreide  verläuft,  in  welcher  die  Rudisten- 
reichen  Bänke  an  der  SW- Spitze  der  Insel  dem  Urgonien  ange- 
hören dürften.  Ich  habe  erklärt .  dass  eine  petrographische 
Scheidung  dieser  habituell  fast  identischen  Kalkmassen  fast  zur 
Unmöglichkeit  wird,  um  so  mehr  als  uns  die  sonst  so  charakte- 
ristischen Leitfossilieu  für  beide  Horizonte  hier  im  Stich  lassen; 
denn  Ellipsactinien  fand  ich  in  den  Rudisten  -  Schichten  und  Pla- 
giopfyclms  und  Caprotina  in  echten  'ElUpsactinia  -  Kalken.  Herr 
Walther  folgert  nun  daraus,  dass  er  mit  seinen  früheren  An- 
gaben vollkommen  Recht  behalten  habe,  dass  wir  es  wirklich  mit 
Kreidebildungen  (obere  und  untere  wird  nunmehr  in  suspenso 
gelassen)  zu  thun  haben.  Wenn  Herr  Walther  nunmehr  seine 
Anschauungen  stillschweigend  modificirt,  wenn  er  nur  die  ..untere" 
Kreide,  das  subcretacische  System,  zugiebt,  so  stimmen  wir  in 
unseren  diesbezüglichen  Ansichten,  wie  ich  mich  freue  consta- 
tiren  zu  können,  nunmehr  fast  vollständig  überein.  Ich  habe 
schon  in  meiner  früheren  Arbeit,  welche  Herrn  Walther  Gele- 
genheit zu  seiner  Streitschrift  gegeben  hat.  angedeutet,  dass  die 
Ellipsactinien-Kalke  und  mit  ihnen  die  Stramberger  Schichten  viel- 
leicht das  unterste  Neocom  als  corallogene  Facies  mit  in  sich 
einschliessen;  diese  Behauptung  habe  ich  in  der  Novembersitzung 
der  deutschen  geologischen  Gesellschaft  nochmals  ausgesprochen 
und  durch  eingehendere  Ausführungen  und  Literaturbelege  unter- 
stützt. Ich  verweise  daher  hier  auf  das  ausführliche  Referat 
dieses  meines  Vortrages  und  spreche  hier  nur  nochmals  die 
Ueberzeugung  aus,  dass  die  Ellipsactinien-Kalke  als  corallogener 
Absatz  die  Grenze  zwischen  Jura  und  Kreide  überbrücken  und 
die  untersten  Glieder  der  letzteren  (Valenginien  und  Avahrschein- 
lich  auch  Hauterivien)  noch  in  sich  einschliessen.  Diese  Auffas- 
sung scheint  mir  am  besten  zu  entsprechen  den  stratigraphischen 


>)  G.  Steinmann.    Uelier  das  Alter  des  Apenninkalkes  von  Caini. 
Berichte  d.  naturf.  Ges.  zu  Freiburg  i.  Br.,  IV.  Bd.,  III  Heft,   1888. 


764 


und  paläontologischeii  Verhältnissen,  welche  an  ihnen  zur  Beob- 
achtung gelangt  sind. 

Nur  widerstrebend  habe  ich  niicli  daher  bei  diesen  meinen 
Anschauungen  seiner  Zeit  entschlossen,  auf  Grund  der  interna- 
tionalen Vereinbarungen  auf  meiner  Karte  für  Ellipsactinien-Kalk 
uud  Rudisten-Schichten  verschiedene  Farben  zu  wählen  und  feste 
Grenze  da  zu  ziehen,  wo  sie  in  Wirklichkeit  in  organischer  und 
gleichmässiger  Entwicklung  nie  vorhanden  waren.   — 

Herr  Walther  spricht  von  künftigen  Untersuchungen,  welche 
über  die  Verhältnisse  der  Insel  Capri  Licht  zu  verbreiten  hätten. 
Auf  diese  bin  ich  im  höchsten  Maasse  gespannt  und  werde  jeder 
Zeit  geneigt  und  bereit  sein,  auch  die  geringste  Verbesserung  in 
meinen  Angaben  neidlos  und  mit  lebhafter  Freude  anzuerkennen. 
Bis  dahin  aber  möge  man  sich  gedulden,  wenn  man  mich  weiter 
anzugreifen  gedenkt,  und  mich  nicht  mit  Entgegnungen  behelligen, 
welche,  statt  neue  Thatsachen.  auf  welche  es  uns  augenblicklich 
allein  ankommt,  herbeizubringen,  schliesslich  doch  immer  nur  ein 
Austausch  persönlicher  Anschauungen  und  persönlicher  Polemik 
bleiben  und  bleiben  müssen;  und  diese  halte  ich  für  ebenso  un- 
erspriesslich  wie  Herr  Walther! 


3.    Herr  Steinmann  an  Herra  W.  Dames. 
Einige  Fossilreste  aus  Griechenland. 

Freiburg  i.  Br.,   im  December  1890. 

Vor  etwa  zwei  Jahren  ersuchte  mich  der  leider  so  zeitig 
heimgegangene  Kollege  Neumayr  um  eine  Durchsicht  der  krystal- 
linen  Kalke  der  Vorhügel  des  Hymettos  in  Bezug  auf  die  mehr- 
fach daraus  erwähnten  Fossilreste;  ebenso  stellte  mir  auch  Herr 
Prof.  BücKiNG  seine  Aufsammlungen  aus  jener  Gegend  zur  Ver- 
fügung. Sodann  erhielt  ich  kürzlich  von  Herrn  Dr.  Philtppson 
eine  Anzahl  griechischer  Gesteine  zugeschickt  mit  der  Bitte,  eine 
Bestimmung  der  darin  enthaltenen  Fossilien  vorzunehmen.  Da 
die  mesozoischen  und  alttertiären  Bildungen  Griechenlands  gerade 
in  jüngster  Zeit  ein  erhöhtes  Interesse  gewonnen  haben,  so  möchte 
ich  über  meine  Untersuchungen  hier  kurz  berichten. 

„Aus  dem  unteren  Marmor  des  Hymettos,  nahe  der  Pass- 
höhe zwischen  Liopesi  und  Athen  unterhalb  des  Glimmer- 
schiefers" stammt  eine  von  Bücking  gesammelte  Koralle,  deren 
zahlreiche,  dicht  gedrängte,  aber  sich  nicht  berührende  Kelche 
ihre    Septalstructur    bis    auf    undeutliche    Reste    verloren    haben. 


765 


Ihrem  Habitus  nach  vermag  ich  sie  nur  mit  der  von  der  Trias 
bis  in  die  Kreide  reichenden  Gattung  Calamophyllia  zu  ver- 
gleichen. Der  ungünstige  Erhaltungszustand  des  Stückes  dürfte 
wohl  zum  grössten  Theil  auf  die  mechanische  Deformation  zurück- 
zuführen sein,  welche  dasselbe  erlitten  hat.  Die  Kelche  sind 
nicht  einfach  rund  oder  oval,  sondern  sie  greifen  längs  zackiger 
Suturcn  in  einander,  wie  man  solches  an  stark  gepressten  oder 
ausgewalzten  Korallen  häufig  beobachtet.  Erweist  sich  das  Stück 
auch  nicht  als  brauchbar  zu  einer  scharfen  Altersbestimmung  der 
betreffenden  Schichten  —  als  mesozoisch  dürfen  wir  sie  wohl 
ansprechen  — ,  so  deutet  es  doch  daraufhin,  dass  die  fraglichen 
Schichten  starke  Veränderungen  durch  dynamische  Vorgänge  er- 
litten haben.  Bittner  (Denkschr.  d.  Wiener  Ak.,  Bd.  40,  p.  60) 
erwähnt  eine,  offenbar  der  unsrigen  sehr  ähnliche  Koralle,  eben- 
falls aus  Kalken  unter  dem  Schiefer  zwisclien  Käsariani  und  Athen. 

Die  von  Bittner  (ibid.)  und  BücKiNCi  (Sitzungsb.  d.  kgl. 
Akad.  d.  Wiss.  zu  Berlin,  Bd.  39.  p.  935  ft'.)  beschriebenen  Kalke 
der  Vorhügel  des  Hymettos  bei  Käsariani  liegen  mir  in  einer 
grösseren  Anzahl  von  Stücken  vor.  die  sämmtlich  mit  HCl  fast 
gar  nicht  brausen,  also  durchgängig  stark  dolomitisch  und  dabei 
ziemlich  grobkrystallin  sind.  Sie  ähneln  auffallend  gewissen 
weissen  Triasdolomiten  der  Südalpen.  Korallen  sind  häufig  darin, 
aber  durchgängig  in  einem  so  ungenügenden  Erhaltungszustande, 
dass  eine  sichere  Bestimmung  der  Gattung  unmöglich  wird;  immer- 
hin glaube  ich  berechtigt  zu  sein,  den  Ausspruch  der  Wiener 
Autoren  (Denkschr..  p.  397)  zu  bestätigen,  dass  die  fraglichen 
Korallen  einen  paläozoischen  Habitus  nicht  tragen.  Ein 
Dui'chschnitt  mit  lagenartiger  Structur  an  einem  der  Wiener  Stücke 
lässt  auf  eine  Rudistenschale  oder  ein  Sfromafopora  -  ähnliches 
Fossil  schliessen. 

Dem  Dolomit  von  Käsariani  recht  ähnlich,  aber  als  fast  reine 
Kalke  entwickelt,  sind  einige  Stücke,  welche  ich  als  (?)  „Rudisten- 
kalke"  von  Cheli  und  Stephani  in  der  Argolis  durch  Herrn 
Philippson  erliielt.  Korallen  und  Zweischaler  befinden  sich  in 
einem  gleicli  unzureichenden  Erlialtungszustande  und  wittern  in 
ähnlicher  Weise  aus  dem  Gestein  heraus.  In  dem  gleichen  Kalk- 
massive, welches  diese  (?)  ,,Rudistenkalke"  enthält,  sammelte  nun 
Herr  Philippson  bei  dem  Dorfe  H.  Vasilios  in  der  Argolis  ein 
Stück  einer  sehr  gut  erlialtenen  EUipsactinia,  die  mit  den  son- 
stigen Funden  dieser  Gattung  aus  den  Mittelmeerländern  überein- 
zustimmen scheint.  Damit  dürfte  ein  gewisser  Anhalt  für  die 
Altersbestimmung  der  (?)  „Rudistenkalke"  von  Cheli  und  Stephani 
und  vielleicht  auch  der  Dolomite  von  Käsariani  gewonnen  sein. 

Meine  früheren  Mittheilungen   über  die  Verbreitung  und  das 


766 


Alter  der  Gattung  Klhpsactinvt  (Ber.  d.  iiaturf.  (tcs.  in  Freiburg, 
Bd.  IV.  p.  130)  haben  durch  Canavahi  (Boll.  Com.  Geol..  1889, 
p.  30)  und  Oppenheim  (d.  Zeitschr. ,  Bd.  41,  p.  442)  weitere 
Bestätigungen  und  Erweiterungen  erfahren,  sodass  wir  jetzt  diese 
Hydrozoe  von  zalüreichen  Punkten  des  jurassischen  Mittelmeer- 
gebietes kennen,   wie  aus  folgender  Zusanmienstellung  hervorgeht: 


Fundort. 

Auto  r. 

Alter  bezw.  Lagerung. 

1. 

Pur  gel     (Salz- 

Oppenheim. 

Tithon  mit  Itieria  austriaca. 

2. 

kammergut). 
Stramberg 

Steinmann. 

Unbezweifeltes  Tithon. 

3. 

(Mähren). 
A  r  g  6  n  t  e  r  a 

PORTIS. 

Unbezweifeltes  Tithon. 

4. 

(Seealpen). 
Mte  Gargano 

Canavari    u. 

In  Begleitung  von  Diceras  EscJieri. 

(Apennin). 

Cortese. 

5. 

Mte  Giano 

Canavari. 

In  Begleitung    von    Terebraüda 

(Apennin). 

moravica. 

6. 

Mte  Tiriolo 

AicHiNO  (Cor- 

Mit Korallen  von  Tithon-Habitus; 

(Calabrien). 

tese). 

über  jurassischen  Crinoiden- 
Kalken ,  unter  cretacischen 
Rudisten-Kalkeii. 

7. 

MteBulgheria 

Baldacci. 

Mit  Corallen  u.  Crinoiden,  über- 

(Calabrien). 

(Oppenheim). 

lagert  von  Kieselknollen-Kal- 
ken,  letztere  von  Rudisten- 
Kalken. 

8. 

Capri. 

Steinmann. 

Mit  Korallen,    tithonischen  Neri- 

Oppenheim. 

neen  etc.,  auch  in  den  hangen- 
den Rudisten- Kalken. 

9. 

Dormitor 

Baldacci. 

Angeblich  Tithon,  überlagert  von 

10. 

(Montenegro). 
Gebel  Ersass 

Zoppi. 

Rudisten -Kalken. 
Ueberlagert  v.  Kalken  mit  Kreide- 

(Tunis). 

Cephalopoden. 

Fast  an  allen  Punkten,  wo  Ellipsactinien  sich  gezeigt  haben, 
hat  man  tithonische  Fossilien  als  ihre  Begleiter  gefunden.  Zudem 
zeichnen  sich  die  betreffenden  Schichten  fast  durchgängig  durch 
das  Fehlen  der  Schichtung  und  ihre  koralligene  Entstehung  aus. 
Das  Hangende  wird  fast  überall  von  Kieselknollen  -  Kalken  oder 
Rudisten-Kalken  gebildet,  die  der  Kreide  zugerechnet  werden  und 
die  sich  zumeist  in  Folge'  der  deutlichen  Schichtung  und  in  Folge 
des  Fehlens  von  Korallen  deutlich  von  den  liegenden,  koralligenen 
Riifkalken  abheben.  Nun  geht  nach  den  Beobachtungen  Oppen- 
heim's  (1.  c,  p.  450)  Ellipsactinia  auf  Capri  auch  noch  bis  in 
die  hangenden  Rudisten -Kalke  hinauf.  Was  das  genauere  Alter 
der  Kieselnieren  -  Kalke  und  Rudisten  -  Kalke  betriftt.  welche  die 
tithonischen  Riffkalkc  an  vielen  Punkten  überlagern,   so  wissen  wir 


767 


darüber  zur  Zeit  noch  wenig  Positives.  Doch  scheint  es  zweifellos, 
dass  sie  der  unteren  Kreide  angehören;  darauf  deuten  die  Profile 
bei  Positano  und  Castellamare.  welche  Oppenhejm  mittheilt  (1.  c, 
p.  483  —  485)  hin.  Das  Vorkommen  von  „Rudisten".  deren  ge- 
nauere Fixirung  der  Gattung  und  Art  nach  nicht  möglich  ist, 
bedeutet  nur,  dass  die  betreffenden  Schichten  jünger  sind  als 
Oxford;  denn  wir  wissen  durch  die  Arbeiten  Douville's,  dass 
der  von  Biceras  abzweigende  Rudistenstamm  schon  im  Tithon  ein 
Auseinandergehen  in  mehrere  Zweige  erkennen  lässt,  aus  welchen 
sich  die  Kreideformen  entwickeln.  Es  versteht  sich  daher  von 
selbst,  dass  die  Rudisten  nur  conventioneil  von  den  übrigen  Zwei- 
schalern,  speciell  von  den  Chamideen  gesondert  werden  können. 
Das  wesentliche  gemeinsame  Merkmal,  die  auf  die  eigentliche 
Schale  aufgelegte  Oberflächenschicht,  die  sich  bei  den  jüngeren 
Formen  beträchtlich  verdickt,  ist  ja  bereits  bei  Biceras  vorhanden. 
Die  Formen,  welche  Biceras  mit  den  Chamiden  und  Rudisten 
(s.  str.)  der  oberen  Kreide  verbinden,  sind  aber  nur  unvollkom- 
men bekannt.  Erst  neuerdings  haben  uns  Seunes  und  Douville 
eine  Rudisten  -  Facies  des  Gault  kennen  gelehrt,  aber  diese  und 
die  länger  bekannte  des  ürgon  sind  fast  die  einzigen  der  unteren 
Kreide,  wenn  wir  von  den  spärlichen  Funden  im  Schweizer  Neo- 
com  absehen,  die  in  den  Materiaux  pour  la  Paleontologie  suisse 
beschrieben  sind.  Es  ist  also  nicht  nur  niöglicli.  sondern  sogar 
wahrscheinlich,  dass  in  den  Mittelraeergebieten,  welche  täglich 
neue  überraschende  Funde  liefern,  sich  Rudistenbildungen  auch 
in  der  vorurgonen  Kreide  bis  zum  Titlion  hinunter  vorfinden 
werden. 

Andererseits  haben  wir  jüngst  durch  Philippson  erfahren 
(d.  Zeitschr..  Bd.  42,  p.  150).  dass  in  Griechenland  Rudisten  mit 
eocänen  Nummuliten  vergesellschaftet  auftreten,  durch  welche  That- 
sache  auch  die  Angabe  der  nordamerikanischen  Geologen  von 
dem  Auftreten  von  Rudisten  im  Miocän  Kaliforniens  noch  an 
Wahrscheinlichkeit  gewinnt.  Es  kann  uns  das  mehrfach  consta- 
tirte  Auftreten  der  Rudisten  in  tertiären  Schichten  auch  keines- 
wegs überraschen,  wenn  wir  bedenken,  dass  sehr  gewichtige  Gründe 
dafür  sprechen,  dass  die  Rudisten  nicht  ausgestorben  sind,  son- 
dern dass  sie  sich  unter  Verwachsung  der  Mantelränder  und  Kie- 
men und  Verlust  der  Kalkschale  in  die  den  Lamellibranchiaten 
so  ausserordentlich  nahestehenden  Ascidien  umgewandelt  haben. 
Existirt  doch  in  der  heutigen  Fauna  noch  eine  Ascidie  mit 
2  klappigem  Mantel  und  Schliessmuskeln  (Ehoclosonia  Ehrb.)! 

Da  somit  den  Rudisten  im  weiteren  Sinne  des  Wortes  eine 
weite  zeitliche  Verbreitung  zukommt  und  dieselben  nur  dann  zur 
Altersbestimnmng  brauchbar  sind,   wenn   sie  specifisch  bestimmbar 


768 


vorliegeil,  so  bin  ich  auch  der  Ansicht,  dass  durch  die  Oppen- 
HEiM'schen  Rudistenfuiide  in  altcretacischen  oder  gar  tithonischen 
Ablagerungen  die  Bedeutung  der  Ellipsactinien  als  Leitfossil  nicht 
wesentlich  beeinträchtigt  wird.  Soweit  wir  bis  jetzt  unterrichtet 
sind,  kommt  die  Gattung  im  Mediterrangebiete  fast  überall  im 
Tithon.  auf  Capri  auch  noch  in  den  darüber  folgenden  „Rudisten- 
Kalken''  vor.  Ich  begreife  wohl,  dass  für  Walther  die  EUip- 
sactinien-Funde  und  das  Auftreten  anderer  echt  tithonischer  Fos- 
silien auf  Capri  unbequeme  Thatsachen  sind,  ich  verstehe  aber 
nicht,  was  ihn  veranlasst  (d.  Zeitschiift,  Bd.  41.  p.  771).  diese 
Thatsachen  einfach  abzuleugnen.  Gewiss  wäre  es  heutzutage 
unwissenschaftlich  aus  der  „Ellipsactinien-Frage"  eine  „Corallien- 
Frage"  zu  machen  und  jeden  Ellipsactinien-Fund  als  Beweis  für 
das  tithonische  Alter  der  betreffenden  Ablagerung  zu  verwerthen. 
Die  Rudisten  -  Kalke  auf  Capri.  welche  die  ungeschichteten  und, 
soweit  wir  bis  jetzt  wissen,  Rudisten  -  freien  Ellipsactinien -Kalke 
des  eingeschnürten  Theiles  der  InseP)  bedecken,  und  die  hier 
wie  an  so  vielen  anderen  Punkten  des  Mittelmeergebietes  in  Be- 
gleitung von  Kieselknollen-Kalken  auftreten,  sind  offenbar  jünger 
als  die  eigentlichen  Ellipsactinien  -  Kalke  trotz  des  Vorkommens 
dieser  Hydrozoe  in  denselben.  Ich  habe  deshalb  bei  meiner  frü- 
heren Mittheilung  diese  höheren  Schichten  des  Caprikalkes  aus- 
geschlossen, obwohl  mir  das  Vorkommen  unbestimmbarer  Rudisten 
in  denselben  sowohl  aus  der  Literatur  als  auch  aus  eigener  An- 
schauung bekannt  war.  Aber  die  mehrfach  betonte  Thatsache. 
dass  die  Ellipsactinien  im  Tithon  des  Mittelmeergebietes  (und  so 
auch  auf  Capri)  geradezu  gesteinsbildend  weit  verbreitet  sind,  und 
dass  sie  bisher  noch  nii-gends  über  sicheren  Kreideschichten,  ins- 
besondere auch  niclit  in  den  Rudisten -Kalken  der  oberen  Kreide 
gefunden  wurden,  ist  hinreichend,  um  diese  Hydrozoe  in  dem- 
selben Sinn  als  Leitfossil  zu  verwerthen,  wie  irgend  ein  anderes 
Fossil. 

Kehren  wir  imn  nach  dieser  Abschweifung,   zu  der  wir  durch 
die  allzu  skeptische  Anschauungsweise  Walther' s  gezwungen  wur- 


^)  Ich  könnte  mehrfach,  mit  demselben  Recht  wie  Walther,  auf 
die  Widersprüche  hinweisen,  in  welclie  sich  Oppenheim  in  seiner  Ar- 
beit über  Capri  namentlich  dann  verwickelt,  wenn  er  polemisirt.  Im 
Text  (1.  c,  p.  446)  behauptet  Oppenheim,  der  mittlere,  eingeschnürte 
Theil  der  Insel  sei  ausschliesslich  von  Macigno  erfüllt,  legt  aber  auf 
der  Karte  über  die  Hälfte  dieses  selben  eingeschnürten  Theils  mit  der 
Tithonfarbe  an  etc.  etc.  Die  von  Oppenheim  als  Triploporella  caprio- 
tica  beschriebene  Diplopore  gehört,  falls  die  Zeichnung  der  Innenseite 
des  Kalkcylinders  richtig  ist  (t.  20,  f.  1 1  c),  dieser  Gattung  entschieden 
nicht  an,  was  ich  7,ur  Vermeidung  unrichtiger  Schlussfolgerungen  nicht 
unerwähnt  lassen  darf. 


769 


den,  zu  den  griechischen  Funden  zurück,  so  verdient  vor  Allem 
der  Umstand  hervorgehoben  zu  werden,  dass  die  Rudisten-Kalke, 
welche  mit  Ellipsaciinia  in  dem  gleiclien  Kalkmassive  auftreten, 
mit  den  obercretacischen  Rudisten- Kalken  nichts  zu  thun  haben, 
dass  sie  vielmehr  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  der  unteren 
Kreide  angehören.  Ich  neige  auch  nach  Analogie  der  sonstigen 
Vorkommnisse  der  Ansicht  zu.  dass  in  den  sogen,  unteren  Kalken 
Griechenlands  oberer  Jura,  speciell  Tithon  mit  vertreten  ist  und 
möchte  in  dem  Vorkommen  von  FHii^sactinia  eine  gewichtige 
Stütze  für  diese  Auffassung  erblicken.  Neumayr  (1.  c,  p.  121) 
hat  ja  bereits  betont,  dass  die  unteren  Kalke  entschieden  älter 
seien,  als  die  von  Bittner  im  Parnassgebiete  gefundenen  Gault- 
schichten;  an  die  Besprechung  dieser  Thatsache  knüpft  derselbe 
folgende,  mit  meiner  Auffassung  sich  sehr  gut  deckende  Erörte- 
rung: „Die  wahi'scheinlichste  Deutung  ist  demnach  die.  dass  die 
unteren  Kalke  dem  unteren  Theile  der  Kreideformation  angehören. 
Bei  diesem  Schlüsse  muss  man  jedoch  im  Auge  behalten,  wie 
klein  das  Terrain  ist.  aus  dessen  Beobachtung  die  Erfahrung  ab- 
geleitet ist,  dass  die  Rudisten  auf  die  Kreideformation  beschränkt 
sind,  ja  dass  man  sich  in  sehr  vielen  Fällen  in  einem  circulus 
vitiosus  bewegt,  indem  man  aus  ^^orkommen,  die  eben  nur  wegen 
des  Auftretens  von  Rudisten  der  Kreide  zugezählt  werden,  eine 
Bestätigung  für  das  ausschliessliche  Vorkommen  derselben  in 
dieser  Formation  ableitet.  Absolut  ausgeschlossen  ist  daher  die 
Möglickeit  nicht,  dass  die  unteren  Kalke  schon  dem  obersten  Jura 
angehören.  Wenn  ich  von  dieser  Möglichkeit  spreche,  so  habe 
ich  das  Vorkommen  der  von  Deshayes  aus  dem  Peloponnes  aus 
der  Gegend  von  Nauplia  beschriebenen  oberjurassischen  Verstei- 
nerungen sowie  die  von  Mousson  gefundenen  Jura  -  Ammoniten 
von  Corfu  im  Auge,  die  vielleicht  in  den  Bereich  der  unteren 
Kalke  gehören  mögen;  vor  Allem  muss  man  auch  sich  gegen- 
wärtig halten,  dass  die  Annahme,  die  unteren  Kalke  enthalten 
Aequivalente  sowohl  der  untersten  Kreide,  als  des  obersten  Jura, 
in  keiner  Weise  ausgeschlossen,  durch  keinen  Grund  unwahr- 
scheinlich gemacht  wird." 

Die  obercretacischen  Rudisten-Kalke  Griechenlands,  welche 
besonders  fossilreich  am  Hörnerberg  bei  Livadia  auftreten,  sind 
von  früheren  Autoren  mehrfach  beschrieben.  Eine  verhältniss- 
mässig  reiche  und  gut  erhaltene  Fauna  ist  von  dort  bekannt, 
sodass  dieses  Vorkommen  wenigstens  mit  ziemlicher  Sicherheit 
dem  Provencien  zugerechnet  werden  darf.  Unter  den  von  Herra 
Philipp.son  dort  gesanunelten  Formen  komite  ich  folgende,  bereits 
von  dort  bekannte  bestimmen: 


770 


Hippurites  rornnvaccinmn  Bh.. 
Sphaerulites  cf.   Desmoulmsi  Math,  sp., 
Plagiopjtyclms. 

Eine  weitere  Analogie  mit  den  südfrauzösisclien  Hippuriten- 
Kalken  der  Provencestufe  tritt  in  dem  Vorkommen  der  Forami- 
nifere  Idalina  (vntiyua  M.  Ch.  u.  Sohl,  zu  Tage,  deren  massen- 
haftes Auftreten  Herrn  Philippson  veranlasste,  Gesteinsproben  von 
dort  mitzunehmen  und  mir  zur  Durchsicht  zu  übersenden.  Diese 
Foraminifere  vrurde  von  Munier  -  Chalmas  und  Schlumberger 
zuerst  von  Martigues  beschrieben;  ich  sannnelte  sie  sowohl  dort, 
als  auch  in  der  Hippuriten- Kreide  von  Yalbonnet  (Vaucluse)  und 
Le  Beausset  (Var).  In  allen  den  Stücken,  die  mir  vom  Hörner- 
berge vorliegen,  findet  sie  sich  in  grossen  Mengen,  wenn  auch 
selten  in  so  grossen  Exemplaren  wie  in  Süd-Frankreich. 

Aus  den  Kalken  der  Herkyna- Schlucht  bei  Livadia  erwähnt 
BiTTNER  (1.  c,  p.  41)  zahlreiche  Hippuriten  -  Durchschnitte  von 
langcj'lindrischer  Gestalt  und  mit  Kammerung.  Die  Beschreibung 
erinnert  auffallend  an  Hijypuriies  organisans.  Eine  von  Phi- 
lippson daselbst  gesammelte  Koralle  ist  von  Cyathoseris  rarisiel- 
lata  Rss.  (aus  der  Gosau)  nicht  zu  unterscheiden.  Dennoch 
dürften  diese  Kalke  nach  den  Beobachtungen  Bittner's  und  Phi- 
lippson's  ein  tieferes  Niveau  einnehmen  als  die  Rudisten- Kalke 
des  Hörnerberges. 

Nachdem  Philippson  (d.  Zeits.,  Bd.  42,  p.  150)  das  Alter  der 
Hörn  stein  führenden  Plattenkalke  des  Peloponnes  als  Ober- 
Eocän  (im  Rahmen  der  griechischen  Local-Eintheilung)  erkannt 
hat,  gewinnt  das  Auftreten  der  Hornsteine  in  diesen  Schichten 
eine  grössere  Bedeutung  als  bisher.  Ich  habe  einige  Proben  dieser 
„  Olonoskalke "  und  der  in  denselben  eingeschlossenen  grünen 
und  rothen  Hornsteine.  welche  mit  der  P^tikette  „Patras"  in 
der  Freiburger  Sammlung  liegen,  sowie  Originalstücke  des  Herrn 
Philippson  untersucht.  Die  Plattenkalke  sind  reich  an  Globi- 
gerineu  und  Textularien  und  gleichen  in  dieser  Beziehung  faciell 
gewissen  Kreidekalken,  insbesondere  der  Scaglia;  die  Hornsteine 
bestehen ,  ebenso  wie  die  Hornsteine  der  Aptyclien  -  Schichten 
des  oberen  Jura,  ganz  und  gar  aus  Radiolarien,  und  der  Ge- 
sammthabitus  der  Radiolarien-Fauna  ist  lücht  derjenige  der  bisher 
bekannt  gewordenen  neogenen  Fauna  von  Sicilien  und  Barbados, 
vielmehr  derjenige  der  Hornsteine  und  Phosphorite  aus  Jura  und 
Kreide.  Nun  hat  zwar  Pantanelli  (I  diaspri  della  Toscana; 
Real.  Ac.  d.  Lincei,  1880)  bereits  vor  längerer  Zeit  Radiolarien 
führende  Hornsteine  mit  ähnlicher  Fauna  aus  dem  italienischen 
Eocän  bekannt  gemacht,  aber  das  tertiäre  Alter  derselben  ist 
bezweifelt  worden,    wofür  z.   Th.   wohl  der  Charakter  der  Fauna, 


771 


z.  Th.  wohl  der  Umstand  maassgebend  gewesen  sein  mag,  dass 
wir  derartige  Bildungen  aus  tertiären  Schichten  nocli  von  nirgends 
her  sonst  kainitcn.  Da  wir  aber  jetzt  wissen,  dass  im  älteren 
Tertiär  des  Mittelmeergebietes  ßadiolarien  führende  Hornstein- 
Kalke  vorkommen,  so  liegt,  wie  mir  scheint,  kein  Grund  vor,  an 
der  Richtigkeit  der  Pantanelli' sehen  Altersbestimmung  der  tos- 
canischen  Hornstein-Schichten  zu  zweifeln. 

Die  Geschichte  Griechenlands  scheint  während  einer  längeren 
Zeit  (vom  Jura  bis  in's  Eocän)  mit  der  der  italienischen  Halb- 
insel parallel  verlaufen  zu  sein;  denn  es  ergeben  sich  enge  Be- 
ziehungen zur  Zeit  des  oberen  Jura  und  der  älteren  Kreide  durch 
das  gemeinsame  Vorkommen  der  FJlipsactinia  und  der  altcreta- 
cischen  Rudisten  -  Kalke  und  zur  eocänen  Zeit  durch  die  Radio- 
larien  -  Kieselkalke.  Bemerkenswert]!  in  dieser  Hinsicht  ist  auch 
das  häufige  Vorkommen  von  Diploporen  in  den  cretacischeu,  bez. 
oberjurassischen  Ablagerungen  beider  Gebiete.  Leider  aber  scheint 
der  Erhaltungszustand  derselben  meistens  ein  sehr  unzureichender 
zu  sein. 


4.    Herr  W.  Müller  an  Herrn  C.  A.  Tenne. 

Kalkspath  von  Rothenzechau  im  Kreise  Hirschberg 
in  Schlesien. 

Charlottenburg-,  den  1.3.  Januar  1891. 

Auf  der  Halde  der  Grube  „Evelinensglück"  bei  Rothenzechau 
im  Kreise  Hirschberg  in  Schlesien,  welche  ein  Lager  von  Arsen- 
kies im  Glimmerschiefer  abbaut,  fand  ich  gelegentlich  eines  Fe- 
rien -  Ausfluges  im  verflossenen  Herbste  eine  Menge  frisch  geför- 
derter Blöcke  grobspäthigen  Kalkes,  darunter  eine  Anzahl  mehr 
oder  weniger  regelmässiger  rhomboedrischer  Spaltungsstücke. 

Letztere,  Faustgrösse  und  darüber  erreichend  und  von  milch- 
weisser  Farbe.  Hessen  auf  sämmtlichen  Flächen  eine  starke  Strei- 
fung parallel  der  längeren  Diagonale  erkennen,  weshalb  ich  zuerst 
eine  Zwillingsbildung  mit  vielfacher  Wiederholung  parallel  der 
Basis  OR  (0001)  annehmen  zu  müssen  glaubte.  Allein  bei  nä- 
herem Betrachten  der  gesammelten  Stücke  gewahrte  ich  auf  jeder 
Rhomboedcrfläche  noch  eine  zweifache  ganz  feine  Streifung  pa- 
rallel den  Rhomboederkanten.  Daraus  ergab  sich,  dass  nicht 
eine  polysynthetischo  Zwillingsbildung  nach  OR  (0001),  sondern 
eine  solche  nach  —  Y^  ^  (0112),  aber  zugleich  nach  allen  drei 
Flächen  des  ersten  stumpferen  Rhomboeders  vorlag.    Dies  ist  am 


772 


Kalkspath  zwar  keine  bisher  unbekannte,  immerhin  aber  eine  nicht 
allzu  häufig  zu  beobachtende  Erscheinung. 

Was  jedoch  an  den  vorliegenden  Spaltungsstücken  das  In- 
teresse wesentlich  erhöht,  ist  der  Umstand,  dass  ausser  den  Spalt- 
flächen sämmtliche  Gleitflächen  nach  —  72^(0112)  klar  und 
deutlich  auftreten.  Die  Ablösung  der  Kalkspatlitheilchen  nach 
den  frleitflächen  ist  eine  so  autlallend  leichte,  dass  es  nicht 
gelang,  ein  reines  Spaltungsrhomboeder  herauszuschlagen;  immer 
stellten  sich  gleichzeitig  Abstumpfungen  der  Polkanten  von  R  (1011) 
ein.  Auch  auf  den  Spaltungsflächen  selbst  setzt  an  zahlreichen 
Stellen  die  Spaltungsrichtung  treppenaiiig  in  die  Gleitfläche  über, 
ein  Beweis,  dass  die  Trennung  nach  der  Gleitfläche  fast  mit 
gleicher  Vollkonnnenheit  erfolgt  wie  diejenige  nach  der  Spaltfläche. 

An  einzelnen  Stellen  matt,  erreichen  die  Gleitflächen  jedoch 
zum  Theil  den  Glanz  der  Spaltflächen.  Deutlich  sind  auf  jeder 
von  ihnen  die  sich  kreuzenden  Streifungen  der  Zwillingssysteme 
nach  den  beiden  übrigen  Flächen  von  —  Y2  R  (0112)  zu  beob- 
achten. 

Beide  Erscheinungen,  das  Auftreten  der  Gleitflächrn  und 
die  Zwillingsbildung,  stehen  in  engster  Beziehung  zu  einander, 
wie  dies  zuerst  M.  Bauer  gelegentlich  seiner  Untersuchungen  am 
Cyanit  (d.  Zeitschr.,  1878.  Bd.  XXX.  p.  32U)  und  dann  0.  Mügge 
in  seinen  „Beiträgen  zur  Kenntniss  der  Structurflächen  des  Kalk- 
spathes  etc."  (N.  Jahrb.  f.  Miner.  etc..  1883,  I.  p.  32)  ausge- 
sprochen haben. 

Da  die  Ablösung  der  Kalkspaththeilchen  nach  der  Gleitfläche 
auf  der  Einwirkung  mechanischen  Druckes,  im  vorliegenden  Falle 
zweifellos  des  Gebirgsdruckes,  beruht,  so  ist  auch  die  starke  Ver- 
zwillingung  nur  als  Folge  dieses  intensiven  Gebirgsdruckes  zu 
erklären.  Dass  in  dem  Erzlager  von  Rothenzechau  letzterer 
ausserordentlich  wirksam  gewesen  sein  muss,  beweisen  noch  die 
stark  glänzenden  Rutschflächen,  welche  man  an  zahlreichen  Stücken 
geförderten  Arsenkieses  zu  beobachten  Gelegenheit  hat. 

Die  chemische  Analyse,  welche  ich  der  Freundlichkeit  des 
Herrn  Dr.  von  Knorre  verdanke,  ergab: 


CaO      . 

.     54,65 

MgO     . 

0,63 

FeO      . 

0,52 

CO2      . 

.      43,20 

Si02     . 

0,52 

99.52. 

773 

5.    Herr  Otto  Ja  ekel  an  Herrn  W.  Dames. 
UebPT   (Jorrostetis. 

Berlin,  dpii  9.  Fobniar  189J. 

In  einer  brieflichen  Mittheilung ')  tritt  Herr  Trautschoij) 
einem  Referat  entgegen,  welches  ich  über  seine  Arbeit:  „lieber 
Corcosteus  niegalopteriix  Trd.  ,  C.  obtusus  und  Clieliophorns  Vcr- 
ncuili  Ag."-).  im  Neuen  Jahrbuch  für  Mineralogie.  Geologie  und 
Paläontologie  veröffentlicht  habe^). 

In  dem  genannten  Aufsatze  hatte  Herr  Trautschold  eine 
fragmentarische  Knochenplatte  als  Ruderorgan  von  Coccosteus  be- 
schrieben und  Coccosteus  megalopteryx  Trd.  genannt.  Ich  be- 
merkte in  meinem  Referate  hierzu  das  Folgende:  „Obwohl  es  nicht 
mehr  zweifelhaft  sein  kann,  dass  Coccosteus  keine,  bezw. 
keine  verknöcherten  vorderen  Ruderorgane  oder  Arme 
besessen  hat.  deutet  Verfasser  immer  noch  einige  Fragmente 
von  Hautknochen  als  Ruderorgane  eines  Coccosteus,  welchen  er 
auf  Grund  dieser  Stücke  C.  megaJopteryx  genannt  hat.  Wenn 
man  sich  auf  Grund  der  P'ragmeute  und  der  Reschreibung  des 
Verf.  ein  Urthoil  über  diese  Reste  erlauben  darf,  so  scheint  es 
nur  sicher,  dass  Theile  von  paarigen  Extremitäten  eines  Fisches 
vorliegen.  Verf.  beschreibt  zwar  die  Mikrostructur.  aber  aus 
Beschreibung  und  Abbildung  geht  niclit  einmal  hervor,  ob  die 
Grundmasse  Knochenkörperchen  enthält.  Im  letzteren  Falle  wäre 
wenigstens  die  Zurechnung  der  Fragmente  zu  den  Placodermen 
sicher  gestellt.'' 

Diese  meine  Worte,  und  andere  habe  ich  hierüber  nie  ge- 
äussert, citirt,  wenn  man  so  sagen  darf.  Herr  Trautschold  fol- 
gendermaassen :  „Es  wird  getadelt,  dass  ich  die  dort  beschriebenen 
Ruderorgane  zur  Gattung  Coccosteus  gestellt,  während  es  doch 
nicht  zweifelhaft  sein  könne,  dass  Coccosteus  keine  verknöcherten 
vorderen  Ruderorgane  gehabt  habe.  Letzteres  ist  betreffs  der 
bekannten  schottischen  Coccosteus- Kvi^w  zugegeben,  dass  sie  aber 
gar  keine  Flossen  gehabt  haben,  wird  nicht  behauptet.  Im 
Gegentheil  wird  anerkannt,  dass  Flossen,  wenn  auch 
verwesbare,  vorhanden  gewesen  sein  müssen,  um  den 
mit  verhältnissmässig  dicken  Platten  bedeckten  Körper 
des  Fisches  fortzubewegen."  Das  behauptet  Herr  Traut- 
schold in  dem  oben  citirten  Passus  gelesen   zu  haben!    — 


1)  Diese  Zeitschrift,  XLI.  Bd.,   1889,  p.  hlb. 

2)  Ibidem,  p.  35,  t.  III  — VI. 

ä)  Jahrg.  1890,  II.  Bd.,  Ref.,  p.  145. 
Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLiII.  4. 


774 


Was  meine  Stellung  zur  Sache  anbetrifft,  so  glaube  ich, 
dass  ich  meine  Ansiclit  nicht  schärfer  präcisiren  konnte  als  durch 
obige  Worte,  „dass  Coccosteus  keine,  bezw.  keine  verknöcherten 
Ruderorgane  oder  Arme  besessen  hat". 

Herr  Trautschold  sagt  dann  ferner;  „Wenn  aber  Flossen 
und  Panzerplatten  bei  CoecosUiis  von  verschiedener  Beschalfenheit 
gewesen  sind,  so  liegt  doch  nichts  Widersinniges  in  der  Annahme, 
dass  auch  die  von  mir  beschriebenen  Flossen,  die  keine  eigent- 
lichen Knochenkörperchen  enthalten,  möglicher  Weise  der  Gattung 
Coccosteus  angehört  haben  und  dass  der  Schluss  in  dem  oben 
erwähnten  Referat,  diese  Flossen  könnten  nicht  den  Placodermen 
zugeordnet  werden,  weil  in  ihnen  keine  Knochenkörperchen  nach- 
gewiesen sind,  ein  Fehlschluss  ist."  Im  Allgemeinen  bemerke 
ich  hierzu,  dass  wenn  Herr  Trautschold  auch  von  meinen  Unter- 
suchungen über  derartige  Fragen  vielleicht  keine  Notiz  genommen 
hat,  er  schon  aus  den  umfassenden  und  gründlichen  Arbeiten 
Pander's  sich  von  der  Unmöglichkeit  hätte  überzeugen  können, 
dass  homologe  Hartgebilde  desselben  Fisches  so  verschieden  histo- 
logisch organisirt  gewesen  seien.  Im  Besonderen  enthalte  ich 
mich  nun  nach  der  ergänzenden  Bemerkung  des  Herrn  Traut- 
schold, dass  bewusstes  Ruderorgan  keine  eigentlichen  Kno- 
chenkörperchen besitze,  jeder  weiteren  Meinungsäusserung  über 
besagtes  Stück,  da  mir  der  feine  Unterschied,  den  Herr  Traut- 
schold zwischen  eigentlichen  und  nicht  eigentlichen  Knochen- 
körperchen zu  machen  scheint,   bisher  noch  unbekannt  ist. 

Während  Herr  Trautschold  sich  sonst  im  Wesentlichen 
meinen  Vorschlägen  aiischliesst.  bemerkt  er  endlich;  „AVas  da- 
gegen den  in  dem  erwähnten  Referat  ausgesprochenen  Wunsch 
betrifft,  auch  für  Coccosteus  ohhisns  eine  neue  Gattung  aufzu- 
stellen, so  muss  ich  mich  dagegen  vorläufig  noch  ablehnend  ver- 
halten, da  die  verschiedene  Form  der  Leisten  auf  der  Unterseite 
der  beschriebenen  Platten  mir  noch  nicht  genügenden  Beweis  für 
die  Abtrennung  von  Coccosteus  zu  liefern  scheint."  Letzterer 
Grund  allein  wäre  vielleicht  auch  mir  nicht  ausreichend  zur  ge- 
nerischen  Abtrennung  jener  Platte  von  Coccostens  gewesen,  ich 
sagte  aber  in  meinem  Referat  ausdrücklich;  „Da  dieselbe  sich 
durch  den  Mangel  eines  hinteren  medianen  Fortsatzes 
und  anderen  Verlauf  der  Leisten  auf  der  Unterseite  von  der 
entsprechenden  Platte  bei  Coccosteus  scharf  unterscheidet .  so 
dürfte  diesen  Unterschieden  durch  Aufstellung  einer  neuen  Art. 
Coccosteus  obtusus  Trd.  n.  sp.  kaum  genügend  Rechnung  getragen, 
sondern  die  Aufstellung  einer  neuen  Gattung  gerechtfertigt   sein." 

Ich  meine  mit  ,,CVff).s7e?/.s"  selbstverständlich  immer  Coc- 
costeus Agass. 


775 


C.  Verhaudluiijreii  der  Gesellschaft. 


1     Protokoll   der  November -Sitzung. 

Verhandelt  Berlin,  den  B.  November  1890. 
A^orsitzender :     Herr  Hauchecorne. 

Der  Vorsitzende  theilte  der  Gesellschaft  das  Ableben  ihres 
Mitgliedes  E.  Weiss  mit  und  widmete  dem  Verstorbenen  einen 
Nachruf.     Die  Gesellschaft  erhob  sich  zu  Ehren  des  Verstorbenen. 

Hierauf  wui-de  das  Protokoll  der  Juli  -  Sitzung  vorgelesen 
und  genehmigt. 

Der  Vorsitzende  legte  die  für  die  Bibliothek  der  Gesellschaft 
eingegangenen  Bücher  und  Karten  vor. 

Der  Gesellschaft  sind  als  Mitglieder  beigetreten: 
Herr  Dr.   Gagel  in  Berlin, 

vorgeschlagen  durch  die  Herren  Dathe,    Ebert  und 

Schröder; 
Herr  Bergwerksdirector  a.  D.  Temme  in  Berlin, 

vorgeschlagen  durch  die  Herren  Hauchecorne,  Bey- 

RicH  und  Dames. 

Herr  von  Rein a ch ,  Frankfurt  a.  M. .  legte  Uebersichts- 
karten  der  Gegend  von  der  Nahe  bis  zum  Spessartrand 
vor  und  theilte  die  Resulate  seiner  vergleichenden  Studien  über 
das  Rothliegende  der  Wetterau  mit  jenem  an  der  Nahe 
und  der  Saar  mit. 

Die  Schichtbestinniiungen  wurden  nach  der  für  Saar  und 
Nahe  von  Weiss -Grebk  aufgestellten  Stufenfolge  aufgenommen. 
Das  Vorkommen  von  Rothliegendem  am  Taunusrande  bei  Hofheim 
gehört  der  Waderner  Stufe  der  Nahe  an.  Oestlich  des  Lorsbacher 
Thals  tritt  Rothliegendes    erst  wieder   bei  Vilbel  zu  Tage,    mög- 

51* 


776 


lieber  Weise  gebt  die  iiördliclie  Fortsetzung  der  Rbeintbalsenke 
zwischen  beiden  Vorkonniien  durch.  In  Vilbel  beginnt  ein  Hügel- 
rückea,  die  sogenannte  Hohe  Strasse,  welcher  das  Main-  vom 
Niddathale  trennt.  Unter  Tertiär  kommen  am  Nordwestrand  der 
Hohen  Strasse  untei-rothliegende  (Tholeyer)  Schichten  zu  Tage, 
gleiches  Vorkommen  findet  sicli  am  Röderspiess  und  an  der 
Kaisei'lay  im  Main  am  Südwestrand  des  genannten  Höhenzuges. 
Etwa  500  m  östlich  der  Kaiserlay  ist  bei  Offenbach  das  Neubecker- 
sche  Bohrloch,  welchem  die  Kaiser  Friedrich -Mineralquelle  ent- 
springt. In  diesem  Bohrloch  zeigten  sich  unter  Tertiär  bei  105  m 
Tiefe  Oberrothliegende  Schichten,  dann  die  Söterner  Stufe  und 
bei  220  m  die  Tholeyer  Stufe  des  Rothliegenden.  Die  zwischen 
der  Mainlay  und  dem  Neubeckerschen  Bohrloch  durchgehende  Ver- 
werfung wurde  kurz  erwähnt.  Weiter  im  Südosten  der  Hohen 
Strasse  tritt  zwischen  Rumpenheim  und  Mühlheim  a.  M. ,  ebenso 
bei  Hochstadt  Oberrothliegendes  zu  Tage.  Gleiche  Schichten 
finden  sich  wieder  am  Nordostrand  dieser  Höhe  bei  Oberdorfeiden 
und  lassen  sich  über  Kilianstedten,  Windecken,  Eichen,  Alten- 
stadt bis  an  den  Büdinger  Wald  verfolgen.  Hier  verschwindet 
das  Rothliegende  mit  Zechstein  -  Ueberlagerung  unter  der  Trias. 
Nördlich  genannter  Linie  tritt  Unterrothliegendes  in  einem  Sattel, 
an  vielen  Orten  durch  Petrefacten  gut  charakterisirt.  zu  Tage. 
Bei  Staminheim  verschwinden  die  Tholeyer  Schichten  unter  dem 
Basalt  des  Vogelsberges. 

Der  Zusammenhang  des  Rothliegenden  am  Main  mit  dem 
Darmstädter  Vorkommen  ist  durch  Tertiär  und  Diluvium  ver- 
deckt, doch  treten  bereits  wieder  in  Isenburg  ca.  4  Kilom.  süd- 
lich des  Mains  Rothliegende  Schichten  auf,  um  dann  von  Sprend- 
lingen  aus  bis  zum  krystallinischen  Odenwald  fortzusetzen.  Von 
Sprendlingen  bis  Messel  sind  es  unterrothliegende  Schichten  (Tho- 
leyer und  Söterner  Stufe),  durch  die  Fisch-  und  Stegocephalen- 
Reste  der  I'lattenkalke,  die  Pfianzenreste  an  der  Götzenhainer 
Mühle,  sowie  durch  die  Melaphyrdecken  gut  gekennzeichnet.  Süd- 
östlich schliessen  sich  dann  Waderner  und  Kreuznacher  Schichten 
in  regelmässiger  Ueberlagerung  an.  Die  Linie  Isenburg- Sprend- 
lingen-Darmstadt  bildet  in  Fortsetzung  der  Bergstrasse  die  Ost- 
grenze der  Rheinthalspalte.  An  der  Westseite  derselben  finden 
sich  bei  Nierstein  und  Nackenheim  wieder  rothliegende  Schichten, 
welche  sich  auch  weiter  nach  Westen  unter  Tertiärbedeckung 
verfolgen  lassen.  Von  Biebelnheim-Flonheim  bilden  dann  unter- 
rothliegende  Schichten  den  ununterbrochenen  Zusammenhang  mit 
dem  Nahebecken. 

Als  Resultat  seiner  Forschungen  bezeichnete  der  Vortragende, 
dass  der  Zusammenhang    des  Rothliegenden    der   Saar   und  Nahe 


777 


mit  demjenigen  bei  Darmstadt,  am  ]\Iaiii  und  in  der  Wetterau 
sowohl  stratographisch  als  auch  lithologisch  und  durch  Petrc- 
factenfunde  nachgewiesen  sei. 

Herr  Dames  legte  Geschiebe  von  cambrischem  Sand- 
stein vor  und  bemerkte  dazu  Folgendes: 

Als  ich  im  Jahre  1881  unter  der  lehrreichen  Führung  von 
Professor  A.  G.  Nathorst  Oelaiid  besuchte,  machte  mich  derselbe 
kurz,  bevor  wir  von  dem  an  der  Westküste  gelegenen  kleinen 
Ort  Alfvedsjöbodar  aus  die  Insel  verliessen.  darauf  aufmerksam, 
dass  am  dortigen  Strande  sehr  zahlreich  Gerolle  liegen,  welche 
durch  eine  merkwürdige,  sogen,  discordante  Parallelstructur  aus- 
gezeichnet sind.  Es  sind  meist  faustgrosse,  bisweilen  wohl  auch 
kegelkugelgrosse  E ollstücke  eines  matt  i-öthlich  grauen .  auch 
schmutzig  violetten,  harten,  fiuarzitischen  Sandsteins,  der  eine  der 
Schichtung  parallele,  sehr  scharfe  Färbungsstreifung  zeigt,  wo 
Schichtung  überhaupt  zu  erkennen  ist,  wie  namentlich  bei  ver- 
schiedener Korngrösse  der  einzelnen  Schichten.  Diese  Streifuug 
wird  nun  fast  immer  von  einer  zweiten,  ebenso  scharfen  im 
spitzen  Wiidcel  durchschnitten,  ja  hin  und  wieder  tritt  noch  eine 
dritte,  die  beiden  anderen  wiederum  spitz  berührende  oder  durch- 
schneidende Streifungsrichtung  hinzu.  Die  Streifen  sind  abwech- 
lelnd  meist  hell  grau  und  roth  oder  violett.  —  Solche  Gerolle  hatte 
Nathorst  schon  ein  paar  Jahre  früher  auf  der  am  Nordende  des 
Kalmarsundes  gelegenen  Insel  Jungfrun  beobachtet  und  darüber 
in  der  Aprilsitzung  der  Geologiska  Föreningen  1879  berichtet'). 
Ueber  das  Alter  dieser  Sandsteinblöckc  hat  er  an  der  angege- 
benen Stelle  nichts  veröffentlicht,  mir  aber  später  brieflich  mit- 
getheilt.  man  könne  annehmen,  dass  sie  dem  Fucoiden-Sandstein 
entsprächen,  da  aber  der  echte.  Wurmfährten-führende  Fucoiden- 
Sandstein  von  Humlenäs  ein  anderes  Aussehen  habe,  so  sei  es 
auch  möglich,  dass  der  Sandstein  von  Jungfrun  älter  sei;  — 
Daraus  geht  jedenfalls  hervor,  dass  Nathorst  für  die  bewussten 
Gerolle  ein  cam])risches  Alter  annahm,  und  ich  kann  nunmehr 
den  Beweis  erbringen,   dass  diese  Annahme  durchaus  zutreffend  ist. 

Es  musste  auffallen,  dass  die  durch  ihre  so  grelle  Streifung 
bemerkenswerthen  Gerolle  unter  unseren  Geschieben  bisher  nicht 
gefunden  waren.  Erst  im  vorigen  Jahre  gelang  es  Herrn  Lieder, 
einem  sehr  eifrigen  Geschiebe  -  Sammler,  in  der  Umgegend  von 
Berlin  (namentlich  bei  Westend  unweit  Charlottenburg  und  bei 
Rixdorf)  Geschiebe  aufzufinden,  welche  in  jeder  Beziehung  — 
durchschnittliche  Grösse.     Härte,    Färbung,    Streifung  durch  sich 


')    Geologiska  Föreninffen's  i  Stockholm  Förhandlingar,    Bd.  lY, 
1879,  p.  293. 


778 


kreuzende  Systeme  —  mit  den  von  mir  bei  Alfvedsjöbodar  ge- 
sammelten übereinstimmen;  und  als  erst  die  Aufmerksamkeit  auf 
sie  gerichtet  war.  mehrten  sich  die  Funde  schnell,  sodass  wohl 
10  Stücke  durch  ihn  in  die  Samndung  des  hiesigen  Museums 
für  Naturkunde  gekommen  sind.  Einige  davon  zeigen  die  be- 
kannte Form  der  Kantengeschiebe  sehr  deutlich.  Ein  besonderes 
Interesse  beansprucht  eines  von  der  Marienhöhe  bei  Lankwitz  im 
Ki'eise  Teltow,  das  mit  grösster  Deutlichkeit  die  als  ScoUthes 
bekannten  Röhren  zeigt.  Hierdurch  ist  das  Alter  als  Scolithes- 
Sandstein  und  somit  als  untercambrisch  festgestellt.  —  Da  man 
nicht  zweifeln  kann,  dass  die  Gerolle  auf  Oeland  von  in  der 
Nähe  anstehenden  Schichten  stammen  und.  wie  erwähnt,  die 
Uebereinstimmung  derselben  mit  unseren  märkischen  Geschieben 
eine  vollkommene  ist,  so  kann  die  Heimath  der  letzteren  auch 
nur  in  der  Gegend  des  Kalmarsundes  gesucht  werden. 

Herr  Oppenheim  sprach  über  das  Alter  des  Ellipsac- 
tinien-Kalkes  im  alpinen  Europa. 

Die  Veranlassung  zu  meiner  heutigen  Mittheilung  über  die 
Altersfrage  der  Ellipsactinicn  -  Kalke  im  alpinen  Europa  gab  mir 
ein  auf  der  diesjährigen  allgemeinen  Versammlung  in  Freiburg 
i.  Br.  gehaltener  Vortrag  des  Herrn  Jaekel.  Der  erwähnte  Herr 
sprach  dort  über  mesozoische  Crinoideen  und  erwähnte  in  seiner 
Rede  auch  Formen  aus  dem  Str  am  berger  Neocom.  Dieser 
Ausdruck,  welcher  meine  lebhafte  Aufmerksamkeit  erregte,  ver- 
anlasste mich,  Herrn  Jaekel  zu  interpelliren,  was  er  unter  dem- 
selben verstanden  wissen  wolle,  worauf  Herr  Jaekel  mir  erwie- 
derte,  dass  diese  Verhältnisse  ja  so  bekannt  wären,  dass  er  des 
Näheren  darauf  nicht  eingegangen  sei.  Ich  bin  nun  heut  nach 
nochmaligem  eingehendem  Studium  der  einschlägigen  Fachliteratur 
in  der  Lage  zu  erklären,  dass  wenn  Herr  Jaekel  mit  dem  be- 
sagten Ausdrucke  Theile  der  Stramberger  Kalkmasse  bezeichnen 
wollte,  Beweise  für  eine  nähere  Gliederung  derselben  uml  für  den 
ausschliesslich  neocomen  Charakter  eines  ihrer  Theile  noch  nicht 
erbracht  worden  sind.  Wenn  Herr  Jaekel.  wie  es  mir  schien, 
den  rothen  Kalk  von  Nesselsdorf  im  Auge  hatte,  so  betrachtet 
auch  V.  Mojsisovics  ^)  denselben  in  seiner  durch  objective  Belege 
nicht  gestützten  Eintheilung  des  Kalkmassivs,  in  welchem  der  rothe 
Kalk  von  Nesselsdorf  nach  der  Ansicht  dieses  Autors  das  jüngste 
Schichtenglied    bildet,    noch    als    jurassisch    und  Hoheneüger^). 


^)  Verhandl.  d.  geol.  Reichsanstalt,  1867  u.  1868. 

^)  Neue  Steinbrüche  in  der  Gegend  zeigen,  dass  dieser  rothe  Kalk 
nur  Flecken  in  dem  weissen  Kalk  bildet,  welche  endlich  nach  allen 
Richtnnjreii  T\ieder  in  den  weissen  Kalk  fn=t  unmerklich  veHaufen. 
(^HoHENEutxER,  Die  geognost.  Verhälinisse  der  Nordkarpathen,  p.  15.) 


779 

Süss  ^) ,  wie  V.  ZiTTEL  -j  uiul  Georg  Boehm  ''i  haben  sich  ein- 
stimmig gegen  diese  wie  gegen  jede  weitere  Auflösung  der  Stram- 
berger  Kalke  in  Etagen  und  Zonen  scharf  ausgesprochen.  Sollte 
Her  Jaekel  aber  die  neocomen  Mergel  des  Karpathensandsteins 
haben  erwähnen  wollen,  so  scheint  mir  der  von  ihm.  wie  auch 
an  einer  Stelle  von  v.  Zittel  angewendete  Ausdruck  ,,  Stramberger 
Neocom"  deshalb  nicht  ganz  zutreffend  und  verständlich  zu  sein, 
weil  ja  nach  der  von  vielen  Seiten,  insbesondere  auch  von  den 
französischen  Fachgenossen  betonten  Auffassung  der  Stramberger 
Kalk  und  die  niehier  Ueberzeugung  nach  gleichalterigen  Bildungen, 
die  südeuropäischen  EUipsactinien- Kalke,  selbst  Aequivalente  des 
pelagischen  Neocom  in  sich  zu  schliessen  scheinen. 

Ich  selbst  habe  in  meiner  im  letzten  Bande  unserer  Zeit- 
schrift veröffentlichten  Monographie  der  Insel  Capri'^)  Gelegenheit 
gehabt,  mich  mit  dieser  Frage  des  Ausführlichen  zu  beschäf- 
tigen. Ich  darf  diesen  meinen  Aufsatz  bei  Ihnen,  meine  Heri-en, 
wohl  ebenso  als  bekannt  voraussetzen.  Avie  die  abfällige  Kritik, 
w'elche  derselbe  seitens  des  Herrn  Johannes  Walther  ^)  in  einer 
an  die  Redaction  unserer  Zeitschrift  gerichteten  brieflichen  Mit- 
theilung erfahren  hat.  Meine  Antwort  auf  den  stark  persönlichen 
Ai'tikel  des  Herrn  Walther  liegt  der  letzteren  seit  dem  Monat 
Juli  vor^),  und  darf  ich  ihre  Yeröffentlichung  nunmehr  wohl  in 
Kürze  erwarten. 


')  J"ai  pris  tonte  peine  pour  essayer  une  division  de  ces  calcaires 
blaues  qui  puisse  concorder  un  peu  mieux  avec  les  vues  emises  dans 
CCS  deiniers  temps,  mais  je  ii"eu  vois  pas  la  possibilite.  En  1858  j'ai 
moutrc  la  predominence  des  Nerinecs  dans  quelques  localites  et  celle 
des  Ammonitcs  dans  d'autres,  dans  ce  cas  les  couches  ä  Ammonites 
rei)resenteraient  un  facies  (pas  un  etajre)  plus  inferieur  et  les  Nerinees 
seraient  en  haut.  Mais  la  plupart  des  brachiopodes  sont  identiques 
dans  ces  deux  facies.     (Stss  in  Pictet's  Melanges  paleontolojriques.) 

-)  Siehe  K.  A.  v.  ZrrTEL  :  Die  Cfphalopoden  der  Stramberger 
Schichten.  Paläontologische  Mittheihni,tren  aus  dem  Museum  des  k. 
b.  Staates,  f'assel  1888. 

^)  „Die  tektonischen  Verhältnisse  von  Stramberg  sind  keineswegs 
.sicher  gestellt,  und  allen  möglichen  Combinationen  ist  hier  noch  Thür 
und  Thor  ucitff'nct."  GkorC4  Boehm:  Die  Bivalven  der  Stramberger 
Schichten.  Paläont.  Mittheilungen  aus  dem  Museum  des  k.  b.  Staates, 
Cassel  1883.  Eltendort:  ..Uebrijjens  sprechen  alle  directen  Beobach- 
tungen in  Stramberg  gegen  die  Auffassung  von  Mojslsovics.  " 

*)  Beiträge  zur  Geologie  der  Insel  C'apri  luid  der  Halbinsel  Sor- 
rent.     Diese  Zeitschrift,  1889. 

*)  Johannes  AValther:  Ueber  die  Geologie  von  Capri.  Diese 
Zeitschrift  1889. 

®)  [Bemerkung.  Das  von  Herrn  Dr.  Oppenheim  s.Z.  eingesen- 
dete Manuscript  hielt  ich  iiiclit  für  ffeeiguet,  in  der  Form  einer  bnefl. 
Mittheiluug  an  mich  unverändert  zum  Abdruck  gebracht  zu  werden, 
auch  nicht  als  Aufsatz,  ohne  vorherige  Genehmigung  des  Vorstandes. 
Dies  ist  der  Grund  der  verspäteten,  erst  in  diesem  Heft  erfolgten  Ver- 
öffentlichung. C.  A.  Tenne.] 


780 


Ich  verweise  sie  daher,  meine  Herren,  bezüglich  aller  Einzel- 
heiten der  zwischen  mir  und  Herrn  Walther  auszutragenden  Po- 
lemik auf  diese  meine  eben  erwähnte  nZeilen.  und  will  hier  nur 
einige  Punkte  hervorheben,  welche  mir  ausschlaggebend  zu  sein 
scheinen  und  welche  zugleich  im  innigen  Connex  stehen  dürften 
mit  der  Frage,  deren  Beantwortung  ich  heute  zu  geben  versuchen 
werde,  mit  der  Altersbestimmung  des  südeuropäischen  Elipsacti- 
nien- Kalkes. 

Die  Insel  Capri,  von  welcher  ich  ausgehen  will,  wird  in 
ihrer  grösseren  Hälfte  gebildet  von  einem  überwiegend  unge- 
schichteten, grauen,  bläulichen,  stellenweis  sogar  bräunlichen, 
klotzigen  Kalke,  der.  an  manchen  Punkten  oolithisch,  die  Reste 
von  riffbildenden  Korallen  überall  in  so  grosser  Anzahl  und  typi- 
scher Entfaltung  an  den  Bruchflächen  hervortreten  lässt,  dass 
man  wohl  nicht  fehl  greift,  wenn  man  die  ganze  Masse  als  Ko- 
rallenriff bezeichnet.  Das  Hauptleitfossil  für  diese  ganze  Bildung 
des  Caprikalkes  ist  die  von  Steinmann  1878  aus  den  Strani- 
berger  Kalken  beschriebene  EUipsactinia;  es  sind  dies  rundliche, 
knollige  Körper,  ähnlich  den  Stromatoporiden,  aus  vielen,  einander 
umfassenden,  durch  Querbälkchen  verbundenen  und  von  Radial- 
röhren durchsetzten  Lamellen  zusammengesetzt,  welche  von  Stein- 
mann, wie  ich  glaube,  mit  Fug  und  Recht  den  Hydroidpolypen  zu- 
gesellt und  mit  der  lebenden  Gattung  tlydradinia  verglichen  werden, 
die  in  unseren  heutigen  Meeren  Schneckengehäuse,  insbesondere 
Buccinum  - kx\Q\\  zu  iiicrustiren  pflegt.  Die  EUipsactinia  wurde, 
wie  erwähnt,  von  Steinmann  aus  Stramberg^)  beschrieben;  sie  fand 
sich  dann  später  am  Pürgl  bei  St.  Wolfgang-)  (Salzkammergut), 
im  Centralapennin.  am  Monte  Gargano.  in  Montenegro,  in  Tunis 
und  in  Calabrien-);  neuerdings  wurde  sie  von  Canavari  in  Sar- 
dinien und  von  Philippson  in  Argolis  aufgefunden;  ich  habe  die 
von  den  beiden  letzteren  Fundpunkten  stammenden  Stücke  in  Pisa 
und  hier  in  Berlin  gesehen  und  verglichen  und  versichere  Ihnen, 
dass  die  Bestinmiung  eine  unzweifelhafte  und  richtige  ist.  Ueberall 
scheint  sie  mit  Korallen  vergesellschaftet  in  typischem  Riffkalke 
aus  dem  Niveau  der  Stramberger  Kalke  vorzukommen  und  für 
diesen  Horizont  sprechen  auch  die  titiionischen  Nerineen,  welche 
ich  mit  ihr  vereint    in  Capri  auffand,    insbesondere    die  von  mir 


^)  Palaeontographica,  XXV.  Bd.,  1878. 

^)  P.  Oppenheim.  Beiträge  zur  Geologie  der  Insel  Capri  und  der 
Halbinsel  Sorrent.     Diese  Zeitschr.,  1889,  p.  459. 

^)  Nähere  Literatur  -  Notizen  über  alle  diese  Fmidpuukte  giebt 
G.  Steinmann:  lieber  das  Alter  des  Apenninkalkes  von  Capri.  Be- 
richte der  naturforschenden  Gesellschaft  zu  Freiburg  i.  Br.,  IV.  Bd., 
III.  Heft,  1888. 


781 

in  moiiicni  Aufsatze  erwähnte  und  abgebildete  Nfirinea  pseiido- 
hrnnttitana  Gem.  und  die  Ificrüi  austridca  Zitt.  Nun  fanden 
sich  aber  in  der  zum  grossen  Theile  ungeschiehteten  Kalkmasse 
wunderbarer  und  andererseits  natiirliolier  Weise  auch  Reste  echter 
Kreideorganismen.  Eine  den  Kreide -('hamideu  nahe  stehende  Bi- 
valve  wurde  von  mir  an  der  Grotta  azurra  zusammen  mit  den 
jurassischen  Nerineen  aufgefunden,  Querschnitte  von  Flayioptychus 
waren  nicht  selten,  und  nach  oben  ging  die  Masse  allmählich  in 
echte  Rudisten-Kalke  über,  welche  an  verschiedenen  Punkten  der 
Insel,  am  Mt.  Tiberio  und  am  Faro,  entwickelt  sind;  petrogra- 
phisch  ist  kein  Unterschied  zu  entdecken,  und  die  Grenze  zwi- 
schen corallogenem  Ellipsactinien  -  Kalke  und  Rudisten  -  Schichten 
hier  um  so  schwerer  zu  ziehen,  als  auch  die  Efhpsncfima  durch- 
zugehen scheint  und  von  mir  am  Faro  in  den  Rudisten  -  Kalken 
aufgefunden  wurde. 

Dieselben  Verhältnisse  bestehen  nach  Baldacci  in  der  Um- 
gegend von  Sapri  in  Calabrien.  Auch  dort  werden  am  Mt.  Bul- 
gheria  die  hier  geschichteten  Ellipsactinien-Kalke  concordant  über- 
lagert von  Rudisten-Schichten.  in  welche  sie  mittelst  einiger,  wenig 
mächtiger,  versteinerungsleerer  Bänke  allmählich  übergehen.  Aehu- 
lich  scheinen  nach  den  Mittheilungen  des  Herrn  Dr.  Phiuppsox 
die  Verhältnisse  in  Argolis  zu  liegen.  Dort,  wo  der  Jura  wie 
überall  im  Pelopones  vollständig  zu  fehlen  scheint  ^) .  finden  wir 
in  einheitlicher,  ungeschichteter  Kalkmasse  Elipsactinien  und  Ru- 
distenrestc  neben  einander.  Nicht  anders  scheint  sich,  nach  dem 
Profile  von  Coquand^)  zu  urtheilen.  die  Sachlage  in  Sicilien  am 
Mt.  Pellegrino  zu  gestalten.  Auch  hier  stossen  Corallien  und 
Rudisten-Kalke  eng  an  einander  und  zwischen  den  letzteren  liegen 
wie  auf  Capri  eocäne  Nummuliten  -  Schichten ;  der  französische 
Autor  spricht  allerdings  von  Corallien.  Provencien  und  Angou- 
mien  und  zeichnet  eine  starke  Verwerfung  zwischen  den  beiden 
ersteren  Gliedern  seiner  Profilserie;  doch  ist  die  Identität  dieses 
Corallien  mit  den  Tithonbildungen  bereits  von  Gemmelaro  imd 
V.  ZiTTEL  nachgewiesen,    und   die  Rudisten-Kalke  haben  während 


')  Die  von  Bobeaye  und  Viklet  angeblich  bei  Naui)lia  aufgefun- 
denen und  von  Deshayes  beschriebeiien  Nerineen  und  Diceraten  sind, 
zumal  auch  ihr  Fundort  bis  heute  unbekannt  und  auch  durch  Herrn 
Dr.  Philippson  nicht  ermittelt  werden  konnte,  sehr  zweifelhafter  Na- 
tur; sie  könnten  übrigens  auch  in  das  Niveau  des  Elipsactinien-Kalkes 
fallen.  (Expedition  scientitique  en  Moree.  Sciences  physiques.  Vol.  II, 
Geologie  et  Mineralogie,  P.  146,  Vol.  III,  Zoologie  et  Botanique, 
P.  183. 

^)  H.  Coquand.  Sur  la  formation  cretacee  de  la  Sicile.  Bull. 
soc.  geol.  de  Franse,  II.  serie,  Vol.  23,  1865  —  66. 


782 


der  ganzen  Kleideperiode  einen  so  vollständig  gleichen  Habitus'), 
wahrscheinlich  auch  identische  Fossilien,  dass  mir  gegen  die 
Sicherheit  der  -schon  ISöfi  von  Coquand  vorgenoninicneneu  Be- 
stimmung der  Kudistem-estc  starke  Zweifel  aufgestiegen  sind;  der 
Beweis  für  die  Verwerfung  endlich  scheint  mir  erst  zu  führen 
zu  sein. 

Dieselbe  Ueberlagerung  und  innige  Verbindung  zwischen 
Ellipsactinien-  und  Rudisten- Schichten  wurde  am  Grau-Sasso  im 
Central- Apennin  von  Canavahi  und  Baldacci  festgestellt;  aus  den 
mündlichen  Mittheilungen  beider  Herren  weiss  ich.  dass  hier  die 
Abgrenzung  dieser  Horizonte  nur  auf  das  Auftreten  und  Ver- 
schwinden der  'EUi'psactinia  hin  vorgenommen  werden  konnte. 
Analog  sollen  die  Verhältnisse  in  der  Basilicata  und  in  Monte- 
negro liegen,  während  über  die  Ellipsactinien -Kalke  in  Sardinien 
noch  nichts  Näheres  bekannt  ist.  Nach  v.  Zittel")  werden  die 
untertithonischen  Ammoniten-Kalke  im  Central- Apennin  concordant 
überlagert  von  plumpen  Felsenkalken  mit  subcretacischen  Fossi- 
lien; wenn  man  dici  von  diesem  Autor  und  Neumayr  durchge- 
führte Gliederung  der  Tithonbildungen  in  zwei  Horizonte  acceptirt, 
so  vermag  man  die  Aequivalente  der  Stramberger  Schichten  -  hier 
nur  in  den  subcretacischen  Felsenkalken  zu  erblicken,  welche 
übrigens  wie  schon  Spada  und  Orsini^)  betont  haben,  identisch 
zu  sein  scheinen  mit  den  Fisch-Kalken  von  Castellamarc,  für  deren 
Neocom-Charakter  neuerdings  auch  Bassani ^)  eintritt. 


'  ')  Siehe  hierüber  Peron:  Craie  ä  Hippurites.  Bull.  soc.  geol., 
3.  Serie,  T.  13,  1884 — 85.  (Ce  que  nous  voyons  aujourd'hui  ä  Font- 
froide  demontre  corapletenient  cette  verite  que  nous  avons  junioncee 
que  les  niveaux  de  Rudistes  etaient  iiisuffisants  ä  caracteriser  un  ho- 
rizont  precis  et  ä  servir  de  limite  fixe  et  generale  ä  un  etage  geolo- 
gique.  —  Siehe  auch  G.  Stäche:  Die  libuniische  Stufe.  Abhandl.  d. 
k.  k.  geolog.  Reichsanstalt,  Wien  1889.  —  Ebenso  M.  Neumayr:  Der 
geologische  Bau  des  westlichen  Mittel  -  Griechenlands,  p.  Yl\.  Denk- 
schriften der  k.  Akademie  d.  Wissensch.,  40.  Bd.,  1880.  „Bei  diesem 
Schlüsse  muss  man  jedoch  im  Auge  behalten,  wie  klein  das  Terrain 
ist,  aus  dessen  Beobachtung  die  Erfahrung  abgeleitet  ist,  dass  die  Ru- 
disten auf  die  Kreideforniation  beschränkt  sind,  ja  dass  man  sich 
in  vielen  Fallen  hier  in  einem  Circnlus  vitiosus  bewegt,  indem  man 
aus  Vorkommnissen,  die  nur  wegen  des  Auftretens  von  Rudisten  der 
Kreide  zugezählt  werden,  eine  Bestätigung  für  das  ausschliessliche 
Vorkommen  derselben  in  dieser  Formation  ableitet." 

^)  Dr.  Karl  Alfred  Zittel.  Geologische  Beobachtungen  aus  dem 
Central-Apennin.  Geognostisch-Palaeontologische  Beiträge,  herausge- 
geben von  Benecke,  2.  Bd.,  1869. 

^)  Spada  u.  Orsini.  Memoire  sur  l'apennin  centrale.  Bull.  soc. 
geol.  de  France,  T.  XII,  2.  serie,  1854 — 55. 

')  Francesco  Bassani.  II  calcare  a  Nerinee  di  Pignatoro  Mag- 
giore  in  provincia  di  Caserta.  Rendiconti  della  R.  Acadcmia  delle 
Scienze  üsiche  e  matcmatiche,  Napoli  1890. 


783 

Nach  Baldacci  (Dccriziunc  geologirii  dell"  Isola  di  Sicilia 
di  L.  Baldacci.  nieniorie  descrittive  della  carta  geologica  d'Italia, 
Roma  1886),  auf  dessen  epocheiuachende.  in  Deutschland  im  All- 
gemeinen viel  zu  wenig  gekannte  Untersuchung  mich  Herr  Prof. 
F.  Bassani  in  Neapel  auf  mein  Befragen  wie  innner  freundlichst 
entgegenkonunend  aufmerksam  machte,  ist  das  Tithon  auf  Sicilien 
sowohl  in  Cephalopoden-Facies  (Malanoce,  Mt.  Barraco  und  Canipo- 
fiorito)  als  in  corallogener  Ausbildung  als  bläulicher  oder  schwar- 
zer, feinkörniger  Kalk  (Madonia.  Pizzo  x^ntenna,  S.  Giorgio. 
Termini  und  an  vielen  anderen  Punkten)  vorhanden;  am  Mt.  Pel- 
legrino  sind  wunderbarer  Weise  wie  in  Stramberg  beide  Erschei- 
nungsformen vermischt  uud  in  dem  bläulichen  Gestein  sowohl 
Korallen  und  Nerineen  als  Cephalopoden  vertreten.  Das  Tithoa 
ist  meist  geschichtet,  wenn  auch  die  Stratification  in  vielen  Punkten, 
wie  am  Mt.  Pellegrino  stark  verwischt  ist.  Als  corallogener  Ab- 
satz liegt  das  Tithon  direct  auf  Lias;  da  es  aber  sehr  mächtig 
ist,  so  kaim  nach  Bai.dacci  in  seinen  tieferen  Lagen  noch  dies 
oder  jenes  Glied  des  Ooliths  in  ihm  vertreten  sein.  (Quando  il 
Titonio  ha  (luesta  forma  litologica,  assumc  una  grande  potenza  e 
poggia  direttamente  sugli  strati  del  Lias;  forse  nei  piani  inferior! 
di  questo  calcare  poträ  pure  esser  rappresentato  qualche  membro 
del  Oolite  che  non  se  ne  puö  sceverare  per  l'idcntitä  della  forma 
litologica;  Baldacci,  1.  c,  p.  69. j  Der  oberste  Malm  (Zone  des 
Aspkloceras  acanthiciim  Opp.)  ist  auf  Sicilien  als  Unterlage  der 
Titlionbildungen  wohl  entwickelt,  überall  da.  wo  die  letzteren  als 
Cephalopoden-Facies  entwickelt  sind:  er  felilt  dagegen  absolut, 
wenn  es  sich  um  corallogene  Absätze  handelt  (.  .  .  .  si  trova  ge- 
neralmente  in  concordanza  sotto  al  Titonio  a  facies  di  Cefalopodi; 
quando  il  calcare  titonio  e  a  facies  corallina  questa 
zona  nianca  assolutamente  [p.  68]).  Das  Urgonien.  welches 
auf  Sicilien  als  Lumaclielle  oder  Rudisten-Kalk  mit  SphaeniUtcs 
Blumenhaclut  Sti.d.  .  lieqm'enia  Loin^dalei  Sow. ,  Caprina  Ver- 
iieuäü  Bayl.  u.  A.  entwickelt  ist,  liegt  auf  Sicilien  wie  auf 
Capri  stets  unmittelbar  concordant  über  dem  grau- 
blauen corallogenen  Tithon-Kalk.  So  insbesondere  am  Mt. 
Pellegrino  selbst,  dessen  Nordabhang  es  fast  ausschliesslich  zu- 
sammensetzt, am  Capo  Gallo,  Mt.  Colombrina  und  an  anderen 
Punkten  (Baldacci,  p.  76).  Das  Neocom  tritt  auf  der  Insel 
stark  zurück,  ist  bei  Taormina  schwer  von  dem  darüber  liegenden 
Tithoii  zu  trennen  und  immer  als  Cephalopoden-Facies  entwickelt. 
Das  Profil  des  Mt.  Pellegrino,  welches  Baldacci  giebt,  stimmt 
vollständig  mit  den  Verhältnissen  auf  Capri  überein;  die  von 
CoQUAND  in  seinem  bereits  oben  erwälinten  Aufsatze  angenom- 
mene Verwerfung  ist  nach  Baldacci  niclit  vorlianden,   das  Corul- 


784 


lieii  des  französischen  Autors  ist  zum  grössten  Theile  Titlion, 
zum  geringeren  Lias,  das  Angoumien  ist  zum  Urgonien  ge- 
worden !   — 

Die  Verhältnisse  des  Tithon  in  Sicilien.  wie  wir  sie  eben 
auf  Grund  des  Baldacci' sehen  Quellenwerkes  zu  entwickeln  ver- 
sucht haben,  stehen  durchaus  im  Widerspruch  zu  den  von  Neu- 
MAYR  und  V.  ZiTTEL  iu  der  erwcähnten  Frage  vertretenen  An- 
schauungen, stehen  aber  durchaus  im  Einklänge  zu  dem  von  dem 
letzteren  Autor  in  seinen  Bahn  breclienden  Untersuchungen  im 
Central- Apennin  erhaltenen  Resultaten.  Einmal  scheinen  in  beiden 
Gebieten  die  beiden  von  v  Zittel  aufgestellten  Altersstufen  des 
Tithon,  von  denen  die  eine  die  Cephalopoden-.  die  andere  die 
corallogene  Entwicklung  rcpräsentirt,  sich  gegenseitig  auszuschlie- 
ssen:  im  Central -Apennin  war  zur  Zeit  der  v.  Zittel  sehen  Pu- 
blication  das  Obertithon  überhaupt  noch  nicht  aufgefunden,  ist 
aber  jetzt,  wie  wir  gesehen  haben,  in  der  Form  der  Elipsacti- 
nien- Kalke  bereits  an  vielen  Punkten  erkannt  worden.  Anderer- 
seits wurde  von  v.  Zittel  das  Cephalopoden  führende  Tithon  des 
Central -Apennin  wie  die  corallogenen  Kalke  mit  TerehraUda  Ja- 
nih's  im  Norden  von  Sicilien  als  ein  Glied  seines  Untertithon 
(der  älteren  Tithonbildungen)  aufgefasst,  beide  sich  gegenseitig 
ausschliessenden  Bildungen  liegen  aber  concordant  unter  der  un- 
teren Kreide,  welche  in  dem  letzteren  Falle  schon  die  Urgon- 
Abtheilung  rcpräsentirt !  Der  Jamfor  -  Kalk  liegt  transgredirend 
auf  älteren  liiasbildungen.  die  Zone  mit  Äspüloceras  acantJdcus 
fehlt  nach  Baldaw^i  stets  da,  wo  das  Tithon  in  dieser  Facies 
entwickelt  ist.  und  findet  sich  überall  da.  wo  reine  Cephalopoden- 
Kalke  auftreten.  Wir  haben  also  in  dem  einen  Falle  Trans- 
gression  und  litorale  Ausbildung,  iu  dem  anderen  ungestörten 
Fortgang  der  pelagischen  Entwicklung.  Um  die  aus  Italien  vor- 
liegenden Thatsachen  mit  der  von  v.  Zittel  aufgestellten  Theorie 
der  Tithonbildungen  zu  vereinen,  müssen  wir  also  beständig  zu 
grossartigen  Unterbrechungen  oder  Vernichtungen  der  Sedimen- 
tation und  des  sedimentirten  Materials  unsere  Zuflucht  nehmen. 
Eine  Lücke  bestände  auf  Capri  zwischen  Elipsactinien-Kalk  und 
Urgonien.  eine  Lücke  am  Mt.  Pellegrino  und  an  allen  analogen 
Punkten  Siciliens  zwischen  denselben  Formationen,  eine  Lücke 
zwischen  untertithonem  Cephalopoden-  und  subcretacischem  Felsen- 
kalk im  Central-Apennin !  Wahrlich,  diese  Erklärung  scheint  mir 
keine  ganz  natürliche  und  einleuchtende  zu  sein! 

Nicht  so  leicht  zu  entwirren  sind  die  stratigraphischen  Ver- 
hältnisse in  Strainberg  selbst,  leider  ist  dieses  aber  wieder  der 
Ausgangspunkt  und  das  Centrum  für  den  Streit  von  Anschauungen 
und  Theorien  in  der  Tithonfrage  geworden.    Vor  Allem  wird  die 


785 


Sachlage  hier  wie  wahrscheinlicli  auch  in  Sicilien,  wenn  man  von 
den  verwickelten  und  schwer  zu  entwirrenden  Lagerungsverhält- 
nischen in  der  ganzen  Klippenzone  absieht,  nocli  complicirt  durch 
das  Auftreten  von  Annnoniten  in  der  oorallogenen  Grundniasse. 
Während  die  grosse  Mehrzahl  der  Autoren,  insbesondere  Süss. 
Neumayr  und  v.  ZrrxEL  mit  Nachdruck  für  die  üntheilbarkeit 
und  innere  Zusammengehörigkeit  des  Stramberger  Kalkmassivs 
eintreten,  zerlegte  Mojsisovics  dasselbe  in  Zonen  und  lässt  den 
Korallenkalk  mit  Nerineeu,  Diceraten  und  Ellipsactinien  durch 
echte  Ammoniten-Schichten  unterteufen,  eine  Anschauung,  welche 
theoretisch  so  einleuchtend  erscheint,  dass  man  um  so  mehr  be- 
dauern muss.  dass  die  Belege  für  die  Anschauungen  des  Verfas- 
sers, soweit  mir  wenigstens  bekannt,  bisher  noch  nicht  veröffent- 
licht wurden  ^).  Ich  möchte  übrigens  hier  hervorheben,  dass  nach 
HoHENEGGER")  die  das  Stramberger  Rift  überlagernden  neocomen 
Kalke  und  Mergel  dem  Valanginien  nicht  zu  entsprechen  scheinen, 
dass  andererseits  von  Concordanz  und  Discordanz  zwischen  un- 
geschichteten corallogenen  Absätzen  und  Sedimentär-Gesteinen  wohl 
nicht  gesprochen  werden  kann.  Auch  die  Frage  der  Schichtung 
dieser  Kalkmassive  spielt,  sobald  wir  die  Ellipsactinien -Kalke  im 
Wesentlichen  als  Korallenrift'e  betrachten,  nicht  mehr  die  Rolle, 
welche  ihr  von  vielen  Seiten,  früher  auch  von  mir,  zugesprochen 
wurde.  In  der  Rift'masse  selbst  fehlt  natürlich  die  Schichtung, 
wo  aber  die  Brandung  arbeitet,  auflöst  und  wieder  absetzt,  da 
können  wir  dieselben  bankigen  Kalklager  erhalten,  deren  Bildung 
wir  auch  in  der  Jetztzeit  in  Westindien  und  an  den  Keys  von 
Florida'^)  zu  beobachten  im  Stande  sind.  Es  wäre  nicht  un- 
denkbar, dass  die  tieferen  Lagen  der  Fisch -Kalke  des  Central- 
Apennins  dieselbe  Stellung  gegenüber  den  Elipsacfinia  -  Riffen 
beanspruchen  könnten,  wie  sie  in  der  Jetztzeit  die  in  der  Bai 
von  Florida  abgesetzte  Kalktafel  zu  den  Rift'cn  der  Keys,  der 
Tortugas  und  Marquensas  einzunehmen  scheint. 

Der  Ausgang  der  Juraperiode  ist  bekanntlich  gekennzeichnet 
durch  einen  grossartigen  und  umfassenden  Rückzug  des  Meeres 
aus  den  nordischen  Breiten    unseres  Continents.      Wenn  wir  von 


')  1870  hat  V.  Mojsisovics  seine  Ansichten  bezüglich  der  strati- 
graphischen  Verhältnisse  von  Stramberg  in  wesentlichen  Punkten  nio- 
dificirt.  Siehe  hierüber  Verhandlungen  der  geologischen  Reichsanstalt, 
Wien  1870. 

^)  HoHEXEGGEK.  Die  geognostischen  Vei-hältnisse  der  Nord-Kar- 
pathen,  Gotha  1861:  „Eine  üebereinstimniung  dieser  untersten  Stufe 
mit  dem  Talanginien  Desor  der  Schweiz,  wie  man  es  erwarten  sollte, 
konnte  ich  daher  bis  jetzt  nicht  nachweisen. 

')  Si'ss.     Antlitz  der  Erde,  II,  p.  ;593  ff. 


786 


der  grossen  russischen  Tafel  absehen,  wo  sich  in  continuirlicher 
Folge  ein  mariner  Absatz  auf  den  anderen  niederschlägt  und  die 
Grenze  zwischen  Jura  und  Kreide  überbrückt,  so  können  wir  im 
ganzen  übrigen  Norden  überall  eine  starke  negative  Strandver- 
schiebung beobachten  und  mächtige  Süsswasserseeen  sich  dort 
ausdehnen  sehen,  wo  früher  die  Brandung  wogte.  Ganz  anders 
liegen,  wie  bekannt,  die  Verhältnisse  im  alpinen  Gebiete;  während 
aber  im  Norden  dieses  Verbreitungsbezirkes,  in  den  Alpen  und 
Karpathen  das  Meer  im  Wesentlichen  seinen  alten  Stand  innehält 
und  pelagische  Bildungen  der  Kreide  auf  die  gleichartigen  des 
Jura  folgen,  scheint  im  südlichen  Europa  eine  gewisse  Trans- 
gression  stattzufinden,  wie  wir  dieselbe  ja  auch  zu  gleicher  Zeit 
in  Ost  -  Afrika  zu  beobachten  Gelegenheit  haben  ^).  Dogger  und 
Malm  sind  im  ganzen  Apennin-),  wenn  überhaupt  vorhanden,  jeden- 
falls sehr  dürftig  vertreten  und  auf  der  südlichen  Balkan  -  Halb- 
insel wie  auf  dem  Peloponnes  fehlt  wahrscheinlich  die  ganze  Folge 
der  Juraschichten.  Der  Schluss  liegt  nahe,  dass  hier  alte  Fest- 
landsmassen wieder  überfluthet  wurden,  und  das  reiche  Vorkom- 
men von  Korallenrift'en  wie  später  von  Rudisten  -  Kalken  spricht 
dafür,  dass  die  positive  Verschiebung  der  Strandlinie  eine  con- 
tinuirliche  war. 

Wir  betrachten  also  die  südeuropäischen  EUipsactinien- Kalke 
als  eine  corallogene  Facies  des  alpinen  Neocom,  als  eine  Bildung, 
welche  vom  Obertithon  beginnend  und  dasselbe  mit  einschliessend 
liinaufreicht  bis  etwa  in  die  Hauterivestufe  und  welche  jedenfalls 
das  Valenginien  noch  mit  zu  umfassen  scheint.  Da  Korallenriffe 
ausserordentlich  conservativ  sind  und  ihre  Bewohner,  wie  die  bis- 
herigen Forschungen  in  der  Südsee  beweisen,  durch  verschiedene 
Erdepochen  hindurch  sich  ziemlich  gleich  zu  bleiben  scheinen,  so 
begreift  man  leicht.  Aveshalb  in  Stramberg  Korallen,  Brachiopoden, 
Lamellibranchiaten  und  Gastropoden  einen  so  ausgezeichnet  juras- 
sischen Habitus  besitzen,  während  die  pelagische  und  darum  so 
variable  An)moniten  -  Fauna  bereits  ein  deutliches  Neocomgepräge 
darbietet.  Dazu  kommt  ausserdem,  dass  in  der  ganzen  untersten 
Kreide  echte  Korallenbauten  bisher  noch  nicht  aufgefunden  wor- 
den sind;  im  südlichen  Frankreich  wie  in  den  Alpen  ist  das 
Neocom  vom  Valanginien   an  stets   durch  pelagische  Absätze  ver- 


')  Mombassa,  Mosambique,  Algoabai,  vielleicht  auch  Madagascar. 
Siehe  Neum.wr:  Die  geosraphische  Verbreitung  der  Juraformation. 
Denkschriften  d.  Wiener  Akad.  d.  Wissensch.,  50.  Bd.,  1885,  p.  129. 

^)  Nach  V.  ZiTTEL  (Central- Apennin)  sind  im  Dogger  daselbst  nur 
die  untersten  Glieder,  vom  Malm  nur  die  Aptyoheu-Schiefer  vertreten, 
welche  doch  jedenfalls  bereits  dem  üntertitlion  angehören.  Es  scheint 
hier  also  eine  grosse  Lücke  in  der  Sedimentbildung  vorhanden  zu  sein. 


787 


treten  und  die  wenigen  Seichtwasserbildungen,  welche  vorliegen, 
wie  der  Spatangen  -  Kalk  haben  jedenfalls  mit  corallogenen  Bil- 
dungen nichts  zu  thun. 

Es  ist  mir  daher  durchaus  nicht  auffallend,  dass  v.  Zittel 
in  seinen  Grund  legenden  Untersuchungen  zu  so  ganz  heterogenen 
Resultaten  gekommen  ist,  dass  er,  während  er  den  jurassischen 
Charakter  der  Gastropoden  hervorhebt,  welchen  übrigens  auch 
Georg  Boehm  mit  Entschiedenheit  für  die  Bivalven  vindicirt, 
Hebert  gegenüber  die  grosse  Anzahl  der  Neocom  -  Typen  unter 
den  Ammonoideen  zugiebt.  Mir  scheint,  die  aus  der  Unter- 
suchung der  ersteren  Formengruppe  gewonnenen  Schlüsse  sind 
für  die  Frage  der  stratigraphischen  Stellung  der  Stramberger 
Kalke  nicht  als  maassgebend  anzusehen,  da,  wie  bereits  erwähnt, 
das  richtige  tertium  comparationis .  die  neocome  Rift'fauna,  zu 
fehlen  scheint.  Die  Ammonoideen  dagegen  sprechen  für  den 
neocomen  Charakter  der  Stramberger  Rififkalke  und  mit  diesem 
Resultate  stimmen  überein  die  stratigraphischen  Verhältnisse,  wie 
sie  im  südlichen  Europa,  im  Mittelmeerbecken,  zur  Beobachtung 
gelangen^).  Es  dürfte  hier  in  jedem  einzelnen  Falle  aus  den  La- 
gerungsverhältnissen wohl  am  besten  festzustellen  sein,  wie  weit 
die  corallogene  Bildung  hinauf  reicht  und  welche  an  anderer 
Stelle  heterogen  entwickelte  Stockwerke  sie   in  sich  umfasst. 

Herr  KosMANN  sprach  übei"  die  Entstehung  und  Zu- 
sammensetzung der  sogen,   basischen   Salze. 

Als  „basische  Salze"  bezeichnet  die  Mineralchemie  diejeni- 
gen Verbindungen ,  in  welchen  die  Anzahl  der  Aequivalente  der 
basischen  Elemente  grösser  ist.  als  wie  sie  zur  Sättigung  der 
Säure  erfordert  wird.  Die  Mehrzahl  dieser  basischen  Salze  ist 
dadurch  ausgezeichnet,  dass  sie  oxydische  Verbindungen  sind, 
selbst  diejenigen  der  Haloidsalze.  Eine  andere  bemerkenswerthc 
Klasse  bilden  die  Salze  der  Sulfosäuren. 

Die  Entstehung  der  basischen  Salze  -  und  dies  dürfte  auch 
für  die  erwähnten  Sulfoverbindungen  gelten  —  ist  wesentlich  auf 
zwei  Vorgänge  zurückzuführen,    denen  aber  dieselbe  Ursache  der 


')  Ich  freue  mich,  nachträglich  constatiren  zu  können,  dass  auch 
HauCt  in  seinen  auf  ganz  verschiedenem  Gebiete  durchgeführten  Unter- 
suchungen zu  analogen  Resultaten  gekommen  ist.  Vergl.  hierüber; 
Emil  Hauu:  Die  geologischen  Verhältnisse  der  Neocom-Ablagerungen 
der  Puezalpe;  Jahrbuch  der  k.  k.  geol.  Reichsanstalt,  37.  Bd.,  1887, 
p.  240:  „T)ie  Zuziehung  der  Stramberger  Schichten  zum  unteren  Neo- 
com liat  Hebert  schon  vor  Jahren  mit  gewichtigen  Argumenten  ver- 
fochten, meine  Beobachtungen  in  Südtirol  und  meine  Kritik  der  Fauna 
von  Rovere  di  Velo  bestätigen  auf's  Glänzende  die  Annahme  des  Pa- 
riser (ielehrten.'-     (Hinzufügung  während  der  Correctur.) 


788 


cliemischen  Erregung  zu  Grunde  liegt,  nämlich  das  durch  die 
Wasserautuahnie  der  ursprünglichen  ^'erbindung  geschaffene  che- 
mische Bindungsvermögen.  Die  Begründung  dafür,  dass  wir  uns 
gezwungen  sehen,  auf  den  liydratisirten  Zustand  der  Verbindungen 
als  den  Ausgangspunkt  unserer  Beweisführung  zurückzugehen,  ist 
darin  zu  finden,  dass  die  meisten  der  basischen  Salze  eben  wasser- 
haltig sind  und  dass  die  wasserfreien  basischen  Salze  eine  den 
vorigen  ganz  analoge  Zusammensetzung  besitzen. 

Die  bezeichneten  chemischen  Vorgänge  bestehen  nun  in  Fol- 
gendem: 1.  Die  Verbindung  eines  sogen,  neutralen  Salzes  löst 
als  Hydi'at  ein  oder  mehrere  Aequivalente  des  basischen  Elements 
oder  eines  anderen  der  Substitution  fähigen,  verwandten  Elements 
auf,  was  nur  in  der  Weise  bewirkt  werden  kann,  dass  das  in 
die  Verbindung  aufzunehmende  Element  in  eine  lösbare,  d.  h.  also 
hydratisirte  Verbindung  übergeführt  und  mit  dem  ursprünglichen 
Salze  durch  innere  chemische  Bindung  zu  einem  einzigen  Molekül 
vereinigt  wird.  Die  chemische  Verbindung  der  beiden  verketteten 
Bestandtheile  ist  dadurch  eine  solche  geworden,  dass  durch  eine 
spätere  Wasserentziehung  in  der  gegenseitigen  Stellung  der  Atom- 
gruppen keine  Aenderung  hervorgebracht  wird.  In  diese  Klasse 
gehören  Salze  wie  der  sogen.  Bleiessig,  indem  1  Mol.  Bleizucker 
noch  ca.  1  Mol.  PbO  aufninnnt.  Ebenso  lässt  sich  eine  Verbin- 
dung erzeugen,  indem  man  Dleiglätte  mit  Bleichlorid  digerirt. 
Der  gleiche  Vorgang  findet  statt,  wemi  in  einer  erwärmten  Lö- 
sung von  Kupfervitriol  metallisches  Kupfer  gelöst  wird;  beim  Er- 
kalten scheidet  sich  ein  basisches  Sulphat  als  unlöslicher  Nieder- 
schlag ab. 

2.  Aus  der  höhereu  Hydratisationsstufe  eines  löslichen  Salzes 
wird  bei  allmählich  fortschreitender  Wasserentziehung  ein  basi- 
scher Rückstand  gebildet,  indem  unter  gleichzeitigem  Austritt  von 
Wasser  und  Säure  eine  Polymerisation  des  basischen  Bestand- 
theils  eintritt.  Es  entsteheji  auf  diese  Weise  Verbindungen  von 
anscheinend  sehr  verwickelter  Beschafi'cnheit,  in  welchen  die  gegen- 
seitigen Autheile  der  urspiiingliclien  Verbindungen  und  der  sich 
bildenden  Hydroxyde  an  den  erzeugten  Verbindungen  unter  den 
verschiedensten  und  sehr  wechselnden  rationalen  Verhältnissen 
theilnehmen.  Zu  solchen  Verbindungen  gehört  die  verbreitete 
Gruppe  der  polymeren  Oxychloride  wie  der  Atakamit,  ferner  dei' 
Brochantit,  Dihydrit,  Boracit.  Schütze  berichtet  (Pharm.  Centr. 
H.,  28,  p.  293 — ^295)  von  einem  aus  einer  Kupfersulphat- Lösung 
durch  Kochen  abgeschiedenen  Niederschlage  von  der  Zusammen- 
setzung 8  CuO  .  3  SO3  .  8  H2O. 

Eine  dritte  Gruppe  basischer  Salze  entsteht  durch  die  Ver- 
bindung von  Atomgruppen    der  Thonerde  mit  Kieselsäure.    Phos- 


789 


pliorsäuro.  Schwefelsäure.  Atoiiiiinippoii.  welche .  ob  wasserhalli,^' 
oder  wasserfrei.  Hydrate  der  'JMiouerde  von  verschiedener  Wer- 
thigkeil  darstellen,  oder  denselben  entspreclieii  und  sich  im  rich- 
tigen Verhältnisse  der  Neutralisation  mit  der  entsprechenden  Säure 
verbunden  haben  und  daher  nur  scheinbar  basischen  f'iiarakters 
sind.     Wir  gehen  auf  diese  zuvörderst  nicht  ein. 

Die  bemerkenswerthe  Eigenschaft  aller  basischen  Salze  ist 
die.  dass  sie  sännntlich  unlösliche  Verbindungen  darstellen,  und 
dass  diese  Unauflöslichkeit  besonders  dann  auffällig  wird,  wenn 
entweder  das  ursprüngliche  Salz  oder  das  in  die  sich  erzeugende 
Verbindung  aufgenounnene  Salz  ein  lösliches  gewesen  ist.  nun- 
mehr aber  durch  die  Angliedcrung  an  das  neutrale  Salz  seine 
Löslichkeit  eingebüsst  hat  (s.  Apatit,  Boracit.  Sodalith).  Ein 
anderer,  noch  wichtigerer  Unterschied  ist  der,  dass  durch  die 
oben  erwähnten  ^"orgänge  der  Entstehung  der  basischen  Salze  aus 
deren  hydratischen  Verbindungen  sich  die  Thatsache  ergiebt,  dass 
das  sogen.  Krystallwasser  der  Ursprungsverbindung  nicht  als 
solches  zu  erachten,  sondern  zur  chemischen  Constitution  dersel- 
ben gehört  und  sogar  grundlegend  für  die  Atomgruppirung  des 
basischen  Salzes  wird. 

Gehen  wir  daher  nunmehr  auf  die  in  Formeln  auszudrückende 
Zusammensetzung  basischer  Salze  gemäss  den  oben  dargelegten 
Vorgängen  ein,  so  bieten  sich  für  die  1.  Art  basischer  Salze 
folgende  Beispiele  dar:  der  Lavrionit  und  der  Matlockit  leiten 
sich  ab  von  dem  Bleichlorid  PbCb  +  2H2O.  Mag  unsere  Vor- 
stellung von  der  Einfügung  der  Wassernioleküle  in  die  Structur 
des  Chloridhydrats  sein,  welche  sie  wolle,  so  steht  so  viel  fest, 
dass  unter  der  Einwirkung  einer  chemischen  Reaction,  welche 
eine  Wasseraustreibung  zur  Folge  hat,  die  Wassermoleküle  in 
ihre,  der  chemischen  Zusannnensetzung  des  Wassers  entsprechen- 
den Atomgruppen  sich  trennen:   H2O  =  H — OH.     Das  Bleihvdro- 

PbCh 
Chlorid    ninnnt    denigemäss    die  Zusammensetzung:  an 

H2-(0H> 

und  werden  bei  Verlauf  der  Wasserejitziehung  die  beiden  Wasser- 
stoffatome durch  1  Mol.  Pb  ersetzt;  es  entsteht  denigemäss  die 
Verbindung  des  I^ayrionits.  nach  vom  Rath  der  Formel  2(PbOHCl) 

PbCl2 
entsprechend,   nach  Vorstehendem   tt^  i  Aus  solcher  For- 

Pb(0H)2 
mel  wird    die  Structur    und  Averden    die  daraus    sich   ableitenden 
Eigenschaften    der  Verbindung    erklärlich   und   verständlich.     Bei 

PbCU 
weiterer  Wasserentziehung  entsteht  min  der  Matlockit       |     . 

PbO 

In  analoger  Weise  sind  ähnliche  Oxydsalze  zu  Stande  kom- 

Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XLII.  4.  52 


790 

CuCOo 
niend  zu    denken,    wie    der   Malachit         i       ,    das  Kieselzinkerz 

Cu(0H)2 
ZnSiOs 

I         und  das  demselben  entsprechende  Anhydrid,   der  Willeniit 
Zn(OH)ä 
ZnSiOs 

I  Es  sind  aber  nicht  blos  Hydroxvde,  welche  Gegenstand 

ZnO 

der    Angliederung ,    bezw.    der    Substitution    der   Wassermoleküle 

bilden,   sondern  es  werden  auch  Chloride.   Sulphate,   Carbonate  an 

Stelle  des  Wassers  aufgenommen.      Aus  dem  wasserhaltigen  Car- 

PbCOs 
bonat   des  Bleis  I  entsteht    durch   Substitution   von  PbCb 

H2(OH)2 
PbCOs 
der  Phosgenit:        l      ,  und  in  ganz  analoger  Weise  findet  sich  im 

PbClä 
Apatil  das  Molekül  CaCb ,  im  Sodalith  NaCl  bezw.  dem  Calcium- 
phosphat.  dem  Natriumaluminiumsilicat  eingefügt  in  einer  Weise, 
dass  die  Löslichkeit  des  Chlorids  aufgehoben  ist,  weil  es  durch 
innere  chemische  Bindung  mit  dem  Molekül  der  Grundverbindung 
verkettet  ist.  Im  Boracit  finden  wir  beide  Arten  von  Molekülen, 
sowohl  MgO  wie  MgCb  dem  Tetraborat  des  Magnesiums  ange- 
2MgO 

gliedert:    4MgB407.     Diese  Verkettung  heterogener  Verbindungen 
I 
MgClj 

ist  durch  die  Stellung    des  Hydratwassers    in  dem  Ursprungssalz 
vorbereitet. 

Für  die  2.  Abtheilung  basischer  Salze  haben  wir  ein  vor- 
treffliches Beispiel  im  Chlor  magnesium,  weil  dessen  Verände- 
rungen, welche  im  Verlaufe  der  Wasserentziehung  eintreten,  durch 
die  Processe  der  chemischen  Industrie  nachgewiesen  und  von  Prof. 
ÜEWAR  eingehend  studirt  sind.  Die  Verbindung  des  Salzes  mit 
6  Mol.  H2O  ist  in  der  Pteihe  der  Mutterlaugensalze  der  Kali- 
salzlagerstätten als  Bischof it  bekannt:  MgCb  .  6H2O.  Durch 
Wärmezufuhr  chemisch  erregt,    nimmt   die  Verbindung  die  Grup- 

MgCla 

pirung    ihrer  Atome   zu  i  vor.      Indem  aus  benachbarten 

H6-(0H)e. 

Molekülen    mit    dem  Wasser    auch  zugleich  Chlorwasserstoffsäure 
entweicht,    werden  aus  den   ersteren   an  Stelle  der  6  Wasserstoff- 
atome   3    Mol.    Mg    eingefügt    und    es    entsteht    die  Verbindung 
MgCU 

i  und  vermöge   weiterer  Wasseraustreibung    das  wasser- 

3  Mg{0H)2 

MgCU 
freie  Oxychlorid        |      .      Aus    diesem  Vorgange    erst  wird    uns 

3MgO 
klar,    weshalb  in  den  analogen  Verbindungen  sich  immer  3  Mol. 


791 


Hydroxyd  mit  dem  uisprüngliclien  Chlorid,  Sidpliat.    Phosphat  ver- 

CuCh  CuSOi 

binden;   also  im  Atacamit:  i        .    im  Brochantit;  | 

3  Cu(0H)2  S  (;u(OHh 

CuPsOe  CuNäOe 

im  Tagilit;  |         ,     im  Gerhardtit:  |  ;      dem     Tagilit 

3  Cu(0H)2  3  Cii(0H)2 

CusP.Os 
analog  bildet  sich  der  Dihvdrit:  |         .      Das   oben    erwähnte 

2  Cu(0H)2 
basische    Sulphat    von    Schütze    8  CuO  .  3  SOs  .  8  H2O    erhält  die 

3  CuS03(OH)2 
Formel  |  und  damit  einen  die  Polymerie  seiner  Be- 

5  Cu(0H)2 

standtheile  leicht  ersicbtlich  machenden  Formelausdruck. 

Aucb  für  diese  Klasse  von  Salzen  wird  Jeder  mir  zuge- 
stehen, dass  für  die  Bildung  und  damit  für  die  molekulare  Zu- 
sammensetzung (Constitution)  derselben  eine  naturgemässe,  den 
thatsächlichen  Vorgängen  Rechnung  tragende  Erklärung  gegeben 
worden  ist. 

Wenn  wir  nun  fragen;  Welches  ist  denn  die  Ursache,  dass 
die  Grundverbindungen  der  basischen  Salze,  die  einfachen  und  als 
neuti'al  angesehenen  Chloride,  Sulphate,  Nitrate  u.  s.  w.  die  Fä- 
higkeit zeigen  und  äussern,  noch  weitere  Moleküle  von  Hydroxy- 
den. Chloriden  u.  s.  w.  in  sich  aufzunehmen  und  sich  chemisch 
anzugliedern?  so  ist  die  Antwort  darauf:  die  einfachen  Salze  der 
starken  Mineralsäui'en  sind  wohl  neutrale,  d.  h.  gesättigte  Ver- 
bindungen in  dem  Sinne,  dass  ihre  Valenzen  zwischen  Base  und 
Säuren  gebunden  sind  und  sie  gegen  Lakmuspapier  neutral  rea- 
giren,  sie  sind  aber  nicht  gesättigt  in  der  Hinsicht,  dass  jede 
weitere  chemische  Reactionsfähigkeit  in  ihnen  vernichtet  wäre.  Im 
Gegentheil  müssen  sie  sämmtlich  als  ungesättigte  Verbin- 
dungen') angesehen  werden,  wie  denn  auch  eine  Betrachtung 
der  thermochemischen  Verhältnisse  ihrer  Verbindungswärme  lehrt, 
dass  über  den  bei  der  gegenseitigen  Bindung  von  Base  und  Säure 
entstandenen  Wärmeverlust  (entbundene  Wärme)  hinaus  der  Ver- 
bindung noch  Wärmeeinheiten  innewohnen,  mithin  eine  Wärme- 
töimng  eigenthümlich  ist,  welche  ehier  gewissen  chemischen  Energie 
gleichkommt.  Diese  chemische  Restenergie ^)  ist  es,  welche  die 
sogen,  neutralen  Salze  befähigt,  sich  zu  hydratisiren.  d.  h.  Wasser 
in  chemischer  Bindung  aufzunehmen,  d.  i.  ihrer  molekularen  Con- 
stitution einzufügen  und  an  Stelle  dieses  Wassers  Oxyde,  hydrisch 
wie  anhydrisch.  oder  Salze  aufzunehmen  bezw.  zu  lösen.  In  der 
That  haben  die   meisten  der  hier  in  Betracht  kommenden  wasser- 


*)  Vergl.  Kosmann,    Dingl.  polyt.  Journ.,  1888,  Bd.  271,  p.  138. 
'^)  Vergl.  Hagemann,  Die  chemische  Energie,  Berlin  1890,  p.  32. 

52* 


792 


freien  Salze  ätzende  Eigenschaften,  welche  darin  bestehen,  dass 
sie  namentlich  organisclien  Snbstanzen  Wasser  zu  entziehen  be- 
strebt sind  und  dadurch  zerstörend  wirken;  also  z.  B.  Kupfer- 
sulphat  und  Kupfervitriol.  Kupferchlorid,  Bleichlorid,  corrosives 
Quecksilberchlorid.  Magnesiumchlorid.  -sulphat  u.  a.  ni.  Die  Wir- 
kungsweise der  chemischen  Restenergie  ist  für  beide  hier  unter- 
schiedene Arten  basischer  Salze  dieselbe;  der  Unterschied  liegt 
nur  in  dem  Maasse  der  Wasseraufnahme.  Letztere  ist  nun  von 
der  Wärmetönung  des  Avasserfreien  Salzes  als  der  Grundverbindung 
abhängig.  Im  ersteren  Falle  wie  beim  Bleichlorid  werden  nur 
2  Mol.  H2O  verlangt;  bei  den  Salzen  der  zweiten  Art,  den  Vi- 
triolen und  den  gleich  hoch  sich  wässernden  Salzen  der  Salpeter-, 
Chlorwasserstoffsäure  u.  s.  w^,  werden  6  Mol.  H2O  und  mehr  auf- 
genommen (der  Kupfervitriol  in  wässeriger  Lösung  muss,  wie 
vorauszusetzen,  6  Mol.  H2O  chemisch  binden),  und  äussert  sich 
demgemäss  auch  eine  grössere  Bindekraft  für  die  Angliederung 
der  polymeren  Molekülgruppen. 

Die  Wichtigkeit  der  hier  befolgten  Darlegung  und  Deutung 
des  molekularen  Aufbaues  der  basischen  Salze  möchte  ich  noch 
an  einem  Beispiel  darthun ,  am  Kieselzinkerz.  Dasselbe  in  der 
Formel  nach  Grotii  =  ZnäfOHjaSiOs    leitet    sich  von  dem  Meta- 

ZnSiOa 
Silicat  Zn(OH)ä  .  SiO(OH)2   =         I         ab,    in  welchem  das  Mol. 

H2(OH)2 

Ha  durch  das  Mol.   Zu   ersetzt  worden.      Durch    diese   Angliede- 
rung  des  Hydroxyds  Zu(0H)2    kommt    das  Salz    der  Constitution 
eines  Orthosilicats  gleich,   dessen  Structurforniel  zu  schreiben  ist: 
(H0)2  Dieser  Formelausdruck  kann  durch   einen  wage- 

„.  ^0  *^     rechten  Strich  in  2  unsymmetrische  Hälften  ge- 

\0      nr  theilt  werden,  von  denen  die  obere  neben  1  Mol.  0 

^0  das  Hydroxylpaar   entliält.      Diese    Dissymmetrie 

giebt  einen  andeutenden  Aufschluss  über  die  stereochemische  La- 
gerung der  Atomgruppen  des  krystallisirten  Minerals  in  Bezug 
auf  seine  heminiorphe  Ausbildung;  dieselbe  rührt  aus  einer  un- 
symmetrischen Anordnung  der  Atomgruppen  her.  Ich  erachte 
dies  als  einen  bedeutsamen  Fingerzeig  dafür,  in  welcher  Richtung 
sich  unsere  Forschungen  in  der  Herleitung  richtiger  Molekular- 
Formeln  der  Mineralverbindungen  zu  bewegen  haben. 

Herr  Berendt  verlas  einen  Brief  des  Herrn  Siemiradski. 
Löss  und  Geschiebelehm  betreffend.  (Vergl.  briefliche  Mit- 
theilungen pag.   756.) 

Hiez'auf  wurde  die  Sitzung  geschlossen. 

v.  w.  0. 

Hauchecrne.  Dambs.  Koken. 


793 


2.    Protokoll  der  December- Sitzung. 

Verhandelt  Berlin,   den  3.  December  1890. 
Vorsitzender:    Herr  Beyrich. 

Das  Protokoll  der  November- Sitzung  wurde  vorgelesen  und 
genehmigt. 

Der  Vorsitzende  legte  die  für  die  Bibliothek  der  Gesellschaft 
eingegangenen  Bücher  und  Karten   vor. 

Der  Gesellschaft  ist  als  Mitglied  beigetreten: 
Herr  Sabbrsky  in  Berlin. 

vorgeschlagen  durch  die  Herren   Koken.   Rinne  und 
Romberg. 

Herr  Remele  sprach  über  P  e  n  t  a  m  e  r  e  n  aus  den  auf 
Oeland  zurückzuführenden  Geschieben  von  Macrourus-Kailk. 

Es  sind  dies  Formen,  welche  ihres  hohen  Alters  wegen, 
indem  sie  einem  noch  bedeutend  unter  der  oberen  Grenze  des 
üntersilur  liegenden  Niveau  entstammen,  ein  besonderes  Interesse 
beanspruchen;  indessen  weist  nicht  nur  ihre  äussere  Gestalt  sofort 
auf  Pentamerns,  sondern  auch  die  inneren  Merkmale  ihrer  Schale 
zeigen  eine  völlige  Uebereinstimniung  mit  echten,  obersilurischen 
oder  devonischen  Pentameren.  Folgende  Arten  wurden  vom  Redner 
mitgetheilt:  1.  Fentamerus  elegans  nov.  sp. .  2.  P.  semicostatus 
nov.  sp. ,  3.  P.  tenuis  nov.  sp.,  4.  P.  gihhosus  nov.  sp. ,  5.  P. 
Borussicus  Gagel  sp.  Letztere  Art  ist  diejenige,  für  welche 
Herr  Dr.  Gagel  kürzlich  den  neuen  Gattungsnamen  „Branconia"' 
vorgeschlagen  hat.  Der  Vortragende  zeigte  zugleich  zahlreiche 
Exemplare  der  genannten  Brachiopoden,  welche  theilweise  schon 
1885  beim  Geologen  -  Congress  in  Berlin  als  Pentameren  ausge- 
stellt waren,  sowie  mehrere  photographische  Abbildungen  der- 
selben vor^). 

Herr  Frech  sprach  über  die  im  Anschluss  an  die  Frei- 
burger Versannnlung  ausgeführten  Excursionen  in  das  Gebiet  der 
Glarner  Doppelfalte,  nach  Linththal  und  Elm.  ferner  in  die  Klippen- 
region des  Iberg  und  Mythen  und  in  das  Gebiet  der  Bündener 
Schiefer.  Von  den  geologisch  interessanten  Punkten  wurden  Pho- 
tographieen  vorgelegt,   die  auf  der  Excursion  aufgenommen  waren. 


')  Dieser  Vortrag  wird    den  Gegenstand    eines   besonderen,    dem- 
nächst erscheinenden  Aufsatzes  bilden. 


794 

Derselbe  besprach  ferner  den  letzten  Ausbruch  des 
Volcano-Krater  und  legte  die  von  dem  Ereigniss  durch  0.  Sil- 
vESTRi  angefertigten  photographischen  Aufnahmen  vor. 

Herr  J AEKEL  sprach  über  Oracanthas  bochtimensis  von 
Bochum.     (Vergl.  den  Aufsatz  pag.  753  in  diesem  Jahrgang.) 

Herr  KoSMANN  legte  mehrere  Mineralien  aus  den  nie- 
derschlesischen  Erzrevieren  vor  und  zwar: 

1.  Chromeisenstein  vom  Schwarzen  Berge   bei  Tampadel,    Kr. 
Schweidnitz; 

2.  Eine  Erzstufe  mit  Bournonit-Krystallen  aus  dem  Bergwerk 
Bergmannstrost  bei  Altenberg.   Kr.   Schönau; 

3.  Mehrere   Kupfererzstufen    vom    Neuen   Adler  -  Schacht    der 
Kupferberger  Erzbergwerke  bei  Kupferberg.   Kr.  Hirschberg. 

Der  Chromeisenstein  stammt  aus  einem  neuen  Aufschluss 
her.  welcher  durch  den  Berg -Ingenieur  A.  Reitsch  in  einem  am 
Schwarzen  Berg  bei  Tampadel  anstehenden  Chromerzgange  ge- 
macht worden  ist.  Dieser  Aufschluss  stellt  sich  den  früheren 
Entdeckungen  anstehender  Chromerze  zur  Seite,  welche  dem  ge- 
nannten Herrn  in  den  Jahren  1886  und  1887  am  Harteberg  bei 
Grochau,  westlich  Frankenstein,  gelungen  sind  und  über  welche 
der  Vortragende  in  der  Vaterl.  Gesellsch.  f.  Schles.  Cultur  (vergl. 
Jahresbericht  1887.  p.  288)  Mittheilmig  gemacht  hat.  Gleichwie  die 
Chromerz  führenden  Gänge  am  Hartebei-g  in  dem  Serpentin  auftreten, 
dessen  Schichten  das  Gabbrogebirge  des  Berges  umgeben,  so  setzt 
auch  am  Schwarzeberg  bei  Tampadel  das  Chromei'z  in  Serpentin 
auf.  Der  Schwarzebeig  bildet  die  westlichste  Erhebung  in  der 
Bergkette,  welche,  einem  Ringwalle  vergleichbar,  den  südlichen 
Fuss  des  Zobten  umgiebt.  Nachdem  am  Abhänge  des  Schwarze- 
bergs  auch  das  Vorkommen  loser  Findlinge  von  Chromerz  beob- 
achtet worden,  führte  die  aufmerksamere  Beobachtung  des  Kreises 
ihrer  Verbreitung  zur  Entdeckmig  einer  anstehenden  Felsklippe, 
welche  einen  7  m  starken  Gang  von  Chromerzen  aufwies,  und 
wurde  derselbe  in  einem  Tagebau  auf  22  m  Länge  verfolgt.  Zur 
Zeit  ist  eine   tiefere  unterirdische  Lösung   des  Lagers  im  Gange. 

Die  ausgedehnte  Verbreitung  des  Cliromits  als  fast  nie  feh- 
lender Bestandtheil  des  Serpentins  hat  H.  Traube  in  seinen  „Bei- 
trägen zur  Kenntniss  der  Gabbros.  Amphibolite  und  Serpentine 
des  niederschlesischen  Gebirges"  ^)  nachgewiesen,  indem  er  die  in 
den  mikroskopischen  Dünnschliffen  beobachteten  braunen  Partikel 
als  Chromit  deutete   und   beschrieb.       Thatsächlich    indessen    hat 


')  Inaugural- Dissertation  1884,  Greifswald. 


795 


man  es.  wie  das  mineralische  Vorkommen  im  Grossen  erweist, 
nicht  mit  reinem  Chromit  zu  thun.  sondern  es  enthält  dieser 
Chromeisenstein,  ganz  analog  dem  vom  Harteberg  bekaimt  gewor- 
denen, neben  Chromeisen  auch  Magnetit  und  namentlich  Magne- 
siumaluminal.  Der  Gehalt  an  Chromoxyd  schwankt  in  den  bes- 
seren Partiecn  zwischen  35  —  42  pCt.  Chromoxyd;  der  Magnesia- 
gehalt beträgt  14  —  16pCt. .  Kieselsäure  4  —  6  pCt..  Eisenoxydul 
und  Thonerde  je  18 — 22  pCt.  Bei  der  zunehmenden  Wichtigkeit 
des  Chromerzes  für  die  Stahlindustrie  wie  für  die  keramische 
Industrie  ist  der  vorliegende  Fund  von  nicht  zn  unterschätzender 
Bedeutung. 

Die  Erzstufe  von  der  Grube  Bergmannstrost  ent- 
stammt einem  neueren  Aufschlüsse  in  der  oberen  Stollnsohle  des 
Werks,  indem  ein  bis  dahin  übersehenes  Gangtrum  des  Haupt- 
ganges aufgefunden  und  verfolgt  wurde.  Die  Stufe  giebt  einen 
Beleg  für  das  dortige  Zusammenvorkommen  von  Erzen,  als 
Schwefelkies,  Arsenikkies,  Zinkblende,  Fahlerz.  durchwachsen  mit 
dolomitischer  Gangmasse.  In  einer  Druse  sind  auf  den  Wan- 
dungen Krystalle  von  Bournonit  aufgewachsen,  verdeckt  z.  Th. 
durch  Braunspath.  dem  wieder  noch  Schwerspath  aufsitzt.  Das 
Mitbrechen  dieser  späthigen  Gangmineralien  zeugt  für  den  Adel 
der  Erzbildung.  Die  Bournonitkrystalle  sind  in  ausgezeichneten, 
charakteristischen  Zwillingen  vorhanden,  Zwillingsebene  eine  Fläche 
des  verticalen  Prismas.  Die  Flächen  dieses  Prismas  an  dem  aus- 
springen Winkel  sind  dadurch  kenntlich  und  ausgezeichnet,  dass 
sie  wie  Stahl  glänzen,  während  alle  anderen  Flächen  matt.  z.  Th. 
angelaufen  sind. 

Der  Vortragende  verbreitete  sich  mit  kurzen  Worten  über 
die  durch  die  neueren  Aufschlüsse  bei  Altenburg  herausgestellten 
Gangverhältnisse. 

Die  Erzstufen  von  Kupferberg  gehören  dem  Ganggebiete 
der  östlichen  Gruppe  von  Gängen  an,  welche  durch  den  Neuen  Adler- 
Schacht  zunächst  in  der  Stollnsohle  gelöst  sind.  Nachdem  man 
im  Jahre  1886  mit  der  Wiederaufwältigung  der  Baue  begonnen 
hat.  ist  dieselbe  vorzugsweise  auf  die  Verfolgung  dei-  beiden 
Gänge  Fröhlicher  Anblick  und  Silberfirste  gerichtet  gewesen. 
Der  erstere.  südlicher  gelegen,  streicht  nahezu  in  hör.  9  und 
führt  mehrere  Trümer  derben  Kupferkieses.  Bei  einigen  100  m 
vom  Schacht  fand  man  eine  versetzte  Strecke,  welche  querschlägig 
zur  Gangrichtung  verfolgt  wurde.  Nach  wenigen  Metern  durchquerte 
man  mehrere  Gänge,  von  denen  der  erste.  0.75  — 1,00  m  mächtig, 
ein  derbes  Buntkupfererz  aufwies,  welches,  stellenweise  mit  Zink- 
blende verwachsen,  in  den  reineren  Partieen  bis  70  pCt.  Kupfer 
haltend  sich  zeigte.      Weiterhin  wurde   ein  8  —  10  cm  mächtiges 


796 


Trum  VOM  Kupferkies  durchfahren,  dadurch  ausgezeichnet,  dass  zwi- 
schen den  Gangschnüren  die  Räume  mit  Schwerspath.  Flussspath 
und  Kalkspath  ausgefüllt  sind.  Die  Auffindung  derartiger,  bisher 
unbekannter  Gangmittel  lassen  darauf  schliessen,  dass  dem  Berg- 
bau an  dieser  Stelle  noch  ausreichende  Erze  für  einen  lohnenden 
Bergbau  zu  Gebote  stehen. 

Hierauf  wurde  die  Sitzung  geschlossen. 

V.  w.  0. 

Beyrich.  Dames.  Tenne. 


Protokoll 

einer  gern  einsamen  Begehung  des  Gebietes  der  Glarner 
Doppelfalte  unter  der  Leitung  von  A.  Heim  am  14., 
15.  und  16.  August  1890  im  Anschluss  an  die  Ver- 
sammlung der  Deutschen  geologischen  Gesellschaft  zu 
Freiburg  i.  Br.  ^) 

Hierzu  Tafel  XXXVII  bis  XXXIX. 

(Nach  photographischen  Aufnahmen  von  F.  Frkch.) 

1.  An  der  Lochseite  unweit  Schwanden  sieht  man  Verru- 
cano.  der  unten  grün  und  flaserig.  oben  mehr  roth  und  conglo- 
meratisch  ist.  in  fast  schwebender  Lagerung  über  steil  Süd  fallen- 
dem schwarzen  Schiefer  (Eocän).  An  der  Grenze  beider  erstreckt 
sich  ein  0.1  bis  1  ni  mächtiges  Band  eines  vielfach  gefältelten, 
gekräuselten  und  gewellten  Kalkes,  des  I.iOchseitenkalkes.  welcher 
gelegentlich  in  Gestalt  kleiner  Säcke  in  sein  Liegendes  eingreift. 
Die  Oberfläche  des  Liegenden  schmiegt  sich  der  Unterfläche  des 
Lochseitenkalkes  unter  verworrenen  Krümmungen  an.  Eine  sehr 
deutliche,  der  unteren  Grenze  des  Verrucano  parallele  Fuge  ver- 
läuft theils  an  der  Grenze  von  Verrucano  und  Lochseitenkalk, 
theils  mitten  in  letzterem. 

2.  Die  tief  eingeschnittene  Tschingelschlucht  bietet  sammt 
ihren  Verzweigungen  Profile  dar.  welche  die  concordante  Einschal- 
tung dreier  über  einander  folgenden.  Nummuliten  führenden  Kalk- 
bänke in  den  Komplex  der  darum  zweifellos  eocänen.  schwarzen 
Schiefer  veranschaulichen. 

3.  Am  Haus  stocke  streichen  stark  gefaltete,  schwarze  Schiefer 
mit  eingeschalteten  Kalkbänken  (Eocän)  unter  der  discordanten 
Ueberlagerung  von  nahezu  horizontal  liegendem  Lochseitenkalk 
und  Verrucano  derart  durch,  dass  beiderseits  des  Hausstock- 
Mätlistok-Grates.  nämlich  vom  Eimer  Thale  und  vom  Durnachbach- 
thale.   dieselben  Falten  sichtbar  werden      (Vergl.  Taf.  XXXVIII.} 

4.  Dieses  nur  aus  der  Entfernung  gesehene  Profil  am  Haus- 
stocke wiederholt  sich  genau  am  Kalkstocke.  Der  Gipfel  besteht 
aus    rothschiefrigem .    vielfach    deutlich    in    der   Fallrichtung    ge- 


r         ')  Obige  Notiz  wurde  zu  spät  eingeliefert,  sodass  dieselbe  dem" 
Protokoll  der  allgemeinen  Versammlung  nicht  mehr  beigefügt  wer- 
Lden  konnte.  C.  A.  Tenne. 


798 


streckten!  und  senkrecht  dazu  zerrissenem  Verrucano.  Darunter 
erscheint  ein  gewellter  und  gekräuselter  Kalk,  der  vollständig 
jenem  der  Lochseite  gleicht,  und  als  dessen  Liegendes  tritt  dis- 
cordant  schwarzer,  steil  Süd  fallender  Schiefer  auf.  Demselben 
ist  unmittelbar  unter  dem  Lochseitenkalk  am  Ostabfalle  des  Kalk- 
stockes eine  Bank  von  Nunnnuliten  -  Kalk  eingeschaltet ,  wodurch 
das  eocäne  Alter  des  Complexes  der  schwarzen  Schiefer  auch  an 
dieser  Stelle  unzweifelhaft  wird.  "Wie  an  der  Lochseite,  mir  in 
viel  grösserem  Maassstabe,  greifen  hier  Lochseitenkalk  und  eocäne 
Schiefer  in  einander  ein,  sodass  der  Lochseitenkalk  hier  bald  auf 
20  m  Mächtigkeit  anschwillt,  bald  auf  Null  reducirt  wird.  Seine 
obere  Fläche  bildet  die  Höhe  des  Sattels  zwischen  Kalkstock  und 
Hahnenstock.  Sie  ist  völlig  eben,  fällt  sanft  gegen  NNW  und 
ist  stellenweise  mit  dünnen  Lagen  von  gelbem  Dolomit  (nach 
Heim  Röthidolomit)  überdeckt.  Die  Trace  dieser  ebenen  Ober- 
fläche des  Lochseitenkalkes  ist,  so  weit  die  Aussicht  reicht,  im 
Süden  unter  dem  Hausstocke  und  Nachbarn,  im  Norden  im  Kärpf- 
gebiete  und  im  Osten  bis  an  den  grauen  Hörnern  vollkommen 
deutlich  unter  dem  Verrucano  verfolgbar.    (Vergl.  Taf.  XXXIX.) 

5.  Südlich  vom  Hausstocke  erblickt  man  vom  Kalkstocke 
aus  die  Ansicht  folgender  Schichtfolge:  Oben  grünlichen  Verru- 
cano in  zackigen  Felsen  aufragend,  darunter  eine  braune  Schicht 
(Dogger),  in  deren  Liegendem  sehr  mächtiger  grauer  Kalk  (Hoch- 
gebirgskalk)  erscheint.  Unter  letzterem  treten,  und  zwar  schräg 
von  ihm  abgeschnitten,  schwarze,  steil  Süd  fallende  Schiefer 
(Eocän)  auf.  denen  vielfach  dicke  Kalkbänke  (Nummuliten- Kalke) 
eingebettet  sind.  Der  unter  2.  erwähnte  Schiefercomplex  der 
Tschingelschlucht  gehört  in  das  Bereich  dieser  schwarzen  Schiefer. 
Nach  Osten  gegen  die  Tschingelhörner  nimmt  die  Mächtigkeit  des 
Hochgebirgskalkes  sichtbar  ab.  unter  den  Tschingelhörnern  sind 
demselben  mächtige  und  ausgedehnte  Keile  des  liegenden  schwar- 
zen Schiefers  eingetrieben.  Das  aus  der  in  Rede  stehenden  Wand 
hervorspringende  Zwölfihorn  zeigt  im  Profile  eine  Aufkrümmung 
des  Hochgebirgskalkes  sammt  seiner  Unterlage,  die  convexe  Seite 
dieser  Aufkrümmung  kehrt  sich  gegen  Norden. 

6.  A'om  Hahnenstock.  0,7  km  nördlich  vom  Gipfel  des  Kalk- 
stockes bis  zum  2  km  weiter  gegen  NW  gelegenen  Bützistock, 
erstreckt  sich  ein  Grat  von  Verrucano,  dem  mehrfach  Dolomit- 
partieen  eingebettet  sind.  Am  Westfusse  des  Bützistockes  liegt 
unter  dem  Verrucano  zunächst  gelb  anwitternder  Dolomit  (Röthi- 
dolomit) .  darunter  rother  Schiefer  (Quartenschiefer) ,  Quarzit  und 
schwarzer  Schiefer  (Lias),  Echinodermen-Breccie  und  Eisenoolith 
mit  Belemniten  (Schiltkalk),  welcher  ausgezeichnet  linear  gestreckt 
ist  und  zwar  in  der  Fallrichtung  der  Grenzfläche  zwischen  Verru- 


799 


cano  und  Eocän.  Unter  dem  Schiltkalke  taucht  grobbankiger, 
hell  grauer,  gleichfalls  gestreckter  Kalk  mit  Belemniten  (Hoch- 
gebirgskalk)  auf,  der  sich  iu  stattliclier  Mächtigkeit  (100 — 200  m) 
fortzieht,  den  Saasberg  bildend,  während  der  ganze  hangende 
Komplex  bis  zum  Verrucano  nur  etwa  IT-)  m  Mächtigkeit  aufweist. 
Alle  diese  Glieder  sind  unter  einander  concordant  gelagert,  und 
dieselben  konnten  um  das  Westeck  des  Bützistockes  herum,  von 
dem  Nordwestgehänge  desselben  bis  zu  dessen  Südwestgehänge, 
also  gewiss  unter  dem  Verrucano  durchstreichend,  verfolgt  wer- 
den. Weiterhin  unter  den  Südwänden  des  Bützistockes  er- 
scheint über  der  Heustatfelalpe  eine  dreimalige  Wiederholung  von 
Quartenschiefer .  Lias ,  Dogger  und  Mahn  in  der  genannten 
Reihenfolge  von  oben  nach  unten,  unmittelbar  darunter  liegt  im 
liegenden  schwarzen  Schiefer  (Eocän!)  eine  Bank  n)it  Numnm- 
liten.  Fortlaufende  Entblössungen  bis  unter  den  Kalkstock  hin 
zeigen,  wie  die  reichhaltige  Schichtfolge  zwischen  Verrucano  und 
schwarzem  Schiefer  am  Bützistock  sich  zum  Lochseitenkalke  des 
Kalkstockes  ausdünnt. 


Im  Kärpfgebiete  zwischen  Sei'nf-  und  Lintthal  liegt  also 
zu  Unterst  ein  stark  gefalteter,  durchschnittlicli  südlich  fallender 
Complex  schwarzer  Schiefer,  dem  an  zahlreichen  Stellen  Bänke 
von  Nummuliten  -  Kalk  concordant  eingebettet  sind,  und  welchem 
die  Glarner  Fisch-Schiefer  angehören.  Dafür,  dass  ausser  diesen 
zum  Eocän  gehörigen  Schiefern  noch  andere  auftreten,  wurden 
weder  paläontologische,    noch  stratigraphische  Anzeichen  gefunden. 

Discordant  über  diesem  Schiefer-Coniplexe  und  zwar  stellen- 
weise dicht  über  Nummuliten-Kalkbänken  lagert  im  Kärpf-Gebiete 
eine  Verrucanoplatte .  welche  sanft  gegen  Nord  fällt,  während 
die  Gipfel  südlich  von  Elm  von  einer  südlich  fallenden  Platte 
desselben  Gesteins  gebildet  werden.  Die  von  uns  verfolgte 
Grenze  zwischen  der  Nord  fallenden  Verrucano  -  Platte  und  den 
liegenden,  steil  Süd  fallenden,  gefalteten  Eocän  -  Schiefern  ist 
überall  scharf  entwickelt,  und  landschaftlich  ungemein  deutlich 
ausgesprochen.  Längs  iln-  tritt  in  der  Regel  ein  Band  gefäl- 
telten und  gekräuselten,  förmlich  gekneteten  Kalkes,  des  Loch- 
seitenkalkes, auf.  Dasselbe  ist  von  sehr  schwankender  Mäch- 
tigkeit und  in  das  liegende  Eocän  stellenweise  sackförmig  ein- 
getrieben. Am  Bützistocke  schwillt  dieses  Band  des  Lochseiten- 
kalkes an  zu  einem  Complexe  von  gelbem  Dolomit .  rothem 
Schiefer,  sclwarzem  Schiefer  und  Quarzit,  von  Echinodermen- 
Breccie  und  Eisenoolith  mit  Belemniten.  von  grauen.  Belem- 
niten   führenden  Kalken,    welcher  Complex   sich  durch    seine  pe- 


800 


trographische  Beschaffenheit  und  Fossilführung  als  die  umgekehrte 
Normalschichtfolge  von  Röthidolomit.  Qiiarteiischiefer.  Lias.  Dog- 
ger,  Malm,   und  zwar  in  stark  reducirter  Mächtigkeit  erweist. 

Eine  ähnliche  umgekehrte  Lagerung  der  Juragebilde  zwi- 
schen dem  liegenden  Eocän  und  dem  hangenden  Verrucano  be- 
sitzen augenscheinlich  die  Bergwände  südlich  von  Elm  unter  der 
Südplatte  des  Verrucano. 

Diese  Ergebnisse  stimmen  mit  den  von  A.  Heim  mitgetheilten 
Beobachtungen  völlig  überein. 

Benecke.      Hermann  Credner.     E.  Fraas.     Frech. 

Eugen     Geinitz.         Graeff.        Alfred    Jentzsch. 

E.  Kayser.    Konrad  Keilhack.    Penck.    Steinmann. 

A.  W.  Stelzner.     L.  van  Werveke. 


801 


Für  die  Bibliothek  sind  iin  Jalire   1890    im  Austausch  uud 
als  Geschenke  eingegangen: 

A.      Zeitschriften. 

Aarau.   Aargauische  naturforscliende  Gesellschaft.   Mittheilungen.  V. 
Angers.    Societe  d'efudes  sficnHfiques.    Bulletin,  Bd.  XYII.  XVIII. 
Bamberg.      Naturforschende  Gesellschaft.     Berichte.  Bd.  XV. 
Berlin.     Königl.   preussische  geologische  Landesanstalt.     Jahrbuch 

für  1888.   —  Abhandlungen,  Bd.  X.  Heft  2.  —  Neue  Folge. 

Heft  1. 

—  Königl.  Akademie  der  Wissenschaften.   Sitzungsberichte,  1889. 
Heft  39  —  53  und  1890,  Heft  1—40. 

—  Zeitschrift  für  Berg-,   Hütten-  u.   Salinen-Wiesen  in  Preussen, 
Bd.  XXXVHI. 

—  Naturwissenschaftlicher  Verein  von  Neuvorpommern  u.  Rügen. 
Mittheilungen.  Bd.  XXI. 

—  Botanischer  Verein   für  die  Provinz  Brandenburg.     Verhand- 
lungen. Bd.  XXX. 

Bern.     Naturforschende  Gesellschaft.    Mittheilungen.   1889. 
Bonn.      Naturhistorischer  Verein  der  preussischen  Rheinlande  und 

Westfalens.  Verhandlungen,  Bd.  XLVI,  2  u.  XLVH,  1. 
Bordeaux.  Societe  Linneenne,  Actes,  Bd.  XLI,  4 — 7;  XLII. 
Boston.     Society    of    nritiirol    history.      Proeeedings,    Bd.    XXIV, 

Heft   1—2. 

—  Annual  Report    of  tJie  American   Board    of  Commissioners 
for  Foreign  Missions,   1889. 

Bremen.    Naturwissenschaftlicher  Verein.     Abhandlungen,  Bd.  XI. 

Heft  1—2. 
Breslau.    Schlesische  Gesellschaft  für  vaterländische  Cultur.  Jahres- 
bericht, Bd.  XLVII. 
Brunn.     Naturforschender  Verein.    Verhandlungen,  Bd.  XXVII. 
Brüssel.    Societe  royale  malacologique.    Annales,  Ser.  IV,  Bd.  lU. 

—   Proces  verhaux,    Bd.  XVH,  Bg.  7  —  12  u.  Bd.  XVHI, 

Bg.   1-9. 
Buenos   Ayres.       Academia    nacional    de    dencias    en    Cordoba. 

Boletin,  Bd.  X,3  u.  XI,   4. 
Caen.     Societe  Linneenne  de  Normandie.     Bd.  IV,   2. 
Calcutta.      Geological    survey    of  India.     Becords,    Bd.  XXII,   4 

und  XXIII.   1  —  3.   —    Bihliqfraphy  of  Indian  Geology. 
Cambridge.     Museum  of  camparative  zoology  nt  Harvard  College. 

Annual  report,   1888  —  89. 
Canada.       (ieological    and    natural    history    survey    of    Canada. 

Contributioi^s   to    the  Micro  -  Palaeontology   on   the   Cambro- 


802 

Silidrian   Bodcs   of  Canada,Vol.   IL     Montreal    —   Annual 

repot't.     New  series,  Bd.  III. 
Cassel.     Geognostisclie  Jahreshefte.     Herausgegeben  von  der  geo- 

gnostischen  Abtheihmg    des    kgl.    Bayerischen  Oberbergamts 

m  München,  Bd.  II. 
Christiania.      Videnskahs  Selskahef.     Forhandlätgiir,   1889. 
Chur.     Naturforschende  Gesellschaft  Graubündens.     Jahresbericht, 

Bd.   XXXIII. 
Darmstadt.     Verein  für  Erdkunde.    Notizblatt,   4.  Folge,  Bd.  X. 
Dijon.     Academie  des  sciences  etc.     Memoires,  4.  Serie,  Bd.  I. 
Dorpat.     Naturforscher  -  Gesellschaft.      Sitzungsberichte,    Bd.  IX, 

Heft  1. 

—  Schriften,  herausgegeben  v.  d.  naturf.  Gesesellschaft  bei  der 
Universität  Dorpat,  V. 

Dresden.  Naturwissenschaftliche  Gesellschaft  Isis.  Sitzungsbe- 
richte,  1889,  Juli  —  December. 

Dublin.  Royal  Irisli  academy.  Tr ansäet i< ms,  Bd.  XXIX,  12  — 13. 
—  Proeeedings,  3  ser.,  I,   1 — 3. 

Edinburgh.     B.  2)]tysirnl  soriefy.      Proeeedings,   1888  — 1889. 

Emden.  Naturforschende  Gesellschaft.  Jahresbericlite,  IS'SS  — 
1889. 

Frankfurt  a.  M.  Senkenbergische  Gesellschaft.  Abhandlungen, 
Bd.  XVI,   1.    -  Berichte,    1889  u.    1890. 

Genf.  Societe  de  physique  et  d'histoire  untureUe.  Memoires, 
Bd.   XXX.   2. 

—  SoeieHe  helvetique  des  sciences  naturelles.  Compte  rendn  des 
travaiw.      1889. 

Giessen.  Oberhessische  Gesellschaft  für  Natur-  und  Heilkunde. 
Berichte,   Bd.   XXVH. 

Görlitz.     Neues  Lausitzisclies  Magazin.   Bd.  XLV,   2  u.  XLVI,   1. 

Gotha.  Petermann" s  Mittheilungen.  Bd.  XXXVI.  —  Ergänzungs- 
hefte 97—99. 

Güstrow.      Siehe  Neubrandenburg. 

Halle.  Zeitschrift  für  die  gesammten  Naturwissenschaften,  4.  Folge, 
Bd.  VIH,   3—6  und  5-  Folge.  Bd.  I.    1—5. 

Hannover.  Zeitschrift  des  iVrchitecten  -  und  Ingeniem- -  Vereins. 
Bd.   XXXVI. 

—  Naturhistor.   Gesellschaft.      Jahresberichte  Bd.  38  u.  39. 
Harlem.     Ärchives  Neerlandaises    des    sciences  etc.,    Bd.   XXIV, 

1  —  3. 
-r'     Ärchives  du  Musee   Teyler,  Ser.  2.  Bd.  III.   4.   —   Catalog 

der  Bibliothek,  II,  Lief.    1—3. 
Harrisburg.       Pensylvania    c/eological    stirvey.      Annnnl    Beport, 

1887. 


803 

Helsingfors.   Fennia.  Sociefe  de  Geographie  Finlandaise.     Bulletin, 

1  —  3. 

Hermaiinstadt.      Siebenbürgischer  Verein    für   Naturwissenschaften. 

Verhandlungen.  Bd.  XXXIX. 
Kiel.       Naturwissenschaftlicher    Verein     für     Schleswig  -  Holstein. 

Schriften.  Bd.  VIII,    1. 
Klagenfurt.     Naturhistorisches  Landesmuseum  von  Kärnten.     Jahr- 
buch, Bd.  XX. 
Königsberg  i.  Pr.    Physikal.- ökonomische  Gesellschaft.     Schriften, 

Bd    XXX. 
Krakau.     Akademie   der  Wissenschaften.     Anzeiger,    1889.   Oct.- 

Dec;  1890,  Jan.-Juli.. 
Lausanne.     Soeiete    Vaiidoise    des  scioices   naturelles.      Bulletin, 

No.   100  u.   101. 
Leipzig.     Verein  für  Erdkunde.     Mittheilungen,    1889. 
Liege.     Soeiete  geologique  de  Belgique.    Annales,  Bd.  XVII.  1 — 3. 
Lille.     Soeiete  ffeologique  du  Nord.     Annales,  Bd.  XVI,   6;   XVII, 

1—6. 
Lissabon.     Communicagoes  da  Commissao  dos  Trahlialos  geologicos 

du  Portugal,   Yol.  I.   2;  II,    1. 
London.      Geoloyienl  society.     Quarterly  Journal,    Bd.   XLVI.   — 

Abstraets  of  the  Proeeedings.   No.   546- — 561. 
Lund.     Acta   Universttatis  Lunden»is.    Lunds   Universitats  Ars- 

Skrift,  Bd.  XXV. 
Lyon.     Acad&mie  des  seieiiees.     Memoires,  Bd.  LVIII  u.  LIX. 
—     Soeiete    d'agrieulture    etc.     Annales,    ser.   5.    Bd.  IX  u.  X; 

ser.  6,  Bd.  I. 
Magdeburg.    Naturwissenschaftlicher  Verein.     Jahresbericht   1888, 

1889. 
Mailand.      Societä  italiana  di  scienze  naturaU.    Atti,  Bd.  XXXII. 
Manchester.      Geological  society.     Transnctions,  Bd.  XX,  11 — 21. 
Maryland.     Academie  of  sciences.      Transactions,   1888  —  1890, 

S.  1  —  10. 
I\Ielbourne.     Geological  survey  of  Victwia.   —  Annual  rep&rt  of 

the  secretary  for  mines,  1890.   —    The  Gold  fields  of  Vic- 
toria.   BexMrts  of  the  mining  registrars,  1889,   3 — 4. 
Mexico.     Sociedad  eientifica  A.   Alzate.     Memoirias.   Bd.  II,    12. 
Minncapolis.      Siehe  Minnesota. 
Minnesota.     Geological  and  natural  history  survey  of  Minnesota. 

Annual  Eepm-t,  Bd.  XVII.   —  Bulletin,   1889,   1  u.  5. 
Montreal.      Ute  Canadian  record  of  science,  Bd.   III,   8  und  IV, 

1—3. 
Moscau.      Soeiete    imperiale    des    nafuralistes.      Bulletin,     1889, 

2  —  4;   1890.   1. 


804 


München.      Kgi.  baierische  Akademie    der  Wissenschaften,   inath.- 

physik.    Klasse.      Abhandlungen,   Bd.   XVII.    1.    —   Sitzungs- 

berichte,   1889,   2,   3;    1890.    l~?y. 
Neubrandenburg.     Verein    der    Freunde    der    Naturgeschichte    in 

Mecklenburg.     Arcliiv.   Bd.  XLIII. 
New  Haven.     The  american  Journal  of  science,  No    227 — 236. 
New  York.     American  museiim   of  natural  history.     Annual  re 

port,   1889—90.   —    Bidletin,  II.   3—4. 

—  Acadeniie  of  sciences.  Transactions ,  Bd.  VIII,  5 — 8;  IX, 
l._2.   _  Annah,  Bd.  IV.   12;  V,   1  —  3. 

Nürnberg.     Naturhistorische  Gesellschaft.     Jahresbericht,    1889. 
Paris.     Annales  de  mines,    Ser.  8,  Bd.  XV,   4 — 6;  XVI;  XVII, 
1—4. 

—  Societe  yeologique  de  France,  Ser.  3,  Bd.  XVII,  7  — 9; 
XVIII.   1  —  5. 

Passau.     Naturhistorischer  Verein.     Jahresbericht,    XV. 

Pennsylvania.  Second  Geological  Sitrvey.  AA.  Atlas  Northern 
Anthracite  field,  V;  AA.  Eastern  mtddle  Anthracife  field, 
III;  D.  6.  South  Mountain  sheets,  C  1  —  4.   I)  1  —  5. 

Pestli.  Kgl.  ungarische  geologische  Anstalt.  Jahresbericht,  1888, 
(1889).    —   Mittheilungen  aus  dem  Jahrbuch,   Bd.  IX,    1. 

—  Földtany  Közlöny.   Bd.  XIX,   7  —  12;  XX,    1—3. 
Philadelphia.      Acadewy  of  natural  science.      Proceedings,   1889, 

2—3;   1890,   1.^ 

—  American  xjJtilosophical  Society.  Proceedings,  No.  130  bis 
133.      Transactions,  Bd.  XVI,   3. 

—  Wagner  Free  Institute  of  Science.     Transactions,  Bd.  II,  III. 
Pisa.     Societä   Toscana    di  scienze    naturali.     Memorie,    X.   — 

Processi  verhali,  Bd.  VI,   S.   255  —  302;  VII.   S.  1  —  78. 

Portland.  Society  of  natural  history.  Proceedings,  1880  —  81. 
9  —  12;   1881—82,   1  —  4,   8  —  11;   1888  —  89,  9. 

Prag.  K.  böhmische  Gesellschaft  der  Wissenschaften.  Abhand- 
lungen, 7.  Folge,  Bd.  III.  —  Sitzungsberichte,  Bd.  LXXXIX, 
2;  XC,    1.    — •  Feistmantel:  Tasmanien. 

Regensburg.  Zoologisch -mineralogischer  Verein.  Berichte.  1888 
bis   1889. 

Rom.     Societä  geologica  italiana.      Bolletino,  Bd.  VIII,   3. 

—  Atti  della  B.  accademia  dei  Lincei  Memorie,  4.  Ser., 
Bd.  V.  —  Rendironti,  Ser.  4.  Bd.  V.  2.  Semester.  Heft  5 
bis  13;  Bd.  VI,  1.  Semester.  Heft  1—12;  2.  Semester, 
Heft   1—6. 

—  B.  coniitato  geologico  d'Italia.  Bolletino,  Bd.  XX  (1889), 
9—12;  XXI  (1890),   1  —  8. 


805 


Sacramento.      California   State   Mining   Bureau.      Annual  repart 

of  the  State  llineralogist,  Bd.  IX. 
San   Francisco.      California    Aeademy    of  scienees.      Proceeäings, 

Ser.   2,  Bd.  II. 
St.  Etienne.       Soeiefe  de   l'industrie   minerale.      Bulletin,   Ser.  3, 

Bd.  III,   4;  IV,   1 — 3.    —   Comptes  remlus  mensuels,  1889, 

Oct.-Dec;   1890,  Jan.-Oct. 
St.  Gallen.     Naturwissenschaftl.  Gesellschaft.    Bericht,   1887 — 88. 
St.   Paulo.      Commissao    geographica    geotogica    da    Provincia  de 

St.  Paulo.     Boletin,   1—3. 
St.  Petersburg.      Comite  geologique.     Bulletin,  Bd.  VIII,  6  —  10; 

IX,  1—6.   —  Memoires,  Bd.  IX,   1;  XI,   1. 

—  Academie  imx)criale  des  scienees.  — •  Memoires,  Bd.  XXX'S^I. 
2—13;  XXXVm,   1. 

Stockholm.  Sveriges  offentliqa  Bibliothek.  Accessions  -  Catalog, 
1889. 

—  Kgl.  svenslca  vetensJcaps  academiens  handlingar ,  Bd.  XX, 
XXI.  —  Öf versigt  af  förhandlingar,  1884  —  1888.  — 
Bihang  IX,   1—2;  XI,    1—2;  XII,   2—4;  XIII,   2  —  4. 

—  Sveriges  geologisTca  tmdersöktmig.  Afhandlingar  och  upp- 
satser,  No.  92  — 111.  113  — 115.  —  MisceÜana.  1.  G. 
Löf Strand:  Apatiten  t  Norbottens  Länjemfwdt  med  dess 
üppträdande  i  Norge.  2.  TÄste  systematique  des  ^mbli- 
cations. 

—  Geologiska  föreningens  förhandlingar,  Bd.  XI,  6  —  7;  XII, 
1  —  5. 

Stuttgart.     Verein  für  vaterländische  Naturkunde  in  Württemberg. 

Jahreshefte,  Bd.  XL  VI. 
Tokyo.     College  of  science.  Imperial  university.    Journal,  Bd.  III, 

3  —  4. 

—  Seismological  society  of  Japan.     Transactions,  Bd.  XIV\ 
Topeka.     Kansas  Aeademy  of  scienees.      Transactions,  X,  XI. 
Venedig.     R.  istituto  veneto  di  scienze  etc.     Atti,  Ser.  6,  Bd.  VII, 

3  —  10. 
Washington.     Smithsonian   instittUion.     Report,   1886,   2;    1887, 
1 — 2.   —   Contributions,  Bd.   XXVI.   —  Bureau  of  Ethno- 
logie.    Annual  Report,  V,  VI  und  folgende  Einzelhefte: 

1.  W.  H.  Holmes:    Textile  Fabrics  of  ancient  Peru. 

2.  J.  C.  PiLLiNG :     Bibliographie    of   the    MusMogean 
languages. 

3.  —      Bibliographie  of  the  Iroquoian  languages. 

4.  C.  Thomas:     The    circular,    Square    and  octogonal 
Earthworhers  of  Ohio. 

5.  —      The  Problem  of  the   Ohio  Mounds. 

Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XL  IL  L  53 


806 


Washington.      United  States  geological  siirvey. 

1.  Annual  Reports,  VII  —  IX. 

2.  Monographs: 

XIII.  Geology  of  the  Quiclsüver  Deposits  of  the  Pa- 
cific Slope,  ivith  Atlas,  hy  George  F.  Becker. 
1888.     40. 

XIV.  Fossil  Fishes  and  Fossil  Plants  of  the  Triassic 
Hochs  of  Neiv  Yersey  and  the  Connecticut  Valley, 
hy   John  S.   Newherry.     1888.     4". 

XV.  The  Potamac  or  Younger  Mesozoic  Flora,  hy 
William  Morris  Fotitaine.     1889.     4^. 

XVI.  Palaeozoic  Fishes  of  Nortli  America,  hy  John 
Strong  Newherry.     1889. 

3.  Bulletins,  No.  48  —  57. 

Wien.  Akademie  der  Wissenschaften,  Sitzungsberichte  der  math.- 
naturw.  Classe,  I.  Abth.,  Bd.  XCVIU,  1—3.  —  U.  Abth., 
A.,  Bd.,  XCVn,  8—10;  XCVIII,  1—3;  B.,  Bd.  XCATI, 
8  —  10;  XCVni.  1  —  3.  —  III.  Abth.,  XCVII,  7  —  10; 
XC\TII,   1—4. 

—  K.  k.  geolog.  Reichsanstalt.  Jahrbuch.  Bd.  XXXIX,  3  —  4; 
XL.   1—2.    —  Verhandlungen.    1889.     4". 

—  K.  k.  geographische  Gesellschaft.    Mittheilungen,   Bd.  XXXU. 

—  K.  k.  naturhistorisches  Hofrauseum.  Annalen,  Bd.  IV^,  4; 
V,    1—3. 

Wisconsin.      Academy  of  sciences  etc.      Transactions,   Bd.  VII. 
Zürich.      Schweizerische  naturforsch.  Gesellschaft.      Denkschriften, 
XXXn,   1.   —  Verhandlungen,   1889. 

B.     Bücher  und  Abhandlungen. 

Berendt  (G.).  Die  Soolbohrungen  im  Weichbilde  der  Stadt  Berlin. 

8^  1890.  (S.-A.  Jahrb.  preuss.  geol.  Landesanst.  1889.) 
Capellini   (G.),  Sul  Coccodrilliano  Garialoide  (Tomistoma  Cala- 

ritanas)  scoperto  nella  collina  di  Cagliari.  4".  Rom  1890. 
Carez  (L.),    1.  France,  2.  lies  Britanniques.    Extraits  de  l'an- 

nuaire  geol.  universel,   V.     8".      Paris  1889. 

—  Revue  annuelle  de  Geologie.  8".  Paris  1890.  (S.-A. 
Revue  generale  des  sciences  etc.,  I,   18.) 

Clarke  (J.  M.),  As  Trilohitas  do  Grez  de  Erere  e  Maecurü 
Estado  do  Pard    Brazil.     4".     Rio  de  Janeiro  1890. 

CoNWENTz  (H.),  Monographie  der  baltischen  Bernsteinbäume.  Mit 
18   Tafeln.     4».     Danzig  1890. 

Dana  (J.  D.),     On  the  crystalline  limestone  and  the  conformahly 


807 

associateä  taromc  and  otlier  schists  of  fhe  Green   Mountnin 

Itegion.     8".     New  Haven.     1873  — 1888. 
Dawson    (W.).     The    QtiehecA-  Group   of  JÄgan.-     8".     Montreal 

1890.      (S.-A.    Canaäian  Becord.) 
Delgado  (J.  f.  N.),     llelatorio  äcerca  da  decima  sessäo  do  con- 

gresso    internadonal    de   AntJiropologia    e   Areheologia    pre- 

Justoricas.     4".     Lissabon  1890. 
Dewalque  (G.)  ,     Campte  rendu   de  la  Session  extraordinaire  de 

la  societe  gpol  de  Belgique  tenue  ä  Dinant,  1 — 4  Sept.  1888. 

8^     Lüge  1890.     (S.-A.   Ann.  soc.  geol  de  Belg.,  XVL) 
Draghicenu  (M.).     Erläuterungen    zur    geologischen  üebersichts- 

karte  des  Königreichs  Rumänien.     Gr.   8".     Wien  1890. 

(S.-A.  Jahrb.  geol.   Reichsanstalt  XL.) 
Favre  (E.)  und  Schardt  (H.).    Bevue  geoloqique  Siiisse.    1889 

(XX).' 
Felix  (J.)  ,    Beitrag    zur  Kenntniss    der  Gattung  Protosphyraena 

Leidy.     8".     Berlin   1890. 
Felix  (J.)  und  Lenk  (H.),    Beiträge  zur  Geologie  und  Paläonto- 
logie der  Republik  Mexico,  Th.  I.     4".     Leipzig  1890. 
Fi-scHER  (Th.),  Zur  Morphologie  der  Küsten.    8".    Marburg  1885. 

(S.-A.    Sitzungsber.   d.   Ges.   z.  Beförderung  d.  ges.  Naturw. 

Marburg  1885,  No.  1.) 

—  Die  Fortschritte  und  die  Entwickelung  der  geographischen 
Wissenschaft  in  den  letzten  50  Jahren.  8 ".  Frankfurt  a.  M. 
1887. 

-     Küstenstudien   aus   Nord -Afrika.     4^     Gotha  1887.    (S.-A. 

Petermann' s  Mitth.,    1887.    1  u.  2.) 
Gagel  (C).     Die  Brachiopoden  der  cambrischen    und  silurischen 

Geschiebe  im  Diluvium  der  Provinzen  Ost-  und  Westpreussen. 

4".     Königsberg   1890.      (S.-A.  Beitr.  z.  Naturk.   Preussens. 

Königsberg.  VI.) 
Gaudry  (A.)  ,     Discours  prunonces  snr   la    fomhe  de  M.  Edmund 

Hebert.     8*^.     Paris  1890. 
Genth  (F.  A.).      On  tioo  minerals  from   Delaware    county.     Pa. 

8^     Plnladelphia   1889.     (S.-A.   Proc.  acad.  nat.  sc.  1889.) 

—  Contribufions  to  mineralogy  No.  44.  8".  New  Haven  1889. 
(S.-A.   Americ.   Journal,  38.) 

—  Jarosite  from   Utah.     8".     (Bml ,    Vol.  39.) 

—  Coniributions  to  mineralogy ,  No.  46,  48  u.  49.  8  ".  New 
Haren   1890.      (S.-A.   Bnd.,    Vol.  39  u.  40.) 

Genth  (F.  A.)  und  Penpield  (S.  L.),  On  Lansfor(lit,  Nesque- 
honite,  a  new  miner al  and  Pseudomorphs  of  Nesquehonite 
öfter  Lansfordite.  8".  New  Haven  1890.  (S.  -  A.  Ibid., 
Vol.  39.) 

53* 


808 

Green  (W.  L.),  Notice  of  Prof.  J.  D.  Dana's  „Chamcferistics  of 
Volcanoes''.     8".     Honolulu   1890. 

GüMBEL  (W.  V.) .  Geologische  Bemerkungen  über  die  warmen 
Quellen  von  Gastein  und  ihre  Umgebung.  8 ".  München 
1890.      (S.-A.   Sitzber.  bayr.  Akad.,  XIX,   3.) 

—  Die  mineralisch -geologische  Beschaffenheit  der  auf  der  For- 
schungsreise S.  M.  S.  Gazelle  gesammelten  Meeresgrund -Ab- 
lagerungen. 4*^.  Berlin.  (S.-A.  Forschungsreise  S.  M.  S. 
Gazelle,   Th.  II,    Phjsik  u.   Chemie.) 

Habenicht  (H.),  Der  Abkühlungsprocess  der  Erde  und  Experi- 
mente zur  Erklärung  desselben.  Gr.  s^'.  Stuttgart  1890. 
(Ausland,  Jahrg.  63,  No.  35.) 

Harada  (T.),  Die  Japanischen  Inseln.  Eine  topographisch -geo- 
logische Uebcrsicht,  Lief.  I  mit  5  Kartenbeilagen.  Heraus- 
gegeben von  d.  kais.  japanischen  geol.  Reichsanstalt.  8 ". 
Berlin  1890. 

HiNDE  (J.  G.)  ,  Notes  on  Radiolaria  from  the  Loiver  Palaeozoic 
Rocks  (Llandeilo  -  Caradoc)  of  the  South  of  Scotland.  8 ". 
London  1890.      (S.-A.    Ann.  a.   Mag.   nat.  hist.   1890.) 

Jentzsch  (A.),  Oxford  in  Ostpreussen.  8'^.  Berlin  1889.  (S.-A. 
Jahrb.  geol.  Landesanst.     Berlin   1888.) 

—  lieber  die  Bodenbeschatfenheit  des  Kreises  Pillkallen.  8  ^. 
Pillkallen  1889. 

Kaiser  (P.),     Die  fossilen  Laubhölzer.  I.  Nachweise  und  Beläge. 

8«.     Leipzig  1890. 
Kilian  (W.)  ,    Bescription  geologique    de    la  Montagne    de    Luve 

(Basses- Alpes).     8^     Paris  1889. 
Kinkelin  (F.).     Hermann  Theodor  Geyler.     Necrolog.      (S.-A. 

Neues  Jahrb.   f.  Min.   1889,  II.)     8  *>.     Stuttgart  1889. 

—  Der  Basalt  in  der  Senke  Luisa-Flörsheim  bei  Frankfurt  a.  M. 
8".  Wiesbaden.  (S.-A.  Jahrb.  nassauisch.  Ver.  f.  Naturk., 
Bd.   42.) 

—  Beiträge  zur  Geologie  der  Umgebung  von  Hanau.  8 ".  Ha- 
nau 1889.  (S.-A.  Abhandl.  zu  d.  Ber.  d.  Wetterauer  Ges., 
1887  —  89.) 

—  Erläuterungen  zu  den  geologischen  Uebersichtskarten  der 
Gegend  zwischen  Taunus  und  Spessart.  8 '-.  Frankfurt  a.  M. 
1889.      (Ber.   Senkenberg.   Ges.) 

Der  Pliocänsee  des  Rhein-  und  Mainthaies  und  die  ehema- 
ligen Mainläufe.     8''.     Frankfurt  a.  M.    1889.     (Ibid.) 

Laspeyres  (H.),  Heinrich  von  Dechen.  ein  Lebensbild,  mit 
1  Kupferstich.     8«.    Bonn  1889. 

Leppla  (A.),  Zur  Lössfrage.  8".  Kassel  1889.  (Geognostische 
Jahreshefte.  H.) 


809 


Martin  (K.j,    Ein  neues  Telescopium  und  die  Beziehungen  dieser 

Gattung  zu  Nerinea.     8".     Leiden  1889.     (Samml.   Geolog. 

Reichs-Mus.,   Ser.   1,  Bd.  IV.) 

Untersuchungen    über   den  Bau   von   Orhihdina  von  Borneo. 

8«.     Leiden   1889.      (S.-A.  ibid.) 

Die  Kei-Inseln  und  ihr  Verhältniss  zur  Australisch- Asiatischen 

Grenzlinie,    zugleich  ein  Beitrag  zur  Geologie  von  Timor  u. 

Celebes.     8".     Leiden    1890.      (Tijdschr.    v.   k    K    Nederl 

Aardrijlcskundig  Genootschap,    1890.) 
Merill  (G.  P.),   On  the  San  Emigdio  Meteorite.    8^.    Washington 

1888.     (Proc.    U.  S.  Nat.  Mus.) 

—  On  a  Peridodile  from  Little  Beer  Isle,  in  Penobscof  Ba//, 
Maine.     8^     Washington  1888.     (S.-A.  Ibid.) 

Moberg  (J.  Chr.)  ,     Gm  Lias  i  sydostra  Slcane.    8 ".    Stockholm 

1888.      (S.-A.   Geol.  För.  Förhandl,  Bd.  XI,  Heft  4.) 
Oehlert  (D.  P.),    Sur  le  Devom'en  des  environs  d' Angers.     8 ". 

Paris  1889.     (S.-A.   Bull.  soc.  geol.  France,  3  ser.,   t.  XVII. 

S.  742  ff.) 
— ■     Brachiopodes.     Extrait  de    l'Annuaire  gcologique  universel, 

T.  V.     8".     Paris  1889. 

—  Sur  la  Constitution  du  silurien  dans  la  partie  Orientale  du 
departement  de  la  Mayenne.     4''.     Paris  1889. 

—  Notes  sur  les  terrains  paleozoiques  des  environs  d'Eaux- 
Bonnes.  8".  Paml889.  {^.-A.  Bull.  soc.  geol  France  IS^^.) 

Oppenheim  (P.),  Die  Land-  und  Süsswasserschnecken  der  Vicen- 
tiner  Eocänbildungen.  Mit  5  Tafeln.  8^  Wien  1890.  (S.-A. 
Denkschr.  Wiener  Akad.,   Oct.  1889.) 

Penk  (A.),   Melchior  Neumayr  t-     8^     Wien   1890. 

Remele  (A.),  Beschreibung  und  Abbildung  einiger  gekrümmter 
Silur -Cephalopoden  aus  nordischen  Diluvialgeschieben.  Mit 
6  Tafeln.     (S.-A.)     4".     Berlin   1889. 

Sacco  (F.),  I  Molluschi  dei  terreni  terziarii  del  Piemonte  e 
della  Liguria,  Part.  Ylln.YIII.  8^.  Torrn  1890.  (S.-A. 
Boll.  nnts.  zool.  ed  anat  comp.,   Vol.  V,  No.  82 — 86.) 

Saint-Lager,  Progres  de  la  nomenclature  hotanique  et  zoologique. 
8".     Paris   1886. 

Scheibe  (R.)  und  Zimmermann  (E.)  .  Ueber  Aufnahmen  auf  den 
Blättern  Ilmenau  und  Plane.     8  **.     Berlin. 

Stapfe  (F.  M.),  An  die  Direction  der  König  Wilhelms -Felsen- 
quellen Bad  Ems.     8*^.     Ems  1890.   Als  Manuscript  gedruckt. 

—  Diluvialstudien  in  den  Lappmarken.     8 ". 

—  Zur  MALLET'schen  Methode  der  Bestimmung  des  Erdbeben- 
centrums. 8  ".  Berlin  1  890.  (S.  -  A.  Himmel  und  Erde. 
1890,  IL) 


810 


Steinmann  (G.)  und  Bücking,  Zur  Geologie  des  Cumberlandgolfes. 
8  •*.  (S.  -  A.  Die  Ergebnisse  der  deutschen  Polarexpedition. 
Allgemeiner  Theil,   Bd.  II.   6.) 

Steinmann  (G.)  und  Graeff  (Fr.),  Geologischer  Führer  der  Um- 
gebung von  Freiburg.     8".     Freiburg  1890. 

Strüver  (G.),  Sulla  hrooJcite  di  Beura  nelV  Ossola.  8 ".  Ttoma 
1890.  (S.  -  A.  BencUconti  B.  Accaä.  clei  Lincei,  ser.  4, 
Bd.  VI,   sem.  1.) 

—  Contribnzioni  alla  mineralogia  della  Valle  Yigezzo.  8  ^. 
Borna  1889.      (S.-A.  ihid.,  vol.  V,  2  sem.) 

—  Emaille  dl  Stromboli  8^.  Borna  1889.   (S.-A.  ibid.,  Memoria.) 

—  Confribuzioni  allo  studio  dei  graniii  della  Bassa  Valsesia. 
4^     Boma  1890.     (Ibid.,  ser.  i,    Vol.  YI.) 

VoLGER    (0.),     Leben    und  Leistungen    des  Naturforschers   Karl 

SCHiMPER.     8".     Frankfurt  a.  M.    1889. 
WüLFiNG   (E.  A.),      Ueber    einen    Apparat    zur    Herstellung    von 

Krystallschliffen    in    orientirter    Lage      8^'.     Leipzig    1890. 

(S.-A.  Zeitschr.   f.  Krystallographie,   XVII,   5.) 

—  Ueber  eine  Vorrichtung  zum  raschen  Wechsel  der  Beleuch- 
tung am  Mikroskop.  8**.  Stuttgart  1889.  (S.-A.  Neues 
Jahrb.   f.  Min.,    1889,  IL) 

—  Berechnung  der  chemischen  Formel  der  Turmaline  nach  den 
Analysen  von  R.  B.  Riggs. 


Fischereitag,  Festgabe  für  die  Theilnehmer  des  III.  Fischerei- 
tages zu  Danzig.     8 ''.     Danzig  1890. 

Le  Natur  allste.  Beviie  üliistree  des  sciences  naturelles,  2.  ser.. 
No.   67. 

C.    Karten  und  Kartentexte. 
Japan. 

Geol.  Survey  of  Japan.     Geologische  Karte  von  Japan. 
1  :  200000.     Bl.  Sado.    Z.   ^Vis-  Col.  XL 
Bl.  Yokkaichi.    Z.   8.   Col.  IX. 
Geol.  Survey  of  Japan.      Ja]ia,nese  Islands.   1  :  300000. 

1 .  Systems  of  Mountains  and  Bivers. 

2.  Geological  Map. 
Italien. 

B.    üffieio  geologico. 

1.  Memorie  descrittive  della  carta  geologica  d'Italia, 
Vol.  V.  Descrizione  geol. -min.  d.  zona  argentifera 
del  Sarrabus  (Sardegna)  di  C.  de  Castro.  8 ". 
Rom   1890. 

2.  Carta  geol-min.  del  Sarrabus  (Sardegna).   1  :  50000. 


811 


Mexico. 

Bosquejo  de  una  Carta  geologica  de  la  BepuhUca  Mexicana 
del  Antonio  del  Casfülo.    1  :  3000000.    1889. 
Preussen. 

1.  Geolog.  Specialkarte  von  Preussen.  1  :  25000.  Heraus- 
gegeben von  der  kgl.  geol.  Landesanstalt.  Lief.  33  u.  43. 

2.  Runge.  Flötzkarte  des  Ruhrkohlenbeckens.  1  :  50000. 
Dortmund  1888,  in  3  Blättern  nebst  1  Bl.  Querpro- 
tilen  und  1   Bl.   Längsprofilen  von  F.  Hünnebeck. 

Ungarn. 

K.  ungarische  geologische  Anstalt. 

Geologische  Specialkarte  der  Länder  der  ungarischen  Krone. 
1  :  75000. 

1.  Bl.  Zilah,     Z.   17.    Col.  XXVm, 

2.  Bl.  Torda,    Z.   19.       „     XXIX. 

3.  Erläuterungen  zu  Bl.  Alparet,  Z.   17.   Col.  XXIX. 
Schweden. 

Smriges  geologisha  undersöhning. 

1.  Ser.   Aa.  mit  Texten: 

No.   84.  Askersund, 
No.   100.  Penningby. 
No.   103.  Bäckaskog. 
No.   104.  Alunda. 

No.   105  —  107.  Vidfsköfle  samt  Skanedelen  af  Karls- 
hamn  och  Sölvesborg. 

2.  Prdktisk  -  Geologisk  Karta  öfver  Farsta  och  Gustaf s- 
herg  med  Utgardar,  Torp  och  Lagenheter  i  Stockholms 
Län.     Upprättad  ät  1887   af  J.  Jönsson.     1  :  10000. 

Schweiz. 

Materiaux   poiir    la    carte   geologique    Suisse ,    Lief.    16. 
Berne  1890. 


812 


I.   Namenregister. 

hinter  den  Titeln  bedeutet  Aufsatz,    B.  briefliche  Mittheilung, 
P.  Protokoll  der  mündlichen  Verhandlungen. 


Seite. 

Baltzer,  A.,    Lössähnliche  Bildungen  im  Canton  Bern.    B.  .     .  164 

Berendt,  G.  ,    Erbohrung  von  mittlerem  Lias  bei  Hermsdorf.   P.  865 

—  Geschrammte  Grauwacke  von  Magdeburg.     P. 371 

—  Noch    einmal  die  Lagerungsverhältnisse    in  den  Kreidefelsen 

auf  Rügen.    B 583 

Beushausen,    Anodonta-ähnMche  Zweischaler  von  Gräfrath.    P.  .     171 
Blanckenhorn ,  M. ,    Das  Eocän  in  Syrien,    mit  besonderer  Be- 
rücksichtigung Nord-Syriens  (Taf.  XVII— XIX).    A.     .     .     ..   318 
VAN  Caxker,    f.  J.  P.  ,     Ueber    ein  Vorkommen  von  Kantenge- 
schieben   und    von   HyoUthus-    und  Scolithus  -  fiandstem  in 

Holland.    B 577 

Credner,  Hermann,  Die  Stegocephaleu  und  Saurier  aus  dem 
Rotliliegenden  des  Plauen'schen  Grundes  bei  Dresden.  IX. 
(Taf.  IX— XI).    Ä 240 

—  Ueber  die  Genesis  der  archäischen  Gneissformation.  P.    .     .     602 
Dames,  W.  ,    Anarosaurus  pumilio  nov.  gen.  nov.  sp.  (Taf.  I).  A.       74 

—  Ueber  ein  Schädelfragment  von  Cervus  euryceros  von  Rixdorf 

bei  Berlin.     P • 171 

—  Ueber  Geschiebe  von  cambrischem  Sandstein.     P    .     .     .     .  777 
Dathe,  Die  Discordanz  zwischen  Culm  und  Obercarbon  bei  Salz- 
brunn in  Schlesien.    P. 174 

Ebert,    Ueber  einen  neuen  Aufschluss  in  der  Steinkohlenfonna- 

tion  Oberschlesiens.    P 178 

Felix,  J. ,    Beiträge  zur  Kenntniss    der  Gattung  Protosphyraena 

Leidy  (Taf.  XII— XIV).    A 278 

Graeff,    Studien  am  Montblanc -Massiv.     P 601 

Haase,    E.  ,     Beiträge    zur   Kenntniss    der   fossilen    Arachniden 

(Taf.  XXX  u.  XXXI).     A 629 

HoRNUNG,  F.,     Zur  Kenntniss  des  Gangsystems  des  Auerberges 

im  Harz  und  der  Füllung  desselben.  A 233 

Jaekel,  0.,    Ueber  die  systematische  Stellung   und  über  fossile 

Reste  der  Gattung  Piistiophovus    (Taf.  II — V).     A.     .     .     .       86 

—  Ueber  tertiäre  Trygoniden.    P 365 

—  Ueber  Coccostens.    B 773 

—  Oracanthus  Bochumensis  n.  sp.,  ein  Trachyacanthide  des  deut- 

schen Kohlengebirges    (Taf.  XXXVII).    "^ 753 

Jentzsch,    Ein    neues  Vorkommen  von  Interglacial   zu  Neudeck 

bei  Freystadt,  Kreis  Rosenberg,  Westpreussen.    P     .     .     .     597 


813 


Seite. 

Jentzsch,  Ueber  einige  Züge  in  der  Oberflächengestaltung  West- 

preussens.     P. 613 

VON  KcENEN,  A. ,    Ueber  Dislocationeii  auf  Rügen.  Ä 58 

Kosmann,    Ueber  die  Entstehung  und  Zusammensetzung  der  sog. 

basischen  Salze.    P.     .     .  " 787 

—  Ueber  Mineralien  aus  den  niederschlesischen  Erzrevieren.  P.     794 
KuNisCH,  H. ,    Labyrinthodonten-Reste  des  oberschlesischen  Mu- 
schelkalks (Taf.  XX).  Ä 377 

Lange,    Th.,    Beiträge  zur  Kenntniss    der  Flora    des  Aachener 

Sandes    (Taf.  XXXII  -  XXXIV).     A 658 

Lemberg,  J.,  Zur  mikroskopischen  Untersuchung  einiger  Mine- 
ralien.    Ä 737 

LoRETz,  Verkieselter  Zechsteinkalk  von  Schwarzburg  in  Thürin- 
gen.    P. 870 

LossEN,  K.  A. ,  Ueber  den  Dolerit  von  Rongstock  im  böhmischen 

Mittelgebirge.    P. 366 

Martin,  A.,  Die  phonolithischen  Gesteine  des  Laachersee- Ge- 
biets und  der  Hohen  Eifel.    A 181 

Milch,  L.,    Ueber  Hintzeit,   ein  neues  Kalium  -  Magnesiumborat 

von  Stassfurt.    P. 600 

MÜLLER,  W. ,  Kalkspath  von  Rothenzechau  im  Kreise  Hirsch- 
berg in  Schlesien.  B 771 

Naumann,  E.  ,    Stegodon  Mindanetisis,  eine  neue  Art  von  Ueber- 

gangs-Mastodonten.    B 166 

OcHSENius,  C.  ,  Ueber  das  Alter  einiger  Theile  der  (südameri- 
kanischen) Anden.    III.    (Schluss.)    A ,    .     .     .     121 

Oppehneim,  P.  ,  Neue  oder  wenig  gekannte  Binnenschnecken 
des  Neogen  im  Peloponnes  und  im  südlichen  Mittel  -  Grie- 
chenland.    P. 588 

—  Faunistische  Mittheilungen  aus  dem  Vicentiner  Tertiär.  P.  607 
^—     Die  Geologie    der    Insel  Capri,    eine  Entgegnung    an   Herrn 

J.  Walther.    B 758 

—  Das  Alter  des  Ellipsactinien-Kalkes  im  alpinen  Europa.     P.     778 
Pfaff,  P.  W.  ,    Ueber  Schwankungen  in  der  Intensität  der  Erd- 
anziehung (Taf.  XV  u.  XVI).  A 303 

—  Ein    prähistorisches    Menschenskelet    aus    dem    fränkischen 

Jura.    P. 618 

Philippson,  A.,    Ueber  die  Altersfolge  der  Sedimentformationen 

in  Griechenland.     A 156 

Platz,  Ph. ,  Glaciale  Bildungen  des  Schwarzwaldes.  P.  .  .  .  595 
PocTA,  Ph.  ,   Ueber  einige  Spongien  aus  dem  Cuvieri-Pläner  von 

Paderborn   (Taf  VI— VHI).     A 217 

VON  Reinach,  Parallelisirung  des  südlichen  Taunus  mit  den  Ar- 

dennen  und   der  Bretagne.     P. 612 

—  Ueber  den  Zusammenhang  des  Rothliegenden  des  Saar-Nahe- 

Gebiets  mit  demjenigen  der  Wetterau.    P 777 

Remele,  Ueber  Pentameren  aus  den  auf  Oeland  zurückzufüh- 
renden Geschieben  von  Macrourus -Ka\k.     P. 793 

Rinnt: ,  F.,  Ueber  morphotropische  Beziehungen  zwischen  anor- 
ganischen Sauerstoff-  und  Schwefelverbindungen.  A.  .     .     .       63 

Rcemer  ,  F.,    Playioteuthis ,   eine  neue  Gattung  dibranchiater  Ce- 

phalopoden  aus   dem  Russischen  Jura.    B 360 

Rothpletz,   Quarzporphyre  am  Mont  Chetif  und  de  la  Saxe.  P.     602 


814 

Seite. 

RoTHPLETZ,  A.,  und  SiMONELLi,  V.,    Die  marinen  Ablagerungen 

auf  Gran  Canaria  (Taf.  XXXV  u.  XXXVI).   A.    .     .     .     .     .     677 

Salomon,  W.  ,  Geologische  und  petrographische  Studien  am 
Monte  Aviölo,  im  italienischen  Antheil  der  Adaraellogruppe 
'      (Taf.  XXIX).     A 450 

Sapper,    Ueber  Erderschütterungen  in  der  Alta  Verapaz.    B.    .     160 

Scheibe,   Thierfährten  und  Pflanzenreste  aus  dem  Rothliegenden 

von  Tambach.    P. 365 

— ■     Krystalle    von    Magneteisen    von    Moriah  Mine,    N.  Y.,    und 

Magnet  Cove,  Ark.     P. 370 

SCHENCK,  A. ,    Ueber  den  Latent  und  seine  Entstehung.    P.  .     .     611 

Schneider,  A.,  Ueber  zwei  durch  besondere  Textur  ausgezeich- 
nete Vorkommen  von  Zinkblende.    P. 170 

Schreiber,    Geschrammte  Grauwacke  von  Magdeburg.     P.     .     .     178 

ScHRODT,  F.,  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Pliocän- Fauna  Süd- 
Spaniens    (Taf.  XXI  u.  XXII).     A 386 

Siemiradski,  J.,  Ueber  eine  Endmoräne  der  ersten  Vergietsche- 
rung  unterhalb  Krakau  an  der  Weichsel  und  über  die  Natur 
der  dortigen  Ijössbildung.  B 756 

Stetnmann,  Rede  zur  Eröifnung  der  87.  Versammlung  der  Deut- 
schen geologischen  Gesellschaft  zu  Freiburg  i.  Breisgau.   P.     593 

—  Einige  Fossilreste  aus  Griechenland.    B 764 

VON  Strombeck,    A. ,     Ueber   den  oberen  Gault   mit  Belemnites 

minimns  bei  Gliesmarode  unweit  Braunschweig     A.    .     .     .-  557 
Trautschold,  H.,    Ueber  Megalopteryx  und  Pelecyphorns.   B.    .  575 
Vogelsang,  K.,  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Trachyt-  und  Basalt- 
gesteine der  hohen  Eitel.   A 1 

Waiinschaffe  ,    Geschrammte  Grauwacke  von  Magdeburg.    P.     .  369 
Walther,  J.  ,    Ueber  eine  Kohlenkalk-Fauna  aus  der  ägyptisch- 
arabischen Wüste  (Taf.  XXIII— XXVIII).     A.     .     /.     .     .  419 
Zimmermann,    Trematodiscus  jugatori.odosus  n.  sp.    aus    dem    un- 
teren Keuper  von  Thüringen.     P. 174 

—  Ammonites  (Ptychites)  dux  Gieb.  von  Jena.    P. 178 


815 


II.   Sachregister. 


Aachener  Sand,  Flora  des 
Adamellogruppe,  Geologien. 

Petrographie  der  .  . 
Aegaea  nov.  gen.  .  .  . 
Aegy]itisch-arabische  Wüste, 

Kohlenkalk-Fauna  der 

Alabandin  

Alveolina     frumcntiformis 

SCHWAG 

Ammonites  auritus  Sow. 

—  Guersanti  d'Orb. 

—  interruptus  Brng.     . 

—  lautus  Park.    .     .     . 

—  Rauliiiianus  i/Orb.  . 

—  (Ptychites)  dux  Gieb. 
von  Jena    

Amnigenia     Catskillensis 
CONR 

Ananchytes  orbicularis  n.  sp. 

Anarosaurus  pumilio  nov. 
gen.  nov.  sp 

Andalusit,  Neubildung  von, 
durch  Contactmetanior- 
phose 489. 

Anden ,  südamerikanische, 
Alter  der 

Anodonta  Jukesi  Forbes    . 

Anthracomarti 

—  Haase 

Anthracomartus 

Antimonglanz 

Antimonnickel 

Arachniden,  fossile      .     .     . 

—  der  Steinkolilenforma- 
tion,  Uebersicht  der     .     . 

Architarbus 

Arthrolycosa 

Ascidien ,    Abstammung   der 
Aspidorhynchus  .     .     .     .     . 


658 

450 
592 

419 
67 


338 
563 
564 
559 
566 
565 

178 

171 
347 

74 


519 

121 
171 
629 
647 
645 
63 
70 
629 

648 
636 
983 

767 
300 


Seite. 
Auerberg    im    Harz,    Gang- 

systern  des 233 

Augit-  bezw.  Uralit-Porphy- 

rite  des  Monte  Aviolo      .  551 

Auripigment 65 

Aviculopecten      aegyptiacus 

n.  sp 437 

Basalte  der  Hohen  Eifel       1.  48 
Basische  Salze,    Entstehung 

und  Zusammensetzung  der  787 

Belemnites   minimus  Lister  558 

Bellerophou  Antonii  n.  sp.  .  440 

—  carinatus  n.  sp.    ...  439 
Binnenschnecken     des    Neo- 

geu    im    Peloponnes    und 

Mittel -Griechenland  .  .  588 
Biotit,  Neubildung  von,  durch 

Contactmetamorphose    489.  523 

Bournonit  von  Altenberg      .  794 

Branconia 793 

Braunschweig,   oberer  Gault 

von 557 

Cadmiumoxyd 67 

Camerospongia  Schlüteri    n. 

sp 225 

—  sp 226 

—  subrotunda  Mant.  sp.  .  225 
Canaria,    die  marinen  Abla- 
gerungen auf  Gran  .     .     .  677 

Capitosaurus  silesiacus  n.  sp.  377 
Capri,  Geologie  von    .      758.  780 
Carbon  der  ägyptisch-arabi- 
schen Wüste 419 

Cardita  aintabensis  n.  sp.    .  354 

Cardium  acutum  n.  sp.    .     .  355 
Cervus    euryceros    von  Rix- 

dorf 171 


816 


Seite. 

Chenolobia  hemisphaerica  n. 

sp 724 

Chonella  sp 227 

Chromeisensteiu  vom  Schwar- 
zen Berg  bei  Tampadel    .     794 

Claudedit 65 

Cocardenerz 170 

Coccosteus 773 

Contact  zwischen  Diorit  und 
Quarzphyllit  am  Monte 
Aviolo    '. 469 

—  —     Tonalit  u.  Schiefern 

am  Monte  Aviolo     .     .     .     477 

—  zwischen  Tonalit  u.  Sedi- 
menten   am  Monte  Aviolo     456 

Contactgesteine  von  Rong- 
stock  im  böhmischen  Mit- 
telgebirge   ...  .     .     367 

—  des  Monte  Aviolo      511.  528 

,  Mineralien  der  .     .     511 

Contactglimmerschiefer   vom 

Monte  Aviolo 523 

Contactgneisse  vom  Monte 
Aviolo 528 

Contactmetamorphose,  Neu- 
bildung von  Mineralien 
durch,  am  Monte  Aviolo  .     489 

Contact- Zonen  des  Tonalit 
vom  Monte  Aviolo  .     .     .     481 

Cordierit  vom  Monte  Aviolo     511 

—  ,  Neubildung  von,  durch 
Contactmetamorphole    489.  511 

—  -  Contactfelse  des  Monte 
Aviolo 528 

Coscinopora     macropora 

GOLDF 219 

—  sp 220 

Craticularia  plicata  n.  sp.    .     218 
Cristellaria  Moldenhaueri   n. 

sp 411 

Culm  von  Salzbrunn  in  Schle- 
sien     174 

Culmgrauwacke,  geschramm- 
te, von  Magdeburg  173.  369.  371 

Cunninghamites  squamosus 
Heer 664 

Cuvieri-Pläner  v.  Paderborn, 
Spongien  aus  dem  .     .     .     217 

Dewalquea       aquisgranensis 

Sap.  et  Mar 671 

—  insignis  Hos 671 

Diorit     des     Monte     A\iolo  465 

466    469.  546 


Seite. 

Dislocationen  auf  Rügen      .       58 

Discordanz    zwischen    Culm 

und  Obercarbon  bei  Salz- 

bruun  in  Schlesien  .     .     .     174 

Discosaurus    ....      258.  273 

—  permianus  Credn.     .     .     258 
Dolerit    von    Rongstock    im 

böhmischen    Mittelgebirge     366 
Druckschieferung    des    Gra- 
nits     601 

DiTophj'llum   cretaceum 

Debey 665 

Echinolampas  aintabensis  n. 
sp 346 

Eifel,  hohe,  phonolithische 
Gesteine  der 182 

■ Trachyt  und  Basalt- 
gesteine der 1 

Einschlussartige  Massen  im 
Andesit  des  Bocksberges 
und  am  Rengersfeld     .     25.  38 

Eiskrystalle 70 

Ellipsactinia  aus  Capri    .     .     780 

—  aus  Griechenland      .     .     765 
Ellipsactinien  -  Kalk  ,     Alter 

des,  im  alpinen  Europa    .  778 
Endmoräne    unterhalb    Kra- 

kau  an  der  Weichsel  .     .  756 
Eocän    in  Mittel  -  Griechen- 
land     156 

—  syrisches      .     .     .      318.  335 

Eolycosa 635 

Eophrynus 639 

Eotarbus 639 

Epidot-Amphibolite     .     .     .  535 
Erdanziehung ,     Schwankun- 
gen in   der  Intensität  der  303 

Erderschütterungeu     in    der 

Alta  Yerapaz 160 

Erisichthe 296 

Eruptivgesteine,  porphyrisch 
struirte,  am  Monte  Aviolo     504 


Ficus  gracilis  Hos. 


669 


Gangsystem  u.  Füllung  des- 
selben am  Auerberg  i.  Harz  233 
Garrucha- Mergel      386.  395.  397 

geologisches  Alter  des  400 

—  —  Tiefenverhältnisse  des  397 

Garrucha,  Pliocän  von     .     .  386 
Gault,  oberer,  von  Gliesma- 

rode  bei  Braunschweig  557 


817 


Seite. 
Gedinnien  d.  südlichen  Tau- 
nus      612 

Geralycosa  Fricii  Kusta      .     634 

Geraphrynus G32 

Geschiebe,  canibrische  Sand- 
stein-       777 

—  heterogene,    im  vicenti- 

ner  Tertiär 372 

Glaciale    Bildungen    im 

Schwarzwald 595 

Glacialerscheinungen     am 

Monte  Aviölo 457 

—  in  Polen 758 

Glarner  Doppelfalte  .  .  .  797 
Gletscherschrammung  auf  d. 

Grauwacke     von     Magde- 
burg    ....     173.  369.  371 

Gliesmarode ,    oberer    Gault 
von 557 

Globigerinidae 415 

Gneisse    des    Monte  Aviölo, 
Mineralien  der  .     .     .     507 

Gneissformation,  archäische, 
Genesis  der 602 

Gneissph5'llit    des  Monte 
Aviölo 465.  507 

Gran  Ganaria,    die  marinen 
Ablagerungen  auf    .     .     .     677 

Greenockit 67 

Griechenland,  Altersfolge  der 
Sedimentformationen  in    .     150 

—  Eocän  in 156 

—  Hornstein    mit  Radiola- 

rien  aus  dem  Eocän  von  .     769 

—  Neogen  von      ....     588 

—  Rudistenkalke  von    .     .     769 

Halometra  minor  Opp.     .     .  653 

Hamites  rotundus  Sow.  .  .  568 
Harz,    Gangsystem  d.  Auer- 

bergs  im 233 

Hebungen,  säculare     .     .     .  148 

Heliastraea  Livoniani  n.  sp.  344 
Heterostegina  assilinoides  n. 

sp 342 

Hintzeit 600 

Hippocrepina  n.  sp.  .  .  .  405 
Hornblende  -  Andesite      der 

Eifel 10 

—  -Porphyrite    des    Monte 
Aviölo 550 

Hydrobia    prisca    Neum., 
TJebergänge     zu     Pyrgula 
incisa  Fuchs  ....         591 


Seite. 

Hylonomus      ....      240.  255 

—  (Hyloplesion)  Geinitzi 
Credn 242 

Hymettosmarmor,  Fossilien 
aus 765 

Hyolithus-Sandstein  in  Hol- 
land    577 

Inoceramus     concentricus 

Park 569 

Interglacial  zu  Neudeck  bei 

Freystadt  (Westpreussen)  597 
Isoraphiuia  simplicissima   n. 

sp 229 

Jura,  russischer,  Plagioteu- 

this  nov.  gen.  aus   .     .     .     360 

Kalkspath  v.  Rothenzechau, 
Kreis  Hirschberg,  Schle- 
sien      771 

Kantengeschiebe  in  Holland  577 
Kohlenkalk    der    ägyptisch- 
arabischen Wüste     .     .     .  419 

Kreischeria 642 

Kupfererze  von  Kupferberg  .  794 

Kupfernickel 69 


Laachersee  -  Gebiet ,  Basalte 
des 

—  Leucitophyr  des   .     .     . 

—  Phonolith  des  .     .     .     . 

—  phonolithische  Gesteine 
des 

Labyi'inthodonten  des  ober- 
schlesischen  Muschelkalks 

Lagerungsverhältnisse  der 
Kreide  auf  Rügen    .     . 

Lariosaurus 

Latente,  Eintheilung  der 

—  Entstehung  der  .  . 
Laurophyllum  aquisgranense 

n.  sp 

Leucit- Basalt  der  Eifel  . 
Leucit-Basanite  der  Eifel 
Leucitophyr  des  Laachersee 

Gebiets 

Leucitophyre ,      Eintheilung 

der  niederrheinischen   . 

—  melanitfreie       .     .     . 

—  Melanit  führende  .  . 
— ■     niederi'heinische ,     Alter 

der 

Lias,    mittlerer,  bei  Herms 
dorf  b.  Berlin      .     .     . 


212 
184 
206 

182 

377 

588 

82 

611 

610 

669 
54 
55 

184 

199 
200 
201 

204 

365 


Seite. 

Licmosiiiioii  folium  Rq;m.  sj).  22G 

Liugulina  alata  n.  sp.  .  .  410 
Lithothamuiumlager     auf 

Gran  Canaiia       ....  ü79 

Löss,  Entstehung  desselben  758 
Lössähnliche    Bildungen    im 

Canton  Bern 16J4 

Lüssbildung   unterhalb  Kra- 

kau  a.  d.  Weichsel  .  .  756 
Lucina  (Jagonia)  actinophora 

n.  sp 705 

Macrochilina  aperta  n.  sp.  .  441 
Magdeburg ,     geschrammte 

Grauwacke  von      173.  369.  371 
Magneteisen     von     Moriah 
Mine,  N.  Y. ,  und  Magnet 

Cove,  Ark 370 

Magnetkies 68 

Manganosit 67 

Marginella  angustiforis  n.  sp.  718 

Marginulina  acuminata  n.  sp.  407 

—  curvata  n.  sp 408 

—  Pecketi  u.  sp 409 

—  problematica  n.  sp.  .     .  409 

—  ventricosa  n.  sp.   .     .     .  408 
Megalopteryx  nov.  gen.  .     .  575 
Melanit  in  Leucitophyren     .  199 
Menschenskelet ,    prähistori- 
sches,  aus  d.  fränkischen 
Jura 618 

Mikrochemische     Untersu- 
chung einiger  Mineralien  .  737 
des  Acadiolith     .     .  744 

—  —     des  Alstonit    .      745.  746 

des  Anglesit    .     .     .  747 

des  Aragonit  .     .     .  745 

—  —     des  Barytocalcit   745.  746 

des  Bleiglanz  ...  748 

des  Bleivitriol      .     .  752 

des  Calcit  .     .      744.  746 

des  Cerussit    .      746.  752 

—  —     des  Chabasit   .      741.  744 

des  Chlorapatit    .     .  751 

des  Desmin     .     .     .  743 

des  Eisenspath    .     .  749 

•     des  Gelbbleierz    .     .  747 

—  —     des  Harraotom      743.  752 

—  —     des  Hauyn ....  739 

—     des  Herschelit     .     .  744 

des  Magnetkies    .     .  750 

- —  —     des  Manganspath     .  748 

des  Mimetesit      .     .  750 

• des  Natrolith  ...  743 


Seite. 

Mikrochemische  Untersuchung 

des  Phillipsit 748 

des  Pyrit    ....  750 

des  Pyromorphit  750.  752 

des  Seebachit      .     .  744 

des  Skapolith       .     .  741 

des  Sodalith    ...  738 

—  —     des  Stilbit  ....  743 

—  —     des  Strontianit     .     .  745 

des  Witherit  745.  746.  751 

des  Zinkspath      .     .  748 

Miliolidae 402 

Millerit       69 

Mitra  Da-Costai  nov.  nom.  .  719 

Mitteldevon  (?)  von  Gräfrath  171 

Mojadiorit 505.  546 

Montblanc-Massiv,  Petrogra- 

phie  des 601 

Monte  Aviölo  (Adamello- 
gruppe),  geologische  und 
petrographische      Studien 

am 450 

—  —     Mineralien  vom     507.  511 
Morphotropische     Beziehun- 
gen    zwischen     anorgani- 
schen Sauerstoff-  u.  Schwe- 
felverbindungen   ....  62 

Muschelkalk ,  oberschlesi- 
scher ,     Labyrinthodonten 

im       .     .     .  ' 377 

Myricophyllum    asplenioides 

n.  sp 667 

—  haldemianum  Hos.    .     .  666 

Naticopsis  desertorum  n.  sp.  441 

Neocom,   alpines     ....  786 
Neogen    im  Peloponnes  und 

Mittel-Griechenland.     .     .  588 

Nephelinbasalt  der  Eifel       .  52 

Nepheliu-Basauite  der  Eifel  55 
Nephelinit  der  Hannebacher 

Ley 2U 

Neubildung  von  Mineralien 
durch       Contactmetamor- 

phose 489.  511 

Nicolia  aegyptiaca  Ung.       .  673 

Niederschlesien,  Erze  von    .  794 

Nodosaridae 405 

Nubischer   Sandstein,    Alter 

des     .......     .  446 

Nucula  pectinata  Sow.    .     .  571 
Nummuliten  -  Kalk   im  Pelo- 
ponnes      151 

Nummulites  variolaria  Lam.  sp.  339 


819 


Seite. 

Niiiiiimilitidap 417 

Obcrcarbon    von    Salzbrunn 

in  Schlesien 174 

Oberfiächengestaltung  West- 

preussens 613 

Oberschlesien,    Muschelkalk 

von,  Labyrinthodonten  des  377 

—  Steinkohlenformation  von  178 
Olivella  Chili  n.  sp.     ...  720 

Olonos-Kalk 1.51 

Oolithe  von  Gran  Canaria  .  682 
Oracanthus    bochumensis    n. 

sp 753 

Orthoklas,   Neubildung  von, 

durch   Contactnietaniorphose 

489.  522 

Ostrea  Chili  n.  sp.      ,     .     .  699 

Pachypoterion    cupulare     n. 

sp 228 

Paderborn ,     Spongien     aus 

dem  Cuvieri-Pläner  von    .  217 

Pecten  Livoniani  n.  sp.   .     .  351 

—  quinquepartitus  n.  sji.  .  352 

Pelecopteridae 302 

Pelecopterus 301 

Pelecyphorus  nov.  gen.  .  .  570 
Pcloponnes ,       Nummuliten- 

Kalke  des 151 

—  Olonos-Kalk  des  .     .     .  151 

—  Pylos-Kalk   des     .     .     .  151 

—  Triplozita-Kalk  des  .  .  151 
Pelosina  apiculata  n.  sp.  .  402 
Peutameren,  neue,  aus  Ma- 

crourus-Kalk 793 

Peristernia  atlantica  n.  sp.  .  717 

Petrobates      ....      240.  255 

—  truncatus  Credn.  .  .  247 
Pflanzen,    fossile,    aus  dem 

Aachener  Sande  ....  658 

Phalangiotarbus       ....  638 

Phonolith  der  Eifel  (Seiberg)  47 

—  vom  Seiberge  b.  Adenau  206 
Phyllite,    echte,  vom  Monte 

Aviölo 534 

Phyllit  -  Gnoisse   vom  Monte 

Aviölo 534 

Phyllites  sinuatus  n.  sp.  .     .  671 

Phymatella  sp 230 

Plagioklasbasalt  der  Eifel  .  49 
Plagioteuthis      Moscoviensis 

nov.  gen.  nov.  sp.    .     .     .  360 


Plauen"scher  Grund,    Stego- 
cephalen  und  Saurier  aus 
dem  Rothliegenden  des     .     240 
Pliocänfauna  Südspaniens    .     386 
Plocoscyphia  arborescens  n. 
sp 224 

—  cavernosa  Rcem.  sp.       .     223 

—  labyrinthica  Mant.    .     .     224 

—  pertusa  Gein 224 

—  prostrata  n.  sp.    .     .     .     223 

—  reticulata  Hinde  .     .     .     223 

—  sp 225 

Poliocheridae 631 

Polystomella  iberica  n.  sp.  .     417 
Porites  interminata  n.  sp.    .     348 
Porphyrisch  struirte  Eruptiv- 
gesteine am  Monte  Aviölo     504 

548 
Pristiophorus      (Sclerorhyu- 
chus)  atavus  Sm.  Woodw.     117 

—  ensifer  Davis  sp.      .     .     118 

—  suevicus  n.  sp.      ...     116 

—  systematische  Stellung 
und  fossile  Reste  der  Gat- 
tung   86 

Productus    semireticulatus 

Mart 433 

Protogin  und  Porphyr  des 
Montblanc 601 

Protokoll  einer  gemeinsamen 
Begehung  des  Gebietes  der 
Glarner  Doppelfalte  unter 
der  Leitung  von  A.  Heim     797 

Protokolle  der  37.  Versamm- 
lung zu  Freiburg  i.  Breis- 
gau      593 

Protosphyraena  Leidy,  Bei- 
träge zur  Kenntniss  der 
Gattung       ......     278 

M.  Pulli  b.  Valdagno,  Lignite 
des .     608 

Pyloskalk 151 

Quarz,  Neubildung  von,  durch 
Contactmetamorphose    489.  521 

Quarzite  von  Monte  Aviölo  .     534 

Quarz  -  Glimmer  -  Poii^hyrite 
des  Monte  Aviölo    .     .     .     548 

Quarzphyllit  des  Monte  Aviölo  465 
466.  528.  534 

Quarzphyllit  -  Complex  des 
Monte  Aviölo,  Mineralien 
des 528 


820 


Seite. 


Quarzphyllit  -  Complex  des 
Monte  Aviölo ,  metamor- 
pMsche  Gesteine  des   .     .     535 

—  —     Mineralien  des     .     .     535 

Racovnicia 634 

Rechnungsabschluss   für  das 

Jahr  1889 622 

Ronca-Tuff 607 

Rongstock,  Eruptiv-  u.  Con- 

tactgesteine  von  ....     367 

Rotalidae 416 

RotMiegendes     des    Plauen- 

schen   Grundes,    Stegoce- 

phalen  u.  Saurier  aus  dem     240 

—  von  Tambach ,  Thier- 
fährten  und  Pflanzenreste 

aus 364 

—  der  Wetterau  und  des 
Saar -Nahe -Gebietes     .     .     775 

Rothpletzia  rudista  nov.  gen. 

n.  sp 711 

Rudisten  im  Tertiär    .     .     .     767 
Rügen,  Dislocationen  auf    .       58 

—  Lagerungsverhältnisse 

der  Kreide  auf    ....     583 


Saui'ocephalus  lanciformis 
Harl 299 

Schistite  vom  Monte  Aviolo     535 

Schlesien,  Culm  und  Ober- 
carbon von 174 

Schwarzwald,  Glacialbildun- 
gen  im 595 

Scolithus  -  Sandstein  ,  Alter 
des 778 

in  Holland ....     577 

Scudderia  carbonaria  Kusta     636 

Senon,  unteres,  von  Aachen, 
Flora  des    ......     658 

Sequoia  Reichenbachi  Gein. 
sp 660 

Septarienbildung  durch  Ver- 
steinerungen     435 

Spanien,  Süd-,  Pliocänfauna 
von 386 

Sphenotrochus  pharetra  n. 
sp 695 

Spirigera  ambigua  Sow.  430 

Spongien  aus  dem  Cuvieri- 
Pläner  von  Paderborn  217 

Stachella  striata  n.  sp.    .     .     440 
Stegocephalen    und    Saurier 


Seite. 

aus   dem  Rothliegenden  d. 

Plauen'schen  Grundes  bei 

Dresden.  IX.    ....     .  240 

Stegodon  nündanensis  n.  sp.  166 
Steppenmergel  u.   -kalk  auf 

Gran  Canaria      ....  687 

Sternarthron 655 

Syrien,  Eocän  von      .     .     .  318 

Taunus,  ältere  Gesteine  des 

südlichen 612 

—  Gediunien  des  südl.  .  612 
Terrassen  auf  Gran  Canaria  678 

681 
Tertiär  des  Vicentino,    fau- 
nistische  Mittheilungen  aus 

dem 607 

—  vicentinei',  heterope  Ge- 
schiebe in  den  Tuffen  des  372 

Tetrapterus  minor  Ag.    .     .  299 

Textilai'ia  sphaerica  n.  sp.  .  403 
Thecosiphonia  grandis  R(em. 

sp 230 

Tithon  auf  Capri  .  .  7G0.  780 
Tonalit  des  Monte  Aviolo  465 
477.  542 
Trachyacanthiden  im  west- 
fälischen Kohleugebirge  .  753 
Trachyte  der  Hohen  Eifel  .  1 

Triplozita-Kalk 151 

Trivia  canariensis  n.  sp.  .  715 
Trochocyathus  cuculliformis 

n.  sp 695 

Trygoniden,  tertiäre  .  .  .  365 
Trygon  thalassia    fossilis 

Jaek 365 

Tuffe,    basaltische    des    Vi- 

centiner  Tertiärs      .     .     .  372 

Turritella  vittata  Lam.  .  .  356 
Vaginulina  striatissima  nov. 

sp 412 

Valentinit 63 

Ventriculites     angustatus 

RcEM 221 

—  infundibuliformis 

WoODW 221 

—  multicostatus  Rcem.  .     .  221 

—  radiatus  Mant.     .     .     .  220 

—  sp 222 

—  spissorugatus  n.  sp.  .  221 
Verruculina  sp 227 


Weichselthal,  Bildung  des 
Wirbelsäule  der  Selachier 


612 
111 


821 


Seite. 

Wismuthoxyd 64 

Wismuthglanz 64 

Wiirtzit 66 

Xiphias  Dixoni  Leidy     .     .     298 

Zechsteinkalk ,    verkieselter, 


Seite. 
von  Schwarzburg,  Thürin- 
gen       370 

Zinkblende  von  Bensberg  170 

—     von  Musen  .....  170 

Zinkit 68 

Zinkoxyd 66 


Druckfehler-  Verzeichniss 

für  Band   XLI. 


S.  686  letzte  Zeilen  muss  stehen  176  M.  90  Pf.  statt  176  M.  —  Pf. 
S.  587  am  Schluss :  3273  M.  22  Pf.  statt  3237  M.  22  Pf. 
S.  591   Zeile:    b.  Kupfertafeln,    Lithographien    etc.    =   2636  M.  16  Pf. 
statt  1636  M.  16  Pf. 

Für  Band  XLII. 

Zusatz  zu  S.  143  Z.  11  v.  o.  beweise"  —  könnten   vielleicht  An- 
hänger des  unregelmässigen  Geoids  gegenüber  denen  des  regelmässigen 

(Erd-)  Ellipsoids  sagen.     Ein  solcher 

S.  171,  Z.  11  v.  0.  lies:  .,Vanuxem"  statt  Conrad. 

Taf.  XXI,  Figur  2  ist  etwas  verzeichnet;  so  gehört  die  Palpe  auf 
die  andere  »Seite. 

S.  433,  Z.     3  v.  0.  lies:  „De  Koninck"  statt  De  Koningk. 
S.  433,  Z.     5  V.  u.  lies:  „  „ 

S.  435,  Z.     3  V.  0.  lies:  „  „ 

S.  436,  Z.     5  V.  u.  lies:  „  „ 

S.  437,  Z.  17  V.  0.  lies:  „  „ 

S.  439,  Z.     8  V.  0.  lies: 


Dmck  von  J.  F.  Starclce  in  Berlin. 


Erklärnug-  der  Tafel  I. 

Anarosaurus  pumilio  Dames  aus  dem  Muschelkalk   von  Remkers- 
leben  unweit  Magdeburg,  Platte  und  Gegenplatte  in  natürlicher  Grösse. 

Das  Original  befindet  sich  in  der  Sammlung  des  geologisch-paläon- 
tologischen Instituts  der  Kg).  Univorsitiit  zu  Göttingen. 


/  "^IZ 


YORK. 


■„--.,;.-.,-»'^^ 


v^  -'-' 


Sä„MeiJl'^'«J*ifeK 


I 


Erklärung  der  Tafel  II. 

Figur  1.  Sderorhynchus  atavus  Sm.  Woodw.  Das  Rostrum  mit 
den  Zähnen  der  Säge  und  der  vordere  Theil  des  Schädels  mit  den 
Nasenkapsehi  (Na).  Obere  Kreide  von  Sahel  Alma,  Libanon.  In  na- 
türlicher Grösse.     (Copie  nach  Smith  Woodward.) 

Figur  2.  Pristiophorus  cirratus  IuATR.  Schliff  durch  einen  Zahn 
des  Oberkiefers.  Die  Ebene  des  Schliffes  geht  durch  die  Höhen-  und 
Längenaxe  des  Zahnes.  Die  Spitze  ist  nach  unten  gerichtet.  Die 
Höhlung  des  Zahnkeimes  ist  schwarz  gezeichnet.  Bei  a  sieht  man  die 
Störung  der  Dentinröhrchen  beim  Eintritt  in  den  Placoinschraelz. 

Figur  3.  Querschnitt  (durch  Höhen-  und  Queraxe)  durch  einen 
Zahn  derselben  Art.  Die  Spitze  ist  nach  unten  gerichtet,  a  bedeutet 
die  Aussenseite,  c  die  Innenseite  des  Kiefers.  Die  Höhlung  des  Zahn- 
keimes ist  schwarz  gezeichnet;  die  Dentinröhrchen  sind  nicht  wieder- 
gegeben. 

Figur  4.  Längsschliff  durch  einen  grossen  und  einen  kleinen 
Rostralzahn  derselben  Art.  Bei  a  sieht  man  die  unteren  Grenzen  der 
mit  Placoinschraelz  bedeckten  Krone,  der  darunter  liegende  Theil  ist 
als  Wurzel  aufzufassen.  Dieselbe  wird  von  der  inkrustirten  Haut  des 
Rostrums  umschlossen,  welche  bei  b  im  Querschnitt  getroffen  ist. 

Das  Original  zu  Taf  II,  Fig.  1  befindet  sich  im  British  Museum 
(Nat.  Hist.),  die  übrigen  Präparate  und  Exemplare  dieser  und  der 
übrigen  Tafeln  in  meiner  Privatsammlung. 


Zeitsclir.  (l.DeutscK.g'eol.Ges.l890. 


Tafel  n. 


O.J  aekel  del. 


Berliner  lilhogr.lnstitut. 


-      NEW  YORK. 


Erklärung-  der  Tafel  III. 

Figur  1.  Pristiophorns  suevicus  n.  sp.  Rostralzahn  im  Längs- 
schliff. Vergrösserung  20  :  ] .  Miocäne  Molasse  von  Baltringen  in 
Ober-  Schwaben. 

Figur  2.     Dieselbe  Art  in  fünffacher  Vergrösserung. 
Fig.  2  a  von  oben, 
Fig.  2  b  von  vorn  gesehen.     Ebendaher. 

Figur    3.      Pristiophvriis    emifer    Davis    sp.       Aus    alttertiären 
Schichten  von  Neu-Seeland. 
Fig.  3  a  von  oben. 

Fig.  3  b  von  vorn  gesehen  in  doppelter  Grösse. 
Fig.  3  c  die  Wurzel  von  der  Unterseite  in  6facher  Grösse. 

Figur  4.  Dieselbe  Art  im  Längsschliff  8mal  vesgrössert,  eben- 
daher. 


ZeitscKr.  d-Deutsckaeolfres.  1890. 


Tafel  ni. 


1. 


k. 

A 


39. 


«  f] 


0.  Jaekel  del. 


B  erlmer  lithogr.  Ir  stitut. 


Erklärung  der  Tafel  IV. 

Figur  1.  Fristiophorus  suevicus  n.  sp.  Das  obere  Ende  des 
Mittelkanals  mit  den  ausstrahlenden  Dentinröhrchen  aus  dem  Taf.  III, 
Fig.]  abgebildeten  Präparat  in  ca.  200facher Vergrösserung.  Miocäne 
Molasse  von  Baltringen  in  Ober-Schwaben. 

Figur  2.  Scymnus  triarnjulus  Probst.  Das  obere  Ende  eines 
Unterieferzahnes  im  Längsschnitt  bei  circa  öOfacher  Vergrösserung. 
Miocäne  Molasse  von  Baltringen  in  Ober- Schwaben. 

Bei  beiden  Bildern  sieht  man  in  gleicher  Weise  die  Störungen 
und  Ausbuchtungen  der  Dentinröhrchen  bei  ihrem  Eintritt  in  den 
Placoinschmelz. 


Zeitschr.  d.DeulscK.ceol.Ges.  1890. 


Tafel  W. 


OJaekel  del 


B  erliner  litKo^r  InstttiLt 


Erkläriine:  der  Tafel  V. 

Pfistiophorus  suevicus  n.  sj).  Ein  Stück  aus  dem  Taf.  III,  Fig.  1 
abgebildeten  Präparat  in  circa  HoOtacher  Vergrösserung.  Links  unten 
sieht  man  ein  Stück  des  Mittelkanals  (m),  von  welchem  die  Dentin- 
röhrchen  (d)  nach  rechts  oben  ausgehen.  Bei  x  und  bei  y  finden 
abnorme  (?)  Anastomosen  dieser  Dentinröhrchen  statt.  Der  Mittel- 
kanal und  die  unteren  Theile  der  Dentinröhrchen  sind  von  einer  hell 
durchscheinenden  Zone,  den  HAVERS'schen  Lamellen,  (z)  umgeben.  In 
der  Höhe  zwischen  a  — ^  a  treten  die  Dentinröhrchen  in  den  Placoin- 
schmelz  ein  und  bilden  gelbe  Hohlräume  (h).  Die  von  ihnen  ausge- 
henden feinsten  Röhrchen  (r)  sind  in  Wirklichkeit  noch  feiner  als  sie 
hier  wiedergegeben  werden  konnten.  Bei  o  sieht  man  die  Oberfläche 
des  Rostral Zahnes.  Die  schwarzen  unregelmässigen  Gänge  (f)  sind  die 
Bohrgänge  von  Fadenpilzen  (MtjceUtes  ossifnujas  Roux). 


Zeitschr.  iDeutscli-geol.Ges.  1890. 

r  y  y  -X  I  ///:<^. 


Tafel  V. 


O.Jaekel  del 


Erklärung-  der  Tafel  VI. 

Figur  1.     Isoraph'tniu  simplicissima  n.  sp. 
Fi<i-.  la    in  natürlicher  Grösse; 
Fig.   Ib    das  Skelet  24 mal  vergrössert. 
Figur  2.     Crdticuhirla  plicata  n.  sp. 

Fig.  2  a    negativer  Abdruck   eines  kleinen  Exemplars   in  na- 
türlicher Grösse; 
Fig.  2  b    eine    kleine  Partie    des    Skeletes    in   24facher  Ver- 
grösserung. 
Figur  8.     ? IHocoscyphia  reticidata  Hinde. 

Fig.  3a    Partie  der  grossen  inneren  Laternennadeln,   24  mal 

vergrössert; 
Fig.  3  b    Partie  des  äusseren  Gewebes,  24  mal  vergr. 


Zeilsohr.  d.  Deutsch  geol.  Ges.  1800 


Taf .  V 


Pocta  aez.V; 


Druck  v.A.Renaud. 


Erklärung-  der  Tafel  YII. 

Figur  1.     Pachypoterion  cupulare  n.  sp.     In  natürlicher  Grösse. 

Fig.  la    Skeletkörperchen,  6  mal  vergrössert. 
Figur  2.     Skelet  von  Cratmdaria  plicata  n.  sp.,  Gnial  vergr. 

Fig.  2  a    zwei  Ostien; 

Fig.  2  b    eine    Partie    des    von    secundärer    Kieselerde    um- 
hüllten Skeletes. 
Figur  3.      Ventriculites  sp.     24 mal  vergrössert. 

Fig.  3a    eine  Partie  von  der  Oberfläche; 

Fig.  3b  und  c    Bruchstücke  von  Laternennadeln; 

Fig.  3d  und  e    Bruchstücke    des    festen   Gewebes    mit    un- 
durchbohrten  Kreuzungsknochen. 


Zeilsclii-  il  Dciitsfii  9P0I   Gcs  18.00 


Taf  \^ 


i'octa  gez.  V.  Putz  ]i;b. 


Renaud. 


Erklärung  der  Tafel  VII. 

Figur  1.     Pacliypoterlon  cupulare  n.  sp.     In  natürlicher  Grösse. 

Fig.  la    Skeletkörperchen,  6  mal  vergrössert. 
Figur  2.     Skelet  von  Craticnlaria  j^licata  n.  sp.,  Gmal  vergr. 

Fig.  2  a    zwei   Ostien; 

Fig.  2b    eine    Partie    des    von    secandärer    Kieselerde    um- 
hüllten Skeletes. 
Figur  3.      Ventricidites  sp.     24 mal  vergrössert. 

Fig.  3  a    eine  Partie  von  der  Obei-fläche; 

Fig.  3b  und  c    Bruchstücke  von  Laternennadeln; 

Fig.  3d  und  e    Bruchstücke    des    festen   Gewebes    mit    un- 
durchbohrten  Kreuzungsknochen. 


/cUsclir  d  Dc'ulsch.cjeol   Ges.  1890. 


Taf.  V: 


Pocta  gez.  W  Pütz  iiA 


Erkläruli?  der  Tafel  VIII. 

Fio;ur  1.     Camerosiponyia  Schläteri  n.  sp.,  in  natürlicher  Grösse; 
Fig.  la    von  oben; 
Fig.  Ib    von  der  Seite. 

Figur  2.     Theeosiphonia  (jrandi-'i  Rcem.  sp.     Partie    dos    Skeletes 
in  24facher  Vergrösserung. 

Figur  3.     Plocoscyphia  arhoreseens  n.  sp.     In  natürl.  Grösse. 

Figur  4.      Ve)itriculües  ^1.     Das    Skelet    eines   Stengels,    24 mal 
vergrössert. 

Figur  .5.     ?  Ventriculites  s2)i.s.soru(jatHS  n.  sp.    Eine  Partie  des  ne- 
gativen Abdruckes  in  ^s  der  iiatürl.  Grösse. 


Zeiisi'lii.  (I  Df'iilscl:.  (icol  r.rs  l()!)0 


Taf  VH[ 


Pocta  qez  W  Pütz  lith 


Druck  v  A.  Kenaud. 


Erklärung"  der  bei  den  Abbildung-eii  auf  Tafel  IX  bis  XI  zur 
Aiiwenduiig-  g-elaiig-teii  Buchstaben  -  Bezeichnunsen. 


Schädel: 
p  —  Paiietalia; 
/■  =  Frontalia ; 
n  r=  Nasalia; 
pf  =  Praefrontalia; 
im  =  Intermaxillai'ia; 
sq  =  Öquamosa; 
fp  =:  Postfrontalia; 
po  =  Postorbitalia; 
qj  =  Quadratojugalia ; 
j  =  Jugalia; 

m  =  Maxiilaria  suporiora; 
0  —  Orbitae; 

ro  =  bezaliDte  Gaumenknnolion: 
Dii  =  Maxiilaria  inferiora, 

[ar  =  Articulare,  —  an  = 
Angulare,  —  d  =  Den- 
tale). 

Wirbelsäule: 
ch  =  Chorda; 
V  =  Wirbelceutruni; 
jd  =  Pleuroccntra; 
ic  =  Intercentra; 
h  z=  Hypapophyseii  =  untere 

Bogen; 
I)  =  Neuralbogen  (=  obere 

Bogen ; 
z  =  vordere  Gelenkfortsätze ; 
zp  =  hintere  Gelenkfortsätze; 
p.s.  =  Processus  spinosus; 
ce  =  Halsrippen; 
c  =  Kumpfrippen  {ca  =  Capi- 
pitulum,    —    ^  -—   Tnbor- 
culum) ; 


CS  =  Sacralrippen; 
cc  =  Caudalrippen ; 

B  r  u  s  t  g  ü  r  t  e  1 : 
c/>  =  Episternum; 
cl  =  Claviculae; 
sc  =:  sog.  Scapulae,    richtiger 

Coracoidea ; 
s  :=  Sternal- Pflaster. 

Beckengürtel: 

i  =  Uea; 
is  =  Ischia; 
p  =  Pubica. 

Extremitäten: 
h  =  Humerus; 
r.n.  =  Kadius  und  Tjlna; 
c  =  Carpalia; 
m  =  Metacarpalia; 
/"  =  Femur ; 
ti.fi.  =  Tibia  und  Fibula; 
t  =  Tarsalia; 
nit  =  Metatarsalia ; 
2)h  =  Phalangen. 

Abdominalskelet: 
ah  =  abdominale  Ossificationen. 

Bauchpanzor: 
.so  =  Schuppen; 

(/"  =  Fadenscliicht,  —  «  = 
Notzschiclit,  —  .V  =  solide 
Schicht). 


Erklärung-  der  Tafel  IX. 

Hylonomus  Gelnitzl  Cred. 

P'igur  1  und  2  in  Sfacher  Vergrösserung. 

Figur  8,  4,  5  und  6  in  'Jfacher  Yorgi'össerung. 

Figur  7.    Schuppen  des  Bauchpanzers  in  Tifacher  Yergrutserung. 

Figur  S.  Runipfripiten  mit  ('ai)ituluni  und  Tuberruluni  in  .'ifacher 
Vergrösserung. 

Figur  9.  Das  Episternuni  und  das  Sternalpflaster  (.s)  des  in 
Fig.  6  dargestellten  Exemplars  in  öfacher  Vergrösserung. 

Figur  1(1.  Partie  dieses  mosaikai'tigen  Sternalpflasters  in  rifadur 
Vergrösserung. 

Figur  11.  Becken,  Hinterextremita ten  und  die  ersten  Ixrijiptfn 
Schwanzwirbel  in  2facher  Vergrösserung. 


Zeits 


Taf.IX. 


Li&,  Anst.v,  E.  A.Fimke ,  Leipzig. 


' 


XiMjstjii-.  il.DeiitKdi.Hful.üfsellsi'li.  I!i90. 


Taf.K, 


Hvldiiiiimis  (ii'iiiitzi    l'KKD. 


Erklärung  der  Tafel  X. 

Figur  1  bis  7.     Petrobates  truncatus  Cred. 

Fig.  1,  2,  3  und  6  in  2  maliger  A^ergrösserung. 

Fig.  4.  Längs  gespaltene  Caudalwirbel  aus  der  Mitte  des 
Schwanzes  des  in  Fig.  2  dargestellten  Exemplars.  In 
den  Wirbelhülsen  der  Theil  eines  Steinkernes  der 
Chorda  (cA),  —  das  Neuralrohr  durch  einen  Cylindev 
von  Kalkspath  (n)  ausgefüllt.     In  lOmaliger  Ver[:r. 

Fig.  5.  Die  4  letzten  überlieferten  Schwanzwirbel  des  in 
Fig.  2  dargestellten  Exemplars,  davon  2  im  Längs- 
bruch mit  einem  quer  liegenden  unteren  Bogen  (74),  — 
2  im  Querbruche.     In   lOmaliger  Vergrösserung. 

Fig.  7.  Fünf  Kumpfrippen  des  in  Fig.  6  dargestellten  Exem- 
plars nebst  den  unter  ihnen  liegenden  abdominalen  Ossi- 
ficationssträhnen.     In  lOmaliger  Vei'grösserung. 

Figur  8  bis  10.     Discosaurus  permianus  Cred. 

Fig.  8.  Hintere  Hälfte  der  rhachitomen  Rurapfwirbelsäule 
nebst  den  proximal  gegabelten  Rippen,  —  das  fast 
vollständige  Becken,  —  mehr  oder  weniger  vollständig 
erhaltene  Scheibenschuppen  des  Bauchpanzers.  In  8- 
maliger  Vergrösserung. 

Fig.  'J.  Gruppe  von  Scheibenschuppeu  zwischen  2  Kippen. 
In  12 maliger  Vergrösserung 

Fig.  10.  Zwei  Wirbel  der  in  Fig.  8  dargestellten  Eumj)!- 
wirbelsäule.     In  nmaliger  Vergrösserung. 


Zeit  s  dir. 


Taf.  X. 


Lith.Aiixt.Y  1. A.TuiiVe,  leipriff. 


zcitsdir.  a  jtoiUsHi.  j|Poi.(;p.spn.siii.  i8»o. 


N>S 


Fuj.C. 


TicjS. 


\ 


^fc^ 


';  J 


i  ll.lmlm.|u.Ki;i/,i)lil. 


Fiif.  1-7.  Pptrobati's  Inim  .-.Ins  CliKD.      Ki|.  (1-10.  Di.>cci)s:nil'us    iicniliniuLS    ('RED 


l.ilhj\iis1,v  E  X  Fuiilc,  Lciproj 


Erkläruiiß-  dor  Tafel  XT. 

Disvo.sciu ru.'<   /)(' r Uli (I II  IIS  CitED. 

l''igiir   1.     Vnllstäiidifrcs  Kx('iii|il;ir   in  'iiiialijicr  ^'^■l•gri)ssol■ullf;•. 

Figur  2.  Vier  Rippen  der  voidcrcii  üuinpftiälfte  desselben  in 
ö  faclier  Yergrösserung-. 

Figur  H.  Die  Rippen  der  hinteren  Runipfliälfte,  i)roxiinal  in  Ca- 
Itituluni  und  Tuberculum  gegabelt,  —  die  zugehörigen  oberen  Bogen 
mit  vorderem  und  hinterem  Gelenkfortsatz  (>^  und  zp) ,  sowie  mit  dem 
Processus  spinosus,  —  unter  dem  ersten  Bogen  ein  Pleurocentruni 
und  ein  Interoentrum.     In  öfaciier  Vergrösserung. 

Figur  4.  Scheibenschujjpen  des  Bauchpanzers  (von  der. Unterseite 
des  Schwanzes)  in  l'2facher  Vergrösserung. 

Figur  5.  Zusammensetzung  der  die  Reifen  der  Scheibenschuppen 
bildenden  Theilstückchen ;  /'  =  unterste,  Fadenschicht,  —  n  =  mitt- 
lere, Netzschiclit,  y  =  oberste,  solide  Kalklamelle.  In  etwa  loo- 
fa eher  Vergrösserung. 

Figur  (i.  AVeniger  vollständiges  Fxemjilar:  Schädel,  Wirbelsäule, 
Brustgürtel,  rechte  Vorderextremität,  rechte  Sacralrii)])(>.  Nach  Platte 
und  (iegenplatte.  Die  8  zart  conturirten  Wirbel  der  mittleren  Rumpf- 
region nach  den  übrigen  Wirbeln  reconstruirt.  In  2fachcr  Vergrösserung. 

Figur  7.  Die  2  letzten  praesacralen  Wirbel  und  eine  Sacralrippe. 
Die  beiden  symmetrischen  Hälften  des  oberen  Bogens  und  des  Pro- 
cessus spinosus  sind  gegen  einander  versclioben.  Unter  denselben  die 
Pleurocmtiä   und   Inteicentra.     In   öfacher  Vergnisserunff. 


Taf.Xl. 


ilM-lir.  (1. 1)culsrl[.i)pul. Gi-sellsrli.  1800. 


i-.11.l'nvlnpi'».r.Kl«i>li 


Disi-osaiinis   permianus    ("RED. 


Erklärung  der  Tafel  XII. 

Figur  ].  Protosphyraena  nitida  CovE, 's,^.  Fragment  des  Maxillare, 
zeigt  den  Ersatz  der  Zähne  in  abwechselnder  Folge.  Trego  County, 
Kansas. 

Figur  2.  Desgl.  In  einigen  Alveolen  sind  bereits  die  jungen 
Ersatzzähue  sichtbar.     Ebendaher. 

Fig.   2  a.      Eine    vergrösserte    Partie    von    Fig.    2,    um    die 
äussere  Zähnchenreihe  zu  verdeutlichen. 
Figur  3.     Frotnspliyraena    nitida    Cope    sp.      Nahezu    comjjleter 
Schädel.     Ebendaher. 

AO  =  Anteorbitale, 
CUi/  =  Ceratohyale, 

n  =  Dentale, 
Eth  =  Ethmoidale, 
Fr  —  Frontale, 
GHij  —  Glossohyale, 
HHy  —  Hypohyale, 
L  =  Lacrymale, 
Mx  =  Maxillare, 

iV  =  Nasenöffnung, 
I'D  =  Praedentale, 
BBr  =z  Radii  branchiostegi, 
SbO  =  Suborbitalia, 
Spl  =  Spleniale, 
UHi/  =  Urohyale. 

Die  Original -Exemplare  zu  sännutlichen  Figuren  betinden  sich  in 
der  Sammlung  des  Verfassers. 


I 

( 


Zeitschr  d  D 


Taf.Xn. 


-RBp. 


C  .Krap  f ,  Mimc}iea,lit!i 


C.  Leykura,impr 


Zeilschr  d  Deutsch  geol  Gcs  189U 


Taf  Xli . 


C  Krapf,Mimchen,lith  ti  i  K 


Erklärung  der  Tafel  XIII. 

Figur  1.     Protosphyraena  nitida  Cope  sp.     Derselbe  Schädel  wie 
Taf.  XII,  Fig.  3,  von  der  anderen  Seite  gesehen. 
Ang  =  Angulare, 
Br  —  Kiemenbogen, 
D  —  Dentale, 
Eth  —  Ethmoidale, 
Eth.  l.   —  Ethmoidale  laterale, 
Fr  =  P'rontale, 
HM  —  Hyoniandibulare  (oder  Squamosum), 

L  =  Lacrymale, 
Mx  =  Maxillare, 

0  --  Orbita, 
OjyO  =i  Opisthoticuni, 
Pa  —  Parietale, 
PB  =  Praedentale, 
PMx  =  Praemaxillare, 
Ps2}h  =  Praesphenoid, 
Pt  =  Pterygoid, 
Spl.  j).  =  Spleniale  posterius. 
Figur  2a.     Desgl.     Querschliff  durch    das  Taf.  XIV,    ¥ig.  5  ab- 
gebildete Rostruni. 

Figur  2  b.     Desgl.     Stärker  vergrössert. 


Zeitsclir.d.D 


Taf.Xni. 


C.K-ajf.MüaA 


C.IeyTcuKijimpr. 


Zeitschr  d  Deutsch  geol  Ges  1890 


C  Leyltum,ünpr 


Erkläiang-  der  Tafel  XIV. 

Figur  1.  Prutosphi/raena  pcnetrans  Cope  sp.  Rostrum.  Trego 
County,  Kansas. 

Fig.  1  a.     Dasselbe  Exemplar  von  der  Unterseite  gesehen. 
psplt  =  Parasphenoid, 
infr  —  Praefrontale, 
ro  =  Vonier. 
Figur  2.     Protosphijruenn  nitida  Cope  sp.     Vorderes  linkes  Sple- 
niale. 

Figur  3.  Desgl.  Der  abpräparirte  vorderste  Theil  des  linken 
Unterkieferastes  des  auf  Taf.  XII,  Fig.  3  dargestellten  Schädels,  von 
innen    gesehen,    um    die  Grenze   zwischen   Spleniale    und    Dentale    zu 

zeigen. 

d  =  Dentale, 
spl  z=.  Spleniale. 

Figur  4.     Desgl.     Querschnitt  durch  einen  Fangzahn. 
Figur  5.     Desgl.     Fragment    des  zu  dem  Taf.  XII,  Fig.  3  abge- 
bildeten Schädel  gehörigen  Rostrum. 

Figur  6.     Desgl.     Isolirtes  Praedentale. 

Figur  7.     Desgl.     Vertical schliff  durch  das  Ektopterygoid. 

Die  Original -Exemplare  zu  sämmtlichen  Figuren  befinden  sich  in 
der  Sammlung  des  Verfassers. 


Zeitschr. d  Deutsc 


Taf.Xir. 


C.Kmpf,MüTicKeii,lith.iil 


Zeitschp.  d.  Dßufsch.  geol.  Ges. 


Tafel  XV. 


^.SfxjgAel 


3C.  ^factf)  Mx^. 


Zeit  seh 

TafelXVL 

nMUaqs 

-j^|— :}-;2axL 

A                     '               1        !        1       '       1       ' 

89-     /A              !             1 

! 

T^^1\T^            "H  "  7^ 

j 

1  "          1    i/\ 

A         \'                         ' 

— 1 —  1  "^      ^  y ' 

■V\                '^ 

)~ 

1       \      i^"^  1 

i      '/i  \    v/ 

' 

4^^-i^"  \y^  i~ 

\  j     / 1     \       i            j-^ 

i/v'  !  !  \              y 

V 

"~r+~r !       5x: 

\             \        j^/^ 

\  i 

-^^       y\ 

'   ■    r 

\  . 

-pr '  ^  ^-^    !  '  1 

V  n      j 

V 

!  1  !    •f     !      i  1  1  1 

1              j      1 

1  i 

'  1  1  1             '  -.  1 j 

all                 i    i 

-iapat]     ^    \M\3m 

38.            1 

^^^_^'        Xl 

1 

1     i                          ^L_'     I 

1      J.          1    i 

-^^^1              "Tt 

-^        ^-J                        /--J 

j 

-^ — 1 — 1 —                                  1     1 

i/ 

1  ""  4-Y    r 

Y 

^  M^-*"^  ^ 

1 

1 — j — 1     ] 

1 

1 

_[  1 

1 

1 

1                                   1 

T^-p-    ^ 

:i:    X               _^ 

1 

ir^M   '          ■             i 

^^.Tr.           ■  i-'4ii 

t\i.\   1   , 

i  L  _          1  i 

j 

" 

~1     ^  [-^^           i 

!             !             !      /v 

' 

1—  '  -^                 i 

1       u — y     ^^  ., 

u-^^'-^-l        / 

r=^ 

fiXn          yj      / 

1  i 

"1 — H                 ! 

"^ '  1 

?i?<?  f-  ■'..''  '     '     \\^^\     ' 

1       1              ' 

" 

i  i     1              i 

M       1    1    1    ■       Ml              1 

^vj_ 

'       1    1          '       '       M 

in          '    '    ^    ^                MM 

^ 

12J;:*XI^Ii?^"^ 

)0.       1      j                   1   1 

~ 

■ i         '    /^  i 

- 

\      1     T  ^^X   J^ 

■-v                  /   Nj 

"" 

T  \"\Xj^  ^n: 

^^        \ 

~ 

l"^ii^        ± 

'  ^     \         \ 

" 

1    1 1  1 

^     '■    v^ 

i  1 .  i 

^^ 

"^ 

i 

1  ' 

~ 

j 

! 

1  1 

■ 

j 

1  1 

~ 

1 

1  \ 

J           T~"T^ 

1 

" 

V. 

'    1                           j 

"'s. 

!                          i 

" 

!     \ 

I             \^^\      i 

^ 

\ 

j             ^1       1     i   1 

"" 

;                                                  1      1/ 

'VI         !         i  1 

;                                       1 

Ms!                       ! 

/ 

1 

Xi                \    1  Mi 

^ 

K 

■■ 

i 

— ^ —  "~i—  <^ '         ^■^' 

A\ 

i~1~~ ■"■ --^    ' 

^'^M            i 

1  1      1^ 

Vltl 

id  0©obar<am©teF 

bis  23.  Januar  1890 

WTPfaff. 

p,    Geobcuvmeter. 

- 

jg.j  lesxLiigen  c 

- 

ZZi;  et  durcli  F 

- 

t 

Berlmei- li<>.  =  |r  In 

ati'MX 

ichr  d  Deutsch  fieol  Ges  1890 


Erklärungr  der  Tafel  XVII. 

Fio'ur  1.     Opcrcidinu  sp.    Von  Tab  nordwestlicli 'Ainti'ib  in  Nord- 
Syrien. 

Figur  2  —  3.     OperculauL  sp.     Oestlich  'Aintäb. 
Fig.  3,  viermal  vergrössert. 

Figur  4  —  6.    Heterosteyina  assiUnoides  Bi,a.kck.    Oestlich  'Aintäb. 
Fig.  4  b  ein  Theil  von  Fig.  4  a  viermal  vergrössert. 
Fig.  5  fünfmal  vergrössest. 
Fig.  6  dreimal  vergrössert. 

Figur  7  —  8.     Heliastraea  Lirnnimii  Blanok.    Nordwestl.  'Aintäb. 
Dünnsclüiif  in  natürl.  Grösse. 
Fig.  7.     Querschnitt. 

Fig.  8.     Längsschnitt,    drei  Zellen  (z)  durchschneidend,  ohne 
deren  Axe  zu  berühren. 

Figur  !).     Solcna.stracd  S}).      Von    'Arablar    nordwestlich   'Aintäb. 
Querschliff  '/2  mal  vergrössert. 

P'igur  10.     Stylophora  cf.  Dameai  Felix.    Aus  dem  Hornstein  im 
Süden  von  'Aintäb. 

Fig.  10b,  ein  Theil  vergrössert. 

Figur  11.     Thracid  Bellardi  May.     Tab  nordwestlich  'Aintäb. 

Die  Originale  zu  den  Abbildungen  der  Tafel  XYII — XIX  befinden 
sich  in  der  Privatsammluna-  des  Verfassers. 


Zeitschr.  d.  Deutsch,  ^eol  Ges.  1890. 


Taf.X\qi. 


(T-) 


.'(-f) 


)(f) 


itf-) 


Autor  gez.  M.Pütz  lith. 


Druck  v.A.Renaud 


Erklärung   der  Tafel  XVIII. 

Figur  1.      Echlnolampas    aintnbensis    Blanck.      Bei    'Aintäb    in 
Nord- Syrien. 

Fig.  1  a.     Umrisslinie  der  01)erseite. 
Fig.  1  b.     Desgl.  der  Seitenansicht. 

P'igur  2.     Edunolampas  sp.  alf.  Siiessi  Laube.     Bei  'Aintäb. 
Fig.  2a.     Oberseite. 
Fig.  2  b.     Umrisslinie  der  Seitenansicht. 

Figur  3.     Schizaster  cf.  rimosus  Ag.     A'on  'Aintäb. 
Fig.  3  a.     Unterseite. 
Fig.  3b.     U^mrisslinie  der  Seitenansicht. 

Figur  4.     Schizaster  sp.  cf.  foreatus  Ad.    Steinkern  aus  der  Um- 
gegend von  'Aintäb. 

Fig.  4  a.     Oberseite. 

Fig.  4  b.     Umrisslinie  der  Seitenansicht. 

Figur  5.     Schizaster?  sp.     Von  'Aintäb. 
P'ig.  .öa.     Oberseite^). 
Fig.  5  b.     Umrisslinie  der  Seitenansicht. 

Figur  6.     Ditremaster    sp.       Steinkern    aus    der  Umgegend    von 
'Aintäb.     Oberseite. 


')  Die  Warzen  sind  bei  diesem  Seeigel  in  Wirklichkeit  viel  feiner 
und  relativ  zahlreicher,  als  es  die  Zeichnung  Fig.  .öa  erkennen  lässt, 
besonders  zwischen  den  Ambnlacralfurchen,  wo  sie  formlich  punkt- 
förmig und  dicht  gedrängt  erscheinen. 

Auch  in  Fig.  2  a  müssteii  die  Warzen  dem  Original  entsprechend 
noch  ein  wenig  kleiner  und  zahlreicher  sein. 


Zeitschr.  il.  Deutsch.  ;^eoI.C7es. 


Zr.lschr    rl   DpMlsrl,    -,.„l  (,ps  l«.t)0 


Erklärung  der  Tafel  XIX. 

Figur  1.     Pecten  Livoniani  Blanck.    Aus  dem  Boden  der  Stadt 
'Aintäb  in  Nord -Syrien. 

Fig  1  a.     Rechte  Schale. 
Fig.   1  b.     Linke  Schale. 

Figur  2  —  8.     Pecten  (nunquepartitus  Blanck.    Von  Tab  im  Nord- 
westen von  'Aintäb.     Abgüsse   von  Abdrücken. 

Fig.  2a.     Linke  Schale,  bei  Fig.  2b  vergrössert. 
Pig.  3.     I^ragment  eines  grösseren  Exemplars. 

Figur  4^7.     Cardita  amtabensis  Blanck.    Kieselkalk  im  Süden 
von  'Aintäb.     Abgüsse  von  Schalenabdrücken. 
Fig.  5  —  7.     Bruchstücke. 
Fig.  4')  und  5.     Rechte  Schale. 
Fig.  6  und  7.     P'ragmente  der  linken  Schale. 

Figur  8  — 10.     Crassatella    comjiressa    Lam.      Kieselkalk    südlich 
'Aintäb.     Abgüsse  von  Schalenabdrücken. 
Fig.  8.     Rechte  Schale. 

Fig.  9  — 10.     Linke  Schale,    auf  Fig.  10  zusammen  mit  Tur- 
ritella  imhricaturia  Lam. 

Figur  11.     Cardium  acutum  Blanck.     Ebendaher.     Abgüsse  von 
Schaleuabdrücken. 

Fig.  IIa.     Linke  Schale,  zerbrochen,  in  natürl.  Grösse. 
Fig.  IIb.     Oberfläche  derselben  vergrössert. 


^)  In  der  Zeichnung  P"ig.  4  ist  der  Hinterrand  links  oben  etwas 
mehr  hinaus  gerückt  zu  denken,  sodass  die  beiden  obersten  Rippen 
etwas  länger  erscheinen.  Auch  tritt  die  breite,  tiefe  Furche  der  Hin- 
terseite nicht  genügend  hervor.  Die  zwei  noch  darüber  befindlichen 
hintersten  Rippen  liegen  wie  bei  Fig.  5  dichter  zusammen;  die  tiefere 
derselben  ist  hinaufzurücken.  Die  nächste  darunter  befindliche  Rippe 
ist  niedrig  und  schmal  und  schliesst  sich  enger  an  die  folgende  brei- 
tere, welche  zum  Hintereck  verläuft. 


/pitsrhr,  J    Deutsch,  urol  Gcs    l8f)0 


TafXIX 


*it^faiS^j^_^;^^m^, 


Hl^^C'^ 


Erklärung-  der  Tafel  XX. 

Figur  1.  Linko  Hälfte  äer  Schädeldecke  von  Capitosaurtis  Sile- 
siaeus  Kiinisch  im  Abdruck.  '  '2  natürliche  Grösse.  Fundort  Go- 
golin. 

Figur  2.  Stück  der  Schädeldecke  von  der  Unterseite  in  natür- 
licher Grösse. 


Zeitschr.  d.  Deutsch.  §eol.Ges  1890  . 


Taf.XX. 


Äfe- 


Ju 


Pr.r. 


X   S.Temp      \ 


^   Pt  Ort  /  ^"  - 

/ 
--^.„^  /         Sq. 

A       jptF,.      '' 


-J 

*^-...| 


\ 


^>-' 


E-Ohmann  qez.  u.lita. 


Druck  V  A.Renand . 


Erklärung-  der  Tafel  XXI. 

Foramiiiiferen  aus  dem  Pliocän  von  Garrucha  (Süd-Spanien). 

Figur  1.     3Iariiimtlin(i  PecJceti,  Scnv.O'DT.    Blaue  Mergel.    2,3  mm. 

Figur  2.  Maryimilina  Pecketi  ticnROBT.  \a,v.  spinosan.xav.  Blaue 
Mergel.     2,8  mm. 

Figur  8a,  b.  MaryinuUna  acuminata  Schrodt.  Gelbe  Mergel. 
0,4  mm. 

Figur  4a,  b,  c.  Mar<ßtmUn<t  mutvivosa  Sohkodt.  Blaue  Mergel. 
U,7  mm. 

Figur  5.     Mnrgimilind  oirrata  SchüOüt.    Blaue  Mergel.    0,7  mm. 

Figur  {').  3Ifirij(,iuliii(i  pruhlematica  Schrodt.  Blaue  Mergel. 
0,7  mm. 

Figur  7a,  b,  c.  Cristdlarin  Moldenhaueri  Schrodt.  Blaue  INIer- 
gel.     2,8  mm. 

Figur  8.  Vafjimdina  nmryaritifera  Batsch  sp.  var.  striata  n.  var. 
Blaue  Mergel.     3,7  mm. 

Figur  9a,  b.  Varjinulinn  striatissiDia  Schrodt.  Blaue  Mergel. 
1,4  mm. 

Figur  10.     Dimorphina  tuherosn  d'Orb.    Blaue  Mergel.     1,2  mm. 


'%cilsi'!i!.  (i.iJriitscii.-^coi.  lies.iöDU. 


Tai. XXI. 


K  S(  luv  dl 


rlmerliGio^r  Iiistjtut 


Erklärung  der  Tafel  XXII. 

Foraminiferen  aus  dem  Pliocäii  von  Garruclia  (Süd-Spanien). 
IFigur  J— 8.] 

Figur  1  a,  b,  c.     LinguUn»  alata  Schuodt.     Blauer  Mergel, 
a  :=  1,7  mm;    b  =  1,3  mm. 

Figur  2  a,  b.  I-tJuibdoyoniniti  tricarinatiim  d'Orb.  sp.  Blauer 
Mergel.     1,7  mm. 

Figur  3.     Nodosaria  Etvaldi  Bas.     Blauer  Mergel.     l.Gmm. 

Figur  4.     Hippocrepina  constrictii  n.  sp.    Blauer  Mergel.    U,8  mm. 

Figur  5a,  b.     Tritaxia  lepida  Bradv.     Blauer  Mergel.     U,3  mm. 

Figur  (ja,  b.  Textilaria  sphaerica  Schrodt.  Blauer  Mergel. 
0,8   mm. 

P'igur  7.     YFdositta  apiculata  Schrodt.    Blauer  Mergel.    0,7  mm. 

Figur  8.  Truncutulina  agglutinans  Schrodt  Blauer  Mergel. 
0,7   mm.  '' 

Figur  9a,  b.  PolystomeUa  iberica.  Schrodt.  Sandige,  glimmer- 
reiclie  Schichten  von  Vera.     1,5  mm. 

Figur  10.  Oxi/rhina  hastalis  Ag.  Sandige,  glimmerreiche  Schich- 
ten von  Cuevas      70  mm  lang,  grösste  Dicke   12  mm. 


Taf.XXff. 


K.  ,Sl-l.!-0.1l    (t 


IjcHim'r  lilli"!;!'  instillil 


Zeitsclu-  d.Deulsch.  geol.  Ges.  1890. 


o(o 


Novi 


Ebene  bis  zu  dei 
der  TLÖrd 


\^4cac£a- 


a 


V 


Zax/er/SSS 


,1,1-  d  l)i-ul.i*  6c"l  l/i-sl» 


Ebene  bis  zu  den  VorhÜ!>'elnnii\Fuss 
der  nördlirtien  Oaläla. 


lOule  der  Cai-bomvaioi 
im  Uadial Arabah 

G   SelmTinl'iii-lli 
vi.  WyUvei- 

iU.sstal-  1;:.0II00 


Sun> 


i\ 


^ V . 


l'  '■ 


Erklärung  der  Tafel  XXIT. 

Sämmtliche  Figuren  sind  in  natürlicher  Grösse. 

Figur  1.  Kalkstückchen  durch  Sanclgebl äse  corrodirt,  wobei  das 
Armgerüst  einer  eingeschlossenen  Spirigera  entblösst  wurde. 

Figur  2.  Spirigera  ambigua  Sow.,  flache  Form.  a.  von  oben, 
b.  von  der  Seite,  c.  von  unten. 

Figur  3.  Wirbel  von  Mycdina  depvessa  de  Kon.  ,  von  innen. 
Rechte  Schale  von  innen. 

Figur  4.  Spirigera  ambigua,  gewölbte  Form.  a.  von  oben,  b.  von 
dejp  Seite,    c.  von  unten. 

Figur  5.  Spirigera  ambigua,  langschnabelige  Form.  a.  von  oben, 
b.  von  der  Seite,    c.  von  unten. 

Figur  6.     Wirbel  xon  Myalina  depressa.    Linke  Schale  von  innen. 

Figur  7.     Dielasma  Imstatum  Sow.,  schlanke  Form.    a.  von  oben, 

b.  von  der  Seite,  c.    von  unten. 

P'igur  8.  Dielasma  hastatnm  ,  bauchige  Form.  Der  Wirbel  ist 
punktirt  ergänzt. 

Figur  9.  BhyncJionella  pleurodon  Phjll.  a.  von  oben,  b.  von 
der  Seite,  c.  von  unten,  d.  ein  zusammengedrücktes  Exemplar  aus 
den  Bryozoen- Mergeln. 

Figur  10.     Dielasma  hastatum.     a.  von  unten,    b.  von  der  Seite, 

c.  von  unten. 

Figur  11.  Aviculopocteii  aegypiticus  n.  sp.  Die  Ohren  sind  zum 
Theil  abgebrochen. 


Zel^schl■  fl.  Deulsch.  geol.  Ges.  ]8!K) 
1 


Taf.XXlV. 


E  Oamann  ß,ez  xi.hlh. 


Druck  Y-  Ä.Rer.aud. 


Erklärung:  der  Tafel  XXV. 

Sämmtliche  Figuren  sind  in  natürlicher  Grösse. 

P'igur  ].     Strcptoiiiynchufi  crenistriaPHUjh.,  grosse  Form.    a.  von 
oben,  1)  von  unten. 

Figur  2  und  5.     Stycptorhynclius  creni-atria ,    kleine  Form. 
Fig.  2  von  oben, 
Fig.  5  von  unten. 
Figur  3.     Spirifer  conf.  lineatus  Martin. 

Figur  4.     Nuculana  leioi-hynchus  M'  CoY.     a.  von  aussen,  b.  von 
innen. 

Figur  6  nnd  8.     Asseln  von  Ärchaeocidaris  sp. 
Figur  7.     Spirifer  striatus  Martin. 

Figur  9.     Spirifer  sp.  (striatus  var.  multicostatus?  Toula). 
Figur  10.     Spirifer  convolutus  Phill. 

Figur  11  und  13.      Zwei  Bruchstücke   eines  Kelches  von  cf.  Za- 
phrent'is  Guerangeri  M.  E.  u.  H. 
Fig.  11  von  oben, 
Fig.  18  von  der  Seite. 
Figur  12.     Stachelkopf  eines  Echinidenstachels. 
Figur  14.    Mehrere  zusammenhängende  Asseln  mit  Stachelwarzen 
von  Ärchaeocidaris  (?). 


;^imIscIu-   d    Deulsrh    ijtMil   Os    If!!)l1 


l'iillXXV 


W  Piiiz  geE.u  lith 


Drucl;  v:  A.Renaui. 


Erklärung  der  Tafel  XXTI. 

Sämmtliche  Figuren  sind  in  natürlicher  Grösse. 

Figur  1.     Saguinulites  variabilis  M'Coy. ,    grosser,    etv.-as  abge- 
riebener Steinkern  von  der  linken  Seite. 

Figur  2.     Smjiiimdites  variabilis M' Cor.,  kleinere  Form  von  oben. 
Figur  4.     Edinondia  ohlonga  M"  CoY.      Steinkern  von  der  linken 
Seite. 

Figur  3  und  7.     Edmondia  sp. 
Fig.  7  a  von  aussen, 
Fig.  7  b  von  innen, 
Fig.  3  das  Schloss  vergrössert. 
Figur  5  und  G.     Fioductus  cf.  longispinus  de  KoN. 
Figur  8,  9,  lU.      Schalen-    und  Stachelfragniente  von  Productus 
simireticulatus  Martin. 

Figur  11.     Frodv.ctiis   setnireiicukitii.s  Martin.      a.    Ansicht    der 
grossen  Schale,  b.  Ansicht  der  kleinen  Schale  und  des  Schlossrandes. 


Zoitscln-   (1.  Deutsch.  üeol.Ges.  l.'WO 


Taf.XXAl. 


Druck  v.A.Renaud 


Erklärung-  der  Tafel  XXVII. 

Sämmtliche  Figuren  sind  in  natürlicher  Grösse. 

Figur  1,  2,  3,  5,  6,  7,  11,  12,  13.     Stielglieder  von  Crinoiden. 

Figur  4.  Kalkplatte  mit  einem  Schalenfragraent  von  Strexdo- 
rhynchiis,  einem  runden  und  3  fünfkantigen  Stielgliedern  von  Crinoiden 
und  einigen  Fragmenten  des  Armes  und  der  Pinnulae  einer  solchen. 

Figur  8,  9.     Pleurotomaria  sp. 

Figur  10.     Kelchplatte  einer  Crinoide. 

Figur  14.     Macrochllina  conf.  conspicua  de  Kon. 

Figur  15.     Fistulix>(yra  sp. 

Figur  16.     Bellerophon  conf.  tenuifascia  de  Kon. 

Figur  17.     Bellerophon  carinatus?. 

Figur  18.     Platyceras  sp. 

Figur  19.     Bellerophon  Antonii  n.  sp. 

Figur  20.     Bellerophon  carinatus  n.  sp. 

Figur  21.     Macrochilina  aperta  n.  sp. 

Figur  22.     Naticopsis  desertwum  u.  sp. 

Figur  23.     Bellerophon  äff.  cfOrUgnü  Portlock. 

Figur  24.     Stacliella  striata  n.  sp. 


Zeitschr.  d.  Deutsch.  geol.Ges.IS9ü, 


TafXXVU. 


jhmarni  gez.u  lith. 


Druck  vA.Renaud. 


Erklärung  der  Tafel  XXVni. 

Sämmtliche  Figuren  ungefähr  15  mal  vergrössert. 
Figur  1,  2.     Fenestella  cnrhmta  M' CoY. 

Fig.  1  von  oben. 

Fig.  2  von  unten. 
Figur  3.     Fenestella  conf.  iiiidtipora  M' Coy. 
Figur  4.     Polypwa  sp. 
Figur  5.     Gonioeladia  sp. 


Zpitschr    'i    Dcnisrh    'jeiil   lii's    ;;!')() 


TafXXVUI 


Erklärniig-  der  Tafel  XXIX. 

Die  Photographie  ist  von  der  Thalsohle  aufgenommen;  die  Contact- 
stelle  liegt  ungefähr  2üO  m  oberhalb  des  tiefsten  hier  wiedergegebenen 
Punktes.     Yergl.  p.  468. 


äitschrift  d.  DeutscLqeoI  Ges.  1890. 


■  •.  f-  .,   •  .  -     .».\>^  '■»!,.    .-^        .-  Ä 


^^noioqravu'e 


$ch  Süd. 


I 


EruptiDgesteinz . 


les  UadL  eZ  Urabah  bei,     I 

■l. 

'Jm  dunkeL  an  da>  Kruste.,  mi 

TmUffiuv  etc-  =ZocaZitat  1885.  J 

iten,  ToechselncL,  z.  T7i.  ooUer  B 

Volk  rmtI^octuctU8,Spiri/er  eU 

•jeirv  KalAstein.  mii  Sandstein,  z 
i  und. g rossen  EdmnTuiiin. 

icoladen/hrhiffa-'  Jiiiule . 

-gel. 


Hostel 

S^Antoiüua 


öS'y. 


nörcIIidicnGaJ  al  .1 


Ideales  Profil  durch  das  Uadi  erArabah  von   Nord  nach  Süd. 


l.iulijt-n   AbiilsstabllüODOO. 
Höhe:  L.-Ü1ÖC  10:1. 


Plateau  (W 
siitllidu'n  Gal.ila 


Schichtmaiinmu  in  ilo'  Xord-Sud-Unif 
t  dfT-  ohrrsirn  Kantf  drr  S'trtfmanil  dn   SudahfhiLs  iler  nördhcfun  Gaiäla  bis 
■  7tr/r  tits  Rt'rUiSala  un    l'adi  rl  'Ar^ih.ifi  hei  drr  Rjmuiruhuuf  non  Ilodei  hanuil 


IrHior  de.*  ^jpa/\jiui  ' 
■ins  'lortiäAUn  '} 
'  htm  cfc^  ^rrm  u  u/iUrm  Sfnonirn- 


ClOKf, 

Kontf  tha  .SOiia^sfuritJt  dfs  f'/nfr 
'^Abxturre  uml  SJiuUhaLifn  drt  .  • 
"  AtTihfeiiteii  Ah.-,ttint  drr  uiiia-eji 
"  .frhuUhaldm  dit  ithrr  tim  urtAlfJ  • 

(^Ut  Don  Abu  el  Af^ad 
"  thiinifier  Knik  oJrr-  Och'Jfnr/^el  mit  StwdsOviMAichun.,  Ammomtm  mthalttnd, 

untrnti  Htnniurn 
"  nifA/YJf  Siu/en  StnJit&jtur'X«  oait  rctfdifAfm^  Aviisc^ai  Sandstnn. 
'  Sdfithtnnt  Ai>h/trA/nar%r/i  fäf/rtUwlx^n  t>on  j\muainaryliin  füvt^ SehtnkJ KpAlaJudÄ  ' 
'^ färte^' S'a/id.dn/t  and^  OlteHlätitf  sffu-  ^r/tma/-/.  msi Ma-gdn  u  z  Th  mit  Spirüferv. 


.\dir fi4if/ii  l'liiiiffratur fiafJtKtnnSeAtrM  f  Vff/fT'O-mo'n^njilulr ,   Pr-odutiti^. 


t  opiruferiL    \ 


A 

2? 

j? 

B. 

«•!• 

C. 

/? 

3V 

3^ 

D. 

■^m 

•i^ 

.i!- 

5-r 

■wr 

Si/ucfttm  auf  dan  Grtmdt  des  Cadi  cl  \Arahak  bei. 
dSy  Euunu/iiitutij  des  Rod  ei  ktunai 

iester  Sandxttm  inHst  in  Plattm.sthf*  <htnAtl  an  da*  Kruste,  mit  «Äyr 
spr<fni)tm.  lüil}ts</uU*n  ( Spwtg«ra  amhtgua- »to  '^Locahtät  /•''SS  ' 
htU^rvna'  /i»i«r  Jfrraei 

iferfifi  mit  KaiM-tuui  Saniisteinpinlten  metAstlnd^z  Th   mUer  firyotom 
Produfttts  JtutdtAa 

srÄr  thfter  bJauffrau/r^  {htnoidat-lütüi  mU.I^ductus.Spirtfh'  ett- 
sr!euißfiifr*t/te  htU^  Jfetyei 
dunktJgnauf  u  roüthraim*  Mtrijel 

bratme  Ijtge  rcn  z  Th  IKtirn  oeif^iifrm   KalAsfein  mit  .Vandstftn  iind  MerQti . 
mit  Spiriflera  .BeJfrophan .  (iJarittw^.  und  tjrcssrJt  Ednienditfi 
gtiher  und  rt'tAhnhfr-  Sandsttüt 

toN&tficArr  Sa/idjefrtn  nut  nuI^Ae^cnliiden/ArAufrr  ßtnd* 
rvtkliefieir  hKjtfrrr  Sanilxtrtn- 
heUer  Sa/uigtein .  mit  geibtn  Of/urmerfjd 
rnttrlatje  imbe^uiuii . 


Ir-^. 


-^-4. 


Erklärung:  der  Tafel  XXX. 

a.  =  After;  cepÄ.  =  Ceplialothoracalschild;  cM.  =  Cheliceren; 
cox.  —  Hüften;  d.  =  Rückenplatte;  ye.  =  Genitaldeckel;  gen.  =  Ge- 
nitalsegraent;  o.  —  Ocellen  ;  or.  gen.  =  Genitalöffnung;  p.  —  Bein- 
paar; pal}).  =  Kiefertaster;  pl.  =  Pleuren;  stern.  —  Sternum;  stuj. 
-n  Stigma;  svlc.  —  Dorsopleuralnaht;   t.  =  Telson;  ?;.  =  Bauchplatte. 

Die  römischen  Zahlen  bezeichnen  die  morphologische  Zugehörig- 
keit zu  den  entsprechenden  Hinterleibssegmenten. 

Figur  1.  Architarlms  rotmulatus  ScuDD.  (f'oi)ie  nach  Scudder, 
mit  eigenen  Bezeichnungen). 

Figur  2.     Unterseite  eines  recenten  Fhrt/iUis  sp.  von  Borneo. 

Figur  ii.  Phalanyiotarlni.s  subovalis  Westw.  (Copie  nach  West- 
WOOD,  mit  eigenen  Bezeichnungen). 

Figur  4.  Chelifer  ohlongus  Menge,  recent;  von  oben;  stärker 
vergr. 

Figur  5.  Unterseite  von  Pettulns  cimicifarmis  Cambu.  (Sironide). 
(Copie  nach  Cambridge,  in  Ann.  Mag.  Nat.  Hist.,  XVI,  1875,  t.  XIH,  3  c). 

Figur  6.  Kreischeria  Wiedei  Gein.,  z.  Th.  nach  Deichmüller's 
Zeichnungen  restaurirt;  Dresdener  Original;  nat.  Gr. 

Figur  7.  Gonyleptes  acanthurus  Dum.  (nach  Gervais  u.  Wal- 
kenaer,  Apteres,  t.  46,  f  2  b),  mit  eigener  Bezeichnung. 

Figur  8.  Arthracomartus  Voelkeliainis  Kar^ch.  Halb  schematische 
Darstellung  der  Rücken-  und  Bauchseite  des  Körperendes;  vergr. 

Figur  9.  Dieselbe  Art,  nach  dem  Original  in  der  kgl.  geolo- 
gischen Landesanstalt  zu  Berlin;  fast  2 mal  vergr. 

Figur  10.    Goniosoma  sp.,  von  unten;  recent,  Brasilien;  vergr. 

Figur  11.  Liphistia  desuUor  ScmÖDTE,  Hinterleib  von  der  Seite, 
vergr.  (Copie  nach  Schiöute;  Nat.  Tidskr.  N.  R.,  2,  1849). 


Zt'its-rlir.  d. Deutsch. <Jpo1  .  (ics  I'S'IO 


Tat".  XXX. 


l'\,;.l. 

paip. 

M 

•■''■    /^ 

f--p., 

'^\1^- 

..-mx.p.^ 

NJ/O 

„.stam. 

'Tv^- 

Stint 

C-^^^5 

■-:T 

K.l!;iasc(l.'l. 


Erklärung  der  Tafel  XXXI. 

Figur  1.  Sternarthron  Zittelii  va.r.  viinus  Opp.,  natürl.  Gr.;  nach 
dem  Hautreliefabguss  des  Münchener  Originals  (No.  414). 

Figur  2.     Dasselbe,  über  2mal  vergr. 

Figur  3.     Dieselbe  Form,  nach  der  Originalplatte,  2mal  vergr. 

Figur  4.  Sternarthron  Zitfelii  n.,  nach  dem  Dresdener  Original, 
kaum  vergr. 

Figur  5.  Dasselbe,  Müiichener  Original  (No.  413),  Type,  nach 
dem  Hautreliefabguss,  natürl.  Gr. 

PMgur  6.     Dasselbe  über  2 mal  vei'gr. 

Figur  7.  Koenenia  mirabilis  Gr.,  8 mal  vergr.  (Aus  den  Zeich- 
nungen Grassis  [Bull.  See.  Ent.  Ital.,  XYIII,  1886,  f.  1,  11,  27]  com- 
binirt). 


■;o(i 


•t\.rxNxi. 


/'///.  /. 


/'>//  2. 


i;  liaas(M,lH. 


Erklärung  der  Tafel  XXXII. 

P'igur  1 — 3.     Sequoia  ßeichenbachl  Gein.  sp. '  Jüngere  Zweige. 
Figur  4.     Desgl.     Aelterer  Zweig. 
Figur  5.     Desgl.     Fragment  eines  Zapfens. 
Figur  6.     Desgl.     Aelterer  Zweig. 

Figur  7.     Carpolithes-  Itemlociims  Schloth.     Zapfen,  vielleicht  zu 
Sequoia  gehörig. 

Figur  8.     Sequoia  Utichenhachi .     Radialschliff. 

Fig.   1 — 3,  5,  6,  8.     Yerkieselt  in  den  Sandsteinknollen 
des  Aachener  Sandes.     Altenberg  und  Salvatorberg. 

Ftg.  4  u.  7.    In  Eisenoxyd  versteinert.    Sande  des  Aache- 
ner Waldes 


Zeitschrift  d. Deutsch  ^eol.Ges.l83ö 


3.W.- 


cMu  Sanac-  ci.e 


X.  Äiffailft.  -{i'tli. 


Erklärung  der  Tafel  XXXIII. 

Figur  1  und  3.  Cunninghamitcs  squamosus  Heer.  Jüngere  und 
ältere  Zweige.  Thone  des  Aachener  Sandes.  Spitalgarten  (Win- 
gertsbei-g). 

Figur  2.  Desgl.  Aelterer  blattloser  Zweig.  Nach  einem  Gyps- 
modell.     Aachener  Sand. 

Figur  4.  Moricmüa  cydotoxon  Deb.  u.  Ettingh.  Thon.  Thurm- 
sti'asse  in  Aachen. 

Figur  ä,  7,  S.  Dryophyllum  cretaceum  Debey.  Sandsteine  am 
Wege  nach  Gemnienich. 

Figur  6.    Desgl.     Altenberg. 


Zeitschrift  d. Deutschte 


^1     2\ 


^ 


:i 


-Ml 


^k.  t 


aviaC'  dC't 


Tafel  XXXll! 


;k 


4y 


Erklärung  der  Tafel  XXXIV. 

Figur  1  und  2.  Myricophyllum  asplenioides  hx^a^^.  Thon.  Win- 
gertsberg. 

Figur  3.  Myricophyllum  haldemianum  Hos.  u.  v.  d.  Mark  sp. 
Sandstein  am  Wege  nach  (xonimenich. 

Figur  4.     Lcmrophyllum  (uiuisgrmiense  Lajvjge.     Ebendaher. 

Figur  5.     Ficus  gracilis  Hos.     Ebendaher. 

Figur  6.  Dewalquea  aqnisgranensts  Sap.  et  Mar.  Thon.  Sand- 
grube vor  dem  Königsthor. 

Figur  7.     Dosgl.     Spitalgarten. 

Figur  8.  Jbewalquea  im'ujnis  Hos.  u.  v.  u.  Mark.  Sandstein,  am 
Wege  nach  Gemmenich. 

Figur  9.     Phyllites  siniiatus  Lange.     Thon.     Spitalgarten. 

Figur  10.     Phyllites  sp.     Ebendaher. 


Zeitschrift  d, Deutsch  ^eol, Ges.  1890. 


Tafel  XXXIV, 


Mi.  i^aiiac  iLe-C-. 


cCSivf^tri  Ml. 


Erkläruugr  der  Tafel  XXXY. 

Figur  1.  Lucina  (Jayonia)  flahellifera  ii.  sp.     Rechte  Schale. 

Fig.  ]  a.     Desgl.     Linke  Schale. 

Figui'  2.  Pectuncnkis  insiolitu.s  Mayer.     Linke  Schale. 

Fig.  2  a.     Desgl.     Schloss  derselben  Schale. 

Figur  3.  Sphenotrochus  pharetru  n.  sp.     5mal  vergr. 

Fig.  3  a.     Desgl.     Querschnitt. 
Figur  4  u.  4a.     Trodtocyathufi  cucuUiformis  n.  sp.     Nat.  Gr. 

Figur  5.  Ostrea  Chili  n.  sp.     Linke  Schale. 

Fig.  .5  a.     Desgl.,  von  aussen. 


Zfilsi-hr.  d.l)LMifscli.'ifol.Gt's.l8'.)0. 


TafXXXV 


.Ml. 


Lilh  Anst  .V.B.Keller  i.  München 


Erklärung  der  Tafel  XXXVI. 

Figur  1.    Diodon  sigma  Martin,  von  hinten. 

Fig.  la.     Desgl.,  von  der  Seite. 
Figur  2.     Chenolohia  hemisphaerica  n.  sp.,  von  innen. 

Fig.  2  a  von  aussen. 

Fig.  2  b  von  der  Seite. 
Figur  3  u.  3a.     Trivia  canariensis  n.  sp.,  vergrössert. 
Figur  4  u.  4  a.     Peristernia  atlantica  n.  sp. 
Figur  5  u.  5a.     Marginella  angusiiforis  n.  sp.,  vergrössert. 
Figur  6.     Rothpletzia  rudista  nov.  gen.  et  nov.  sp.  auf  einem  Litho- 
thamnium  -  Knollen  festgewachsen. 

Fig.  6  a  von  der  Seite. 

Fig.  6  b  mit  aufsitzendem  Operculum. 

Fig.  6  c  dasselbe  von  oben. 

Fig.  6d  medianer  Längsschnitt  des  Gehäuses  mit  den  Septen. 
Figur  7  u.  7a.     Olivella  Chili  n.  sp.,  vergr. 


Zeitsclir.  d.Btnitsch.'^eol.  (H's.  18'.)l.l 


Tar.XXXYl. 


8>. 


sa 


A. -BiT};ra£iiei     qez.Li.litli. 


lith.  Aiisi y.b^Reilor  i. Muiuhe:\- 


Erkläruu^  der  Tafel  XXXVII. 

Figur  1.     Oracanthus  BochitineHsis  Jkl.  in  -3  natürl.  Grösse. 
Figur  2.     Derselbe  im  Querschnitt  bei  n  der  vorigen  Figur. 
Figur  8.     Derselbe  im  Querschnitt  bei  in  der  Fig.   1. 
Figur  4.     Derselbe  im  Querschnitt  am  oberen  distalen  Ende. 
Figur  5.     Eine  Partie    aus    dem    Querschnitt   oberhalb  Fig.  4  in 
circa  öOfacher  Yergrösserung. 

a    grössere  Gefässkanäle. 

b    deren  Ausläufer  mit  zahlreichen  Dentinröhrchen. 

c   fremde ,    stark    gefärbte    Substanzen ,    wahrscheinlich 
Eisensalze. 


Zeitschr.  d  Deutsch. geol.  (res. 1890. 


r;u;xx\vii. 


Pw  I. 


U     cv 


(l.lackel  dcl 


Berliiier  hthosr.  Insutut  . 


Erklärung  der  Tafel  XXXVIII. 

Der  Hausstock   bei  Elm. 
Stark    gefalteter    eocäiier    Flysch    mit   Numniulitenbänken ,    über- 
schoben   von  Lochseitenkalk    (durch    eine  Bergcoulisse    unterbrochen) 
und  Verrucano. 


UJ 


Li 


UJ 


Z-MisrhiMl  riHil.srkgeol.Ges.  1890, 


Tai .  ÄAXVUi. 


F.  Frech  phot. 


Phnfogrmiire  d. HcpmrliieUon",  ßerlin. 


Erklärung  der  Tafel  XXXIX. 

Das  Kalkstöckli  zwischen  Elm  und  Linththal. 
Stark    gefalteter    eocäner    Plysch    mit    Nummulitenbänken,,  über- 
schoben   von    dem    in    seiner    Mächtigkeit    wechselnden    jurassischen 
Lochseitenkalk  und  Yerrucano. 


»r  LL.fiurf-iivaurnon,  nrrlin 


Zeitschr.  d.JJeutsch  geoi.  lies.  1Ö9U. 


Tai;  XXXIX. 


F  Frrrh    vIipI 


Fhotograväre  d.  ,Reprndurtton  ''Berltn . 


Erkläruug  der  Tafel  XL. 

Der  Gläinich  von  Osten. 
Das  Gehänge  westlich  des  Linth  -  Thaies  besteht  zuunterst  aus 
Eocän;  im  Hangenden  folgt  der  überschobene  Verrucano,  Lias,  Dogger 
(Eisenoolith  am  Ober-Bleggisee)  und  der  Hochgebirgskalk  des  Malm. 
Der  Abhang  im  Gebiete  der  Schneefelder  besteht  aus  den  durch  hori- 
zontale Faltung  wiederholten  Schichten  der  unteren  Kreide. 


! 


Zeitschr  d.Deutsch.geol.Ges.  1890. 


Taf.  XL 


Frerh  pkot. 


Photogravüre  d.„Beproduciion",Jierlm . 


/^ '^"'central  PARK/^\ 
V    ',.     NEW  YORK.      ^^.Jt 


Zeitschrift 


der 


Deutschen  geologischen  Gesellschaft. 


-S^i* 


XLH.  Band. 
l  Heft. 

Januar,  Februar  und  März   1890. 


(Hierzu  Tafel  I— V.) 


Berlin,  1890. 

Bei  Wilhelm  Hertz    (Bessersche  Buchhandlung). 

W.  Behrcnstrasse  17. 


XJie  Herren  Mitglieder  werden  gebeten,  bei  Zusen- 
dungen an  die  Deutsche  geologische  Gesellschaft  folgende 
Adressen  benutzen  zu  wollen: 

1.  für  Manuscripte  zum  Abdruck  in  der  Zeitschrift  und 
darauf  bezügliche  Correspoudenz : 

Herrn   Dr.    C.  A.   Tenne,    Berlin   N.,    Invaiiden- 
strasse  43,  königl.  Museum  für  Naturkunde; 

2.  für  sämmtliche,  die  Bibliothek  betreffenden  Angele- 
genheiten, namentlich  auch  Einsendungen  an  dieselbe : 

Herrn  Dr.  Th.  Ebert,  Berlin  N.,  Invalidenstrasse  44, 
königl.  geologische  Landesanstalt; 

3.  für  die  übrige  geschäftliche  Correspoudenz  (Anmel- 
dung neuer  Mitglieder,  Wohnortsveränderimgen,  Aus- 
trittserklärungen, Reclamationen  nicht  eingegangener 
Hefte  etc.  etc.): 

Herrn  Professor  Dr.  W.  Dames,  Berlin  N.,  Inva- 
lidenstrasse 43,  königl.  Museum  für  Naturkunde. 

Der  Vorstand. 


InhaEt  des  I.  Heftes. 

A.     Aufsätze. 

Seite. 

1.  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Trachjt-  und  Basaltgesteine  der 

hohen  Eifel.     Von  Herrn  Karl  Vogelsang  in  Bonn   ...         1 

2.  Ueber  Dislokationen  auf  Rügen.    Von  Herrn  A.  von  Koenen 

in  Göttingen 58 

3.  Ueber  morphotropische  Beziehungen  z-«ischen  anorganischen 
Sauerstoff-  und  Schwefelverbindungen.    Von  Herrn  F.  Rinne 

in  Berlin 63 

4.  Anarosnurus  immilio  nov.  gen.  nov.  sp.    Von  Herrn  W.  Dames 

in  Berlin.     (Hierzu  Tafel  I.)        74 

5.  Ueber  die  systematische  Stellung  nnd  über  fossile  Reste  der 
Gattung  Pristioplionis.  Von  Herrn  Otto  Jaekel  in  Berlin. 
(Hierzu  Tafel  H— V.) • 86 

6.  Ueber  das  Alter  einiger  Theile  der  (südamerikanischen)  Anden. 

HI.  (Schluss).     Von  Herrn  Carl  Ochsenius  in  Marburg       .     121 

7.  Ueber  die  Altersfolge  der  Sedimentformationen  in  Griechen- 
land.    \o\-\  Herrn  Alfred  Philippson  in  Berlin      ....     150 

B.     Briefliche  Mittheilungen 
der  Herren  Sapper,  Baltzer  und  Naumann ;     160 

C.     Verhandlungen  der  Gresellschaft. 

1.  Protokoll  der  Sitzung  vom  8.  Januar  1890 170 

2.  Protokoll  der  Sitzung  vom  6.  Februar  1890 171 

3.  Protokoll  der  Sitzung  vom  6.  März  1890 174 


Die  Autoren  sind  allein  verantwortlich  für  den  Inhalt  ihrer  Abhandlungen. 

Die  Autoren  erhalten  50  Separatabzüge  gratis;  eine  grössere  Zahl 
nach  AVunsch  gegen  Erstattiing  der  Herstellimgskosten. 

Die  Beiträge  sind  pränumerando  an  die  Bessersche  Buchhand- 
lung (W.  Behrenstrasse  17)  einzureichen.  Die  Herren  Mitglieder  wer- 
den ersucht,  diese  Einzahlung  nicht  auf  buchhändlerischem  Wege, 
sondern  durch  directe  Uebersendung  an  die  Bessersche 
Buchhandlung  zu  bevirken. 


Dt.C    8    iB-'' 


Zeitschrift 


der 


Deiitsclieii  Aeolo^ischen  Gesellschaft. 


^^xj3.yj^ 


XLII.  Band. 
2.  Heft. 

April,  Mai  und  Juni  1890. 


(Hierzu  Tafel  VI— XIX.) 


Berlin,  1890. 

Bei  Wilhelm  Hertz    (Bessersche  Buchhandlung). 

W.  Behrenstrasse  17. 


JLlie  Herren  Mitglieder  werden  gebeten,  bei  Zusen- 
dungen an  die  Deutsche  geologische  Gesellschaft  folgende 
Adressen  benutzen  zu  wollen: 

1.  für  Manuscripte  zum  Abdruck  in  der  Zeitschrift  und 
darauf  bezügliche  Correspondenz : 

Herrn   Dr.   C.  A.   Tenne,    Berlin   N.,    Invaliden- 
strasse  43,  königi.  Museum  für  Naturkunde; 

2.  für  sänuntliche.  die  Bibliothek  betreifenden  Angele- 
genheiten, namentlich  auch  Eüisendungen  an  dieselbe : 

Herrn  Dr.  Th.  Ebert,  Berlin  N.,  invalidenstrasse  44, 
königi.  geologische  Landesanstalt; 

3.  für  die  übrige  geschäftliche  Correspondenz  (Anmel- 
dung neuer  Mitglieder,  Wonnorts  Veränderungen,  Aus- 
trittserklärimgen,  Reclamationen  nicht  eingegangener 
Hefte  etc.  etc.): 

Herrn  Professor  Dr.  W.  Dames,  Berlin  N.,  Inva- 
lidenstrasse 43,  königi.  Museum  für  Naturkunde. 

Der  Vorstand. 


Inhalt  des  II.  Heftes. 

A.     Aufsätze. 

Seite. 

1.  Die  phonolithischen  Gesteine  des  Laacliersee-Gebiets  und  der 

Hohen  Eifel,     Von  Herrn  A.  Martin  in  Bonn 181 

2.  Ueber  einige  Spongien  aus  dem  Cuvieri-Pläner  von  Paderborn. 
Von  Herrn  Philipp  Pocta  in  Prag.  (Hierzu  Tafel  VI— "S^H.)    217 

3.  Zur  Kenntniss  des  Gangsystems  des  Auerberges  im  Harze 
und  der  Füllung  desselben.    Von  Herrn  Ferdinand  Hornung 

in  Berlin 233 

4.  Die  Stegocephalen  und  Saurier  aus  dem  Rothliegenden  des 
Plauen'schen  Grundes  bei  Dresden.  IX.  Von  Herrn  Her- 
mann Credner  in  Leipzig.     (Hierzu  Tafel  IX — XI.)      .     .     .     240 

5.  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Gattung  Protosphyraena  Leidy. 
Von  Herrn  Johannes  Felix  in  Leipzig.     (Hierzu  Tafel  XII 

bis  Xiy.) 278 

6.  Ueber  Schwankungen  in  der  Intensität  der  Erdanziehung.  Von 
Herrn  F.  W.  Pfaff  in  Erlangen.    (Hierzu  Tafel  XV  u.  XVI.)     308 

7.  Das  Eocän  in  Syrien,  mit  besonderer  Berüksichtigung  Nord- 
Syriens.  Von  Herrn  Max  Blanckenhorn  in  Cassel.  (Hierzu 
Tafel  XVII— XIX.) 318 

B.     Briefliche  Mittheilung 
des  Herrn  Ferd.  Rcemer 360 

C.     Verhandlungen  der  Gesellschaft. 

1.  Protokoll  der  Sitzung  vom  2.  April  1890 364 

2.  Protokoll  der  Sitzung  vom  7.  Mai  1890 369 

3.  Protokoll  der  Sitzung  vom  4.  Juni  1890 372 


Die  Autoren  sind  allein  verantwortlich  für  den  Inhalt  ihrer  Abhandlungen. 

Die  Autoren  erhalten  50  Separatabzüge  gratis ;    eine  grössere  Zahl 
nach  Wunsch  gegen  Erstattung  der  Herstellungskosten. 


Die  Beiträge  sind  pränuinerando  an  die  Besser  sehe  Buchhand- 
lung (W.  Behrenstrasse  17)  einzureichen.  Die  Herren  Mitglieder  wer- 
den ersucht,  diese  Einzahlung  durch  directe  Uebersendung 
an  die  Bessersche  Buchhandlung  zu  bewirken. 


Zeitschrift 


der 


Deutschen  geologischen  Gesellschaft. 


ö^^-^^'& 


— ^f^»!^ 


XLII.  Band. 
3.  Heft. 

Juli,  August  und  September  1890. 


(Hierzu  Tafel  XX— XXIX.) 


Berlin,  1890. 

Bei  Wilhelm  Hertz    (Bessersche  Buchhandlung). 

W.  Behrenetrasße  17. 


X-)ie  Herren  Mitglieder  werden  gebeten,  bei  Zusen- 
dungen an  die  Deutsche  geologische  Gesellschaft  folgende 
Adressen  benutzen  zu  wollen: 

1.  für  Manuscripte  zum  Abdruck  in  der  Zeitschrift  und 
darauf  bezügliche  Correspondenz : 

Herrn   Dr.    C.  A.   Tenne,    Berlin   N.,   Invaliden- 
strasse  43,  königi.  fVSuseum  für  Naturkunde; 

2.  für  sämmtliche .  die  Bibliothek  betreffenden  Angele- 
genheiten, namentlich  auch  Einsendungen  an  dieselbe : 

Herrn  Dr.  Th.  Ebert,  Berlin  N.,  Invalidenstrasse  44, 
königi.  geologische  Landesanstait; 

3.  für  die  übrige  geschäftliche  Correspondenz  (Anmel- 
dung neuer  Mitglieder,  Wohnortsveränderungen,  Aus- 
trittserklärungen, Reclamationen  nicht  eingegangener 
Hefte  etc.  etc.): 

Herrn  Professor  Dr.  W.  Dames,  Berlin  N.,  Inva- 
lidenstrasse 43,  königi.  Museum  für  Naturkunde. 

Der  Vorstand. 


Inhalt  des  III.  Heftes. 

A.     Aufsätze. 

Seite. 

1.  Labyrinthodonten-Reste  des  oberschlesischen  Muschelkalkes. 
Von  Herrn  Hermann  Kunisch  in  Breslau.  (Hierzu  Tafel  XX.)    377 

2.  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Pliocänfauna  Süd-Spaniens.  Von 
Herrn  F.  Schrodt  in  Heidelberg.  (Hierzu  Tafel  XXI  u.  XXII.)     386 

3.  lieber  eine  Kohlenkalk -Fauna  aus  der  ägyptisch-arabischen 
Wüste.  Von  Herrn  Johannes  Walther  in  Jena.  (Hierzu 
Tafel  XXIII— XXVm.)        419 

4.  Geologische  und  petro graphische  Studien  am  Monte  Aviölo 
im  italienischen  Antheil  der  Adamellogruppe.  Von  Herrn 
Wilhelm  Salomon  in  Leipzig.     (Hierzu  Tafel  XXIX.)     .     .     450 

5.  Ueber  den  oberen  Gault  mit  Belemnites  minimus  bei  Glies- 
marode  unweit  Braunschweig.    Von  Herrn  A.  von  Strombeck 

in  Braunschweig 557 

B.     Briefliche  Mittheilungen 
der  Herren  H.  Trautschold,  F  J.  P.  van  Kalker  und  G.  Berendt    575 

C.     Verhandlungen  der  Gesellschaft. 

1.  Protokoll  der  Sitzung  vom  2.  Juli  1890 588 

2.  Sieben  und  dreissigste  Versammlung  der  Deutschen  geolo- 
gischen Gesellschaft  zu  Freiburg  i.  Breisgau 593 


Die  Autoren  sind  allein  verantwortlich  für  den  Inhalt  ihrer  Abhandlungen. 

Die  Autoren  von  Aufsätzen  und  brieflichen  Mittheilungen  erhalten 
50  Separatabzüge  gratis;  eine  grössere  Zahl  oder  auch  solche  von 
Protokollnotizen  nach  Wunsch  gegen  Erstattung  der  Herstellungs- 
kosten. 


Die  Beiträge  sind  pränumerando  an  die  Bessersche  Buchhand- 
lung (W.  Behrenstrasse  17)  einzureichen.  Die  Herren  Mitglieder  wer- 
den ersucht,  diese  Einzahlung  durch  directe  Uebersendung 
an  die  Bessersche  Buchhandlung  zu  bewirken. 


der 


Deutschen  seolo.uischen  Gesellschaft. 


^KjyjJLKJ^ 


— *l^l^- 


XLII.  Band. 

4.  Heft. 

October,  November  und  December  1890. 


(Hierzu  Tafel  XXX— XXXX.) 


Berlin,  1891. 

Bei  "Wilhelm  Hertz    (Bessersche  Buchhandlung). 


W.  BehrenstraRse  17. 


Jjie  Herren  Mitglieder  werden  gebeten,  bei  Zusen- 
dungen an  die  Deutsche  geologische  Gesellschaft  folgende 
Adressen  benutzen  zu  wollen: 

1.  für  Manuscripte  zum  Abdi-uck  in  der  Zeitschrift  und 
darauf  bezügliche  Correspondenz : 

Herrn   Dr.    C.  A.   Tenne,    Berlin   N.,    Invaiiden- 
strasse  43,  königl.  Museum  für  Naturkunde; 

2.  füi'  sämmtliche.  die  Bibliothek  betreffenden  Angele- 
genheiten, namentlich  auch  Einsendimgen  an  dieselbe : 

Herrn  Dr.  Th.  Ebert,  Berlin  N.,  Invalidenstrasse  44, 
königi.  geologische  Landesanstalt; 

3.  für  die  übrige  geschäftliche  Correspondenz  (Anmel- 
dung neuer  Mitglieder,  Wohnortsveränderungen,  Aus- 
trittserklärungen, Reclamationen  nicht  eingegangener 
Hefte  etc.  etc.): 

Herrn  Professor  Dr.  W.  Dames,  Berlin  N.,  Inva- 
lidenstrasse 43,  königi.  Museum  für  Naturkunde. 

Der  Vorstand. 


Enhait  des  IV.  Heftes. 

A.     Aufsätze. 

Seite. 

1.  Beiträge  zur  Kemitniss  der  fossilen  Arachuiden.     Von  Herrn 

Erich  Haase  in  Königsberg  i.Pr.  (Hierzu  Tafel  XXXu.XXXI.)     631 

2.  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Flora  des  Aachener  Sandes.  Von 
Herrn  Theodor  Lange  in   Leipzig.     (Hierzu  Tafel  XXXH 

bis  XXXIV.) 658 

3.  Die  marinen  Ablagerungen  auf  Gran  Canaria.  Von  Herren 
A.  RoTPHLETz  und  V.  Simokelx,!  in  München.  (Hierzu 
Tafel  XXV  und  XXXVL) 677 

4.  Zur   mikrochemischen  Untersuchung   einiger  Minerale.      Von 

Hen-n  J.  Lemberg  in  Dorpat /   .     737 

5.  OracantMis  Bockumensis  n.  sp.  des  deutschen  Kohlengebirges. 
Von  Herrn  Otto  Jaekel  in  Berlin.   (Hierzu  Tafel  XXXVII.)     753 

B.     Briefliche  Mittheilungen 

der    Hen-en    Siemiradski,    Paul  Oppenheim,    Steinmann,    W. 

MÜLLER  und  Otto  Jaekel 756 

C.     Verhandlungen  der  Gesellschaft. 

1.  Protokoll  der  Sitzung  vom  5.  November  1890 775 

2.  ProtekoU  der  Sitzung  vom  3.  December  1890 793 

3.  Protokoll  einer  gemeinsamen  Begehung  des  Gebietes  der  Glar- 
.  ner  Doppelfalte  unter  der  Leitung  von  Hei'rn  A.  Heim   am 

14.,  15.  und  16.  August  1890  im  Anschluss  an  die  Versamm- 
lung der  Deutschen  geologischen  Gesellschaft  zu  Freiburg 
i.  Breisgau.     (Hierzu  Tafel  XXXVHI  bis  XXXX.)    ....     797 


Die  Autoren  sind  aflein  verantwortlich  für  den  Inhalt  ihrer  Abhandlungen. 

Die  Autoren  von  Aufsätzen  und  brieflichen  Mittheilungen  erhalten 
50  Separatabzüge  gratis;  eine  grössere  Zahl  oder  auch  solche  von 
Protokollnotizen  nach  Wunsch  gegen  Erstattung  der  Herstellungs- 
kosten. 


Die  Beiträge  sind  pränumerando  an  die  Bessersche  Buchhand- 
lung (W.  Behrenstrasse  17)  einzureichen.  Die  Herren  Mitglieder  wer- 
den ersucht,  diese  Einzahlung  durch  direete  üebersendung 
an  die  Besserselle  Buchhandlung  zu  be-s\1rken. 


( 

1     1 

j^ 

Ö 

n 

r 

o 

l 

n 
Du 

oo  a  ö  t?J 

v£>  •      -P- 
O   -r         H 

ro 

(D           <T>        

THE          "J^    BOUND    TO 

'1-..       JAN.  65 

'^^     N-    MANCHESTER, 
<JS^  INDIANA