Skip to main content

Full text of "Zeitschrift. Beiheft"

See other formats


Google 


This  is  a  digital  copy  of  a  book  that  was  prcscrvod  for  gcncrations  on  library  shclvcs  bcforc  it  was  carcfully  scannod  by  Google  as  pari  of  a  projcct 

to  make  the  world's  books  discoverablc  online. 

It  has  survived  long  enough  for  the  Copyright  to  expire  and  the  book  to  enter  the  public  domain.  A  public  domain  book  is  one  that  was  never  subject 

to  Copyright  or  whose  legal  Copyright  term  has  expired.  Whether  a  book  is  in  the  public  domain  may  vary  country  to  country.  Public  domain  books 

are  our  gateways  to  the  past,  representing  a  wealth  of  history,  cultuie  and  knowledge  that's  often  difficult  to  discover. 

Marks,  notations  and  other  maiginalia  present  in  the  original  volume  will  appear  in  this  flle  -  a  reminder  of  this  book's  long  journcy  from  the 

publisher  to  a  library  and  finally  to  you. 

Usage  guidelines 

Google  is  proud  to  partner  with  libraries  to  digitize  public  domain  materials  and  make  them  widely  accessible.  Public  domain  books  belong  to  the 
public  and  we  are  merely  their  custodians.  Nevertheless,  this  work  is  expensive,  so  in  order  to  keep  providing  this  resource,  we  have  taken  Steps  to 
prcvcnt  abuse  by  commercial  parties,  including  placing  lechnical  restrictions  on  automated  querying. 
We  also  ask  that  you: 

+  Make  non-commercial  use  ofthefiles  We  designed  Google  Book  Search  for  use  by  individuals,  and  we  request  that  you  use  these  files  for 
personal,  non-commercial  purposes. 

+  Refrain  fivm  automated  querying  Do  not  send  automated  queries  of  any  sort  to  Google's  System:  If  you  are  conducting  research  on  machinc 
translation,  optical  character  recognition  or  other  areas  where  access  to  a  laige  amount  of  text  is  helpful,  please  contact  us.  We  encouragc  the 
use  of  public  domain  materials  for  these  purposes  and  may  be  able  to  help. 

+  Maintain  attributionTht  GoogXt  "watermark"  you  see  on  each  flle  is essential  for  informingpcoplcabout  this  projcct  and  hclping  them  lind 
additional  materials  through  Google  Book  Search.  Please  do  not  remove  it. 

+  Keep  it  legal  Whatever  your  use,  remember  that  you  are  lesponsible  for  ensuring  that  what  you  are  doing  is  legal.  Do  not  assume  that  just 
because  we  believe  a  book  is  in  the  public  domain  for  users  in  the  United  States,  that  the  work  is  also  in  the  public  domain  for  users  in  other 
countries.  Whether  a  book  is  still  in  Copyright  varies  from  country  to  country,  and  we  can'l  offer  guidance  on  whether  any  speciflc  use  of 
any  speciflc  book  is  allowed.  Please  do  not  assume  that  a  book's  appearance  in  Google  Book  Search  mcans  it  can  bc  used  in  any  manner 
anywhere  in  the  world.  Copyright  infringement  liabili^  can  be  quite  severe. 

Äbout  Google  Book  Search 

Google's  mission  is  to  organizc  the  world's  Information  and  to  make  it  univcrsally  accessible  and  uscful.   Google  Book  Search  hclps  rcadcrs 
discover  the  world's  books  while  hclping  authors  and  publishers  rcach  ncw  audicnccs.  You  can  search  through  the  füll  icxi  of  ihis  book  on  the  web 

at|http: //books.  google  .com/l 


Google 


IJber  dieses  Buch 

Dies  ist  ein  digitales  Exemplar  eines  Buches,  das  seit  Generationen  in  den  Realen  der  Bibliotheken  aufbewahrt  wurde,  bevor  es  von  Google  im 
Rahmen  eines  Projekts,  mit  dem  die  Bücher  dieser  Welt  online  verfugbar  gemacht  werden  sollen,  sorgfältig  gescannt  wurde. 
Das  Buch  hat  das  Uiheberrecht  überdauert  und  kann  nun  öffentlich  zugänglich  gemacht  werden.  Ein  öffentlich  zugängliches  Buch  ist  ein  Buch, 
das  niemals  Urheberrechten  unterlag  oder  bei  dem  die  Schutzfrist  des  Urheberrechts  abgelaufen  ist.  Ob  ein  Buch  öffentlich  zugänglich  ist,  kann 
von  Land  zu  Land  unterschiedlich  sein.  Öffentlich  zugängliche  Bücher  sind  unser  Tor  zur  Vergangenheit  und  stellen  ein  geschichtliches,  kulturelles 
und  wissenschaftliches  Vermögen  dar,  das  häufig  nur  schwierig  zu  entdecken  ist. 

Gebrauchsspuren,  Anmerkungen  und  andere  Randbemerkungen,  die  im  Originalband  enthalten  sind,  finden  sich  auch  in  dieser  Datei  -  eine  Erin- 
nerung an  die  lange  Reise,  die  das  Buch  vom  Verleger  zu  einer  Bibliothek  und  weiter  zu  Ihnen  hinter  sich  gebracht  hat. 

Nu  tzungsrichtlinien 

Google  ist  stolz,  mit  Bibliotheken  in  Partnerschaft  lieber  Zusammenarbeit  öffentlich  zugängliches  Material  zu  digitalisieren  und  einer  breiten  Masse 
zugänglich  zu  machen.     Öffentlich  zugängliche  Bücher  gehören  der  Öffentlichkeit,  und  wir  sind  nur  ihre  Hüter.     Nie htsdesto trotz  ist  diese 
Arbeit  kostspielig.  Um  diese  Ressource  weiterhin  zur  Verfügung  stellen  zu  können,  haben  wir  Schritte  unternommen,  um  den  Missbrauch  durch 
kommerzielle  Parteien  zu  veihindem.  Dazu  gehören  technische  Einschränkungen  für  automatisierte  Abfragen. 
Wir  bitten  Sie  um  Einhaltung  folgender  Richtlinien: 

+  Nutzung  der  Dateien  zu  nichtkommerziellen  Zwecken  Wir  haben  Google  Buchsuche  Tür  Endanwender  konzipiert  und  möchten,  dass  Sie  diese 
Dateien  nur  für  persönliche,  nichtkommerzielle  Zwecke  verwenden. 

+  Keine  automatisierten  Abfragen  Senden  Sie  keine  automatisierten  Abfragen  irgendwelcher  Art  an  das  Google-System.  Wenn  Sie  Recherchen 
über  maschinelle  Übersetzung,  optische  Zeichenerkennung  oder  andere  Bereiche  durchführen,  in  denen  der  Zugang  zu  Text  in  großen  Mengen 
nützlich  ist,  wenden  Sie  sich  bitte  an  uns.  Wir  fördern  die  Nutzung  des  öffentlich  zugänglichen  Materials  fürdieseZwecke  und  können  Ihnen 
unter  Umständen  helfen. 

+  Beibehaltung  von  Google-MarkenelementenDas  "Wasserzeichen"  von  Google,  das  Sie  in  jeder  Datei  finden,  ist  wichtig  zur  Information  über 
dieses  Projekt  und  hilft  den  Anwendern  weiteres  Material  über  Google  Buchsuche  zu  finden.  Bitte  entfernen  Sie  das  Wasserzeichen  nicht. 

+  Bewegen  Sie  sich  innerhalb  der  Legalität  Unabhängig  von  Ihrem  Verwendungszweck  müssen  Sie  sich  Ihrer  Verantwortung  bewusst  sein, 
sicherzustellen,  dass  Ihre  Nutzung  legal  ist.  Gehen  Sie  nicht  davon  aus,  dass  ein  Buch,  das  nach  unserem  Dafürhalten  für  Nutzer  in  den  USA 
öffentlich  zugänglich  ist,  auch  für  Nutzer  in  anderen  Ländern  öffentlich  zugänglich  ist.  Ob  ein  Buch  noch  dem  Urheberrecht  unterliegt,  ist 
von  Land  zu  Land  verschieden.  Wir  können  keine  Beratung  leisten,  ob  eine  bestimmte  Nutzung  eines  bestimmten  Buches  gesetzlich  zulässig 
ist.  Gehen  Sie  nicht  davon  aus,  dass  das  Erscheinen  eines  Buchs  in  Google  Buchsuche  bedeutet,  dass  es  in  jeder  Form  und  überall  auf  der 
Welt  verwendet  werden  kann.  Eine  Urheberrechtsverletzung  kann  schwerwiegende  Folgen  haben. 

Über  Google  Buchsuche 

Das  Ziel  von  Google  besteht  darin,  die  weltweiten  Informationen  zu  organisieren  und  allgemein  nutzbar  und  zugänglich  zu  machen.  Google 
Buchsuche  hilft  Lesern  dabei,  die  Bücher  dieser  Welt  zu  entdecken,  und  unterstützt  Autoren  und  Verleger  dabei,  neue  Zielgruppcn  zu  erreichen. 
Den  gesamten  Buchtext  können  Sie  im  Internet  unter|http:  //books  .  google  .coiril  durchsuchen. 


■  1'*-        ^^^^■^■BI^HB^i^^^Bk'^^H 

■!1 

« 

[3           :#1 

■g     m  r  n  u  r  6  R  T  Tf    or       ^ 

mmsim 


MuM. 


4KTES      SCIiNTIA     VEä^T/M 


ZEITSCHRIFT  DES  VEREINS 


FÜR 


THÜRINGISCHE  GESCHICHTE 


UND 


ALTERTUMSKUNDE. 


NEUE  FOLGE.  ACHTEE  BAND. 

DER  GANZEN  FOLGE  SECHZEHNTER  BAND. 


Mit  6  Kartenskizzen  im  Text  und  4  Tafeln. 


•  »  • 


JENA, 

VERLAG    VON    GUSTAV    FISCHER. 

1893. 


JSX 


Inhalt 


Seite 

Abhandlimgen. 

I.     Graf  Günther  der  Reiche  von  Schwarzbarg.    Ein  Beitrag  zur  Ge- 
schichte der  Reformation.     Von  Prof.  E.  Einert 1 

II.     Geschichte   des   Klosters    Cronschwitz.      Von    Dr.    Berthold 

Schmidt 111 

III.  Die  Volkskunde  und  die  Notwendigkeit  ihrer  Pflege  in  den  alter- 
tumsforschenden Vereinen.     Von  F.  Kunze 173 

IV.  Das  ehemalige  Amt  Lichtenberg   vor  der  Rhön.     1.  Geschichte. 
Von    G.  Binder,    Pfarrer   in  Bergsulza.     Mit  6  Kartenskizzen 

im  Texte 233 

V.  Die  weimarischen  Dichter  von  Gesangbuchsliedern  und  ihre 
Lieder.   Litterargeschichtlich  dargestellt  und  beurteilt  von  Ernst 

Böhme,  Diakonns  in  Lobeda 311 

VI.     Eine     alte     Grabstätte     bei     Nauendorf    i.     Thfir.      Von     Dr. 

G.  Gompter,  Apolda.     Hierzu  4  Tafeln 391 

Erklärung  der  Figuren 510 

VII.     Der  Name    des   Rennsteigs.     Von    Dr.  L.  Hertel,  Gymnasial- 
lehrer in  Greiz 417 

MifzeUen. 

1.  Peter  Watzdorfs  Trostgedicht  an  die  Sehmalkaldener.  Mitgeteilt 
aus  dem  wahrscheinlich  einzig  noch  vorhandenen  Exemplar  der 

K.  Bibliothek  Dresden  von  Prof.  E.  Einert  in  Arnstadt     .     .     199 

2.  Ein  Studentenaufruhr  in  Jena  im  Jahre  1660.  Mach  dem  Briefe 
eines  Teilnehmers  und  Augenzeugen  mitgeteilt  von  Lic.  Dr. 
Buchwald  in  Leipzig 203 

3.  Verzeichnis  der  auf  Schlofs  Grimmenstein  bei  seiner  Uebergabe 
am     13.    April    1567     vorhandenen     Vorräte.      Mitgeteilt    von 

E.  T.  Meyer  in  Stettin 209 

4.  Drei  Erlasse  Herzog  Ernst  Augusts,  das  Kirchen-  und  Schul- 
wesen Apoldas  betreffend,  aus  dem  Superintendenturarchiv  zu 
Apolda.  Mitgeteilt  von  G.  H.  Nenmaerker,  Bacc.  theol.  und 
Arehidiakonos  zu  Apolda 449 


IV  Inhalt. 

8€tt0 

5.  Zum  25.  Gedenktage  an  die  feierliche  Einweihung  des  Berthold 
Sigismnnd  •  Denkmals   in    Radolstadt.      Vom    Oberb&rgermeister 

am  Ende- Radolstadt 4ftS 

6.  Ein  Streitlied  ans  der  Beformationsseit.  Mitgeteilt  von  E.  B  i  n  e  rt    457 

Litteratur. 

1.  Bau-  und  Kunstdenkmäler  Thüringens.  Im  Auftrage  der  Be- 
gierungen  von  Sachsen  -  Weimar  -  Eisenach,  Sachsen  -  Meiningen- 
Hildburghausen,  Sachsen-Koburg-Goths,  Schwarsburg-Badolstadt, 
Reofs  filtere  Linie  und  Reufs  jUngere  Linie  bearb.  von  Prof.  Dr. 
P.  Leb  fei  dt.  Jena,  Verlag  von  Gustav  Fischer,  1891. 
Heft  IX :  Fürstentum  Reufs  Ji.  Linie,  Amtsgerichtsbesirke  Greis, 
Burgk  und  Zeulenroda.  Heft  X :  Herzogtum  Sachsen  -  Koburg 
und  GU)tha,  Amtsgerichtsbesirk  Tonna.  Heft  XI:  HerBOgium 
Sacfasen-Koburg  und  Gotha,  Landratsamt  Waltershaosen,  Amts- 
gerichtsbezirke Tenneberg,  Thal  und  Waogenheim.  Heft  XII: 
Fürstentum  Reufs  j.  Linie,  Amtsgerichtsbezirke  Schleis,  Loben- 
stein  und  Hirschberg.  Heft  XIH:  Grofshenogtnm  Sachsen- 
Weimar-Eisenach,  Amtsgerichtsbesirk  Allstedt.     Besprochen  von 

£.  Kriesche 813 

2.  Wucke,  Ch.  Ludw. :  Sagen  der  mittleren  Wem,  der  an- 
grenzenden Abhänge  des  Thüringer  Waldes ,  der  Vorder-  und 
Hohen  Rhön ,  sowie  aus  dem  Gebiete  der  fränkischen  Saale. 
Zweite,  sehr  vermehrte  Auflage,  mit  biographischer  Skizze,  An- 
merkungen und  Ortsregister  herausgegeben  von  Dr.  Hermann 
Ullrich.  Eisenach,  H.  Kahle,  1891.  Besprochen  von  O. 
Dobenecker 818 

8.  Gutbier,  Hermann:  Der  Kampf  bei  Langensalza  am 
27.  Juni  1866.  Ein  Gedenkbuch.  Langensalza,  Wendt  &  Klaa- 
well,  1891.     Besprochen  von  O.  Dobenecker 219 

4.  Uebersicht  der  neuerdings  erschienenen  Litteratur  zur  thüriogi- 
schen  Geschichte  und  Altertumskunde.    Von  O.  Dobenecker     220 

5.  Tümpling,  Wolf  von:  Geschichte  des  Geschlechtes  von 
Tümpling.  Erster  Band  (bis  1551).  Mit  dem  Wappen,  einer 
Siegeltafel,  zwei  Stammtafeln,  einer  Karte  der  Grafschaft  Gam- 
burg,  anderen  Kunstbeilagen  und  Register.  —  Zweiter  Band  (bis 
zur  Gegenwart).  Mit  Urkundenanhang,  Bildnissen,  anderen  Knnst- 
beilagen,  einer  Karte  zum  Feldzuge  gegen  Polen  von  1794  und 
des  Treffens  von  Gitschin,  dem  Facsimile  eines  Schreibens  des 
Kaisers  Wilhelm  I.,  des  Kronprinzen  Friedrich  Wilhelm  und  des 
Prinzen  Friedrich  Karl,  mit  Stammtafeln,  einer  Ahnentafel,  zwei 
Siegeltafeln,  drei  Handschriftentafeln,    Register  und  Stammbaum. 


Inhalt.  V 

Weimar,  Hermann  Böblau,  1888  und  1892.  XXIII  und  354  SS. 
und  VIU  und  784,  auch  1S7  SS.  und  6V4  Bogen  Register.  S^, 
Besprochen  von  O.  Dobenecker 46S 

6.  Bau-  und  KunstdenkmSler  Thüringens.  Im  Auftrage  der  Re- 
gierungen von  Sachsen  -  Weimar  -  Eisenach,  Sachsen-Meiningen- 
Hildburghausen,  Sachsen-Koburg-Gotha,  Schwarzburg-Rudoistadt, 
Reufs  Sltere  Linie  und  Reufs  jüngere  Linie  bearbeitet  von  Prof. 
Dr.  P.  Lehfeldt.  Jena,  Verlag  von  Gustav  Fischer,  1892/3. 
Heft  XIV:  Grofsherzogtam  Sachsen-Weimar-Eisenaoh,  Amtsge- 
richtsbezirke Apolda  und  Buttst&dt.  Heft  XV :  Herzogtum  Sachsen- 
Meiningen,  Amtsgerichtsbezirke  Gräfenthai  und  Pöfsneck.  Heft 
XVI:  Grofsfaerzogtnm  Sachsen- Weimar-Eisenach ,  Amtsgerichts- 
bezirke Grofsrudestedt  und  Vleselbacb.  Heft  XVII :  Grofsherzog- 
tum  Sacbsen-Weimar-Eisenach,  Amtsgerichtsbezirke  Blankenbain 

und  Ilmenau.     Besprochen  von  E.  Kriesche 468 

7.  Uebersicht  der  neuerdings  erschieneneu  Litteratur  zur  thüringi- 
schen Geschichte  und  Altertumskunde.    Von  O.  Dobenecker    473 

Bekanntmachung 491 

GeMh&fOiehe  Mitteiloiigen. 

1.  Bericht  über  die  ThStigkeit  des  Vereins  für  thüringische  Ge- 
schichte und  Altertumskunde  in  der  Zeit  von  der  Hauptversamm- 
lung in  Weida  am  12.  Juli  1891  bis  sur  Hauptversammlung  in 
Ilmenau  am  16.  Juli  1893.     Von  Gustav  Richter       .     .     .     495 

2.  Kassen-Abschlufs  des  Vereins  für  thüringische  Geschichte  und 
Altertumskunde  ult.  Dezember  1891  und  ult.  Dezember  1892  506 


1 

1 


7 
I 

1 

I 

V 


Abhandlangen. 


XVI. 


I. 


Graf  Günther  der  Reiche  von 

Sehwarzburg. 

Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  Reformation. 


Von 


Professor  E.  Elnert. 


Vorwort. 


Lfei  Lebensgang  Oraf  Günfhers  XL.  Ton  Schwarzburg, 
des  Beichen,  wie  man  ihn  genannt,  kann  schon  insofern  ein 
allgeineineres  Interesse  in  Anspruch  nehmen,  als  er  die  wun- 
dersamen Folgen  der  Lehnsyerhältnisse  in  einer  Zeit  der 
heftigsten  Konflikte  und  die  schwierige  Stellung  kleinerer 
Beichsstände  zwischen  den  sich  bekämpfenden  Gewalten  uns 
anschaulich  vor  Augen  führt. 

Die  Archive,  insbesondere  das  Fürstliche  Landesarchiy 
zu  Sondershausen,  doch  auch  andere  geschichtliche  Quellen 
konnten  fdr  des  Joyius  Schwarzburgische  Chronik  viele  wesent- 
liche Ergänzungen  und  ebenso   manche  Berichtigung  bringen. 

Dafs  der  Verfasser,  das  gegebene  Lebensbild  in  den 
Bahmen  seiner  Zeit  zu  stellen,  sich  bei  Altmeister  Bänke, 
doch  auch  bei  Maurenbrecher,  Voigt,  Lenz  und  andern  Histo- 
rikern guten  I^amens  fleifsig  Bats  erholt,  wird  als  selbstver- 
ständlich keines  weitern  I^achweises  im  Einzelnen  bedürfen. 
Dafs  er  aber  die  sich  bietende  Gelegenheit,  den  vergessenen 
Volksdichter  Watzdorf,  Graf  Günthers  TJnterthanen,  dem  Ge- 
dächtnis wieder  nahe  zu  bringen  nicht  ungenützt  lassen 
mochte,  erschien  ihm  als  gebotene  EhrenpjQdcht.  Lilienkrons 
grofse  Sammlung  der  historischen  Volkslieder  und  Schnorrs 
von  Oarolsfeld  Veröffentlichungen  aus  dem  Dresdner  Staats- 
archiv konnten  ihm  diesen  Teil  seiner  Aufgabe  um  vieles 
erleichtern.     Die   im  AnschluTs  an  die  Biographie  Graf  Gün- 


6  Vorwort. 

thers  gegebenen  Mitteilungen  über  Katharina  die  Heldmütige 
dürften  um  so  mehr  einer  freundlichen  Aufnahme  begegnen,  als 
die  Quellen  für  die  Lebensgeschichte  dieser  seltenen  deutschen 
Frau  noch  immer  so  dürftig  fliefsen. 

Arnstadt  im  März  1892.  E.  E inert. 


Abkürzungen: 

8.  A»  =3  Sondersh.  Archiv. 
A.  A.  »  Amstädter  Archiv. 
W.  A,  =  Weimarisches  Archiv. 


I 


JLIer  gemeinsame  Stammvater  der  regiereadea  BchwarEJl 
burgischen  FiirBtenhäuser  war  im  Jahr  1499  geboren,  dicht 
an  der  Sohwelle  des  Jahrhtuiderts,  mit  dem  eia  neaes  Zeit- 
alter heraufzog.  An  seiner  Wiege  war  es  ihm  sieht  ge- 
sungen, dar»  er  eioBt  zu  den  an  gesehensten  Grafen  des  Bömi- 
Bchen  Reiches  deutscher  Nation  üählen  und  als  Oiaf  Qüuther 
der  Reiche  oder,  wie  der  Yolkshumor  -wollte,  Oraf  Oünther 
mit  dem  fetten  Maul  in  der  Oeschicbte  fortleben  werde. 

Denn  nor  auf  den  untern,  von  Hainleite  und  Kyffhäuser 
durchzogenen  Teil  der  Orafschaft  Schwarzburg  besohräukte 
sich  der  Besitz  seines  Vaters,  Oraf  Heinrichs  XXXJ.  Äuoh 
M'ucheeD  zwei  jüngere  Brüder  an  seiner  Seite  auf,  ebenso 
erbberechtigt  als  er  selbst,  da  dae  Recht  der  Erstgeburt  ia,j 
jenen  Zeiten  noch  nicht  zur  0-eltung  gekommen  war.  ■ 

Über  seinen  Einderjahren,  die  Graf  Günther  am  vätar-fl 
liehen  Hof  zu  Sondetshaneen  verlebte,  wachte  mit  zarter  Füi- 
sorge  seine  treffliche  Mutter  Magdalene  von  Hohnstein.  Nach 
dem  frühen  Tode  derselben  einem  Informator  untergeben, 
dem  höohgelahrten  Johannes  Beilik,  Doktor  der  schönen 
Eiinate  und  beider  Rechte,  konnte  er  schon  im  elften  Jahre 
unter  Führung  seines  trefftiohea  Lehrers  die  Hochsohule 
Leipzig  beziehen.  Dafs  er  des  Latein  vollkommen  Meister 
wurde,  eine  epistola  mit  eleganter  Leichtigkeit  zu  schreiben 
lernte,  trug  ihm  später  das  bewundernde  Lob  der  Huma- 
nisten ein.  Bei  seinem  Abgang  stellte  dem  jungen  Grafen 
von     Sohwarzburg    Rektor    Tookler    ein    glänzendes    Zeugnis 


g  Graf  Gfinther  der  Reiche  von  Schwarzbarg. 

B«mer  wifisenschaftlichen  Portschritte  und  seiner  tadellosen 
Lebensfahnmg  ans. 

Nach  seiner  Stadienzeit  weilte  er  dann  am  Hofe  des 
€hralen  Smst  von  Mansfeld  und  des  Kurfürsten  Friedrich  des 
Weisen.  Es  waren  die  Jahre  des  Enappendienstes,  die  auch 
den  Sdhnen  aus  yomehmem  Hause  nicht  erspart  blieben. 

Sich  im  Kriege  zu  versuchen,  zog  er  alsdann  nach  Ungar- 
land.  Doch  König  Ludwig,  obwohl  von  den  Türken  hart  be- 
drängt, war  ein  schlechter  Zahler.  So  suchte  der  junge 
Kriegsmann  bald  Bestallung  bei  dem  Kurfürsten  yon  Köln. 
£fl  war  zu  jenen  Zeiten,  wo  Sickingen  mit  der  Beichsritter- 
aohaft  gegen  die  Bistümer  zu  Felde  lag,  von  denen  sich  die- 
selbe in  gleichem  Malse  bedroht  sah,  als  von  der  wachsenden 
Landesgewalt  der  weltlichen  Fürsten. 

Nur  drei  Bosse  und  wenige  hundert  Gulden  wünschte 
sich  der  Graf  aus  seiner  Heimat  zugesandt  Hoffe  er  doch, 
an  dem  Kurfürsten,  der  ihm  im  Beisein  der  Grafen  von  Isen- 
bürg  und  Nidda  zugesagt  ihn  ehrlich  zu  halten,  einen  gnädigen 
Herrn  zu  gewinnen.  An  Heimkehr  denke  er  zunächst  nicht. 
Wolle  sein  Herr  Vater  von  der  Sache  nichts  wissen,  nun  so 
werde  er  mit  dem  Grafen  Adolf  von  Gleichen  gen  England 
ziehen  (S.  A.). 

Der  Aufenthalt  des  jungen  Grafen  in  der  Feme  kann 
nicht  yon  langer  Dauer  gewesen  sein.  Wahrscheinlich  war 
es  die  zunehmende  Kränklichkeit  seines  Vaters,  die  ihn  früh- 
zeitig in  das  Heimatsland  zurückführte.  Zu  Keula,  im  west- 
lichsten Zipfel  der  Gbafschaft,  wo  dieselbe  das  obere  Eichs- 
feld berührt,  nahm  der  Heimgekehrte  Besidenz.  Von  tiefen 
Wallgräben  umzogen,  bot  sich  das  feste  Schlofs  mit  seinem 
hochragenden  Turm,  mit  seinen  stolzen  Portalen  und  Fenster- 
reihen stattlich  dem  Blick.  Vier  wohlbegüterte  Burgmannen 
mit  ihren  Leuten  schützten  die  Veste  gegen  feindlichen  Über- 
feill.  Noch  jetzt  zeugen  einzelne  Überreste  yon  ehemaliger 
Fracht.  Aber  nur  selten  yerirrt  sich  der  FuTs  des  Wan- 
derers in  jene  dem  grofsen  Verkehr  noch  nicht  erschlossene 
Gegend,  und   das  weltvergessene  Gemäuer   zerbröckelt   unge- 


\ 


^^P      Bebei: 
^*      Wildi 


Graf  Günther  der  Reiche  t 


I  Schwansburg,  ^^^^^| 

3  noch   Wolf,  Luche  uili^^H 
last     der    Schwarz bur cor'  ^* 


P 


P 


Beben.  In  den  nahes  Forsten  bauete  aoch  Wolf,  . 
Wildschwein,  und  die  Waidmannsliist  der  Schwarzburgor 
Grafen  mocbte  hier  reiche  Bethätigung  finden.  „Zwei  Sobook 
Groschen  von  dem  Papier,  aul'  dem  der  Mahler  die  grosse 
Sau  geniahlet,  ao  Ihre  Gnaden  gefallet",  Inutet  ein  Posten  der 
Forstrechnung. 

Aber  schon  drängten  sich  die  wachsenden  Strämungea 
einer  neuen  Zeit  in  die  Kurjiweil  deutseber  Fürsten.  Nahm 
die  reform atori sehe  Bewegung  gerade  rom  Herzpunkt  Deutsch- 
lands, Sachsen  und  Thüringen,  ihren  Ausgang  und  war  es 
ein  Sohn  der  Thüringet  Berge,  der  den  ereten  Kammeracblag 
gegen  den  morschen  Bau  der  eutgeisteten  Kirche  führte,  bo 
konnte  auch  die  Grafschaft  Schwarzburg  yon  dem  Wehen  des 
nenen  Geistes  nicht  uaberährt  bleiben.  Aber  es  fehlte  doch 
yiel,  dals  sie  sich  demselben  zu  eigen  gab.  Auch  hatte  die 
Bomieche  Mutterkirche  in  dem  kleinen  Lande  manch  bedeut- 
samen Stützpunkt  althergebrachter  Machtt'ulle.  Ein  zwie- 
facher Gürtel  geistlicher  Stiftungen  zog  »ich  durch  die  beiden 
Teile    der    durch  fremde  Gebiete    weit    getrennten  Grafschaft. 

Sangen  in  der  Liebfrauenkiicbe  zu  Arnstadt,  die  jetzt 
in  verjüngter  Schöne  das  bewundernde  Auge  fesselt,  Tcrhiillte 
Jungfrauen  Benediktiner-Ordens  ihre  Vigilien,  so  schmiegte 
sich  die  nahe  Oberkirche  an  ein  Kloster  der  volks beliebten 
BarfüJaler.  Nur  eine  Meile  ostwärts  hob  sieh  isu  Btadtilm 
ein  Kloster  der  Ciaterzienserinnen  mit  hochragendeD.  Giebeln 
und  Türmen  stattlich  empor.  Es  waren  Tochter  der  hohen 
Aristokratie,  die  hier  den  Schleier  zu  nehmen  pflegten.  Vier 
Gräfinnen  aus  altberühmten  Geschlechtern  standen  noch  Aus- 
gangs des  fünfzehnten  Jahrhunderts  als  Abbatissin,  Priorin, 
Kellnerin  und  Küsterin  gleicbzeitig  diesem  Kjoater  vor.  Die 
herrliche  Krypta  zeugt  noch  jetzt  Ton  ehemaliger  Herr- 
lichkeit. Der  findige  Geist  der  Jetstzeit  versäumte  es 
nicht,  dieselbe  Zwecken  böobst  weltlicher  Art  dienstbar  zu 
machen. 

Eaura  eine  Meile  Weges  tiefer  in  das  Gebirge  hinein 
fesselts  die  weit  berühmte  Stiftung  der  trommen  Faulina  dea 


JO  ^^'^  Günther  der  Reiche  von  Schwarzbarg. 

Wanderers  Auge.  Die  Überreste  der  Klosterkirche  lieben 
sich  noch  jetzt  aus  dem  waldumsäumten  Thale  des  Eotten- 
bachs  in  ergreifender  Schönheit  zum  Blau  des  Himmels.  Das 
obere  Schwarzathal  hinwiederum  barg  zu  Meilenbach  ein 
kleines  Franziskanerkloster. 

Wo  der  Thüringer  Gebirgszug  sich  dem  Frankenwald 
nahte  y  zu  Leutenberg  im  lieblichen  Sorbitzthale ,  hausten 
Bettelmönche  Dominikaner-Ordens  auf  einem  der  eilf  Berge, 
die  hier  zusammentreten. 

Auch  in  dem  untern  Teil  der  Grafschaft  sehen  wir  die 
Stätten  klösterlicher  Frömmigkeit  sich  nah  aneinander  reihen, 
namentlich  wenn  wir  Lehnsgebiete  mit  in  Betracht  ziehen. 
Die  weifsen  Frauen  im  Marien-Magdalenenkloster  zu  Schlot- 
heim waren  die  Nachbarinnen  der  Cisterzensierinnen  zu  Mark- 
sussra,  während  in  Capelle  wiederum  Benedikterinnen  ihrer 
Andacht  lebten.  In  GöUiogen,  einem  weithin  begüterten 
Kloster,  in  dem  einst  Graf  Günther  der  Eremit,  dessen  Ge- 
dächtnis im  fernen  Böhmerwald  noch  heutzutage  Wallfahrts- 
züge feiern,  längern  Aufenthalt  genommen,  wohnten  Cister- 
ziensermönche ;  in  Frankenhausen  und  Kelbra  wiederum 
Nonnen  dieses  Ordens. 

Neben  dieser  Fülle  von  Klöstern  durfte  sich  die  Graf- 
schaft auch  so  manchen  Gnaden-  und  Wallfahrtortes  rühmen. 
Zu  den  mit  Fastenablafs  begnadeten  Nonnen  der  Walpurgis 
in  Marksussra  strömten  am  ersten  Mai  von  nah  und  fern 
ungezählte  Scharen,  und  der  Katharinenbrunnen  bei  Meilen- 
bach ladet  noch  heutzutage  mit  seinem  wundersamen  Wasser 
die  Yierzehnheiliger  Wallfahrtszüge  zu  andachtsvoller  Bast. 
Auch  zu  den  drei  Brunnen  von  St.  Jakob  strömten  Filgrims- 
scharen.  Weitgehender  Indulgenzen  konnte  gewifs  sein,  wer 
vor  den  Bildnissen  der  Schlofskapelle  zu  Arnstadt  in  demütigem 
<jfebet  sich  neigte. 

Doch  zu  besonders  hohen  Ehren  gereichte  es  der  Graf- 
schaft, dafs  innerhalb  ihrer  Grenzen  eine  vom  Heiligen  Stuhl 
zu  Bom  mit  ungewöhnlichen  Machtbefugnissen  ausgerüstete 
Propstei  gelegen  war.     Wo  vielleicht  in  grauer  Vorzeit  einer 


Qikf  OÜnthar  der  Batche  Ton  SchirinburK, 

altgermaniBohen  Göttin  gehuldetund  geopfert  wurde,  am  sagen- 1 
umspounenen  Fraueoberge,  baute  sich  im  Lauf  der  Jahrhun- 
derte mit  einer  Kirche  St.  Peters  und  Pauls  die  Propatei 
Jechaburg  auf,  deren  geistlicheB  Machtgebiet,  von  einem  Propst, 
einem  Dechant  und  zwölf  Domherren  geleitet,  eiah  über  einen 
grofsea  Teil  Thüringens  erstreckte.  Nicht  weniger  ab  11 
ErjsprieBtertümer  mit  400  Städten  und  Dörfern,  mit  1000 
Eapellen,  Kirchen,  Klöstern  unteretanden  den  geietliohen  Herren 
dieses  Chorherren  Stiftes,  mit  dem  ein  Erzdiakonat  des  Mainzer 


Welch  reicher  Schmuok  geistlicher  Stiftungen!  Dieselben 
aber  waren  allzumal  Bollwerke  der  alten  Mutterkirche. 
Schmollend  und  groUend,  fürohtend  und  hassend  stand  Mönch 
und  Nonne  der  reformatori sehen  Bewegung  gegeni^ber,  und 
Domherr  und  Deehant  suchten  mit  zäher  Widerstandskraft 
deren  Portschritten  Einhalt  zu  thun. 

Und  die  Grafen  selbst?  Graf  Güuther  XXXIX.  üu  Arn- 
stadt schmückte  noch  im  hohen  Alter  den  Altar  der  heiligen 
Anna  in  der  Liebfrauenkirclie  mit  einer  Tafel,  auf  der  er 
ein  Gebet  wider  Blattern  und  Pestilenz  mit  eigner  Hand 
ni ed arges ohri eben.  Ebenso  hingen  Graf  Heinrich  zu  Son- 
dershausen  und  seine  Söhne  althergebrachter  Lehre  an  und 
zeigten  wenig  Neigung  mit  der  Mutterkirche  zu  brechen. 

Aber  wer  vermag  dem  Wehen  des  Geistes  zu  wehren? 
Der  immer  näher  und  machtToUer  herandringenden  Strömung 
der  Eeforraation,  der  Innern  Gewalt  des  Evangeliums  liefs 
eioh  kein  bleibender  Damm  entgegensetzen.  Schon  15S3  hielt 
der  Eisleber  Mönch  Gutheil  verheirsungs vollen  Namens  auf 
dem  Arnstädter  Harkte  eine  gewaltige  Predigt  von  der  Gnade  in 
Christo  und  fand  offene  Ohren  und  Herzen.  Und  1524  fiel 
der  Pfarrer  von  Bingleben  bei  Frankenhausen  mit  seiner  ge- 
samten Gemeinde  der  neuen  Lehre  zu,  Graf  Heinrich  gab 
gemessene  Befehle  wider  solch  frevles  Beginnen.  Gehörte 
oh  das  Dorf  zu  den  Lehen,  die  er  von  Herzog  Georg 
len  trug,  der  den  Obertritt  mit  dem  Babenstein  bodiohte 


22  ^^  Günther  der  Beiche  von  Schwarzbnrg. 

Auch  drängten  sich  schon  Elemente  der  bedenklichsten 
Art  in  die  evangelische  Bewegung,  und  wühlende  Schwarm- 
geister führten  das  bethörte  Volk  in  die  Irre. 

Schon  hatte  Thomas  Münzer  das  Pfarramt  zu  Allstedt 
an  sich  zu  reilsen  gewufst  und  aus  Prankenhausen  und 
andern  Orten  der  Grafschaft  strömten  Tausende  herbei,  seine 
Weisheit  zu  hören.  Zwar  mufste  der  Schwärmer  entweichen^ 
aber  der  Geist  der  Unruhe  blieb  hinter  ihm  zurück.  Auch 
fand  der  Flüchtling  nur  allzu  bald  eine  neue  Stätte  für  sein 
unheilvolles  Wirken.  Yon  der  Kanzel  der  Nikolaikirche  zu 
Kühlhausen  verkündigte  er  im  wallenden  Frophetenmantel 
den  Anbruch  des  neuen  Beiches.  An  der  Spitze  des  ,,ewigen 
Bates^'  begann  er  die  apostolische  Gütergemeinschaft  ins 
Leben  zu  führen.  Warnte  Doktor  Luther  vor  falschen  Pro- 
pheten, so  blieb  der  mit  dem  Schwerte  Gideons  Gegürtete 
dem  yysanftlebenden  Fleische  za  Wittenberg"  eine  scharfe 
Antwort  nicht  schuldig.  Münzer's  Sendboten  bereiteten  eine 
Yolkserhebung  in  ganz  Thüringen  vor,  wie  eine  solche  in 
Süddeutschland  schon  erfolgt  war,  und  durchzogen  auch  die 
Grafschaft  Schwarzburg.  Die  soziale  Lage  der  Bauern,  ob- 
wohl dieselbe  über  tyrannische  Willkür  ihrer  Grafen  nicht 
zu  klagen  hatten,  war  hier  doch  im  wesentlichen  kaum 
besser,  als  in  benachbarten  Gebieten.  Schlechte  Ernten  gaben 
dem  Geiste  der  Unruhe,  der  schon  seit  Jahrzehnten  das  deutsche 
Volk  in  seinen  Tiefen  bewegte,  auch  hier  neue  Nahrung. 
Mit  dem  zum  Aufruhr  geneigten  Bauer  machte  der  besitz- 
lose Bürger  gemeinsame  Sache. 

Yon  Mühlhausen,  dem  Hauptherd  der  Empörung,  wo  die- 
ärgsten  Schwarmgeister  im  Begimente  safsen,  suchten  Pfeifer's 
Plünderungszüge,  wie  das  obere  Eichsfeld,  so  auch  die  Graf- 
schaft Schwarzburg  heim.  In  Keula,  wo  Graf  Günther  noch 
kürzlich  Besidenz  gehalten,  entleerte  ein  solcher  Gewalthaufe 
die  gräflichen  Fischteiche  und  bereitete  sich  in  herrschaft- 
licher ßraupfanne  ein  ungewohntes  Mahl. 

Spuren  ärgerer  Yerwüstung  liefsen  die  Bauern  -  und 
Bürgerscharen,    die    unter    Münzer^s    eigener   Führung   ihren. 


» 


I 


Graf  Qliathir  dn  Bd^be  tou  Sfllivuibnrg. 

Weg  nach  Frankenhauaen  nahmen,  hinter  eich  zurürk. 
sie  am  28.  April  1625  Stadt  und  Bchbis  Sohlotheim  er-  ' 
Btürmt,  die  Gemahlin  Junker  Kudolphe  Ton  Sopfgarten,  die 
in  den  WocheD  gelegen,  mit  der  gröreten  Grausamkeit  aus 
dem  Bett  geworfen,  Schmuck  und  Geld  und  alle  BriefsohafteD 
der  aufseiist^hendeii  Gelder  bin  weggeraubt,  steht  in  der  band- 
sohriftiiohen  Familienobronik  täerer  von  Hopfgarten  noch  jetzt 

Auch  Ebeleben  fiel  in  die  Hände  dieser  Rotten.  Übel 
haaEten  sie  im  Scblofs  der  Erb-  und  Qerichtsherren.  Selbst 
die  gewaltige  Holzaäule,  auf  welcher  das  Gewölbe  der  Hof- 
stube  ruhte,  hatten  die  klugen  Leutlein  schon  unter  die  Axt 
genommen,  als  ihnen  das  tragieohe  Schicksal  Simaona  warnend 
in  Erinnerung  kam.  Vm  so  gründlicher  suchten  sie  das  nahe 
'WalpurgiskloEter  zu  Uarkeugsra  heim. 

In  diesen  Zeiten  wachsender  Gefahr  legte  Graf  Hein- 
rich XXXI.  die  Regierung  in  die  Hände  seines  Sohnes  nieder 
und  zog  sich,  bestürzt,  erbittert,  dazu  von  körperlichen  Leiden 
heimgesucht,  in  die  Beichsstadt  Nordhausen  zurück, 

Graf  Günther  vermochte  dem  verheerenden  Strome,  zu 
■welchem  der  Aufstand  angeschwollen,  nicht  mehr  zu  wehren. 
Ein  Uann  des  Friedens,  wie  Kurfürst  Friedrich,  an  dessen 
Hof  er  gelebt,  hatte  er  zu  lange  gezögert,  dem  gewaltsamen 
Beginnen  der  Bauern  mit  gewappneter  Hand  entgegenzu- 
treten. Ja,  ein  Brief  Thomas  Münzer's,  am  Donnersbtg  nach 
Walpurgis  im  Lager  zu  Duderstadt  gegeben,  „dem  jungen 
Günther,  Vorsteher  christlicher  Gemeinde  im  Sohwarzburger 
Lande"  zugeschickt,  weist  mit  Bestimmtheit  darauf  hin,  dafs 
der  Qraf  sich  in  diesen  Zeiten  der  Gefahr  in  den  Bund  der 
Bruderschaft  ebenso  aufnehmen  lassen,  wie  Ernst  von  Hohn- 
stein, den  Münzer's  Bauemhaufen  noch  vor  ihrem  Aufbruch 
nach  Frankenhausen  als  ihren  lieben  Bruder  Ernst  „Sobaffner 
des  Landes  Hohnatein"  zu  einer  Zusammenkunft  beriefen. 

Der  gleichzeitige  Überfall  der  Klöster  am  Sonntag  miseri- 
«ordias  domini  weist  auf  die  getroffene  Abrede  im  neuen 
Bruderbund  hin.    Auch  das  Ohorherrenstift  in  Jeohaburg  ent- 


14  ^shraf  Günther  der  Reiche  von  Schwarzhnrg. 

ging  der  Plünderung  nicht.  Bald  wälzten  sich  auch  nach 
Sondershausen  wilderregte  Massen.  Unter  lauter  Bedrohung 
Brand  einzuwerfen  wurde  yor  dem  gräflichen  Sohlofs  die 
Auslieferung  des  Kanzlers  Bietmann  gefordert.  Da  derselbe 
schon  in  Sicherheit,  so  tobte  sich  die  Wut  an  Haus  und  Hof, 
an  Hab  und  Out  des  Flüchtlings  aus. 

Höher  noch  gingen  die  Wogen  wilder  Leidenschaft  zu 
Frankenhausen,  dessen  Bürger  noch  Jahrs  zuvor  oft  genug 
in  Allstedt  dem  Evangelium  des  Propheten  Münzer  ge- 
lauscht. 

Doch  schon  nahten  die  Fürsten  Herzog  Georg,  Philipp 
von  Hessen,  Heinrich  von  Braunschweig.  Die  Bauern  lagerten 
sich  zum  Widerstand  auf  einen  nahen  Berg  und  gürteten  sich 
mit  einer  Wagenburg.  Die  Geschütze  der  Fürsten  bewiesen 
sich  wirksamer  als  Münzer^s  Yerheifsungen.  Schonungslos 
wurden  dann  die  verführten  Haufen  niedergemetzelt.  Ein 
Schlachten  war\  nicht  eine  Schlacht  zu  nennen.  Auch  18 
Pfänner  der  Stadt  und  86  der  Hintersattlery  „so  mit  Behau- 
sung besessen '',  fielen  in  der  Schlacht;  17  Grundbesitzer  blieben 
flüchtig,  zum  sichern  Zeichen,  dafs  doch  nicht  nur  die  ärmern 
Bürger  an  dem  Aufstand  beteiligt  waren.  Herzog  Georg 
stürmte  die  kaum  verteidigte  Stadt  und  sprach  sie  seinem 
Lehnsträger,  dem  Grafen  Günther,  ab,  da  derselbe  durch  un- 
verzeihliche Nachsicht  das  Übel  gesteigert.  Ape]  von  Ebe- 
leben  war  es,  den  er  zum  Statthalter  ernannte  und  den  er 
wie  andere  seiner  Getreuen  mit  Gütern,  Häusern,  „Mannen^^ 
in  der  eroberten  Stadt  begnadete.  Ein  armes  Bäuerlein  sang 
damals : 

Herzog  Jörge  was  ein  zorniger  man, 
er  Apel  von  Ebleiben  der  hose  tirann 
zum  fursten  that  er  rinnen, 
er  weit  vil  guter  ghewinne. 
Herzog  Georg  yerlieh  zwar  der  Stadt  am  19.  Mai  einen  Schutz- 
brief, doch  hatte  sie  an  Strafgeldern  9625  Gulden  zu  zahlen» 
Es   wurden   der  Ansprüche    noch   viel   erhoben,    selbst  von 
der  Freundschaft  eines  von   den  Weibern  zu  Frankenhaoseii' 


OraT  aOntbu  dar  B«^ba  von  aohwMiliDrg. 


15. 


erEch-lageaea  FrieBterg.  Erat  um  Michaelis  des  Jahres  erhielt 
Graf  Qfinther  auf  sein  inständiges  Bitten  und  auf  mehrseitiges 
Verwenden  befreundeter  Fürsten  und  Herren  die  durch  ihre 
rejohea  Salzquellen  weltberühmte  Stadt,  doch  nicht  bedingungS' 
loe,  zurück,  Beaonders  mufste  sich  der  Oraf  verpflichten, 
der  kirchlichen  Ordonog  nach  römieoher  Satzung  gewi 
werden  aolle. 

Schon    am    22.    des    Wonnemonde    rückten    die    Verbü 
deten  gegen  den  Herzpunkt  des  Aufatandea,  die  freie  Eeichi 
Stadt    Mühlhausen,    vor,    wie  auch  Sondershausen    wegen    der 
Ansichreitungea  seines  Pöbels  nicht  ungestraft  blieb. 
Auf  einem  dieostaige  das  geschach, 
dafs  man  manchen  herrn  ond  fursten  sach 
zu  Slotheim  in  dem  felde, 
die  von  Molhuaen  musten  ea  entgeldeu! 
Es  war  bei  in  keine  barmherzigkeit, 
got  gebe  den  bösewichten  alle  leidl 


So  sangen  versagend  die  Bauern ,  Teiche  wie 
Uühlhausens  und  anderer  Städte  mit  Oeldeühae,  Eecbtsbe- 
Bohränkungen  und  mit  den  Häuptern  ihrer  Hädeleinsfiihrer 
den  Aufstand  zu  bürseu  hatten.  Die  häuSgea  Kreuzateine  in 
der  Güldenen  Aue  aus    jener  Zeit  zeugen  von  schwerer  Fön. 

Die  Blutgeriohte  der  Füraten  —  auch  in  Arnstadt  rollten 
neun  Häupter  vom  SohafFot  —  unterdräckten  weitere  Eegungeu 
des  sieh  aufbäumenden  Freifaeilsgetuhls,  das  sich  fortan  nur 
vereinzelt  in  den  myetiachen  Umtrieben  der  Wiedertäufer 
kundgab.  So  auch  in  Frankenhausen  noch  1530.  Graf  Günther 
liefe  dieee  Stadt  seine  Gnade  und  Huld  erst  wiederum  ,,er- 
blioken  und  soheinen",  nachdem  sie  Bürgschaften  ihrer  Treae 
gegeben.  Seine  Dorfschaften  strafte  er  nicht  mit  Blut  und 
Gefängnis,  wohl  aber  mit  Geldbufse.  Zumeist  entschuldigten 
sich  diese  armen  Leute ,  dafs  eie  auf  Anregung  „Etlicher 
loaer  Manne"  oder  auch  „ihrer  Neiber  (Nachbarn)  zu  uffrur 
bewegt  worden  und  abgefallen." 

Die   herkömmliche    geschichtliehe   Darstellung   liebt   eSf, 


JDgB- 


dei^ 

irg^H 


.]^g  Graf  Gflntber  der  Beiche  von  Schwarzbar^. 

-alle  yerschwuQ denen  oder  in  Trümmer  liegenden  Klöster  auf 
Bechnung  des  Bauernaufstandes  zu  setzen.  Es  würde  ihr 
-aber  schwer  werden,  den  Beweis  zu  erbringen  ^). 

"Wie  „der  grofse.  Tumult"  —  so  wird  die  Yolkserhebung 
in  allen  Bechnungen  genannt  —  Graf  Günther  gleich  bei 
Beginn  seiner  Begententhätigkeit  in  so  harte  Bedrängnis 
brachte,  so  griff  er  auch  in  die  Lebensgeschichte  seiner  Ge- 
aohwister,  besonders  seiner  jungem  Schwester  Margareta,  ent- 
scheidend ein.  Früher  im  Kloster  zu  Kelbra,  war  sie  durch 
die  Fürsprache  einflufsreicher  Yerwandten,  ein  Jungfräulein 
von  23  Jahren,  wider  Neigung  zur  Abbatissin  und  Domina 
des  Frauenklosters  zu  Stadtilm  erhoben  worden.  Ihre  Er- 
fahrungen aber  in  diesem  Kloster,  obwohl  auch  damals 
Töchter  aus  den  edelsten  Geschlechtern  dort  den  Schleier 
genommen,  scheinen  wenig  ermutigend  gewesen  zu  sein. 

„Liebe  Frau  Mutter'',  schrieb  sie  nach  Haus,  „wir  wollten 
wünschen  innerhalb  8  Tagen  bei  uns  zu  sein.  Dafs  die 
ISammlung  (der  Klosteijungfrauen)  E.  L.  nicht  kenneten,  als 
sollte  E.  L.  sehen,  was  wir  für  ein  Leben  haben.  Wir 
besorgen  den  Himmel  nicht  zu  überkommen  bei  solcher  Ord- 
nung, aber  in  Kelbra  wollten  wir  mit  geruhigem  Herzen  sein 
zu  Himmel  gefahren.  Freundliche  liebe  Frau  Mutter,  könnten 
wir  noch  mit  Liebe  und  Freundschaft  wieder  in  unser  Kloster 
kommen,  wir  wollten  auf  unsem  Füfsen  dahin  gehen,  wann 
wir  erkennen,  diese  Sammlung  will  unerschrocken  für  uns 
«ein  und  lassen  sichs  gar  wohl  merken. 

Margaretha  geb.  Gr.  y.  S.,  Äbtissin 
im  Kloster  limen,  ohne  unsem  Willen.'* 

Aber  schon  wenig  Monden  nadi  diesen  Ergüssen  einer 
warten  Seele,  die  es  genau  nahm  mit  ihren  Gelübden,  brachen 
die  Bauern,  welche  auch  der  Faulinenzella  nicht  verschont, 
in  das  Ilmer  Kloster.  Erschreckt,  bestürzt  stoben  die  Be- 
wohnerinnen auseinander.    Margarete  von  Sohwarzburg  trat 


1)  Vergl  Robert  Habt  im   DeuUohtn  Wochenblatt,   Jahrgang  1891. 


Qnt  Gflntbar  dir  Baiabe  von  8oIiwu(barg. 

kaiaerliohe    Stift   Quedlinburg,   dem    als    AbbatiBsin 
Gräfin  Julia  von  Stolberg  voretaaij. 

Auch  ein  Bruder  G)raf  Qüothers  gehörte  detn  geistliuben 
Stande  an.  Erst  Domherr  zu  Köln  und  dann  in  Strafsburg, 
vertauschte  er  Skapulter  mit  dem  Harniech  und  trat  in  des 
Kaisers  Dienste.  Er  war  in  den  Kriegssohareu  Frundsberg'H 
und  Bourbon's,  die  im  Gewaltaturm  in  die  ewige  Stadt  eia- 
draugea ,  vom  ungetreuen  Papst  sich  den  Sold  zu  erholen. 
Im  folgenden  Jahre  1529  führte  er  dem  Kaiser  im  Kriege 
gegen  Fraakreichs  wortbrüchigen  König  manch  Etatthohen 
Reiter  zu,  fand  aber  bei  Font  k  Moubsod  im  angeschwollenen 
MoselBtrom  ein  frühzeitiges  Bude. 

Graf  GüQthers  Yater  kam  nach  den  sturmbewegten  Zeiten 
des  Bauernkrieges  nur  noch  einmal  nach  SondershauseD,  für  seine 
Lebenszeit  die  Eegieiung  seinem  Erstgebornen  förmlich  zu  über- 
tragen. Im  gleichen  Jahre  noch  1526  verstarb  er  im  Schwarz- 
burger Hof  zu  Nordhausen,  einer  Stiftskurie  in  der  Nähe  des 
Domefi,  in  dem  er  bestattet  liegt.  Graf  Günther,  ein  umsichtiger, 
friedliebender  Eegent  von  feiner  Geistesbildung,  nahm  seine 
Wohnung,  wie  sein  heim  gegangener  Vater,  im  Schlofs  zu  Son- 
dershausen,  während  sein  jüngerer  Bruder,  Graf  Heinrieh,  der 
sich  nach  väterlicher  Beslimmung  mit  kleinerem  Erbanteil 
l  begaügen  mufste,  später  zu  Frankenhauaen  Hof  hielt  i 

I  Dafa  Graf  Günther  seinen  FÜichten    als  Beichsstand    ge-'* 

treuliah  nachkam,  ergeben  schon  die  Uuittungeu  der  „Leg- 
stellen". Nürnberg  quittiert  über  die  zum  Homzug  und  zur 
Türkenhülfe  von  Schwarzburg  richtig  erlegten  Gelder  1526 
und  im  gleichen  Jahre  auch  Speier  über  eingezahlte  Unkosten, 
„so    auf   die  Eeise  (Kaiser  Karls  V.)    in  Hispanien    gangen." 

Im  Jahre  1528  rüstete  et  zur  Heimfahrt  mit  der  durch 
Schönheit  und  Tagend  gleich  ausgezeichneten  Elisabeth  von 
Isenburg,  Graf  Philipps  seligen  hinterlassen  er  Tochter.  Deren 
Bruder  Graf  Antonius  und  Graf  Ludwig  von  Stolberg  fanden 
eich  im  Beisein  Graf  Günthers  selbst  und  einiger  Zeugen  auf 
dem  Schlofa  zu  Heringen  in  der  Güldenen  Aue  zusammen, 
alles  wohl  zu  beteidingen  und  abzureden,  dafe  Graf  Günther 
XVI.  2 


XS  ^^h«f  Giiitb«r  d«r  Badie  Yon  Scbwanbnrg. 

und  Orifin  Elisabeth  einander  sn  dem  Sakrament  .der  Heiligen 
Ehe  nehmen,  haben  nnd  behalten  möchten.  YerhieCs  Oraf 
Antonina  seiner  Sehwester  fttr  Zugeld  und  Heimsteuer  4000 
Ghilden  in  die  Ehe  zn  geben,  so  yersprach  Graf  Oünther  znr 
„Wiederlegnng^'  die  gleiche  Snmme,  ja  er  willigte  ans  sonder- 
lich freundlichem  und  freiem  Willen  noch  weitere  4000  Gulden 
zu  dem  „Widdumb''  seiner  Auserkomen.  Dazu  an  Wein  und 
Früchten,  was  im  Lande  zu  Döring  gewöhnlich  und  pfleglich, 
zu  alledem  eine  freie  MorgengabCi  darüber  ihres  Gefallens  zu 
verfügen.  Auch  einen  erblichen  Widdumbssitz  setzte  er  der 
Giiifli^ans,  darauf  sich  ihres  Standes  gemäüs  zu  enthalten,  mit 
Wiesen,  Wachsgärten,  Jagd,  Fischerei,  ohne  da£s  die  obrigkeit- 
liehen Gefalle  für  Dienst,  Frohne,  Federvieh  zur  Berechnung 
kommen  sollten.  Nach  Graf  Günthers  Tode,  in  wefs  Schlofs 
sein  Absterben  auch  erfolge,  sollten  alle  ihre  Kleideskleinodien 
und  all  ihr  Geschmnok  nadi  Sitte  und  Brauch  in  Döring  ihr 
allein  zustehen  und  verbleiben.     (S.  A.) 

Nachdem  so  die  Zukunft  der  schönen  Isenburgerin  sicher- 
gestellt, konnte  am  19.  November  zu  Sondershausen  die  Yer- 
mShlungsfeier  statthaben ,  zu  welcher  auch  der  Abt  von 
Walkenrieth  und  andere  geistliche  Herren  sich  einfanden. 

Der  35«  September  des  folgenden  Jahres  schenkte  dem 
jungen  Paare  einen  Sohn,  Günther  XXXXL,  der  sich  im 
Laufe  der  2ieit  durch  kühne  Unerschrockenheit  und  reiche 
Kriegserfahmng  den  Heldennamen  des  Streitbaren  gewann. 

Der  wachsenden  reformatorischen  Bewegung  stand  der 
Graf  auch  jetzt  noch  ruhig  beobachtend  gegenüber.  Er  ge- 
hörte nicht  zu  den  deutschen  Fürsten,  welche  in  Speier 
gegen  den  Gewissensdruck  der  alten  Mutterkirche  feierlichst 
Protest  erhoben,  noch  weniger  zu  denen,  welche  1630  in  der 
Augustana  die  Einheitsformel  ihrer  Überzeugungen  fanden. 

Im  Gegenteil  glaubte  Kaiser  Karl  V.  ihn  und  die  an- 
dern Grafen  von  Schwarzburg  neben  ihren  Verdiensten  um 
das  Reich,  die  sie  in  Kriegesläuften  und  sonst  mit  Dar- 
streckung ihrer  Leib  und  Güter  mannigfaltig  und  unver^ 
drossentlich  sich  erworben,  wegen  ihrer  treuen  Anhänglichkeit 


Orot  OHbIImt  dar  B^dIw  i 


B  BehvuBbBig^ 


Iffl 


die  irahre,  heilige,  chrietliobe  Kirche  besonders  beloben 
^und  belohaen  xa  müseen').  Sie  Grafen  batteo,  wuTete  der 
Kaiser  zu  rühmen,  jene  Latbenschea  und  andere  talEchen 
Lehren  und  Sekten ,  ao  in  seinem  Abwesen,  wider  Mandat 
und  Edikt  zur  Zerrüttung  und  Zerstörung  der  Kirche  aus- 
gangen ,  mit  Nichten  angenommen ,  noch  in  ihren  Landen 
gestattet,  sondern  ihres  hochetens  Vermögene  verhütet  und 
anegereutet. 

Mit  wohlbedachtem  Mute,  gutem  Rate,  rechtem  Wissen 
nahm  daher  Kaiser  Karolus  die  Grafen  mit  ihren  Landen  in 
seinen  und  des  heiligen  Beiches  beeondem  Schutz^  und 
Sobirm,  verlieh  ihnen  den  Titel  Wohlgeboren  und  dazu  das 
Vorrecht,  alle  ihre  Briefe,  offene  und  beschloBsene,  ihrer 
selbst  oder  anderer  wegen  geschriebene,  für  aüe  Ewigkeit 
mit  rotem  Wachs  zu  verpe tschaften  und  zu  versiegeln. 

Alle  Fürsten  des  Reiches  aber,  geistliche  und  weltliche, 
Prälaten,  Grafen,  Freiherrn,  Bitter,  Knechte,  Burggrafen, 
lindvoigte,  Vitztnme,  Voigte,  Pfleger,  Verweser,  Amptleute, 
Schulthejfeen,  Bürgenoeister,  Richter,  Bäte,  Bürger,  Gemein 
den  wurden  bei  einer  Fön  von  fünfzig  Mark  ernstlich  und 
testiglich  verwarnt,  freventlich  da  wider  zu  thun  und  die 
Grafen  von  Schwarzburg  an  ihrem  Titel  Wohlgeboren  und 
ihrem  Vorrechte  des  roten  Wachses  zu  hindern  und  zu  irren. 

Aber  doch  verfehlten  solch  hohe  Auezeiohouagen  des 
mächtigen  Herrschers  ihr  Ziel.  Senn  schon  im  Sommer  des 
folgenden  Jahres  sehen  wir  einen  Grafen  des  schwarzburgi- 
Bchen  Hauses,  Graf  Heinrich  XXXII,,  der,  nach  seines  bigotten 
Vaters  Tode  in  Arostadt  zur  Regierung  gekommen,  auf  dos 
eifrigste  bestrebt,  dem  Evangelium  in  seinem  Lande  volle 
Bahn  zu  brechen.  Mit  jener  Katharina  von  Henneberg  ver- 
milhlt,  die  unter  dem  Kamen  der  Heldenmütigen  in  der  Ge 
Bohicbte  des  deutschen  Volkes  ewig  fortleben  wird,  ging  dieser 
tceffliohe  Herr,    schon    lange,  wie    seine  hochgesinnte    Gattin, 


I 

I 
4 


4 


1)  Vergl.   ßriindlichet  beweis,  dafs  d.  FSratl.  I 
ntvalter,    bejer,    luunittalbsrer  BelcbMUnd  sei    n.  . 


20  ^1^*^  Günther  der  Reiche  von  Schwarzbarg. 

der  evangelischen  Lehre  ergeben ,  rasch  und  entschieden 
daran,  seinen  Unterthanen  den  Segen  der  Beformation  unver- 
kürzt zuzuführen.  Auch  der  Graf  zu  Leutenberg,  wo  eine 
andere  Linie  des  Schwarzburger  Grafenhauses  regierte,  wandte 
sich  dem  Evangelium  zu. 

Eine  solche  entschiedene  Stellungnahme  lag  nicht  in 
Graf  Günthers  Natur.  Konnten  dem  scharfblickenden  Kanne 
die  tiefen  Schäden  auf  kirchlichem  Gebiete  nicht  entgehen, 
so  mochte  er  doch,  eine  zum  Frieden  geneigte  Natur,  einen 
Ausgleich  der  grofsen  Gegensätze  für  möglich  und  wünschens- 
wert erachten  und  zudem  auch  um  seiner  Söhne  willen,  deren 
ihm  seine  Gemahlin  vier  schenkte ,  einem  Bruch  mit  der 
pfründenreichen  Mutterkirche  aus  dem  Wege  gehen. 

So  kann  es  nicht  Wunder  nehmen,  dafs  der  streng 
katholische  Herzog  Georg  ihn  für  die  Lösung  der  „Dimeren- 
tien"  in  Yorschlag  brachte,  die  zwischen  ihm  und  dem  jungen 
Kurfürsten  obwalteten  und  auf  einem  Tage  zu  Leipzig  ihre 
Lösung  finden  sollten.  Johann  Friedrich  zog  es  von  vorn- 
herein in  Zweifel,  dafs  ein  solcher  Tag  von  der  Yerbitterung 
zur  Freundschaft  führen  könne.  Die  Wurzel  von  Herzog 
Georgs  Zorn  und  Yerdrufs  sei  es,  dafs  er  alles  stets  dabin 
deute,  als  werde  er  für  einen  unchristlichen  Mann  angegeben. 
Anderseits  könne  er,  der  Kurfürst,  nie  Jemandes  Thun,  da- 
durch Gottes  Wort  und  Wahrheit  geschwächt  werde,  billigen 
und  gut  heifsen.  Sei  er  doch  wie  sein  Vetter  und  Vater 
für  Wahrheit  mit  vielen  Fürsten  und  Herrn  und  Ständen 
vor  Kaiserl.  und  Königl.  Majestät  eingetreten.  (S.  A.) 

Herzog  Georg  gab  dem  Grafen  auch  sonst  Beweise  seiner 
Zuneigung.  Die  Mifshelligkeiten,  die  zwischen  Graf  Günther 
und  seinem  Bruder  wegen  des  väterlichen  Erbes  ausgebrochen, 
schlichtete  er,  und  als  letzterer  des  Amtmanns  von  Sachsen- 
burgs  liebliche  Tochter,  die  er  an  seinem  Hof  kennen  ge- 
lernt, Margarete  von  Schönberg,  zum  Gemahl  begehrte,  so 
legte  er  seine  Fürbitte  ein,  dafs  Mutter  und  Bruder  in  die 
unebenbürtige  Ehe  willigten. 

Später  betraute   er  Graf  Günther   mit   der  Landeshaupt- 


Qitt  aanthsT  im  Kaicfas  v 


I  Bstawanbarg. 


21« 


ttannechaft  von  ThltriDgen,  einem  Ehreaposten,  der  manctie 
Gelegenheit  zu  eraprieMicher  Thätigkeit  bot.  So  sehen  vir 
ihn  als  LandeBhauptmann  Streitigkeiten  sohliohten,  die  zwischen 
der  Gemeinde  Eutzleben  und  dem  gestrengeo  Hans  von  Greufsea 
sieh  entepounen.  Derselbe  hatte  in  jener  Flur  die  Sohaftrift 
ZM  eigen,  und  doch  unterstanden  sich  die  Bauern,  in  der  Brache 
Waid  zu  bauen  und  bo  dem  hutberechtigten  Kdelmann  di« 
Trift  zu  sperren.  Der  Landeshauptmann  gestattete  ale  Schiede- 
ricbter  zv/ax  den  Ackerbauern  und  HinterBÜttlem  des  Dorfes, 
je  Einen  Morgen  des  vielbegehrten  Färbekrautes  zu  bauen, 
doch  nicht  hin  und  wieder  zum  Schaden  der  Trift,  sondern 
h&bsoh  bei  einander  in  der  Sommer-  und  WiDtersaat.  In  die 
Brache  aber  erlaubte  er  nur  den  Weibern  etwas  Lein  oder 
Bäben  zu  säen,  als  viel  sie  desselben  zu  ihrem  Haushalt  be> 
dürften,  nicht  etwan  für  Fremde  um  die  Hälfte  oder  für 
Geld.  (8.  A.) 

Aber  bald  scheint  den  Grafen  das  rasche  Wachstum  dee 
eigenen  Besitzes  veranlaTst  zu  haben,  sein  Ehrenamt  nieder- 
Bulegen.  Wie  es  ihm  gelungen,  vom  Kloster  Walkenrietb  grofse 
Güter  zu  Waeserthaleben,  die  Burglehn  zum  Straufsberg  und 
andern  wertvollen  Besitz  zu  erwerben,  so  fiel  im  Jahre 
1537  auch  der  Erbanteil  seines  Bruders,  der  kinderlos  starb, 
ihm  anheim.  Und  wieder  das  folgende  Jahr  brachte  die  Äus- 
Bicht  auf  das  reiche  Erbe  seines  Vetters  in  der  obern  Graf- 
Bchaft.  Denn  schon  1538  wurde  Graf  Heinrich  XXXIt. 
seinem  Lande,  das  er  durch  umsichtige  reforraato rieche  Thätig' 
keit  zu  beglücken  strebte,  durch  seinen  frühen,  vielbeklagten 
Tod  entrieaen.  Er  starb  ohne  männliche  Nachkommen,  doch 
hinterliefa  er  seine  trauernde  Witwe  schwangeren  Leibes. 

Der  Kurfürst  Johann  Friedrich  übernahm  alsbald  die 
Vormundschaft  und  setzte  das  begonnene  Werk  des  veretor- 
benen  Grafen  fort.  Noch  hausten  die  Barfufeler,  die  sich 
hier  wie  überall  der  Reformation  hartnäckig  widersetzten  und 
sie  mit  Wort  und  Schrift  bekämpften,  in  ihrem  Kloster  zu 
Arnstadt.  Von  dem  Knrfiiraten  und  dem  Btädtischen  Regi- 
mente  vor  die  Wahl    gestellt,   sich    zur  Annahme    der    evon- 


4 


4 


22  ^^^  Ofiiitiier  der  R«ieli€  yon  SohwarzlMurg. 

gelischen  Lehre  zu  entsohliefgen  oder  die  Stadt  in  der  Frist 
Ton  Bwei  und  einer  halben  Woche  zu  räumen,  entschieden 
sie  sieh  för  den  Abzug. 

Der  mit  Spannung  erwartete  Tag  der  Niederkunft  der 
gräflichen  Witwe  kam*  Eine  Tochter  war  es,  der  sie  am 
7.  Dezember  zu  Budolstadt  das  Leben  gab  und  —  Graf 
Günther  war  Herr  d^  Gesamtgrafschaft  bis  auf  die  kleine 
Herrschaft  Leutenberg,  die  erst  seinen  Söhnen  zufiel  Den 
glücklichen  Erben,  der  des  Guten  so  viel  genofs,  nannte 
fortan  der  Yolkshumor  Graf  Günther  mit  dem  fetten  Maul, 
wie  im  Gegensatz  einst  der  unglückliche  Sohn  jenes  Leopold 
Ton  Österreich,  der  bei  Sempach  fiel,  den  Beinamen  Friedrichs 
mit  der  leeren  Tasche  trug. 

Der  Kurfürst  unterliefs  es  nicht,  Graf  Günther  bei  seiner 
Lehnsempfängnis  auf  volle  Binftihrung  der  Eeformation  zu 
yerpflichten.  Er  selbst  beauftragte  noch  Ende  Dezember 
1588  den  gothaischen  Superattendent  Myconius  und  den 
Amtshauptmann  von  Brandes  mit  Fleifs  zu  erkunden,  wie  es 
in  der  Grafschaft  Schwarzburg  Amstädtischen  Teils  mit  Ver- 
breitung göttlichen  Wortes,  mit  Beichung  der  Sakramente, 
mit  Versorgung  der  Pfarrherren  bestellt  sei.  Diese  Visitations- 
akten übersandte  der  Kurfürst,  der  auch  für  seine  Lehen  das 
jus  circum  sacra  in  Anspruch  nahm,  im  September  des  fol- 
genden Jahres  dem  Grafen  mit  dem  gnädigen  Begehren,  wohl 
dorob  zu  sein,  dafs  in  allen  Punkten  wirkliche  Vollstreckung 
geschehe  und  sonderlich  die  Pfarrer,  Prediger,  Kirchendiener 
und  Schule,  wo  es  mangele,  versorgt  würden.  (W.  A.) 

Der  Kurfürst  war  es  dann  auch,  der  gemeinsam  mit 
Landgraf  Philipp  die  Scbmalkaldner  Bundesyerwandten  nach 
Arnstadt,  seiner  Lehnsstadt,  zu  einer  Tagsatzung  einlud.  Die 
Vorstandschaft  der  zum  Teil  in  Verschwiegenheit  abgehaltenen 
Beratungen  führten  die  Abgeordneten  des  Landgrafen  von 
Hessen. 

Neuer  Zuwachs  der  protestantischen  Sache  hatte  das 
Feuer  des  Hasses  auf  feindlicher  Seite  nur  stärker  geschürt. 
Noch  im  Sommer  d.  J.  hatte  Kurfürst  Joachim  von  Branden» 


11  Spandau  das  Abendmahl  ia  doppelter  Qestalt  ge- 
liomnien.  Die  feindlichen  Rüstungen  und  Anschläge,  insbe- 
sondere auch  UeJDnche  von  BrauQBchweig,  nötigten  zur  Vor- 
sicht und  OegeDwehr,  Landgraf  Philipp  wollte  achon  damals 
wie  ein  Sturmwind  über  den  verhaTeten  Gegoei  einherfahrea, 
der  Kurfürst  aber  wollte  von  soloh  gewaltsamem  Vorgehen 
ahne  Absage  nichts  wissen,  doch  erklürte  er  sich  bereit,  mit 
dem  Landgrafen  sich  gegen  Ende  der  Versammlung  in  Arn- 
stadt zu  treffen.  Es  unterblieb  indessen  die  geplante  Zu- 
sammenkunft. 

Es  war  am  Abend  vor  St.  Elisabeth  (18.  Nov.),  als  zumeist 
die  Abgefertigten  der  Flirsten  und  Städte,  die  iu  den  Sohmal- 
kaldener  Artikeln  einen  neuen  Einigungspunkt  ihrer  Über- 
zeugungen gefunden,  durch  Arnstadts  Thors  eiaritten.  Das 
ferne  Eostnitz  so  gut  als  Bremen ,  Hamburg  wie  Eb- 
lingen  schickten  ihre  Vertreter. 

Von  fürstlichen  Häuptern  war  vielleicht  der  Kurfürst, 
aber  schwerlich  für  länger  als  einen  Tag,  persönlich  an- 
wesend, Die  Amstädter  Rechnungen  der  Zeit  weii^en  einen 
Ehrentrunk  für  ihn  von  16  üsfs  Eimbeoker  Bieres  auf,  einen 
solchen  auch  für  den  Landgraf  Christoph  von  Leuchtenberg. 
Der  Kurfürst  hat  im  übrigen  von  Weimar  und  Ootba  aus 
mit  seinen  Abgeordneten  briefUoh  verkehrt,  Herzog  Hein- 
rich von  Sachsen  ist  persönlich  in  Arnstadt  gewesen,  dooh 
ohne  den  Beschlüssen  der  Bündner  seine  Zustimmung  zu  geben. 
Graf  Günther  ehrte  die  Abgeordneten  durch  ein  Banket  auf 
SohlofB  Keldeck.  Seine  Pfeifer  muieten  aufspielen,  wie  alto 
Eechnungsp Osten  ergeben. 

Auch  sonst  fanden  die  Abgefertigten  iu  Arnstadt  ent- 
gegenkommende Aufnahme.  Noch  nach  Jahren  wufsto  des 
Kurfürsten  Joachim  Hofrat  Qeorg  Lsuterbeck  in  seinem 
Begenteobuch  rühmend  zu  berichten,  wie  der  Bat  der  Stadt 
in  alle  Herbergen  geschickt,  die  Gäste  und  Gesandten  freund- 
lich ansprechen  und  fragen  lassen,  ob  ihnen  auch,  für  ihr  Geld 
eine  gute  Ausrichtung  geschehe  und  sie  nicht  etwao  von  den 
Wirten  unbilliger  Weise  übernommen  würden. 


4 
4 


24  ^^^^  Günther  der  Beiche  von  Schwarzbarg. 

Die  Beratungen  der  Schmalkaldener  waren  ernstester  Art» 
Nach  den  Niederlanden  an  den  Kaiser  sollte  eine  Gesandtschaft 
gehen,  der  Gebrechen  und  Besohwerung  Klage  zu  führen,  so  ihnen 
der  Religion  wegen  täglich  begegnete.  Bei  dem  König  von 
Frankreich  sollte  Fürbitte  geschehen  für  die  in  seinen  Lan- 
den so  hart  verfolgten  Anhänger  der  evangelischen  Lehre. 
Die  Bürgerschaft  Rigas,  die  mit  ihrem  Erzbischof  im  Hader 
lag,  wurde  in  den  Bund  aufgenommen.  So  umschlofs  der- 
selbe eine  Reihe  blühender  Gemeinwesen  vom  Bodensee  bis 
zum  Baltischen  Meere. 

Da  der  Bund  auch  in  die  europäische  Politik  eintrat 
und  die  Anlehnung  an  fremde  Grofsmächte  als  Bedürfiiis, 
empfand,  so  bildete,  wie  es  die  Instruktionen  oberdeutscher 
Gesandter  ergeben,  die  Frage  über  Abordnung  einer  neuen 
Botschaft  nach  England  den  eigentlichen  Schwerpunkt  der 
Verhandlungen.  Den  Heiratsvertrag  mit  Anna  von  Gleve 
hatte  König  Heinrich  am  8.  Oktober  unterzeichnet.  Man 
wünschte  greifbare  Resultate  für  die  protestantische  Sache  zu 
sehen. 

So  manche  Frage  fand  keine  volle  Erledigung  und  blieb 
in  der  Schwebe.  Stadtphysikus  Dr.  Sailer  in  Augsburg,  des 
Landgrafen  Vertrauter,  liefs  sich  darüber  bitter  vernehmen, 
wie  der  Amstädter  Zusammenkunftstag  alsbald  wieder  einen 
andern  zur  notwendigen  Folge  habe.  Der  Landgraf  (Spangen- 
berg 14.  Januar),  gab  ihm  zur  Erwiderung :  „Einer  so  in  einer 
Stuben  sitzet  und  im  nur  vorimaginirt,  wie  man  die  Sachen 
soll  vornehmen,  der  hat  wol  leichtiglich  davon  zu  schreiben 
und  zu  sagen."  Wenn  Augsburg  auch  einmal  die  Oberhaupt- 
mannschaft übernehme,  dann  werde  es  finden,  was  für  ein 
enges,  gespannenes,  sorgfaltiges  und  arbeitsam  Ding  es  sei 
und  woran  es  mangele. 

Der  Landgraf  war  aber  in  der  That  damals  nicht  ganz 
bei  der  Sache.  Eine  Angelegenheit  persönlicher  Art  nahm 
seine  Gedanken  auf  das  lebhafteste  in  Anspruch.  Am 
4.  Dezember  war  es,  als  Bucer,  der  Strafsburger  Prediger, 
von  Philipp    dafür  gewonnen,    sich   bei   heftiger  Winterkälte 


I 


Onf  Qünther  der  Baicba  i 


a  Bchwanborg, 


^frl 


loD  Ämetadt  aufinachte  gen  Wittenberg,  die  Eiovilligang  der 
tteformatoren  in  dea  Landgrafen  Nebenehe  zu  eiholen,  zu 
welcher  denselben  Sinnlichkeit  und  GewissonBaot  in  gleichem 
Mafse  drängten  '),  Schon  am  4.  März  1540  gab  e»,  nicht 
eben  zum  Vorteile  der  reformatorieehea  Sache,  einen  doppelt- 
beweibten    deutoohen  Fürsten. 

Graf  Günther  ist  den  BundcB-verwandten  nicht  beigetreteo. 
Er  mochte  wohl,  irie  auch  andere  EeicheBtünde ,  befürchten, 
durch  den  Zutritt  KU  den  Scbmalkaldnern  in  einen  Krieg 
mit  Kaiser  und  Beioh  fortgerisaen  zu  werden.  Auch  nahmen 
Kegente  npäichten  näohatl  legen  der  Art  aeine  Thätigkeit  voll 
in  Anspruch. 

Selbst  die  mittelalterliche  Fehdeluat,  der  Krieg  im  Kleinen, 
machte  ihm  in  aeiner  Orafachaft  noch  yiel  zu  schaffen. 

Hatten  die  geiEtlichen  Herren  zu  Jechaburg  Hildebrand 
Eudolf  den  Alten  beschuldigt,  dafa  er  in  ihren  Weinbergen 
nicht  nur  seinen  Magen  voUgefüUet,  aondern  ganze  Körbe 
ToU  Trauben  ausgeschnitten  nad  davongetragea ,  so  hielt 
Hildebrand  Rudolf  der  Alte,  obwohl  Graf  Günther  sich  be- 
reit erklärte,  den  Handel  auf  einem  Sühnetag  zu  schlichten, 
sein  gutes  Schwert  für  den  besten  Vorsproch,  solchen  Schimpf 
zu  rächen^),  .\ber  nicht  tUckisoh  wegelagernd,  sondern  mit 
oifenem  Fehdebrief,  nachdem  eine  böse  Siebenzahl  bei  der 
Allerbnrg  sich  zusammengefunden,  that  er  kund  und  offen- 
bar, dafs  er  nebat  Hellem  und  Helfershelfern,  wie  es  aich 
Feindes  Art  und  Mafae  eigene,  den  Pfaffen  mit  Bauben, 
Brennen,  Totschlagen  das  Allerärgste  thnn  werde.  „Hiermit 
will  ich  mit  einem  Haufen  Pfaffen  handeln  f riech  und 
fröhlioh !" 

Nach  solch  eigenhändigem  (noch  vorhandenem)  Abaage- 
brief  an    die  Ffaffheit    zu  Jechaburg    kam  Hildebrand  Budolf 

1)  Vergl.  BrierwechsBl  Laadgrihn  Philipps  von  Hesaeo  mit  Boccr. 
Haraasgegeben  und  erlitatert  von  Mii  Lenz  (3.  Teil,  Lsipz.  1889). 

!)  Vergl.  IrnÜBch ,  Bildebiind  Rudolfs  Fehde  gegen  du  Jechur 
Stift,  im  RegieTUDgs-  und  BKchtichUblatt  fOr  d.  Fllnteat.  Scbwarzb.-S., 
Jahrg.  18T7. 


I 


;26  ^^  Gftnther  der  Reiche  Ton  Sobwarzbarg. 

mit  sechs  Helfern  bei  nächtlicher  Weile,  langte  sich  einen 
der  Domherren  aus  seinem  Hause,  schleppte  ihn  mit  sich  in 
den  Wald  der  Allerbarg  auf  dem  obern  Eichsfeld,  wo  wir 
wohl  die  Heimat  des  dunkeln  Ehrenmannes  zu  suchen  haben, 
und  liefs  ihn  nicht  Ton  sich,  bis  er  sich  mit  80  Gulden 
.gelöst. 

Und  Hildebrand  Budolf  kam  zum  andermal  (1538)  mit 
10  Gesellen,  holte  sich  wiederum  einen  Domherrn,  den  alten 
J'ronrodt,  schleppte  ihn  mit  sich  in  die  Wälder  des  Harzee 
und  schätzte  seinen  Gefangenen  auf  100  Gulden ,  die  sich 
dieser  mit  dem  schriftlich  gegebenen  feierlichen  Versprechen 
bald  zu  zahlen  verpflichtete,  dafs  er  bei  seinen  Ehren  und 
^Treuen,  bei  seinen  Pflichten  und  Eiden,  die  er  Gott  schulde, 
bei  seiuer  Priesterschaft,  bei  Verlust  seines  Leibes  and  Lebens, 
bei  seiner  Seelen  Seligkeit,  bei  dem  heiligen  Evangelio  Jesu 
dhristi  darob  sein  wolle,  dafs  Hildebranden  und  seinen  Ge- 
sellen nichts  Böses  widerfahre  und  der  Hader  mit  der  Pfaff- 
iieit  beigelegt  werde.  Hildebrand  bekam  denn  auch  in  einem 
Walde  das  bedungene  Lösegeld  richtig  ausgezahlt. 

Dann  kam  es  zu  Altengottern  zwischen  dem  Stifte  und 
ihrem  Feinde  zu  einem  förmlichen  Tage,  an  welchem  auch 
adlige  Herren  der  Gegend  ihren  Anteil  nahmen,  ohne  dafs 
die  Sache  trotz  eines  aufgestellten  Bezesses  zu  vollem  Ab* 
.schlufs    kam  (24.  Januar  1539). 

Und  obwohl  die  Stiftsherren  fleiüsig  Boten  auf  der  Lauer 
hielten,  ihnen  Kunde  vom  Feind  zu  bringen,  brach  Hilde- 
brand Budolf  unversehens  zum  drittenmal  herein.  Mit  22 
ISpiefsgesellen  aus  der  Harzgegend  und  den  Dörfern,  die  sich 
um  den  Ohmberg  lagern,  fiel  er  im  Dunkel  der  STacht  in 
das  Stift.  Der  Probst  selbst,  Ernst  von  Mansfeld,  war  nicht 
zu  haben,  da  er,  zugleich  Domdechant  zu  Magdeburg,  dort 
seinen  Wohnsitz  hatte.  Aber  frisch  und  fröhlich  griff  man 
den  Stiftsdechant  Auleb  in  seinem  Hause  auf,  hiefs  auch  sein 
.2inhgerät,  seinen  Filzmantel  und  anderes  mit  sich  gehen, 
brachte  sich  beim  alten  Domherrn  Fronrodt,  dessen  Pferd  man 
:an  sich  nahm,  in  Erinnerung,  und  als  es  wieder  nachtete,  war 


Qnf  Gfinttaer  4«r  Briohe  i 


I  SebwuRboTK. 


87« 


1  SUiDbergsTald  bei  Wemingerode.  Hier  uud  dort 
hielt  man  den  gaistliohen  Würdenträger  bei  guten  Freunden 
■wohl  geborgen,  bis  ein  Pfaff,  des  Bchönen  Namens  Rosea- 
lieim,  die  Hälfte  den  geheiechten  Lösegeldes  (200  Thaler) 
beim  Kapellan  von  Ebaldshausen  niederlegte.  Da  war  der 
Deohant  des  Chorhemietiftes  zu  Jecbaburg  wieder  ein  freier 
Uann,  der  auoh  seinen  Schuldschein  auf  die  andere  Hälft« 
nicht  mehr  zu  lösen  nötig  hatte. 

Denn  Oraf  Günther,  der  eehon  zuvor  100  Tbaler  auf 
Hildebrands  Gefangen  nähme  gesetzt,  griff,  zur  Zeit  des  Am- 
Städter  Bundeetags,  von  den  Domherren  um  Hilfe  und  Schutz 
■angerufen,  mit  um  so  grofeerm  Eifer  in  die  Fehde  ein,  als  der 
Feind  der  Ffaffen  auoh  eein  Feind  geworden  und  auch  sein 
Eigentum  bedroht.  Von  Kundschaftern  gut  berichtet,  lioTs 
er  Hildebrand  Rudolf  den  Alten  nebst  zween  Gesellen  im 
Wirtshaus,  da  sie  dessen  am  wenigsten  vermuteod,  zu  Hüp- 
Btedt  auf  dem  Eichsfeld,  einem  Gerichtsdorf  des  hochange- 
sebeoen  Edelherrn  Christoph  vom  Hagen,  durch  eine  Mann- 
schaft dingfest  machen  und  da  es  dort  an  sicherem  Gewahr- 
sam fehlte,  nach  SoudeTshausen  überführen. 

Innerhalb  wie  aufeerhalb  der  peiulichen  Frage  gestand 
Hildebrand  sein  Vorgehen  gegen  die  Chorherren  offen  ein,  dofs 
«r  aber  der  Fehde  guten  Grund  gehabt,  wie  auch  Herren  vom 
Adel  dieser  Ansicht  gewesen.  Ebensowenig  hatte  er  dessen 
ein  Hehl,  dai^  er  auch  des  Grafen,  der  einen  Preis  anf  ihn 
gesetzt,  Feind  geworden.  Die  Helfershelfer  —  auch  in  Nord- 
hausen  war  ein  Verhör  —  gestanden  allzumal  ihre  Anteil- 
nahme an  der  Jechaburger  Fehde  zu.  Dann  lieferte  der  Graf 
den  Yerbreober  dem  Edlen  von  Hagen  aus,  doch  dafa  ihm,  dem 
Kläger,  die  gebührende  Rechtshilfe  nicht  versagt  werde.  Dm 
Schöppengericht  zu  Hüpstedt  ()0.  JuU  1Ö40)  heischte  Ton 
Hildebrand  Rudolf,  da  er  der  Sache  geständig,  nur  ioner- 
halb  sechs  Wochen  und  drei  Tagen  einen  genügenden  Nach* 
weis,  „welche  Gründe  er  zur  Fehde  gehabt".  Vergebens  be- 
riefen sich  die  anwesenden  Abgeordneten  des  Grafen  von 
Sohwarsburg   auf  die  allgemeine  Beobtsregel,  cU£i  der  Delin- 


« 


r 


2g  Graf  OtiDlhcr  der  Briebe  von  Sehwariburg. 

qaect  aach  den  Gesetzen  und  Ordnungen  des  Landes,  wo  er 
gefrevelt,  bestraft  werde.  Die  HerrHchaft  SonderBhausen  aber 
nebat  dem  Stift  Jechaberg  eei  im  Landgrafentum  Thüringen 
gelegeu,  wo  Befehder,  selbst  wenn  sie  noch  nichts  mit  d«r 
That  getban,  das  Sobwert  erhielten,  Sie  drohten  zuletzt  mit 
fiernfnng  an  dea  Oberherrn  des  Eichsfeldea,  den  Erzbischof 
(Kardinal  Albrecht  aus  dem  bran den burgi  sehen  Hause). 

Erst  am  8.  Oktober  war  wieder  Gericht  sn  Hflpstedt 
Der  Beklagte,  den  man  in  festem  Gewahrsam  gehalten,  berief 
sich  auf  den  alt«n gotter n sehen  Vertrag,  wo  man  ihn  ale  be- 
rechtigten Feind  (als  kriegsführende  Macht  würden  wir  sagen) 
anerkannt  hatte,  und  machte  in  der  ihm  zugestandenen  SchluTs- 
rede  noch  insbeeondere  geltend,  wie  man  ihm  allerhand  Ur- 
kunden, die  er  zum  reohtEeitigen  Erweise  seiner  Sache  nötig 
gehabt,  Torenthalten, 

Doch  sein  Schicksal  schritt  nun  schnell.  Das  hochnot- 
peinliche Gericht  erkannte  zu  Becht,  dafs  Hildebrand  Budolf, 
„der  ubeltat  und  Hutwilligem  vede  halben,  so  ehr  midt  dem 
Wolgepornen  Graff  Günthern  Ton  Schwartzburg  ader  raidt 
seiner  genadeun  XTnterthann  geubet  hadt  vnnd  nach  seine 
ufgelegten  Beweisung  Inn  geburlicher  tzeit  keine  folge  ge- 
thann.  Solle  ehr  pillig  midt  dem  schwerdt  rom  leben  teum 
todt  gestrafft  werdenn,  Inhaldt  keiser  karlefs  des  fünften  und 
des  Heiligenn  Kohmiaohenn  reichs  Ordnung." 

Auf  der  Warte  bei  Hüpstedt  ist  Eildebrand  Rudolf  der 
Alte  mit  dem  Schwert  vom  Leben  zum  Tode  gebracht  wor- 
den. Seine  zween  Mitgefangene  haben  Urfehde  geschworen^ 
dann  sind  sie  ihres  Weges  gezogen.  Auch  den  andern 
Helfershelfern   ist,   wie   es  scheint,   kein  Härchen   gekrümmt 

Alte  und  neue  Zeit,  alte  und  neue  Bechtsansohauung,  das 
Kecht  des  Schwertes  und  das  Recht  des  zu  Papier  gebrachten 
Gesetzes  spielen  in  dieser  Nachblüte  des  Fauatrechts  wunder- 
sam ineinander! 

Aber  mehr  doch  als  soleb  Terdriefsliche  Händel  nahmen 
den    Grafen     die    kirchlichen    Angelegenheiten    in    Anspruch» 


bei  Erbanfall  der  Herrschaft  ÄmHtadt  gegebenen  Ver- 
sprechen gem&lä  eetzte  er  dae  Werk  aeineB  Vorgangers  mit 
'A'achseQder  EnUobiedeubett  foi't.  Schon  1640  bat  er  den 
KurfürateD,  ibm  durcb  UeUnchtbana  VermiCtluDg  einen  ge- 
schickten frommen  Mann  bub  Wittenburgk,  weioher  zum  Super- 
attendenten  füglioh  ea  gebrauchen,  in  Gnaden  zuschicken  zn 
■wollen. 

Und  ein  Witt^nbeiger  beateo  Sohrota  und  Korne,  den 
Friedrich  der  Weiee  Belbst  auB  der  Taufe  gehoben,  um  diese 
Zeit  Luther'e  Kaplan  und. sein  be soliderer  Liebling,  Dr.  Joachim 
Mörlin,  war  es,  der  als  Superattendent  nach  Arnstadt  kam'). 
Wenn  auch  nicht  so  grofsge arteten  Wesens  wie  unser  B.efor- 
mator,  glich  er  doch  diesem  an  brennendem  Eifer  nm  Gott, 
an  unerschrockener  Glaubensfreudigkeit  und  zuversichtlichem 
Gottrertraueo,  das  über  llenscbenfurcht  hinaushebt.  Auch 
in  seinem  neuen  Wirkungskreise  bewies  er  jene  hohe  Charakter- 
stärke, wie  sie  Zeiten  im  gewaltigen  Widerstreit  ringender 
Gegensätze  zu  entwickeln  püegen.  Zwei  Diakonen ,  Lasius 
und  Blob,  brachte  Mörlin  mit  eich.  Die  Bürgerschaft  kam 
den  Ankömmlingen  freundlich  entgegen.  ,,DTei  Feslin  Wein 
und  drei  Karren  Kohlen  Doktori  Joachim  uud  den  zwei  Kap- 
laneu  bei  ihrer  Ankunft  zur  Haushaltung  geschenkt"  lautet 
ein  Posten  der  Arnstädter  Stadtrechnung. 

Wie  Graf  Günther  war  Mörlin  vom  Reformator  noch 
insbesondere  dem  um  die  Eirchenbesserung  in  Thüringen  so 
hochverdienten  Mecum  (Uyconiue)  empfohlen  worden.  Doch 
dieser  war  damals  ein  kranker  Uanu,  an  dessen  Lebenskraft 
die  Schwindsucht  zehrte.  Die  Freudenbotschaft  „noch  heute 
■wirst  du  Me  cum  im  Paradiese  sein"  hoffte  er  täglich  zu  ver- 
nehmen. Aber  Luther  hefs  ihn  nicht  von  hinnen  ziehen, 
-warf  sich  vor  Gott  mit  dem  heifaen  Gebete  nieder,  lieber  ihn 
selbst  aus  seiner  ausgearbeiteten,  ausgedienten,  kraftlosen  Hülle, 


■ 
I 


I   Walther,   Dr.  Josohim   Hfirlin,   ein   Leben   aus  der 
T.  ArnatadI  1866.     U.  T.  Arnstadt  1863.    Abbaudl. 


30  C^raf  GIlBther  der  Beielie  ron  SchwArsbnrg. 

die   niemand   mehr   nütse,   abzurufen;  nur  dafs-  Meeum    tot^ 
möge   er  nimmer   ihn   hören   lassen.     „Ja,   das  bitte  ioh  mit 
Ernst,  will  ich  gewährt  sehn,  und  so  haben  und  mein  Will» 
soll  hierin   also   geschehen.  Amen."     Und  wirklich,  Myooniua- 
blieb    der  Kirche   in  Thüringen   erhalten,  und  Mörlin  konnte 
in    seinen  stürmischen  Mühen  „um  des  Herrn  noch   übel  be- 
gründete  Kirche''  ihm  sein  Herz  ausschütten.     Doch  auch  aa 
den    Grafen,   dessen  Ohr,    wie  er  fürchtete,  seine  Gegner  ge« 
Wonnen,  gingen   bewegte   Zuschriften  des   wackern   Streiters.. 
„Ew.   Gnaden   wollen   sich  ja   nicht  anders   bereden   lassen, 
meines  Amtes  halben,   denn    dafs  ichs   herzlich   und  treulich 
meine/' 

Graf  Günther  residierte  auch  nach  dem  Erbanfall  der 
Amstädter  Herrschaft  in  Sondershausen.  Ein  Neubau,  den  er 
zu  dem  alten  Schlosse  daselbst  aufführen  liefs,  hob  dasselbe- 
zu  einem  stattlichen  Herrensitze.  Eine  Steinplatte  mit  den 
Wappenbildern  des  Schwarzburger  uud  Isenburger  Hauses  und. 
Graf  Günthers  Kopfbild  weist  noch  jetzt  über  dem  östlichen 
Portale  die  Jahreszahl  1540. 

Doch  weilte  er  häufig  auch  in  Arnstadt,  der  bedeutendsten 
Stadt  seines  Landes.  Posten  der  Stadtrechnung  weisen  auf 
patriarchalisches  Zusammensein  des  Grafen  Tor  dem  Eatskeller 
mit  den  Bürgermeistern  uud  Eatsyerwandten.  Auch  die  schöne 
Gräfin  mit  ihrem  Frauenzimmer  waren  zu  Gast,  sich  vom 
Balkon  des  Eathauses  das  muntere  Treiben  eines  Jahrmarktes 
zu  besehen.  Marzipan  und  Malyasier  wurden  auf  des  Bates 
Silber  zu  Ehren  des  hohen  Besuches  aui^etragen. 

Doch  gab  es  auch  Angelegenheiten  ernstester  Art,  die 
ihre  Erledigung  finden  mufsten.  Ein  Landtag  der  Grafschaft 
hatte  auf  dem  Amstädter  Eathaus  über  die  Schulden  zu  be- 
raten, die  von  langher  auf  dem  Lande  lasteten.  Eine  erhöhte- 
Tranksteuer,  das  gewöhnliche  Mittel,  die  Gläubiger  zu  be- 
friedigen, kam  auch  hier  in  Vorschlag.  Graf  Günther,  ob- 
wohl wegen  grofsen  Erbanfalls  der  Reiche  genannt,  hatte 
doch  ernste  Schwierigkeiten,  um  allen  Ansprüchen  gerecht 
zu  werden.     Nicht   selten  mufste  er  seinen  Eentmeister  oder 


Orsf  GUnthw  dar  Beleb«  von  SeliwHTbarg. 


31 


f  ScTiÖBaer  einen  an  die  Stiftsverwaltungen  in  Erfurt  und 
NordhauBen,  oder  an  die  reichen  Herren  in  Augsburg  und 
FTEnkfurt  entsenden,  um  einen  Aufschub  der  Zinezahlung, 
„StilJatand  und  längere  Frist"  zu  erwirken.  (A.  A.). 

Ein  Freund  dee  Friedens  nnd  wie  Friedliebende  geord- 
neter Verhältnisse,  liels  er  durch  Sachverständige  ein  Schuld- 
buch fertigen ,  in  dem  alle  Anleihen  des  gräflichen  Hauses 
sorgsam  verzeichnet  standen,  sowie  die  Orte  und  Termine  der 
Zinszahlung.  Seinen  Glauben  voll  und  ganz  aufrecht  zu  er- 
halten, war  ihm  Ehrensache.  Deshalb  verbot  er  seinem 
Bentmeister  und  seinen  SchÖssern  stracks  und  unw&ndelbar 
vor  Zahlung  der  Zinsen  weder  aeinen  Bäten,  noch  sonst^ 
jemand,  weder  seinem  Gemahl  nuch  ihm  dem  Grafen 
selbst  auch  nur  einen  Groschen  zu  reichen.  Dagegen  gab  er 
wiederum  strikten  Befehl,  allem  Oesindo  und  den  Handwerks- 
leuten, zu  Bchlufs  der  Trimester,  was  mau  ihnen  schuldig, 
ohne  jeglichen  Verzug  zu  entrichten.  Dabei  machte  er  es 
den  Schöseern  zur  hesondern  FÜioht,  alle  Gebrechen  der 
ihnen  anbefohlenen  Unterthanen  gdtlich  und  glimpflich  zu 
hören  und  keinen  Gefangenen  ohne  des  Grafen  Wissen  und 
Willen  peinlich  angreifen  zu  lassen.  Auch  sollten  sie  fein 
acht  haben,  dafs  die  gräflichen  Schäfer  nirgends  den  Unter- 
thanen zu  Schaden  bitteten,  und  dafs  die  Sommerlatten  der 
Weinberge  unverderbt  und  wohlgeheget  blieben,  (A.  A.). 

Oft  auch  pflegte  der  Graf  selbst  nach  dem  Rechten  zu 
sehen.  Er  oder  sein  Kanzler  Reinhardt  waren  selbst  zu- 
gegen, wenn  ein  strittiger  Wald  umritten,  oder  ein  Berg  um- 
zirkt  und  Grenzmarken  gesetet  werden  mufaten. 

Bei  einer  vielseitigen  Begantenthätigkeit  TsrabsSurate 
Ghfaf  Günther,  ein  treuer  Gatte  und  Vater,  sein  eignes  Haus- 
vesen  in  keiner  Weise.  Namentlich  war  es  die  Erziehung 
seiner  Söhne,  welcher  er  eine  warme  Fürsorge  zuwandte. 

Das  Franzi skanerkloster  in  Arostadt,  das  die  Viiitatoren  mit 
Zustimmung  Johann  Friedrichs  zunächst  der  Stadt  für  ihre 
Schule  zur  Verfügung  gestellt,  schien  dem  Grafen  zu  einer 
gasohlosaenen    Erziehungsanitolt    für  leine   Söhne   besonders- 


1 


32  ^^^^  Gfinther  der  Reiche  von  Schwarzbnrg. 

geeignet^).  Hochgelegen,  mit  prächtigen  Ausblicken,  doch 
Tom  Lärm  der  AuTsenwelt  wenig  berührt,  boten  seine  Gär- 
ten und  sein  Weinberg,  den  die  Stadtmauer  begrenzte,  einen 
fröhlichen  Tummelplatz  für  das  junge  Grafenblut.  Da  der 
Bürgerschaft  ohnehin  ein  stattliches  Schulgebäude  bei  St. 
Bonifacius  zu  eigen,  so  nahm  der  Graf  als  Landesherr  Be»* 
sitz  von  dem  yerlassenen  Kloster,  und  schon  am  2.  Febr. 
1540  konnte  dasselbe  seiner  neuen  Bestimmung  übergeben, 
werden. 

Neben  den  drei  jungen  Grafen  von  Schwarzburg,  Gün- 
ther, geb.  1529,  Johann  Günther,  geb.  1532,  und  Wilhelm, 
geb.  1534  —  nur  der  jüngste,  Albrecht,  blieb  unter  der  Ob- 
hut der  Mutter  zurück  —  fanden  in  dem  Klosterbau  auch 
die  Söhne  des  Grafen  von  Regenstein  und  anderer  vornehmer 
Herren,  doch  auch  Bürgerssöhne  der  Stadt  ihre  Vorbereitung 
für  die  Hochschule.  Magister  Schillingstadt  war  es,  der  mit 
der  ehrenvollen  Aufgabe  betraut  wurde,  diese  Zöglinge  als 
ein  gelahrter,  getreuer,  frommer  Zuchtmeisler  in  christlich 
guter  Lehre  und  ehrbarer  Sitte  wohl  zu  unterrichten. 

Selbstverständlich  bildete  das  Latein  den  Mittelpunkt 
des  Unterrichte,  und  auch  Plutarch,  dessen  Lebensbeschrei- 
bungen den  Knaben  hohe  Vorbilder  vor  die  Seele  führen 
sollten,  wurde  nur  in  lateinischer  Übertragung  gelesen* 
Der  lateinische  Brief,  gewandt  und  zierlich  geschrieben,  galt 
als  Krone  der  Bildung.  In  fleifsigen  Zuschriften  an  den 
Vater  hatten  Graf  Günthers  Söhne  von  ihren  Fortschritten 
Zeugnis  zu  geben. 

Die  Verpflegung  der  Zöglinge  mit  ihrem  Magister  und 
einem  Baccalaur  übernahm  Peter  Watzdorf,  ein  wohlbegüter- 
ter Herr,  der  juristische  Studien  gemacht,  als  Schösser  zu 
Jena  auch  dem  Kurfürsten  Dienste  geleistet,  ein  warmer 
Freund  der  Wissenschaften.  Nach  Abrede  mit  den  Bäten 
des  Grafen   wurden   ihm  für  jeden  der  Knaben,    deren  Zahl 


1)  Vergl.  Kroschel,  Die  gräfliche  Erziehungsaustalt  im  Barfüfserkloster. 
Arnstadt  1890.     (Abhandl.  zam  Gymnasialprogramm.) 


rfihl  nie  iibei  35  hiaanaging,  14  Guldon  und  '/,  Uafe 
Koggen  zu  Gute  gethsn.  Eine  friBche  Jugeod,  die  auoli  den 
ritteriiohen  Übungen  dee  Fechtens,  des  ArmbrustsoMerBenB 
fleiTaig  oblag,  wuchs  unter  tüchtiger  Leitung  dort  frülüioh 
empor.  Eine  „Mönoherei"  —  uad  der  Kurfürst  legte  beson- 
deres Gewicht  darauf  —  ist  so  der  alte  Elosterbau  nicht 
wieder  geworden. 

Überhaupt  wandte  sich  Qraf  Günther  immer  mehr  dem 
crangelisehen  Gkuben  zu.  Namentlich  war  es  der  von  ihm 
persönlich  besuchte  Eeiohstag  zu  Regeneburg  (Fiöhling  und 
Sommer  1541),  der  ihm  zu  entschiedener  Stelluagsnahme 
für  die  protestantisohe  Saohe  Veranlassung  gab. 

Ein  Religionsgespräch,  das  mit  dem  Reichstag  gleiohieitig 
abgehalten  wurde,  sollte  zwar  zum  Ausgleich  der  Gegen- 
sätze fuhren ,  Üefs  aber  schlieCslioh  dieselben  nur  schärfer 
hervortreten  und  mehrte  den  Zwiespalt.  Auoh  andere  Vor- 
gänge ,  namentlich  Heinrichs  von  Braunsohwetg  frerel- 
haftes  Beginnen  erweiterte  die  Kluft:  die  argen  Flackereien, 
welche  die  Städte  Goslar  und  Braunschweig  durch  ihn  zu 
erleiden  hatten,  die  langwierige  Gefangenschaft,  in  der  er 
seinen  jüngeru  Bruder  gehalten,  und  nicht  am  wenigsten 
die  Trottaisobe  Sache. 

Ein  jung  züohtiglich  Frauenzimmer,  klagten  damals  die 
Ton  Xrott,  hatten  sie  ihre  Freundin  Eva  in  Herzog  Hein- 
richs Fürstlich  Frauenzimmer  eingethan  zu  ehrbarer  Erzie- 
hung, aber  bald  mufsten  sie  hören,  dala  sie  yerstorbon.  Auch 
überbraohte  ein  Enecht  etlieh  geringschätzige  tägliche  Klei- 
der ,  um  aber  sich  stracks  mit  seinem  Gaule  umzuwerfen, 
so  daCs  man  sich  nichts  erkunden  mögen.  Ein  Gemurmel 
begab  sich  im  Beioh ,  dafs  zwar  in  Gandeisheim  ein  Sarg 
unter  Vigilien  und  Seelmeasen  zur  Erde  bestattet  worden, 
d&Ts  aber  die  Jungfrau  noch  lebeud  auf  der  Staut'enburg  heim- 
lich verholen  sitze  und  etlicher  Kinder  Muttor  sei. 

Die  protestantischen  Fürsten  unterstützten  das  Gesuch 
dtier  Ton  Trott  an  Kaiser  Karl,  wohl  darob  zu  sein,  dafs 
XYI.  3 


4 


n 


34  ^f*^  Gfintber  der  Beiche  von  Schwarzbnrg. 

Herzog  Heinrich  ihre  Freundin,  die  er  als  ein  jung  stark 
ICensoh  in  sein  Frauenzimmer  empfangen,  der  Freundsehaft 
wieder  zustelle  und  sie  öffentlich  und  frei  gehen,  stehen^ 
laben  und  handeln  lasse  oder  —  den  Beweis  ihres  Todes 
bringe. 

Einen  solchen  yermochte  aber  Herzog  Heinrich,  der  auf 
seinen  Jagdzügen  in  die  dunklen  Forsten  des  Harzes,  so 
gern  bei  der  schönen  Trottin  einkehrte,  ebensowenig  zu 
bringen ,  als  er  seine  verborgen  gehaltene  Geliebte  ihrer 
Freundschaft  zurtLckflihrte.  Den  ältesten  Sprofs  dieses  wun- 
dersamen LiebesYcrhältnisses ,  den  Teuerdank,  sehen  wir  zu 
den  Zeiten  des  grofsen  Oraniers  öfters  aus  den  Niederlanden 
auf  Schlofs  Neideck  in  Arnstadt  einreiten. 

Doch  was  Graf  Günther  bei  seiner  warmen  Fürsorge 
für  das  Wohl  seiner  Unterthanen  gegen  Heinrich  und  seine 
Partner  am  meisten  aufbringen  mochte,  waren  die  Brand- 
legungen im  evangelischen  Deutschland,  die  auf  niemand 
anders  als  den  Braunsohweiger  Weif  und  seine  Diener  zu- 
rückgeführt wurden.  Häufiger  fast  als  in  Eriegszeiten  stie« 
gen  damals  verheerende  Feuersäulen  zum  Himmel  auf,  und 
eine  furchtbare  Aufregung  bemächtigte  sich  der  Gemüter. 
Immer  wieder  fand  man  auch  jene  unheimlichen  Zeichen, 
durch  die  sich  die  Mordbrenner  verständigen  sollten:  auf- 
rechte oder  liegende,  mit  Dreiecken  und  anderen  Figuren 
durchzogene  Pfeile.  Man  fand  sie  an  Weg  und  Steg,  an 
Pforte  und  Thor;  fand  sie  so  auch  bei  Langensalza  und 
Nordhausen  und  auch  in  der  Grafschaft  Sohwarzburg.  Bald 
ging  denn  Nordhausen ,  die  Naohbarstadt  Sondershausens, 
zum  grofsen  Teil  in  Flammen  auf. 

Die  letzten  Geständnisse  aufgegriffener  Mordbrenner 
lauteten  fast  in  allen  !B  allen  auf  Herzog  Heinrichs  Diener. 
Auch  ein  Unterthan  Graf  Günthers,  bei  solchem  Frevel  er- 
griffen, bekannte  auf  den  Grofsvoigt  zu  Wolfenbüttel. 

Alle  diese  „ürgichten''  nun  wurden  Sr.  Eaiserl.  Majestät 
zu  Händen  gestellt.  Obwohl  Herzog  Heinrich  mit  Entrüs- 
tung  auf  das   unrecht  hinwies,    all  die    gepeinigten   Leute 


QtU  SBnthar  der  Belelia  von  Bchirtnbnr^. 


35 


t  ihn  und  seine  Yerwuidten  zu  befragei 

auch  in  Beinen  eigenen  Landen  gebrunnen, 
selbst  dem  mächtigen  Kaiser  nicht  möglich,  de 
Hcifasporii  gegen  die  unzähligen  Schlägt 


ie  es  doch 
so  war  es  doch 
i  Braun  BchweigBi 
deckeo,  die  von 


K«t1 


allen  Seiten    wie    die  SchlofBen    des  Himmels    auf    ihn  fielen. 

Noch  auf  diesem  Eeiohstage  zu  Eegensburg  oder  ua- 
mittelbar  nach  demselben  — -  die  Archive  lassen  uns  darüber 
leider  im  Stich  —  trat  Graf  Günther  von  Schwaraburg  zum 
evangelischen  Glauben  über  und  setzte  sich  unerschrocken  den 
furchtbaren  Anklagen  aus,  mit  welchen  Herzog  Heinrich  and 
seine  Partner  jeden  Abfall  von  der  „Heiligen  Kirche"  zu 
bTitndrDarken  pflegten. 

Denn  der  immer  erregteren  StreitUtteratur  gegenüber 
zeigte  sich  der  kaiserliche  Wille  durchaus  ohnmächtig,  und 
noch  auf  dem  Regeosburger  Beichstage  wurde  dafl  Verbot  der 
Schmähschriften,  da  solche  dem  gemeinen  Prieden  nicht 
weniger  hinderlich  und  verletzlich  seien ,  ganz  erfolglos  er- 
neuert. 

Und  welch  entsetzlich  biderber  Art  waren  diese  Schmach- 
büchlein und  Eamoslibelle,  mit  denen  eich  die  Parteien  auf 
den  Leib  rückten.  Erschieu  doch  dem  Doktor  Luther  seine 
Schrift  gegen  Hans  Worst,  Heinz  ■Wolfenbiittel,  den  „unver- 
schämten Lügner"  noch  viel  zu  schwächlich  und  mild  und 
glaubte  er,  doTs  seiu  Hauptweh  das  natürliche  Ungestüm  seines 
Geistes  niedergehalten. 

Selbst  die  gefiirstelen  Haupter  griifen  einander  mit 
Eeulenschlägeu  an.  Ja,  der  Schildträger  Heinrichs  machte 
den  zweiweibigen  Landgraf  zu  eiiiem  König  von  Münster  und 
den  Kurfürst  Johann  Friedrich  zu  der  Vollsäufer  gröfsten.  Der 
Lieder  und  Leisen  im  Kampf  der  Gesänge,  der  Schriften  und 
Gegenschriften ,  der  Eepliken ,  Dupliken ,  Tripliken  Menge 
lohs  lawinenartig.  Deutsche  Eürsteuehre  schien  ihren  Glanz 
'loien  zu  haben. 

Auch  Graf  Günther  gegenüber  erhob  Johann  Friedrich 
öfters  bittere  Klage  Über  den  Braunscbwoiger  Heinz,  der  ohne 
dea    Kurfürsten    geringste  Verechuldung    denselben    in    seinen 


36  Graf  QUDtbsT  dar  Beicht  von  Scbwkriburg 

Ehren  und  Leumut  so  falsohlich  angieife.  Der  Graf  genügte 
dem  Terlangen  seines  LehaHheirn  uod  liefs  des  Kurfürsten 
OegenverantwoTtung  wider  solch  boohsträflicli  FamDglibell 
all  seinen  Dienern  und  seinem  Ingesinde  Torlosen ,  damit 
in  seinem  Lande  solch  InTektiven  kein  Glaube  gegeben 
■werde.  (S.  A.). 

Der  Regeneburger  Reichstag  ging  auseinander,  ohne  da& 
eine  Friedensforme!  gefunden.  Auch  der  Reichstag  zu  Speier 
1543,  welchem  Graf  Günther  persönlich  beiwohnte,  trug  zum 
Frieden  wenig  bei,  obwohl  ein  gemeinsamer  grofaer  Türken- 
krieg yerabrodet  wurde.  Der  Graf  sandte  aufser  otelichen 
Beieigen  60  Mannen  mit  hinaus  gen  Dngerland,)  von  denea 
aber,  da  im  Lager  und  Heer  ein  grofses  Sterben,  nur  einzelne 
wiederkehrten. 

Lebhafter  als  der  Türkenkrieg,  aumal  die  Protestanten 
unter  Osmanenherrschaft  von  Glaubensdruck  wenig  zu  leiden, 
beschäftigte  in  Thüringen  die  Gemüter  der  Erieg  gegen  den 
Braunsohweiger  Weif,  den  „Wildou  Manu",  welchen  die 
Schmalkaldner  in  Bisenach  zum  Besohlufs  erhoben,  den  Frie- 
den an  dem  Friedbrüchigen  zu  suchen.  Während  der  Kaiser 
in  Spanien,  Afrika,  Italien  vollauf  in  Anspruch  genommen, 
rüsteten  die  Bündner  zum  Feldzug.  Gegen  den  Frauentag  hin, 
da  Maria  zu  ihrer  Baae  Elisabeth  kam  (ii.  Juli),  trafen  Bot- 
schaften vom  Kurfürsten  immer  häu£ger  bei  Graf  Günther 
ein.  Stellte  jetst  ein  Einspänniger  ein  Manifeet  der  Fürsten, 
dafa  sie  nur  in  gerechter  Notwehr  zur  Beschirmung  der 
buD  des  verwandten  Städte  Goslar  und  Braun  schweig  zum 
Schwert  gegrilfen,  zu  Händen  des  Grafen,  so  übergab  schon 
andern  Tages  wieder  ein  rascher  Reiter  eine  Zuschrift  des 
Kurfürsten,  in  welcher  derselbe  etzliche  landeskundige  Führer 
für  den  vorhabenden  Feldzug  begehrte.  Eine  Aufmahnung 
war  wohl  schon  vorausgegangen,  Freitags  nach  Maria  Heim- 
suchung wurde  dem  Grafen  noch  die  besondere  Mitteilung, 
d&fs  der  Kurfürst  den  Lauf  der  Knechte  auf  Arnstadt  und 
lohtershauBen  gerichtet  uad  dafs  Herberge  und  Unterhalt  be- 
reit stehen  müsse,  dooh  so,  daTs  niemand  beschwert  oder  von 


Qraf  GBntbu  i*t  B«ieba  *oq  Sehwknburg. 


87 


L an deskn echten  beschädigt  verde.  Den  Grafen  eelbet 
mochte  der  Kurffirst  nicht  zum  Mitreiten  und  Mitstreiteo 
nötigen,  wohl  aber  betraute  er  ihn  für  zwei  Jahre  mit  der 
Würde  eines  Rates,  dafe  er  seinent  höchsten  Verstände  nach 
das  NütalichBte  und  Ehrlichste  ihm  stets  anrate,  dabei  alle 
geheimen  H£ndel,  bo  ihm  vertraut,  bei  sich  verborgen  halte 
bis  in  die  Grube.  Aufser  einem  Dienatgeld  (300  Gulden) 
solle  Graf  Günther,  zu  Hofe  erfordert,  und  wiederum  für  die 
Heimreise  mit  Uahl,  Futter,  Schlaftrunk,  Eufechlag,  Stall- 
miete wohl  veraehn  werden,  auch  auswSrte  yersohiekt,  auf 
kurfürstliche  Kosten  reisen,  dabei  mit  Rüstung  sich  zu  be- 
laden, durchweg  verschont  bleiben.  (S.  A.). 

Bevor  noch  der  Kurfürst  mit  dem  freudigen  Landgrafen 
auszog  gegen  den  Ehreuechänder  Heinz,  befahl  er  allen  seioea 
Ständen,  diesem  Statthalter,  Graf  Günther  von  Schwarzburg, 
parition  zu  leisten  und  solange  er  im  Feld,  da  die  Laufte 
gar  sorglich  uud  geschwind,  ihm  bei  etwaigen  Überfall  der 
Feinde  alsbald  allgesamt  wohlgeriistet  zuzuziehu.  [S.  A.). 

Am  12.  Juli  erging  der  Absagebrief  der  Verbündeten. 
Scheinbar  nur  eine  Fehde  persönäich  erbitterter  Gegner,  war 
doch  dereotbrennendeKampf  ein  Widerstreit  prinzipieller  Gegen- 
sätze, indem  evaugelische  Freiheit  und  starrer  Katholicismua 
zum  erstenmal  gegeneinander  stiefaen.  Darauf  deutet  Bohon 
die  tiefgehende  Anteilnahme  des  deutschen  Volkegemüt«  und 
der  hervorbrechende  Strom  des  Valksgeeange«,  der  in  Liedern 
freudiger  Zuversicht,  frischer  Streitlust  und  fröhlichen  Spottes 
eich  mit  den  Siegern  über  das  feindliche  Land  ergofs.  Ein 
kurzer  Waffen  gang  der  wohlger  listeten  BuudeBhäupter  ver- 
trieb den  unzulänglich  vorbereiteten  Gegner  aus  Heincm  Be- 
eitz,  und  selbst  das  feste  Wolfenbiittel  üel  in  die  Hände  der 
glücklichen  Bieger.  Ein  Fürst  ohne  Laud,  suchte  der  ver- 
jagte Weif  vergeblich  Hilfe,  und  ungestört  konnte  in  seinem 
Herzogtum  die  Reformation  zu  ihrem  Rechte  kommen.  Bald 
verechwauden  zur  Freude  des  Volkes  die  papietischen  Greuel 
„Vegevüres  Missen,  Hilgen  anropen,  Afflath,  Monnekeryen, 
Koaneryen,  Uissepapen",    and  es  erhielt  daflit  „dUdeach  pre- 


■ 
■ 


g^  Oraf  Gttnther  der  Reiche  tod  Sehwarabiirg. 

digt|  dttdosohe  Dope  ane  stinkende  Olie  und  des  Herrn  Brod 
tbo  einer  and  dei  Herrn  Eelok  thor  andern  Seiden  des 
Uiiches''. 

Bo  trug  die  kurze  Fehde  wesentlich  dazu  bei,  der 
protestantischen  Sache  in  der  norddeutschen  Tiefebene  weiteren 
Boden  za  gewinnen  und  der  Bevölkerung  das  zu  geben,  was 
Bänke  einmal  ihr  welthistorisches  Gepräge  nennt. 

Der  Sieg  des  Evangeliums  in  benachbarten  Gebieten  war 
für  Graf  Günther  und  seine  Lande  von  wesentlicher  Bedeu- 
tung. Nicht  mehr  bedräut  vom  Braunschweiger  Heilüsspom, 
konnte  er  ungehinderter  und  rascher  die  Eeformation  der 
untern  Grafschaft  zu  Ende  führen.  Auch  Abhängigkeiten 
so  mancherlei  Art,  wie  von  Gandersheim  und  andern  Stif- 
tern und  Klöstern,  liefsen  sich  nun  zum  Besten  der  kirch- 
lichen und  staatlichen  Selbständigkeit  seiner  Grafschaft  mit 
gröfserer  Leichtigkeit  lösen.  Den  reichen  Elosterbesitz  zu 
Schlotheim  erwarb  er  durch  Kauf  (1644),  während  sein  Lehns- 
mann Hans  von  Ebeleben,  der  auch  zur  Eeformation  iiberge» 
treten,  im  gleichen  Jahre  aus  den  Einkünften  des  Walpurgis- 
klosters  zu  Marksussra  eine  Schule  gründete.  Paul  Jovius, 
der  Ohronist,  stand  im  dreiüsigjährigen  Kriege  dieser  Stifts- 
sohule  zu  Ebeleben  als  Eektor  vor.  Yerschmähten  es  selbst 
strengkatholische  Herren  nicht,  ihre  Hand  nach  Elosterbesitz  zu 
fitrecken,  so  mochte  auch  Graf  Günther  die  Yorteile,  welche 
die  Zeitlage  ihm  bot,  nicht  ungenützt  vorübergehen  lassen. 
Die  Klöster  fielen.  Auch  in  Frankenhausen,  wo  ein  hoher 
Grabhügel  aus  Salpetersteinen  sich  über  die  gefallenen  Kloster- 
Stürmer  des  Bauernkrieges  wölbte,  wurde  die  Eeformation 
völlig  durchgeführt.  Selbst  volksbeliebte  kirchliche  Bräuche, 
wie  die  Mittemachtsmesse  am  Ohristabend,  mufsten  der  Zeit- 
strömung weichen.  Der  Pfarrer  in  Frankenhausen  machte 
damals  geltend,  wie  den  armen  Leuten  solch  alter  Brauch 
gar  tief  ins  Herz  gewurzelt,  wie  er  ja  selbst  einst  dem  JustuB 
Jonas  in  Nordhausen,  wohin  derselbe  vor  der  Pest  geflohen, 
in    solch    heiliger  Nacht   das  Mahl   des  Herrn   gereicht,  wie 


^ß  Or»t  aonthar  dw  Buch«  van  Sehwusburs-  39 

F^UelanchtboD  desgleichen  dieee  Uittera  achtem  esse  in  Jena  mit- 
gefeiert und  auch  Doktor  Luther  ihr  geneigt  geweeen. 

Auch  ia  KudoUtadt.  dem  Wittum  der  Gräfin  Katharina, 
wo  man  den  neuen  Grafen  für  so  papieÜEch  ausgeachrien, 
dafs  selbst  der  Eetteljunge  keia  evangelisch  Lied  Bingen 
dürfe,  erhielt  man  Beweise  Toa  dessen  f ürsorge  für  die 
evangelische  Geistlichkeit.  Doch  noch  1645  mul^te  der  neue 
Pfarrherr  Starke  aus  Pfarre  und  Ffarretube  flüchten,  weil  aie 
den  Kegenstromeu  nicht  stand  2  üb  alten  vermoohtea.  „0 
guter  Gott",  rief  der  Arme,  „in  welch  Wespennest  hab  ich 
gerührt!"  So  war  es  fiist  überall  in  der  Orafaohaft  um  das 
Auskommen  der  Geistlichen  gar  übel  beatellt  und  Schmal- 
hans Küchenmeister'). 

Als  Graf  Günther  daher  im  Einverständnis  mit  dem 
Grafen  von  Stolberg  einen  Klosterbof  des  Stiftes  Ilefeld  ein- 
nahm, so  machte  er  sich  dem  Kurfürsten  gegenüber  verbind- 
lich, die  Einkunft«  desselben  füi  nichts  anderes  denn  für 
Unterhalt  der  Pfarreien  uud  Kirchen,  der  Schulen  und  anderer 
christlicher  Sachen  verwenden  zu  wollen.  So  glaubte  er  auch 
seinem  Ersuchen,  dafs  Seine  Kurfürstliche  Gnaden  ihn  gegen 
das  Bei cbskammecge rieht  mit  Eekuaation,  Abforderung  oder 
sonst  in  Schutz  nehmen  möge,  da  der  Abt  mit  Klage  gedroht, 
erfolgreiche  Wirkung  zu  geben.  Bekanntlich  entschied  der 
hohe  Oerichtabof  stets  zu  Ungunsten  protestau tischer  Neue- 
rungen. Der  Kurfürst  aber  erwiderte  dem  Grafen,  dafs  man 
allerdings  das  Kammergericht  schon  mehrmals  in  dergleichen 
Sachen  günElich  rekusiert,  daTs  aber  solche  Kekusation  ledig- 
lich auf  die  christlichen  Ein ungs verwandten  (die  Sohmal- 
kaldner)  beschrankt  worden.  Er  giebt  daher  dem  Petenten 
den  Kat,  mit  allen  seinen  Herrschaften  und  Gütern,  die  des 
Uauses  zu  Sachsen  Lehen  nicht  seien,  dem  christlichen  Bunde 
zuzutreten,  damit  er,  in  denselben  aufgenommen,  auch  des- 
selben Schutz  und  Schirm  vollauf  geniefse.  (S.  A.). 


^  1]  Vargl,    Laadasknnda    des    Filratantums    ächiraizb.-BudolsUdt    1 

Lold  SigUmaiid.    I.  Teil,  Bndglsudt  1968. 


40  ^^  Gfinther  der  Reiche  Ton  Schwarebnrg. 

Wir  sehen,  daidB  der  Earfürst  seine  Sehwarzburger  Lehoi 
als  zum  Bandesgebiet  gehörig  betrachtete. 

Graf  Günther  hat  der  Aufforderung  seines  Lehnsherrn 
nicht  Folge  geleistet ,  wie  er  auch,  obwohl  öfters  erfordert^ 
nur  selten  zu  Hofe  kam.  Schon  Weimar  schien  ihm  bei  der 
yyOft  unyersehenen  Schwachheit  seines  Leibes''  su  entlegwi, 
auch  hielten  ihn  in  dieser  Zeit  Sterbensläufe  zn  Sonders- 
hausen zurück.  Doch  dafs  er  d^m  Kurfürsten  wichtige  Dienste 
geleistet,  erweist  schon  dessen  Verlangen,  ihn  nach  Ablauf 
der  zwei  Dienstjahre  ^  zu  denen  er  sich  yerpflichtet,  noeh 
weiter  im  Amte  zu  sehen.  Auch  wufste  er  die  kurfttrst- 
liehe  Gnade  bei  anderer  Gelegenheit  noch  insbesondere  zu 
gewinnen. 

Die  Schirmvoigtei  über  Stift  Paulinenzella  hatte  der 
Graf  bei  Erbanfell  der  Lande  seines  Vetters  mit  überkommen. 

Als  er  aber,  den  Fufsstapfen  seines  Vorgängers  folgend, 
daran  ging,  das  Kloster  mit  dem  Überrest  seines  ehemals 
weitreichenden  Besitzes  vollends  zu  säkularisieren,  die  fanlea 
Mönche  in  die  Weltgeistlichkeit  überzuführen,  den  Abt  aber 
durch  ein  fixiertes  Jahreseinkommen  zufrieden  zu  stellen,  so 
wurde  Seine  Andacht,  Abt  Johann  der  fünfte,  flüchtig  und 
rief  ein  „ins  Elend  Verjagter"  den  Schutz  des  Kaisers  an, 
den  Schutz  des  Oberschirmherrn,  bei  dem  das  Stift  yon  altera 
her  zu  Lehen  ging. 

Der  Kaiser  hielt  zürnend  dem  Grafen  die  alte  Bestimmung 
Tor  Augen,  dafs  der  Abt,  so  der  Schutzherr  zum  Schädiger 
und  Schmäher  werde,  sich  einen  andern  zu  erkiesen  jeder» 
zeit  das  Becht  habe.  Er  bestätigte  die  Wahl  Seiner  Andacht, 
die  sich  den  Grafen  von  Schwarzburg-Leutenberg  zum  Voigt 
erkoren.  Zum  Glück  für  Graf  Günther,  dafs  es  doch  noch 
zu  schiedsrichterlicher  Entscheidung  kam,  die  ihm  die  Voigtei 
zusprach.  Doch  der  Leutenberger  gab  seine  Ansprüche 
nicht  auf,  und  die  Gefahr  des  Verlustes  lag  nahe  genug. 

Da  nun,  um  sich  einen  mächtigen  Schirmherm  in  der 
Nähe  zu  gewinnen,  während  der  Kaiser  meist  in  der  Ferne 
weilte,   trug   Graf  Günther   mit   dem  Versprechen,   das    Ein- 


ßnf  GOnther  der  Reieb«  ron  Sefavwibni^. 


41 


immer 
Wein- 
li  100 


InmeD  der  Pauli neDZ eil a  nar  za  weisliobeo  und  mildea 
"Werken,  zur  Erhultung  dea  göUliohen  Wortes  und  seiner 
Diener  zu  YerveodeD,  die  Lehen  über  das  Stift  dem  Eur- 
fuTdt  Johatm  Friedrich  auf.  Dieser  nahm  denn  anoh  das 
berühmte  Kloster  samt  aller  sotncr  Zugehoruug,  damit  ea 
nicht  durch  tadliche  Handlang  in  andere  Hände  tcotnme,  in 
seinen  Ober-  und  Erbschnlz.  Fortan  mit  eingeschlossen  ia 
die  andern  seh varzburgi sehen  Lehen  der  Emetiuer,  sollten 
dieselben  in  Ewigkeit  ungesondert  bei  einander  sein  und 
bleiben,  (S.  A.).  DaTs  der  Graf  Günther  seinem  Lehnsherrn 
zu  jeder  Zeit  mit  Reisigen  und  FnfsTolk  auf  das  StattHchate 
und  Stärkste  zuzuziehu  verpflichtet  sei,  gab  Johann  Friedriob 
demselben  oft  genug  zu  verstehen. 

Noch  immer  gehörten  zam  Kloster,  so  Übel 
mit  dem  Seinen  ge wirtschaftet,  sieben  Dörfer,  noo 
besars  es  in  54  Ortschaften  Vorwerke,  Xoker,  Wiese 
berge,  Waldungen,  Weiher  und  Teiche  und  bezog 
Ortsobaflen  Zinsen.  Doch  hatte  schon  Graf  Heia 
Klosterbesitz  zu  dem  dominium  herangezogen. 

Graf  Günther  UHhm,  die  Stiftegüter  in  eii 
Stand  zu  setzen,  zum  SohÖBser  Peter  Watzdorf  in  Arnstadt, 
von  dem  er  sioli  der  treuesten  Dienste  versehen  konnte.  Die 
kürzlich  aufgefandecen  Uechnungeu  desselben  ergeben,  dafs 
noch  immer  einige  Mönohe  im  Kloster  zurückgeblieben.  Ein 
Freund  der  Wissenschaft,  kaufte  der  neue  Schosser  denselben 
den  Donat  and  andere  Bacher,  um  sie  aus  ihrem  Fanlenzer- 
leben ein  wenig  aufzurütteln.  Dio  Benediktiner  des  Stiftes 
haben  zu  keiner  Zeit  wissenschaftliche  Bestrebnngen  zu  er- 
kennen gegeben.  Nur  einzelne  Bruchstücke  aus  Trimbergs 
Benner  liefsen  sieh  auf  den  Einschlägen  alter  Elosterreoh- 
nangen  ausfindig  machen. 

Wie  in  der  Paolinenzella,  schritt  die  Reformation  auch 
in  Arnstadt  raschen  Sohritles  vorwärts.  Uörüa  und  seine 
Diakonen  tbateo  das  Ihre,  dem  Evangelium  in  Stadt  und 
Land  eine  bleibende  Stätte  zu  bereiten. 

Auch    das    geistliche  Spiel    wurde    zu  Hilfe  gerufen,  die 


4 

I 

I 


-42  Graf  Günther  der  Reiche  von  Scbwarzburg. 

Herzen  für  das  Eine,  was  Not,  zu  gewinnen,  während  die 
vielen  Heiligenaltäre,  insbesondere  der  Liebfraaenkirche,  bei* 
Seite  gestellt  wurden.  Warmherzig,  ein  fröhlicher  Geber, 
nahm  sich  Mörlin  der  leidenden  Armut  liebevoll  an.  Da 
sein  Einkommen,  wie  der  meisten  Geistlichen  des  Landes, 
nur  schmal  bemessen  war,  wandte  er  sich  um  Aufbesserong 
«einer  Bezüge  an  den  Grafen.  Ein  solch  Bittgesuch  fiind 
«ich  noch  kürzlich  im  Britischen  Museum  zu  London.  Doch 
legte  der  Goitesmann,  wie  er  zu  sagen  pfl.egt,  beim  Sohlafen- 
gehen  seine  Sorgen  allzumal  unter  das  Kissen  seines  Hauptes 
und  schlief  den  Schlaf  des  Gerechten.  Jungen  Predigern 
aber  gab  er  bei  ihrem  Amtsantritt  den  Wahlspruch  auf  ihren 
Lebensweg:  „Arbeite  redlich,  meine  es  treulich  und  bete 
^eifsig!''  In  diesen  drei  Stücken  ging  er  ihnen  selbst  mit 
leuchtendem  Beispiel  vor.  Und  doch  stand,  wie  wir  schon 
sahen,  der  getreue  Mann  bald  in  heifsem  Kampfe,  nicht  mit 
>einer  papistischen  Gegnerschaft,  sondern  mit  der  städtischen 
Aristokratie  der  Eatsverwandten.  Mancherlei  Gebrechen, 
namentlich  der  Hospitalverwaltung,  unter  welchen  seine  lieben 
Armen  zu  leiden  hatten,  mögen  den  eifernden  Bufsprediger, 
der  nicht  nur  die  Sünde,  sondern  ebenso  den  Sünder  strafte, 
>zu  den  schärfsten  Angriffen  fortgerissen  haben. 

Vom  Fredigerstuhl  zog  er  wohl  gegen  die  „Stadtjunker- 
iein''  drüben  im  Batsstand  zürnenden  Auges  zu  Felde,  „die 
da  sitzen  wie  die  gemalten  Männlein  im  Kartenspiels  selbst 
auch  gegen  den  regierenden  Bürgermeister,  den  er  des  Geizes 
beschuldigt  und  der,  seines  Amtes  sich  brüstend,  sicher  ein- 
herzuschreiten  gedenke.  „Macht  auch  dein  Amt  deine  Person 
«ündenfrei  ?'* 

Da  schlössen  sich  die  dem  verhafsten  Strafprediger  feind- 
lich gesinnten  Elemente  zu  einer  Rotte  zusammen,  die  man 
die  schwarze  nannte.  Die  ganze  Bürgerschaft  nahm  Partei 
für  und  wider,  und  bald  kam  es  zu  unruhigen  Auftritten. 
Der  Graf  redete  in  einem  öffentlich  angeschlagenen  Mandate 
zum  Frieden,  ohne  dafs  sein  Bemühen  gewünschten  Erfolg 
J[)rachte.     Eines  Morgens    fand  Mörlin    über  der  Thür  seiner 


Vehnang  Reiseschuhe  aogeheftet  mit  der  höhneodeu  Za- 
flchiift :  Sarge  et  ambula  I  Mörlio  aeiDsiaeita  schrieb  die 
Worte  darunter:  Hie  moa  est  horam  Undank  in  fine  labonim! 
Der  Bat,  in  desaun  Hand  fierufaug  und  Enturlaabung  ihrer 
Prediger  lag,  kündigte  ihm  sein  Amt.  Auch  der  Graf  er- 
teilte ihm  als  Suporatten deuten  den  Äbeohied  (Michaeli»  1543). 

Vergeblich  drang  Mörlin  auf  Verhör  und  gerechtes  Oe- 
rioht.  Br.  Luther,  dessen  Bat  er  sich  einholte,  zeigte  sich 
aufs  äufaerate  erbittert  über  die  ,,koppiaoh6n"  Arnstadter  und 
riet  zum  Gehen :  „Wenn  sie  euch  nicht  aufaehmen",  schrieb 
er,  „so  gehet  hinaus  aus  jener  Stadt  und  sohUttelt  den  Staub 
-von  euern  FoTaen.  Sie  haben  nioht  dich  verworfen,  sondern 
mich,  spricht  der  Herr!" 

Ja,  wie  mit  einem  Banne  belegt  er  Arnstadts  Biirger- 
achaft :  „Ich  werde  den  nicht  für  einen  frommen  Mann,  ge- 
schweige denn  für  einen  getreuen  Hirten  achten,  der  sie  in  ihrer 
Sunde  und  Bosheit  bestärken  wird,  d.  h.  der  es  wagen  sollte, 
deine  Stelle  anzunehmen.  Der  Herr  wird  ihn  und  sie  zu- 
gleich riohten.  Wir  sind  ohne  Schuld;  ihr  Blut  komme  über 
ihr  Haupt!" 

Nioht  anders,  schrieb  Luther  seinem  getreuen  Märlin, 
verde  er  auch  zum  Grafen  reden,  der,  wie  er  höre,  eine 
Botschaft  an  ihn  abaendea  werde. 

Luthers  Bat  gemäfs  entschlafs  sich  Uörlin  zum  Gehen ; 
doch  blieb  er  noch,  wenn  auch  ohne  Amt,  bis  zum  Frühling 
in  Arnstadt.  Uer  Eurfürat  Johann  Friedrich  wollte  seia 
Wittenberger  Landeskind  zum  Hofprediger  haben.  Obwohl 
Mörlin  recht  wohl  wufate,  wie  der  Karfürst  „Beides  die 
äcbärfe  und  Liudigkeit  des  göttlichen  Wortes  wohl  leiden 
könne",  mofste  er  doch  um  der  Höflinge  in  weichen  Klei- 
dern willen  bei  Annahme  der  gleichen  Erfahrungen  gewärtig 
sein,  aU  er  in  Arnstadt  gemacht,  „Ja,  weon  er  ge- 
schwiegen",  sagte  Mecum,  „hätte  er  gute  Tage  sehen  mögen !" 

Dnrch  die  Vierleute,  die  Vertreter  der  Quartiere,  ge- 
langte noch  ein  besonderes  Gesuch  (12,  Jan.  1544)  an  den 
Grafeu    um    Wiederanstellung    ihres    Pfarrherrn ,    der    Gottes 


I 


44  ^^  Gfinther  der  Reiche  Ton  Schwaribnrg. 

Wort  lauter  und  klar  mit  höchstem  Fleifs,  Treu,  Mühe  imA 
Arbeit  gelehrt  und  gepredigt  und  in  Sterb-  und  Lebens-- 
Zeiten  alle  Geftthr  hintan  gesetzt  Der  Graf  selbst  solle  dooh. 
wenigstens,  was  ja  einem  Juden,  Türken,  Heiden  nur  an» 
billig  versagt  werden  könne,  den  Doktor  zur  Antwort  kommen 
lassen. 

Auch  die  Leipziger  Fakultät,  bei  welcher  der  Rat  ein 
Gutachten  eingeholt,  sprach  sein  höchlich  Verwundern  aus,  dafa 
derselbe  sich  unterwunden,  in  eigener  Sache  zugleich  Pari 
und  Bichter  zu  sein,  und  erklärte  es  für  unbedingte  Pflicht^ 
Mörlin  zu  restituieren  und  über  die  Sache  durch  ordenüiohe 
Bichter  erkennen  zu  lassen. 

Der  Graf  liefs  Mörlin  fallen  und  zeigte  den  Yierlenten 
wegen  ihrer  Bittschrift  sein  höchstes  Mifiifallen. 

„Mein  lieber  Freund",  schrieb  aber  Luther  an  Peter  Wats- 
dorf  ^),  „dafs  solche  Schrift  der  yier  Bürger  zu  Arnstadt  an. 
den  Grafen  sollte  aufrührisch  sein,  ist  mir  unmüglioh  zu  Ter- 
stehen,  weil  es  eine  dehmütige  bittliche  Schrift  ist,  an  nie- 
mand anders,  denn  an  ihre  ordentliche  Oberkeit  für  einen 
getreuen,  gelehrten  Prediger,  darin  sie  vielmehr  zu  loben, 
denn  zu  schelten  seyn  sollten.*' 

Auch  in  einem  Briefe  an  Amsdorf,  der  Mörlin  naolL 
Naumburg  ziehen  wollte,  spricht  sich  Luther  voll  Bitterkeit 
über  die  seinem  Liebling  gewordene  Behandlung  aus. 

Schon  am  6.  Feber  aber  konnte  er  denselben  wegen 
seiner  Berufung  nach  Göitingen  beglückwünschen  und  ihm 
bei  der  Gelegenheit  auch  die  pikante  Mitteilung  machen,  dafs 
der  allerchristliehste  König  dem  Seeräuber  Barbarossa  einen 
seiner  Hafen  geöffnet  und  ihn  daselbst  einen  mahometischen. 
Tempel  erbauen  lassen. 

Im  Frühling   verliefs  Mörlin   die  Stadt,    wo    es   ihm   so 


1)  Der  Brief  Luther's,  datiert  Pauli  Conversioms  1544,  welcher  ia 
de  Wette's  Sammlung  die  Überschrift  „an  einen  Ungenannten*'  trfigt,  ist 
offenbar,  wie  es  auch  der  Brief  an  Mörlin  vom  6.  Februar  ergiebt,  an 
Peter  Watzdorf  gerichtet. 


hleolit   ergaogen,    und    zog    eeioeB    Wege«    DBoh    OÖUiag«D. 
I  grofset  Teil  der  Bürgeriohaft  gab  ihrem  getreuen  6m1«d- 
liirteD  Dntei  Tbränen  und  Sohiachsen  das  Geleit. 

Wie  der  Graf  niohU  gethan,  den  vielen  Uativervandton 
unbequemea  Baraprodiger  zu  halten,  so  liett  er  auoli  de»en 
Diakonen  l^len,  die  zugleich  mit  ihm  ihre  Eutluaaung  or- 
hielten.  Doch  fand  Laaiua  in  der  Grfifsohaft  und  «war  xu 
GceoTBea  wieder  AnBtellung.  Ale  aber  seine  Strafpredigt  an 
etürmiache  Äu&egung  wach  riefen,  wurde  er  naoh  längerer 
Yerhandlang  seines  Amtes  eutlaasen.  AU  Doktor  Luther 
FUrspraolie  einlegte,  so  gab  Graf  Günther  in  eigenhändiger 
Zuschrift  dem  Keformatoi  sein  Befremden  zu  erkennen,  dafs 
gedachter  Uagister  über  Gewalt  und  Unrecht  klage,  während 
doch  in  seiner  Uerrsohafl  auch  dorn  Geringsten  keine  Dn- 
billigkeit  widerfahre.  Seine  Bäte  würden  gar  bald  seiner 
Würden  „griindelichen  Bericht  tfaun,  doCs  8r.  W-  des  Uagi- 
sters  unartiges  und  unptlliges  olagen  ol&rlioh  befunden  mögen". 
Der  Abgesetzte  fand  über  Wittenberg  seinen  Weg  in  das 
Pfarramt  zu  Spandau,  wo  er  9  Jahre  verblieb  und  anter 
andern  ein  W ei hnaobts spiel  ver&fste,  das  eine  berufene  Hand 
kürzlich  veröffenlliehtoi). 

Wegen  der  gestörten  Beziehungen  zu  Wittenberg ,  das 
den  Eirohge  mein  den  in  Stadt  und  Land  neues  LebeniUut 
zuzuführen  pSegte,  sah  man  eicb  in  Arnstadt  genötigt ,  den 
aus  Kreuzburg  rertrlebenen  Spenlein  als  Prediger  anzunebnen. 
Spenlein  wie  seine  Diakonen  waren  Schüler  des  8eniar  Lenge 
in  Erfurt,  unddieser  wünschte  1-046  dem  Bürgermeister  Am- 
Btadts  Glück,  dafs  der  kirchliche  Friede  hergestellt.  Im 
übrigen  durchaus  nicht  friedlicher  Natur,  l'uhr  Spenlein 
wenigstens  fein  säuberlich  mit  den  BatsTerwandten,  während 
der  Eifer  am  Gott  wohl  Mörlin  über  die  Schranken  selbst 
des  damals  Erlaubten  fortrifs. 

Gleichzeitig    mit  Märlin    hatte    der  Bat    auch    den    ihm 


4 


1)  Ein  1 


1649.    Rarauagegabau  TOD  Johannes 


46  Oraf  Günther  der  Reiche  von  Schwaribnrg. 

treu  ergebenen  Bektor  Styger  enturlaubt.  ^^Eine  Bette  eigen- 
sinniger Leute'',  schrieb Mykonius  an  seinen  Kurfürsten,  der 
Auskunft  über  diese  Vorgänge  verlangte,  ,yderen  mehrere 
weder  schreiben  noch  lesen  können ,  bestellen  solch  hohe 
Ämter  nach  ihrem  Willen,  das  ist  zu  Yerderbnifs  aller  Stil» 
dien  und  Zucht." 

Solche  sich  oft  wiederholende  Vorgänge  machten  eine^ 
Beschränkung  des  Anstellungsrechtes  des  städtischen  Begi- 
mentes  zu  einer  Notwendigkeit.  Die  neuen  Statuten,  die- 
Arnstadt  Miehaelis  1543  bekam,  „damit  die  stadt  desto  fiirder* 
lieber  und  bequemer  gedeihen,  an  iren  narungen  zunemenn 
und  in  einikait  lebenn,  in  baulichen  und  pleiblichen  wesen 
mochte  erhalten  werden",  legten  die  Besetzung  der  geist- 
lichen Stellen  in  die  Hände  des  Grafen  und  des  Propstes  su 
Unser  lieben  Frauen,  der  aber  schon  zu  einem  Schattenmann 
herabgesunken.  Die  Lateinschule  wurde  unter  gemeinsames 
Patron  at  des  Grafen  und  der  Stadt  gestellt. 

Trotzdem  sah  auch  der  neue  Bektor  schon  nach  Ablauf 
eines  Jahres  sich  wieder  enturlaubt.  Und  doeh  war  er  ein 
Mann  berühmten  Namens:  M.  Kaspar  Brusohius,  der  zudem 
es  nicht  unterliefs,  die  Potentaten  nah  und  fern  in  zierlichen 
Oden  anzusingen.  Wie  den  Grafen  selbst,  den  feinge- 
bildeten, tugendgeschmückten,  mit  allen  Erdengütem  be- 
glückten Herrn,  feierte  er  auch  das  Gedächtnis  seines  holden 
Töchterleins  Omelia,  welche  die  damals  in  Sondershausen 
wütende  Pest  in  ein  frühes  Grab  warf.  Selbst  einem  seiner 
Schüler  aus  angesehenem  Patrizierhause,  welcher  der  Pro- 
zession am  Gregorfeste  in  bischöflichem  Pomp  auf  stattlichem 
Bosse  Yorangezogen ,  widmete  der  gekrönte  Dichter  drei 
Oden,  die  man  während  des  Festzuges  abgesungen.  Und 
trotz  alledem  —  entlassen,  entlassen  mit  guten  Zeugnissen  des 
Bates  und  des  Grafen !  Weggelobt,  wie  man  heute  sagt,  fand 
er  zwar  bald  wieder  Anstellung,  aber  im  wesentlichen  führte 
doch  der  berühmte  Humanist,  nirgends  fremd  und  nirgends 
daheim,  ein  Wanderleben,  bis  ihn  verruchte  Mörderhand  im 
Walde  bei  Bothenburg  a/T.  niederstreckte. 


Omf  Gfinlhet  der  Reiche  von  Sohwariliarg.  47 


r 

^^V       Autsh   dee  BruiohiuB  Nachfolger    in  Arnetadt   war    nach 

^^9Whresfri8t    ein  entlaasener  Mann.     In  dem  aich  immer  wie- 

deibolenden  Annehmen  und  Enturlauben ,  Kommen  und  Qe- 

hen    epiegelt    sich    eben    der    so    unruhige    Geist    der  Hefor- 

IaMliDDBzeit 
t  Aber  mehr  noob  als  diese  Händel  nahmen  den  Grafen 
loabrechende  Zerwüifnieae  mit  dem  Eurfarsten  in  Anspruch, 
derselbe,  ein  gestrenger  Lehnaherr,  der  von  seinen  Beohten, 
wirklichen  oder  yeTineiiitHchei],  keines  auch  nur  um  eines 
Härleina  Breite  aich  kürzen  liefs,  beanspruchte  in  der  Kerr- 
schaft  Arnstadt  „mit  ihren  Zu-  und  Ingehornngen,  als  einem 
Lehnsgut  eigen tümlich  zu  dem  Lande  in  During  und  zu 
Ihre  Eurf.  Gnaden  gehörig  und  in  Ihrem  Lande  und  Für- 
Btentumb  gelegen",  das  Strafsengeleit  voll  und  ganz.  Nur  im 
ITamen  aeiaes  Lehnsherrn  durfte  Graf  Günther  duichreiaen' 
den  Potentaten  das  Geleit  geben.  Wie  heftig  brauste  der 
Zorn  des  hohen  Herrn  auf,  als  aich  Graf  Wiihelm  von  Henne- 
berg 154(1  unleratund,  dem  Ton  Gotha  her  durchreisenden 
Ffalzgrafen  rriedrioh  bei  Bheia  schon  in  Martinroda  auf 
aächaischem  Boden  das  Geleit  anzutragen,  das  ihm  doch  erat 
ein  Viertel  Weges  vor  Ilmenau  gebührte,  aioli  unterstund, 
die  sächaiachen  Geleitemanncn  abzudrängen  und  abzuapannen 
und  mit  dieifsig  Pferden  dae  Vorreiten  einzunehmen,  ja  un- 
erhörter Weise  auch  Jenseit  Ilmenau  bis  Kur  Elause!  Hatte 
doch  seit  zehn,  dreifsig,  vierzig  Jnhren  und  darüber  „langer 
auch  von  undenklichen  Zeiten"  niemand  anders  dae  Geleit 
denn  Sachsen  „da  vo  der  Sohwarzwaldt  anfähet  und  do 
dannen  biTs  zur  Clauaenn  und  fort  bis  ann  Bensteigk,  wie 
dann  des  orts  der  Schwarzwaldt  -wendet!"  (A.  A,) 

Graf  Günther  seinerseits  versah  es  bei  seinem  Lehns~ 
herm  mit  der  Türkensteuer.  Noch  war  er  gleichzeitig  mit 
dem  Eurfürsten  im  Frühling  1544  auf  dem  Heichetag  zu 
Speier,  ohne  dafa  dieser  das  geringete  Afifsfallen  äufserte, 
■einen  Lehnsmann  dort  zu  achcn.  Solj'man  dea  Prächtigen 
Eprdringen,  zumal  da  der  franzüeische  König  sein  Fartner, 
tuen  bedrohlich  genug,  um  die  deutschen  Fürsten  zu  einem. 


^  Graf  Günther  der  Reiche  von  Schwarzbnrg. 

oDgern  ZusammenBohlufs  und  zur  Gewährung  der  Beicluhilfe 
zu  beBÜmmen.  Auch  erliells  der  Kurfürst  ein  Patent,  in  dem 
er  seinen  Lehnsadel  aufforderte,  sich  bereit  zu  halten.  Eine 
Eule  Gottes  sei  der  Türke  mit  unerhörter  Macht  im  An- 
zog gegen  Hungarn,  um  alsdann  seinen  Kopf  auch  nach  der 
deutschen  Nation  zu  strecken  und  alle  christlichen  Lande 
mit  Mord  und  Brand  zu  überziehen. 

Diese  ideale  Gemeinschaft  des  Christentums  gegen  den 
Islam,  des  Occidents  gegen  den  Orient,  wie  sie  damals  oft 
genug  verkündet  and  gepredigt  wurde,  erwies  sich  aber 
immer  wieder  hinfällig  und  ohnmächtig,  sobald  sie  in  Wirk- 
lichkeit umgesetzt  werden  sollte,  und  kurzem  Aufischwung 
folgte  YerstimmuDg  und  Zerwürfnis.  Selbst  zwei  schwars- 
burgische  Dörflein  fielen  hart  aneinander,  als  nun  Graf 
Günther  die  Türkenhilfe  ausschrieb,  welches  doch  Ton 
ihnen  das  yierte  Rad  und  das  yierte  Pferd  an  dem  Keer- 
wagen  zu  stellen  habe!  Und  wunderbar!  Kaum  hatte  der 
Graf  die  Offensiyhilfe  in  seinem  Lande  angekündigt  und 
auch  die  Steuer  zu  erheben  begonoen,  als  des  Kurfürsten 
strikter  Befehl  einlief,  jene  sofort  wieder  aufzukündigen, 
diese  seinen  XJnterthanen  zurückzugeben,  da  ja  allewege  die 
Erhebung  der  Beichssteuer  in  des  Grafen  Lande  allein  bei 
dem  Kurfürsten  stehe.  Es  wurde  auch  seinen  XJnterthanen 
bei  schwerer  Pön  und  höchster  XJngande  yerboten,  die  Tür- 
kensteuer an  den  Grafen  zu  zahlen,  der  ohne  Yerwilligung 
seines  Lehnsherrn  solche  beansprucht. 

Ja,  am  stillen  Freitag  1546  wurde  ein  „Reitender  blasender 
Truhmeter''  mit  zweyen  Schössem  nach  Arnstadt  geschickt, 
die  an  die  Kirch-  und  Ratsthüren  Patente  anschlugen,  dafs 
die  Bürgermeister  und  Stadtschreiber  zur  Yerantwortung 
nach  Weimar  entsandt  werden  sollten,  da  sich  die  Stadt 
nicht  willig  gezeigt  habe  ^). 

Über  einen  Monat  hinaus  muTsten  die  Spitzen  der  Stadt 


1)  Vergl.  Unamstöfsl.  Beweifs  der  Schwarzburgischen  uhralten  Imme- 
dietät  und  Reichs-Freyheit.  Beylagen.     Gedruckt  anno  1716. 


Haft  (in  «ineoi  Gewölbe!)  für  ihr«n  üngehorMm  bäfeen. 
Die  Biirgeracliaft  tnuTite  in  einem  PergameDtbrief  sioh  strikte 
Terpfliohten,  bei  einem  weitern  Falle  solober  UnbotmäTugkeit 
ttlabald  4000  Thaler  Straigeld  an  die  karfüritliotie  Kaue 
einiueableD. 

Or«f  Güather,  der  nicht  zum  LandBaaeen  werden  und  «ioliin 
Jea  EurföiBten  weitreichende  Plane,  (ar  welche  die  Türken- 
■teuer  nur  die  Handhabe  bot,  nicht  fügen  mochte,  nahm 
in  seiner  BedrfiDgnia  »eine  Zufiuoht  enm  Ksiaer.  In  geiner 
ImpIoratioQBsohrift  hatte  er  über  die  Eingriffe  des  KurfUnten 
in  aeine  reichsttändiaohen  Gerechtsame  gar  bittere  Klage  la 
Ten. 

Koch  kürzlich  tod  Worms  aus,  wohin  er  einen  seiner 
SKte  zur  Yertratung  entsandt,  war  der  Qraf  Tom  Kurfürsten 
in  scharfer  Zuschrift  bedeutet  worden,  dafa  Ihre  Kurf.  Gn. 
alle  Grafen,  Prälaten  und  Herrn ,  ao  unter  dem  Hause  Saoh- 
sea  in  During  geseasen ,  uff  jeden  Beichstag  selbst  zu  Ter- 
tieten  pflege.  Gegen  aolch  Vorgehen  mufi  der  Bittsteller, 
als  der  Viergrafen  einer  und  nicht  der  letzte  —  Kleve, 
Schwarsburg,  Cillj,  SaToyen  (das  italische  Königshaus)  lau- 
tete die  Beihenfolge  —  als  ein  Beichsstand  mit  allen  seinen 
Würden,  Ehren  und  Gerechtigkeiten ,  der  ateti  unverhindert 
and  geruhiglich,  gleich  seinen  Torfahren,  dem  Kaiser  und 
Beiche  Dienste  und  Hilfe  geleistet,  Protest  erheben  nod 
Beschwerde  führen. 

Sei  es  doch  zudem  im  ganzen  Heiligen  Kämischen 
Beiohe  kundlioh  and  offenbar,  wie  Graf  Günther  und  seine 
Alanen  Ton  je  alle  Anlegen,  so  Tom  Beiche  bewilligt,  «ei  es 
wider  die  Türken ,  zur  Unterhaltung  des  Kammergerichts, 
■ei  es  zum  Komiuge  oder  sonst,  mit  Mannschaft  zu  Rofs 
und  Fnfs,  oder  mit  Geld,  als  freie  Keichsstände  stets  selbst 
geleistet  und  als  solche  ihre  Unterthanen  selbst  belegt 

Zum  Beweis  der  Wahrheit  legte  der  in  seinen  Bechten 
■o  hart  Gekränkte  gar  manche  Erforderung  dar  eohwari- 
burgischeu  Grafen  zu  den  Beichstageo,  Quittungen  der  Keiohs- 
XYI.  4 


n 


50 

piwmi|Mriiiir  md  aaden  DoknmcBte  Mmor  Bichwerda- 
•ehzift  bcL 

Aach  MM  Kämig  Ferdiaand  wandle  deh  der  Gnf  wegen 
der  bShaüeehen  Lehen,  in  denen  der  Knzfant  m  flerfien 
der  TGi^enfteoer  ihnliche  Anepraehe  eriiob,  eli  in  Anuladt. 
Zwar  waren  dieselben,  die  Ämter  Blankenbnrg  nnd  Bvdol- 
■tadty  naeh  maneherlci  Immgen  anf  einem  Tage  ra  Weimar 
(Herbst  1548)  nnd  zwar  unter  dem  Yonitx  dee  Kurfimten 
•elbi  endgiltig  der  Orifln  Katharina  xnm  Wittnmb  mge- 
sproehen  worden,  aber  doch  mit  der  beaehrinkenden  Be- 
stimmung, dafs  Waldgedinge,  wie  Steuer  and  Zdient  ledig^eh 
Graf  Günthers  und  seiner  Erben  sein  und  bleiben  solle. 
TJm  so  mehr  sah  sieh  König  Ferdinand,  dessen  Intereession 
Graf  Günther  sogar  personlieh  in  Worms  angerufon  (Mai 
1545),  yeranlafst  und  bestimmt,  denselben  „ein  glidt  und 
der  Yiergrafen  des  Bdmiseben  Reiches  einen^  in  seinen  Ge- 
rechtsamen SU  sehützen  und  den  Beamten  des  Kurl&rsten 
solche  Verhinderung,  Neuigkeit  und  Kingriff  ematlieh  su 
yerbieten.  (8.  A.).  Vom  Kaiser  selbst  liegt  wenigstens 
aus  späterer  Zeit  eine  Kundgebung  in  Gunsten  des  Grafen 
Tor,  indem  er  dem  Kurfürsten  gewaltsame  Eingriffe  in  die 
Rechte  seiner  Lehnsleute  Torwirft 

Obwohl  so  Lehnsherr  und  Lehnsmann  in  Zwiespalt^ 
war  es  doch  der  Kurfürst,  welcher  den  Grafen  mit  einer 
ehrenyollen  Mission  betraut  wissen  wollte.  Die  wachsende 
Gefahr  der  Lage  drängte  die  Protestanten  zu  engerm  An- 
schlufs  an  das  Ausland.  Die  Schmalkaldner  dachten  daran^ 
den  gesamten  Protestantismus  zur  gemeinsamen  Abwehr  der 
in  Trient  sich  zasammenschliefsenden  hierarchischen  Gewal* 
ten  zu  Toreinigen.  Auf  England  konnte  man  aber  nur  dann 
sich  Hoffnung  machen,  wenn  es  durch  einen  Frieden  mit 
Frankreich  wieder  freie  Hand  bekam.  Da  beide  Mächte  zum 
Frieden  geneigt  und  die  Vermittlung  guter  Freunde  will- 
kommen schien,  so  erhoben  die  Schmalkaldner  die  Abord- 
nung von  Gesandten  zum  Beschlafs.  Der  Kurfürst,  obgleich 
im  Grunde  wenig  geneigt,  mit  dem   englischen  König,  „dem 


unohristlichen  Uann",  wieder  anzuknüpfen ,  brachte  sei 
Lehnegrafen  in  Vorschlag.  „Wh  dann  Qott",  tchrieb  Buoer 
(StraTtb.  12.  Juli  1546)  au  Landgraf  Philipp,  „gnad  wolle  ge- 
ben ,  das  die  Baohen  sich  zum  friden  wolt«n  schicken  und 
einen  dapfem,  ansichUgea  Eotechafter  Ton  nöten  eein  wurde, 
hat  der  Chf.  grave  Günther  von  Schwarzburg,  der  latin  kau 
und  tust  auch  ein  hoTÜcher  grave  iet,  erkiest."  Ee  lind  aber 
andere  Batschafter  gegangen.  Aach  brauste  in  der  Nühe 
wieder  ein  Krieg  auf,  die  zweite  Fehde  gegen  Heinz  Ton 
Wolfenbüttel.  Qraf  Günther  muTste  sich  mit  Hannen  zu 
Rofs  „aufa  allerBtarkate  und  statt! iob sie,  so  viel  er  zu  unter- 
thSoigem  Willen  und  Gefallen  aufbringen  konnte  und  aui 
Bflintr  TJnterthänigbeit  gegen  den  Kurtiirsten  seinen  Landee- 
berm  ohne  Zweifel  geflissentlich  und  gewilligt"  bei  Tag  und 
Sacht  bereit  halten  und  ebenso  mit  600  Mannen  zu  Fufs,  den 
besten  und  zum  Kriege  wohl  geschicktesleu,  ;,6.  A.)  Graf 
Günther  gehörte  zu  den  Fürsten,  die  zwischen  den  zuaam« 
menstofsenden  Gewalten  noch  zu  vermitteln  suchten.  Yer- 
gebliohes  Bemühen!  Ein  kurzer  Waffengang  machte  den 
Heim  von  Wolfenbüttel  und  zwei  eeiner  Söhne  2u  Gefange- 
nen des  freudigen  Landgrafen,  der  sie  auf  seine;  FeBte 
Ziegenhain  in   Verwahrsam  braohte. 

Aber  trotz  dieser  glücklichen  Fehde  rerfinsterte  eioh 
der  Horisgnt  für  die  Protestanten  in  sehr  bedrohlicher 
Weise.  Statt  des  erwarteten  gemeinsamen  grofsen  Sriegea 
gegen  die  Türken  war  es  zu  einem  Frieden  gekommen,  in 
welchem  die  Habsburger  auf  den  Besitz  TJngarne  Verzicht 
leisteten,  für  einige  Grenzplatze  aber,  die  sie  in  ihrer  Hand 
behielten,  Soleyman  einen  Tribut  eu  zahlen  hatten.  Die 
stolzen  Spanier  und  ein  solch  ruhmloser  Friede !  Das  gab 
zn  denken  1  Und  schon  nahten  eich  die  Verhandlungen  zu 
einem  Bündnis  zvisoheu  Kaiser  und  Papst  ihrem  Abschlueee. 
Schon  war  Ottavo  Farnese,  der  Enkel  des  Papstes,  der  Ei- 
le Kaisers.  Schon  war  auch  wider  der  Fiotestanten 
das  Konzil  zu  Trient  erüfEnet. 
8  (Tahr  1549  kam,  und  die  Dinge  liefscn  sich  für  die 


4 


52  Onf  OfiatiMT  der  Reiebe  tob  SehwAnlmrg. 

ProtetUaieii  um  nioiiti  bester  an.  Zwar  war  wiadeir  IIa- 
HgionsgeBpraoh  zu  Bef^Bborg,  aber  die  Leümg  in  den 
Haniinn  glaiibeiiastolser  Hitpanier,  die  avcb  nioht  den  lei- 
sesten Hauch  ^dentseher  Meinungen^  dulden  moditen.  Aneh 
leidensohaftliehe  Optimisten  gaben  jede  Heffhung  der  Yer» 
stfindignng  auf.  Mitte  Feber  war  es,  als  die  Beehtfariigimg 
durah  den  Glauben  anf  die  Tagesordnung  kam,  in  der 
hingnisToUen  Zeit,  da  in  Sisleben  heimging,  der  sein« 
Yolke  diesen  Trost  ans  der  H5he  gebraeht.  Bin  Graf  Ton 
Sehwarsborg,  Graf  Heinrieh  Ton  Lentenberg,  der  Sehieda- 
riehter  einer  in  den  Mansleldisehen  Hindeln,  stand  mit  an 
Luther's  Sterbebette. 

Auoh  Myconius,  der  Befermator  Thüringens,  legte  nnr 
wenige  Wochen  spiter  sein  mOdes  Hanpt  sdilafoi.  Tsdna 
krank  glaubte  er  dodi  in  seinem  Absehiedsbrief  an  den 
Kurfürsten  denselben  noch  ob  Luther^s  Heimgang  triisten  su 
minaen.  Am  Bnde  seinee  irdischen  Hirtenamtas,  deessn  er 
audi  über  Sehwanburg  gewaltet,  „wekhee  sieh  n  ihm,  sn 
Christo  in  ihm  gehalten*,  tritt  dem  getreuen  Mann  aneh  der 
kirehliehe  Hader  au  Arnstadt  nodi  einmal  tot  die  Beeln. 
„Allein,  dsis  Dr.  MSrlin  an  Arnstadt  Unrichtigkeit  angsridilol, 
kam  daher,  dafs  er  wider  Dr.  Philippi  Schrift  und  Irmnh- 
nung  sieh  meiner  und  des  Jnstns  Menü  inisert,  meint  Tiel- 
leicht  weil  er  ein  junger  Doktor  wire,  es  dirllo  kein  Dok- 
tor lernen,  wie  sum  in  unsem  Heim  Gottes  Hanse  hano> 
halten  soUto.  Selch  HeAübrt  bedreugt  riol  fmner 
Leute!'' 

Wie  schwer  haben  doch  dem  getreuen  Mann  die 
stidter  Wincn  auf  dem  Henen  griegen!  Daa  Zeugnia 
Simrbendoa  Mhmnt  do^  das  stidtisdlie  Begiment  und  den 
Grafcn.  der  »dmi  jungen  Dekiai^  entUefs,  wusentlieh  n 
entiaslen.  Bin  geridiüi Aes  ToithSr  wurde  nur  die  leidon- 
sehaftficho  Aufregung  der  Partoien  goitia^wt  haben 

Mit  dem  Heimgung  Lutho^s  schien  der  cA  bedroht» 
Friede  lu  Grabe  getragen.  BoMh«!  Schritles  nahte  die 
Zeit,    ve   um  die  hddwtmi  Binsitie,    an^  um  Flrslonhtte 


Qnf  Günther  der  Keich 


a  SrinAizbarg, 


r 

^^m  'Und  Kronen  ein  verwegenes  Spiel  begann.  Sohoo  mehrten 
^^B  noh  die  Zeichen  kommender  Stürme.  Wie  Bollte  msn  ea 
deuten,  dufa  am  Bhein  wunderbare  Münzen  aus  dem  SchoCaa 
der  Erde  zu  Tage  kamen,  geschmückt  mit  einem  Cäsarenbild 
and  der  laachrift  germants  vicüa?  Auf  dem  EyffhäuEer- 
berge  aber  entatieg  aeiner  ateinerneu  Schlummaratätte  der 
Hort  deutaoher  Herrlichkeit  —  Eaiaer  Friedrich  !  Wenigitene 
ging  ein  eolcb  Oemunnal  durch  Dorf  und  Stadt  ringsum, 
nnd  ein  Au&teigen  und  Kennvn  vieler  Menachen  nach  der 
aagenumrauachten  Bergeahöhe  deutete  auf  liefe  Erregung  der 
Gemüter.     Selbst  zu  des  KurfnrBteQ  Johann  Friedrich  Ohien 


H 


dinngeu  Gedachte  v 
er  darch  eeinen  Eäi 
Dinge  erkunden. 

Der  Kaiser  aber 


irstandeneu  Kaiser,    un 
1  Ponikau    diese 


rasch    tiefa 
wundersamen 


I  Graf  Günther  eigenhändig  berich- 
tete ,  war  nur  ein  arm  Sohneiderlein  aus  der  langen  Salza. 
Früher  ob  einiger  Irrungen  mit  dem  Rate  der  Stadt  gefäng- 
lich eingeeogeu,  war  er,  wahnwitzig  und  irr,  schon  nach 
etlioben  Wochen  losgegebeo  worden.  Nocbmals  vom  Grafen 
Wilhelm  von  Henneberg  mit  unruhigen  Wiedertäufern  ins 
Gefängnis  geworfen,  hatte  man  ihn  auch  jetzt  unschuldig  be- 
funden. Als  man  ihn  in  Bürgen  Hände  geben  wollen,  hat 
der  Gefangene  BolchC's  geweigert  und  ist,  obwohl  die  Thär 
offen  gestanden ,  bei  zweien  Jahren  im  Kerker  verblieben 
Erst    vor    wenig    Wochen    in    diese    Lande    zurückgekommen, 

'    hat  er  aaf  dem    Kuffbeusischen   Berg  in    einer  Cappeln    vier 

I-Tag  und  Naeht  bei  «'inem  Feuer  gesessen.  Ala  aber  die 
'Leute,  so  dabei  wohnen,  dea  Hauches  ans  der  Kirche  inne 
worden  und  zu  ihm  gangen,  haben  sie  ihn  mit  seltsam  ver- 
wirrten Haar  sitzen  sehn  und  wunderlich  Beden  gehört,  in 
ilenen  er  sich  vieler  Königreiche  und  KaisertumB  berühmt. 
Da  Graf  Günthers  Landvoit  gerade  in  Frankeuhansen  ge- 
wesen, iat  er  gegen  Kyffhauaen  geritten  und  hat  viel  Volks  t>ei 
dem  armen  Menschen  befunden.    „Es  ist  aber  nichts,  das  eich 

L  Bu    au&ubr    und    entpoiuog    gebogen ,  gottlob  vermerkt  n 

|jaen."     {8.   A.) 


54  ^^  Oünther  der  Reiche  von  Schwarzbarg. 

Wir  sehen  aus  diesen  Vorgängen  wenigstens ,  dafs 
die  alte  Eyffhäusersage  —  den  Berg  selbst ,  nicht,  wie  oft 
behauptet  worden,  die  Kaiserpfeds  über  Tilleda  zum  Schau- 
platz ihrer  Träume  machte. 

Welch  schönen  Einblick  aber  in  die  milde  und  men- 
schenfreundliche Sinnesart  Graf  Günthers  giebt  uns  der  Ab- 
sohlufs  seiner  Mitteilung!  Frei  und  ledig  läiat  er  den  Pseodo- 
friedrich,  den  ihm  der  Landyoit  zugeführt,  an  seinem  Ho& 
gehen.  „Denn  es  ist  ein  armer,  wahnwitziger  Mensch  ohne 
Falsch  und  Trag,  der  nichts  redet  oder  thut,  das  sohädlioh 
und  gefährlich/' 

Ein  anderer  Yorfiill  regte  in  dieser  schwülen  Zeit  Tor 
Ausbruch  des  Gewitters,  das  drohend  am  Himmel  stand,  das 
Yolksgemüt  in  seinen  Tiefen  auf.  Der  junge  Spanier  Diadus^ 
tier  dem  grofsen  Eeformator  nahe  gestanden,  war  in  Neu- 
bürg  an  der  Bonau  yon  seinem  glaubensstolzen  Bruder  er- 
mordet worden.  Die  nähern  Umstände  dieser  blutigen  That 
wurden  Graf  Günthers  Unterthanen  durch  eine  Sohrift  des  Er» 
fürter  Senior  Lange  kund  gethan,  welche  derselbe  dem  Böiger^ 
meister  Ohilian  zu  Arnstadt  gewidmet  hatte^ ).  Den 
eigentlichen  Urheber  der  That  suohte  man  hier  wie  ander- 
wärts in  Rom.  Dals  ein  neuer  Kain  seinen  friedliebenden 
Bruder  Abel  erschlagen  und  ungestraft  erschlagen,  ja  den 
päpstlichen  Segen  dafür  eingeheimst,  ging  von  Mund  zu 
Mund.  Wessen  sollten  sich  die  friedliebenden  Efangelisehen 
yom  Fanatismus  des  Papsttums  versehen?  In  einem  Beimgedidit 
des  Peter  Watzdoi^  der  von  seinem  Sohösseramt  zu  Panlin- 
zella  in  seine  bürgerlichen  Verhältnisse  zu  Arnstadt  zuiück- 
^^ehrt  war,  haben  wir  Beweise  der  erregten  Yolkestimmiing. 

Doch  reifte  des  Kaisers  EntsehluTs  nur  langsam.  Die 
waohaende  Gewalt  der  Hierarchie  über  sich  zu  sehen,  gelüatata 
es  ihm  ebensowenig,  als  es  dem  Papet  um  erhöhten  Glaoz 
der  Kaiserkrone  zu  thun  war.     Erst  der  Obertritt  des  Hersogt 


1)  Hortleder,  „Vom  An€ug  vnd  Fortguig  des  Deutschen  Krieges**, 
teUt  Lmiige*s  Zuschrift  ToUstiLodig  mit 


Onf  GQatUer  dar  Reicbc  van  SctiwkrKburg.  59 


^^UCorits  —  am  14.  Juni  ward«  mtta  in  Begeosbaig  di 
^^Kdela  einig  —  bracht«  die  EnUoheidaog. 

^V  So  lange  man  den  Krieg  vortkuageieheD,  so  wirkte  doch 

^H  äie  unabweadbare  Wirklichkeit  dei  aaibreohenden  Kampfes 
■^  erschreokend  geoug.  Doch  selbst  der  Kurfürst  konnte  die 
Notwendigkeit  raichen  Handelns  niobt  Ton  aioti  weiaeo.  Peter 
Watüdoif  eobickte  dem  hohen  Uerra  nebat  einem  Gedicht '} 
eioe  TroBtsohrift  zn.  Hat  doch,  sagt  der  bescheidene  Manu 
über  sein  ktihnes  Unterfangen^  ein  meuaelein,  wie  Eaopus 
fabuliert,  etwan  den  stärkaten  leben  geholffen.  Der  Kurfdrat 
antwortete  mit  gnädigem  Dank  für  die  Ubersohioktea  Beime, 
„die  itzige  fiirhabeade  Kriegagewsrb  und  Kriegariiatung  wider 
uns  und  unsere  mitverwandten  in  der  Beligion  betreffend". 
Der  Eurfüiat  getröstet  sich  der  Hilfe  Oottes,  die  diesem  un- 
billigen, gewaltaamen  fUrhaben  gnediglich  steuern  und  wehret^ 
"  werde, 

Die  Werber  der  Bundeshäupter  durohzogOD  ganz  Deutach- 
land,  ja  selbst  im  fernen  Mömpelgart  hörte  man  ihre  Trommel, 
Während  die  geworbenen  Heiter  bei  Koasel  und  Wittenberg 
eich  sammelten,  wurden  die  Musterplätae  der  Knechte  naoh 
Thüringen  verlegt,  wo  die  Feste  Grimmensteiu  das  Verbin- 
dungsglied zwiaohen  den  hessischen  und  korsäcbsischea  Lan- 
den bildete.  Während  der  freudige  Landgraf  bei  Mühlhausen 
musterte,  lag  des  Kurfürsten  Anlauf  platz  bei  Arnstadt  zu 
lohlerahausen,  wo  die  fruchtbare  Ebene  sich  au  die  Torberge 
dea  Thüringer  Waldes  lehnt  und  die  grofae  Heer-  und  Han- 
delsatrafse,  welche  von  den  Hanaaatädten  naoh  Nürnberg 
führt,  leicht  verlegt  werden  konnte.  Auoh  liefaen  die  rüraten 
fleifaig  Reiter  achweifeu,  dem  Kaiser  etwa  zulaufende  Landa- 
knechte  aufzugreifen.  Oraf  Günther  bot  Defensionsvolk  anf 
zum  Schutz  uod  Schirm  seiner  UnterthaneD. 

Den    UuaterplStzen     der    ayaDgeliaohen    Fürsten,     nicht 


1 


< 


I)  „Trostsprüche  Allan  Chriallichen  Fürsten   wider  die  newen  Türckan 
nnd  Feinde  des  worts  Christi."     Dies  UDicnm    der  Sdnigl.  Bibliothek 
Dmdea  IrKgl  dss  Datom  „Amsud  des  Hehelen  Tiga  Julii   IGtB"  and  dla 
DntersEhrift  dsr  Voired«  „Patm  Wstidorff  in  Ärnstsd  öargei" 


I 


^  Qni  Gfinther  der  Reiche  ron  Sehwanburg. 

in  Arbeit^  dureh  Söhlige  and  Yorhma«  ihnen  den  Weg  za 
«penen.     (DonnenUiga  naeh  Petri  P«iL  S.  A.) 

Wirklich  sahen  sieh  die  Kondottiere  des  Keisexs,  xuomI 
da  sich  an  die  centrale  An&tellang  der  Bandner  nach  Osten 
und  Westen  eine  Seihe  fester  Plitie  sehlossen,  damab  ge- 
nötigt, die  geworbenen  Reitergesehwader  and  Fahnlein  ihrem 
Xriegsherm  aaf  weiten  Umwegen  saiaföhren. 

Um  so  mehr  waren  an&ngs  die  Bondeshäapter  mit  ihren 
weit  Torgesohrittenen  Bastangen  im  YorteiL  Wohlgemat 
setsten  sich  ihre  Heerscharen  in  Bewegang,  and  die  Thä- 
ringer  Berge  hallten  wider  von  den  langatmigen  liedem 
-der  tangesfrohen  Landsknechte: 

Ach  Karle,  grolsmechtiger  man, 
wie  hast  ein  spil  gefangen  an 
on  not  in  teatsohen  landen? 


Die  Bandeshfiapter,  welche  sich  bei  Meiningen  Toreinigt, 
aberschritten  am  30.  Jali  bei  Schweinfort  den  Main  and 
standen  schon  Anfisngs  Aagnsti  an  der  Denan.  Im  Oberland 
war  bei  einem  Dnrcheinander  Ton  Befehlen  and  Wünschen, 
bei  einem  Widerstreit  der  Ansichten  and  Interessen  noch 
henlidi  wenig  geschehen,  dem  Kaiser,  der  bei  Begensbnrg 
stand.  Abbrach  sa  than. 

Da  war  es  Graf  Günthers  Unterthan,  jener  Peter  Watx- 
dorf  wieder,  welcher  in  mnem  dem  Dr.  Mörlin  gewidmeten 
Beimgedichte  ,3nMÜii^ung  an  die  oberländischen  and  sechsi- 
sehen  stedte,  nach  landschaflen  der  christliehen  religion  rer- 
wandten"  für  festgesehlossenes  Znsammengehen  gegen  die  frem- 
den Nationen  mit  ihren  schmaehToUen  Lastern,  gegen  Papat 
and  Kaiser  ein  ernstes  Wort  redet.  Ja,  aach  gegen  den 
Kaiser,  der  sich  seines  Ahnen,  des  getreaen  Maximilian,  and 
seines  edlen  Wahlfürsten  Friedrichs  ron  Sachaen  darch  den 
Krieg  gegen  das  deatsche  Yolk  and  das  ETangeUam  so  an- 
kert gemacht : 


Oraf  OUntber  dar  Baiche  raa  Sahwarcburg. 

Scheuobt  niobt,  ob  wohl  der  keilet  das  beubt; 

die  weil  er  gotle»  Worten  nicht  glenbt, 

muX«  wir  den  sprocb  gebranchen  fein 

mehr  gott,  denn  ihm  gehoraam  au  sein. 
Hatte  der  Kaiser  das  Stichwort  aaigegeben,    dafs  dieser 
Kampf  mit  der  Religioo    nichts    2u    sobaffea,    ao    warnte   der 
Dichter,  solchem  Vorgeben  Olauben  zu  «cheaken : 

Im  Wie  allbereit  etliche  junge  fursteo 

^  nach  zeitlicher  ehr  begiat  zu  dürsten,  ' 

m  gtaabeu  den  kaiserlichen   Worten  fein, 

j.  u.  ..  w. 

,  Das  schon  erwähnte  Dankschreiben  Johann  Friedrioha 
fax  ein  Trostgedicht  Watzdorf«  war  dieser  Ermahnung  aa  die 
Städte  Torged ruckt. 

Gedicht  aod  Dankschreiben  kamen  znr  Kenntnis  Herzogs 
Uoritz.  Derselbe  machte  in  einer  Zuschrift  (vom  16.  Aaguit) 
seinem  Vetler  bittre  Vorwürfe,  dafs  er  einem  Arnstädter 
Särger  für  ein  Reimlied  gedankt,  in  dem  offenbar  An- 
KÜgUchkeiteu  gegen  ihn,  den  Herzog,  enthalten  seien.  Es 
lag  dem  Herzog,  ehe  er  die  Maske  fallen  liefs,  ebeoHo  viel 
daran,  als  der  Gekränkte  zu  erscheinen ,  als  wiedernm  dem 
Kurfürsten ,  dem  bösen  Vetter  jeden  Vorwand  zu  offener 
Feindseligkeit  abzo  seh  neiden.  So  unterliefs  er  es  nicht,  ob- 
wohl sein  Dankschreiben  sich  gar  nicht  uuf  das  gerügte  Ge- 
dicht befog,  jene  dem  Ueifsner  so  anstöfsige  Stelle  auf  die 
Markgrafen  Hans  nnd  Albrecbt  von  Brandenburg  und  andere 
-zu  deuten.  Watzdotft  früher  erwähntes  Gedicht  enthält  nicht 
die  leiseste  Anspielung  auf  den   Herzog. 

Es  war  das  um  die  Zeit  der  gewaltigen  Kanonade  von 
Ingolstadt,  deren  Widerhall  wir  deutlich  in  einem  Lands- 
knechtiliede  vernehmeii ; 

Mit  Kugeln  einer  den  andern  grüfst. 
Das  spil  ward  angefangen : 
Ein  grausam  schiefsau  da  erhal 
Über  die  perg  ucd  tiefe  tal, 
Die  kugeln  einher  sangen. 


Als  dm  GaMhötidoinier  aehwiegy   sog  dok  der  Kiie^ 
still  and  schlschtonlos  sa  der  Donsv  entlsiig. 

üsn  so  heftigsr  wogte  der  Kesipf  der  Gsistei^  die  isueer 
ungeftfimer  gegeaeinendir  platsteo.     IKe  StxeiHittnatiir   het 
irehl  keem  wieder  einen  lelehen  ümfimg  und  sine  soMi  tief- 
gehende Snegung   geseigt»   eis    dsmsli,     Defii   sie  ledigKah 
im  Stsnde  der  Notwehr  und  defs  tolehe  erlenht,  je  gehoten^ 
erweisen    die   BTnngeliedien   anf   die   leennigfitehste  W«se. 
Selbst  der  „Sehweixer,  der  einen  Pfeil  in  den  Amtmenn  ge- 
Bchoaien^,   wird  sagexogen«      Doeh    geht  der  Abwehr   eash 
eine    Litterstor    des   Angrifb   sur  Seite.     Ans  Wittenbergt,. 
€k»thes,   Megdebnrgs  Droekeroien   sogen   Mtinsehe  flshiiflen^ 
deren  scher^espitstes  Wort  dss  Bildnis  su  beg^ten  pflegte^ 
sshllos  wie  Wespensohwärme  in  slle  Welt. 

Der  eof  brsoiende  Zorn  trifft  in  enter  Stelle  den  Peps^ 
in  swmter  dea  Ksissr,  ia  dritter  Henog  Moritx.  Der  TealU 
het  den  Pspst»  der  P^pst  den  Ksiser,  der  Ksieer  den  Heoeg 
verfuhrt  Aber  bald  wird  der  Papst  selbst  snm  TeoÜBl,  der 
Kaiser  xn  seiner  Kneehte  Obersten,  Hersog  Moritx,  wenigsiBBe 
spiter,  xn  Jodes  IseherioL  Oft  wird  Seine  Majestit  xass 
Taasbirai  oder  xam  Büffel,  der  am  Ksseariage  oiahergefiBurt 
wird,  oder  gar  xom  Herfcnles,  der  xn  dea  Füfsea  der  Omphale 
sitxt,  oder  xom  Metxger  Toa  Flaadera,  der  die  400  Sohelh 
seines  Stalles  eiaes  nseh  dem  andern  würgt. 

Aneh  Peter  Watsdorf  sehea  wir  wieder,  diesaml  ia  aa- 
gebnndener  Bede  aad  in  soleher  eindrin^eher,  kreftrellar 
eis  in  seinen  oft  nngefngen  Beimpsaren,  anf  dem  Kempf-^ 
platz.  Wie  der  Propheten  eiaer  des  alten  Bundes  warnt  er 
ToU  heiligea  Ernstes  Tor  Abfiül  Ton  der  guten  Saehe.  In 
der  maihigea  Kraft  ümt  begrfindeter  Überxeagung  ruft  er 
das  Gewissen  seines  Volkes  wach,  fahrt  es  ihm  warnend  tot 
die  Seele,  wes  es  heilsen  würde,  su  Papst  and  Kaiser  treten« 
„Auszug  aller  FShrlichkeitea  und  Übels,  der  dch  ean  jeg- 
licher, so  in  dieser  Sache  dem  Papst  oder  Kaiser  Yorschub 
leistet,  teilhaftig  macht",  benennt  der  warme  Freund  des 
ETsngeliums  sein  Flugblatt  ^). 

1)  Zu  fiodcn  bei  Hortleder. 


lo  kurzen  iclilageDdeTi  Sätzen,  wie  Arndt  in  der  Fna» 
xosenseit ,  führt  er  den  ungetreuen  die  ganze  ongeheoH 
Sobald  vor  Augen,  die  sie  Awcch  Ksmpf  für  dos  FKpsttam 
-&nf  ihre  Seele  häufen  würden. 

MtiTtt  dann  —  ein  eohoner  Bitter!  —  auf  dich  laden 
all  die  Schande  des  Lebens  in  Domatiften  and  Klöstern  voll 
Ehebruch  und  Ünzacht ,  mofit  anf  dich  laden  die  ganze 
BSuberei  des  Papsttums  in  Ablafa,  Wucher-  und  OpfermeaBen 
und  tausend  Hiasetbateu,  tnufat  mit  auf  dich  nehmen  all  da« 
Blut,  das  das  Papsttnm  vergossen ,  allen  Uord  und  Krieg, 
allen  Jammer  und  Herzeleid,  das  es  in  die  Welt  gebracht, 
ntolat  auf  dich  laden  den  Betrug  des  Fegefeuers,  die  Oottes- 
lätterung  der  Messe,  das  Narrenepiel  des  H eiligen dieustes 
und  der  Wallfahrten  ! 

Hufat  helfen  stürzen  alles  Oute,  so  durch  das  Evange- 
linm  wieder  aufbracht  nnd  angaricht,  mufst  helfen,  dafs  nie- 
mand, wie  ea  vordem  gewesen,  das  Zehntgebot,  das  Vater 
Unser,  den  Glauben  wisse,  moTst  helfen,  dafs  man  wiederum 
an  Christi  Statt  auf  dar  Mönche  und  Pfaffen  Werk  sieh  ver- 
lasse und  ihr  Verdienst  und   Kappen    im    Sterben   kaufe. 

Mafst  auch  helfen  tilgen  and  unterdriieken  alle  deutschen 
Bücher,  die  Neuen  Testamente,  Psalter,  Betbüchlein,  Oesang- 
büohiein  und  alles,  was  von  vielen  and  guten  Dingen  ge- 
eohrieben.  Ja  muCst  all  diese  Sünde  über  dich  nehmen,  dab 
durch  diesen  pSpetliohen  'Krieg  die  Universitäten  und  Schnleo 
verhindert    und  erdrückt  werden.     0  Jammer    über  Jammerl 

Fürwahr,  die  höchsten  Güter  deutscher  Nation :  Evangelium, 
Taterland,  Freiheit,  Wissenschaft  schienen  durch  das  Bündnis 
von  Papst  und  Kaiser  auf  das  ernsteste  bedroht.  Cm  so 
heifser  waren  die  Gebete,  welche  in  den  evangelischen  Lan- 
den für  die  Heiligtümer  der  Nation  zum  Himmel  stiegen. 
Ifielbst  in  Herzogs  Moritz  Lande  wurden,  eogar  auch  für 
die  Kinderlein,  Gebetsgottesdienate  abgehalten,  in  denen  frei- 
Üoh  des  Saisers  nur  in  Ehren  gedacht  werden  durfte.  In 
Magdeburg  aber  mufsteu  selbst  an  den  Arbeitstagen  aämtliche 
Olooken    der    drei   Städte    gleiehzeitig    ihre    Stimme    erheben. 


ä 


Q2  Oraf  Oüather  der  Reiche  ron  Schwanbarg. 

dafs    das  Gebet  der   Frommen   heftig   und   gleich  in    einem, 
Sturme  cum  Himmel  dringe. 

Auch  in  der  Grafschaft  Schwarzbarg,  wo  sich  Hunderte 
Yon  Handwerk  und  Landbau  losgerisBen,  um  mit  dem  Kur* 
forsten  zvl  ziehen,  wurde  an  Wochentagen  Gebetsfeier  abge- 
halten. Graf  Günther  befahl,  „da  sich  die  Laufte  so  gefähr- 
lich und  sorglich  anlielsen  und  Verderben  des  Landes  und. 
grofs  Blutrergiefsen  zu  drttuen'^  schien,  allen  seinen  Pfarrherren 
in  Stadt  und  Land,  zwier  die  Woche  die  Litanei  abzuhaltenr 
und  das  Volk  mit  treuem  Fleifs  zum  Gebet  und  Anrufung 
des  grofsen  Gottes  anzuhalten.     (S.  A.) 

Welcher  Gefahren  und  Heimsuchungen,  auch  Tom  Heiligen» 
Vater  in  Bom,  man  sich  in  diesen  Zeiten  yersah,  dessen  giebt 
ein  beredtes  Zeugnis  ein  Ausschreiben  der  Bundeshäupter 
wegen  der  Mordbrenner  und  Vergifter,  so  rem  Antichrist 
abgeschickt.  Johann  Wilhelm,  des  Kurfürsten  zweiter  Sohn 
und  Stellrertreter,  liefs  dasselbe  nebst  den  Ergebnisseos 
scharfer  Untersuchung  wider  aufgegriffener  Walen,  die  ge-- 
kommen  die  Stralsen  in  diesen  Landen  abzusehn,  zu  brennea 
und  die  Brunnen  zu  xergiften,  in  ganz  Thüringen  yerbreiten». 
Graf  Günther  befahl  darauf  in  seiner  Grafschaft  überall  bei 
Tag  und  Nacht,  sonderlich  auf  den  Kirchen,  die  Wacht  mit 
fleifsigen  und  treuen  Wächtern  zu  bestellen,  auf  dafs  seina 
Unterthanen  yor  solcher  Gefahr  und  Beschwerung  sicher  seien*. 

Der  Krieg  ohne  Schlachten  z^  sich  in  der  Ferne  bis- 
in  den  Herbst  hinein.  Herzog  Moritz  hielt,  teils  wohl  um 
im  Fall  ihres  Sieges  sich  den  Zutritt  zu  den  Schmalkaldnem 
offen  zu  halten,  teils  auch  um  durch  kluges  Zögern  den  Preis 
seiner  Hilfe  zu  steigern,  noch  immer  eine  zuwartende  Stell* 
ung  ein.  Auch  yerband  er  sich,  ehe  er  die  Hand  nach  dem 
Kurhut  streckte,  mit  dem  König  yon  Böhmen,  um  dessen 
machtyollen  Beistands  sicher  zu  sein.  Vom  Kaiser  aber  lielb> 
er  sich  Mandate  ausstellen,  dafs  die  Harzgrafen  auf  seinen 
Befehl  ihm  wohlgerüstet  zuzuziehen  hätten.  Als  der  Kaiser 
immer  dringender  mahnte,  die  Acht  zu  yollziehen,  berief 
Herzog  Moritz  seinen  Landtag  nach  Freiberg,    wo  er  am  9*^ 


Grif  Glinlber  der  Reiche  von  SchHkTzbarg.  g^ 

Oktober  eröffoet   wnide.     Die  von  des  Herzoge  Bäten  bear- 
Ftteiteten    Stände     willigten    ia    Bändoig     und    Erbein  an  g    mit 
Böhmen  und  erklärten  es  für  wilnaoheoBvert ,  daTe  der  Her- 
bedrohten    Lande    des    geächteten    Kurfureten    vor 
,   Schaden  bewahre. 

Auch    Graf    Günther    war     perBonlich    beachriebeo,    war 

r    —    80    wenigstens    nach    epäterer   Zuschrift    an  Johaon 

•  Friedrich  — ,  sobald  er  Ternommen,  äak  daselbgt  etwae  seiner 

Kurf.    Unaden    zuwider    gehandelt    oder    beBchlosBeo    werden 

tnöohte,  nicht  erschienen.    Seine  Bäte  zwar  hatte  er  geeohioktr 

^ denselben  aber  ausdrücklich  anbefohlen,  wenn  irgend  ein  dem 
'KnrfiirBten  widrige  BesoblnfB  getafst  werden  sollte,  aladana 
nicht  za  bleiben,  nooh  la  verharren.  (8.  A.) 
Auch  hatten  die  Uarzgrafen  auf  einer  Zusammenkunft 
za  Stolberg  noch  Schritte  beratea,  wie  vialleiobt  durch 
Intervention  mächtiger  Ftirsteo  vermittelt  werden  könnte. 
Aber  Bchon  (am  3U.  Okt.)  hatten  die  Truppen  Königs  Fer- 
dinand, unter  welchen  die  wilden  HuBsern  die  gefurchte  taten 
vareo,  die  BaoheiBche  Grenze  überBchritten,  und  Herzog 
Moritz  rückte  mit  dem  Vorgeben,  seines  Vetters  Land  dem 
■Schaischen  Hause  2a  erhalten,  und  der  Beteuerung ,  dafg  in 
der  KeligioD  nichts  geändert  werden  solle,  in  Eursachien  ein. 
Die  ötfentliche  Meinung  verurteilte  das  Vorgehen  de* 
Herzogs  auf  daj  Btiengnte,  Anch  Feter  Watzdorf  giebt  in 
einer  Zuschrift')  an  den  EurfürBtliahen  Bat  von  Teutleben, 
den  er  ersucbt,  zwei  Trostgedicbte  der  Eurfuratin  nnd  ihrem 
Sohn  Johann  Wilhelm  zu  Überreichen,  seiner  Trübsal,  Angst, 
Schwermut  über  die  Untreu  dieser  Welt,  die  dem  Euiniraten 
von  seinem  eignen  Blut  nnd  Fleisch  begegnen  solle,  warmen  Aas- 
druck.  „0  trewer  got  vom  Hymel  eich  dreyn  und  straff" ! 
(2.  Nov.).    „Vermahnung  an  tentsche  Nation  nicht  zu  säumen" 

1)  Dieser   irie   die   im   weitern    Verlaufe    inlialclicb  berührten  Briefe 
I  WaWdorrs  fmdan  durch  Schnorr    »on  Karolsfeld   in   seinem  Archive   für 
argescbicble  (10.  Band,  Leipzig  1881)  ihre  Vereffentlicban) 
Wben  betrahit  nebst  zwei  Reimgedichten  Wnlzdorfi,  von  denSD 
ftals  Druck  vorliegt,  du  KOnigl.  Haupt-StBktgarchiv  EU  Dresden. 


1 


4 


ß4t  ^"^  Günther  der  Seiche  von  Sehwartburg. 

benenot  er  das  eine  der  eingelegten  ,,Lieder'^  Ein  ge* 
treuer  Eekart,  der  das  Beste  seines  Yolkee  will»  warnt 
•er   vor   den   jungen   protestantisohen   Fürsten   auf  Seite  des 


Hofirt  bey  leyb  nicht  etzlichen  farsten 
die  nach  zeeytUcher  ehr  thut  tursten. 
Ehr  die  den  kaysser  erfcurnen  tethen 
viel  lieber  sie  Gots  wort  nieht  hetten. 

Als  Herzog  Moritz  in  Eursaehsen  einrückte  und  so  seinem 
eignen  Yetter  in  den  Bücken  fiel,  wiederholte  er  seine  früher 
erfolglose  Aufmahnung  der  Harzgrafen.  Zwar  hatte  der 
Xurfürst  seine  Lehnsgrafen  verwarnt,  sich  zu  soloh  Yor- 
nehmen  nicht  bewegen,  noch  gebrauchen  zu  lassen  (Feld- 
lager bei  Giengen  den  6.  Nov.).  Aber  jetzt  glaubten  sie 
-doch,  sich  der  Aufheischung  nicht  entziehen  zu  dürfen.  In 
einem  Stolberg  den  18.  Nov.  datierten  Entschuldigungs- 
schreiben an  den  Kurfürst  machen  sie  die  unabweisbare  Not- 
wendigkeit, den  kaiserlichen  Mandaten  bei  ihrer  unleugbaren 
Lehnspflicht  gegen  den  Herzog  Folge  zu  leisten,  zu  ihrem 
Besten  geltend,  „wie  dann  E.  Ef.  Gnade,  von  Gott  mit  eon- 
^erem  hohen  Yerstande  begnadet,  selbst  gnädiglioh  zu  er- 
achten wissen".  Die  Harzgrafen  wollen  aber  —  das  ein- 
zige, was  sie  noch  thun  können  —  hohe  Stände  um  Inter- 
-eession  angehen,  dals  mit  Yerleihung  des  Allmächtigen  die 
Beschwerung  im  Beich  ein  Ende  nehme  (S.  A.).  Aber  selbst 
der  friedliebende  Kurfürst  war  zur  Einsicht  gekommen,  dafs 
die  Sache  denn  doch  nur  durch  Spiefse  und  lange'  Stangen 
zum  Austrag  gelangen  werde. 

Wieder  liefs  Graf  Günther  in  seinem  Lande  umschlagen 
und  eilends  ein  Fähnlein  und  40  Beisige  dem  Herzog  Moritz 
zuführen.  So  geschah  es  denn,  dafs  seine  Knechte  und 
Beiter  sich  im  Kriegswetter  feindlich  gegenüberstanden. 

So  manche  Stadt  öffnete  dem  Herzog  mit  überraschender 
Schnelligkeit  ihre  Thore.  Die  Hussem  aber,  und  darunter, 
wie  man  sagte,  viel  heidnische  Türken,  waren  mit  ihren 
langen    Streitäxten    und    gewaltigen   Spiefsen   der   Schrecken 


1 


EGraf  fläntlier  dar  Roicbe  van  Schvanburg.  35- 

uern-     Ilir   weite i   Bei ter gewissen   ichoate   nicht   daa 
1  der  armen  Witib,  aai  ganze  DoFfschafteo  flilohtetea 
Tor    den    wilden  Gesellen    in    die  Wälder.     Ein  B&ngen  und 
Zagen  ging  duTch  Sachsen  und  Thüringen.     In  diesen  Zeiten 
dumpfen    Bchreekens     hörte    man    einen    neuen    Weok-    und.  ^^J 
K    Wäohterrnf  Peter  Watzdorfa:  ^^H 

^P  Seid  getrost,  aeid  getroel,  lieben  Christen,  ^^^| 

H  erschrecket  nicht  fürs  teufeb  listen!  ^^^| 

Seine  „trewe  Vermahnung  an  alle  christlichen  Stände" 
warnt  vor  Abfall  und  Verrat,  warnt  die  Hauptiente,  ihre 
Kriegeselire  für  Geld  zu  verkaufen,  warnt  den  Adel,  um  ein 
«uppen  sein  ewiges  Erbteil  dahiozugeben,  warnt  die  Bürger, 
flieh  von  ihrer  frommen  Obrigkeit  loszusagen,  Watzdorf 
mahnt  die  Bauern,  ein  Herz  und  starken  Mut  zu  fasian,  die 
Fürsten,  auf  Adel  und  Kriegsleute,  die  bei  dem  Kaiser  besser 
zu  fahren  hoffen,  ein  achtsam  Aug  zu  haben,  die  Prediger, 
dem  gemeinen  Uann  mit  Unereohrockenbeit  und  Glaubens- 
freudigkeit  voranzugehn,  mahnt  alle  Stände  zu  wahrer  Lebens-. 
besseniDg. 

Seine  treue  Vennahnang  sebst  einem  Liede  dem  an- 
greifenden Volke  zur  Freude  sendet  Watzdorf  Buch  dem  Kur- 
fürsten in  der  Ferne  au  (18.  Nov.).  Sein  mit  Sorgen  be- 
ladenes  Gemüt  unterwindet  sich  dabei,  ihm  sein  Bedenken 
über  den  Krieg  im  Oberlande  zu  eröffnen.  Hat  doch  der 
Allmächtige  wider  den  Propheten  Balaam  durch  eine  Eselin 
geredet  und  den  Philistinisoheii  Qoliat  durch  den  kindisohes. 
David  erschlagen! 

Watzdorf  mahnt,  die  Vernnnft  bei  der  Stärke  zu  ge- 
brauchen, den  Feind  nicht  zu  veraohten,  noch  weniger  zu 
Tersehonen.  Denn  der  vorgebliche  Kaiser  ist  ein  guter  Kriegs- 
mann,  der  sieh  vieler  Gunst  bei  dem  Adel  und  den  Kriegs- 
lenten  erfreat,  des  Adels,  der  mit  dem  Waidwerk  and  andern 
Gerechtigkeiten  bei  dem  Kaiset  besser  zu  fahren  meint,  der 
Eriegeleute,  denen  er  alle  Zeit  Arbeit  giobt. 

Will  der  Kaiser,  wie  das  Gerücht  in  Thüringen  and 
uhsen  geht,  sein  Winterlager  gen  Nürnberg  legen,  um  von 
!  XVI.  5 


4 


QQ  Graf  Günther  der  Reiche  von  Schwarzborg. 

solch  gewaltigem  Haus  den  Krieg  in  die  Harre  zu  spielen^ 
Dentschland  anszusaugeD  und  müde  zu  machen,  so  sollen  die 
Fürsten  sich  in  die  Mainstifter  legen,  sich  auch  den  Anritt 
in  Augsburg  aasbedingen,  die  Meifsner  und  Thüringer  auf 
mahnen,  wenn's  an  Mannschaft  gebricht  Sie  würden  den 
gemeinen  Mann  überall  gehorsam  finden  und  willig,  den  geist- 
lichen Ständen  „wäydlich  das  Gonterrere  zu  8ingen'\ 

Ja,  Sachsen  und  Thüringen  aufzuheisohen,  dafs  man  sich 
bewehre  und  zum  Ernste  schicke,  sei  in  jedem  Falle  anzu- 
raten. In  Arnstadt,  obwohl  es  sechshundert  Bürger  zähle, 
seien  zur  Zeit  nicht  fünfzig  bewehrte  Mannen  zu  finden. 
Während  der  Adel  dem  Evangelio  vielfach  zuwider,  sei  auf 
die  Städte,  auf  den  von  Gottes  Wort  ergriffenen  gemeinen  Mann 
voller  Yerlafs.  „So  wehr  alsdann  mit  e.  churf.  g.  vettern,  der 
sich  meyns  Verstands  mit  eynnehmung  e.  ehr.  g.  landes  zcnmal 
vorgesslieh  und  unvetterlich  heldet  auch  ubereyn  zcu  kohmen 
und  die  czeche  von  Leyptze,  Dressden,  Annenberg  und  anderm 
seinem  guten  land  bezahlt  zu  nehmen.  Der  Allm echtige 
wolle  e.  ehr.  g.  gluck,  siegk,  gedeyhen  und  sogen  gebenn 
und  die  feinde  zcum  schemel  seyner  füsse  legen,  das  sie  zcu 
schänden  und  yn  yrem  würgen  erwürget  werden,  darzow 
helff  der  ewige  Got.     Amen,  Amen !" 

Während  so  der  getreue  Mann  sich  mühte,  die  Volks- 
kraft  in  Stadt  und  Land  für  das  bedrohte  Evangelium  und 
für  das  Vaterland  wach  zu  rufen  und  in  diesem  Sinne  auch 
auf  Johann  Friedrich  einzuwirken,  ergab  sich  in  dem  kur- 
fürstlichen Land  eine  Stadt  nach  der  andern,  öfters  ohne 
nur  den  blasenden  Trompeter  zu  erwarten.  Bald  lag  Kur- 
sachsen zu  den  Füfsen  des  Siegers,  und  nur  Wittenberg  und 
Gotha  weigerten  die  Übergabe. 

Da  erhob  der  Amstädter  Volkssänger  noch  einmal  seine 
Stimme.  Sein  „new  Lied  und  Vermahnung"  rief  das  deutsche 
Volk  zur  Rettung  Wittenbergs  auf,  des  Hortes  des  Evan- 
geliums, der  theueren  Hochschule,  der  Zufluchtsstätte  der 
Kurfürstin  Sibylle: 


Graf  Günther  der  Reiche  von  Schwarzbarg.  67 

Wittemberg  und  schlofs  Gothe 
dem  setzt  man  itzund  zu; 
der  fürst  leidt  selbst  auch  notbe 
und  hat  gar  wenig  rah, 
man  tracht  ihm  nach  seim  lande, 
nach  ehr  und  allem  gnt, 
farwahr  es  ist  euch  schände, 
dafs  ihr  nicht  retten  thut. 


Mit  Herzog  Moritz  geht  er  scharf  zu  Gericht  und  nennt 
ihn  des  Teufels  Bitter  und  Soldat,  dessen  glatten  Worten 
niemand  glauben  dürfe.  Der  Herzog  blieb,  trotz  aller  Be- 
mühungen um  die  Gunst  der  öffentlichen  Meinung,  der  Ver- 
räter. Er  kannte  die  Wirkung  der  Flugschriften  und  Lieder, 
aber  sein  Bestreben,  diese  Litteratur  des  Widerstands  zu 
unterdrücken,  blieb  erfolglos.  Ob  er  gegen  Peter  Watzdorf 
vorgegangen,  entzieht  sich  unserer  Kenntnis. 

Stand  der  Arnstädter  Bürger  mit  kühner  Unerschrocken- 
heit  ungeteilten  Herzens  auf  Seite  der  Bündner,  so  war  und 
blieb  Graf  Günthers  Stellung  zwischen  den  sich  bekämpfen- 
den Gewalten  eine  höchst  mifsliche.  Seinen  Kanzler  Rein- 
hardt und  den  Rat  Schneidewin  entsandte  er  an  des  Kur- 
fürsten jungen  Sohn,  der  stellyertretend  für  den  abwesenden 
Vater  die  Regierung  führte,  mit  der  Meldung,  wie  er  Herzog 
Moritz  habe  Zuzug  leisten  müssen ,  wie  er  aber  persönlich 
mitzureiten  abgelehnt  und  sich  mit  Leibes  Unvermögen  ent- 
schuldigt. (W.  A.)  Kaum  dafs  er  damals  wufste,  wo  er 
seine  auf  entgegengesetzter  Seite  stehenden  Mannschaften  zxi 
suchen  habe. 

So  schickte  er  seinen  zweiten  Sohn  in  das  Heer- 
lager Johann  Friedrichs  im  Süden,  seinen  Rat  Oswald  von 
Totleben  an  Herzog  Moritz  und  den  böhmischen  Feldhaupt- 
mann Sebastian  von  Weidemühl.  Dafs  das  Kriegsvolk  der 
Harzgrafen  noch  bei  Merseburg  stehe,  konnte  er  bald  nach 
Stolberg    melden,    aber    nicht,    wohin   sie    geschickt   werden 

6* 


gg  Oraf  Günther  der  Reiche  von  Schwanburg. 

sollten.  (8.  A.)  Doch  wissen  wir,  dafs  dieselben  nach 
Langensalza  gelegt  wurden. 

An  der  Donau  war  es  noch  immer  zu  keiner  Schlacht 
gekommen.  Ungenutzt  liefsen  sich  die  Sohmalkaldner  den 
Vorteil  der  gröfsem  Truppen  zahl  entgehen.  Der  Kaiser, 
welcher  ihnen  in  seinen  Kommentaren  manch  groben  Schnitzer 
zu  Lasten  legt,  liefs  bei  der  ersten  Kunde  vom  Einmarsch 
der  AohtsToUstreoker  im  sächslohen  Kurlande  Viktoria 
sohieüsen.     Er  hatte  das  Spiel  gewonnen. 

Als  der  Kurfürst  von  der  Besetzung  seines  Landes  sichere 
Kunde  erhielt,  rüstete  er  zum  Aufbruch.  Wahrscheinlich 
auch,  dafs  er  seine  Landsassen  und  Lehnsleute  nicht  einmal 
zurückzuhalten  vermochte,  während  daheim  ihre  eignen  Be- 
sitzungen überwältigt  wurden.  Graf  Günther,  frühzeitig  in 
Kenntnis  gesetzt  vom  drohenden  Anzüge  des  zürnenden 
Lehnsherrn,  schickte  zween  seiner  Bäte  Reinhardt  und  Witz- 
leben ihm  entgegen,  ihn  durch  dringende  Vorstellungen  zur 
Milde  zu  stimmen.  Johann  Friedrich  liefs  aber  des  Grafen 
Gesandte  in  Banden  legen  und  also  verstrickt  mit  sich  führen. 
Der  Graf  liefs  noch  in  aller  Eile  um  Erledigung  bitten.  Nur 
durch  Abgünstige  verunglimpft,  könne  ihm  solche  Ungnade 
begegnen.  Er  bittet  seinen  Lehnsherrn,  ihn  zu  unter- 
thäniger  Verantwortung  gnädigst  kommen  zu  lassen.  „Denn 
ich  kann  und  weifs  mich  in  alle  dem,  damit  E.  K.  G.  wider 
mich  bewegt  sein  mag,  als  ein  ehrliebender  Graf  mit  Be- 
stand und  Grund  zu  verantworten. '^     (S.  A.). 

Wenige  Tage  vor  Weihnacht  stand  der  Kurfürst  in 
Thüringen.  Wohl  in  Eisenach  erhielt  er  eine  Zuschrift  seines 
getreuen  Watzdorf,  welche  ihn  seines  herzlichen  Frohlockens 
versichert,  dals  er  „wieder  zculand  kohmmen'',  und  zugleich 
eine  Fürbitte  für  seine  seit  zween  Jahren  beim  Kurfürsten 
verunglimpfte  Heimatsstadt  einlegt.  Er  versichert  dem  hohen 
Herrn,  wie  die  Bürger  allzumal  (ausgeschlossen  eyn  wenigk 
bäbstisch  unzcyffers)  ihm  von  ganzem  Herzen  geneigt  und 
Leib  und  Leben  für  ihn  einzusetzen  stets  willig  seien. 

Vorwärts  getrieben   durch  sittliche  Entrüstung  über  den 


I 


» 


böeen  Vetter,  getragen  von  der  Gunst  der  öffentlichen  Mei- 
nung, ungehindert  durch  Kücksichtsnahnie  auf  Mitverbündete, 
eroberte  Johann  Friedrich  an  der  Spitze  wo  hl  geschulter 
Krieger  in  kürzeater  Zeit  nicht  nur  seine  eigenen  Lande 
wieder,  sondern  drang  auch  siegreich  in  die  seines  veihalsten 
Gegners  ein. 

Der  erßte  Schlag,  welchen  er  dem  Feinde  beibrachte, 
war  die  Einnahme  von  Langensalza  und  die  Gefangennahme 
der  Truppen  der  Harzgrafen  am  24.  Dezember  ').  Es  war 
keine  freudige  überraschnug ,  welche  der  Heilige  Abend  für 
Graf  Günther  brachte.  Vom  Kurfürsten  entboten,  auch  für 
die  Guter  und  Landschaften,  so  er  vom  Herzog  Uoritz  eu 
Lehen  trage,  ihm  sofort  die  Pflicht  zu  leisten  ,  ihm  getreu, 
gewärtig  und  hold  zu  sein,  hielt  es  der  Graf  für  das  Gerat- 
nere,    sich  nicht  einzufinden. 

Über  Tamsbrück  und  Ebeleben ,  von  wo  er  eine  Pro- 
klamation erliefs,  ging  des  Kurfürslen  Zug  nach  Soaders- 
hansen.  Eh  war  am  Tage  der  unschuldigen  Kindlein,  am 
2S.  Dezember,  dafa  Johann  Friedrich  die  üntorherraohaft  der 
Grafschaft  in  Pflicht  und  Gelübde  nahm ,  den  liäteu  des 
Grafen  anbefuhl,  sich  fortan  Kurfürstliche  in  der  Grafschaft 
Schwarzbarg  verordoete  Räte  zu  nennen,  und  eine  Brand- 
BChatsnng  von  150U0  Gulden  auferlegte.  Auch  die  andern 
Harzgrafen  —  doch  zogen  Albrecht  von  Mansfeld  und  sein 
Sohn   Vollrad  mit  dem  Kurfürsten  —  hatten  zu  büfsen. 

Während  der  Graf  entflohen  ,  war  die  Gräfin  Elisabeth, 
nachdem  sie  Kleinodien  und  Schmuck  vor  den  Kriegsleuten 
in  der  Grünau,  dem  schwarz  burgischen  Hefe  zu  Erfurt,  in 
Sicherheit  bringen  lassen,  zurückgeblieben  und  gab  in  sturm- 
bewegter  Zeit  Beweise  ihres  mutvollen  Sinnes  und  warmer 
Fürsorge     für   ihre  Unterthanen.     Dem  Kurlüraten,    der    auf 

t)  Ob    danials    auch     ein    Sohn    Or&f    QliDthers    mit    einem    j^Dgem 
;    Grafen  von  Hanifeld  nad  iweeD  Hohnateiner  Orftfen  in  FeindesgeTriit  ge- 


I  ^fallen ,    wie    dia  Mitteitungen    über    disae  VorgÜDge 


r  Zeltaebrift  Um 


I   bericbten   (6.  J>brKiin 


ingarode    187S),  dkrUber  U 


70  ^*f  Günther  der  Reiche  von  Schwarzburg. 

dem  Sohlofs  übemaohtete ,  erwies  sie  alle  Ehren.  Dem  ab- 
ziehenden Kriogesherrn  schickte  sie  aber  ein  Bittschreiben 
nach,  in  dem  sie  um  Ermäfsigang  des  auferlegten  Sohntzgeldes 
einkam ,  da  ja  die  Eriegaleute  trotz  aller  Salvagardieu  manch 
Dorf  geplündert  und  übel  beschädigt.  Doch  hat  Johann 
Friedrich  den  dringenden  Bitten  der  hohen  Frau  nicht  Kaum 
gegeben.  Denn  es  liegt  eine  Quittung  über  den  Gesamt- 
betrag dieses  Schutzgeldes  vor,  wenn  auch  in  derselben  der 
Gfrafschaft  Schwarzburg  alle  ihre  Kegalia,  Privilegien,  Frei- 
heiten ,  aller  Gebrauch  und  Gerechtigkeiten  yom  Kurfürsten 
ausdrücklich  gewährleistet  werden.     (S.  A.) 

Wo  der  Graf  in  diesen  Zeiten  geweilt,  entzieht  sich 
unserer  Kenntnis.  Die  Gräfin  schreibt  an  den  Kurfürsten, 
wie  sie  Donnerstags  nach  Ihrer  Ghf.  G.  Abschied  zu  Son- 
dershausen sich  eigner  Person  zwei  Tagereisen  erhoben, 
ihren  Herrn  und  Gemahl  zu  suchen,  sie  könne  aber  bei 
ihren  gräflichen  Ehren,  Gewissen  und  Seelenseligkeit  anzei- 
gen, dafs  sie  ihn  nicht  antroffen,  noch  eigentlich  wisse, 
wo  er  sich  jetzt  aufhalte.  Sie  hätte  aber  gleichwohl  ihre 
Diener  hin  und  wieder  verschickt,  die  ihn  suchen  und,  wo 
sie  ihn  fänden,  aller  Sachen  berichten  sollten,  da  er  dann 
gehorsamst  erscheinen  würde.     (S.  A.) 

Des  Kurfürsten  rascher  Siegeszug  ging  über  das  Städt- 
lein Kindelbrüok,  das  er  seinen  Leuten,  da  die  Batsherren 
ihm  nicht  mit  der  Bitte  um  Schonung  entgegengekommen, 
zur  Plünderung  überliefs,  gegen  die  Teste  Heldrungen,  die 
aber  wohl  noch  vor  des  Kurfürsten  Ankunft  sich  an  den 
Grafen  von  Mansfeld  ergeben.  Auch  der  Wendelstein ,  das 
feste  Haus  derer  von  Witzleben ,  ergab  sich  in  die  Hände 
des  Siegers.  Selbst  Halle  zögerte  nicht  mit  seiner  Über- 
gabe, und  schon  am  4.  Januar  umritt  nach  altem  Brauch  der 
Burggrafen  Johann  Friedrich  den  Boland  am  roten  Thor. 

In  Halle  wird  der  Kurfürst  das  demütige  Schreiben 
Graf  Günthers  empfangen  haben,  in  dem  dieser  den  erbitter- 
ten Lehnsherrn  zu  beschwichtigen  sucht.  Mit  beweglichen 
Worten    legt   er    es  demselben    dar,    wie    er  ja  nicht  umhin 


Graf  GünttieT  der  Beiclie  ran  Schwanbtug. 


rgekoDDt,  dem  Herzog  Uoiitz,  dam  er  mit  Pflichten  und  Eiden 
verwandt  and  zugethau ,  aaf  desBen  Erfordern  einige* 
Volk  snzuführeii.  Dah  er  e»  aber  mit  Laat  und  Willen  ge- 
than ,  dessen  wiase  er  eich  vor  Gott  und  Welt  entschuldigt. 
Oraf  Oüuther  eriunert  an  seia  treues  Verhalten  und  leine 
HtetH  bereite  DieDBtwilligkeit  uud  spricht  die  herzinnige  Bitto 
aas,  daTs  der  Kurfurat  eeiue  Unschald  ansehe  uud  sieh  gegen 
ihn  selbst,  wie  gegen  Unterthanen  za  keiner  Ungnade  be> 
wegen  lasse,  dafa  er  eeins  armen  Uate  des  Oefängnisaes  ent- 
ledigen und  sein  und  derselben  gnädiger  Herr  stets  sein  und 
bleiben  möge. 

Schlieislich    wolle  der  Graf,  nachdem  er  von  Land  und 
Leuten    habe    weichen  und  sein  armes  Weib  und  kleine  un- 

t«iEOgene  Eindlein  im  Elend  sitzen  lasBcn  müssen ,    dieaelbea 
in    das    Erbarmen    dea  Allmächtigen    und    in  Seiner    Ohr.  Q.l 
Sohnts  demütigst  und  unterlhänigst  empfehlen.  I 

Ala    ihres    tiatten    dehmiitiges    läohreiben     nicht    eiumaE 
einer  Antwort  gewürdigt  worden  war,  machte  sich  die  üräfln 
selbst   auf,   um    daroh    einen    ruTdlali    das    Herz    dea   Kur- 
^  forsten    zn  erweichen.     Doch  auch  der  Grätiu  gegenüber  ur* 

klärt    sich    der  Kurfürst    zur    Rückgabe    der    Ürafsohat't    nur 

tdann  bereit,  wenn  sich  Graf  Günther  binnen  acht  Taguu  per- 
sönlich stelle  und  auch  für  den  Teil  seines  Landes,  so  er 
von  Herzog  Moritz  zu  Lehen  trage,  die  Huldigung  leiste.  1 
GrafUUnlher,  der  nich  wohl  vorzusehen  hatte,  blieb  aui,  ■ 
wandte  sich  aber  an  Kurfürst  Joachim  von  Brandenburg  und 
bat  am  dessen  Vermittlung.  Doch  so  willig  und  rasch  sioh 
dieser  durch  einige  eeiner  abgeaandten  Käte  lür  den  Urafeu 
verwandte,  so  blieb  doch  Johann  Friedrich  bei  seiner  Wei- 
gerung und  zwar  aus  Ursachen,  dafa  er  von  seinem  Lager 
I  der  Donau  aus  Graf  Günther  ao  gut  uls  die  auderu  Hnrz- 
grafen  gebeten  und  treulich  verwarnt,  Herzog  Moritz  irgend 
I  Hilfe  zu  leisten,  dafür  aber  von  diesem  wie  von  jenen 
I  nur  spitzige  und  unziemliche  Briefe  empfangen.  Ho  müsse 
nun    bei    persönlicher    Huldigung    auin  Uuwendan    hubeD. 


^72  ^^'^^  Günther  der  Reiche  von  Schwarsburg. 

Da  riet  Kurfürst  Joaehim  sdfost,    die  Sache  fär  jetzt  ruhen 
zu  lassen. 

Es  will  kaum  sohmnen,  dafs  der  Kurfürst  sich  der  GhrSfiu 
gnädiger  erzeigt,  als  dem  Grafen.  Wenigstens  fanden 
ihre  wiederholten  Bittgesuche  um  endliche  Freigabe  ihrer 
Ter^trickten  Bäte  und  ebenso  ihrer  Beisigen,  die  «uerst  in 
Langensalza,  alsdann  in  Waltershausen  und' Eisenach,  zuletzt 
in  Nordhausen  lagen,  durehaus  keine  Erhörung.  Die  Gräfin 
mahnt  dieselben  öfters  zur  Sparsamkeit,  damit  sie  der  Land- 
schaft keine  unnötigen  Kosten  aufbürdeten.  Auch  yerlangt 
sie  eine  feste  Ordnung,  was  die  Wirte  zur  Frtihsuppe,  zum 
'Mittag,  Yesperbrot  und  Abendmal  den  Beisigen  und  ihren 
Knechten  zu  reichen  hätten.  (S.  A.)  Auch  dem  Grafen 
TOn  Stclbei^  und  andern  Harzgrafen  wurde  auf  wiederholtes 
Gesuch  um  Freigabe  ihrer  Beiter  kein  gnädiger  Bescheid. 
„Wenn  die  Beiter  noch  Tcrstrickt,  so  sei  es  ihre  Schuld» 
Brauchten  nur  Pflicht  und  Huldigung  zu  thun,  so  würden 
sie   losgelassen  wie  die  Beiter  des  Grafen  yon  Beinstein"  ^). 

Der  Siegeszug  des  Kurfürsten,  der  auch  yon  seine» 
Vetters  Land  den  grölsern  Teil  sich  unterworfen,  kam  vor 
Leipzig  zum  Stehen.  Mit  dem  neryus  rerum  ging  es  zur 
Neige,  und  selbst  Kirchengerät  wanderte  zur  Prägstätte.  Auch 
die  Amstädter  Münze  wurde  in  Beschlag  genommen. 

Der  GraÜBchaft  wurden  selbst  nach  Zahlung  der  Schätzung 
neue  Kriegssteuern  auferlegt.  Auch  yiel  Mannschaft  ging  den 
Belagerern  yerloren.  Um  so  weniger  liefsen  des  Kurfürsten 
Befehle,  ZuEug  zu  leisten,  auf  sich  warten.  Die  Gräfin  aber 
erklärte  es  für  gänzlich  unmöglich,  solchem  Gesinnen  nach- 
zukommen. Soweit  sie  nicht  gestorben  oder  krank,  seien 
das  Fähnlein  Fufsyolk  und  die  40  Beisige,  die  der  Graf 
gestellt  und  yon  der  Herrschaft  Arnstadt,  als  des  Kurfürsteui 
Lehen,  unterhalten  lassen,  in  Seiner  Gnaden  Zuge,  und  eben- 
so yiel  habe  man  auf  kaiserlichen  Befehl  dem  Herzog  Morifs 
zugesandt.     Was    könne   die   erschöpfte  Grafschaft,  die  auch 


1)  Vergl.  Zeitschrift  des  Harzvereins. 


Oraf  Günther  der  Reiche  von  Schwarsburg.  73 

die   gefangenen   Beiter   zu  erhalten ,   noch  weiteres  tragen  ? 

(B.  A.) 

Kooh  in  den  letzten  Tagen  der  am  28.  Januar  anfge* 
Itobenen  Belagerang  Leipzigs,  während  welcher  die  frommen 
Landfkneohte  dranfsen  für  Johann  Friedrich ,  drinnen  fiir 
Hersog  Moritz  ihren  Sang  erhoben,  erschienen  schwarzbur- 
gieehe  Bäte  im  kurfürstliohen  Lager.  Als  aber  dieselben 
heimwärts  wollten,  wurden  sie  von  Herzogs  Moritz  Streif- 
■oharen  aufgegriffen  und  in  die  Stadt  geschleppt.  Kaum 
benachriehtigt^  entsandte  die  Gräfin  reitende  Eilboten  an  den 
'Hauptmann  Christof  von  Ebeleben  zu  Leipzig,  einem  der 
tüdhtigsten  Diener  Herzogs  Moritz,  der  diesem  in  Krieg  und 
Frieden  grofse  Dienste  geleistet.  In  ihrer  Zuschrift  bat  sie 
den  einflnüsreichen  Herrn,  womöglich  ihre  Diener  loszumachen 
and  die  Zehrungskosten  auszulegen.  Seines  Bruders  Hans 
Haoäfinni  zu  Ebeleben  werde  sie  sofort  die  Auslage  zurück- 
entatten.  Einem  Boten  solch  Geld  zu  übergeben ,  sei  zur 
Zeit  ein  gar  gefährlich  Ding.  Aber  noch  um  Sonntag 
laetare  bat  die  Gräfin  yergebens  um  Entlassung  ihrer  Diener. 
So  mufste  sie  yon  beiden  kriegsführenden  Parteien  gleich 
fnodBelTjge  Behandlung  ihrer  Beamten  erfahren.     (S.  A.) 

In  diesen  Zeiten  der  Konflikte  sprach  die  Öffentliche 
Meinung  nach  wie  vor  für  Kurfürst  Johann  Priedrich.  Herzog 
Moritz  klagte  es  seiuem  Partner,  König  Ferdinand,  wie 
er  seinen  eigenen  Unterthanen  nicht  mehr  trauen  könne, 
die  dem  Kurfürsten  zuliefen.  Es  sei  ein  allgemeiner  Auf- 
stand im  Lande  zu  befürchten ,  dessen  Brand  leicht  weit 
hinausgreifen  könne.  Bei  Ranke  finden  sich  noch  andere- 
Zeugnisse.     Des  Herzogs  Klage  im  Landsknechtlied  i 

Mit  falschem  Gdicht 

mein  widerpart 

nach  seiner  art 

mein  sach  thut  gar  verderben 
richtet  sich  wohl  auch  wider  Peter  Watzdorf,  der  seine  tief-^ 
begründete    Anhänglichkeit    an    den    Kurfürsten    und    seine- 
Sache  fort  und  fort  erwies. 


74  ^'*^  Günther  der  Beiche  von  Schwarsburg. 

Für  die  verfeindetea  Vettern  war  damals  das  Verhalten 
der  fränkischen  Stände  von  wesentlicher  Bedeutung.  Liefsen 
sich  dieselben  von  Moritz,  der  es  an  Versaohen  nicht  fehlen 
liefs,  oder  von  König  Ferdinand,  der,  yom  erwachenden 
Hussitentnm  bedroht,  eigenhändig  an  die  Bischöfe  schrieb, 
oder  vom  Kaiser  selbst,  der  Zuzug  für  seinen  heranrückenden 
Partner  Albrecht  Alcibiades  beanspruchte,  zu  einem  entschie- 
denen Voji^ehen  gegen  die  Bündner  bestimmen,  so  war  es 
wohl  schon  damals  um  den  Kurfürsten  geschehn.  Watz- 
dorf  entsandte  deshalb  ins  Frankenland  „seine  treue  Ver- 
mahnung und  Verwarnung^'  etc.,  sich  in  dieser  fährlichen 
Zeit  wol  fürzusehn  und  nicht  verhetzen  zu  lassen  ^). 
Weshalb  sollten  doch  die  Franken  gegen  den  Kurfürsten, 
aus  dessen  Lande  sie  so  viel  Erholung  ihrer  Nahrung,  aus 
dessen  Hochschule  sie  manchen  feinen  Mann  bekommen  und 
der  ihnen  kein  Leids  gethan,  da  er  doch  Land  und  Leute 
einnehmen,  behalten  und  plündern  können ,  zu  Felde  liegen 
und  fremden  unzüchtigen  Völkern,  welche  der  Kaiser  wider 
Recht  ins  B.eich  geführt,  Hilfe  und  Vorschub  leisten  ?  Is^ 
Luther's  Schrift  an  den  Adel  deutscher  Nation  in  den  Wind 
geschlagen  worden  —  wie  riel  Bluts  war  unyergossen 
blieben !  —  so  hofft  doch  Peter  Watzdorf ,  daÜEi  jetzt  sein 
treues  Vermahnen  nicht  ungehört  verhalle  (Sonntags  nach 
Epiphanias). 

Ob  das  Wort  des  Ehrenmannes  bei  den  Bischöfen,  an 
die  es  vor  allen  gerichtet,  eine  gute  Stätte  gefunden,  bleibe 
dahingestellt,  zumal  da  sich  der  Arnstädter  Bürger  erkühnt, 
auch  für  Kirchen besserung  ein  gut  Wort  einzulegen,  und  es 
für  kein  Unglück  erachtet,  wenn  ein  Thumherr  eine  schöne 
Maid  oder  einen  Jagdhund  weniger  habe.  Doch  haben  die 
fränkischen  Stände  stille  gesessen. 

Wo  aber  weilte  Graf  Günther  in  diesen  Zeiten  ?  Die 
Gräfin  selbst,  wie  wir  sehen,  wufste  es  nicht  oder  durfte 
es  nicht  wissen.     Doch  ist  er  in  Nürnberg  gewesen,  wo  der 


1)  Zu  finden  bei  Hortleder. 


Oraf  Gfinther  der  Reiche  von  Schwarsburg.  75 

Xaiaer  lein  Lager  hielt  und  hat  demselbeo ,  der  damals,  ein 
kranker  Mann,  niemand  Tor  sich  liefsy  durch  den  Bischof 
TOn  Anas  sein  Leid  geklagt  und  dafs  er  seines  Schadens 
«rgötst  werden  sollte  gute  Vertröstung  erhalten.  Ein  Ge- 
lätabrief  aber  der  Gräfin  Elisabeth  von  Henneberg,  geb. 
IfarkgiäfLn  von  Brandenburg,  vom  23.  Febr.  1547  spricht 
.aioh  dahin  aus,  dafs  ihr  freundlich  lieber  Oheim  und  Schwa- 
iger, Graf  Günther  Herr  von  Schwarzburg,  wohlbedachten 
Mutes  sieh  entschlossen,  sich  in  ihre  Leibzucht  (Münden) 
JEU  begeben  und  dort  für  sein  Geld  zu  zehreu.  Soweit  sich 
dieselbe  erstrecke,  und  wo  es  Sr.  Liebden  nur  immer  am 
.gelegensten,  will  sie  ihn  wohl  geschützt  und  beschirmt 
wissen,  doch  dafs  er  mit  seinen  Dienern  sich  geleitlich  ver- 
.halte.     (S.  A.) 

Aber  die  Schmalkaldner,  noch  nicht  zu  Boden  geworfen, 
lieCsen  allenthalben  auf  Günther  von  Schwarzburg  fahnden. 
'So  mofste  derselbe  wie  ein  Geächteter  flüchtig  sein  und  sich 
an  der  Westgrenze  des  deutschen  Keiches  in  Sicherheit  brin- 
^D,  wo  ihn  Graf  Jakob  von  Zweibrücken  und  Bitsch  Schutz 
.und  Schirm  gewährte.  Graf  Günther  der  Kelche  war  jetzt 
<3raf  Günther  der  Arme,  der  nicht  einen  Fufs  Landes  sein 
<eigen  nennen  konnte. 

Daheim  aber  waltete  sein  Gemahl,  ihren  XJnterthanen 
^ne  ebenso  treue  Mutter  als  ihren  Kindern,  klugen  und  mut- 
Tollen  Sinnes  und  zeigte  sich,  obwohl  ihrer  Bäte  beraubt, 
doch  wohl  beraten  und  allen  Anforderungen  einer  schweren 
2eit  gewachsen.  Wurde  endlich  der  Junker  von  Witzleben 
Mai  Fürbitte  der  Gräfin  Katharina  zu  Rudolstadt  seiner  Ban- 
den ledig,  so  rief  Gräfin  Elisabeth  die  Vermittlung  Herzogs 
Xmst  von  Braunschweig  an,  dafs  der  Kurfürst  den  sohwarz- 
^burgischen  Kanzler  Dr.  Reinhard  und  ebenso  ihre  Beisigen 
«ndlich  freigeben  wolle.  Den  Grafen  Yolrad  von  Waldeck 
aber,  der  der  Katharina  Tochter  Anastasia  gefreit  und  jetzt 
das  beteidingte  Ehegeld  von  der  Grafschaft  heischte,  be- 
stimmte sie  sich  zu  gedulden,  da  ja  ihr  Herr  yon  Land  und 
Xeuten  in  das  exilium  gejagt  und  alle  ihre  XJnterthanen,  mit 


76  Graf  Gfinther  der  Reiche  von  Schwarsborg. 

Heereskraft    überzogen,     dem    Kurfürsten     holden    müsBen.. 
(8.  A.). 

Immer  noch  liefs  die  letzte  Eotscheidung  der  Dinge  aof 
sich  warten.     Der  Earfürst,  welcher  seine  Heeresniaoht  nicht 
bei  einander  behalten,  konnte,  wohl  auch  yon  der  Jahreszeit 
yerhindert,   den  Krieg  gegen  den  Vetter,    der  so  tückisch  in 
sein  Land  gefedlen,  nicht  zum  siegreichen  Ende  fahren.    Nicht 
die  Feinde,  sondern  die  Freunde  in  seiner  Umgebung  inachteb 
dem  getreuen  Watzdorf  Tag  und  Nacht  Sorge  und  Betrttbnis,^ 
da   die   Bitterschaft,   die   im   feindlichen   Heerlager    Brttdery. 
Schwäger^    Freund   hatte,  nach    seiner  Ansicht  wohl  nie  zu. 
entschiedenen  Yorgehn  rate  und  sich  willig  zeige.    Der  Feinde- 
aber  yerschonen,  zumal  solcher,  die  Oottes  Wort  zu  dämpfen 
sich  befleifsigen,    obwohl   von   ihnen    ein  Mäntelein   darüber 
gehänget  und  eine  andere  Färb  angestrichen  wird,  schreibt  er 
an    seinen    Kurfürsten,    ist    eine   schädliche   Gütigkeit ,    „die 
billig  eyn  mutwillige  lassigkeit  zcu  achten''. 

Er  erinnert  den  Kurfürsten  an  ein  Wort  seines  An- 
vaters,  Herzogs  Friedrich:  „Ich  wil  nicht  kriegk  anfähen 
fecht  aber  eyner  an,  so  sol  das  auffhören  bey  mir  stehenn. 

Je  weniger  Verlafs  auf  die  Ritterschaft,  um  so  mehr  möge 
der  Kurfürst  die  Unterthanen  und  alle  Liebhaber  des 
göttlichen  Wortes  aufrufen,  wobei  er  den  gemeinen  Mann 
gehorsam  und  willig  erfinden  werde,  damit  man  den  Feind 
hinten  uud  vorn  umbringe  und  zwinge. 

Also  einen  Volkskrieg  in  Tollem  Sinne  des  Wortes,  der 
aus  den  national-religiösen  Strömungen  der  Zeit  seine  Kraft 
ziehen  solle,  rat  der  „seines  Vermögens  zur  Vertilgung  der 
Feinde  mit  Leib  und  Gut,  Feder  und  Zunge  jederzeit  dienst- 
liche'' Mann. 

Je  rascher  sich  die  Stände  des  Oberlandes  nach  Abzug 
der  Bundeshäupter  dem  Kaiser  zu  Füfsen  gelegt,  je  mehr  der 
Landgraf,  ohne  Vertrauen  auf  seinen  unzuverläTslichen  Adel 
und  ohne  sittlichen  Halt,  zum  schwankenden  Rohre  wurde, 
desto  mehr  wandten  sich  die  Sympathien  im  ganzen  Eibge- 
biete dem  Kurfürsten  zu,   in  dem   man   den  Hort  des  Evan-- 


,  aJD  Büitzaug  ßotteH  sah.  Dieser  aber  w&i  niobl 
^er  Mann,  alles  an  alles  zu  setzen,  die  deutsohe  Yolkskraft  anf- 
eurafen,  Karl  tod  Geot,  dem  ei  den  Kaiiertitet  abgeaprochen, 
BUS  dem  Keioh  zu  drängen.  Doch  holte  er  noch  einmal 
«rfvlgreioli  zu  einem  kralligen  Schlage  atts. 

Vom  bedrängten  Herzog  Moritz  mit  des  Kaisera  Willen, 
herbei  gerufen,  war  der  wilde  Markgraf  von  Kulmbaoh  naohi 
Boohlitz  vorgedrungeo.  Die  Schreckenskunde  eilte  wie 
Flügeln  des  Windes  nach  Thüringua.  Gräfin  Elisabeth 
Sohwarzbnrg  hiefa  eilends  ihre  Amtaleute  auf  die  Heiter  und 
Knechte,  so  von  Rochlitz  irre  gingen,  fein  acht  haben  und 
deifsig  Meidang  thun.  (8.  A.)  Bekanntlich  aber  vergafs 
Aloibiades  über  fröhlichen  Tans  am  Hofe  der  „Eirke",  über 
Lanzenstechen,  Würfelspiel  und  Becberklang  anch  die  näohsten 
Gebote  der  Torsicht.  Ein  rascher  nächtlicher  Überfall  brachte 
ihn  in  die  Hände  des  Kurfüraten.  Der  Orimmenstein  nahm 
deo  Gefangenen  auf,  während  seine  Knechte,  weifse  Stäbe 
itatt  der  Waffen  in  der  Hand,  ohne  Ehre  und  ohne  Beute 
heimwärts  trollten.  „Qode  sy  laff,  dat  wy  eu  hebben"  schrieb 
Volkmar  von  Manafeld  seinem  Bruder. 

Der  Frühling  kam  ins  Land,  Der  Kaiser  brach  auf. 
He  Früchte  seiner  „politischen  Strategik",  wie  es  Bänke 
nennt,  in  einem  leichten  Siege  einxuheimsen.  In  Egei 
feierten  Kaiser  Karl,  König  Ferdinand,  Kurfürst  Moritz  — 
■0  dürfen  wir  ihn  nennen  —  unter  altkirohliobem  Pomp 
du  Oit erfest.  Yen  Eger  aus  wurde  auch  die  Ächtung 
Johann  Friedricha  wiederholt,  die  FUrschub  und  Förderung 
des  Achters  aufs  sirengste  verpönte.  Dann  ging'e  nordwärts. 
Als  die  Wetter  näher  eogen,  gedachte  Johann  Friedrich 
die  Pässe  zu  verlegen.  So  erhielten  die  Hauptlente  Goldacker 
und  Meusetbach  Befehl,  sich  auf  das  Schlofs  Arnstadt  zu  be- 
geben, sich  doirt  mit  Futter  und  Mahl  wohl  unterhalten  zu 
lassen  und  achtzuhaben,  „dafa  nicht  Verdächtige  zu  Hofs 
und  Fnfs  durch  und  für  Arnstadt  überschleifen  möchten". 
■  Die  Gräfin  Elisabeth  aber,  die  solche  Beschwerung  ihren 
kllDtiBrihanen  ersparen  mochte,  Bohrieb  Mittwochs  in  der  Oster- 


4 


78  ^^  Günther  der  Reiche  von  Schwarzburg. 

woche  an  jene  Herren,  doch  Ton  solch  Vorhaben  Abstand' 
nehmen.  Sie  selbst  wolle  sich  nach  Arnstadt  begeben  und' 
nach  dem  Rechten  sehen.     (8.  A.). 

An  der  Elbe  ging  das  Eriegsspiel  zu  Ende.  Der  böse 
„Oeleitsmann''  yerriet  die  Fnrt.  Dem  zarückweichenden 
Kurfürsten  schickte  Moritz,  der  Schimpf  und  Schuld  eines 
blutigen  Ausgangs  von  sich  abwälzen  mochte,  mit  dem  An- 
erbieten seiner  Verwendung  beim  Kaiser  den  Junker  Christoph 
Ton  Ebeleben  nach.  Dieser  wackere  Edelmann,  der  sich  von 
seinem  Herzog  für  die  Schlacht  den  wildesten  Hengst,  den 
Ungnaden,  zum  Streitrofs  erbeten,  bemühte  sich  yergeblich 
um  Vermittlung.  Ein  kurzer  Zusammenstofs  —  und  um 
Johann  Friedrich  war  es  geschehen.  Es  war  der  Sonntag 
misericordias  domini,  der  ihn  und  seine  Lande  in  die  Hände 
der  Sieger  gab.  Wie  drei  Grafen  von  Gleichen,  fielen  auch 
von  Graf  Günthers  Lehnsleuten  gar  manche  in  Feindeshand,^ 
darunter  der  Junker  yon  Witzleben  aus  Angstedt.  Drei  Tage 
lang  stand  die  Sonne  blutrot  im  Nebel  der  Loohauer  Heide^ 
von  der  die  geschäftige  Legende  alsbald  Besitz  ergriff. 

Solch  jähen  Falles  war  sich  der  „alte"  Kurfürst,  wie  er 
oft  nun  heilst,  gewifs  nicht  vermutend.  Noch  in  der  Oster- 
woche  liefs  er  die  Gräfin  Elisabeth  in  Sondershausen  au  die 
„Defensionssteuer''  mahnen ,  deren  folgender  Termin  um 
Pfingsten  entrichtet  werden  solle. 

Die  Kaisertage  von  Halle  kamen.  Die  Geschicke  vieler 
deutscher  Fürsten  entschieden  sich  da.  Graf  Albrecht  von 
Mansfeld  und  seine  Söhne  wurden  geächtet.  Verwüstend 
fiel  ihr  Feind,  der  wilde  Hake,  in  ihr  Land.  Gefangene 
wurden  ledig,  Freie  verstrickt.  Der  Markgraf  Albrecht  Alci- 
biades  kam  frohlockend  vom  Grimmenstein ,  der  Landgraf 
Philipp  aber  war  bald  ein  gefangener  Mann.  Christoph  von 
Ebeleben  hatte  ihm  einen  gnädigen  Kaiser  verheifsen ;  dem 
deutschen  Edelmann  ist  das  Herz  gebrochen  über  die  spa* 
nische  Tücke,  deren  er  sich  nicht  versehen. 

Verjagte  kehrten  heim.  Noch  am  dritten  Pfingsttag 
wufste  Gräfin  Elisabeth  von  Schwarzburg  nicht,  wo  sie  ihren 


0«Hi«lil  an  aaehen.  Vom  Biaoliof  von  AngsboTK  mat  dtn 
Tng  TOR  Ulm  beachiedea,  konnte  aie  aein  panönlieti  Kr- 
•ebein«n  oder  Vertretuos  nicht  veTbärgeD,  dm  ihr  4»r 
AnfentlMÜt  des  toh  L&nd  und  Leuten  Tertriobeneo  Unfan 
dnrchuu  onbekanat     Iß.  Ä.). 

Aber  da«  St.  TrialUtiifest  hat  Graf  Giiiitbor  in  Hall« 
mit  begaDgeo.  In  dem  Vertrage,  in  welchem  der  Kuser  duK 
Kurfürsten  and  desien  Söhoen  die  Thüringer  Ämter  snwiei, 
vnrde  ausdrücklich  featgesetzt,  dafs  Gral'  (liinther  mit  seiner 
Lehnsohatl  aasgeEchloBien  sei.  So  war  er  l'ortao  auch  für 
Arnstadt  ein  Lehoemann  des  Denen  Eurfnrsteo.  Uan  kann 
Dicht  sagen ,  dafs  (Jraf  Ofiatheir  und  sein  Adel  der  tuf- 
geheoden  Sonne  zugejauchzt. 

Ueror  die  Uräfin  Klis&beth  die  Zügel  des  Begiments 
wieder  in  die  Hände  ihree  znrüokkehrenden  tiemshU  legte, 
gab  sie  noch  Beweise  mutvoller  Enlsohlosaeuheil  in  gefahr- 
vollen Zeiteo.  Dar»  kaiserüche  Völker  vom  Lager  vor  Witten- 
berg BUS  nach  Thüringen  brächen,  dafs  wieder  Hussem  and 
ander«  Reiter  streiften,  war  nach  Sondershauseo  gemeldet 
-worden.  Alsbald  gab  sie  ihren  Vaaalleu  üefehl,  aafBUsit^en 
und  dem  Unheii  sa  wehren.  Auch  dafs  Herzog  Moritz  sich 
aofmaohte  den  Thumshira,  der  nach  Thüringen  wich,  zu 
verfolgen ,  kam  Ueldung.  Da  schickte  sie  eilends  Oswald 
von  Tottieben  in  das  Lager  von  Borna,  um  100  Salvaguar- 
dien  sn  lösen.  Die^e  Schntzbriefe  liefs  sie  alsbald  in  be- 
drohten OrtHohaften  anschlageo  und  noch  beHondera  darauf 
bemerken  :  Diesem  Dorfe,  Graf  Günther  von  Sohwarzburg  ge — 
hörig,  ist  Sichening  gegeben.     (8,  A.), 

Kaiserliche  Kommiasare  haben  Graf  Günther  zuriickge- 
inhrt  und  in  sein  Begiment  wieder  eingesetzt.  Leider  fehlen 
nähere  MitteiloiigeD. 

Doch  darüber  lassen  nns  die  Nachrichten  nicht  in 
Zweifel,  dafs  der  Graf  viel  Wichtiges  ku  erlodigoii  fand  und 
manch  dringender  Veriiflichlung  naoheukonimon  war.  Auch 
der  letzte  Tennin  der  an  Graf  Volrad  roii  Waldeck  eu  ent- 
richtenden Bhesteaer  stand  vor  ilnr  TtlUr.     DMlin  am  B.  Janl 


n 
4 


gQ  Oraf  Günther  der  Beicbe  von  Sehvarsburg. 

1546  war  Yolrads  Hoohseit  mit  Anastasia  Ton  Sohwarsborg 
auf  dem  alten  Haas  zu  Waldeck  gefeiert  worden.  Oraf 
Günther  selbst  hatte  ihr  beigewohat,  and  aoadrüeklich 
stand  in  den  Weimarischen  Verträgen,  dafs  innerhalb  Jahres- 
frist nach  der  Vermählung  Zahlung  zu  erfolgen  habe  ^).  War 
wegen  des  Kriegs,  obwohl  er  Oraf  Volrad  selbst  grolÜBe  Be- 
drängnis gebracht,  noch  weitere  Frist  gegeben,  so  yerlangte 
Oraf  Oünther  nun  seinerseits  noch  vor  Überweisung  der 
Gelder  eine  eidlich  und  mündlich  gegebene  Verzichtleistung 
auf  alle  weitern  Ansprüche,  die  an  den  Grafen  und  die 
'Grafschaft  etwa  noch  gemacht  werden  könnten. 

Aber  mit  übereinstimmender  Entschiedenheit  lehnten 
Gräfin  Katharina  und  ihre  Töchter,  lehnten  deren  Vormünder 
und  Graf  Volrad  diese  Anforderung  ab,  obwohl  Oraf  Günther 
wiederholt  geltend  machte,  dafs  solches  von  Alters  her  in 
Schwarzburg  der  Landesbrauch  und  er  zu  keiner  bedenk- 
lichen Neuerung  die  Hand  bieten  könne.  Auch  begehre  er 
damit  keineswegs,  „dafs  sein  mümlein  zukonftiger  todesfelle 
und  erbschafft  verzihenn  solt". 

Die  Sache  kam  an  die  sächsischen  Herzöge  Johann 
Friedrich  den  Mittleren  und  Johann  Wilhelm,  die  beide  Par- 
teien auf  einen  Tag  zu  Weimar  luden,  auf  dem  Gräfin 
Slatharina  denn  anch  persönlich  mit  ihrem  kampfgewandten, 
schlagfertigen  Beirat  Melchior  von  Ossa  erschien,  während 
Graf  Günther  sieh  durch  seinen  Kanzler  Dr.  B.einhardt  und 
seinen  Amstädter  Amtmann  Christoph  von  Enzenberg  yer* 
treten  liefs. 


1)  Vergl.  Irmisch,  „Zur  Familiengeschichte  der  6r&fin  Katharina  der 
Heldenmütigen'*  im  Be^emngs-  und  Nachrichtsblatt  für  das  Fftrstentum 
Schwarzburg-Sond.  1876.  Diese  trefifliche  Abhandlang,  welche  sich  in 
erster  Beihe  auf  die  Urkunden  des  Fürstl.  Archivs,  in  zweiter  auf  von 
Langen,  Melchior  von  Osse,  auf  Prasser's  Chronicon  Waldecense  und  Yarn- 
hagen's  Grundlage  der  Waldeckschen  Landesgeschichte  stützt,  zeigt  die- 
selbe liebevolle  Hingabe  und  wieder  dieselbe  kritische  Schärfe  der  Unter- 
suchung, welche  der  berühmte  Morphologe  auch  den  kleinsten  Organismen 
des  Pflanzenreichs  gegenüber  zu  erweisen  pflegte. 


Unter  dem  Yaiiitze  der  Hersoge  aelbit,  die  üoh  ] 
MDem  Krame  rechtskundiger  Räte  uod  andeiH  voroelimw 
Harren  amgKben,  fanden  Tom  9.  bia  11.  Jnli  151B  mit  leb- 
hftfteiD  OaDg  die  VerhaDdliuigea  statt. 

Dafa  die  juoge  Oräfi.D  zwar  mit  dem  leibliohQD  Eide  in 
TBrißhODen,  aber  nach  GmpfaDg  der  Ebeeteuar  samt  daa 
VormBudem  und  ihrom  Gemahl  einen  Bchriftlichea  Yarzioht 
(deren  Wortlaut  beiden  Teilen  zuvor  zugestellt  worden)  neben 
der  Quittung  eigenhändig  ea  Tollsiebii,  lautete  die  letzte  BnW 
eoheidung. 

Da  so  dem  Orafeo  Günther  die  genunsehte  Siohetheit 
und  zwar  mit  dem  auadrilok liehen  Zugeetänduis  gegeben  war, 
wie  solch  BttT  Bchriftliche  V erzieh tieiatung  zu  keiner  Ein- 
führung Tür  die  Zukunft  gereichen  eoUe,  so  gab  er  Befehl  zur 
Auszahlung  der  Gelder,  die  er  tarn  Erweis  seiner  Willigkeit 
sehen  längere  Zeit  bei  dem  Bat  zu  Erfurt  deponiert  hatten 
Freilich  war  es  die  Grafschaft,  die  für  die  sogenannte  Fraulein- 
steuer aufzukommen  hatte. 

Katharina  und  ihre  Töchter  nebst  Graf  Yolrad  trafen 
am  18.  Juli  eq  Arnstadt  ein,  um  hier  das  Geld  in  Empfang 
zu  nehmen.  Nicht  im  Sohlofa,  sondern  bei  dem  HentmeisteE 
Sigismond  von  Witzlebeu  fand  die  KeisegeseliBohaft  gastlich« 
Aufnahme,  und  der  Rat  der  Stadt  beeilte  sich,  den  hohen 
Gasten  eine  Ehrengabe  an  Wein  und  Forellen  darzubringen, 
wie  auch  der  Gräfin  Anastasia,  welche  im  Arnstädter  Schlosse 
du  Lieht   der  Welt    erblickt,    manche    Franen    ihren  Besuch 


Am  19.  hörte  man  iu  der  Bonifacioskirohe  die  Predigt, 
in  welcher  auch  Kaiser  Karls  Terh alten  gegen  Korfürst 
Johann  Friedrich  Eur  Sprache  kam.  Die  Liebfrauenkirche 
mit  dem  Grabmal  Heinrichs  von  Schwarzburg,  des  ver- 
itorbenen  Gemahls  Katharina  der  Heldenmütigen,  wurde  be- 
sichtigt. Atadonn  wurde  die  »oben  zuvor  unteraeioboete  Ver< 
ziohtsurkunde  mit  einem  tdd  dem  Arnstädter  Goldachmied 
I  Lftsams  neu  gefertigten  Siegel  voraohriftsmäfBig  besiegelt. 

Aber  siehe!  Graf  Günthers  Vertreter,  der  Amtmann 
XVL  6 


g2  ^f*^'  Günther  der  Beiehe  ron  Schwarzborg. 

Enzenberg  and  der  Rat  Schneidewin,  trogen  Bedenken,  die 
Urkunde  anzunehmen ,  da  sieh  radierte  Stellen  mit  neuer 
Niedersohrift  in  derselben  yorfanden.  Doch  gelang  es  durch 
das  Versprechen,  eine  neue  Urkunde  nach  Arnstadt  zu  sen» 
den,  zuletzt  noch  dem  Grafen  Yolrad,  diesen  Zwischen&ll  zu 
erledigen. 

Während  Yolrad  und  Anastasia,  welche  der  Abschied 
Ton  der  teuren  Mutter  sehr  niederbeugte,  Ton  Arnstadt  nach 
Waldeck  reisten,  begab  sich  die  letztere  zu  ihrer  Schwester 
Walpurgis,  die  mit  ihrem  Gemahl,  Graf  Karl  von  Gleichen^ 
zu  Kranichfeld  Residenz  hielt. 

Sehen  wir  noch,  wohin  diese  Ton  der  Grafschaft  Schwarz- 
burg aufgebrachte  Ehesteuer  ihren  Weg  genommen. 

Graf  Yolrad,  ein  feingebildeter,  sprachenkundiger,  dem 
Evangelium  treu  ei^ebener  Herr,  der  bei  dem  Regensburger 
Beligionsgespräch  als  Landgraf  Philipps  Bevollmäohtigter  dem 
glaubensstolzen  Malavenda  kühn  die  Stirn  geboten,  hatte  ins- 
besondere noch  des  Kaisers  Ungnade  und  Zorn  auf  sich  ge« 
zogen,  weil  er  im  Schmalkaldischen  Kriege  seinem  Lehnsherrn 
Fähnlein  und  Reiter  geschickt.  Der  Kaiser  wollte  ihn  nicht 
als  hessischen  Lehnsträger,  sondern  als  Reichsgrafen  ange- 
sehen wissen,  und  Kanzler  Granyella  legte  dem  nach  Augs» 
bürg  Entbotenen  eine  GeldbuTse  von  8000  Gulden  auf.  Auch 
Abbitte  und  FuTsfall  vor  dem  zürnenden  Kaiser,  dem  er 
nicht  einmal  ins  Antlitz  schauen  durfte,  hatte  er  zu  leisten. 
„Das  war  der  Ausgang  des  Trauerspiels'^  schrieb  der  hart 
Betroffene  in  sein  Tagebuch.  „Doch  der  das  Leben  gab, 
wird  auch  das  Geld  noch  geben.''  Nur  um  vier  Wochen 
später  wurde  ihm  zu  Arnstadt,  was  er  nötig  hatte.  Bald 
lag  die  Fränleinsteuer  in  der  Hand  des  kaiserlichen  Schatz- 
meisters. 

Wenden  wir  uns  von  diesem  erregten  Familienzwiste  wieder 
zu  den  weltgeschichtlichen  Yorgängen  der  Zeit,  so  finden  wir 
den  siegreichen  Kaiser  im  Saalthal  aufwärts  nach  dem  Süden 
ziehend,  ohne  dafs  er  zuvor  Magdeburg  und  andere  aufstän» 
dische  Städte  des  Nordens   in  die  Bande   des  Gehorsams  zu- 


liBeatia«  ScfcHMnia  m  mH  ihm  ttkomnea.     üater  M«r- 
U«bea  OcpfinK»  criUatt  ■«rite  iem  Ksriwt  mal  mäb    Jbd«*« 
Hupt  gaMaU. 
^^_  Doch  aof  dvHMUMB  KeielMtag»  noeb  tnoIUe  Graf  Gttnlhw 

^^H  NU  iea  udmi  Hmgraftm  geg«D  d«B  De««'ii  Kurninl«» 
^^H  Mttan  Klage  erfaaben,  wi«  d«ndb«  mit  kllarin  X»ii*runK 
^^^  g«gen  ite,  die  Onfea  de«  HdUgeo  Rm«hw,  TOr)t«he  and  «i» 
■a  ihren  Herkommen  aal  j«gli«h»  Weit«  varhinder«  aiul 
Terkfine.     In  der  Thal  aoheiot  U«riU,    tiunentlioh  auch  w« 


^  Graf  9!4^th^  der  Beic^  von  Sotiwaribarg. 

^r  in  die  lehD^hogTrlioheii  Baolpie  de»  gefungenen  KmrfÜ»»|#a 
^ti^ty  diMelb^B.  9Ahn^  wie  jenar»  n«r  sielbewnifiter  einge- 
föhlagen  m  l^J^^ii»  welche  xör  roHßn  Abhängigkeiit  dar 
L^JfikffpcB^en  führen  ^ollt^^.  Jpjf,  w^v  4iet  Tielieicht  d%»  einzige 
^ß^<^%  ^ojiüßohßi  Tli^gkeit»  «gif  dem  die  Terfirindetaü  YeUwa 
dieselben  Weg^  gingen. 

ITnn  hatten  aber  die  ül^hüxinger  Gxafen  unier  der  Go9#t 
dar  Zeityerhältnisse  sich  eine  yiel  feiere  Stellang  zn  wahren 
gewnTst^  ^lB  d^r  Hodmlel  der  Mark  liaifsen,  welohen  kräftig 
waltende  Fürsten  stets  nledai^ehalten.  Einielnefi  wie  nament- 
liqh  Graf  Günther,  standen  in  anmittelbarem  Verhältnis  zum 
Beichy  Yoif  dem  sie  auch  Lehen  trogen,  und  wolsten  soi^sam 
die  Yorteile  zu  wahren,  welche,  ihnei^  diese  Beiohsonmittel- 
bi|^it  den  Bestrebungen  der  Wettiner  gegenüber  aar 
Hand  gab. 

Kurfürst  Moritz  suchte  diase  Beziehungen  der  Lehns- 
grafen  zu  Kaiser  und  Beich  auf  jede  W.eise  zu  lockern  und 
womöglich  die  letzten  Fäden  durchzuschneiden,  welche  die- 
selben mit  dem  Beich  verbanden,  Qagegen  sollten  diese 
Grafschaften,  fest  eingi|fügt  in  das  Kur-  und  Herzogtum 
Sachsen,  das  sie  bekreise,  beschleuÜBe,  bezirke,  wie  es  ihußn 
Schutz  und  Schirm  gewähre,  auch  diß  Kosten  der  Landsohaft 
mittragen,  die  Landeshoheit  der  sächsischen  Fürsten  yoll  an- 
erkennen und  sich  durch  dieselben  dem  Beich  gegenüber  Ter« 
treten  lassen. 

So  sahen  sich  die  Harzgrafen  noch  während  des  Beiohs- 
tages,  der  Moritz  die  Kurwürde  brachte,  genötigt,  Kaisar 
Karl  „als  einen  gütigen,  milden  Kaiser'^  bittend  anzurufen, 
dafs  er  sie  bei  ihren  alten  Begalien,  Privilegien,  Freiheiten 
gnädigst  schütze,  handhabe  und  bleiben  lasse.  Qfraf  Günther 
war  es,  der  seip  uo mittelbares  Verhältnis  zu  Kaiser  und 
Beich  am  eifrigsten  wahrnahm  und  mit  Ijlntschiedenheit  gelr- 
tend  machte,  wie  er  und  seine  Vor&hren  dem  heiligen  Böm. 
Beiche  die  Steuer  zu  Bofs,  Fufs  und  Geld  s^ts  ungehindert 
geleistet,  zumal  er  nur  da^  wenigem  Orts  bei  Sachsen,  des 
gröfsern  beim  Kaiser  und  andern  Fürs^n  zu  Lehen  geheu 


I 


I 


Der  Angiburger  fieichitag  aber  apraob  sich  dkhin  aus, 
dsTs  diese  Irningea  an  die  Ort  and  End,  dahin  sie  ihreT  Art, 
I1«tnt  and  Gelegenheit  nach  gehörig  (das  Beiofaskammer' 
gerieht)  za  weisen  seien.  Dem  Kurfüntea  Moritz  nnd  seineo 
Bäten  Bchiea  ea  iodeBsen  dooh  bedenklich,  sich  io  das  Beoht 
20  begeben,  und  sie  hielten  es  rdc  das  Geratenere,  den  Lehns- 
grafen  in  Thüringen  bei  anderer  {Gelegenheit  erfolgreicher 
beizokommen. 

Dafa  es  sich  aaf  jenem  Reichstage  za  Angsburg  noch 
am  ganz  andere  Dinge  handelte,  als  um  die  politische  Ge- 
staltung Dentschland»,  i«t  bekannt.  Kaiser  Karl  erblickte  in 
TJniformität  der  kirchlichen  Lehre  und  des  Kultus  ein  aH' 
entbehrliches  Bindemittel  für  den  stolzen  Bau  seiner  Welt- 
monarohie,  in  welcher  dem  Deutschen  Beiche  uud  seinea 
FüratoQ  nur  eine  bescheidene  Bolle  ingedacht  war.  Das 
Aagsbaiger  Interim ,  sein  eigenstes  Machwerk ,  sollte  die 
protestantischen  Stände  mit  gebundenen  Händen  wieder  in 
den  Bann  der  alten  Mutterkirohe  zurücktuhien.  Denn  diese 
Tcrläufige  Abmachung  bis  zu  dem  in  Aussicht  geetellleti 
Eoniil  mutete  im  Grunde  deu  Ständen  gegen  die  kleinen 
Zugeständnisse  des  Laienkelohs  und  der  Priesterehe  nichts 
Geringeres  zu ,  als  das  Opfer  des  kaum  zarüctcgewonneneo 
Evangeliums. 

Je  mehr  ein  allgemeinea  Widerstreben  den  Plänen  des 
Kaisers  in  den  Weg  trat,  um  so  rühriger  erwies  sieh  der- 
selbe, seinen  Witleu  deu  einzelnen  Bfiichsst&ndeu  gegontibei 
nnein geschränkt  durchzu setzen. 

„Demnach  bevehleu  wir  dir  hiermit  ernstlich",  heifst 
et  in  der  kaiserlichen  Zasohrift  an  Graf  Günther  tod 
Bchwarzbarg  (d.  30.  Juni  1547),  „das  du  dieselbe  Ordnung, 
••  wir  dir  hierueben  in  lateinischer  und  teutscher  spraoh 
T«fertiget  zusohioken,  daselbst  bei  dir  in  all  deiner  graff- 
•^afften,  herrschaflsii,  derer  atlben  ubrlghait  utid  gopieten 
aileothalben  verkündau  laisari,  diesnlb  tKlnslnhan,  und  bey 
dtänai  untertthaneu,  hlnileriiM*«!!  iiuil  larwamltra  i 
tnd  darob  hallten  wollest". 


gg  Oraf  Günther  der  Reiche  von  Schwarsbarg. 

Naoh  mehrfachem  Schriftenweohsel  erklärte  sich  Graf 
Günther  am  8.  Janaar  1649  in  einem  Antwortsohreiben  an 
den  allerdnrohlauchtigsten,  grofsmächtigsten,  unüberwindlich- 
sten Kaiser  zu  grofsen,  ja  bedenklichen  Zugeständnissen 
willig. 

Wie  in  seiner  Grafschaft  von  der  Eechtfertigung,  dem 
Glauben,  der  Liebe,  guten  Werken,  von  dem  hoohwürdigen 
Sakramente,  dafs  der  Leib  und  Blut  Christi  wahrhaftig  darinnen 
sei,  das  Volk  reohtsohafien,  zum  allertreulichsten  und  fleifsig- 
«ten  gelehrt  und  unterrichtet  worden,  berichtet  Graf  Günther 
«dem  Kaiser  und  insbesondere,  dafs  auch  bei  der  Taufe  die 
alten  Ceremonien,  wie  der  Exorcismus,  nicht  aufser  Brauch 
kommen,  noch  die  Friyatbeichte  und  Absolution,  noch  auch 
die  üblichen  Kirohenkleidungen  und  Geschmnck. 

Darüber  hinaus  habe  er  seinen  Pfarrern  befohlen,  die 
heilige  Messe  vom  Kyrieeleison  —  der  Graf  führt  alle  Be- 
standteile derselben  gewissenhaft  auf  —  bis  zum  Ende  roll- 
ständig  abzuhalten.  So  sei  er  nun  femer  im  Werk,  die 
Hören  der  Kanoniker,  wo  Stiftungen  seien,  und  in  Pfarrkirchen, 
i/ro  Schulen  vorhauden,  die  Mette  und  Vesper  und  andere 
Ton  Alters  geordnete  Gesänge,  die  mit  dem  Hauptartikel  der 
Eechtfertigung  in  Einklang  stünden,  wieder  einzuführen. 
Auch  sollen  die  Fasten  fein  eingehalten  werden.  Ausdrück- 
lich sei  noch  den  Pfarrern,  Predigern,  ja  allen  Unterthanen 
die  Verfügung  gegeben,  gegen  Ihrer  Kaiserlichen  Majestät 
Ordnungen  nicht  zu  schreiben,  zu  predigen  oder  zu  lehren. 
Ähnliche  Anmahnnngen  wie  vom  Kaiser  trafen  auch 
vom  Erzbischof  von  Mainz,  wenigstens  in  betreff  des  wich- 
tigen Stiftes  Jeohaburg,  zu  Sondershausen  ein.  Dafs  die 
Gottesdienste  alter  löblicher  christlicher  Gewohnheit  gemäts 
abgehalten,  die  diyina  desto  statUicher  exequiert  und  voll- 
zogen werden  könnten,  solle  Graf  Günther,  dem  aus  Fäbst- 
licher  Heiligkeit  Begnadigung  zu  präsentieren  zustehe,  die 
Präbenden  und  Kanonikate  nicht  unbesetzt  lassen  (S.  A.). 

Weniger  nachgiebig  gegen  des  Kaisers  Wünsche  in  Be- 
ziehung auf  das  Interim  zeigte  sich  die  Gräfin  in  Eudolstadt. 


H      ]f«r 


>  M  ia   ^  Onilhrilii  JbM  IHlta 


^n  HiMT  r«Hl»  Hf  itoaa  B^Imib  bn^  «wm  m  ■ 


4i^  VW  ■fliiftiltii.  *m4 


^b^  ■•  ^«  Talk  hiM 
iaiMn    Wi   kM«  FaA- 


E  ZntiBib  pates  SeM 


■  ■■■U      Sd  «m  nrai 

m  11.  Jak»  Mit  «■■« 
««Tite.  d>ikah«kcs 


I  TT  I  iiiiiiii  ^iWi^ 


MMrflM    4w  iafcTM   IMS  nigt    im  nw  kU« 


r  t$fM«r.  it»»  }u  4»f  tifintm  W^ohMM«  n  ■ 


gg  Graf  Gftntlwr  der  Reiche  Ton  Scbwarzborg. 

pflegte,  ftberwaehte  aeitweilig,  eine  gestienge  Zuehtmeisterio^ 
Btadien  und  Sitten  ihret  Söhne.  Auch  bednrfte  der  jüngste,. 
efBt  elQährig,   wohl    nooh   beeonderer  miitterlioher  Fürsorge» 

Des  ältesten  der  Brüder,  Graf  GKinthers,  yorherrsefaende 
Neigung  wandte  sich  frühfleitig  auf  Krieg  und  Kriegsruhra.  Die 
Heldeii  des  Plutarch  und  Liyius  modhten  ihm  leuehtende  Yor» 
bilder  sein.  Schon  in  einem  Sehulbuche  seiner  Amstädter  Jahre 
Imd  man  von  seiner  Hand  iween  S(^ildhalter  eingeseichnet 
und  auf  dem  Schild  das  Wort: 

Günther  ist  mein  Name  und  das  ist  wahr, 
Ist  einer  kühn,  krümm  ihm  ein  Haar! 

Schon  iu  seinem  zehnten  Jahr  war  er  mit  der  xweften 
Tochter  der  Gräfin  Katharina  verlobt  worden.  y,Damit  auch'V 
heifet  es  in  dem  Weimarisehen  Vertrage  des  Jahres  1640 
zwischen  ihnen  (der  Gräfin  Katharina  und  ihren  Töchtern 
einer^  und  Graf  Günther  andoArseits),  „alfs  den  freunden  desto 
m^riir  freundliches  willens  erhaltten  und  ihre  freundsehaft 
g«p&rehret  werde,  so  ist  alsso  balden  TOn  einer  heyraht  ge> 
redet,  und  folgender  gestaldt  mit  aller  theile  guhten  willen 
gesohlofsen  worden,  alfso  und  dergestalt,  das  gtave  Günthmfs 
eltter  söhn,  gray  Günther,  grav  Heinrichen  selig,  mittler 
tochtter,  frewlein  Amaleyen,  wan  sie  beide  ihre  vollkommene 
jähre  erreichen,  ehelich  nehmen  und  haben  sollen.  Do  aber 
einem  theil  den  he3nratht  wurcklich  tue  yolsihen  nicht  g^allen 
und  des  ungeneigt  sein  wurde,  auf  den  fall  solle  derselbe 
dein  andern  theil  fünf  tausend  gülden  zu  geben  pfiiehtig  und 
verfallen  sein.^' 

Amalie,  Amelei  von  Schwarzburg  war  um  etwas  älter 
ah  der  junge  Graf.  Ihre  Mutter  war  es  insbesondere,  welcher 
ciie  Pflege  dieses  Yerlöbnisses  warm  am  Herzen  lag.  Sie 
achtete  darauf,  dafs  die  jungen  Verlobten  Briefe,  Keujahrs- 
wünsche  und  kleine  Geschenke  miteinander  wechselten. 

Die  heldenmütige  Gräfin  war  eine  Frau  tiefster  Empfin- 
dung und  innigsten  Gemütes.  Da  ihr  drei  Söhne  im  zartesten 
Alter  dahingestorben,  so  wandte  sie  um  so  mehr  ihrem 
künftigen  Eidam  volle  Mutterliebe   zu.     Ihre  Briefe  sprechen 


flnf  GArihv  4v  Bscht  tob  ucIihuiImic«  ^^ 

ÖM  konito  Spneha.  „Wwu  £.  L  (Euer  liebdbn)  hiemif^ 
ifli^m»^  sie  Ubb  shi  28.  Des.  1547,  mToii  den  ^roeien  got  im 
ktefll  Ikidty  firaM  u  law  und  wl  ib  dem  heiligen  geist 
m  einaii  eelgen  Beaen  jar  und  alles  da«  K.  L  Buet  und  g«t 
sei  aa  kiw,  ad,  er  asd  gnt»  amea. 

Vad  aeUek  S.  L  an  eiaem  aelgen  nenen  jar  ein  rabir 
(AaMmaa)^  daa  meiaea  hereailerlieirBten  heran  seiger  ge» 
west^  daa  s.  L  stees  aa  aeiner  seifen  getragen  und  ich  es 
&  L  aad  aoaat  aiaMad  gegnad  haw;  bit  E.  L  wol  es  unb 
meiaes  liawaa  heran  nnd  meiner  wilen  tragen  und  behaltea 
und  ea  Toa  mir  also  frenndüdi  annemen,  nie  iehs  dan  £.  L 
aad  aoaat  nianaad  gia.'' 

„Wie  gott",  aehreibt  sie  am  28.  Sept.  1548,  dais  mir  B.  1. 
je  ab  liew  iat^  ala  het  ieh  E.  L  under  meinem  hereien  ge- 
diagaa,  daa  B.  L  nMin  eigen  kind  wer  .  .  .  haw  ieh  doeh 
aoaat  keia  aon,  daa  £.  L  —  hat  mir  unser  liewer  got  mein 
aoa  gaaonea  und  mir  &  L  wieder  seu  einen  son  daffir 
gewan  aad  nun  got  low  den  Ton  Waldeck  auch!" 

Dea  jungen  Gimfen  Brief  Ton  der  greisen  Hoehxeit  su 
Torgaa,  ala  Herzog  August  die  Königstochter  Ton  Dänemark 
heindilirle^  anf  weleher  Graf  Gftnther  der  Ältere  sich  durch 
aeinea  Min  Tertreten  lassen,  macht  ihre  grofse  Freude^ 
wbaa  sie  aneh  ihr  tiefes  Bedauern  aussprechen  muls,  dafs 
aieh  daa  alten  Kurfürsten  Ingesinde  dort  so  übel  Ter» 
halten. 

Haoii  Efinrt  aber  schreibt  sie  dem  jungen  Grafen:  ,,ieb 
woldt  je  ala  geien  bei  £.  1.  sein,  als  B.  L  bei  mir ;  ich  weis 
kein  mens  auf  erden,  da  ich  icz  liewer  bei  wolt  sein  dan 
b«  B.  L*"  Und  im  Feber  1 649  ladet  sie  ihn  mit  seinen  Brttdem 
snr  Taanadit  nach  KudoUUdt  A\mr  irmW^U  miifs  dasu 
die  Brlanbnis  Graf  (hutiUntn  »Wilsof«*»,  sfi  tUu  si«  sioh  tnit 
froandliclier  Znsebrilt  g<iws»i4i 

Dieselbe  aber  üi  imU'ffufUtiU  n}H^n\^n^h,  ^mkh  dar  Oml 
aelieint  übeiiuM^  44m  MMfif4f»|jMH  MKtff  kut»l  nsliuiittburgs- 
ataadca  an  hjänm  thfi  ^h1^^H  t^fiMiHflHH  M^hMuti  \u  ihr  Neu- 
Testament    lutJIt^nn^Ut^f.     Uhii^^^h^Amik    ***<**     »♦"^»'^    »nde»Ä 


^0  ^^'^^  Ofinther  der  Reiche  von  SchwArsburg. 

Familiennaohriohten  ein:  ,,Ämilia,  welche  vor  acht  Jahren 
unter  Bedingungen  mit  Oünther,  dem  Sohne  des  Orafen  Günther 
iron  Sohwarzbnrg,  verlobt  worden  ist,  aber  noch  hat  die 
Hochseit  nicht  Statt  gefanden.'' 

Ihre  Hoffnungen  sollten  sich  nicht  erfüllen,  das  Ver- 
löbnis löste  sich,  obwohl  in  der  Eheberedung  dem  etwa  zu- 
rücktretenden Teile,  wie  wir  sahen,  eine  Bulse  yon  6000  Gul- 
>den  auferlegt  worden. 

Im  Frühling,  spätestens  im  Sommer  des  Jahres  1649  er- 
folgte die  Lösung.  Denn  schon  im  Oktober  desselben  Jahres 
war  Amelei  von  Schwarzburg  die  Verlobte  und  noch  im  De- 
zember die  Gattin  des  Grafen  Christoph  von  Mansfeld. 
Melchior  von  Ossa  war  es,  der  diese  neuen  Beiiehungen 
Termittelte  und  der,  als  er  der  Braut  „etwas  tapfem  Kleinod 
vom  Grafen  Christoph  wegen''  überbrachte,  Kredenz,  Dopplet 
und  andern  Ehrenlohn  empfing. 

Noch  vor  Ablauf  der  Jahresfrist  zahlte  Graf  Günther, 
<[en  Weimarischen  Verträgen  entsprechend,  die  fällige  Ehe- 
:steuer.  Am  21.  Dezember  1551  aber  quittierte  die  junge 
Gräfin  von  Mansfeld  auch  über  6000  Gulden,  die  Graf  Günther 
•der  Ältere  wegen  Auflösung  der  Verlobung  seines  Sohnes 
Tortragsmäfsig  gezahlt.  „Dieweil  dan  demnach",  heifst  es  in 
der  Urkunde,  „die  Yolzihung  der  heurat  ohne  allen  zweiffei 
-auf  gottes  Vorsehung  undt  willen,  durch  gedachten  unsern 
herm  vettern  und  gevattern  graffen  Günter  zu  Schwarzburgk, 
^uf  dehme  seiner  liebden  söhne  sich  seiner  liebden  gehorsam 
hat  fleifsigen  müTsen,  ist  hinderhalten  und  unvolstreckt  blieben, 
l)ekonnen  wir  mit  diesem'^  u.  s.  w. 

Auch  Melchior  von  Ossa  berichtet  in  seinen  Aufzeich- 
nungen, dafs  Graf  Günther,  der  Vater  des  Bräutigams,  seine 
Einwilligung  versagt. 

Vielleicht,  dafs  .ihn  der  hartnäckig  geführte  Familien- 
rstreit  um  den  eidlichen  Verzicht  verstimmt;  vielleicht  auch, 
»dafs  er  für  seineu  reichbegabten  Erstgeborenen  über  die  be- 
scheidenen Verhältnisse  des  Budolstädter  Hofes  hinausreichende 
Ansprüche  erhob. 


r 
» 


Nach  AbechluTB  seiner  Btudien  begab  sich  der  junge  ^ 
XJraf  lu  weiterer  Ausbildung,  nsmeutHch  auch  fnr  dea  Kriegt- 
dieoet,  au  dea  Dillenburger  Hof.  Rier  sah  er  diejenige  sa- 
eret,  welche  ein  freandliches  Geschick  später  ia  reioh- 
beglüokter  Ehe  an  »eine  Seite  stellte:  Eätchen  von  Naaean. 
Freilioh  war  die  Schwester  Wilhelm  des  Oranien  damals 
noch  eia  Mägdlein  roa  7  Jahrea. 

Der  jüngste  der  Brüder,  Graf  Albrecht  (der  Gründer  der 
Uudolfitädter  Linie  des  Schwarzburger  Fürsten bauses),  blieb 
auch  naoh  Weggang  der  älteren  noch  in  Erfurt  zuriiok. 
Seinem  Fräceptor,  Dr.  Molitor,  war  auch  der  junge  Graf 
.Hugo  von  Mansfeld  beigegeben,  den  Graf  Günther  nach  seines 
Vaters,  Graf  Philipps,  Tode  auf  Bitten  der  Vormundschaft  in 
^SohutK  und  Pflege  genommen.  _ 

Wohl  in  der  Vakanz,  in  der  Naaht  des  20.  August  1550^] 
-wurden  diese  beiden  jungen  Grafen  vom  Schloia  su  Sondert- 
hausen  gewaltsam  binweggeföhrt.  Jobst  Hacke,  der  früher 
•«rwäbnte  Feind  der  Maosfelder,  hatte  bei  Abwesenheit 
-Graf  Günthern  und  seiner  Qemahlin  sich  die  Gelegenheit 
ersehen,  die  jungen  Grafen  durch  nächtlichen  Überfall 
in  seine  Gewalt  zu  bekommen.  Gab  er  auch  den  jungen 
fiprofa  »chwarzburgisohen  Hauses  noch  im  Lohgehölz  bei 
Sonderehausea  wieder  frei,  so  führte  er  doch  den  Uaosfelder 
mit  eich  uud  wuTste  ihn,  da  treue  Helfershelfer  ihm  zur 
Seite  standen,  iu  seiner  Gewalt  zu  behalten.  Auch  die 
Flaaseuburg,  des  wilden  Markgrafen  you  Aospacb  Veste,  hielt 
lange  den  Entführten  verborgen  in  ihren  Mauern ,  bis  ein 
Xöeegeld  von  1000  Gulden,  wozu  Graf  Günther  steuerte, 
ftat  zween  Jahre  nach  der  Gefangennahme  ihn  endlich  frei 
nmobt«. 

Dergleichen  Torgänge  bestimmten  die  Harügrafen  zu 
gemeinsamem  Vorgehen  gegen  derartige  mutwillige  Leute,  die 
ihnen  oder  ihren  ünterthanen  abEusageo  sich  unterfangen 
würden.  Solch  landfriedenbrüohig  Vornehmen,  auch  wenn 
kein  tötlich  Angriff  geschehen,  sollte  fortau  ohne  Erzeigung 
«iniger  Gnade  mit  dem  Schwerte  gestraft  werden.  (S.  A.) 


9g  Ormf  Gfatbcr  4er  MOA»  tob  BchwBnlMrg. 


Wir  Behen  mm  Bolchen  Yorgättgen,  wie  dtm  Mittehlter 
tioh  Dooh  immer  no^  nicht  ausziileben  yerdioebte.  Übei^-- 
hampt  wer  in  Thüringen  ein  Friedenaetand  nodi  kanra  ge*- 
HhmSen,  Wenigetent  leigte  man  sidi  in  breiten  Miichten 
der  Bevolkening  mit  der  neuen  Ordnung  der  Dingb  nieht 
befriedigt.  Die  Sekiokflele  des  KurhAuses  bew^ten  die 
Yolkflgem&t  in  seinen  Tiefen.  Der  Tränet  ftber  das  Loe^ 
Johann  Friedrichs  gab  Feter  Watsdorf  in  «nei&  ^enen 
liede  des  frommen  ehrisüichen  alten  chnrlfirsten*'  triksttnr^ 
liehen  Ansdmek: 

Yen  i^er  weit  yerlassen 

in  gefahr  und  greiser  not, 

das  klag  ich  one  mafsen 

dir,  lieber  herre  gott; 

mein  freundtiDn  und  verwandten 

ein  Scheusal  worden  bin, 

die  mich  vorhin  kanten 

nmb  mich  liefen  und  Vanten, 

lalsn  mich  jetzt  aus  dem  sinn. 

Wie  solche  Lieder  gingen  auch  Gebete  „des  alten  Kur- 
forsten''  von  Mund  zu  Mund,  Ton  Hand  zu  Hand.  Selbil 
in  einem  Inventar  der  Neideck  zu  Arnstadt  fand  sich  ein 
Ghebet  des  alten  Kurfärsten  verzeichnet  ,ySo  unter  einefli 
Sahmen  gefafsf*.  Watzdorf  hatte  das  seinige  im  Hinbiidt 
auf  ähnliche  Schicksale  dem  Psalter  Davids  entnommen^ 
„denn  den  er  erzogen  und  alle  Wohlthat  erwiesen,  war  sein 
Feind". 

Dem  gefangenen  Fürsten  in  der  Ferne  gingen  auch  vevi 
jenem  Aquila,  dem  Schützling  der  Gräfin  in  Budolstadt,  sowie^ 
von  Mdrlin,  damals  in  Königsberg,  erbauliche  Trostschriften  zu.. 

Die  arme  Kurfürstin  Sibylle,  die  das  Los  ihres  Gatton 
nicht  teilen  durfte,  führte  ein  stilles,  gottergebenes,  dook 
thränenreiches  Leben  zu  Weimar.  Durch  äufserste  Bin-^ 
schränkung,  durch  Yerkauf  ihres  Schmuckes  suchte  sie  ihrem. 
Gatten   in   der  Gefangenschaft    wenigstens   die  Sorge  um  die 


l 


Qitf  GBnther  der  Baich*  von  Sobmnburg. 


1 


SfdftrfniBae  dee  Lebens  zo  erleicbUrn.  Inaig«  SehoBuoht 
zog  ihr«  Seele  naoh  dem  Sädea.  Im  Ton :  „laspruck  ioh 
mofs  diob  lasaen"  erklingt  das  aohmuckloB«,  doch  tiefempfun- 
äeue  Lied,  das  ihi  Feter  Walldorf  ia  den  Mund  legt: 

Ach  gott,  mioh  thut  verlangen, 

nach  dem,  der  jetzt  gefangen, 

dem  liebaten  fiirsteii  mein! 

Dafe  ich  ihn  so  muis  meiden, 

bringt  mir  herzliohea  leiden; 

ach  gott,  hilf  ihm  aua  dieser  pein! 


I 


Auch    dem    jungen    Fürsten  Johann  Wilhelm    legt  Peter 
VatEdorf  ein  Lied  der  Trauer  um  den  schwer  geprüften  Vater 
1  den  Uond: 

loh  arm  fiiratlein  Mag  mein  leid, 
wie  sei  mir  nun  geaobehen, 
dafs  ich  in  dieser  bttaea  zeit 
solch  jamer  sol  ersehen, 
dofs  man  den  liebsten  vater  mein 
ao  sohendlioh  thut  verfolgen  ? 
an  ihm  wil  itzt  nur  jederman, 
seinen  Vorwitz  und  rühm  began; 
ach  gott,  hilf  ihm  aufs  sorgen. 


Ja,  es  hat  der  getreue  Anhänger  der  Krneatiner 
täefea  Mit^elnhl  fiir  die  uDgliiokliohe  Füratenfamilie  noch  in 
ainem  weitern  Liede  ausgesprochen,  in  welchem  er  die  drei 
-Sohlte  des  Inuabrticker  Gefangenen  und  ihre  Uutter  über  ihr 
tranriges  Geschick  und  über  geschehenen,  aohnöden  Verrat  be- 
vagliohe  Klage  erheben  läfaL  Auch  nach  dieser  Biohtung 
hin  giebt  Feter  Watzdorf  der  öffentlichen  Meinung  ihrea 
getreuen  Ausdruck,  Indeaaen  ergeht  er  sich  doch  nicht  in 
jenem  Sahwall  gehässigater  AnBohuldigungen,  wie  andere  Ver- 
treter der  Verratali tterntur,  vor  allem  jener  Katsenberger,  der 
I  aohoa    bei  Ingolstadt    lien  Stttckmeiiteru    auf   die  Finger 


'•>»i^4 


^  Graf  Oünther  der  Reiche  von  Schwarzbnrg« 

ob  sie  ihr  Geschütz  auch  gegen  den  Feind   richteten«     Auch- 
Yerslein  wie  solche: 

Hingen  die  fünf  an  einem  strick, 
So  war  es  Sachsens  grofses  glück! 
finden  wir  nicht  bei  ihm. 

Denn  es  ist  doch  im  Grande  nicht  die  schwankende^, 
von  Yororteil  und  Leidenschaft  getragene  Tagesmeinung  einer 
nrteilslosen  Menge,  sondern  die  aus  geschichtlicher  Notwendig- 
keit erwachsende,  wohlbegründete  Stimmung  des  Bürger-  und 
Bauernstandes,  welcher  der  Amstädter  Yolksdichter  mit  selb- 
ständigem Urteil  einen  getreuen  Ausdruck  giebt.  Nicht  der 
Yorüberrauschenden  Stimmung  des  Augenblicks,  sondern  der 
wachsenden  Besorgnis  und  der  aufsteigenden  Erbitterang 
eines  in  seiner  Zukunft  bedrohten  Volkes  gilt  sein  schlichtes- 
Wort. 

Dafs  seine  Lieder  einst  viel  gesungen,  ergiebt  schon  der 
eine  Umstand,  dafs  mehrere  von  ihnen  in  doppelter  Fassung 
vorhanden  sind.  Haben  dieselben  nicht  den  kühnen  Wurf 
und  die  ergreifende  Gewalt  des  echten  Volksliedes,  so  müssen 
sie  uns  schon  um  des  ehrenhaften,  mutvoUen  Dichters  willen^ 
der  in  sturmbewegten  Tagen  fest  auf  dem  Boden  wohlbe* 
gründeter  Überzeugung  stand,  als  teuere  Vermächtnisse  der 
Eeformationszeit  erscheinen,  und  die  unwandelbare  Treue, 
welche  er  auch  in  böser  Zeit  dem  schwerbedrängten  Hause 
der  Ernstiner  bewies,  unTergessen  bleiben. 

Dafs  sich  die  national-religiöse  Strömung  der  Zeit,  auch 
als  der  Friede  äuTserlich  hergestellt,  immer  entschiedener 
gegen  den  siegreichen  Kaiser  wandte,  ist  erklärlich.  Denn 
^remd,  wie  unsere  Sprache,  waren  ihm  auch  unsere  Gedanken, 
sagt  Bänke,  und  Luther  nennt  ihn  einen  untreuen,  iGalschen 
Mann,  der  deutscher  Art  vergessen.  An  Schranzen  und 
Würdenträger  gewöhnt,  die  allzumal  ihren  Preis  hatten, 
waren  ihm  auch  deutscher  Gewissensernst  und  deutsche  Ge- 
mütstiefe unverständliche  Dinge.  Was  Wunder,  wenn  sein: 
Eegiment  dem  Volke  zu  einer  Fremdherrschaft  wurde,  gegen 
die    sich     das    deutsche    Freiheitsgefühl     aufbäumte!      Dem 


I 


GüDllier  dir  Reiclic  von  Sohtraribnrg. 

Bohlangenklugen  Hispanier  gegenüber  erinnerte  Feter  Wats- 
dorf,  wie  wir  sahen,  an  eeinen  getieaen  Ahn  Maximilian  und 
an  seinea  edlen  Wahlmann  EurfiirBt  Friedrich,  Wenn  die 
Hofkoroniaten  den  an  der  Donau  klug  zögernden  Kaiser  als 
FabiuB  Cunotator,  den  bei  Mühlberg  frisch  zugreifenden  Sieger 
als  Julius  Caesar  priesen ,  so  mufateu  auch  auf  der  andern 
Seite  die  Erinnerungea  an  die  altgerm an i sehen  Freiheitskämpfe 
wieder  lebendig  werden.  Die  Germania  im  Trauerkleidr 
Arminius  und  Ehrenvest  begegnen  uua  im  Liede  der  Zeit. 

Da  indessen  die  öffentliche  Meinung  auch  in  politieoheo 
Dingen  anter  dem  Eiuflufs  der  kirchlichen  Bewegung  stand,, 
so  war  und  blieb  das  Interim  der  brennende  Punkt,  von  dem 
aus  der  Hals  gegen  die  Walen  und  Spanier  am  meisten  auf- 
flammte. Dafs  der  alte  Kurfürst,  im  Leiden  gröfser  als  im 
Handeln,  obwohl  in  der  Gewalt  des  Feindes,  in  Sachen  des 
Glaubens  so  fest  stand,  wob  ihm  einen  Olorieneohein  um  das 
Haupt  Das  Herz  des  gemeinen  Uannes,  für  den  sich  Peter 
Watzdorf  so  oft  verbürgt,  schlug  um  so  wärmer  für  den 
lassenen.  „In  Fährden  und  in  Nöten  zeigt  erst  das  Volk 
sich  echt"  Das  Gebet,  welches  Watzdorf  dem  Gefangeneo., 
in  den  Hnnd  legt: 

Behüt  uns,  herr,  für  schänden 

in  ganzen  deutschen  landen, 

dein  wort  erhall  mit  soball ! 
stieg  wotil  aus  Bürgerhaus  und  £auemhütte  andachtsToU  zum 
Himmel  auf! 

Dafs  sich  aber  in  jenen  Zeiten  die  Blicke  des 
evangelischen  Dentachlands  mit  lebhaftester  Anteilnahme  der 
norddeutschen  Stadt  zuwandten,  welche  fast  allein  das  Banner 
der  Freiheit  uoch  hochhielt  und  auch  in  Glaubens saohen  sich 
sieht  vor  dem  Zwang  der  Fremden  beugte,  ergiebt  sich  aus 
den  kurz  angedeuteten  Verhältniaseu.  Volkslieder  aum  Preise 
U^debnrgE    sind    in  Thüringen,    vielleicht    selbst    in    nieder- 


I 


^^_    deutaoher  Mundart,    gewifs  gesungen    worden,    wie  jenes   be-     ^— 
^^B  soDders  liebliche:  ^H 


^  Graf  GftBtiMr  der  Eeiche  von  SohwArsbarg. 

Ooh  Meideboreby  holt  di  reite 
da  wol  gebawede  hus! 

Die  Freistätte  der  Yerfolgteo^  nahm  sie  alle  auf,  die  vor 
<lem  Zorn  dea  Kaisers  und  anderer  Gewalthaber  nidit  wnÜBten, 
wohin  sie  ihr  Haupt  legen  sollten.  Barg  die  Meideboreh 
auch  den  Watzdorf  in  ihren  Mauern?  Die  Amstädter  Aroki" 
Valien  weisen  den  Volksdiohter  nicht  in  seiner  Heimat  auf; 
;aaoh  Schösser  zu  Salzongen  war  er  erst  später^).  Mehrere 
;seiner  zuletzt  erwähnten  Lieder  tragen  den  Druckort  Magde« 
bürg.  Auch  hatte  schon  Herzog  Moritz,  als  er  nicht  umhin 
ikonnte,  „sich  seines  Vetters  Lande  anzunehmen'',  auf  müfsiger 
ILeute  Sohand-  und  Schmähgedichte,  Keimen  und  Gesängpe 
wider  Ihre  Majestät  dräuend  hingewiesen  und  „dafs  solch 
famos  libell  in  rechten  bei  strafe  der  enthauptung  Tsr- 
botten  sein,  ob  die  auch  gleich  wider  geringere  personen  er* 
Richtet  und  ausgebreitet  würden''.  Erst  wenn  den  ArchiTcn 
ihr  volles  Hecht  geworden,  wird  sich  das  Dunkel  lichten,  in 
welches  sich  der  weitere  Lebensgang  des  Arnstädter  Volks- 
diobters  hüllt.  Dafs  derselbe  auch  Weib  nnd  Eindlein  hatte, 
die  sein  unerschrockenes  Yorgehen  gegen  hohe  Gewalthaber 
doch  auch  gefährden  konnte,  ergiebt  sich  aus  seiner  Zuschrift 
an  Mörlin:  „Mein  hausfraw  und  kinderlein  grülsen  euch, 
iewer  hausreb  und  träuble  ganz  freundlich." 

Dafs  aus  der  Kanzlei  Gottes,  wie  Magdeburg  hiefs,  der 
Widerstand  gegen  das  Interim,  „das  den  Schalk  hinter  ihm"» 
durch  Lied  und  Flugschrift  wesentlich  genährt  wurde,  ist 
bekannt,  Dad  Interim  wurde  zum  Schmähwort,  zum  Fluch- 
wort, das  Anagramm  interim-mentiri  erfreute  den  Lateinschüler, 
und  so  manche  tückische  Katze  mit  Sammtpfötlein  wurde 
Interim  benamt. 

Schon  Jahre  hatte   das   geächtete   Magdeburg   mit   dem 


1)  Au«  dem  Jahre  1562  teilt  der  HennpibQrger  Vereio  (Neue  Beitrfi^f 
zur  Gesch.  des  deutschen  AltertnniB,  Meiningen  1863)  ein  Schreiben  des 
Petras  Watzdorfs,  damaligen  Schössers  su  Salzungen,  an  Herzog  Johann 
Friedrich  den  Mittlern  mit,  in  dem  für  Anstellung  eines  firommen  Pre- 
digers lu  Salzungen  Dank  abgestattet  wird. 


t 


Onf  GBhUut  dir  Balcba  Ton  BohnnboTf. 

Beioh  in  Krieg  gelegen,  zn  aller  Freude  Beinem  Stiftasdol 
manche  Schlappe  beigebracht  und  selbst  mit  tartacbeabe- 
hängten  SchlachtBchiö'eu  dem  Feinde  gewehrt.  Da  rückte 
Uoritz  heran,  die  Acht  zu  vollziehen.  Mit  immer  wachsen- 
dem Unwillen  wandte  sich  die  ofTentHcbe  Meinung  gegen  dei 
Kaisers  Büttel,  Mui  widerstrebend  folgte  dem  neoen  Eur- 
f&rsten  die  Lehnsmannachaft,  Hatte  doch  derselbe  selbst  bei 
den  getreuen  Landatänden  in  Glauben ssachen  harten  Wider- 
stand gefunden. 

Die  schwaraburgisohe  Bitter Bchaft  aber  weigerte  dem 
neuen  Lehnsherrn  geradezu  den  Gehorsam.  Sie  erkenne  siofi 
aolofa.  angemuteter  Folge  nicht  schuldig,  welche  sie  aber  dem 
jungen  Herrn  van  Weimar  zu  leisten  sich  jeder  Zeit  der  Qe- 
biir  nach  bequemen  würde,  „Hierüber  aber",  erzählt  uns  der 
Chronist,  „war  Kurfürst  Moritz  über  die  masseD  entrüstet  und 
schrieb  den  24.  lanuarÜ  des  1561.  Jahres  aus  Stafafurt  an 
-Graf  Oünthern  zu  Sohwarzburg,  damals  kurfürstlichen  bestellten 
Bat,  mit  dem  ernstlichen  Qesinneo,  auf^edeutete  seine  Rittei' 
sefaaft  sambtlich  slsobald  mit  Handfeetung  und  Gelübde  dei- 
maBsen  einzunehmen,  damit  er  jederzeit  gebührlichen  Keohtena 
aioh  an  ihnen  zu  erhalen  haben  möchte". 

Daa  FUrstI,  Landesarcbiv  2u  Sondershanien  bleibt  nni 
über  den  Gang  der  Dinge  jede  Auskunft  schuldig.  Da  Hort- 
leder indes  nur  von  dem  alten  Wolfgang  von  Anhalt  zu  be- 
richlen  wetfs,  dafs  er  mit  seiner  Hilfe  ausgeblieben,  so  wer- 
den wir  doch  das  schliefsliehe  Erscheinen  des  lohwaribor- 
gischen  Lehnsadels  annehmen  müssen. 

Wie  schwer  es  der  Geistlichkeit  der  Grafschaft  geworden, 
sioh  in  die  neue  Ordnnng  der  DJoge  einsuleben ,  die  das 
■egensr eiche  Werk  der  Reformation  so  sehr  zu  gefährden 
aehien,  dafür  bringt  der  Chronist  wenigstens  da«  eine  Bei- 
B|üel  vom  Bondershänser  Pfarrherrn,  welchen  Moritx,  da  er 
ilin  anf  der  Kanzel  und  aonst  an  seinen  kurfürstlieben 
Ehren  und  Würden  mit  schmählichen  Wetten  angegriffen, 
gefiiQg^ch  einzuziehen  veilangte.  Oraf  Günther  solle  entweder 
■den  Missetbäter  bis  auf  ferneru  Befehl  Tarwahrlich  eot- 
XTI.  7 


i 


98  ^'*^  Gfinther  der  Reiche  yon  Schwarsbnrg. 

halten  oder  alsbald  aadiefem,  damit  er  auch  anderen  zam 
Ezempel  und  Absehen  in  gebührliche  Strafe  genommen  werden 
möchte. 

Was  der  yon  Krankheit  häufig  heimgesuchte  Graf  in 
der  Sache  gethan,  entzieht  sich  nnserer  Kenntnis.  In  der 
Ffingstwoche  begab  er  sich  nach  Marggrafenbaden,  Genesung^ 
zu  suchen.  War  es  das  Zipperlein,  die  Modekrankheit  der 
Tomehmen  Welt  in  frühem  Jahrhunderten,  das  ihn  zu  den 
gepriesenen  Heilquellen  führte?  Doch  dienten  dieselben, 
weiTs  Joyins  zu  berichten,  auch  zur  Vertreibung  der  Engig- 
keit der  Brust,  so  yon  kalten  Flüssen  des  Hauptes  her- 
rührt, der  fliefsenden  Augen,  der  sausenden  Ohren,  halfen 
auch  dem  kalten  feuchten  unyerdauenden  Magen,  yertrieben. 
die  Wassersucht,  bewahreten  yor  dem  Schlage. 

Von  Baden  aus  setzte  sich  der  Graf  mit  den  gelehrten 
Herren  im  nahen  Strafsburg  in  Verbindung,  um  durch  deren- 
Vermittlung  einen  tüchtigen  Frediger  für  Arnstadt  zu  ge- 
winnen. Man  schlug  ihm  den  Muskulus  yor,  der  um  des 
Interim  willen  nach  Zürich  geflüchtet.  Doch  zerschlug  sich 
die  Sache.  Hedio's  Widmung  seiner  aus  dem  Ayentin 
zusammengestellten  Historia  nahm  aber  später  der  Graf  gern 
entgegen.  Zween  Tage  yor  dem  Johannisfeste  machte  sich 
der  Graf  auf  den  Heimweg  nach  Sondershausen. 

Es  ward  Herbst,  und  noch  immer  hielt  sich  Magdeburg» 
Der  lebhaft  erregte  religiöse  Sinn  erhöhte  Mut  und  Ausdauer.. 
Unter  Fsalmensang  gingen  die  Kriegsleute  an  ihr  Tage- 
werk, wie  es  auch  yon  den  Bremensern  berichtet  wird.  War 
der  Feldherr,  der  nicht  zum  Gewaltsturm  schritt,  abwesend, 
so  tauschten  wohl  Belagerer  mit  den  Belagerten  Zeichen  der 
Freundschaft. 

Vor  Magdeburg  reiften  die  Pläne  des  Kurfürsten.  Dem 
Erwachen  des  Volksgeistes  gegenüber,  der  die  heiligsten 
Güter  der  Nation  bedroht  sehen  mufste,  fühlte  Moritz  deu 
Boden  unter  sich  schwanken,  wie  über  sich  den  wachsenden 
Druck  der  Kaisermacht.  Gebrandmarkt  in  der  öffentlichen 
Meinung,   in   seiner   Fürstenehre   gekränkt   durch   die   nicht 


Qr«.[  OflDtlitT  der  Rtlcfea  tod  ScbwuEburg. 


9»1 


1 

I 


^Sndende  Haft  des  LandgrafeD,  in  Beiner  Würde  als  deutscher 
Füret  durch  die  Willkür  der  Fremden  beeiu trächtig t,  liefs  er 
den  Gedankeu  des  Äbfetlis  vom  Kaiser  zum  Entschlüsse  wer- 
den. Yoraiahtig  gewann  er  Fühlung  mit  gleiohgesi unten 
Fürsten,  und  bald  zogen  sich  die  Fäden  geheimen  Eiaver- 
Btändnisses  durch  das  nürdliche  Deutschland.  Die  Preisgabe 
des  weatliohen  Grenzlandes  ward  uioht  ab  nationales  Opfer 
empfunden.  So  bekam  Magdeburg  am  9.  November  einen 
Frieden,  wie  wohl  nie  eine  geächtete  Stadt.  Nicht  ein  Boll- 
werk wurde  geschleift,  auch  um  der  ,,monumeDta"  willen.  Die 
Flüchtlinge,  selbst  diejenigen ,  welche  das  Feuer  am  meisten 
geschürt,  erhielten  Gnade.  Selbst  des  Flucius,  des  grofsen 
Flätz,  wurde  geschont.  Nur  eollten  die  Magdeburger  nicht 
90  ungeschickt  gegen  das  Kodzü  in  Trient  einherfohren. 
Wegen  der  Sehmühbuchlein,  Reime  und  Lieder  Hefs  er  grofs- 
mütig  alles  an  seinen  Ort  gesteUt.  Auch  dem  Peter  Watz- 
dorf,  wenn  er  vorhanden,  hatte  er  kein  Leids  gethan.  Maa, 
Vandte  das  Bohöne  Wort  auf  Eurfiiret  Moritz  an : 

Je  höher  und  gröfser  ist  der  Mann, 

Je  ehe  mau  ihn  varsöhnen  kann. 
Das  KrtegsBpiel  vor  Magdeburg  war  zu  Ende,  aber  dia 
Landsknechte  wurden  in  neue  Bestallung  genommen.  Sollten 
sich  bei  einander  eine  kleine  Zeit  enthalten,  bis  ihnen  wieder 
Arbeit  gegeben  werde.  Eine  Anzahl  Fähnlein  aber  wurde 
alsdann ,  vielleicht  zur  Strafe  für  die  bewiesene  Kenitenz^ 
in  die  Ämter  der  untern  Grafschaft  Schwarz  bürg  gelegt, 
Wird  auch  nicht  von  grober  Gewaltthatigkeit  berichtet,  eo 
hatten  doch  Bauer,  Bürger  und  Adel  unter  dieser  Einlage- 
rung schwer  zu  tragen,  und  selbst  Kornböden  und  8oheneni,t] 
des  Grafen  mufsten  alleiseit  ohne  Dank  offen  stehen. 

Im  Frühling  1552,  als  die  ersten  Lerchen  sohwirrteo,. 
erfolgte  der  Aufbruch.  Wieder  einmal  hallten  die  Tbölei 
de»  Thüringer  Waldgebirges  vom  Marschschritt  der  gewapp- 
neten Landsknechte.  Sangen  Bie  Bchon  „Herzog  Moritzen  Lied'? 
Die  Willfährigkeit  der  Grafen  and  des  Lehnsadelg  wuTste 
es  nicht  au  rühmen: 


100  ^^  Ofinthtr  d«r  lUicka  von  Sehwanbnrg. 

Grauen  und  die  yom  adel  sein, 

die  thaten  ongem  Terwilligen  drein, 

anibohub  weiten  sy  nehmen: 

«olt  ioh  den  kftiser  sieh  risten  Ion, 

müflt  ieh  mioh  ewig  Bohemen! 

Zum  nnd  mnrr  daromb,  wer  do  woll, 

niemand  mioh  aberreden  sei, 

ieh  fahr  dahin  mein  strafaen; 

idh  hab  das  jähr  mandh  lanskneoht  gut, 

dann  from  andersassen. 

Mag  iohs  mit  solohen  riohten  aufs, 

zu  ziehn  dem  Interim  in  sein  haus! 


Und  schon  am  4.  April  war  Augsburg,  wo  das  yer- 
maledeyte  Interim  ausgebrütet  worden,  in  der  Gewalt  der 
obsiegenden  Fürsten. 

Am  18.  desselben  Monats  hielt  Henry  yon  Yalois,  „der 
Protektor  des  heiligen  deutschen  Beichs  und  deutscher  Libe- 
ralität", seinen  Einzug  in  Metz. 

Lag  nun  dem  klugen  Kaiser  der  Zusammenhang  der 
Dinge  klar  yor  Augen?  Am  26.  gleichen  Monats  yerwamt 
er  Graf  Günther  yon  Schwarzburg  und  die  andern  Harzgrafen 
wider  den  König  in  Frankreich  und  seine  Aufwiegler,  die 
des  heiligen  Eeiches  Fried,  Buhe,  Wohlfahrt  nicht  leiden 
oder  sehen  können,  dafs  sie  auf  dieselben  gute  Aufsicht 
habtti  und  sich  in  guter  Büstung  halten  sollen.     (8.  A.) 

Am  19.  Mai  war  es,  als  Moritz  die  Ehrenberger  Klause 
stürmte.  Noch  am  gleichen  Tage  wurde  der  alte  Kurfürst 
seiner  Bande  ledig.  So  nahte  sich  die  zuyersichtliche  Hoff- 
nung seiner  treuen  Sibylla,  die  sie  noch  um  dieselbe  Zeit  der 
Gräfin  Katharina  yon  Schwarzburg  aussprach,  ihrer  frohen 
Erfüllung.  Sie  glaube  es  gewils,  daft  sie  nicht  sterben 
würde,  sie  hätte  denn  zuyor  ihren  geliebten  Herrn,  seiner 
Gefängnis  entledigt,  frisch  und  gesund  gesehen. 


I 

■ 

I 

I 


Oimt  Gfintber  ätr  Raldia  von  EMivmbni^. 

In  der  Nacht  floh  Kaiser    Karl,    ein    gebroohener  Orell,* 

in  einer  Sänfte  getragen  Über  die  Berge.  Der  schöne  Traum 
der  Weltherrschaft  war  zerBtoben,  wie  ein  Duoetgebilde,  in 
doa  ein  Windstofa  fährt.  Der  Meister  aller  Praktiken  und 
^Finanzen  war  mit  seineu  eignaa  Kfinaten  von  dem  gelehrigsten 
iüner  BohUler  gCBthlagen  worden. 

Hatten  die  Ansprüche  deutscher  Fürsten  auch  schon 
-wesentliche  Abschwächung  erfahren,  so  ist  doch  die  Uater- 
zeichnuDg  einee  Abkommena  dem  Kaiser  nie  so  sauer  ge- 
worden ,  als  die  des  Fassauer  Vertrags.  Der  rasohe  Siegea- 
>ug  der  Pursten  war  ein  Blitz  aus  blauem  Himmel,  der  den 
■tolsen  Aafbau  seines  Lebenswerks    aus  den  Fugen  rifs. 

Im  August  weilte  der  Kaiser  in  Augsburg.  In  seiner 
Umgebung  war  auch  Graf  Günther  der  Jüngere  von  Sthwarz- 
burg.  Von  Dilleaburg  hatte  er  sieh  an  den  kaiserlJcheD 
Hof  nach  Wies  begeben  und  als  der  Truchsesse  eioer  eich 
die  besondere  Gunst  des  Eaiaere  erworben.  _ 

Auch  der  alt«  Kurfürst,  dessen  Über zeugangs treue  selbrt:| 
dem  Kaiser  einige  Achtung  abgerungen,  und  der  freiwillig 
ihm  gefolgt,  war  in  Augsburg.  Bevor  Karl  seinen  hohen 
Oet'angeueu  verabschiedet,  nötigte  er  ihn  und  seine  Sohne  zu 
dem  Versprechen,  die  Verträge  mit  Uoritz  zu  halten  und  von 
jedem  Versuche  abEusteheu,  das  Verlorne  mit  Gewalt  zurUok- 
Eubringen.  Am  2*2.  unterzeiahnete  der  Kaiser  die  Urkunde, 
in  welcher  er  Graf  Günther  den  Altern  der  frühern  Kapitu- 
lation gemäfs  nochmals  mit  den  Lehen,  die  er  bevor  vom 
Herzog  Johann  Friedrich  trug,  an  seinen  „lieben  ohaimen 
und  kurfliieten  herzog  lilauritzen"  überwies. 

Als  der  alte  Kurfürst  Anfang  September  von  Kobui^ 
durch  Thüringen  zog,  so  gab  der  festliche  Empfiing  in  Stadt 
und  Land,  gaben  die  Freuden  th ran en  treuer  Uuterthanen  ein 
beredtes  Zeugnis  für  die  ungemeine  Volkstümlichkeit  des 
Heimkehrenden.  Je  mehr  man  sieh  daran  gewöhnt,  in  ihm 
den  Märtyrer  der  evaagelischen  Sache  zu  aehen,  um  so  wärmet 
schlugen  ihm  aller  Herzen  entgegen.  Durch,  den  Gang  der 
Dinge    hatte    das    religiöse  Gefühl    der  licvölkurung    an  Kraft 


102  Graf  Qttnther  der  Reiche  von  Schwarzburg. 

und  Tiefe  mehr  gewonnen,  als  wenn  Kriegsglück  und  Schlachten* 
sieg  sich  der  evangeliBchen  Bache  zugewandt. 

Dafs  das  Volk  den  siegreichen  Fürsten  zugejauchzt,  da- 
von findet  sich  nichts  berichtet.  Selbst  der  unermüdliche 
Forscher  Lilienkron  konnte  nur  ein  einziges  Lied  des  Bei- 
falls und  auch  dies  ein  ^^unerquickliches,  meistersängerisches'' 
seiner  grofsen  Sammlung  einverleiben. 

Aber  doch  waren  es  schwerwiegende  Zugeständnisse,  die 
man  dem  Kaiser  abgenötigt  Daus  der  Druck  des  heuch- 
lerischen Interim  von  ihr  genommen,  wurde  von  der  evan- 
gelischen Bevölkerung  freudig  empfunden  und  gewifs  nicht 
am  wenigsten  in  der  Grafschaft  Schwarzburg,  wo  man  dem 
Willen  des  Kaisers  so  weit  entgegen  gekommen. 

Auch  ging  der  Graf  daran ,  das  letzte  Bollwerk  des 
KatholioismuB  in  seinem  Lande,  das  grofse  Ghorherrenstift 
Jeohaburg,  auf  die  Bahnen  der  Reformation  überzuführen. 
Verpflichtete  er  schon  bei  Anstellung  die  Domherren ,  sidh 
gegen  eine  etwaige  Verlegung  des  Stiftes  nach  Sondershansen 
nicht  sperren  zu  wollen,  so  verlieh  er  im  Mai  1552  das 
Dekanat  dem  Magister  Valentin  Vogler,  der  sich  zur  Auge- 
burger  Konfession  bekannte.  Mit  der  Fräpodtur  aber,  der 
Fropstwürde,  bedachte  er,  nachdem  Ernst  von  Mansfeld,  Dom- 
deohant  zu  Magdeburg,  durch  eine  jährliche  Entschädigung 
von  60  Reichsthalern  abgefunden  war,  seinen  Sohn  Johann 
Günther.  Graf  Botho  von  Beinstein  heischte  dieselbe  aber 
nach  Mansfeld's  Tode  für  seinen  Bruder,  dem  der  Verstorbene 
sie  zugesprochen.  „Eure  liebden*',  schrieb  Graf  Günther, 
„können  wol  selbst  ermessen,  dafs  wohlgedachter  graf  Mans- 
feld ohne  unser,  als  des  lehnsherm  wissen  und  bewilligung 
berührte  probstei  oder  icht  was  davon  anders  zu  vergeben  nicht 
gebürt  hat"     (8.  A.) 

Wir  sehen,  wie  Graf  Günther  mit  Entsehiedenheit  seinen 
Willen,  auch  wohl  dem  Enbiaohof  von  Mainz  gegenüber,  zu 
dessen  Sprengel  Jeohaburg  g«hdiie,  jeUl  gdtend  zu  madkea 
wufst«« 


Qtt,(  QBnther  dar  K«Ieha  van  Bchwuibiirg. 

Dem  Graten  von  Beinstein  aber  machte  er  den  Vor* 
schlag,  wenn  ihm  seioe  Antwort  nicht  befriedigen  könne,  mit 
ihm  die  Sache  zu  SondershauBen  zu  betagen.  Zuvor  aber 
miirBten  die  Sterbe nBläufte  in  Soodershausen  ein  wenig  auf- 
hören und  man  eich  daaelbat  mit  gröfserer  Sioherbeit  auf- 
halten können.  (S.  A.)  Denn  der  Würgengel  war  über  die 
arme  Stadt  hereingebrochen  und  ging  schonend  fast  an  keiner 
Thüi  vorüber.  Mannard'a  zurerläRsige  Beimcfaionik  giebt  die 
Zahl  der  1551  Dahingerafften  auf  840  au,  wahrend  aonat  der 
Tod    sich  mit  50,  60,  70  Jahreeopfern  za    begnügen  pflegte. 

Qraf  Günther  hatte  sich  um  der  Pest  willen  auf  sein 
Haus  nach  Gehren  begeben.  Die  balsamischen  Lüfte  der 
Thüringer  Waldberge  galten  schon  damals  für  besondera  heil- 
sam. Rühmte  doch  schon  Mutianus,  der  ehrenwerte  Kanonikus 
zu  Gotha,  mit  beredten  Worten  seine  Soromerfrische  zu  Ober- 
achönau!  Aber  der  Festilens  hielten  auch  die  hochgelegenen 
Städtchen  des  Qebirgs  nicht  stand.  So  drang  die  unheimliche 
Seoche  damals  auch  nach  Königsee  vor.  Deshalb  boten  die 
Grafen  Sans  Albrecht  und  Georg  von  Hansfeld  eine  Behau- 
sung zu  Bömhild,  die  sie  von  Berlhold  von  Henneberg  er- 
kauft, Graf  Günther  zum  zeitweiligen  Wohnsitz  an,  dafs  er 
daselbst  mit  den  Seinigen  zu  gebieten  und  zu  verbieten  völlige 
Macht  habe  und  was  das  Haus  vermöge,  ihm  stets  gefolgt  werde. 

Graf  Günther  donkte  für  das  freundliche  Anerbieten  und 
blieb  zum  Gehren.  Noch  feierte  er  den  Martinstag  mit  den 
Seinigen  wohlgemut,  aber  abends  nach  zehn  fand  man  den 
Grafen,  vom  Schlag  getroSeo,  tot  in  seinem  Schlafzimmer. 

Hoch  im  besten  Mannesalter  wurde  so  Graf  Günther  aus 
einem  Leben  abgerufen,  das  in  einer  erregten  Zeit  der  Kon- 
flikte, in  der  das  dj'uastisohe,  das  deutsche,  das  religiöse  Inte- 
resse nirgends  zusammenstimmten,  raschen  Wechselfällen  anheim- 
flel.  Die  Grafschaft  verlor  in  ihm  einen  milden,  umsichtigen, 
thätigen  Landeaherm,  dem  das  Wohl  seiner  Unterthanen  stets 

Herzen  lag.  Eine  von  den  grofsen  Ideen  der  Befoi- 
mation  in  ihren  Tiefen  ergriffene  Natur  ist  er  nicht  gewesea. 


MDi^^l 


\Q^  Graf  Gfintber  der  Reiche  Ton  Sehwarsburg. 

Um  des  lieben  Friedens  willen  zeigte  er  sich  auch  in  reli- 
giöeen  Dingen  yielleieht  allzu  nachgiebig. 

Ein  hoher  Herr  reicher  Geisteebildang,  war  er  yoll  warmen 
Eifers  den  Segen  einer  solchen  auch  seinen  Söhnen  zu  yer- 
erben.  In  dieser  Fürsorge  für  die  Nachkommenschaft  — 
es  blühten  den  Eltern  auch  drei  Töchter  empor,  die  sich  in 
die  alten  Qrafenhäuser  der  Mansfelder,  der  Isenburger  und 
Oldenburger  yerheirateten  —  stand  ihrem  Gemahl  seine  treff«^ 
liehe  Gattin  zu  aller  Zeit  auf  das  treueste  zur  Seite.  Von 
ihrer  herzlichen  Anteilnahme  für  Geistliche  und  Lehrer  weifs 
der  Chronist  zu  berichten.  Auch  die  Mädelinschule  zu  Son- 
dershausen,  wohl  wie  anderwärts  damals  noch  ein  mifsachtetes 
Stiefkind,  durfte  sich  ihrer  mütterlichen  Obhut  erfreuen.  Da& 
Gedächtnis  der  edlen  Gräfin  hielt  sich  in  ihren  Stiftungen 
mancherlei  Art  durch  Jahrhunderte  lebendig.  Selbst  den  kleinen 
Ghregorschülem,  ihnen  die  ersten  Anfänge  des  Lernens  lieb  und 
leicht   zu   machen,   stiftete    sie   ein   besonderes   Vermächtnis.. 

Nach  ihrem  Hinscheiden  fand  sie  ihre  Grabesruhe  neben 
ihrem  Gatten,  der  in  der  gräflichen  Grabkapelle  der  Lieb- 
frauenkirche bestattet  liegt.  Schlichte  Leichensteine,  in  der 
Wand  stehend,  weisen  die  Stelle.  Zu  den  Fülsen  seiner 
Eltern  wurde  seinem  letzten  Wunsche  gemäfs  auch  ihr  be- 
rühmter Sohn  Graf  Günther  der  Streitbare  beigesetzt,  nach- 
dem  sein  Leichnam  unter  Schwierigkeiten  besonderer  Art  au& 
den  Niederlanden  nach  Arnstadt  übergeführt  worden.  Sein 
schönes  Epitaph  im  Chorhaupt  der  Kapelle  mit  seinen  hoch» 
ragenden  Figuren  und  reichem  Wappenschmuck  fesselt  noch 
jetzt  die  sinnende  Betrachtung. 

Katharina  die  Heldenmütige,  welche  den  streitbaren  Ge* 
Bchwaderführer  der  Niederlande  wie  eine  Mutter  geliebt,  liegt 
zu  Eudolstadt  begraben. 

Da  das  Interesse  für  diese  hochherzige  deutsche  Frau  in 
neuester  Zeit  sich  wieder  lebhaft  regte  ^)  und  die  Quellen  für 


1)  Vergl.   O.  Walther,   Beitrag   zur   Lebensgesch.  der  Gräfin  Katha- 
rina  im  7.  Bande  dieser  Zeitschrift. 


f  Ofi&tbar  d«T  Brioha  von  Bohwmbnrg, 


105- 


I 

I 

I 


ihren  Lebensgang  doch  so  B^arsam  flielseu,  so  werden  im 
ADBchluTB  üa  des  Archivrat  Irroiech  Arbeiten,  die  leider  niaht 
die  verdiente  allgemeine  Beachtung  gefunden,  einige  Mit- 
teilungen an  dieeerStelle  gewifg  willkommeD  sein.  Mit  der  Zeit 
werden  auch  Arnstädter  Archivalieu  noch  einiges  geben  können.. 

Dak    die    hochherzige    Frau    dem    Grafen  Oünther    die 
Lßeung   jenes  VerhältuiBsee ,     das  sie  mit    der  ganzes  Wärme 
eines     reichen    Gemütes    erfaTete ,    nicht    nachgetragen ,    c 
spricht  ihr  Bemühen,  dem  zweiten  Sohne  des  Grafen  zu 
Bistum  Münster  zu  verhelfen. 

Der  BiBohof,  Graf  Volrads  von  Waldeck  Ohm,  war 
ein  gewaltiger  Schlemmer  seEbst  in  einem  Zeitalter,  das 
sagbare  Völlerei  wie  ein  EaiDBzeicheo  an  seiner  Stirne  trug, 
weit  und  breit  bekannt,  Äuoh  auf  jener  Hochieit  au  Waldeck, 
als  Volrad  Anastaeia  von  Schwarzburg  heimführte,  und  welohei 
auch  Graf  Günther  beiwohnte,  that  er,  wie  berichtet  wird, 
ein  fürtrefElich  Saufen.  Wenn  er  allzuvoll,  fielen  Pauken  und 
Trommeten  ein,  und  wenn  er  gegen  Uorgen  das  Lager  suchte, 
hatten  vier  und  auch  mehr  Mannen  vollauf  zu  thun,  den 
hohen  Eirchenfliraten  recht  zu  steuern. 

Sehon  dieee  Neigung  für  stark  Getränk  konnte 
Gleiohgewioht  seines  Hauahalte  nicht  förderlich  Bein.  DaM 
kam,  dafs  seine  Eoohin  und  ihre  Kinder  ihm  zwar  den  Beutel 
aber  nicht,  was  drin  war,  hefaen.  Zu  alledem  hatte  ihm  der 
Krieg  gegen  den  vielbeweibten  König  von  Sion  und  die  Ge- 
noBseu  des  tausendjährigen  Keiohes  ein  grofaes,  grofees  Geld 
gekostet.  So  war  der  BiBchof  von  Münster,  obwohl  er  auch 
die  Bistümer  Uindeo  und  Osnabrück  sein  eigen  nannte,  in 
arger  Klemme  und  gedachte  sein  Bistum  gegen  eine  statt- 
Hohe  AbstandsBumme  an  einen  Koadjutor  abzutreten. 

Kaum  hatte  die  Gräfin  Katbarina,  welche  in  Corbaoh 
ihrer  Tooht«r  Anastasia  wartete,  die  baldiger  Entbindung  ent- 
gegensah, von  diesem  Torhaben  des  hohen  Herrn  sichere 
Kunde,  als  sie  wie  ihr  Eidam  sich  mit  dem  Gedanken  trugeni 
die  Koadjutor  würde,  von  der  nur  ein  Schritt  zum  fiisohofs- 
stuhl,  dem  jungen  Grafen  Hans  Günther  zu  verschaffen. 


irme 
laOt^H 


X06  ^*^  Günther  der  Reiche  yon  Schwarzbarg. 

Yolrad  Bchrieb  denn  auch  an  dessen  Yater  (d.  16.  Sept. 
1551)  und  riet  ihm,  indem  er  auf  die  gegebenen  Yerhältnisse 
lündentete,  alsbald  einen  getreuen  Diener,  am  besten  wohl 
^en  Amtmann  yon  Enzenberg  nach  Westfalen  zu  entsenden. 
Die  Gräfin  Katharina  ihrerseits  weihte  unter  dem  Siegel  der 
Verschwiegenheit  diesen  geschäftsgewandten  Beamten  wenig- 
stens in  etwas  in  ihre  Pläne  ein.  Sie  hoffe  einen  Sohn  des 
•Grafen  Günther  zu  einem  grofsen  Fürsten  zu  machen,  „bit 
Auch  ir  wolt  zu  unserem  gevatem  sagen,  s.  1.  sollen  mein 
wolmeinet  getreu  hercz  gegen  s.  1.  kiner  und  der  grafschaft 
•Sohwarczburck  erkennen,  ow  ich  gleich  nich  yil  freundschaft 
bei  s.  1.  haw,   welches   erger   auch   durch  bos  leut  herkom.^' 

Graf  Günther  glaubte  die  Pläne  seiner  Yerwandten,  oh- 
wohl  sie  ihm  nur  in  unbestimmten  Andeutungen  zur  Kenntnis 
kamen,  nicht  von  der  Hand  weisen  zu  dürfen.  Bald  war 
der  yon  Enzenberg  bei  Graf  Yolrad,  wo  er  Näheres 
«rfiihr.  Zurückgekehrt,  erstattete  er  seinem  Herrn,  welchen 
wie  wir  sahen,  wegen  der  Pestilenz  in  Gehren  Hof  hielt, 
«ingehenden  Bericht. 

Dann  ritt  er  wieder  eilends  zu  Graf  Yolrad  und,  yon 
•diesem  mit  Empfehlungsschreiben  yersehen,  nach  Iburg,  der 
Besidenz  des  Bischofs.  Graf  Günther  liefs  diesen  durch  seinen 
Abgefertigten  an  die  in  Leipzig  und  Köln  yerlebte  Jugend- 
zeit, wo  sie  in  fleifsigem  Yerkehr  gestanden,  freundlich  erinnern. 

Der  Bischof  machte  seines  Wunsches  ,ynun  zu  meren 
ruhen  sich  zu  begeben''  durchaus  kein  Hehl  und  riet,  dals 
der  junge  Graf  nach  Köln,  wo  er  Domherr  war,  gehen  solle, 
damit  sein  Name  in  gröüseren  Kreisen  bekannt  werde. 

Der  Kanzler  des  Bischofs  riet  noch  auf  dessen  Anzeige, 
dafs  der  junge  Herr  24  Jahre  alt  sein  müsse,  mit  groüser 
Gelassenheit,  „ime  em  par  jar  zcusetzen  wen  er  nur  sonsten 
erwachsen  wer". 

Enzenberg's  Forschungen  über  Abstandssumme,  über  die 
Yerehrungen  an  die  Kapitelsherren,  über  die  Kosten  des  Pal- 
liums, über  die  zum  Bistum  gehörigen  Ämter,  die  Zahl  der 
Lehensjunker,    der   Kriegspferde,    der  zum    Bistum  gehörigen 


Grkf  GHnthar  dar  Bdohe  Tsn  Schwinbarg. 

Klöster  waren  sehr  sorgaanj.  Auch  gab  er  treulich  Berioht'' 
über  die  Reise  caeh  dem  Uünaterland,  über  Wege,  Ent- 
fernungeo ,  Wirtahäuaer  —  aber  doch  zersohlug  eich  der 
Handel.  —  Der  Bischof,  in  eine  unglückliche  Fehde  ver- 
wickelt, verlor  auch  noch  1563  seine  Biatiimer  Miuden  und 
Oauabriick  und  starb  körperlich  und  geistig  gebrochen  und 
tief  TOrBchuldet  im  gleichen  Jahre, 

Jedenfalls  laasen  die  BemühuDgen  der  dem  EvaDgelium 
ao  warm  anhängenden  Qräfin  Katharina,  einen  Sprofs  des 
schwarzburgi sehen  Hauaes  auf  einen  Bischofsetuhl  zn  bringen, 
desaen  Inhaber  noch  kurz  zuyor  beschworen  müseeu,  dafa  er 
gut  katholiech  sei,  eiuen  eigentümlicheu  Blick  in  jene  Zeiten 
des  Übergangs  thun ,  in  welche  die  Macht  althergebrachter 
Gewohnheiten  immer  von  neuem  eich  eindrängte. 

Der  junge  Graf  Hans  Günther  wandte  sich  naoh  Beines 
Yater«  Tode  mit  Entschiedenheit  weltlicher  Thätigkeit  zu  und 
in  der  blutigen  Sohlacht  bei  Sievershanaea  1563,  welche  dem 
Kurfürst  Uoritz,  wie  sein  wilder  Gegner  Markgraf  Aloibiades 
höhnte,  das  Licht  auabliea,  hat  er  sich  als  wackerer  Kriege- 
mann auf  Seiten  seines  Lehnsherrn  erwieaen.  Er  ist  bekannt- 
lioh  der  Begründer  der  Sonderahäuaei  Linie  des  schwarz- 
burgiachen  Fürstenhauses. 

AU  im  Uai  des  gleichen  Jahres  Herzog  Heinnoh  von 
Srannschweig  seinen  Bnndesgenosaen ,  den  fränkischen  Bi- 
«ohöfen,  zuzog,  war  ea  die  Gräfin  Katharina,  welche  die  jungen 
■SohwarKburger  Grafen  von  Schraplau  aus  erauchte,  dafa  sie 
^ich  ihr  Wittum  in  der  böaen  Zeit  als  ihr  eigen  Land  be- 
fohlen lassen  sein  möchten.  „Dan  ich  besorg  ser,  der  zuok 
werd  da  zugen ;  ich  weit  geren  heim,  ao  besorg  ich,  ich  kom 
in  den  zuck;  e.  1.  mögen  das  ir  mit  äeie  waren,  daa  haw 
«.  l.  ich  ala  treue  muter  nit  kon  verhalten." 

Die  Gräfin  war  mit  ihren  Wittumsämtern  Rudolstadt 
und  Blankanburg  zu  den  Jungen  Grafen  in  dieselben  Be- 
ziehungen eingetreten,  in  denen  sie  zu  Graf  Günther  dem 
Reichen  gestanden.  So  finden  eich  denn  aua  diesen  Zeiten 
in  dem  Fürstlichen  Landeaarchir  zu  Sondershausen  mancherlei 


"[Qß  Graf  Gfinther  der  Beiohe  Ton  Schwarzbarg. 

ZuBohriften  yon  ihr,  welche  geschäftliche  Angelegenheiten 
und  deren  Erledigung  2um  Gegenstand  haben,  wie  hinwiederum 
andere  uns  Blicke  in  ihr  reiches  Gemütsleben  erschlielsen.^ 
Wie  sie  für  gefangene  Holzfreyler  ein  Wort  warmer  Fürbitte 
einlegt,  sucht  sie  bei  den  jungen  Grafen  thatkräftige  Anteil 
nähme  an  dem  harten  Geschick  der  Familie  YitEtum  in 
Angelrode  wachzurufen,  bei  welcher  die  Bürgen  einzureiten 
drohen. 

Dem  ehemaligen  Verlobten  ihrer  Tochter  Amelei  bewahrt 
sie  fort  und  fort  ein  mütterliches  Gedenken«  Bei  seiner  treff- 
lichen Mutter,  der  Gräfin  Elisabeth,  ,,ihrer  freundlichen  herz* 
liewen  gevater^'  ei^undigt  sie  sich  nach  dessen  Ergehen  iik 
dem  fernen  Niederlande,  als  der  junge  Eriegsmann  1554  im 
kaiserlichen  Heere  gegen  Frankreich  zog.  „Dan  mich  im 
herczen  nach  s.  1.  und  yon  s.  1.  froliche  botschafb  zu  ervaren 
yerlangt" 

Auf  einer  Heimreise  yon  Waldeck  wollte  sie  auch  Graf 
Günther,  da  derselbe  für  kurze  Zeit  in  Sondershausen  war,. 
einen  Besuch  machen.  Allein,  bemerkt  sie,  „es  legten  eich 
meine  pfer  nieder  und  sturwe,  das  ich  nirgent  hin  kon''.  Ba 
muXs  sie  sich  daran  genügen  lassen,  dem  Grafen  einen  jener 
schönen  grofsen  Thonkrüge,  wie  sie  in  Waldeck  gefertigt 
wurden,  als  Zeichen  ihres  freundlichen  Gedenkens  durch  einen 
Boten  zuzuschicken. 

Doch  trafen  sie  sich  in  Sohraplau,  einem  mansfeldischen 
Städtchen,  wo  die  treffliche  Anastasia  mit  ihrem  Gatten  öfters- 
Hof  hielt;  dann  wieder  in  Weimar^  wohin  die  junge  Herzogin,, 
welche  „auf  den  wochen  gehen  wolle",  die  Gräfin  eingeladen« 

Solch  mütterliche  Zuneigung  bewahrte  dieselbe  dem 
Grafen  auch  dann  noch,  als  derselbe,  nun  ein  weltkundiger 
Herr  yon  reichen  Erfahrungen,  sich  mit  Eätchen  yon  Nassau 
yerheiratete. 

Als  auf  dem  schönen  Schlosse,  das  sich  der  Graf  in 
Arnstadt  erbaut,  zur  glanzyoUen  Heimfahrt  gerüstet  wurde 
(Noyember  1560),  welcher  auch  Prinz  Wilhelm  yon  Oranien 
beiwohnte,    erbot   sich   die  Gräfin   yon  Schlofs    Eisenberg   in 


Graf  Günther  der  Beiehe  von  Sehwambiurg.  209 

Waldeok  aos,  allerei  Fronkgesohirr  yon  Rudoktadt  gen  Am* 
«tadt  überführen  zn  lassen:  ,»eine  yeine  oonvecktschalen, 
darin  ich  meinen  jnnckyem,  wen  sie  breut  gewest  seind,  haw 
laa  furdragen,  deller,  loffel,  etlioh  beoher,  drei  silweme  leuohter 
und  was  ich  kan  gelangen  lassen.  woU  got,  ich  wer  drin, 
ich  weit  es  also  mach,  das  e.  L  mei  dreu  willig  heroi  seen 
eolt.^  Doch  hoffte  sie  selbst  noch  zu  der  grofsen  Feier,  an 
welcher  yiele  ans  ihrer  Freundschaft  Anteil  nahmen  —  8000 
Pferde  zogen  durch  die  Thore  der  Stadt!  —  sich  einfinden 
au  können«  ,,0w  ich  nit  im  anyanck  kont  kome,  das  ich 
doch  noch  zun  end  kand  komen;  ich  weis  ir  yiel,  da  ich 
gern  bei  wer/' 

Ja,  die  hochherzige  Ghräfin,  so  treu  sie  zur  Kirche  und 
ihren  Dienern  stand  ^),  neigte  aueh  in  späteren  Jahren  nicht 
au  weltflfiditiger  Frömmigkeit. 

Die  reizenden  Umgebungen  ihres  Wittumssitzes ,  die 
lebensvollen  Gewässer  der  Berge  und  die  majestätische  Pracht 
der  Wälder  luden  zu  den  Freuden  des  Fischfangs  und  zu 
fröhlicher  Jagd.  Hoch  bansten,  wie  Wildschwein  und  Hirsch^ 
aneh  Wolf  und  Luehe  und  Braun,  der  König  der  deutsehen 
Tiamga,  in  dem  sehluditenreichen  Gebirge.  Amvtädter  Wald* 
reehnmigen  ersählen  Ton  näditKebea  Wolfujagdea  b«i  tMk4fU 
seheitt  und  Trozunetensdiall,  und  däb  iw  BUreA  hUff  t)#1, 
waila  sdbai  Karoloa  Qaiatw  ia  sehieA  K(}mm4mUlf^  im  fy#- 
liehten. 

Aber  das  «aerbitlKehe  Aker  m1i»(Uf  a^fc  Arf  if^rM^if  m 
finMshen  Oitfn.  Da  trat  iie  dte  KmI^M^J«^  in  ikfm^  ti*' 
bieten  (1666)  an  Graf  Gtetlber  w«4  ^fimH  HfH4s99  i^  hh4 
bedang  sieh  ak  Batediidiimif  jßt^^nik  4M*i  M«a*  iffA^uUif 
ffiiaehe  und  der  WildsAwiiiM  vj«^.  tm  Usrin^  u^^  4e*- 
aelben  Jahres  entsandt»  ufat?  Jtow  4^4«  imtamMi  iM^g4kMchi 
Andreas  mii  Mwmm  Lmt^  im4  rid^  /egdto»dW;  4ie  m«  ibres 


IIQ  Graf  Günther  der  Reiche  von  Schwarzburg. 

ich  beseer,  so  geb  iob  besser.^*  Doch  spendet  sie  dem  groüsen^ 
Iieithund  ihr  Lob  und  rät,  solche  Art  zu  halten,  ^^dan  was  man  yon^ 
im  zeugt  (zieht),  sucht  alles  die  sau  und  beren  (Bären)  gern''.  Wie 
,,ein  alter  weitman''  giebt  sie  'auch  die  Namen  der  Hunde» 
,,der  hund  mit  dem  weifsen  ring  umb  den  hals  heis  fe,  ist 
feenardt;  der  braun  heist  muller,  der  falbe  heist  wieder  anf 
der  yierd  heifst  glock,  den  wolle  e.  1.  ja  wol  waren  lassen, 
das  er  nit  verloren  wer;  den  der  jeger  weis,  (dafs)  er  das 
will  (wild)  zwen  dag  oder  lenger  an  einander  jagen/' 

Die  gemütvolle  Frau  unterläfst  es  nicht,  den  alten 
Jagdknecht,  „der  sein  stucklein  brod  auch  auf  ein  kleins 
rentlein  gössen",  der  Huld  des  Grafen  noch  insbesondere 
zu  empfehlen,  den  sie  auch  bittet  ihr  grosbot  (Grufsbote)  zu 
sein  und  der  lieben  Gemahl  „vil  muterliche  treu  und  alles 
gut  zu  sagen.  „Bevil  bete  (beide)  e.  1.  in  gotes  genat  und 
Bchucz,  der  helve  uns  allen  frolich  und  gesond  zusamen!" 

Schon  zwei  Jahre  später,  den  7.  November  1567,  starb 
Gräün  Katharina  in  ihrem  59.  Lebensjahre.  Ist  sie  so  nicht 
zu  hohen  Jahren  gekommen,  so  blieb  ihrem  mütterlichen 
Herzen  ein  grofser  Schmerz  erspart.  Ihr  jüngstes  Kind  Anna 
Maria,  an  den  Grafen  Samuel  von  Waldeck  zu  Wildungen 
vermählt,  führte,  ihrer  trefflichen  Mutter  unwürdige  Tochter, 
nach  ihres  Gatten  Tode  (1570)  einen  so  ärgerlichen  Lebens- 
wandel, dafs  sie  auf  Gutbefinden  des  Lehnsherrn,  des  Land- 
grafen Wilhelm  von  Hessen,  sowie  ihrer  Anverwandten  des 
hennebergischen  und  schwarzburgischen  Grafenhauses  ins 
Kloster  Hönscbeid  abgeführt  und  dort  bis  zu  ihrem  Tode  ge- 
fangen gehalten  wurde. 

Die  Gräfin  Katharina  fand  ihre  Grabesruhe  unfern  des 
Altars  in  der  Stadtkirche  zu  Eudolstadt,  welche  den  hohen 
Namen  trägt  „zur  Ehre  Gottes". 

Wie  das  Gedächtnis  der  treuen  Landesmutter  da,  wo 
sie  wohnte  und  wirkte,  wird  der  Name  der  heldenmütigen 
deutschen  Frau  in  der  Geschichte  unseres  Volkes  unsterblich 
fortleben. 


II. 


Geschichte 
des  Klosters  Cronschwitz, 


Von 

A 


Dr.  Berthold  Sehmldt. 


I.    Litteratur  und  Quellen. 

A.n  die  Geschichte  eines  kleinen  yogÜändisohen  Jnng- 
frauenklosters,  wie  Cronsohwitz  bei  Weida,  darf  man 
keine  zu  grofsen  Anforderungen  stellen.  Nicht  bedeutsame 
historische  Vorgänge,  sondern  nur  ein  bescheidenes  Stück 
des  mittelalterlichen  Kulturlebens  mit  seinen  Licht-  und 
Schattenseiten  steht  allenfalls  zu  erwarten.  Aber  doch  sind 
schon  wiederholt  Versuche  gemacht  worden,  die  Geschichte 
dieses  Klosters  zu  schreiben.  Zuerst  hat  solches  der  als 
Forscher  der  yogtländischen  Geschichte  bekannte  Grei- 
zische  Archivar  Johann  Gottfried  Büchner^)  in  seinem 
1732  anonym  erschienenen  Buch:  Erläutertes  Vogtland  unter- 
nommen ^).  In  späteren  Jahren  plante  er  dann  noch 
eine  ausführlichere  ^^diplomatische  Nachricht"  von  Cronschwitz 
herauszugeben,  starb  aber  darüber  hinweg,  und  sein  Manu- 
skript gelangte  durch  y,hohe  Gnade"  in  die  Hände  des  Höfer 
Gymnasial-Eektors  Paul  Daniel  Longolius,  der  für  die  Ge- 
schichte des  bayrischen  Vogtlandes  noch  immer  erste  Autorität 
ist.  Longolius  nun  sammelte  bezüglich  Cronschwitz  eifrig 
weiter  und  machte  1766  in  seinem  ^^Vorrath  allerlei  brauch- 
barer Nachrichten"   ein   Verzeichnis  von    46   Urkunden   des 


1)  Wegen  seiner  übrigen  historischen  Arbeiten  vergl.  Limmer,  Ent- 
wurf einer   orknudlichen  Geschichte   des  gesamten  Voigtlandes  I.  S.  23  f. 

2)  S.  288  ff.  unter  der  Überschrift :  Fundation  des  Klosters  Cronsch- 
witz bey  MUdenfnrth  von  der  edlen  Frau  Jutta,  gebohmen  Frey-Frau 
oder  Voigtin  von  Weyda,  A.  1889  geschehen. 

XVI.  8 


j^]^4  Öescbichte  des  Klosters  Cronscliwit^. 

Klosters  in  Begestenform  bekannt^);  dieselben  scheinen,  so- 
weit sie  nicht  aus  dem  Biichnersohen  Nachlasse  herstammen, 
dem  alten  Schleizer  Hausarchiy  entnommen  zu  sein.  Drei 
Jahre  später  kündigte  er  „Büchners  genaue  Geschichte  des 
Klosters  Kronswiz  bei  Weida  um  vieles  yermehrt.  1  Alphabet^' 
an  und  suchte  einen  gefälligen  Verleger  dazu  ^),  Doch  auch 
Longolius  starb,  ohne  solche  Drucklegung  auszuführen,  und 
seine,  sowie  Büchners  Sammlungen  sind  seitdem  spurlos  ver- 
schwunden ^). 

Hierauf  hat  der  bekannte  Limmer  in  seiner  urkund- 
lichen Geschichte  des  Vogtlands  (1825  f.)  einige  hübsche  Bei- 
träge zur  Geschichte  unsers  Klosters  geliefert  Besonders  hat 
er  jene  wichtige  handschriftliche  Aufiseichnung  über  die  Grün- 
dung von  Cronschwitz  wieder  aufgefunden  und  benutzt^). 
Einen  Teil  derselben,  doch  nach  sehr  mangelhafter  Abschrift, 
hat  später  der  Freiherr  K.  Chi.  von  Beitzenstein  im  40.  Jahres- 
bericht (1869)  des  vogtländischen  altertumsforschenden  Ver- 
eins in  Hohenleuben  unter  dem  Titel  „Chronik  des  Klosters 
Kronschwitz"  veröffentlicht. 

Das  von  ihm  ebendaselbst  gegebene  Verzeichnis  der 
Priorinnen,  Nonnen  und  Ordensgeistlichen  ist  ungenau  und 
lückenhaft  ^).  Von  der  romanartigen  Darstellung  der  Kloster- 
geschichte  bei  Hahn  ^)  kann  hier  abgesehen  werden. 

Neuerdings  endlich  hat  der  Saperintendent  Walther  in 
Weida  dilB  bisher  bekannten  Nachrichten  über  das  Kloster  in 
gedrängter  Form  zusammengestellt.  Neues  bringt  derselbe  hier 
nicht,  doch  war  das  auch  nicht  die  Aufgabe  des  Verfassers, 
da  er  in  erster  Linie  über  Weida  schreiben  wollte^). 


1)  Fach  m,  1  Stück.  S.  3  f^  nnter  der  Überscfarift :  Verzeichnis  der 
vorrätigen  Urkunden  vom  Kloster  Kronswiz. 

2)  Longolische  Beschäftigungen  S.  467. 

3)  Vielleicht   durch   den   grofsen  Hof  er    Brand   von    1823   mit   ver- 
nichtet. 

4)  Limmer  a.  a.  O.  II.  S.  366  ff.  u.  III.  S.  876. 
6)  S.  1  ff. 

6)  Gesch.  von  Gera  (1860)  S.  208  ff.  u.  439  ff. 

7)  Walther,    Das   alte  Weida,  S.  30  im   60.   Jahresber.    des  vogtl. 
altertumsforsch.  Ver.  S.  89  ff. 


Oescillchte  des  Klosters  Cronschwiti. 


I 


Die  verlorenea  Arbeiten  von  Büchner  uod  Longolius 
werden  sich  aber  wohl  auf  kein  anderes  Material  gestützt 
haben,  als  auf  das  noch  heute  yoThandene.  Dazu  gehören  in 
erster  Linie  seine  für  die  Kleinheit  des  Stiftes  immerhin  sehr 
zahlreichen  Urkunden.  Die  Kauptmasse  derselben  befindet 
sich  jetzt  im  Geh.  Haupt-  und  Staatsarahiv  zu  Weimar.  Eh 
liegen  hier  157  Originale  und  vidimierte  Abschriften,  die  nach 
Aufhebung  des  Klosters  im  Jahre  1536  ohne  weitere  Um- 
wege dorthin  gelangt  sein  mögen.  Zu  dem  alten  Eloster- 
archiv  gehörten  femer  auch  einige  auf  das  Gut  Strofsherg  bei 
Flauen  bezügliche  Urkunden,  die  weit  verschleppt  worden 
sind.  Noch  zu  Anfang  unseres  Jahrhunderts  beenden  sie  sich 
im  Archiv  des  Rittergutes  Neundorf,  wozu  Strafsberg  nach 
der  Säkularisierung  des  Klosters  geschlagen  war').  Hierauf 
hatte  sie  ein  gewisser  Architekt  von  Botst  aus  München,  als 
er  eich  1836  in  der  Plauener  Umgegend  aufhielt,  von  einem 
Einwohner  in  PÖh!  billig  gekauft  und  bot  sie  dem  vogt- 
landischen  altert  um  sforschen  den  Verein  in  Hobenleuben  zum 
Ankauf  au.  Das  Direktorium  ging  aber  —  wohl  aus  Spar- 
samkeitsrücksichten^)  —  nicht  darauf  ein,  und  so  hat  von 
Dorst  die  Dokumente  endlich,  nachdem  er  von  Uiinchen  nach 
Görlitz  übergesiedelt  war,  dem  damaligen  Sekretär  der  ober- 
lausitzischen  Oesellschaft  der  'Wissensohafteu,  Stadtrat  Köhler, 
geschenkt  oder  verkauft.  Durch  letzteren  sind  die  Stücke, 
8  Originale,  dem  Archive  des  genannten  Vereins  einverleibt 
und  durch  E.  Struve  im  50.  Bande  des  neuen  L au siti.- Magazin 
varöft'entlieht  worden^), 

1)  Limmer  ■.  a.  0.  S.  401  Anm.  J 

i)  Dann  dor  Im  IS.  Jahresbericht  das  Vereins  S.  67  aDgegebsD»  ■ 
Orniid,  äiSs  die  OrkundBo  nicht  Ton  gro&er  gescbicbtlichen  Bedeatang  nnd  ' 
fut  Oille  scbon  von  Limmer  benutzt  wKren,  klingt  doch  etvas  zweifelhaft. 
3)  12.  Jahresbericht  de>  vogtlün  diseben  Altertums  Vereins  S.  89; 
13.  Jahresber.  desselben  S.  ES  f.;  Neues  Lausitzer  Magixin  SO.  S.  147  ff. 
Zorn  Neueudorfor  Arohiv  gehörten  ferner  wohl  fi  nur  aus  Trommler, 
Samml.  z.  Gescb.  des  Vogtlundea  S.  196  tf.  bekannte  Stücke,  sowie  S 
kuTfUrallicbe  Dokumente  von  1E41  a,  1618,  welche  Limmer  a.  a.  O.  UI. 
S.  S7S  UDfilhrt. 


1][6  äetcliichte  des  Klosters  ÖronschwitsB. 

Abgesehen  zunächst  von  einzelnen  hier  und  da  zerstreuten 
Originalen,  schliefsen  sich  hieran  die  Akten  des  Klosters,  bei 
denen  sich  zuweilen  auch  die  Kopien  älterer  Stücke  finden. 
Besonders  sind  dabei  folgende  Akten  des  sächsischen  gemein- 
schaftlichen Archivs  in  Weimar  zu  yerzeichnen: 

1)  Schrift  betr.   die  Eeformation   des  Kl.  v-  1479.— 1497. 

2)  Schrift,  betr.  die  Irrungen  des  Klosters  mit  dem  Pfarrer 
zu  Schmölln  wegen  Ungehorsams  etc.  y.  1480. 

8)  Schrift,  betr.  das  Gesuch  des  Kl.  um  Unterstützung  mit 
Holz  beim  Klosterbau  y,  1482. 

4)  Schrift,  betr.  die  Beschwerde  des  Kl.  gegen  den  Herrn 
.  yon  Gera  wegen  Yerbotes  der  Abgaben  an  das  KI.  im 

Dorfe  Waltersdorf  y.  1486. 

5)  Schrift  betr.  die  Irrungen  des  Kl.  mit  Götz  yon  Wol- 
fersdorf  zu  Berga  wegen  der  Gerichtsbarkeit  yon 
1488—1492. 

6)  Schrift,  betr.  die  dem  Kl.  zustehende  Gerichtsbarkeit 
innerhalb  seiner  Mauern  y.  1488. 

7)  Schrift,  betr.  die  (Irrungen  des  Kl.  mit  Nickel  yon  Endo 
zu  Kaimberg  wegen^erweigerung  eines  mit  dem  Pfarrer 
zu  Bonneburg  geplanten  Ghitswechsels  y.  1492. 

8)  Schrift,  betr.  die  Eintreibung  einer  Forderung  des  Kl. 
an  Hans  und  Kaspar  Sack  y.  1502. 

9)  Schrift,  betr.  die  Irrungen  des  Kl.  mit  der  Kalands- 
brüderschaft  in  Schmölln   wegen  des  Spoliums  y.  1504 

-1617.   ^^/  •//  .^-v  ^'^ti^,  >;  m/^.rß 

10)  Schrift,  betr.  die  Irrungen  des  Kl.  mit  denen  yon 
Wolfersdorf  zu  Berga  wegen  der  Ansprüche  ihrer 
Schwestern  auf  das  yäterliche  Erbe  y.  1606—1607. 

11)  Schrift  betr.:  a)  die  durch  Bückkehr  der  im  Bauern- 
kriege entlaufenen  Mönche  entstandene  Unordnung  im 
Kl.  und  deren  Aufreizung,  zum  alten  Glauben  zurück- 
zukehren. —  b)  Irrungen  mit  dem  Herrn  yon  Gera 
wegen  unbefugter  Einsetzung  eines  Kloitoryorstehers 
und  Annahme  der  Kleinodien  des  Kl.  -—  o)  Einsetzung 

ii  %>,  des  eyangelisohon  Predigers   und    der   deswegen  ausge- 


Gasuhichta  des  Klosters  Cronsebiriti. 


ur 


brocheoe  Zwiespalt  im  El.  —  d}  Die  Besetzung  der 
Ffarretelle  durah  Luther  und  Uetanohthon  y.  1S2& 
—1529. 

12)  SchrifL  betr.  die  Irruugeo  des  Rl.  mit  dem  BeuIseB 
zu  Greiz  wegen  eines  Holzes  und  wegen  einer  eigea- 
mäohligen  Priesterwahl  in  Konneburg  v.   1528, 

13)  Schritt,  betr.  die  Visitation  dea  KI,  durch  kurfürstl. 
Eommiesaiion  v.   1529. 

14)  Schrift,  betr.  die  Eapitalausetände  des  Kl.  bei  den 
Keulsen  bu  Greiz  und  einigen  Adligen  v.   1535. 

Obige  No.  1 — 14  sind  in  der  Weimarachen  Registrande 
Kk.  p,  33—34  unter  No,  11  eingetragen  i).  Weiter  finden 
sich  in  diesem  Archiv: 

15)  Viaitationsakten  des  Kl.  v.  1529 — 1538;  Eegistr.  Ji» 
Fol.  16^  40b,   100—103,   132^ 

16)  Akten  betr.  die  Sequestration  und  Aufhebung  des  Kl, 
V.  1531—1543;  Kegistr.  Oo.  p.  792,  3&  yj-f-Z/j"'*'-' 

17)  Rechnungen  des  Kl.  v.  1531  ff.j  Registr.  Bb.  p.  3687. 
Nächst    den    Weimarachen    Archiven    enthält     noch    das 

Schleizer  Hausarohiv,  dem  auch  die  Originale  des  früheren 
Geraischen  Hausarehivs  einverleibt  eind,  einiges  Material  für 
die  Geschichte  des  Klostere.  Es  liegen  hier  zunächst  6  Ori- 
ginale von  1328 — 1487,  meistens  Verpflichtungen  des  Klostere 
zu  Jahrgedüchtu lesen  für  das  Haus  Gera  enthaltend.  An 
Kopien  und  Akten  aber  komraen    daselbst  noch  in  Betracht: 

1)  das  Bruchstück  eines  Cron  schwitz  er  Kopiales  aus  dem 
Ende  des  15.  Jahrb.  mit  11  Urkd.-Kopion  v,  1248— 
1359,  wovon  nur  eine  noch  im  Original  erhalten  ist 
(vergl.  dazu  mein  Drkdb,  der  Vögte  von  Weida  etc, 
I,  No.  94,  358  und  Vorbericht  S,  IX), 

2)  Schrift,  betr.  den  Streit  der  Heneohaft  Gera  mit  dem 
Kl.  wegen  der  Zinsgefalle  aus  Lusan,  Schöna,  Walters- 


I 
i 


1)  TargL   su   diea«D  Bsgislr.    Bnrkbardt,   Abiib   der   Queh.  des.  S, 
\   Erosst.  Quamt-ATcbivea   ia  Weimar,  in   v.  Lühsr,   Archiiol.  Zt«cht.  HL 


113  G«tdiieht6  des  Klostert  Cronschwitz. 

doif,  Hundhaupten,  Zwötzen,  Trebnitz  and  Scbwaara 
T.  1486/87  mit  9  Abschriften  y.  1250— -1359,  wovon 
ebenfalls  nur  eine  im  Original  bekannt  ist;  Eegistr. 
V.  Xn.  Fol.  1  ff.  (s.  ürkdb.  der  Vögte  L  Vorbericht 
S.  IX  und  No.  889). 

3)  Schrift,  betr.  die  Nonne  Anna  von  Gera  y.  1499 — 1540; 
Begistr.  A.  I.  FoL  147  ff. 

4)  Schrift,  betr.  Ansuchung  der  kurfürstl.  Sequestratoren 
in  Meifsen  und  Vogtland  an  den  Herrn  yon  Gera 
a)  wegen  Eüokgabe  eines  aus  dem  El.  stammenden 
Fergamentbüchleins ,  b)  wegen  strittiger  Klosterzinsen 
aus  den  geraischen  Dorfschaften  y.  1535;  Cronsch witzer 
Elostersachen,  Nachtrag. 

^  5)  Schrift,  betr.  die  Irrungen  der  Herren  Reufs  mit  Kur- 
sachsen wegen  obiger  Zinsen  y.  1567 — 1669;  ebenda. 
Weiter  finden  sich  einzelne  Originale  und  Kopien  des 
Klosters  zerstreut  in  den  Archiven  oder  Bibliotheken  yon 
Altenburgi  Bamberg,  Dresden,  Eger,  Jena  und  Zwickau.  Es 
sind  dies  13  Stück,  darunter  8  Originale,  und  es  handelt  sich 
auch  hier  meistens  um  Urkunden,  welche  die  Verpflichtungen 
des  Klosters  an  andere  verbriefen  ^).  Endlich  sind  noch  6 
nur  aus  Drucken  bekannte  Stücke  zu  erwähnen'). 

n.    Die  Gründung  des  Klosters. 

Der  Ort  Cronschwitz*)  liegt  */^  Stunde  nordöstlich  von 
Weida,  am  linken  Ufer  der  Elster  auf  der  sanft  ansteigenden 
Thalsohle  des  Flusses.  Der  Name  desselben,  urkundlich  Grons- 
wiz,  Gronewicz,  Grüns-,  Korns-,  Ghrons-,  Gronschewitz  etc. 
geschrieben,   ist  zweifellos  slayisch^).     Auch   die   Bewohner- 

^  l)^rkdK  der^ögte  I.  No.  70,  247,  420,  421,  506 ;  II.  No.  181, 
m,  25?',  af^ü.  427 ;  ferner  Urkd.  von  1488  April  20,  1440  Juli  25 
u.  1545  Febr.  6. 

2)  Ebenda  I.  No.  265,  266,  810,  360,  528,  614. 

3)  Auf  neuern  Karten  auch  fölscfalich  Kronspitz  geschrieben. 

4)  Man  hat  den  Namen  von  dem  slavischen  krufiwica,  der  Birnbaum, 
(ableiten  wollen   (s.   40.  Jahresber.   des  vogtl.  Altertumsver.    S.  22   und 


GeachUbte  des  Kltutcrs  CroiuohwilK. 


1191 


I 
I 


Bchaft  der  Gegend  scheint  bis  in  den  Anfang  dee  13,  Jahc- 
hunderta  noch  vorwiegend  aue  Slaven  bestanden  zu  haben  ;^fl 
denn  in  der  BegtätigungBurkuDde  des  nahen  Kloetors  Mitdea-C 
furth  von  1209  ist  von  der  alavica  villa  Uildeuvocde ' )  die  1 
Bede.  Ebenso  beweist  die  hier  mehrfach  zu  ündeude  Er~ 
wahnung  der  novalia,  der  frischen  Eodungen,  deutlich,  dafs 
die  eiserne  Pflugschar  des  deutsch  eu  An  sied  lere  erst  seit 
vrenigen  Jahren  begonneu  hatte,  den  slavischen  Holzhakon 
SU  verdrängen.  In  der  berührten  Urkunde  beatatigeu  aber 
die  Söhne  des  Stifters  tou  Mildenfurth  die  väterlichen 
Schenkungen  an  dieses  Kloster  und  fügen  auch  selbst  noch 
eine  stattliche  Reihe  von  Besitzstücken  hinzu,  darunter  vier 
Uufen  im  Dorfe  Cronsohwitz.  Hier  ako  wurde  1238  von 
Jutta  von  Gera,  der  Ahumutter  des  leufsiechen  Hauees,  ein 
Nonnenkiostet  gestiftet  Die  fromme  Legende  woifs  darüber 
folgendes  zu  berichten : 


Das  oloste 


chwitz  betreffeD[d], 
1  fundatioß. 


Im    nhamen    der  heiligen    und    ungetayllten    drejfalldig- 
keytt  seyliglich  amen.     Als  mhan  hat  gescbriben  nach  Cristi 

Neoas  Lausiti.  Magazin  50.  B.  154  Änin.) ;  doch  lisgt  hiei  ober  alna  piiio-  I 
njmiscbo  AbliUang  vor.  Violletcht  ist  det  SUmm  krtma,  Ecooe,  dM  ' 
TheniB  daxn.  An  diesis  aJs  ParsDnannaniB  gebrauchta  Wort  tr&t  dann 
hJs  bypokoristUche  Weiterbildung  oder  Koseform  du  SafSx  oA  and  hieran 
die  Bufäie  -ow  und  -ici  (jünger  tco),  von  denen  das  erste  daD  Be- 
Gitz  der  PeraOD  und  das  aveile  die  aacbkomm enden  Bevohner  des  Ortes 
anzeigen  (nach  freundlicher  Uilt«ilDiig  das  Herrn  Archivars  QiadI  in 
£ger).  Danach  würde  alao  Cronscburita  so  viel  bedeuten,  wie  der  Ort, 
wo  die  Nachkommen  im  Besitze  das  kleinen  Krön  wohnen.  Vargl.  a. 
UikiDsich,  Die  Bildang  der  itlaviacben  Peraonennanteai  S.  S82,  and  Jahr- 
bilcber  des  Vereins  fUr  mecklcuburgiBcbe  Geacb.  nie.  46.  S.  TT. 

1)  Urkdb,    der    Vogle    I.    No.  38.       Dieae    «lavica    Villa    Mildenvorde 
I   anderes   als   das  beutige  WQnscbendorf  (ans  Wendia 
-DntcbwiU    gegenüber    am    rechten    Ufer    der    Elster    I 


;4 


1  Vofs,  Die  Ahne 


des  renlluscben  Hauses,  S.  IG, 


J20  Geschichte  dw  Klostars  Cronschwits. 

unters  lieben  herren  geborth  xj  ^)  hundert  und  im  xviiij  ihar, 
hath  sich  der  edele  und  wollgebome  her  her  Albrichtt  burgk- 
graye  zcu  AUdenbergk  in  Plysner  lande  mith  eyner  edelen 
zcartten  iungfrawen  eynes  grafen  von  Dewynn  tochtier  vor- 
maheltt,  mit  welcher  er  gewhonnen  hath  untter  andern 
tochttem  zoumall  eyne  wunder  gothfor[ch]tige  und  hollt- 
Bzeilige  toohtter  yrs  nhamens  Gutta,  welche  wurde  dem  edlen 
und  wollgebomem  herrn  hern  Heynrichen  voythe  herrn  zcu 
Gerawe  und  zcu  Plawen  im  xij  hundertten  ihare  nach  Cristus 
geburth  mit  hoher  und  aller  herlichstenn  solempnitett  vor- 
elichett.  AIb  nuhn  der  selbigen  sambt  yrem  herren  der  al- 
mechttige  gote  hatte  gegeben  und  bescheret  vier  herren  und 
szöne,  unter  welchen  eyner  isth  zcu  Plawen  herr  geweeth, 
der  ander  her  zcu  Gerawe,  der  dritte  eyn  bruder  prediger 
Ordens  zcu  Erphorth,  der  yierde  eyn  thumher  zcu  Magde- 
burgky  von  welchem  herrn  das  dorff  Losa  dem  closter 
Gronschwycz  ist  geeygent  und  gegeben  worden,  auch  eyne 
tochtter,  dy,  szo  syben  ihar  allt  was,  ist  yn  goth  yorscheyden. 
Hernach  durch  anruerung  gotts  des  heiligen  geysts,  szo  sy 
dann  bayde  gancz  gotforchttigk  zcu  gotts  dynsth  und  zcur 
geystlickeyt  hicsigk,  domiie  sy  sich  desterbas  von  laster  und 
untogennt  der  betrichelygen  weUt  mechtten  enthalltten  und 
andern  gut  beyspill  vortragen,  dy  falsche  und  yergengkliohe 
wellt  auch  zcu  meyden  und  zcu  gotts  dynste  sich  zcu  wen- 
den, seyntt  sy  eyns  wurden  und  beyderseits  yn  eheliche 
sunderunge  mith  globdenn  inn  hynfurder  zceit  stete,  unyor- 
rugkliche  und  ewige  kewschheytt  zcu  halltten,  geystligkeytt 
adder  geystlichen  standt  anzunehmen,  Isth  eyn  tagk  in  dem 
closter  zcu  Milldenfort  Premonstratenser  ordens  ernannt,  dor* 
zcu  viel  herrn,  rittere  und  edelleute  und  schyr  alle  von  yr 
manschafft  und  landtschafft ;  yderman  wünsche  ym  zcu  seyenn 
bey  Bulchem   unerhörtem  wunder  und   vornhemen.     Doselbst 


1)  Die  Handscfarift  ist  in  der  Kursive  des  16.  Jahrh.  geschrieben,  und 
wir  haben  dieselbe,  weil  bei  der  Bestimmung  der  Jahreszahlen  etwas 
df^rauf  ankommt,  für  letztere  beibehalten. 


1 


Oesobicbts  dea  Kloitera  CroDGchwits.  I3l1 

woa  zcubereydt  eyo  Bcheyaharlich  wolleben  und  mallzoeit,  do 
yderman  reichlich  und  mill<ligklich  ist  gespeyst  worden.  Noch 
der  wirtschttfft  alszpalde  yn  gogeQwartiglieyt  alles  volckes 
hat  bischolf  Engelhardua  zcur  Nawmburgk ,  'M'olchcr  dozcu 
geruit'en  und  geladen  was,  ia  der  kirchen  gemeillltti  closters 
Milldeoforth  den  herren  zcur  reohtten  und  frawenn  Gutta 
zour  lingken  handt  geetellet  und  mit  aller  geburlioher  her- 
licher Bolempnitet  wiUigk  scheydeambt  addet  divorcium  ge- 
halldeu,  celebrirt  und  vorbrachtt.  Do  wurde  o  mancher 
heysszer  thranen  vergosBzen,  gros  weineu,  weolagen,  iammer 
und  betruboya  gcgeheo,  von  sulcher  furhyu  nymalg  gehorth 
nach  erfharuD,  wiUicher  ehelicher  sunderunge  die  gölte  krofft 
und  eynsprcchung  dee  heiligen  geysts  aldo  eygctiHichttigktich 
wirckte.  Als  dau  seyndt  der  herre  eya  creuczherre  und 
frawe  Gutta  eyne  clooterfrawe  wurden,  welchea  gescheen  ist 
nach  Crieti  unHcre  lieben  hafrcn  gehurt  tausend  cc  und  im 
szviij  iharen,  unter  dem  pabsh  lunooeDcio  dem  viordoD,  alsze 
der  prediger  orden  xxiiij  ihar  gestanden  und  bestetiget  ist 
gewesth.  Als  dan  ist  das  oloster  auffericht  und  erbawet  czu 
Cronsobwicz.  Do  selbst  an  der  selbigen  stelle  und  stadt,  azo 
ynczunt  Cronschwicz  leydt,  aeynt  ettliche  hewszer  an  der 
Elster  gelegen,  dor  ynne  toppff'or  gewhont  haben,  bey  welchen 
hewBzern  eyne  grosze  breyte  wysze  ist  gewesth,  und  hat 
alles  Croosohwicz  geheyszen,  auff  welcher  wyszea  ettliche 
der  eynwhoner  zou  Cronschwicz  umb  erkulung  willen  und 
ruhe  von  der  sonuenhicze  sich  unter  oynen  bäum  uif  der 
wyszen  gelagert  haben,  dy  als  dan  szo  wunder  liplichen  und 
wunnigklichen  gesangk  und  sussze  gedone  der  heiligen  engelin 
haben  gebort,  alszo  das  sy  sich  haben  drumb  grosz  entsac^tt, 
vorwundert  und  gesprochen:  0  vorwhar,  dieze  statt  rousz 
heiligk  seyen  und  ettwas  sunderlichs  grossz  bedeuten  und 
zcuknnfftigk  whuneszum  anzceygen.  Der  selbige  blaue  mit 
sambt  der  wyszenn  und  den  hewszein  geborten  zcum  closter 
Milldefort,  aber  gedachtte  wollgeborne  und  edele  frawe  Gutta 
treib  eynen  weohsszel  und  beute  mit  bestymbttem  closter  zcu 
wege,  ^das  der  piobsth  dy  zoeit    zcu  Milldenforth  Siboto  mit 


I 


122  Geschichte  des  Klosters  Cronschwitz. 

dem  prior  Hupolldo  haben  gewilliget  sambt  dem  ganczen 
oovent,  das  sy  vor  yj  hufen  landes  des  closters  Cronschwitz 
mit  sambt  den  ackern ,  gerten,  wasszer,  wasszerleufftten, 
wyszen,  weden,  holczem,  und  alles  das  ynen  eygen  isth  ge- 
westh  und  zeugestanden  hat,  innen  und  auszerhalb  Gronsohwicz 
gelegen,  mit  aller  gerechttigkeyth  seyndt  Torgnuget  mit  vij 
hufen  ackers  adder  landes  wurden  nhemlich  ym  dorffe  Eob- 
schicz.     Gescheen  im  xij^  und  xxxyiij  iharen  etc.  ^). 

Hierauf  folgen  zunächst  einige  Auszüge  oder  Begesten 
Ton  Urkunden,  welche  Päpste,  Kaiser  und  die  thüringischen 
Landgrafen  dem  Kloster  ausgestellt  haben  ^).  Sodann  — 
unter  der  Überschrift:  „Hye  yollgen  nuhnn  guterere,  rent  unnd 
zcyncsz,  szo  yon  der  herschafft  yon  Gerawe  yn  sunderheytt 
dem  d oster  zcu  Cronschwicz  yoreygennt  und  gegeben  wurden 
seynn*'  —  27  Eegesten  und  eine  yoUständige  Kopie.  Sie 
umfassen  die  Jahre  1248 — 1385,  sind  nicht  chronologisch, 
sondern  nach  Ortschaften  geordnet  und  betreffen  Verleihungen 
des  Hauses  Gera  aus  Hohenleuben,  Fohlen,  Kleinfalke, 
Weifsendorf,  Dohlen,  Dittersdorf,  Berga,  Glodra,  Tauben- 
preskeln,  Kaimberg,  Oberröppisch ,  Mühlsdorf,  Kaltenborn, 
Otticha,  Zickra,  Grofsdraxdorf,  Waltersdorf,  Hundhaupten, 
SchÖDa  und  Lusan  ^).  Zum  Schlufs  heifst  es :  „Dye  be- 
sigellttenn  heubttbriye  seyndt  unnd  werdenn  befundenn  ym 
iungfrawecloster  zcu  Cronschwicz,  dor  aus  summarie  abge- 
schribene,  genhommen  unnd  geschriben  szeynndf 

Über    die     neueren    Handschriften    dieser     sogenannten 


1)  Benutzt  vom  Pirnaischen  liönch  b.  Mencke,  Script,  rer.  Germ.  I. 
S.  1476,  1538,  1539  u.  1541;  bei  Limmer,  Gesch.  des  Vogtlands  II. 
S.  358,  und  im  18.  und  19.  Jahresber.  des  Vogtland,  altertumsforsch. 
Vereins  (1842)  S.  100  ff. 

2)  Abgedruckt  im  Urkdb.  der  Vögte  von  Weida  etc.  I.  No.  71,  72, 
87,  89,  91,  124,  304;  U.  No.  62.  Die  nur  aus  der  Handschrift  be- 
kannten No.  sind  fett  gedruckt. 

3)  Urkdb.  der  Vogte  I.  No.  94,  115,  HS,  119,  123,  128,  147, 
216,  228,  572,  391,  397,  403,  416,  433,  454,  463,  651,  691,  692,  809, 
870;  II.  No.  86,  47,  84,  98,  125,  800.  Pie  nur  aus  der  Handschrift 
bekanoten  No.  sind  fett  |g;edrackt. 


Qeschichta  dei  El'OiUri  CraDiohwiti. 


IS 


I 

p 


CroDsohffiUer  Chronik  habe  ich  schon  an  anderer  Stelle  hs- 
riclitet  •).  Neulich  ist  es  mir  aber  gelungen,  auch  deren  Vor- 
lage, eine  Kopie  aus  dem  Anfange  dea  16.  JahrhunderlH,  im 
Begieruagsarchiv  zu  Gera  wieder  aufzutindeu  ^).  Sie  besteht 
mit  dem  ümauhlag  aus  10  Polioblättern,  let  von  einer  Hand 
des  17.  Jahrhunderts  von  1—8  paginiert  und  trügt  von  der- 
selben die  Aufschrift:  „Ursprung  und  StifTtung  des  CWters 
Cronsohwitz  1298  sqq,  Soll  aus  Cloater- Nachrichten  genom- 
men Heyn,  welche  der  Schrilft  und  Schreibart  nach  echon  im 
14.  Jahrhundert  extrahiret  seyn  mögen.  U."  ^).  üutflr  die 
ältere  Überechrift  (a.  8,  122)  hat  dieeetbe  Hand  danu  noch 
geechrieben  „post.  aan.  1228",  und  zu  ihrer  Zeit  mag  daoD 
auch  die  Kopie  geheftet  worden  sein ,  da  das  Blatt  mit  der 
früheren  Übereohrift  verkehrt  hint«nan  geklebt  ist.  Ebern 
auf  S.  7  eine  jedenfalls  aus  dem  1 5.  Johrhuudert  stammeude 
Urkundenabschrift  auf  einem  Quartblatt  mit  eiugeklebt  worden. 
Die  Waeserzeiohen  des  Papiers  für  Umschlag,  Text  und  Ab* 
Eohrift  sind  sämtlich  verschieden. 

Ich  habe  nun  seiner  Zeit  uachzuweisea  versucht,  da&. 
die  Kopie  auf  eine  h^ute  verlorene  Uaudschrift 
zweiten  Ualfte  des  14,  Jahrhuudei-ts  zurückgehe.  Dieses 
„aldt  lateiniBch  pergamenin  buch,"  an  anderer  Stelle  auch 
„echwarzes  Buch"  bezeichnet,  hatte  Heinrich  der  Ältore  von 
Gera  von  seiner  Schwester  Anna,  früheren  Trioriii  zu 
Cronschwitz,  erhalten.  Die  kuTüächäiEcheu  Scqucstratoren  iür 
Meifsen  und  Vogtland  ersuchten  dann  seit  1Ö35  den  Geraer 
wiederholt  um  die  Herausgabe  des  Buches,  konnten  solche 
aber  nicht  durchsetzen''). 

Von  der  lateinischen  Handschrift  bat  es,  wie  ich  glaube, 
eine  deutsche  Übersetzung  gegebeu,  die  aber  ebenfiills  heute 
verloren  gegangen  ist.     Diese  Übersetzung    mufs    eudhch  der 

1)  Ebenda  1.  No.  69  Bemerk,  and  VorberLcht  8.  LS. 
S)  EboDilK  II,    Ha.  62  Bemerk. 

3]   Die  Haadsulirirt  hnt  Ähnlichkeit  mit  d«r  Ileiiiricha  Posthumu. 
4)  ürkdb.    der    Vügte  1,    Vorbaricht  S,  XI  u.  Aktenstück   von  IBfl 
n  WelmAf  Keg,  Oo,  pftg.  79S,  161. 


I 


124  Gescbichte  des  Klosters  Cronschwita. 

noch  vorhandenen  Kopie  zu  Ghninde  liegen ;  denn  dafs  es  sich 
hier  nur  um  eine  solche  handeln  kann,  beweisen  die  zahl- 
reichen und  völlig  gedankenlosen  Versehen  bei  den  Jahres- 
zahlen ^).  Übersetzung  und  deren  Kopie  mögen  übrigens 
ziemlich  gleichzeitig  angefertigt  worden  sein.  Schrift  und 
Sprache  der  letzteren  ist  etwa  in  die  Zeit  von  1520 — 1530 
zu  setzen. 

Nach  dem  chronikalischen  Teil  der  Aufzeichnung  soll 
also  Burggraf  Albrecht  von  Altenburg  sich  1119  mit  einer 
Tochter  eines  Grafen  von  Dewin  vermählt  haben.  Jutta,  die 
Tochter  beider,  habe  dann  1200  den  Vogt  Heinrich  zu  Gera 
und  Plauen  geehelicht,  und  nach  Trennung  der  zuletzt  er- 
wähnten Ehe  sei  im  Jahre  1228  und  zwar  24  Jahr  nach 
Gründung  und  Bestätigung  des  Fredigerordens  das  Kloster 
Gronschwitz  gestiftet  und  erbaut  worden.  Den  Grund  und 
Boden  für  die  neue  Stiftung  aber  hat  Jutta  1238  vom  Kloster 
Mildenfurth  eingetauscht.  Die  Erzählung  von  diesem  Tausche 
beruht  offenbar  auf  einer  verlorenen  Urkunde.  Die  leider 
undatierte  Gegenurkunde  des  Klosters  Mildenfurth  ist  noch 
im  Original  vorhanden  ^).  ^ 

Auch  sonst  geht,  wie  weiterhin  ausgeführt  wird,  aus 
dem  urkundlichen  Material  klar  hervor,  dafs  das  Kloster 
Gronschwitz  nicht  1228,  sondern  1238  gestiftet  wurde.  Der 
Dominikaner-  oder  Predigerorden  war  1215  gegründet  und 
am  22.  Dezember  1216  vom  Papst  Honorius  bestätigt  wor- 
den ^).  Folglich  ist  die  in  unserer  Kopie  gegebene  Zahl  mit 
Hinweisung  auf  die  Gründung  und  Bestätigung  des  Ordens 
falsch.     Es  müfste  vielmehr  heifsen,  dafs  das  Kloster  im  22. 


1)  Auch  der  Dominikaner  Johann  Lindner,  der  sogenannte  Pirnabche 
Mönch  (b.  Mencke  II.  p.  1539),  der  sein  Onomasticon  nach  1530  schrieb, 
kann  nur  diese  Kopie  benatst  haben,  da  sich  auch  bei  ihm  diese  auf- 
fälligen Zahlenschnitzer  vorfinden. 

2)  Urkdb.  der  Vögte  I.  No.  69. 

3)  y.  Biedenfeld,  Ursprung  etc.  sämtlicher  Mönchs-  und  Kloster- 
fri^uen-Orden.    (Weimar  1887)  I.  S.  117. 


ÖearliklitD  das  Blostan  Cronicliwtll. 


1361 


I 


bezügl.  23,  Jahre    nach    äer  Schaffung    oder  BeetÜtiguiig    d< 
genauntea  Ordens  erbaut  wäre. 

Der  vorstehende  Fehler  ist  übrigens  hüchet  bezeichne) 
fUr  clie  Flüchtigkeit  der  AbBchriftnahme  und  beweist  auch,' 
dafs  der  Abschreiber  keio  Dominikaner  war.  Der  Prediger- 
mÖDch  Johann  Liudner  hat  wonigslene  etil! schweigen c!  die 
richtige  Zahl  23  (also  noch  Qründung  des  Ordene)  für  34 
verbessert  •). 

Weiter  soll  die  Mutter  der  Jutta  1119,  diese  selbst  abi 
12Ü0  vermühlt  worden  sein.  Nun  waren  aber  1338 
Kinder  der  Jutta  noch  nicht  volljährig;  sie  erhielten  damals 
eine  Vormundschaft,  bis  sie  ihr  25.  Jahr  erreicht  hätten 
(quousque  ad  legi  ti  man»  viginti  quinque  annorum  etatem 
perveuerint).  FerneT  ist  Jutta  noch  1268  als  lebend  urkund- 
lich beglaubigt*).  Endlich  konirat  Burggraf  Albrecht  I.  von 
Altenburg,  der  ihr  Yater  gewesen  sein  niufs  ^),  ei'st  seit  1312 
Tur^).  Folglich  mufs  abermals  der  Abschreiber  dio  Jahres- 
zablea  in  gröfster  Gedaukenloaigkeit  verlesen  haben.  Dafs 
er  solches  fertig  brachte,  beweisen  übrigeDS  auch  die  falschen 
Jahreszahlen  zweier  im  Begostenteil  von  ihm  angeführten 
Urkunden  ^). 

Ich  versuche  daher,  obigen  Zahlenwirrwar  durch  folgende 
Konjektur  zu  losen.  Statt  1119  ist  zunüohst  U94  zu  lesen. 
Der  Abschreiber  hatte  vielleicht  in  seiner  Vorlage  MCXClIIf 
und   kann    das   zweite    C,    namentlich    wenn    es    etwas    ver- 


«• I 


meine  Angabe  ih 
r.  f.  ThilrinK.  Ges. 
Piruaiscken     Miii 


1)  8.  b.  Uencke,  Script,  rer.  aermBOie.  II.  B. 

2)  Crkdb.  der  Vägle  I.    Ko.   147.     Duiaeh   ist 
j    TaduiBhres  Im  Arnold  v.  Quedlinburg  3.  48  (Zeitacl 

.  ä,  US )     XU    bericbtigen,     —    Nacb     dem 
I    (b.   Meni^ke  ■.  a.  0.  S.   läS9)  soll  sie  erst  ISSft  Terstorben  ssin. 

3)  Vergl.  Mitteil,  dar  Oeschicfats-  a.   Allertumaforgcb.  Oeaellscbaft  das   . 
I  Oslorlandcs  IX  (18B7).  S.  436  f.,   -wa  xucb  die  ältere  Ansicht,   dafi  Jutta 

e  geborane  von  Weidit  gewesan,  hinreidliend  widetlagt  ist. 

4)  tfrkdb   der  Vogte  1,  No.  3S,  u.  v.  Braun,  Qeacb.   der  Borggrareu 
n  Altenburg,  8.  !3. 

G)  Vei^l,  Urkd.    1.  So.  94,  wo  er    1348  stall  1348,  x 
l  er  [lS|3e  stBlt   1269  Iss. 


*JS 


126  äeschiciite  des  ttlosters  Cronsctiwitö. 

Bchnörkelt  war,  recht  gut  für  Y  yerlesen  haben.  Dann  müfste 
die  Jutta  in  den  nächsten  Jahren  geboren  sein,  kann  sich 
aber  schwerlich  schon  1200  yermählt  haben,  sondern  an  letzter 
Stelle  mufs  die  kleinere  Zahl  vergessen  worden  sein.  Noch 
1288  bezeichnet  Papst  Gregor  ihre  Kinder  als  in  zartem 
Alter  stehend  (in  etate  tenera  constitutos)  ^)y  und  erst  1243 
und  1244  treten  dann  ihre  beiden  ältesten  Söhne  selbständig 
handelnd  auf). 

Wenn  letztere  also  auch  damals  mindestens  25  Jahre  alt 
waren  —  sie  könnten  aber  leicht  noch  jünger  gewesen  sein 
—  so  wird  sich  ihre  Mutter  doch  immer  erst  in  der  Zeit  von 
1215 — 1220  yerehelicht  haben,  und  dazu  stimmte  auch  die 
Zeit  des  Auftretens  ihres  Vaters  yon  1212 — 1228  und  das 
Yon  mir  konjizierte  Jahr  seiner  Ehesohliefsung. 

Nachdem  so  die  Zahlen  der  Aufzeichnung  festgelegt  wor- 
den sind,  ist  ihr  übriger  historischer  Wert  zu  untersuchen. 
Ob  zunächst  die  Mutter  der  Jutta  eine  geborene  Gräfin  yon 
Dewin  war,  läfst  sich  nicht  nachweisen  ^).  Dann  aber  bringt 
die  Chronik  die  yoUe  Bestätigung  der  zuerst  yon  mir  aufge- 
stellten Behauptung,  dafs  nur  die  Linien  Plauen  und  Gera 
yon  einem  Vater  abstammen,  während  seither  die  ganze 
yogüändische  Historiographie  auch  die  bereits  früher  abge- 
zweigte Linie  Weida  yon  dem  zweiten  Sohn  Heinrichs  des 
Eeichen,  dem  ersten  Vogt  yon  Gera,  herleitete^).  Der  Letzt- 
genannte wird  hier  in  der  Chronik  Heinrich,  Vogt,  Herr  zu 
Gera  und  Plauen,  genannt,  und  das  entspricht  ganz  den  That- 
sachen**).  Er  selbst  nannte  sich  Heinrich,  Vogt  von  Weida, 
im  Siegel  Henricus  de  Wida,   wird    seit  1238  kurze  Zeit  als 


1)  Urkdb.  der  Vogte  I.  No.  68. 

2)  Ebenda  I.  No.  80  u.  83. 

3)  Sie  könnte  eine  Tochter  des  Burggrafen  Konrad  gewesen  sein, 
der  1185—1188  erscheint;  s.  Linuner,  Pleirsnerland  I.  S.  261. 

4)  Schmidt,  Arnold  y.  Quedlinburg  etc.,  S.  50,  u.  Ztschr.  f.  Thüring. 
Geschichte  N.  F.  III.  4.  S.  454;  56.  u.  57.  Jahresber.  des  vogtl.  Alter- 
tums-Vereins S.  39. 

5)  Vergl.  Urkdb.  I.  No.  50,  62,  64,  66  u.  67. 


I 


Qeschichta  des  tClosters  Cronsctiirilt.  ^g! 

Vogt  von  Gera  bezeichnet  und  führte  später  als  Denteoh- 
ordensritter  wieder  seinen  Geflohlechtsnamen  von  Weida  •). 
Er  hatte  naoh  der  Chronik  mit  seiner  Gemahlin  Jutta  vier 
Söhne,  die  Vögte  von  Plauen  und  Gera,  den  rredigormönoh 
zu  Erfurt  und  den  Domherrn  zu  Magdeburg.  Vom  Dom- 
herrn soll  dem  Kloster  das  Dorf  Luaan  gceohoukt  sein.  Die 
vier  Bruder  *)  uud  die  Verleihung  des  genannten  Dorfes  im 
Jahre  1348  lassen  sich  nun  urkundlich  heHtätigeu  ^).  Nicht 
nachweisen  kann  man  dagegen  das  Töchterlein  der  Jutta,  die 
nach  der  Chronik  schon  mit  sit-bon  Jahren  starb.  Da  hier 
nach  der  Ereöhlung  dieses  Todesfalles  der  Entsohlufs  der 
Eltern  folgt,  in  den  geistlichen  Stand  zu  treten,  so  scheint 
es  fast,  als  ob  gerade  der  Sclimerz  um  das  Minschciden  der 
Tochter  der  Anlafs  für  dieeeu  bei  der  Jugend  der  übrigen 
Kinder  immerhin  auffälligen  Scliritt  gewesen  sei.  Jedenfalls 
aber  lag  wohl  die  Erfüllung  eines  Sühngelübdes  vor.  Weiter 
boriolitei.  die  Chrouik  von  der  Trennung  der  Ehe,  welche  vor 
einer  grofsen  Versammlung  von  Bittern,  Edelleuten  und 
Mannen  stattfand.  Nach  einem  köstlichen  Uahle  wurde  iu 
der  Klosterkirche  zu  HÜdeufurth  eine  erhebende  Feier  abge- 
halten ,  wobei  Bischof  Eu  gelhard  von  Naumburg  die  Ehe- 
scheidung aussprach  und  die  Messe  celebrierte.  Der  Vorgang 
läfst  sich  nicht  weiter  belegen,  mag  aber  immerhin  auf  Wahr- 
heit boruheu.  Zu  bemerken  ist  wenigstens,  dafs  Bischof 
Engelhard  von  Naumburg  der  Vormund  der  nachgelassenen 
Kinder  des  getrennten  Ehepaares  wurde*).  Sodann  ist  wahr- ' 
scheinlich,  dafs  erwähnte  Eeier  am  8.  Sept.  1238  staltfand; 
denn  einmal  ist  dies  ein  grofser  Marientag  (nativitas  s.  Mariae) 
und  zugleich  das  Datum  der  Stiftung  des  Klosters  Milden- 
furth^),  und  zweitens  wird  Heinrich  von  Weida  in  einer  Vt- 

1)  Coba  in  Forsch,  i.  deutscb.  Oeacli.  IX.  S.  48. 

S)  Der  KBQonikar    iu  Higdetiurg    starb    am   ISSO,  und    der  ErrurterJ 
[  Ufincb  war  vod  ISSG— t>9  Prior  ssiucs  Klosters;  a.  fal| 
S)  Yergt.  Urkdb.  L  No.  94,   iöl,   lOB,  114. 

4)  Vergl.  Urkdii.  I.  No.  68. 

5)  Ebsndu  üo.  32. 


l^g  d«8chiclit6  des  Klosters  CroDschwite. 

künde  vom  8.  Sept.  des  genannten  Jahres,  worin  er  und 
seine  Gemahlin  Jutta,  Gräfin  zu  Gera,  die  Johanniskirche  zu 
Gera  beschenken,  bereits  brodere  genannt  ^).  Wenn  in  der- 
selben Urkunde  die  Jutta  noch  greyyn  zu  Gera  heifst,  so  be- 
weist das  wohl  nur,  dafs  ihre  Einkleidung  als  Nonne  damals 
noch  nicht  erfolgt  war. 

Die  Gründung  dea  Klosters  Gronschwitz  muls  übrigens 
wegen  der  übrigen  geistlichen  Orden,  die  mit  der  Familie 
der  Stifterin  in  Berührung  standen,  einige  Schwierigkeiten 
gemacht  haben.  Da  waren  zunächst  die  Mönche  von  Miiden- 
furth.  Ihnen  gehörte  der  Grund  und  Boden,  wo  das  neue 
Kloster  errichtet  werden  sollte.  Auch  mögen  sie  wenig  damit 
zufrieden  gewesen  sein,  dafs  solches  in  ihrer  allernächsten 
Nähe  erbaut  werden  sollte.  Bei  dem  Tausch  vergleich ,  den 
sie  mit  der  Jutta  abschlössen,  wurden  sie  denn  auch  reichlich 
entschädigt,  indem  sie  statt  6  Hufen  Landes  in  Gronschwitz 
deren  8  ')  in  XJnter-Röppisch  eintauschten.  Femer  mochten 
die  Deutschordensritter,  denen  der  Gatte  der  Jutta  angehörte, 
und  endlich  die  Predigermönche,  welche  in  ihrem  Sohne,  dem 
Erfurter  Mönche,  einen  Fürsprecher  hatten,  sich  gehörig  be- 
müht haben,  die  neue  Stiftung  ihrem  Orden  zu  gewinnen. 
Vielleicht  also  aus  solchem  Streite  entstand  eine  ganz  eigen* 
artige  Verfassung  für  Gronschwitz.  Bischof  Engelhard  von 
Naumburg  bestimmte  nämlich,  dafs  das  Kloster  dem  Orden 
und  der  Regel  des  heiligen  Augustin  folgen  solle  und  zwar 
nach  dem  Vorbild  (secundum  observaoionem)  der  Schwestern 
des  heiligen  Sixtus  in  Rom;  doch  solle  die  Visitacion  darüber 
dem  Provinzial  des  Predigerordens  zustehen.  Zugleich  wird 
dem  genannten  Orden  die  Beichte  und  Seelensorge  der  Nonnen 
übertragen,  während  die  Aufsicht,  Vertretung  und  Leitung 
des  Klosters  in  weltlichen  Sachen  dem  deutschen  Ritterorden 
und   in  letzter  Linie  dem  Deutschmeister   zustehen  sollte '). 


1)  Ebenda  No.  67.     Die  Urkunde   ist   nnr  in  denUcher  Übersetzung 
des  16.  Jahrhunderts  bekannt. 

2)  Daher  Urkdb.  der  Vögte  I.  No.  69  zu  berichtigen. 

3)  Urkdb.  der  Vögte  I.  No.  71. 


Qndiiolite  Att  Klostar«  CronMliriti. 


oikus  hatte,  als  er 
päpstliche  Verhot,  keine 
umgehen  gewufat ,  dafa 
Satzungen  des  Auguatin 
Oeneralkapitel  dei 


seinen   Orden    ins    Leben    rief,    das 
loue  Orden  au  schaffen,  dadurch  s 
er     anfangs     seinen     München    die 
Tursehrieb,     bis    1220     durch    das 
SU  Bologna  jene  strengen  aaketiBchen 


Satzungen  der  Folgezeit  eingeführt  wurden.  Auch  das  erste 
Frauonkloflter.  welches  Dominikus  zu  Frouille  bei  Toulouie 
gründete,  erhielt  die  Eegel  des  h,  Augustin,  Dann  aber  fügte 
«T  dieser  bei  Errichtung  des  Klosters  dos  h.  Sixtus  in  Kom 
noch  einige  Schärfnogau  hinzu.  Genanntes  Kloster  entstand 
1318,  wurde  nach  1223  auf  den  Berg  Magnopoli  in  einen 
Teil  des  Guirinals  verlegt  und  war  lediglich  flir  reiche 
adelige  Fräulein  bestimmt  >). 

Auch    Cronschwitz    war    also    in    Wahrheit    ein  Domini- 
kauerkloster,  und  seine  urkundliche  Zurechnung  zum  Augusti- 


n 


•  Bottel- 


dariu  ihren  Or 
ndhositz  möglich  i 
streng  genommen  i 
en  Güter  und  Einkünfte  be- 
es  sich  auch ,  dafs  Bischof 
der  schon  erwähnten  Ordi- 
die  geistliche  Leitung 


nerorden     hatte     jedenfalli 

Kloster  die  Erwerbung    vc 

Die  Dominikaner  warcu  ja 

mönche,    die    keine 

sitzen    durften.     Daher    erklärt 

Eugelbreeht    von  Naumburg    in 

nationsurkundo  den  Dominikonc 

des  Klosters,  die  weltliche    aber    den  DeutBchherren    zuweist. 

Auch  gestattet  er  noch  ausdrücklich,   dafs  das  Kloster  seinen 

jetzigen    und    zukünftigen  Grundbesitz    geniefscn    dürfe  (spe- 

«rialiter    autcm    decimas    de  uoraltbuB    et  omnibue,    qne   nnnc 

habent  aut  in  posterum  canonice  possidebunt,    eidem  oenohio 

perpetuo  percipiendaB  concediinua  indulgendo)  *). 

Die    Ordination    des    Klostar    wurde     dann    noch    1339 
Erzbiechof   Wilbrand     von     Magdeburg    und 
^1246  Not.  9    you  Papst  Innooens  IV.  bestätigt.     Auch  hier- 
^i  wurde  das  Stift  ausdrüeklioh  als  Eum  Orden  der  Prediger- 


^ 


i.  EüintlicheT  Mdnchi-  aad  Klusterfriuen- 


S)  ürtdb.  der  VSgle  I.  Üo.  71. 


130  Geschichte  des  Klosterg  Cronschwits. 

möDche  gehörig  bezeichnet^).  Schon  ein  Jahr  zuvor  hatte 
übrigeng  genannter  Papst  dem  Kloster  alle  seine  Güter  und 
Freiheiten  und  die  freie  Wahl  der  Priorin  bestätigt^).  Letz- 
teres Becht  wird  dann  in  der  jungem  päpstlichen  Urkunde 
noch  besonders  hervorgehoben  (electio  tarnen  priorisse  libere 
pertineat  ad  conventum).  Gronschwitz  war,  wie  Mildenfnrth, 
ein  Marienkloster  ^).  Auf  seinem  spitzovalen  Siegel,  das 
durch  einen  Querstreifen  in  zwei  Felder  geteilt  ist,  befindet 
sich  im  obem  Felde  die  thronende  Figur  der  Jungfrau  mit 
dem  Ghristuskinde  und  einem  Lilienscepter  in  der  Hand,  im 
untern  das  Bild  einer  Kirche.  Auf  dem  Streifen  steht: 
AVE  MABIA.  Die  Umschrift  des  Siegels  lautet:  S.  CON- 
YENTYS  DOMYS  SCE  MABIE  ^).  Ein  jüngeres,  sonst  ganz 
ähnliches  Siegel  hat  die  Legende:  S.  GONYETVS  SOBOB' 
OBDiS  PDICATOB'  IN  CB0NS8WIZ  ß). 

Die  Tracht  der  Oronschwitzer  Nonnen  war  jedenfalls  die 
anderer  Schwestern  ihres  Ordern^  weifser  Bock  und  weifses 
Skapulier  mit  schwarzem   Mantel^). 

HL    Der  Besite  des  Klosters. 

Nach  seinem  Yorbild,  dem  St.  Siztuskloster  in  Born, 
war  auch  Gronschwitz  ein  Asyl  für  die  unvermählten  Töchter 
des  Herren-  und  Adelstandes  im  Yoigtland.  Es  galt  ent- 
schieden für  vornehmer  als  das  Marien-Magdalenen-Kloster 
desselben  Ordens  in  Weida  und  das  Gistercienserstift  der 
Nonnen    vom   heiligen   Kreuz    bei   Saalburg.     Zunächst   war 


1)  Ebenda  No.  87. 

8)  Ebenda  No.  '84,  wenn  hier  nicht  ein  nnd  dieselbe  Urkunde,  wie 
in  Ko.  87  vorliegt. 

8)  Ebenda  No.  71  in  loco,  qoi  dicitar  domns  sancte  Marie. 

4)  Es  findet  sich  zuerst  an  einer  Urkunde  von  1802  April  28 ; 
8.  Neues  Lausitz.  Bfagasin  60.  Bd.  (1878)  8.  160  (mit  falscher  Lesung). 
—  Richtig  abgebildet  nach  Urkunde  v.  1828  Nov.  26  bei  Walther,  Das 
alte  Weida  S.  82. 

5)  Vergl.  Urkd.  v.  1402  MXrz  23  in  HA.  Schleiz. 

6)  V.  Biedenfeld  a.  a.  O.  8.  126. 


r 


CroDBcbwitz  bedeutend  KUer,  als  die  beiden  andern  StifteTf 
deon  das  Weidaer  wird  zuerst  1293  •)  und  das  Saalburger 
nioht  vor  1311  UTkundlioti  erwähnt*).  Sodann  war  ee  das 
ei  gen  l  liehe  Hanekloster  des  ganzen  Vogtageschleohte.  Die 
Töchter  der  Landeeherren  wurden  fast  auaschliefslich  in 
Croneohwiti  ver Borgt  und  oft  reichlich  ausgestattet.  Aucli 
etifteten  die  Vö^  hier  mit  Vorliebe  ihre  Seelenmessen  und 
Jahrgedächtnisse,  und  ihrem  Beispiel  folgte  dann  naturgemäffl 
der  inländische  Adel.  So  erwarb  das  Kloster  bald  angesehenen 
Grundbeiitz  und  reichliche  Einkünfte.  Die  Erwerbungen 
waren  hier,  wie  bei  andern  Stiftungen  Terschiedenen  ür- 
gprungs.  Obenan  stehen  die  frommen  Sohenkungen,  Seelge- 
räte und  Legate,  deren  Einkünfte  jährlich  in  Form  von 
Speisen,  Oeträuken  oder  Kleidung  zur  Verteilung  unter  di« 
Nonnen  gelangten.  Die  zweite  Art  der  Erwerbung  geschah 
durch  die  Ausstattung  und  Leibrenten  der  Kloaterjungfrauen, 
da  nach  dem  Tode  der  Inhaberin  solche  Einkünfte  in  der 
Regel  dem  Kloster  zufielen.  Erst  in  ziemlich  später  Zeit 
fiuden  eich  Fälle,  dafs  sie  scbüefelicb  an  den  Geher  oder 
dessen  Familie  zurückgehen  sollten.  Die  Leibrenten  waren 
übrigens  gegen  das  Armutsgelobuis  des  Predigerorden s.  So 
wird  auch  in  einer  Cronsohwitzer  Urkunde  von  1496  April  25 
ansdrücklich  bemerkt,  dafs  die  persönlichen  Zinsen  abgethan 
sein  sollten,  wenn  das  Kloster  gänzlich  reformiert  würde  und 
strengere  Observanz  erhielte^).  Dabei  scheinen  die  Nonnen- 
klöster des  Ordens,  denen  die  Erwerbang  von  Orundbesitz 
nachgesehen   wnrde,   zuweilen   auch  den   MönohsklösterD   als 


1)  Dab  diues  NanDeaklDStar  tod  dem  Sltuten  Bohne  Belnrichs  de» 
Heicben,  Wi«  PboI  LiiDge  »ngiebt  (hti  Mancke,  Sriptor.  rar.  Oenntuilc. 
U.  8p.  leOS),  odsr  1S09,  wie  anders  meinen  (Mkyer,  Chronik  der  Benign 
8.  20)  Limmer,  Gesch.  des  VoglUndes  B.  MS),  Isrn  sich  nicht  DUh- 
wdien.  Auch  Brückner,  Reubiiche  Lsndesknnde,  S.  SM,  irrt,  wenn  er 
die  SUfCDDg  des  8t.  KsthnHaenslUrs  in  der  Petarakircha  in  Weida 
mit  der  dründiing  dei  Klosters  ■nsunmeubringt ;    e.  Orkdb.  der  VSgte  L 


Ko.   Ul  i 


608, 


I)  Drkdb.  der  V5gte  I.  No.  STB 
8)  GHagA.  Weimu. 


.  4se. 


1^2  Cbeachichte  4ea  Klosters  Cronschwitz« 

Peokong  gedient  zu  haben ;  denn  ^mnal  wurd,  als  das  Elostet 
in  Jena  1820  einen  Weinberg  kauft,  derselbe  nominell  der 
JPnorip  und  dem  Konrente  von  Gronsehwite  rerliehen  ^). 
{«eibrenten  kauften  übrigens  auoh  solehe  P^vonen^  die  all 
X<aienbrüder  in  das  Kloster  traten^  wobei  nach  ihrem  Tode 
JKI^pital  oder  überlassene  Grundstücke  wohl  stets  dem  Kloster 
zielen  ^).  Die  dritte  Art  der  Erwerbung  geschah  durch  den 
Knuf  und  ;swar  Erbkaof^  wie  Zeit-  oder  Pfandkauf,  die  heutige 
Bypotihek.  Diese  ist  namentlicb  die  im  16.  und  16.  Jahrh. 
gewöhnliche  Form,  als  den  Sllöstem  nur  noch  selten  Grund- 
besitz verliehen  wurde.  Man  zahlte  dann  bei  Stiftungen  lieber 
eine  Summe  Geldes,  welche  das  Kloster  auf  eigenen  oder 
Hemden  Grundstücken  anlegte.  Zu  jeder  Art  der  Erwerbung 
jbedurfte  es  aber  die  Bestätigung  des  Lehnsherrn.  In  der 
Begel  verzichtete  letzterer  dabei  auf  die  fiskalischen  Abgaben 
von  den  Klostergütem  und  beanspruchte  nur  die  Gerichts- 
barkeit, doch  behalt  sich  auch  einmal  (1385)  ein  Herr  von 
QefA  ausdrücklich  die  Frohn,  Beute  und  Bethe  eines  von 
Gronschwitz  erworbenen  Gutes  vor*).  Innerhalb  seiner 
Mauern  besafs  das  Kloster  eigene  Gerichtsbarkeit.  Auch  diese 
machte  ihm  die  Landesherrschaft  zuweilen  noch  streitig,  so 
dafs  1363  ein  förmlicher  Vertrag  darüber  abgeschlossen  wer- 
den mulbte^).  ungewöhnlich  bei  geistlichen  Stiftungen  war 
die  jährliche  Abgabe,  die  Gronschwitz  den  Vögten  von  Weida 
in  Gestalt   eines  Tuches   liefern    muDste^).     Neben   der  Ein- 


1)  Vergl.  Urkdb.  I.  No.  147  —  onde  wen-  diselben  brudere  yoq  ires 
ordins  weyn  nicht  eigenschaft  phlegen  zn  babene,  so  habe  wir  ufgelasen 
—  di  eigensehaft  desselben  wingarten  zu  der  priolin  hant  derselben  sam- 
nonge  zu  Cronswicz,  di  wol  eigenschaft  beheldit 

2)  Urkdb.  L  No.  147  n.  Urkd.  y.  1471  April  29  (GHnSA. 
Weimar),  worin  ein  gewisser  Gart  Nütael  ans  Gronschwitz  brennt,  dafs 
er  sich  mit  seiner  Frau  gegen  eine  lebenslängliche  Pfründe  In  die  Bruder- 
schaft des  Klosters  begeben  habe,  nnd  da£i  daf&r  sein  ganzes  Vermögen 
an  das  Kl.  fallen  sollte.  . 

8)  Urkdb.  n.  No.  800. 
4)  Ebenda  II.  No.  123. 
6)  U,  No.  408. 


G«M!tii«lite  des  Klosten  CronicKwitz, 


19*1 


r  viUtgung  der  Laadesheiren  ^urde  wiederholt  auch  die  Se- 
Btätigung  der  Oberlehnshorren,  der  Landgrafen  von  Thttringen,  . 
eingeholt.  So  beettltigt  1240  Landgraf  Heinrich  dem  KloBte^"> 
den  Grand  und  Boden,  auf  dem  es  gegründet  ist,  und  gestattet 
ihm  bis  ea  SO  Mark  Einkünfte,  die  es  in  den  Gebieten  von 
"Weida  and  Saalbarg  erwerben  würde.  Markgraf  Albrecht 
Ton  Landsberg  bewilligt  1262  bis  zu  100  Pfund  Einkünfte, 
und  Landgraf  Dietrich  fügte  1293  noch  bie  zu  6  Mark  hinzu. 
Aibrecht  endlich  hat  1303  alle 
Weida  und  Gera  gemachten  Bohec 
bestätigt').  Daneben  versäunite  n 
sieh  der  kaiserlichen  Bestätigung  zi 
1246  Eonig  Heinrich  Raspe 
kiinfte  „unter    dem  reich" 


1  den  Vögten  von  Plauen, 
iokungen    oder  Verleihungen 
1  auch  nicht,  gelegentlieh 
versiehern.    8o  bewilligte  . 
;  dem  Kloster   bis  40  Pfund  Ein-' 
i  besitzen,    und  1369   liefs    sieh 


Cronschwitz    von    Kaiser    Karl    IV.    alle    Briefe,    Freiheiten, 
Zinsen,  Renten  und  Güter  bestätigen  *). 
L  Die    114  in  Urkunden  und  Akten  erwähnten  Besitzungen 

l«der  Zinegüter  von  Cronaohwitz  TCrteilen  sich  nun  ungefähr 
I  in  der  Weise,  dafe  34  in  die  Herrachaft  Weida  mit  Berga, 
26  in  die  Herrschaft  Gera  mit  der  Pflege  HeiehenfeJs  und 
der  Stadt  Schleiz,  6  in  die  Herrachaft  Greiz,  10  in  die  Herr- 
schaft Plauen  und  82  in  das  Pleifsener  Land  um  Allenburg, 
Ronueburg  und  Sohraolln  entfallen,  während  die  übrigen  7 
Beretrent  bei  Lobeda,  im  Zeitzer  Gebiet  oder  noch  entfernter 
lagen. 

Wir  haben  im  Folgenden  eine  kurze  Zusammenstellung 
der  Klostergüter  zu  geben  Terauoht  und  dieselben  ehrono- 
logiech  nach  ihrem  ersten  Vorkommen  geordnet.  Ob  bei  den 
spätem  Erwähnungen  derselben  Ortschaften  wirklich  neue 
Erwerbungen  oder  nur  Kapitalanlage  auf  den  schon  eigen- 
tümlichen Grundstücken  vorliegen,  läfat  sich  nicht  immer  ent- 
Boheiden.  Auch  ist  natürlich  die  erste  Erwähnung  nicht 
immer  gleichbedeutend  mit  dem   Akt  der  Erwerbung, 


1)  Ebeudft  1.  So.%i, 
S>  Dikdb.  J,  No.  BS  □ 


I  Regest  CB  b«ricbligen),    275  u 


4 
I 


2^34  Oeschichte  des  Klosters  Cronscbwitz. 

Im  Jahre  1531  besafs  das  Kloster  noch  2  Vorwerke 
zu  Gronschwitz  und  MeilitKi  2  Kölser  bei  Greiz  und  Berga, 
2  Fischwasser  in  der  Elster,  5  Weinberge  mit  dem  jährlichen 
Ertrage  Ton  40  Eimern  Wein  und  an  Erbzinsen  205  Schock 
Orosch.  aus  75  Ortschaften.  Die  übrigen  ^  namentlich  die 
fem  abgelegenen,  wie  Podebuls,  Kummer  und  Nassebritz, 
waren  entweder  verkauft  oder  die  darauf  stehenden  Hypo- 
theken von  den  Schuldnern  des  Klosters  inzwischen  gelöscht 
worden.  Seit  Ende  des  15.  Jahrh.  verlangten  überhaupt  die 
Landesherren  die  Löschung  von  Hypotheken  auf  Lehnsgütern 
binnen  wenigen  Jahren.  Folgendes  Verzeichnis,  das  chrono- 
logisch nach  dem  ersten  Vorkommen  der  Güter  angeordnet 
ist,  dürfte  über  den  reichen  Besitz  des  Klosters  einigen  Über- 
blick gewähren. 

Die   Einkünfte    des  Klosters. 

1)  Gronschwitz,    6   Hufen ,    Schenkung    der  Stifterin 

JutU  von  Weida,  1238  (ürkdb.  der  Vögte  v.  Weida 
etc.  I.  No.  70)  1). 

2)  (Langen-)Eeinsdorf  ^)    (urkdl.    Eeynharts-,    Reiners-, 
V        Eeynelsdorf;    sw.   von  Grimmitzschau),    Dorf  mit   33 

Mark  Einkünften,  Schenkung  des  v.  Gera,  Bestätigung  des 
Vogtes  von  Greiz,  1240  (L  No.  74).  —  Pfarre^  1302 
(L  344).  —  Abgabe  von  der  Pfarre,  1354  (L  No.  946). 
—  1^/2  Groschen  Zins ,  Kauf  der  Katharina  v.  d. 
Planitz  (IL  No.  232).  —  10  Schock  Zins  für  Schuld 
des  Kl.,  1400  (IL  No.  462). 

3)  Lusan    (urkdL   Losan;     sw.   v.    Gera),    8    Mark   Zins, 

Verpfändung  des  v.  Gera,  1248  (L  No.  94).  —  Zins- 
hafer (mit  Meilitz  u.  Hundhaupten  zusammen  30  Scheffel), 
Verzicht  des  v.  Weida,  1279  (L  No.  190).  —  1  Vs» 
Mark    Zins,    Kauf    des  Kl.    von    Beinold   v.  Zwötzen» 


1)  Im  weitem  ist  nar  Bd.  u.  No.  des  Urkdb.  vermerkt. 

2)  Dafs  dieses  gemeint  ist,  beweist  seine  Erwähnung  i.  J.  1581,  wo 
es  als  im  Gerichte  zu  Zwickau  gelegen  angeführt  ist  (GesA.  :=  Gesamt- 
Archiv  Weim«  Oo.  pag.  796,  N.  560.)    ^^    (^uJ^^^Jj^^'^idalC 


OMchichtG  das  KloBMrg  CronBcbwiU. 


136  I 


1358  (II.  No.  36).  —  Vorwerk,  Kauf  des  Kl.  voa 
Heinz  Stange  zu  Thiesohitz,  Bestätigutig  dea  v.  Gen, 
1363  (II.  No.  125).  —  1  Va  Gld.  ZiuB ,  Kauf  der 
Nonne  Else  Griefs,  1415  (II.  No.  603). 
4)  (LBDg8Q-)Bernsdorf')  (yr.  T.  Wetdaiij,  13  Hark 
Zin»,  Schenkung  der  v.  Gera,  1350  (L  No.  101  und 
102).  — -_  PIftrre,  Verleihung  des  üisch.  v.  Naumburg, 
1302  (I.  No.  344).  —  Abgabe  t.  der  Pfarre,  1S54 
(I.  No.  946).  —  2  '/j  Schock  Ziua  t.  Seelgeräte  der 
Korzogin  Salomea  v.  Äuaoltwitz,  1400  (II.  No.  405).  — 
hadeiLube,  Verkauf  der  Geraeinde  das.  1483  (Longolioa, 
Vorrat  brauchbarer  Naohriohten,  F.  III.  S.    11). 

■  6)  Greiz,  Wald  im  Thal  e  Saxa  (?),  Kauf  de»  Kl.  voa  dem 
V.  Gera,  1259  (t.  No.  115). 
6)Clodra  (urkdl.  Clodtawe,  Olodarawe,  -owe;  w.  t. 
Üerga),  45  Schill.  Zins  mit  2  Hufen,  2  halben  Huf- 
Btätten  und  2  Gärten,  Kauf  der  Stifterin,  Beetätigung 
der  T.  Gern,  1260  (I.  No.  118).  —  Verzicht  das 
Friedrichs  t.  Keichenau  aof  s.  Güter,  1281  (I.  No. 
202).  —  35  Schill.  Z.,  Kauf  des  v.  Gera,  1306  (L 
No.  391).  —  Vorwerk,  Schenkung  der  y.  Wolfersdorf, 
Bestätigung  des  v.  Gera,    1363  (II.  No.   125). 

►  7)  Uöhlen  (urkdl.  Dolentn,  DÖlen  eto,;  sw.  t.  Weida), 
Wiese  und  Fischerei,  SohenkuDg  des  y.  Gera,  1260 
(I.  No.  119).  —  Kauf  des  Kl.  von  Heinrich  t.  Dohlen, 

I  Bestätigung  des  t.  Gera,   1305  (I.  372). 

8)  Handhaupteu  (urkdl.  Hundhobit, -heubten, -heupten  ; 
nw.  T.  Weida),  4  Zineleute,  Kauf  des  KI.  von  dem 
T.  Gera,  1262  (I.  No.  123).  —  Zinshafer  (s.  Lue&n). 
—  8  Schill.  Z.,  SohenkuDg  der  Irmgard  y.  Dahmen, 
BcBlätigang  des  T.  Weida,  1289  (L  No.  238),  3  Vterdg. 
'£,,  Verzicht  des  Leutold  y.  Techvitz,    Bestätigung  des 


I 
4 
4 


1)  Nach  ErwihDUng  von  16Si  im  Gericlile  lu  Zwickau  galBgea ; 
daher  Urkdb.  I.  Begisl.  S.  &S9  u.  B78,  II.  üo.  405,  Rsgegt.  zu  berich- 
tigeu.     Vergl.  Ueuck«,  Scripl.  IL  Sp.  1QS3. 


XQß  Geschichte  des  Klosters  Cronschwitz. 

V.  Gera,  1313  (I.  No.  454).  —  8  Schock  Groschen  v. 
Seelgeräte  des  Konrad  y.  DöhlcD,  1420  (IL  No.  659). 
9)  Schön a  (nrkdl.  Schonawo»  -owe,  Schenoy;  sw.  y.  Gera)^ 
1  Talent  Z.,  Eai^f  des  KL  yon  Gottfried  y.  Gera,  Be- 
B^tigung  des  y.  Gera,  1263  (L  No.  128).  —  Konsena 
des  £1.  zoj*  Yerpfändang  eines  Dritteiis  des  Gutes,^ 
1833  (L.No.  728).  —  Abgabe  yon  der  Pfarre,  1854 
(L  946). 
),0)  Weifsendorf  (itrkdl.  Wizcendorf;  nö.  y.  Zeolen- 
rpda),  Schenkung  Heinrichs  y.  (Hohen-)Leaben ,  £e- 
stätignng  des  y.  Gera,  1268  (I.  No.  147). 

11)  Schmoll^,     Patronat    der    Eirphe,    Schenkung    dea 

Markgrafen  Dietrich  y.  Lan^berg,  1269  (I.  No.   150)» 

—  Bestätigung  König  Adolfs,  1296  (I.  No.  304).  — 
Bestätigung  des  Bisch,  y.  Naumburg  u.  des  Papstes 
Clemens  VI.,  1343  (I.  No.  886).  —  Abgabe  y.  der 
Pfarre,  1854  (I.  No.  946).  —  Kl.  gesteht  Heinrich 
BeuTs  y.  Plauen,  Herrn  zu  Bonneburg,  das  Patronat 
über  den  Altar  des  Schlosses  zu,    1384  (II.  No.  287). 

—  Seelgeräte  der  Herzogin  Salomea  y.  Auschwitz,. 
1887  (IL  No.  316).^^^ 

12)  Meilitz    (urkdi.    Milioz;    ö.  y.  Weida),    Zinshafer   (s» 

Hundhaupten) ,  Verzicht  des  y.  Weida,  1279  (I.  No. 
190).  —  Vorwerk  erst  1531  erwähnt  (GesA.  Weimar, 
Oo.  p.  796,  No.  560). 

13)  Staitz    (urkdi.    Stewitz;    n.  y.  Auma),    2  Pfund,    5  V» 

Schill.  Z.,  Kauf  des  KI.  yon  Heinrich  y.  Lohma,  Be- 
stätigung des  y.  Weida,  1283  (L  No.  215). 

14)  Pitter sdorf     (urkdi.     Dibistorf,     Dibers-,    Dytrichs-, 

Dittersz-;  sw.  y.  Berga),  37  Schill.  Z.,  Schenkung  des 
y.  Ger^,  1283  (I.  No.  216).  —  Holz,  die  Hart  gen.^ 
Legat  des  Jordan  y.  Weida,  Bestätigung  des  y.  Weida, 
1288  (I.  No.  228).  —  14  Schill.  Z.  u.  Wald,  Kauf 
des  KI.  yon  denen  y.  Auerbach  u.  Watzdorf,  Bestä- 
tigung   des    y.  Gera,     1288  (L    No.  234).  —  Verkauf 


Geschichte  des  Klosters  Cronschwitz.  ]^37 

des   Hartholzes    an    das   Nonneokl.   in    Weida,      1349 
(I.  No.  912). 
15}  Mühlsdorf  (urkdl.  Molldorf,  Milensz-;    nw.  y.  Gera), 
Wald  u.  Fischerei,   Schenkung  des  Eonrads  y.  Kirch- 
hof, BestätigUDg   des   y.    Gera,    1288  (I.  No.  284).  — 

12  SchilL  Z.,  Schenkung  des  y.  Eichdorf,  Bestätigung 
des  y.  Gera,   1330  (I.  No.  691). 

16)  Kummer  (urkdl.  Cumere;  sw.  y.  Altenhurg),  das  Dorf 

mit  s.  Einkünften,  4  V4   M.,    3    Pfund,    5  Schill.  Zins, 

13  Scheffel  Hafer,  6  Seh.  Weizen,  9  Kloben  Flachs 
und  17  Hühner,  Schenkung  oder  Verkauf  des  Tuto  y. 
Göfsoitz  an  das  EJ.,  Bestätigung  des  y.  Plauen  als 
königl.  Landrichter,  1291  (I.  No.  259).  —  Streit 
wegen  des  Dorfes  mit  Heinrich  y.  Göfsnitz  u.  dessen 
Verzicht,   1381   (II.  267).  . 

17)  Podebuls  (urkdl.  Budowil;  sw.  Vi  Zeitz)  i),  W  Hufen  /^ 

y.   Cronschwitz    an    Kl.    Bosau   zurückyerkauft ,    1291  / 

(I.  265  u.  266). 

18)  Strafsberg,   sw.  y.  Plauen),    Dorf,  Schenkung  der  y» 

Plauen,  1295  (I.  No.  300),  Bestätigung  des  Landgrafen 
Albrecht  y.  Thüringen,  1296  (I.  No.  310).  —  Wasser- 
benutzung aufser  der  Fischerei  in  der  Elster  u.  im 
Bach  zwischen  Eloechwitz  und  Strafsberg,  Schenkung 
der  y.  Plauen  (I.  No.  325).  —  Aufzählung  der  Güter 
u.  Einkünfte  des  Dorfes  ^),  darunter  72  Äcker,  1  Obst- 
garten, 1  Erautgarten,  5  Wiesen  mit  22  Fuder  Heu 
Ertrag,  6  Zinsbauern  mit  3  Mark,  6^/^  Schill.  Z.,  das 
Elsterwasser  (s.  yorhin).  —  Ferner  Äcker  und  Ein- 
künfte, 12  Schill.,  1  Lot  Z.,  4  Käse,  4  Hühner,  3 
Schnitter,  2  Lammbäuche,  Schenkung  der  Eunigunde 
y.  Plauen,  1298  (L  No.  327).  —  4  Mark  Z.,  Schen- 
kung des  y.  Plauen,  1302  (I.  No.  349).  —  7  Lot» 
4  Eäse,    4  Hühner,    2  Schnitter  Einkünfte,  Kauf  des 


1)  Daher  Urkdb.  I.  Reg.  S.  589  zu  berichtigen. 
Vergl.  a.  S.  143,  Anm.  1. 


]^38  Geschiebte  des  Klosters  Gronschwitz. 

El.  von  denen  v.  Machwitz,  Bestätigung  des  y.  Plauen, 
1332  (I.  718).  —  10  Groschen  Z.  vom  Seelgeräte  des 
Frans  Junker,  Pfarrers  in  Eger,  1377  (II.  No.  337).  — 

%W  Forst  oberhalb  Syrau  /)I4  Holz  zwischen  Schneckengrün 

-  ^,.-. —■- — •*-..     -"■'  ■ "         //,  . .     .  '  — -.  .■--^-  • 

und  Lenbnitz,  Schenkung  der  Herzöge  y.  Sachsen, 
1466,  Juni  3^)  (GHaSA.  Weimar;  gedruckt  Trommler, 
Sammlung  zur  Geschichte  des  Yogtlandes,   S.  202  ff.). 

19)  Karlsdorf  (urkdL   Karlis-;    so.  y.    Boda),    1  Mark  Z., 
Schenkung  der  y.  Elsterberg,  1300  (I.  No.  335). 

20)  Bonneburg,    8  Schill.  Z.,  Kauf  des  Heinrich  y.  Nau- 
ütz,   1301  (I.  No.  341).  —  Pfarre,  1302  (I.  No.  341). 
—  Einkünfte   aus  der  Stadt  (6  Mark  mit  Werdau  zu- 
sammen), Legat  des  y.  Plauen,    1804  (I.  No.  369).  — 
Patronat   des    St.    Katharinen  -  Altars    der  Pfarrkirche, 
Schenkung   des   Beufs    y.  Plauen,    1307  (I.    No.  396). 
1^f^£>7        —  1^/2    Mark   Abgabe    yon    der    Pfarre,    Kauf    der 
'?(    '^'^H)      ^^^^^^  Elisabeth  Burgold  und  Adelheid  Mürring,  1353 
'  /'     (I.  No.  936).   —  2  Schock  Abgabe  des  Pfarrers,  1397 

(II.  No.  381). 

"21)  Grofsenstein  (urkdl.  Stegin ;  n.  y.  Bonneburg), 
21^/2  Schill.  Z.,  Kauf  des  y.  Naulitz  (s.  Bonneburg), 
1301  (I.  No.  341).  —  Abgabe  yon  der  Pfarre,  1354 
(I.  No.  946). 

22)  Korbussen    (urkdl.    Quarwisen,    Korweisen;     nw.    y. 

Bonneburg),    10^/^  Schill.   Z.,   Kauf  des  y.  Naulitz  (s. 
Bonneburg),  1301  (I.  No.  341). 

23)  Mennsdorf  (urkdl.    Menschendorf,   so.  y.  Bonneburg), 


1)  Strafsberg  wurde  dann  bei  der  Sequestrierung  des  Klosters  an- 
fänglich einigen  Bauern  daselbst,  die  Olbers  genannt,  gegen  einen  jähr- 
lichen an  die  Klosteradministration  zu  zahlenden  Zins  yon  7  neuen 
Bchock  Grosch.  überlassen  und  kam  1541  unter  gleichen  Bedingungen 
und  in  Gestalt  eines  Erbgutes  an  den  Sequestrationsnotar  Anton  Pestel. 
Als  dann  später  nach  LandtagsschluTs  alle  Klostergüter  in  Sachsen  ein- 
gezogen wurden,  beschenkte  und  belohnte  1543  Kurfürst  Johann  Friedrich 
den  Pestel  für  treu  geleistete  Dienste  mit  dem  Gute,  doch  mit  Vorbehalt  der 
<^erichtsbarkeit  und  gegen  Abgabe  einer  jährlichen  Zinshenne ;  s.  Limmer 
111.  S.  878  (nach  Urkunden  des  Neundorfer  Archivs). 


GMcblohte  du  Kloel«n  Croindiwiti. 


18« 


22  Bohill.  Z.,  Eaaf  dee  T.  Naulitz  (a.  BonuBbucg),  130ll 
(I,  No.  341). 
1^4)  ölauitz,     IVs  Uaik   Z.,    SaheokaDg    der    Ton    Vogti- 
berg,    1302  (I,    No.    342).  —  4'/a   Vierdg.  Z.,  8chen<j 
kuDg  der  T.  Vogtsberg,  1303  (I.  No.  365). 
I  25}  Paitsdorf  (urkdl.  Pataus-,  Pateai-,  Batensdorf;  aö.  TiM 
Ron ne bürg), _Patronftt_uud  Güter,    Kauf  des  Kl.,  Beata-^ 
tigung  dea  t.  Plauen,    1302    (1.  No.  3öO).  —  Abgabe 
von  der  Pfarre,  1354  (1.  No.  946).  '•^"'/^"^^ij 

[  26)  TuyBoiaB(urkdl.  1531  Tansaklas ; /Würtg.  bot  f\mtmf),  g^ 
£auf  des  £1.  von  Tobso  t.  Keinoldsdorf,  Bealätigung  ^  ^ 
dea  V.  Plauen,    1302  (I.   No.  8öl).  /ißyäß^ 

I  27)  Beiersdorf    (urkdi.  Berwigisdorf;  Wüstg,  bei  Auma  ?), 
Schenkung  der  Irmgard  von  Dabmeo,    1303  (I.  No.  360). 
—    '/j  Mark    Z.,   Sohenknng    der  vorigen,    Bestätigang 
dea  T.  Weida  {I.  No.  388). 
I   28)  Werdau,  Einkünfte  (5  Mark  mit  Ronneburg  z 

Legat  dea  v.  Plauen,   1304  (I.  No.  369). 
I  S9)  Drackeadorf  (urkdl.  Traohinadorf ;  qw.t.  Aod«),  Wein-, 
berg,     Schenkung  des  Heiurichs  t.  Gera,    Beelätiguog  i 
dea  V.  Bijrgail,   1304  (I.   No,  370=402). 
30)  Hartroda    (urkdl.     Sarthenrode,     Hartenrod;     aw.  T  . 
Altenbnrg),    2U  Äcker  Holz,    Kauf  des    Kl,  von  denen« 
V.  Coaaitz ,  Bestätigung  des  Burggrafen  t.  Slarkeoberg,  I 
1306  (I.  No,  390). 
Kl)  Lichtenberg   {aö.    v,  Gera),    Soheakung    dea  t.  Gera, 

1306  (1.  No.  389). 
82)  (Grors-)Drftxdorf  (urkdl.  Drachana-,  Draohins-,  Tra- 
China-,  Drachatorff  eto.,  1531  Wüateo-Draidorf ,  Ö.  v. 
Weida),  4  Pfund,  2  Schill.  Z,,  Schenkung  dea  t.  Gera, 
1306  (L  No.  391).  —  36  Schill.  Z.  vom  Seelgeräte 
dea  Konrad  v.  Bookwila.  1307  {I.  No.  398),  —  33 
Groaobea  Z.  vom  Seelgeräte  dea  GUnther  v.  d.  Planitz, 
1396  (II.  No.  376),  —  5  Vj  Gld.  Z.  (mit  Wernadorf 
zuaammeu)  vou  Hypothek  der  v.  Wolferadorf,  1506 
Juli  2  (GHuSA.  Weimar). 


1 


j[40  Geschichte  des  Klosters  Cronschwitz. 

83)  Wernsdorf    (n.    y.   Berga),    5  Schill.  Z.,    5    Soheffel 

Korn ,  8  Soheffel  Weizen  Z.,  Schenkung  des  v.  Gera, 
1800  (I.  No.  891).  —  Zins  (mit  Gro£9-Draxdovf  m- 
sammen)  von  HypoÜiek  der  y.  Wolfersdorf,  1506  Juli 
2  (GHnSA.  Weimar). 

84)  Berga,  84  Scheffel  Korn  y.  der  Mühle,   Sohenkang  dea 

y.  Gera,  1306  (I.  No.  891).  —  1  Vierdg.  Z.  y.  einem 
Hof  und  das  Kirchleheni  Schenkung  des  y.  Gera,  1310 
(I.  No.  416). 

85)  Sohwaara  (orkdL  Sqware;   nö.   y.  Gera),   6  Mark  Z«^ 

Schenkung  des  y.  Gera,  1807  (I,  No.  897).  —  Zins  yon 
5  Hufen  (mit  Trehnitz  zusammen  12  Mark),  Sehen* 
kung  des  y.  Gera,  1876  (IL  No.  227). 

86)  Zickra   (urkdl.    Cykorauwe,   Zcikara;    sw.    y.   Berga), 

12  Schill.  Z.,  Schenkung  des  y.  Gera,  1807  (I.  No. 
398).  —  9  Schill.  Z.,  Kauf  des  Kl.,  Bestätigung  dea 
y.  Gera,  1830  (I.  No.  692). 

87)  Lobeda,  Weinberg,   Schenkung   des    y.  Gleina,    Bestä- 

tigung des  y.  Lobdeburg,  1807  (I.  No.  899).  -* 
2  Weingärten,  Kauf  des  Kl.  yon  denen  y.  Draxdorf, 
Bestätigung  des  markgräff.  Amtmanns,  1307  (II.  No> 
384).  —  Weinberg,  Kauf  der  Nonne  Anna  y.  Gera, 
1404  (11.  No.  442).  —  Bestätigung  des  letzteren  durch 
die  Markgrafen,  1408  (II.  No.  492).  —  Weingarten, 
Verleihung  des  Konrads  y.  Würzburg  an  die  Nonnen 
Anna  y.  Wolfersdorf  und  Anna  y.  Neumarkt,  1422 
(n.  No.  679). 

88)  Hohenleuben    (urkdl.  Lewbenn),    Pfarre,   Schenkung 

des  y.  Gera,  1812  (I.  No.  438).  —  45  Groschen,  8  Pf. 
Z.  yon  Hypothek  der  y.  Töpfer,  1470  Mai  8 
(GHuSA.  Weimar). 
39)  N  ö  b  d  e  n  i  t  z  (urkdl.  Nubudiz,  Nubdioz,  Nob- ;  sw.  y. 
Schmölln),  Patronat,^chenkung  der  Reulsen  y.  Plauen, 
1313  (L  No.  444)  —  Bestätigung  des  Bisch,  y.  Naum- 
burg,   1342   (I.     846)    und   des   Papstes  Clemens  VI., 


* . 


'^    V. 


QHohielita  dw  Kloslen  Cronscfawita. 


1347  (I.  No.  419,  B.  a.  No.  886,  Ann».).  —  Abgabe  von  ^ 

der  Pfarre,  1354  (I.  No.   946). 
|>4D)  Zwötzen      (s.  t.  Gera),     I   Mark   Z,    ron    der   Utihle, 

Verzicbt   des    Leatold    v.    Techwits,     Bestätigung    des 

T.  Gera,   1314   (I.   So.  454).  —    1    Mark  2.  v.  l  Hufe, 

Solwnkuiig  dea  t.  Gera,   1338  (I.  No.  809). 
I  41)  Walteradorf  (aw.  -r.  Gera),  Zjm  u^d^atronat,  *w-  ''*f^^ 

kagf "ödet  BdienkttPg  dea  Burgmaanen  Heinricli  v.  Gera,  ,7'^  '/ 

Bestätigung  der  v,  Weida  u.  Gera,    1315  (I.  No.  462),  '■'"''' 

—  Dorf,  Sohenkung    des  t.  Gera,    1328  (I.  No.  651). 

—  Abgabe  y.  der  Pfarre,  1364  (I.  No.  946).  —  Wieae 
aU  Hypothek  der  t.  Wolfersdorf,  1487  Juni  IT 
(GHuSÄ.  Weimar). 

[  42)  Bieblaoh  {utkdl.  Weblok ;  n.  v.  Gera},  32  SchiU.  Z., 
£auf  dea  EL,  Bestätiguag  des  y.  Gera,  1332  (L  No. 
527),  —  1  Pf.  Z.,  Kauf  der  Nonne  Barbara  t.  Plauen, 
1877  (II.  No.  286). 

|-^3)  GSdern  (urkdl.  Goderin;  aw.  t.  Altenburg),  Streit  um- 
einige  Hufen  mit  dem  Burggrafen  Erkenbert  t.  Starken« 
berg,  182^(1.  No.  571,  60ß  u,  614;  Yergl.  dazu 
Dobenecker'i  Berichtigung  in  Zeitschr.  für  Thilring. 
Gesch.,  N.F.  IV.  8.  574),—  l'/j  Schock  Groaoheo  Z.  von 
1  Hufe,  1  Wiese  n.  I  wüsten  Acker,  Kauf  des  Kl., 
1367  (II.  No,  160).  —  LehnreverB  des  Pfarrers  zu 
Göllnitz  über  1  Garten ,  1  Wiese  aod  1  Teich  mit 
15  Groaohen  Z.,  1396  (11.  No,  374).  —  Lehnreve« 
des  Petras  Winkler  über  dieselben  Sttioke,  1412  (11. 
No,  565). 
44)  Neundorf  {w.  7.  Plauen),  daa  balbe  Vorwerk,  Kauf 
des  Kl.  von  dem  v.  Plauen.   1328  (L  No.  656). 

|-iö)  UilbitE  (urkdl.  Milwicz;  nw.  v.  Gera),  12  SchiU.  Z., 
Kauf  des  Kl.,  Beatätigung  des  t.  Gera,  1330  (I.  No. 
692).    —    Uark  Z.,    Sohankung    dea    v.  Gera,    1844  (I. 


4 


No.  870). 


■  -46)  Bra 


chawalde    (urkdl,  Brunswalde;    sä,  v.  ßonne*   1 


142  Oeschichte  des  Klosters  Cronschwitz« 

borg),  2  Pfd.  Z.,   Schenknog  der  ▼.  Pohl ,   Besij&tigiing 
des  BetÜB  v.  PlaueD,  184^  (L  No.  882). 

47)  Zech  ort  a  (nrkdL.Sohurtowe,  Shortawe;  ö.  ▼.  Weida)^), 

Heinrich  geo.  ▼.  Zschorta,  Unterthan  (fidelii)  das.^ 
1842  (I.  No.  889).  —  Vs  Mark  Z.,  Eaaf  der  ^onnef]?  ^ 
Elsbeth  Burgold  und  Adelheid  Murring,  1858  (I.  No.  934). 
—  Versieht  des  Nikolaus  Nitsohmann  auf  Güter,  1867 
(IL  No.  164).  —  Tausch  eines  Ackers  gegen  andern 
Acker  am  Wetterkreuze  bei  Weida,  1498  Mai  6 
(GHuSA.  Weimar). 

48)  Tuirdin    (Wüstung    b.    Gödem;    sw.    ▼.    Altenburg)^ 

5  Yierd.  Z.  y.  1    Gut,    Verpfändung    der   v.  Göfsnits, 
1842  (L  No.  848). 

49)  Mosen  (nö.  ▼•  Weida),  Fischerei  in  der  Elster,    Sehen« 

kung   oder    Verkauf    der    ▼.  Mosen,    Bestätigung   des 
Beufs  y.  Plauen,  1842  (I.  No.  848). 

50)  Albersdorf    (urkdl.    Alars-,    Albrechtsdorf;     nw.   v. 

Werdau),   Abgabe   von   der  Pfarre,  1354  (I.  No.  946); 

51)  Teichwitz  (urkdl.  Tegwicz,  Techewioz ;  so.  y.  Weida),. 

Abgabe  yon  der  Pfarre,  1354  (I.  No.  946). 

52)  Zossen    (urkdl.    Zcossan;    nö.    y.  Weida),    Wiese  und 

Acker,  Slauf  des  El.  yon  El«  Mildenfurth,  Bestätigung 
des  y.  Weida,  1355  (I.  No.  958).  —  Verkauf  eines 
Ackers  an  die  y.  Zossen  gegen  1  Scheffel  Äpfel  Z., 
1362  (IL  No.  108). 
58)  Gössen  (urkdl.  Guzen ;  sw.  y.  Konneburg),  84  Groschen 
Z.,  Eauf  des  El.  yon  denen  y.  Pohl,  Bestätigung  des 
Beufs  y.  Plauen,  1358  (II.  No.  40). 

54)  Poppe  In  (urkdl.  Popelin;    n.  y.  Eonneburg),    1  Mark 

Vs  Vierdg.  Z.  (wie  bei  Gossen). 

55)  Otticha   (urkdl.    Utichow,    Ottichaw;   nö.   y.    Weida), 

1  Mark  7  Groschen  Z.,  Eauf  des  El.  yon  denen  y.  Pohl, 
Bestätigung  des  y.  Gera,  1859  (IL  No.  47).  —  1  Mark 
Z.,  Eauf  dez  El.  yon  denen  y.  Pohl,  Bestätigung  dea 
V.  Gera  1361  (II.  No.  84). 


1)  Daher  in  Urkdb.  I.  Ko.  889,  n.  II.  No.  164  die  Begesten  zn  be» 
richtigen. 


I  Qiiehidite  dM  Kloitsrt  Crunichwito.  iiS.  I 

|£6)  TaubenprcBkeln      (aikJI.     Prosklia;      a.    t.     Gera), 

I  1   Mark  Z.  (znsammen  mit  Ober-  n.  Unter-Röppisoh  u.  j 

I  Eaimberg),  Kauf  der  Nonne  Sophie  Ulrich,  Bestätigung  I 

I  des  T.  Weidft,  136S  (II.  No.  98).                                         j 

167)  Ober-    u.    Un  t  er-Röppisoh  (urkdl.  RobEoiot;  s.  t^J 

I  Gera),  Zins  (e.   TaubeDpreBkeln).                                             I 

I  SB)  Kaimberg  (nrkdl.  Eeym;  ab.  v.  Gera),  Zio«  {s.  Taaben-I 

I  praskeln).                                                                             1 

Ifi9)  Fanioha   (urkdl.  Fusohowe;  nv.  t.  Zeitz),  2  Vt  Sohootl 

■  Z.  auf   dem  Vorwerke ,    Kauf  dea  El.  von  Albreoht   t.  I 

■  SchleinitE,  1363  (II.  No.  122).  | 
■'<0)  Flauen,  4  Uark  Z.  auf  3  Häueera  >)  der  Altstadt,.  1 
I  Sohenkung  des  t.  Plauen,   1367  (II.  No.  159). 

1.61)  Trebnitz    (nS.  t.  Gera),  Zins  (12  Hark  mit  Sohvaant 

I  zusammen)  von  3  Hufen,  Schenknug  des  t.  Gera,  137ft 

I  (II.  No.  237). 

I  62)  L  aasen  (urkdl.  Lozau ;     nö.  t.  Gera),    1   Ff.  Heller  Z.^ 

I  Sauf  des    El.    von  Else  t.  Kusitz,    Bestattgang  des  t> 

I  Gera,   1377  (II.  No.  236). 

I  63)  LoitZKoh  (urkdl.  Lotachioz;  s.  r.  Weida),  33  Groschen 

I  u.  2  Hühner   Z. ,    Eauf  der  Nonne  Barbara  t.  Planen 

I  TOD  denen  t.  Zossen,  Bestätigung  des  v.  Weida,    138(1 

^  (IL  So,  268  n.  264). 

64)  Batdenhsin  (n.  t.  Ronueburg),   5  Uark  Z.,  Eauf  der 

1)  Bei  Trommler,  8>mmlaag  inr  Geich.  des  alten  beidnischcc  nni 
dum  cbmtlichsD  VoglUndea  (176T)  S.  SOT  findet  sich  noch  folgend» 
Kotii:  Uicrnnch  volget,  itrbi  die  nunnan  ein«  Cronswici  im  lant  Plavra 
vor  pribent  hnbeDii,  uemlicb  alazo :  in  Plawn  eta  leheowleiiieii  IT  gr. 
3  pf,  1  sckarlaben  4  gr.  nnd  6  ftlde  pt.,  1  banai  4  gr.  6  pC,  1  hau» 
S  gr.  1  pf,,  1  haiux  1  gr.  8  pf.,  t  faSnazar  bei  st.  Wolffgang  11  gr,  l  pf., 
1  hausE  8  gr.,  1  hauai  i  gr.  10  pf,,  1  schenii  1  pf.,  I  baaaz  am  mtaptur- 
boff  t  gr,  S  pf,  1  baasz  4  gr,  10  pf,  I  baaai  4  gr.  8  pf,,  1  linBlogi 
leben,  1  fieiacbbaDk:  in  Grosifryaienn  I  banaz  mit  t  büneni  und  3 
tcheffel  havero;  in  Krieichinoz  5  cinaa  gatler;  in  Dracbans  t;  in  Slraai- 
bgrg  34  btnsier  mit  leben  aad  liDszeD  IB  aii  3  gr,  1  pf.  1  heller,  11 
»B.  gerBlen,  14  sä.  bavern,  13  hüaer,  1  aalifabr,  die  mobl,  dasa  fiacb- 
wuier.    lit  gniigk. 


I 

i 
i 


X44  Geschichte  des  Klosters  Gronschwitz. 

Nonnen  Sophie  u.  Jatta  t.  Altenburgi  Bestäiigung  des 
Eeufs  T.  Plauen,  1381  (IL  No.  268).  —  Zinsen  t. 
Seelgeräte  des  Otiniher  t.  d.  Planitz,  1396  (II.  No.  376). 

65)  Speutewitz  (urkdl.  Spewtewicz ;  Wüstung  b.  Trebnitz^ 

nö.  T.  Gera)  ^)i  42  0 roschen  Z ,  Kauf  der  Nonne  Agnes 
T.  Machwitz  von  Gerhard  y.  Teohwitz,  Bestätigung  des 
T.  Gera,  1386  (IL  No.  300). 

66)  Wetzdorf  (urkdl.  Weczelsdorf;  sw.  v.  Weida),  4  Schock 

Groschen  Z.  in  bar  und  Naturalien  (Korn,  Weizen, 
Gerste,  Hafer,  Hopfen,  Erbsen,  Mohn,  Flachs,  Hühner, 
Eier,  Käse),  Kauf  des  Kl.  von  Otto  v.  Äpder,  Bestä- 
tigung des  V.  Weida,  13 81  (IL  No.  ^ßff 

67)  Wittchendorf  (urkdl.  Wittichendorf ;  so.  v.  Weida), 

52  Groschen  Z.,  Kauf  des  Kl.  von  denen  t.  Wolfers- 
dorf,    Bestätigung   des   v.  Weida,    1387  (II.  No.  310). 

68)  Merkendorf  (ö.  t.  Auma),  17  Groschen  Z.,  Kauf  des 

Kl.  von  Erenzel  y.  Lindenberg,  Bestätigung  des  t. 
Weida,  1387  (IT.  No.  311). 

69)  Beerwalde    (urkdL    Beyerwalde;    nö,    v.    Eonneburg), 

1  Groschen  u.  4  Hühner  Z.,  Schenkung  des  Hans  t. 
Stechau,   1391  (IL  No.  343). 

70)  Wolfsgefährt    (urkdL    Wolfisgeferte;     n.    v.  Weida), 

22  Groschen  Z.  ^)  vom  Seelgeräte  des  Günther  v.  d. 
Planitz,  1396  (IL  No.  376). 

71)  Liebschwitz     (urkdl.     Lubswicz ;      nö.     v.    Wefda), 

7  Groschen  2  Pf.  Z.  vom  Seelgeräte  des  Günther  y.  d. 
Planitz,   1396  (IL  No.  376). 

72)  Jonaswalde   (urkdL    Janniswalde;   so.  v.  Bonneburg), 

1  V*  Schock  Z.,  Kauf  der  Nonnen  Adelheid  y.  Qber- 
hausen  u.  Adelheid  Griefs,  1400  (IL  No.  899  u.  400). 

73)  Nassebritz    (urkdl.  Nassenbricz,  Nasperitz;   Wüstung 

b.  Kriebitsch  im  Altenburgi  seh.),  Verkauf  des  Vorwerkes  an 
Otto  Töpfer,  Pfarrer  in  Hohonleuben,  1402  (IL  No.  421). 


1)  Brückmer,  Reufsische  Landeskunde  S.  557. 

2)  Siehe  Urkdb.  II.  376  Bemerk. 


Geschichte  des  Klosters  Cronschwitz.  145 

—  Verkauf  an  das  KlBosau,  1488  April  20  (Dresdeo-N. 
öffenil.  Bibliothek).  —  Best äti gang  des  Kaufes  duroh 
den  Kurfürsten  Friedrich  von  Sachsen,  1440  Juli  25 
(ebenda). 

74)  W  e  i  d  a ,  Streit  des  Kl.  mit  der  Witwe  des  Stadtschrei- 

bers Niklas  wegen  eines  Ackers,  1457  Sept.  27 
(GHuSA  Weimar). 

75)  Ni  ed  er-Böhmersdorf    (urkdl.    Behimsdorf;    nö.    y. 

Zeulenroda),  80  Groschen  Z.  von  Hypothek  der  y. 
Maltitz,   1462  März  15  (GHuSA.  Weimar). 

76)  Mehla  (urkdl.  Meylau;    s.    y.    Hohenleuben),    4    Old. 

(zusammen  mit  Hain)  yon  Hypothek  des  Kurt  Töpfer 
auf  Lunzig,   1462  Juni  18  (ebenda). 

77)  Hain  (so.  y.  Hohenleuben),  Zins  s.  Mehla.  —  1  Gld.  Z. 

y.  Hypothek  des  Hans  Töpfer  auf  Lunzig,  Bestätigung 
des  y.  Gera,  1501  Sept.   11  (ebenda). 

78)  Grofs-Frieseni)  (ö.  y.  Plauen),  1  Mann  mit  2  Scheffeln 

Hafer    und    3    alten    Hühnern,     1465  ^^ezT^  (am  s.    ^lH^iiX 
Joaohimstage ;    b.   Trommler,    Sammlung  z.  Gesch.  des 
Vqgtlandes,  S.  206). 

79)  Langen  -  Wetzendorf  (urkdl.    Wetz^elsdorf ;     so.  y. 

Hohenleuben),  4  Gld.  Z.  yon  Hypothek  der  y.  der 
Planitz,  1489  Juli  4  (GHuSA.  Weimar).  —  6  Gld.  u. 
5  Grosch.  Z.  yon  Hypothek  der  y.  Wolfersdorf,  1506 
Noy.  7  (ebenda) 

80)  C  0  s  t  i  t  z  (sw.  y.  Altenburg)  60  Groschen  Z.  yon  Hypo-  *  /        , 

thek  des  Heintz   y.  Zschöpperitz  auf  Kertschütz,  1491    ^>''»'^*^ 
Juni  3  (ebenda).^  '   »■  V 

81)  Gnadschütz    (sw.  y.  Altenburg),    2  Zinsmänner    yon 

Hypothek    des  y.  Zschöpperitz,    1494  Noy.  6  (ebenda). 

82)  Zwickau,    25    Gld.    Bhein.    Z.    yom    Seelgeräte   der 

Margarothe  y.  Meusebach,  1496  April  23  (ebenda). 

83)  Gera,  Garten  bei  dem  alten  Sdhlosse,  Verpfandung  des 

y.   Gera   1508    (tiongolius^  Vorrat   brauchbarer  Nach- 


1)  s.  a.  8.  .143  Anm.  1. 

XVI.  10 


146  Gtschichte  des  Klosters  Cronsohwits. 

riohten  Fach  III.  8.  11).  —  3  61d.  Z.  von  Hypothek 
auf  das  Hans  des  Bürgers  Andres  Hain,  1515  Sept.  17 
(GHoSA.  Weimar). 
^   84)  Bocka  (Grofs-  oder  Klein-  ?;  nw.  t.  Weida)^). 

85)  Eriebitsch  (sw.  v.  Alten  borg). 

86)  Griesohwitz^)  (nö.  y.  Plauen). 
4^87)  Gulmitzsch  (nö.  t.  Berga). 

88)  DroohausS)  (nrkdl.  Drages;  ö.  y.  Möhltroff). 
>x^9)  £nd schütz  (ö.  y.  Weida). 

90)  Hartmannsdorf  (nw.  y.  Gera). 

91)  Klosohwitz  (w.  y.  Plauen). 
/^92)  Lengefeld  (sw.  y.  Eonnebarg), 
i^  93)  Leumnitz  (nö.  y.  Gera). 

o  94)  L unzig  (j^.  y.  Hohenleuben). 

/,'95)  Nitschareuth  (nw.  y.  Greiz). 

96)  M Olsen  (so.  y.  Weilsenfeb). 

97)  Oberpirk  (s.  y.  Pausa). 

98)  Pflichtendorf  (nw.  y.  Altenburg). 
A   99)  Pohlen  (sw.  y.  Bonnebarg). 

y  100)  Baizhain  (n.  y.  Bonneburg). 
/    101)  Beust  (so.  y.  Bonneburg). 
1^102)  Böpzen  (nö.  y.  Gera). 
^  103)  Beschütz  (w.  y.  Gera). 

104)  Schleiz. 
^'  105)  Sirbis  (w.  y.  Weida). 
ly  106)  stein  sdorf  (sw.  y.  Weida). 
A"  107)  Stolzen  borg  (w.  y.  Bonneburg). 

108)  Thiergarten  (sw.  y.  Plauen). 
l^  109)  Thränitz  (w.  y.  Gera). 


1)  No.  84—114  Zinsen  noch  1631  yorhanden  (OesA.  Weimar  Reg. 
Oo.  p.  792,  No.  660. 

2)  Lhnmers  Nachricht  III.  8.  877  Aber  den  Verkauf  der  Kloster 
Zinsen  in  der  Stadt  Gera,  beruht  auf  einem  Irrtum.  VergL  unsere  Ab> 
handl.  S.  157. 

8)  Yergl.  S.  148  Anm.  1. 


Ocichteltle  des  SloiMrs  CronscTiiriti. 

t  sberg  (n.  v.  Weida). 

111)  Wintersdorf  (nw.  v.  Altenburg). 

112)  Wünschendorf  (nö.  v.  Weida). 

113)  Wüsten-Draxdorf  (=  Klein-Dr;  »o.  v.  Weida),! 
L  114)  Zaohernitzsch  (arkdt.  Soroewit»;  dw.  t.  Älteo- I 
I  bürg). 

Oewiaaermafaen  sie  Einnahmequelle  des  KloBtors  köoi 
endlich  auch  die  ihm  tod  Bischöfen  and  andern  höheren 
Oeiatliohea  erteilten  Indulgeoeen  uod  Äbläsee  gelten.  Einen 
solchen  für  ein  Jahr  und  40  Tage  gewährte  1247  der  Kar- 
dinaliegat  Peter  Capoooio  allen  Gläubigen ,  welche  das  von 
Qott  wunderbar  begnadete  Kloster  (com  —  miraculose  dominus 
potentiam  suam  ostendat)  au  seinem  Stiftungstage  (in  die 
dedioaeionis  ipaias)  besuehea  und  mit  freigebiger  Hand  unter- 
stützen würden.  Weitere  Ablässe  erteilten  der  Cardinallegat 
Hugo  von  St,  Chera*).  40  Tage  (1302);  die  Bischöfe  Ber- 
thold TOQ  Bamberg  (1379)  und  Meinher  tod  Nanmborg  (127'"), 
Erz bisohof  Werner  von  Uaint;  (1381);  Ersbiachof  Petrus  Ton 
Arborea  und  13  italieniaohe  Bischöfe  (1289) ;  ErEbiachof 
Hudolf  von  Salzburg  and  Bischof  Eon rad  von  Lavant  (1290); 
Bitohof  Arnold  von  Bamberg  (1290);  Bisohof  Bruno  von 
Naumburg  (1293);  Bischof  Budolf  von  Constantiana  als  Vikar 
des  Saumbnrger  Biaohofs  (1352)*),  "Ferner  erhielt  die  dem 
Kloster  zugehünge  Kirche  zu  Meilitz  1294  durch  den  Biaohof 
Criatan  Ton  Samland  einen  Ablafs  ^).  Hier  soll ,  wie  der 
Pimaiaohe  Mönch  berichtet*),  der  Schädel  des  heiligen  Georg, 
durch  eine  A-btiasin  von  Quedlinburg  dorthin  gebracht,  als 
Beliquie  aufbewahrt  worden  sein.  Endlich  werden  Ton  seiten 
des  Fredigerordens  den  Besuoliern  und  Gönnern  der  Uarien- 
kapelle  auf  dem  Berge  ku  Sohmölln,  einer  Filiale  von  Croasch' 
kiriti.    Teilhaftigkeit    an    gewissen    geistlichen    Übungen     dea   i 

1)  B*DIIier,  6«sch.  der  Hohenstnufen  IV.  S.  St8  Anm. 

S)  Vogtl   Urkdb.  1.  No.  90,  103,  199,  S39,  MI,  251,  STl,  989,  934.    j 

S)  Bbeoda  t.  No.  389. 

4)  Uencb«,  SeiipC  rsr.  Gann.  II.   Sp.  1S39. 

10* 


J48  Geschichte  des  Klosters  Cronschwitz. 

Ordens  gewährt^).  Im  Jahre  1887  liefs  sich  das  Kloster 
Yon  Papst  XJrban  VI.  alle  seine  Freiheiten  und  Hechte,  die 
es  yon  Päpsten,  Königen,  Fürsten  und  andern  Gläubigen 
empfangen  hatte,  nochmals  feierlich  bestätigen  ^). 

rv.    Verwaltung  und  Zeitereignisse. 

An  der  Spitze  des  Klosters  stand  die  Piiorin,  und  solches 
Amt  bekleidete  womöglich  eine  Tochter  der  Landesherr- 
schaften ^).  Die  Wahl  der  Priorin  geschah  ausschlief slioh 
durch  den  Konvent  ^).  Neben  ihr  gab  es  eine  Snppriorin, 
und  von  mehr  untergeordneten  Ämtern  werden  gelegentlich 
Werkmeisterin  ^)  und  Küsterin  genannt.  Wie  yiel  Nonnen 
durchschnittlich  im  Kloster  waren,  läfst  sich  nicht  feststellen. 
Zu  1586  wird  einmal  erwähnt,  dafs  vor  Alters  an  50  Per- 
sonen darin  gewesen,  doch  sind  dabei  wohl  die  Geistlichen 
und  das  Gesinde  mitgezählt  ^).  Nicht  im  Kloster  selbst,  aber 
doch  in  dessen  Nebengebäuden  wohnten  dann  4 — 8  Prediger- 
mönche, welche  als  Kapläne  und  Beichtiger  die  Seelensorge 
der  Nonnen  ausübten  oder  als  Schreiber  (scriptor,  notarius) 
dienten.  Die  weltliche  Vertretung  des  Klosters  aber  hatte  der 
Hofmeister  (provisor  curie,  administrator  in  temporalibus). 
Anfänglich  mag,  wie  die  Ordinationsurkunde  des  Bischofs  von 
Naumburg  solches  bestimmte,  dieses  Amt  yom  Deutschen  Orden 
besetzt  worden  sein  ^).  Dann  scheinen  es  zeitweise  die 
Predigermönche  in   ihre    Hände    gebracht   zu   haben  ^),   und 


1)  Vogtl.  Urkdb.  II.  No.  886  u.  467. 

2)  Ebenda  II.  No.  312. 

8)  S.  das  chronolog.  Verzeichnis  der  Priorinnen  und  anderer  Kloster- 
personen gegen  Ende  der  Abhandlang. 

4)  In  der   päpstlichen  Ordination  y.  1246    (Urkdb.  I.    Nr.  87)  heifst 
es:  electio  tarnen  priorisse  libere  pertineat  ad  oonyentum. 

5)  wohl   ea  Schaffnerin. 

6)  GesA.    Weimar   Oo.  p.   792,    161    aus    Schreiben    des   Nickel   v. 
Minkwitz  an  den  Kurfürsten. 

7)  S.  S.  128. 

8)  Berthramus  ordinis    fratrum    predicatorum   et  provisor  curie   san- 


Gesihiefiti  des  Klosters  CroasdiwEtE. 


t 


Bpäteihin  wurden  meisteiia  Adlige  dazu  genommen.  So  haben 
uameDtlioh  die  von  Roder  diese  Stella  innegehabt. 

Ton  den  KloBUrgebäuden  ist  fast  nichla   mehr  erhalten. 

Die  Kirche  scheint,  naoh  den  spärlichen  Trümmern  zu 
Drleilen,  eine  Kreuzkirohe  gewesen  zu  sein.  Sie  und  die 
übrigen  Klostergebäude  lagen  anmittelbar  hinter  der  jetzigen 
OberfiJrsterei.  Hier  iat  auch  noch  etwas  Ringmauer  erhalten. 
Naoh  der  Elaterseite  befinden  aioh  dicht  nebeneinander  ver- 
Bchiedene  Eetlerge wölbe,  wie  man  sie  bezeichnet  hat ').  Auch 
aaf  der  entgegengeaetzten  Seite,  doch  aufeeihalb  des  Klosters, 
ist  noch  der  Eingang  eines  unterirdischen  Baumes  wahrzu- 
nehmen. Dies  soll  der  Sage  nach  ein  Gang  sein,  der  unser 
Kloster  mit  dem  ca.  10  Minuten  entfernten  Mildenfiirth  rer- 
band.  Ein  solcher  Gang  zwischen  einem  Manns-  und  Frauea- 
kloster  verschiedenen  Ordens  ist  natürlich  ein  Unding  ^). 

Gegen  Ende  des  15.  und  Anfang  des  16.  Jahrhunderts 
liefs  das  Kloster  viel  bauen.  Im  Juli  1482  ersuchte  die 
Friorin  den  Herzog  Wilhelm  von  Sachsen  um  Unterstützung 
mit  Holz  zum  Klosterbau,  den  sie  noch  vor  Eintritt  des 
Winters    voUendeu    möchte^).     1496*;  bestimmte  Margarete 

MeusebBoh  bei  Stiftung  ihres  Seelgerätes  3  Gulden  Zina 

Bau,  und   1503  bittet  die  Priorin  Margarete    von  Bock- 

n  virginam  beati  AngustiDt  in  CroDSiricE  I.  No.  B7S ;  s,  a,  Ver- 
leicbnls  der  Hormeister. 

hn,  Gesch.  y.  Gera,  S.  413.   —  Eä  sind  aber  ofienbnr  Wassar- 
luLDtan  wegen  der  GefEbtdang  durch  Itorhirasser. 

S)  Im  Kornhaiue  zu  Mildenfarth  soll  dieser  Gang  ausgemündet  bubea. 
Nun  itodet  sich  BllerdiagB  dort  noch  der  Eingsag  eines  zerfallenea  Kellers 
oder  NoUuigKnges,  lU  dem  eioige  Staren  berUDlerfUhreD,  Ich  koDut«  nur 
•renige  Schritte  darin  vorilringeD,  weil  er  dann  zugemaaert  war.  Hach 
Cronscbwiti  kann  er  indes  nicht  gaFUhrt  haben.  Er  mcrsle  in  diesem 
FRlle  CR.  1  Meier  falleo,  unter  der  Weida  hindurch  gehen  and  nieder  ca. 
80  Meter  steigen,  und  da  wfire  er  wagen  des  GrundwasserE  wohl   niemals 


I 


Vergl.    übrigens 


pusierbar  gewesen. 
^  lt.  Jabreiberictit  d 

a)  CIssA.  Weimar  Kfc.   34,  II, 
4)  April  !S  in  GHuSA.  Weimj 


angeblichen  Gange   den 
S.  93. 


? 


]^50  Geschichte  des  Klosters  CronschwitB. 

witz  um  Erlals  eines  Büsiwagens  mit  starken  Pferden ,  der 
Wein  nach  Jena  bringen  sollte;  denn  das  Kloster  habe  einen 
grofsen  Bau  yor,  nämlioh  ein  Refektorium  (remtall)  yon  42 
Ellen  Länge  und  14  Ellen  Breite  ^).  Der  grofse  Altarstein 
der  Kirche  soll  1646  nach  Weida  übergeführt  worden  sein 
und  jetzt  auf  dem  Altar  der  dortigen  Stadtkirohe  liegen  ^). 
Ferner^)  haben  wir  noch  eine  Nachricht  yon  1778,  welche 
den  später  yerlorenen  Grabstein  eines  Kenn  yon  Gera  be« 
schreibt.  Auch  um  Mitte  dieses  Jahrhunderts  wurde  ein 
solches  Monument  ausgegraben  und  leider  gleich  zerstört, 
ohne  dafs  yorher  seine  geschichtliche  Bedeutung  festgestellt 
wurde.  Unerkennbare  Stücke  dayon  sind  heute  in  dem  Hof- 
thore  eines  Bauernhauses  eingemauert^). 

Bei  einer  Inyeutarisierung  yon  154^  werden  folgende 
Klostergebäude  aufgeführt:  Wohnhaus  oder  die  Propste!,  das 
Befektorium  (rebenther,  so  gegen  der  probstei  gelegen — also 
dem  ersteren  gegenüber  lag),  Küche,  Backhaus,  Pferdestall, 
Schweine-  und  Kuhstall,  Yiehhaus  „alles  baufällig'',  die  hintern 


1)  GesA.  Weimar  Kk.  34.  11,  5B. 

2)  Walther,  Das  alte  Weida,  S.  35. 

8)  Im  handschriftl.  Nachlafs  Heinrichs  XXVI.  (Hausarchiv  Schleiz 
Oc  8)  heifst  es  darüber :  „Hierinnen  eine  richtige  Zeichnung  eines  Monu- 
ments oder  Leichensteins,  welches  in  der  alten  Klosterkirche  zu  CronscE- 
witB  bey  Mildenfurth  in  Voigtland  vor  einiger  Zeit  annoch  vorhanden  ge- 
wefsen  ist  Umschrift:  anno  millesimo  C.C.C  obiit  sancte  (!)  Heinricus,  cuius 
anima  requiescat  in  pace.  Jacobus  pictor  de  Rochlitz  conf.*<  Und  ferner : 
„Ein  guter  Freund  schrieb  mir,  er  wäre  vor  50  Jahren  als  ein  Knabe 
mit  seinem  Vater  in  dem  Gloster  zu  Cronschwitz  gewesen ;  dazumal  wäre 
noch  ein  Monument  von  einem  Voigte  in  der  Kirche  zu  sehen  gewesen. 
Sein  Vater  habe  es  in  der  Geschwindigkeit  abgezeichnet.  —  Es  wäre 
dieser  Stein  einige  Zeit  hernach  nach  Weida  geschickt  worden,  wo  es 
bey  einem  neuen  Fabriquen-Hau(s  mit  wäre  gebraucht  worden.  Weimar, 
den  5.  Febr.  1778.  Joh.  Christ.  Meyer  Archivs-Accessiste/'  —  Die 
Zeichnung  fehlt  aber  heute,  und  die  angegebene  Umschrift  scheint  doch 
recht  zweifelhaft  zu  sein.  Vielleicht  würden  Nachgrabungen  in  Cronsch- 
witz noch  andere  Leichensteine  zu  Tage  fördern ,  welche  für  die  Ge- 
schichte der  Vögte  von  Wichtigkeit  wären. 

4)  Hahn,  Gesch.  v.  Gera,  S.  444. 


KloBtergebKude  nebst  Garten  und  Kirche ' ).  Ein  Stein  mit ' 
derlnaohrift:  anno  dm  m'ccoo'lim  ngnes  von  myltioa  priorin 
in  der  oyt  hat  lassen  bawen  diese  kochen  —  war  früher  noch 
über  der  Thür  eines  BauernhauseB  zu  sehen,  das  ans  der 
ehemaligen  Eäcbe  eingeiiolitet  war  ^).  Heute  ist  alles  var- 
■chwunden.  Offenbat  gehörte  zum  Kloster  anch  die  jetzige 
Ffarrerwotuinng  ^),  ein  noch  ziemlich  gut  erhaltenes  Qiebel- 
haas  im  Style  der  beginnenden  Kenaissaiica.  Vielleicht  ist 
aie  eine  der  beiden  BehauEungen,  die  vor  der  Reformation  die 
Mönche  innehatten,  und  Ton  welchen  1529  eine  dem  neueit 
evangelischen  Pfarrer  zugewiesen  werden  sollte  ^), 

Von  einzelnen  Zeitereignissen,  welche  das  Kloster, 
berührten ,  ist  zunächst  das  Ableben  des  Landmeistera 
Heinrich  von  Weida ,  des  früheren  Gemahls  der  Stifterin, 
zu  erwähnen.  Er  war,  wie  es  scheint,  nach  ruhmvollen 
Kämpfen  in  Preufsen  noch  einmal  ins  Vogtland  zariiük- 
gekehrt.  Hier  erkrankte  er  nnd  starb  im  Kloster  Cronsch- 
witz,  wohin  er  sich  wohl  halte  schaffen  lassen.  Ebenda  er- 
hielt er  dann  auch  seine  Grabstätte  *),  und  sicherlich  wird 
später  die  JntU,  die  noch  IS68  lebte,  gleichfalls  dort  an  der 
Seite  des  Gemahls  beigeselst  worden  sein.  Im  Übrigen  bietet 
die  Kloitergesohichte  vom  13.  bis  15.  Jahrh.  aufser  den 
Schenkungen,  Käofen  und  den  rein  kirchlichen  Angelegen- 
heiten wenig  Bemerkenswertes,  Einzelne  Urkunden,  die  jeden- 
falls interessante  Voraussetzungen  haben ,  eind  wegen  der 
mangelnden  Quellen  wie  SchluTasteine  ohne  Oewöibe.  Ala 
solches  Pragment  läfat  eioh  z.  B.  die  Banndrohung  des 
Bischofs    Rudolf  von    Naumburg     gegen    alle   Sohnldaer    des 


1)  I 


ndaairchiv  Altenb 


re.  E"B 


r.  GlanteTverachr.  anno  1S17— ]6( 


2)  Llmmsr.    Qesch.    des  yaglliiiids    III.  S.   BIS;    U.  J^bresIiBr.    dM  . 
lU.    ÄlUrlnms-Vareina,    8,   93;    18,    a.    19.  Jahraaber.    S,   115;    B 


,  S.  442  )  Walthcr, 


S)  Limmer  ■.  k  O.  hSK  sie  l 
4)  QeaA.   Waimir  Kk.  SS.   II 
A.D*rg  V.  Wildenfels, 

(}  Yogtl   Urkdb.  I.  So.  li. 


152  Geschichte  des  Klosters  Cronschwitz. 

Xlosters  anführen  (1354)  ^).  Berührt  wurde  schon  vorhia 
der  Streit  unseres  Stiftes  mit  den  Landesherren,  den  Vögten 
Yon  Weida,  wegen  der  zuständigen  Gerichtsbarkeit^).  £a 
scheint  dabei  von  seifen  der  Yögte  und  ihrer  Diener  zu  Ge- 
waltthätigkeiten  gegen  Cronschwitz  gekommen  zu  sein ;  denn 
erstere  erklären  1363  in  einem  Vergleich,  worin  den  Nonnen 
die  Gerichtsbarkeit  innerhalb  der  Elostermauern  zugesprochen 
wird,  dafs  ihnen  der  dem  Kloster  zugefügte  Schaden  (unfuge) 
getreulich  leid  wäre.  Sie  wollen  auch  denselben  nach  Kräften 
ersetzen,  und  die  Jungfrauen  sollen  ihnen  das  Vorkommnis 
um  Gottes  willen  verzeihen  (daz  dj  iuncyrowen  des  dostirs 
uns  daz  gutlich  schollen  vorsehen  durch  gol).  In  ihre  Sühne 
ziehen  die  Vögte  noch  den  Hans  von  Wartenberg,  der  ganz 
besonders  das  Kloster  befehdet  zu  haben  scheint,  und  ver- 
sprechen, wenn  dieser  den  Frieden  nicht  anzunehmen  ge- 
sonnen sei,  sich  nicht  weiter  in  den.  Streit  zu  mischen  ^). 

Als  Gegenstück  hierzu  erfahren  wir,  dafs  die  Klöster 
Weida  und  Cronschwitz,  weil  sie  einige  vom  Bischof  Wittioh 
von  Naumburg  auferlegte  freiwillige  Liebesgaben  (quod 
subsidium  caritatum  per  nos  inpositum  non  solvistis)  nicht 
bezahlt  hatten,  mit  dem  Banne  belegt  waren;  doch  hob  der 
Bischof  in  der  Hoffnung  auf  gütlichen  Ausgleich  1379  daa 
Interdikt  wieder  auf  ^).  Cronschwitz  wurde  in  der  Folgezeit 
noch  zweimal  mit  dem  Banne  belegt,  einmal  1389,  weil  die 
Nonnen  einen  exkommunizierten  Laien,  Hans  von  Wolfers* 
dorf,  beerdigt  hatten,  so  dafs  sogar  ihre  Kirche  und  Gottesacker 
wieder  kanonisch   gereinigt   werden    mufsten  ^) ;   das    zweite 


1)  Vogtl.  ürkdb.  I.  No.  946. 

2)  S.  182. 

8)  Ebenda  II.  No.  123.  —  Schlofs  Wartenberg  am  Wege  v.  Köckeritz 
nach  Seifersdorf,  anfern  von  Grimmla.  Nach  der  Sage  hätte  der  Besitzer 
der  Sittsamkeit  der  Nonnen  nachgestellt  und  das  Kloster  niederbrennen 
wollen.  Da  hätte  der  Vogt  von  Weida  seine  Burg  zerstört  und  den 
Ritter  im  dfirren  Hain  bei  Mildenfurth,  wo  er  den  Nonnen  aufgelauert^ 
gefangen  genommen;    s.  Eisel,  Sagenbuch  des  Vogtlands,  S.  361,  No.  913. 

4)  Ebenda  II.  No.  263. 

5)  Ebenda  II.  No.  827  ;  vergl.  wegen  des  v.  Wolfertdorf  das  Register. 


Gaxihicht«  dei  EloeUtt  Croiudiwita. 


IS 


Hai  ID  einem  Prowers  gegen    «inea  Bürger    von  WeiJ: 
weiteräiD  noch  zu  besprecbea  iai. 

Im  Jahre  13S1  strilt  unser  Kloster  mit  dem  markgrSf- 
liohen  Lehngmanu  Heinrich  von  Görsnita  wegen  des  Gutes 
Kummer  bei  Altenburg.  Markgraf  Frietlrich  von  Meifsen  be- 
stimmte endlich  den  letaleren  zu  einem  Verzicht  auf  das 
Dorf,  während  das  Kloeter  vom  Ersatz  des  ihm  zugefügten 
SchadeuB  absehen  sollte').  Gegen  Ende  des  Jahrhusderta 
(1397)  vertrug  sich  Cronachwita  durch  Vermitlliing  des  Mi[- 
deofurlber  Propstes  JohaDO  Zwenumbein  mit  dem  Pfarrer 
von  Ronneburg.  Letzterer  soll  'üe  JJonneu  als  Lehenfraupn 
RnerkeuncD,  seine  jährliche  Abgabe  ordeatlich  bezahlen  und 
die  päBptliche  Urkunde,  die  er  sich  wegen  seiner  Pfarre  bat 
geben  lassen,  den  Nonnen  ausliefern,  damit  sie  in  Zukunft 
keinen  Nachteil  davon  hätten  (daz  yn  kein  unge'Qke  davon 
cngete)  *).  So  erhielt  hier  das  Kluater  zwar  Recht,  aber 
auch  die  übrigen  Patronate  der  Ronneburger  Pflege  — 
Oronschwitz  besafa  aufser  der  Konneburger  Kirche  noch  die 
Patronate  der  Gotteshäuser  au  SchmöUn,  Paitzdorf,  Nöbde- 
nitz,  Albersdorf,  Langen-Bernadorf  und  Langen-Reinsdorf  —  i 
sind  dem  Stifte  eine  stete  Quelle  der  Sorge  und  des  Streites 
gewesen.  Schon  1302  hatte  Bischof  Bruno  von  Naumburg 
den  Nonnen  gestattet,  die  Pfarren  in  Ronneburg,  Bernsdorf 
und    Reinsdorf    mit  Woitgei etlichen     zu    besetzen     und     den 


Ubeiscburs   d 
verwenden  *). 

Das  Gleiche  war 
nannten  F  fairstellen 
suchten  sich  aber  häi 
zu  entziehen,     Daher 


Einkünfte   jei 


:  Kirchen  für  ihr  Kloster  xu 


auch    wohl    bei  den  Übrigen  oben  ga- -1 
geschehen.        Die    Inhaber    derselben 
ifig  ihrer  Yerpäichtuug  gegen  das  Stift 
liefs    sich  Cronsohwilz,     wenn  es  die 
Pfarratellen  neu  besetzte,  die  Zahlung  der  jährlichen  Abgabe    i 
I  (pensien)    von     den     Pfarrern    noch    besonders    verbriefen*)!^ 

1)  üikdb,  II.  Ka.  287. 
i)  ebeodn  II.  No.  381. 

3)  Ebenda  1.  üo.  314. 

4)  Ebenda  II.    Na.  141    u.   Hb.  —   1468  Aug.  IS,  Veriprect 


~]^54  Geschichte  des  Klosters  Cronschwits. 

Dem  Bonneburger  Streitfalle  folgte  1409  ein  solcher  mit 
-dem  Pfarrer  in  Schmölln.  Die  Sache  warde  zwar  bald  zu 
Oansten  des  Klosters  entschieden  und  dem  Pfarrer  seine 
Übergriffe  untersagt');  doch  1461  hatte  Gronsehwitz  abermals 
mit  einem  dortigen  Priester  Streitigkeiten.  Nach  dem  damals 
erteilten  Schiedssprüche  wird  letzterem  eine  ganze  Beihe  von 
Unregelmäfsigkeiten  yorgeworfen  ^).  Wenige  Jahre  später 
<1468)  klagt  das  Kloster  aufs  neue  über  die  Nichtzahlung 
seiner  Pension '^)y  und  1480  zeigte  sich  der  Inhaber  der  der- 
iigen  Pfarre  geradezu  ungehorsam  gegen  das  Stift.  Er  hielt 
die  Begängnisse  nicht,  welche  ihm  die  Priorin  auftrug,  hatte 
eine  neue  Kapelle  erbaut  und  lockte  die  Gläubigen  doich 
Erteilung  yon  Ablafs  dahin,  wodurch  das  Kloster  grofse  Ein- 
bufse  an  Opfern  erlitt*). 

Am  bedenklichsten  endlich  war  der  Streit  des  Klosters 
mit  der  Kalandsbrüderschaft  zu  Schmölln  wegen  des  Spo- 
liums  (1504 — 1517).  Er  erhob  sich  anfänglich  wegen  der 
Hinterlassenschaft  eines  Pfarrers  von  Nöbdenitz.  Die  Nonnen 
Magten  beim  Kurfürsten,  die  Kalandsbrüder  hätten  sich  bei 
der  Schwäche  (unkrefftigen  leben)  des  genannten  Priesters 
den  gröfsten  Teil  der  dortigen  Pfarrgüter  angemafst.  Es 
kam  dann  zum  Prozesse,  wobei  die  gegnerische  Partei  ihre 
Privilegien  vorlegte  ^).  Der  Kaland  berief  sich  auf  das  Testa- 
ment des  Pfarrers  und  eine  Urkunde  des  Markgrafen  Wil- 
helm von  Meifsen,  worin  dieser  1421  den  Pfarrern  der  Pflegen 
Crimmitzschau,  Schönfels  und  Werdau  das  Spolienrecht  und 
freie  Vererbung  durch  Testament  gewährt,  und  klagte  beim 
Kurfürsten,  das  Kloster  hätte  die  besten  Einkünfte  der  Pfarren 


Michael  Vogt,  Priesters  zu  Ronnebarg,  dem  Kloster  für  die  Inkorporation 
jährlich  2  Schock  Grosch.  zu  bezahlen  (GHuSA.  Weimar). 

1)  ürkdb.  IL  No.  501. 

2)  Abschr.  v.   1461  Aug.   17  (GHuSA.  Weimar). 

3)  GesA.  Weimar  Reg.  Kk.  p.  34.  No.  11,  5,  P.  3. 

4)  Ebenda  Kk.  34.  11,  5  ccc. 

5)  Das  Kloster    legte  die  Urkunden  No.  419,    444  ui  846  im  I.  Bd. 
4ies  Urkdb.  vor. 


Oeichiphta  du  Klosten  Cronwhwiti. 


166 


1  sich  gezogen  und  dieselben  ho  geachwächt,  daü  die  Pfarrer, 
■wenn  de  nicht  andere  Mittel  hätten ,  Käse  and  Brot  easen 
miifBlen  ').  Wie  der  Streit  auslief,  geht  bu»  den  Akten  nicht 
hervor. 


andern  FrozeagoD  des  Kioatera  ist  der  gegen  den 
Bürger  Johann  Bafs  in  Weida  zu  erwähnen.  Dieser  hatte 
r  Zeit  von  1404  —  1406')  CrocBchwite  wegen  gewisser 
Btrittiger  Güter  und  Einkünfte  bei  der  papstlichen  Kurie 
verklagt  und  bereits  erreicht,  dafs  der  zum  päpstliohen  Koni' 
inisBar  ernannte  Abt  dea  Soh-Ottenkloaters  in  Begeneburg  die 
Sonnen  wegen  Versäumnis  der  angesetzten  Termine  mit  dem 
Interdikt  belegte.  Da  wandte  sich  das  Kloater  an  den  Bischof 
Ton  Naumburg,  als  Kooservator  des  Predigerordons,  an  die 
Markgrafen  von  Meifsen  und  andere  und  wufote  es  dahin  zu 
bringen,  dafs  der  Gegner  nicht  allein  mit  der  Klage  abge- 
lesen, sondern  sogar  hart  verfolgt  wurde.  Bufs  appellierte 
hierauf  abermals  an  den  päpstlichen  Stuhl.  Der  Prozefa  wurde 
infolgedeaaen  dem  Propste  Hermanu  Dweig  übertragen  und  1407 
aufs  neue  eröffnet,  wobei  sich  Cranschwitz  durch  den  Magister 
Härtung  Müller  (Molitor)  vertreten  liefs.  Als  aber  Hufs  und 
sein  Anwalt  nicht  zu  der  neuen  Yerhandlung  ersohienen, 
-wurden  die  Nonnen  von  der  Klage  frei  gea  pro  oben  und  der 
Kläger  in  die  Kosten  verurteilt.  Diesen  Urfeilsapruch  liefs 
flieh  das  Kloster  sofort  durch  Papst  Gregor  XII.  bestätigen  ^). 
Noch  in  demselben  Jahre  (1407|  führte  das  Stift  einen 
-Bweiten  Prozefs  mit  einem  gewisseu  Nikolaus  wegen  vier 
Weinberge    bei    Lobeda.      Über    den    Ausgang    desselben    iit 

tjedooh  nichts  weiter  bekannt*). 
In    den    BOer    Jahren^)     des    15.    Jahrhunderts     hatte 
r 


4 


l)  ÖsaA.  Weimar  Kb.  p.  SS.    11,  i. 

i   Lsbleiten   Innocens  TU.,    Papat   v.   UOl    Oklob. 


-4)  Ebenda,  No    483, 

G)  Der   in    den   30er   Jaliren   dea    Je 

oan  das  Herzogs  Sigismund  von  Safbse 


]^56  Geschichte  des  Klosters  Cronschwitz. 

Cronsohwitz  auch  Ton  der  Gewaltthätigkeit  des  Barggrafen 
Heinrich  IL  von  Meifsen  aus  ^jmH^use  Plauen  zu  leiden» 
Er  hatte  den  Nonnen  das  DorfyiStrafsberg  weggenommen  und 

MX 

dessen  Einkünfte  sich  selbst  zugelegt.   Das  Erlöster  klagte  nun 
beim  Könige  yon  Böhmen,  als  Oberlehnshemiy  aber  erst  als 
Sachsen  die  Herrschaft  Plauen    auf  dem  Exekutionswege  an 
sich  zog,  erhielt  Cronsohwitz   sein  Eigentum  wieder,    ja   die 
sächsischen  Herzöge  fügten  von  sich  aus  noch  die  Schenkung 
-zweier  Waldstrookeg  hinzu  *).  ^^^\^^!!^ 
^t^ft^^^Jr'      Selbst   mit  dem   ihm   sonst   so  Wohlgesinnte 
[i^JkplisttQu  von  Gera  geriet  das  Kloster  einmal  in  Irrung,  indem 


^7^\r7'^^1486  Heinrich  der  Ältere  von  Gera  den  Nonnen  die  Erb- 
^Kfi/U^  Zinsen  und  Lehnsrechte  in  den  Ortschaften  Lusan,  Schöna^ 
Waltersdorf,  Hundhaupten,  Zwötzen,  Schwaara  und  Trebnitz 
vorenthielt  unter  dem  Vorgeben,  diese  Einkünfte  wären  nur 
Leibzinsen  seiner  Base  Anna  yon  Gera  gewesen  ^).  Durch 
einen  Vergleich  vom  20.  April  1487  wurde  der  Streit  end- 
lich dahin  geschlichtet,  dafs  die/yier  erstgenannten  Ort- 
schaften dem  Kloster,  Schwaara  und  Trebnitz  aber  dem 
Herrn  yon  Gera  gehören/sollten.  Ferner  soll  letzterer  für 
Forderungen,  welche  Cronschwitz  wegen  des  Testaments  der 
Frau  Anna  yon  Gera,  geb.  Gräfin  yon  Henneberg,  und  einer 
andern  Verschreibung  der  Familie  Grofse  an  ihn  erhob,  dem 
Kloster    160  Guld.  Rhein,   auszahlen^).     Späterhin,    als   das 


^^ 


ist  irrigerweise  von  Limmer ,  Gesch.  des  Vogtlands,  S.  705,  Hahn,. 
Gesch.  V.  Gera,  S.  369  Anm.,  u.  Walther,  Das  alte  Weida,  S.  33,  auf 
Kloster  Cronschwitz  bezogen  worden,  aber  der  Pimaische  Mönch  (b.  Mencke,. 
Script.  II.  Sp.  1498)  bezeichnet  die  Geliebte  des  Herzogs  als  Nonne  von 
Weida.     Vergl.  a.  Mencke  a.  a.  O.  Sp.  1078. 

XX     1)  Dio-  fibrigen  JSinhünfto  waren :  12  Scheffel  Gerste,^  Seh.  Hafer, 

1  Salzfuhr,  12  Hühner,  48  Gr.  Mfihlsteingeld  und  ^  Gr.  Weingeld;  nach 

» .ft  ^l^'  ^^^^'    ^'    ^'    1*66    «''»ni    8    (dinst.    n.     trinitatis)    in    GHuSA     Weimar, 

^'     ^    gedr.    bei  Tromler,   Saml.  z.  Gesch.  des  Vogtlands,  S.   202  f.,  mit  falsch. 

Jahr  (1467). 

2)  GesA.    Weimar   Reg.    Kk.  p.    34.    No.    11,    SB,    and  Longolius, 
Vorrat  brauchbarer  Nachrichten,  Fach  III.  S.  11.        ** 

3)  Orig.  im  Hausarchiv  Schleiz;  s.  a.  Longolius  a.  a.  O.,  S.  11. 


Geschichte  des  Klosters  Cronschwitz.  X57 

Kloster  aufgehoben  wurde ,  zogen  der  Herr  von  Gera  und 
seine  Nachfolger  auch  die  übrigen  Dörfer  an  sich  und  ge- 
rieten dadurch  in  langdauernde  Differenzen  mit  Eursachsen. 
Erst  1669  hat  der  Bat  von  Gera  im  Auftrage  der  Landes- 
herren die  Gron schwitzer  Klosterzinsen  von  Herzog  Moritz 
von  Sachsen  um  1000  Guld.  endgiltig  abgelöst  ^). 

Yom  Jahre  1493  ist  dann  noch  ein  Streitfall  mit  Götz 
Ton  Wolfersdorf  zu  Berga  wegen  Ausübung  der  Gerichtspflege 
kurz  zu  erwähnen.  Götz  mufs  ein  ziemlich  roher  Mensch 
gewesen  sein,  denn  die  Nonnen  klagen  beim  Kurfürsten,  der 
von  Wolfersdorf  habe  ihren  Mann,  den  er  gefangen  hatte,  bis 
«n  den  achten  Tag  ohne  Speise  und  Trank  aufser  einem 
Stückchen  Brot  in  seinem  Turm  gelassen  und  den  Sohn  des 
Mannes,  als  er  dem  Yater  Essen  bringen  wollte,  mit  Sporen 
geritten ').  Auch  scheinen  später  (1506/7)  Götz  und  sein 
Bruder  Heinrich  ihren  Schwestern  Eufemia  und  Margarete, 
Nonnen  in  Cronschwitz,  ihre  Leibrenten  vorenthalten  zu 
haben  ^), 

Am  4.  Oktober  1517,  um  noch  dieses  zu  erwähnen,  hat 
Kurfürst  Friedrich  yon  Sachsen  neben  andern  Klöstern  auch 
Cronschwitz  mit  einer  testamentarischen  Schenkung  von  50  Guld. 
Bhein.  bedacht^).  Die  übrigen  Urkunden  und  Akten  des 
16.  Jahrh.  gehören  dann,  soweit  sie  nicht  schon  weiter 
oben  angezogen  sind,  wie  der  Streit  mit  dem  Kaland  zu 
Sohmölln  und  mit  denen  von  Wolfersdorf,  bereits  der  Befor- 
mationsgeschichte  an. 

V.    Beformation  und  Aufhebung  des  Klosters. 

Der  Wunsch  nach  Beformation  der  Kirche  war  bereits 
gegen  Ende  des  15.  Jahrh.  sehr  laut  geworden  und  fand 
43elb8t  in  den  geistlichen  Stiftungen  seinen  Wiederhall.    Unser 


1)  Longolius  a.  a.  O.,  S.  18. 

2)  GesA.  Weimar  Reg.  Kk.  34.  11,  5  D. 
8)  Ebenda  Kk.(jB2.  11,  2  p  loX. 

4)  Longolius  a.  a.  O.,  S.  12. 


]^58  Geschichte  des  Klosters  Cronschwits. 

Cronsohwitz   ist   ein   neues  Beispiel   dafür  ;^denn  schon  14^!/ 
schrieben  einige  Nonnen  daselbst  dem  sächsischen  Eurfürsten,. 
sie    möchten    ,,aus    ihrem    Leben    zu    einem    vollkommenen 
Stande''  kommen   und   reformiert  werden.     Sie   bäten  daher 
dals  der  Proyinzialprior,  der  nicht  dazu  geneigt  wäre,  yeran- 
lafst  würde,  das  Kloster  zu  yisitieren  ^).     Im  Jahre  1492  er- 
suchte  der  Kurfürst    dann   den'  Proyinzialpnos    ües  Prediger- - 
Ordens  in  Nordhausen,   das  Kloster   baldigst   zu   reformieren»  . 
Er  habe  gehört,   dafs  letzteres  schon  lange  „in.  Reformation  ^ 
gestanden*',  und    fürchte    Schaden    für     dasselbe.      Entweder 
hierauf  oder    yielleicht    früher    war   der  Provinzialprior    in 
Cronsohwitz  gewesen    und    hatte    besonders    einen  strengeren 
Abschlufs   des'  Klosters  verlangt ,   damit  die   Jungfrauen    es 
nicht  willkürlich  verlassen  (ausfahren)  sollten.    Da  aber  hatten 
deren  Yerwandte  gedroht^  sie  wollten  durch  ihn   und   andere- 
Yisitatoren  „ein  Schwert  stofsen''.     Dann   war  in  jener  Zeit 
auch   ein  Zank   zwischen    den   Nonnen   und  ihren   Prediger- - 
mönchen  ausgebrochen.     Erstere  zeigten  sich,   wie  der  oben- 
genannte Prior  angiebt,  ungehorsam  und   wollten  keine  Ver- 
zeihung  erbitten,   weshalb   die  Mönche    sich  weigerten,   ihre 
Beichte  zu  hören   und   ihnen  das  Sakrament  zu  geben.     Der 
Provinzialprior  selbst  aber  war  jedenfalls  ein  etwas  bequemer 
und  lässiger  Mann.     Er  scheute   die  weite  Reise  und  andere 
Unannehmlichkeiten.     Daher  war  1497  bezüglich   der  Eefor- 
mation    von    Cronsohwitz    noch    nichts    geschehen,    und    die 
kurfürstlichen    Bitte,     welche    damals    persönlich    mit    dem 
Prior  verhandelten,    erreichten    „unter  vielem  Reden''   nichts    ^ 
weiter,  als   dafs   er  schlielslich   dem  Dominikaner   Dr.  Wun- 
siedel?)  aus   Leipzig  Yollmacht  erteilte,    das    Kloster   zu   visi- 
tieren *). 

Zwanzig  Jahre  später  begann  die  grofse  deutsche  Refor- 
mation. 


1)  Schreib,    v.  19.  Mftrz  (Freitag  nach  Oculi) ;   GesA.    Weimar    Kk. 
p.  82.  No.  11,  1. 

2)  Versch.  Schreiben;  ebenda. 


Oesehtefate  des  Kloslen  OronscfawItE. 


159  ' 


Zuerst  verBpUrt«  Cronichwitz,  ale  1635  der  BauernEtaf- 
Btftod  in  Thüringen  und  Franken  sahlTeiche  Stifter  in  Flammen 
aufgehen  liels,  deo  Erast  der  neuen  Zeit.  Aue  dieBen  Tagen 
Btammt  ein  äuTserBt  besorglioher  Brief  der  Nonne  Anna  von 
Gera  an  ihre  Sohwögerin  daaelbst.  Es  war  eben  den  Jung- 
£rauea  mitgeteilt,  daTa  die  Bauern  bei  Neustadt  lägen  und 
alle  Kläsfer  im  Weimarisahen  zeritörten.  Da  beBOrgten  auch 
die  Cronschwifzer  Nonnen  das  Schlimmste'),  ihre  Frediger- 
mönche  und  geistlichen  BeichtTäter  aber  Buchten  acfaleunigit 
dai  Weite  ä).  Offenbar  wegen  dieaet  drohenden  Gefahr  hatte 
das  Kloster  seine  Kleinodien  beim  Herrn  von  Gera  in  Sicher- 
heit gebracht.  Ale  es  dann  in  den  nächsten  Jahren  Tisitiert 
Turde ,  forderte  der  KurfUrat  die  Kleinodien  und  Bücher 
[darunter  das  schwarze  Buch)  ^)  yom  Oeraer  zuriicä,  aber 
dieier  machte  lange  Auadüchte.  Er  will  jene  Sachen,  deren 
Übergabe  in  besorglichen  Zeiten  alter  Brauch  gewesen ,  zu 
getreuer  Hand  behalten,  da  sie  meistens  von  seinen  Tor- 
fahren herrührten.  Später  aber  gab  er  eie  doch  heraus; 
denn  1635  befanden  sie  sich  in  der  Eüeteroi  des  Klosters 
und  wurden  am  7.  Mai  von  den  kurfiirBtIichen  Sequestratoren 
inTentiert  ond  verwahrt  *).  Wo  sie  sehliefBlich  geblieben 
sind,  ist  unbekannt.  Die  Kleinodien,  MonstraDzen  und  Kelche, 
welche  CionachwitE  in  seioen  Filialen  Bchmölln,  Bernsdorf 
und  Beinsdorf  halte,  wurden  von  den  dortigen  Gemeinden 
weggenommen  und  verkauft^). 

Auch  innerhalb  des  Klosteri  selbBt  hatte  intwischen 
Luthers  Lehre  feste  Wurzel  geschlagen  und  die  Nonnen  in 
avei  feindliche  Lager  gespalten,  wovon  die  evangelische  zwar- 
■unäohst  noch   in    der  Uinderheit    war,    aber  die  Forderung:  I 


»I)  Schreiben  ahne  Dat.  im  HaalarohiT  Bchleii  A.  I 
S]  fl.  8.  116. 
3]  S.  S.   1S3. 
4)  OeaA.   We!Din  Bag.   Kk.    p.  S4.    II,    fi    K  u. 
f.  Verzeichnis  zum  Bohlnre  der  AbhKndlaae, 

B)  Nach    d.  Schreiben   der  Priorio    Anna  t,  Hense 
.rOnleu  T.   iG!8,  OaaA.  Weimar  Kk.  3*.   11,  ba. 


uU 


\ 
I 


IQQ  Geschichte  des  Klosters  Cronschwitz. 

des  kurfürstlichen  Landesherrn  genofs.  Diese  Minderheit  bat 
gegen  Ende  des  Jahres  1525  den  letzteren,  ihnen  einen 
frommen  gelehrten  Mann  zu  senden,  der  ihnen  das  Evan- 
gelium lauter  und  rein  Tortrüge.  Sie  .wären  yor  Zeiten  ins 
Kloster  yerstofsen  worden  und  erkennten  jetzt,  dafs  ihr 
Klosterwesen  nichts  anderes  wäre  als  ein  „tirannisch,  baby« 
Ionisch  Oefengnis  beider  der  Seele  und  des  Leibes'^  Die 
f^redigten,  die  sie  jetzt  hören  müfsten,  wären  „eitel  Lästern, 
Scheltwort  und  Ausschreien''  der  neuen  Lehre,  und  da  noch 
die  meisten  ihrer  Altesten  und  Oberen  an  solche  „Heuohel- 
predigt''  glaubten,  so  bäten  sie  um^Jächuts,  ^ronj;  si^Ton- 
jenenr  wegen  ihrejMÖesinnung  bedrängt  werden  «ollieB  ^). 
Inzwischen  nämlich  waren  die  im  Bauernkriege  entlaufenen 
MöQche  ins  Kloster  zurückgekehrt  und  bekämpften  den  neuen 
Glauben  aufs  heftigste  ^). 

Wohl  auf  dieses  Schreiben  hin  erschien  am  ^4.  Januar 
1526  Anarg  von  Wildenfels  als  kurfürstlicher  Kommissar, 
untersagte  den  Mönchen  das  Predigen  und  kündigte  die  Ein« 
Setzung  eines  evangelischen  Predigers  binnen  vier  Wochen 
an ,  bis  zu  welcher  Zeit  die  Mönche  das  Kloster  geräumt 
haben  müfsten.  Vergeblich  machten  die  papistisch  gebliebenen 
Nonnen  und  ihre  Gönner  Heinrich  Heufs  zu  Greiz  und  der 
Herr  yon  Gera  Anstrengungen,  die  MaTsregel  rückgängig  zu 
machen  ^).  Am  Sonntag  Keminiscere  (Febr.  25)  wurden  die 
ehemaligen  Beichtväter  und  Priester  vertrieben  *)  und  ein 
cyangelischer  Prediger  nach  Cronschwitz  verordnet.  Damit 
aber  hörte  der  innere  Krieg  des  Klosters  keineswegs  auf. 
Schon  gegen  Ende  des  Jahres  mufste  der  Priorin  daselbst 
abermals  befohlen  werden,  yon  der  Verfolgung  der  lutherischen 


1)  Aus    Schreib,  v.    22     Dez.    d     J. ;    GesA.    Weimar    Kk.    p.    32. 
No.   11,   3 

2)  Ebenda  Kk.  32.  11,  3  a. 

8)  Aus  Schreib,  des  Reufsen    u.    des  v.  Gera  an    den  Kurf.  v.  1526 
Febr.    17;  GesA.  Weimar,  Kk.  33.  11,  3a. 

4)  Pirnaiscb.  Mönch,  bei  Mencke,  Scriptor.  II.  Sp.   1539. 


•'^^tv 


OssdiiohlB  dM  Kloitws  Oromcliwiti. 


161   i 


a  und  des  Predigers  abzusteheD  *).  Letzterer  Mefs 
ipiels  nnd  wird  von  den  evangc lisch  geeiunteD  Klaster- 
iDaaeeen  als  ein  MaoD  von  gror^er  Geduld  und  SanftmüÜgkeit 
gesohildert.  Er  yarliefg  indesseD  eotiOQ  Michaelis  1527  ohne 
ErlaubniB  seine  Stelle ,  der  er  wohl  nicht  gewachsen  war  '). 
Ferner  klagten  die  lutherischen  Nonnen,  dafs  man  gegneiischei- 
aeits  ihnen,  da  sie  keine  SeeleDmeeaeii  und  Yigilien  mehr  halten 
wollten,  aondoTD  „Tänze  nach  dem  Wort«  Gottea  aängea", 
die  Legate  vorenthielte ').  Anderseits  bot  die  papistische 
Partei  im  Kloster,  an  deren  Spitze  die  Priorin  Anna  von 
Meusebach  und  die  Fräulein  Anna  von  Gera  und  Kunigunde 
Reiüsin  von  Plauen  standen,  um  die  Erlaubnis,  wie  &llher  ihre 
Horas  eingen  2U  dürfen,  da  sie  es  anders  mit  ihrem  Gewisaea 
vor  Qott  nicht  verantworten  könnten.  Auch  beaohwerten  sie 
sich  hber  die  Unterhaltung  des  Geiatliohen  und  baten,  durch 
einen  Mildenfurther  Mönch  versorgt  zu  werden  *),  Letiterea 
wurde  dann  wirklich  gegen  gewiase  Bedingungen  gestattet, 
doch  dadurch  wurde  die  papielische  Partei  entschieden  zuver- 
sichtlicher; denn  bald  schon  liefeen  die  evangelisch  Gesinnten 
ihre  Klagen  wieder  hören ,  ja  es  scheint  einmal ,  als  sich 
dieselben  den  Weidaer  Prediger  Loreoe  Schmidt  aur  Kom- 
munion kommen  lieraen,  vor  der  Kirche  zu  förmlichen 
Skandalscanen  gekommen  zu  aein  *),  Wie  der  Mildenfurther 
Beichtiger  aber  seinen  Auftrag,  die  Nonnen  zum  Evangelium 
anzuleiten,  auffafate,  geht  daraus  hervor,  dafs  er  beim  Abend- 
mahl   den  Wein  durch  ein  silbernes  Böhrchen  nehmen  liefa. 


I 


1)  AOB  Schreiben  dei  Andreiis  Oltr.an  an  den  KnrF.  v.  IfiSe   Nov.  SO 
<Dl6natRK  n,  Eliasbath)  |  QeaÄ.  Weimar  li.   Fol.  *0b  A*. 

i!)  Ans  Schreiben  des  Kurfürsten  an  Luther  und  Melanchthon  y.  1B2T 
JnU  17  (Freit,  u.  Msrgsrete);  GesA.  Weimar  Kk.  33.   11,  3a. 

3)  Aus    Schreib,    der  Nonnen  an    den   Kurf.    von   1627   Sepl.   S8  (am 
Abend  Michaelis) ;  ebenda. 

t)  Aat  Schreiben    der    Genannten    ao    den    Earf.  d.  d.   lfi2T  Dez.  9 
{Hont,  nach  Concept.  Marie) ;  ebenda. 

5)  Ann  Schreiben  der  v,  ZachHpperitz  u.  and.  an  den  Kurf.   d.  d.  1528 
Juli   Sa  (D»nner9t.  nacb  Maria  Magdaltna)-,  ebenda. 

11 


102  Geschichte  des  Klosters  Cronschwits. 

damit  die  Nonnen  den  Eeloh  nicht  zu  berühren  braachten  ^).. 
Hierauf  wurde  auf  Yorschlag  Luthers  dem  Kloster  in  Wolf- 
gang  Calisti  ein  neuer  evangelischer  Prediger,  gegeben') 
und  gegen  die  widerspenstigen  Nonnen  allen  Ernstes  vor* 
geschritten.  Die  Priorin,  die  kein  Ansehen  habe,  sollte  ent- 
lassen und  eine  andere  eingesetzt  werden.  Die  Nonnen  soll- 
ten in  Zukunft  „eingezogen,  erbarlich  und  züchtig''  leben 
und  nicht  ohne  Yorwissen  der  Priorin  das  Kloster  verlassen. 
Femer  sollten  diejenigen,  welche  die  Predigten  nicht  besuchten 
oder  sich  wahrend  derselben  „Gelächter  und  leichtfertige 
Gebärden''  zu  Schulden  kommen  liefsen,  ohne  weiteres  ent- 
fernt werden.  Der  Verkehr  mit  den  -Mönchen  von  Milden- 
furth  wurde  strengstens  untersagt. 

Dann  wurde  bei  der  Kirchen  Visitation  von  1529  am  11.) 
■Oktober  auch  Cronschwitz  besucht,  die  kranke  Priorin  Anna 
von  Meusebach  abgesetzt  und  Margarete  von  Bockwitz  dazu 
bestellt,  doch  waren  letzterer  die  Fräulein  von  Gera  und 
Beufs,  Eufemia  von  Röder  und  Margarete  von  Berga  als 
Beistände  zugeordnet  ^).  Der  Prediger  sollte  fortan  mit  dem 
Vorsteher  bei  der  Priorin  speisen,  auch  abwechselnd  dazu 
zwei  Nonnen  eingeladen  werden,  damit  sie  an  den  Tischreden 
über  das  göttliche  Wort  teilnehmen  könnten.  Den  übrigen 
Elosterjungfrauen  sollte  bei  ihrer  Mahlzeit  aus  Erbauungs- 
büchern  vorgelesen  werden  *). 

Die  Priori£  Margarete   von  Boojggte^tarbnj^^jgf       , 
Amtsführung  (1532),  und  ihr  folgte  als  letzte  Dommä  Anna  J(^ 
Jß^^jh^y/^  Gera^     Schon    1631    war  indessen  die  Sequestration  des 
Klosters   verfügt  worden.     Eine  ganze  Anzahl  Nonnen,   von 
denen   einige    sich   verehelichten,   so   Anastasia   von   Bünau 


1)  Nach    Schreib,    v.    1686    Aug.    13    (Freit,    n.    Lorenz)    in    GesA. 
Weimar  Oo.  p.   792,  154. 

2)  Schreib,    des    Kurf.  an    Anarg   v.  Wildenfels   d.    d.  1629  Juli  23 
(Freitag  n.  Maria  Magdal.)  in  GesA.  Weimar  Kk.  38.  11,  8  A. 

8)  GesA.  Weimar,  Kk.  88.   11,  8  A. 

4)  Aus  d.  Schreib,  des  Kurf.  an  Prediger  u..  Vorsteher  in  Cronschwitz 
d.  du  1529  Dez.  19  (Sonntag  n.  Lucie) ;  ebenda. 


f  mit  dem  Kloaterroriteher  Wolf  ron  Baschaa,  vurden  mit  einer 
einmaligen  Zahlung  ron  25 — 40  Old.  abgefunden  und  ver- 
liefBen  dae  Kloeler.  ~Die  beiden  Fräulein  tod  Qera  und  BeuTa 
und  12  ältere  Damen  durften  zwar  noch  wohnen  bleiben, 
flcheinen  aber  wenig  gute  Tage  mehr  genoeeen  zu  haben; 
denn  iie  beklagen  eich  wiederholt  über  mangelnden  Unter- 
halt. Jed»  Nonne  erhielt  übrigens  damals  au&er  Behau- 
sung,  Holz  uad  4  Scheffel  Korn  15  Old.,  die  Tier  ältaBteo 
20  Qld.  und  die  beiden  Fräulein  von  Gera  und  Reufs  26 
Old.  ').  Das  Einkommen  des  Predigers  betrug  1538  aufser 
den  Naturallieferungen  nur  62  Old.  an  Geld.  AU  Pfarrer 
finden  sich  in  der  SequestretiDDBzeit  noch  Wolfgsng  Möstel 
und  Lorenz  Faber,  frUher  Superintendent  in  Weida.  Beide 
tauAohten  damals  mit  ihrea  Fferrcn,  da  Faber  (Schmidt)  wegen 
„SehwBchheit"  das  höhere  Amt  nicht  mehr  veraehen  konnte  '), 
Der  letzte  Vorsteher  oder  Verwalter  dee  KloiterF  war  Hana 
TOn  Bora,  der  Schwager  Luthers.  Als  1543  der  Verkauf  dea 
Cronsohwitzer  Orundbeeitzes  be&chloEBen  war,  bat  der  Refor- 
mator den  Kurfürsten,  seinen  Schwager  wegen  des  Elostere 
nicht  in  Schaden  zu  lassen  ^).  Hierauf  wurden  am  30.  Uai 
1644  des  Vorwerk  Meilitz  für  2000  Oulden  an  Alexander 
von  Eiohicht^),  und  Cronschwitz  für  3200  Qld.  an  Uatthes 
Ton  Wallenrodt,  der  euch  schon  &lildenfurth  erworben  hatte, 
verkaull  und  die  Käufer  damit  befehnt').  Der  von  Wallenrodt 
aber  sollte  den  noch  Torhandeneu  Klosterpertonen  die  hinteren 
E^Ditergebaude,  den  Obstgarten  und  die  Kirche  überlassen. 
Die  letzte  Priorin  Anna  von  Gera  ist  um  1553  daaelbst 
gestorben  "). 


1)  GeaA.   WeiniM  Oo.  p.   792,   161.  *, 

a]  OesA.  Weimar  Bsg.  II.  Bl.  133  b,  153S,  u.  7,  21  e.  "* 

I  a)  Schreib.  V.   6.  Okt.;    GeaA.  Weimar  Oo.  I9i.    l?5b,  n.  v.  Hiriub- 

Kttld,  Die  BeilebuRgen  Lalliers   und   seiner   Gemalilln   Katharina   v.  Bora 

Ktc.  In  Beitrage  >.  sKchs.  Klrt^hengesch.  II.  S.  iOS. 

i  1)  Lehabrief  v.  Fieil.  a.  Gmudi  in  Altenburg.    Copiale:  Begiilrierle 

SläBlerTBrschreibungea  anno   I61S — t6fiS,   Fol.  1   ff. 

6)  LebBbiief  ».  Mitlw.  n.  Johaunis  Bapliste  j  ebenda.     S.J  ijr^' 
e)  Tergl.  mein  Buch  Burggraf  Heinriub  IV.  etc.,  S.   263. 
II* 


A.  Priorinneni):                               "^^f 

Jutta  TOQ  Gera    1338—1268.                                          ^^H 

MeoMild                                                                               ^^H 

Agoea  VOD  Fkuen   1301—1304.                                    !^^H 

Mechtild  TOn  Planen  1304—1320.                            ^^^H 

f   Jutta                                                                           ^^^^^1 

:^  Mechtild  von  Plauen                                            ^^^^^^H 

^Sophie  von  Altenburg                                         ^^^^^^H 

^TJal'ta                                                                       J^^^^^^H 

^^^^^^M 

von   Vfeida                                           ^^^^^^| 

^.Elisabeth                                                          ^^^^^^| 
(  EÜBabeth  von  der  Planitz   1369.                      ,^^^^^H 

f_  Margarete  von  Wolframsdorf  1877,                 ^^^^^| 

//KEliaabeth  von  Tannrode  137Y— 1889,                        ^^^^| 

,'1  Anna  von  Gera   1396— 1397, /y^Jp                                    ^^H 

/^  Barbara  von  Plauen    1400— H06. /J//                ^»^^^H 

Anna  vou  Gera                                                       ^^^^^^1 

/IJaüf.  von  Weida   U\\l<(-I>//1                            ^^^^H 

/^  Mephtild' von  Gera                                                 ^^^^^H 

von  Weida                                                     ^^^^^^H 

Meohtild  von  Gera                                                 ^^^^^H 

/j'Anna  von  Wolfersdorf  1422.*!^/V.                   ^^^^^B 

Ilse  Erynitz   1438—1440.                                                  ^^H 

.-hrn.i- 

^Mik      Agnes  von  Uiltitz   1461 — 1467.                                       ^^^| 
'l^,            Anna  von  der  Planitz    1477/ty^/^  [i^'-ß^^J.        ^H 

0 

1)  Uancbe   der    bier   gananDlsu    Priormasn   kammeD   auch   >ls  B>i|it^^ 

priorlnneii  odor  Nonnen  bereiU  früher  vor    (»    d.  nuJi  folgen  den  Vw«Meh.           ' 

holt  bekleidet   >u   Iiaben,    doch   acbien    ei    um   zu  gewigt,    die  Idsntiüll 

in  d«D  folg,  Verzeichnissen)    gind    dKber    eiDfach    nach  ihrem  urkdi.  Vor- 

kommeii  aufgembrt.     FUr    die  Zeit  Dacb    der  Seqneitratioa   sind  hier   die 

1 

Woimweeben  Akten  tvergl.  S.  H7)  beouUt, 

Geschichte  des  Klosters  Cronschwitz.  Ig5 


Margarete  yon  Meusebaoh  1482 — 1483. 
Margarete  von  Wolfersdorf  1486—1490. 
Margarete  yon  Bockwitz  1602 — 1517. 
Anna  von  Meusebaoh  1627 — 16293^^5,«^ 
Margarete  von  B< '^ 


isssrVo^  d^a  IMi' 

B.  ünterpriorinnen: 

Kunigunde  1302. 

Mechtild  von  Hatt  1320. 

Elsbeth  von  Wolfersdorf  1328. 

Agnes  1840. 

Katharina  1349  —  1356. 

Elisabeth  von  Tannrode  1369—1876. 

Elisabeth  von  Mosen  1877. 

Sophie  von  Altenburg  1387. 

Barbara  von  Plauen  1896. 

Adelheid  von  Oberhausen  1400r-  /^f^A^ 

Katharina  von  Wolframsdorf  1406. 

Adelheid  von  Oberhausen  1411 — 1416. 

Mechtild  von  Mosen  1417. 

Anna  von  Wolf0rsVrf  U20:ß^  II  OU^J 

Anna  von  PöUnitz  (Belenioz,  Bolerin?)^  1438—1440« 

Felioitas  Bebyn  (Bebynn)  1462. 

Dorothea  von  Wolfersdorf  1487. 

Margarete  von  Meusebaoh  1487. 

Lucia  von  Zsohöpperitz   1490. 

Margarete  von  Schelditz  IbOQÜi/Jf  C^'^^^^j -^^'^ 

G.  Werkmeisterinnen: 

Elsbeth  von  Spamberg  1328. 
Adelheid  Oriefs  1406. 


1)  Oder  V.  PöhL 


166  Geschichte  des  Klosters  Cronsdliwits. 

D.  E  ästerinnen: 

Sophie  von  der  Tann  1406. 

Agnes  von  Wolframsdorf  1438 — 1440, 

Bertha  von  Birkioht  1440. 

Jutta  von  Wolfersdorf  1506^/V^'l'^  7^f -6#^ 

Anna  von  Böse  ISdllil/ 

E.  Nonnen: 

N.  von  Yogtsberg  1302.  ^    jf    \      n/      <h   / 

Sophie  von  Gera  1306.  '^ti4^M^ffl^m^^^ 

Sophie  von  Weida  1820.  ^io^pliM^nH  Idi^t^ 

Agnes  von  Gera  1828  —  1338. 
^  Irmgard  von  Gera  1828—1338. 

Jatta  von  der  Planitz  1328. 
'^  Riohza  von  Nenberg  1328. 
^  Leukard  von  Lauterberg  1328. 

Elisabeth  von  Eger  1338. 

Adelheid  von  Eger  1338. 

Kunigunde  von  Pohl  1341. 

Margarete  von  Pohl  1341. 

Kunigunde  von  Pohl  1341. 

Elisabeth  von  Wolfersdorf  1341—1344, 

Sophie  Ulrich  aus  Weida  1362. 
— Atielheid  von  Wolforodorf  U^%.'^f4iu:^^/ 

Anna  von  Käfernburg  1367. 

Dorothea  von  Plauen  1369.- /V/j 

Barbara  von  Plauen   1369. 

Anna  von  Gera  1376. 

Katharina  von  der  Planitz  1377. 

Leukard  von  Berga  1380. 

Kunigunde  von  Berga  1380. 

Sophie  von  Altenburg   1381. 

Jutta  von  Altenburg  1381. 

Agnes  von  Machwitz  1886. 

Anna  von  Weida  1397. 


Geschichte  des  Klosters  Cronschwitz.  \Q'J 

Jutta  Yon  Weida  139^. 
Jutta  Werner  aus  Gera  1397. 
Elisabeth  y^  Griefs  1400. 
Adelheid  vb^  Griefs  1400^/ V/) 

Meolitild  Yon  Gera  1406—1417. 
Adelheid  von  Oberhausen  1*^06. 
Anna  tod  Langenberg  1406. 
Lenkard  von  Breitenbauch  1406. 

Anna  vo4  Culmitzsch  (Kolmacz)  1406.  ^CAa/    t  ) 

f^^'^JWutta  Mayt  1406-1411.       ..^pMi^f^^ 

.Adelheid-^rfieiri  «5: 

Anna  die  Jüngere  von  Gera  1417— 1462 j^^i^/  /^^^ 
Mechtild  von  Mosen   1420. 
Anna  die  Jüngere  von  Wolfersdorf  1422. 
Anna  von  Neumarkt  1422.       (ä^-^^^^-^J 
Margarete  von  Meusebaoh  1470 — 1487^  —  ^ 
Dorothea  von  Quingenberg  14i%7  " 
Jutta  von  Wolfersdorf  14(|g^  N 

Margarete  von  der  Flanits  14iX9.  \ 

Katharina  von  der  Planitz  14jj^y 

Margarete^ohott  UTTö.'  SckeJß'Uk  i'i^f         \ 

Gordula  von  Bi^fjlen  14(^9/  < 

Margarete  von  Wolfersdorf  1^—1607.  ,  ,/  ,, 

Anna  von  Meggau  (Mecke)  1487.  ^  '  ' ,   ^^  / 

Margarete  von  Meusebaoh  1487— 1601  J^./j0i'>^'^V^' 
Katharina  von  Gera  149^ 
Anna  von  Gera  1499^)— 1532. 
Eufemia  von  Wolfersdorf  1606— 1507. 
Anastasia  von  Bünau  1625 — 1681. 
Veronika  von  Ende  1626—1681. 
Katharina  von  Zossen  1626 — 1686/*^.-. 


1)  Vergl.  8.  162. 


,1  •   ' 


...  . 

*  .  J  «■      L 

/if '  ■         ^ .  '    -  .  -  1      .     .        .1 


][gg  Gteschichte  des  Klosters  Cronschwitz. 

Katharina  von  GriefB  1525. 
Magdalene  von  Köder  1525—1531. 
Margarete  von  Zschöpperitz  1527— 1528.  "^A'^j^^j^ 
Lacia  von  Zschöpperitz   1527 — 1528.  OTt^*^;^/]!^^^/^ 
Anoa  von  Zschöpperitz   1527 — 1531. 
Katharina  von  Zschöpperitz  1527—1528. 
Katharina  vod  Wolfersdorf  1527 — 1536. 
Margarete  von  Wolfersdorf  1627—1536. 
Magdalene  von  Wolfersdorf  1527—1536. 
Anna  von  Wolfersdorf  1627—1531. 
Margarete  von  Bockwitz  1527 — 1529. 
Enfemia  von   ßöder  1527—1628. 
Jutta  von  Röder  1527—1528. 
Sidonia  von  Tettftu  1527—1531. 
Katharina  von  Ende  1527 — 1536. 
Bertha  von  Ende  1527 — 153iS. 
Anna  von  Ende  1527 — 1538. 
Agnes  von  Zschaderitz   1527  —  1636. 
Margarete  von  Böse  1531 — 1540. 
Knnigunde  Reufsin  von  Plaueo   1527  — 153 7&<% '^c^'''^ 
Dorothea  von  Wolfersdorf  1528. 
Katharina  von  der  Planitz  1528. 
Regina  von  der  Planitz   1628 — 1540. 
Anna  von  Böse  152S-'153S'aU^  /'^'iaa^^^^) 
/     Anna  von  Anerswald  1528 — 1536. 
Jutta  von  Kochherg  1528 — 1538. 
Martha  von  üllersdorf  1528. 
Barbara  voi:.  Dölau  1528—1531. 
>    Ursula  von  Schelditz  1528. 
Käthe  von  Liebsdorf  (Lippersdorf)  1528. 
Margarete  von  Berga  1528 — 1529. 
Margarete  von  Ende  1531—153^^^ 
Dorothea  von  Zettwitz  1631.  ^    zi      ^     ^  ^^ 

Ursula  von  Dölau  1531.  /tnnfy  /'.^>fm  /i^^    J^^ 

Anna  von  Liebsdorr  1536.  c      * 


Graelilclite  das  Klostsra  OroDiohwIli. 


.  Don 


likait 


Eaplä 


KIoBtergeiatliohe. 

Br.  Heinrich,  scriptor,   1315. 

Br.  KoDrad  Grofso   ISäS. 

Br.  Dietrich  von  Eichicht  1338. 

Br.  Berohtram  1328. 

Br.  Konrad  Weber  1328.  ^,/3t;7J(i' 

Br.  Eiidigor  Hühner  von   Eger  13ä3(— 1355. 

Br.  JohaDDCd  von   Weifsenfela   ISbitM- 

Br.  Johaones  -von   Meeraue  (de  Mari),  Kaplan,    1353.^^^^jj^^ 

Br.  Nikolaus,  Kaplan,   1353^— 136 7/Mi'^,  .^  y  ,         .-/^,a,-i"7 

B,.  Alb„,,  Lpk.,  USS.  /wi/fv^'.»"  ^»'^V 

Br.  Hermann  von  Hageoest   1359,-/  -i 

Br.  Siegfried,  E^piäeriSeT.  b'^HI^^^  (^- ^»^-^ 
[  fV-Bi.  Johaünes  Geier,  Kaplan,    1402— 1406,  >;.  <''■'■ 
r  ^  «TT  Nikolaus  Netirs{?),  Kaplan,   1402.  '^■^^''•' 
Vw^Bt.  Johanne«  von  Meifaen,  Kaplan.    M^'i.i'SKHV) 
^''%r.  Friedrieh  Böser,  Kaplan,    1402— 1406.  i^*«''- 

Br.  Konrad  von  Dölan,  Kaplan,    140^-1482. 

Br.  Niklae,  Schreiber,    1406. 

Franz  Seeberger,  Kaplan,   1411. 

(LDtherische  Prediger.) 
•,  Spiefe  1626. 
Wolfgang  Choleoker  (Vulcanua  Calixti)  1529—1533. 
Wolfgang  Möstel  1533—1534. 
Lorenz  Faher  1538. 


G.   Hofmeij 
Heinrich  von  Span 


nd  Ve 
iberg   1833^.  7?j; 


alte 


-ofity.Br.  Bertram   1346*V*'5 
'''        Br,  Johannas    1364t»^./i'-  l^J^v-yr«- 

Br.  Nikolaus  gen.  Rediz  {Reddis)   Xt^l^iS'p.^Tjtf  f^ -f^i) 
GoUftied  von  Röder   1369ÄrS^-  ^■^'        ''  "   /^M 

Johann  Ränber  (Ronber)    1380)(Vfl-''l^  L*"-") 
Konrad  vonlRöder,   1382^*;^        ,-    f{f^9Jl)  . 


170  Geschichte  des  Klosters  Cronscbwitz. 

JohaDoes  yon  Böder  1409, 
Hans  Blankenberger  1440 — 1453. 
Hans  von  Ourpis  1456. 
Adam  von  Sohelditz  1505. 

(Nach  der  Sequestration.) 

Wolf  von  Baschan  1529. 

Melchior  Töpfer  1533.  ' 

Philipp  von  Wolframsdorf  1533— 153 V/^ 

Joachim  von  Steinsdorf  1585 — 1537. 

Christoph  von  Steinsdorf  1538. 

Heinrich  Pflug  1588^   ^ mtWi^%7CiPf^6^j^^ 

Hans  von  Bora  15421^1544. 

Inventarium  ^)  der  sylberkleinoth  ym  dosier  soe 
GronschwitE  yn  der  costerej  durch  die  verordenten  sequettra- 
torn  jn  Meissen  und  dem  Yoythlandt  jnventirt  dinstag  noch 
Bonifaoii  anno  dm.  etc.  xzzv^  auf  enthpffangenen  bevehel  jn 
yre  vorwarung  hinderlegett. 

xxij  kelch  ubergoldt  und  j  koppemer.  Hievon  den 
Jungfrauen  zwen  kelch,  wen  man  das  testament  thut  haldt, 
gelassen.  Bestant  xz  kelch  und  j  kopffemer, 
V  patein,  ij  dorunder  ubergoldt,  die  andern  sylbem  nit  uber- 
goldt. iij  par  sylbeme  ampeln.  j  buchssen  ubergoldt  pro 
sacramento.  j  silbern  buchssen  pro  sacramento.  j  silbern 
roer  zur  commuD[ion],  j  silbern  humeralh.  j  par  silbern  lemlein 
uf  die  fannen.  j  sylbem  croen  pro  Salvator.  Jtem  mher  j 
sylbern  cronlyn.  zx  sylbem  knauf  auf  dem  rocke  des  bildes 
sandt  Geholffen  (!).  Jtem  mher  j  sylbem  und  guth  ringk.  j 
sylbem  reuchfas.  j  ubergoldt  kreutz.  Sanct  Georgen  brust- 
bildt  und  etzliche  perlen  daran  yd  einem  orantz.  j  christal 
yn  einen  sylbern  fufs  gefast  ubergoldt.  j  kleine  christalh, 
ij  sylbern  fidÜB  einer  ubergoldt,  der  ander  unubergoldt  mit  ij 


1)  GesA.  Weimar  Oo.  p.  782,  160. 


I 


I 


%logleiii.  JaoTi  JD  Bjrlber  gafast.  j  kleia  abeigoltha  moattraatE. 
j  lilberoe  ubergolthe  taffei.  j  ohriBtallen  kreutz  ja  einem 
fatter  mit  eineia  sf  Ibern  fafs  nbergoldt.  j  Bylberue  nbeTgoltfae 
CathariDa.  j  klein  gülden  creutzlein  jn  einem  Boatellein.  j 
carniol  kistleio  und  j  caraiol  Marienbildlein.  j  golden  taffe- 
lein  mit  einem  fuTe  und  elhliobeo  guelen  steioen  darein  ga- 
faat.  j  gTOB  silberD  kreulz  ubergoldt  und  ya  einen  jaspia 
gefaBt  j  etrauHeje  ja  ein  Bylbern  täte  gefait.  j  monBtrante 
mit  bnlleo  jn  eylber  gefaBt.  iij  kleine  monstrantzeD  uber- 
goldl.  j  kleine  breithe  monBtrantz  mit  einem  Bylbem  fnfB. 
j  groBBe  monstrantE  mit  einem  eylbern  iah  oben  nbergoldt. 
j  mooBtrantz,  die  nietit  ubergoldt,  yn  einem  futter,  iiij  kleine 
moaBtraDtzeu  mit  brilleo,  doryn  heyligthamb.  j  IndiBch  nufa 
mit  einem  kopffernen  tatt.  j  baohaen  mit  beylgthumb  voa 
helffenbein.  j  kestleia  von  belffeabein.  Etzliche  bilde  von 
beyu  seindt  jm  oloBter  blieben. 

Hhei  aylberwerg  und  klainoth  yn  eiuem  kleinen  kaaten 
Dseer  frauen  kestlein  genandt. 
ij   ailberoe  krönen    eine  grofB,  die    ander    klein,     ij    BÜberne 
ketten  eine  gTofa,  die  ander  klein,    t  ringelein.    j  krooe  mit 
vm  ringlein.    j  gnrtbbortteD  mit  Bylber  besolilagen.    j  klein 
gülden  gurlbbortten  mit  sylber  beschlagen,    iij  Beidene  gurth- 
leio    mit   Bylber    besohlagen.      j    jaEpis    pater    noster    mit    v 
Bylbem  ubergolten  Bcbeides teintein.    j  seiden,  j  sambt  roglein 
mit  Bylbern  ubergolten    kneu£eu.     j    blauen    mantel  mit  ge- 
■tiok  und  fa[r]berei.    j  grünen  mantel  mit  fafrjberej.    j  rotter 
sametti    mautel    mit    einer    perlein    bortten  und   j    ringlein, 
j    aldei    rotter  sametb    mit  sylbem  knoufflein. 
Das    zynen    gefafe    und    was    van    leucbtem    mesBi[n3g   und 
lynen,  itt  yn  der  ouBterej  laufz  deaselben  inventariuma  blieben 

Vorzeiobnua  der  omath. 

J   fear   brillen    und    zwen  andere  stein  jn  einem  eeglein.     t 

humeralh    ohne   bortten.     j  rottan  Bametb  mit  dem  SalTator, 

j  grau  gülden  stugk.  j  giun  gülden  atugk  mit  blumen,    j  roth 

gülden    atugk.     j  weis  gülden  atuck.  j  roth  gülden  atuok. 


4 

i 


]^72  Oesehichte  des  EJosters  Cronschwitz. 

Bohwartser  sameih.  j  sohirartzer  gemosirter  sameth«  ij  rothe- 
gomorirter  lammeth.  j  sohwarizer  Bameth  mit  einem  perlen 
golden  kreuts.  j  brauner  sametii  mit  galden  vögeln,  j  schwartler 
sameth  mit  vergalten  ;spangen  und  perlen,  j  sehwart&er 
sameth  mit  lewen  und  perlen  kreuts.  j  rotter  gemonrter 
Bameth.  j  blauer  Bamet  mit  eine  rotten  kreuts  voller  Bpan- 
gen.  j  Bohwartzer  damatsMohk  mit  einem  rotten  kreuts.^ 
j  gnm  Beiden  meegewandt  j  rotter  gemoBtrter  Bambt  mit 
blumen.  j  gemosirt  mefBgewandt.  j  rotter  Bameth  mit  gelen 
Uumea.  j  Bohwartaer  sameth.  j  rottär  damaBohke.  j  Bchwartser 
Bameth.  j  rotter  athlas  mit  einem  gülden  kreuti.  j  blauer 
mosirter  sameth.  j  rotter  mosirter  Bameth.  j  sehwartser 
sameth  mit  einem  gülden  kreutz.  ij  grüne  sameth.  j  sdhwartzer 
mosirter  sameth.  j  rotter  mosirter  sameth.  j  brauner 
mosirter  sameth.  j  blauer  mosirter  sameth.  j  gering  messe- 
gewandt, ij  messegewandty  eins  mit  rotten  seiden  blumen, 
das  ander  ein  aldt  gülden  Btogk.  j  schwartzer  alder  sameth 
mit  blumen.  j  roth  messgewandt,  jn  unser  fraue  kestlein» 
j  alder  schwartzer  mosirter  sameth. 

Tebicht. 
ij  tebicht  mit  dem  sylberwerg  eingeBchlagen. 

Buchqueln. 
3  par  buchquelen  mit  silbern  spangen  schwartz.     j  par  bach- 
quelen  mit  spangen.    j    par  rothe    samethquelen  mit  perlen» 
j  par  gemosirte  quelen  mit  etzlichen  spangen. 

Pallium, 
iiij  pallium  mit  berlen  und  sylbem  spangen. 

Was  sonsten  jn  der  custerin  inventario  vortzeichnet,   das  ist 
im  gewelb  bliben. 


m. 


Die  Volkskunde 

und  die  Notwendigkeit  ihrer 

Pflege  in  den  altertums- 

forsehenden  Vereinen. 


Von 


F.  Kunze. 


I 


Die  „Statuten  des  Vereins  für  thüriogischo  Geschichte 
nnd  AltertumekuDde"  besagen  ia  §  1,  dafs  unser  Verein  neben 
„Mitteilungen  zur  thUringiachen  Oescfaichte"  auch  solche  über 
„Altertumskunde"  Ter  öffentlichen  eoH.  Im  allgemeinen  wird 
in  den  von  unBerem  Veiein  herausgegebenen  Heften  der 
„Oesc  hi  ch  te  Thüringens"  ja  bedeutend  mehr  Rechnung  ge- 
tragen, als  der  „AUertumskunde"  im  eogeren  Sinne.  Der 
Vorwurf  J.  W,  Wolfs  (Beiträge  zur  deutschen  Mythologie, 
1S5S,  I.  Bd.,  p.  XIX):  „Die  historischen  Vereine  eollten  ihre 
Hefte,  statt  eie  mit  langweiligen  Abhandlungen  and  Zeich- 
nungen römischer  Ziegel  und  Badplätze  und  UrnenBcheibea 
vollzupfropfen,  endlich  mehr  mit  solchen  uod  ähnlichen  Dingen 
(Sagen,  Sitten,  Gebräuchen  etc.)  ausstatten"  —  trifft  unseren 
Verein  absolut  nicht,  denn  dieser  befafst  sich  erstens  nur  mit 
der  Erforschung  und  Sammlung  „beimisoher  Denkmäler"  alter 
Art,  und  fürs  andere  hat  auch  s.  B.  Earl  Auen  im  1.  Bde. 
der  Vereinsschrift  (Jena,  1B54)  auf  8.  184—196  eine  inter- 
essante Sammlung  von  „Sagen  und  Zauberformeln"  aus 
Thüringen  veröffentlicht.  Immerhin  ist  aber  für  die  eigent- 
liche Altertumskunde,  soweit  sie  Sagen,  Mythologie,  Volks- 
bräuohe  etc.  in  ihren  Bereich  zieht,  von  selten  unseres  Ver- 
eine sehr  wenig  geschehen,  was  jedenfalls  darin  seine  Be- 
gründung findet,  dafs  das  Studium  dieses  Zweiges  der  Alter- 
tumskunde nieht  jedermanns  Sache  ist.  Bei  der  Gründung 
unseres  Vereins  wies  Prof.  H.  Bückert  in  seinem  Vortrage 
(ofr.  Bd.  1,  S.  8—16)  u.  a.  auch  auf  dieses  vom  Verein  zu 
beobachtende    Forschungsgebiet    bin,  wenn    er   bei  spielt)  weise 


ä 


176        ^^®  Volkskunde  in  den. alter tamsforschenden  Vereinen. 

sagt:  ,,AaB  dem  übrigen  reichen  Gebiet  der  einheimischen 
Kulturgeschichte  erlaube  ich  mir  nur  noch  eine  Seite  heryor- 
2uheben  und  ihre  Pflege  ihnen  allen  an  das  Herz  zu  legen, 
weil  jeder  auch  ohne  alle  weitläufigen  Vorbereitungen  hier 
fär  unsere  gemeinsamen  Zwecke  wirksam  sein  kann.  Ich 
meine  die  so  unscheinbaren  und  doch  so  inner- 
lich reichen  Überreste  der  Sage,  des  Glaubens 
und  der  Natur-  und  Lebensanschauung  der  Ver- 
gangenheit, die  Yolksmäfsi  gen  Sitten  und  Ge- 
bräuche, die  sprichwörtlichen  Ausdrücke  und 
Sentenzen,  in  denen  sich  das  innerste  Heilig- 
tum des  nationalen  Geistes  mit  staunenswerter 
Ursprünglichkeit  und  kindlicher  Naivität  offen- 
bart.     Hier   hat  jeder  Gelegenheit,    zu  sammeln 

und    zu    erhalten Unzählige    gehen    ihr 

ganzesLeben  an  dergleichen  vorbei  und  haben 
keine  Ahnung  davon  etc.'' 

Im  Nachstehenden  soll  nan  zunächst  ein  flüchtiger  Bliek 
auf  die  Geschichte  der  Volkskunde  geworfen  und  dabei  eine 
Betrachtung  an  ihren  begrifflichen  Inhalt  geknüpft  und  eine 
wissenschaftliche  Gliederung  desselben  gegeben  werden. 

„Volkskunde  bedeutet  die  Kunde  vom  Volk  oder  über 
das  Volk"  —  erklärt  Reinhold  Köhler  in  seinem  Artikel 
„Folklore"  (im  Supplementbande  zur  13.  Auflage  des  „Kon- 
versations-Lezikon"  von  Brockhaus,  Leipzig  1887).  Diese 
„Kunde  vom  Volk  oder  über  das  Volk**  ist  aber  nicht  in 
Gestalt  eines  blofsen  Porschens  und  Aufspeioherns  von  Kennt- 
nissen über  das  Volkstum  zu  erzielen;  denn  Wissenschaft  ist 
eine  Erkenntnis,  die  organisch  sich  aufbauende  Summe  der 
Kenntnisse  von  einem  Gegenstande.  „Das  Volkstum  ist  die 
Urquelle  aller  Kenntnisse  über  ein  Volk,  das  Volkstum  ist 
aber  auch  der  Völker  Jungbrunnen,  der  sie  jung  erhält,  der 
sie,  wenn  ihnen  Untergang  droht,  verjüngen  kann"  —  sagt 
der  auf  diesem  Felde  sehr  thätige  Forscher  Dr.  Fr.  S.  Kraufs 
(cfr.  „Am  Ur-Quell",  Monatsschrift  fUr  Volkskunde,  1890, 
S.  2).      Am   22.   August    1840    hielt   der    Engländer   Thoms 


DIs  Tolkikande  in  dea  altartiEmBfonDliuicUai  Tarrinm, 


1771 


.äum  einen  aitf  obiges  Thema  eich  beziehenden  Vor- 
Bchlu^  dabei  Beinen  Laudaleuten  fiir  die  Kunde  von 
den  Yolkstümlichen  Überlieferungen  in  Sagen ,  Sitten,  Ge- 
bräuchen, Uärohen  etc.  die  bald  aufgenommene  Bezeichnung 
„Folk-lore"  vor,  gegen  welchen  weitverbreiteten  Ausdruck  u.a. 
K.  Weigaud  (im  20.  Bd,  der  Zeitschr,  für  Völkerpsychologie 
und  SpraobwisBenaohaft,  S.  1 — 5)  zu  Felde  zieht,  indem  er 
mit  Hecht  betont,  daTs  die  wissenschaftliche  Volkskunde  jene 
Folklore  mit  in  sich  begreift;  darum  sagt  auch  Keinhold 
Köhler  u.  a.  von  der  „Volkskunde";  „Sie  umfafat  also  auch 
die  Kunde  dea  Folk-Iore,  aber  sie  ist  nicht  selbst  Folk-lore." 
Eine  für  eich  beetehende  Wissenachaft  vom  Volksleben 
ist  erst  ein  Produkt  unseres  Jahrhunderts,  wogegen  das  Fun- 
dament der  Volkskunde,  sowie  die  mancherlei  Materialien  zu 
ihrem  Ansbau  so  alt  sind,  wie  die  Geschichte  der  Litte- 
ratnr.  Schon  die  alten  und  ältesten  Heidenlieder  und 
ßeligionsbiieher  —  z,  B.  das  Nibelungenlied ,  die  Edden, 
Homers  Ilias  und  Odyssee,  die  Mehrzahl  der  biblischen 
Bücher  etc.  —  sind  ethnographische  Quellen,  aus  denen  manches 
charafeteristiBohe  Bild  des  Völkerlebens  wied erstrahlt.  Herodot, 
der  „Vater  der  abendländischen  Geschichtschreibung",  ist  gleich- 
zeitig auch  der  Vater  der  Volkskunde;  er  reiste  „per  pedea 
spostolorum"  umher,  um  das  Leben  und  Treiben  der  von  ihm 
besuchten  Yötker  auszukundschaften  und  die  Ergebnisse  dieses 
ethnographischen  Studiums  mit  seinen  gesohichtlichen  Mit- 
teilungen organisch  zu  verweben.  Ebenso  verfuhren  auch 
andere  Historiker,  bei  denen  die  Volkskunde  eine  Hilfswissen- 
echaft,  ntoht  Hauptzweck  ihrer  Oeschiohtschreibung  war.  „Die 
Dienstbarkeit  der  Volkskunde  geht  durch  die  ganze  antike 
und  mittelalterliche  Zeit.  Geographen  und  Kelsebeschreiber, 
Dichter  und  Historiker  geben  nebenbei  die  lehrreichsten  ethno- 
graphischen Fragmente,  aber  kaum  Einer  macht  die  Erkenntnis 
des  Volkslebens  als  solchen  zum  bewegenden  Mittelpunkte 
seines  Schaffen»,  Denn  wo  sich  selbständige  Vötkerachilde- 
rungen  finden,  da  bietet  man  uns  doch  nur  eine  gewisss 
Summe  lose  zu samra engerei hter  Beobachtungen,  KohstofT  zur 
XVI.  12 


■ 

I 


278         ^^  Tolkskiude  in  den  altertomilorsehenden  Verainen. 

yolkskonde,  dem  aber  die  innere  GesetzmiÜBigkeit  wieeen* 
■ehaftlicher  Anordnung  und  Durcharbeitiing  fehlt/'  (W.  H» 
Riehl.) 

Nur  Taoitus'  Germania  zeichnet  sich  durch  ihren  yolke- 
kundlichen  Gehalt  aus,  weshalb  sie  auch  in  der  zweiten  Hälfte 
des  15.  Jahrh.,  bei  ihrer  Wiederentdeckung ,  von  den  Ge* 
lehrten  als  ein  y^goldenes  Buch''  begrüXst  wurde.  Die  mittel» 
alterlichen  Beiträge  zum  wissenschaftlichen  Volkstum,  die  man 
als  einzelne  und  vielfach  trockene  Mitteilungen  über  ein- 
seitige  Beobachtungen  des  Volkslebens  in  verschiedenen  hieto- 
risohen,  geographischen  und  kulturhistorischen  Werken  zer- 
streut vorfindet»  reichen  lange  nicht  an  Strabos  und  Tacitus' 
Arbeiten.  Die  Auffassung  des  Volklebens  hält  mit  der  fort* 
Bchrittlichen  Entwickelung  der  historischen  Wissenschaft 
gleichen  Schritt  und  Tritt.  Bei  den  stark  zum  „Fabulieren'' 
neigenden  Ohronisten  des  15. — 18.  Jahrh.  ist  weiter  nichts 
zu  entdecken,  als  trockene  und  schwülstige  Mitteilungen  üb^ 
buntfarbige  Ereignisse  am  Himmel  und  auf  Erden.  Man 
werfe  z.  B.  einen  Blick  in  die  hinterlassenen  Werke  Thü- 
ringer Annalisten  —  z.  B.  in  die  Chroniken  von  C.  Spangen- 
berg, Rivander,  Heller,  Sagittarius,  Olearius,  Bange,  Becherer 
etc.,  und  man  findet  nur  zusammenhangslose  Wiedergaben  ge- 
schehener Thatsachen,  welche  für  den  Historiker  jedoch  nicht 
immer  ohne  Wert  sind.  In  Galettis  „Geschichte  Thüringens" 
(6  Bde.,  Gotha  1782 — 1784)  hat  dagegen  die  thüringische 
Volkskunde  schon  zeitgemäfse  Berücksichtigung  erfahren,  wie 
denn  überhaupt  die  neuere  Geschichtsforschung  seit  ungefähr 
hundert  Jahren  reichlichere  Beiträge  zur  Volkskunde  in  ihren 
Werken  aufgespeichert  hat,  weil  eben  der  Historiker  sich 
dieser  verschwisterten  Wissenschaft  nicht  entschlagen  kann; 
er  muTs  eben  die  leitenden  und  auf  das  Volksleben  einwir- 
kenden Gesetze  kennen. 

Dem  gegenwärtigen  Jahrhundert  war  es  nun  vorbehalten, 
die  Volkskunde  zur  selbständigen  Wissenschaft  heranzubilden, 
indem  sie  aus  der  seitherigen  Bevormundung  der  Geschichte 
und  Geographie  heraustrat.    Die  naturwissenschaftliche  Welt- 


IMs  TOlktkande  in  den  altarlna 


■uhsi 


1  Twehien. 


17fr 


□Bofaauung  unseres  Jahihuaderts  hat  zu  der  Ansicht  gefühlt^  ' 
dafa  die  mancherlei  Äuffieraagen  des  VolkitlebeDe  als  etwas 
natiirgeiiiäfB  GewachseDea  anzuaehea  und  einer  besouderen 
wiMenschaftlichen  Würdigung  eq  unterziehen  eeieo.  Die 
seither  beobachteten  Sitten  und  Gebräuche  der  Kultur-  und 
tTeturvälker  wurden  nicht  mehr  vom  einseitigen  kirchlicben 
Standpunkte  nie  Aberglauben,  Uneitten,  „Bohmaterialen"  eto. 
verdammt  und  auegerottet,  eondern  ee  wurden  dieee  alther- 
kSrnmlichen  Volkaüberlieferungen  von  der  sich  an  die  Natur- 
wiaaenBchaft  eng  anlehnenden  Ethnographie  wiBseaschaftlich 
beobachtet,  zergliedert  und  unter  bestimmte  Systeme  gebracht. 
„Das  Unverständliche  und  Fratzenhafte  in  den  Sitten  und 
Anschauungen  der  Völker  der  Erde,  welches  bis  dahin  den 
sogenannten  Gebildeten  ein  mitleidiges  Lächeln  abgelockt 
hatte,  begann  in  eine  eigentümliche  Beleuchtung  zu  treten, 
indem  es  sich  in  unheimlichen  Grundzügen  bei  ganz  stamm- 
&emden  Yolkern  wiederholte  und  damit  auf  eine  schaffende 
Kraft  hindeutete,  welche  nicht  blofs  über  die  einzelnen  Men- 
schen, sondern  aucli  über  Volker  und  Vdlkergruppeu  hinaus- 
reiehte"  (cfr.  Am  Ur-Üuell,    1891.  8.  69). 

Seitdem  der  Erforscher  des  Deutschtums,  Jakob  OrimDi, 
mit  der  Herauegabe  seiner  „Deutschen  Mythologie",  sowie  mit 
seinen  „Rechtsaltertilmcru",  „Kleinen  Schriften"  eto.  den 
festen  Grund  zum  weitgehenden  Studium  des  eigentlichen 
Yolktums  gelegt  hat,  sind  dana  seine  tüchtigen  Schüler,  An- 
hänger und  OesinnungegenoBseD  nach  Kräften  bemäht  ge- 
wesen, diese  interessante  Wissenschaft  immer  mehr  zur  Blüte 
gelangen  zu  lassen.  Besonders  sind  in  den  beiden  letzten 
Jahrzehuten  die  „Atigen  dem  deut^ohen  Altertum  geöffnet" 
-worden.  Die  grofse  Anzahl  ethnographischer  und  anthropo- 
logischer Gesellschaften  in  den  grofaeren  Städten  fast  aller 
Kulturvölker,  sowie  die  behufs  emsiger  Forderung  der  „Völker- 
kunde" angelegten  Mueeen  geben  den  antriiglichsteu  Beweis 
-von  dem  is  weiten  Kreisen  sich  geltend  machenden  Bestieben, 
I  4fie  bisher  auf  Krüoken  gehende  Wissenschaft  vom  Meneohea  ] 
12* 


180         ^^^  Volkskunde  in  den  altertumsforschenden  Vereinen. 

nach  Möglichkeit   zu  pflegen,   das  Geistesleben    der  yersoliie- 
densten  Völker  aller  Zeiten  zu  erforschen. 

Als  im  Jahre  1882  auf  dem  Geographentage  zu  Halle  a/S. 
der  bedeutungsvolle  Beschlufs  gefafst  wurde,  den  Betrieb  der 
deutsch-landeskundlichen  Studien  nachdrücklich  und  syste- 
matisch in  die  Hand  zu  nehmen,  da  wurde  von  vornherein 
auch  die  verwaiste  Volkskunde  mit  in  das  Forschungs- 
programm aufgenommen,  indem  man  wohlweislich  erkannte, 
dafs  Landes-  und  Volkskunde  nicht  getrennt  nebeneinander 
bestehen  können.  Bereits  im  Jahre  1881  hatten  sich  „einige 
Freunde  der  volkstümlichen  Überlieferungen"  zusammengethan 
zur  Gründung  und  Unterstützung  einer  Zeitschrift,  „teils  um 
die  noch  im  Volke  lebenden  Sagen,  Märchen,  Lieder,  Reime, 
Bitten  und  Gebräuche  etc.  zu  sammeln,  teils  aber  auch,  um 
über  den  Inhalt  des  Gesammelten  wissenschaftlichen  Aufschlufs 
zu  erlangen".  Diese  neue  Zeitschrift  trug  anfänglich  den 
Titel  „Am  Urdsbrunnen",  erscheint  aber  seit  1890  als  „Am 
ür- Quell".  Wissenschaftlich  intensiver  wird  jedoch  die 
deutsche  Volkskunde  gepflegt  von  dem  Ausgangs  1890  in 
Berlin  von  Professor  Dr.  K.  Weinhold  ins  Leben  gerufenen 
„Verein  für  Volkskunde",  der  alljährlich  vier  flngerstarke 
Hefte  einer  ,^Zeitschrift  des  Vereins  für  Volkskunde",  an 
welcher  namhafte  Fachgelehrte   mitarbeiten,   herausgiebt. 

Welche  Hilfswissenschaften  werden  nun  in  den  Dienst 
der  Volkskunde  gestellt? 

Sobald  sich  die  wissenschaftliche  Beobachtung  auf  die 
Menschheit  überhaupt  erstreckt  und  ohne  Erfassung  des 
Menschen  als  Einzelwesen  das  gesamte  Kulturleben  der  Völker 
als  ihr  Forschungsziel  im  Auge  behält,  so  bedient  sich  die 
ausgestaltende  Volkskunde  zweier  Wissenschaften  als  Haupt- 
forschungsmittel: der  Anthropologie  und  Ethnographie. 
Beide  Hilfswissenschaften  müssen  sich  überall  ergänzen,  denn 
nur  durch  ihr  wechselseitiges  Ineinandergreifen  ist  eine  ergeb- 
nisreiche Lösung  einschlägiger  Fragen,  wie  i.  B.  der  Völker- 
und  Urreligionsverteilung  in  Deutschland,  lu  erwarten.  Anthro- 
pologie und  Ethnographie   sind    gewiiiormafson  die  „Lebens- 


Die  TolkikundB  in  dm  altertunufarBchsaden  VartiDsn, 


Iftll 


;  wisaensobaftliohen  Volbakunde",  können  aber  hiti' 
siohtUob  ihres  begrifflichen  InhaLts  nioht  gut  voneinander 
getrennt  uod  genau  erklärt  werden.  Die  eratere  Wiesen- 
•ohaft  kann  man  als  „Lehre  vom  Mengchen"  bezeichnen,  und 
sie  achliefet  dann  in  ihrem  Oesamtumfange  in  dem  ausge- 
dehnten Kreise  ihrer  Fächer  die  ganze  Naturgesohiohte 
dea  Uenschen,  die  Anatomie,  die  Physiologie  and  die  Psycho- 
logie in  sich  ein.  In  der  Regel  wird  der  Begriff  der  Anthro- 
pologie eo  eng  aasammengeachaurt,  dafa  sich  ihr  Studium 
alt  gesondertes  Gebiet  von  der  Physiologie  und  Paychologie 
abzweigt  und  mehr  die  Anatomie  (d.  h.  Zergliederunga künde 
oder  Lehre  vom  Baae  der  organischen  Weaen)  in  aJoh  be- 
greift und  als  Uittd  der  Volkskunde  Torwiegend  zu  erzielen 
strebt: 

Kenntnis  der  nalurhiatori sehen  Charaktere  der  Terschie- 
denen  Völker  und  Stämme;  augenTallige  Eigentümlichkeiten 
der  Mensohenrasaen ,  wichtige  Übereioatimmungen,  Ab- 
weichnngen  und  Beaonderheilen  im  Schädel-  und  Skelettbau, 
in  dem  Verhältuia  der  Gliedmaraen  zu  einander,  in  der  Farbe 
und  BeBchaffenboit  der  „Haut  nnd  Haare",  in  der  Stellung 
der  beiden   Kionladen  mit  ihren  Zahnreihen  zu  einander  e(o. 

Die  Ethnographie  dagegen  befafat  aich  hauptsächlich  mit 
der  Würdigung  aller  körperliohen  und  geiatigeu  Eigrn- 
Bchaften  der  verschiedenen  Hassen  und  Familien,  indem  sie 
Arbeitskraft  and  körperliche  Leistungsfähigkeit,  geistige  Be- 
gaboDg,  Naturell,  .Sprache,  Sitten  und  Brauche,  Religion  uod 
dergl.  iu  ihr  Gebiet  faUen  läfst.  „Der  Ethnograph  soll  alle- 
zeit seine  Nation  vor  Augen  haben,  und  indem  er  ihr  ein 
Bild  des  Volkalebena  vorhült,  aoll  er  sittlich  wirken  wollen; 
er  mufs  in  die  Tiefe  der  sittlichen  Uolive  und  Konflikte  der 
VolksentwickeluQg  niederateigen  I  Dann  ist  ea  aber  auch 
Pflicht  dea  Ethnographen,  seine  „Parallelen"  zu  ziehen,  um 
die  „ÜbereinstimmnngeQ  und  Ähnlichkeiten  in  den  Anaohau- 
ODgen  und  Gebräuchen  räumlich  weit  voneinander  getrennter 
und  ethnisch  verschiedener  Völker"  unter  gewiase  Ge- 
liohtapunkte    zd    gruppieren    and    zu    der    Überzeugung    flir 


I 

4 


182        P^  Volksknode  in  den  altertamsforschendMi  VerdneiL 

^eine  gemeinsame  Abkunft  oder  Entleluinng  solcher  Yor- 
•tellungen  und  Sitten^'  zu  kommen  (c£r.  z.  B.  Andree,  Ethno- 
graphische Parallelen  und  Vergleiche,  Stattgart  1873  III}. 

Mit  der  neuzeitlichen  Entwickelung  der  anthropologisohen 
Wissenschaft  hat  sich  das  Auge  der  Forscher  mit  gesteigertem 
Interesse  der  Untersuchung  unserer  yaterländischen  Verhält* 
nisse  zugewandt;  indem  die  bisherige  Auftnerksamkeit  auf 
Leben  und  Treiben  der  Naturyölker  aufgegeben  und  snr 
lokalen  und  heimländischen  Volkskunde  umgestaltet  wurde, 
um  nun  in  umgekehrter  Folge  Schlüsse  yon  dem  Mgenen 
Volke  auf  fremde  Nationen  zu  ziehen. 

Aber  nicht  nur  um  Parallelen  zu  ziehen,  ist  die  Anthro- 
pologie erforderlich  und  zweckdienlich,  sondern  sie  ist  auoh 
ein  mafsgebendes  Hilfsmittel  zu  historischen  Untersuchungen 
geworden,  ein  Mittel  zur  Volkskunde,  welches  durch  seine 
Vollendung  immer  mehr  für  die  Entwickelungsgeschichte  der 
Stammes-  und  Volkseigentümlichkeiten  stets  da  eintreten 
wird,  wo  der  Mangel  an  geschriebenen  Dokumenten  und  einr 
sohlägigen  Überlieferungen  bitter  beklagt  wird.  In  diesem 
Punkte  liegt  eben  die  Hauptaufgabe  der  yaterländischen 
somatischen  Anthropologie,  welche  nach  dieser  Bichtung  hin 
mit  der  archäologischen  yaterländischen  Ethnographie  auf 
derselben  Stufe  steht  (cfr.  J.  Ranke,  Der  Mensch). 

Die  anthropologischen  Untersuchungen  im  Interesse  der 
Volkskunde  würden  sich  nun  zuyörderst  erstrecken  auf  die 
Farbe  der  Haut ,  der  Haare  und  der  Augen ,  denn  gerade 
diese  Ermittelungen  sind  für  die  Bestimmung  und  Feststellung 
der  Abstammung  und  Rassen  Zugehörigkeit  mafsgebend  und 
resultatyoU.  Auf  diesem  Wege  ist  beispielsweise  genau  zu 
ermitteln,  wie  yiel  yoUkommen  „blonde^'  Volksangehörige  als 
echte  Nachkommen  der  alten  flachshaarigen  Germanen  unter 
unserm  deutschen  Volke,  speziell  unter  den  Insassen 
Thüringens,  noch  zu  finden  sind,  und  in  welchem  Verhältnis 
die  Anzahl  der  „Brünetten^'  oder  auch  der  „Mischtypen''  zu 
ihnen  steht.  (Während  die  „Brünetten''  an  der  bräunlichen 
Hautfarbe,    den  braunen    bis  schwarzen  Haaren  und  dunkel- 


Dh  ToUBknode  in  das  «ImtnaiifonelMiideD  Vcreinui. 


183 


r' 


rbigen    Äagen  erkennbar    sind ,    so    sind    die    „Uisohtypen" 
ireder  voUhomiuen   „blond"  noch  volLkomniea  ,, brünett".) 

Unter  Zuhilfenahme  solcher  Btatiutiaoher  UDtersuohungen 
über  die  Farbe  der  Haat,  der  Haare  und  der  ä.ugen  bei  den 
Schulkindern  gelangt  man  zunäohsl  für  einen  beBtimmten  Ort, 
im  weiteren  für  eine  bestimmte  Gegend  (Ereis,  Reg.-Bezirk, 
Provinz),  sodann  für  ein  ganzes  Ländchen  und  sohliefsUah 
für  unser  gesamtes  deutEohea  Vaterland  zu  der  Erkenntnis, 
inwieveit  noch  germanisches  JBlut  neben  fremde  n 
Beimischungen  TOrhanden  ist.  BekanntLich  hat  Professor 
BudoK  Tirohow  in  Berlin  die  Bearbeitung  der  duroh  die 
Lehrer  auf  Orund  genauer  Instruktionen  erzielten  iiohzablen 
dieser  Statistik  durchgeführt.  Man  hat  dadurch  iu 
Krfahrung  gebracht,  dafs  in  Deutschland  der  rein  blonde 
Typus  in  augeDfatliger  Häufigkeit  wabroehmbar  ist.  Zweck- 
en tspreohende  Vergleiche  haben  zu  der  Entdeckung  geführt, 
dafs  diese  Ergebnisse  auf  die  älteste  BesiedelungsgeBohiehte 
naseres  Vaterlandes  und  auf  dea  im  4.,  5.  und  6.  Jahrhun- 
dert stattgehabten  Völkerwohnungs  Wechsel  ein  üb  er  rasche  odea 
Licht  werfen. 

In  gleicher  Weiae  kann  bei  jener  Forschung  auf  die 
Form  der  Haare,  auf  die  verschi edenartige  Dichtigkeit  ihres 
Bestandes,  auf  die  feinen  Unterschiede  in  Form  und  Pube 
der  Augen,  in  ihrer  Stellung  zu  einander  etc.,  auf  die 
NasenbilduDg  und  Oestchtsprofilierung,  auf  die  Bildung  der 
Mundteile  etc.  Rücksicht  genommen  werden.  Auch  auf  die 
Bildang  der  Lippen  (vortretend,  voll,  mäfaig  voll,  zart,  ge- 
schwungen n.  s.  w.),  auf  die  Stellung  der  Zahnreihen  in  den 
beiden  Kiefere  zu  einander,  auf  die  Bildung  der  Ohrmuschel, 
Hände,  Füfee,  Nägel,  elo.  ist  ein  besonders  forsohendes  Augen- 
merk eu  richten.  Endlich  ist  bei  der  Prüfung  auf  die  Ab- 
'«tammung  eines  Volkes  auch  die  anthropologische  Messung  nm 
[firper  und  an  seinen  Teilen  erforderlich.  Ranke  will  fol- 
gende Ausdehnungen  am  Körper  und  an  dessen  Teilen  ge- 
messen wissen:  gröfate  Lange  und  Breite,  Ohrhohe,  Stirn- 
breite, Gesicbtahöbe,  Mittel  gesiebt,  Gesiohtsbceite,  Distanz  dar 


■ 
I 


134         ^'^  Volkskande  in  den  altertumsforschenden  Vereinen. 

inneren  und  äoXseren  Augenwinkel,  Höhe,  Länge  und  Breite 
der  N^ase,  Mundlänge,  Entfernung  des  Ohrloches  yon  der 
Nasenwurzel  und  Horizonialumfang  des  Kopfes.  Soweit  der 
Körper  in  Betracht  kommt,  soll  durch  das  Mafs  (stets  in 
Millimetern!)  festgestellt  werden:  ganze  Höhe,  Höhe  des  7 
Halswirbels  yom  Boden ,  des  Nabels  vom  Boden ;  Höhe  des 
grofsen  HoUhügels,  der  KniesoheibCy  des  äufseren  Fuls- 
knOchels  (im  Sitzen),  des  Scheitels  über  dem  Sitz  (Sitzhöhe !)• 
Auch  die  Klafterweite,  die  Länge  sowohl  des  ganzen  Armes, 
als  auch  des  Oberarmes  (Band  der  Schulterhöhe  bis  Ellen- 
bogenhöcker) und  Unterarmes  (Ellenbogenhöcker  bis  Hand- 
gelenk) ist  zu  bestimmen.  Schulterbreite,  Brustumfang,  Länge 
und  Breite  der  Hand,  Länge  und  Breite  des  Fufses,  der 
gröfste  Umfang  des  Oberschenkels  und  der  Wade  fallen  eben- 
falls in  dieses  Gebiet  der  anthropologischen  Mafsbestim- 
mungen. 

Auf  diesem  Felde  würde  sich  die  Anthropologie  aber 
auch  beschäftigen  müssen  mit  der  Untersuchung  über  Her- 
kunft und  Stellung  des  Menschen  in  der  Natur,  mit  seiner 
Beziehung  zu  den  nächstverwandten  Tieren,  sowie  mit  der 
Frage,  ob  und  welcher  genetische  Zusammenhang  zwischen 
Menschen  und  Affen  besteht:  also  mit  der  Darwinschen 
Frage  in  ihrer  Anwendung  auf  Menschen  und  Affen.  Dabei 
spielt  auch  das  Studium  des  Schädels  (Kraniologie  I)  eine 
grofse  Rolle ;  denn  er  ist  Träger  des  Gehirns  und  der  Sinnes- 
organe, sowie  des  Kau-  und  Beifsapparates :  er  offenbart  also 
charakteristische  Eigentümlichkeiten  eineeT  ganzen  Yolks- 
Stammes.  Das  Ziel  der  anthropologischen  Forschungen  be- 
steht also  in  der  Ermittelung  der  Bassenverschiedenheiten 
und  ist  wohl  hauptsächlich  Sache  des  ärztlichen  Fachmannes, 
der  dazu  bei  seinen  Krankenbesuchen ,  bei  Bekrutenaus- 
hebungen  etc.  die  beste  Gelegenheit  hat. 

Die  Aufgabe  des  Ethnographen  ist  nun  eine  andere,  wie 
bereits  erwähnt.  Er  hat  die  mannigfaltigen  natürlichen  und 
künstlichen  Gesellschaftsformen,  unter  denen  der  Mensch 
auftritt,    zu   schildern    und    die   ihnen    zu    Grunde    liegenden 


Dh  Tolksknnde  io  dan  allartiimsfDrtCfaeodgn  VeninaD.         18&I 

foaaoheii  zu  prüt'eii;  er  inuf«  auegehen  von  det  Familie,  am 
~su  den  Begriffen  des  Volksetammes  und  Volkes  sich,  za  er- 
heben: er  hat  es  mit  dem  eogen,  „Volkatura"  zu  thnn.  Uoter 
„Volkstum"  i»t  aber  nicht  btufs  an  die  Sprache  als  Träger 
und  Uafaetab  der  geistigen  Kultur  der  Volker  (linguie tische 
Ethnographie!)  zu  denken,  sondern  m  begreift  das  „Yolkg- 
tümliobe"  vorzugsweise  in  sich:  Glauben,  Sagen  und  Legenden, 
Bräuche,  Sitten  und  Oewohnheiten ,  Härchen ,  Lieder, 
Schwanke,  Uätsel  und  SprichwöiteT  des  Volkes.  „Um  zum 
Ziele  zu  gelangen,  nämlich  das  Volk  zu  erkunden,  mufe  das 
Volkstümliche  als  Quelleumaterial  dienen,  and  zvar  unrer- 
fälsoht.  Sagen,  Sitten,  und  Gebräuche  müssen  genau  ao,  wie 
sie  das  Volk  zum  Besten    giebt,    niedergeeohrieben    werden" 

t(£ubn  und  Schwärt z.    Norddeutsche  Sagen  etc.  IB48  Vorrede). 

B  Betrachten  wir  die  einzelneu  Zweige  des  Volkstums  ge- 

f  nsuer! 

Unter  „Volksglaube"  ist  det  Glaube  au  verateheur 
welcher  neben  dem  von  der  Schule  und  Kirche  in 
fester  Form  in  das  Volk  hineingetragenen  christlichen  Glau- 
ben einhergeht  und  meistens  eur  besseren  Unterscheidung 
von  diesem  als  „Aberglaube"  beüeiehnet  wird.  Dieser  Volks- 
glaube lebt  überall  und  kann  wohl  verfolgt,  auch  zeitweise 
unterdrückt,  nie  aber  „mit  Stumpf  und  Stiel"  vertilgt  werden. 
,,Mebr  und  mehr  hat  man  erkaant,  dafs  wir  in  den  aber* 
gläubischen  Vorstellungen  unserer  Bauern  und  Kleinstädter, 
in  den  Gespenstern,  die  sich  um  gewisse  Tage  gruppieren, 
in  den  Sprüchen ,  mit  denen  kluge  Schäfer  und  Kräuler- 
weiber  aympathisohe  Koren  vollziehen,  in  einem  Teile  der 
Kinderspiele  mit  ihren  Keimen  ein  Stück  alter  Kullar  und 
Beligion  vor  uns  haben,  welches  uns  um  so  bedeutungsvoller 
und  wertvoller  ist,  als  sich  vou  dieser  Kultur  und  Religion 
sonst  nur  geringe  Beste  erhalten  haben.  Mit  anderen 
Worten:  der  deutsche  Aberglaube  ist  das  nachgedun- 
kelte Bild  deutschen  Heidentums.  Und  er  ist  ein  zer- 
I  nssenes    Bild ,    nur    Material     zur    WiederherstelluDg     einer 


a 
I 


186        ^^  Volkskimde  in  den  altertnmtfonchenden  Vereinen. 

oeuen  WeltanBehaunog.''    (cfr.  Biuch,  Deutscher  Yolkuglanbe^ 
1877,  a  2.) 

In  dem.  deatschen  Volksglauben  liegt  nämlioh  der  Mytkot 
tief  begründet,  und  gerade  der  Yolksglaube  mit  seinen  Mythen 
und  Legenden,  Bräuchen  und  Märchen  bewährt  tieh  als 
das  Feste  und  Beständige  im  Wechsel  aller  Zeiten:  er  war 
Tor  Jahrhunderten  —  ja  Tor  Jahrtausenden  — 
'ebenso  wie  heute.  Trotz  des  ungestümen  Eifers  manches 
früheren  Predigers  und  ungeachtet  vieler  gegenwirkender  Geeetse 
hat  er  sich  bis  zur  Stunde  noch  wach  und  thätig  erhalten« 
deshalb  ist  es  nOtig,  diesem  bunten  Aberglauben  nachsugehen 
und  ihn  zu  sammeln  als  Baustein  zur  wissenschafüieh^i 
Volkskunde;  die  altertumsforschenden  Vereine  müfsten  sich 
u.  a.  dazu  berufen  fühlen,  die  letzten  Reste  des  Volksglaubens 
^aufzuspüren  und  wissenschaftlich  zu  Terarbeiten. 

Die  Mythologie  ist  heute  zu  einer  selbständigen 
Wissenschaft  herangewachsen,  welche  den  Zweck  hat,  die 
beschichte  des  menschlichen  Glaubens  in  seinen  Anfangen 
und  weiteren  Ent Wickelungen  darzulegen.  Der  Mjthus  und 
der  Volksgeist^  dem  er  angehört,  sind  eine  Art  Doppelgänger, 
bei  denen  die  Kenntnis  des  einen  die  Wissenschaft  des  an- 
deren nicht  nur  fördert,  sondern  sogar  notwendig  bedingt 
Weil  die  Mythologie  die  „älteste  Geschichte  der  Eeligion'' 
ist,  „die  Farbe,  mit  welcher  ein  Volk  sein  inneres  und 
Äufseres  Leben  selbst  ausmalt",  so  sind  eben  die  Naobklänge 
der  altgermanisohen  Mythen  so  tief  eingewurzelt  in  den 
Herzen  der  germanischen  Völker.  Der  deutsche  Volksglaube 
mit  dem  ihm  innewohnenden  Mythus  läfst  mithin  berechtigte 
Schlüsse  und  Folgerungen  auf  die  Lebensanschauungen  un- 
serer Vorfahren,  ebenso  auch  auf  ihre  ehemaligen  Wohnsitze 
und  Wanderungen  zu. 

Jene  Mythen  aber,  welche  keine  anderen  Wurzeln  als 
•i^lauben  und  Wissen  haben,  die  sich  rückwärts  schlagen  bis 
in  die  Tiefe  des  Altertums,  wo  der  Mensch  mit  der  ihn  um- 
gebenden Natur  einheitlich  zusammen  lebte  —  finden  sich 
«ehr  zahlreich  auch  m  den  mythischen  „V  o  1  k  s  s  a  g  e  n''  vor. 


Dia  Tolkskonde  in  dsii  allarhuBiforBchandeD  Veninan. 


187 


ideren  unverfäUchte  und  auagiebige  Sammlung  und  Atiabeu- 
tuDg  im  latereese  der  wisBeuichaftiicheii  YolkskuDde  nötig 
ist.  „Da,  wo  der  TtompeteDlon  der  Qeachiohte  verklingt, 
äästeit  die  Sage  noch  geheimniavoli,  ued  daher  neigen  su- 
oäohflt  sagenhafte  Überlieferuagen  einen  Pfad  durch  die 
-duukele  ürgeBchiohte  der  Menschheit.  Auch  hat  jedes  Volk 
und  jeder  Stamm  seine  charakterislisoheD  Sagen,  und  wo  der 
Geograph  nicht  mehr  imstande  iat,  wegen  Vermischung  der 
tieneratioDen  genau  den  Stamm  vom  Stamm  eu  aoheiden,  da 
vermag  e»  der  Sageniammler",  wie  Raokwitz  ganz  richtig 
auf  8.  1  «einer  „Sagen  und  Uärcben  aus  dem  Helmegau 
-etc."  bemerkt.  Gerade  die  Sagen  aind  ea,  welche  uns  von 
dem  Geiste  und  von  der  Gemütsart  der  Nation  das  am 
treuestcn  eprecbeade  Abbild  gewahren,  denn,  dem  Volke  eot- 
wachsen,  tragen  sie  auch  den  Charakter  seiner  Individualität 
uod  StammeaeigentüDiliohkeit  in  sich;  „und  eben  dieselbe 
Veraohiedenheit,  welche,  von  der  üranlage,  von  Klima,  Boden- 
besohaffenheit ,  bürgerlicher  Verfassung,  Religion,  den  bis- 
lierigeD  Schioksalen  und  sonstigen  phfsisohen  ond  moralischen 
Einflüssen  bedingt,  in  der  geistigen  Befähigung  und  Rich- 
tung, in  der  Biltliehen  Bildung  und  Gemütsbeiohaäenheit  der 
Volksslämme  obwaltet,  findet  sieb  auch  in  der  Sage  wieder" 
(ofr.  Tettan  und  Temme,  Volkasagen  Oatpreufsens,  Litthauena 
etc.   1865,  p,  IV). 

Wer  die  Sagen  kennt,  kennt  auch  das  Volk,  dem  sie 
«ngehöreu,  deno  sie  geben  von  dessen  innerem  Leben  Zeug- 
nis und  sind  gleichsam  ein  Spiegel,  in  dem  sein  Denken  und 
Fühlen  aus  der  „Kindheit  Tagen"  wiederstrahlt;  darum  gilt 
für  alle  Volksforsoher  und  altertumsforeohenden  Vereine  die 
«ttenge  Mahnung  :  „Sammlet  Voikssagen  !"  —  denn  „mit  einem 
hochbetagten  Greis,  mit  einem  alten  Hütlerchen  sinkt  die  Sage 
^abin",  wie  Panzer  (Beitrag  zur  deutschen  Mythologie  (1845), 
I,  S.  IV)  sehr  richtig  bekennt.  Dabei  ist  noch  ea  bemerken, 
dafs  die  Sagen  nicht  nur  nach  ihrer  mythologischen  Seite 
hin  gänslioh  ausgeprefst  und  anf  einseitige  Bestandteile  hin 
geplündert  werden  sollen,  sondern  aucb  die  anthropo  legis  oben 


I 


188        ^'®  Volkskande  in  den  altertnmtfonchenden  Vereinen. 

etymolo^tchen  9  ethnologischen  nnd  prähistorischen  Mo- 
mente müssen  in  stete  Erwägnng  gezogen  nnd  dem  grofsen 
Werke  der  Yolksforsohung ,  der  »»Yolkskande'S  dienstbar  ge- 
macht werden.  Diese  beständige  Anwendung  der  Ergebnisse 
der  Sagenforsohnngen  auf  den  Yolkscharakter  erzielt  eben  in 
erster  Linie  mit  die  Kande  eines  ganzen  Volkes.  Dann  wird 
die  Sage  auch  eine  „Quelle  der  Oeachiohte^'  abzugeben  be- 
rnfen  sein. 

Weniger  allgemeine  Schlüsse  auf  das  religiöse  Glau- 
bens- und  nationale  Geistesleben  längst  dahin  gegangener 
Vorfahren  läfst  die  gekünstelte  Legende  zu,  da  sie  mehr 
oder  minder  durch  die  religiösen  Vorstellungen  des  Christen- 
tums beeinflufst  worden  ist.  An  die  Stelle  göttlicher  und 
dämonischer  Mächte  des  Heidentums  traten  Christus  und 
seine  Apostel,  die  Heiligen,  der  Teufel  und  seine  bösen 
Engel.  Der  Legendeninhalt  wurzelt  eben  nicht  so  tief,  wie  die 
Sagenstoffe  im  Boden  des  mythologischen  Heidentums.  Wegen 
ihrer  TJnzuyerlässigkeit  ist  die  yerschwenderische  Legende 
nur  eine  mittelbare  Handhabe  zur  Volkskunde. 

Wenn  nun  der  Mythus,  dessen  Herkunft  und  Fundorte 
bereits  oben  angedeutet  wurden,  eine  Übertragung  ins  prak- 
tische Leben  erfährt,  so  gestaltet  er  sich  zum  Volks- 
brauche,  welcher  dann  das  ganze  Leben  des  Volkes  von 
der  Geburt  an  bis  zum  Tode  in  Freud  und  Leid ,  in  allen 
Zeiten  des  Jahres  und  Lebens,  bei  Ackerbau  und  Viehzucht, 
in  Gewerbe  und  Hantierung,  „zu  Hause  und  auch  auf 
Reisen''  beherrscht.  Mit  Hilfe  der  aus  den  yolkstümlichen 
Bräuchen  gewonnenen  Mythen,  jener  „heidnischen  Überreste'% 
welche  weder  Christentum  noch  Reformation  zu  dämpfen 
vermochten,  kann  man  ebenfalls  Herkunft,  ehemalige  Wohn- 
sitze, Religionsbeschaffenheit  etc.  ganzer  Volksstämme  er- 
mitteln. 

„Der  Väter  Glauben  und  was  Geltung  nach  und  nach 
Fand  bei  der  Mitwelt  —  kein  Vernunftschlufs  stürzt  es  um. 
Was  auch  der  Scharfsinn  noch  so  fein  ausklügeln  mag.'' 

(Euripides.) 


Dia  Volkskande  tu  dio  ■ItertamiforMlieiidHi  Tsnlnsn. 


I 


Die  Gebräuche  sowohl  aU  anoh  die  Volkssitten,  \relche 
«ich  TOD  jenen  insofern  untersoheiden,  als  sie  dem  gesohtoht' 
liehen  Herkommen  ihre  ElutBtohuogTerdankeD,  sind  besonders 
zu  beobachten  bei  Volksfesten,  Aufzügen,  Spielen,  in  Volks- 
gewohnheiten etc.  Alle  diese  „Pulse  des  Volkslebens"  sind 
mehr  oder  minder  Mittel  der  Erforsehnng  des  Volks- 
tums ;  denn  die  Art  und  Weise  der  Bethätigaog  des 
Volksgeistes  bei  den  Volksfesten,  soweit  selbige  auf  die  Na- 
turfeste  der  Altvordern  „gepfropft"  sind,  sowie  die  herkömm- 
liche Nahrung,  Eleidang  und  Wohnung  des  Volkes,  die  Qe- 
bräuche  und  Meinungen  bei  dem  Nahen  dos  Frühlings,  bei 
Feldbestellung,  Saat,  Erote,  die  Verteilung  der  Äcker,  ge- 
wohuheilsmäfsige  Viehzucht,  die  charakteria tischen  Eigen- 
tUmliohkeiten  beim  Hausbau,  die  Rechtsalter  tum  er  etc.  geben 
noch  heute  dem  deutenden  Forscher  lehrreiche  Fingerzeige 
ZOT  wissenschaftlichen  Auskundschaftung  des  Volkes.  Über- 
all gilt  hier  das  Diohterwort : 

„Ein  tiefer  Sinn  liegt  in  den  alten  Bräuchen, 
Mau  mnfa  sie  ehren"  —  und  sammelD ! 

Auch  das  Volksmärchen  gehört  in  dieses  Gebiet. 
Obgleich  es  sich  dicht  au  die  Volksaage  anlehnt,  so  koUpft 
es  sich  doch  an  keinen  bestimmten  Ort ,  wie  jene ,  sondern 
begnügt  sich  mit  der  unbesfimniteii  Ortsangabe ;  „Es  war 
einmal  irgendwo  etc."  Andererseits  nimmt  das  traute  Mär- 
chen doch  auch  seinen  Stoff  aus  Volkssagen  und  schildert 
sauberische  Mächte:  Zwerge  oder  Eieeeu,  Kobolde  oder 
Nixen,  welche  entweder  wohlwollend  oder  böswillig  in  die 
Gesohioke  der  Menschen  eingreifen.  Indem  die  deutschen 
Härchen  meist  Ausläufer  alter  Heldenlieder  des  deutschen 
Volkes,  sowie  lückenhafte  Überreste  einer  untergegangenen 
religiösen  Weltanschauung  sind ,  so  darf  ihr  Wert  für  die 
deutsche  Volkskunde  nicht  unterschätzt  werden.  „Gemein- 
sam allen  Märchen  sind  die  Überreste  eines  in  die  älteste 
Zeit  hinaufreichenden  Glaubens,  der  sich  in  bildlicher  Auf- 
fassung tib  ersinn  lieber  Dinge  ausspricht"  (J.  Grimm). 

Nicht  ZU  Übersehen  sind  bei  der  Volketamsforschang  dio 


n 
4 


190        ^^  Volktkuide  in  den  altertnmtforsehenden  V«r«liMii. 

y  o  IksBchautpi  ele,  Schwanke,  Bätsel,  Kinder- 
reime,  Kin  derspi  ele,  Sprichwörter,  Wits  und 
Scherzworte;  Überhaupt  alles,  was  sich  im  allseitigien 
Verkehr  der  Sprache  durch  lebendigen,  bildlichen  Ansdraek 
eine  Person  angeeignet  hat,  —  das  spielt  für  den  AitertiHne* 
forscher  Ton  Fach  eine  zu  beachtende  Bolle.  Als  Teiv 
steioerte  nnd  teilweise  auch  verkümmerte  Überbleibsel  des 
Witzes,  der  Ideen  und  Lebensanschanuogen  einet  YidJces 
gleichen  jene  nationalen  Äuljemngen  der  „breiteren  Schichten'^ 
gewissermafsen  den  Wahrzeichen,  an  welchen  man  trotz 
ihres  oft  mehrtausendjährigen  Alters  ein  ganzes  Volk,  eine 
bestimmte  Gemarkung,  ja  sogar  einzelne  Ort  hente  noch  ge-^ 
nau  erkunden  kann  nach  ehemaliger  Zugehörigkeit,  Götter- 
Terehrung  etc.  Solche  lautbaren  Offenbarungen  des  wach  er- 
haltenen Volksgeistes  nehmen  Ton,  Farbe,  Ausdruck,  Oleleh- 
nis.  Sang  und  Klang  aus  allen  Gebieten  und  Verhältnissen 
des  Lebens  heraus  — :  aus  dem  Heidentum,  Judentum  nnd 
Ghristentuin,  vom  Altar,  vom  Markte,  Tom  eigenen  Herde,. 
aus  Wasser,  Erde,  Feuer,  Luft  u.  s.  w.  Da  nun  diese  Ter- 
stammelten  Kundgebungen  des  Volksgeistes  einen  wichtigen 
Bestandteil  der  Kultur  und  Litteratur  ausmachen  und  da  sie 
zur  Kennzeichnung  und  Erforschung  eines  ganzen  Volkes 
und  ganzer  Stämme  yon  hervorragendem  Interesse  und  yon 
hoher  Bedeutung  sind ,  so  wird  man  auch  die  Litteratur« 
und  Kulturgeschichte  als  yolkerkundende  Mittel  ansehen  müssen. 
Jene  yolksgeistigen  Äufserungen  werfen  aber  nicht 
blofs  auf  den  Charakter  und  auf  das  Naturell  der  ganzen 
Nationen  und  ihrer  Verzweigungen  ein  helles  Streiflicht, 
sondern  sie  gestatten  zugleich,  ebenso  wie  Glaube,  Brauch, 
Sitte,  Sage  etc. ,  einen  tiefen  Einblick  in  die  Seele  des  ge- 
samten Volkes,  sowie  in  das  Innerste  und  „Allerheiligste" 
eines  einzelnen  Menschen.  Diese  Beobachtung  und  Kennt- 
nis der  seelischen  Vorgänge  ganzer  Völkerstämme,  das  Wahr- 
nehmen ihres  Denkens,  FUhlens  und  WoUens  nennt  man 
aber  Völkerpsychologie.  Sie  fällt  bei  der  Volksfor- 
schung ganz  besonders  mit  ins  (üewioht. 


Dia  TolkskBDda  in  dsn  iJtgrtain(for*eb«Dden  Vtrainan. 


JadenfaLlB  wird  aber  anter   allen    das  Volkstu] 
deuden  Faktoren  dos  Oigan    and   der  labegriff  äei 


1  begrün- 

geiatigen 


IiebenB  eia es  Volkes,  die  Spraohe,  weaentlich  am  zähesten 
vom  Volke  eelbst  featgehalten ,  aud  diese  „VerkÖrperuDg  des 
GeisteB"  legt  selbst  dann  ,  weno  alle  anderen  volkskundeför- 
derndeu  Elemeate  verecb-wunden  sind,  vom  Charakter  eines 
Volkes  das  wahrheitagetreneBte  Zeugnis  ab  (Linguietieohe 
Ethnographie.'].  Jakob  Grimms  weiser  Aussprach :  „Unsere 
Sprache  ist  unsere  üeschiohtel"  gilt  für  alle  grofen  Völker, 
auch  für  alle  einzelnen  Volksstämme  und  ihre  beibehaltene 
Sprache;  denn  in  beklagenswerter  Ermangelung  geaohiiebeoer 
Überlieferungen  kann  Herkunft  und  Abstammung  grofser 
VölkerBtämme  erst  dadurch  begründet  werden,  dfifs  man  letz- 
tere in  allgemeine  RpiacbstämTee  gliedert.  So  hat  z.  B.  die 
vergleichende  Sprach wisseoBchaft  bekanntlich  za  der  £nt< 
deckung  geführt,  dafs  alle  germanigohen  Völker  dem  indo- 
gerraaniHohen  Sprachatamme  angehören,  nnd  dafa  ihre  Reli- 
gion ,  reap.  ihr  eingewurzelter  „Volksglaube"  Bestandteile 
der  indogermanischen  Mythologie  sind.  Bei  der  Sprache 
eines  Volkes  ist  für  den  Forscher  besonders  auf  die  Mund- 
sri,  aaf  den  Dialekt,  gebührend  Rücksicht  zu  nehmen.  „So 
allgemein  die  Ansicht  sein  mag,  dafs  zum  Gesamtbild  einer 
Landes-  und  Volkskunde  Darstellung  der  Mundart,  der 
Sprachweise  des  Volkes  oder  Stammes,  unerläfalich  aei,  eo 
ist  doch  kaum  die  Frage  aufgeworfen  oder  genügend  beant- 
wortet, warum  eigentlich  dieser  scheinbar  kleine  Zug  nicht 
Termifst  werden  kann.  Die  Lehre  von  der  Spraohe  des 
Menschen  bildet  ein  Hauptkapitel  der  Disziplin,  für  die  der 
unbeatimmte  Name  Anthropologie  üblich  ist,  der  Wissen- 
schaft Tom  Menschen,  soweit  sie  sich  auf  die  erfahrungg- 
mälsigen  beobachtbaren  Funktionen  und  Äufserungen  aeines 
Wesens  bezieht,  Die  Sprachwissenschaft,  im  Gefolge  davon 
uxah  die  mundartliche  Forsohung  mufs  sieh  dieser  Zusaromen- 
gahörigkeit  stets  bewufst  bleiben.  Wie  fast  in  allen  Zweigen 
Aotbropologie    pbyaiache     und    psychische     Kräfte    zu- 


4 


192         ^^®  Volkskande  in  den  altertumsfonchenden  Veraineii. 

sammenwirken ,  beruht  die  Sprache  auf  einer  unbewulateii 
Wechselwirkung  awiflohen  der  Vorstellungswelt  und  den 
phyBiologischen  Spraohwerkzeugen/'  (F.  Kauffmann,  Dialekt- 
forschung.) 

Zum  Zwecke  der  wissenBchaftlichen  Volkskunde  ist  nun 
das  physiologische  Element  eben  das  mafsgebende,  indem  die 
Yorstellungen  des  Individuums  zugleich  auch  Produkte  der 
Gesellschaft  sind  und  berechtigte  Schlüsse  von  der  lautlichen 
JLufseruQg  des  redenden  Einzelwesens  auf  das  umfassende 
Verkehrsmittel  der  ganzen  Völkerfamilie  zulassen.  Eine  nm« 
fassende  Dialektgrammatik  eines  Dorfes  oder  einer  Stadt  ge- 
ntigt als  Gentrum  für  den  gesamten  Umkreis  der  Sprachge- 
nossenschaft, deren  Abweichungen  niemals  prinzipieller  Natur 
sind  und  sich  leicht  unter  bestimmte  Rubriken  bringen 
lassen. 

Da  sich  nun yorwiegend  die  Philologie  und  Psycho- 
1  og  i  e  mit  dem  tiefgehendsten  Sprachstudium  be^sen ,  so 
müssen  sich  auch  diese  beiden  wissenschaftlichen  Schwestern 
bei  der  yolkskundlichen  Erforschung  die  Hand  reichen. 

Schliefslich  sei  noch  jener  stummen  Zeugen  und  Kultur- 
Überreste  gedacht,  die  im  Schofse  der  Erde  beherbergt  werden 
oder  auch  vielfach  unverstanden  aus  dem  Boden  hervorlugen; 
der  sogenannten  Hünen-  oder  Heidengräber  mit  ihrem  vor- 
geschichlichen  Inhalt  und  oft  kunstvoll  errichteten  Stein- 
dache. Aus  diesen  vorhistorischen  Grüften  ersteht  für  uns 
jetzt ,  nach  Jahrhunderten  und  Jahrtausenden ,  das  immer 
vollkommeoer  werdende  Verständnis  für  das  ehemalige  Leben 
der  darin  begrabenen  Urvettem.  Dieser  bunte  Inhalt  an 
Urnen  mit  Aschenarten ,  Waffen ,  Werkzeugen,  Götzen, 
Münzen ,  Gerippen  etc.  giebt  uns  in  ausgiebigster  Weise 
Mittel  und  Wege  zum  Studium  des  Volkslebens  der  längst 
dahingegangenen  Altvordern  an  die  Hand.  Man  bezeichnet 
diese  Wissenschaft  mit  dem  Ausdrucke  Prähistorie  (Vor- 
geschichte, Urgeschichte). 

Was  nun  die  Stellungnahme  der  altertumsforschenden 
Vereine  zur  Frage    der  Volkskunde  anbetrifft,    so  sind   ja  in 


Dlt  Valkskuida  io  den  »ltort>m«ranahandflii  Voirinu. 


JSS 


P.AiibetTaolit  des  Uroataadea,  dafs  sich  jene  Väteiaigungen  TOt- 
'  wiegend  der  heim&tlicheo  GeachichUpflege  hingeben,  dieao 
„eigenen  Aagelegenheiteu'*  mehr  Sache  der  eioschlägigen 
FachTBTeine.  Beaondera  iet  hieibai  an  die  aoma tisch -aathrop o- 
logiacheii  UeobachtUDgea  zu  denken,  welche  ;fweckt  &ächte- 
Teicher  Anabeutung  in  umfangreiober,  ajretematiachet  und  streng 
wiaaenaohafllicher  Weise  Torgenommen  werden  mÜBaen,  was 
dann  mehr  Thätigkeit  der  anthropologisohen  Vereine,  statiati- 
eohen  Bareaua  etc.  iat.  Anders  dagegen  rerbäU  es  sich  mit 
der  sogenannten  Volkakande  im  engeren  Sinne,  mit  dem 
Studium  der  üufseren  und  inneren  Tolkszuatäade.  Welch 
lehrreichen  Stoff  bieten  uns  da  nicht  beispielsweiae  die  Be- 
sonderheiten und  Eigentümlichkeiten  bei  der  Bereitung  der 
Volksnabrung,  in  der  Tracht  bei  festlioben  Ereigniaaen  (Taufe, 
Vermählung ,  Abeodmahlsfeier ,  Tod  und  Begräbnis,  Kiroh- 
weih  etc.),  in  der  Anlage  and  Bewohnung  des  Dorfes  und 
seiner  älteren  Häuser,  in  der  Anordnung  der  WirtachaCtsge- 
bäude,  in  der  Art  und  Weise  der  Zerlegung  und  Verteilung 
der  Flur  {Separation  I)  etc.  Waa  für  lehrreiche  Wahrnehmungen 
maobt  nicht  der  aufmerksame  Beobachter  des  Volkes,  wenn 
er  seinen  Bliok  „in  Haua  und  Sippe"  schweifen  larst?  Ge- 
bart, Taufe  mit  Nameogebung,  Pflege  and  Bewachung  des 
Säuglings,  Kinderspiele,  gesellschaftlich  et  Verkehr,  Oastreaht, 
Gastfreundschaft  etc.  sind  ausgiebige  Arbeitsfelder  für  alter- 
tumsforsoheude  Vereine,  denn  die  altherkömmlichen  Sitten, 
-Gebräuche  und  Gewohnheiten,  welche  sich  beim  ungekünstelten 
Volke  in  jenen  Knotenpunkten  und  Stadien  des  Lebens  so 
deutlich  hervorheben,  stellen  den  treuen  und  aufmerksamen 
Forscher  gerade  nicht  immer  einem  besonderen  Erfordernis 
fachwiaBensahaftlicher  Vorbildung  gegenüber ;  achou  das  ein- 
fache Ansammeln  and  Zusammenstellen  aolcher  abstechenden 
Änfaerungen  und  Bethäligungen  des  Volkegeiates  ist  ein 
lobenswertes  Verdienst.  Die  augenffUllgen  überlieferten  0h- 
liobkeiten  im  Jäger-,  Fisoher-,  Hirten-,  Bauern-  nnd  Hand- 
werk erleben  bieten  intereaaanteu  Stoff  zu  Aufzeichnungen. 
Die  natörliohe  Religion  eines  Volkes  in  Sagen,  Uäroheo, 
XVI.  13 


4 

4 


194  ^^*  Volkskunde  in  den  alt«rtiinicfoneheBd«B  Tarafaieii. 

LegendeD,  Aberglaubensüberresten  etc.,  wonns  tiA  die  widi» 
iigsten  Züge  der  Mythologie  fchlurifolgeni  lassen,  Uetei  eft 
noch  in  Tentümmelter  Oettalt  einen  wiehtig^  y,Beitnig  sor 
yergleiehenden  Beligionswisiensohaft''.  Ebenso  wiehtig  nnd 
aber  anch  allerlei  Abarten  der  Volkspoesie:  Yolkdieder^ 
Yolksrätsely  Yolksneekereien,  Bpriobwörtliohe  und  TerMfimte 
Redensarten,  Sehimpf-  und  Seheltwörter,  Zauberformeln,  Dia- 
lektproben eto.,  welche  teils  mehr,  teils  weniger  ,,r^chlieh 
und  täglich''  aus  dem  Munde  der  „breiten  Masse''  yemommen 
werden  können. 

Zu  den  Mitgliedern  eines  altertumsforsohenden  Yereins 
gehören  vorwiegend  solohe  Personen,  weldhe  rermdge  ihrer 
Stellung  (als  Staatsbeamte,  Geistliche,  Lehrer,  Xsnfleute,. 
Offtsiere  etc.)  meist  unmittelbar  mit  den  breiteren  Yolks- 
sehiohten  in  Berührung  kommen.  Bei  solchen  Oelegenheiten 
benutie  man  die  gegebenen  Augenblicke,  um  das  Leben,. 
Treiben  und  Sprechen  dieser  weniger  yon  der  glättenden  und 
beleckenden  Kultur  beeinfluTsten  Leute  au  studieren,  ohne 
dafs  es  in  auffälliger  Weise  geschieht.  Schreiber  dieses  hat 
sieh  zwei  unbeschriebene  Quartbücher  angelegt,  um  in  selbige 
alle  AofPälligkeiten  in  der  Sprache,  Tracht,  Thätigkeit  ete. 
des  Volkes  einzutragen.  Vorläufig  kann  der  gewonnene  StofiT 
bunt  durcheinandergeworfen  werden;  zum  Ordnen  und  Glie» 
dem  ist  es  ja  später  Zeit.  Über  Sagen,  Sitten,  Gebräuehe, 
Aberglauben  etc.  kann  man  besonders  bei  hochbetagten  Per- 
sonen Auskunft  erlangen,  wobei  aber  zu  beachten  ist^  dafs 
man  mit  der  Thür  nicht  gleich  zum  Hause  hineinfallen  darf. 
Erst  auf  Umwegen  gelangt  man  „in  den  Besitz  des  Er- 
wünschten", denn  unsere  Landlente  sind  sehr  empfindlich 
und  meinen  bei  dergleichen  Anskund schaftun  gen,  man  wolle 
sie  foppen ,  hänseln  oder  äffen.  Gllicklich  ist  dann  der 
Forscher  zu  nennen,  der  sich  mittels  des  Dialektes  an  seine 
Opfer  „heranmachen"  kann.  Überhaupt  wenn  die  Bauent 
ihre  eigene  Sprache  hören,  so  werden  sie  zutraulicher,  um 
so  mehr,  wenn  sie  fühlen,  dafs  man  auf  dem  Gebiete  der 
Sagen,   Sitten    und   Gebräuche   ihrer  Heimat   schon    einiger- 


Die  Volkskunde  in  den  altertunsfonehenden  Verdnen.  X96 

maffen  Beteheid  weifs.  Immer  und  immer  lasse  man  as 
Begel  sein,  alle  Wahrnehmungen  aus  „firisoher  Quelle''  zu 
schöpfen  und  ohne  YerktLnstelnng  und  Verdrehung  aufsu- 
aeiohnen,  wenn  auch  die  Ausdruoksweise  oft  unsohön  und 
unästhetisch  ist;  in  der  Wissenschaft  wiegt  ein  Wort  so 
schwer  wie  das  andere. 

Die  gesammelten  Sachen  könnten  dann  schliefslioh  dem 
YereinsYorsitzenden  oder  dem  Redakteur  der  Yereinsaeitschrift 
augestellt  werden,  damit  sie  in  der  Zeitschrift  Aufnahme 
finden,  um  bereits  bestehende  Sammlungen  su  ergänzen,  den 
Trieb  zu  weiterer  Thätigkeit  hier  und  da  anzuregen  etc. 
Über  unklare  Punkte  oder  auch  über  die  herkömmliche  Be- 
deutung mancher  yolksgeistigen  ÄuTserungen  würde  auf  er^ 
folgte  Anfrage  in  der  Zeitschrift  des  Vereins  nach  Kräften 
Belehrung  erteilt  werden,  wozu  sich  Schreiber  dieses  mit 
der  Hoffnung  bereit  erklärt,  dafs  er  baldigst  in  Anspruch  ge- 
nommen werden  wird.  Mögen  yorstehende  Zeilen  ihren 
Zweck,  unsem  Blick  auch  auf  die  Volkskunde  zu  werfen, 
nicht  Terfehlen.  Erst  muTs  der  Anfang  Torhanden  sein,  dann 
wird  auch  ein  gesegneter  Fortgang  nicht  ausbleiben  und 
nachstehendes  Klagelied  unseres  bewährten  Altmeisters  Simrock 
hinfällig  werden: 

i,In  Born,  Athen  und  bei  den  Lappen 
Da  späh'n  wir  jeden  Winkel  aus, 
Dieweil  wir  wie  die  Blinden  tappen 
Umher  im  eignen  Vaterhaus. 
Ist  es  nicht  eine  Schmach  und  Schande 
Dem  ganzen  deutschen  Vaterlande!'' 


13 


MisBellen. 


TnstaehnlEI  ^)  m  des  chrigr^iAf  chiiifiiBlwi  xn 
landt^nJEleii  n  H< 

der  religiiMi 

MDXLYL 


Effonde  iiam  taam  in  geiites,   qoae  te  nmi  noenemnl;   et  in 
reguB,  qoae  noman  tnom  non  inroesmnt. 

Dem  dorchleachtigsten  hocfa^ebomen  fnnten  and  liorran, 

herm  Johanns  Friedrichen,  herzogen  xn  Seehasen,  des  heUigen 

römiehen  reichs  ertzmarschalln  und  chnrfönten  ee.  laadgnifen 

inn    Thuring,   marggrafen   za   Majssen    and    bnzggralen   za 

Ifagdeborg,  meinem  gnedigsten  herren. 

Dnrohleaehtigster  hoobgebomer  charfäist  E.  C.  0.  seindt 
mein  unterthenigste  annd  gantz  gehorsamen  dienste  mit 
allem  yleis  znyor,  gnedigster  charfürst  und  herre.  Wiewol 
ich  gar  kein  zweiffei  trage,  E.  C.  G.  als  ein  chriBtlichen 
fürsten,  welche  im  eyangelio  nnnd  wort  Oottes  die  helffte 
ihrer  jhar  wol  aoffgezogen  und  zubracht,  wissen  mehr  trosts 
aus  göttlicher  schrifft,  auch  aus  gutem  rath,  jha  aas  klarem 
bericht  der  selben  austeiler  götlichs  worts,  denn  ich  in  allem 


1)  s.  oben  8.  66. 


200  MiszelleD. 

meinem  yermügen  und  allem  meinenn  geringen  studieren  er- 
finden möoht,  80  ist  mir  doch,  wie  dem  kleinsten  geliedle 
am  leib,  welchs  ja  (ob  wol  schwechlioh)  gerne  dem  haupt 
oder  andern  sterckern  geliedern  halffen  wolt,  zu  muthe,  be- 
denkende das  dennoch  mit  dem  kleinen  fingerlein  etliche  mal 
den  starcken  geliedern  auch  geholfi^en  werden  kan,  wie  auch 
Esopus  fabuliert,  das  etwan  ein  kleins  meuselein  dem  ster- 
kosten  leben  geholfi^en.  Solchem  nach  hab  ich  nicht  unter- 
lassen können,  £.  C.  G.  und  meinem  O.  fürsten  und  herren 
dem  landtgraffen,  auch  andern  der  religions  yerwandten 
stenden  ein  trostsprüchlein  aus  göttlicher  schrifft  zusamen  zu 
tragen  und  iumemlich  £.  C.  G.  zuzuschreiben ;  denn  dieselb 
und  hochgedachter  landtgraff  des  lieben  worts  Gottes  halben 
inn  die  fünfP  und  zwentzig  jhare  nicht  inn  geringster  fahr 
gestanden.  Bitt  unterthenigkliohst ,  E.  C.  G.  wollen  solche 
geringe  arbeit,  als  yon  derselben  alten  dienern  und  schössem 
zu  Jhena,  gnediglichst  yermercken  und  aufiPnehmen,  mich  auch 
derselben  befohlen  sein  lassen  mit  gewisser  achtung,  das  ich 
derselben  unyergessen  gethaner  dienspflicht  mit  darstreckung 
(inn  dieser  sachen)  meins  leibs  und  lebens,  auch  mit  fieissigem 
gebete  umb  glück  und  sieg  zu  dienen  allezeit  unyerdrossen 
und  auffs  willigste.  Datum  Arnstadt,  dienstags  nach  Hulderici 
des  sechsten  tags  Julii  Anno  MDXLYI.     E.  G.  G. 

unterthenigster 

und  gantz  williger 

Peter  Watzdorff  zu 

Arnstad  bürger. 

Trostsprüche  allen  christlichen  fürsten  wider  die  neyen 
türoken  und  feinde  des  worts  Christi. 

Fromen  fürsten  habt  achtung  draufi*, 
Wie  frewet  sich  der  gottlos  haufi*, 

Hofi'end  ihr  solt  übel  stehen, 

Eyr  macht  (mit  Gotts  wort)  yorgehen. 

Hierzu  beredn  sie  den  keyser  frumm, 
Das  er  frembds  yolcks  ein  grosse  summ 


Miszellen.  20t 

Zusam  zu  lessn  fiirhabens  ist; 

Bedenokt  nicht  was  Jhesu  Christ 
Durch  sein  wort  wirckt  und  schaffn  thnt 

Gar  bald  er  nehmen  kan  ihren  rnnth. 
Denn  ihm  nicht  viel  daran  gelegen 

An  starcken  rossen,  mann  und  wfigen, 
Sondern  sein  lust  ist  fm  und  spat 

Zu  den,  dem  mit  furcht  für  angen  hat. 
Dennoch  aber  zu  allem  ziel 

Er  mittel  hierzu  gebrauchen  will; 
Wie  uns  die  schri£Pt  solohs  klar  bezeugt. 

Die  uns  inn  warheit  gantz  nicht  leugt 
Seht  zu,  was  hat  Gott  gethan. 

Wie  ertrencket  er  so  manchen  man 
In  Wasserflut  und  dem  schilffmehr. 

Die  Widder  sein  yolk  tobeten  sehr. 
Die  von  Mydian  und  Ameleckiten 

Wurden  auch  gar  tapffer  bestritten 
Durch  Gottes  knecht  den  Gjdiou. 

Da  musten  sie  ganz  untergohn, 
Das  sie  sich  selbst  würgen  theten 

Yon  blossem  schall  der  trometen, 
Begnm      Wie  David  für  Saul  erhalten; 

Desgleichn  Absolon  beschreibn  die  alten. 
Para.l9.    Abias  hat  auch  müssen  lejden  not 

Yon  185  000  mann;  halff  im  doch  Gott 
Para.l5.    Was  Asa  dem  konig  frum 

Layds  begegent  mit  grosser  summ, 
Da  tausentmal  tausent  mohren 

G  erbaten  waren  zu  thoren; 
Das  sie  inn  ihrem  sinn  beschlossen, 

Zu  tilgen  Gotts  volck  unverdrossen; 
Hat  sie  Gott  gantz  zu  boden  gestürtzt. 

Fürwahr  sein  arm  noch  nicht  gekürtzt 
Ist.     Last  euch  darumb  nicht  schrecken  I 

Der  Gott  lebt  noch,  wird  sich  lan  wecken 


;20g  Hissell«n. 

Durch  anruffen  und  fleissigs  beten. 

Last  uns  eylend  zusamen  treten! 
Er  hats  yerheissen  und  leugnet  nicht, 

Sein  zusag  au  geben  treuget  nicht. 
Lädst  evre  prediger  fleissig  anhalten, 

So  wird  gewifs  Gott  unser  walten. 
Doch  verachtet  auch  das  mittel  nicht 

Mit  Yolck,  so  viel  müglich  euch  rieht, 
Büchsen  und  andere  munition 

Lasset  auch  bey  euch  einher  gon. 
Scheucht  auch  für  niemand  und  thut  recht; 

Haltet  auch  inn  zucht  ewr  knecht. 
Das  sie  zu  rauben  nicht  geschwindt, 

Sondern  ihres  solds  begnügigk  sindt 
Fein  züchtig  erbar  und  sitsam, 
,  So  wird  ihn  warlich  Gott  nicht  gram; 

Denn  fluchen,  schweren  wenig  ausiicht. 

Warlich  sauffen  thuts  auch  nicht. 
Sondern  mit  forcht  und  gutem  gewissen; 

Darauf^  seid  herzlich  geflissen. 
Und  ihr  fromen  landsknecht  guth, 

Axkch  andre  krieger,  habt  guten  muth! 
Terwar-     Denckt  nicht  allein  der  kayer  sey's  heubt; 
dieKrie-        Denn  weil  er  Gotts  werten  nicht  gleubt, 
ger.         Gebührt,  im  nicht  mehr  gehorsam  zu  sein. 

Solchs  thut  mercken  und  halt  euch  fein! 
Bitterlich  wehrt  euch  zu  allen  Zeiten; 

Gott  lehrt  evre  hende  streiten. 
Nicht  last  euch  schmeichwort  eingohn, 

Wie  key&er,  nicht  die  religion 
Zu  widderfechten  wehr  geflissen; 

Gleubt  ihr  fürwar,  ihr  werd  beschissen. 
Haltet  nur  trewn  mut  und  glauben  gantz, 

Gebt  gute  acht  auff  ewre  schantz ! 
Ob  denn  die  weit  gleich  vol  teufel  wehr, 

Wölln  wir  dennoch  nichts  fürchten  mehr, 


Erhaltung  Gottes  hoffe d  fru  aad  spat. 

Solchs  wÜDScht  Peter  Watzdorff  zu  Arnetad, 


Disaipa  gentes  quae  bella  volunt. 


Ein  Studentanauftuhr  In  Jena  im  Jahre  1660. 

Kkoh  dani  Brisfa  eioea  Teilnehmers  und  AugenzeugCD  milsaMIlt  ran 
Lio,  Dr.  Bnohirald  in  Lsipzig. 

Unter  den  in  bedeuteDd«m.  umfange  hinterlaBsenen 
Handschriften  dee  KektoreM.  Christian  Daum  (gest.  16B7), 
■die  die  Zwickaner  Ratssohulbibliothek  aufbewahrt,  befindet 
*ioh  das  im  folgenden  zum  Abdruck  gelangende  Schreiben 
(in  Daums  Abschrift)  eines  Jenenaer  Studenten,  io  welchem 
Ton  einem  im  August  1660  tobenden  Aufruhr  an  der  Univer- 
sität Jena  berichtet  wird*).  Eines  Kommentars  bedarf  dae- 
eelbe  nicht.  Übrigens  findet  sich  in  Daumg  Briefen  noch 
mancherlei  auf  Thüringen  Bezügliches,  dem  vielleicht  spKter 
Raum  in  dieser  Zeitschrift  gegönnt  werden  dürfte. 
SesohreibuDg  des  zu  Jena  ao.  1660  den  4.  Aug.  entstandenen 
au&uhra,  von  tag  zu  tag  continuiret  bifa  auf  den  16.  ejusd.  *). 

ZuTor   aber   ist   zu   wissen ,    daa   etliche  woohen  vorher 
2  Btudiosi  ^)    von  D.  Schröters  tisch  retegitt  worden,    weiohe 


1)  Vargl,  Karl 
bey  der  Univei 

rsilHl 

edoch  «ahrer  un 
Jebni.    im  Augui 

ite    da 

dUcber  Be 

iricht,  de; 

!  jüngat- 

bw 

9   i660st8i 

a  Jabrei 

dSDBD    TuroQUs,    ü 

iff  Fü 

rötlichen    guädiffi 

«ten   B«rebl    an 

iedermgni 

niglicbes 

orffen 

Dariu    anoh  . 

komine 

D,    und  b 

eygeragel 

worden 

:^nd 

der  Universlti 
h  läge  na  Pstenu 

:i  den 
i     Jac 

4.   wie  auch  6.  ÄQgus 
la,  gedrucltl  bey  Jnhiuii 

ti,    und  i 

!.  Septem 
-  Kicb,  u 

bris  mn- 

«MC 

,  Eeisig.  - 

nd  Rob. 

.Keil 

[■ 

,  Oeaehicble  di 

,,  Jet 

1  als  eben  8tudente 

nleben. 

B.  Leipzig 

1858,  a. 

Bern.  d. 

IIB  ff. 
Red. 

l 

a)  am  K»nde: 

Dif^ 

ist  iu  adem  Baschtiebe 

u.      Ä  ni 

lUins  ilai 

>3  parte. 

1 

8)  Uli  B>pda: 

ar»(a  und  Holdonit. 

I 


I 
I 


wieder  in  die  Statt  kohmen,  lieh  raseni]  voll  auf  der  ] 
EOffen ,  worzu  ein  40  oder  mehr  PeDDäle  runde  machtea, 
welche  nachdem  aach  etlioh  relegirt,  uoter  welchen  wahr 
FranckCjgn.  ')>  ^^7  lichten  mittag  etliche  fenater  hinein  hieben, 
mit   blosen    degeu  in    profersoren    häuser  liefen   und    auf  sie 

und  viel  Studiosoe   hunz und    dergleiohen  aufsBtreueten. 

Nachdem  sie  aber  endlich  in  Profefaor  Zeisolds  häufe  kommen, 
etehen  Treoheel  Varisc.  ^)  und  Zapf,  D.  Zapfens  von  Weinmar 
Sohn,  auf  welche  sie  einen  alten  haf^,  greifen  sie  an,  werden 
auch  einer  mit  einem  gefährlichen  Beinetich,  der  andere  mit 
eioem  Hieb  iiber  äae  ganze  gesiebt  uod  fäueten  und  üifa- 
Btofsen  abgewiesen.  Die  beechädigten ,  weil  sie  zuvor  bei 
D,  Schrötern,  damals  Magnif.  Beet,  gewöhnet,  kommen  da 
wieder  her  und  weil  er  ihnen  eehr  favorisirht,  auch  einen 
Prorektoren  eich  in  ihren  bändeln  setzen  lafeeD,  hat 
e>  sie  aufnehmen  und  wegschaffen  iafsen,  woher  er 
darnach  einen  grosen  verweifa  bekommen  haben  boI.  Nach 
diesem  schickte  der  Fürst  etliche  Legaten  herbey,  denen  pro- 
fefboren  andere  anstalt  in  dergleichen  Sachen  zu  machen, 
worbey  denn  von  etlichen  für  rathsam  erkannt  worden,  eine 
£ürgerwache  tag  und  nacht  in  thoreu  und  marckt  aufzufiihrea 
und  also  die  tbumierenden  Studiosos  zu  zwingen.  Und  difs 
der  Uhrsprung. 

Nachdem  die  wache  aufgeführt'),  Heeen  sich  etliche  ver- 
lauten, nun  wolten  sie  die  Studenten  putzen.  Ja  ins  gesteht 
üegel  und  greuliche  Schimffworte  den  vornehmsten  Burschen 
geworfen,  worauf  die  Burschen  fleisig  dahin  bemühet  waren, 
solchen  zwang  ohne  einige  ursaeh  nicht  einfuhren  zu.  lassen. 
Beklagten  sich  bey  dem  Äoademioo  Senatui,  erlangten  wenig, 
weil    sie    sich    entschuldigten,    es    wehre  Ihrer  Burohl.  wüle. 


1)  CygnBUä 

S)  am  Band« 
«lliche  luftig,  gehen  naCä, 
in  das  Ralbbsurg,  schänden    i 
sagleo  die  BUrger,  ob  betten 


aus  Zwickau. 
Voigt!  an  der. 

Jlerbef  ist  dieiea  nocb.    Auf  einen  schmiuTs  wabT«4.( 
mCä,    werden    von    der  irache  angerufen,  tre 

lod   wie   sie   darnacb  augelitagt  warden 
den  fUrsten  BelbaleQ  geschmMbet. 


K^JTachdem  aber  die  Fenaäte  die  Bürgerwache  auch  mit  etwas 
schimpflichen  Worten  angegriffen,  wuchs  die  Verbitterung  f 
grors,  dafs  täglich  100  bife  200  UuTsquetirei  aufgefiihret 
worden  und  vom  Hath  Pulver  und  Bley  bekahmen.  Etliche, 
doch  wenig  ehrliche  gemüther  wolteo  nicht  gerne  drau,  daher 
auch  die  zwen  Leuteoant  mit  einander  epieleten,  welcher  die 
wache  auf  dem  Marekt  haben  Bolte.  Und  dieaes  traf  eben 
den,  welcher  zuvor  deneo  Studenten  allen  dampf  aagethan. 
Sie  hatteo  aber  zweierlei  ordre,  erstlich  das  sie  das  geringste 
keinen  burechcn  nicht  solteu  zu  leide  thun,  vors  andere, 
wann  sie  gewalt  thun  weiten,  so  selten  ete  dieselbe  mit  ge- 
wEtlt  abtreiben.  Eben  zuvor  genandten  6.  Äug.  kommen  nach 
gebrauch  die  Burschen  und  Pennale  zusammen  (da  den  5. 
zuvor  von  D,  Chemnizio  Super,  und  pastore  primario  eine 
treffliche  gewisEeuhafte  Predigt  gethau  wurde,  in  welcher 
doch  mehr  den  Burschen  als  bürgern  das  gesee  gelesen), 
conferiren  eines  oder  das  andere.  Unter  defeen  körnt  der 
leutenant  unter  die  Bursch,  saget,  man  möcht  sie  passiren 
lafeea,  dergleichen  solte  von  ihnen  auoh  geschehen,  worauf 
Bex  dem  Leutenant  im  uamen  der  Burachea  die  Hand  gab. 
Gieng  unter  die  Pennale,  sagte,  das  ein  jeder  heut  auf  seine 
Stube  gehen  möchte;  wie  denn  auoh  von  den  meisten  ge- 
schehen ,  weil  über  20  Pennale  und  etliche  Bursehen  nicht 
auf  den  marekt  blieben').  Die  übrigen  Penaäle  mögen  den 
Bürgern  zu  nahe  ins  Gewehr  kommen,  meinen  daher,  als 
wäre  ihnen  ein  blindes  abweisen  gemachet  worden,  befahren  sich 
eines  Einfalls  ins  gewehr,  wie  sich  auch  beym  ende  eatschui- 
digcn  wollen.  Greifen  auf  geheifs  ihrer  Officirer  alle  an  und 
geben  eine  ealva ,  von  welcher  zwey  alfsbald  todt  blieben, 
der  dritte  in  2  Stunden,  der  vierde  den  andern  mittag  ge- 
storben *),      Da    dieses    schiesen    von    mSnniglichen     gehöret 

^Tord«n  und  ein  auflauf  geschehen ,     besetzen  die  bärger  alle 
,  wann  sie  einen  Sludiosum  100  und  mehr  sohritt  weit 

1)  am  Band«:  welches  war  gegen  6  tJbr  ftbends. 
S)  um  Baude:  Ein  Pennal  HUfs  Holstein,  der  andere  von  Kable  u 
a  Beriog  von  Aldenburg,  der  drilte  ....  (Unvollendet!) 


206  Miszelleo. 

kommen  sahen,  sehrieen  sie  an  zu  weichen  oder  über  dei^ 
hänfen  za  tt^hiesen,  daher  yiel  in  firembden  hänsem  aof  der 
banek  bleiben  müTieien.  Unter  diesen  wird  ein  Priester ,  M. 
Lippach,  gerufen,  den  einen  Burschen,  Schäfern  nomine,  des 
Bentmeisters  yon  Weinmar  Sohn  zu  beschicken,  knnte  aber 
Niemand  über  die  galse  bringen,  weil  kein  mensch  aufter  die 
Bürger  ohne  lebensgefahr  gehen  kunte,  wefswegen  er  die 
Bürger  angesprochen,  sie  möchten  doch  einen  nach  dem 
Kirchner  schicken,  umb  eine  hostie  zu  holen,  yermocht  aber 
niemand ;  darauf  sagt  er,  er  were  ja  ihr  Seelensorger,  sie  selten 
dieses  than  oder  selten  es  am  jüngsten  gericht  yerantwortten. 
Darauf  sie  antwortten ,  das  weiten  sie  than ,  sein  blut  seit 
über  sie  und  ihre  Kinder  kommen.  Endlich  aber  bekahm  er 
eine.  In  gleichen  begegnete  dem  Superintendenten,  weleher 
auch  frieden  mitnehmen  weite,  welcher  yon  yielen  Bürgems 
angeschrieen  wurde,  er  solle  yon  sie  bleiben  oder  eine  Kugel 
auf  den  wanst  bekommen.  Der  andere  Kerl,  welcher  ein 
Holsteiner  wurde  yon  einem  Bürger^}  aufs  dem  Hause ^ 
geschofsen,  das  er  yor  der  thür  liegen  blieben,  bej  etlichen 
stunden  noch  gelebet,  bald  den  Kopff,  bald  die  Hände  auf- 
gerecket,  endlich  aber,  weil  ihm  keine  hülffe  geschehen,  yer- 
derben  müfsen.  Die  beschädigten  sind  yor  schmerzen  und 
anderer  angst  in  winckel  gekrochen ,  bald  da,  bald  dorthin 
gelaufen,  bifs  sie  endlich  zu  sich  kommen  und  hülfe  bey 
Barbierern  gesuchet.  Unter  diesen  war  ein  Märcker  Samuel 
Christiani,  welchen  der  lincke  kinbacke  mit  steinen  entzwej 
geschofsen  war,  gieng  an  unsern  tisch,  weil  in  derselben 
nacht  4  eilende  post  nach  Weinmar  gesendet  worden.  Dar- 
auf lest  der  Fürst  zum  wenigsten  1500  man  aufbieten  zu 
Kofs  und  Fufs,  schicket  diese  nach  Jena  nebenst  seinen 
Käthen,  welche  den  8.  erstlich  ankahmen.  Den  7.  aber 
wurden  alle  Bursche  auf  dem  Gollegien  Kirchhof  conyociret, 
and  was  dieses  Mordes   wegen  man  thun  möchte,  deliberiret, 


1)  am  Bande :  Bock  nomine ,  wurde  eingesogen  und  über  ihn  ge- 
zenget,  macht  aber  3000  Thaler  Caution  und  kahm  lofse.  Gieng  2  Tage- 
darnach  durch. 


Httz*neD.  20T  I 

)n  keinen  Burschen  kein  Degen  geblöeet,  viel  weniger 
1  Bürger  beschädiget  worden.  Worauf  geschlofeen  wurde  alle 
samt  wegEHEieheo  und  also  die  Bürger  uDd  die  tntereeBenten 
genugsam  mi  strafl'en.  Worzu  zwey  büeher  gemaobt,  eines 
vor  die  Bursob,  daa  andere  tot  die  Pennale,  die  Namen  ein- 
zuBchreiben ,  welche  wegEiehen  wollen.  Wurde  auch  ein« 
itnnden  aelbiges  tegee  angeeetzet,  alle  PennSle  zu  ereoheinen, 
da  eie  dann  absolviret  werden  solten.  Weil  aber  nach 
reiferer  Bewegung  dieselbe  stunde  keiner  proponieren  weite, 
damit  er  nicht  vor  den  anfänger  geholten  werden  möchte,. 
wurden  sie  an  tischen  und  in  häusern  häufig  absoiviit.  Den 
8.  wurden  wir  früh  umb  6  Uhr  ins  Collegium  gefordert, 
welcher  aufeen  bleiben  würde,  eolte  mit  muTsquetirern  ge- 
hoUet  werden.  Als  wir  von  fünfen  bifs  Neun  uhr  als  leib- 
eigene gewartet,  wurde  uns  durch  die  Räthe  im  namen  des 
fSrBten  angemeldet,  dem  Magnifico  die  Hand  zu  geben 
und  anzugeloben,  das  man  ihm,  wie  zuvor,  allen  gehorsam  er< 
weisen  wolte.  Wurde  aber  nicht  das  geringste  gesagt,  das 
weil  die  Kerl  ohne  einzige  Ursach  umb  ihr  leben  kommen, 
das  sie  solten  gerochen  werden,  Alfs  aber  dos  Handgeben 
angehen  solte ,  wichen  sie  alle  zurück.  Endlich  aber  gaben 
sie  theiU,  theils  verschliohen  sich  in  die  auditoria.  Bie  die 
bände  geben  hatten,  sagten,  sie  betten  es  mit  der  hand  zu- 
gesagt, nicht  hier  zu  bleiben,  sondern  wegzuziehen,  welches 
die  Räthe  als  Legaten  erfahren,  imgleicben  such  vom  ahsol- 
viren.  Nach  diesem  werden  etliche  vornehme  Bursche  tot 
das  Conaistorium  gefordert,  welche  sich  beschweren,  das  sie 
Bo  gezwungen  werden  selten  ,  und  wurde  noch  nicht  einmal 
gesagt,  das  die  unschuldig  ermordeten  solten  gerächet  werden. 
Fernere  conspiration  zu  Terhüten  werden  etliche  ins  Schlofs 
gefordert  und  in  arrest  behalten.  Den  9.  darauf  wurden  wir 
wieder  in  das  Collegium  gefordert,  nochmals  ohoedientiam  zu 
praestiren,  dem  gestrigen  propoeito  zu  renunoiren,  und  allen 
min  der  aniversitüt  bey  Vermeidung  aller  fürstlichen  ungnade 
zu  hintertreiben.  Unter  wehrender  proposition  wurden  mehr 
denn  200  mufsquetirer  vor  das  Collegium  geleget  und  da  wir 


I 
I 


^Qg  Missellen. 

die  band  nicht  gaben  und  zu  ihrem  willen  ja  gesagt,  waren 
20  dahin,  20  dorthin  von  muCsquetirern  geführt  worden,  wie 
die  Anstaut  schon  gemacht.  Unterdefsen  werden  diese  hinden 
aufs  dem  schlofs  nach  Weinmar  in  grosem  Comitat  mufs- 
quetirer  geföhret,  da  sie  denn  umb  einen  wagen  in  solcher 
hize  gebeten,  sie  wolten  ihn  bezahlen,  aber  nichts  erlanget. 
TJnterwegens  bey  einem  von  Adel  Spiznase  aber  ein  tmnck  hier 
begehret,  welcher  es  auch  gern  hergeben  wollen,  aber  aus  unge- 
stüm der  mufsquetirer  nicht  triucken  dürffen,  weil  sie  noch  nicht 
weit  marohiret.  Endlich  nach  12  nachts  dahin  kommen  und 
noch  verhöret  worden.  Eben  den  9.  wurden  andere  hier  in 
das  Schlofs  geführet  zu  gehorsamen,  wurden  denn  13  auch 
■nach  Weinmar,  wie  die  vorigen  geführet,  allwo  sie  auch 
noch  Theils  sagen ,  als  selten  etliche  nach  Wartenberg  ^), 
eine  Vestung  in  Thüringen  geführet  werden.  Es  wurde  in 
diesem  tumult  ein  pennal  beschuldiget,  als  hette  er  mit  Feuer 
gedrohet,  aber  nichts  beweifslichs.  Darauf  sich  die  bürger 
verlauten  lafsen,  wenn  geringste  feuersbrunst  entstehen  würde, 
wolten  sie  nicht  allein  erstlich  auf  alle  Studentenstuben  fallen, 
alles  wegnehmen,  sondern  auch  keinen  mit  dem  leben  dar- 
von  kommen  lasen.  Daher  hierauf  grofse  furcht  unter  uns, 
möchte  wol  ein  leichtfertiger  bürger  selber  zu  einem  schaden 
ursach  geben,  umb  uns  in  gröfser  Unglück  zu  stürzen.  Die 
Thore  sind  bifs  heute  den  16.  noch  starck  besezet,  lasen  keinen 
Bursch  oder  Pennal  an  das  Thor,  weniger  aulser  dasselbe. 
€onclusum  de  abitu,  si  non  omnium,  tarnen  maximae  partis, 
firmissime  stat  tale.  Wir  warten  auf  öfnung  der  Thore  und 
Wiedereinbringung  der  Bursch  von  Weinmar,  und  umb  auf- 
hebung  der  befehlich  habenden  auf  dem  lande,  die  sonsten 
alle  StudioBOS  angehalten,  die  nicht  mit  einem  Pafs  von  Magnif. 
Eect.  versehen,  welcher  schwer  zu  erheben. 

Da  aber  die  Fursch  mit  solchem  Pracht  und  Ehren 
wieder  eingebracht  wurden,  als  mit  welchem  schimpf  sie 
weggeführet,    möchten   sich    noch    etliche    gemüther    ändern, 


1)  Wartburg. 


Miwellen.  209 

-welcher  doch  venig  Beyn  werden,  als  londakinder  die  twey- 
mal  drine  Torgeweaen.  Wir  sind  bite  anbero  niobt 
alfB*)  Bondero    alte*)  traotiret  worden. 

Uan  gibt  vor  daB  der  ganze  ProoefB  boU  gedmokt 
werden.  Wir  zweifeln  aber  eehr  an  den  beeten  umbständeD, 
welche  der  sb  geiehen  und  gehöret  hat,  wird  darbey  zu 
zeichnen  wisBcn.  Ich  habe  TCrmeint  aulsf&hrlioh  zu  Bohreiben, 
befinde  aber  in  wiederleeung  dieeea,  dae  man  es  einen  extiKot 
auls  einem  zuvor  BChon  Bummirten  nennen  mochte. 

NB.  Der  Füret  hat  die  entleibten,  durchaus  nicht  wollen 
bis  nach  autstrag  der  sach  begraben  laTsen.  Sind  endlich 
durch  grose  bitt  ohne  geeang  and  klang  eingeBcharret 
worden,  da  doch  geld  genug  da  gewesen.  Die  weggeführtea 
Bureoh,  bo  viel  mir  bekand,  eind  Rex,  Beller,  Trechsel, 
Herberger,  Schade,  Leinweber,  ffendland.  Die  andern  fallen 
mir  itto  nicht  ein.  Unter  denen  anfänglich  aTrestirtea 
war  Leporinus,  M.  Schmidel,  Straufs  etc.,  die  doch  bald  lofa 
gegeben  worden. 


I 


TwieloluÜB  der  auf  Sohlofs  QrlmmeiiBtelii  bei  setner 
Übergabe  am  18.  April  1667  Torbandeoen  Torräte. 

Uitgcleilt  TOD  E.  T.  Heyer  in  Steltin. 
In  einem  Buche  meiner  Bammlang,  einem  Exemplar  dei 
„Chronioon  CarioniB"  von  Ph.  Melanohlhon  (Wittenberg  1673 
bei  Joh.  Lafft)  befindet  eich  auf  iwei  leer  gebliebenea  Seiten 
zwischen  dem  1.  und  li.  Teil  nachfolgende  Notiz  von  alter 
Hand,  welche  für  den  Terein  für  thUr.  Gesohiohte  vielleicht 
I&tereBee  bat: 


*)  Lttditii  im  UftDukTipt. 


210  MiBseUeiK 

^Yerzeiohnira,  was  aoff  dem  Schlolb  Orimmeustein  8[1]8  Yorrahi 
Torhanden  gewesen,  als  die  Yestung  den  13.  Aprilis  anno  1567 

auffgeben. 

48  000  Mt.  Haffer, 
16  000  Malter  Korn, 
12  000  Mt.  Weitz, 
28  000  Mt.  Mehl, 
1000  Mt.  Gerste, 
1  500  Thonnen  Fleisch, 
8  000  Thonnen  Fisch, 
8  000  Fafs  Bier, 
1  000  Fafs  Wein. 
Viel  grofse  Stück,  die  auf  dem  Wahl  gestand, 
800  Stück  noch  im  Zeughaus,  ohne   die   kleine  geschüts; 
40  000  Thonnen  Fulffer,  auf  dem  Wahl  gestand,  : 
72  Thonnen  goldts  kost  das  Sohlofs  zu  bauen, 
55  596  B.  kost  es  wied  umzureifs  ^). 
Die  Brunnen  Ketten  hat  14  Gentner  gewogen.*' 

Das  Buch  ist  auch  insofern  yon  Interesse,  als  es 
wahrscheinlich  das  Exemplar  sein  dürfte,  welches  Melan- 
chthon  an  Sigismund  sandte,  denn  es  ist  laut  der  epistola 
dedicatoris  gewidmet  pp.  Sigismundo,  archiep.  Meideburg., 
primati  Germaniae,  administr.  Halberstad. ,  March.  Brandeb. 
etc.  etc.,  ist  in  reich  geprefstem  Leder  gebunden,  trägt 
Yorna  die  Jahreszahl  1577  eingeprefst  und  hinten  unter 
dem  entsprechenden  Wappen  die  Titel  und  Namen :  „Sigis- 
mundus,  Archiep.  Magdeburg.,  Administ.  Halbers.,  Marchio 
Brande.",  stammt  also  aus  dessen  Bücherei. 


1)  Nach  L.  Peekenstein  ,  Wittikindeae  familiae  illoBt.  Sax.  prosapia 
Bl.  24  soll  die  Belagerung  „so  etwas  über  ein  viertel  Ihar  gewehret", 
9  Tonnen  Goldes  630  fl.  und  die  Schleifung  der  Veste  85  549  fl.  ge- 
kostet haben.  Herr  Lic  Dr.  Buchwald  in  Leipzig  teilt  mit,  dafs  in  einenn 
in  der  Zwickaner  Ratsbibliothek  aufbewahrten,  reich  mit  handschriftlichen 
Bemerkungen  versehenen  Eberschen  Kalendarium  von  1580  sich  ein  gleiches, 
aber  ausführlicheres  Verzeichnis  denselben  Vorrat  betr.  befindet 

Bem.  der  Red. 


LitteraUr. 


14 


Ban-  und  Eunstdeukiofiler  Thürlngena,  Im  Anfinge 
doi  RegieruDKen  yon  Saohaea- Weimar- BiBenu>h,  SaohBen- 
MeiningeD'HildbuTghaaflen ,  Sachse a-Koburg-Gotha ,  Sohwun- 
buTg-KudoUtadt,  Beufe  ältere  Linie  und  Beub  jüngere  Linie 
bearbeitet  von  Prof.  Dr.  F.  Lehfeldt  Jena,  Verlag  tob 
Gustav  Fiaoher,  1891. 

Heft  LS.     Füratentum    Beufe    ältere    Linie,    Amtagerichta- 

bezirke  Greiz,  Burgk  und  Zeulenroda. 
Heft  X,     Heizogtum  Sachsen- Koburg-Ootba^  Amtageriehta- 

bezirk  Tonna. 
Heft  XI.     Herzogtum  Saohsen-Eo bürg- Gotha,    Landratsamt 
Walterehausen ,    Amtageriobtabezirke    Tenneberg ,    Thal 


Heft  XII.     Füretentum  Beufs  jüngere  Linie,  Amtsgerichta- 

bezirke  Scbleiz,  Lobenstein  und  Hirsohberg. 
Heft  Xin.      GrolshetBogtum     Saobaen- Weimar-Eieenach, 
AmtsgerichtsbeEiik  Allstedt. 
Die  im.  Laufe  des  Jabrea  1891  weiter  ersobieneneu  ä  Hefte 
der  Bau-  und  KuDstdankmäler  Thüringens  haben    dos  Cntei- 
nehmeu    erheblioh    gefördert,    ao    dafs    aus    den    69    Amtege- 
riohtsbezirken  der  thuringi sehen  Staaten  aunmehr  31  zur  Be- 
aohreibung   und  Doratellung   gelangt    sind.     Nimmt    man  den 
gleichen   Fortgang    tUi    den    noch    zu    erledigenden    Teil    des 
Werkea    an,    so  wird    das  Ganze    etwa    im  Jahre   1B98  abge- 
lohloBsen    vorliegen,    können.      Der    GesamtpraiB    des    Werkw 
^ird  sich  dann  etwa  auf  160  Mark  stellen. 


« 


214  Litteratnr. 

Heft  IX  führt  zum  ersten  Mal  Bau-  und  Kunstdenk- 
mäler  des  Fürstentums  Beufs  ä.  L.  vor  und  beschreibt  unter 
Beigabe  von  3  Übersichtskarten,  3  Lichtdruckbildem  und  1& 
sonstigen  Abbildungen  34  in  den  3  Amtsgerichtsbezirken 
Greiz,  Burgk  und  Zeulenroda  yerteilt  liegende  Ortschaften» 
unter  denen  Greiz  und  Burgk  nach  der  Bedeutung  ihrer 
Denkmäler  die  Hauptstellen  einnehmen« 

Im  besonderen  sei  erwähnt: 

S.  11.  Greiz.  Oberschlofs.  Bei  dem  Lageplan  fehlt  der 
Mafsstab. 

S.  16.  Hermaonsgrün*  Kirch«.  Statt  Backstein  und 
Brandstein  soll  wohl  gelesen  werden:  Backstein  und  Sandstein. 

S.  35,  36.  Burgk.  Hauptschlob.  Die  Abbildungen  er- 
«oheinen  zu  gleichartig. 

8.  64.  Bemptendorf.  Kirche..  Die  Zusammenstellang 
der  Gedenktafel  in  der  gegebenen  Form  befriedigt  so  wesig, 
dafs  ansunehmen  ist,  die  ursprüngliche  Anordnung  sei  eine 
andere  gewesen. 

Heft  X  giebt  die  Fortsetzung  der  in  Heft  YIII  be- 
gonnenen Beschreibung  der  Denkmäler  des  Herzogtums  Sachsen- 
Koburg-Gotha.  Das  74  Seiten  zählende  Heft;  fuhrt  in  3 
LichtdruckbilderD,  1  Heliogravüre  und  13  Abbildungen  die 
Denkmäler  aus  26  Ortschaften  auf.  Die  beigegebene  Übersichts- 
karte ist  wegen  der  Einstückungen   nicht   recht  yerständlich. 

Die  Heliogravüre  bei  S.  27  (217),  darstellend  das  Altar- 
werk in  Gräfentonna,  befriedigt  wenig,  wenn  die  gegen  den 
einfachen  Lichtdruck  gesteigerten  Herstellungskosten  in  Be- 
tracht gezogen  werden. 

S.  59  (249).  Obermehler.  Kirche.  Die  Beschreibung 
des  romanischen  Taufsteins  würde  durch  eine  Abbildung 
wesentlich  unterstützt  werden. 

S.  65  (255).  Volkenrode.  Kirche.  Die  Zeichnung  hat 
hinsichtlich  des  Choranschlusses  einige  perspektivische  Mängel. 

Heft  XI  stellt  sich  als  weitere  Fortsetzung  in  der  Be- 
schreibung    der    Bau-    und    Kunstdenkmäler     des    Herzog- 


Lilt«n[iir. 


führt     unter    Ein-  ^^M 
19     BOOBtigen     Ab-   ^^B 


I 

\ 


•tams    Sachsen  -  Koburg  -  Gotha     t 
fügimg     von     6     Lichtdruck  bilde; 

bildungen  nebst  3  Übersichtskarteii  die  Denkmäler  aus 
Oitechaften  und  Städten  auf,  die  zu  den  Amtagsrichtsbezirken 
Tenneberg,  Thal  und  Wangenheim  gehören.  Nach  den  neu  be- 
ginnenden Hauptzahlen  der  Seiten  zu  achliefsen,  wirä  Heft  XI 
den  Anfang  des  II.  Bandee  der  Kunst-  und  Baudenkmäler 
des  Herzogtume  Sacbeen-Kobui^- Gotha  bilden  sollen. 

S.  18.  BeinhardtabrauD.  Der  MafeBtab  des  Lageplans 
irt  nicht  angegeben. 

S.  49.  Waltershausen.  Eemnate.  Die  Übersetzung  Ton 
Camiuata  mit  „Steinbau"  erscheint  etwas  gewaltsam.  Man 
hat  auter  Gaminata  zunächst  nur  an  ein  Haue  mit  Heizein- 
riobtungen  zu  denken,  das  des  wegen  noch  nicht  durchweg 
«in  Steinbau  zu  sein  brauchte. 

8.  103.  Brüheim.  Edelhof.  Waffen.  Statt  .japanischer" 
Degen  ist  wohl  „spaniBoher"  Degen  zu  leeen.  Die  japanischen 
Siebwaffen  weiden  gewöhnlich  als  „Schwerter"  bezeichnet 
und  haben  wohl  nie  die  gerade  Degenklinge. 

Heft  XI[  beginnt  die  Beschreibung  der  Bau-  und  Kunst- 
denkmäler des  Fürstentums  Eeufs  j.  L.  in  den  Amtsgerichts- 
bezirkeii  Schleiz,  Lobenstein  und  Hirechberg  unter  Beigabe 
Ton  3  Übersichtskarten,  5  Lichtdruekbildem  und  27  sonstigen 
Abbildungen.  Auf  187  Seiten  werden  die  Denkmäler  aue 
67  Ortachaften  und  Städten  aufgeführt,  unter  denen  Sohleia 
mit  Beiner  an  schönen  Denkmälern  reichen  Bergkirche  aa 
«TBter  Stelle  zu  nennen  ist. 

8.  13.  Kulm.  Kirche,  Ist  die  Stiftungsurkunde  v.  J. 
1223  echt,  so  sollte  sie  im  Staatsarchive  aufbewahrt  werden. 
Zur  Aufbewahrung  an  der  jetzigen  Stelle  im  Altartische  wurde 
eine    phot« graphische    Abbildung    oder    getreue    Abzeichnung 


4 


S.  23.     Oschitz.     Kirche.     Der    angezeigte   Lichtdruck  1 
iBt  nicht  Torhanden. 

S.  4".     Schleiz.     Stadtkirohe.     Die  Zeichnung    befriedigt  j 


216  LitUratnr. 

„nioht  recht;  dagegen  ist  der  Kelch  (S.  49)  wirklich  meiBter- 
haft  dargestellt. 

Über  die  Glocken  der  Stadtkirche  wird  eine  Angabe 
yermifat        g 

S.  90.  ünterkoskau.  Kirche.  Die  Angabe  über  die 
Glocken  fehlt.  Ebenso  bei  Willersdorf  (S.  92),  ZoUgrün 
(S.  92),  Lobenetein  (8.  112),  Hirschberg  (S.  188). 

S.  181.  Hirschberg.  Der  Lichtdruck  hat  für  die  Zwecke 
des  Werkes  keine  Bedeutung.  Da  auf  8.  132  die  Wieder- 
gabe eines  alten  Stiches  stattgefunden  hat,  so  ist  die  Licht- 
druckbeigabe als  entbehrlich  zu  bezeichnen. 

Heft  XIII.  Seit  Herausgabe  des  I.  Heftes  der  Bau- 
und  Kunstdenkmäler  Thüringens  sind  bisher  Denkmäler  des 
Grofsherzogtums  Sachsen- Weimar- Eisenach  nicht  mehr  zur 
Beschreibung  gelangt  Nanmehr  bringt  das  yorliegende  Heft 
die  Darstellung  der  Denkmäler  des  Amtsgerichtsbezirks  All- 
stedt mit  Übersichtskarte,  5  Lichtdruckbildern  und  80  sonstigen 
Abbildungen.  Auf  62  Seiten  findet  die  Aufzählung  der  Denk- 
mäler und  Kunstgegenstände  aas  14  Ortschaften  statt  Die 
Weiterführung  der  Hauptseitenzahlen  des  I.  Heftes  deutet  an, 
dafs  Heft  XIII  noch  zum  ersten  Band  der  weimarischen 
Denkmäler  gerechnet  werden  soll. 

Namentlich  läfst  die  Beschreibung  des  über  der  Stadt 
Allstedt  gelegenen  Schlosses  auf  dessen  reichen  Inhalt  schliefsen. 
Obwohl  die  Abbildung  bei  8.  18  (257)  die  Baumassen  der 
Schlofsanlage  in  übersichtlicher  Weise  vor  Augen  führt,  so 
ist  doch  zu  bedauern,  dafs  die  reizvollere  Ansicht  mit  dem 
Wasserspiegel  des  grofsen  Teiches  nicht  ebenfalls  zur  Dar- 
stellung gelangt  ist,  um  so  mehr  als  die  Zuschüttung  des  Teiches 
wohl  nur  noch  eine  Frage  der  Zeit  ist. 

S.  8.  Allstedt.  Wigbertikirche.  Die  Zeichnung  hat 
perspektivische  Fehler  und  giebt  auch  die  Dachbildung  des 
Turmes  nicht  ganz  richtig  wieder. 

S.  52.  Oldisleben.  Kirche.  Dafs  die  Zeichnung  ein 
Belief  in  Erz  darstellen  soll,  ist  beim  besten  Willen  nicht 
zu  erkennen. 


217 

Im  sllgemeineD  ist  bei  Dorohsioht  der  oben  beiproohenea 
"Hefte  bemerkt  worden,  dafs  die  Einfuguog  der  Bildzeichen 
nicht  in  bsBondera  geechtckter  Weise  erfolgt  ist,  und  zwar 
daan,  venn  das  Bildzeicben  mit  dem  gewötinlioheD  Durch- 
Bchuis  in  den  Zeilen  nicht  unterzubringen  war.  Anstatt  in 
Bolohen  Fällen  den  Darohsohuls  zu  verstärken,  wie  z.  B.  in 
Heft  XI,  8.  60,  70,  73,  78,  103,  104,  112,  114,  184,  136 
etc.  geschehen  ist,  wird  ftlr  ein  beeserea  Aussefaeu  des  Sohrift- 
aateee  die  Anordnuag  einer  Aussparung  für  das  Bildzeiohen 
Torzuziehen  sein. 

Sohliefsiioh  sei  dem  Herrn  Verfasser  eine  sorgfHltigere 
Duroharbeitung  und  Feilung  des  Wortlauts  empfohlen.  Fas- 
-Bungen  wie  Heft  IX,  8.  18,  Zeile  4  v.  o.  und  Heft  XI, 
8.  109,  Zeile  9  v.  u.  wirken  befremdend.  Andererseits  liihrt 
das  Streben  nach  Kurse  za  gewagten  Wortbildungen  wie: 
Heft  XL,  8.  104  „sp&testgo tisch",  Heft  XII,  8.  40  u.  a.  „kreuz- 
gewölbter Baum"  u.  S.  55,  wena  kein  Druckfehler  vorliegt: 
„umprofilierte  Eechteeklhür";  Heft  XIU,  S.  10  „beschlag- 
verzierte  Sockel",  wobei  man  wohl  nicht  an  eiserne  Besohlage 
zu  denken  hat. 

Der  ,,dreiaeitige  Sitzungssaal"  (Heft  IX,  S.  14)  wäre  eine 
so  merkwürdige  Raumbildung,  dafs  die  bildliche  Darstellung 
nicht  hätte  unterbleiben  dürfen ;  wahrscheinlich  meint  wohl 
der  Verfagser    einen  Bitzungssaal    mit    dreiseitigem  Absobluls. 

Ausdrücke  wie  Heft  IX,  8.  41   „moderner  Scherz"    und 

Heft  XIII,  S.  80  „Art  wildes  Museum"  (!)  sollten  vermieden 

werden.    In  Heft  XI,  S.  12,  Zeil«  8  v.  o.  kann  „Ihr  Giebel" 

ohne  Schwierigkeit  auf  „die  Verstorbene"  (Margarets  Scharf) 

Biogen  werden. 

Weimar  im   Mai    1892.  E.  Kriesche. 


I 
I 


218  Litteratur. 


2. 


Wuoke,  Ch.  Ludw. :  Sagen  der  mittleren  Werra,  der 
angrenzenden  Abhänge  des  Thüringer  Waldes,  der 
Vorder-  und  der  Hohen  Bhön,  sowie  aus  dem  Gto-^ 
biete  der  fränkischen  Saale.  Zweite,  sehr  vermehrte^ 
Auflage,  mit  biographischer  Skizze,  Anmerkungen  und  Orts- 
register herausgegeben  von  Dr.  Hermann  Ullrich. 
Eisenaoh,  H.  Kahle,  1891.     XY  u.  530  SS.     8^ 

Im  Jahre  1864  erschien  (Salzungen,  Scheermessersohe 
Buchh.  2  Bde.)  die  erste  Auflage  dieses  Werkes  mit  einem 
Vorwort,  in  dem  der  Herausgeber  die  Methode  seiner  For- 
schung, die  Art,  wie  er  dem  Yolke  seine  poetischen  Erzeug- 
nisse, seine  Sagen,  in  persönlicher  Berührung  abgelauscht,^ 
durch  sorgfältige  Nachprüfung  die  Erzähler  kontrolliert  und 
den  gewonnenen  Sagenschatz  geordnet  hat,  des  näheren  an- 
giebt.  Die  Grundsätze,  die  bei  der  Sagenforschung  beobachtet 
■werden  müssen,  sind  ja  seit  dem  Erscheinen  der  „Deutschen 
Sagen''  der  Gebrüder  Grimm  mehr  oder  weniger  von  allen 
Sammlern  befolgt  worden,  wenige  Forscher  aber  sind  wohl 
so  wie  Wuoke  befähigt  gewesen,  die  „Hirten,  Waldhüter,^ 
Kräuterweiber"  u.  a.  mitteilsam  zu  machen.  Der  blinde 
Dialektdichter,  der  oft  ohne  Führer  und  Gefährt  von  Dorf 
zu  Dorf  zog,  wie  wir  aus  dem  Gedenkblatt  S.  VII — XI  der 
Einleitung  erfahren,  hat  es  vortrefflich  verstanden,  seineu 
Sagen  die  lokale  Färbung  zu  erhalten.  „Die  Sagen  einer 
Gegend  erscheinen  wie  die  Flora  derselben,  sie  gehören  zu 
ihr  wie  die  Blumen,  welche  eine  Burg  umblühen."  Auch 
nach  dem  Erscheinen  der  1.  Aufl.  hat  Wucke  weiter  ge- 
forscht und  bei  seinem  Tode  (1.  Mai  1883)  eine  reich-* 
haltige  Sammlung  neuer  Sagen  hinterlassen,  die  in  Hermann 
Ullrich    einen    umsichtigen  Herausgeber  gefunden  haben. 

H.  Ullrich  hat  der  ganzen  Sammlung  eine  besser  be- 
gründete Anordnung  gegeben,  hat  von  anderen  Sagensammlern 
bereits  veröffentlichte  Stücke  kenntlich  gemacht  und  durch 
das  Inhalts-    und  Ortsverzeichnis    die  Benutzung    des  Buchen 


Littsrilac. 


21» 


erleichtett.  Auffällig  erscheint  die  AufDahmederSugenNo.  7 — 1 1, 
die  aus  Kambarg  an  der  thüriDgischen  Saaic  efammen,  mithin 
aue  dem  Gebiete  dieser  t^amnhmg  heTausfallen. 

Die  AusBtattutig  des  Suchee    ist  io  jeder  Hinsicht  ange- 

0.  Dobenecker. 


fintbier ,   Hermaiiii :    Der   Kampf  bei   LangeiiBalBa    am 
,   27.  Juni  1866.     Ein  G-edenkbuoh.     Langensalza,  Wendt 

und    Klfluwell,    1891.     YIII  u,  276  SS,    8».     Mit    einem 

Plan  des  Oefechtafeldes  hei  Lnngenaalza. 

Diesee  Werk  soll  ein  Erimiermigsbuch  sein,  geweiht  dem 
Gedächtnie  jener  deutBchen  Streiter  —  Freufseii,  Hannove- 
raner, Gothaer  —  die  aii  den  Ufern  der  Unstrut  1860  im 
Kampfe  um  die  Einigung  der  deutschen  Stumme  geblutet  und 
ihr  Leben  gelasaeo  haben ;  ee  hoU  sein  ein  Führer  allen 
denen,  die  das  Schlachtfeld  von  Langensalza  begehen ;  den 
Verwundeten,  die  in  oder  bei  Langensalza  gepfl.egt  wurdenp 
soll  es  die  PäegBtätten  und  die  treuen  FÖeger  nennen ;  den 
Angehörigen  und  den  Kameraden  der  Gefallenen  will  es  die 
Stätte  zeigen,  wo  man  den  Freund,  den  Verwandten  zur 
letzten  Huhe  gebettet  hat. 

Der  Verfasser  bietet  aber  noch  viel  mehr.  In  einem 
klaren  Überblick  schildert  er  die  Ereignisse  und  Verhand- 
lungen, die  dem  Kriege  vorausgehen,  die  Mürsche  der  Hanno- 
veraner und  Preufsen,  die  letzten  Versuche,  einen  friedlichen 
Ausgleich  herbeizuführen,  die  ersten  Zusamnienstöfse,  die- 
Stellungen  der  Gegner  und  mit  der  peinlichsten  Sorgfalt  den, 
Kampf  in  seinen  kleinsten  Zügen.  Unter  Verwertung  der 
gesamten  Litteratur  Über  die  Schlacht  weifs  der  mit  dem 
Terrain  auf  das  beste  vertraute  Verfasser,  der  als  Augenseug» 


220  Litteratur. 

^en  Verlauf  der  Sohlacht  selbst  beobachtet  und  ,,durch  münd- 
lichen und  schriftlichen  Austausch  mit  den  Kämpfern  das 
Bild  yervollständigt'^  hat,  den  Kampf  jeder,  auch  der  kleinsten 
Abteilung  anschaulich  zu  schildern  und  durch  Einreihung 
aller  ihm  bekannt  gewordenen  Erlebnisse  der  einzelnen  Kämpfer, 
der  Züge  von  Heldenmut,  Tapferkeit  oder  auch  —  Feigheit  und 
^charakteristischer  Aussprüche  der  Eingenden  die  Darstellung 
fesselnd  zu  machen,  ohne  durch  diese  Detailmalerei  die  Über- 
liicht  über  die  Schlacht,  die  er  in  15  Momente  zerlegt,  zu 
beeinträchtigen.  Er  hat  dabei  manche  Irrtümer  und  Ver- 
wechselungen, die  sich  in  die  Litteratur  über  die  Schlacht 
eingeschlichen  haben,  berichtigen,  manchen  Teil  des  infolge 
TerhängnisYoUer  Mifsgriffe  der  preufsischen  Heeresleitung  für 
Freufsen  und  Gothaer  yerderblichen  Kampfes  anschaulicher, 
«Is  es  vordem  geschehen  ist,  schildern  können.  Die  Namen 
der  meisten  Verwundeten,  ihrer  Pflegstätten  und  Pfleger 
<and  die  Namen  fast  aller  Gefallenen  sind  angegeben,  die  Orte, 
wo  die,  die  ihren  Wunden  erlegen  sind,  beigesetzt  wurden, 
genannt.  —  Erwünscht  wäre  bei  einer  2.  Auflage  die 
Beigabe  einer  Karte  für  die  weitere  Umgebung  von  Langen- 
ealza,  da  der  beigefügte  Plan  wohl  das  Schlachtfeld  recht 
^ut,  nicht  aber  das  Terrain,  auf  dem  sich  die  der  Schlacht 
Toraufgehenden  Aktionen  abspielten,  veranschaulicht. 

0.  Dobenecker. 


tlbersioht  der  neuerdings  erschienenen  Litteratur  sur 
thüringisohen  Geschichte  und  Altertumskunde. 

Zasammengestetlt  von  O    Dobenecker. 

Andersonn,  Rudolf:  Der  deutsche  Orden  in  Hessen 
bis  1300.   Königsberger  Inaug.-Diss.  1891.    67  SS.  2  Bl.  8^. 

Bau-  und  Kunst- Denkm  äler  Thüringens. 
Heft  XI  (Herz.  S.-Kob.  u.  Gotha.  Landratsamt  Waltersh, 
Amtsgerichtsbezirke  Tenneberg,  Thal  u.  Wangenheim).  Heft  XII 


(FörBteDtum  Reufs  j.  L.  Amtsgenohtsbezirke  Sahleiz,  Loben- 
steio  und  Hireobberg).  Heft  XIII  (ßrofsherzogtum  SaohBen- 
Weimar-Eieenach.  AmUgerichtebeiirk  Allstedt.)  Uit  5  Liobt- 
dTuokbildeni  u.  30  AbbilduDgeo  im  Texte.  Jena,  Verlag  von 
0.   Fischer,    1891. 

Beck,  Martin:  Sache,  u.  Thiir.  Städte,  in  e.  Reiae- 
fübrer  von  1671.  WiBMosch,  Beil.  der  Leipz.  Zeituag  1891 
No.   123  f.  S.  4B9— 496. 

Beyer  Q.:  Sittenbilder  aus  Thüringen,  In  Nordd.  allg. 
Zeitang  1891.     Beil.  No.  42. 

Biedermann,  K.:  Die  Gründung  der  deutechea 
BurBcheoschaft.  In  BuTBcbensch.  Bl,  IV,  234 — 339  n.  298 
—303. 

Bloch,  Herman  n:  Foreohungen  zur  Politik  Kaiser 
Heinricbfl  VI.  in  den  Jahren  1191  —  1194.  Berlin  1892, 
B.  Behre  Verlag  (E.  Book).    VI  u.   106  88.     S«. 

■.  Abaohnitt  III:  Die  Furstenempörnng  S.  32/53  u.  3. 
Beil.  8.  97/99. 

Der  letzte  Braderkampf  der  D entloben  an  der 
Unstrnt,  27.  Juni  1866.     LangenaaUa,  Wendt  u.  El.    32  SS. 

Bäcker,  Fr.:  Zum  goldenen  Ehejabiläam  dei  Her- 
EogB  u.  der  Herzogin  Ton  Sachaen-Eoburg  u.  Gotha.  In 
Ulaatr.  Zeitung  98.  Bd.   1892,  No.  2548. 

Bühring:  Die  Alteburg  bei  Arnstadt,  eine  Wallburg 
der  Vorzeit.  (Mit  einer  Karte:  Die  Alteburg  1:25000.)  Im 
0.  Frgr.  des  GymnaaiumB  zn  Amatadt.  Arnstadt  1893. 
18  88.     40. 

Bargbard,W. :  Die  Gegenreformation  anf  d.  Biohifelde 
vom  Jahre  1574 — 16T9.  II.  Vom  Regenabnrger  Eurtage 
1576  bie  zum  Jahre  1579.  In  Zs.  d.  bist.  V.  f.  Nieder- 
aachaen  Jahrg.    1891.      (HannoTet   1891.)     S.    1—59. 

CoUmann,  E.  F.:  Reufsiache  Geachichte.  Erster  Teil. 
Daa  Vogtland  im  Mittelalter,  Greiz,  Verlag  von  £.  Schlemm, 
1892.     Vin  u.   134  88.     8». 

Daehne,  Juliu«:  Daa  Bealprogymnaaiam  (früher  Beal- 
■ohole,    ehemals    erate  Bürgeiaohul«)    in  Altenbnrg  TOn  1B60 


222  Litteratur. 

'— 1890.    Altenburg,  Pierer'sohe  Hofbuehdr.  S.  Oeibel  u.  Co. 
(1890.)     20  SS.     4^.     Altenb.  herz.  EFO.  OF.   1890. 

Danz,    F.:    Sagen     aus     der    Umgegend    Budölstadts. . 
(Sonderabdr.  aus  No.  38  der  Thüringer  Saison-Nachricht.  1891.) 

Beschreibende  Darstellang  der  älteren  Bau-  u. 
Eanst-Denkmäler  der  Froyinz  Sachsen.  Herausg.  v.  d.  bist 
Kommission  der  Froyinz  Sachsen.  13.  Heft.  Die  Stadt  Erfurt 
u.  der  Erfurter  Landkreis.  Halle  a.  S.  (Otto  Hendel)  1890. 
X  u.  412  SS.     8^. 

Demme,  Louis:  Nachrichten  und  Urkunden  zur 
Chronik  von  Hersfeld.  1.  Bd.  Betrifft  die  Zeit  bis  zu  Be- 
ginn  des  30-jähr.  Krieges.  Mit  122  Beilagen.  Hersfeld,  Ver- 
lag von  Hans  Schmidt  1891.     II  u.  394  SS.     8». , 

Dieffen  baoher,  J.;  Lambert  von  Hersfeld  als  Histo- 
riograph;  ein  Beitrag  zu  seiner  Kritik.  Heidelb.  Diiseort., 
Würzburg,  1890.     129  SS.    8«. 

Derselbe:  Zur  Historiographie  Lamberts  von  Hersfeld. 
In  yyDeutsche  Zeitechr.  für  Geschichtswissensch.*'  herausg«  von 
L.  Quidde,  VL  Bd.  301  —  365. 

D  oben  eck  er,  It.,  u.  Ka  bisch  E.:  „Die  heimatliche 
Geschichte  im  Unterrichte^^  (Beil.  Bild :  Die  Stadt  Altenburg^ 
um  d.  J.  1650.)  25.  Jahresbericht  über  die  Bürgerschulen 
zu  Altenburg.     Alienburg  (1892).     26  SS.     4<>. 

E inert,  E. :  Aus  den  Papieren  eines  Bathauses.  Bei- 
träge zur  deutsehen  Sittengeschichte.  Arnstadt,  Terlag  von 
Emil  Frotscher,   1892.     196  SS.     S». 

Derselbe:  Die  Barfufsin.  In  Arn  städtisches  Nachrichts- 
und Intelligenzblatt,  123.  Jahrg.  No.  125,  126,  127,  128. 
Arnstadt  1891.     (Ein  Hexenprozefs.) 

Erbstein,  J. :  Der  breite  Gemeinschaftsthaler  des  Kurf. 
Friedrich  des  Weisen  Ton  Sachsen  und  seines  Bruders  des 
Herzogs  Johann  von  1523  und  deren  Buchholzef  Dickthaler 
von   1525.     Aus  Dresdner  Samml.  Heft  4,  S.   17 — 21. 

F  a  b  e  r,  W. :  Wartburg  und  Kyffhäuser.  Festreden  etc. 
Magd^b.  Creutz,  1891.     226  SS. 


Linerntur, 


223' 

ind  heBriBOhaa 


ikentsoher:    Beitr.    zar  hennoberg. 
U&Dzkuade  im  MA.    In  Zs.  f.  Numismatik  XVIII,  9—31. 

Franz,  Faul:  Der  BäohaiBche  Ftiniseaianb  im  Dramft 
des  16.  Jahrh.     Inang.-Diss.  Marburg   1891.     36  83.     4". 

Gablenz,  Heiurich,  Freiherr  von:  Zur  Oe- 
Bohichte  der  v.  Gablenz.  In  Vierteljahra^chr.  für  Wappen-, 
Siegel-  u,  Familienkuude.  Ueraosgeg.  v.  Verein  Herold  in 
Berlin,  XIX.  Jahrg.  Heft  4,  8.  524—636. 

Gaedertz,  Ear!  Theodor:  Zwei  Damen  d.  Weimarer 
Hofgeaellachaft  znr  Zeit  Goethes.  In  Westermanns  Mouata- 
Hefte,  36.  Jahrg.  Heft  424  {Jan.    1892)  8.   550—558. 

Gefs,  Felician:  Urkundliche  Naohrichten  zur  Ge- 
Gesohiohte  der  Beform atioo  im  Harzgebiet.  In  Zb.  des 
Hara-Ver.  2i,  Jahrg.  8.  454—485. 

Geyer,  Moritz:  Verzeichnis  der  bis  zum  Jahre  1517 
einioIilier«lioh  gedruckteu  Werke  der  Gymnasialbibliothek. 
Altenburg,  Dr.  v.  O.  Bonde,  1891.  1  Bl.  8.  1—30,  i". 
Altenb.  Friedriohs-G.  OF.     1891. 

Gillert,  Karl:  Der  Briefwechsel  des  Conradna  Hutia- 
:.    Herausgeg.  tou  der  hiBtorisohen  KommiBaion  der  Pior. 
Nohsen.  Halle  (Otto  Hendel)   1890.    LXIV  n.  372  SS.    8". 
GoldBchmidt,    A. :    Weimara    klassisohe    TheateizeiC. 
1  Magazin  f.  Litt.  61),  278—280. 

rau,  Fant:  Chronik  der  Stadt  Vacha.  Weimar  (Druck 
,  Verl.  von  Rud.  Borkmann  1891.)  Leipzig,  Verlag  roa 
ffolfg.  Gerhard,   1892.     82  S3.     8». 

Gutbier,    Hermann:    Der    Kampf    bei  Langensalza 
27.  Juni    1866.     Ein    Gedenkbuch.     Laagensalza,    Verl. 
[Ton   Wendt  a.  Klauwell,   1891.     VllI  n.  275  SS.     8^.     (Mit 
ünem  Plan  des  Gafeoh  tsfeldee  bei  Langensalza.) 

Derselbe:     Beiträge    zur    Geschichte    der    vorreformato- 
paehen    Schule    zu    Laagensalza.     In    „DeutRohe    Blätter   für 
ziehenden  Unterricht"    1891.    Langensalza,  Beyer  u.  Söhne. 
RAuch  abgedr.  im  Langen  salz  aer  Ereisblatt.) 

Guttenberg,    Fr.  Karl  Freiherr  von:  Hegesteu 
I  Geschlechtes    von  Blassenberg    und    dessen  Naohkommen. 


224  Litteratnr. 

In  Arohiy  fftr  Gesohichte  und  Alterti^mskiincie  Ton  Ober* 
franken,  XVUI.  Bd.  2.  H.  (Bayreuth  1891.)  S.  1— 11& 
(ad  a.  1296).  Mit  6  Kunstbeilagen:  Burg  Flassenburg  bi» 
zum  16.  Jnui  1554  —  Alt-  and  Nen-Gutenberg  —  2  Münsen- 
n.  Siegeltafeln,  1  Wappentafel,  sowie  mit  der  Stammtafel  de» 
Gesohleohtes  Ton  Blassenberg  1148 — 1876« 

Hanstein,  Ton:  Bemerkungen  zum  Wappen  der  Fa- 
milie  Yon  Kerstl^igerode.  In  „Der  deutsche  Herold'^  XXIIy 
No.  11  (Berlin,  November  1891),  S.  157—159. 

Hausen»  Clemens,  Freiherr  von:  Yasallen-Ge- 
schleohter  der  Mgr.  zu  Meifsen,  Lgr.  zu  Thttringen  und  Her- 
zoge zu  Sachsen  bis  zum  Beginne  des  17«  Jahrb.  In  Yiertel- 
jahrsschr.  fftr  Wappen-,  Siegel-  und  Familienkunde,  herausg» 
Yom  Verein  Herold  in  Berlin,  XIX.  Jahrg.  Heft  8  8^ 
392—464.  (Forts,  aus  Heft  4,  1890.) 

Heine,  G.:  Die  ausl.  Dramen  im  Spielplane  des  Weim. 
Theaters  unter  Goethes  Leitung.  In  Ztsohr.  f.  yergl«  Litt.- 
Gesoh.  IV,  313—321. 

Heineck,  H«:  Lutherfande  im  städtischen  Archiye  zu 
Nordhausen.     In  Sammler  XU,  261. 

Derselbe :  Das  städtische  Museum  zu  Nordhausen.  Ebenda 
Xn,  111—114. 

Jacob,  Albert:  Stammbaum  der  Familie  von  Tetten- 
bom.  In  Vierteljahrsschr.  für  Wappen-,  Siegel-  und  Familien- 
kunde, herauBg.  vom  Verein  Herold  in  Berlin ,  XIX.  Jahrg. 
Heft  3  S.  362  f.  mit  4  geneal.  Tafeln. 

Jacobs,  Ed.:  Bothos,  Grafen  zu  Stolberg  und  Wer- 
nigerode, Vertrag  mit  seinen  Bürgern  zu  Stolberg  über  deren 
Eechte  und  Pflichten  (Stoiberger  Bauernkriegs-Artikel)  4.  Mai 
1525.     In  Ztschr.  des  Harz-Vereins  XXIII,  415—428. 

Käsemacher,  G. :  Die  Volksdichte  der  Thür.  Trias* 
mulde.  In  Forsch,  z.  deutsch.  Landes-  und  Volkskunde  VI, 
171—226  Stuttgart,  Engelhom,  1892. 

Katalog  der  Lehrer-Bibliothek  des  K.  Gymnasiums  zu 
Erfurt,  2.  Abt.  (Forts,  der  P.-Beil.  1889).  Erfurt  K.  G.  OP. 
1891.     10.  Bl.,  8  0. 


Jen 


Daa    Naumburger    EirechfeBt.      In    den    Oienzboten, 
'Zteohr.  für  Politik,  Lilteratur  und  Kunat,    50.  Jahrg.  No.  34 
S.  366—379. 

Kahle,  F.;  Landeeaufauhme  und  GeaeraUtabskartea. 
Uit  beaonderer  Berilokaichtigung  ThüringeDs,  In  Mitt.  der 
Geogr.  Gesellacbaft  (für  Tbür.)  zu  Jena,  X.  Bd.,  87—97. 
Jena,  Verlag  von  0.  Ftacher,   1B91, 

Kreyenberg,  Gotthold;     Friedrich  M^coniua,     In 
■enzboten,   51.  Jahrg.  (1892)  No.  3  S.   114 — 127. 

t  teDBOhmidt,  N. :  Naumburger  Annalen  1305 — 
1547,  nach  einer  im  atädt.  Archir  befindlichen  fiandeohr, 
herauEg.  von  Fei.  Eöater.     Naumburg,  Sieling.     94  BS. 

Kubo,  Beiah.  ;  Beitrage  zur  Kritik  Lamberts  yon 
Uerefeld,     Hallenaer  Disa.  1690. 

Kunze,  F.  i  Der  Gebraach  des  KerbhoUee  auf  dem 
Thüriuger  Walde.  Id  Zteohr.  des  Tereina  f.  Volkskunde,  1. 
Heft  (1893)  8.  60— 56. 

Lange,  F.:  Chronik  dee  BiBtume  Naumburg  und  seiner 
Bischöfe  nach  im  städt.  Archiv  befindhchen  Handschr. 
herausg.  tob  Fei.  Köeter.     Naumburg,  Sieling.      104  SS. 

Lesser,  Fr.  Chr.:  Der  Chronist  yon  Nordhausen. 
Fcstaohr.,  im  Auftr.  des  Nordhänser  Altertums-  u.  Gesohiohts- 
Ver.  herausgeg.  von  Herrn.  Hei  neck.  Nordhausen,  0. 
Haacke,    1692.     58  S3.     8°. 

Loth,  Dr.;  Die  Pest  in  Erfurt  während  der  Jahre 
1682 — 1684.  Vortrag,  gehalten  im  Altertum sverein  zu  Er- 
furt den  3.  März  1891.  In  Korrespondenz- Blätter  des  al^, 
ärztl.  Vereine  von  Thüringen,  XX.  Jahrg.  (1891)  8.  182 
—196. 

Matthee,  Isolin:  Die  Tolksdicbte  und  die  Zunahme 
der  Bevölkerung  im  Ostkreise  des  Herzogtums  Sachaen-AlteD- 
burg  in  dem  Zeiträume  1637—1890.  Abbandl.  z.  d.  OPr. 
des  Herz.  Realprogymnaaiumi  zu  Altenburg.  (Mit  3  Karten 
der  Bevölkerungsdichte.)  Altenbnrg   1893.     21   SS.  4". 

Ueyer,     Gerold,     von     Knonau:     Die  Thüringer 
16 


226  Litteratar. 

Zehntstreitigkeiten  bis  1069.  Exkurs  III  in  ,yJahrbücher 
des  deutschen  Eeiches  unter  Heinrich  lY.  und  Heinrich  Y., 
Bd.  I,  S.  656—663.     Leipzig  1890. 

Meyer,  Karl:  Chronik  des  landrätlichen  Kreises 
Sangerhausen.     Nordhausen  1892.     138  SS.     8^. 

Morgenstern,  Otto:  Die  alten  Drucke  der  6ym- 
nasialbibl.  III.  Die  Sebersche  Bibliothek.  (Forts,  der  t. 
Herrn.  Wagner  veröffentl.  P.-Beil.  1879,  1883.)  Meiningen 
1890.  Sohleusingen ,  K.  hennebergisches  6.  P.  1890.  S.  3 
—  14).  4^ 

Netz,  £•:  Zerstörung  der  Schlösser  des  Hausberges  b. 
Jena.     Mauke,   1890.     28'' SS. 

Oesterheld,  August:  Luthers  Schriften  in  der 
Carl  Alexander  -  Bibliothek  zu  Eisenach.  Beil.  z.  Jahresbe- 
richt 1891/92  des  Carl  Friedrich  -  Gymnasiums  in  Eisenaoh. 
Eisenach,  Hofbuchdr.  (1892).  24  SS.  4  ». 

Piltz,  Ernst:  Bitters  Führer  durch  Jena  und  Um- 
gegend. 2.  vollständig  umgearbeitete  and  bedeutend  rer- 
mehrte  Auflage.  Mit  Stadtplan,  Karte  der  Umgegend,  geo- 
logischem Profil  und  Höhentafel.  Jena  (Verl.  der  Frommann- 
sohen  Buchh.)  1892.     100  SS.     8^. 

Ein  gut  regiment  wider  die  pestilencien ,  wo  sie  in 
eynem  hush,  yleck  oder  lande  ist.  Mitget.  von  Herrn. 
Schmidt.  In  Korrespondenz-Blätter  des  allg.  ärztl.  Vereins 
von  Thüringen.     XX.  Jahrg.  (1891)  S.  220  ff. 

Reichl,  E. :  Sorbische  Nachklänge  im  Beufsischen 
Unterlande.  (Versuch  einer  Deutung  sorbischer  Ortsnamen  im 
Landesteile  Gera.)    Leipzig,  Selbstverlag.    1883.    100  SS.  8^. 

B  i  e  m  a  n  n :  Die  Ortsnamen  des  Herzogt.  Coburg-G. 
O.Pr.  1891.     Coburg.     46  SS.     4ö. 

Die  Schlacht  bei  Langensalza  und  die  Operationen 
vor  derselben.  In  Intern.  Revue  über  die  ges.  Armeen  und 
Flotten,   1890  Nov.  und  Dez    und   1891  Jan. 

Schmidt,  Berthold:  Urkundenbuch  der  Vögte  von 
Weida,  Gera  und  Plauen,  sowie  ihrer  Hausklöster  Milden- 
fiirth,    Cronschwitz,    Weida   und   z.  h.    Kreuz   bei   Saalburg. 


I 


Lillera,«r.  227 


.  fid.  1357—1427.  Bamens  äea  VeteioB  für  Ihuriugisohe 
OsBchicble  und  Älteitamskuade  herauig.  Jena,  Oaatav  Fiaoher, 
1892.  A.  u.  d.  T. :  ThÜringiBche  ÜeBohichtaquellen.  N.  F.  II.  Bd. 
Der  ganisen  Folge  V.  Bd.  2.  Teil. 

fiobmidt,  Erich:  Gustav  von  Loeper.  In  Halb- 
monatshefte  der  deutBohen  Rundschau ,  herauag,  von  J, 
Rodenberg,  1891/92  No.   10  8.  312  ff. 

S[chmidtj,  H[eTmaiia]:  Daa  Bntzenbergiiche 
Haue.  In  Amatädter  Tageblatt,  19.  Jahrg.  No,  177  (1890, 
Juli  31). 

Derselbe:  Die  Bibliothek  Anton  Günthera,  dea  einzigen 
Fürsten  von  i^ohwarz bürg- Arnstadt.    Ebenda,    19.  Jahrg.  No. 

1179  (1090.  Aug.  2). 
k       Schreiber,     Albert:     Alexaudrine,     Herzogin    von 
Ktcfa&en-Coburg-OotbB.     Eine  Festgabe  zum  9.  Hai   1892. 
I       Schroot,  A. :   Heldbarg  und  die  Oleiohberge  bei  Rom- 
mii,   Kulturstätten.      In    Leipzig.      lagebl.,    1889    No.   229. 
"       Schütze,    K.;     Die    Lieder  Heinrichs    von  Horunge» 
auf  ihre  Echtheit  geprüft.      Kieler  Dias.    1890.     88  S8.  8°. 
Schulz,    Alfred:     Thäringen ,     umfassend :     Urofah. 
Saobseu- Weimar- Eiaeuach,     Herzogtümer   SachacD-Ueiningen- 
Hildborghftuaea ,     Sachse n-Altenburg,     Saohaeu-Coburg-Ootha, 
die  Fürstentümer    Schwarzburg  -  Sondershauseu  ,    UeuTa  ä.  L., 
1  j.  L.     In    Landes-  und  Provinzialge schichte,    Heft  23. 
ing    der    in  U.  Voigtländers  Verlag    in    Leipzig    erachie- 
Hien    geschichtlichen    Lehrbücher.       Mit    einer     Geschichts- 
rte  und  einer  Wappentafel.     1891,   15  SS.  8*. 

Schwarz,  Sebald;  AnfaDge  des  StädtetreseDs  in  den 
und  Saalii-UcftnnddM,  Kiel  1892  (Verlag  von  Gustav 
n  Leipzig),     ö«  Sfl,     8 «. 

ehwarz,      W,;      |li<.     Bibliothek     zu     Weimar.       In 
nmler  XII,  2*1— 'J4U. 

Ein  8 1 B  d  t  !•  r  u !  u  k  u  1 1  uu«  dem  Jahre  1567.  In 
gstüdtiitcheii  Nnnbriohtii'  iiiii)  Ititi^Iligenzblalt,  172.  Jahrg. 
,   lt)ö  (169U,  Au«.  U). 

16* 


228  Litteratar. 

Stier,  G.:  Das  Anhaltisohe  (Askanische)  FürBtenhaos» 
Nadh  Rudolf  Stiers  Stammtafeln  auszugsweise  susammen- 
gestellt.  2.  ergänzte  Aufl.,  Zerbst,  Druok  und  Yerlag  voii 
H.  Zeidler,  1891  (1  Stammtafel). 

Trefftz,  Johannes  Imanuel:  Kursachsen  und 
Frankreich  1562 — 1557.  Leipzig.  Inaug.-Biss.,  Yerlag  von 
0.  Fock,  1891.    4  Bl,  164  SS.  8». 

Unedierte  Königs-  und  Papst-Urkunden.  Mitget.  von 
Anton  Ghroust.  In  K.  A.  der  Gesellsch.  f.  ä.  d.  G.  Bd.  XYI, 
186—168. 

Yogel,  Jul. :  Eats-Begister  von  Flauen,  Yerz.  der 
Mitglieder  des  Stadt-Bates  zu  Plauen  i.  Y.  aus  den  J.  1421 
—1890.     Plauen,  Neupert.     XII  und  88  SS. 

Yoigt,  Friedrich  Albert:  Die  ältesten  Herren 
von  Droyfsig.  In  Yierteljahrsschr.  für  Wappen-,  Siegel-  und 
Familienkunde,  herausg.  vom  Yerein  „Herold''  in  Berlin, 
XIX.  Jahrg.  Heft  2  (Berlin  1891)  S.  79—284.  Register 
dazu  in  Heft  3,  S.  285—320. 

Wartburg-Sprüche.  Ausgewählt  und  angebracht 
yon  J.  Y.  von  Scheffel  und  B.  yon  Amswald.  Neu  aufge- 
schrieben, veryoUständigt  und  herausg.  yon  Franz  Lech- 
leitner.     Weimar,  Herm.  Böhlau,   1892. 

„W  e  i  m  a  r  nach  der  Schlacht  bei  Jena".  Ein  Brief  yon 
G.  J.  E.  Bidel.  In  Beilage  zur  Allgemeinen  Zeitung,  1892, 
No.  63,  Beil.  No.  53  S.  1—3. 

Weniger,  Ludwig:  Bericht  über  ein  Urkundenbuch 
des  Gymnasiums  [zu  Weimar]  aus  dem  XYII.  Jahrhundert. 
In  OPr.  des  Gymnasiums  zu  Weimar  1892,  S.  6 — 9. 

Wertner,  Moritz:  Die  heilige  Elisabeth,  Landgräfln 
yon  Thüringen.  In  „Der  deutsche  Herold"  XXII  No.  2 
(Berlin,  Febr.   1891)  S.  20—22. 

Wucke,  Ch.  Ludw. :  Sagen  der  mittleren  Werra,  der 
angrenzenden  Abhänge  des  Thüringer  Waldes,  der  Yorder- 
und  der  Hohen  Bhöo,  sowie  aus  dem  Gebiete  der  fränkischen 
Saale.     2.  sehr  yermehrte  Aufl.  mit  biogr.  Skizze,  Anm.  und 


LitUntitr. 


Orteregiater  herauag.  ron  Dt.  HermaDO  üllnoh.  EUenach, 
Druck  und  Verlag  tod  H.Galile,    1891.  XV  und  500  SS.  fi". 

Zimmer,  Hans:  Just  Friedrich  Wilhelm  Zachariä  und 
sein  KeDommiet  Ein  Beitrag  zur  Litteratur-  uad  Kultur- 
gesobiohte  des  18.  Jahrh.  Leipsig,  Druck  und  Verlag  der 
Borebergacfaen  Buchhaudlung,   1892.      101   SS.  8°. 

Zschäok,  Eduard:  Die  Errichtung  der  Höheren 
Bürgerschole  zu  Gotha.  (Ein  Beitrag  zur  Geschichte  des 
Schulwesene  der  Stadt  Gotha.)  Gotha,  Stadt.  H.  Bürgerach. 
OP.    1891.      Gotha,    BtollbergBche    Buchdrucker  ei,    1891.     8. 

I-XVI,  4  ". 
Neue    Beiträge     zur    Oeach.     deutschen    Altertums, 
rausg.    Ton    dem  Heoceb.  altertumaf.  Verein  in  Meisiugen. 
Lief.:  Der  Henneberger  Geachichtechreiber  Johaun  Adolph 
T.  Schultes.     Von  Otto  F.  MüUer,    1891.    41  88.  8*. 
,  Lief.:     Fritze,    Forach.  über  die  8Udt-K.  in  Ueiningen 
1—8.      Schmidt,      Gleichbergafnude       9—11;       J.-Ber. 
12—16.     1891. 
.  Lief.      Meiningen    1892 :     Oroeachel,    Juliua;    Nikolaus 
Oromann  und   der  Anebau    der  Veete  Heldburg    1560 — 
1564,     mit    den    Bau-Urkunden     des    BurgorchiTa    von 
155B— 1566.      XXIV  und  89  88.     S" .     nebat  4  Tafeln 
Bauekizzen. 

32.-36.  Jahresbericht  der  Oeselkchaft  von  Freun- 
I  der  Natarwiaaen schalten  zu  Gera.  Inh. :  1.  Eiael,  Robert : 
irlSufige  Übereicht  der  prähistoriachen  Funde  in  Ost- 
■ringen.  2.  Auerbach,  Heinrich  Alfred:  Bibliotheoa 
ythenea.  Die  Litteratur  zur  Landeskunde  und  Oeaohiohte 
I  Fürstentums  Eeofs  j.  L.,  Gera   1892. 

Hitt.  der  Gesch.  und  Altertumsf.  Ges.  des  Oaterlandes 
I  Altenburg,   1,  Bd.,  2.  Ausgabe,  Altenburg   1691. 

Uitt,     des    Gesch.    und    Altertumsf,   Vereins  zu  Eiaen- 
,  Hett  VII,  Eisenberg    1892.     löh.:  Prof.  Dr.  0.  Weise; 
nrglauhe  aus  dem  Alteaburgi scheu,  8.  1 — 36. 

itsohrift  des  Ver.  für  Henneb.  Gesch.  uad  Landes- 


230  Litteratar. 

künde  zu  Schmalkalden,  X.  Heft.  Sohmalkalden  und  Leipzigs 
(1891).  Inh.:  Dr.  Oerland:  Die  innere  Einrichtung  eines 
FüTstenBchloBses  im  16.  Jahrb.,  B.  1 — 11«  —  Aug.  Vilmar, 
Pfarrer  in  Herrenbreitungen  (jetzt  in  Sohmalkalden):  Ent- 
stehung und  erste  Entwickelung  des  ehemaligen  Klosters  ii^ 
Herrenbreitungen,  S.  12 — 23.  — B.  Matthias,  Apotheker  in 
Sohmalkalden:  Die  Steinmetzzeichen  des  Kreises  Sohmalkalden, 
S.  24—28. 

Zeitschrift  des  Harz-Vereins  für  Geschichte  und 
Altertumskunde,  herausg.  von  Dr.  Ed.  Jacobs,  XXIV.  Jahrg., 
1891,  1.  Hälfte,  Wernigerode  1891.  Inhalt:  B.  Krieg:  Bei- 
träge zur  Gesch.  der  Stadt  Ellrich  a,  Harz,  S.  1 — 33.  — 
L.  Freiherr  von  Wintzingerode-Knorr :  Die  Verhältnisse  der 
Volksschulen,  sowie  der  Lehrer  und  Küster  in  den  fünf  zun^ 
ehemaligen  Wintzingerödischen  Gerichte  gehörigen  Dörfern : 
Kalt-Ohmfeld,  Kirch  -  Ohmfeld ,  Tastungen,  Wehnde  und 
Wintzingerode  bis  zum  Jahre  1803,  S.  88—116.  —  Paul  Ofs- 
wald:  Nordhäuser  Kriminal-Akten  von  1498  bis  1657,  S. 
151/219.  —  L.  Freiherr  von  Wintzingerode  -  Knorr :  Mit- 
teilungen zur  Gesch.  des  Dorfes  Auleben  und  der  Stadt 
Heringen,  S.  220—266.  —  G.  Plath :  Vier  alte  Glocken 
(der  Kirchen  zu  Liederstedt  und  zu  Vitzenburg),  S.  272/277. 
—  A.  Beinecke:  Zur  Erklärung  des  ältesten  Sangerhäuser 
Stadtsiegels,  S.  278/282.  —  L.  Freiherr  von  Wintzingerode- 
Knorr :  v.  Wintzingerödisches  Freigut  zu  Neustadt  unterm 
Honstein,  S.  336/37.  —  2.  Hälfte,  Wernigerode  1892.  In- 
halt B.  oben  unter  Gefs.  Dazu:  Vereinsbericht  1891 — 1892. 
Sachlich  geordnetes  Inhaltsverzeichnis  der  Veröffentlichungen 
des  Harzvereins  von  1880 — 1891.  Alphab.  Verzeichnis  der 
Mitarbeiter  an  den  Jahrg.  1880—1891. 


Frommannsche  Buchdrnekerel  (Hermann  Fohle)  in  Jena.  —  1034 


IV. 


Das  ehemalige  Amt  Lichtenberg 

vor  der  Rhön. 


1.  Gesehiehte. 


Vou 


C.  Bfaider.  Pfarrer  io  Bergsulza. 


16* 


jr  ^  ^ 


■^  ? 
'  I 


-:,}  t 


;  \i 


V\ 


Vorwort. 

JN  achstehende  Arbeit  bildet  in  etwas  gekürzter  Form 
etwa  den  dritten  Teil  einer  Abhandlung,  deren  ursprüngliche 
Anordnung  aus  redaktionellen  Gründen  aufgegeben  werden 
mufste.  So  werden  denn  „die  Bechtspflege"  und  ,,die  Amts- 
bewohner und  Amtsorte''  in  späteren  Heften  in  der  Zeitschrift 
erscheinen. 

Bei  Abfassung  der  Schrift  hatte  ich  als  Publikum  vor 
allen  die  Bewohner  der  behandelten  Gegend  im  Auge,  denen 
ich  sie  durch  eine  entsprechende  Anzahl  von  auf  antographi- 
sohem  Wege  hergestellten  Exemplaren  zugänglich  zu  machen 
hoffte.  Auch  bei  der  Aufnahme  derselben  in  die  Zeitschrift 
mochte  ich  auf  den  ursprünglichen  Zweck  nicht  ganz  ver- 
zichten, der  nun  durch  Sonderabdrücke  erreicht  werden  soll. 
Damit  bitte  ich  die  historisch  geschulten  Leser  die  nicht 
streng  wissenschaftlich  gehaltene  Form  und  namentlich  manche 
unnötig  erscheinende  Erklärung  zu  entschuldigen. 


Abkürzungen: 

D  =  Dänner,  Sammlung  fuldaischer  Urkunden,  Manuskript 

in  der  Landesbibliothek  zu  Fulda. 
H  =  Hennebergisohes  TJrkundenbuch. 
M  =  „  Gesamtarchiv  zu  Meiningen. 

0  =  Amtsarchiv  zu  Ostheim. 

S  =a  „Schlufsprotokoll"  das.,  als  „Dorfbuch"  angelegt  um 
1660. 
Wm  =  Staatsarchiv  zu  Weimar. 
Wb  =  Kreisarohiv  zu  Würzburg. 


Von  allen  Ploren  der  später  amt-liohtenbergieohen  ^) 
Orte  soheint  in  yorgesohichtlieher  Zeit  die  damals  noch  viel 
ausgedehntere  von  Sondheim  die  belebteste  und  bedeutungs- 
vollste  gewesen  xu  sein.  Das  beseugen  die  .in  etwa  halb- 
stündigem Halbkreise  um  Sondheim  herum  befindliohen 
Hünengräberfelder,  deren  es  sonst  in  dem  ganzen 
späteren  Amtsbezirke  keine  giebt.  Ein  solches  Gräberfeld 
findet  sich  an  der  Grenze  von  Oberwaldbehrungen,  wo  das 
Ostende  des  „HansrUok'',  dessen  Name  zweifellos  mit  Hünen- 
gräbern in  Verbindung  steht,  auf  den  Heidelberg  stölsi 
Professor  ElopfieiBoh  gelang  es  im  April  1882  hier  nur  noch 
ein  intaktes  Grab  aufzufinden,  allem  Anscheine  nach  das  einee 
halbwüchsigen  Kindes;  es  enthielt  12  Urnen.  Der  ganze  be- 
ackerte Abhang  nördlich  von  diesem  Gräberfelde,  das  „heilige 
Land",  ist  von  Urnenbröokchen  wie  übereäet.  Ein  anderes 
vollständig  durchwühltes  Gräberfeld  findet  sich  dicht  vor  XJr- 
springen  auf  dem  westlichen  Ende  des  Galgenbergs,  dessen 
östliches  „Hühnerbrühe'' (Hünenbühel?)  heifst.  Ein  besonders 
interessantes,  noch  unberührtes  Einzelgrab,  aus  dem  Anfang 
der  Bronzezeit,   fand    sich   auf  dem  „Rotenhauk''   (gerodeter 


1)  Eine  ständige  Bezeichnung  des  Sohiosses  und  Amtes  zur  Unter- 
Scheidung  von  den  übrigen  Schlössern,  Amtern  und  Ortschaften  dieses 
Namens  —  ich  kenne  deren  12  —  g^ebt  es  nicht.  Ganz  korrekt  ist  die 
gewählte  nicht,  da  nur  ein  Teil  des  Bezirks  dem  „Lande  vor  derBhön'^ 
angehört  hat.  Eine  dynastische  liefs  sich  nicht  anwenden,  da  das  Amt 
allzuoft  die  Herren  gewechselt  hat,  jetzt  aber  als  solches  nicht  mehr  besteht. 


Dh  ehmnaUg«  Amt  LlofaUiberg  vor  dat  Bhöii. 


2ST^ 


I 
I 


I 


el,  oder  Hügel  des  RoteD  —  des  DonnererB  [Klopfleisol 
zwischen  UrspriageD  und  Stetteu,  Es  bai^  5  Skelette,  uad 
2war  auf  dem  Grunde  auf  Bteiiiplatteo  ansoheiiiend  die  des 
Helden  uod  eioeB  jugendlichen  Sklaven  —  in  ~j~-Fonn  an- 
einander gelegt  —  und  darüber  auf  einer  Sohioht  sohwerer 
Basalteteine,  deren  der  Hügel  etwa  30  Fuhren  i?iithielt,  3 
■weibliche.  —  Manche  bisher  unbeachtete  Bodenerhebung  in 
^em  nahen  „Beittvelde"  dürfte  aicb  noch  als  Hünengrab  aug- 
weieen.  Ein  eehr  ausgedehntes  Gräberfeld  birgt  endlich  noch 
•das  durch  seinen  hohen,  schlanken  Eichenwuchs  foretwissen- 
schaftlich  iutereesante  „Slettener  Waldchen".  Alle  diese 
Oraber ' )  enthielten  verechiedon artige  Symbole  des  BUtzes, 
die  auf  einen  besonders  auegepräglen  Thorkultue  hindeuten. 
Sind  die  ersten  Urnen  zu  den  rorgesohichtlichen  Be- 
■wohaern  unserer  Gaue  von  den  Phöniziern,  dem  untemeh- 
mendsten  Handelevolke  des  Altertums,  gebracht  worden,  und 
haben  diese  überhaupt,  wie  man  annimmt,  auf  die  Hebung 
ihres  Kulturlebens  zuerst  eingewirkt,  so  ist  nicht  undenkbar, 
dafs  der  Name  ihrer  Göttin  Aatharot  (ßioht.  2,  13;  1.  Sam. 
7,  4  et«.),  der  Istar  der  Ässyrer,  von  unsere  heidaieohen 
Vorfahren  auf  ihre  Göttin  Sif,  die  etwa  gleiche  Bedeutung 
mit  jener  hatte,  in  etwas  veränderter  Form  (Ostara)  übertragen 
-wurde.  Nach  ihr  ist  der  Osterberg  bei  Sondheim  genannt, 
«m  dessen  Fufse  eine  starke  Quelle  hervorquillt,  die  dem 
ganzen  Orte  sein  vortreffllohes  Trinkwasser  liefert,  und  an 
-welcher  zu  Zeiten  geheimnisvolle  Stimmen  zu  vernebmea  sein 
«ollen. 

Au  die  Heidenzeit  erinnern  auch  die  Helmershäuser  Flur- 
namen „Götzenau"  und  „Elbaee".  Letzterer,  jetzt  nur  noch 
«ine  sumpfige  Stelle,  war  in'  dar  Toretellung  der  heidaiBohen 
Umgegend  belebt  von  Alben  (Eiben,  Elfen),  die  in  der  christ- 
lichen Zeit  zu  Wasserjungfern  wurden,  welche  nach  einer 
«ucb    anderwärts    sich    findenden    Sage    sich    öfter    unter    die 


4 


1)  Nüberes  s.  mein  ,,8andheim  und  seina  Chronik",  Wiei 


W,  Br»t>- 


d  KorrespondeTitbl,  der  dcaCach.  Oea.  F,  Aatbropologie  ctc. 


S38  ^*^  ehemalige  Amt  Lichtenberg  vor  der  Rhön. 

tanzende  DorQugend  mischten,  bis  sie,  einmal  um  die  für  ihre 
Heimkehr  bestimmte  Stunde  betrogen,  nicht  wiederkamen. 

Man'  will  femer  den  ,,Hell-  (Hei-?)  Bain"  (bei  Benkert*) 
„Hellerrain")  am  Sommerberg  in  Ostheimer  Flur,  mit  dem 
,,Leucbtaoker''  darunter,  als  eine  Erinnerung  an  die  Göttin 
Heia  mit  der  Heidenzeit  in  Verbindung  bringen. 

Vor  allem    aber   dürfte    der   Disberg,    der  zum  Teil  zwm 
Amte  Lichtenberg  gehörte,    mit  seinem  Namen   wie  mit  deni 
Aussehen  seiner  Oberfläche  auf  eine   besondere  Bedeutung  in 
der  Heidenzeit  hinweisen.     Zwar  ist   er  seit   dem    aus  Ober- 
katza  gebürtigen  Jenenser  Professor  Dithmar  (1709)   fast  all- 
gemein für  das  Dispargum,  die  Feste  des  Frankenkönigs  Ghlodio,. 
gehalten    worden,   allein    bei   näherer  Prüfung   der  Urkunden 
mufs    diese   Ansicht    aufgegeben   werden.      Verschiedene   alte 
Geschichtscbreiber   berichten,    Chlodio    habe   von   jener  Burg^ 
aus,  die  in  der  Grenzmark  der  Thoringer  (Thoringorum,  Ton- 
grorum,  Tungrorum)  lag,  und  von  welcher  bis   zur  Loire  hin 
die  Bömer  geherrscht  hätten,    Kundschafter    nach  Gameracum 
(jetzt  Gambrai)  geschickt,  sei  denselben  bald  gefolgt,  habe  die 
Bömer  geschlagen  und    ihre   Stadt    eingenommen  (437).     Ein 
Ausfall  von  unserm  Disberge  aus   nach    Gambrai,    mindestens 
70  geogr.  Meilen  weit  ?  —  Versteht  man  aber  unter  Toringia 
oder  Tongria  nicht  Thüringen,    sondern  die  Gegend    der  jetzt 
belgischen  Stadt  Tongern,  und  unter  Dispargum  die  noch  im 
vorigen  Jahrhundert  in  Distheim  bei  Tongern  vorhanden   ge- 
wesene Disburg,    so  kann  wohl  von  einer  Burg   Chlodios  auf 
unserm  Disberg  nicht  mehr  die  Rede  sein.     Allerdings  macht 
man    geltend,    dafs    der   Berg    mehr   Disburg    als   Disberg 
genannt  werde,  doch  dürfte  diese  Benennung  erst  seit  Dithmar 
gebräuchlich  geworden  sein.     Der   lichtenbergische  Amtmann 
Erdmann    wenigstens    in    seiner    offiziellen    Amtsbeschreibung 
von   1754  sagt    von    diesem  Berge:    „Soviel    man    beym  Amt 
auf  die  vorhandene  älteste    Schriften  Achtung    gegeben,   wird 
er  Disberg  geschrieben."     Das  Dispargum  Chlodios  kann  er 


1)  Nordheim  vor   der  Rhone,  Würzburg  1821 


Du  eluniuliga  Ami  Llcblsnbcrg  vor  der  Rli5n. 


33* 


schon  deshalb  nicht  gewesen  eein,  weil  die  Römer  weder  hier 
noch  in  weiter  Umgegend  je  neherrscht  haben  (s.  u.  a.  Genfa- 
Jer,  T.  Schultea  etc.)^).  —  Vielmehr  weist  der  Ring  von 
BasaltHteiDen  auf  der  abgeplatteten  Spitze  dieses  imposanten 
Basalt-Bergkegeia  darauf  hin,  dafs  wir  hier  eine  heidnische 
Enltusstätte  vor  uns  habcD.  Der  Block  in  jenem  Steinrings 
ist  jedenfalls  der  Opfersteio  gewesen,  und  die  seh üa seif örm ige 
Vertiefung  mit  den  3  löff'el artigen  Gebilden  darin,  die  nach 
Heim  *)  anzeigen  sollte,  „dafs  der  fitein  als  Grenzstein  der 
Ämter  Lichtenberg,  RuIteuDordheiro  und  fiand  gedient  mit 
der  besonderen  Beziehung,  dafa  der  3  Amtmänner  bei  einer 
Grenz begehuog,  jeder  die  Füfse  auf  seinem  Territorium,    aieb 


auf   den    Stein    setzen    und   eini 

dürfte  zum    Auffangen    des  Bin 

Menschen    gedient    haben.      Den 

mit  dem  Opferateine  findet  man 

in  Urspvinger  Flur    am  Südabhi 

schon  der    Name  Disberg   deutet   auf  heidnischi 

Als   Dtaen,    göttliche    Jungfrauen,    werden    zuwi 


Suppe  verzehren  konnten", 
s  der  geopferten  Tiere  oder 
Hteinrine  Ton  Basaltblöoken 
ax  kleinen  im  „Bockleagrund" 
ge    des  Hunsrüek.  —    Auch 

Kultus  hin. 

■.D  die  Wal- 


küren bezeichnet.  So  hält  fiimrock  ^)  den  Dlsibodenberg  an 
der  Nahe,  „der  auch  Diaberg  heifst"  —  unsern  Disberg 
kannte  er  nicht  —  für  einen  Berg,  den  die  Disen  sich  aum 
Aufenthalt  erkoren.  Aber  auch  die  Priestertnnen  wurden  als 
göttliche  Jungfrauen  augesehen  und  Disen  genannt.  Als  noch 
lange  nach  Einführung  des  zam  Teil  aufgezwungenen  Christen- 
tuma  viele  in  versteckten  Gehegen  heidnischen  Götzendienst 
trieben,  etand  manche  Frau  hei  guten  Christen  in  dem  Ver- 
dachte, bei  solchen  heimlichen  nächtlichen  Zusammenkünften 
im  Hag  als  Dise  (Segedise,  Hexe)  zu  fungieren.  Ist  vielleicht 
unser  Disberg  der  Blocksberg  der  Rhön  ? 


1)  Kl  JEt  diiDn  Klao  aach  nichCa  mit  der  Ablaitang  äei  „ßämerabrunii" 
bei  Helinershaosfln,  oder  des  „  Kommers biihel"  bei  Osltaim  von  den  Eömorn, 
und  nichts  mit  ibrer  EinführuDi!  des  Obilbauas  daselbst,  ebeoaDwenif'  wie 
der  Name  Röiabild  mit  ibnen  etwas  xa  thun   hat, 

i)  HeiiDBbarg.  Chronik. 

3)  Deutschs  Mytlioiogie,  S.  4ai. 


240  ^'^  ehemalige  Amt  Lichtenberg  yor  der  Rhön. 

Bis  etwa  zur  Zeit  der  Einführung  des  Christentums  stand 
•das  Frankenland  teilweise  im  Besitz  wendischer  Stämme,  welche 
•es  vermutlich  in  der  Zeit  der  Völkerwanderung  überflutet 
hatten.  In  unsem  Gauen  Tullifeld  und  Bariugau  weisen  die 
l^amen  Büdenschwinden,  Diezwinden,  Hartschwinden,  Mebritz, 
föhlritz,  ja  nach  Oenfsler  das  Wort  Tullifeld  selbst  auf 
wendischen  Ursprung  hin.  Im  Jahre  766  erfochten,  wie 
Lambert  schreibt,  die  Franken  den  ersten  entscheidenden  Sieg 
über  die  Wenden,  und  zwar  bei  Weidahaburg,  welches  Oenfs- 
ler*)  in  Weid  (jetzt  Ober-  und  Unterweid)  wiederfinden  will. 

Nachdem  744  Bonifatius  das  Kloster  Fulda  gegründet 
hatte,  sendete  dieses,  um  die  Mittel  zur  Selbsterhaltung  und 
zur  Weiterverbreitung  des  Christentums  zu  gewinnen,  Boten 
aus,  die  die  Heiden  bekehren  und  dabei  die  Begüterten  unter 
•denselben  durch  Vormalen  der  schrecklichsten  Höllenstrafen 
zur  Schenkung  ihrer  Besitzungen  und  der  dazu  gehörigen 
Leibeigenen  veranlassen  sollten.  Zuweilen  scheint  das  Kloster 
zu  letzterem  Zwecke  in  solche  Gegenden,  wo  die  Mönche 
vorgearbeitet  hatten,  ganze  Kommissionen  gesandt  zu  haben, 
deren  Weg  man  hie  und  da  nach  den  Urkunden  noch  ver- 
folgen könnte.  So  wurden  am  8.  Januar  824  in  Kaltennord- 
heim  3  Urkunden  ausgefertigt  über  Schenkungen  aus  dem 
<}ozfeld,  aus  dem  Grabfeld  und  aus  Ostbeim ;  am  folgenden 
Tage  eine  in  Kaltensundheim,  alle  von  denselben  Zeugen  be- 
glaubigt. Am  31.  August  desselben  Jahres  machtoD  Graf  Haho 
und  Adalpraht,  die  wir  wohl  auf  Hildenberg  wohnend  denken 
müssen,  im  Namen  der  Hiltiburg  Schenkungen  von  Besitzungen 
zu  Nordheim  v.  d.  llhöu,  und  am  9.  December  schenkte 
Hiltiburg  selbst  ihren  Besitz  zu  Kaltennordheim,  zu  West- 
heim und  in  Streu  (jetzt  Wüstung  bei  Melpers).  Am  22. 
Juli  830  wurden  2  Schenkungsurkunden  ausgefertigt,  die  eine 
„am  See  im  Tullifelde*'  (s.  u.),  die  andere  in  Kaltensundheim. 
Oft  und  reich  bedachten  ein  gewisser  Adalhun  und  seine 
Gattin    Kunihild,    welche,    da    sie    keiner  lehnsherrlichen    Ge- 


1)  Geschichte  des  Grabfeldes  II,  50. 


Du  «liMnkliBa  Amt  Licbtanberg  tot  dar  Bhea. 


241 


Dehmigang  dazu  bedürfen  und  Gangraf  Eriatao  ata  erster 
Zeuge  uotersohreibt,  desseo  Geschleohte  angehört  haben  eoUeo. 
Eunihild  echeckto  667  Güter  ihrer  Uutter  Uualtrat  in  üualt- 
tatehuB  (Walters  hau  Ben,  Heimat  von  Schillers  Freuodin  Frau 
V.  Kalb),  868  ihr  Gemahl  Güter  in  Hiedeu  (jetzt  Wüstung 
bei  EBlteoBundheim)  und  Orimeerode  (vermutlich  am  Grimmel- 
bache  bei  Kaltenauodheim) ,  874  Kunihild  ihren  Besitz  in 
Herpf,  Gerthausen,  WaltershauBen,  Eibetadt  etc.,  901  Adalhun 
6  FamiLien  iu  Gerthausen  und  3  in  Bibstadt,  und  was  eeine 
(veratorbeae)  Geniahlin  Guoelbilt  daselbst  beseasen  hatte. 

Solche  noch  zu  Uunderteu  im  OriginBl  oäer  ia  Absohriften 
vorhandene,  früher  in  Fulda,  jetzt  in  Marburg  aufbewahrte 
Urkunden  ^)  geben  über  die  damalige  Oaueinteiluug 
manchen  erwünschten  Aufsohtufd,  Naoh  ihnen  gehörte  die 
Oegend,  von  der  wir  reden,  zum 

Grabfelde, 
-welches  etwa  von  Vacha  bis  Sohweiufurt,  und  von  Coburg 
bis  zum  Vogelsgebtrge  reichte  und  durch  2  dazu  gehörige 
kleinere  Gaue,  das  TuHifeld  —  die  Gegend  des  oberen  Felda- 
thales  —  und  den  Baringau  —  die  Gegend  des  oberen  Streu- 
thales  —  in  zwei  Hälften  geteilt  wurde,  deren  östliober  auch 
ale  eigentliches  Grabfeld,  deren  westlicher  als  Buchonien  oder 
das  Land  Buchen  (die  Heimat  der  „Büchner")  bezeichnet  wird. 

Der  Name  Grabfeld  (in  den  Urkunden  fast  nur  Grapfeld 
geschrieben)  könnte  entweder  ebenfalls  eine  Buchen-,  oder 
eine  Sturmiaa  d seh aft  bedeuten,  je  nachdem  man  das  Wort  grap 
als  ein  alavisches  (dann  bedeutete  es  besonders  die  Hain- 
buche) oder  als  ein  altnordischei 
Verbindung  könnte  noch  in  Zuee 
mit  dem  gotischen  Fil  (vgl.  dar 

Das  Grabfeld  stand  unter 
und  wurde,  wie  jeder    andere  Gau,    in  gröfsere    oder  kleinere 
Centbezirke    eingeteilt.     Die    meisten    derselben    wurden  nach 


4 
4 


nimmt.  „Feld"  iu  dieser 
eammenhang  zu  bringen  sein 
.  Fjeld)  =  Berg,  Gebirge»), 
einem    kaiserlichen  Oaugrafen 


I)  Schaonit    eab    lTi4,    Dronke    1B44    ' 
de  ans  hentns. 

S)  gcbnaider,  FUhrcr  darch   dfs  Khüa,  S. 


flnüqui 


242  '^  eh«DD«iiga  Amt  Ltohtenberg  tot  der  Rhön. 

ihren  GeriohtsorteD,  eiozeliie  auoh  oaoh  ihrer  Lage  an  FIüb. 
sen  etc.  benannt,  einige  auch,  vielleicht  wegen  einer  ihnen 
eigenen  SelbBt^ndigkeit^  oder  weil  sie  zu  Zeiten  wenigstenB 
ihre  eigenen  Oaografen  hatten,  als  Oaue  bezeichnet;  so  der 
„Oan^'  (oder  die  ,,Proyinz'')  Tullifeld  und  der  Baringau. 

Eine  besondere  Schwierigkeit  bei  der  Bestimmong  de» 
ümfangs  dieser  kleinen  Gaue  yerursacht  der  Umstand,  dafs 
viele  in  denselben  gelegene  Orte  nicht  immer  —  viele  gar 
nicht  —  mit  der  Bezeichnung  ,,im  Tullifeld''  oder  „im  Barin- 
gau'' vorkommen,  sondern  zuweilen  auch  —  einige  immer  — 
in  das  Grabfeld,  oder  auch  gleichzeitig  in  dieses  und  in  einen 
der  beiden  Gaue  verlegt  werden.  Man  schrieb  diese  Inkon» 
Sequenz  der  Unkenntnis  der  die  Urkunden  schreibenden  fuldai- 
schen Mönche  zu,  oder  auch  der  zeitweisen,  aus  politischen 
Gründen  erfolgten  Aufhebung  der  selbständigen  Oaugrafschaft 
für  diese  kleineren  Gaue  und  Unterstellung  derselben  unter 
den  Grafen  des  Grabfeldes.  Das  Einfachste  ist  wohl,  anzu-^ 
nehmen,  dafs  man  zur  Bezeichnung  eines  Ortes  ebensogut  das 
Ganze  —  das  Grabfeld  —  als  den  Teil  nehmen  konnte,, 
welchem  der  Ort  angehörte.  Und  wenn  ein  Ort  (z.  B.  in 
einer  Urkunde  von  795)  liegt  in  pago  Grapfelt  et  Tullifelt^ 
so  ist  wohl  das  et  mit  „und  zwar''  zu  übersetzen.  So  heifdt 
es  in  einer  Urkunde  von  789 :  in  pago  Baringe  et  in  uillis- 
istis  Suntheim  etc.;  oder  814:  in  pago  Tollifelde  et  in  uilla 
Theodorfe,  sed  et  in  pago  Baringe    et  in  uilla  Sundheim  etc» 

Um  den  Umfang  eines  Gaues  zu  bestimmen,  ging  man 
sonst  stets  von  der  Ansicht  aus,  nach  Einführung  des  Christen* 
tums  habe  man  für  jeden  Gau  ein  geistliches  Kapitel  einge- 
richtet, und  es  decke  sich  demnach  stets  der  Umfang  des- 
Gaues mit  dem  seines  Kapitels.  Neuerdings  ist  man  jedoch 
davon  zurückgekommen  ^).  Wollte  man  diesen  Grundsatz 
noch  auf  unsere  Gaue  anwenden,  so  würde  er  zu  ganz  falschen 
Ergebnissen  führen,   und  wir  werden  wohl  thun,  bei  Bestim- 


1)  Landau,  Territorien,  S.  391;  y.  Spruner,  Bayerns  Gauen,  S.  126; 
Gegeobaur,  Das  Grabfeld,  S.  24  etc. 


Du  ebemsliga  Amt  Liefaienberg  vor  der  Rben,  343 

maag  des  TJmfangB  des  Tulliteldea  und  des  Baringau  uns  nur 
Pi*a  die  Urkunden  zu  hallen  ^), 


I 


Tuliifeld 

hielt  man  eonat  ')  liir  gleich,  grofs  'wie  das  wärzburgiBche  Kapitel 
Geiea,  deHsen  Dmfaug  man  zuerst  aus  einem  DiÖcesanver- 
zeichnie  ven  oa.  H5ü  keunt.  Demnach  hätte  ea  ¥oa  der 
Hohen  Bbön  bis  Friedewald  und  ron  der  Werra  bis  zur  Fulda 
sich  eretreokl.  Aber  auch  noch  Oegonbaur  (a.  a.  0.  8.  24) 
läfst  es  zu  weit  nach  Norden,  bis  Vaoha  eich  eralrecken,  ob- 
gleich Eof^idorf  der  Dördliohste  urkundlich  vorkommende  Ort 
des  TuUifeldes  ist. 

Zeichcieu  wir,  um  uns  über  den  Umfang  des  letzteren 
klar  zu  werden,  aiue  Karte  des  Kapitels  Qeisa  und  unter- 
Btreichen  wir  darauf  die  urkundlich  im  Tullifeld  gelegenen 
Orte,  so  wird  eioh  zeigen,  dafs,  während  alle  anderen  Orte 
vielleicht  ebenso  oft  oder  öfter,  aber  nie  als  im  Tullifeld  ge- 
legen vorkommoD,  diese  alle  auf  einem  kleineu  Trupp  in  der 
eüdöatliehen  Ecke  des  Kapitele  ganz  dicht  bei  einander  liegen 
und  zu  den  Gpäteren  Centen  Kalteusuudheira  und  Dermbach 
(Fisobberg)  gehört  haben.  Ee  eiud  folgende :  KalteuBundfaeim 
(kommt  siebenmal  als  im  Tullifeld  gelegen,  ohne  dicGo  Be- 
zeichnung noch  Öfter  vor;  einmal  auch  die  „Sundheimer 
Mark"),  Kaltenweslheim  (dreimal  auch  die  „Westheimer  Uark", 
BU   welcher    Woid    und    Fisch  ach    [Kleinfischbach]    gehörten) 


1)  Auch  MlUler  (Dat  Beiirk  MelJriubBtadt,  WQrEburg  1879}  Ist  anf 
Wsclier  F&hrte,  weDii  er  dem  Westergau  des  OrKbfeldea  den  Omrang  des 
Kapitels  UellriclisUdt  anweist,  im  Weatcrgau  kommea  nur  2  Orte,  Madil- 
Tlchesatst  IMadalrbhistreuwa)    utid     uiUiL    Branda  (Breote,  Breud)  urknud- 

dieser  BezeichtiuDg.   —    Leattrideshasen  (iOlSJ,  velches   ei   mit  Schnltes 

nur  eiu  uicbt  mehr  auriaündeuder  Ort  des  tbütlagischeii  Weatergau 
«in  (Qegenba 


:.  äcbann 


%  Beitragen 


rweiteruQg  1 


ir  ßsacbicbtikua 


1  AnDuymus  (Krilie),in  Ueuieli 
1  1,  5(;  Genfsler;  Schnltea  } 


tmd    Wsid     Ci» 

nozdheiiB  and 
Bofsdorf  (ja  drei- 
mal), HitteMearf 
(sweimid),  I>m> 
dorf,  Hotabetg 
(■««mal  aoolfc 
di«  „Hntibetgvr 
Mirk"),  Kliogi,, 
Fiiohbaoh,  Bie- 
den,  äortkatuen 
(„in      [Ealtoo-}: 

Sondlittiim 
Jiaxk"),  WieMo- 
tbal  nod  Wokl- 
■nthaoMii      Qt- 
ainmftl).       Dua 

komaiMt  Qoah 
folgende       nioht 

mehr  DBohm- 
weiMode     Ort«  r 

Bubenlms, 
weloheB  f^  B«* 
oben-   oder    Br- 

benh&uBen 
gelialteD     vird ; 
Streuuia  G.W^olf- 
holtee- ,       Bonit 

PaotriteBstreuiia 
im  Btringsu"?), 
das  vielleicht  nur 
der  Kürze  wegen 
mit  den  in  denel- 
ben  Urkunde  ge- 
oannteu      Orten 


Du  eh«n>Hp  Amt  LichtenbiTg  tdi  dir  BhSn, 


ran 


Iteanordheim  und  Kalten  Bund  heim  ins  Tullifeld  verlegt  iet,  an 
deesea  Grenze  es  leg;  Uualtgereehus  qaae  eita  est  super  ripam 
fluniinJB  ülotra  (die  Wüstung  Eogelsberg  ?)  und  Urazshu,  ver- 
mutlich die  WüstuDg  RalBchberg  hei  Rofadorf. 

Das  häufige  urkundliche  Vorkomraeii  KalteneundheimB 
„im  Tullifeld"  lafst  darauf  achliefsen,  dafa  es  in  dieeem  Gau 
eine  besondere  Bedeutung  gehabt  haben  mufs.  Hier  hat  Bich 
auch  der  Oauname  am  längsten  erhalten;  1353  heift  es: 
„Suntheim  in  dem  Tullefeylde",  1428  :  „Sundheim  im  Thölfelde", 
1458:  „Suntheim  in  dem  Tullifeld".  Noch  Heim  (1776) 
waren  zu  seiner  Zeit  die  lusasBen  des  Fischberger  Amtes  als 
„DöUfelder"  bekannt,  und  nach  dem  Verfasser  der  Abhand- 
lang über  das  Tullifeld  in  Meuaels  Beiträgen  etc.  hiefsen  die 

I wotaner     des    Feldagrundes    „Tüllfelder"    oder    aoherz weise 

'ollfelder"  i). 

ITamen  des  Gaues  leitet  Schannat  her  von  einem 
gleichaamigon,  nicht  mehr  aufzufindenden  Orte,  weil  es  in 
einer  Urkunde  von  830  heifst:  ia  TuHifelde  (traditio)  acta  zi 
demo  seuue,  was  aber  doch  wohl  nur  heifst:  im  Tullifelde 
am  See  (vgl.  Sevve  =  Seba,  das  von  einem  See  seinen 
Samen  hat,  oder  [1363]:  „by  den  Sewe  des  Dorffes  ozu 
Berlteshusen"  [Wüstung  im  Amte  Fiachberg]).  Noch  ist  der 
Name  —  von  anderen  unmöglichen  Ableitungen  zu  schweigeo 
—  hergeleitet  worden  von  Dill  (Diele),  Doli  =a  PlankenzauD, 
der  dort  häufig  zu  finden  gewesen  wäre,  oder  von  dem  wendi- 
schen Worte  döl,  dole  (thalabwärts ;  vgl.  Dohle  =  Abflufa). 
Nach  der  letzteren  Erklärung  würde  Tullifeld  einen  im  Thale 
sieh  hinziehenden  Bezirk  bezeichnen,  wa«  auf  unsern  Gau 
vortrefflich  passen  würde. 

JedenfoUe  scheint  doch  der  Name  mit  dem  Feldathale 
aufs  engste  zusamraenzuh fingen,    und    der  Gau   dürfte  deshalb 


1]  Als  KurioBDin  sei  MWäbist,  was  Scbinnat  dem  Saio  nucbeczSlilt, 
dftfB  IlSB  eio  Knabe  lua  dem  Tallifelde  lange  rq  eiusr  blKulicheu  Qo- 
■chvnltt  Rm  rechten  Beine  gelitlan  habe,  und  dib  endlicb  ans  dereelben 
statt  Ellers  eine  Menge  Kfirner  von  Mea  miSglichen  Ostreidearten  bentni- 
gequollen  seien, 


« 


Drt  e 


LibhCttnbm'tc  v 


den  ümfuag  der  beidäu  C'eütea  KalteuHuadheini  uud  Uerni- 
bach  kaum  übersobrittun  babea.  Dm  so  aufialliger  ist  e?,  duC« 
eia  so  kleioer  Bezirk  die  etolzH  üezeichuung  „Gau"  tührea 
konnte.  Der  JJaringau  freilich  (und  wohl  aucli  der  Weeter- 
gau)  war  sogar  nouh  kleiner. 

Zur  Zeit  der  Auflösung  der  Gauverfuaaung  (im  11.  Jahr- 
huudert),  als  die  kaieerlioben  Oaugrafeu  zu  wirklii^hen  Landes- 
herren ihrer  bisherigen  Gerich tsbeziika  wurden,  fiel  das  TuUi- 
feld  einer  Linie  des  Uenuebtrger  GrafenhauseB  eu.  Der  Uuu- 
graf  dürfte  in  KalteuBUDdheim,  dem  Gerichteorte,  seinen  tiitz 
gehabt  haben,  denn  dort  hat  der  Sage  uaeh  da,  wo  jetzt  die 
Eirehe  steht,  eine  Burg  geutandeu.  Die  doppelte  Mauer  um 
-die  Kirche,  die  liulsere  mit  5  Kuiidellen,  die  innere  mit  4 
dicken  Türmeu  vurtjehen,  wie  nie  itu  vorigen  Jahrhundert  noch 
vorhaadeu  war,  ist  zwar  kein  Beweis  dafür,  denn  ho  oder 
ähnlich  wareu  früher  die  meisten  Kirchhöfe  der  gaDseii 
Oegend  befestigt,  und  sie  hiefaen  ebeueo  wie  hier  als  die 
eigentlichen  Kastijlie  der  von  hohen  Uauern  umschlossene  u 
Orte  „Burgeu"  oder  ,, Burgstadel'';  aber  es  giebt  doch  noch 
mehr  A-uhaltspunkte  dafür,  d&fä  die  Sage  hititorischeu  Hinter- 
grund hat.  —  Nach  Weini'ich  hat  die  ursprilngliche  Burg 
auf  der  hohen,  kegelförmigen  Ältraark  (A-Iteoburg),  zu  welcher 
noch  durch  die  Flur  der  „Burgweg"  führt,  gestanden,  und 
auch  Erdmann  sagt  in  seiner  schon  erwähnten  Amt^beschrei- 
tiung  von  1754,  dafa  auf  diesem  Berge,  an  dessen  Eufse  ein 
Tortre  ff  lieber  Bruunen  sei,  „der  Erzehluog  und  jezuweilen 
gefundenen  Mauren  und  Kellern  nach"  ein  Schlofs  gestanden 
habe.  Dann  wäre  also  nach  der  Zerstörung  oder  dem  Verfall 
dieses  Suhlosses  die  Burg  da  gebaut  worden,  wo  jetzt  die 
£irche  steht.  Lange  kann  auch  diese  Burg  nicht  gestanden 
haben. 

Wahrscheinlich  ist  es,  dafs  mit  ihrem  Untergänge  die  ver- 
mutlich durch  Erbsehal'ts  vorhält  niese  veranlttfate  Teilung  der 
Cent  Kaltensuudheim  im  Zusammeubauge  steht.  Für  den 
einen  Teil,  der  aus  den  Orten  E alten nord heim,  Kalteuwestlieim, 
Lichtenau  {jetzt  Wüstung),   Erben-  und  Bei  oben  hausen,  Ober- 


^"     BP 


Dai  ehemalige  Amt  LlchUaberg  vor  der  Rbän.  247 


I 

I 


I 


Dnd  ÜDterweid  bestand  und  als  „Vogtai  £  alten  nordh  ei  m" 
ipäter  zu  Henneberg-SchleuBmgen  gehörte,  wurde  zu  Kalten- 
nordheim  eine  Vogteiburg  (die  „Meorlinfie",  nicht  „Merlins" 
wie  Bein  [Zeitschrift  des  Vereins  filr  thür.  Gesch.  u.  A.,  V, 
356]  gehört  hat)  erbaut,  während  für  den  anderen,  aus  den 
Orten  Ealtensundheiui,  Mittelsdorf,  WohlmuthauaeD,  Schaf- 
hausen  und  GerthauBen  bcHtehenden  Teil  (das  später 
lichtenbergische  „Hintergericht")  die 

LichtenbuTg 
Kur  Yogteiburg  ausersehen  wurde. 

Seit  jener  Zeit  bildete  das  aus  der  halben  Cent  Kalten- 
sundheim  und  einigen  andern  Ortschaften,  z.  B.  Oberwald- 
behrungen,  Wilmars  (^)  etc.,  bestehende  Amt  Lichtenberg  eine 
eigene  Herrschaft  unter  einer  Seitenlinie  der  Grafen 
Henneberg,  denn  aus  jener  Zeit  rühren  noch  „lichtfinbergiscli« 
Lehen",  wie  eben  jenes  Oberwaldbehrungen,  her. 

Wenn  es  wahr  ist,  was  die  Sage  erzählt,  dafs  Ostheim 
durch  das  Zusammenwohneu  der  liohtenbergischen  Burgleute 
entstanden  iet,  indem  dieselben  ihre  ,, armen  Leute"  (Hörigen) 
mit  Teilen  ihrer  Burggüter  belehnten,  so  müfste  Schloß 
Lichtenberg  mindestens  schon  im  8.  Jahrhundert  bestanden 
haben,  denn  Ostheim  bestand  nach  Ausweis  einer  fuldai- 
achen  Urkunde  schon  im  Jahre  804.  Möglich,  ja  wahr- 
scheinlich ist  es  aber  auch,  dafs  nicht  erst  Lichtenbergs, 
sondern  schon  der  naher  gelegene  sagenhaften  Frankotono- 
bürg  wegen  jene  Edelsitze  gerade  da,  wo  später  das  Boif 
Ostheim  stand,  so  dicht  bei  einander  angelegt  worden  sind. 
Jene  Burg  soll  nämlich  innerhalb  der  doppelten  Bingmaueru, 
welche  zum  Teil  heute  noch  die  Eirche  umgeben,  gestanden 
haben.  Schlofs  Lichtenberg  wäre  dann  nach  der  Zerstörung 
oder  dem  Verfall  der  Frankoton  ob  urg  gebaut  worden.  Wann 
dies  geschehen,  ist,  wie  schon  aus  dem  Gesagten  hervorgeht, 
dunkel.  Uau  nimmt  an,  dafs  der  Erbauer  Graf  Poppe  IX. 
von  Henneberg  (f  1119),  ein  Sohn  des  1078  in  der  Schlacht 
bei  Mellrichstadt  gefallenen  Poppo  YII.  gewesen  sein  könne. 
Bei  Sohultes  heifst  er  „von  Lichtenberg,  Irmelehausen  iind 
XVL  17 


1 


248  ^^  ehemalige  Amt  Lichtenberg  yor  der  Rhön. 

Wasungen''.  Ihm  folgte  im  Besitze  der  Burg  Gottwald  in., 
welcher  anüser  ihr  noch  Habiohsberg  bei  Meiningen  besafs. 
Ton  ihm  gingen  beide  SchlösBer  an  eine  Nebenlinie  des 
Henneberger  Orafenhauses,  und  zwar  an  Otto  II.,  den  Minne- 
tsänger (s.  u.)y  über,  der  sich  nach  seiner  dritten  Burg  „von 
Bodenlauben^'  (I.)  nannte.  Dessen  Sohn  Otto  von  Boden- 
lauben II.  oder  jun.  vereinigte  durch  Heirat  die  beiden  Herr- 
schaften Lichtenberg  und  Hildenberg  (den  Bezirk  der  später 
würzburgisohen  Gent  Fladungen  mit  Ausnahme  der  (fuldaischen, 
aber  zur  würzburgisohen  Cent  gehörigen)  Orte  Sondheim,  ür- 
springen  und  Btetten.  Im  Jahre  1230  verkaufte  er  beide 
Herrschaften  an  Würzburg;  im  folgenden  Jahre  schon  sehen 
wir  Schloüs  Lichtenberg  nebst  Zugehörungen  (dem  Hinten- 
gericht) in  fuldaischem  Besitze.  Es  war  dem  Stifte  Fulda 
eine  willkommene  Gelegenheit  gewesen,  eine  Burg  erwerben 
zu  können,  unter  deren  Schutz  es  die  genannten  3  Dörfer, 
welche  zum  Baringau  gehört  hatten,  als  das  „Yordergerichf' 
«teilen  konnte. 

Auch  über  den 

Bari  n  gau 
herrschten,  wie  über  das  Tullifeld,  bis  vor  wenigen  Jahr- 
zehnten noch  ganz  falsche  Ansichten,  und  zwar  deshalb,  weil 
man  bei  der  Ableitung  des  Namens  auf  falsche  Fährte  geraten 
war.  Weil  nämlich  in  den  Urkunden  Baringe  bald  als  Gauname 
(als  solcher  auch  Baringewe  geschrieben),  bald  als  Ortsname 
vorkommt,  leitete  Schannat  den  Gaunamen  von  dem  des  Ortes 
Bohrungen  (2  Stunden  östlich  von  Mellrichstadt)  her,  und 
ihm  sind  dann  Schultes  u.  a.,  selbst  noch  Dronke  gefolgt. 

Um  den  Zusammenhang  des  entlegenen  Behrungen  mit 
den  wirklichen  Baringauorten  möglich  zu  machen,  bedurfte 
es  auf  Schannats  Karte  freilich  einer  gewaltsamen  Verschie- 
bung des  Geländes.  Er  hält  den  so  zustande  gekommenen 
Landstrich  nicht  für  einen  eigentlichen  Gau  oder  Gerichts- 
bezirk, sondern  meint,  die  Alten  hätten  diesen  zum  Grabfeld 
gehörigen,  auf  fast  allen  Seiten  von  Bergen  eingeschlossenen, 
langen  und  schmalen  Landstrich  nur  deshalb  mit  dem  Namen 


Du  efaemtlige  i 


BfatanbiTg  TOT  i 


einee  Oaaes  iiaA  zwar  nach  dem  damals  wahracheiolich  1 
dentendsten  Orte  ßehrungen  bezeichnen  zu  müssen  geglaubt, 
um  die  darin  liegenden  Orte  Sondheim,  Nordheim  und  Ost' 
heim  yoa  den  gleichnamigea  im  Grabfeid  und  im^Tullifeld 
gelegenen  unteTBcheiden  zu  können.  „Sondheim  im  Baringau" 
sollte  ateo  eigentlich  nur  bedeuten  „Sondheim  in  der  Behrunger 
Gegend".  Obgleich^ aber  dicht  bei  Bohrungen  ein  Sondheim 
(im  Orabfeld)  liegt,  wäre  also  doch  das  5  Stunden  davon 
liegende  Sondheim  (vor  der  Rhön)  gemeint  gewesen  ! 


9CHA  N  N  AT5         ^'""f;'' »:  <  / 


Eret  Beukert*)  roacbte  darauf  aufmerksam,  dafa  jei 
entlegene  Behinngea  nie  zum  Baringau  gehört,  und  dafa  dieser  ' 
seinen  Namen  nur  von  dem  Bahrebache  haben  könne,  der 
in  ürspringen  entspringt  und  unterhalb  Nordheim  nach  kurzem 
Laufe  iu  die  Streu  mündet.  Wie  aber  die  kleine  Bahre  zu 
der  Ehre  gekommen,  dem  Gau  den  Namen  zu  geben,  dafür 
neifs  er  keinen  plausiblen  Grund  anzugebeu.  Er  meint,  ee 
habe  wohl  der  Umsland,  dafa  Kaiser  Karl  der  Grofse  Ton  der 


i  Denkwardigk.   t,  IBfiS. 


250  ^^  ehemalige  Amt  Lichtenberg  vor  der  Bhön. 

Salzburg  aus  vielleicht  Öfter  sein  Krongut  XJrBpringen  besucht, 
oder  dafs,  nachdem  sein  Sohn  Ludwig  der  Fromme  es  an 
Fulda  geschenkt,  Fuldaer  Benediktinermönche  sich  hier  viel 
an  der  Quelle  der  Bahre  aufgehalten,  dem  Gau  zu  seinem 
Namen  verhelfen.  Allein  der  Gau  trug  seinen  Namen  schon 
vor  Karl  dem  Grofsen.  Benkert  hält  sogar  die  Ableitung  des 
Namens  von  der  bei  der  Hünenbeerdigung  verwendeten  Bahre 
nicht  für  unmöglich. 

Unser  Sondheim  liegt  am  Fufse  des  „Gentberges'',  der 
ehemaligen  Gaugerichtsstätte  („Sondheim  war  einst  der  Sitz 
des  grofsen  Gentgerichtes  für  einzelne  Bistrikte  des  Grab- 
feldes''); dicht  unter  dessen  steil  abfallender  Nordseite  fielst 
die  Bahre  hin,  was  alles  Benkert  wufste  —  kann  es  da 
noch  im  geringsten  zweifelhaft  sein,  wie  der  Gau  zu  seinem 
Namen  gekommen  ist?  Wollte  der  würzburgische  Domdechant 
und  lokalpatriotische  Nordheimer  dem  protestantischen  Nach- 
barorte die  fast  in  Yergessenheit  geratene  Ehre  nicht  gönnen, 
der  älteste  und  bedeutendste  Ort  des  Gaues  gewesen  zu  sein? 

Der  Gentberg,  eine  fast  1  Kilometer  lange,  unbeträcht- 
liche Anhöhe  mit  überaus  freundlicher  Aussicht,  zieht  sich 
westlich  von  Sondheim  nach  Westen  zu  und  dacht  sich  nach 
Süden  und  Osten  zu  allmählich  ab.  Yon  dem  höchsten  Punkte 
am  Ostende  aus  ist  ein  fast  schnurgerader  Erdaufwurf  iu 
südöstlicher  Bichtung  herabgezogen,  dessen  Bedeutung  dunkel 
ist.  Um  jenen  höchsten  Punkt  zieht  sich  in  weitem  Halb- 
kreise ein  tiefer  und  breiter  Wallgraben;  nach  Norden  zu 
war  eine  solche  Befestigung  des  steilen  Abhanges  wegen  un- 
möglich und  unnötig.  Die  so  befestigte  Spitze  des  Berges 
bietet  keinen  zu  Gerichtsverhandlungen  recht  geeigneten 
ebenen  Platz;  die  geringere  Erhebung  am  westlichen  Ende 
würde  sich  hierzu  besser  geeignet  haben.  Zu  Kriegszwecken 
erscheint  jedoch  der  befestigte  Baum  wieder  zu  geringfügig. 
Unterhalb  des  Walles  nach  Osten  fehlt  es  nicht  an  einer 
breiten  ebenen  Fläche. 

Dem  Gentberge  parallel  zieht  sich  südlich  you  ihm  der 
höhere  und  längere  „Galgenberg",  der  nach  allen  Seiten  sich 


I 

I 


Dm  ehnoklige  Amt  UefalaDlierf  vor  dar  RfaSn. 

allmählich    abdacht    und    nur  am    westlichen  Ende  dicht    toH 

ürapriügen  Biemlich  atcil  abfällt,  kurz  vor  dieaera  Abhänge 
mit  schOD  duTchwilhlten  Hünetigräbern  bedeckt.  Wo  auf  dem 
laugen  Hfieken  dea  Berges  der  Galgen  geetflnden,  ist  nicht 
mehr  zu  erkennen  — -  der  Piug  hat  jede  Spur  beaeitigt.  Der 
Berg  helfet  jetzt  nur  an  seinem  westlichen  Ende  Galgenberg, 
am  östticheo  heiPst  er  Hühueibrühp.  Zwisehen  Galgen-  und 
Centberg  zieht  sich  der  Urapringer  Weg  hin,  hei  dessen  ver- 
änderter  Anlage  1832  man,  nach  Benkert,  „eine  ungeheure 
Uenge  menschlicher  Gebeine  fand,  die  nur  aus  jener  rohen, 
fürchterlichen  Cent^erichtaperi ode  sich  herdatieren  können"  {?). 
Was  er  weiter  von  einem  durch  den  Sondheimer  Brand  von 
1840  blofsgelegten  grofsen,  roh  gemauerten  Turme  mit  vom 
Wasser  unterwaschenen  Grundmauern  erzählt,  beruht  jeden' 
falls  auf  einem  Mifs Verständnis. 

Die  Gerichtsgehäude  standen  jedenfalle  da,  wo  jetzt  das 
Pfarrhaus  steht  (das  alte  hatte  dicht  an  der  östlichen  Dorf- 
matter  gestanden)  und  die  Amtskellerei  (die  Wohnung  des 
Cellariiis)  mitten  im  Orte  an  der  Bahre  (die  jetzt  Diemar'sohe 
Hofraite),  wie  die  Überlieferung  berichtet. 

Als  zum  Baringait  oder  —  was  dasselbe  sagt 
Gerichtsbezirke  Sondheim  gehörig  werden  in  den  fiildaisches 
Urkunden  folgende  Orte  ausdrücklich  genannt:  Sondheim 
(viermal,  ohne  nähere  Bezeichnung  öfter),  Oitheim  (zweimal), 
Eisbach,  Fladungen ,  Nordheim  und  WolfholtesBtreu ,  „das 
Bonst  Paotritesetieu  hicfa"  und  das  mit  Benkert  etwas  ober- 
halb Melpers  an  der  Streu  zu  suchen  ist  (einmal).  —  Atirser- 
dem  ist  813  zugleich  mit  Ostheim,  Sandheim  und  Blzbach, 
und  zwar  zwischen  den  beiden  letzteren,  Westheim  als  Barin- 
ganort  genannt.  Unwillkürlich  sucht  man  bei  einem  Nord- 
heim,  Sondheim  und  Ostheira  auch  nach  einem  Westheim. 
Das  that  auch  Benkert,  und  er  fand  es  in  —  Baatheim ! 
„Vie,  dachte  ich,  Bastheim  ....  sollte  kein  geschichtlich 
alter  Ort  sein  .  ,  .:  Es  fand  sich  auch  bald,  dafs  Bastheim 
ursprünglich  in  der  That  Westheim  geheifaen  habe  and  wirk- 
lich ein  sehr  alter  Bari ngaui acher  Ort  sei.     Man  Teroehme;" 


f- 


252  ^'^  ehemalige  Amt  Lichtenberg  yor  der  Rhön. 

—  und  Dun  beruft  er  sich  auf  jene  Urkunde  von  812  und 
auf  eine  andere ,  in  welcher  dieselben  Orte  in  derselben 
Keihenfolge  als  im  Grabfeld  liegend  yorkommen,  die  doch 
weiter  nichts  beweisen,  als  dafs  es  wirklich  im  Baringau  auch 
ein  Westheim  gegeben  hat.  Folgende  Thatsachen  jedoch,  die 
Benkert  aufPalligerweise  ganz  aufser  Acht  läfst,  verweisen  Bast- 
heim endgiltig  aus  dem  Baringau  hinaus :  1)  Westheim  muTs 
doch  westlich  von  jenen  3  nach  den  Himmelsgegenden  be- 
nannten Orten  gesucht  werden ;  oder  sollte  man,  um  nur  auch 
ein  Westheim  im  Gau  zu  haben,  den  östlichsten  Ort  so  ge- 
nannt haben?  —  2)  Bastheim  gehörte  nach  Auflösung  der 
Gauyerfassung  nicht  wie  Ostheim  zur  Gent  Mellrichstadt,  oder 
wie  alle  übrigen  Baringau  orte  zur  Cent  Fladungen,  sondern 
zu  Neustadt  a.  d.  Baale;  erst  neuerdings  ist  es  zu  Mellrich- 
stadt  geschlagen  worden.  —  3)  Ebenso  gehörte  es  seit  der 
Einführung  des  Christentums  nicht  wie  alle  anderen  Barin- 
gauorte  (mit  Ausnahme  der  fuldaischen  Sondheim,  ür- 
springen  und  Stetten)  zum  Kapitel  Mellrichstadt,  sondern  zo 
Münnerstadt.  —  Suchen  wir  das  einstige  Westheim  westlich 
von  Ostheim,  so  treffen  wir  auf  Stetten.  Dort  aber  geht  die 
Sage,  dafs  die  ersten  Ansiedler,  Nordheimer  Einwohner,  beim 
Urbarmachen  des  Bodens  sich  in  den  Euhepausen  an  der 
„Stätte",  einer  starken  Quelle  (jetzt  mitten  im  Orte),  mit  einer 
grofsen  (noch  vorhandenen)  Basaltplatte  daneben,  eingefunden 
hätten.  Ist  es  da  nicht  wahrscheinlich,  dafs  man  die  neue 
Ansiedelung  Westheim  genannt  hat,  dieser  Name  aber  bald 
durch  den  der  alten  Stätte  wieder  verdrängt  worden  ist. 
Die  „Stätte  am  Wasser*'  (Stetihaha)  kommt  auch  einmal  vor, 
schon  838,  wenn  auch  als  im  Grabfeld  gelegen  (weshalb  es 
Schannat  für  Stettlingen  nimmt)  ^). 


1)  Auch  ThettoD  iuxta  Strouuam,  welches  in  einem  Tausch  vertrage 
zwischen  den  Abten  Richard  v.  Fulda  (1018 — 1039)  und  Siegfried  von 
Münster  vorkommt,  ist  von  Schannat  und  noch  von  Benkert  für  Stetten 
(von  Dronke  für  Ditenhausen)  gehalten  worden.  Nach  Denner  (D)  ist  es 
das  hannoversche  Scbafdetten,  l  Filial  von  Notten  an  der  Stever  (iuxta 
Stivirnam  müfste  dann  in  dem  seit  Schannat  vermifsten  Original  gestanden 
haben),  welches  nachweislich  fuldaisch  gewesen  ist. 


Du  ehemalig«  Amt  Liehtenberg  vor  der  Rhön.  253 

Osäleim,  Sondheim,  Nordheim  und  Elibach  werden  in 
den  Urkunden  zuweilen,  Stetten  das  eine  Mal,  wo  es  nicht 
Westheim,  sondern  Stetihaha  heilst,  in  das  Grabfeid  verlegt. 
Es  lassen  sich  dafür  dieselben  Gründe  anführen,  wie  sie  im 
g^dhen  Falle  bei  den  Orten  des  Tullifeldes  angegeben  sind. 
Die  ersteren  3  Namen  finden  sich  auch  oft  ohne  jede  Be- 
saiehnung,  so  dafs  man  nicht  immer  weifs,  welcher  der  gleich- 
namigen Orte  gemeint  ist. 

Der  Umfang  des  Baringau  also  war  der  der 
spiteren  Cent  Bondheim,  dieser  aber  derselbe  wie  der  der 
aoeh  späteren  Cent  Fladungen. 

Wie  einst  die  Apostel  die  Mittelpunkte  der  Kultur  km 
Ausgangspunkten  ihrer  Missionsthätigkeit  gemacht  hatten,  ho 
suditen  auch  die  von  Bonifatius  ausgesandton  Pionirrp  t]nn 
Christenstums  zuerst  in  den  Gaugerichtsorton,  die  siinlitinti 
Pflegestätten  der  heidnischen  Kulte  waren,  fwipu  Kiifn  tu 
fiusen,  und  so  haben  auch  die  Mönoho  doH  74i  ftPa^tViwh^h't* 
Klosters  Fulda  in  unserem  Baringau  ihr«)  Wirkfinriilr*')!  fMl•^«l 
in  Sondheim  (6  Stunden  von  Fulda)  hhnimw^u. 

Kaum   hatten   sie   da  festen  ¥uh   zt^tnhi,   '1»  knwhh  »Uh 
Mönche  des   Bischofs   von  WürzbwrK,    *ittt,   jg*»*^M«W>    tttip   h)nh 
vom  fränkischen  König  Karlroann  b<»4Urrirfff^   hh^^Mtt^ni^  >U# 
Diöceee,  von   den    Errungenjichaf^ri    t\p>f   1/t*t)t)n*nt^    fffwt*.f#MK*» 
vom  geistlichen  Zehnt  und  ander at»    V,hun"uiP^**h   N^^'^t  ***  *'*• 
gieifon.     So  geschah  es  ci^rijfw**    ir*    r*?.^^;'«/^^*-"  M*-*' #»'<>•  »r 
Frankens.     Das  gab  dcnr*  V<^r»ft»*«#/»J5  ti  /-^Wr»*A^^u^,  t'-it-nhi^ 
keiten  und  gehässig^en    fc^^-thMT^^SArr    x^',«A>f/^/r    f^**^  A'r*.^»*    ti,>i 
den  Herren  beider  Htitt^,  -»r./?  ;^.^Ay  f^jf,^t^^  >v**^  t^^^f-,,  ih, . 
Nachfolger   seh    er.r^Ä^«n.      f/«    Jr*»^    tf-rP    «^^'•''''•''     ^■'*i-   * 
Ludwigs  des  Protr.m^n,    v(^',^^^i^  ,aaa  .t^^thtf*^"'-^''*'   *•'••>''*•-,. 
zu  grof i«Bi  Ar.«V,r*  jc^r^'^'iAM^rr,    tk^    ^    \^^.   f^t^    '•    **•'"'■'■.#, 
am  Main  ein   Vät'/ .»9:  x*-*^Apf^^'i^,  ' »*»    if ma^tA'M    h-*i^.  ■  /  • '   /r' '-'./. .. 
diseevdia  ■'i^m  .«^uiÄr.-ftA  '^■i^ivwy    iA^A^»    «a.    /iy.-**^»*"*  •»'«    •'»avj^ 

dsls  ia  ^i  -Ut    ltf'.''^:^x^ft  ^^y-^    /^.^     „w/^f^^'^'""*^^^  ^-•-^■.^ti 


254  ^^  ehemalige  Amt  Lichtenberg  vor  der  Rhön. 

Abte  zu  Fulda  zagesprochenen  Orten    ist  nur  einer  aus  dem 
Baringau  genannt:  ,,8unt]ieim,  ubi  ecclesia  constructa  est'' ^). 

Mit  dieser  Ausnahmestellung  Sondheims  im 
Baringau  beginnt  die  Geschichte  der  jetzigen 
Ostheimer  Enklave. 

Fuldaischerseits  war  man  nun,  um  den  Besitz  dieses 
einen  Ortes  und  den  einzelner  geschenkter  Höfe  in  anderen 
Orten  so  sicher  und  zugleich  so  einträglich  als  möglich  zu 
machen,  darauf  bedacht,  die  Grafen  und  Edlen  noch  mehr 
zu  reichen  Schenkungen  von  Grundbesitz  zu  veranlassen. 
Auch  Kaiser  Ludwig  der  Fromme,  der  diesen  Beinamen  nur 
durch  seine  reichen  Schenkungen  an  Kirche  und  Geistlichkeit 
sich  erworben  hat,  schenkte  um  886  auf  Bitten  des  fuldaischen 
Abts  Hrabanus  Maurus  dem  Kloster  Fulda  ürspringen  mit 
allen  Zugehörungen  ^). 

Sowohl  die  Urkunde  über  diese  kaiserliche  Schenkung, 
als  die  vorher  erwähnte  über  den  von  den  kaiserlichen  Kom- 
missaren Meginbold  und  Truandus  beglaubigten  Vertrag  zu 
Eetzbach  tragen  nach  Gegenbaur  ')  die  Merkmale  der  Unecht- 
heit  an  sich.  Die  darin  beglaubigten  Thatsachen  sind  aber 
nur  selten  *)  angezweifelt  worden.  Das  Ergebnis  der  Ver- 
handlungen zu  Retzbach  schreiben  die  würzburgischen  Schrift- 
steller (z.  B.  Himmelstein)  der  Friedensliebe  des  Bischofs 
Wolfger  gegenüber  dem  händelsüchtigen,  im  Jahre  darauf 
abgesetzten  Abt  Eatger  zu  Fulda  zu.  Ein  Beweis  aber  für 
die  kaiserliche  Schenkung  von  836  sind  die  6  gröfseren  und 
7  kleineren  fuldaischen  Höfe,  die  es  noch  vor  wenigen  Jahr- 
zehnten in  Ürspringen  gab. 

Ebenso  wurde  dem  Stifte  Fulda  auch  in  Nordheim  (die 
später  sächsischen    Höfe)   und   besonders    in  Stetten,  das  ihm 


1)  Schannat,  Hist.  fnld.  2,  28 ;  Dronke,  Nr.  328,  u.  a. 

2)  Schannat,  Dioecesis  fuld.,  p.   109;  Dronke,  Nr.  527. 

3)  Kloster  Fulda  I,  53. 

4)  z.  B.    von    J.  G.    ab  Eckhart,    Animadv.    in    Schann.    Dioecesin 
29. 


ligc  Amt  Llclitsnbiri 


255-^^ 


I 


gehörte,  GrundteBite  zugewendet.    Zar  Überwaohung 

■  Besitzungen  und  zur  bequemeren  Erhebung  der  Gefalle  sah 

BJoh  Fulda  nun  genStigt,  auf  dem  Gaagolfdberge  eine  Fropstei  eu 

gründen  —  bo  erklärt  wenigstens  Benkort  die  Ruine  auf  jenem' 

se  Propatei  wäre  "dann    jedenfalls  nach  1231,  als- 

duTch  die  Erwerbung  des  Schlosses  Lichtenberg  für  Fulda 

lüssig  wurde,  aufgegeben  worden.  Doch  erscheint  es- 
kaam  wahrscheinlich,  dafs  der  13erg  je  iu  fuldaisohem  Besitze^ 
gewesen  ist. 

Nachdem  also  Würzburg  -vom  Baringau  Besitz  ergTi£Feik 
hatte,  unterstellte  es  ihn  —  natürlich  mit  Ausnahme  der  fuldai- 
Bchen  Orte  Soadheim,  Urspringen  und  Stetten  (und  Oberwald- 
behrungen?)  —  dem  Kapitel  MeUrichstadt. 

Im  Jahre  1031  schenkte  Kaiser  Konrad  IL  einen  Wald 
(quandam  sylvam  baclenus  cummuni  compagieDsium  uBui 
habitam),  dessen  Grenze  bei  Mellrichatadt  an  der  Mündung 
des  Malbaohs  in  die  Streu  begann,  sieh  an  letzterer  hinauf 
bis  Fladungen  zog,  Ton  da  sieh  nach  Schafhausen  hinüber 
wendete  uud  an  der  Herpf  hinab  bis  Föachau  (seit  400  Jahrea 
Wüstung),  dann  Über  Oleimershausen  und  Haselbaoh  zum 
Körnbaoh  ')  ging  uud  von  da  zum  Herigozzesdal  (Altharles), 
über  Eufsenhausen  am  Ualbaohe  hinab  bis  zum  Ausgangs- 
punkte reichte,  auf  Bitten  der  Kaiserin  Gisela  und  mit  Zu- 
stimmung des  fuldaischen  Abtes  Kichhard,  des  Vogtes  Eegin- 
hard,  des  Grafen  Otto  und  anderer  Nutzungsberechtigten  dem 
Stifte  Würzburg.  Bald  darauf  jedoch  sind  die  Grafen  von 
Henneberg  die  Herren  dieses  Bezirks,  ohne  dafs  man  weifsr 
'wie  sie  es  geworden  sind. 

Im  Jahre  950  hatte  Nordheim  —  also  auoh  der  Barin- 
gau —    unter    einem    kaiserlichen  Oaugrafen  Otto  gestanden. 

1)  DBriins,  dafa  hier  wader  Dorf  noch  Sclilofs  Hennebarg  (am  Körn- 
liBcIie),  sllerdings  sehr  anffülligorweise,  di  sonst  Alle  Greoiorte  gSDaiiiiC 
lind,  ili  solcher  (trwühat  ist,  da  doch  schon  6  Jahre  spKler  der  erate  Graf 
T.  Hcnoeberg  auftrill,  schlier^I  Beukort  (Archiv  des  hist.  Vereins  iUr 
HuttTtr.  XII,  I,  S.  leS)  auf  die  Erbauuci;  der  Barg  ionerhslh  dieser  & 
Jahra, 


( 


;256  ^^  «hemaUge  Amt  Liehtaobarg  vor  d«r  Bhdii. 

Ot>  er  nur  den  Baringau  odor  ein^n  grö&eren  Bezirk  unter 
eioh  hatten  bleibt  ungewiHi.  Der  in  der  EaiBerorkande  von 
1031  genannte  Graf  Otto  iat  nicht  mehr  als  kaiserlicher  be- 
zeichnet —  die  OanyerfiEMuning  hatte  aufgehört,  und  aus  den 
liiaher  kaiserlichen  Oberriohtem  waren  Eigentümer,  Landea- 
heiren  ihier  bisherigen  Oerichtsbejrirke  geworden,  soweit  nicht 
«ndere  Herren  ältere  Rechte  auf  einzelne  Besitzungen  inner- 
iialb  derselben  hatten. 

Der  Baringau  wurde  nun  zur  Cent  Sondbeim,  der  kaiser- 
liche Gerichtsherr  auf  Hildenberg  zum  Herrn  der  Herrschaft 
fiildenberg  —  wobei  natürüoh  die  Stifter  Fulda  und  Würz- 
bürg  im  Besitz  ihrer  innerhalb  derselben  gelegenen  Orte  und 
C^erechtsame  blieben  —  und  der  Begalien,  die  den  Gaugrafen 
JBU£  Kutzniefsnng  überwiesen  gewesen  waren  (z.  B.  der  Fron- 
iiöfe  auch  in  jenen,  anderen  Herren  gehörigen  Orten). 

'  Die  Gerichtsherren  des  Baringau,  die  nunmehrigen  Grafen 
^Qu  Hildenberg,  gehörten  einer  Nebenlinie  der  Gaugrafen  des 
-östlichen  Grabfaldes,  der  nunmehrigen  Grafen  tou  Henne* 
herg  an. 

Auf  den  mittels  ziemlich  kühner  Kombinationen  durch- 
geführten Nachweis  dieser  Verwandtschaft,  welchen  Heim 
^Henneb.  Chronik)  yersuöht,  braucht  wohl  nicht  näher  ein- 
gegangen zu  werden  ^).  Bechstein  (in  seinem  „Otto  y.  Boden- 
lauben") hält  die  Stammyerwandtschaft  mit  den  Grafen  yon 
Wildberg  für  wahrscheinlicher  wegen  der  Ähnlichkeit  der 
Wappen;  allein  auch  diese  Grafen  waren  honnebergischen 
Ursprungs. 

Nicht   immer   machten    die   Herren   auf  Hildenberg  Ge- 


1)  Den  Namen  Hildenberg  leitet  Schultes  her  von  der  Hiltiburg, 
welche  mehrere  Schenkungen  in  der  Gegend  an  Fulda  machte ;  analog 
"Wäre  dann  wohl  eine  Canibnrg  die  Erbauerin  der  Kunitzbnrg,  eine  Friburg 
•die  Yon  Freiburg  gewesen.  Der  Name  Hiltiburg  war  damals  bei  Edlen 
4uid  Leibeigenen  sehr  hftnfig;  auch  Oudruns  Gespielin  heifst  Hildburg 
Der  Name  des  Waldes  hinter  Hildenberg,  Höhn,  deutet  auf  eine  heidnische 
Kultusstätte  (der  Hilde?)  hin. 


Das  ehemalige  Amt  Lichtenberg  vor  der  Rhön.  257 

l>raiioh  Yom  Grafentitel,  wohl  wegen  der  Winzigkeit  des  ehe-, 
maligen  Gaubezirks,  ihrer  nunmehrigen  Herrschaft. 

Als  erster  ihres  Geschlechts  kommt  urkundlich  Kunimund 
vor,  1 116  als  Zeuge  genannt    11 28  verkaufte  er,  „quidam  über 
homo^'  und  seine  (ungenannte)  Gemahlin  nebst  seinem  Sohne 
Adalphret  und  seinen  übrigen  Kindern  das  Gut  Brachbach  an 
das  Stift  zu  St.  Jacob  zu  Händen  der  Freien  y.  Aufsefis  und  y. 
Ottohesdorf.     AuTser  jenem   Adalphret  (Albert  [I.])   kommen 
noch  Albert  II.,  Giso  und  Christian  (dieser  nur  einmal,  1 158,  als 
Zeuge  genannt)  yor.     Giso    erscheint  zuerst  11 S9  als  Zeuge, 
dann  u.  a.   1161    (mit  Albert)  im  Stiftungsbriefe  des  Klosters 
£ildhausen.     1179  übergiebt  er,    „yir  primarius  et  illustris'S 
Mönch  geworden,  sein  Gut  in  Frickenhausen  samt  Yogtei  und 
^en  Zugehörungen  durch  Adelbert  y.  Hildenberg,  seinen  Vetter, 
and  Berthold  y.  Wildberg  dem  Kloster  Wechterswinkel,  welches 
Bechstein  für  eine  hildenbergische  Stiftung  hält  Im  Jahre  1183 
heilst  es  yon  ihm,  dafs  er,  „seligen  Andenkens^',  dem  Kloster 
Herrenbreitungen,   in  welchem    er  yermutlich  seine  Tage  be- 
schlossen hatte,  das  Dorf  Buttehusen  (Bitthausen  bei  Belrieth, 
jetzt  Wüstung,  1444  noch  Dorf  —  nicht  Bettenhausen,  wofür 
man  es  sonst  hielt)  yermacht  habe.  —  Albert  II.  kommt  1167, 
1171  als    Zeuge   yor,   folgt  1189    dem   Kaiser   Barbarossa  in 
das  heilige   Land   ui^   y erschwindet   aus    der  Geschichte.  — 
Albert    III.,   Gisos   oder    Alberts   II.    Sohn ,   wird    yon    Graf 
Poppe  VI.  yon  Henneberg,  dem  Grofsyater  seines  Schwieger- 
sohnes Otto  (gen.   yon  Bodenlauben),  1185  cognatus  genannt, 
und  erscheint  (mit  Hermann  und  Härtung  y.  Fladungen)  noch 
1217  als  Zeuge.     Er    war   yom  Stifte  Fulda  mit  der  Schutz- 
yogtei  über  das  Benediktinerinnenkloster  Bohr  belehnt,  welche 
1228y  nach  seinem  Tode,  die  Herren  yon  Kundorf  gewaltsam 
«ich  aneigneten.     £r  war  der  letzte   seines  Namens;  er  hatte 
nur  eine  Tochter,  Adelheid  ^). 


1)  Müller  (1.  c.  S.  288)  giebt  ihr  einen  Bruder  Albert,   indem  er  die 
Worte   (Kloster- ),,Schwester   Adelheid,    Tochter   des  Albert  v.  Hilden- 


2(y8  ^**  ahanalif  e  Amt  Liehtonberg  vor  der  Rhdn. 

Durch  seine  Verheiratang  mit  dieser  leisten  Gräfin  von 
Hildenberg  vereinigte  Graf  Otto  von  Bodenlauben  II.  (jun.)^ 
welcher  Lidhtenherg,  obgleich  sein  Vater  Otto  I.  noch  lebte^ 
schon  besaby  die  beiden  Herrschaften  Lichtenberg  und  Hilden- 
berg unter  seinem  Besitz. 

Graf  Otto  I.  von  Bodenlauben  ist  unter  allen  Besitzern 
des  Schlosses  Lichtenberg  aus  dem  Hause  Henneberg  die 
interessanteste.  Erscheinung.  Wie  sein  Bruder  Poppe  YII.^ 
1220  SchwiegeiSBohn  des  Landgrafen  Hermann  Yon  Thüringen,. 
Kinnesang  und  lOnnesänger  in  besonderen  Schutz  und  Pflege 
nahm,  so  dafs  er  deshalb  im  Sängerkrieg  auf  Wartburg  (um 
1296)  Yon  Biterolf  und  Heinrich  y.  Risbacb|  dem  ,ytugend» 
haften  Schreiber",  begeistert  gepriesen  wurde,  so  übte  Otto 
die  Dichtkunst  selbst  eiMg  aus.  Seine  in  der  Manesseschen 
Handschrift  (früher  zu  Paris,  seit  1888  in  Heidelberg)  ent» 
haltenen  Gedichte  hat  L.  Bechstein  in  einem  schon  erwähnten,, 
als  Prachtausgabe  (Leipzig  1845)  in  nur  100  Exemplaren 
gedruckten  Werke,  in  welchem  alle  Nachrichten  über  des 
Minnesängers  Leben  zusammengestellt  sind,  herausgegeben. 

Otto  tritt  als  Henneberger  1196,  als  Graf  v.  Bodenlauben 
1206  zuerst  auf.  Er  besafs  aufser  Lichtenberg  die  Schlösser 
Habichsberg  bei  Meiningen  und  Bodenlauben  bei  Eissingen 
mit  ihren  Zugehörungen.  Seine  Gemahlin  war  Beatrix,  Tochter 
Joscelins  III.,  Yerwaudten  und  Seneschalls  des  Eönigs  Johann 
von  Jerusalem,  die  er  sich  1206  oder  1207  (?  s.  u.)  in 
Palästina  geholt.  Noch  1217  verschenkte  sie  eine  dortige 
Besitzung  mit  Zustimmung  des  Königs.  Wie  glücklich  er  mit 
ihr  gelebt,  geht  aus  mehreren  Liedern  hervor,  z.  B. : 


berg"  mirsYersteht.  —  1206  trugen  8  Brüder  v.  Meiningen  das  Vogtei- 
recht  über  Ebersdorf  yon  einem  Emehard  y.  Hildenburg  zu  Lehn ;  1 284 
starb  im  Kloster  Vefsra  Friedrich  yon  Hildenberg.  Beide,  yielleicht 
Vater  und  Sohn,  läfst  Bechstein  in  seinem  f,Otto  y.  Bodenlauben"  uner- 
wähnt. —  Von  einer  Seitenlinie  des  Hauses  Hildenberg  war  die  Bur^ 
Bilstein  bei  Frickenhausen  erbaut  worden. 


Dm  ehemalige  Amt  Lichtenberg  vor  der  Bhön.  259 

Mir  hat  ein  wip  herze  unde  lip 

Betwungen  unde  gar  yerhert; 
Diu  ist  so  guoty  swaz  si  mir  tuet; 

Wil  si,  86  wirde  ioh  sanfte  eraert 

Aus  folgendem  Gedichte: 

Wsere  Kristes  loa  niht  als6  siieze. 
So  eulieze  ich  nicht  der  lieben  yrouwen  min, 

Die  ich  in  minem  herzen  dicke  grüeze 
Si  mac  yil  wol  min  himelriohe  sin; 
8w&  diu  guote  wone  alumbe  den  Hin  ^), 
Herre  Got,  s6  tüo  mir  helfe  schin, 

Daz  ich  mir  und  ir  erwerbe  noch  die  hulde  din!      ^ 

•nach  Bechsteins  Übertragung: 

Wäre  Christus'  Lohn  nicht  also  süfse. 
So  liefs  ich  nicht  die  liebe  Fraue  mein! 

Die  ich  oft  in  meinem  Herzen  grüTse, 
Sie  kann  gar  wohl  ein  Himmelreich  mir  sein. 
Wo  die  Gute  wohn'  all'  um  den  Ehein  *), 
Herr  Gott,  gieb  deiner  Hülfe  Schein, 

Auf  dafs  ich  mir  und  ihr  erwerbe  noch  die  Gnade  dein! 

schlielst  Bechstein,  Otto  habe  sich  yon  seiner  Gemahlin  ge- 
trennt und  sei  wie  auch  sie  in  ein  Elloster  gegangen.  Die 
Antwort  jedoch,  welche  er  ihr  in  den  Mund  legt: 

Sit  er  giht^)  ioh  si  sin  himelnche. 
So  habe  ich  in  zuo  Gote  mir  erkom, 

Daz  er  niemer  yuoz  von  mir  entwiche, 
Herre  Got,  1&  dirz  niht  wesen  zorn! 
Erst  mir  in  den  ougen  niht  ein  dorn, 
Der  mir  hie  zu  vröuden  ist  geborn,  — 
Kumt  er  mir  niht  herwider,    —    min  spilnde  yröude  ist 

gar  verlorn! 


1)  damals  sprichwörtlich  för  „wo  auch  immer  in  der  Welt'^ 

2)  giht  (vergl.  Urgicht  «ss  Gestftndnis)  von  jehen,  eigentlich  ja  sageo* 


260  ^^'^  ehemalige  Amt  Lichtenberg  vor  der  Rhön. 

nach  Beohstein: 

Da  er  sagt,  ich  sei  sein  Himmelreiche, 
So  hab  ich  ihn  zum  Gölte  mir  erkor'n, 

Dafs  er  keinen  Schritt  von  mir  entweiche! 
0  Herr  Gott,  lafs  dirs  nicht  sein  zum  Zorn! 
Er  ist  mir  in  den  Augen  ja  kein  Dom. 
Der  mir  hier  zu  Freuden  ward  gebom, 
Kommt  er  nimmer  wieder,   ist  mein  Freudenspiel  yerlomf 

läfst  wohl  eher  darauf  sohliefsen,  dals  er  sich  zum  zweiten 
Male  einem  Ereuzzuge  angeschlossen  hat,  denn  ein  Wieder- 
kommen, auf  das  sie  so  sehnlich  hofft,  gab  es  wohl  aus  den 
blutigen  Kämpfen  mit  den  Sarazenen,  nicht  aber  aus  dem 
Kloster. 

Von  seinen  Liedern,  deren  manches  auch  im  Falas  der 
Lichtenburg  bei  festlichen  Banketten  erklungen  sein  mag,, 
hier  noch  zwei  augenscheinlich  zusammengehörige: 

9.     „Wahter  ich  bin  komen 
üf  gen&de  her  ze  dir, 
Nu  gib  mir  r&t:  wie   st&t   ez  umb  die  vrouwen  min  ?" 

„  „Ich  h&n  vernommen  — 
Wer  sprichet  ze  mir? 
Bistu'z  der  liepste  man?  dli  kanst  ein  teil  ze  lange  sin.'^'^ 

„Jk  ich  bin,  den  du  da  b6he  enpfähen  solt. 
Ich  was  dir  ie  mit  ganzen  triuwen  holt, 
Nu  sage  miner  yrouwen,  daz  ich  hie  bin; 
Sie  ist  so  guot,  sie  l&t  mich  in!'' 


13.     Wie  ßoU  ich  den  ritter  nü  gescheiden 
Unt  daz  vil  schoene  wip, 
Diu  dicke  bi  einandern  w^ren  e? 

Den  r&te  ich  an  rehten  triuwen  beiden 
Und  üf  ir  selber  lip, 
Daz  si  sich  scheiden  und  er  dannen  gd. 


•aiE  aniiss  läir.  ina :  m  t»t  9*.\ 

'izca:  mich  hw  b<»i<i^i^it . 
laÖL  jash.  bi  dir  b«td^^u\  ti\Oo«o 
JkBt  äüae  TrioLäeL  rlust! 
SL  OK  {sefti^  sc  «adurf^u  wtr  tuht  kU^:«^». 
JhL  irriw  ist  g«r  ein«  2an^*  ma. 
n  mich,  ich  muo<  suo  dir. 
es  mir  an  deu  lip,"   — 
CB^z  der  tac,  daz  klage  ich  sondez  wip 


k    f 


HtEntu,  vriunt,  dou  irahter  an  der  zinncn, 
nne  lin  sanc  vergibt? 
Wir  müezen  uns  nü  scheiden,  lieber  man ! 

AlsoB  muoBtu  leider  von  mir  hinnen; 
OwS  mir  der  geechiht, 
Dai  uns  diu  naht  eo  Ylühteclich  cutran ' 

Naht  git  Benfle,  we  tuot  tac. 
Owd,  herzelieby  ine  mac 
Bin  wol  Tergezzen  niet: 
Uns  nimt  die  yrönde  gar  de»  wahtdie  li««l.**"  *) 

Zu  der  poetischen  Ersch«jiiiuiiK  d^«  MuiiiOBäugoiB  blimiut 
iohleoht,  was  Heim,  allcrdifiK*  tiiit«j  \urhcUu\i,  vüu  iliiu  er- 
aählt:  Otto  v.  Bodenlaubcn  (üuIöi-  dem  ülluidingti  auuli  Dito 
jiUL  gemeint  sein  könnt«:)  hab«!  tüum  „uruiua  LöuIü"  ku  Btet- 

1)  ein  „Tagelied'S  wU  miUIü  kui  ««it  dttü  MliiiiMaiig*  üblich  wtrtn. 
Dw  TagoUed  „hat  s«Io«ii  Wauiwi  dnvoü,  daf*  der  jm«««  Tag,  odar  dar  be- 
ateUte  Wichter,  der  dae  Kahaii  de*  Tageb  verkttud.  ,  die  naobt«  heimlich 
vereinten  Liebenden  zur  Trennung  mahnt"  (Bodei    •  It)- 


.262  ^'^  ehemalige  Amt  Lichtenberg  vor  der  Rhön. 

ten  und  Eottstetten  mit  Nehmung  seines  Yogtreohts  so  ge- 
plagt, dafs  die  Würzburger  Domherren  sich  yeranlafät  gesehen 
hätten,  um  die  „advocaticias  angarias  et  coacta  seryitia''  ab- 
zustellen, ihm  das  Yogtrecht  abzukaufen.  Das  Wahre  daran 
ist,  dafs  das  Stift  Würzburg  seine  Stiftsgüter  zu  Stetten  (bei 
Earlstadt)  und  Eetzstadt^)  am  Main  durch  Ottos  Yögte  in 
ungerechter  Weise  (advocatorum  yexatione)  in  Anspruch  ge- 
nommen geglaubt  und  deshalb  1230  ihm  das  Yogteirecht  ab- 
gekauft hat  (ürk.  bei  Bechstein). 

Im  Jahre  12SI,  in  welchem  Sohn  und  Schwiegertochter 
Ottos  sich  dem  geistlichen  Stande  widmeten,  gründete  seine 
Gemahlin  Beatrix  das  Kloster  Frauenrod,  1  Meile  von  Eis- 
fiingeo,  an  der  Stelle,  wohin  von  Schlofs  Bodenlauben  aus  der 
Wind  ihren  Schleier  geweht  hatte.  Sie  selbst  ist  jedoch  nicht, 
wie  Bechstein  meint,  ebensowenig  wie  ihr  Gemahl,  ins  Kloster 
gegangen,  wenigstens  nicht  vor  dessen  Tode;  denn  stets  und 
noch  1244  heifst  sie  Ottos  „Gemahlin''  (schon  im  Jahre  darauf 
wird  er  als  „seligen  Andenkens''  erwähnt),  während  doch 
ihre  Schwiegertochter  seit  ihrer  Einkleidung  als  Nonne  stets 
„relicta"  ihres  noch  lebenden  Gatten  und  „Schwester"  ge- 
nannt wird.  —  In  der  Kirche  zu  Frauenrod  stehen  die  Stein- 
bilder Ottos  I.  und  seiner  Beatrix,  die  beide  in  hohem  Alter 
gestorben  sind;  auch  ünden  sich  dort  3  Glaskästen  mit  dem 
bewufsten  Schleier  und  einigen  hinter  jenen  Denkmälern  ge- 
fundenen Gebeinen. 

Aus  den  Worten  der  Urkunde,  in  welcher  die  tauschweise 
Erwerbung  des  Klostergrundstücks  bezeugt  wird :  „Nobilis  vir 
Otto  senior  comes  de  Botenleyben  et  coniux  aua  domina 
Beatrix  hseredes  in  terra  non  habentes"  schlofs  man,  ihre 
Ehe  sei  kinderlos  geblieben.     Sie  hatten  jedoch  2  Söhne,  die 


1)  Nach  Benkert  (Baringau  S.  63)  dürfte  es  weder  Betzstadt  noch 
Rottstetten,  sondern  müfste  es  Roth  und  Stetten  (unter  Hildenberg)  heifsen. 
Allein  in  demselben  Jahre  erwarb  Würzburg  von  Otto  jun.  die  ganze 
Herrschaft  Hildenberg  (s.  u.)  und  damit  auch  die  Vogtei  über  Rot;  die 
über  Stetten  stand  nach  wie  vor  Fulda  zu.  . 


t  ] 


Du  atiaiiiiliea  Amt  LiobtanberB  tot  du  SfaSn.  263 

auf  kein  Erbe  mehr  Anspruch  machten,  da  sie  beide  der 
elt  enteagt  hatten;  der  eine,  der  mehierwähute  Otto  jud., 
war  um  diese  Zeit  Mitglied  des  DeutBchherrenordens  geworden, 
der  andere,  Heinrich,  ist  1235  Eanonikue  im  Stifte  St.  Johaun 
Haug  bei  Würzburg.  Otto  jun,  hatte,  wie  schon  erzählt, 
it  Adelheid,  der  letzten  Hildenbergerin,  vermählt,  uaoh 
ihst«in  um  1225  bie  I22T.  Letzterer  übersieht  jedoch, 
was  ihm  doch  bekannt  war,  dafs  1328  Otto  mit  Zustimmung 
seiner  Gemahlin  und  seines  Sohnes  Albert,  der  tiber- 
dioB  1234  als  Eanonikus  za  Würzburg  genannt  wird,  Hilden- 
berg  dem  Stifte  Würzburg  zu  Lehn  auftrug.  Graf  Otto  jun.  mufe 
also  viel  früher  als  1226,  und  sein  Vater  viel  früher  als  1206 
geheiratet  haben;  dieser  kann  schon  mit  Kaiser  Rotbart  ins 
heilige  Land  gezogen  sein,  aus  welchem  er  seine  Beatrix  mit- 
brachte. 

Um  1230  entschlossen  sich  beide  Gatten,  Otto  jun.  und 
Adelheid,  dem  weltlichen  Leben  zu  entsagen  und  deshalb  sich 
zu  trennen.  Zunächst  verkauften  sie  die  Herrschaften  Hilden- 
berg,  die  sie  erst  einige  Jahre  erblich  besaTsen,  und  Lichten- 
berg, Weil  letzteres  aber  ein  reichs unmittelbares  Lehn  war, 
mufste  dazu  erst  die  kaiserliche  Genehmigung  eingeholt  werden, 
■welche  König  Heinrich  denn  auch  am  23.  September  1230 
«rteilte^).  Die  Urkunde  über  den  Verkauf  beider  Schlösser 
wurde  noch  im  Dezember  desselben  Jahres  ausgefertigt.  Aufser 
«iner  grofaen  Anzahl  von  Vaeallen,  deren  Lehngüter  leider 
nicht  angegeben  sind,  übergab  Otto  dem  Stifte  folgende  nicht 
an  Vasallen  verliehene  Orte  und  Regalien:  Grunbacb  (?), 
Sohwarzbacb  (bei  Wüsten  Sachsen),  (Wüsten-)  Sachsen,  Franoken- 
heiro,  Liatebacb,  die  Vogtei  über  Oberüadungen,  Salchenbergk 
{jetzt  Wüstung),  Brukken,  Eozzenliten  und  Heinfurte ;  in  Hueen 
9  Talente  und  5  Schillinge  Zins,  einen  Nutz-  and  einen  Obst- 
garten ;  ganz  Diezenwinden  mit  Ausnahme  von  2  Gehöften ;  ganz 
Altenveit,  Liechtenowe  (jetzt  wüst)  und  Elspe,  in  Bodo  einen 


1)B 


:  »pitereo  VeräafsBmiigen    der  Burg    ist    i 


nehmigiiiiB  nicht  mehr  i 


Dm  iliiMiHn  An*  LUdittiibMg  Tor  6mt  BtOm. 

1319:  Luts  T«  Bftgheim  iMiitst  ein  Burglehn  zu 
Fimk— heim  und  10  PAind  Heller  jähxlioh  sa  Hauaen  ^), 

1919:  Apel  T.  Speeeart  hat  jfihrlieh  4  Pftind  za 
BotBBwinden  nebsl  S^/^  Mali  Hate  und  ein  Lehn  su  Fianken- 
heim.  —  134S  beeab  dieee  Stüeke  aein  Sohn  Ha  na»  — 
1973  hat  dea  letateren  Sohn  Hana  4  PAind  jbu  Betzwinden 
(Bftdeoaehwinden). 

1931  Uate  Biaohof  Wolfram  die  an  Henneherg  Tenetste 
Borg  wieder  ein^)* 

1960  nnd  1865  iat  Siegfried  yom  Stein  Yogt  auf 
Hildenherg.  —  1367  wird  aein  gleichnamiger  Sohn  som  Erh* 
horgmann  angenommen  nnd  erhilt  100  PAind  Heller  mit  der 
Yerpflidhtangy  entweder  ein  eigenea,  1  hia  huSohatena  2  Meilen 
▼on  der  Bnrg  abgel^^ea  ^eiohwertigea  Oot  dem  Stifte 
Wttnlmrg  an  Lehn  aofimgeben  oder  zu  dieaem  Zweoke  erat 
ein  aolehea  zn  erwerben*)* 

1867  yerkauften  „Henrich  von  Hildenberg, 
Henriohea  yon  Hildenbarg  San,  der  ettiawanne  oza  der 
Wenygen  Hone  aaa'',  and  Alheid  aeine  eheUöhe  Wirtin  dem 
Bitter  Giao  y.  Bienbaoh  and  ,,Fraawen  Lenen''  aeiner  ehelichen 
Wirtin  ihren  Hof  zu  Wenigenhaan  (D.).  Ea  acheint  die 
Familie  einea  hildenbergischen  Burgmannes  zu  aein,  der  aeinen 
Kamen  gegen  den  der  Borg  yertaascht  hatte,  wie  es  aach 
bei  Lichtenberg  and  anderen  Bargen  yorkam. 

1869:  Dytrich  y.  Bibra,  Bitter,  gelobt  dem  Bischof 
Albrecht  und  dem  Stifte  Würzbarg  das  Wiederkaafsrecht  der 
um  10  000  Pfund  Heller  ihm  yerkauften  Burg  Hildenberg, 
der  Stadt  und  des  Gerichts  Fladungen,  des  Zehnten  zu  Mell- 
riohstadt  etc. 

1385:  Heinrich  und  Fritz  y.  d.  Tann,  Amtleute 
zu  Hildenberg,  bekennen,  dafs  ihnen  der  Bischof  Gerhard  yon 
Würzburg   für    eine   Schuld    yon    3860  fL.  Schlofs    und  Amt 


1)  Biedermann,  Geneal.  Tabellen  der  fränk.  Ritterschaft. 

2)  Friefs,  Frank.  Chronik,  S.  612. 

3)  Archiv  der  Farn.  v.  Stein,  Nordheim  im  Orabfeld. 


Du  ehsiiMllB«  Amt  LiehlcDbttg  vor  dar  Bhfin. 

liltenburg  and  Flodungen,  sowie  Sohlofa    und  Amt  Uelerstat  \ 
Terpfondet  habe  '). 

1404:  HaQB  v.  Uörlau  gea.  BShm  erhält  ei a  Burg- 
gut  zu  Hildenbei^,  zu  welchem  eine  Hube  *)  in  Hausen  und 
ein  Hof  zu  Nordheim  gehörte. 

Nachdem  1435  Graf  Georg  von  Hanneberg  das  Amt  1 
Hildenberg  (Fladunges)  pfandweise  übernommen  hatte,  ver- 
pfändete  et  es  wieder  1455  für  600  fl,  rh.  an  Adolf  Mar- 
Bchaik  von  Wallbach,  Die  V erkauf eurkun de  giebt  ge- 
nauen Aufechlufs  über  die  dem  ScblofBheirn  zustehen  den 
GerechtHame.  Zum  Schlofe  gehörten  verschiedeneH  Artland 
und  „eidern"  {Ellern  :^  wüst'  gewordene  Äcker)  zu  Diez- 
wtnden,  die  Khönwiesen,  „genannt  das  Voytesfeld  oder  uff 
der  Beingruben",  und  das  kleine  Voitefeld;  femer  die  „Fiech- 
wesserlein"  Altfelderin  ^),  Lichtenau  und  Asohelbach,  und 
folgende  Fronen,  die  der  Amtafreibote  zu  heischen  hatte: 
Nordheim  hatte  mit  2  Pflügen  4  Tage  zu  „eren"  und  zu 
eggen,  ebenso  Obsrelzbach  *) ;  Weifsbach,  Urspringen,  Sond- 
heim, Stetten  *),  Hausen,  Heufurt  und  Oberfladungen  je  3 
Tage  mit  je  2  Fäiigea  zu  ackern,  Sondernau  und  Unterelz- 
baoh  jedes  4  Tage  mit  einem  Päuge  zu  „lenzen".  Zum  Heu- 
fahren  hatten  Oberelzbach,  Nordheim,  Hausen,  Heufurt  und 
L.Obeifladungen  je  2  Wagen  zu  stellen,  deren   jeder  2  Fuhren 


'  I)  UQllar,  Dar  Beiirk  Uellriubatadt. 

3)  Eine  Hnbe  (Baf)  anituCite  etwa  30  Morgan,  eine  TuldaiBcha  du 
Doppelte. 

3)  Ein  forelleD reiche rBscb  zniaebeD  GaDgoifiberg  und  Botkapps  BD 
dar  WklEtoDg  ÄitsDfeld,  weicher  aich  in  Geräll  verliert.  Die  in  Urspringen 
»Vi  sUrkgr  Quelle  entapriogenda  B&bre  ist  wah rieb einl ich  seine  Fort- 
lewuug.  Bankert  läret  »uf  aeiner  Baringsukarle  ibn  irrigerweise  Kwiachen 
Sondbeim  and  Noräheim  in  die  Bahre.  mBndec,  w&s  er  nar  nach  lUirkem 
Regan  mittels  des  „dUrreu  Graben"  vor  Sondbeim  thut. 

4)  Dr  die  Obereizbacher  sieb  jum  Eggen  aii;ht  vergtebeo  wallleo, 
UDd  wegen  der  2  Stetlener  Pflttge  das  Amt  LIcblaaberg  Einsprnab  erhob, 
■D  erklärte  Adolf  Harsubalk  in  einer  Urkunde  von  demselben  Tage,  d*(g, 
wenn  Graf  Georg  trotz  allen  Flelfies  ihm  zu  seinem  Rechte  in  Oberala- 
baeh  and  Stellen  nicht  verbelfeu  kütme,  er  für  sieb  und  lalne  Erbau 
daranf  tariichten  wolle  (D.). 


« 


y«m  Yoitsfblde  mif  die  Borg  m  thon  liatte.  Bieselben  Dollar 
haitoi  mit  je  3  „Tungk  Wagen''  (nur  OberflAdongen  mit 
einem),  den,  Miet  Tom  Behloaee  anf  die  Äcker  za  Diezwinden 
XU  BoheffNi;  fiBmer  hatten  nie  allee  Getreide  au  selmeiden,  an 
binden  und  einaufüiren,  und  .Mm  Henmaehen  -hatte  jeder 
Dorfiiafllibar  einen  Tag  au  fronen.  Aufaerdem  lagen  einzelnen 
.Ddrlbnn  noch  beaondere  Fronen  ob :  Hanaen  hatte  den  Flachs 
an  isofbo,  ina  Waaaer  zu  legen,  anazuwaichen  und  zu  refliBn 
GfUmb  daa  Beiffen  aol  man  aie  bitten^,  auch  daa  Kraut  au 
■etaen  und  zu  aieden;  AltenCeld  hatte  die  StüUe  auazumiaten; 
Nordheim,  Henfnrt  und  Oberfladnngen  mu(!aten  dem  SohiolSi- 
herm  mit  je  2  Wagen  zwiadhen  Martini  und  Fetri  ,^8  viel 
Itoennhola  Aren  gein  Hildenberg  ali  er  sein  da  bedarf'.  — 
Dem  Käufer  wurde  eriaubt»  sieh  dee  Schlosse  sin  seinen  Kriegen 
g^gen  alle  seine  Feinde  zu  bedienen,  ausgenommen  gegen 
;den  Verkinfar  und  die  Lehn-  und  Pfandherrsehaft  Würzburg, 
der  auch  daa  öffnungsreoht  yorbehalten  wurde.  Der  Kauf 
solle  so  lange  Qütigkeit  haben,  bis  Würzburg  das  Amt  und 
Böhlob  wieder  einlösen  würde. 

1457  bestätigte  Bischof  Johannes  auf  Anbringen  und  Bat 
des  Orafen  Georg  y.  Henneberg  Adolf  Marschalk  und  seine 
4  S(^ne  Werner,  Christoph,  Reinhardt  und  Hartmann  Ar 
ihre  Lebenszeit  im  Besitze  des  Schlosses  mit  dessen  1455 
spezifizierten  Zu-  und  Einbehörungen,  die  hier  wörtlich  wieder- 
holt werden.  Sie  mofsten  sich  aber  verpflichten,  12  Jahre 
nacheinander  jährlich  50  fl.  in  das  Schlofs  zu  verbauen;  die 
verbauten  600  fl.  würden  bei  der  nach  ihrem  Tode  erfolgenden 
Einlösung  des  Schlosses  an  ihre  Erben  zurückgezahlt  werden. 
Der  Bischof  erteile  die  Bestätigung  um  so  lieber,  als  Adolf 
Marschalk  ihn  über  die  500  fl.  quittiert  habe,  die  er  zur 
Befreiung  des  Bischofs  aus  der  Hans  Hirschhorn'schen  Ge- 
fangenschaft vorgeschossen  hatte  ^). 

Im  Jahre  1471  auf  St.  Agathentag  trat  Werner  Marschalk 
Schlofs  und    Gericht   Hildenberg  für  600  fl.  rh.  an  Siegfried 


1)  Oeggs  frttnkisch-würzburg.  Chronik,  1811. 


Amt  Lichtenberg  vor  dar 


^V  vom  Stein  ab,    indem    er  dem  Stifte  Würzburg    dea  Wieder- 

^"     bknf  ausdrücklich  TOibehielt. 

N^aohdem  14S2  Biacbof  Rudolf  SohloCs  und  Amt  Hilden- 
berg  Tom  Uauee  Henneberg  wieder  eingelöst  hatt«,  «teilte  er 
1486  dem  Sitter  Seyfried  vom  Stein  einen  Kaufbrief  auE  über 
2400  a.  rh,  Kaufgeld,  davon  auf  das  ScblofB  nebst  dazu  ge- 
hörigsD  Ländereien  und  Frooen  600  ü.  und  auf  den  Fronhof 
(„Vorwerk")  samt  dem  Zehnten  zu  Sondheini  ISOO  ü.  ge- 
reobnet  wurden,  wie  es  von  Adolf  Marechalke  Erben  und 
diese  vor  Zeiten  vom  Stifte  erworben,  und  verlieh  ee  ihm 
als  reohtee  Mannlehn  unter  Vorbehalt  dea  Wiederkaufs.  Da- 
bei wurde  ihm  das  Instandhalten  der  „Hege"  (des  Hähls) 
über  Hildenberg  nur  Pflicht  gemacht,  die  Erlaubnis  erteilt  zur 
Ausübung  der  Hoch-  und  Niederjagd,  und  daTs  er  und  seine 
Erben  das  benötigte  Bau-  and  Brennholz  um  das  Sohlofs 
heran)  „wol  mögen  abhawen ,  ausrewthen  nnd  verdempfen, 
domit  dester  sicherer  zu  und  von  dem  Blosse  zu  chommen 
eey,"  auch  das  öffnangsreoht  „zu  allen  und  igliohen  krigs- 
lewfften  wider  allermeyni glich"  vorbehalten.  Noch  wurde 
ausgemacht,  dals,  „nachdem  das  Sioss  etwas  vast  in  Unbewen 
ist,  und  domit  das  wider  in  Wesen  und  bewe  bracht  werde", 
der  neue  Besitzer  200  Gulden  hinein  verbauen  sollte,  die 
bei  der  Wiederlösung  ihm  oder  eeinen  Erben  vei^iitet  weiden 
■wurden  (N.). 

Ob  das  Scblofs  zur  Zeit  des  Bauernkriegs,  in  welchem 
«a  zerstört  wurde,  noch  der  Familie  vom  Stein  gehört  hat, 
ist  unbekannt.  B  otdiirftig  zur  Aufnahme  der  Amtsbellerei 
und  des  Zins-,  Zehnt-  und  Vogtgetreidea  wieder  hergerichtet 
—  die  Amtmänner  wohnten  jetzt  in  Fladungen  —  diente  es 
als  Amthaue  uoch  bia  1600;  in  diesem  Jahre  wurde  es  an  4 
Bauern  verkauft,  deren  Nachkommen  zum  Teil  die  aus  den 
n  erbauten  Höfe  noch  jetzt  bewohnen. 


Im  Dezember  1230  war  die  Urkunde    über  den  Verkauf 
r  SoblöBser  Hildenberg  uad 


970  I^^  «iMMlIgt  An*  Lfchtonbwy  tot  d«r  Bhöa. 

Liehtenberg 
an  Wflnbnig  «uagesiellt  worden,  oiid  tohon  im  Februar  1381 
vnrd«  «n  ,ylrenndaoliafÜigher  Yertang"  zwisohen  Wflnbur^ 
eiiiiCMtti  und  dmn  Stifte  Fulda,  ab  derseitigem  Be- 
sitier  Yon  liehtenberg  aadeneitB  anfgeriohtet,  ohne  dafo  man 
weili,  wie  letatarea  jbu  diesem  Beritae  gekommen. 

In  diesem  Vertrage  gelobten  u.  a.  beide  Eirahenfärsten 
einander  in  ihren  Kriegen  beianatehen,  aetiten  fest,  wie  ea 
nut  der  Hadikommenäcihaft  ans  Bhen  awiaohen  Vasallen  beider 
Heizadiaftan  betreflb  ihrer  Zugehörigkeit  gehalten  werden 
«olle,  nnd  namentlioh  gebbte  Abt  Eonrad  im  Namen  dea 
Stifts,  niemals  liehtenberg  gana  oder  teilweise  ohne  des 
Biseholii  Zustimmung  au  Terioikem  nnd  für  alle  Fälle  ihm 
daa  Vorkanfareeht  au  lassen. 

G^^en  diesen  Verkauf  des  Sehlosses  erhob  Graf  Poppe  VIL 
T.  Henneberg,  Bruder  des  damals  nodh  lebenden  Hinnesingera 
Otto  y.  Bodenlauben,  Einspruoh  und  machte  eigne  Beohte 
geltsnd,  Hefa  sieh  aber  im  Mai  128S  duroh  die  Belehnung 
mit  der  Hälfte  des  mityerkanften  Borfea  Herpf  und  der  daau 
gehörigen  GefKlle  abfinden. 

In  einem  faldaisohen  Ghartolarium  aus  dem  9.  Jahr- 
hundert findet  sich  zwisdhen  Söhenkungsberichten  von  einer 
späteren  Hand  die  Bemerkung  eingetragen:  „Hec  sunt  bona 
que  oomes  Otto  de  Bothenluobe  aufert  ecdesie  Fuldensi: 
Oastrum  Liethenberc  quod  dominus  Albertus  de  Hiltenbere 
possidebat.  Ipso  autem  moriente  Gesar  resignarit  domino 
Cunoni  abbati  cum  yillis  adiacentibus,  soilioet  Osthaim,  Herphe 
et  WelemarSy  ouriam  que  Tulgo  didtur  hoyewerch  in 
Sunthaim,  curiam  et  dimidiam  in  Northaim  et  adyocatiam 
Budolfeswinden,  forum  Fladungun  et  omnia  circumiaoentia^ 
Fromutloh  cum  feris  ibi  nutritis;  de  cetero  quiequid  eiusdem 
oastri  habent  urbani,  unde  sunt  benefioiati  male,  quia  ex 
rapina  possident;  Franginheim  dimidia  yilla,  ubi  ecclesia 
stat.  Adyocatiam  Hegifarte  aufert  hiis,  qui  ab  ecclesia  eam 
tenent ....  homines  circa  TJrspringen,  ...  in  Suntheim''  etc.  ^. 

1)  Drooke,  Tradit.  fnld.,  pag.  68. 


■'Offenbar  ein  Teraaoh  I'uldas,  ein  wenig  Oeaohiohte  zu  fSlsoben, 

1  Würzburg  gegenüber  ältere  Eeohtu  auf  Lichtenberg  geltend 
macbeu  zu  können.  Otto  sen.  von  Bodenlauben  war  unbe- 
atritten  durch  Erbgaogsreoht  im  Beaitze  der  Burg  gewesen; 
Otto  jun.  trägt  sie  1228  Würzburg  zu  Lehn  auf  —  wie  soll 
Albert  v.  Hildenberg  sie  inzwiBohen  beseaaen  haben,  der  noch 
dazu  erst  nach  Abt  Kuao  (f  1222)  geetorben  ist?  Zwar  aetzt- 
Schannat  das  eine  Ual  (Bnohonia  vetue)  den  Tod  Alberte  und 
die  kaiserliche  Belehnung  Kudob  in  die  Zeit  um  1218;  ein 
ander  Hol  aber  (Client,  fuld.)  laTat  er  ihn  noch  1220  mit  der 
SchutzTogtfii  über  das  Eloeter  Sohr  belehnt  werden.  Und 
wie  konnte  der  Kaiser,  der  1218  mit  Lichtenberg  den  Abt 
helehnt  hatte,  1230  dem  Büuber  Otto  v.  Bodenlauben  die 
Erlaubais  geben  zur  VeräufBerung  eeiueB  Raubes?  Graf  Pop po 
wird  1332  Tom  Stift  Fulda  für  seine  Ansprüche  an  Lichten- 
berg mit  halb  Uerpf  entschädigt;  worauf  gründete  er  aeine 
Ansprüche  an  daa  von  seinem  Bruder  oder  Neffen  erst  einem 
Dritten  geraubte  Gut?  Überdies  gehörten  fast  alle  oben 
genannten  Orte  —  auch  Ostheim  —  nicht  zu  Lichtenbergr 
sondern  zu  Hilde oberg. 

Von  dem  „Räuber"  Otto  v.  Bodenlauben  weifs  übrigena- 
Bohannat ')  noch  mehr  zu  erzählen.  Er  berichtet  (nach  Heims 
Wiedergabe),  Abt  Konrad  III.  habe  sich  mit  mehreren  fürst- 
lichen Länderräubern  arg  herumschlagen  müssen,  namentlich 
mit  Landgraf  Heinrich  Ton  Thüringen  und  Graf  Otto  von 
Bodenlauben,  welcher  letztere  nicht  nur  Schlofs  Liohtenberg, 
,  Hegefurth  und  FuohsstadtS), 
mdheim  und  vieles 
.  0.),   der  Abt  aber 


Boodern  auoh    die  Advokatie    ' 
aufserdem  Frankenheim,    einen    Hof  i 
andere  wid errech tlioh    au    sich  gerissen  (b. 


habe  ihn   1245  gezwungen,  seinen  Baub  herauszugeben.    Der 

Baub  wäre  demnach  naoh  1230,  nnd  nicht  zwischen  Alberte 

l-T.HUdenberg  Tode  und  dem  Verkaufe  an  Würzburg  geschehen. 


1]  Hiat.  fuld.,  png,   193, 
3)   im  BcbeaktSD  Gruf  OCto  «an.  ond  i 
Dsr  in  vielen  Orten,  aucb  In  Fncbutadt,  c 


3U2  l^M-  «hiBUÜlge  Ant  Liehtaibarg  tot  d«r  BUn. 


.Welcher  Otto  soll  danft  der  Bäuber  sein?  Der  hochbetagte 
Yater^  der  in  jenem  Jahre  sterb,  oder  der  Sohn,  der  der  Welt 
«stsagt  hatte? 

Übrigens  könnte  ans  dem  Umstände,  daXs  in  der  Ver- 
kanCrarkunde  yon  1380  wohl  Lioht^iberg,  aber  kein  Ort  des 
apäteren  Htatergeriehts  genannt  wird,  während  yiele  hilden- 
bergioohe  Orte  namentlich  anfgeführt  werden,  allerdings  ge- 
«eblossen  werden,  dafs  das  Hintergerioht  damals  schon  fiildaisck 
gewesen  (Helmershansen  war  1219  an  Fulda  gekommen  durch 
Taoseh  gegen  Hendungen);  .aneh  wäre  halb  Herpf  wohl  für 
ein  SchloAi^  kanm  aber  Ar  ein  Sehlolb  nebst  5  Dörfern  einiger« 
mausen  bereohtigten  Ansprüchen  gegenüber  eine  entsprechende 
Abfindung  gewesen. 

Hag  nun  Fulda  die  halbe  Cent  Ealtensundheim  schon 
-Torher  besessen  oder  1931  mit  Lichtenberg  erworben  haben, 
jedttulUls  ist  yon  dieser  Zeit  an  die  Geschichte  des  Amtes 
Lichtenberg  mit  Torder»  und  Hiniergericht  au 
rechnen. 

Zum  Yordergericht  gehörten  die  seit  816  fnldaischen 
Sondheim,  Urspringen  und  Stetten  (und  Oberwaldbehrungen  ?) ; 
Ostheim  war  würzburgisch  geblieben.  Das  fiintergericht  be- 
stand aus  den  Orten  Ealtensundheim,  Mittelsdorf,  Wohlmut- 
hausen, Gerthausen,  Schafhausen  und  fielmershausen. 

Wunderbar  war  es  in  diesem  Amte  um  die  Gerichts- 
barkeit bestellt.  Das  Yordergericht  stand  unter  der 
neuen  Würzburgs,  welche  ihren  Sitz  in  dem  fuldaischen 
Sondheim  hatte;  das  fuldaische  Helmershansen  stand  unter 
dem  daselbst  befindlichen  dem  hennebergischen  Amte 
Hutsbei^  zustehenden  Gentgerichte,  und  nur  am  Centgerichte 
in  Ealtensundheim  stand  dem  Abte  die  Jurisdiktion 
zu,  aber  auch  nur  in  Gemeinschaft  mit  dem  Grafen  von  Henne- 
berg, dem  die  andere  Hälfte  der  Cent  gehörte  ^).  Schlofs  Lich- 
tenberg selbst  mit  dem  dazu  gehörigen  Umkreise  war  centfrei. 


1)  Ntthreres  über  diese  verzwickten  Rechtsverhältnisse  und  ihre  Folgen 
wird  der  II.  Teil  bringen. 


Du  eliemaUge  Amt  LichteubsiK  vor  der  BhSn. 


27S 


^K.        Data  daa  Voidergeriaht  (ohne  OBtbeim)    bis    daiäa  vnik- 

*    lioh    ecbon    fiildaiach    gewesen    war,    wird    durch    ein    wün- 

buTgisohee    Diöceetinregister    aus    der  Zeit    des    Biscbofe  Ott« 

(1335 — 1341)  bestätigt.     Nach  demselben  Btand  die  Besetzung 


, (x! "      °^  c  ■        &<'4<ftr; 


-4'-*'"~  '..■;,.' 


<kr  Pfarrstellen  zu  Ueiningeu,  Mafefeld,  Herpf  und  Mellricb- 
stadt  nicht  wie  die  anderer  Orte  eisern  biscböfliohen  Arohi- 
diakon,  sondern  unmittelbar  dem  Bischof  zu,  der  „Rektor" 
der  Ptarrei  Mellriobatadt  aber  hatte  die  Kollatur  der  Früh- 
□tesse  daselbst  uod  der  Stellen  zu  Mendhauaen,  Hendungen, 
Kbero,    Elsbaob,    Nordheim    tcw    der    Bhou,    Oatheim  „unter 


274  I^  dMMlIgt  Aat  Uehtenbvg  iror  te  B]i«ii. 

Liditoiiberg'',  Hermanpribld,  Stookbom  und  OberstreiL  All» 
Ptororto  in  weiter  Umgegend  sind  genannt,  nnr  Sondheim 
und  ünpringen  nieht,  moht  mal  ne  etwa  nodh  Filiale  eines- 
der  genannten  waren  (Noidlieimsy  meint  Benkert),  aondem  — 
weil  eie  den  Bischof  niehts  angingen.  Benkerts  Ansicht  betreib 
Sottdheim,  welches  als  Oentgerichiaort  Mher  als  alle  anderen 
einen  Ffisrrer  halben  mn&te  nnd  816  schon  eine  ISrdhe  hatte^ 
ist  offonbar  ganx  irrig;  ans  ürspringen  aber  hatte  Ladwig 
in  Heilige  (1817—1227),  Gemahl  der  heiligen  ElisabetKv 
den  PAurer  Eonrad  su  seinem  Schreiber  angenommen,  und 
in  einer  henneberger  Urkunde  von  1892  ist  genannt  „der 
erber  mann  em  Conrad,  der  pferrer  ist  au  ürspringen*'  (yer* 
mudieh  „Oonrad  yon  üsleyben  [ünsleben],  der  pferrer  ist^^). 
Stetten  allerdingt  war  noch  Filial  yon  Nordheim. 

Naoh  der  Vereinigung  beider  Teile,  des  Torder-  und 
Hintergerichts,  su  einem  Amte  um  das  Jahr  1281  rerging 
fast  ein  Jahrhundert,  ohne  dafs  eine  Urkunde  über  besondere 
Ereignisse  oder  Veränderungen  im]  Amte  2u  melden  hätte. 
Höchstens  wäre  su  erwähnen,  da&  am  11.  November  180^ 
Heinrich  V.,  der  erste  Fürstabt  von  Fulda,  auf  Schief» 
Lichtenberg  weilte,  denn  die  Ernennung  des  Grafen  Berthold 
y.  Henneberg-Schleusingen  zum  Burgmann  der  Burg  Bocken* 
stuhl  bei  Geisa  ist  yon  Lichtenberg  datiert. 

TJm  so  unruhiger  und  ereignisreicher  wurde  das  14.. 
Jahrhundert  nach  Verlauf  des  ersten  Fünftels.  Mehr  als  je 
kam  das  Faust-  und  Fehderecht  wieder  zur  Geltung,  und  un> 
aufhörliche  Fehden  zwischen  den  kleinen  Potentaten  —  den 
Kirchenfürsten,  Grafen  und  Rittern  —  quälten  die  Bauern 
und  yerwüsteten  das  Land.  Für  das  Amt  Lichtenberg  traten 
solche  heillose  Zustände  besonders  empfindlich  auf  seit  1315^ 
dem  Jahre  der  Inthronisation  des  Fürstabts  Heinrich  VI.^ 
eines  gar  streitbaren,  kriegslustigen  Eirohenfürsten. 

Noch  in  demselben  Jahre  suchte  er  Händel  mit  Ghraf 
Berthold  yon  Henneberg-SohleusiDgen  (dem  ersten  Fürsten 


1)  LehnsregUter  der  Grafschaft  Henneb.-Schleasiogen  von  1817  (Wr.). 


Dm  iliaiiiiliBe  Amt  Liehtenbarg  t 


27B 


i  Geeohlechtn],  dem  Besitzer  der  Vogtei  KaltenDordheim, 
wegen  des  gemeinBohaftlicheo  Centgericbte  zu  Kalten Bimdbeim. 
Dieeelbeo  wurden  jedooh  im  Juni  dee  genannten  Jahies  durch 
ein  Schiedsgericht  beigelegt  (e.  11.  Teil). 

Im  Jahre  1333  grofse  Febde  mit  WUrzburg!  Kaoh  Heim 
hatte  Heinrich  mehrere  Greuzetreitigkeiten  mit  Biechof  Gottr 
fried  III.  des  Salzgauee  und  unseres  Amtes  wegen  gehabt,  und 
hielt  nach  dessen  Tode  die  Zeit  für  gekommen,  mit  WiirK- 
burg  abzurechnen.  Es  glückte  ihm ,  den  Grafen  Heinrich 
von  Henneberg,  welcher  gegen  ihn  Partei  ergriffen  und 
seinem  Feinde ,  Heinrich  Landgraf  von  HcBsen ,  zu  Hülfe 
gezogen  war,  in  seine  Gewalt  zu  bekommen,  worauf  alle 
Freunde  desielbea  alles  aufboten,  ihn  zu  befreien;  besonders 
habe  sich,  erzählt  Schannat,  der  neugewühlte  Bischof  Wolfram 
durch  seinen  Eifer  heryorgethan  und  namentlich,  alle  be- 
stehenden Friedensverträge  nicht  aohteud,  die  befestigten  Kirch- 
höfe „im  Lande  tot  der  Bhon"  erstürmt  und  die  Befestigungen 
demoliert.  Kurz,  „Abt  Heinrich  (um  in  Heims  Worten  zu 
erzählen)  vermeinet,  dafs  seine  Zeit  nunmebro  vorhanden 
wäre,  samlete  und  bewarb  sich  um  ein  Eriegavolk  zu  Bob 
und  zu  Ful^,  machte  sich  damit  auf,  und  zog  in  die  gemeldte 
Grenzen,  die  armen  Lente  daselbst  in  Pflicht  zu  nehmen  und 
nahm  etliche  Dörfer  ein  ').  Sobald  nun  der  neue  Bisohof 
Wolfram  aolohea  innen  wurde,  zog  et  ihm  entgegen,  überfiel 
ihn  und  sein  KriegBvolk  nngewamet,  und  ehe  sie  recht  zur 
Wehr  und  in  Ordnung  kamen,  schlug  er  eie,  fienge  Abt 
Heinrichen  und  legte  ihn  zu  WÜrzburg  in  Verwrfirung". 
Das  machte  grofses  Aufsehen,  und  Fulda  rüstete  machtig,  um 
meinen  Herrn  zu  befreien.  Da  legte  sich  Erzbisohof  Matthias 
von  Mainz  ins  Uittel  und  schaffte  Frieden.  Der  Bischof 
mufete  den  Abt  ohne  Lösegeld  freigeben  und  ihm  noch  6000 
Pfund  Heller  Entschädigung  (für  weggenommenes  Land?) 
zahlen,  Kaiser  Ludwig  bestätigte  in  Nürnberg  diesen  Ter- 
cbon    sollte    auch    noch    die    Exkommunikation    über 


1)  ScbHuuBi: 


onUUm  Fr»nci*ni  farrnm  ignernque 


I 
I 


ST6'  Pai  iJiHiiatif  Attt  UMnlmg  rar  d»  Bhga« 

WoUhttn  MigespxodMn  iiverdeii;  auf  sein  Bitten  hob 
SaoMlmiiBy  pipiffieber  OrofipSiiHeiitiar  zu  Avignon,  Mitt» 
Jumor  18M  dieselbe  trieder  «alt  Atteh  über  andere  Punkte 
ging  Bieehof  Wolfrun  mit  Abt  Heiniidh  TertrSge  ein,  »iqnae 
TeiTBO  pede  inimme  eervabnntor^  (Sehannst).  Oiaf  Heinrich 
T»  Henneberg  Uieb  bis  18S8  in  ftildaiBoher  GMutgeneohaft; 
er  und  Aie  Seinigen  ninfsten  bei  seiner  Entiaasmig  Urfehde 
Mbw9tesL 

Yon  Abt  Heinridh  rühmt  Behannat,  er  habe  aUe  Be-^ 
festigangen  in  seinem  Stiftsiande  aasbessem  und  auf  weithin 
siehtbaren  Höhen  Warttttrme  eibaoen  lassen,  yon  denen  aus  ein 
herannahender  Feind  leiebt  bemerict  und  die  WehipfliehÜgen 
(dto  Bargmänner)  duroh  Signale  schnell  herbeigerafen  werden 
konnten«  So  wird  ihm  die  Erbauung  yerschiedener  Warten 
in  et?ra  halbstündiger  ButHsmung  am  Liehtenberg,  von  denen 
noeh  einige  Torfaanden.  sind,  sugesehrieben.  Die  Burg  selbst^ 
die  «r  in  seinen  Kriegen  mit  den  BisehöCsn  Wolfram  (t328) 
nnd  Otto  (1848,  s.  u.)  mehrmals  mit  Aufbietang  aller  Krilte 
yerteidigen  muArte,  befestigte  er  stärker;  namentlich  lieb  er 
den-  groAen  Turm  (Berchfrit)  bauen,  der  jetst  das  wertvoUste- 
Stüok  der  Boine  ausmacht.  Selbstverständlich  hatte  schon 
Yorher  ein  solcher  bestanden,  denn  der  Berchfrit  bildete  das- 
wesentlichste  Stück  jeder  Burg.  Dafs  der  noch  vorhandene 
von  einem  fuldaischen  Abte  erbaut  worden  ist,  ist  wohl  die 
Veranlassung  der  Sage,  die  Millionen  (?)  Centner  Steine,  welche 
nach  Schultes  hier  aufgetürmt  sind,  seien  aus  Fulda  geholt^ 
und  zwar  auf  einer  ununterbrochenen  Beihe  yon  Wagen,  ron 
denen  der  letzte  von  Fulda  weggefahren  sei,  als  der  erste 
auf  der  Burg  ankam  ^).  Wie  alle  Berohfrite  damaliger  Burgen 
wurde  er  mit  einem  einige  Stockwerke  über  dem  Boden  an- 


1)  Wenn  nur  eine  MUUon  Center  auf  diese  Weise  gefahren  worden- 
wären,  mtUste  der  Weg  yon  Fulda  naeh  Lichtenberg  mindestens  zehnmal 
so  lang  sein,  als  er  ist  —  oder  der  Wagenzag  hätte  in  weitem  Bogen,  etwa 
über  Hannover  oder  Stuttgart  fahren  müssen  —  ganz  abgesehen  davon, 
dafs  die  damaligen  Wagen  and  Wege  noch  nicht  so  schwere  Ladung  erlaub- 
ten wie  die  jetzigen. 


I 


D*4  «hMuJige  Amt  Lich(*Dbiif  tdt  äw  Bbflii. 

gebraohteu  Eingänge  erbaut,   um  ihn,    als  die    letzt«  Zuftuel 

Bohlimrasten  Faile,  für  angebotene  ßäate  unzugänglich 
m&cheii  zu  können.  Dieser  Turm  galt  als  Wahrzeichen  der 
Herrschaft  des  Amtes;  wer  den  Tutm,  aleo  auch  die  Burg 
hatte,  hatte  damit  ohne  weiteres  das  ganze  Amt  als  deren 
Zugehörting.  Alle  noch  vorhandenen  Peterweiatümer  der 
Amt« Ortschaften  enthalten  deoti  auch  den  FasBus;  Wer  den 
grofsen  Turm  auf  Lichtenberg  hesälse,  sei  ihr  oberster  Vogt 
and  Herr. 

Weiter  hat  Abt  Ueimieh  VI.  nach  Sohannats  Angabe 
zum  Schutze  der  Bauern  gegen  Überfälle  in  dem  dauernden 
Kriegszustände  der  damaligen  Zeiten  an  den  Grenzen  hin 
Landwehren  (Hähle)  anlegen  laeeen.  Sparen  eines  solchen 
HUhle  ziehen  sich  noch  Ton  Ginolfe  bis  Dnterweid  und  vom 
HhönhäuBohen  bei  Frankenheim  bis  zur  Flurgegend  „Stoffel 
wo  bist  du  im  Sinn"  (oder  „Stoffel  im  Sinn")  bei  Weimar- 
schmieden ;  ob  er  aber  aus  der  Zeit  Ueinriaha  stammt,  bleibt  frag- 
lich. Die  Landwehr  (Hege,  der  Hähl,  Höhl,  Knick,  Eick,  Ver- 
hack, dofi  Oebicke)  bildete  eine  Art  lebendige  Mauer  und  bestand 
aus  einem  3  Waldgerten  (Ruten)  breiten,  hoch  aufgeworfenen 
Streifen  Land ,  der  dicht  mit  Bäumen  und  Sträuchern  be- 
wachsen war.  In  der  Mitte  desselben  zog  sich  ein  enger 
Pfad  durch  das  dichte  Gebüsch,  auf  dem  sich  bei  schwerer 
Strafe  niemand  von  den  „Hählknechten"  betreten  lassen  durfte. 
Die  HShlknechte  hatten  diesen  Pfad,  wie  auch  die  Aufsen- 
seit«n  des  Hählwaldea  fteifsig  zu  begehen  und  dabei  alle  er- 
reichbaren Zweige  zu  knicken,  um  einen  un  du  roh  drin  glichen 
Wuchs  zu  erzielen.  Ein  solcher  Hähl  wor  wohl  imstande, 
eine  feindliche  Truppe  lange  aufzuhalten,  da  sich  auch  noch 
auf  jeder  der  beiden  Seiten  ein  l'/j  Gerten  breiter  Graben 
hinzog.  An  den  wenigen  Stellen,  wo  der  Hähl  von  Haupt- 
wegen durchschnitten  wurde,  standen  die  Hählknechtshäua- 
oben  und  waren  die  Wege  durch  Ketten,  später  durch  Schlag- 
baume gesperrt,  die  nur  Unverdächtigen  gegen  eine  Vergütung 
aufgezogen  wurden.  So  waren  Hählkneohte  angestellt  beim 
Alteufelde,  Über  Hildenberg,  über  Lenbach  (daher  die  Franken- 


I 


heimer  „Hahlmülile")  und  am  Stellberge.  Nach  den 
tragen  von  Trappatadt  (1599),  Meioingen  (1678)  und  Neu- 
stadt a.  Saale  (1685)  sollte  der  Hählknecht  am  Stellberge  von 
den  Gemeinden  Sondheim  uod  Urspringen  bestellt  werden; 
eie  Bollten  ihm  gegen  Erlegung  eineg  neuen  Pfeaniga  jährlich 
4  Klaftern  Holz  liefern  (aufaerdem  Sondheim  4  fl.  frk.  16  gr., 
Urspringen  und  Stetten  je  4  ft.  4  gr.  und  Oatheim  6  Ü.  2  gt.  9  pf. 
Besoldung  geben)  und  das  Häuschen  im  Stand  erhalten;  der 
Knecht  aber  aoUte  nioht  nur  im  Namen  des  Hausee  Sachsen 
(dem  Lichtenberg  in  jener  späteren  Zeit  gehörte),  aondern 
aach  im  Namen  dea  Bischofs,  und  zwar  durch  den  Fladunger 
Amtskeller  verpflichtet  werden.  Im  Vertrage  von  1678  ge- 
stattete der  Bischof  noch  die  Anlegung  eines  Schleifwegs  durch 
den  Hähl  am  Stellberge  zum  Holiabfahren  für  die  Vorder- 
gerichtaertacbaften.  Diesen  blieb  auch  der  Hauptweg  offen 
zur  Zeit  der  Heuernte,  und  zwar  ohne  Vergütung.  Den 
HiDtergeriehtBOrten  wurde  er  4  Wochen  lang  zum  Holzab- 
fahren geöffnet  gegen  eine  Abgabe  von  4  ä.  frk.  Der  Hahl 
selbst  war  wiirzburgiseh,  auch  wo  er  sieh  mitten  durch  amt- 
lich tenbergiaches  Gebiet  hinzog  —  waa  entaohieden  gegen  die 
Anlegung  desselben  durch  Abt  Heinrich  spricht  —  und  blieb 
'WÜTzburgiach  bez.  bayrisch  bis  I8T5.  Schultes  sagt  zu  Ende 
des  vorigen  Jahrhunderts '),  dafs  diese  Antiquität  als  ein 
Überbleibsel  des  fehdereichen  Mittelalters  dermalan  nicht  den 
mindesten  Nutzen  mehr  habe,  uod  es  sei  eine  blofee  Plackerei 
für  sämtliche  Einwohner  tu  den  benachbarten  Gegenden,  dafs 
die  wurzbuTgi sehen  Jäger  und  Hahlknechte  niemandem  den 
Durchgang  durch  diesen  Hähl  gestatteten  und  einen  jeden, 
den  sie  daselbst  beträten,  zur  Waldbufse  zögen. 

Auch  bei  Kalten sund heim  und  Wohlmutbausen  zog  sieh 
ein  Hähl  an  der  Grenze  hin,  wegen  dessen  Instandhaltung 
zwiaohen  den  beiden  Häusern  Henneberg  mancherlei  Streitig- 
keiten entstanden  (1467,   1477—1480,  1533  etc.  [U.]). 


r 


I 


Das  ebemftlige  Amt  Lichtenberg  tot  der  Bhön,  279 

Im  Jahre  1540  wurde  zwischen  Graf  "Wilhelm  von 
Heimaberg-SehleuBingen  und  den  Herreo  v,  d.  Tann  ein  Ver- 
gieich  geschlossen,  dafs  „die  neuwe  Landwehr,  so  fiber  den 
Staufenberg  unter  Niederweida  hinangehet,  in  ihren  Würden 
und  Wesen  erhalten  und  bleiben  soll,  wie  sie  jetzund  iit, 
doch  nicht  breiter,  undt  soll  ohne  sondern  Schaden  der  von 
der  Tann  gemacht  werden,  also  dafs  die  Niederweida  hier- 
werts  vndt  inwendig  der  Landwehr  liegen  bleibe".  Also  anoli 
damals  nooh  traute  Graf  Wilhelm  —  in  des  Wortes  eigenster 
Bedeutung  —  dem  Landfrieden  nicht,  und  auch  damals  noch 
wurden ,     wenn    anch    nur    teilweise ,    Landwehren    angelegt. 

Kehren  wir  nun  zu  unserem  fehdelustigen  Abt  Heinrich 
zurück.  Seine  unablässigen  Fehden,  Kriegsrüstungen  und  Be- 
festignogsbauten  ^)  mufsten  natBrlich  grobe  Summen  ver- 
schlingen und  brachten  die  Stiftsünanzen  in  bedenkliohe  Lage  '), 
so  dafs  der  Kaiser  sich  genötigt  sah,  den  1310  gefürsteten 
Grafen  Berthold  v.  Henneberg  mit  deren  Ordnung  zu  be- 
trauen (1333), 

Dieser  lieh  selbst  dem  Abte  am  Gertrudentoge  (17.Mär^) 
1332  1 00  U ark  lötigen  Silbers ,  wogegen  ihm  jener  seiue 
halbe  Cent  Ealtensundheim,  d.  h.  das  lichte nbergische  Hinter- 
gericht (ohnelHelmershausen)  mit  dem  Versprechen  verpfändete, 
die  Pfandsumme  am  nächsten  Uichaelistage  zurtiokzuzahlen, 
„In  der  Urkunde  ■)  reservierte  sich  zw»r  der  Abt  den  Wieder- 


1 
4 


4 


I)    Er  soll   ai 

ich  Schlofs  Piachberg  orb.ul  haben,    welcbes  13IB  inm 

erates  Male  kbuhu 

Qt  wird.      Allsin    »ohon   1308  wird    ein  Ritter  Simon  de 

Fischberg    geiiano 

2)  DU  lustig. 

>teti  und  gefährlichsten  Gläubiger  waren  die  Juden.     Im 

Jabre  1301  hatte 

Kaiser  Albrecht  I.  alle  Juden  im  Stiftsbezirke  dem  da- 

maligen  Abte  fQr  5O0  Hark  kölnische  Prenuige  versetst,  1 
EeiDrich  sie  demnelben  geicbeiikt  mit  der  Berechtigang,  lie 
XU  belegen,  während  sie  sonst  „des  Kaisers  Kammerknechle" 
j&diichea  OlSubigar  des  Abts  Beinrich  bedrohte  der  Kaisei 
liehen  Hafsrsgeln,  wenn  sie  zu  sehr  drüngleo,  „wann  sie  mit 
Ont  onier  sind-'. 

3)  SohantiHl,  Fuid.   Lehobof.  S.  S26. 


Jlipli  r  ^evif:  ;jB6«Uji  JMdjfpt^lplM''^  ..pnd  foMuaigeitott  kam. 
,IU|;u|Bi0)bro.£e^  aUmoigtn  JB«rit«  der 

^laJttiwoiidhfiinffr  (I«|rt^'  ~  jio  lil  fftiippin  bei.,BQhöttte>  und 
ibm-  i«t  mm  bulm  aUgvinMA  fffoigt.  nmuMph  Utk»  jstst^ 
n«d  ab  q^9t«rv(U6(8)  FnUii  fiWbloft  Idehtiabeig  iwkaiifte, 
dM  HtntfiiGgmdit  aoeh  od  k^nem  ZoMmmenbMige  mit  dem- 
i^lhafi  feetMid^n  -^  es  war  jn  heanehergiaob!  Diea  lo  be* 
jrw^i  ygUiU;  jMi  Solmltet  aoa  ImondeBer  Yewmlaisnngi  wie 
jrir  .ipütar  'pabeu  wwdea»  tohf  jiel  |Uhe.  Wie  aber  iat  dae 
TtintBTgeright  apiter  iron  der  ifhlenaingaghep,  Linie  des  Hanae» 
Henne^iN^  an  die  FömbiUbebe  «gekommeni  der  ea  aaah  dem 
ßßfktwj^toM  von  1447  doch  auatand?  Oieae  Frage  weib  er 
juebim  beiptr^octen.  Die  Antwort  iat:  Abt  Heinrich  hat 
damals  d^  yerpfKadete  .halbe  Cent  doob  wieder  eingelöat^ 
wenn  aneh  Tii^t  aiyi  MiohaaliijlAfe  U32y  ao  doch  am  16» 
Jvoi  dea  folgwNden  Jahrea.    Die  UxkBade.(DL)  laotft: 

,,Wir  Berthold  yon  gota  gnaden  graye  ron  ^Sennebergp 
bekennen  offenbar  an  diaem  brifb»  das  wir  daa  hiUbe  ge> 
richte  au  Saniheim ,  das  una  in  geaetset  wart  Ton  nname 
üben  herren  apt  Heinriche  von  Fulde,  daz  wir  im  aooli  wider 
selten  geben  haben,  wen  er  uns  unser  gelt  gebe,^  daz  wir 
daruf  hatten,  als  wir  sine  offen  brife  haben,  die  er  uns  dar 
ober  geben  hatte.  Daz  selbe  halbe  geriohte  haben  wir  im 
ledeg  gesaget,  und  sagen  an  disen  gegenwertigen  briÜB  und 
toten  mit  diesen  brife  den  offen  brif,  den  unser  yorgenanter 
herre  uns  über  das  yorgenant  halbe  geriohte  geben  'hatte,  daz 
der  furbaa  keine  macht  noch  kraft  sal  haben.  Der  Mf  ist 
gegeben  su  Frankenfurt  nach  gots  geburte  druzehenhnndert 
jar  in  dem  dri  und  drizegesten  jar,  under  unser  hangenden 
insigel  an  der  mittewochen  nach  sente  Yitestage/' 

Dem  Stifte  Wttrzburg,  welohes  beständig  in  Fehde  mit 
Fulda  lebte,  mufste  es  immer  sehr  ärgerlich  gewesen  sein, 
dafs  sein  yon  Otto  yon  Bodenlauben  miterworbenes  Centge- 
richt über  sein  Amt  Hildenberg  (mit  Ostheim)  und  das  ful» 
daische   Yordergericht  in   dem    fuldaischen   Sondheim 


geinen  8it2  hatte.  Jetzt,  wo  die  Feindschaft  zwieohen  beiden 
Stiften)  aufe  höobste  gestiagen  war,  ging  Wiirzburg  daran, 
das  Gericht  in  ein  würzburgiboheB  Dorf  zu  verlegen.  Fladungen 
wurde  dazu  auBereehen.  Noch  1322  war  Heiurich  von 
Fladangen^)  mit  dei  Cent  Bondheim  belehnt  worden,  und 
138Ö  erhielt  er  die  Cent  und  dae  Schultheüsenamt  Fladungen 
in  Lehn.  Uan  darf,  besoudera  da  in  demselben  Jahre  auf 
Bitten  des  BisobofB  Henuanii  EaiBer  Ludwig  der  Bayer  Fla- 
dungeu  zur  Stadt  erhob  ^),  als  Thateache  annehmen,  dsSs 
die  Verlegung  des  Centgerichts  von  Soudheim 
nach  rUdungen    in  das  Jahr    1335  fällt. 

In  der  erwahnteu  ürktinde  (d.  d.  Nürnberg  am  Freita;; 
vor  dem  weifeen  Sonntag)  erlaubt  der  Kaiser  „deu  bescheiden 
lüten  ae  Fladungen  ....  daz  li  sich  vesten  ehllen  und 
mügen  mit  mauern  und  mit  graben,  als  sich  ein  etat  durch 
recht  vesten  boI  und  mag",  verleiht  der  neuen  Stadt  einea 
Wocbenmarkt  (Dienstags)  „ewigklioh  ze  haben  und  ze  halten", 
und  alle  Rechte,  „die  unser  und  dez  richs  etat  Qaylenhauseu 
hat"  '). 

Die  Stadtmauern,  welche  damals  gebaut  wurden,  sind, 
soweit  Bie  noch  stehen,  sehr  ieet  und  hoch  and  machen, 
iius  lauter  Bosalt^teinen  bestehend,  einen  düatereo  Findruok. 
>Sie  waren  ringshernm  mit  27  Ecktürmen  versehen.  Neben 
dem  weetliohen  („Ober-")Thore  erhebt  sich  linke  der  sogen. 
Vejcierturm ,  dessen  Haube  sich  von  allen  Seiten  schief 
tiräBentiert;  rechts  der  feste,  viereckige  „Cent^"  oder  „Malefiz- 


)  W«il  in  der  Verktofsorkanda  tod  ISSD  die  HerTsn  vod  FliidDDBen 

e  Kiibe   im  Wappea   und   starben    16H  ans)   Dicht  unter 

.    Bodeulauben  Vasalleu   genannt   sind,    nimmt   Benkcrt   an,   dafs 

nr  Herrsehftrt  Hildenbarg  gehSrl  habe.      Allein  die  Hilden- 

lüde  ja    mit    ihren    Zugehörnngen   varkauft,  die  nicht  «Id- 

):«iShlt  sind ;  nur  die  eigantllcbsu  Kegaliea  sind  einzelu  bauanat. 

■  halle  FladuDgen    keina   Fronen    za  leisten;    aber    auch  Hbden- 

illan.  Biücht  elc.   naren  frei  davon. 

fc^Arefalv  dea  bist.  Vereins  f.  üntarfrk.  IX,  S,  i,  104. 

L  4  Honate  ipUer  wurde  SchmalluildeD   mit  danaelben  Kecbten 


19* 


Das  tluBMiHgi  Ant  Idehtonbaiy  tot  dir  Rhön. 

ixam*\  An  damMllMHi,  «uf  eiiiem  etwa  25  FuTb  über  der 
BtmCw  Tonpringenden  Steine  eteht  oder  kernt  in  nnenständiger 
Stdhmi^  den  -^  Büeken  neah  Weeten  xa  geriohtet,  ein  roh 
geerbeitete%  priepieoli  enegeefeattetee  Bteinminnohen.  Fragt 
man  naoh  der  Bedentang  dieeee  Vladnnger  WahneiehenSy  so 
eAilt  man  xnr  Antwort^  die  in  jener  Fignr  an«gedrüokte 
Bealinjuxie  gelte  Baehien.  Allein  was  hatte  Würabnrg  mit 
Sachsen  an  fhnn?  Weit  nnd  breit  nnd  noch  Jahrhunderte 
lang  war  allee  Land  ringram  hennebergiBeh  oder  fiildaisoh. 
Deir  Stein  etammt  aber  unbedingt  aas  der  Zeit  der  Befestigung 
Fladungensy  der  Yeilegang  des  Oentgeriehts  naeh  Fladungen, 
aus  der  Zeit  der  erbittertsten  Fehdian  mit  Fulda,  und  das 
iSitale  Kompliment  des  MSnnohens  naeh  westlioher  Biohtung 
hin  kann  nur  Fulda  gelten,  dem  Wtirzburg  als  seinem  Erb- 
feinde eins  auswisehen  wollte. 

Dooh  nicht  lange  dauerte  die  Freude,  da  war  Fladungen 
und  der  grttste  Teil  des  ,,Landes  ror  der  Bhdn''  in  der  Ge- 
walt des  Abts.  Sohannat  ersShlt,  derselbe  habe  1848,  durch 
den  Bischof  Otto  hart  bedrängt,  das  Gebiet  des  Sohlosses 
liohtenberg  tapfer  verteidigt  und  in  dem  darauf  folgenden 
Friedensverträge^)  sioh  im  Besitze  desselben  zu  behaupten 
gewuÜBt.  Aus  diesem  Vertrage  geht  aber  auch  hervor,  dais 
er  auch  die  neue  Stadt  Fladungen  samt  dem  eben  dahin  ver- 
legten Gerichte  innehatte. 

Zuerst  hatte  man  die  strittigen  Angelegenheiten,  bei 
denen  es  sich  darum  handelte,  „lute,  recht,  gewalt  und 
gult'),'  die  vor  der  Bone  liegen  unde  der  vorgenant  herren 
und  irer  stifPte  syn  nach  den  briffin,  die  sie  über  einander 
beyderseyt  gegebin  haben,  glich  unde  gemeyn  zcumachen", 
einem  Schiedsgericht  übergeben,  das  zusammengesetzt  war  aus 
dem  würzburgischen  Domherrn  Andreas  v.  Bruncke  (Brauneck), 
Heinrich  v.  Griefsheim,  Propst  zu  Wechterswinkel,   dem  fal- 


1)  D.  nnd  Heims  Henneb.  Chronik.    In  dieser  erscheinen  viele  Lücken 
der  Urknnde,  welche  in  der  ftüd.  Urkandensammliing  sich  finden,  ausgefflllt 

2)  Ghilt  (von  gelten  um  zahlen)  ■■  Einnahmen. 


I 


Du  ehenuligB  Amt  Ushtanberp  vor  der  Bhon.  283 

(laiechen  Dechant  Gottfried  und  dem  Bitter  Helwig  v.  Walters- 
haueen,  damaligen  Pfandinhaber  und  A.mtmaan  des  Amtes 
Lichtenberg  (a.  II.  Teil).  Id  der  Hauptsache  waren  diese 
dahin  übereingekommen,  dafs,  obgleich  Fulda  den  gröfsten 
Teil  des  würzburg.  Amtee  Kildenberg  thatBäoblich  innehatte, 
doch  die  Einkünfte  aus  demselben  gleiehmafaig  Yerteilt  werden 
Bellten.  Allein  in  allen  Punkten  hatte  man  sich  nicht  einigen 
können.  Zur  Erledigung  deraelben  wurden  deshalb  Lupoid 
T.  Bebenbnrg.  würzburg.  uod  bambergischer  Domherr,  nnd 
Eberhart  v.  Hohenburg  (ibt  Heinrich  gehörte  dem  Hauee 
Hohenburg  an)  als  Schied  am  an  ner  berofen.  Das  erste  Schiede' 
gericht  hatte  nur  festgesetzt,  dafs,  wenn  bei  der  Teilung  der 
Leute,  Getreide-  und  Oeldgefalle,  Hühner,  Dorfer,  Dorfge- 
riohte  etc.  in  dem  Lande  vor  der  Ehön,  „das  sie  mit  ein- 
ander haben",  einer  der  beiden  in  dem  oder  jenem  Stucke 
zu  gut  weggekommen  sei,  dieser  den  anderen  entechädigeo 
müsse.  Von  den  Punkten,  über  welche  eich  die  beiden  letzten 
Schiedsmänner  einigten,  sind  die  wichtigsten: 

1.  Für  den  halben  A.nteil  Würzburgs  am  Fladunger 
Centgericht  könne  der  Abt,  „wann  dasselbe  centgerichte  mer 
an  herschafft  unde  au  ge walte  denn  an  nutze  leit",  den 
Biichof  nicht  etwa  mit  einer  anderen  Nutzung  aus  dem  Cent- 
bezirke entBchädigen,  eondem  nur  an  einem  anderen  Cent- 
gerichte, 

•2.  Von  2  Männern  aei  der  dreijährige  Durohschnittser- 
trag  der  Wälder,  Wiesen  und  Fisohweide  auf  der  Rhön  fest- 
znstelten  und  die  Hälfte  deseelben  vom  Abte  jährlich  an  den 
Bischof  zu  entrichten;  für  die  Hälfte  des  Wildbanns  aber, 
bei  dem  mehr  an  HerrBChaft  und  Ehre  als  an  Nutzen  gelegen 
sei,  aolle  der,  „der  dasselbe  ytzunt  yune  hat",  dem  anderen 
einen  gleichwertigen  Wildbann  geben,  es  sei  denn,  dafs  er 
selbst  ein  alleiniges  Recht  auf  denselben  beweise. 

3.  Da  Würzburg  von  Reichs  wegen  Rechte  auf  den 
Fladunger  Zoll,  Hagelt  und  Marktrecht  zu  haben  behaupte, 
£0  solle  Fulda  demselben  jährlich  den  3.  Teil  des  dreijährigen 
Durch  Schnittsertrags  abgeben ;  könne  der  Abt  aber  die  Grund- 


Mi  DKt  «iMhnfllli  liM  £MMinb«t  tot  dir  BUtat. 

lofigk«iit  jener  Behiaptaiig  beirrisen,  so  gehdre  Ulm  die  Ein- 
BriMe  gens.  Ob  Äer  nnd  wie  Wflrtbnrg  Ar  die  Stadt 
nndnngen  lelbet»  dh  der  Abt  beeetrt  Hielt»  «u  enticUidigen 
eeij  deriiber  hüten  lie  meht  nr  entMhelden. 

5*1  7.  nnd  8.  Die  befestigten  XiruihMB  su  Nerdheim, 
Siondheisiy  üispringeifti  Stettetti  Alpreöhtis  (Melpets)!  Heyn- 
ftute,  HsAäen  nnd  Oberttidnngen  sollten  gleiehmSflng  beiden 
BeiTen  md  ibrai  amen  Iienten  offenstehen. 

6.  Habik  Wfinbirg  ^as  Derflgieffieht  an  Nordheim  (wo 
aoeb  amt-liohleBbeEgiaehe^  also  fbldaisohe  Unterthanen  wohn- 
ten) witklieh  allein  inne  nftd  imtfer  allein  innegehabt,  wie 
es  behaupte,  so  müsse  der  Abt  es  ihm  gans  lassen;  k^nne 
letaterer  Aber  beweiaeni  dab  (sein  Amtmann)  Helwig  y.  TTns- 
leben  (eigentHeh  r.  Wahershsnäen  [i.  o.] ;  er  war  in  ünsleben 
begütert)  wirklieh  und  mit  Beeilt  fibinr  die  fiddaisehen  ünter- 
ihanen  in  Nordheim  die  Yogteiliohkeit  hld>e,  so  solle  es  aaoh 
dabei  blmben. 

11.  Die  Ämter  Hildenberg  nnd  Liohtenberg  sollten  bis 
Jakobitag  von  beiden  Herren  wieder  eingelöst  werden  (Hilden- 
berg befand  sich  yermntlich  im  Pfimdbesitz  eines  y.  Spefs- 
hart;  Lichtenberg  hatten  1384  Oyso  von  Steinan  und  jener 
Helwig  Yon  Waltershausen  unterpf&ndlich  erworben). 

Lange  ist  dieser  Yertrag  jeden&lls  nicht  in  Geltung  ge- 
blieben^  denn  bald  war  Fladungen  und  das  ganze  Amt  Hilden- 
berg wieder  würzburgisoh. 

War  dem  Abt  diewürzburgische  Gerichtsbarkeit  über 
seine  Yordergerichtsdörfer  höchst  lästig,  so  nicht  weniger  die 
hennebergische  über  sein  ebenfalls  lichtenbergisches 
Dorf  Helmershausen.     Das 

»^Gericht  Helmershausen*' 
war  der  letzte   Best  der  Gerichtsbarkeit   des  früheren  Amtes 
Hutsberg,    das    nach    der   Zerstörung    der    gleichnamigen 
Burg  aufgelöst  worden  war.     Über  letztere  erst  einige  Worte. 

Hoitine,  was  man  von  ,yhüten''  ableitet,  bildete  zur  Zeit 
der  GauverfassuQg  eine  eigene  zum  Tullifeld  gehörige  und 
dem  Gericht  Ealtensundheim  untergeordnete  Mark.    ,,Im  Tulli- 


Du  ehenuillga  Amt  LlahteDberg  vor  dar  BbSn. 

feld  und  zwar  in  Hoitino  marou"  Ingen  WohlmathaaBeb  ( 
und  Oerthausen  (901). 

Naoh  Caroli  (boi  Heim)  hatte  zu  Anfang  dee  5,  i 
hunderte  Markmeier,  Herzo;^  von  Oatfranken,  Bruder 
Franken königs  FhBramund,  seinen  Bohn  Premser  (FrianiuB) 
mit  dessen  Söhnen  Helmrioh  (der  „HelmricheshueeD"  gründete) 
und  Otto  (Hetanus,  Gi-ünder  dea  jetzt  wüsten  Ottenhausen) 
mit  etlichen  Rotten  Kriegaleuten  die  Grenze  gegen  Thüringen 
hin  zu  verwahren  auf  den  Hat^berg  gesetzt^  der  in  der  £ile, 
■wie  noch  die  Mauerschädel  atisweisen,  aus  Wackersteinen  er- 
bant  worden  eei.  Nachdem  Premser  Herzog  geworden,  sei 
Helmrich  einige  Zeit  später,  während  welcher  Otto  die  Weck- 
warte (dieselbe  Hutsberg  zum  besten  zu  versehen)  verwaltet, 
auf  den  Frankenberg  (bei  Rofsdorf)  verordnet,  Otto  abi 
einem  Oherwaohtmeister  Über  die  gewapnete  Eriegsknecl 
des  Hutsberge  bestellet  (?). 

Nach  dem  Aufhören  der  Gauverfassung  wurde  Hutsberg 
Ton  den  Grafen  von  Henneberg  in  damals  üblicher  Weise 
Bui^  und  Amteleuten  zum  Schutze  und  zur  Verwaltung  über- 
tragen, wofür  ihnen  Burggüter  übergeben  wurden.  Solche 
Burggüter  waren  die  Höfe  zu  Helroershauaen,  Weimarsohmieden, 
Schmerhaoh  etc.  In  der  kaieerloaen,  der  schrecklichen  Zeit 
legten  sich  die  Vögte  auf  Hutsberg  auf  Strafsenraub  —  am 
Fufse  des  Berges  führte  ja  eine  LandstraJ^ae  von  Meiningen 
her  über  die  „hohe  Strafte"  nach  Frankfurt  hin.  Endlich 
wurde  Rudolf  von  Habsburg  anm  König  gewählt,  „ein  Richter 
war  wieder  auf  Erden",  der  der  Schrecken  der  Raubritter 
wurde.  Als  er  „auf  dem  Reichstage  zu  Würzburg  anno  1276 
4en  BeichEStänden  anbefohl,  die  Strafeen  rein  zu  haiton,  so 
hat  Graf  Berthold  mit  Hülfe  etlicher  Städte,  als  Erfurt,  Würz- 
burg und  Nürnberg,  den  alten  Hutsberg,  darinnen  sich  ihrer 
fünf  von  Adel  mit  etlichen  räuberischen  Buben  mit  Gewalt 
bifs  anhero  enthalten,  nachdem  er  es  2  Monat  belagert  und 
verschanzet,  durch  die  herbey  gebrachte  Nürnberger  Schrauben- 
böck  eröfaet,  und  32  Bäuber,  so  er  darinnen  gefunden,  hin- 
richten   lassen.     Auch    sollen    die    Nürnberger    sobald  etliche 


tet, 

zii'^^l 
)h««^l 


236  ^*^  ehemalige  Amt  LichteDberg  vor  der  Rhön. 

gzofse  Gewichtsteine,  darinnen  sie  vor  dieser  Zeit  in  ibrent 
Kauf-Handel  verborgen  Geld  verlöthet,  und  weggeschickt 
haben,  so  ihnen  aber,  neben  andern  Waaren,  waren  geraubet 
worden,  des  Orts  mit  ihren  eigenen  Markzeiohen  noch  unver- 
sehrt gefunden,  und  ihnen  also  ihre  entwandte,  von  den 
Bäuberu  aber  nicht  erkannte  Schätze,  über  Hofnung  wieder 
bekomen  haben"  (Garoli). 

Nach  der  Zerstörung  der  Burg  und  nach  der  Hinrich- 
tung der  Burg-  und  Amtleute  war  es  mit  der  Bechtspflege 
und  einer  geordneten  Verwaltung  des  Bezirks  vorbei;  da& 
Amt  wurde  aui^elöst.  —  Als  einstige  Bestandteile  dieses 
„Ämbtleins"  lassen  sich  mit  ziemlicher  Sicherheit  folgende 
Orte  angeben:  Helmershausen,  Wohlmuthausen,  Gerthausen,, 
Schafhausen,  Bettenhausen,  Seba,  Stettlingen,  Ottenhausen  und 
die  später  ritterschaftlichen  Orte  Wilmars  (?),  Sands,  Filken,. 
Schmerbach  und  Weimarsohmieden, 

Das  Gentgericht  des  Amtes  hatte  seinen  Sitz  in  Helmers- 
hausen; der  „Henneberger  Hof  war  die  Amtswohnung  des 
Gentrichters.  Noch  heute  giebt  es  in  der  Flur  ein  „Galgen- 
unspe".  Den  Ort  —  ohne  das  Gericht  —  hatte  Abt  Kuno 
schon  1219  gegen  Hendungen  vom  Grafen  Berthold  einge- 
tauscht und  sein  Nachfolger  ohne  Zweifel  gleich  nach  1230 
dem  Amte  Lichtenberg  einverleibt.  —  Gerthausen  und  Wohl- 
muthausen, welches  noch  1435  Filial  von  Helmershausen  war 
und  den  Zehnt  nach  Mafsfeld  (wie  früher  auf  Schlofs  Huts- 
berg) zu  liefern  hatte,  scheinen  schon  vor  der  Teilung  der 
Gent  Kaltensundheim  yom  Amte  Hutsberg  getrennt  und 
ersterer  zugeteilt  worden  zu  sein.  —  Stettlingen,  Betten- 
hausen und  Seba  hatten  auf  dem  Hutsberger  (Heften-)Hofe, 
dem  ökonomiegute  der  Hutsberger  Vögte,  alle  Fronarbeiten 
zu  verrichten,  bis  diese  vor  nicht  gar  langer  Zeit  erst  abgelöst 
wurden.  Stettlingen  war  nach  der  Zerstörung  des  Hutsberg 
nebst  Ottenhausen  (jetzt  Wüstung)  der  Gent  Mellrichstadt  zu- 
gewiesen worden,  zu  welcher  schon  andere  hennebergische 
Orte  gehörten;  beide  Orte  wurden  mit  Hermannsfeld,  das 
zum  Amte    Henneberg   gehört   hatte,    durch    den    Vertrag   zu 


Bohleusrngea    1566    im  Jahre  1£96    zur  Cent   Heiningeo 

Bohlagen.  Betteohaugen  und  Seta  nebet  Heftenhof  wies  C 
Berthold,  der  Soha  des  Zerstörers  seiner  Burg  Hutaberg,  der 
Cent  Friedelqhau&en  zu,  wobei  nur  die  Uüter  zu  Bettenhaueet!, 
welche  er  1320  vom  Kloster  Neuberg  bei  Fulda  erworben 
hatte,  „Boli  Cente  in  Suntheim  et  nulli  alteri"  äberwieseu 
wurden  (15.  Okt.   1S23).     Bald    darauf   wurden  beide  Dörfer 

(ganz  als  sogen.  „Oberamt"  der  Vogtei  Kaltennordheim  und 
somit  auch  der  Cent  Kalteneuudheim  zugeteilt.  Am  8.  Aug. 
135Ü  verkaufte  Graf  Johann  dem  Äbte  die  Burgen  Kalten- 
nordheim (mit  dem  Baonweiu  zu  Stepforehausen,  Bettenhauaen 
und  3eba  und  „mit  dem  Gerichte  über  Hefften"  als  Zuge- 
hörungen), Rofadorf,  Barchfeld  etc.  —  Die  adligen  Herren 
i  auf  Schmerbach,  Filke  etc.  wufsten  ihre  der  Grafschaft  Henne- 
E.berg-Schleueingen  lehn p&iohti  gen  Orte  nach  der  Auflösung  des 
r  Amtes  von  jeder  andereo  Gerichtsbarkeit  als  der  ihrigen  zu  be- 
freien; nur  Wilmars  war  der  Canc  Meilrichstadt  unterworfen. 
Nachdem  am  29.  Aug.  1817  Abt  Heiorich,  um  nun  auf 
diesen  iturlickzukommen,  aufser  andern  Genchteu  auch  das  zu 
Dermbaoh  —  nur  das  Gericht;  das  A m  t  (Fischberg)  erwarb 
er  erst  1326  —  von  Oraf  Ludwig  von  Frankenstein  gekauft 
hatte,  tauschte  er  am  9.  Dezember  desselben  Jahres  gegen  das 
zu  Rofadorf,  „dafs  unser  landgericht  zu  Tyrenbach  bifsber  ge- 
sucht hat",  vom  Grafen  Berthold  „das  gericht  zu  Hellmerahufs 
und  uf  der  mark  die  darzue  gehöret,  dafs  uniser  beider*] 
gerloht  zu  Kalteuaundheim  bifsber  gesucht  hat",  ein  (s. 
Kärtchen  S.  273).  Hätte  Hutsberg  noch  gestanden,  würde 
Graf  Berthold  zu  diesem  Tausche  sich  jedenfalls  nicht  ver- 
standen haben. 

Die    Verhandlnngen    wegen    des    erwähnten   Ankaufs  der 
Gerichte  zu  Dermbach,  Suhl,  Berkach  und  Ockershausen,  ver- 
schiedener Güter  in  Fisenach,    Lengsfeld  etc.  am  29.  Augast 
1317   hatten  übrigens    in    der  Nähe  der  Lichtenburg  stattge- 
_^nden,    auf    welcher    Abt  Heinrich    sich    damals  mit  Gefolge 

■   Hälfte   der 


4 


«ufliüdt  tki''  d«r  Tetlhimdbiilg  iroxeii  «alter  dem  Yerkftttfer,^ 
dttK  Qndhii  TOB" 'ftiifaiiirttily  'lüiff  dtntt  KSiifaf'  als  Zottgen" 
lugfegen:  GM  BttiOioIdl'Y.  HmüebiBf|,  i^nSohii  Qraf  Hein- 
Tiohf  Ttwiing  t;  BdkoulpBWilty  Oyvo'  t.  Ebetsbergy  Hsrandi 
T.  HtäDy  Sjrmoxi  ▼•  SdüHts^  Konrad  t.  BaMratg  (der  rieh  als 
BorgiAsnii  tauXt  r.  Liehteiibarg  nannte),  Köiitiid  und  Ludwig 
T*  Kmbfeoiii  Sertnid  an  den  RBrge^  Berthold  "t,  Eberaelk 
„imd  andlri  vil  gnter  IIM,  die  dar  tiB  gebeten  und  geheiet 
trarn*  Alle  diie  didc6  vorgMdniben  tat  und  rede  gfesohähin 
üitd  würdta.  gcdeydln^  ÜBwIsdken  Xitöbtinberg  und  Stockhein 
an  der  Sültita  by  deme  Btege<<  (Hl  F.). 

HehnerehanBen,  welehea  tra  dem  tfiemaligen  Centbecirke 
nooh  aUdn^  flbrig  geblieben  war,  dnzfte  sein  OtButgeriobt  für 
eidi  noeh  IbrtbefaaltM.  Im  Jahre  1 8^8  wurde«  dem  Abt  Hein- 
rieh  au  Gefidlen  das  Dorf  aur  Stadt  erhoben  (s.  III.  Teil), 
oder  es  wurde  Yiehnehr,  worauf  ea  ihm  faauptsSohiich  an- 
kommen mochte,  ihib  erlftub^  es  stadtmttfing  au  befestigen. 

Nach  der  bisher  unangeföohtenen  Braihlung  bitte  der 
Abt  nun  die  neue  ntadt  sofort  an  die  Dynasten  TOn  Franken- 
stein verkauft,  denn  schon  1880  yerkauften  diese  „Heltmers- 
husin^  an  Graf  Berthold  y.  Henneberg.  Wie  und  wann  dann 
der  Ort  an  die  Henneb.-Bömhilder  Linie  gekommen  —  denn 
von  dieser  ging  er  mit  dem  Amte  Lichtenberg  1548  an  die 
Grafen  yon  Mansfeld  über  —  wird  unentschieden  gelassen. 
Als  Beweis  aber,  daüs  H. -Schleusingen  nach  1830  thatsäch» 
Höh  im  Besitz  von  Helmershausen  war,  wird  angefttfart,  dafs 
1889  Graf  Johann  den  Yogthafer,  „ein  sicheres  Kennzeichen 
der  landeshoheitlichen  Bechte^  (Schultes),  an  Apel  von  der 
Kere  yerpfändete.  Mit  mehr  Grund  läfst  sich  jedoch  behaup- 
ten, dafs  bis  1366  der  Ort  mit  dem  Amte  Lichtenberg  im 
Besitz  Fuldas  geblieben  ist.     Dafür  läfst  sich  geltend  machen : 

1.  Es  wäre  doch  zu  sonderbar,  wenn  über  den  vielmaligen 
Besitzwechsel    sich    gar   keine   Nachricht    erhalten   hätte.  — 

2.  Bei  dem  Verkaufe  der  Grafen  von  Frankenstein  1880 
handelte  es  sich  nur  um  Hersfelder  Lehen,  was  Helmers- 
hausen niemals  war.  —  3.  Bemerkenswert  ist  die  Beihenfolg^, 


Dwi  abaiiiklie«  Amt  rJcKWnbeffe  vor  ffw  ShBo 

PiD  welchor  unter  diesea  Hersrelder  Lohen  Helmersbaueeu  ge^^ 
sBnDt  ist:  Abterode,  Goapenroda,  Bynau,  „HeltmerehuBia", 
Vrumolda  (im  Besitze  der  Herren  von  VöIkerBhausen  bei 
Vaoha),  WünBchenanlil  etc.  —  also  mitten  zwischen  Orten  in 
der  Gegend  von  Berka  «.  Werra,  Sollte  sieh  in  dortiger 
Gegend  nicht  noch  eine  WüstuDg  Heltmerahausen  oder  ähn- 
lichen Namens  finden  ?  Es  könnte  Bich  allenfalls  aach  um 
Helmera  bei  'WeruahauBen  handein;  das  „hauaen"  hätte  dann 
damals  noch  au  dem  Namen  gebangen,  wiu  es  andrerseita  bei 
unierem  HelmerBhausen  urkundlich  auch  einmal  fehlt.  —  4, 
Ein  ao  sioheres  Kennzeichen  der  Landeshoheit  ist  der  Beatz 
dee  Togthafere  doch  nicht.  Er  konnte  ebenao  gut  wie  ein 
anderes  PertinenaBtUcic  des  Hutsbergea,  der  Honneberger  Hof 
zu  Helmershauaen,  beim  Verkaufe  des  Ortes  bei  der  Burg 
geblieben  sein.  —  5.  Die  Landgrafen  von  Thüringen,  an 
welche  1366  Fulda  dag  Amt  Lichtenberg  vertauft  hatte,  ver- 
I  fügen  1374  über  die  Einkünfte  aus  Helmershausen  in  ihrem  j 
I   „Gerichte  Lichtenberg".  | 

Um  die  Zeit  nach  dem  Obergange  dea  Amtes  Lichten- 
berg aus  dem  Besitze  Fuldas  au  die  Landgrafen  von  Thüringen 
(1366)  ging  Graf  Heinrich  von  Henneberg  damit  um,  das 
frühere  Amt  Hutsberg  durch  Wiedererwerbung  aeiner  einstigen 
Bestandteile  und  Wiederaufbauen  des  Schlosses  Hutsberg, 
welches  nun  seit  einem  Jahrhundert  in  Trümmern  lag,  wieder- 
herzustellen ;  doch  kam  es  nur  zur  Ausführung  dieses  Neu- 
baues. In  einer  Urkunde  vom  27.  Mai  1383  (H.  U.)  über- 
giebt  Graf  Heinrich  dem  Bitter  Johann  v,  d.  Kere  und  seinen 
Söhnen  Lorenz  und  Eberhard  sein  „aloz  Hutiaberg  mit  dem 
Togit  habere  zii  Helnbershusin  und  die  gute  geleigin  in  dem 
Biohildehusin,  ein  geholtz  genant  daz  Lindech  und  daz  wafsir 
genant  die  Herfp  von  Helnberebusin  bis  an  dos  dorf  Herpf" 
mit  dem  Veraprechea,  bei  ihren  Lebzeiten  nichts  davon  zu- 
rückzuverlangen. Dagegen  macht  er  ihnen  zur  Pflicht,  600 
Gulden  in  daa  Schlofs  zu  verhauen  „und  lafain  machen  uf 
dem  slaBe  czwü  kemenatin  mit  allime  büwe  und  die  rechtin 
mttien  umb  daz  hüs,  die  sal  hoch  ein  czweier  gertin  und  die 


290  ^^  •hw—Hgi  Amt  Ltebtonbcatf  tot  der  Bliöii. 

nbitn  müzen  sal  «iner  gertiii  hoch  nn  und  vier  türm  dar  an, 
der  sal  igliehAr  hoeh  an  andirhalbir  gertin  angeverde'';  „wa 
lie  danne  bnwhaleiiB  bednxfiSn  nf  das  hfU,  das  wollin  wir  in 
laBe  gebin  ni  dem  haue  Hennenberg.  Und  ab  sie  das  da 
nieht  ftuidin,  so  woUin  wir  in  das  gebin  uz  der  Eichart  und 
US  dem  walde  umb  Slüsungen,"  Auch  sollten  sie  die  Güter 
„geleigiii  umh  das  slos  die  yormals  dasü  gehört  habin''  und 
andere  in  der  NÄe  dasusnkanftn  snehen;  der  Kaufpreis  würde 
nebst  obigen  6Q0  Gulden  Baogeld  und  dem,  was  der  Bau 
etwa  höher  su  stehen  Ume^  seiner  Zeit  an  ihre  Erben  aus- 
gesahlt  werden.  Femer  sollten  sie  den  Wildbann  um  das 
Schieb  her  hegen  und  sohütsen  und  selbst  kein  Wild  erlegen;, 
„doch  habin  wir  yn  derlaubiti  das  sie  in  iglioheme  iare  mugin 
fidien  oswein  hiris.^  ^ySie  sullin  auch  sohurin  ^)  unsirs  stiflis 
arme  lüthe  (auf  seinen  Ldingüiem)  csü  Helnbershusin  so 
beste  sie  mügin.**  Graf  Heinrich  behält  sidi  für  die  Zeit 
naoh  8  Jahren  das  Ofbungsredht  Tor,  „in  der  csit  sal  er 
büwen''.  Ginge  das  Schlols  yerloren,  wIShrend  er  es  in  einem 
seiner  Kriege  besetst  hielte,  so  würden  sie  toU  entschädigt 
werden;  ginge  es  ihnen  sonst  yerloren,  „so  sullin  wir  in 
rathin  und  helfin  so  ferrist  wir  ymmer  mugin,  das  in  und 
uns  das  widdir  worde''.  —  In  der  Inschrift  über  dem  Thore 
neben  dem  hennebergisohen  und  burggräflichen  *)  Wappen : 
Johannes  de  Eere  perfecit  castrum  anno  Domini  M .CGG^LXXXI» 
(naoh  Heims  Lesart)  mufs  obiger  Urkunde  sufolge  die  Jahr- 
zahl unbedingt  eine  mindestens  4  Jahre  spätere  sein« 

Am  1.  Januar  1898  räumt  Else  y.  d.  Kere,  „etwan  hern 
Hansen  seligen  wirtin  von  der  Ker"  ^),  dem  Grafen  Heinrich 


1)  OB  schütien.  „Sehuer^*  (Schauer)  ist  noch  jetzt  dort  üblich  für 
Überwind,  Schatz  vor  dem  Wetter. 

2)  Die  Grafen  yon  Henneberg  waren  seit  alter  Zeit  Burggrafen  yod 
Wfirzburg;  bei  der  Teilung  ihres  Hauses  in  mehrere  Linien  war  dieses 
Amt  auf  die  Schiensinger  übergegangen.  Unterbnrggrafen  waren  die 
Herren  yon  Stein-Nordheim. 

3)  Bei  Biedermann  (Bh6n-Werra)  heifst  sie  Beza  (Elisabeth?)  geb. 
Y.  Steinau.    Müller  (Der  Bezirk  Mellrichstadt,  S.  127)  versteht  unter  den 


Du  BhtnuJiga  Amt  Liebtanhtrg  vor  dar  BhBn. 

I  die  WiederlÖBUDg  vod  Sulzfeld,  Hnteberg,  Herpf  und  fitepfe 
liaaien  ein  und  gelobt,  wenn  er  nicht  bezahlen  könne,  diese 
BesitsuDgeu  nur  an  einen  ihrer  Genoseen  zu  verkaufen,  der 
sie  unter  denselben  Bedingungen  tibernähme,  unter  denen  sie 
aie  gehabt  hätte.  Es  siegelt  ihr  Sohn  Jürge  fiir  aicb  und!! 
seine  Geschwister. 

Ale  Amtleute  auf  Hntsberg,  die  jetEt  freilieh  nur 
einen  sehr  geringen  Bezirk  zu  verwalten  und  wohl  haupt- 
sächlich nur  die  Burg  zu  wahren  hatten,  kommen  vor:  1401 
Heinrich  \.  d.  Tann,  Pritz'  Sohn.  —  1406  Fritz  v.  d.  Tann, 
dessen  Witwe  Marg.  von  Schlitz  gen.  Görz  später  in  Hord- 
heim V.  d,  EhöQ  auf  einem  Tannischen  Hofe  lebte.  —  1412 
Karl  T,  d.  Kere,  des  Erbauers  Bruder.  —  1434  wurde  Hans 
von  dem  Berge,  bisher  Amtmann  auf  Huteberg,  Amtmann  in 
Meiningen.  —  (1444,  24.  Juni  trug  Graf  Wilhelm  v.  Henne- 
berg Sohlofs  Hntsberg  dem  Stifte  Würzburg  zu  Lehn  auf) 
—  1449  Georg  v.  Bisa,  unter  ihm  wurde  die  Burg  von 
Heinrich,  XIY.  von  Henneberg ,  der  zu  Kalte nnord heim  re- 
sidierte (s.  u.),  erstürmt  und  er  selbst  gefangen  nach  Eallen- 
nordheim  abgeführt.  Am  26.  Januar  1450  bekennt  er,  dafs 
die  Fürsten  Wilhelm,  Johann  und  Serthold  v.  Henneberg  ihm 
für  alle  seine  au  sie  gestellteD  Forderungen,  namentlich  für 
die  Schäden,  die  er  in  ihrem  Kriege  mit  dem  Grafen  Hein- 
rich, ihrem  Vetter,  und  durch  die  Erstürmung  des  Hutsberg 
erlitten,  zur  vollen  Befriedigung  den  bisher  Hans  Stock'schen 
Hof  zu  Stepfershausen  verliehen  haben  (H.  TJ.)  —  1488  Lutz 
V.  Bisa. 

Nach  noch  nicht  anderthalb  hundertjährigem  Wiederbe- 
stehen  wurde  Schlofs  Hntsberg  abermals  zerstört  —  im  Bauern- 
kriege —  und  ist  seitdem  in  Trümmern  liegen  geblieben,  da 
zum  dritten  Uale  es  aufzubauan  gar  kein  Grund  mehr  vorlag, 

baidsD  Job,  t  d.  Kehre  (Vatsr  und  Sobn),  dsin  llehteub,  BurgmuiD 
von  1S43  (B.  n.  Tail)  and  dum  Erbkaer  des  Hnlaberg  nnd  AmtmanD  in 
UellricbiUdt  (13S1),  wo  »ein  Gribmil  tob  1387  noch  varbinden  iat, 
eine  Pecion.  Hani'  Jun,  Sobn  JUrge  w*r  Abt  In  Kloater  VeTNrt,  Ebar- 
bud   1983  Amtmann  in  Waanngea ;    Larini  starb  ahne  mänalicbc  Erben. 


Sie 
indj^H 


jj^  Jftß.ßhiffia^  ^  X4f9li«)Hib«qi  tot  4er  Bhaa. 

Jjk  Vviäti  Ttnf  ma^Jtf^ht  tUbmok  Yh  1368  Smnmb 
JUf.  (vo^.KTiijiiflfc^i  pMigl^  »^  A^  ^  Haben  stolsor 
ipd  iiiil^bhwilfv  |f||)gp^^|i^  j«ruigioii  Yenrtaodea'S  wie  eor 
von  tiiflhtftilflniiflihflp  fl ninhl nhtmhTffilHHrp  cfiBAimt  vird.  der 
,wtthr«nd  aaintr  BnsiiBnMig  Aemo  wie  seiiL  Yorgfinger  fttst 
Bteti  Kri^  führte.  Sehennat  in  leiner  pertnijuchen  Weiee 
n^äOü^  fpBiBkMmm$i.^^  der  Abt  habe  alle  s^ne  Feinde 

gQl)#ndi|(^  und  da  er  Jßi%  i^en  fertig  geworden,  .habe  er 
'^dljpob^ueb  4e|i.:Li^d)pcafo|gi..Ididwig  toh  Heraen  wreehte 
rjäidcen  yflnepa  ^nfU;  er  aiif  jngendlfeher  Hitie  inuaer  daa 
Stift '^wniUgtt  njt.eeifMim  Tettar,  ,^em  S^pm^g  an  Brenn- 
aohweigi  ua^  d|»n  (lUrkgraCni  an  Keillm  C(4Midgral»a  Ton 
Thttriagen), .  mft  einigwa  hnf^eort  Benl^erii  in  die  GhiftBlande 
eing«fl||)ep,^  Httfffrld  .joad  Bofl^ps:^  ,  eingeoompenji  aUee  aber 
als ,  einen  miginpetf4«n. .  Benb  meder  mrflfkgeben..  ,müMf»n» 
üChttringiiQhe  nnd  heeriyebe  CDuroniaten  eMln  degf^en  die 
jSeehe  aO'^dar:  fJM  B(|i|ineh  bejbe  s^f;  winea  SfUdbaeni  (s» 
8.  242)  die  benaohbarten  Ffbqtaptlbms  JTUbdnf^  und  Heeaan 
nnaofhörlioh  mit  Planikeireien,  Banben  ,qnd  Flundern  giSbfiA 
betohädigt  Auf  der  Fftreten  gütliohea  Ermahnen,  doeh  sein 
geietlich  and  hohes  Amt  zu  bedenken,  derglelohen  zu  lassen 
und  auoh  seinen  Leuten  zu  yerbieten,  hätte  er  sieh  noch  viel 
loser  und  yerächtlicher  Worte  yernehmen  lassen  (fatue  loou- 
tus).  Da  hätten  denn  (1361)  die  Fürsten  in  geschwinder  Eil 
ein  yersuchtes  Kriegsyolk,  1900  Eeuter,  zusammengebraoht; 
die  beiden  Landgrafen  yon  Thüringen,  Friedrich  und  Baltsar^ 
riefen  auch  noch  die  mit  ihnen  yerbündeten  Grafen  yon 
Schwarzburg  herbei,  welche  ebenfeUs  mit  ihrem  Beuterkapitän 
y.  Kintleben  nach  der  Buchen  zogen, .  unterwegs  yerderbten^ 
was  sie  antrafen,  und  die  beiden  Schlösser  (Ealten-)  Nord- 
heim und  Bofsdorf  (welche  nebst  Barchfeld  1350  Graf 
Johann  yon  Henueberg  an  Abt  Heinrich  YL  yersetzt  hatte) 
mit  Gewalt  nahmen,  ohne  was  der  Landgraf  yon  Hessen 
jenseits  der  Bhön  eroberte.  Als  der  Abt  den  Ernst  sah^ 
kroch  er  zu  Kreuze,  reiste  den  Fürsten  nach  Berka  a.  Werra 


g  Tor  der  Bhän. 


Dftoh    und  erlangte  dadurch  Gnade",  oder,    wie  der  fnldaiacbe 

Jesuit  Bio  wer  sagt,  erlaugte  allee  Weggenommene  wieder. 

Allee  erlangte  er  aber  doch  nicht  wieder,  denn  ala  1419 
da&  Haus  Henneber^  die  1350  an  Fulda  yerpEandeten  Schlösser 
Kaltennordheim,  Kofadorf  und  Itarohfeld  eiulÖBen  wollte,  konnte 
es  nur  Ealtennordheim  wiederbekoinmen ;  mit  den  übrigen 
war  es  „Hohedelich  zugegangen,  also  das  ir  der  vergenannte 
ittift  iczÜDt  nicht  in  bcBitziinge  inuhad' 

Bald  nach  diesen  für  den  Abt  unglüok liehen  Erii 
Zügen,  am  2.  Februar  1366,  verkaufte  er  dse  Amt  Lichl 
berg  und  die  Hälfte  der  Stadt  und  des  Amtes  Salzungen 
die  Landgrafen  tod  Tbüringen,  Friedrich  den  Strengen,  Wil- 
helm den  Einäugigen  und  Balthaear,  die  mit  gegen  ihn  ge- 
zogen waren,  unter  dem  Torbehalte  des  Wiederkaufs,  „zue 
leschunge  schädelicher  ....  und  schaden  und  auch  zu  ver- 
mieden gSnzlicb  verdirpniB  uns  egenanten  stiäts  lande  und 
liite",  für  6000  Mark  lötigeo   Silbers  „Erfortischee  gewichts'. 


Lt«^^ 


und  1800  Pfd.  Heller  fuldaiseher  Währung, 
lanbnis,  50  Mark  in  die  Schlüeser  zu  verbauen. 

Hdm,  zu  dessen  Zeit  die  von  Fulda  trotz  eine 
raums  von  fast  4  Jahrhunderten  hartnäckig  betrieb) 
lÖBung    die    Oeraüter    iu    Erregung    hielt,    bringt 
Sachen,    den  unglücklichen    Ausgang    der    fuldaisohi 


it  der  Er- 

Zwisohen- 
le  Wieder- 

Bide  That- 

züge  und  den  Verkauf  des  Amtes,  in  ursächlichen  Zusammen- 
hang, um  die  fuldaischen  Ansprüche  als  unberechtigt  zu  be- 
weisen, ebenso  wie  wieder  ein  halbes  Jahrhundert  später 
Schultes  dies  durch  die  Behauptung  erreichen  wollte,  Fulda 
habe  1231  nur  Schlofa  Lichtenberg,  ohne  Dörfer,  von  Würz- 
burg erhalten  und  darum  1366  wieder  so  abgegeben,  nie  die 
Wiederldsung  begehrt  oder  auch  nur  seine  Ffandherrsohaft 
geltend  gemacht  und  erat,  nachdem  um  das  Sohlofs  sich  ein 
Amtahezirk  gebildet,  wieder  Lust  dazu  bekommen.  Heim  be- 
hauptet; Der  Abt  hat  eur  Entschädigung  für  das  ihm  wieder 
ausgelieferte  Soblefa  Kaltennordheim  und  statt  der  ihm  aufer- 
legten Eriegakoaten  den  Landgrafen  jene  beiden  Ämt«r  aus- 
liefern müssen;    da   aber  nach  kanonischem   Recht  die  ganz- 


294  ^**  ehemalige  Amt  Lichtenberg  yor  der  Rhön. 

liehe  Yeräufserung  eines  kirchlichen  Besitzes  ohne  päpstlichen 
Konsens  nicht  stattfinden  durftei  so  wurde  in  der  Übereig- 
nungsurkunde der  Schein  eines  Kaufs  mit  allen  Formalitäten 
eines  solcheui  wie  Feststellung  des  Kaufpreises,  Vorbehalt  des 
Wiederkaufs  etc.  gewahrt,  ohne  dals  die  Landgrafen  gemeint 
gewesen  wären,  das  Erhaltene  wieder  herauszugeben,  oder  der 
Abt,  es  wieder  zu  verlangen.  Er  beruft  sich  dabei  u.  a.  auf 
eine  von  gegnerischer  Seite  beim  kaiserl.  Kammergericht  zu 
Wien  eingereichte  Schrift,  in  der  es  heifst:  „Man  hat  an 
Seiten  des  Stifts  mehr  Ursachen  zu  muthmafsen,  dafs  die  Land- 
grafen die  Yerschreibung  der  6000  Mark  Silber  durch  Krieg, 
Bdub  und  Brand  an  sich  gebracht''  Der  Vorbehalt  des 
Wiederkaufs  konnte  ja  aber   dabei   doch  ernst  gemeint  sein. 

Als  1409  Landgraf  Friedrich  der  Einfältige  (oder  Fried- 
fertige) vom  Erzbischof  Johann  zu  Mainz  die  Ämter  Eschwege 
und  Sontra  für  4500  Mark  Silber  gekauft  hatte,  ohne  sie 
ganz  bezahlen  zu  können,  verpfändete  er  Amt  Lichtenberg 
und  halb  Salzungen,  die  fortan  bis  zum  Erlöschen  des  Hauses 
Henneberg  immer  zusammen  genannt  werden,  dem  Erzstift 
Mainz ,  .  .  .  .  „und  wurde  der  apt  und  stiefft  zu  F  u  1  d  e 
•dieselben  slofs  Lichtenberg  und  Saltzungen  losen,  so  sollen 
wir  ine  die  zulosen  geben  also  das  uns  vorgenannten  Johans 
ertz  bischoff  zu  Mentz  fünffthalb  tausend  unnd  uns  Friderich 
vorgenant  ander  halb  tusend  lotig  mark  silbers  davon  ge- 
fallen/' —  Johann  gelobt  auch,  die  Bitterschaft  des  Gerichts 
Lichtenberg  bei  solchen  Bechten,  welche  sie  vom  Stifte  zu 
Fulda  und  den  Landgrafen  von  Thüringen  hätten,  zu  be- 
lassen ^)  (Fulda  hatte  also  nicht  nur  das  Schlofs  ver- 
kauft !). 

Im  Jahre  1423  am  Trinitatissonntage  verkaufte  Erz- 
bischof  Konrad  von  Mainz  die  beiden  Ämter  dem  Bischof 
Johann  von  Würzburg  für  3000  Goldgulden  *).  Vom  fulda- 
ischen Pfandrechte  ist  diesmal  nicht  die  Bede;  dagegen  behält 


1)  Lncii  animadv.  ad  Bacbof  Exercit.  jurid.  Beil.  II. 

2)  Rudolph!  Gotha  dipl.  II,  pag.  315. 


DEtMbeig  TOT  dar  HhBn. 

sich  üaiaz  die  Pbndherrlichkeit  vor  und  übt  tie  künftig  a 
Btete  kräftig  aus.  ,^  .  .  in  kaufeweiae  doch  uff  einen  wieder- 
kauff"  etc.  „Und  uff  das  wior  .  .  ,  Bicher  und  wohlhaben 
geeein  mUgen,  ao  aoUen  der  obgen.  Johann  btachoff  .  .  ,  kaioer- 
lei  ambtleute  in  die  Torgen.  sofators  .  .  .  setzen  ...  sie  habenn 


dann    zaror    angelobtt,    und    leiblich    zu    denn  heiligen    ge- 
Bohworenn,  und  una  .  .  .  ihre    offen  vorsiegelte  brieff  geben, 
wann   wir  ,  .  ,    bezahlt    habemi,    dafe    Bie    dann    die   vorgen. 
■lofe  .  .  .    ihnn    unsere    gewalt    oha  auszugk    und  ohne  alle&'-l 
eintrag  wieder  einantwortten"  etc. 


XVI. 


20 


286  Pm  ^bnotUgß.  Amt  Lkhttubtrg  vof  ckr 

Weaigf  Wodwii'^p&tari  aariidtm  Bisohof  Johann  Liohten« 
beqp  fvworbwi^  am  Siga  M^urift  HjaniKeUMirt  (16.  Aug.)»  ^^ 
«r  al«  Boluedanohter  mof  zwiBehas  daK  Bdellenteja  zu  Ostheim 
ak  liahtanhergiaebuL  »Bopclrleiiton**  «ind  fluran  ,^Bixmen  Leaten'^ 
daialbat  Von  diaaar  Zeit  an  datiert  die  Einver- 
leihung  Ostheims  in  das  Amt  Lichtenberg,  nachdem 
dieses  Ton  1280  an  würzborgisöhe  Dorf  seit  der  Verlegung 
39s  Centgeriehts  von  Sondheim  nach  Fladnngen  (1335)  aus 
4em  yieUinnderljlEhrigen  Geriohtsyerbande  des  BariDgau  ausge- 
bdtieden  und  dem  Amte  und  der  Cent  Mellriohstadt  sugeteilt 
gewesen  war,  bei  welcher  es,  auch  ala  amt-lichteDbergischer 
jOrti  bis  in  unser  19.  Jahrhundert  geblieben  ist. 

Als  Beweis  dafür,  dafs  Ostheim  von  1280  bis  1423 
Immer  wünburgiach  geUiaben»  lifst  sich  nieht  anführen,  da(» 
br  nach  dem  würaburg.  Diöcesanverzeichnia  von  ca.  1340  zum 
Kapitel  Mellriehstadt  gehfirte,  denn  dazu  gehörte  es  schon  in 
er  Ganverfsssungszeit  und  dazu  hätte  es  auch  unter  Henne- 
g  gehört.  Nur  fuldaisch  war  es  damals  nicht  Es  läfst 
|üch  aber  auch  nicht  als  Gegenbeweis  anführen,  dafs  während 
|ener  Zeit  Ostheimer  Edelleute  ihre  dortigen  Allodialgüter 
mehrfach    nicht    dem    Landesherm,    dem    Bischof»    Bondern 

• 

Henneb.-SohleuBingen  zu  Lehn  auftrugen;  das  geschah  auch 
boeh  in  der  henneb.-römhildischen  Zeit  Den  Hauptbeweis 
idafür,  dafs  Ostheim  erst  1423,  wenigstens  erst  nach  1366 
izum  Amte  Lichtenberg  gekommen,  werden  wir  noch  kennen 
lernen.  Das  eine  nur  bleibt  auffällig,  dafs  Graf  Wilhelm  II. 
Von  Henneb.-Schleusingen  1410  den  1230  yon  Otto  y.  Boden-^ 
lauben  ausdrücklich  mit  an  Würzburg  yerkauften  Fronhof 
(mit  dem  Zehntrecht)  yeräufsem  konnte. 

Nachdem  1432  dem  liederlichen  Bischof  yon  Würzburg^ 
Johann  (y.  Brunn),  der  nur  seinen  Lüsten  lebte  und  deshalb 
in  uDyerantwortlicher  Weise  mit  den  Stiftsgütem  wirtschaftete^ 
die  Landesyerwaltung  seines  Herzogtums  Franken  entzogen 
worden  war,  und  Graf  Job.  y.  Wertheim  dieselbe  übernommen 
hatte,  wurde  1433  Graf  Georg  I.  yon  Henneb.-Bömhild 
(Aschach)  zum  Stiftshauptmann  ernannt.     Dieser  erwarb  noch 


Ber 
Der; 


Amt  LichUnberg  v 


297 


en  Jabre  von  dem  Stifte  „das  slofa  Lichtenberg, 
Blofe  und  atat  iglichs  mit  ainer  zugehärunge", 
die  Vordergeriohtsorte,  die  also  Wäraburg  inzwischen 
t«  Hildenberg  gesohlagea  hatte,  mit  dem  sie  ja  hin- 
der    Jurisdiktion    stete     vereinigt    gewesen    waren. 


1 


jedoch  mit  Ostheim ,  wenn  dies  auch  (wie  überhaupt  alle 
Ortsnamen)  nicht  ausdiiicklich  genannt  ist,  pfondweiae  für 
8000  Gulden  rh.,  die  er  teils  an  Gläubiger  dee  Stifts,  teils 
an  dieses  selbst  beiahlte.  Yen  dem  Pfandrechte  Fuldas  ist 
in  der  Urkunde  (bei   Sohultes)   wieder  nicht   die  Rede.     Der 


298  ^I^  tliMiiHg»  Aart  LiditenlMrff  tot  der  BhSn. 

Biiohof  bahSlt  dsrin  dem  Stifte  ICuiui  ab  der  Pfandherrachaft 
die  öffniiag  des  ScdiloMes  vor;  doeh  solle  der  Käufer  keinen 
Sehaden  voii  derselben  haben,  da  sie  ihre  eigene  ,,ko8t  und 
geli  beaeheidenlieh  darinne  leren"  wttrden.  Ginge  das 
Sehlofs  in  den  Kriegen  des  Stifts  verloren,  „da  Oot  vor  sey^, 
so  habe  es  das  Kan^^ld  innerhalb  3  ICoiiaten  an  ihn  zorlLck- 
xuxahlen;  geriete  er  aber  selbst  in  Fehde  mit  dem  Bisehof, 
„das  Oot  behnte**,  so  dürfe  er  des  Sohlosses  sich  nicht  gegen 
ihn  bedienen,  „snndem  die  lute  in  den  geriohten  gesessen 
sollen  sn  beiden  teile  stille  sitsen  nnd  onbesehedigt  bleiben". 
/  Von  1483  an  Erscheint  Ostheim  stets  in  hennebergischem 
^  Besitse;  2.  &  bestätigt  Graf  Georg  1467  den  Sdüed  des 
Bisehofr  Johann  von  1428.  Deshalb  wird  es  bei  dem  folgen- 
den Begentenwechsel  neben  den  Vordergerlohtsdörfem  nicht 
erwähnt. 

Im  Jahre  1486  kaufte  Graf  Georg  vom  Stute  Würzbarg 
aooh  noch  das  Amt  Hildenberg,  „sbfii,  stat,  dörffer,  weyler, 
ampt  und  gerioht,  nemliohen  Hildenbei^,  Fladongen,  Steyna 
an  der  Säle,  Nutlingen  das  dorff  halbes,  Northeim  und  Sunt- 
heim  tot  der  Bone,  Ursprüngen,  Obern  und  Nydern  Elspe, 
Obern  Fladongen,  Obern  Waldberungen,  Steta,  Hasen,  Heyfrit, 
Wispaoh,  Ginolfby  Sundemnahey  Altenfelde,  Lare,  Budolswinde, 
Boeklat  und  Erberspaoh'^  mit  allen  Zogehörungen  und  Ge- 
rechtsamen (nur  die  geistlicbe  Oberherrliohkeit  behielt  das 
Stift  sich  Yor)  für  12  000  Gulden  rh.  weniger  10  Gulden. 
Es  wurde  dabei  zur  Bedingping  gemacht,  dafs  die  Münze,  mit 
der  gezahlt  würde,  sei  „gut  yon  gelde,  genehme  an  slage  und 
swere  gnugk  am  gewichte";  sollten  zur  Zeit  des  yorbehaltenen 
Wiederkaufs  die  Münzen  yerschleohtert  (,>S®®'S®^")  sein,  so 
sollte  das  Stift  für  je  6'/^  („sechs  und  dry  orter")  Gulden 
„ein  gantz  marck  fynnes  luttern  lotigen  silbers  geben  oder  für 
igliche  marck  als  vil  gülden,  als  dy  marck  zu  denselben 
ziten  an  golde  gelden  wirt".  Der  Bischof  yerpflichtete  sich, 
80  oft  es  nötig  sei,  jeden  tauglichen  Gentgrafen  an  der  Fla- 
dunger  Gent,  den  Graf  Georg  ihm  präsentieren  würde,  mit 
dem  Gerichtsbanne  zu  belehnen,  wogegen  ihm  das  Recht  zu- 


I 


gestaaden  wurde,  zu  einer  etwaigen  vürzburgiechen  lAnd>^ 
Steuer  auch  die  DDterthaoeD  des  nun  hennebergiBchen  Amtes 
Hildenberg  heran zuEiehen.  Femer  behielt  er  eich  die  jedesmal 
14  Tage  vorher  anzumeldende  Öfi'nung  des  SchlosseB  Hildenberg 
und  der  befestigten  Kirchhofe  „zu  seinen  täglichen  Kriegen" 
vor  und  das  Becbt,  dann  'wUriburgiache  Kitter  aU  Hauptvl 
leote  hineinzulegen  etc. 

Wie  aus  dem  Ergebnis  der  1482  erfolgten  Wiederlösung 
des  Amtes  Hildenberg  hervorgeht,  hatte  Graf  Georg  inzwisoheu, 
and  zwar  wahrscheinlich  schon  1435,  die  Dörfer,  Sondheim, 
ürspiingen  und  Statten  wieder  aus  demeelben  ausgeschieden 
und  wieder  mit  dem  Amte  Lichtenberg  vereinigt. 

Im  Jahre  1465  verpfändete  Graf  Georg  Schlafs  Hilden- 
berg an  Adolf  Maraohall  von  Waübach  (S,  267).  Obgleich 
in  der  Urkunde  ausdrücklich  gesagt  ist,  daXa  der  Käufer  oder 
seine  Eibea  „sust  mit  der  stat,  dem  ampt,  gericht  und  aller 
herrlichkeit ,  nutzunge,  recht  oder  gewohnheiten  nichts  zu 
thnn  noch  zu  schicken  haben  sollten  in  keinerlei  weisse, 
den  allein  mit  dem  obgenanten  slofs",  so  stellt  doch  Graf 
Georg  schon  am  Peteratage  desselben  Jahres  ihn  schriftlich 
„dem  oentgraffen ,  freybotten ,  sohultheifsen  ,  bürgermeister, 
rate  und  ganzer  gemeinde  zu  Fladungen,  auch  schultheifsen, 
dorffmeistern  und  ganzen  gemeinden  der  dorffer  Northeim, 
Hewfiu't,  Obertiadungen,  Uawsen,  Obernelspe  und  allen  andern 
in  das  gericht  und  ampt  Fladungen  gehörende"  als  ihren 
Amtmann  vor,  dem  er  daB  Schlofs  Hildenberg,  Amt  und 
Gericht  Fladungen  überantwortet  habe.  —  Von  1471  an  ge- 
hörte das  Scblofs  Siegfried  von  Stein. 

Nachdem  im  Jahre  1468-  die  Brüder  Friedrich  und  Otto 
V.  Henneberg  ihre  Länder  unter  sich  geteilt  und  Amt  Hilden- 
bei^  dem  letztern  zugesprochen  worden  war,  machte  im  Jahre 
1482  Sischof  Rudolf  von  dem  vorbebalteneo  Wiederkaufs- 
rechte Gebrauch.  Nur  behielt  Graf  Otto  die  wieder  zum 
Amte  Lichtenberg  geschlagenen  Dörfer  Sondheim,  UrspriDgen 
und  Stetten  zurück.  Als  der  Bischof  nun  nach  Fladungen 
kam,  die  Huldigung  einzunehmen,  forderte  er  dazu  als  Cent- 


llOO  I^  ebeBiallga  Amt  Uehtenbtrg  vor  dar  BhSn. 

geriditsherr  sadh  die  y^Naehbarn''  dieser  8  hennebergischen 
ediunndeii  tot  sieh.  Dies  TexnilalMe  den  Fürstabt  von  Fulda, 
Jobann  (Graf  v,  HeiiDeb.-8ehIeii8,)y  zniii  ersten  Male  seit  1866^ 
die  Ffimdansprfielie  seines  Stifts  an  das  Amt  Lichtenberg  gel- 
tend sn  madien.  Br  riditete  an  den  damaligen  Administrator 
des  Ersstifts  Mains  (als  gleiöhfislls  beteiligter  Pfondlierrschafty 
nnd  Behörde  des  Bisohofii)  das  Ersuchen,  an  den  Bischof  zu 
▼erfßgetty  dafs  er  ,ydie  Leute  der  Dörfer  Suntheim,  ürspringen 
und  Stcftten  der  £rbhuldiguag^  welche  sie  dem  Bischof  bei 
dessen  Knlösung  des  Btidtehens  Fladungen  hätten  ablegen 
mttssen,  wieder  su  entlassen,  angesehen  die  Dorfschaften  zum 
Amte  Liehtenberg  gehörten,  welches  von  dem  Stifte  Fuld  an 
das  Stift  Msini,  und  von  diesem  an  die  Herrschaft  Henne* 
berg  Yerpfkndet  sei,  und  dem  Stifte  Wftrzburg  darin  nichts 
als  die  4  Bügen  ans  der  Gentpfliohtigkeit  zukXmen,  die  aber 
jetzt  llngst  auljgehört  (?  s.  IL  Teil)  hfttten  (D.,  Beg.  eines 
verstümmelten  Konzepts).  Natürlich  blieb  dieses  Ansinnen 
erfolglos.  Bemerkenswert  aber  ist,  dab  Fulda  auf  Ostheim, 
welches  damals  die  Huldigung  doch  auch  hatte  ablegen  müssen, 
keinen  Anspruch  machte,  dafs  dieses  also  bis  1423  nie 
fuldaisch  gewesen  ist. 

Nach  den  Begesten  einer  Urkunde  vom  16.  Juli  1459 
(Wr.)  verkaufte  „Erzbisohof  Diether  zu  Mentz  auf  Wiederkauf 
das  Sohlofs  Lichtenberg  vor  der  Boene  und  seinen  halben  Teil 
an  Burg  und  Stadt  Salzungen  für  5500  Gulden  an  Jorge 
(v.  Henneberg),  seinen  Neffen,  das  derselbe  von  Bischof  Jo- 
hann V.  Würzburg  sei.  für  8000  Gulden  rh.  gelöst  und  dafür 
Micheln  von  Wertheim  1000  Ghilden  bezahlt,  worauf  dann 
der  Erzbisohof  Dietherioh  800  fl.,  und  als  der  Blitz  den  Bau 
zerstört,  200  fl.  am  Schlosse  zu  verbauen  vergönnt  hat,  da 
auch  derselbe  Erzbischof  dorn  Grafen  Otten  zu  Henneberg, 
des  genannten  Grafen  Jorge  Sohn,  600  fl.  Solddienstes  und 
Beitgelt  bei  seiner  Hülfeleistung  gegen  Friedderiob,  Pfalzgraf 
bei  Bhein,  etc.  schuldig  verblieben  und  die  Gebäude  zum 
grofsen  Nachteil  des  Stiftes  baufällig  geworden  seien''.  Das 
Erzstift  Mainz  versprach    also    dem  Grafen  v.  Henneberg  bei 


I 


Dta  ehemaUfa  Amt  LlebteDbug  Tor  dar  KhOo. 


der  WiederlÖBUDg  statt  3000  fi.,  welche  er  an  Würzburg  f 
daa  Amt   bezahlt,    6500  fl.  zu  sahlen,     Daa    PfandachaftsTeri 


1  Wiiraburg  wird 


dieser   Zeit  adj 


r  ErzbiBchof  Diether 
n  Henaeb.-Schleu- 
i  Abts  Johann  von 


I 


hältnig  des  letateren  zu 
nicht  wieder  erwähnt. 

Von  der  Wiedetlösung  verBuehte  der 
auf  Veranlaesuug  des  Grafen  Wilhelm 
Bingen,  des  Brudere  des  vorhin  erwähnt 
Fulda,  2Ü  Jahre  später  üebmuch  bu  machen.  Graf  Wilhelm, 
an  dem  besonders  Frömmigkeit  und  Sparsamkeit  gerühmt 
wird,  mochte  gern  die  ganze  Cent  Ealteneundheim  haben, 
Ton  der  er  nur  die  Kaltennordheimer  Hälfte  besafs,  war  viel- 
leicht auch  gerade  recht  bei  Kasse,  kuri,  er  steckte  sich  1479 
hinter  den  Erzbiaohof,  daTs  dieser  den  ausbedungenen  Wieder- 
kauf jetzt  mit  seinem  (Wilhelms)  ßelde  ausführen  und  die 
genannten  Ämter  dann  ihm  abtreten  sollte.  Es  entspann  sieh 
nun  ein  sehr  lebhafter  Briefwechsel  zwischen  den  Brüdern 
Friedrich  und  Otto  (die  nichts  von  dem  Urheber  des  Handels 
ahnten)  einerseits  und  dem  Erzbisohof  anderseits,  zwischen 
'diesem  und  dem  Grafen  Wilhelm;  auch  die  Herzöge  Ernst 
und  Albert  von  Sachsen  beteiligten  sich  unter  Parteinahme 
gegen  die  Brüder  (die  ersten  Fürsten  dieser  Linie).  Diese 
machten  anfangs  dem  Erzbischof  Vorstellungen  wegen  seines 
Vorgehens,  da  sich  ihre  Familie  doch  stets  sehr  verdient  um 
das  Brzetift  gemacht  habe;  dann  aber  traten  sie  auf  einmal 
sehr  kurz  angebunden  gegen  ihn  auf  und  verwiesen  ihn  an 
Kaiser  und  Papst.  Ihre  Wiedersacher  konnten  sich  gar  nicht 
erklären,  woraaf  sie  sich  bei  ihrer  Weigerung  wohl  steifen 
mochten;  jedenfalls  war  es  die  sehr  verwickelte  Abrechnung 
wegen  der  ßaugelder.  Am  4.  Februar  1463  z,  B.  hatte  der 
Erzbischof  dem  Grafen  Georg  und  seinem  Sohne  Otto  an  dem 
baufälligen  Schlosse  2000  Gulden  zu  verbauen  erlaubt.  End- 
lich wurden  die  beiden  Brüder  aufgefordert,  im  Sept.  1479 
an  einem  bestimmten  Tage  zu  Schweinfurt  das  Geld  in 
Empfang  su  nehmen  und  unweigerlich  die  Ämter  herauszu- 
geben. Auch  die  beiden  Herzöge  von  Sachsen  hatten  zu 
diesem    Tage    einen  Vertreter,    ihren  Hauptmann  Thymo  von 


302  '^'^  ehemalige  Amt  Lichtenberg  vor  der  Rhön. 

HermaiiQsgrün  ^\  nach  Sohweinfart  geschickt.  Laut  dort  auf- 
genommenen Protokolls  verweigerten  die  Vertreter  der  beiden 
Brüder  y.  Henneberg  die  Annahme  des  Geldes,  welches  nun 
bis  auf  weiteres  bei  einem  dortigen  Notar  deponiert  wurde 
(M,,  Lit  B,  1;  Lit.  L,  37  etc.).  Über  den  weiteren  Verlauf 
der  Angelegenheit  schweigen  die  Akten;  Graf  Otto,  dem  bei 
der  Teilung  1468  das  Amt  Lichtenberg  zugefallen  war,  wäh- 
rend sein  Bruder  Balsungen  erhielt,  hat  es,  „obgleich  die 
Herren  Fürsten  Schleusinger  Linie  sehr  darnach  gesohnappet,. 
dennoch  ruhig  behalten''  (Weinrich).  Freitag  nach  Pfingsten 
1480  starb  Graf  Wilhelm  auf  einer  Bomfahrt,  „da  er  nach 
Ablas  gewesen  war'^  und  darüber  blieb  wohl  die  Sache  liegen.^ 

Vor  dem  Übergänge  aus  dem  Mittelalter  in  die  Neuzeit 
nun  noch  ein  kurzer  Blick  in  die  Gegend  jenseits  des  Stell- 
berges. 

Im  Jahre  1350  hatte  Graf  Johann  von  Henneberg- 
Schleusingen  die  Schlösser  Eofsdorf,  Barchfeld  und  Kalten- 
nordheim  nebst  der  Hälfte  der  Kaltensundheimer  Cent  an 
Fulda  verpfändet  (S.  292).  Am  20.  Juli  1355  hatte  da» 
Stift  wieder  Bettenhausen  und  Seba,  die  als  „Ober am t''  zu 
dieser  Hälfte  gehörten,  nebst  anderen  Dörfern  für  1500  Pfund 
alte  Heller  an  den  Ritter  Hermann  v.  Bibra  verpfändet. 
Damit  steht  in  Zusammenhang,  dafs  am  17.  Mai  1419  Graf 
Wilhem  IL  von  Henneberg  ^)  und  seine  Gemahlin  Anna,  geb. 
Herzogin  v.  Braunschweig,  bekennen,  für  die  Wiederlösungs- 
summe  von  2000  Gulden  unter  dem  Vorbehalt  des  Wieder- 
kaufs und  mit  der  Ermächtigung,  die  zum  Gerichte  gehörigen,, 
aber  inzwischen  versetzten  Dörfer  Kaltenlengsfeld,  Betten- 
hausen  und  Seba  wieder  zu  erwerben,  die  halbe  Cent  zurück- 
erhalten zu  haben.  Und  unter  dem  15.  Novbr.  1419  ver- 
zichten   beide    ausdrücklich    auf    alle    weiteren  Ansprüche  an 


1)  Denselben,  welcher  als  Amtmann  des  Amtes  Bargau  dem  Rate  zu 
Lobeda  Steine  von  der  Lobedaburgruine  zu  ihrem  Kirchbau  verabfolgt  hat. 

2)  Er  war  seit  1415  Hauptmann    des  Landfriedens   in  Franken    und 
wurde  1426  auf  einer  Wallfahrt   in  Palästina    von  Sarazenen    erschlagen. 


soä 


PutdB,  nachdem  ihnen  das  Anft  KalteDnordheim  gegen  2300 
Onlden  rh,  wieder  überantwoitet  »ei  —  mit  Bofedorf  und 
Barohfeld  war  ee  freilich  „schedelioh  zugegangen"  (8.  293) 
—  und  verpAichteten  eich  noch  eiaraal,  obengenannte  Dörfer 
TD  möglich  wiederzuerwerben. 

Im  Jahre  1444  war,  noch  nicht  30  Jahre  alt,  Graf  Wil- 
helm 111.,  des  Vorigen  Sohn,  auf'  der  Sauhatz  verunglückt. 
Et  hinterltefs  auTser  seiner  Witwe  Eatharine  geb.  Oräfia 
T.  Hanau,  und  2  Töchtern  3  kleine  Söhne,  Wilhelm,  der  in 
seinem  10.  Jahre  vom  Kaiser  mündig  erklärt  wurde,  Johann 
(später  Püistabt  von  Fulda)  und  Berthold  (später  Propst  zu 
Bamberg).  Da  erwachten  in  eeinem  Bruder  Heinrich  (XIV.), 
der  seit  früher  Jugend  dem  getetlichen  Stande  sich  gewidmet 
hatte  (oder,  was  er  nun  geltend  machte,  gewidmet  worden 
war)  und  schon  die  Würde  eioes  wiirzbnrgi sehen  und  kölni- 
schen Domherrn  erlangt  hatte,  unbeswingliche  Herrecherge' 
lüste ;  er  hing  die  Kutte  an  den  Hagel,  sammelte  eine  Rotte 
von  Abenteurern  aus  der  Kitteiechaft  mit  ihrem  Anhange  um 
eich  und  machte  nun,  aui'  dieses  KriegsTolk  gestiltKt,  Ansprüche 
auf  die  Hälfte  der  Ora&ohaft  Henneb.-Schleusingen  geltend. 
Besonders  um  den  Besitz  des  Schlosses  Ealtennordheim  wurde 
wiederholt  gekämpft ;  bald  hatte  es  die  eine,  bald  die  andere 
Partei  inne.  Durch  Bchiedsrichterlicheu  Ausspruch  wurden 
1445  zwar  die  Ansprüche  Heinrichs  für  unberechtigt  erklärt, 
ihm  aber  dooh  das  Amt  Ealtennordheim  und  ein  jährlicher 
Zusohuts  von  350  Gulden  zugesprochen.  Das  war  ihm  zu 
wenig,  und  er  rächte  sich  für  diese  Abfindung  durch  unauf- 
hörliche Fehden  an  den  Schiedsrichtern,  unter  denen  Graf 
Georg,  der  Herr  des  Amtes  Lichtenberg,  war,  und  an  Beineq  ■ 
jungen  Neffen  und  ihren  Freunden  '),  so  dafs  er  sich  den  Bei^J 
uamen  „der  Unruhige"  erwarb. 

1)  In  einer  lolcben  Fehde  hsttcn  sieb  dis  Waibsr  tdu  Kiltsuwest- 
hcnm  Ihres  Heren  la  tapfer  KDgeaomiaea  and  du  tod  feindlichflin  Kiiega- 
TDlk«  beatürmte  Sehlob  Ealtennordheim  „dermirsea  wobl  defendirat", 
daA  die  Feinde  nnverricbteter  Sache  abziebea  murBlen.  Die  Weiber  hatten 
IhreD  rruDendea  Mfinnern    Essen    gebrachl    und    waren    mit    ihnen    eiage- 


304  ^^^  Awiallgi  Amt  Idehtenbtrg  rot  dar  Bh8n. 

'  AuA  die  gcmeiitmihalliliohe  Gant  Kaltansundheim  gab  zu 
Htadeln  TmiilMMiuig.  Wie  übHelii  tarnen  endlich  beide 
Teile  tberäla,  ilm  beiderseitigen  herkömmlichen  Bechte  an 
der  Gent  doreh*  die  btideraeitigen  OentsdiöfRBn  nrkandlich 
üeetitellen  in  lassen.  So  entstand  das  Centweistnm  von  1447, 
irelehes  lU  Jahie  langOeltong  hatte.  Trots  desselben  aber 
hffrte  Gnf  Heinrieh  noeh  nidit  anf  zn  chikanieren  nnd  über 
Chikanen  sieh  au  beklagen  (s.  II.  Teil). 

AiMk  anderer  AnsprOohe  wegen  lag  er  sich  mit  seinen 
Tettem  stets  in  dien  Eaaren.  Im  Jahre  1446  £•  B.  erhob  er 
Anspmdi  anf  die  DMSet  Kaltenlengsfeld,  Bettenhausen  und 
8eba  als  Zogehdrangen  yon  Kaltennordheim,  worde  aber  da- 
mit abgewiesen.  Ans  demselben  Ghronde  beanspruchte  er 
1449  den  WohlmuthSnaer  Zehnt.  Ak  ihm  dieser  aus  dem 
gnten  Ghmnde  Terweigert  wnrde,  dafs  er  ja  su  Mafsfeld  ge- 
höre»  überAel  er  Sehlofs  Hutsbergi  lieb  den  dortigen  Amt- 
mann Oeorg  T.  Bisa  mit  aller  seiner  Habe  nach  Ealtennord- 
heim  führen  und  daselbst  in  Gewahrsam  halten.  Als  berufener 
Schiedsmann  sprach  Georg  v.  Henneberg  1460  ihm  den  Zehnt 
zu,  der  nach  Heinrichs  Tode  natürlich  wieder  nach  Mafsfeld 
geliefert  wurde.  Nach  Graf  Georgs  Tode  wurden  die  Zänkereien 
mit  dessen  Sohn  Otto  fortgesetzt 

Erst  vom  Jahre  1475  an  hielt  Graf  Heinrich  der  ün- 
mhige  Buhe;  er  war  ein  stiller  Mann  geworden.  —  Die 
Yogtei  Ealtennordheim  fiel  seinem  Neffen  Wilhelm  III. 
wieder  zu. 

Graf  Otto  trat  1501  das  Amt  Lichtenberg  und  halb 
Salzungen  käuflich  an  seinen  Bruderssohn  Hermann  YIII.  ab. 
Diesen  Verkauf  genehmigte  Graf  Ottos  Bruder,  Erzbischof 
Berthold  von  Mainz,  im  Namen  des  Erzstifts  als  der  Pfand- 
herrschaft, indem  er  in  die  Schlösser  2000  Gulden  (die  Fron- 


8chloBS6n  worden.  Sie  gössen  heifses  Wasser  auf  die  Stürmenden  und 
schlagen  sie  so  ab ;  „dahero  als  Ffirst  Henrich  ihnen  eine  Gnade  zu  thun 
«ngebothen,  sie  nichts  als  das  seltzsame  Privilegium  verlanget",  welches 
bis  in  die  neuere  Zeit  mit  dem  „Wetzstein*'  zu  Westheim  verbunden  war 
(Bechstein,  Sagen  des  Bhdngeb.,  S.  92). 


Du  ahenitllgB  Ami  Llohtanbarf;  rOr  der  BhCa. 

arbeil  ungerechnet)  zu  Terbsueo  erlaubte  und  dem  ErzitifMJ 
den  Wiederverkauf  vorbehielt  —  „den  etifft  za  Fulda  aeMJ 
gerechtigkeit  davon  verb ehalten". 

Unter    Oraf  HennannB    Regierung    wurde    das  Land  voaJ 
den  Oräueln  des 

BauernkriegeB 
lie  im  gesucht.  Sohou  mehrmalB  seit  dem  Ausgang  des  vorher^ 
gegangenen  Jahrhunderte  hatte  die  leibeigene  Bauernschaft  in 
Tersohie denen  Gegenden  Deutschlands  durch  geheime  Bünd- 
nisse („armer  Koorad",  „Bundschuh"  etc.)  eine  EntfeHselung 
ihrer  Uacht  erstrebt,  um  wenigstens  eine  Erleichterung  ihres 
traurigen  Loses  au  erreicliea,  aber  immer  waren  diese  Auf- 
stäude  schnell  und  blutig  unterdrückt  worden,  und  um  so  un- 
erträglicher  wurde  das  Joch  der  Leibeigenschaft.  Da  zündete 
Luthers  raifs  verstandenes  Wort  von  der  Freiheit  des  Christen - 
menschen  das  Feuer  aufs  neue  und  mächtiger  als  je  zuvor 
an.  Schon  im  Herbst  1524  war  im  Schwarswald  eine  Empö- 
rung ausgebrochen;  im  Januar  1535  erhob  sich  Schwaben, 
im  April  verbreitete  sich  der  Aufstand  über  ganz  Franken, 
Die  Bauern  legten  ihre  meist  billigen  und  mäfsig  gehaltenen 
Forderungen  in  12  Artikeln  nieder,  deren  Annahme  sie  von 
den  geistliehen  und  weltlichen  Herrschaften  erzwingen  woll- 
ten. Leider  artete  bei  eunehmeaden  Erfolgen  ihr  Beginnea  ] 
in  Horden  und  Brennen  aus,  besonders  als  sich  aus  dep  | 
PriesterBohaft  Schwarmgeister  zu  ihren  Führern  aufwarfen. 

Am  6.  und  7.  Hai  lagerten  sich  grofse  Bauernhaufen 
um  Würzburg,  wohin  die  letzten  Kräfte  des  Herzogtums 
und  der  Ritterschaft  Frankens  sich  zurückgezogen  hatten. 
Graf  Wilhelm  v.  Henneberg,  welcher  als  Burggraf  des  Stifts 
schon  früher  dem  Bischof  am  Freitag  nach  Ostern  zu  Hilfe 
SU  kommen  versprochen  hatte,  irar  am  3.  Uai  nach  Walldorf 
geritten  und  hatte  dort,  wie  viele  weltliche  und  geistliche 
Herren  durch  die  Verhältnisse  geswungen,  mit  dem  Bauern - 
beere  einen  Vertrag  geschlossen,  war  auch  der  Bauornbruder- 
sohoft  beigetreten  und  hatte  gelobt,  „alles  frey,  ledig  und  los 
zu  geben    und    zu    lassen,    wae    gefrejhet   hat  Gott    der  All- 


306  !>••  tliMiiHg»  Anl  LidiUabtig  tot  der  Bhöo. 

meehtige  diureh  und  in  CSliristo  aemem  geliebten  Sohn''.  Gegen 
dea  Bifchol^  den  nSdhtigrten  Herrn  in  Franken,  wendeten 
sieh  jetst  die  Bsnemheere. 

um  .diese  Zeit  fingen  aoeh  im  Strenthele  nnd  Umgegend 
Banemhaufen  ihr  Wesen  zu  treiben  an;  die  EinheinuBchen 
sehloaeen  begeistert  sieh  ihnen  an  and  halfen  eifrig  die  Zwing-- 
bnrgen  der  Landesherrsehaffc  und  des  Adels  und  die  Klöster 
aertrfUnmenu  In  Oberelxbaeh  hatte  sich  ein  Haufe  von  4000 
Bauern  angesammelt  und  brandsehatste  die  Gegend.  Bei 
Spangenberg  (Henneb.  Chronil^  Anm.  ron  Garoli)  ist  zu  lesen : 
,^e  Bauern  im  Orabfold  und  vor  der  Rhön  feierten  auch 
nicht,  sondern  jagten  und  plagten  die  Junker  aus  und  nahmen 
ein  Schlofs  nach  dem  andern  ein,  plünderten  dieselben  und 
zündeten  sie  an«  Hiltenberg  ^X  Auersbej^,  Lichtenberg  und 
Bibra,  diese  brannten  sie  aus:  so  thaten  sie  auch  zu 
Sehwiekershausen,  Badstadt,  ICühlfald,  Nordheim  (im  Grab- 
fsld)  und  hielten  wüst  Haus*  Endlieh  kamen  sie  auch  f&r 
das  alte  Fürstl.  Haus  Henneberg.  Glaus  Günther,  der  Thor- 
hüter, lieüs  sich  schrecken,   und  eröfoete  es;   er  machte  sich 


1)  Der  Sage  nach  sind  bei  Erstürmung  der  Burg  die  Bastheimer 
Bauern  die  Eifrigsten  gewesen,  und  swar  wird  die  Person  Luthers  damit 
in  Verbindung  gebracht.  Nach  der  einen  Lesart  thaten  sie  es  aus  Bacher 
weil  man  früher  einmal  in  Bastheim  nach  ihrem  Luther  gesucht  habe,  um 
ihn  aufsnheben  —  wie  hätte  aber  der  Amtmann  auf  Hildenberg  aum 
Zwecke  einer  Verhaftung  dort  ,,einfallen*^  dfirfen?  —  nach  der  andern, 
weil  sie  den  verhafsten  Luther  —  den  hielten  aber  doch  die  Aufrührer 
für  ihren  Mann?  —  oben  gesucht  hätten. 

In  Bastheim  soll  allerdings  Luther  auf  Einladung  der  Herren  von 
Bastheim  diesen  einen  Besuch  (von  Coburg  aus?)  gemacht  haben.  Im 
Jubiläumsjahre  1817  wurde  der  Zudrang  zur  ,,Lutherstnbe**  im  Schlosse 
der  längst  wieder  katholisch  gewordenen  Familie  so  lästig,  dafs  sie  diese 
zumauern  liefe.  —  Bastheim  ist  übrigens  auch  einer  der  Orte  (im  Luther - 
jähre  1883  wurden  viele  andere  genannt),  wo  man  sich  erzählt,  Luther 
habe  in  der  Herberge  eine  Bratwusrt  zu  bezahlen  vergessen:  „Ja,  das 
ist  wahr*S  erwiderte  ein  Evangelischer  einem  Katholiken,  der  ihn  damit 
ärgern  wollte,  „aber  gewifs  zu  entschuldigen ;  er  hatte  ja  eben  vom  Papste 
eine  Depesche  erbalten,  schleunigst  nach  Rom  zu  kommen  und  bei  einem 
seiner  Kinder  Gevatter  zu  stehen  !** 


Dkl  «famnaUse  Amt  LlEttUnbe 

PalsbsM  davoii.  Sie  ptünderteo  es  erstlich,  und  am  Sonnabend 
nach  Cantate,  den  13.  Uay  zündeten  eie  es  ao.  Wie  auch 
an  eben  diesen  Tag  den  Hutsberg  '),  Landawehre  (Landsbeig) 
unter  Ueiningen  fort  an,  und  andere  mehr." 

Schon  '2  Tage  darauf  nahm  der  Aufstand,  dem  Hunderte 
\oa  SchlSssern  und  Tausende  von  Menschenleben  aum  Opfer 
gefallen  sind,  eine  andere  Wendung.  Am  15.  Mai  unter- 
nahmen die  Belagerer  des  Würzburger  Frauenberges  einen 
Sturm  auf  denselben,  vurden  aber  zurückgeschlagen,  und  an 
demselben  Tage  fand  die  TollBländige  Niederlage  des  Haupt* 
beeres  der  Bauern  bei  Frankenhausen  statt.  Am  3.  Juni 
fltieffi  das  vereinigte  Heer  der  Fürsten  bei  Königshot'en  auf 
7000  Odenwätder  Bauern,  die  bis  dahin  Götz  von  Berliohingen 
befehligt  hatte,  und  zersprengte  eie  gäDElieb, 

CVreaus  pLebs  arCes  tVU  vaetat  CLaVstraqVe  Oera  est. 
Der  Hauptmann  der  würzb.  Bauern  in  der  obern  Saale- 
gegend, der  Schreiner  Sobnabel    aus  Uünnerstadt,    vnrde  ge- 
fangen und  in  Meiningeu  in    den  Turm  gelegt.     An  ihn  und 
seine  Miträdelsführer  erinnert  noch  der  Vers: 

L  Schnabel,  Schaai  und  Bchippel 

I  Brachten  die  Bauern  aus  gefütterten  RÖckeu  in  leinene 

r  Kittel. 

Am  6.  Juoi  machten  die  Bauern  den  Versuch  ihn  zu  be- 
freien ,  wurden  aber  zurückgeworfen ,  flüchteten  sich  nach 
Uellrichstadt,  unterwarfen  sich  dem  Kurfürsten  tod  Sachsen 
und  lösten  ihre  Haufen  auf.  Nun  zog  der  Fürstbischof  Koo- 
rad  V.  Würzburg  mit  dem  Koadjutor  von  Fulda  und  dem 
Grafen  Wilhelm  von  Heaneberg  und  mit  400  Haan  Fufsvolk 

I  and  800    Reitern    im    obern    Frankenlande    umher,    liefs  sich 


■ 
I 


I  1)  Nach  BrQcikngr  warde  Buuberg  am  II.  Mu  ■«ratört.     Die  Helmcn- 

hKowr  sollen  ans  Furcbt  vor  den  Bswohnem  der  Burg  nie  anders  als  be- 
«affiiel  ihr  Feld  za  bebanaD  gewagt  baban  nnd  nan  bei  deren  Zerstörung 
basDoders  eifrig  gewesep  sein.  Heim  iah  noch  in  den  starken  Biog- 
mauem  gegen  1!  Löcber,  so  weit,  dafs  3  oder  3  Mann  lugleicb  hindurch 
kriechen  iioiuiten,  die  mit  der  grSfsteti  Gewalt  durchgebrochen  sein  und 
durch  die  die  AufcUhrer  Ihren  Weg  in  das  Innere  genommen  haben  oiutiteD. 


lwTi%iii  mä  kMifc  ftaBfn  Onidbt  iib«r  die  Bidek- 
Mnmr.  In  KiHpkaiM  ütA  «r  «b  M.  Jui  10  denelben 
hwiiittiB.  A»  S.  Mfi  k»  «r  sadi  MellneliBtadt,  die 
Hnldigiiag  der  OitiMw^iHM  mmMoaAmmt;  bei  dieeer  6e- 
leyheit  Keii  er  6  Aofrihnr,  «ater  Sumb  den  Ffioier  yon 
¥lwingeiij  WnriAli«.  Am  lolgeaden  Tage  wurde  rcx  dem 
Obertlioiie  eis  hehee  Ctartet  wifgewililegfiii,  auf  welehen  der 
Ten  MefrfeM  lieigellelbito  Heiinihel»  foner  Hieas  Sehaer  yon 
ffwfhyfT  nnd  der  Ouldiehniied  Weinrieh  GnunUnis,  ge- 
weeeoer  Sehnllheiii  im  JBenemlMMr.  mieiat  enihanDtet.  mJkBt^ 
ngeb  ilue  Kdrper  in  flpitfe  geetelaen  nnd  dae  Haupt  oben 
daiaal^  nnd  alao  yor  dem  Tlier  anfjieriebtet^  wurden« 

Bbeneo  nnd  noeh  yiel  granaamer  wurden  überall  die 
AnjRlhrer  dea  Aufatandea  oder  adion  die  Teilnehmer  an  Leib 
nnd  Leben  gaateafk  (wie  i.  B.  in  Eitaingen  MaiAigraf  Kasimir 
y«  Brandenbnrg  auf  einmal  57  Unglüekliehen  —  30  andere 
fanden  noch  Oeiegrnheit»  an  entwiaohen  —  die  Augen  ans- 
ateehen  nnd  die  Taaehen  leerra  WM),  nnd  die  Zügel  yiel 
straffer  angesogen»  um  den  Leibeigenen  jedes  Gelüste  nach 
Wiederholung  eines  solchen  Aubtandes  für  immer  zu  yer- 
leiden. 

Wie  mochten  die  Bauern  des  Amtes  Lichtenberg  sich 
gefreut  haben,  ab  das  feste  ^^Amthaus''  demoliert  war.  Hei! 
nun  giebts  keine  Fronen,  keine  Steuern  und  Zinsen  mehr! 
Aber  es  kam  anders.  Die  Burg  mufste  wieder  aufjgebaut 
werden,  und  da  gab  es  nicht  etwa  nur  ein  »»Flickwerk'^,  das 
gab  einen  „Hauptbaw''  ^)  —  das  ganze  Amt  mufste  so  lange 
fronen,  bis  alle  Mauern  wieder  standen  und  alle  Gebäude 
wieder  bezogen  werden  konnten.  — 


Im  Jahre  1682  teilte  Graf  Hermann  y.  Henneberg  sein 
Land  anter  seine  Söhne  Berthold  und  Albrecht  Die  Herr- 
schaft Römhild,  welche  aus  den  Ämtern  Bömhild,  Hartenberg, 


1)  Über  die  BanfroneD  s.  IIL  Teil. 


Das  ehemalige  Amt  Lichtenberg  vor  der  Bhön.  309 

Lichtenberg  and  Schildeck,  ^/^  der  Ffandschaft  Brückenau^, 
je  ^/^  von  Schlofs  (und  Amt)  Henneberg  und  Münnerstadt 
und  noch  einigen  einzelnen  Dörfern  und  Gütern  bestand,  fiel 
dem  Älteren  2u.  Den  Grafen  Berthold  bezeichnet  ein  kaiserL 
Schreiben  von  1565  an  die  Grafen  y.  Mausfeld  ^^als  einen 
fast  alten  wanwitzigen  Herrn,  dem  alle  Diener  abgespannt 
gewesen",  der,  „wie  man  sagt,  wenig  Verstandes  gehabt,  und 
zu  was  man  gewolt,  leicht  zu  bereden  geweBen'\  Eine  seiner 
Eigentümlichkeiten  war  die  häufige  Anwendung  der  Redens- 
art :  „Wie  sich  das  gebührt."  „Wir  Berthold,  Fürst  zu  Henne- 
berg, wie  sich  das  gebührt,  entbieten  Euch,  wie  sich  das  ge^ 
bührt"  etc.  —  so  hatte  einmal  seinem  Diktat  ein  Schreiber 
getreulich  nachgeschrieben.  Da  fuhr  er  auf:  „Ey  dafs  dich 
dann  auch  die  Veitstantz  bestehe,  wie  sich  das  gebührt,  darfT 
ich  dich  doch  bald  bey  dem  Eopff  nehmen,  wie  sich  das  ge- 
bührt, und  die  Stiegen  hinein  werffen,  wie  sich  das  gebührt" 
etc.  Durch  schlechtes  Haushalten  und  durch  Unglücksfälle, 
wie  durch  den  Brand  seines  Besidenzschlosses  zu  Eömhild^. 
geriet  er  in  grofse  Schulden,  weshalb  er  sich  viele  abschlägige 
Antworten  und  sonstige  Demütigungen  auf  seine  Darlehos- 
gesuche  von  seinem  Bruder  und  anderen  gefallen  lassen  mufste^ 


V. 


Die  weimarisehen  Dichter  von 
Gesangbuehsliedern  und  ihre 

Lieder. 


Litterargeschichtlich  dargestellt  und  beurteilt 


von 


Ernst  BO&me, 

Diakonus  in  Lobeda. 


XVI.  21 


IoÜite;  EouTofi  liiaifiois  xal 
ujivoiE;  Kai  iilBai;  TcvsuiiaTixafi, 
ÖBoWEi  Kai  iJjrflXovTts   rji  Kap- 


W  eon  es  sich  darum  handelt,  den  Verlauf  des  religicU 
kirchlichen  Lebens  eines  Landes,  die  Denk-  und  Fühlweise 
in  Tiezag  auf  Aas  Heiligste  und  Uöohete  durch  Jahrhunderte 
hindurch  aioh  zu  veranaehauliehen  und  überhaupt  ein  Bild  za 
gewinnen  von  der  fortgehenden  Entwickelung  und  Entfaltung 
auf  Eolohem  Gebiete,  wie  sie  bald  mehr,  bald  minder  deutlich 
und  lebendig  wahrzunehmen  ist  in  der  Fülle  des  Lebens  ins- 
gemein und  wie  sie  auch  mehr  oder  minder  bezeichnend  er- 
scheint Hir  den  jeweiligen  Charakter  der  Zeiten  überhaupt: 
so  kann  es  zu  Bolohem  Behufe  wohl  nicht  die  letzte  und 
mindest  wichtige  Aufgabe  sein,  auch  die  Kundgebungen  des 
religios-kirchliohen  Fühlene,  Denkens  und  Lebens,  wie  sie 
insbeeoadere  in  frommen  Dichtungen  uns  ent- 
gegenklingen,  zum  Gegenstände  eingehenderer  Betraeh- 
tung  2u  machen  und  so  den  Stimmen  zu  lauschen,  die,  aus 
verschiedenen  Zeiten  heraus  ertönend,  eben  manch  gewich- 
tiges Zeugnis  ablegen  wollen  von  der  Art  und  dem  Mafse 
der  Stärke  des  Glaubenslebens  in  der  Vergangenheit,  Stimmen, 
von  denen  noch  gegenwärtig  gar  manche  immer  wieder  er- 
neut laut  werden  im  Kirchengesang  der  Gemeinde.  Ja,  wir 
meinen,  noch  unmittelbarer,   als  es  an  der  Hand  einer,  selbst 


314  ^^  irtiiluyrIielMii  Diehtor  von  Oesangbnehsliedem. 

bis  ins  Einselnste  eindringenden  Dogmengesohichte  zu  ge. 
Bohehen  yennag,  nooh  unmittelbarer  läüst  sich  das  religiös- 
kirehliohe  Leben  einer  besonderen  Zeit  und  eines  besonderen 
Landes  im  Verkehr  mit  seinen  Kirchenliederdichtem  be- 
lauschen und  erkennen :  dort,  im  Gebiete  dogmatischen  Lebens, 
tritt  eben  doch  yieUisch  nur  ein  fester,  ja  oft  schon  allzu 
starrer  Niederschlag  vor  Augen,  der  nicht  selten  yorzüglich 
das  Werk  einer,  in  zu  yerstandesmätsig  trockener  Weise  sich 
auswirkenden  Religiosität  ist,  —  hier,  auf  den  frisohblühenden 
Gefilden  frommer  Liederdiohtung  wissen  wir  uns  aber  zugleich 
an  der  ursprünglichen  Quelle,  aus  welcher  —  wenn  anders 
wir  es  mit  Dichtem  von  Gottes  Gnaden  zu  thun  haben  — 
unmittelbare  Frömmigkeit,  nicht  sowohl  trocken-verständig 
Hg  yielmehr  lebendig-gefühlvoll,  in  Tausenden  von  kleinen 
Bächen  hervorfliefst,  Bächen,  die  alle  wieder  sich  zusammen- 
finden sollen  in  dem  einen  groben  Wasser,  von  dem  es  in 
der  Sehrift  heifiit:  „es  quillt  in  das  ewige  Leben''.  Freilich 
—  unterschiedlich  in  Bezug  auf  Frische  und  Erquicklichkeit 
mufs  es  ja  sein,  was  so  aus  versehiedenen  Zeiten  auch  nur 
eines  Landes  auf  dem  Gebiete  der  Kirohenliederdiohtung  sich 
uns  darbietet,  und  gerade  das  Kennzeichen  herzlicher  XJr- 
sprtinglichkeit,  welches  im  Einzelnen  wahrgenommen  sein  will, 
aber  doch  nicht  immer  in  wünschenswert  Überzeugeoder  Weise 
wahrgenommen  werden  kann,  es  wird  vor  allem  eine  reiche 
Abstufung  bezüglich  des  Wertes  bedingen.  Aber  das  mufs 
ja  nun  auch  die  hervorragende  Aufgabe  einer  Arbeit  sein,  die 
dem  besagten  Gebiete  angehört:  eben  jene  Unterschiede  zu- 
gleich mit  möglichster  litterargeschichtlioher  Begründung  auf- 
zuzeigen und  solche  Stellen  auf  diesem  Gebiete  besonders 
hervortreten  zu  lassen,  an  welchen  der  Fulsschlag  innerreli- 
giösen Lebens  vornehmlich  kräftig  und  lebendig  zu  vernehmen 
ist  —  was  allerdings  zuweilen  bei  einem  ganz  vereinzelten 
Liede  bei  Weitem  mehr  der  Fall  sein  kann  als  sonst  viel- 
leicht bei  einer  ganzen  Anzahl  — ;  jene  Ferien  in  der  Kirchen- 
liederlitteratur  sind  dann  aber  auch  in  ihrer  ganzen  Schönheit 
und  in  ihrem  bleibenden  Werte   ins  hellste  Licht  zu  stellen. 


IM«  woimartselHii  DlelilaF  v 


1  Oeungbochalledem. 


I 
I 


Wenn  nun  im  Folgenden  von  den  weimarischen  Gestmp 

bucheliederdichtera  und  ihren  Liedern  dea  Näheren  gehandelt 
werden  aoll,  bo  darf  gleich  im  Beginn  bemerkt  werden,  dafs 
wir  es  hier  mit  einem  Terhältniamarsig  ziemlich  reichen  Lieder- 
schatz zu  thun  haben,  und  dafs  eben  auch  das  weimariscbe 
Land  einen  beträchtüohen,  wohl  zu  schatzenden  Anteil  hat 
au  dem  köstlichen  Besitze  des  evangelischen  deutschen  Volkes, 
einem  Besitze,  dessen  möglichst  allseitige  Würdigung  gerade 
in  deu  neueren  Zeiten  in  erhöhtem  Mafse  erfreulicherweise 
zu  bemerken  gewesen  ist.  und  im  Lande  Weimar  darf  auch 
in  dieser  Beziehung  —  was  die  Bereicherung  des  Schatzes 
geiatlioher  Liederdiehtung  anbetrifft  —  die  Stadt  Weimar  vor 
allem  mit  Ehreo  genannt  werden.  Hat  es  doch  ein  älterer 
weimarieoher  Liederhistoriker  (Binder:  „Historischer  Erweifs, 
dafs  des  bekandten  Liedes  unerer  Kirchen :  Ach  ßott  und 
Herr,  wie  gros  und  schwer  etc.  wahrer  Auetor  sey  M.  Martin. 
Eutiliua"  u.  a.  w.,  1726)  bereite  auagesprooben :  „Es  ist  wohl 
keine  Stadt,  welche  &o  viele  Liederdichter,  deren  Lieder  in 
den  Kirchen  durch  den  Gebrauch  gebilliget  werden,  anführen 
kann,  als  oben  nnser  liebes  Weimar".  Ja,  in  der  That  steht 
die  Stadt  Weimar  selbst  obenan  in  der  Geschichte  der  Ge- 
sangbuchelieder  des  weimorischen  Landes  —  aber  eine  grofse 
Zahl  Ton  Namen  anderer  Orte,  Städte  wie  Dörfer,  reihet  sich 
an,  aas  denen  manch  kernig  »chönes  und  auch  heute  noch 
gern  gesungenes  und  gern  gelesenes  Lied,  in  frommer  Christcu- 
seele  einst  geboren,  hinausgeklungeu  ist  in  eine  weitere  Welt 
au  immer  erneuter  Erbauung  und  Erquickung  für  Viele. 
Treten  wir  denn  nunmehr  eiu  in  eine  Betrachtung  des  Ein- 
zelnen, was  uns  das  weimanache  Land  auf  dem  Gebiete  der 
GesangbuchsÜederlitteratur  zu  bieten  hat,  —  lassen  wir  die 
Gestalten  der  Sichter  in  kurz  entworfenen  Bildei-n  an  uns 
TOrnbeiziehen  und  suchen  wir  zu  würdigen,  was  sie  uns  ge- 
sungen .' 

Es  ist  ein  14'ame  von  hohem  und  gutem  Klang,  an  den 
sich  zunächst  unsere  Betrachtung  anzuknüpfen  hat,  ein  Name, 
der    uns    entgegenklingt    aus    der   Geschichte    der  Kämpfe    im 


r 


316 


Die  treim&riticbeD  Dicbler  i 


1  GeaangbuchsliederD. 


I 


I 


Eeformationszeitalter:  —  Johann  Friedrich  der  Grofemütige  — 
„ein  gewisBenhafttir,  tief  innerlich  frommer  Füret,  begränztea 
Geistes  und  doch  heldenmütig  im  Denken  wie  im  Dulden", 
yne  ibv  ein  berühmter  Kiroheahiatoriker^)  kurz  und  treffaad 
kennzeichnet  —  kein  Geringerer  ab  dieser  ist  es,  den  mEtn, 
freilich  nicht  ohne  Anfechtung,  ak  Urheber  eines  ebenso  ' 
kernigea  vie  edel-originellen  Liedeu  bezeichnet  hat,  das  i 
Liedes:  „Wie's  Gott  gefällt,  so  g'föllt  mir'a  auch".  Es  ist, 
in  gerechter  Würdigung  der  ihm  anhaftenden  Tradition  wie 
seines  wahren  Wertes  selbst,  unter  die  Lieder  vom  Gottver- 
trauen auch  in  das  neue  weimatisohe  Gesangbuch  aufge- 
nommen worden,  nachdem  es  schon  in  den  älteren  als  „dea 
frommen  Herzog  Johann  Friedrichs  zu  Sachsen  Lied"  za 
finden  gewesen,  später  aber,  in  den  Zeiten  der  Gesangbuchs- 
reform aus  den  Gesangbüchern  gestrichen  worden,  ao  dafe  es 
selbst  in  dem  Herder'echen  von  1795  nicht  vorhanden  ist 
Die  ursprüngliche  Überschrift  über  dieses  Lied  lautet:  „Ein 
Christlich  lied,  darinnen  ei  all  sachen  dem  gnedigen  willen 
Gottes  befiloht,  in  der  wifs:  der  vnfal  ritt  mich  u.  w 
Der  erste  ibdruck  steht  in:  „Eraamue  Eotteubacher,  Bergk- 
reyen ;  Nürnberg ,  gedruckt  durch  Johann  von  Berg  vnd  Vi- 
rich Newber  1551";  sodann,  über  ein  Jahrzehnt  später,  ist 
es  zu  finden  in  „Etlich  geistliche  gsang  und  lieder  vor  jaren 
geschrieben  durch  Meister  Ambrosium  Blaurern"  u.  e,  w.  (1562 
—  Papierhandschrift  in  der  Waaserkiroh-Bibliothek  zu  Zürich). 
Nicht  unbeBtritteu,  wie  schon  angedeutet,  ist  die  Behauptung 
von  der  Verfasserschaft  des  genannten  Fürsten  geblieben - 
vielmehr  sind  die  Meinungen  darüber,  wer  wirklich  des 
Liedes  Dichter  sei,  ziemlich  auseinandergegangen,  und  nicht 
wenige  Stimmen  sind  es,  die  der  soeben  genannte  reformierte 
Liederdichter  Ambrosius  Blaurer  auf  sich  vereinigt  hat.  Nur 
beiläufig  sei  es  bemerkt,  dafs  aufser  diesem  vereinzelt  auch 
noch  andere  als  Verfasser  vermutet  worden  sind,  so  der  Sohn 
jenes  erstgenanuten  Kurfürsten,  Job.  Friedrich  II.    (im  Stutt- 


< 


1)  s 


^e,  Leiicbuch  der  KircheDgeechicbte,    18T7,  S.  109. 


e  waimariscbeo  Dichter  tou  Ossangbucbslieiiam.  31T' 


r 

^^H  garter  OeBsngbaohe  von  16ö6),  ja,  selbet  Luther  (im  Jenaer 
^^K  Gesangbucli  von  ITIT).  Fragen  wir  nach  den  GrÜDdaa  für  die, 
^H  durch  die  kirchUche  Überlieferung  gestützte  und  —  in  Hia- 
^^P  eicht  auf  die  Person  des  Fürsten  —  so  Vielen  auch  wirklich 
^^  liebgewordene  Annahme  der  erstgenannten  VerfaBserschaft,  so 
ist  hierbei  die,  wohl  nunmehr  ab  sicher  behauptete  Thateache 
nicht  unwichtig,  dafs  das  fragliche  Lied  allerdings  ab  ein 
besonderes  Lieblingslied  bei  dem  Kurlüreten  in  der  schweren 
2eit  seiner  Gefangenschaft  sehr  in  Gebrauch  igewesen,  und 
solcher  Gebrauoh  erklärt  sich  freilioh  schon  genugsam  aus 
dem  ganzen  Charakter  des  Liedes,  das  als  ein  Troatlied  im 
beetou  Sinne  des  Wortes  bezeichnet  werden  kann.  Treilich 
mufs  ja  gesagt  werden,  dafs  es  sehr  nahe  lag,  aus  dieser 
Thatsacho  des  Gebrauchs  auf'  die  —  sonst  bisher  noch  nicht 
aua  etwaigen,  jener  Zeit  angehörigen  Nachrichten  erwiesene  — 
fürstliche  Yorfasaerschaft  zu  achliefsen.  Dazu  kommt  noch 
die  Bucksicht  auf  den  ganz  eigenartigen  Ton,  der  sich  durch 
das  Lied  hindurchzieht,  ein  Ton,  der  ja  so  ganz  der  Lage 
und  den  traurigen  Verhältniseen  angepafBt  erscheint,  in  wel- 
chen der  Eurfüist  Johann  Friedrich  zufolge  seiner  Gefangen- 
uahme  sich  befand.  Und  wenn,  wie  es  berichtet  wird,  in 
jener  Zeit  der  Gefangenschaft  des  Kurfürsten  (1547 — 1562) 
seine  Gemahlin,  die  Kurfurstin  Sibjlla,  in  der  Schlofskirche 
zu  Weimar  einen  allwöchentlich  dreimaligen  Oeeang  des 
Lutherliedes:  „Erhalt  uns,  Herr"  (mit  dem  Zusätze  einer 
Tierten  Strophe :  „Ach  Herr,  lafs  dir  befohlen  sein  —  Unaern 
landesfü raten,  den  Diener  dein"  u.  s.  w.)  angeordnet  hat: 
wie  schön  entsprechend  dieser  Thateache  war  es  dann,  den 
gefangeneu  Kurfürsten  nicht  nur  durch  den  Gebrauoh  jenes 
Liedes  sein  inniges  Oottvertrauen  bethätigen  zu  sehen,  son- 
dern ihn  sogar  selbst  als  Dichter  jenes  Liedes  zu  wissen 
So  haben  sich  denn  auch  in  der  That  eine  ganze  Anzf 
TOD  Liederforschern,   wie  Wetael,   Schamehus,   Bichter') 


1)  Auch  Binder  („Historisch ar  Eiweifs"  u.  s.  w.)  ist  u 
□   er   bai  dei  Auflihrang  vrelmirischar   Liadeidicbter   » 


1 


318 


Die  n 


Beben  Dichter  tod  Gegtagbocbslied 


und  in  neuerer  Zeit  Drjauder,  Rambach  u.  A.  tax  die 
nähme  jener  fiiratliehen  Verfassereohaft  erklärt,  während  efaJ 
andrerBeite  freilich  nicht  an  solchen  fehlt,  die  demgegenüber 
die  Behauptung  aufrecht  erhalten,  nicht  Johann  Friedrich, 
Bondern  jener,  oben  schon  genannte  AmbroBiua  Blaurer  habe 
jenes  Lied  gedichtet  (so  Wackernagel,  Cunz,  Eoch).  Zu  lets- 
torer  Ansicht  versteht  sich  auch  ein,  um  fraglichee  Lied  be- 
ionders  verdienter  PorBoher  —  J,  K.  Schauer,  der  im  Jahre 
1864,  als  die  dreihundertjährige  Feier  des  Todes  Johann 
Friedrichs  des  OroEsmiitigen  begangen  wurde,  anläfalicb  wel- 
cher das  diesem  zugeschriebene  Lied  fast  überall  im  Lande 
gesungen  ward,  eben  daeaelbe,  mit  geschichtlichen  und  er- 
bsnlichen  Anmerkungeti  begleitet,  neu  herausgegeben  hat  und 
desaen  Schrift  auch  für  unsere  Erörterungen  vor  allem  mit 
mafsgebend  gewesen  ist.  Was  nun  den  zweiten,  für  unser 
Lied  in  Anspruch  geaommenen  Dichter  betrifft,  so  sei  our 
kurz  bemerkt,  dafs  dieser,  Ambrosius  Blaurer,  der  reformierten 
Kirche  angehörig,  im  Jahre  1493  zu  Conatanz  geboren  und 
1567  (nach  Anderen  1560  oder  1568)  zu  "Winterthur  ge- 
storben ist.  Er  wird  als  Verfasser  von  etwa  zwölf  Liedern 
bezeichnet,  worunter  also  auch  daB  hier  in  Bede  stehende 
aufgeführt  wird.  Schon  oben  wurde  die,  von  Blaurer  im 
Jahre  1662  herausgegebene,  auch  unser  Lied  einachlierseDde 
Liedersammlung  genannt.  Hier  sei  noch  hinzugefügt,  dafa  ea 
allerdings  kein  unwichtigea  Beweismittel  ist  für  die  Annahme 
Blaurers  als  Terfaaser,  welches  man  in  der,  jener  oben  erwähnten 
alten  ÜberBchrift  eingefügten  Angabe  der  Melodie  („Der  Vnfall 
ritt  mich")  gefunden  hat.  Hauptsächlich  eben  auf  diesen  Um- 
stand hat  man  sich  bei  der  Entscheidung  für  Blaurer  berufen, 
■weil  nämlich  jene  Angabe  auch  über  anderen  seiner  Lieder 
sieb  ündet,  aber  auch  ein  Lied  mit  jenen,  die  Melodie  be- 
zeichnenden Anfangsworten  yon  ihm  gedichtet  worden  ist.  — 
AuB  dem  bisher  Oeaagten  ergiebt   sich    also,    daTs    die  Beant- 


1 


Job&nn  Friedricb  >ls  denjenii^ea  neDnt,   i 
„Wie'a  Qott  gefallt"  verfaläl  bkbe. 


W  ' 


-iacben  Dichter  von  QesangliacliBliedflri]. 


3191 


vortung  der  Frage  nach  der  VerfaBBerechBft  unBereB  Liedea 
nach  zwei  Seiten  hin  sehr  wohl  zu  beachteDde  Stützpunkte 
hat,  welche  zu  Gunsten  der  zweiten  Annahme  (VerfasserBChaft 
Blaurera)  übrigene  noch  um  ein  Weiteres  Tennehrt  werden 
durch  den,  auf  die  äufaere  Form  bezüglichen  Hinweis  Schauers, 
daTs  der  Dialekt  des  Liedes  nicht  der  sächsische,  sondern  viet- 
mehr  der  aiiddeuteche  sei  —  ein  Einwand,  über  dessen  Be- 
deutung und  "Wert  fiir  unsere  Frage  doch  aber  erst  Sprach- 
gelehrte gehört  werden  müfsten.  In  Bezug  auf  den  Charakter 
des  Liedes  und  die  Grundlage  Tür  dasselbe  erscheint  es  wohl 
sehr  verständlich,  es  auf  einem  Symbol  oder  Denkspruoh  auf- 
gebaut zu  denken  (,ut  fert  diyina  yoluntas'),  wie  ja  auch 
(s.  Schauer)  auf  Sammlungen  von  Sj'mbolliedern  aus  älterer 
Zeit  (bö  Melissaader,  „Reirogebete  und  Symbole  durchlauch- 
tiger Personen",  Erfurt  1589)  hingewieseo  worden  ist.  Die 
durch  den  Inhalt  in  so  gauz  eigeatunilichor  Fassung  deutlieh 
gekennzeichnete  Art  unseres  Liedes  erweist  es,  wie  schon 
oben  angedeutet,  als  eines  der  kräftigsten  und  schönsten 
Zeugnisse  echten,  christlichen  Gottvertrauens.  Dabei  mufs 
wohl,  wenigstens  für  uns  heutige  Leser  und  Härer,  als  un- 
nötig erkannt  werden,  was  Schamelius  einst  uaternommen : 
den  Votwurf  des  Fatalismus  der  Stoiker  und  Muhamedaner 
von  dem  Liede  zurück zustofsea ;  —  in  wie  manch  anderen 
unserer  Gesaugbuchslieder,  die  in  dieselbe  Reihe  mit  jenem 
gehören,  könnten  spitzfindige  Sucher  dann  ein  Gleiches  zu 
finden  meinen!  Aber  fromme  und  nicht  weiter  nutzlos 
grübelnde  und  vernünftelnde  Gemüter,  die,  was  aus  ebenso 
frommem  Gemüt  herausgesungen,  unmittelbar  auf  sich  wirken 
lassen,  werden  die  Kundgebungen  echten  Gottvertrauens  als 
solche  wohl  auch  stets  zu  erkennen  und  voll  nachzufühlen 
wissen.  Ein  Vorwurf  endlieh,  der  sich  gegen  die  ganze 
Fassung  des  Liedes  richtet,  ist  nooh  zu  widerlegen:  ein 
Beurteiler    (Marbach)^)    hat    es  als  „hursohikos   und 


1)    Sieba:   Nicolai,    Karagefsrste    Antwort    &af   Dr.  Marbach's 
■ehtaDg  des  Weimar.  Gesa Dgbncbsent warft  (Weimar,  1B80). 


320  ^^  welmartoehen  Dlehter  ▼on  Gatangbnclisliedern. 

mit  homozistieoheii  Derbheiten  erfüllt''  bezeichnet  Solches 
harte  und  nnserer  Meinung  nach  dorchans  unzutreffende  Ur- 
teil hätte  doch  dem  Liede  erspart  werden  können,  einem 
Liede,  welohesy  wenn  irgend  einesi  aus  dem  Geiste,  der  Denk- 
art und  Sprechweise  seiner  Zeit  heraus  begriffen  sein  will 
und  dessen  ganz  besonderer  Wert  doch  jeden&Us  auch  zum 
guten  Teil  gerade  in  der  ihm  eigenen,  auch  im  Äulseren 
nicht  yerleugneten  herzhaften  Originalität  liegt.  Wenn  wir 
nunmehr  von  diesem  Idede  in  unserer  Betrachtung  Abschied 
nehmen,  so  geschieht  es  nur  mit  dem  Wunsche,  dals  es,  in 
seiner  tie^egründeten  Eigentümlichkeit  noch  immer  besser  er- 
kannt und  gewürdigt,  immer  Mehreren  zu  einem  rechten 
Trostiiede  werden  und  als  solches  gebraucht  werden  möchte; 
im  Sinne  solches  Wunsches  begrüfsen  wir  es  denn  auch  mit 
Genugthuung  und  Freude,  da(s  es  —  trotz  dem  noch  walten- 
den Zweifel  über  die  Ver&ssersohaft  Johann  Friedrichs  —  in 
das  neue  weimarische  Gesangbuch  wieder  aufgenommen  wurde; 
ist  doch  schon  die  gewisse  Thatsache,  dals  es  das  vielge- 
brauchte Lieblingslied  eines  der  frömmsten  Fürsten  des  Landes 
gewesen,  Grund  genug,  es  auch  den  weimarischen  Landes- 
kindern zum  gesegneten  Gebrauche  anheim  zu  geben  und  zu 
empfehlen!  —  Neben  Joh.  Friedr.  dem  Grolsmütigen  sind  zu- 
nächst zwei  Männer  zu  nennen,  die  in  seinen  Diensten  ge- 
standen und  von  denen  je  ein  Lied  herrührt;  weder  das  eine 
noch  das  andere  freilich  ist  in  neuere  Gesangbücher  überge- 
gangen. Franciscus  Burcardus,  mit  dem  besonderen  Zunamen 
„Yimariensis*',  Johann  Friedrichs  Kanzler,  wird  als  Verfasser 
eines  Liedes  genannt,  welches  mit  den  Worten  anhebt:  ,,6  't 
hat  den  Menschen  zart  und  rein  von  Anfang  her  geschaffen'' 
und  dem  die  Überschrift  gegeben:  „Ein  Lied,  was  unser  Ge- 
rechtigkeit für  Gott  sey'';  im  Index  des  Nürnberger  Gesang- 
buches von  1601,  unter  dessen  Liedern  auch  jenes  sich  findet, 
ist  der  Yerfasser  genannt.  Beiläufig  sei  erwähnt,  dals  jener 
Burcard,  welcher  im  Jahre  1560  gestorben  und  dessen  Epi- 
taphium in  der  Pfarrkirche  zu  Weimar  zu  sehen  ist,  ein 
Schüler    Melanchthons    gewesen    und    ganz     besonders    eine 


II  Die  «eimarisuEien  Dichter  von  Geiaiigbuchiliedern.  321  ^^^^| 

glänzende  EedDergabe  entfaltet  haben  boII  —  aacb  dem  Zeug-     ^^H 
siese  dee    GeacliichtBechreiberB   Myoonius,    der    von    ihm    Bag^       ^^V 


(Histor,  reform.  edit.  D.  Gypriaa  p.  57),  er  eei  „der  ieinete 
Oiator  gawest  ia  Latein,  als  man  dieee  Zeit  in  Germania 
haben  mögen".  —  Der  Andere  auB  Johann  Friedrichs  Um- 
gebung, von  welcliem  abenfalle  ein  Lied  Überliefert  ist,  beifst 
Johann  Walther;  er  war  Eapellmeieter  bei  dem  KurfÜreten, 
übrigene  auch  der  MuBiklehrer  Luthers  und  hat  sicli  vor- 
nehmlich als  Komponiet  und  Herausgeber  eines  Gesangbuchs 
hervorgethan.  Hier  kann  für  kbs  nur  von  Wichtigkeit  sein 
daa  eine  Lied,  welches  ihn  zum  Dichter  hat,  anhebend  mit 
den  "Worten:  „Herzlich  thut  mioh  erfreuen  die  Hebe  Sommer- 
zeit". Nicht  weniger  als  34  Strophen  zählend,  findet  es  sich 
im  alten  weimar.  Gesangbuch  von  1681,  pag.  1079,  auch  ab- 
gedruckt im  Liederschatz  von  Sohameliue  (Nr.  387) ;  ee  ent- 
hält eine  Beschreibung  des  ewigen  Lebens  als  einer  Sommer- 
zeit auf  Grund  von  Luc.  21,  3Ü,  Schon  die  ungemein  grofse 
Strophenzahl  loTst  erkennen,  in  welch  breiter  Form  sich  der 
Dichter  mit  seinen  Gefühlen  und  Gedanken  ergebt:  —  bo 
über  die  Mafsen  ausgesponnen  und  langatmig,  müfste  es  wohl 
eine  ganz  bedeutende  Kürzung  erfahren,  um  ale  Gesangbuchs- 
lied  gebraucht  werden  zu  können.  Cunz  (Gesoh.  d.  deutsch. 
Kirohl.  I,  S.  191)  freilich  meint,  daTa  der  Dichter  ein  eigen1> 
liches  Kirchenlied  überhaupt  nicht  beabsichtigt  habe,  und  be- 
gründet dies  mit  dem  Hinweis  auf  die  Überschrift  des  Liedes 
(„Ein  gar  schöner  geiatlicher  und  christlicher  neuer  Bergreihen" 
u.  s.  w.).  Wohl  möglich  aber,  dafs  so  mancher  auch  trotz 
der  ungewöhnlichen  Länge  des  Liedes  einst  durch  die  ihm 
eigene,  viele  Menschen  von  heute  vielleicht  wunderlich  an- 
mutende, ursprüngliche  Naivetät  und  Einfalt  der  Emptindung 
im  eigenen  Gemüt  erbaut  worden  ist.  —  Eb^enfalls  ein  Kapell- 
meister und  zwar  aus  den  Zeiten  des  Herzogs  Johann  (1570 
— 1605),  ist  es,  der  zunächst  jenem  eben  genannten  Walther 
in  der  Geschichte  weimariBcher  GeBangbuchalieder  wenigstens 
kurs  erwähnt  werden  mufs;  —  Johann  Stoll  hat  im  Jahre 
1606   „Epioedia  oder  Grablieder  bei  der  Leichbegängnis  des 


4 


Herzogs  Johann"  herauBgegebeo,  von  denen  ein«  —  irrtümlich 
mit  Barth.  Bingwald  als  Verfasser  bezeichnet  —  auch  im 
Gothaischen  Gesangbuch  von  1715  sich  finden  soll.  Ferner 
findet  eich  yoq  demselben  Verfasser  im  Zwickauer  Oesaiig- 
buch  TOB  1710  das  Lied:  „Von  einer  Jungfrau  auserkoren", 
im  Dresdener  Gesangbuch  von  1718  aber  wird  ihm  ein  Lied: 
„ChriBtus  ist  erstanden"  zugeschrieben.  Mit  diesem  letzteren 
nur,  einem  wenig  bedeutenden,  sohlt  cht- einfachen  Osterliede 
in  yier  kurzen  Strophen,  ist  Stell  in  einem  älteren  weima- 
risehen  Gesangbuobe  (von  1739)  vertreten;  später  ist  es  wohl 
kaum  wieder  aufgenommen  worden.  —  In  die  Zeiten  des  Her- 
zogs Johann  Wilhelm  von  Weimar  und  zwar  in  die  letztea 
Jahre  desselben  (1671—73)  fällt  der  Aufenthalt  des  Caspar 
Meliasander  (Bienemann)  am  weimariscben  Hofe;  früher  Ge- 
neral Superintendent  zu  Pfalz- Neuburg,  als  solcher  aber  wegen 
der  ihm  schuldgegebenen  Anhängerschaft  an  Matthias  Flaoius 
abgesetzt,  hat  er  eine  Stelle  als  Informator  am  weimarischen 
Hofe  erhalteo,  freilich  nur  für  kurze  Zeit,  da  er  bald  auch 
hier  seine  Abdankung  erfahren  inuiste;  er  ist  in  der  Würde 
eines  alte nbnrgi sehen  Generalsuperintendenten  im  Jahre  1591 
gestorben.  Ihm  werden,  wohl  aus  den  Jahren  1573 — 74 
stammend,  fünf  geistliohe  Lieder  zugeschrieben,  welche  zum 
Teil,  wie  es  ja  erklärlich  erscheint,  die  durch  seinen  Wider- 
streit mit  Anderen  wie  durch  seine  diesbezüglichen  Er- 
fahrungen hervorgerufene  Stimmung  deutlieh  durohklingen 
lassen,  so  besonders  ein  Lied,  welches  in  bezeichnender  W^eiee 
anhebt  mit  den  Worten:  „Behuf  mich,  Herr,  vor  falscher 
liehr"'.  Wie  sieh  der  Gelehrte  und  Dichter  aber  zugleich 
über  allen  Streit  der  Lehrmeinungen  und  über  alle  trüben 
Erfahrungen  kraft  eines  starken  Gott  Vertrauens  und  einer 
innigen  Hingabe  an  Gottes  Willen  in  echt  christlicher  Weise 
hinauEzasetzen  wufate,  davon  zeugt  das,  vohl  in  die  Mehr- 
zahl der  neueren  Gesangbücher  aufgenommene,  kurze,  aber 
töstliche  Lied:  „Herr,  wie  du  willt,  so  schick'a  mit  mir"  — 
ein  Lied,  von  dem  man  gesagt  hat,  dafs  es  „daa  Muster  eines 
in  Kreuz  und  Leiden  geduldigen  Christen   enthalte",    und    an 


welches,  wie  an  so  viele  Kernlied«r,  sich  so  manche  liebliche 
Erzählungen  hinsichtlioli  seincB  gesegneten  GebrauchB  uad 
seiner  lieilBamen  Wirkungen  an  gesohl  OBseu  haben.  Welche 
Sedeutttng  dieses  Lied  Euhou  kurz  nach  seiner  Entstehung 
in  engereu  Ereiäen  gewonnen,  geht  aus  der  iDtereasanten 
Mitteilung')  hervor,  dafe  die  Prinzeaain  Maria  von  Sachsen- 
Weimar  (t  1610)  von  dem  Verfasser,  ihrem  Erzieher,  jenes 
»Lied  zum  täglichen  Gebet  und  Symbol  angenommen,  die  An- 
fengsbuchsUhen  dieses  ihres  Symbols  (H.  W.  D.  W.)  auch 
in  Stammbücher  geschrieben  und  in  Münzen  habe  prägen 
lassen.  —  Was  bei  Bieuemann  besonders  hervortritt,  nämlich 
der  Einflufs  der  Lehrmeinuug  und  des  Lehrstreites  auf  seine 
Liederdichtuug,  das  ist  in  allgemeinerer  Weise  noch  bei  einem 
anderen  Liederdichter  dieser  Zeit  zu  bemerken ;  nur  dafs  seine 
Dichtung  viel  zu  sehr  als  Lehrdichtung  erscheint,  um  noch 
in  das  engere  Gebiet  des  Kirchenliedes  eingegliedert  werden 
zu  können,  weshalb  auch  hier  nur  ganz  andeutungsweise  im 
Anschluls  an  den  für  uns  als  Dichter  bedeutenderen,  vorher 
Genannten  davon  die  Bede  sein  mag.  Michael  Styfel,  im 
Jahre  1567  in  Jena  als  Lehrer  der  Mathematik  gestorben,  sich 
gelbst  bezeichnend  als  „Bruder  Michael  Styfel,  Augustiner 
von  Efslingen",  hat  aufser  dem  gereimton  1 0.  Psalm  „ein 
überaus  schön  künstlich  Lied  von  der  christförmigen,  recht- 
gegründeten Lehr  Doctoris  Martini  Luthers"  drucken  lassen, 
in  welchem  im  Anschlufa  an  die  SchrifCstelle  Offenb.  14,  6  u.  7 
Luther  als  der  apokalyptische  Engel  dargestellt  und  seine 
Lehre  des  weiteren  ausgeführt  wird,  —  ein  Thema,  das  im 
Anfange  des  Liedes  sofort  angedeutet  erscheint:  „Johannes 
thut  uns  schreiben  —  Von  einem  Engel  klar,  —  Der  Gottes 
Wort  soll  treiben  —  Ganz  luter,  offenbar".  Dieses  Lied, 
seiner  Zeit  sympathisch  begrüfst,  soll  übrigens  ein  „neues 
Lied  von  dem  Untergänge  des  ohristlichen  Glaubens",  verfafat 
von  dem  —  in  der  allgemeinen  Li tteraturgo schichte  als 
m  Satiriker    genannten    —    Strafsburger    Franciekaner    Thomas 


■ 


1)  s.  Cum,  GbigIi.  I 


daulath    Kircbgul.  I 


324  ^>®  wtfanarischen  Dichter  von  Gesangbuchsliedern. 

Mnrner,  als  6^;fiiifitiid[  Yennlabt  haben.  —  Doch  eilen  wir 
weiter,  um  nunmehr  2a  emen  Pimkte  za  gelangen,  der  für 
die  ipeoifisch  weimarische  Kirchenliederhistorie  von  g^ans 
besonderem  Interesse  ist,  der  denn  auch  eine  etwas  nähere 
Auseinandersetzung  von  uns  erheischt.  Unter  den,  der  Stadt 
Weimar  selbst  zugehörigen  Liederdichtem  ist  einer,  dem  man 
längere  Zeit  die  Verfasserschaft;  für  eines  der  innigst  em- 
pfundenen, im  weimarischen  Gesangbuche  befindlichen  Bofs- 
lieder  streitig  gemacht  hat :  viel  Zweifel  schon  hat  obgewaltet 
darüber,  wer  das  schöne  Bufslied:  „Ach  Gott  und  Herr*'  ge- 
dichtet habe,  ob  ein  gewisser  Glauder  (geboren  1586  zu  Mos- 
bach bei  Neustadt  a.  d.  Orla,  gestorben  als  Archidiak.  zu 
Altenburg  1658)  oder  aber  ein  gewisser  Göldel  (erst  Kantor 
zu  Gotha,  dann  Pfarrer  zu  Dienstädt  a.  d.  Um,  als  solcher 
1685  gestorben)  oder  endlich  der  ehemals  weimarische  Dia- 
konus Martin  Rutilius.  Es  ist  das  Verdienst  des  schon  früher 
genannten  Liederhistorikers  Caspar  Binder,  endgiltig  nachge- 
wiesen zu  haben,  dafs  der  letztgenannte  von  jenen  dreien 
des  Liedes  Verfasser  sei,  und  zwar  ist  der  Erweis  von  ihm 
erbracht  in  einer  eigens  dazu  geschriebenen  Abhandlung  vom 
Jahre  1726,  welche  den  Titel  trägt:  „Historischer  Erweif s, 
dafs  des  bekandten  Liedes  unserer  Kirchen:  Ach  Gott  und 
Herr,  wie  gros  und  schwer  etc.  wahrer  Auetor  sey  M.  Martin. 
Eutilius,  Ex  matre  nepos  Georg.  Rorarii,  amanuensis  Lutheri, 
weiland  Archidiaconus  bey  der  Haupt-  und  Pfarrkirchen  zu 
Weimar;  Gleichwie  von  dem  Zusatz:  Gleichwie  sich  fein  ein 
Vögelein  etc.  Auetor  ist  M.  Johann  Maior,  1. 1.  Diaconus  da- 
selbst, gezeiget  von  M.  Caspar  Binder,  Vimariensi,  0.  B.  min. 
eccles.  Mattstad."  (Johann  Christoph  Olearius  gewidmet,  1726). 
In  dieser  Abhandlung  kann  sich  Binder  auf  die  Original- 
handschrift des  Liedes  berufen,  in  welcher  dieses  bezeichnet 
wird  in  der  Überschrift  als  „Ein  Gebett  vmb  Vergebung  der 
Sünden,  vmb  Gedult  im  Creutz  vnd  vmb  Erlassung  ewiger 
Straffe"  —  worunter  sich  die  Worte  befinden:  M.  Martinus 
Rutilius,  Diaconus  Ecclesiae  Vimariensis  fecit  et  propria  manu 
Bcripsit  —  und  die  weiteren :  „Jhesu,  du  Sohn  Dauidts,  erbarm 


' 


Die  vsimarliebeTt  Dichter  von  OesBnfbacbsthdeni. 

dich  mein,  —  Lafs  mein  Sündt  zugedecket  sein,  —  Im  Ster- 
ben wöUt  mein  Beietaodt  bleiben,  —  Vom  Todt  zun 
bringen  mit  Freuden.  Den  29.  May  1604,"  Wenn  so- 
mit ButiliuB  unwiderleglich  als  Terfaeaer  erwiesen  iet,  eo 
kommt  jener  oben  mitganannte  Joseph  Clauder  doch  wenig- 
stens als  Übersetzer  in  Betracht,  insofern  in  der,  von  ihm 
unter  dem  Titel;  „Pealmodia  sacra"  herausgegebenen  Samm- 
lung von  300  lateinischen,  in  deutschen  VerBmafeen  abge- 
fafaten  und  gereimten  Liedern  eins  sich  findet,  welches  be- 
ginnt: „Äh  mi  DeuE,  —  quantum  soeluB  —  raentom  meam 
molestat:  nam  nil  opis  —  angustüs  —  isthoc  in  orbe  restat". 
Das  Hutilius'sohe  Lied,  -welches  in  seinen  (uraprtin glich  6) 
Strophen  bei  aller  Einfachheit  und  Schlichtheit  der  Form 
von  einer  tiefaufrichttgen  Cufse,  einem  hohen  sittliohen  Ernst 
dea  Dichters  kündet,  ist  bald  in  den  weimariechen  Kirchen 
bekannt  und  in  Gebrauch  genommen  worden,  und  es  wird 
insbeGondere  noch  bericUtet,  dafs  Dr.  Johannes  Maior  oder 
Orofs,  der  in  den  Jahren  1592  bis  1605  ebenfalls  Diakonus 
in  Weimar,  also  Kollege  von  RutiliuH  war,  nachmals,  als 
Superintendent  in  Jens,  im  Jahre  1618  in  einer,  auch  ge- 
druckten Gedächtnispredigt  über  die  thüringieche  Sintflut  die 
Strophe  aus  dem  Eutilius'achen  Liede  angeführt  habe,  in  der 
es  heifst:  „Soll's  ja  so  sein,  —  dafs  Straf  und  Fein  auf 
Sünde  folgen  müssen".  Dieser  eben  genannte,  nachmalige 
Professor  Maior  (geboren  1564  in  Reinstädt  bei  Orlamünde, 
gestorben  1654  in  Jena)  —  von  welchem  beiläufig  berichtet 
wird,  dafs  er  mit  dem ,  später  noch  zu  nennenden  Professor 
der  Theologie  Johann  Gerhard  zusammen  im  30-jährigen 
Kriege  die  Stadt  Jena  gerettet  habe,  —  er  ist  es  auch  ge- 
wesen, der  —  wie  es  als  erwiesen  gellen  kann  —  einen  Zu- 
satz zu  dem  Liede  seines  früheren  Kollegen  Rutilius  gedichtet 
hat,  welcher  nach  Binders  Meinung  als  „aus  kollegial! scher 
Liebe  und  Freundschaft"  herrührend  zu  betrachten  ist  Dieses 
Zusatzlied,  für  welches  u.  a.  in  dem  Coburger  Gesangbuch 
von  1667  Maior  ausdrücklich  als  Verfasser  besietchnet  wird 
und    dai,    wie    Binder    bemerkt,    in    manchen    Gesangbuch eru 


326  ^>®  weimurischen  Dichter  von  Gesangbuchsliedern. 

als  ein  besonderes  Lied  vorkommt,  möge,  da  es  jetzt  wohl 
kaum  noch  überhaupt  in  Gesangbüchern  anzutreffen  sein 
dürfte,  nach  dem,  von  Bambach  in  seiner  Anthologie  mitge- 
teilten Wortlaut,  seiner  Originalität  wegen  hier  angeführt 
werden.     Es  lautet: 

„1,  Gleichwie  sich  fein  —  Ein  Vögelein 
In  holen  Baum  yerstecket, 
Wenn's  trüb  hergeht,  —  Die  Luft  unstät 
Menschen  und  Yieh  erschrecket: 

2.  Also,  Herr  Christ,  —  Mein'  Zuflucht  ist 
Die  Hole  deiner  Wunden. 

Wenn  Sund'  und  Tod  —  Mich  bringt  in  Noth, 
Hab'  ich  mich  drein  gefunden. 

8.  Darin  ich  bleib';  —  Ob  hie  der  Leib 
Und  SeeF  von  'ander  scheiden. 
So  werd'  ich  dort  —  Bei  dir,  o  Gott, 
Seyn  in  ewigen  Freuden. 

4.  Ehre  sey  nun  Gott  —  Vat'r  und  Sohn, 
Dem  heiligen  Geist  zusammen! 
Zweifle  auch  nicht,  —  Wie  Christus  spricht:, 
Wer  glaubt,  wird  selig.     Amen.** 

Nachdem  wir  so  in  Kurzem  über  das  Lied  des  Eutilius 
und  seinen  Maior'schen  Zusatz  gehandelt,  seien  noch  einige, 
auf  das  äufsere  Leben  des  Ersteren  bezügliche  Funkte  er- 
wähnt. Martin  EutiliuS;  geboren  im  Jahre  1550  zu  Düben 
in  Chursachsen,  war  bereits  1575  Ffarrer  zu  Teutleben  im 
Weimarischen,  von  1586  an  aber  Diakonus  und  schliefslich 
Archidiakonus  in  Weimar,  als  welcher  er  am  18.  Januar  1618 
gestorben  ist.  Er  wird  als  der  erste  der  Diakonen  Weimars 
bezeichnet,  die  bis  an  ihr  Ende  in  Weimar  geblieben,  da 
alle  anderen  vor  Kutilius  früher  oder  später  in  andere 
Stellungen  eingetreten  seien.  Yier  Festzeiten  soll  er  während 
seines  33-jährigen  Wirkens  in  der  Stadt  mit  erlebt  haben. 
Sein  Grab  befindet  sich  dort  in  der  Jakobskirche,  sein  Bildnis 
im  Bathaus  zu  Weimar.      Näheres  über  seine  Person  enthält 


die  Lei  oh  eu  predigt,  welche  Superintendent  Kromayer  auf  ihn" 
gehalteo  und  die  161S  im  Druck  erschienen  iet.  —  Ale  Zeit- 
genoBse  des  Butiliue,  und  mit  ihm  zusammen  gleichzeitig  eine 
Keihe  tod  Jahren  in  Weimar  lebend  und  wirkend,  sei  nun- 
mehr eogleioh  Melchior  Yulpius  genannt,  der,  um  1 560  In 
Waeungen  geboren,  seit  ungefähr  1600  Kantor  in  Weimar 
war,  wo  er  nach  gewöhnlicher  Angabe  im  Jahre  1616,  nach 
anderen  eret  um  1621  gestorben  tat.  Von  ihm  ist  ein  „echSa 
geistlich  Gesangbuch,  darinnen  Kirchen -Gesänge  und  geistliche  1 
Lieder  D.  M.  Lutheri  —  mit  4  u,  5  Stimmen  gesetzt  — '' 
(in  I.Auflage  1603  zu  Leipzig,  in  3.  Auflage  1609  zu  Jena) 
herausgegeben  worden,  und  ao  hat  er  sich  besonders  auf  dem 
Gebiete  kirchlicher  Liederkomposition  seiner  Zeit  einen  Namen 
erworben.  Als  Liederdichter  findet  sich  Vulpius  mit  4  Liedern 
im  älteren  Oothaiscben  Gesangbuch  vertreten,  von  denen  zwei 
{„0  heiliger  Geist,  du  göttlich  Feuer"  und  „Erstanden  ist  der 
heilige  Christ")  auch  im  Jenaischen  Gesangbuch  von  1724 
stehen,  das  erstere,  welches  wohl  überhaupt  daa  bekannteste 
von  ihm  gewesen,  auch  im  Weimarisohan  Gesangbuehe  von 
1681.  An  und  für  sieh  und  historisch  betrachtet  interessant 
(ganz  eigenartig  ist  z.  B.  der  Wechselgesang  zwischen  einem 
Engel,  Maria  und  dem  Volk  in  dem  Oaterliede),  haben  doch 
die  Vnlpius'achen  Lieder  bei  dem  Gepräge  des  Alten,  das  sie 
an  sich  tragen,  in  neuere  Gesangbücher  wohl  kaum  Aufnahme 
gefunden.  —  Mit  dem  Genossen  des  Rutilins  in  Weimar,  Joh. 
Haior,  zusammen  haben  wir  bereits  kurz  beiläufig  einen  an- 
deren jenaischen  Theologieprofessor  jener  Zeit  genannt,  den 
■vornehmlioh  in  der  Geschichte  der  Dogmatik  aufzuführenden 
Jobann  Gerhard  (geboren  1Ö82  zu  Quedlinburg,  gestorben 
1637  zu  Jena),  von  dessen  einstigem  hohen  Ansehen  ein 
höchst  Euperlatives  Urteil  Zeugnis  giebt,  dahin  lautend :  er 
habe  sich  zufolge  seiner  „tomi  locorum  Theologicorum"  einen 
Buhm  erworben,  „qua  non  maiorem  totus  hio  orbis  habet". 
So  sehr  anerkannt  aber  Gerhard  auch  auf  theologisch -dogma- 
tischem Gebiet«  dastehen  mag,  so  sehr  ist  ihm  andererseits 
ein  Platz  in  der  Reihe  der  Kircheuliederdichter  streitig  ge- 
XVI.  32 


3Qg  Di«  wihMfiadün  Diehtar  Ton  GeMogbaehtiiedeni. 

«joht  worden.  Will  ilm  doeh  OleMioi  gänzlieh  ex  nnmera 
Hjnnopoaoxaiii  gaetmheB  winen!  In  Oerhards  »»Frommer 
Herten  geiiüiehem  Kleinod'^  findet  sieh  ein  Lied  mit  denk 
Anfing:  »Joh  denk*  dir»  Täter»  denn  da  haat^'  — ^  Wird 
aber  aohon  dieiea  Lied  manoheraeita  niobt  Gtohard»  sondern 
Jostaa  Oeaenins  angeaehrieben»  ao  wird  die  Yer&asersohaft  de» 
Oerbard  noob  Tiel  mebr  bezügüoh  eines  anderen  Liedea^ 
welebep  anob  in  neuere  Gesangbüober  übergegangen  iat», 
staeeitig  gemaebt:  es  ist  dies  das  Passionslied  ,»Wenn  meine 
Siind'n  mieb  krftnken''.  Aueb  der  groÜM  Paul  Gerhardt,  ob- 
wobl  es  in  dessen  Gesangbuob  nieht  au  finden  ist»  wird  (in» 
Hildburgbäuser  Gesangbuob)  als  der  Yerfiasser  dieses  letztge- 
nannten Liedes  beaeiohnet  und  so  noeb  anderwärts  Andere» 
Naeb  ftlterer  wie  neuerer  Ansobauung  aber  (Wetsel  —  Cuna) 
bat  doob  die  Annabme  ron  der  VeräMsersobafb  des  Geseniaa 
die  meiste  Wabrsobeialiebkeit  Ar  sieb  in  Anspruch  au 
nelunen.  —  Neben  ICiQor  und  Gerbard  können  wir  zugleioh 
noeb  einen  dritten  Gelehrten  ala  Diebter  nennen:  Johann 
liiohael  Büberr»  weldber  bis  aum  Jahre  1640  Professor  in 
Jena  war  und  als  Pastor  und  Bibliothekar  in  Nürnberg  166^ 
gestorben  ist  Yen  ihm  führt  Guna  (a.  a.  0.  I,  S.  545)  zwei 
Lieder  an:  ,»Nun  lasset  Gottes  Güte^^  und:  ,,0  du  betrübte 
Seele  mein''.  Zwei  andere  finden  sich  in  dem  weimarisohen 
Gesangbuohe  yon  1739:  ein  innig  empfundenes,  von  tiefer 
Demut  getragenes  BuTslied:  »»Nichts  Guts  an  mir  ich  finden 
kann"  —  und  ein  einfältig  -  frommes  Abendlied:  »»Es  ist  die 
helle  Sonn'  dahin'^  Beide  aber  sind  wohl  kaum  in  neuere 
Gesangbücher  übergegangen.  —  Hat  uns  soeben  unsere  Be- 
traohtung  an  einigen  Gelebrtengestalten  vorbeigeführt,  so  ist 
es  nunmehr  wiederum  eine  erlauchte,  für  das  weimarische 
Land  hochbedeutende  Fürstengestalt,  welcher  wir  begegnen 
und  die  uns  Anlafs  geben  muTs  zu  etwas  ausführlicherer 
Darlegung.  In  Herzog  Wilhelm  Hjf  (in  der  ihm  gehaltenen 
fürstlichen  Leichenpredigt  der  Ordnung  nach  genannt  als  der 
lY.)»  geboren  am  11.  April  1598  auf  dem  Schlosse  au  Alten- 
bürg»  gestorben  am  17.  Mai  1662  zu  Weimar»  sehen  wir  da» 


fiild  eines  Flinten,  der  sovohl  als  tapferer  Kriegiheld  wie  ' 
als  SchirnieT  und  Förderer  der  Eänite  des  Friedeos  uad 
Liebhaber  der  Wiaeenaohaften  seinem  Namen  eis  bleibendes 
Andenken  gesichert  hat.  In  den  gewaltigen  Kämpfen  des 
dreifaigjährigen  Krieges  hat  er  als  einer  der  Wackersten 
mitgefochten,  so  besonders  in  der  Schlacht  am  Weifsen  Berge, 
ist  schwer  verwandet  nnd  gefangen  genommen  worden  — 
und  wenn  er  somit  durch  seine  Kriegsthaton  der  allgemeinea 
Geeehichte  angehört,  so  hat  er  sich  in  der  Oeaohichte  seines 
Landes  noch  einen  besonders  hohen  Rang  gewonnen  durch 
sein  Wirken  im  Frieden,  voraehmlich  auch  als  Erbauer  der 
Wilhelmsburg  nnd  der  Schlofakirohe  zu  Weimar,  als  welcher 
er  wiederholt  Ton  älteren  Schriftstellern  zu  seines  Namens 
besonderer  Ehre  bezeichnet  wird.  Spricht  für  sein  hervor- 
ragend  religiöses  und  kirchliches  Interesse  auch  die  Thatsache 
der  von  ihm  in  seinem  Lande  unternommenen  Eirohenvisi- 
tation,  so  ist  insbesondere  noch  dafür  ein  schönes,  wenn 
auch  schlichtes  Zeugnis  gegeben  in  der  Überlieferung  zweier 
Kirchenlieder,  die  ihm  zugeschrieben  werden  und  die  dann 
anch  das  weimarische  Land  als  ein  teures  Yermächtnis  eines 
seiner  edelsten  Fürsten  sich  allezeit  bewahrt  und  im  Gebrauch 
erhalten  hat.  Für  ein  näheres  Bekanntwerden  mit  dem  fürst- 
lichen Dichter  ist  es  übrigens  nicht  unwichtig,  zu  wissen, 
dafs  er  hervorragende b  Mitglied,  ja  sogar  zweites  Oberhaupt 
der  im  Jahre  1617  gegründeten  „Fruchtbringenden  Gesell- 
schaft" (seit  165 1  „Falmenorden"  genannt)  gewesen,  einer 
jener,  in  litterargeaohiohtlioher  Beziehung  höchst  eigenartig  an- 
gelegten and  ebenso  lich  bethätigenden  sogenannten  Sprsch- 
gesell Schäften,  die  vor  allem  die  hochdeutsche  Sprache,  bis 
dahin  vielfach  verderbt,  in  ihrer  ganzen  Beinheit  für  den 
Gebrauch  wiederherzustellen  sich  bestrebten.  Es  würde  zu 
weit  führen,  hier  des  Näheren  eine  ins  einzelne  gehende  Dar- 
legung über  das  Wesen  jener  Gesellgchaftsbesttebaiigen  eu 
geben;  nur  so  viel  sei  erwähnt,  dafs,  wie  schon  aus  seiner, 
ihm  augewieeenen  hohen  Stellung  zu  schliefsen,  Herzog  Wil- 
helm —  neben  dem  als  Ehren  Oberhaupt  geltenden,  weima- 
22* 


380  I^  wvimaritdMB  Diehtir  von  Gesang bnehtliedem. 

riMhan  Qdiaimxat  und  Hoftoawehmll  Katpftr  ron  Tantteben  — 
ab  ainer  dar  hSahst  Angaaahanan  untar  aainan  GaaaUschafta* 
ganotaan  gagolten  haban   miils  —  aine  Annahma,  su  daran 
Baatärkong  aa  nur  dianan  kann,  wann  wir  höran,   dafs,   ge- 
mäfs    dam    aigant&mlichan    Oaista    der   OaBalltahaft,    neben 
dam  all  ,,dar  Mahlraiaha''  baiaiolinaten  Hofinarsohall  Hersag 
Wilhelm  als  dar  „Sahmaakhafta"  aai|genommen  und  ihm  den 
Weiteren    das   Baiwort:   „Ei^annte  Gate"    sagelegt   worde. 
Was  nnn  dea  Hersogs  erwihnte  Kirohenlieder  anbetriA,   so 
stellen  die  swei,  welaha  anah  in  dae   neue  weimarisahe  6e- 
sangbnoh  anfiKenammen  sind,  swar  nnr  ab   knrse,   schlicht- 
einÜMhe  Gesinge   lieh  dar,   doch  aber  ab  solche,   in  denen 
sngleiah   die   schlicht-hersliche   Frömmigkeit  jener  Fürsten- 
seele in  anmittelbarer  Weise,  ohne  Künstelei  sich  aasspricht 
and   die   immerhin   schon    in   Hinsieht  aof   die   Person   dea 
Dichters  wie  die  geschichtlichen  Yerhftltnisse,   mit  denen  sie 
yerwachsen  sind,  genogsam  Interesse  absnnötigan  yermögen. 
Das  Lied   „Herr  Jeao  Ohrist,  dich  aa  ans  i^end''^  ist  bereits 
im  Jahre  1678  in  den  gesamten  karsächsisohen  Landen  dorch 
ein  besonderes  Mandat  des  Karfürsten  Johann  Georg  II.  als 
sogenanntes  Eanzellied  der  Amtspredigten  an  allen  Sonn-  and 
kleineren  Festtagen  yorgeschrieben  and,  nachdem  es  in  jenem 
Jahre  am  yierten  BoXstage  zam  ersten  Male  gesangen,   wohl 
zn  einem  der  meist  gesangenen  Eingangslieder  in  der  weima- 
rischen Landeskirche  geworden.     Bezüglich  der  Verfasserschaft 
ist  man  allerdings   anch   bei  diesem  Liede  immer  wieder  in 
Zweifel  geraten,  and  es  sind  ja  anch  Thatsachen  in  Betracht 
zn  ziehen,   angesichts  deren  es  ziemlich  angewifs  erscheinen 
könnte,  ob  denn  wirklich  das  Lied  yon  Herzog  Wilhelm  her- 
rühre  (ygl.  Fischer,   Kirchenliederlexikon).     Auffallend   muTs 
es  freilich  erscheinen  —  was  der  Liederhistoriker  Binder  be- 
richtet —  dafs   in   den   älteren  weimarischen  Gesangbüchern 
l^ichts   dayon   za  finden   ist,   anch   selbst  in  dem,   yon  dem 
Herrn  yon  der  Lage  heransgegebenen  Gesangbuch,   das  doch 
dem  fürstlichen  Hause   allein  gewidmet  ist     Ebenso  ist  das 
Lied  in  dem  Dilherr'schen  Gesangbuch  (Nürnberg  1653)  noch 


I 


den  ältesten  SammluDgen  aber  erscheint  oa^ 
in  dem  gothaiBcben  „Oeistlicheii  Oeaang- 
büchlein"  von  1666,  in  der  „Oeiatltohen  Singekunat"  Ton 
Oleariua,  1671;  in  dem  BeTliner  Geeangbiich  ron  ITOT  hin- 
gegen wird  als  Verfasser  der  Theulog  Abraham  CaloviuH  ge- 
nannt. Gleichwohl  aber  fehlt  es  demgegenüber  keineswegs 
an  Zeugnisaen,  die  fdr  die  Verfasaersohaft  des  Herzoga 
sprechen,  so  daa  gloseierte  Ifaumburger  Gesangbach,  ferner 
das  Schleusinger  Gesangbuch  von  169ä,  in  welchem  eine 
aasdrückliche ,  diesbezügliche  Bekundung  gefunden  worden 
int.  Ja,  eiDe  ganz  beaODdera  intereaeante  Bestätigung  hat  man 
noch  dnrch  das  Zwiokauer  Gesangbuch  von  ITIÜ  zu  finden 
gemeint,  insofern  dort  eine  boatimnite  Bemerkung  des  Heraus- 
gebers Blnmberg  zu  leaen  ist,  dahin  lautend,  dafs  den  Herzog 
daa  Anachauen  einea  Kruzifixes  üura  Dichten  jenes  Liedes 
Teranlalat  habe  ~  ein  Umstand,  für  dessen  Thatsachliobkeit 
des  Liedes  Inhalt  selbst  allerdings,  wie  man  richtig  einge- 
wendet hat,  nicht  gerade  einen  besonderen  Anhalt  bietet, 
der  aber  doch  immerhin  möglich  erscheint.  Somit  befinden 
wir  uns  bezüglich  der  Yertasaeraohaft  des  besagten  Liedes  in 
einer  ganz  ähnliohen  Lage  wie  in  Hinsicht  auf  jenes  früher 
behandelte,  ebenfalls  fürstliche  Troatlied,  und  ea  ist  durchaus 
nicht  leicht  zu  sagen,  ob  hier  oder  dort  die  Annahme  der 
fürstlichen  Urheberschaft  eine  gröraere  WahraoheinUohkeit  be- 
sitze; jedenfalls  aber  sind,  wie  angedeutet,  in  dieser  Beziehung 
aaoh  für  daa,  dem  Herzog  Wilhelm  zugeschriebene  Lied  nicht 
EU  unterschätzende  Anhaltspunkte  gegeben.  Was  übrigens  die 
äDfseie  Gestalt  und  den  Umfang  des  Liedes  anlangt,  ao  ist  es 
Terachieden  gedruckt  zu  finden.  Während  es  nämlich  zumeist 
wohl  mit  vier  Strophen  erscheint  (so  anch  im  neuen  weima- 
rischen Geaangbuoh),  hat  es  deren  —  unter  Weglaasang  der 
gewohnliuhea  letzten  —  im  Rigischen  Gesangbuch  von  1676 
und  im  Coburger  von  1683  nur  drei;  dahingegen  aber  hat 
es  im  Änsbachischen  Oesangbuche  von  1700  einen  Zusatz 
erhalten,  insofern  hier  zwiaoben  die  dritte  und  vierte  Strophe 
eine  weitere  eingeschaltet  steht,  folgende rmafaen  lautend  :  „In- 


382  I>te  wiimariMihOT  Didbtar  tob  GMUigbiieiitliedtni. 

swmchmi  iina  Geduld  t«d«h^  —  in  Kreaz  aneh  unser  Bei- 
etaad  tei|  —  dt(b  wir  nneb  lolehem  Leiden  gleieh  — 
wU  CShrieto  bemehen  im  Hinunelrmeh.^  Ohne  solchen  Za- 
sstSy  in  dem  Bestände  yon  nnr  vier  Strophen  mag  des  Lied 
wohl  am  nrsprüngliohsten  erseheinen.  —  Das  aweite  Lied, 
welches  dem  Herzog  Wilhelm  —  und  swar  mit  gröeferer 
Sicherheit  als  jenes  erstgenannte  *—  augesohrieben  wird, 
ist  der  karse,  dreistrophige  Friedensgesang:  „Gott,  der 
Frieden  hat  gc|;eben^.  Für  die  YerÜMserschaft  des  Heraogs 
wird  das  Zeognis  des  bald  weiter  an  nennenden  Dichters 
Georg  Neomark  angeführt,  der  den  Heraog  genau  gekannt 
haben  soll  und  in  seinem  ^yTeutschen  Palmbaum''  (S.  449) 
kurz  berichtet:  »»Der  Schmackhafte  hat  unterschiedliche  geist- 
liche Lieder  gemacht^  so  dieser  Orden  (d.  i.  in  den  säohsischen 
Fürstent&mem)  wohlbekannt»  den  kurzen  Friedensgesang: 
„Gott,  der  Frieden  hat  gegeben^  ^).  Unzweifelhaft  fest  steht 
im  ▲nschluis  hieran  jedenfisUs  die  Behauptung»  dals  das  Lied» 
aus  welchem  bei  aller  Sohlichtheit»  die  es  an  sich  trägt»  ein 
ebenso  inniger  Jubel  und  Dank  wie  zugleich  auch  tiefherz- 
liche Bitte  und  Mahnung  henrorklingen ,  auf  den  weetfSii- 
sehen  Friedensschlufs  (Oktober  1648)  verfiEirst  ist,  und  um  so 
inniger  und  wirksamer  müssen  wohl  die  einfachen  Strophen 
berühren»  wenn  man  bedenkt»  wie  tapfer  und  heldenhaft  im 
Krieg  er  selbst  sich  erwiesen»  der  sie  gedichtet  und  der 
damit  freilich  Gefühlen  Ausdruck  lieh»  wie  solche  damals 
nach  vieler  Kriegsjahre  unsäglichen  Drangsalen  und  unermefs- 
liebem  Elend  mit  ursprünglicher  Gewalt  und  in  ganzer  Fülle 
Unzähliger  Herzen  durchdringen  und  erfüllen  muTsten.  Als 
ganz  eigentümlich  sei  noch  erwähnt  die  aufTallige  Textab- 
weiohung,  wie  sie  sich  für  die  2.  und  8.  Strophe  unseres 
Liedes  in  dem  Jenaischen  Gesangbuch  von  1724  findet»  die 
Mahnung  („dafs  wir  sollen    friedlich   leben")  ist  hier  wegge- 


1)  Befremdlicherweise  lautet  die  Verfasserangabe  ffir  dieses  Lied 
im  weimarischen  Oesangbuche  von  1739  (Nr.  909)  auf:  Mich.  Franke. 
Dieser  (1S09  —1667)  wird  auch  von  den  Liederhistorikem  Heerwagen  und 
Richter  als  Verfasser  angegeben. 


Dt«  ■rrimariMben  Dlcbto'  i 


ugbadiUndarn. 


'  fallen,  dafür  eioe  kurze  Doxologie  eingesetzt,  ebenso  aber  sind 
die  sonst  für  alle  drei  Strophen  sich  wiederbolenden  zwei 
Sohlufszeilen  („Friede,  Friede  in  dem  Lande  —  Glück  und 
Heil  zu  allem  Stande!")  hier  in  der  2.  und  3.  Strophe  ander- 
'weitig  ersetzt,  so  dafs  diese  beiden  folgeDdeTmafseD  lauten : 
2.  „Ehre  sey  Gott  in  der  Höhe,  —  Euhm  und  Pteife  ihm 
auch  geschehe,  —  Friede,  Friede  schwebt  itzt  oben,  —  da- 
für wir  ihm  danckn  und  lobeo."  3.  „Wir  an  Gott,  Gott  an 
uns  Allen  —  Hahn  ein  hertzliohs  Wohlgefallen,  —  Friede, 
Friede  wird  er  geben  —  Endlich  dort  im  ewgen  Leben." 
Höchst  wahrscheinlich  wird  dieser  zweite  Wortlaut  auf  eine 
spätere  Veränderung  zurückzuführen  sein ;  denn  den  Charakter 
der  TJrBprünglichkeit  tragen  wohl  jene  Sii-ophen  an  sich,  in 
"welchen  die  Schlufszeilen  eich  gleichen.  Und  schöner  kann 
«in  Fürst  sein  Volk  in  herz  lieh -seh  lichter  Weise  wohl  nicht 
seines  Wohlwollens  -versichern,  schöner  und  ein&cher  nicht 
seine  wohlgemeinten  Wünsche  für  dasselbe  zum  Ausdruck 
bringen,  als  es  Herzog  Wilhelm  that,  sich  so  zugleich  als 
Friedeusfurst  und  Volksbeglücker  bezeichnend,  indem  er  sang ; 
„Friede,  Friede  in  dem  Lande,  Glück  und  Heil  zu  allem 
Stande!"  —  Schon  erwähnt  wurde,  dafa  Herzog  Wilhelm 
Ton  einem  anderen  zeitgenösBiscben  Dichter  genau  gekannt 
■wurde,  der  denn  auch  ein  Zeugnis  fiir  des  Herzogs  zweitge- 
nanntes  Lied  beigebracht  hat:  diese  Bekanntschaft  Georg 
Keumarks  mit  dem  Herzog  ist  aber  einesteils  darin  begründet, 
dafs  jener  selbst  als  Kanzleiregistrator  und  Bibliothekar  zu 
Weimar  in  des  Herzogs  Diensten  gestanden,  andernteils  darin, 
dafs  jener  wie  dieser  Mitglied  der  Fruchtbringenden  Gesellschaft 
gewesen.  Dieser  Neumark  nun  ist  es,  über  den  wir  als  einen 
der  bekanntesten  weimarisohen  Oesangsbuchlied erdichter  im 
Ansohlufs  an  die  Mitteilungen  über  seinen  Fürsten  nunmehr 
Näheres  zu  berichten  haben.  1 

In    Müblhausen    am    16.   März    1621  geboren,   hat  Neu-  I 
mark,    zwecks    seiner    Studien    und    durch  Leben sverhältnisae 
TeranlaTst,  in  vielen  Orten  kürzeren  oder  längeren  Aufenthalt 
gehabt,  bevor,  durch  besondere  SohiokealsfiiguDg  herbeigeführt. 


334  ^^  WiinMiiMliMi  Diehtor  Ton  Gksangbndiiliedeni. 

Mine,  für  ihn  bedeatnngiyoUe  Niederlassung  in  Weimar  er- 
folgte^  Nachdem  er  das  Oymnaainm  zu  Sohleusingen  var- 
kaaen,  hat  er  in  Königsberg  der  Reohtswissensehafti  auob 
unter  Simon  Daeh  der  Poesie  und  Theorie  der  deutsehen 
Dieht-  und  Bedekunst  sieh  mit  FleiÜB  gewidmet  —  wobei  er 
bereits  sieh  diohteriseh  yersuchte  — ^  ist  dann  aber  nadh  den 
fltSdten  Danzig  und  Thom  (^^seine  zweite  Yaterstadt")  ge- 
wandert^ bia  er  über  Hamburg  zurüek  in  sein  Vaterland  kam. 
Kanoh  Trübes  und  Sefaweies  hat  er  schon  in  diesen  seinen 
jungen  Jahren  ezihhren  müssen«  War  ihm  schon  in  Königs- 
berg 1646  duroh  eine  Feuersbrunst  sein  ganzer  Besitz  (u.  A» 
eine  wertvolle  Bibliothek)  ^ybis  auf  den  letzten  Heller'^  ge- 
nommen worden,  so  mulste  er  in  Hamburg  diensüos  in  grofser 
Armut  leben,  „so  gar,  dab  er  seine  Viola  di  Gamba,  welche 
er  YortreflElich  spielen  konnte,  versetzen  muTste"«  Diese  That- 
sache  soll  der  erste  Anlafs  zur  Entstehung  seines  bekanntesten 
Kirchenliedes  geworden  sein.  Denn  so  berichtet  man:  ,,Alft 
Neumark  seine  Viola  di  Gamba  (durch  besondere  günstige 
Verhältnisse  und  wiedererhaltene  Stellung  dazu  in  den  Stand  ge- 
setzt) wieder  eingelöset,  machte  er  das  Lied:  Wer  nur  den 
lieben  Gott  läist  walten  —  und  da  er's  komponiert,  spielte 
er^s  das  erste  Mal  darauf  mit  Vergielsang  vieler  Thränen/* 
Eine  bestimmte  Bezugnahme  auf  das,  was  hiermit,  freilich 
nur  nach  Hörensagen  und  zwar  nach  Verlauf  von  nahezu 
hundert  Jahren,  berichtet  ist  (Amarantes:  Histor.  Nachricht 
von  des  löbl.  Hirten-  und  Blumenordens  a.  d.  Pegnitz  Anfang 
u.  Fortgang",  8.  384),  findet  sich  in  Neumarks  Schriften 
allerdings  nicht,  und  aufiälligerweise  läfst  er  selbst  in  der 
Vorrede  zu  seinen  „Geistl.  Arien'',  wo  auf  jenes  Lied  beson- 
ders Bezug  genommen  wird,  auch  Nichts  von  jener  Geschichte 
verlauten.  Seit  dem  Jahre  1651  ünden  wir  Neumark  in  Weimar. 
Aufserdem,  dals  ihn  ein  hier  lebender  Oheim,  der  Hof-  und 
Konsistorialrat  Flathner,  zu  solchem  Aufenthalt  mit  bewog, 
fand  er  ja  hier  einen  zur  Poesie  hingeneigten  und  sie  be- 
schützenden und  fördernden  Pursten  in  Herzog  Wilhelm,  dem 
er  schon  von  Hamburg  aus  einige  poetische  Schriften  zugesandt. 


Dil  weil 


iiwban  DIelitar  tod  CteMngbnahiliodBm, 


IT  auch  weiter  nocli  in  seiner  Dichtung  huldigt«  und 
1  Hofe  er  fiirderhin  sehr  viel  Empfänglichkeit  u 
Ehrung  als  Dichter  finden  Gollte.  Neumark  war  ee  denn  auch, 
der  16Ö3  als  „der  Spto Beende"  !□  die  Fruchtbringende  Geaell- 
schaft  uufgenommen  und,  1656  zu  deren  Hecretarius  ernannt, 
neue  Anregung  in  diese  hineintrug,  wie  er  denn  ebenfalls  am 
peguesischen  Blumenerden  Anteil  nahm,  in  welchen  er  1679 
als  „Thyrsie  der  Zweite"  eingereiht  wurde.  Dafe  er  jener 
GeBellschaft  noch  mit  einer  heeondern  Schrift:  „Der  neu- 
fiprossende  teutsche  Falmbaum"  gedient  und  eie  dadurch  zu 
fördern  geeucht  hat,  davon  iet  oben  schon  kurz  andeutungs- 
weise die  Kede  gewesen.  Wie  sehr  aber  Neumark  von  seinem 
Füreten  hochgehalten  und  wertgescbätzt  wurde,  daa  beweist 
der  Umetand,  dafe  er  als  Archiv aekretär  und  Bibliothekar  des 
Herzogs  zugleich  zum  Hofdichtcr  ernannt,  über  aUee  dies  aber 
ihm  auch  der  Titel  eines  Kaiserlichen  Hof-  und  Ffalzgrufeu 
verliehen  wurde.  Wie  man  aber  auch  hinwiedfrum  in  dem 
engeren  Dichterkreise,  dem  er  angehörte,  Neumarks  Verdienst 
wohl  zu  schätzen  wufste,  geht  aus  einem  Zeugnis  des  nach 
ihm  zu  nennenden  Dichters  Homburg  hervor,  der  ihn  u.  A. 
anredet  mit  den  Worten : 

„So,  80,  mein  Freund,  von  dir  her  Bpriefeet  Hülf  und  Eat, 
L     Und  führeet  recht  und  wohl  den  Namen  mit  der  That." 
^         Spendet  man    „dem  SproeBenden"    solches    Lob    inmitten 
^Beiner    Dichtergeeellschaft   und    bezüglioh    seiner  Wirksamkeit 
für  dieselbe,  so  vrird  dies  noch  übertroffen  durch  die  —  frei- 
lich sehr  überschwänglichen  —   Worte,    wie    lie    sich    finden 
bei  Beinen  Bildnis    im  „Foetisohen  Lufitwald"    von   1657;  da 
heitst  ee: 

„So  sieht  Herr  Neumark  aus,  der  Tugend  lieher  Sohn, 
Der  Orpheus  uoerer  Zeit,  der  deutschen  Sprache  Krön." 
Im  Hinblick  auf  solche  Urteile  und  Kundgebungen,  die  über 
den  Dichter  laut  wurden  ,  in  Beriicksiohtigung  der  vielen 
Ehrenbezeugungen,  die  ihm  zukamen,  gauz  besondere  auch 
gelegentlich  der  Heransgabe  seiuee  „Fortgepflanzten  Luet- 
wald",  kann  es  wohl  erklärlich    erscheinen,    wenn  sich  seiner 


Die  mimariaehen  Dicliler  van  Gesangbuchslicdtrn. 

selbst    ein    etwas    ttbergrofses    Selbatbewuretsein    bemächtigte, 
-wCDD    er    sich    nicht    freihielt  tob   Eitelkeit  ond    Selbstnihm ; 
klingt  es  doch    nur    wie  ein    Eoho    jeaer   soebeu  angeführten 
^ugniiae,  wenn  er  selbst  einmal  in  seinen  Liedern  singt: 
„Den  werten  Tugendloho,  den  weitbekannten  Buhm, 
Den  hast  du  mir  gesohenkt  zu  meinem  Eigentum." 
So    iit  et    „Tugend"  und    „Tugendlohn",    woyod  er  besonders 
gern    singt,    allerdings    nicht,    ohne    sieh    selbst    gern  rorteil- 
hftft  geepiegelt  zu  sehen. 

Ei  ist  hier  nun  nicht  der  Ort,  näher  auf  Nenmarks  ge- 
samtes litterariiDhes  Schaffen  einzugehen  und  seine  vielen 
«raSbleaden  wie  Gelegenheitsgedicht«  —  denen  übrigens  teils 
«rmfidende  Breite,  teils  Kälte  und  Steillieit  nachgesagt  wird 
—  zu  beurteilen.  Hier  kommt  fiir  uns  lediglich  das,  wbb 
Neumark  auf  dem  Gebiete  der  Oesangbuchslitteratui  geleistet, 
in  Betracht ,  und  wenn  sehon  in  Bezug  auf  seine  Diob- 
tUQgen  geiagt  werden  kann,  dafa  er  darin  keusch  und  rein 
und  den  „leichten  und  ulUu  weltlich  gesinnten  Venusdiohtern" 
(an  denen  es  seiner  Zeit  nicht  fehlte)  abgeneigt,  ja  entgegen- 
gesetzt erscheint,  so  bekundet  seine  geistliche  Dichtung,  za 
der  er  aioh  firtthseittg  hingezogen  fUitte,  noch  inibeaondere 
tiefe  Frlfmmigkeit  nnd  ntüiehen  Ernst,  wie  es  denn  auch 
«in  frommer  Wshlapraoh  war,  den  er  sich  für  sein  Wirken 
und  Dickten  wie  für  sein  Leben  ttberfaanpt  gewKhIt  hatte 
in  den  Worten:  „nt  fort  divine  ToInnt«s",  Was  itbrigflna 
•eine  Aneohminng  über  dM  Wesen  der  Dichtkunst  anbetrifft, 
M  kann  ei  ja  allerdings  bef^mdlich  klingen,  mnfi  aber  doch 
nur  als  eben  in  der  damaligen  Zeit  und  Entwickdung  geistigen 
Lebens  liegende  Ueinung  and  Vorstellung  anfgefofst  und  be- 
urteilt werden,  wenn  Neumark  sioh  dahin  äuisert,  d&fs  sur 
Poesie  auTser  einer  sonderbaren  Freudigkeit  des  Gemlite  und 
freiem  Naohsinnen  vor  allem  anob  „ein  äeilaiges  Lesen  ge- 
lehrter fiüoher"  gehöre :  ähnlich  wenigstens  haben  wohl  noch 
Viele  aufser  Neumark  in  naohfolgenden  Zeiten  gedaoht  und 
genrteilt.  Es  sind  nicht  viele  geistliche  Lieder,  mit  denen 
Neumark  in  den  Gesangbüchern  vertreten  ist ;  auch  Bambach, 


Die  wcimwischen  Diditer  -ma  Oewi^nclnllederi 


337 


4er  Herausgeber  eiaer  umfaagenil^a  Anthologie,  fährt  deren 
nur  zwei  au  und  seiu  Urt«il  lautet  im  übrigen  dahiu.  daf» 
„Neumarkg  geietliche  Lieder  im  Ganzen  genommen  nioht  unter 
die  TDTziiglichBteD  Produkte  dioier  Periode  gezählt  werden 
köDoen'',  —  ein  Urteil,  neben  welchem  aber  die  eine  That- 
Sache  zu  Beoht  besteht,  dafs  doch  einige  wenige  jener  Lieder 
zu  einem  hoobgetchätzten,  bleibenden  Bestandteil  der  eran- 
geÜBchen  Gesangbücher  geworden  eind.  Zu  diesen  gehört  in 
erster  Linie  das  köstliche,  UDvergänglich  schöne :  „Wer  nur 
den  lieben  Gott  läTst  walten",  wie  es  sich  mit  der  zum  Texte 
gesetzten  Neumark'sehen  Komposilion  in  dem  „Fortgepflanzten 
masikaliech- poetischen  LuBtwald"  (Jena,  16ö7),  S.  36  flg.  vor- 
findet, und  zwar  unter  der  Überaohrift:  „TroBtlied.  DaTs  Gott 
einen  Jeglioheu  zu  seiner  Zeit  versorgen  und  erhalten  will. 
Nach  dem  Sprach:  Wirf  dein  A.nliegen  auf  den  Herrn,  der 
wird  dich  wohl  versorgen  a.  s.  w."  Schon  oben  wurde  kurz 
angedeutet,  was  über  die  Entstehung  dieies  Liedes  berichtet 
wird.  Eier  sei  dem  nur  noch  hinzagefügt,  daf«  (nach  Cnnz, 
Gesotaiohte  d.  deotscb.  Eirchenl.  I,  S.  515)  auch  olle  alten 
Hymnologen  —  wie  Oleariu»,  Avenarins,  Wimmer,  Wetzol  — 
^iohlB  von  jeuer  Geschichte  wissen.  Wie  bald  das  Lied 
soboa  in  des  Yolkei  Munde  war,  wie  bald  aber  andererseits 
auch  Neumark  die  VeTfaBsertohaft  streitig  gemaoht  worden, 
das  ist  zu  ersehen  aus  seinem  eigeneu  Zeugnis,  indem  er  in 
der  Yorrede  su  seinen  „Geistliohen  Arien"  (Weimar,  1671) 
davon  spricht,  „wie  er  sehen  und  hören  müssen,  dafa  einige 
Grofsdeuohter  ihm  solohes  abzusprechen  und  vor  ihre  eigene 
Arbeit  auszugeben  sich  unterstanden,  also,  dafs  einstens  eine 
herumvagirende  Dirne  vor  seine  Thüre  gekommen  und  er- 
meldtes  Lied  ganz  zerstümpelt  und  mit  zwei  andern  einge- 
fliokten  Strophen  abgesungen,  und  naohdom  er  sie  be&aget, 
wo  sie  dies  Lied  herbekommeo,  geantwortet:  ei  hatte  es 
ein  vornehmer  Pfarr  in  Meohelnburg  gemacht".  Das  Lied 
enthält  ursprünglich  7  Strophen ;  zn  diesen  sind  aber  später 
noch  andere  hinzugefügt  worden  und  zwoi.  wie  Wetze]  in 
«einer    Hymnopoeographie    (2.  Teil,    S.  ä'2u)     berichtet,    eine 


4 


338  ^^^  weimAiischen  Dichter  von  Gresangbuchsliedern. 

Strophe  Ton  Oeneralsuperint  Sittig  in  Merseburg:,  eine  andere 
Tom  Coburger  Hofrat  Joh.  Seb.  Christ  In  seiner  nrsprüng- 
liohen  Gestalt  ist  es  wohl  in  fast  alle  Gesangbücher  aufge- 
nommen worden,  und  es  müTste  ja  auch  als  eine  ganz  be- 
deutende Lücke  bezeichnet  werden,  wenn  es  irgendwo  fehlte, 
als  ein  unkluges  und  wohl  auch  unyerantwortliches  Beginnen 
aber  auch  jede  wesentliche  Veränderung  desselben.  Wir  haben 
es  hier  mit  einem  der  nach  Anlage,  Wesen  und  Wirkung 
bedeutendsten  Eemlieder  unserer  Kirche  zu  thun,  und  als 
solcher  Eemgesang  hat  Neumarks  „Trostlied'*  einen  selten 
grofsen  EinfluTs  auch  auf  den  Kirchengesang  überhaupt  aus- 
geübt, insofern,  wie  erwiesen  ist,  das  Yersmafs  jenes  yielen 
anderen  Liedern  au  Grunde  gelegt  worden  ist,  insofern  aber 
auch  schon  nach  Verlauf  eines  Jahrhunderts  seit  Entstehung^ 
desselben  ungefähr  400  Lieder  nach  der  Melodie  dieses  einen 
gesungen  wurden.  Zahlreich  sind  die  Erzählungen,  die  be- 
züglich der  Wirkung  des  Liedes  auf  das  Volk  im  allgemeinen 
und  bei  besonderen  Verhältnissen  berichtet  werden ;  es  würde 
hier  zu  weit  führen,  darauf  näher  einzugehen.  Jedenfalls 
aber  ist  das  Vorhandensein  solcher  Geschichten  mit  ein  Be- 
weis dafür,  wie  Neumark  mit  seinem  Liede  aus  frommem 
Herzen  in  unzählige  ebensolche  Herzen  sich  tief  und  kräftig 
hineinzusingen  verstanden  :  sein  „Trostlied''  hat  sich  in  Wahr- 
heit als  ein  Samenkorn  erwiesen,  aus  welchem  unvergäng- 
liche ,  köstliche  Saat  immer  neu  emporgesprossen  ist  und 
emporspriefsen  wird  zu  allen  Zeiten  und  das  da  bleibende 
Frucht  zeitigt  für  den  Himmel,  nämlich  echt  christliches  Gott- 
vertrauen, tieHnnigste  Demut  und  Goltgelassenheit.  Neben 
diesem  hervorragendsten  Neumark'schen  Liede  kann  wohl  als 
eins  der  von  seinen  Liedern  noch  am  meisten  in  die  Gesang- 
bücher aufgenommenen  gelten  dasjenige,  welches  in  Neumarks 
„Lustwald''  seinem  Trostlied  unmittelbar  voraufgeht  und  über- 
schrieben ist:  „Bittlied.  In  welchem  er  den  Höchsten  alle 
Morgen  nach  dem  Exempel  König  Salomons  aus  dem  3. 
Kapitel  des  ersten  Buchs  der  Könige  nicht  um  Geld  oder 
Gut,  Ehre    oder    langes    Leben,    sondern    um  ein  fromm  und 


Oiehler  ron  QsHmgbnoliallader 


339 


%eiuDhe>  Herz,  Weisheit  und  Verstand  anrufet,"  Zu  disBein, 
bez&glich  Heines  Inhaltes  schon  durch  diese  Überschrift  ganug- 
sam  gekttuDzeichueten,  klndlich-frommeD  and  innig  empfDudeneu 
Morgeoliede  („Es  hat  una  heifaen  treten")  hat  wiederum  der 
Dichter  selbst  eine  Melodie  Terfofst,  die  in  Noten  an  be- 
zeich u  et  er  Stelle  ausführlich  bei  gedruckt  steht,  vie  er  ja 
überhaupt  zu  vielen  seiner  Lieder  Dichter  und  Komponist 
zogleioh  gewesen  ist.  Aufaer  diesen  iwei  genannten,  auch 
im  neuen  weimariscben  Oeaangbuche  vorhandenen  Liedern 
Neumarks  seien  ferner  vun  ihm  im  Besonderen  nur  noch  köre 
erwähnt  das,  wohl  auch  in  mehrere  Gesangbücher  aufge- 
nommene, auf  den  oben  angeführten  Wahlspruch  gedichtete, 
innige  G ottver traue D sli ed  :  „Ich  lasse  Gott  in  Allem  walten" 
und  weiter  eine  von  unserem  Dichter  herrührende  Ergänzung 
zu  dem  alten,  aus  dem  16.  Jahrhundert  atammenden,  Weilse- 
schen fiegräbnialiede :  „Nun  lafst  uns  den  Leib  begraben", 
welche  darin  besteht,  dafe  diesem  Lieds  als  Oemeindegesang 
eine  Antwort  des  Gestorbenen  gegen  übetgea teilt  ist,  anhebend 
mit  den  Worten:  „So  traget  mich  denn  immerhin".  Neumark 
hat  solches  „Begrab nislied",  wie  es  in  der  Übersohrift  heifst, 
„auf  fliretliohen  Befehl  gesprächweise  gesetzet",  und  zwar 
auläTslich  dea  Begräbnisses  der  Fürstin  Wilhelmine  Eleonore, 
Herzogin  zu  Sachsen- Weimar ;  diesem  Liede  unmittelbar  vor- 
aus aber  geht  noch  ein  anderes  „Gesprachlied",  welches  eben- 
falls „auf  fürstliches  Begehren"  aus  gleichem  Aulafs  von 
Neumark  gedichtet  und  komponiert  ward.  —  Wenn  nUD  — 
was  die  geistlichen  Lieder  Neumarks  von  allgemeinerer  Be- 
deutung anbetrifft  —  die  bekann  teaten  soeben  angeführt 
wurden,  so  soll  freilich  nicht  in  Abrede  gestellt  werden,  dafs 
vielleieht  noch  dieses  oder  jenes  andere  zur  Aufnahme  in 
GesangbUoher  geeignet  erscheinen  könnte;  allerdings  würde 
dies  wohl  zumeist  nicht  gesoheheo  können  ohne  Änderungen 
im  Einielnen,  da  ja  eben  gerade  nater  dem  Einflösse  der 
Spraehreinigungsbestrebungen,  wie  sie  besonders  die  Frucht- 
bringende Geaellsohaft,  welcher  unser  Dichter  angehörte,  eifrig 
zu    verfolgen     sioh    zur   Aufgabe    gesetzt    hatte,    die    äui^are 


340  ^>*  wehnArUchen  Dichter  Ton  Gesangbnchsliedern. 

Form  der  Dichtungen  Tielfiaeh  sich  so  gestaltete,  wie  sie  in 
unseren  Tagen  nicht  wohl  mehr  zu  gebrauchen  sein  dürfte» 
So  würde  wohl  manche  Bedeweise  durch  eine  andere  su  er- 
setzen, so  würden  vielleioht  ganse  Strophen  —  auch  schon 
wegen  der  früher  oft  beliebten,  uns  aber  ermüdenden  Länge 
—  zu  streichen  sein,  und  der  Charakter  der  ürsprüngliehkeit 
wäre  dann  freilich  nur  noch  ein  sehr  relatiyer.  Freuen  wir 
uns  aber,  daüs  wir  wenigstens  einige  Lieder  Neomarks  als 
altberechtigte  Gesangbuchslieder  in  ziemlich  unversehrter,  ur- 
sprünglicher Form  besitzen;  freuen  wir  uns  dieses  unbe- 
strittenen, festen  Besitzes  als  eines  solchen,  der  Allen,  denen 
noch  Liebe  zum  Kirohenliede  eigen  ist,  immer  wieder  reichen 
Segen  bringen  mufs! 

In  demselben  Jahre  (1681),  als  der  Dichter  Neumark 
die  Augen  schlofs,  starb  ein  anderer,  mit  ihm  bekannter  und 
ebenfalls  wie  jener  dem  ,yFalmenorden''  angehöriger  Dichter,, 
aus  dessen  Munde  oben  schon  ein  ehrender  Lobspruoh  für 
Neumark  berichtet  wurde:  —  Ernst  Christoph  Homburg» 
Wenn  wir  diesen  Dichter  neben  Neumark  wenigstens  kurz. 
anführen,  so  geschieht  dies  einmal,  weil  er  wenigstens  seinem; 
Geburtsorte  nach  (in  Mihla  bei  Eisenaoh  1605  geboren)  dem 
weimarischen  Lande  angehörte,  andererseits,  weil  die  Heraus- 
gabe des  zweiten  Teiles  seiner  „Geistlichen  Lieder'*  1659  in 
Jena  erfolgte.  Im  Übrigen  hat  sich  sein  Leben  in  Naumburg 
abgespielt,  wo  er  als  Gerichtsschreiber  und  Bechtskonsulent 
gestorben  ist.  Homburgs  geistliche  Lieder  (im  Ganzen  gegen 
anderthalb  Hundert),  die  nur  zum  Teil  auf  Selbständigkeit 
Anspruch  machen  dürfen,  haben  wohl  im  Allgemeinen  zu 
seiner  Zeit  eine  recht  beifällige  Aufnahme  gefunden  —  später 
aber  hat  sich  doch  das  anerkennende  urteil  sehr  herabge- 
mindert. So  urteilt  auch  Bambach  in  seiner  Anthologie  nur 
dahin,  dafs  er  sagt:  „seine  Lieder  zeichnen  sich  im  Ganzen 
genommen  weder  durch  dichterische  Schönheiten  noch  durch 
rührende  Kraft  aus;  nur  in  sehr  wenigen  ist  es  ihm  ge- 
lungen, sich  über  die  flache  Mittelmälsigkeit  der  gewöhnlichen 
Liederschreiber    zu    erheben"   —   und    entsprechend  solchem 


Dia  wainudieheii  Diebter  ven  GaMagbaehalisdan 


341 


Urteil  ist  es,  wenn  hier  im  Qaczen  aar  zwei  Liedec  &bge- 
dniokt  Htehen :  das  wohl  mit  Beobt  unter  allen  geistliohen. 
Liedern    des    Yerfassers    am    meiaten    gerühmte  PaBsionslied : 

„Jesa,  meioea  Lebeos  Leben",  in  welchem  sich  edle  Originali- 
tät mit  dankbar-einfältigem  Sinne  trefflich  vereinigt,  und  das 
HimmetfahrtHÜed :  „Ach,  wundargrofaer  Siegeaheld",  welches 
mit  seinem ,  in  leicht  fliefsenden  Versen  auegeepro ebenen 
Jnbel  und  der  erhabenen  Feierlichkeit,  die  ea  atmet,  jenem 
aufs  wiirdigate  an  die  Seite  tritt.  Mit  gutem  Becht  aber 
hat  man  wenigstens  noch  eines  oder  aber  auch  zwei  Lieder 
Homburgs  zur  Äufushme  in  die  Oeaangbiicher  würdig  und 
geeignet  befunden,  Lieder,  bezüglich  deren  es  befremdlich  be- 
rühren kann,  das  eine  oder  andere  in  der  Oescbichte  des 
Eirchenliedea  thataächlich  nicht  aufgeführt  zu  sehen:  ea  sind 
dies  zunächst  das  im  älteren  Eirchengeaang  wohl  nioht  so 
gar  selten  benutzte  und  auch  heute  nicht  zu  unterBcbätzend e 
Weihnaohtslied:  „Kommst  du,  kommst  du,  Lieht  der  Heiden" 
und  andererseits  das,  den  Charakter  inniger  Ursprüngtiohkeit 
an  sich  tragende,  grofae  Olaubenskraft  bekundende  Lied:  „Ist 
Gott  mein  Schild  nnd  Hei  fers  mann",  welches  letztere,  nach- 
dem es  vorher  nicht  Aufnahme  gefunden,  nun  auch  mit  den 
anderen  genannten  im  weimarisohea  Gesangbuch  zu  lesen  ist. 
Homburg  selbst  hat  gelegentlich  geäufsert ,  dafs  er  seine 
geistlichen  Lieder  unter  vielen  häuslichen  Leiden  verfafst 
habe,  wie  solche  hauptsächlich  durch  Krankheit  herbeigeführt 
worden ;  und  davon,  wie  von  Anfeindungen  von  aufaen  her- 
künden ja  auch  seine,  wohl  vielfach  geradezu  aus  Schmerzen 
herausgeborenen  Terse,  in  denen  er  dann  freilich  auch  um 
so  glanbenefreudjger  von  der  innigen  Gemeinschaft  mit  seinem 
Gott  und  von  der  Trostesgewi faheit  in  Christus  zu  singen 
weifs,  eo  dafs  es  wie  ein  tiefer  Herzen eseufzer  sich  empor- 
liagt  aus  seiner  leiderprobten  Seele  dem  weihnachtlich 
kommenden  Heiland  entgegen :  „O  du  starker  Trost  im  Lei- 
den", so  dafs  es  ihm  hinwiederum  zur  dniohgeh enden,  aus 
allen  Strophen  eines  Liedes  herr  erklingen  den  Losung  wird: 
„streicht,  alle  meine  Feinde  —  ich  habe  Gott  zum  Freunde  1" 


I 


342  ^^  weimarischen  Dichter  von  Gesangbncbsliedern. 

Was  unter  Dichter  übrigens  mit  seiner  Sammlung  weltlicher 
Oedichte  geleistet ,  die  den  merkwürdigen  Titel  führt: 
yySohimpff-  und  ernsthafte  Clio'^  und  in  den  vierziger  Jahren 
des  17.  Jahrhunderts  in  zwei  Teilen  in  Jena  gedruckt,  in 
Hamburg  erschienen  ist  —  darauf  des  Näheren  einzugehen, 
gehört  nicht  hierher;  bemerkenswert  nur  erscheint  es,  dafs 
er,  der  „Keusche'S  wie  er  in  der  Fruchtbringenden  Gesell- 
schaft genannt  wurde,  jene  weltlich-sinnlichen  Liebesgedichte 
später  in  etwas  yerurteilt  in  dem  Bekenntnis:  „Clio,  ach,  es 
reuet  mich,  dafs  ich  Tor  gesungen  dich"  —  ein  Selbsturteil, 
aus  welchem  wohl  zu  schliefen  ist,  dafs  er  in*  rechter  Er- 
kenntnis seines  besseren  Ich  seine  geistliche  Dichterwirk- 
samkeit ungleich  höher  als  jene  andere  zu  schätzen  ge- 
wufst  hat. 

Haben  wir  im  soeben  Behandelten  drei  Gestalten  an  uns 
im  Geiste  yorübergehen  lassen,  welche  mit  ihrer  Lebenszeit 
bereits  in  die  zweite  Hälfte  des  17.  Jahrhunderts  hinauf- 
reichen ,  Gestalten ,  die  ebensowohl  in  zeitlich-historischer 
Beziehung  wie  auch  in  Hinsicht  auf  den  gemeinsamen  grofsen 
Dichterkreis,  dem  sie  angehören,  in  der  Betrachtung  nicht 
wohl  zu  trennen  waren ;  haben  wir  somit  in  unserer  Betrach- 
tung zeitlich  bereits  die  Periode  berührt,  welche  der  Lieder- 
historiker Rambach  für  eine  allgemeine  Litteraturgeschichte 
^es  geistlichen  Liedes  als  diejenige  des  männlichen  Alters  be- 
zeichnet (1660 — 1692):  so  müssen  wir  nunmehr,  bevor  wir 
den  Hauptvertreter  in  dieser  Periode  und  den  dadurch  be- 
zeichneten Höhepunkt  auf  dem  für  uns  begrenzten  Gebiete 
geistlicher  Liederdichtung  überhaupt  ins  Auge  fassen,  vorerst 
noch  einmal  den  Blick  zurückwenden  in  die  erste  Hälfe  dieses 
Jahrhunderts,  um  noch  eine  stattliche  Reihe  von  Lieder- 
dichtem  kurz  zu  überschauen,  die  zumeist  zwar  nur  Verein- 
zeltes und  Weniges  auf  unserem  Gebiete  geleistet,  von  denen 
aber  doch  auch  manche  —  und  sei  es  auch  nur  durch  ein 
einziges  Lied  —  sich  einen  unbestreitbaren  Ehrenplatz  in  den 
Gesangbüchern  gesichert  haben.  Ja,  ein  reicher  Dichterwald 
ist    in    Wahrheit   im  Laufe    des    Paul-Gerhardt- Jahrhunderts 


Dia  TnmatUeben  Dielilgc  t 


I  QesuigbaebsIladaltL 


3S1 


aach  UDBerem  weirnuiBchen  Lande  emporgewachBen ;  laueofaea 
■wir  nach  den  schon  vernominenen  noch  weiteren  StimmeD, 
die  UDS  darin  entgegen  tönen,  lassen  wir  deren  keine  an  unser 
Ohi  klingen,  ohne  das,  was  sie  uns  künden  will,  recht  za 
würdigen  im  grofBeu  Chorgeeang  gottbegnadeter  Sänger!  — 
Noch  ganz  aue  dem  Beginn  des  IT.  Jahrhunderts  ist  za 
nennen  der  in  Borsla  bei  Weimar  geborene  Basilias  Pörtsoh, 
der,  naobdem  er  eine  Kektorstelle  in  Eahla  bekleidet,  seit 
1612  Pfarrer  in  dem  benachbarten  Gumperda  gewesen  und 
als  solcher  1619  gestorben  ist.  D&Se  er,  dessen  Name  heute 
in  der  Geschichte  geietlioher  Liederdiohtung  nur  Tereinaelt 
und  in  kurzer  Andeutung,  ja  sogar  von  manchem  überhaupt 
oioht  mehr  aufgeführt  wird,  dafg  er  doch  seiner  Zeit  mit 
seinen  Liedern  Anklang  und  Beifall  gefunden  haben  rnufs: 
darauf  acheint  die  Thatsache  hinzuweisen,  dafg  die  von  ihm 
im  Jahre  1606  in  Halle  herausgegebene  „Geistliche  Wasser- 
Duelle"  nachmals  noch  fünfmal  im  Druck  erschienen  ist, 
während  uns  allerdings  nur  ein  bis  zwei  Lieder  Ton  ihm  in 
<jesangliücberu  aufbehalten  sind.  Zwei  finden  aiuh  noch  in 
<lein  von  Herder  herausgegebenen  weimarischen  Gegangbuoh, 
nur  eins  jedoch  ist  in  das  neue  woimarische  übergegangen, 
das  wohl  auch  seinen  einmal  gewonnenen  Platz  in  den  Ge- 
sangbüchern überhaupt  eich  wahren  wird:  es  ist  das  alleiu- 
gehürgerte  Osterlied:  „Heut  triumphieret  Gottes  Sohn"  Es 
ist  erklärlich,  dafs  dieses  vor  jenem  anderen,  einem  Morgen- 
liede  („Das  walt  mein  Gott"),  sich  eine  Stelle  behauptet  hat: 
beide  erweisen  sich  ja  als  altkraftige  Gesänge,  die  in  gleicher 
Weise  de»  Stempel  tieffrommer  Herzeuseinfalt  —  dort  in 
einem,  über  die  irdische  Welt  sich  erhebenden  Olaubonsjubel, 
hier  in  schlichtem  Dank-  and  Bittgebet  an  die  göttliche  Drei- 
faltigkeit bekundet  —  an  sich  tragen  und  so  als  Erzeugnisse, 
die  tief-ursprün glichen ,  unmittelbaren  Geflihlen  entwachsen 
sind,  sich  dari>tel]en;  aber  die  —  im  Gegensatz  zu  der  etwas 
schwierigen,  durchans  nicht  glatten  äufseren  Form  des  Morgeu- 
liedes  —  in  schönem,  dem  Inhalt  entsprechendem  Flnfs  sich 
bewegenden  Strophen  und  Verse  des  Osterüedes  müssen,  noch 
XVL  23 


344  ^^®  weimariseben  Dichter  von  Gesangbuchsliedem. 

abgesehen  von  dem  erhabeneren,  feierlicheren  Ton,  der  durch 
das  Ganze   dieses  Liedes    hindarchkliDgty    diesem    eben    doch 
den  Vorzug  vor  jenem  sichern.  —  Ebenfalls  ein  Morgenlied,, 
welches  aber  wohl   noch  weniger   häafig   als  ;das  soeben  ge- 
nannte yon  Förtsch  Aufoahme  in  Gesangbücher  gefunden  hat, 
ist  nns  durch  das  Jenaische  Gesangbuch  yon  1724  vermittelt  i 
das  in   12  Strophen  etwas   lang  au!«gedehnte,   im  Inhalt  aber 
innig  empfundene  Lied  :    „Brich  an,    du   heller  Morgen'*  von 
Burckard    Grofsmano.     Der    Dichter ,    geboren    zu    Römhild, 
war    fürstlicher   Kanzleibeamter    in  Weimar,    sodann    Amts- 
schösser  und  Bürgermeister  in  Jena,  als  welcher  er  1637   ge- 
storben   ist.     Im  Jahre  160B  hat    er  „50  gottselige  Andach» 
ten*'  herausgegeben.     Nur  jenes    eioe    Lied   ist  von  ihm  be- 
kannt geworden.  —  Wiederum  dasselbe  Jenaische  Gesangbuch 
ist  es,  welches  uns  ein  anderes,  vereinzeltes  Lied  vermittelt,. 
das    aber    sonst  wohl    wenig  bekannt  ist:    „Wie   kann    (8oll> 
ioh  dir,    mein  Gott,   verdanken'^  —  mit  solchem  Verse  leitet 
sich    ein    aus   kindlich-frommem    Gemüt   entstandenes    zehn- 
strophiges  Abendlied  ein,    welches    den  ehemaligen  Fürstlich 
weimarisohen  Geheimrat,  Kanzler  und  Konsistorialpräsidenten 
Yolckmar    Happe   zum  Verfasser   hat.     Ungleich    mehr    aber 
als  der  Name  dieses  ist  der  Name  eines  anderen  hohen  Staats- 
dieners aus  jener  Zeit  auf  unserem  Gebiete  bekannt  geworden  : 
derjenige  des    Ahasvcrus    Fritsoh,  der,    zwar   im  Sächsischen 
geboren  (zu  Mücheln   bei  Freiburg    am  16.  Dezember  1629) 
und  nachmals    als    Hof-  und  Justizrat,    auch    Kanzlei  direkter 
und  Konsistorialpräsident  im  Dienst  des  Fürsten  von  Schwarz- 
bnrg-Rudolstadt  stehend,  doch  insofern  auch  dem  weimarischen 
Lande  mit  angehört,  als  er  seit  dem  Jahre  1682  Kanzler  der 
Universität  Jena    gewesen,    früher    aber   bereits    ebendaselbst 
studiert  und  als  Dozent  auch  Vorlesungen  gehalten  hat.    Auch 
wird  er,  der  übrigens  1669  zu  der  Würde  eines  Kaiserlichen 
Pfalzgrafen    erhoben    ward,    als    Gutsherr   von  Mellingen  bei 
Weimar    genannt.      Mit    dem    Kuhme    eines    grofsen    Staats- 
mannes und  zugleich  guten  Christen  ist  Fritsch  am  24.  Au- 
gust 1701    zu    Jena    gestorben,    nach    einem    gottgesegoeten,. 


Di«  weimarischen  Dicblar  von  0»an^bach«Med«m. 


345^ 


I 


inhaltreiohen  Leben,  welohea  man  d  ig  fachen  Wechsel  und 
gleich  auch  viel  Drangaal  und  Leiden  id  sieh  gesoblosE 
da  es  mit  aeiner  ersten  Hälfte  mitten  hineinfiel  in  die  Wirren 
und  das  Wüten  dee  dreifBigj  ährig  es  Kriogea.  frühzeitig  mit 
Beinen  Eltern  zum  Verlaaaen  seiner,  dnroh  den  Erirg  einge- 
äscherten Vaterstadt  gezwungen,  ebenso  frühzeitig  irdischer 
Habe  beraubt  und  ziemlich  verarmt,  bald  auch  durch  den 
Tod  des  Vatera  seiner  wirksamatcn  Stütze  und  Uilfe  verlustig 
geworden ,  iat  doch  der  sohlichte  Bürgermeistersaohn  von 
Stufe  zu  Btufe  in  glani:-  und  ehrenvoller  Laufbahn  aeines 
Lebeua  eniporgealitgeu  und  hat  aioh  anter  Sturm  und  Drang 
in  segensreicher  Weiae  bewährt  und  bethätigt  als  Staatsmann, 
Gelehrter  und  —  last  not  leaat  —  tiefinniger  Chrisleomenst'h,  so 
jn  Allem  und  von  Anfang  bis  zn  Ende  es  erweisend,  was  als 
Motto  über  sein  Leben  gesetzt  werden  kann  :  Per  aspera  bd 
astra.  —  Waa  nun  Fritschs  religiös-kirchliche  Eigenart  und 
Denkweise  zunächst  im  Allgemeinen  anbetrifft,  so  wird  er 
unter  die  alten  Fietiateu  gerechnet,  und  auf  dieses  mjstisch- 
pietistisehe  Element  seiner  tief-religiös  angelegten  Persönlich- 
keit weiat  besonders  auch  die  Thatsaohe  hin,  dafs  er  im  Jahre 
1676  die  Gründung  einer  „Fruchtbringenden  Jesus-Oesellschafl" 
anbahnte  unter  Zugrundelegung  von  zwölf  Regeln,  welche  die 
Teredelung  des  Lebens  in  der  wahrhaften  Liebe  zu  Christo 
bezwecken  sollten ,  —  ein  Unternehmen ,  welche»  freilich, 
auderweitiii;  gehemmt,  nicht  lange  Bestand  haben  sollte. 
Sieseiben  Absichten  nun,  welche  Fritsch  bei  Gründung  einer 
solchen  Gesellschaft  leiteten,  oämlich:  einem  tiefgründigen 
Pietismus  weitere  Yerbreilung  zu  verschaffen  und  Anhänger 
zu  gewinnen,  —  diese  Absichten  wohl  waren  es  auch,  welche 
ihn  schon  vorher  zur  Herausgabe  zweier  geistlichen  Lieder- 
sammlungen verautafst  haben,  deren  erste  (,, Hundert  und  ein- 
undzwanzig neue  tiimmelaüfae  Jeauslieder")  in  Jena  1668  er- 
schienen, während  eine  zweite  Sammlung  („Himmelalust  und 
Weltunlust")  zwei  Jahre  apäter  nachfolgte.  Namenloa  her- 
auagegehen,  bringen  diese  Sammlungen  neben  unbekannten 
und  solchen  Liedern,  die    (gleichfalls    ohne  Angabe  des  Ver- 


I 
I 


346 


IHe  walmariiobBO  Diobtar  t 


i  Gasugbosfailivdran. 


I 


fftssen)  PriUch  selbst  zugeschrieben  verdeo,  hauptsächlioh 
bekannte  Lieder  von  Kiat,  Gerhardt  uod  Angelus  Silesiaa. 
Aber  auch  die  Geistes  verwandte  Fritsche,  die  „treoe  und  be- 
ständige Jesusfreundin"  und  fürstliche  DiohteriD  Ladämilia 
Elisabeth  tod  Sohwarzbarg-KiidolHtadt  ^1640 — 1672),  mit 
welcher  jener  iu  regem  OeistesTerkehr  stand,  findet  sich  u.  A. 
in  der  ersten  Sammlung  verlrettia  mit  dnem  Liede,  das 
■päter  iu  viele  Gesangbücher  (auch  in  das  neue  weimariBofae) 
übergegangen :  „Jesus,  Jesuii,  Nichts  als  Jesus",  —  wobei 
Übrigens  gleich  bemerkt  sein  mag,  dafs  Fritscb  es  anoh  ge- 
weeen,  welcher  an  der  dichterischen  Bethätignng  jener  andi 
Fürstin  auB  demselben  Für&tenhauee,  der  ,,sehr  frommi 
hochgelehrten  und  durch  geistliche  Schriften  berühmtau* 
Ämilia  Jdiana  von  Schwarzbarg-Kudolstadt  ;_163T — 1706], 
tbütigeu  Anteil  nahm,  indem  er  vielen  ihrer  Lieder  (nach 
Hardenbergs  Zählung  im  Gänsen  587,  darunter  das  berühmte 
und  vielgesnngene ;  „Wer  weifa,  wie  nahe  mir  mein  Ende") 
eine  feinere  Ausarbeitung  zu  Teil  werden  liefs.  Von  Fritsohs 
eigenen  Liedern  ist  zunächst  zu  nennen  das  eine,  welchem, 
wenn  irgend  einem,  der  Stempel  seiner  Verfassers^aft  deut- 
lich aufgeprägt  ist  und  das  recht  eigentlich  wie  ein  in  Lied- 
farm Weiler  ausgeführtes  Motto  zu  seiner  „Fruchtbringenden 
JeansgeaelUchaft"  erscheinen  kann:  das  innig  empfundene, 
den  Pietismus  des  Verfassers  nicht  verleugnende,  aus  herz- 
liober  Liebe  zu  Jesus  herausgeborene  Lied :  „Liebster  Inima- 
nuel, Herzog  der  Frommen".  Ein  anderes,  im  Inhalt  diesem 
innig  verwandtes  Jesuslied  („Jesus  ist  mein  Freudenleben"  — 
mit  der  durchgehenden  Schlufszeile :  „Jesue  ist  mein  höchstes 
Gut")  —  im  Jenaischen  Gesangbuch  von  1724  auf  S.  777 
abgedruckt —  ist  ebenfalls  von  Manchen  Fritsch  zugeschrieben 
worden,  zufolge  glaubwürdiger  Zeugnisse  aber  kommt  die 
Verfasserschaft  (nach  Wetzel)  einem  gewissen ,  sonst  wohl 
nicht  genannten  Büttner,  Pfarrer  in  der  Oberlausitz,  zu. 
Nicht  unwichtig  igt  bezüglich  eines  anderen  Christusliadea 
und  zwar  eines,  wie  es  scheint,  auch  in  neuere  Gesangbücher 
wieder   mehr    Eingang    findenden,    geschätzten    Passionsliedee 


mei^j^H 
itaa'*^^l 


— tmarüGhan  Dichter  von  Gcsangbnchsligdsrn. 

ist    meine    Liebe,     meine    Lieb'    iet    Jesus  | 
u  Terwechseln  mit  dem  später  zu  neu 
;;leioher  Anfangszeile    von  Grading),    die    Angabe, 
i'h    im    Geraer    Gesangbuch    dndet,    nach    welcher 
'''ritsch  als  wahrschei  all  eher  UrTerfasfler  ea  jenem, 
'■  unbekannter  Verfasse rachaft  aufgetührten  und  aus 
1676  datierten  Liede  bezeichnet  wird.     Die  eben 
I'  Jahreszahl  dürfte    immerhin  für  solche  Annahme 
mehr  aber  noch  der  Inhalt  dea  Liedes,  in  welchem 
.lä    Töae    erklingen ,    die  den ,    in    anderen ,    unserem 
r  zugescbriebenen    Liedern    an  geschlagenen  sehr  rer- 
Hnd.     Durch  dasselbe,  ebengenannte  Gesangbuch  wird 
iifser    einem    nachher    noch    zu    nennenden    noch    ein 
B,  dem  ÄbasveruB  Fritsch  zugeschriebenes  Lied  vermil- 
läas    —    freilich    in     einer     Veränderung     von    Diterich 
vene  —   wie  ee    scheint,    auf  Ps.  73,  35  gedichtete,  hin- 
ingSTolIe:  „Herr,  wenn  ich  dich  nur  haben  werde"  —  ein 
il,    welches    wiederum    dem    Inhalte    nach    innig    verwandt 
oheint  jenem  anderen,  im   neuen  weimarischen  Geeaoghnche 
irhandenen:     „Seele,    dir    sei     Gott    allein".       Bietet    dieses 
igenartig  schöne  Lied  —    unter  der  angenommeneu  Toraus- 
I  netzung    der    Verfasserschaft    Fritachs    —    zunächst  ein  deut- 
ipiegelbild  von  des  Dichtere  mannigfachen  Nöten,  Drang- 
ind  Leiden,  dabei  aber  in    jeder  Strophe  die  immer  in 
wirksamer  Weise  wiederkehrende  Mahnung  zu  seelischem 
Aufschwung;  so  finden  wir  wiederum  eine  ia  erhabene  Töne 
gefaTste  Ergänzung  zu  jenem  in  dem,  unter  iiUea  Fritsch  zu- 
geschriebenen Liederu  wohl    zumeist  bekannteu  Kwigkeitsge- 
sange:  „Mein  ganzer  Geist  wird  hoch  entzückt".     Cunz  (Ge- 
schichte d,  deutsch.  Kirchenl.  I,  S.  708)  weist  bezüglich  dieses 
Liedes  daraufhin,  dafs  auch  hier  eine  Umarbeitung  von  Dite- 
rich   (im  Berliner  Gesangbuch    von    1780)    vorliegt   und    dalä 
der    Anfang    desselben    ursprünglich    lautet:     „Ist's?  oder   ist 
mein    Geist    entzückt".    —    Doch    nehmen    wir    hiermit    Äb- 
Bohied  TOD  der,  viel  Interesse  abnötigenden  Dtohterpersönlich- 
keit  Fritaohs,  um  in  unserer  Betrachtung  der,  gerade  in  diesen 


348  ^^  wviiiuuritelMa  Dichter  ron  Oesangbadisliederii. 

Zeiten  so  übeniifi  sahlreichen  Sinselencheiiiangen  auf  unserem 
Gebiete  weiter  fortsasohreiteii  und  auch  den  minder  bekannten 
Würdigung  zu  Teil  werden  zu  lassen!  So  mögen  denn  des 
Weiteren  zunächst  drei  M&nner  nacheinander  in  Betradit 
gezogen  werden,  wie  sie  denn  ihrem  ursprünglichen  Berufe 
nach  zusammengehören,  sofern  sie  alle  drei  auf  dem  Gebiete 
der  Musik  th&tig  gewesen,  zugleich  aber  —  wenn  auch  zwei 
nur  ganz  spärlich  —  zur  Mehrung  der  Kirchenlieder  Etwas 
beigetragen  haben.  Der  in  solcher  Beziehung  zuerst  au 
Kennende  ist  Adam  Drese,  der  insofern  der  Persönlichkeit 
Fritschs  si^  wohl  anreihen  labt,  als  auch  er  der  pietistisehen 
Bichtung  zugehörte  und  zufolge  dessen  ebenfalls  Anfeindung 
zu  erfohren  hatte.  Drese  stammt  ans  Thüringen;  wie  abcnr 
sein  Geburtsort  unbestimmt  ist,  so  auch  sein  Geburtsjahr,  als 
welches  das  Jahr  1680,  aber  auch  1620  sich  angegeben  findet 
—  doch  dürfte  die  erste  Angabe  wohl  die  zumeist  zu  findende 
sein.  Ebenso  sind  die  Angaben  yerschieden  bezüglich  des 
Sterbejahres;  ja,  hierbei  handelt  es  sich  sogar  um  eine  Dif- 
ferenz von  17  Jahren,  da  die  Einen  den  Tod  Dieses  schon 
1701,  die  Anderen  (so  die  Liederhistoriker  Cunz  und  Schauer) 
erst  17 IB  geschehen  sein  lassen.  Von  Beruf  Musiker  und 
zwar,  wie  es  heifst,  „ein  starker  Musikus'',  war  er  vorerst 
Kapellmeister  in  Weimar  (später  wird  er  auch  als  Kapell- 
meister und  Kammersekretär  des  Herzogs  Bernhard  in  Jena 
genannt),  sodann  Hofkapellmeister  des  Fürsten  Günther  von 
Schwarzburg-Sondershausen  in  Arnstadt,  als  welcher  er  (doch 
wahrscheinlich  im  Jahre  1701)  gestorben  ist.  Eine  innere 
und  auch  äufsere  Wandlung  in  Dreses  Leben  vollzog  sich  im 
Jahre  1680,  insofern  da  nach  einem  Leben  voll  ausgelassener 
Lebenslust  und  üppigen  Weltgenusses  die  Wendung  zum 
Pietismus  kam,  so  dafs  er,  der  früher,  wie  berichtet  wird, 
die  lustigste  Person  in  den  Opern  zu  Weimar  geheifseu, 
durch  das  Lesen  Spenerscher  Schriften  veranlafst,  zu  einem 
frommen  Mann  wurde,  der  während  seines  zeitweiligen  Privat- 
lebens in  Jena  sogar  häusliche  Erbauungsstunden  einrichtete, 
iu    welchen    daun    auch    die   von    ihm  gedichteten   und   kom- 


Dia  wtimariicheB  Dichter  vod  OeMugbaebslisdern. 


349  1 


Miierten  3  (oder  4)  Lieder  durch  Vorgiugen  zuerst  bekannt 
'wurden.  Es  werden  von  ihm  aufgeführt  die  Lieder:  „Dir  er- 
geh' ich  mich,  JeBu,  ewiglich"  —  „Jeeu,  rufe  mich  von  der 
Welt",  vor  allen  aber  das  wohl  in  den  meieCeo  Oesaag- 
büchern  vertretene  (zuerst  in  dem  geistr.  Gesangbuch  zj  Halle 
1697  erschienene):  „Seelönbräiitigara,  Jesu,  Gotteslamm".  Die 
Eatschiedenheit  pietiEtlscheF  GeisteBricbtuDg,  die  in  Dresea 
Leben  zum  Dnruhbruch  gekommen,  läfst  sich  iu  diesem, 
übrigeos  nach  Form  und  Inhalt  udel-origineüen  Liede  deut- 
lich genug  erkennen,  und  ganz  bosondere  beseicbuend  tut  don 
Dichter  und  dae,  was  in  ihm  vorgegangen,  ist  eine  Uittel- 
stroplie,   in   welcher  er  eingt: 

„W(.T  der  Welt  abstirbt, 

»Sich  mit  Ernst  bewirbt. 
Dir  zu  leben  und  zu  trauen, 
Der  wird  bald  mit  Freuden  sohauen, 
Dafe  Niemaud  verdirbt. 
Der  der  Welt  abstirbt." 
Die    zwei    anderen,    oben    angedeuteten    Musiker-Dichter, 
die    neben    Drese    zu     neiiDen,     eiad    Theoderich    Sohuohard, 
Kautor   der  Kirchec  und  Schulen  zu  Eisenach   um    die  Mitte 
des  IT.  Jahrhunderts,  und  Johaun  Friedrich  Selwig,  herzogl. 
Sekretär  und  Kapellmeister  zu  Eisbnach,    hiereelbst  im  Jahre 
1729  gestorben.     Bezüglich  des  Erstgenannten    ist    nur   kurz 
2u  erwähnen  ein  tou  ihm    gedichtetes,    bei  Beerdigung    eines 
Kindes  zu  singendes  Sttrbelted:  „Ach  Gott,  wie  ist  mein  Herz 
betrübt",    —    wie    soiohes    sich    im    Schleusinger    Gesangbuch 
von  1719  vorfindet.    Der  Zweitgenautite,  Helwig,  hat  ein  Lied 
gedichtet:    „Ich  lasse    meinen  Jesum    nicht",    welches    iu  der 
.Zngabe  zum  Jensischeu  Gesangbuch  von   1724    (S.   1010  ög.) 
zu  lesen  steht,  —  ein  Kunstlied,  insofern  darin  die  Anßings- 
buchstabeo  der  Zeilen    so    gewählt    sind,    dafs    sie  die  Worte 
bilden:   „Johann  Wilhelm,  Hertzog  zu  Sachsen- Ei senach,  lebe 
lange    im  Seegeu,"      Früher  war    ja    eine  soloho  Verquiokung 
von    Gott«s-     (beüüglich    Christus-) Verehrung     mit     Fursten- 
iialdiguog    iu    Versen    durchaus    uichtü  Uagewöhaliches},    und 


350  ^*  ireimarischen  Dichter  Ton  OeeaagbuehsliedeTn. 

.mochte,  aus  ein&Uig'fromtiiem  Sinn  hervorgehend,  auch  nicht 
eeltsam  uud  befremdhch  erscheinen ;  heute  aber  würde  mao 
eioh  zu  Boloh  köoBtlicher  Verbindung  jener  zwei,  für  sieh  be- 
stehenden Momente  kaum  noch  verstehen,  und  ob  sind  wohl 
Stimmen  laut  geworden,  die  jene  Art  der  Dichtung  als  Spie- 
lerei geradezu  verurteilen.  Immerhin  aber  darf'  dabei  die 
ursprünglich  fiomme  Abaicht  und  wohlmeinende  Grundge- 
sinnung  des  Dichters  in  gebührendem  Maiee  anerkannt  werden, 
—  Sind  die  aoebea  genannten  Lieder  —  auher  dem  einec 
von  Drese  —  fast  gar  nioht  oder  doch  nur  wenig  in  den 
Gebrauch  der  Kirche  übergegangen,  eo  ist  hinwiederum  eines 
aus  dieser  Zeit  zu  nenneu,  welches  sich  eine  bleibende  Stätte 
in  den  Gesangbüchern  gewonnen  und  wohl  auch  noch  heute 
hie  und  da  oft  und  gern  gesungen  wird:  wir  meinen  das 
Sohlufslied:  „Nun,  Gottlob,  es  ist  vollbracht"  —  ein  Lied, 
das  besonders  in  seiner  dritten  (8 chlufs-) Strophe  auch  als  all- 
gemeines Schlufsgebet  überaus  viel  gebraucht  ist  — :  „ungern 
Ausgang  segne  Gott".  Der  Dichter  dieses  Liedes  ist  Hart- 
maan  Schenck,  geboren  am  7.  April  1634  zu  Bubla  bei 
Eiseuach,  der  nach  seinem  Studium  in  Helrastädt  und  Jena 
1669  Uagister  ward,  sodann  aber,  1662,  Pfarrer  zu  Bibra 
im  Hennebergisohen,  aohliefslioh,  seit  1669,  als  DJakonus  zu 
Ostheim  und  Pastor  zu  Völkershauaen  thätig  war,  in  welcher 
Stellung  er  im  Todesjahre  Neumarki,  1681,  am  2.  Mai  ge- 
storben ist.  Zur  näheren  Beurteilung  der  Persönlichkeit 
Scbeneks  ist  es  nioht  uninteressant,  was  über  ihn  berichtet 
wird:  dafs  er  sieh  nSmlioh  unter  seinem  Bilde  selbst  in  drei- 
£u)her  Gestalt  darstellen  liefe:  als  Kind  —  mit  der  Unter- 
schrift; talie  eram,  als  Mann  —  mit  der  Unterschrift:  talis 
snm,  endlich  als  Totenkopf  mit  der  Unterschrift:  tatis  ero. 
Verschiedene  Schriften  hat  Sohenck  herausgegeben,  darunter 
auch  eine  „Güldene  Betkunst",  Nürubarg  1677.  Bezüglich 
seines  oben  erwähnten  Liedes  ist  noch  zu  bemerken,  dafs  in 
einigen  Gesangbuchern  zu  den  gewöhnlicheD  drei  Strophen 
desselben  noch  eine  vierte  sieh  hinzngefügt  findet,  und  dafs 
seltsamerweise,    so    im  Gothaisohen    Oesangbache    von    1699, 


n  OeMDgbnOlulitdera. 


351  1 


ganze  ßeB&Dg  dem  Dichter  Tobias  ClauaDitzer  zuge- 
Bob rieben  wird,  ebenso  wie  das  unter  der  YerfaBserechaft 
dieses  genannte  Lied;  „Liebster  Jesu,  wir  aind  hier"  von 
Manchen  Schenck  als  Verfasser  zugeeignet  wird;  Beides  ist 
—  nach  Wetaels  Nachweis  —  durchaus  unbegründet.  Wie 
übrigens  das  oft  recht  herbe,  dazu  kleinliche  Vorurteil  alter 
Dogroatik  sogar  die  einfachsten,  schlichtesten  Äufseruugen 
einer  ursprÜDglich  reinen  Frömnitgkeit  anzutasten  wagte,  da- 
für giebt  das  Schicksal  des  Schenckschen  Schlufsliedes  einen 
besonders  beredten  Beweis.  Vielfach  findet  sich  dieses  nur 
mit  der  bereits  näher  bezeichneten  dritten  Strophe  in  die 
Gesangbücher  aufgenommen;  der  erste  Änstofs  zur  Streichung 
der  beiden  anderen  Strophen  {wie  sie  sich  z.  B,  auch  noch 
im  Herdersohen  Gesangbuch  vorfinden)  ward  gegeben  durch 
den  Verdacht,  den  man  gegen  den  Dichter  bezüghch  der 
zweiten  Strophe  hegte,  dafs  er  nämlich  darin  den  äulser- 
liohen  Gottesdienst  und  das  Mitnehmen  des  Segeus  aus  der 
Kirche  als  ein  opus  operatum  setze,  —  eiu  Verdacht,  auf 
Grund  dessen  man  die  Eiusetaung  des  Wortes  „Kirchendienst'» 
für  „Gottesdienst",  wie  solche  bereits  im  Ualleschen  Gesang- 
buche  von  1719  zu  bemerken  ist,  für  durchaus  berechtigt 
hielt.  Hier  also  liegt  ein  interessantes,  im  Interesse  de» 
Liedes  aber  bedauerliches  Beispiel  vor  davon,  zu  welchem 
Ende  es  führen  kann,  wenn  eine  sich  weise  dünkende  Dog- 
matik  schüchte  Herzensfrömraigkeit  meistern  will.  Aufser 
jenem  einen  Liede  ist  von  Schenck  noch  eines  im  Freyling- 
hanse nschen  Gesangbtiche  zu  finden,  eine  kurze,  nur  ein- 
strophige  Umschreibung  des  Vaterunsers:  „Vater  aller  Ehren, 
Jafo  dein  Wort  uns  lehrau";  auch  werden  seiner  Verfasser- 
sohaft  noch  zwei  Zusatz  Strophen  zu  Joh.  Franks  Liede:  „Jesu, 
meine  Freude"  zugeschrieben.  —  Auch  der  Sohn  Schenoks, 
Laurentius  Hartmann  Schenck  (geboren  am  19.  Juni  1670 
in  Ostheim},  der  nach  seinem  Vater  ebenfalls  Pfarrer  zu 
Oetheim  und  Völkershauscn,  später  zu  Rodach  und  Hömhild 
gewesen,  wird  als  Dichter  genannt;  er  soll  in  »einem  „Com- 
munionbuoh"  zugleich  eine  Anzahl  (21)  Lieder  herausgegeben 


4 

! 


352  ^^  wi— ritdien  Dichter  von  Gesangbochsliedern. 

Diaban,  von  denen  aber  wohl  keines  in  weiteren  Gebrauch  der 
Sirohe  übergegangen  iii. 

Wir  haben  uns  nunmehr  der  Betrachtung  einiger  Männer 
zuanwenden,  yon  denen  in  der  Litteraturgeechiohte  des  KirobeB- 
liedes  wohl  oft  Nichts  oder  doch  nur  wenig  gesagt  ist,  die 
«ber  doch  —  auch  wenn  ihre  wenigen  Lieder  (ausgenommen 
-eines)  nicht  allgemdn  bekannt  geworden  —  insofern  noch  ein 
'besonderer  Interesse  bei  uns  beanspruchen  können,  als  sie  au 
ihrer  Zeit  unter  die  bedeutendsten  Oelehrten  unseres  Landes 
MVL  zKhlen  waren,  wobei  aber  noch  zu  bemerken  ist,  daCs  die 
Einen  aussdilielslich  dem  Oelehrtenstande  und  zwar  auch 
•dem  nicht- theologischen  angehörten,  die  Anderen  aber  als 
Theologen  auch  zugleich  hohe  Würdenträger  der  »Kirche  ge- 
wesen sind.  Es  sei  zuerst  genannt  Johann  Weifsenbom  (ge- 
boren zu  Sieglitz  bei  Naumburg  am  31.  November  1644),  der, 
üaehdem  er  in  Jena  studiert,  und  nach  Bekleidung  einiger 
runderer  Stellen,  schlieüdich  Pastor,  Superinteodent,  Eirohen- 
rat  und  Professor  der  Theologie  in  Jena  wurde,  woselbst  er 
am  20.  April  1700  gestorben  ist.  Das  einzige  Lied  („Wunder- 
lich ist  Oottes  Schicken'*),  welches  Ton  ihm  bekannt  ist  und 
das  er  bei  einer  Krankheit  seiner  Gattin  yerfaTst  haben  soll, 
findet  sich  bereits  in  dem  Jenaischen  Gesangbuche  yoq  1724 
»(zu  welchem  der  Sohn  des  Dichters,  Jesaias  Friedrich  Weifsen- 
bom, in  gleicher  Stellung  wie  jener  befindlich,  die  Yorrede 
geschrieben),  hier  aber  noch  in  der  ursprünglichen  Gestalt 
Yon  zwölf  Strophen,  und  in  diesem  umfang  ist  es  auch  in 
das  spätere,  Herdersche  Gesangbuch  aufgenommen.  Im  neuen 
weimarischen  Gesangbuch  jedoch  erscheint  es  unter  einer,  für 
^en  kirchlichen  Gebrauch  geeigneten  Abkürzung  und  kleinen 
Veränderungen  im  Einzelnen  nur  mit  acht  Strophen.  Jeden- 
falls verdient  das,  aus  inniger  Herzenserfiahrung  heraus  ge- 
dichtete, glaubensToUe  Lied  wenigstens  in  solcher  Kürzung 
einen  Platz  im  weimarischen  Gesangbuche  und  könnte  ihm 
ein  solcher  auch  mit  Eecht  in  anderen  Gesangbüchern  einge- 
räumt werden.  —  Als  ziemlich  gleichzeitig  mit  Weifsenbom 
ist  ein  anderer  Theolog  zu  nennen,  der  in  Weimar  gestorben 


a  QaauigbaoIiBlledeni 


3Ö3  I 


» 


iet,  von  dem  auch  ein  Lied  uns  überliefert  ist  (ia  alteren 
Oeaangbii ehern  sollen  mehrere  von  ihm  vorhanden  sein);  Jo- 
hann Wilhelm  Baier  (geboren  am  1 1 .  November  1647  zu 
Nnmbei'g  ale  Sohn  eines  KaufmannB),  der  die  Stelle  eines 
TheologicprofeBsors  erst  iu  Jtina,  nachher  in  Halle  innege- 
habt, eohüeftilich  aber,  freilich  nur  fdr  kurze  Zeit  (vom  14. 
Juli  1695  bia  !um  19.  Oktober  deeselben  Jahres)  General- 
euperintendeut  und  Oberhofprediger  in  Weimar  gewesen.  Von 
ihm  dndet  sieh  das,  bereits  seit  1713  in  das  -weimarigahe 
Geeangbneh  aufgenommene,  heute  noch  geschätzte  Gottver- 
trauenslied:  „Wer  ist  der  Herr,  der  alle  Wunder  thut?'"  — 
in  zehn  Strophen  im  alt«n  Herderschen  Gesangbuch;  in  Am 
neue  weimarische  ist  es  in  fünf  Strophen  gekürzt  aufge- 
nommen, und  die  Küreung  ist  allerdings  auch  hier  nicht  ohne 
Qrund,  da  in  dem  vollständigen  Liede  Wiederholungen  im 
Inhult  uinzelner  Strophen  nicht  au  verkennen  sind.  —  Einer 
der  gelehrtesten  Nichttheo logen  aus  dieser  Zeit  aber,  von 
■welchem  wenigstens  in  älteren  Gesangbüoheru  einige  Lieder 
Terzeiöhnet  stehen,  ist  Georg  Wolfgang  Wedel,  der,  geboren 
am  12.  November  164S  zu  Golzen  in  der  Niederlausitz,  nach 
in  Jena  absolviertem  Stadium  der  Physik,  Mathematik  und 
Hedisin,  später  in  letztgenannter  Wissenschaft  Professor  da- 
selbst ward,  ale  welcher  er  des  höchsten  Ansehens  sich  er- 
freut haben  mufs.  Denn  es  wird  berichtet,  dafs  Wedel  vom 
Kaiser  Leopold  2um  Comes  paUtinus,  vom  Kaiser  Karl  VL 
zum  Kaiserlichen  und  vom  Kurfürsten  von  Mainz  zum  Kur- 
fikrstlichen  Rat  ernanat  worden  sei;  später  ist  er  dann  auch 
Hitglied  der  KÖnigl.  preuTsischen  Gesellschaft  der  Wissen- 
schaften geworden  und  als  Fürstl.  sachs.  Hofral  ist  er  am 
6.  September  1721  gistorben.  Neben  der  grofnen  Gelehr- 
samkeit überhaupt,  die  Wedel  eigen,  wird  noch  besonders  seine 
gute  Kenntnis  der  morgealändi sehen  Sprachen  hervorgehoben; 
von  allgemein  menschlichen  Eigenschaften  aber  rühmt  mau 
TOr  Allem  seine  grofse  Bescheidenheit,  Aufrichtigkeit  nnd 
Freigebigkeit  gegen  die  Armen,  Von  dien  m  grofsen,  edlen 
Maooe    sind    zwei    Lieder    im    alten    Jenaischen    Gesangbuche 


I 

I 
I 


354  ^^  whiriitbtB  Diehter  tos  GawuigbachtHedem. 

Yon  1724  SU  lesen  (8.  884  lu  896):  ,,Gott  Yater,  der  da 
ewig  bist"  und:  „Was  ist»  das  mich  betrübt"  —  awei  Lieder, 
die  freilich  deatliohe  Zeugnisse  sind  für  den  innig-frommen, 
streng  gläubigen  Sinn  and  die  kindliche  Demut  jenes  grofsen 
weltlichen  Gelehrten  (womit  er  wohl  manchem  seiner  Standes- 
genossen von  heute  vorbildlich  sein  könnte),  —  die  aber 
sonst  allerdings  anderen ,  echt  poetisch  angelegten  Liedern 
sich  nicht  an  die  Seite  stellen  lassen,  wohl  auch  jetzt  kaum 
noch  gekannt  sind.  —  Als  Vierter  in  der  Oelehrtendichter» 
Beihe  ist  endlich  zu  nennen  Samuel  Bodigast  und  zwar  als 
deijenige  zugleich,  dessen  einziges,  altbekannteB  und  mit 
Yollem  Bechte  zu  den  besten  uns  gegebenen  Gesängen  ge- 
zähltes Lied  („Whb  Gott  thut,  das  ist  wohlgethan")  gleich 
.yon  Anfisng  an  die  weiteste  Yerbreitung  gefrinden  hat.  Bo- 
digast ist  nahe  bei  Jena»  in  dem  idyllisch  gelegenen  Dörfchen 
Groben  am  19.  Oktober  1649  als  Ffarrerssohn  geboren,  wurde 
auf  die  Schule  zu  Weimar  geschickt,  studierte  sodann  vom 
Jahre  1668  an  in  Jena  und  bekleidete  bereits  seit  1671  die 
Stelle  eines  Magisters,  seit  1676  diejenige  eines  Adjunktes 
der  philosophischen  Fakultät.  Später,  1680,  erhielt  er  das 
Amt  eines  Konrektors  am  Grauen  Kloster  in  Berlin  und  1698 
endlich  dasjenige  eines  Bektors  am  Gymnasium;  als  solcher 
ist  er  am  19.  März  1708  gestorben.  Die  Dichtung  seines 
berühmten  Liedes  —  mit  welchem  er  übrigens  wegen  der 
darin  hervortretenden  natürlichen  und  einfachen  Dichtungs- 
weise an  Paul  Gerhardts  Seite  gestellt  worden  ist  —  fällt  in 
die  Zeit,  da  Bodigast  Adjunkt  in  Jena  war,  und  es  wird  be- 
richtet (so  Tor  Allem  im  Hohensteinischen  Gesangbuch  von 
1698),  dafs  der  Verfasser  sein  Lied  dem  jenaischen  Kantor, 
Severus  Gastorius,  seinem  getreuen  Freunde,  zu  Liebe  ge- 
dichtet und  zwar  auf  eine  Bitte  desselben,  als  dieser  krank 
darniedergelegen;  dieser  Gastorius  aber  habe  auch  sogleich 
auf  seinem  Krankenlager  zu  dem  Liede  seines  Freundes,  das 
er  für  den  Fall  seines  Sterbens  zu  seinem  Begräbnisliede  be- 
stimmt, die  Melodie  komponiert,  mit  welcher  es  dann,  als 
ihm  die  Gesundheit  wiedergekehrt,  vor  seiner  Thüre  wöchent* 


Dig  wtitnatisebiD  Diobter  t 


]  Qssangbacbsliedera 


355 


iiub  gesungen  worden  sei.  Das  Lied  enthält  urspiünglioh 
eeobs  Strophen;  sechs  andere,  von  weit  geringerem  Gehalte 
als  jene,  sollen  BpBler  noch  hinzugefügt  worden  eein,  und 
durch  diese  Tcrlängert  wurde  das  Lied  z.  B.  im  Strafsbuiger 
Gesaugbuch  von  1717  gefunden.  In  der  Gestalt,  wie  er  von 
Kodigast  herrührt,  ist  der  köstliche  Geeang  schon  iiheraus 
bald  allgemein  bekannt  geworden,  und  wie  hoch  man  seinen 
Wert  sogleich,  nachdem  man  es  kennen  gelernt,  zu  scbätEen 
wufste,  davon  giebl  die  berichtale  Thatsache  Zeugnis,  data 
bereits  in  einem  im  Jahre  1708,  also  im  Todesjahre  des 
Dichters  eraohienenen  litterari sehen  Werke  dem  Verfasser  — 
„wenn  er  gleich  sonst  Nichts  geschrieben  hätte"  —  schon 
um  des  einen  Liedes  willen  ein  unsterblicher  Name  verheifsen 
wird.  Dafs  sich  diese  Verheifsung  erfüllt  hat,  dss  haben' 
schon  Unzählige  bestätigt,  die  in  dem  herrlichen  Liede  wirk- 
samste Erbauung,  reichsten  Trost  gefunden,  und  ebenso  Un- 
zählige werden  es  noch  bestätigen.  Viele  Erzählungen  werden 
ja  überliefert,  die  —  jede  wieder  in  neuer  Weise  —  Zeugnis 
geben  von  der,  von  diesem  Lieds  mannigtach  ausgegangenen 
Wirkung  auf  Gläubige  und  Ungläubige;  alle  diese  Berichte 
sind  Beweise  dafür,  dafs  sich  das  „Was  Gott  thut,  das  ist 
wohlgethan''  fest  and  innig  iu  der  Kirche  eingebürgert  hat. 
Dereinst  das  besondere  Liehlingslied  eines  hohen  Fürsten,  des 
Künigs  Friedrich  Wilhelm  IIL,  bei  seiner  Gedächtnisfeier 
auch  gesungen,  ist  es  in  Palästeu  und  Hütten  heimisch  ge- 
worden als  ein  reohtes  Kernlied,  denen,  die  ea  singen,  wie 
<3eDen,  die  es  singen  hören,    zum   Heil  und  zum  liegen. 

Können  wir  nach  dem  soeben  Gesagten  das  —  bezüglich 
seiner  Entstehung  ins  Jahr  1675  gesetzte  —  Rodigaat'sohe 
Lied  als  eines  der  hervorragendsten  dieser  Zeit  überhaupt 
bezeichnen,  ja,  als  ein  solches,  welches  im  besten  Sinne  ein 
kraftvoll-inniges  Zeugnis  aus  der  Mitte  der  schon  früher  kurz 
augedeuteleu  „männiicheo  Periode"  geistlicher  Liederdichtung 
(1650—1692)  zu  nennen  ist,  so  ist  mit  der  Betrachtung 
dieses  Liedes  zugleich  eine  passende  Überleitung  gegeben  zu 
<lsr  an  und  für    sieh    schon    höchst    bedeutangsTollen  Lieder- 


I 


356  I^  wfiaMTlMUn  Diehter  tob  GMftngbnelulfodeni. 

diohtuDg  desaen,  der  fftr  das  Gebiet  oneeres  weimazjsoheik 
Landes  den  HiAieptiiikt  jener  „männliehen  Periode^  beseiohnetr 
Salomo  Vraocik'i^  der  sogleidi  mit  seiner  Geburt  wie  mit  dem 
griibten  Teile  seines  Lebenslaufes  Weimar  selbst  angehörig^ 
ist  Yielleieht  ist  gerade  dieser  gottbegnadete  Dichter  im  All- 
gemeinen noeh  gar  nicht  in  dem  ihm  gebührenden  Malse  be- 
kannt und  gewiirdigt  worden,  Tielleioht  fehlt  es  für  seine  Lieder- 
diohtnng  gerade  auch  in  der  allgemeinen  Litteraturgeechiehte 
des  geistlichen  Liedes  hie  und  da  noch  an  yoller,  gereehter 
Anerkennung;  darauf  seheint  .es  doch  wenigstens  hinzuweisen^ 
wenn  er  als  Dichter  zuweilen  nur  mit  ganz  kurzen  Zeilen 
abgefertigt  wird  (so  bei  Cuns),  wenn  aber  andererseits  in 
manchen  Qesangbtichem  yerhältnismäisig  nur  sehr  wenige 
seiner  Lieder  Aufeahme  gefunden  haben.  Und  doch  —  nioht 
mit  Unrecht  kann  Salomo  Franck  in  gewissem  Sinne  ein 
Paul  Gerhardt  unserer  Landeskirche  (die  ihn  auch  vor  Allem 
zu  würdigen  gewulst  hat)  genannt  werden,  und  was  er  ge- 
dichtet, ist  ein  grofser,  reicher  Schatz,  der  überaus  viele,, 
köstliche  Perlen  und  Edelsteine  in  sich  birgt;  ja,  seine 
Dichtung  ist  wie  ein  reichlich  fliefsendes,  klares,  lauteres 
Quellwasser,  aus  dem  zu  trinken  allezeit  der  Seele  wahre 
Erquickung  sein  muTs.  Lassen  wir  zunächst  den  äufseren 
Lebensgang  des  Dichters  uns  sich  yergegenwärtigen,  um  so- 
dann seine  Dichterwirksamkeit  selbst  in  gebührender  Weise 
zu  würdigen!  Salomo  Franck  (von  seinen  Zeitgenossen  auch 
Francke  oder  Franke  genannt,  aber  nach  einem,  auf  den 
eigenen  Namen  gedichteten  Liede  richtiger  Franck,  siehe  seine 
„Geist-  und  Weltliche  Poesien'S  2.  Aufl.  1716,  S.  229  flg.) 
ist  am  6.  März  1659  in  Weimar  geboren  und  zwar  als  der 
Sohn  eines  weimarischen  Kammersekretärs,  namens  Jakob 
Franck(e).  Nach  jedenfalls  echt  christlicher  Erziehung  im 
Klternhause  und  —  als  wahrscheinlich  anzunehmender  — 
Vorbildung  auf  dem  weimarischen  Gymnasium,  sodann  auf 
der  Universität  Jena  ist  Franck  (wie  Schauer  erst  nachge- 
wiesen; siehe  seine  Biographie,  S.  XIY  flg.)  zunächst  in 
Zwickau,  darauf  in  Arnstadt  (als  Hochgräfl.  schwarzburgischer 


pie  wcimirischao  Dichter  von  Oeeu^bnchaltsdern. 


35T  ' 


I 


BegieruDgsBekretfir  von  1689  bia  1697),  später,  seit  1697  { 
Füretl.  Eächs.  Kegierunga-  und  EoDeistorialEekretär)  io  Jena 
angestellt  gewesen.  Schliefslich,  wah  rech  ein  lieh  seit  1702, 
hat  er  in  Weimar  die  Stelle  eiaee  „geHamt«n  Oberkonsistorial- 
sekretärs"  innegebabt  bis  zu  seinem  Tode,  welcher  nach  den 
meisten  Angaben  am  II.  Juni  1726  erfolgt  sein  soll  (so  auch 
Kichter,  Lexikon  d.  geietl.  Liederdichter,  1804,  8.  74),  nach 
dem  weimarischcn  Stadtkirchen  buche  aber,  weil  hiei  als  Be- 
grähnistag  der  14.  Juli  1725  angegeben  ist,  ungefähr  um 
einen  Monat  später  auzunehmcn  sdn  wird.  Manch  schwere 
Lebenssohicksale  hat  unser  leichter  scIiod  frühzeitig  erfahren 
mÜGseD  durch  den  Verlust  teurer  Verwandten,  besonders  aber 
durch  den  Tod  seiner  ersten  Braut  wie  auch  mehrerer  Kinder 
—  und  solche  Heimauohungen  aind  denn  auch  auf  seine 
Dichtung  nicht  ohne  EiuÜufd  geblieben.  Bezeichnend  ist  im 
^DsammenbaDg  damit  des  Dichtere  Losung,  die  er  auch  aU 
.Xhema  für  ein  Lied  angenommeu:  „Nou  est  mortale,  qaod. 
nicht  minder  bezeichiiend  für  die  ganze  Fülle 
frommen  Geistes,  die  ihm  eigen,  sein  von  ihm  seibat  er- 
wählter und  ebenfalls  eiuem  seiner  Lieder  als  Motto  dienender 
Leichentext:  „Freuet  euch,  dafs  eure  Namen  im  Himmel  an- 
jgeschrieben  sind".  Bei  solch  inniger  Herzensfrömmigkeit  aber,. 
hie  fiie  den  durchgehenden  Grundzug  in  Frauoka  Wesen 
Ptildet,  hatte  er  einen  hohen,  in  seiner  Seele  ebenso  tiefge- 
grüttdeten  GesiunuDgegenosBen  in  dem  Fürsten,  desEen  Be- 
amter er  war,  und  es  ist  überaus  wohlthuend  und  erhebend, 
ii  in  dem  Höchsten  und  Heiligsten  Fürst 
engste  eich  berühren ,  wie  so  aber  auch 
m  Bewufstsein  solch  hoher ,  tieffrommer 
Qeistesgemeinsohaft  dem  Dichter  wiikaame  Kräfte  immer  neu 
zugeflossen  sind  zur  Bethätigung  seines  Dichterberuf^.  Herzog 
Wilhelm  Ernst  (gestorben  1728)  ist  es  gewesen,  unter  dessen 
weiser,  frommer,  ehrenvoller  Regierung  der  gottbegnadete 
Dichter  ein  ebenfalls  Tielgeehrtes,  weil  sohaifcnsreichee  und 
segensTolIes  Leben  führen  konnte.  Ee  ist  die  Aufgabe  spe- 
zieller   OesohichtsbetraohtuDg,    das   Bild   dieeee   Fürsten,    der 


zu  sehen,  wi 
und  Diener  : 
jedenfalls 


3&8  ^*  witmwftehOT  Dielitor  toh  Oauuigbiielitliedenu 

iBflt  45  Jahre  hindiiroh  wHb  einer  der  rühmlichsten  Regenten 
«eines  Landes  gewirkt  hat»  in  yoUer  Betonung  seiner  grolsen 
allgemeinen  Verdienste  würdig  daxsnstellen ;  hier  sei  nur  in 
Knnem  erwähnt,  dafs  gerade  Franok  seinen  Fürsten  anfs 
Höchste  wert  za  schätzen  wniste  und  dafii  er  wohl  am  Ersten 
mit  SU  seinen  Lebzeiten  ihm  in  herzlicher  Auhrichtigkeit  zu 
hnldigen  sich  gedrungen  fühlte.  In  mehr  als  einem  Gelegen- 
heitsgedicht ist  solche  Huldigung  ausgesprochen :  so  nennt  der 
Dichter  seinen  Herzog  ffiet  Fürsten  Edelstein",  ,,die  Krone 
dieser  Zeit*';  so  wird  er,  der  sich  gerade  um  das  Kirchen- 
wesen seines  Landes  ganz  besonders  verdient  gemacht  durch 
Stiftungen  für  Geistliche,  durch  Beorganisierung  des  Ober- 
konsistoriums, durch  Abhaltung  Ton  Kirchenvisitationen,  durch 
Erbauung  von  Kirchen,  durch  die  Stiftung  zweier  Seminare 
für  Prediger  und  Schullehrer  u.  A.,  der  übrigens,  beiläufig 
■bemerkt  —  anlälslich  selbst  ausgeübten  Predigens  —  auch 
mit  dem  Beinamen  eines  „princeps  concionator"  geschmückt 
ward,  als  „der  Kirchen  Amme,  der  Pfleger  der  Gottseligkeif' 
von  Franck  bezeichnet,  und  eins  der  schönsten  Denkmale  hat 
der  Dichter  seinem  Fürsten  gesetzt,  indem  er,  wie  er  ihn  in 
zahlreichen  Gelegenheitsdichtungen  verherrlicht,  so  auch  das 
Zeugnis  seiner  Frömmigkeit  und  Fürstenliebe  zugleich  in 
«inem  Kirchenliede  ausklingen  liefs,  jenem  gar  bald  schon 
fest  eingebürgerten,  vielgeliebten  und  vielgesungenen  Liede: 
„Mit  Gott  sei  alles  angefangen'',  welchem  des  Fürsten  Wahl- 
spruch „Alles  mit  Gott"  zu  Grunde  gelegt  ist.  Was  aber 
nun  die  Gesamtheit  der  geistlichen  Liederdichtungen  anbe- 
langt, die  Franck  uns  hinterlassen,  so  ist  es  vorerst  zur 
rechten  Würdigung  derselben  nicht  unwichtig,  sich  dessen  zu 
-erinnern,  was  der  Dichter  selbst  über  seine  Bethätigung  auf 
dem  Gebiete  der  Poesie  ganz  im  Allgemeinen  bemerkt,  indem 
er  in  der  Vorrede  zu  seinen  „Geist-  und  Weltlichen  Poesien", 
1.  Teil,  sich  dahin  ausspricht:  „die  Poesie  habe  ich  niemahls 
anders  als  ein  zur  innocenten  und  nutzbahren  Becreation  des 
<}emüths  dienendes  Neben- Werck  tractiret,  zuförderst  aber  an 
Geistlichen  Gedichten,    als  welche  einen  höhern  und  heiligen 


Die  wBlmuisehan  Diobtar  ^ 


a  OssaDgbachslieden 


359  ■ 


UrspTUUg  haben,   micli  erbauet  und  vergnüget,    und  die  Gott- 
lose Opinion  äee  Folitiooi,  welcher  des  PindaruE  Oden  deneu 
Psalmen    Davids    vorzuziehen    aich    uateretanden,    verfluchet." 
Und  weiter  aagt  er  dann:  ,,Zwar  hätten  gegenwärtige  niedrige 
Poeeien,    indem    die  Welt    vorhin    mit  dergli'iuhen    angefüllet, 
wohl  Kurücke  bleiben  können ;  jedoch  weilen  solche  ein  gröfseres 
tiliick  als  Verdienst  gehabt  und  ao  wohl  einer  illustren  Gnade 
als    besonderer  Approbation    hochgeschätzter    MuBea-Fatroaen 
und  Freunde  gewürdiget  wordüc;    als  bin  hierdurch  vielmehr 
als  durch  eigenen  Trieb  zu  deren  Kdirung  animiret  worden." 
Spricht  au8  solchen  Worte»  des  Dichters  edle  Bescheidenheit  im 
Hinblick  auf  seine  Foesieo,  ho  andererseits  zugleich  das  Zeugnis 
der    Änerkenuung,    welche    diesen    sofort    zu    Teil    geworden, 
«iner    Auerkeanung,    die    ferner    auch    in    den    Kmpfehlungs- 
gedichten,  wie  sie  Francks  Dichtungen  vorgesetzt  sind,  immer 
■wieder    zum  Ausdruck    kommt.      Das    erste,   von  dem  Fürstl. 
S.-Weimar.  Geheimrat    und    Oberhot'marachall    von  Beinbaben 
herrührend,  schliefst  bezeichnenderweise  mit  folgenden  Versen : 
„Jedoch  hier  zeiget  sich  itzund  ein  solcher  Geist, 
Den  man  mit  gutem  Kecht  wohl  einen  Dichter  helft. 
Weil  Wissenschaft  und  Witz  und  ungezwungen  Wesen 
B       In  allem,  was  er  schreibt,  genug  zu  sehen  sind, 
B      Und  allee,  was  man  nur  in  seinen  Beimen  find', 
^      Der  Fürst  der  Poesie,  Apollo  selbst  kann  lesen. 
Ihr  Dichter  Schlesteus,  Abeehatz  und  Lohenstein, 
Hoffmaan  und  Gryphius,  und  wer  sie  ferner  seyn. 
Die  der  Parnafs  erkennt,  ihr  dörfft  euch  gar  nioht  schämen. 
Den  edlen  Franck,  der  sich  itzuud  der  deutschen  Welt 
Durch  seinen  klugen  Kiel  als  Dichter  vorgestellt, 
lit  in  derselben  Reih'  und  eure  Zunfft  i<u  nehmen." 
Und    nächstdem    preist    dann    weiter    in    einem   Gedichte 
ir  Fnrstl.  wcimar.  Oberhofprediger  und  Geuerolsup  erinten  de  nt 
Georg  Lairitz  Franck  als  denjenigen. 
Der  ah  ein  teutscher  Flaco  den  wohlbethönten  Uund 
Weife  künstlich  aufzuthun,  der  Orpheus  unsrer  Zeit, 
34 


^!L 


360  ^*  weiiiuurlteheii  Dichter  ron  Geuuigbnchsliedern. 

Und  wenn  er  stimmet  an,  muÜB  Wild,  Wald,  Lnfft  erschallen^ 
Sein  YerÜB  mnfii  Göttern  selbst  und  Menschen  wohlgeüallen." 
Bohliefslioh  aber  läfst  sieh  noch  der  später  des  Weiteren 
anasoführende  Hofprediger  Johann  Klessen   in   einem  Gedieht 
vernehmen,  in  welchem  es  für  Franck  rühmlich  heiTst: 
yyWer  Franckens  Buch  durchliest,  der  hat,  was  man  begehrt: 
Sein  Einfall  ist  sehr  schön,  die  Schreib-Art  auserlesen. 
Das  ist  der  gröfte  PreiÜB,  dafs  er  zu  Oottes  Ehren 
Die  meisten  Yerse  schreibt.  Wenn  sein  Lied  himmlisch  klingt^ 
Und  seine  Poesie  das  Kirchen- Opfer  bringt, 
So  püeget  sich  der  Oeist  in  ihm  yergnügt  zu  mehren. 
Gott  wolle  diesen  Mann,  auch  Weymar,  Deutsch-Land  lieben  I 
Der  Höchste  kläre  bald  den  Friedens-Himmel  auf! 
Er  fördre  freyer  Kunst  und  reiner  Sprachen  Lauf! 
Herr  Franckens  Nähme  sey   im  Himmel   angeschrieben  I*^ 
Wenn   Salomo   Franck,    wie   aus    den   Torstehend    ange- 
führten Zeugnissen  herrorgeht,    also  schon  zu  seiner  Zeit  in 
hoher  Würdigung  und  Wertschätzung  bei  denen,   die  ihn  als 
Dichter  näher  kannten,   gestanden   hat,   so   hat   ihm    solche 
Würdigung  und  Wertschätzung  auch  später  nicht  gefehlt,  zu- 
mal in  Hinsicht  auf  seine   geistliche  Liederdichtung.      So  hat 
ihn    der  Liederhistoriker  Wetzel,    obgleich   er   befremdlicher- 
weise    sonst  nur  Weniges  über  Franck  beibringt,   „einen  be- 
rühmten   Poeten    unsrer   Zeit''    genannt    (Hymnopoeographia,. 
1719,  1.  Teil,  S.  287  flg.)  und  von  Schamelius,  der  übrigens 
in  dem  Dichterverzeichnisse   zu   seinem  Naumburger  Gesang- 
buche (1724,  S.  31)  die  erste  Nachricht  über  Geburtsjahr  und 
-tag  des  Dichters  giebt  und  ein,  bezüglich  der  Verfasserschaft 
angezweifeltes  Lied  0»^^^  Gott,  verlafs  mich  nicht")   Franck 
zuschreibt,  wird  dieser  als  ein  „erbaulicher  Liederdichter  seiner 
Zeit''  bezeichnet,      unter   den    späteren  Hymnologen   ist    das 
Urteil  Bambachs  bemerkenswert,   welches  dahin   lautet,  „dafs 
Salomo  Francks    geistliche   Lieder,    namentlich    die   über    die 
Sonntagsevangelien,    unter   die    besseren    ihrer  Zeit   gehören" 
(Anthologie   geistl.  Gesänge,    4.  Bd.,  S.  55)   —    und    ähnlich 
urteilt  dann  auch  Cunz  (der  aber  seltsamerweise  über  Franck 


iJei 


Die  weim&risclieu  Dichler  von  Gesacgbucbstiedera.  361 

nur  in  kauai  acht  Zeilen  beriohtet),  data  jener  ein  fruchtbarer 
eehr  eegenereicher  Dichter  sei  und  fast  300  Lieder  verfafet  habe 
(QeBchichte  dee  deutsch.  Kirchenl.,  Bd.  2,  S.  85).  Schauer 
endlich,  dessen  besonderes  Verdienst  es  ist,  auf  Sal.  Franck 
als  Dichter  wieder  in  neuerer  Zeit  die  Blicke  hingelenkt  und 
seine  geistliche  Liederdiohtung  in  einer  AuewabI  des  Besten 
neu  dargeboten  zu  haben,  zieht  einen  interessanten  Vergleich 
z-wischen  Neumark  und  Franck,  der  daranf  hinausläuft,  dafs 
gesagt  wird :  „Mag  auch  Neumark  an  Geist,  an  Talent  unseren 
Dichter  übertr offen  haben,  an  Geechmack  und  Bildung,  an 
Reinheit  der  Sprache  und  Diktion  wird  er  von  Franck  üher- 
troffen ;  man  kann  ihn  Neumark  den  zweiten  nennen."  — 
So  gegründet  dieses  Urteil  und  diese  Parallelisierung  des 
Liederhistorikere  an  und  für  sich  sein  mag,  so  müssen  wir 
doch  sagen,  dafs  uns  hier  gerade  eine  andere  Parallele  noch 
als  passender  erscheinen  durfte,  jene  nämlich,  die  wir  bereits 
andeuteten,  als  wir  S.  Franck  in  gewissem  Sinne  einen  Paul 
Gerhardt  der  weimari  sehen  Landeskirche  genannt  wissen 
wollten.  Neumark  hat  ja,  wie  wir  früher  gegeben,  für  das 
Gebiet  des  eigentlichen  Qesangbuchsliedes  verhSltniBmäfsig  nur 
wenig  geleistet;  F.  Gerhardt  aber  wie  Franck  haben  eine 
reiche  Fülle  von  edelstem,  beetgeeignetem  Gesangbuchslieder- 
stoff zur  Verfügung  gestallt,  und  in  dem  Edelsten,  was  sie 
geboten,  i>t  wahrlich  keine  geringe  Geistesverwandtschaft 
Beider  als  Dichter  zu  erkennen.  Dieselbe  Innigkeit  und 
'Starke  der  Empfindung,  derselbe  ergreifende  Ausdruck  unvei- 
Ischter  Einfalt  und  kindlich-frommen  Fohlens  und  dabei 
dieselbe  edle  Leichtigkeit  einer  unmittelbar  ins  Herz  klin- 
genden, wie  reines  Quellwasser  hell  fliefsenden  Sprache  — 
dies  olles,  wie  man  es  an  jenem  König  unter  den  geistlichen 
Liederdiohlern  rühmt,  es  findet  sich  in  gewissem  Mafee  auch 
bei  Franok  wieder,  und  eben  jene  Eigenschaften  seiner  Lieder 
sind  es  ja  gewesen,  die  ihnen  einen  so  leichten  Eingang  in 
die  Gesangbücher  verschafft  und  sie  zu  so  gern  gesungeneu 
gemacht  haben.  Es  ist  denn  auch  mit  Freuden  2u  begrüfsen, 
dafs  in  das  neue  weimarische  Gesangbuch  die  schon  stattliche 
24 


I 


362  ^^  wilnuriMiiM  Dichter  Ton  GesaaglnwfailiadcrB. 

Annlü  Ton  elf  Liedern  8.  Franeks  Aufnahaie  gefanden,  wena 
aiieh  ditbei  idoht  in  Abiede  gestellt  werden  kenn,  dale  viel- 
leidht  unter  kleinen  Veränderongen  oder  Weglaasungeii  im 
Einxelnen  noeh  bo  menehee  andere  hätte  anfgenommen  w0rd«i 
können  aas  dem  reiehen  Sdiatze,  der  snr  Verfügung  steht; 
jedenfolls  aber  ist  —  wie  es  ja  auch  gani  erklärlioh  erscheint  — 
das  weimarisohe  Gesangbuch  wohl  dasjenige,  in  welchem  8. 
Vranck  am  meisten  Platz  gegönnt  ist.  Unter  allen  Liedern 
des  Dichten  nun  stehen  wohl  obenan  diejenigen,  in  denen 
sein  inniges  Goitvertranen  zum  Ausdrucke  kommt,  und  mit 
diesen  ist  er  ja  auch  hauptsfiohüch  in  den  Oesangbfiohem 
vertreten.  Da  sind  wahre  Perlen  au  finden  und  Klänge  au 
Temehmen,  wie  sie  ergreifender  und  wirksamer  nicht  ge- 
wünscht werden  können,  so  in  den  Liedern:  „Nur  wie  Oott 
will,  so  mag  es  gehen''  (ein  '  würdiges  SeitenstUck  zu  dem 
früher  besprochenen  Trostliede  Joh«  Friedr.  des  Groüsmütigen) 
-—  „Ich  weift,  es  kann  mir  ISHchts  geschehen''  —  „Mein  Gott^ 
wie  bist  du  so  yerborgen''  —  »»Der  Höchste  kennet  seine 
Lieben''  —  „Ich  halte  Gk>tt  in  Allem  stille"  —  u.  a.  Das 
letztangeführte  ist  früher  einem  gewissen  Crantz,  auch  dem 
früher  schon  genannten  Gelehrten  Wedel  zugeschrieben  worden, 
aber  auch,  wie  Schauer  sagt,  yon  dem  Herausgeber  der  Lieder- 
anthologie, Bambach,  gar  nicht  gekannt  gewesen,  überhaupt 
lange  Zeit  nur  anonym  erschienen,  so  auch  im  alten  weima- 
rischen  Gesangbuche  von  1738;  im  neueren  weimarisohen 
(13.  Ausgabe,  1875)  jedoch  steht  es  mit  Angabe  der  Yer- 
fasserschafl;  Francks,  deren  Entdeckung  (im  Jahre  1852) 
übrigens  Schauer  für  sich  in  Anspruch  nimmt.  Aufser  auf 
die  genannten  Lieder,  yon  denen  die  meisten  schon  bald  zu 
Gesangbuchsliedem  wurden,  sei  an  dieser  Stelle  nur  noch  hin- 
gewiesen auf  einige,  die,  noch  nicht  aufgenommen,  jenen  doch 
nicht  unebenbürtig  sind:  so  die  Lieder  von  der  Vergnügung 
in  Gott:  „Was  sorg'  ich  doch  in  diesem  Leben"  und:  „Weg, 
du  groXses  Nichts  der  Erden",  letzteres  mit  dem  durchgehenden 
Strophenausklang:  „Nur  in  Gott  bin  ich  vergnügt".  Nächst 
Francks   Liedern   vom    Gottyertrauen   mögen    diejenigen  vom 


DIb  «elinariRebBn  Dicbler  i 


1  Gasuigbuchelitditi 


363^ 


Tod  und  ewigen  Leben  genannt  sein,  von  denen  besonders 
eines  zu  einem  ullgemeinen  Kirohenliede  angenommen  worden 
ist,  das  Lied:  „leb  'weife,  es  wird  mein  Ende  kommen".  Ein 
anderes,  tiefinnig  empfundenes,  duroh  weiches  ein  edel-myeti- 
scher  Zug  hindurobgeht,  ist  jenes,  dessen  Strophen  fitüadig 
beginnen  mit  der  Zeile:  „Auf  meinen  Jesuro  will  ich  sterben" 
und  endigen  in  dem  Äusklang:  „A.nf  Jesum  leb'  und  schlaf' 
iah  ein";  mit  aoht  statt  sechs  Strophen  ist  es  aufgenommen 
in  das  Kegensburger  Gesangbuch  yon  1728,  sowie  in  dos 
Wnrttem berger.  Nicht  in  Oesangbäober  übergegangen,  aber 
wobl  geeignet  dazu  könnte  erBObeinen  ein  hierher  gehöriges 
Lied  (aus  Herrn  Job,  Ajnds  Paradiesgärtlein) :  „Ach,  wie 
herrlich  ist  dos  Leben",  sowie  unter  Weglassuag  einiger 
Strophen  ein  anderes:  „Meine  Lust  ist  selig  Sterben",  Gans 
eigenartig,  schon  durch  die  edeLoriginelle  Form,  in  der  sie 
verfafst  sind,  aber  auch  dem  Inhalte  nach,  der  von  echt  poe- 
tischem Emptinden  zeugt,  sind  einige  Lieder  Francks,  in  denen 
er  sich  die  YergSnglichkeit  dee  Irdisch- Weltlichen  zum  Gegen- 
stand genommen;  obgleich  nicht  in  die  Beihe  der  Gesang- 
buchslieder gehörig  und  dazu  wohl  auch  weniger  passend, 
möchten  vir  wenigstens  kurz  aofiihren  die  Lieder:  „Du 
schnöde  Welt"  —  „0  Flüchtigkeit,  der  Erde  Glanz  vergeht" 
—  „Ach,  was  ist  doch  unsre  Zeit".  Von  den  Liedern,  die 
Franok  auf  seinen  Wahlspruch,  wie  auf  seinen  Leichente^it 
gedichtet  und  in  denen  seine  ganze  religiöse  Glaubenskraft 
in  schöner  IJrapriinglichkeit  sich  kundtbut,  ist  scheu  oben 
kurz  andeutungsweise  die  Hede  gewesen.  Was  die  Uichtuugen, 
die  sich  noch  besonders  auf  Christus  beziehen,  anbetrifft,  so 
sei  hier  zunächst  der  zwei,  als  Gesangbuchslieder  fett  einge- 
bürgerten gedacht,  des  eigenartig  schöuen  Passioneliedea  (mit 
einigen  Abweichungen  im  Einzelnen  bereits  im  alten  wie  im 
neuen  weimar.  Gesangbucbe  ztt  finden) :  „So  ruhest  du"  — - 
und  des  anderen,  auf  Christi  letztes  Ereuzeswort  gedichteten: 
„Es  ist  Tollbracbt".  Unter  t'rancks  übrigen  Cbristusliedern 
sei  noch  besonders  herausgehoben  ein  auf  des  Eirchenvaten 
Auguitin  Worte   „Hihi  omnia  Jesus"  gedichtetes:   „Jesus  soll 


364  ^^  wiiiiuutiMliMi  Dichter  von  Oesangbnchsliedem. 

9 
mir  Allee  aein'',   ein  Lied,   das  übrigenB  in  seiner  Form  wie 

in  seinem  Inhalt  nicht  unähnlich  erscheint  jenem  Liede  un- 
bekannter Yerfiissersohaft  aus  dem  17.  Jahrhundert,  welches 
anhebt:  ,|Jesus  schwebt  mir  in  Gedanken^'  —  wie  auch  jenem 
yon  der  Gräfin  Ludämilie  Elisabeth  herrührenden:  y^Jesus, 
Jesus,  Nichts  als  Jesus'^  —  Auch  Beicht-  und  Abendmahls- 
lieder werden  uns  yon  Pranck  dargeboten;  freilich  ist  yon 
diesen  wohl  das  Wenigste  zu  einem  Gesangbuohsgute  ge- 
worden, obwohl  auch  hier  die  tiefgegrändete  Gediegenheit 
Franck'soher  Dichtungsweise  sich  nicht  yerleugnet  Hingegen 
sind  yon  seinen  Morgen-  und  Abendliedern  einige  in  den 
Kirchengebrauch  übergegangen,  so  yor  allem  yon  den  letzteren 
das  menschlich  so  echt  empfundene  und  christlich  so  gediegene 
und  wirksame:  „Gott  Lob,  es  ist  yon  meinem  Leben'^,  dessen 
einfach-groAier  SchlnÜMCOord  in  jeder  Strophe  in  das  Eine 
aastönt:  „stets  näher  lu  der  Ewigkeit";  und  neben  diesem 
kann  auf  Aufnahme  auch  jenes  Lied  yon  den  Sternen  An- 
spruch machen,  das  da  anhebt:  „Seid  gegrüüst,  ihr  schönsten 
Lichter".  —  Bezüglich  der  Morgenlieder  Francks  ist  es  einiger- 
mafsen  befremdlich,  dafs  einige  yon  ihnen  nicht  noch  weiter 
bekannt  geworden,  so  z.  B.  das  schöne:  „Die  dunkle  Nacht 
ist  nun  yergangen",  in  welchem  der  Verfasser  Herz  und  An- 
gesicht zu  Jesu  als  „der  Sonne  der  Gerechtigkeit"  hinwendet, 
—  wie  auch  jenes  andere:  „Gott,  du  Licht,  das  ewig  bleibet", 
welches  letztere  mit  einigen  Veränderungen  wenigstens  in 
das  neue  Würtemberger  Gesangbuch  aufgenommen  ist.  — 
Schliefslich  erübrigt  es  noch,  zweier  einzelner  Lieder  Francks 
im  Besonderen  zu  gedenken,  die  unter  allen  wohl  mit  als 
die  am  meisten  gebeteten  und  gesungenen  bezeichnet  werden 
können:  es  sind  dies  das  schon  oben  kurz  erwähnte:  „Mit 
Gott  sei  Alles  angefangen"  und  ein  Gebetslied:  „Ach  Gott, 
yerlafs  mich  nicht".  Das  erstgenannte,  auf  den  Wahlspruch 
des  Fürsten  Wilhelm  Ernst  gedichtete  findet  sich  in  Francks 
„Eyangelisches  Andachts-Opfer  —  in  geistlichen  Cantaten  — 
eipf  die  ordentlichen  Sonn-  und  Festtage  in  der  F.  S.  ges.  Hof- 
Capelle    zu   Wilhelmsburg    A.   1715    zu   musicieren"    u.  s.  w. 


r 

^nad  iet  in 


]  GesHtig  buchst!  ad  BT] 


36Ö 


t  immer  in  dae  weimarische  Geeaagbucb  aufgesommea  1 
loderwärts  jedooh  nicht  gefunden  worden.  Schauer  I 
*  hat  sehr  Becht,  wenn  er  dieses  köstliche  Lied  hoch 
schätzt  gerade  auoh  als  GeEangbuohsIied  und  wenn  er  mein 
„dals  es  wegen  seines  einfach  biblisch-chri etlichen  Geistes  (wi 
fügeo  hinzu:  und  wegen  der,  in  herrlichen  Worten  kundge- 
gebenen, tiefinnigen  Glaubenakraft)  weitere  Terbreitung  ver- 
dient", —  Iq  Bezug  auf  das  zuletzt  genannte  Gebetslied  ist 
tJSunäcbst  zu  bemerken,  äa£e  es  in  Francks  Gedichtsammlungen 
■elbst  sich  nicht  £ndet  und  dafe  überhaupt  als  äuTserer  histo- 
nacher  Zeuge  für  die  Franck'scbe  Verfasserschaft  allein  der 
schon  oben  genannte  ScbameliuB  gelten  kann,  Nicht  un- 
wichtig aber  für  die  Frage  nach  der  Autorschaft  dieses  Liedes 
ist  ein  weiterer  Umstand,  auf  welchen  Schauer,  anf  dessen 
ausfuhrliche  diesbezilgliche  Darlegung  überhaupt  zu  verweisen 
ist,  hingewiesen  hat  {a.  a.  0.  8.  XXXI),  der  Umstand  näm- 
lich, dafs  ia  einigen  anderen  Liedern  Francks  Änkliinge  an 
das  hier  in  Frage  stehende  vorhanden  sind,  so  in  einem  Liede 
über  das  Evangelium  vom  Hauptmann  von  Capernaum  („Geist- 
und  Weltliche  Poesien",  1716,  2.  AnÜ.  S.  118),  wo,  wie  in 
unserem  Liede  in  jeder  Strophe,  wenigstens  in  der  zweiten 
Anfang  und  Ende  durch  die  Worte  gebildet  wird:  „Äeh  Got', 


verlafH  mich  nicht",  - 
auf  den  3,  Epiphanias- 
sien",  2.  Teil,  S.  17), 
serem  Liede  vorkomraei 


P 


id  ferner  in  einem  anderen  Liede 
(„Geist-    und  Weltlicher  Poe- 
einer Strophe  der  auch  in  un- 
idnick  „Gaadenhände"  zu  finden 
ist.     Es  liegt  also   schon  hiernach    nicht    so    gar   fern,    anzu- 
nehmen,  dafs  Frunck  der  Verfasser  jenes  Liedes  sei,  —  eine 
Annahme,  in  der  man  noch  bestärkt  werden  kann  durch  den 
loh  von  Schauer  hervorgehobenen  Umstand,    dafs  die  Länge 
Liedes    die    gewöhnliche    Franck' scher  Lieder    iat,    sowie 
dafs  der    hier    vorhandene,    durcb    das    ganze  Lied    hindurch- 
gehende Kehrreim  bei  unaerem  Dichter  ganz  besonders  beliebt 
ist.     Allen    diesen    meiir    oder    minder    bedeutsamen  Gründen 
lahme  der  Verfasserschaft  Francks    «tehen    jedoch 
ih  einige  ungünstige  Momente  gegenüber,  und  eins  der  be- 


366  ^^  wtimtrischtD  IMehtBr  too  Gesanglraelisliedeni. 

dentiamrteiL  und  mgldch  beüremdlioliBten  besteht  darin,    äab 
nnier  Lied  in  keiner  Ausgabe   des   oft  yermehrten   und  ver^ 
änderten  alten  weimarischen  Gesangbaohs  zu  finden  ist,  wohin- 
gegen es  im  Berliner,  Hamburger,  Leipziger,  Würtemberger  und 
noch  einigen  anderen  Oesangbüchem  steht  uud  hier  zwar  mit 
Angabe  der  YerfiMsersohaft  Franoks.     Es  ist  mit  Freuden  zu 
begr&fsen,  dafis  das  Lied,  welches  nach  rechter  Erwägung  aller 
in  Betracht  kommenden  Momente  doch  wohl  unserem  Dichter 
zuzuschreiben  sein  wird  —  zumal  da  keine  andere  Yerfsaser» 
aitgabe  flLr  dasselbe  sich  findet  —  auch  in  dem  neuen  weimar. 
Gesangbuche  Aufnahme  gefunden;  und  wenn  es  hier  mit  einen 
obersten  Platz  unter  den  a&gemeinen  Gebetsliedem  eingeräumt 
erhalten  hat,   so  entspricht  dies  nur  dem  yöllig  richtig  abge- 
gebenen Urteile,  dab  das  überaus  tief  empfandene  Lied  „unter 
die   besten  Gebetslieder  gehört  und  dafs  es   allgemeine  Auf- 
nahme yerdient".     Uns  dUnkt,   gerade  in  diesem  Liede  thut 
sich  so  recht  die  ganze   schöne,   edle   und   hohe  dichterische 
Eigenart  S.  Francks  kund,   zu  deren  Kennzeichnung  im  All- 
gemeinen  schlief slich  nur   noch  wenige   Worte,    das   bereit» 
weiter  oben  Gesagte  ergänzend,  hierhergesetzt  werden  mögen. 
Eine  in  sich  geschlossene,   tief  und   fest   gegründete  Dichter- 
persönlichkeit  ist   es,    welche    uns    in    Fraock    entgegentritt; 
davon  überzeugt  zu  werden,  kann  Einem  auch  bei  nur  einigen 
tieferen  Einblicken  in  seine  Liederdichtung  wohl  nicht  schwer 
fallen.    Die  reine,  schöne  Harmonie  aber,  das  bei  aller  hrommen 
Lebendigkeit  doch  durch  des  Dichters  Lieder  stetig  sich  hin- 
durchziehende ruhige  Gleichmafs:    dies   ist   gegründet  in  der 
genial-frommen,  allezeit  das  rein  Menschliche  zum  rein  Christ- 
lichen verklärenden  Geistesrichtung  des  gottbegnadeten  Poeten 
welchem  sein  Dichten  jedenfalls  innerstes  Seelenbedürfnis  ge- 
wesen ist.     Und  so  entsprechen  sich  in  schöner  Weise  Inhalt 
und  äufsere  Form :  die  innig  tiefen  Gefühle  und  geistig  klaren 
Gedanken,  die  ihm  ein  göttlicher  Genius  eingab,   werden  uns 
vermittelt  in  ruhig-ebenmäfsig  fliefsenden,  zuweilen  von  alten 
Formen  originell  abweichenden,    immer   aber   edel  gestalteten 
Versen,    denen  man  es  sofort  anmerkt,  dafs  sie  unmittelbarer 


Rngbuchilieder 


367 


^^P  Die  w«imari!.chea  Dicbtei 

PPUnedtuck  eines  innig  Erlebten  eind.  Was  aber  den  Dichter 
'  '  Ttoch  beeondeiB  kennzeichnet,  das  ist  der  enge  und  inaige 
Änechlufa  seiner  Dichtungen  an  die  heilige  Schrift,  wie  eoloher 
nioht  nur  seinen  Evangelien lie dem,  sondern  seiner  Poesie  ins- 
gemein eignet:  man  merkt  es,  dafe  man  es  hier  mit  einem 
Liederdichter  2u  thun  hat,  der  mit  Beiner  Bibel  wohl  vertraut 
ist,  dem  diese  als  reicheter,  immer  neu  eprudelnder  Quell  für 
alles  fromme  Denken  und  Dichten  gilt,  —  und  diesem  T}m- 
Btaade  wie  seiner  echt  evangelisch  gegrijndeten,  mit  edler 
GeiBtesfülle  gepaarten,  durchaus  christlich  lebendigen  Eigenart 
überhaupt  ist  es  zu  verdanken,  dafa,  wie  er  selbst  vermöge 
dessen  aus  dem  Vollen  schöpfen  konnte  als  schaffender  Dichter, 
so  aach  Alle,  die  mit  ihm  und  seinen  frommen  Liedern  sieh 
beschäftigen,  im  wahren  Sinne  dee  Wortes  aus  dem  Vollen  zu 
schöpfen  vermögen,  sieb  selbst  zu  reinster  Erquickung  und 
Erbauung. 

Nach  Salomo  Franck,  dem  eingeborenen  Weimarer  Kinde, 
in  welchem  wir  als  geistlichem  Liederdichter  —  wenn  über- 
haupt an  irgend  Einem  unseres  Landes  — 
keit  im  schönsten  Sinne  des  Wortes  schaue 
ihm  könnten  sogleich  eine  ganze  Keihe  andet 
selbst  zugehöriger  Männer  genannt  werden,  \ 
etena  einige  Lieder  uns  geschenkt:  sind;  zui 
es.  Einiger  kurz  zu  gedenken,  von  denen 
nur  dem  Geburtsorte  nach  mit  hierhergehört,  während  hin- 
wiederum der  Übrigen  Lieder  kaum  in  kirchlichen  Gebraach 
übergegangen  und  auf  die  Nachwelt  gekommen  sind.  Der 
zunächst  zu  Nennende  ist  Georg  Michael  Pfefferkorn,  der, 
1646  zu  Ifta  im  Eisenach'schen  geboren,  als  Superintendent 
und  Eonsistorialasseseor  zu  Gräfentonna  bei  Gotha  gewirkt  hat, 
in  welcher  Stellung  er  am  3.  März  1732  gestorben  ist.  Er  hat 
den  Hfmuologen  viel  zu  a^^haffen  gemacht  und  zwar  wegen 
eines  Liedes,  bezüglich  dessen  wohl  auch  heute  die  Streit- 
fr^e  nach  der  Yerfasserschaft  immer  noch  erörtert  werden 
m^,  des  allbekannten  Kirchenliedes:  „Wer  weifs,  wie  nahe 
mir  mein  Ende".     Da  aber  das  Urteil  der  Hymnologen,  trotz 


ste 

Männlich- 

IfOUl 

sten,  uach 

auch  Weimar 

dec 

len  wenig- 

ttbf 

r  erübrigt 

1   Te 

iil    freilich 

368  ^^  weinuuriachen  Dichter  von  GtosangbacbBliedern. 

der  Yon  Pfefferkorn  bis  an  sein  Ende  fortgesetsten,  hart- 
näckigen Verteidigung  seiner  YerfSasBerschaft,  nach  aUseitiger 
Prüfang  und  Darlegung  der  Qrftnde  und  Gegengründe  schliela- 
lioh  doch  mehr  lu  Ungunsten  Pfefferkorns  ausge£eülen  ist, 
da  wohl  zumeist  die  Yerfossersohaft  für  jenes  Lied  der  fürst- 
liohen  Dichterin  Ämilie  Juliane  von  Schwarzburg-Budolstadt 
zugeschrieben  wird,  so  können  wir  hier,  wo  es  zu  weit  fähren 
würde,  die  äufserst  weitschichtigen  Umstände,  welche  mit  jener, 
bereits  nach  der  einen  Seite  hin  als  so  gut  wie  gelöst  anzu- 
sehenden Streitfrage  sich  yerknüpfen,  auseinanderzusetzen, 
von  einer  Beziehung  Pfefferkom's  auf  jenes  Lied  des  Weiteren 
absehen.  Wohl  aber  haben  wir  den  eben  Genannten  als  an- 
erkannten Dichter  eines  anderen,  in  die  Gesangbücher  über- 
gegangenen Liedes  zu  würdigen,  des  Jesusliedes:  „Was  frag 
ich  nach  der  Welt"  —  welches,  nachdem  es  in  das  Jenaische 
Gesangbuch  tou  1724  aufgenommen,  im  Herder'schen  aber 
keinen  Platz  gefunden,  neuerdings  wieder  im  weimarischen 
Gesangbuche  zu  lesen  steht  Das  —  in  seinem  prägnant 
ausgesprochenen  Gegensatz  Ton  Weltverachtung  und  Liebe  zu 
Christus  —  wirksame  Lied,  zuerst  im  Jahre  1667,  als  Pfeffer- 
korn in  Altenburg  als  Erzieher  eine  Stelle  innehatte,  be- 
kannt geworden  und  bald  auch  von  Eurrendsohülern  gesungen, 
wird  wohl  noch  heute  im  Gottesdienst  gern  gebraucht. 
Interessant  ist  übrigens,  was  über  das  erste  Auffinden  dessel- 
ben berichtet  wird:  der  Anfang  davon,  auf  blauen  Sammet 
mit  Goldfaden  gestickt,  soll  sich  im  Geldkasten  einer  frommen 
Witwe  zu  Gofslar  vorgefunden  haben  (s.  Cunz,  a.  a.  0.  I, 
8.  664).  Aufser  dem  soeben  genannten  findet  sich  noch  ein 
anderes,  wohl  wenig  bekanntes  Lied  Pfefferkorns:  „Ach,  wie 
betrübt  sind  fromme  Seelen''  (mit  dem  steten,  in  jeder  Strophe 
wiederholten  Schlufs :  „Ach !  wenn  ich  nur  im  Himmel  war'*), 
im  Weifsenborn'schen  jenaischen  Gesangbuch  unter  die  Lieder 
vom  Sterben  und  Begräbnis  aufgenommen,  während  es  im 
Weimarischen  Gesangbuch  von  1739  (von  Weber  herausge- 
geben) unter  den  Kreuz-  und  Trostliedern  steht  Des  Liedes 
Inhalt  scheint  wohl  darauf  hinzudeuten,  dafs  es  in  den  späteren 


Dia  irümariHluit  Diobt«  v 


'  LebeoBJalirea  des  Diolittirs  TerfaTüt  ist ,  als  dieser  naoli 
mancherlei  Wirrsaien  und  Anfechtungen  dea  Erdendaseins 
mnde  war;  die  irdische  Welt  ein  Jamraerthal :  so  könnte  das, 
nur  zu  sehr  dÜBtere  Weltfluoht  atmende  Lied  passend  üher- 
Bchrieben  werden.  —  Kurz  zu  erwähnen  ist  nach  Pfefferkorn 
Johann  Eusebius  Schmidt.  Geboren  1669  zu  Hohenfeldeu  bei 
Kraniohfeld,  war  er  seit  1697  Pfarrer  zu  Siebleben  bei  Gotha 
und  ist  gestorben  im  Jahre  1745.  Nur  einige  wenige  sind 
Ton  seinen  ungeiähr  40  Liedern,  die  im  Freylinghausen'achen 
Gesangbuche  Aufnahme  gefunden,  in  andere  Gesangbücher 
Übergegangen,  so  vor  allen  das  schone  —  bisweilen  in  einer 
von  Diterich  gemachten  Veränderung  aich  findende  —  Er- 
weckungslied :  „Wie  grofs  ist  deine  Herrlichkeit"  (nach 
Bitericb  :  „Wie  grofs  ist  unsre  Seligkeit")  und  das  eigenartige, 
Trost  und  Mahnung  spendende  Zionslied ;  „Fahre  fort,  fahre 
fort"  (beide  Lieder  sind  im  neuen  weimarischen  Gesangbuche 
Torhanden).  —  Ebenfalls  nur  als  seinem  Geburtsorte  naoh  hier- 
her gehörig  ist  neben  Schmidt  kurz  zu  erwähnen  der,  wie 
dieser,  in  die  Dichterreihe  der  an  A.  H.  Francke  sich  an- 
achUefsenden  sogenannten  ersten  Halleschen  Pietistensohule 
gezählte,  eiust  zum  poeta  laurealus  caesareus  kreierte  Johann 
Ernst  Greding,  der,  am  30.  Juni  1676  in  Weimar  geboren, 
erst  eine  Rektoratsstelle  in  Hanau,  dann  die  Pfarrstolle  zu 
Altheim  bei  Hanau  bekleidete,  woselbst  er  im  Jahre  17lS 
gestorben  ist.  Seine  Lieder  erschienen  im  „Hanaischen  singen- 
den Zion";  nur  eines  aber  ist  es,  dae  auch  später  noch  be- 
kannt geworden  ist:  das  im  Württemberger  Oesanghuche  be- 
findliche fünfstrophige  Pasiionslied  :  „Der  am  Kreuz  ist  meine 
Liebe  und  sonst  Nichts  in  dieser  Welt";  häufiger  als  dieses,  , 
ja,  wohl  zumeist  an  Stelle  desselben  findet  sich  jedoch  in  den  ' 
Qesanghüchern  jenes  andere  Passionslied  mit  gleicher  Anfangs* 
Zeile,  von  welchem  weiter  oben  bereits  die  Eede  war  und  als 
dessen  angeblicher  —  aber  durchaus  nicht  erwiesener  — 
Verfasser  Ahasverus  Fritsoh  genannt  wurde.  —  Noch  weniger 
bekannt  als  der  vorgenannte  Grediug  und  auch  hier  nur  vor- 
übergehend zu  erwähnen  sind  zwei  andere    geistliche  Dichter 


370  ^®  weimarUchen  Dichter  von  Gesangbuehsliedern. 

dieser   Zeit:     Johann    Burkhard     Rösler     und    dessen    Sohn: 
Hermann  Burkhard  Rösler.     Ersterer,  in  den  Jahren   1669  bis 
1676  als  Wittumssekretär  bei  der  verwitweten  Herzogin  ychi 
Eisenach,  Marie  Elisabeth,  angestellt,  hat  „Camoenae  spirituales 
oder  Geistliche  Andachten  und    Lieder''    verfafst,  welche  der 
Sohn  im  Jahre  1711    in  Thurnau   aus    der  Hinterlassenschaft 
des   Vaters    herausgegeben   hat    und    von  denen  ein  Lied  im 
Freylinghausen'schen  Gesangbuche  sich  finden  soll.     Von  dem 
Sohne  selbst,  der,    1671   zu  Eisenach  geboren,  später  zunächst 
coUegia  juridica  priyata  in  Jena  gehalten,  dann  aber  aus  einem 
Juristen  ein  Theologe   geworden   und   in    der  Nähe  von  Jena 
auch  gepredigt  haben  soll,  sind  namenlos  erschienen :    „Erste 
Geist-  und  Andachtsfrüchte"  (Erfurt,  1706),    worin  21  geist- 
liche Lieder  stehen.     Keins   davon    aber   scheint  in    Gesang- 
bücher   übergegangen    zu    sein.    —    Wurden    wir    durch    die 
beiden  Rösler  ins  eisenachische  Gebiet  geführt,  so  lenkt  nun- 
mehr ein  Name  unseren  Blick  auch  in  einen  Bezirk,  der  bia 
jetzt  in  unserem  Zusammenhange  noch    nicht  Erwähnung  ge- 
funden, wie  er  denn  überhaupt  hier  nur  sehr  wenig  in  Betracht 
kommen  kann :    als  ein  Kind  des  Neustädter  Kreises,  diesem 
auch    sonst    ganz    angehörig,    tritt    uns    als    Dichter    Johann 
Stemler  entgegen,  der,  am  27.  August  1679  zu  Neustadt  a.  d. 
Orla  als  Sohn  des  dortigen  Superintendenten  Michael  Stemler 
geboren,  ebenfalls  in  seiner  Vaterstadt  als  Geistlicher  (Archi- 
diakonus)  gewirkt  hat  und  daselbst  im  Jahre  1728  gestorben 
ist.      Von  ihm  führt  der  Liederhistoriker  Wetzel  drei  Passions- 
lieder an    als    im  Schleusinger   Gesangbuch  von  1717  befind- 
lich;   eins    davon,    das    vierstrophige :     „König    aller    Ehren" 
findet    sich   auch    im  Weimarischen    Gesangbuche    von    1739, 
hier  aber  ohne  Angabe  des  Verfassers,    und  es  ist  dies  wohl 
als  das  verhältnismäfsig  beste  von  jenen  drei  befunden  worden. 
Aufser  diesen  wird    noch   von    einem  vierten  Liede  Stemler's 
berichtet    („Mich    kann  Nichts    so    sehr    vergnügen"),    jedoch 
ohne  Angabe,    ob  dasselbe  Aufnahme  in    ein  Gesangbuch  ge- 
funden;   gerade    durch    dieses   aber  scheint    der  Dichter    sich 
selbst  ein  bleibendes  Andenken  haben  sichern  wollen,  insofern 


Dia 


Diafater  von  aeskngboobslUden 


ati  I 


-  uaoh  einem  damals  nicht  unbeliebten,  beute  aber  wohl 
nicht  mehr  naohzuahmenden  Brauch  —  durch  die  Anfauge- 
buchstuben  der  Strophen  Beines  Liedes  die  Beaeichnung  seioee 
Namens  und  Amtes  gegeben  hat.  Ebenso  wie  Stemler'g 
Namen,  eo  wird  auch  der  eines  aadereu,  ziemlich  gleiebzeitigeD 
Liederdichters  unberer  wetmarischen  Landeskirche  nur  selten 
genannt:  der  Name  Ernst  Stockmann's.  Er  ist  der  Sohn  des 
xa  Lützen  geborenen  und  gestorbenen  Faul  Stock  mann, 
welcher  in  der  allgemeinen  Li tterat Urgeschichte  des  geistlichen 
Liedes  aU  Dichter  des  34-Btrophigeu  FassionsgeGangee  „Jesu 
Leiden,  Fein  und  Tod"  zu  nennen  ist,  eines  Liedes,  welches 
wohl  noch  mehr,  als  durch  seinen  Test,  durch  die  von 
Melchior  Vulpius  dazu  gesetzte  schone  Melodie  bekannt  ge- 
worden ist.  Von  dem  Sohne  hud,  der  allein  hier  des  Näheren 
zu  erwähnen,  ist  zu  bemerken,  dafs  er,  am  18.  April  1G34 
zu  Liitzen  geboren ,  erat  Pfarrer  in  Beyer- Naumburg  bei 
LUansfeld,  später  Superintendent  zu  Allstedt  gewesen,  darauf 
beit  dem  Jahre  1691  die  Stelle  eines  KoasistorialassesaDTs  io 
rSisenaoh  sowie  seit  1709  diejenige  eines  weimarisohcn 
Eirchenrates  bekleidet  hat,  als  welcher  er  am  28.  April  1712 
gestorben  ist  Er  hat  im  Jahre  1701  zu  Leipzig  eine 
„Foetiaohe  Schriftlust  oder  100  geistliche  Madrigalen"  er- 
scheinen lassen,  und  einige  Lieder  dieser  Sammlung  sind  zu 
Oesangbuchsliedern  geworden.  So  findet  sich  im  alteren 
Jfnaisohen  Gesangbuch  (Nr.  610)  ein  Lied  („Für  dir,  du 
grofser  Segensgott"),  aus  Anlafs  ud fruchtbarer  Witterung  ge- 
dichtet, und  zu  diesem,  dessen  letzte  Strophe  eigenartiger- 
weise eine  kurze  ZuHammenfaesuDg  des  Vaterunsers  bieteti 
ist  im  älteren  weimarischen  Gesangbuch  von  1739  (Nr.  799) 
noch  ein  inniges  GottTertrauenslied  aufgenommen  („Gott,  der 
wird's  wohl  machen"),  ein  Lied,  welohes,  abgesehen  von 
einigen ,  mit  nicht  mehr  gebräuchlichen ,  alt«ii  Redeweisen 
versehenen  und  darum  entweder  zu  verändernden  oder  aus- 
EulasBenden  Strophen,  vielleicht  doch  würdig  befunden  werden 
könnte,  auch  in  neuere  Gesangbücher  aufgenommen  zu  werden. 
Nachdem    wii    nun    in    dem    soeben  Behandelten  auf  die 


I 
I 


372  ^^®  weimarischen  Dichter  von  Gesangbachsliedem. 

Betrachtung  Salomo  Franck's  die  Erwähnung  einiger,  minder 
bedeutender    Liederdichter   haben   folgen   lassen,   wollen   wir 
jetzt,  durch  den  Letztgenannten  schon  dazu  übergeleitet,  uns 
der  bereits  kurz  angedeuteten  Reihe  von  Männern  zuwenden, 
welche,  am  Ende  des  17.  und  im  Anfang  des  18.  Jahrhunderts 
lebend,  ebenso  wie  Franck  durch  ihr  Wirken  mit  der  Haupt- 
stadt unseres  Landes  selbst  mehr  oder  minder  lange  und  innig 
yerwachsen  gewesen  sind,  —  Männern,  die  hier  um  so  mehr 
eine  nähere  Betrachtung  auch   ihrer  dichterischen  Bedeutung 
erheischen,   als   sie   sonst   in    der  allgemeinen  Geschichte  des 
Kirchenliedes  teilweise   gar   nicht   weiter  gewürdigt   werden. 
So  sei  denn  zunächst   genannt  noch   aus   der  zweiten  Hälfte 
des     17.  Jahrhunderts   der    weimarische  Hofprediger   und  — 
von   1692  an  —  auch  Generalsuperintendent  Conrad  Ton  der 
Lage  (gestorben    im    Jahre  1695),    der    im    Jahre    1681    ein 
„Auserlesenes    Weimarisches     Gesangbuch*'    mit    220    ausge- 
wählten Liedern  herausgab,  welches  dem  —  in  einer  voraus- 
geschickten längeren  Widmung  feierlich  angeredeten  —  Herzog 
Johann  Ernst  dediciert  ist.     Bemerkenswert  ist  die  Äufserung 
des  Liederhistorikers  Binder  (s.  a.  a.  0.)  über  dieses  Gesang- 
buch,  in  welchem   13  von    dem  Herausgeber    selbst   verfafste 
Lieder  stehen;  er  sagt:  ,)Es  scheint,  als  ob  dieses  Gesangbuch 
den    Herren    Lieder-Collectoribus    zeither   nicht   recht   müsse 
bekannt  gewesen  sein,  gleichwie  auch  zu  verwundern  ist,  dafs 
von  allen  diesen  angeführten  Liedern  kein  einziges  weder  in 
die  folgenden  weimarischen,  auch  die  zu  Lebzeiten  des  Auctoris, 
1684  u.  s.  w.  herauskommen,   noch  vielmehr   in  fremde  Ge- 
sangbücher fortgesetzet   worden,   da   es   doch   erbauliche   und 
wohlgesetzte  Lieder    sind.'*     Diese   letztere    Bemerkung  kann 
eich  —  was  die  Nichtaufnahme   in  andere  Gesangbücher  an- 
betrifft —  doch  nur  auf   die    von    dem  Herausgeber  des  Ge- 
sangbuchs selbst    verfafsten  Lieder   beziehen,    und    diese  ver- 
dienen allerdings  in  ihrer  Eigenart  etwas    näher  geprüft  und 
gewürdigt    zu    werden.      An    und    für    sich    betrachtet    und 
historisch  angesehen,    können    sie    doch  vielleicht  darauf  An- 
spruch  machen,   vor    manch    anderen    gleichzeitigen    Gesang- 


ichsdichtuDgen  rorgezogeo  zu  w^rdeo,  und  es  nufs  aller- 
Loderlich  erBcheinea,  dafa,  während 
minderwertigen  Prodakten  weitere  Verbreitung  gegönnt  wavd, 
die  doch  im  Allgemeinen  fliefsend  geechriebenen ,  im  Inbttlt 
I  biblisch  gehaltenen  und  erwecklichen  Lieder  unseres  Ver- 
I  fasBCte  Bolche  nicht  gefunden  haben.  Sollte  dies  vielleicht  ia 
einem  geringeren  Bekanntwerden  des,  diese  Lieder  enthalten- 
den Gesangbuches  selbst  seiaeu  Orund  haben  ?  So  möchte 
man  freilich  mit  Binder  zunächst  vermuten.  Ton  den  drei- 
zehn Dichtungen,  die  übrigens  teilweii>e    an  einer,    allerdings 


zu  jenen  Zeiten  nicht  ungewöhnlichen,  allzu  giofsen  LKnge 
leiden,  seien  hier  wenigstens  einige  hesoadeTB  eigenartige  ange- 
führt; so  gleich  das  erste,  ein  Adventslied,  in  welchem  ein 
Zwiegespräch  zwischen  Jesus  und  dem  ihn  erwartenden  Zion 
enthalten  ist,  ferner  ein  Ehe-  und  Hochzeithed,  das  seine 
Orundtöne  aus  der  Erzählung  von  der  Hochzeit  zu  Kana  her- 
nimmt; weiter  ein  besonders  zeitgeschichtlich  intereasantes 
and  im  Ausdruck  kraftvoll  gehaltenes  Lied  „wider  die  Tür- 
ken"; sodann  ein,  auf  das  Absterben  der  Frau  Christiane 
Elisabeth  {geb.  Herzogin  zu  Holstein,  vermählter  Herzogin, 
■u  Sachsen)  gedichtetes  Lied,  überschrieben:  „Hie  verlohrue 
Turtel- Taube",  —  welches  allerdings  in  seiner  sehr  ausge- 
prägten Eigenart  von  allen  Lage'schen  Liedern  am  wenigsten 
sich  zu  einem  Oesangbuchsliede  eignet;  endlich  ein  besonders 
biblisch  und  bilderreich  gestaltetes  Lied  Tom  jüngsten  Tage. 
Aulser  diesen  finden  sich  noch  in  der  Sammlung,  ron  Yon 
der  Lage  selbst  gedichtet :  ein  Passionalied,  ein  Lied  auf  den 
Tag  Johannis  des  Täufers,  ein  Bufslied,  ein  Morgen-  und 
Abenülied,  ein  Tiostlied,  und  noch  zwei  Sterbelieder.  Zu 
diesen  dreizehn  Liedern  aber,  wie  sie  des  Dichters  Gesaug- 
buch darbietet,  haben  wir  noch  ein  vierzehntes  gelinden,  und 
zwar  als  einziges,  welches  vos  von  der  Lage  im  (Weber'schen) 
weimarischen  Gesangbuche  von  1739  steht:  es  ist  dies  das 
unter  die  Katechismuslieder  aufgenommene  (Nr.  390):  „Ach 
Gott,  im  Wesen  Ein,  gedriftet  in  Personen",  —  ein  Lied  von 
i  lehrhaftem   Charakter    auch  ineofem,    als   es  gegen 


I 


durohau 


^  ICAibrinohfi  «nd  Uhoken  Lehren  der  kaHioIieelieii  Kirdie 
pj^ffnaiit  mh  aoMprielit  ^),  —  Bin  anderer  weimarieeber  Geist- 
.li#pr  dieser  Zeit»  nm  welebem  nns  nur  ein  Lied  Ütierliefart 
fjiti  ist  der  So^^piedigeKi  Obeaskonsistorialrat  und  Kir^enret 
geheim  KTessen  (nieh^  Klefr  gesehrieben,  nacbJBinder's  ms- 
4rSeklicher  Beme|kni^)i  der  uns  je  schon  weiter  oben  «b 
l»esonderer  Oönjuer  SslomeJFrenoks  mit  einem  auf  diesen  y^er- 
-hUm  Lebspnieb  begegnete.  Br  ist  am  2.  März  1M9  ge- 
•bs^ren  nnd  «in  18*  Oj^ber  1720  gestorben.  Das  eine  Lied 
{^QtQtk  iMUlin's  nidit  böse  infinen*')i  welehes  von  ihm  uns  |e- 
sidieiikt  ist,  ein  I  in  lange ,  zahlreiche  Strophen  gefafetes» 
schUoht-herzlidhes  Zeugnis  ron  innigem  Gottvertrauen,  hat  in 
4en  wmnarischen  Oesanghüehem  eine  alte  Heimstätte,  ist 
aneh  in  ande?e  Oesangbücher  üb^gegangen  (so  z.  B.  in  das 
Freylinghausen*sohe)y  dürfte  aber  fireilich  mehr  zu  gebet^- 
mltfsigep  Lesen  als  zum  wiirldidien  Singen  geeignet  sein  wfxä 
bei  wohl  auch  in  emtar^n  Sinne  zumeist  seine  Anwendung 
^efianden.  Wahrscheinlieh  in  der  Absicht^  ui^i  ^|ep^n^^l^bffper 
eingbar  zu  gestalten,  hat  ein  gewisser  Samuel  Beer  die  langi^n 
•8  Strophen  desselben  in  ebeuso  viele  kürzere  umgedichtet» 
indem  er  zugleich  deu  Inhalt  jeder  einzelnen  Strophe  mög- 
lichst zu  wahren  gesucht,  —  ein  Beginnen,  das  wohl  kaum  zu 
befürworten  sein  dürfte.  Die  Umdichtung  hat  im  Weimarischen 
Oesangbuche  von  1789  gleich  nach  dem  ursprünglichen  Liede 
selbst  Aufnahme  gefunden  (Nr.  826).  —  In  Verbindung  mit 
8.  Eranck  wurde  neben  Klessen  noch  ein  anderer  weimarischer 
Geistlicher,    der   Oberhofprediger   und   Genoralsuperintendent 


1)  Nachträglich  und  boüäafig  sei  hier  erwähnt,  dafs  sich  unter  den 
Sterb-  und  Begräbnisliedem  in  von  der  Lage's  Gesangbuche  eins  findet, 
welches  die  Überschrift  trägt:  „Hertsog  Johann- Wilhelms  zu  Sachsen 
Lied*^  und,  auf  die  bekannte  Hiobstelle  gegründet,  anhebt :  „Ich  weifs, 
dals  mein  Erlöser  lebt*' ;  die  Anfangsbuchstaben  der  Zeilen  ergeben  den 
Namen  des  Fürsten.  Das  Lied,  sehr  künstlich  gemacht  in  seinem  Aufbau, 
£ndet  sich  auch  in  anderen  weimarischen  Gesangbüchern,  so  auch  im 
Weber'sehen  von  1739 ;  hier  aber  wird  als  ein  anderweitig  vermuteter 
Verfasser  neben  dem  Fürsten  der  in  die  zweite  Hälfte  des  16.  Jahr- 
liunderts  gehörige  Liederdichter  Ludwig  Helmbold  genannt. 


Johann  Georg  Lairitz,  genanot  und  dieser  hat  eine  Vorrede 
em  im  Jahre  1708  herauegegebenen  we  im  arischen  Oeeang- 
buch  geachrieben.  Nun  fiodet  aicli  zwar  nicht  in  diesem, 
wohl  aber  in  dem  von  Weber  besorgten  Gesaagbuch  von  1739 
unter  Nr.  814  ein  Lied  mit  der  Angabe  eines  Verfaseera, 
Namens  M.  Joh.  Jac.  Lairiz;  es  ist  ein  innig  empfundenem 
Oottvertrauenalied  in  neun  Strophen  und  steht  unmittelbar 
nach  einem  anderen ,  von  S,  Franck  gedichteten  und  oben 
bereits  erwähnten,  mit  welchem  es  den  gleichen  Anfang  hat: 
„Ich  halte  Gott  in  Allem  stille".  Ob  der  Dichter  dieBCs 
Liedes,  welches  dem  von  Franuk  im  Inhalt  sehr  ähnlich  ist, 
■wenn  auch  jeues  noch  höher  steht,  ein  Verwandter  von  jenem 
oben  genannten  weimarisehen  General  Superintendenten  sein 
mag  oder  vielleicht  doch  dieser  selbst  als  Verfasser  ange- 
nommen werden  darf,  abgesehen  von  jener  allerdings  vor- 
handenen Differenz  bezüglich  eines  —  vielleicht  irrtüralioli 
angegebenen  —  Vornamens?  Erschwerend  fdr  diese  An- 
nahme ist  freilich  der  Umstand,  dafs  das  Lied  eben  doch  in 
dem  von  Lairiz  selbst  besorgten  Gesangbuche  nioht  vorkommt. 
—  Wie  der  Liederhistoriker  Binder  auf  jenen  vorerst  ge- 
nannten von  der  Lage  und  sein  Gesangbuch  erneut  aufmerk, 
eam  gemacht  hat,  so  auch  auf  einen  anderen,  bald  nachher 
in  Weimar  wirkenden  und  ebenfalls  auf  dem  Oesangbuohsge- 
biete  thätigen  Geistlichen  :  den  Generalsuperintendenten  und 
Oberhöfprediger  D.  Christoph  Heinrich  Zeibich.  Derselbe  hat 
das  Baruthisohe  Gesangbuch  (Leipzig,  17Il)mit  einem  längeren 
Vorbericht  versehen,  (ür  dasselbe  aber  auch  einige  selbstver- 
fafste  Lieder  geliefert.  Ebenso  aber  wie  diejenigen  von  von 
der  Lage  sind  auch  diese  weiterer  Verbreitung  nicht  gewür- 
digt worden  und  haben  den  Namen  des  Dichters  nicht  weiter 
bekannt  gemacht.  Dahingegen  hat  wiederum  ein  einziges 
Lied  eines  anderen  Weimaraners,  welches  heute  noch  gern 
gesungen  wird,  seine  Stelle  wenigstens  im  weimarisohen  Oe- 
sangbuche  behauptet :  es  ist  dies  das  innige,  ohne  alle  Kunst, 
aber  mit  aller  frommer  Herzlichkeit  gedichtete  Oottvertraoens- 
lied  1  „Gott  hat  bis  hieher  Haus  gehalten",  von  Johann  Oott- 


I 

I 


me 


0i« 


0iehtor  ▼««  Gnnngi>iiihi|ii>iiiiipii> 


ftied  HOUDger  (169S— 1782).    fir  wn  bis  aiiii  Jahr»  L7^1 
«  HdJjj^fedigttr  in  Wmmar,  waxde  dann  aber  als  flnpegint^ndmii 
nacb  Saal^Bld  bomfen   und   sdn   Lied  soll   in  diea^n  Übe^ 
gsa^ßBJahee  entstanden  sein.   —  Den  Beadilnfii  endHeh  dieaer 
Beibe    ren    aeitlieb   und    amtlieh    rieh    ao    iberana    niiW- 
stylenden  MfinnerOi   die,   aämtlicb  der   Stadt  Weinnur   aeKiai 
angeborig  mit  ibrem  kttraeren    oder   längeren  Wirkmi,  tmati 
ficomm-diebteiiaeb   ricib  mebr  oder   minder   betbätigft   babeny. 
m$ge  der  Kann  bilden,  desaen  Fürsorge  das  weimariaebe  I«aad 
daa  bisber  nmfittsendste  Gesangbneb   au  yerdanken  bat  imd 
dessen  Namen  sebon  nm  deswSleo^  aber  ancib  überbaopt  .ir.tigfStt 
seiner  Terdienste  auf  dem  Gebiete  der  Kirche  als  dmjeiBaga^ 
eines  der  beryorragendsten   Oeistlichen    des    Landes   all^Ba&t 
einen  edlen,  Tomebmen  Solang  behalten   wird:  wir   meinen 
Johann   Georg  Weber,   Oberhofyrediger«   Kirohenrat  und  Qa^ 
neralsnperintendent  zu  Weimar  (geb.  1687,  gest  1758),  Seho» 
öfters  mulsten  wir  Gelegenheit  nehmen,  auf  das  yon  ihm  he»^ 
sorgte  Gesangbuch  au  verweisen;   dasselbe  liegt  yor  in  wim 
Aasgaben,  die  erste  Utater  dem  Titel:   „Heilige  Übung^i  4mt 
Gottseeligkeit  in   Singen    und    Beten   oder   neueingerichtetes- 
WeimariBcheB  Gesang-  und  Gebeth-Buch'^  u.  s.  w.  (enthaltend 
im    Ganzen  531  Lieder),    —    die    andere    unter    dem    Titelt 
„Der  singende  Glaube  des  Weimarischen  Zions  oder  neu  ein- 
gerichtetes  Weimarisches  Gesang- Buch''  u.  s.  w.,   1739    (ent- 
haltend im  Ganzen   1058    Lieder).     Beiden    geht   voraus  eine^ 
ausführliche    Vorrede   Webers   (die    zur    ersten   Ausgabe    ist 
datiert  vom  20.  April  1783);  in  dem  Gesangbuch  von    1739 
findet  sich  eine  solche  (bereits  vom  Tage  vor  Michaelis  1736 
datiert)  in  Porm   einer  Abhandlung  „von  dem  rechten  geist- 
lichen   Geschmack    der    Evangelischen    Lieder".      In    diesem 
Gesangbuch    sind    nun   auch    eine  Anzahl   von  Weber  selbst- 
verfafster  Lieder  vorhanden;    wir   haben   im  Ganzen  deren  6 
finden  können,  nämlich  ein  Adventlied  („So  ist  denn  der  Tag 
erschienen",  Umänderung  eines  anderen,  vorhergehenden  von 
unbekannter  Verfasserschaft),  ein  Weihnachtlied  („Die  freuden- 
volle Zeit"),  ein  Neujahrslied  („Ach  Gott,  wie  grofs  ist  deine 


Dia  wdmkrlaohen  Dichter  tod  OaungbaehBlisdent, 


377 


Güte''),  ein  Jesuelied  („A  und  0,  Anfang  und  Eode"),  ein 
TroBtlied  („Seele,  schwinge  dich  zu  Gott"  —  mit  1.  0.  W. 
unterzeichnet)  und  endlieh  im  Anhang  ein  ,,ReohtfertigungB- 
und  Absolutio Dslied  („Gott  Lob!  ich  habe  Frieden  funden")- 
Ein  eiebentes  aber  von  Weber  gedichtetes  Lied  (das  einzige 
von  ihm,  welches  in  das  neue  weimarieche  Oeeangbach  Auf- 
nahme gefunden:  „Was  soll  ich  dir,  mein  Gott")  steht  nicht 
mit  in  seinem  eigenen  Gesaogbuche,  weder  in  der  er«teu  noch 
in  der  zweiten  Ausgabe,  da  es,  wie  spätere  Gesangbücher 
auBweiaen,  erst  im  Jahre  1 744  gedichtet  ist,  und  aus  dem- 
selben Jahre  datiert  noch  ein  anderes,  achtes  („Hein  Gott, 
ioh  soll  zur  Rechnung  kommen"),  welches,  wie  das  erstge- 
nannte auch,  im  Herder'schen  Gesangbuch  zu  finden  ist.  Dafs 
wenigstens  jenes  eine,  welches  Ton  allen  das  für  den  kiroh- 
lichen  Gebrauch  geeignetste  sein  dürfte,  neuerdings  wieder 
Aufnahme  gefunden,  ist  jedenfalls  ohne  Weiteres  anzuerkennen, 
und  dies  um  so  mehr,  als  auch  eine  Meinung  laut  geworden 
iat  1),  welche  dem  einen  Weber' sehen  Liebe  ebenso  wie  den 
vorgenannten  einzelnen  Ton  Baier,  Klessen  und  Hillmger  einen 
Platz  im  neuen  weimariechen  Geaangbuohe  nicht  bat  zu- 
sprechen wollen,  —  eine  Meinung,  die.  wie  wir  meinen,  beim 
Hinblick  auf  die  Fersen  der  Dichter,  vor  Allem  aber  bei 
wohlerwägender  Prüfung  des  Wertes  der  Lieder  selbst  eben 
doch  als  unhaltbar  erscheinen  mufs.  Was  die  Lieder  Webers 
insgemein  anbetri&'t,  so  kann  vod  ihnen  wohl  gesagt  werden, 
dafs  sie  die  Eigenschaft  an  sich  tragen,  die  er  an  Oesang- 
buohsliedern  vor  Allem  hoch  geschätzt  wissen  will,  wenn  er 
sagt  (im  Vorbericht  zum  Gesangbuch  von  1739,  8.  17): 
„Bas  sind  demiiaoh  die  allerbesten  und  schmackhafftigsten 
Lieder  in  der  Evangelischen  Kirche,  welche  vor  allen  Dingen 
schrift'tmüisig,  und  sodann  auch  erbaulich  seyn".  Wenn  aber 
nur  jenes  eine  Lied  von  dem  Dichter  uns  noch  neuerdinge 
begegnet,  so  hat  dies  seinen  Grund  wohl  hauptsächlich  darin. 


I 


1)  veo  Snp.  Blarbftcb    in 
EwätmarlBcheD  GcSftDgbnchsBnt' 


'    BeurleiJuDg    deü  neu 


878 


IrestDgbacluliedem , 


dafa  bei  aUem  frommen  und  tief  empfundenen  Inhalte,  den 
jene  anderen  in  sich  bergen,  eben  doch  ihre  Form  vielfach 
eine  solche  iat,  die  nicht  mehr  so  unmittelbar  anspricht  wie 
diejeniue  neuerer  Lieder.  Aber  von  dem  einen  noch  auf- 
behaltenen Liede  mag  wohl  geurteilt  werden,  dafs  es  —  ab- 
gesehen von  dem  demütig- dank  baren  Oeiet,  durch  den 
edler  Inhalt  gekennzeichnet  .ist  —  auch  äufeerlich  in  e 
fachen,  aber  edel  fliefeendcn  Versen  eich  darbietet. 

Sind  wir  mit  den  letztgenannten  Dichtern  bereits 
18.  Jahrhundert  eingetreten,  so  sind  für  diese  Zeit  nur  noob'' 
Wenige  2u  nennen,  und  zumal  in  der  ersten  Hälfte  dieses 
Jahrhunderts,  welche  Rambach  als  die  (bei  ihm  allerdings 
schon  im  letzten  Dccennium  dee  vorigen  beginnende)  „Periode 
des  Greiaenalters"  für  die  geistliche  Liederdichtuag  bezeichnet 
wissen  will,  ist  auch  für  unser  beschränktem  Gebiet  —  wenn 
wir  von  der  auch  noch  den  ersten  Jahrzehnten  mit  ange- 
hörigen  Gestalt  Salomo  Franoks  absehen  —  eigentlich  nur 
Spärliches  zu  verzeichnen.  Aus  den  zwanziger  Jahren  (1723) 
wird  von  der  zu  Jena  erfolgten  Herausgabe  einer  Lieder- 
eammlung  berichtet,  welche  einen  gewiesen  l/L.  Friedrich  Christ 
(gebüitig  aus  Buttstädt,  sonst  unbekannt)  noch  als  stud.  tbeol 
zum  Verfasser  hat.  Einige  von  diesen  Liedern  aollen  aunh 
in  üffenthchen  Gebrauch  gekommen  eein,  ^o  z.  B.  eines  mit 
dem  Anfang:  „Uein  Gott,  wie  etark  ist  doch  in  mir  die  Uacht 
und  Wut  der  Sünden";  wir  haben  jedoch  Nichte  in  Geaang- 
büchern  davon  ündeu  können.  Im  AnschluTs  hieran  sei  so- 
gleich auch  eine  —  allerdings  um  über  50  Jahre  später  er- 
Bohienene  —  „kleine  Sammlung  erbauliclier  Lieder  (nebat  einem 
Beitrage  zu  einer  Wittenbergischen  Liederhistorie)"  nur  kurz 
erwähnt,  die  in  Wittenberg  1779  herausgegeben  wurde  und 
Kum  Verfasser  hat  den  am  14.  August  1719  zu  Apolda  ge- 
borenen Joh.  Friedr.  Hirt,  welcher,  nachdem  er  als  Doktor 
und  Professor  der  Theologie  zugleich  die  Stelle  eines  Eon- 
aistorialrates  und  Superintendenten  zu  Jena  bekleidet,  1775 
als  erater  Profeaaor  der  Theologie  und  Generalsuperintendent.j 
naoh  Wittenberg   berufen  ward,    woaelbst    er    im  Jahre  17Bft.J 


Die  weimBiilchail  Dtchlir  von  Oewogbuchsl  ledern. 


gestorben    ist.      Auch    seineD    Namen    habon    wir    iu    Geean;;- 
büchern  uicht  verzeichnet  finden    künneit;    möglich  aber,  daf 


äberge gangen  s 
EU  verzeichnen 
Ambro  eiani  sehe 
Lied:  „Nun  ko 
übersetzt  hat; 


aea  erhaulicheo  Liedern  namenlos  in  sololie 
ind.  Als  besondere  merkwürdig  lat  übrigena 
,  dafs  Hirt  das  von  Luther  {aus  der  alten 
II  Hymne:  Veni  redemtor  gentium)  übersetzte 
mm,  der  Heiden  Heiland"  in  hebräische  Verse 
solche  Übersetzung,  mit  historischen  und  Icri- 
tiBcheu  Anmerkungen,  ist  in  demselben  Jahre  mit  jener  Lieder- 
BammluDg,  1779,  aber  eigens  herausgegeben,  erschienen.  — 
Weiter  zurück  als  das  soeben  genannte  datiert  ein  einielnes 
Gesangbucbelied  von  Johann  Georg  Ooldbammer,  Diakonus 
in  Ilmenau  gegen  die  Mitte  des  18,  Jahrhunderte:  „Bleib' 
fromm  und  halt  dich  allzeit  recht".  Das  Lied,  schlicht  in 
der  Form  und  nicht  Yon  besonderer  Eigenart,  steht  im  Herder- 
Bchen  Oeeaiigbuch,  ist  aber  ias  neue  weimarieche  nicht  auf- 
genommen. Doch  —  eilen  wir  nunmehr,  nach  nur  beiläutiger 
Erwähnung  dieser  minder  wiohtigen  Sondereracheinungen, 
weiter  za  einer  Betrachtung  deesen,  durch  welchen  eine  neue 
Periode  für  die  Bethatigung  auf  unserem  Gebiete  mit  Ter- 
mittelt  gedacht  wird:  Johann  Gottfried  von  Herders  (1744 
— 1803),  der,  wenn  auch  nicht  gerade  hervorragend  selbet- 
thätig  als  spezieller  Kirchenliederdichter,  doch  um  die  Qesang- 
buchssache  im  Allgemeinen  sich  eo  grofae  Verdienste  erworben 
hat,  dafs  er  schon  um  deswillen  hier  wenigetens  kurz  erwähnt 
werden  müfste.  Ea  würde  hier  zu  weit  führen,  den  litterari- 
achen  Charakter,  die  ausgeprägt  litterariache  Eigenart  des  in 
unserem  Lande  und  darüber  hinaus  allezeit  hoch  und  wert 
geschätzten,  der  Glanzperiode  Weimars  angehorigen  Uannes 
in  eingehender  Weise  darzulegen,  und  ebenso  kann  ja  hier 
nicht  die  Stelle  eein,  wo  auf  die  besonderen  Verdienste  Her- 
ders um  die  weimarieche  Landeskirche  in  allseitig  würdigender 
Weise  des  Näheren  eingegangen  werden  könnte :  jenes  ist 
Aufgabe  der  allgemeinen  Litteraturgeschichte  —  dieses  Auf- 
gabe einer  auf  unser  Land  bezüglichen  allgemeineren  kirehen- 
geschichtlichen  Abhandlung.    Hier  ist  vor  Allem  die  eine,  fiir 


I 


Di«  weimkriMhea  Dichter  von  Geaingbacfasliideru. 

die  Geschichte  des  OeBBngbuches  in  unserem  Lande  hoch- 
wichtige Thatsache  zu  verzeiohneu,  daTs  Herder  im  Jahre  1795 
ein  neuea  woims^isehee  Gesaujiibuoli  herausgegeheo,  von  einer 
Torrede  begleitet,  iJie,  kurz,  aber  übetHUB  inhaltsvoll,  mit  der 
dem  Herausgeber  eigeuen  Klarheit  und  geiDem  tiefgeiatig 
frommen  Gefühl  genngsam  gekenneeiöhnet,  wohl  für  alle  Zeit 
normative  uad  bedeutuugsyolle  Gedanken  bezüglich  des  zu 
betaaodelndeu  Gegenstaodee  enthält,  Gedanken,  aal'  welche  für 
die  Beurteilung  der  Kirchenlieder  insgemein  wie  für  die  rechte 
Alt  ihres  Gebrauche  wohl  immer  wieder  zurückgegangen 
werden  mufs.  Über  die  Art  der  Zusammenstellung  der  Lieder 
für  dieeee  Gesangbuch  kann  man  ja  freilich  rersohiedener 
ifeinuDg  sein,  uad  besonders  befremdlich  könnte  es  vielleicht 
erscheinen,  dafs  der  Herausgeber  in  dem  zweiten  Teile  eo 
vielen  (hauptsächlich  von  Diterich)  verändertec  Liedern  gar 
reichlichen  Platz  gegönnt.  Aber  allerdings  hat  wohl  l^chauer 
Eecht,  wenn  er  („Gesch.  d.  bibl.-kirohl.  Dicht-  und  Tunkunet" 
u,  B.  w.,  t^.  604)  sagt,  dafs  Herder  „dch  den  Verbaltnisaen  un- 
bequemen mufste",  dafs  also  darin  die  Art  seiner  Auswahl  in 
Ktwas  erklärlich  erscheiueu  mufs.  Von  Herder  selbst  übrigens 
sind  eine  ganze  Anzahl  Yeränderungen  gemacht  und  aufge- 
nommen (wir  zählten  in  einer  vermehrten  Aasi^be  seines  Ge- 
sangbuohee  im  Ganzen  16  von  ihm  selbst  veränderte  Lieder), 
dagegen  hat  man  erst  wieder  bei  der  Herausgabe  des  Denen 
weimarischen  Gesangbuches  darauf  Bedacht  genommen,  ihn 
anch  als  Verfasser  eigener  Kirchenlieder  durch  Aufnahme 
wenigstens  einiger  hervortreten  zu  lassen.  In  der  Sammlung 
Herder'scher  Gedichte  (Ausgabe  vod  Müller,  1817  ersohienec) 
sind  38  geistliche  Lieder  vorhanden,  die  Herder  teils  als  Hof- 
prediger in  Bückebnrg,  teils  in  seiner  Stellung  als  General- 
Superintendent  in  Weimar  verfafst  haben  soll,  und  nach  der 
Aussage  des  Herausgebers  der  Gedichte  sollen  jene  für  ein 
Gesangbuch  bestimmt  gewesen  sein.  Thatsächlich  scheint  sich 
aber  das  Urteil,  welches  mau  über  diese  Lieder  abgegeben, 
dafs  CB  „gar  keine  Kirchenlieder,  d.  h.  solche  mit  biblisch- 
kirchlich-volksniärs  ige  m  Tone"  seien,  auch  bestätigt  zu  habeo, 


I 


Diebtcr  TOQ  GaMutgljucIiilladeTs. 

iDBofem  doch  nur  ein  ganz  geringer  Bruchteil  in  Gesangbüchenil 

Platz  gefunden.  Für  das  neue  weimariache,  welchCB, 
irijend  eineB,  gerade  auch  Liedern  von  Herder'acher  Verfaaser- 
Bchaft  llaum  gönnen  mufste,  sind  —  nach  jedenfalU  reiflich 
bedachter  Auswahl  —  nur  drei  als  zur  Aufnahme  geeignet 
befunden  worden,  und  von  diesen  drei  hat  eines,  ein  Lied  auf 
das  ErBcheinungBfeet  („Du  Morgenstern,  du  Licht  vom  Licht"), 
■vor  der  Aufnahme  erst  noch  einer  Veränderung  unterzogen 
■werden  müssen.  Neben  diesem  aber  müssen  auch  die  zwei 
anderen,  ein  Lied  auf  die  Kouärmation  („Seid  f;elobt  denn 
und  geweihet")  und  ein  zweites,  welchem  die  zweite  Bitte 
des  Vaterunsers  zu  Grunde  liegt  („Herr,  unser  Gott,  wann 
kommt  dein  Reich"),  als  solche  Lieder  bezeichnet  werden, 
mit  deren  Aufnahme  man  durchaus  recht  gethan,  insofern  edle 
Form,  gepaart  mit  tief  lebendigem,  frommem  Gefühl  und  Geiet^ 
auszeichnende  Merkmale  dieser  Lieder  sind,  insofern  sie  dabei 
aber  auch  ohne  Weiteres  als  dem  christlichen  Volksgefühl  an- 
gepafst  und  singbar  sich  erweiaeo.  —  Nach  Herder  sei  so- 
gleich ein  anderer,  wiederum  mit  der  Stadt  Weimar  innig 
verwachsener,  hochedler  Mann  geoannt,  welchem  diese  eine 
ihrer  segensreichsten  Stiftungen  zn  verdanken  hat:  Johannes 
Daniel  Falk,  der,  zu  Danzig  am  28.  Oktober  1768  geboren, 
nach  einer  in  dürftigen  VerhältoisBeu  durchlebten  Jugend- 
ond  Studienzeit  im  Jahre  1793  nach  Weimar  kam,  woselbst 
«r  als  Legationsrat,  nachdem  er  durch  Begründung  des  ersten 
Eottungshauses  für  verwahrloste  Kinder  seinem  Namen  ein 
bleibendes  Andenken  gesichert,  am  H.  Februar  1826  starb. 
Als  echt  christlicher  Mann  hat  er  sich  noch  besonders  er- 
wiesen durch  Herausgabe  verschiedener  religiöser  Werke;  so 
hat  er  erscheinen  lassen  „Biblische  Gedichte",  ferner  „Das 
Vaterunser  in  Begleitung  von  Evangelien  und  uralten  christl. 
Chorälen",  und  weiter  wird  von  ihm  genannt  eine  Schrift 
unter  dem  Titel:  „Dr.  Martin  Luther  und  die  Reformation 
in  VolksHederu",  die  in  Weimar  nach  seinem  Tode,  im  Jahre 
1B80  erschienen  ist.  Als  Kirchen liederdichter  ist  Falk  nur 
mit    einem  Liede    in    dem    neuen    weimarischen    Gesangbuche 


I 
I 


I 


Die  walnwiliGlieii  DlcMer  tdq  Ge««ngbBebB]i«den 

Tertretea,  aber  mit  einem  solcheu,  über  deBsen  Aufnahme  maa 
aufs  HerEÜolist«  erfreut  aeia  kaun.  Den  kurzen,  dreistraphigen, 
so  überaus  Gohltchteu  ud«)  doch  dabei  üuTBerst  ergreifenden 
und  wirkungsvollen  Weihnachtsgeeang:  „0  du  fröhliche"  darf 
man  mit  vollem  Recht  ale  eine  der  schönsten  Perlen  uat^i 
deu  neueren  WeihnachtBliedern  bezeichueu,  und  es  ist  nur  zu 
wU  11  sehen,  dafs  sich  dieses  Lied  auch  zum  Gebrauch  beim 
feBtlichen  GottesdieDst  immer  mehr  einbürgern  möge.  Aus 
kiodlich-frommem  Oemüt  heraus  gedichtet,  deu  Stempel  ur- 
Bprünglichster  HerzeusempÜnduug  an  eich  tragend,  kann  es 
%rohl  auf  keinen,  der  ebenso  kindlich  tief,  ebenso  heilstroh 
wie  der  Verfasser  emptiudet,  seiue  Wirkung  je  rerfehJen.  — 
Koch  zwei  Dichter  sind  um  die  Wende  des  Jahrhunderts  zu 
verzeichnen,  die  freilich  in  liederhistori sehen  Werken  kaum 
naher  gewürdigt  werden  (nur  über  dtn  einen  fanden  wir  eine 
kurie  Notic)  und  deren  Lieder  auch  nicht  in  ött'entliolieD 
Gebrauch  gekommen  sind;  aber  da  sie  ihre  Liedeisammluagea 
gewissermafsen  als  kleine  Spezialgesaugbücher  dargeboten 
haben,  so  mag  ihre  Erwähnung  hier  immerhin  nicht  unge- 
rechtfertigt erscheiuen.  Der  Erste  ist  Johann  Zacharias  Hügel, 
der  bereits  als  Kandidat  des  Fredigtamls  und  Hauslehrer  in 
Jena  daselbst  t  Tä6  „Lieder  und  Gesänge  über  alle  Haupt- 
gtücke  der  ohristüchen  Glaubenslehren  mit  Kirchen -Melodien" 
(erstes  Bändchen  —  ein  zweitem  ist  wohl  niobt  uaohgefolgt) 
erscheinen  liefs,  eine  in  aller  Bescheidenheit,  die  deutlieh  aus 
der  Vorrede  spricht,  dargereichte  Gabe.  Die  Lieder,  welche, 
wie  aus  den  darüber  gesetzten  ond  ihre  Form  bedingenden 
Xirchenmelodien  zu  schlierten,  in  der  Absicht  des  Yerfassers 
wohl  für  kirchlichen  Gebrauch  berechnet  sein  mochten,  den 
sie  aber  nicht  erfahren  haben,  sind  richtig  uls  solche  ,,von 
simpelm,  kräftigem  und  oft  starkem  Ausdruck"  bezeichnet 
worden.  —  Der  andere  Dichter,  der  mit  dem  soeben  erwähnten 
zusammen  genannt  wurden  kann,  ist  Johann  Christian  Carl 
Töpfer,  Pastor  zu  Hottelstädt  und  Otlstädt  am  Berge,  welcher 
im  Jahre  1800  eiue  Sammlung  von  Gö  Liedern  —  dem 
■weimarischen  Erbprinzen  Carl  Friedrich  gewidmet  —  heraus- 


Dia  welmariBChen  Dlcfalef  von  GaauigbucbdiedarD,  } 

gegeben  hat  (ja  £wei  Lieder  auf  alle  ohrtBtUoheo  Feste,  Auoh 
auf  die  kleioereD,  aoost  uooh  besondere  Zeitlieder,  zuletzt  e 
„von  dev  ewigen  VerdammniB"),  Der  Verfasser  sagt  iu  der 
Voreriiinerung,  dal'g  die  Drsacheo,  welche  ihn  zur  Heraus- 
gabe dieser  geietlioheu  Lieder  bewogen  haben,  zu  wichtig 
seien,  aU  dafa  er  sich  zum  Druck  derselbeu  nioht  hätte  eot- 
sohliefaen  aolien;  welcher  Art  dieae  Ursachen  aber  gewesen, 
davon  verlautet  Nichts.    Auoh  diese  Lieder    mögen  urBprÜng- 


I  lieh  vom  Verfasser  für  deu 
gewesen  sein,  da  anoh  hiei 
versehen  sind,  doch  können 
Kirche  geeignet  bezeichnet 
ragend  ursprüngliehi 
mochtes,  was  ubs  iu 


kiTchiicheu  (iebrauch  berechnet 
sämtliche  mit  Melodieeunngahe 
lie  nioht  als  zum  Singen  in  der 
werden.  Es  ist  keine  hervor- 
e,  vielmehr  etwas  künstlich  Ge- 
Liedern  entgegentritt.     Sie  rufen 


den    Eindruck    einer    rein     ayalematisohen     Znsamnieaatellung 
hervor,  sind  wohl  streng  biblisch  gehalten,  oft  aber  in  mehr 


etwas  hölzerner  Art. 
inderlichei'  Ausdrücke 
vom  „Donner  Gottes", 
rd  der  „Lebensbaum" 
I  zu  sich  zieht'',  oder 
)    in    der    Welt    dient 


erzählendora  Tone  und  zuweilen  vo. 
Dabei  bedient  sich  der  Verfasser  oft 
und  Bilder;  er  spricht  gern  und  öftei 
ferner  vom  „Chiistenorden";  Christus 
genannt  oder  auch  ein  „Magnet,  der  i 
wird  bezeichnet  als  derjenige,  der  i 
„zum  Leitstern  ond  zum  Ruder"  (worauf  dann  der  Beim 
„Brüder").  Im  Ganzen  aber  murs  immerhin  von  den  Liedern 
.  Töpfurs  gesagt  werden ,  dafa  sie  das  Gepräge  frommer  Kind- 
Lüohkeit  (so  besondere  das  Lied  aufs  Uichaelisfest)  und 
I  Bohlichter  U  erzen  sei  nfalt  an  sich  tragen.  —  Sind  die  beiden 
'  Vorgenannten  weitereu  Kreisen  kaum  bekanut  geworden,  sa 
kommen  wir  nunmehr  Kur  Betrachtung  eines  Mannes,  dessen 
Bethätigung  auf  dem  Gebiete  geistlicher  Liederdichtnng  — 
wie  »ein  Wirken  in  unserer  Laudeskirche  überhaupt  — 
wiederum  einen  Höhepunkt  bezeichnet  für  die  neuere  Zeit, 
eines  Uannes,  dessen  Leben  mit  unserer  Kirche  so  innig 
verwachsen  gewesen,  dafs  es  wohl  gereuhlfertigt  ersoheint, 
ihm  hier  eine  etwas  eingehendere  Betrachtung  zu  widmen. 
Jener    hoohboOeuteode    Mann    ist    friedlich    August    Eoethe. 


I 


^4  [^  irdmaiiBChen  Dichter  von  aesangbuehelivd 

«hemaliger  Grofsh.  Weimar.  Konaiitarialrat,  Saperintendetit 
und  Oberpfstrer  in  Allstedt.  Suoheu  wir  zanächt  Beinen 
LebeDBgaog  iu  Kurzem  uds  zu  vergegenwärtigten !  Koethe  ist 
geboren  am  30.  Jnli  1781  EU  Lübben  in  der  Niederlauaitz 
als  Sohn  eines  Kreisaehretärs.  Kr  hat  vornehmliob  in  Leipzig 
studiert  (seit  1 SOO) ,  nahm  zeitweilig  auch  Aufenthalt  io 
Dresdeu,  wo  er  Gei«lesTBrwandle  fand,  und  erhielt  bereits 
im  Jabre  1S]0,  nachdem  er  kurz  zuvor,  jedoch  namenlos, 
eine  Abhandlang  unter  dem  Titel:  „Ansiohteu  von  der  Gegeu- 
VBrt  und  Aussichten  in  die  Zahunft"  hatte  erseheinen  lassen, 
eine  Berufung  als  aufserordent lieber  Professor  der  Philosophie 
nach  Jena,  die  er  denn  auch  annahm.  Im  Jahre  1813  warde 
ihm  neben  seiner  Dozenten  stelle  zugleich  das  Amt  eines  Dia- 
kouDs  und  Garoisonpredigors  ttbertragen  und  vier  Jahre  später 
wurde  der  Geistliehe  und  Gelehrte  zum  ordentlichen  Professor 
der  Theologie  ernannt.  Mit  grofscr  Treue  und  Aufopferung 
hat  Koethe  9  Jahre  laug,  den  gröfsten  Teil  dieser  Zeit  ein 
lloppelamt  verwaltend,  segensreich  gewirkt,  bis  er  1819  als 
Oberpfarrer  und  Superintendent  nach  Allstedt  übersiedelte, 
als  solcher  zugleich  zum  Konsist orialrat  ernannt.  Allstedt 
ist  ihm  gar  bald  lur  „glüokliolieo  Einsiedelei"  geworden, 
welche*  er  nicht  verliefs,  obwohl  ehrenvolle  Rafe  nach 
Efioigsberg  und  Altenborg  zur  Übernahme  hoher  geistlicher 
Ämter  an  ihn  ergingen,  wie  er  denn  auch  Berufungen  an 
die  Universitäten  Dorpat  und  Bonn  nicht  angenommen  hat. 
Yielleioht  mochte  Solches  seinen  Grand  darin  haben,  daCs 
Koethe  bereits  mit  schwächlicher  Gesnndheit  seine  Stelle  in 
Allstedt  antrat  (er  soll  nachmals  fünf  Ual  tötlich  krank  ge- 
wesen sein),  vielleioht  aber  glaubte  er  auch  in  seiner  er- 
wählten „Einsiedelei"  besser  als  auderswo  neben  dem,  von 
ihm  allem  Anderen  bevorzugten  geistlichen  Amte  Mufse  zu 
finden  für  schriftstellerisohe  Arbeilen,  deren  ja  auch  eine 
beträchtliche  Anzahl  von  ihm  herausgegeben  wurden.  Be- 
reits in  der  Jenaer  Periode  hatte  er  sich  vornehmlich  mit 
geschichtlichen  Arbeiten  beschäftigt;  aus  dieser  Zeit  ist  auch 
besonders    bemerkenswert,    dafs    Koethe,    dessen    theologische 


» 


e  Bin spräche 
BCbriftetellerischeD     , 


Die  wrimariiehBD  Dichter  von  Oenngbaobslledatii. 

EiohtuDg  kirchlich-oitfaodox  w»,  in  der  „Zeitechrift  f&i  ' 
Christenlnm  uod  Gotteegelahrheil",  die  deniala  erBchien,  den 
ersten  eiitächtedeoeii  Widerspruch  erhob  ^egeu  den  in  jener 
Zeil  zu  ttbfioluter  Herrschaft  gelangten  Halle-weiraari sehen, 
Tolgären  HalionBlismuB,  Ton  AllstedL  rub  liefs  ur  in  erster 
Zeit  eine  Sohrift  erscheinen  unter  dem  Titel:  „Wünsche  und 
VorBchliige  zur  kirchliohBo  Verfassung  io  Weimar"  (Leipzig 
1820),  „womit  er  gegen  die  Übermacht,  mit  welcher  damals 
in  Weimftr  der  tStaat  in  das  Gebiet  der  Etrohe  eiazugreit'en 
bemüht  war,  eine  warme,  aber  zugleich  gai  milde  und  be- 
lialegle".  Daneben  war  er  mit  gvörseien 
.rbeiten  in  Anspruch  genommen;  wie 
Thomas  a  Kempis  von  ihm  neu  bearbeitet  ward,  so  gab  er 
Melancbthons  Werke  (in  6  Bänden)  neu  heraus;  auf^erdcm 
Teraiiataltete  er  eine  Ausgabe  der  symbolischen  Büoher  der 
evangelisch -lutherischen  Kirche  unter  dem  Titel:  ,,Concordia" 
(Leipzig  183ü)  mit  sehr  eohittzbaren  Binli^ilungea  in  die  ein- 
selneo  Bücher.  Aber  auch  auf  anderem  Gebiete  entfaltete  er 
eine  nicht  ohne  Anerkennung  gebliebene  schtift atelierische 
Wirksamkeit;  ale  zwei  wichtige  Werke,  in  Allstedt  entstanden, 
werden  bezeichnet  zwei  grofse  Novellen  Eoethe's,  „von  dem 
Einsiedler  bei  St.  Johannes"  herausgegeben  unter  den  Titeln: 
„Die  Wiederkehr"  und:  „Die  Woche",  So  in  vielseitiger 
Weise  thätig,  hat  Koethe  SP/^  Jahre  in  Allstedt  guwirkt  in 
schöner  Üewähruug  des  Wortes:  „Alles  ist  euer,  ihr  aber 
seid  Christi",  mit  reicher  litterari scher  Thäligkeit  eine  tegens-  | 
volle  praktische  Wirksamkeit  alleBeit  verbindend,  und  er,  dem  ( 
die  im  Jahre  1B50  (am  23.  Oktober)  zur  Witwe  gewordene 
GsttiD  nachsagen  konnte:  „sein  ganzes  Wesen  war  Liebe", 
—  er  wird  als  Diener  Christi,  als  welcher  er  seiner  Landei- 
kirohe  tren  gedient  hat  in  hoher  Stellung  und  Würde  und 
wahrend  einer  langen,  gottgesegneten  Reibe  von  Jahren, 
immerdar  zu  den  hervorragendsten  Geistlichen  der  weima- 
riachen  Landeskirche  gezählt  werden  miisaen. 

Haben  wir  im  Vorstehenden  zunächst  einen  kurzen  Ab- 
rlfs  des  Lebens  und    Wirkens  Koelhe's  im  Zusammenhang  su 


388  ^^^  weimarischen  Dichter  von  Gesangbachsliedern. 

fried  Wilhelm  Fink.     Er   ist,    nachdem    er   erst   Prediger  het 
der  reformierten  Gemeinde  in  Leipzig  gewesen,  sodann  Direktor 
einer  Erziehungsanstalt  daselbst,  als  Lehrer  der  Tonkunst  an 
der  dortigen    Universität   im   Jahre    1846  gestorben.     Haupt- 
sächlich auf  dem  Gebiete  der  Musik  schriftstellerisch  wirksam 
als  Historiker  und  Kritiker,  hat  er  sich  doch  auch  als  Dichter 
bethätigt    und    u.  A.  auch    ein    ,,KiDdergesangbuch,    Ton  ihm 
selbst  gedichtet  und  in  Musik  gesetzt'^  herausgegeben  (Leipzig 
1814).     Einige  von  Fiok^s  geistlichen  Liedern  sollen  auch  in 
andere  Gesangbücher  übergegangen  sein   (so  in    das  Schulge- 
sangbuch  für    Schulpforta   und   ins   jüdische    Gesangbuch  für 
Hamburg),  von  denen  uns   jedoch   keins  bekannt   ist.  —  Be- 
deutender auf  unserem  Gebiete  als    die   soeben  Genannten  ist 
jedenfalls  der   teils    dem  weimarischen,    teils    dem  reulsischen 
Lande  angehörige  Johann  David    Friedrich    Schottin,  geboren 
am  4.  Januar  1789  zu  Heygendorf.     Nachdem   er  1811   eine 
Bektorstelle  in  Apolda  verwaltet,  wurde  er  1812  Eollaborator 
in  Köstritz  im  Eeufsischen,  zwei  Jahre  darauf  Pfarrer  daselbst ;. 
nach  einem  langen,  wirkensreichen  Leben  ist  er  am  15.  Mai 
1866  als  Kirchenrat  gestorben.     Von  Jena  aus  hatte  Schottin 
den    Titel    eines    Licentiaten     honoris    causa    erhalten.      Von 
seiner    dichterischen    Bethätigung    legte    er    mannigfach  durch 
Veröffentlichungen  in  verschiedenen  Zeitschriften  und  Sammel- 
werken Zeugnis  ab  und  von  ihm  selbst  wurde,  als  selbständiges 
Werk  ein  Andachtsbuch  unter  dem  Titel :  „Das  Reich  Gottes" 
herausgegeben  (Schleiz  und  Greiz   1844),  welches  auch  kurze 
geistliche    Gedichte    mit    enthält.      Acht    von    ihm    verfafste 
Lieder  (dazu  eine  Anzahl  von  ihm  veränderter  älterer  Lieder) 
stehen  im  Geraischen  Gesangbuch ,    dessen    einstiger    Heraus- 
geber (1822)  er  mit  gewesen.     Sie  alle  (besonders  hervorzu- 
heben sind  die  schönen,  auf  die  Konfirmationsfeier  bezüglichen)^ 
zeichnen    sich   durch    lebendige  Sprache    und    edlen  Schwung 
aus    und    dürften    sich    jedenfalls    als    gesungen    wie    gelesen 
recht  wirksam  erweisen.     Ein  Lied,  auf  das  Michaelisfest  be- 
züglich   („Herr    Zebaoth,    dich    loben    wir"),    steht    auch    im 
neuen    weimarischen    Gesangbuch     unter   Nr.   142,    besonders 
ausgezeichnet  durch    dichterische  Kraft   und    in    kurzen,   aber 


lebeodigen  Strophen  zum  Auedruck  gebrachte  weihevolle 
Empfindung.  —  Nach  dem  soeben  genannten  Schottin  habeo 
wir  Buhliefslich  nur  noc^h  Einen  zu  nennen,  der  als  geistlicher 
Liederdichter  ebenso  wie  jener  mit  einem  Liede  im  neuen 
'weimarischen  GeeaDgbuche  vertreten  ist:  es  ist  der  ehemalige 
Superintendent  von  Weida,  Friedrich  Ludwig  (1812—1881)- 
Als  Dichter  im  Allgemeinea  hat  er  sich  kund  gethan  durch 
ttoe  zu  Jena  im  Jahre  1856  erschieaene  Gedichteammlnng, 
betitelt :  „Aus  dem  Mutterh erzen"  (in  zwei  Bachern),  eine 
grofse  Anzahl  vou  innig  empfundenen  Gedichten,  von  denen- 
dieaea  oder  jeueB  auch  zur  Aufnahme  in  ein  Geeuugbuch  ge- 
eignet Et;in  dürfti:;  ein  anderes  dichterischem  Werk  tod  ihm 
(in  CaBBcI  erschienen)  ist  betitelt:  „Buch  der  heiligen  Liebe" 
und  enthält  eine  Sammlung  von  Sonetten,  die  als  solche  Hchou 
ihrer  Form  wegen  auf  eine  volkstümhche  Verbreitung  und 
kirchlichen  Gebrauch  selbstTerEtäadhch  nicht  Anspruch  machen. 
Tolkstumlich  aber  und  zwar  ira  edelsten  Sinne,  dabei  poetisch 
lebendig,  gemütstief  empfunden  und  darum  hoch  erhebend  als 
ein  echtes  Gesangbuchtlied  ist  die  eine,  fünfatrophige  Dich- 
tung Ludwigs,  welche  in  das  Neue  weimarische  Gesangbuch 
Aufnalime  gefunden  (Nr.  14  :  „Welch  Zeichen  kommt,  welch 
schöner  Schein"):  fürwahr  eins  der  jubelndsten  und  im  besten 
Sinne  erwecklichsten  Adveutslieder,  die  wir  besitzen!  Dafa 
mit  diesem  Liede  auch  einem  der,  den  jüngsten  Zeiten  aiige- 
hörigen  geistlichen  Liederdichter  unseres  weiraarischen  Landes 
im  Gesangbuche  Raum  gegönnt  ward,  ist  nur  mit  Freuden 
gut  zu  heifsen  und  unbedingt  auEuerkennen. 

Wir  sind  am  Ende.     Jahrhunderte    haben  wir  im  Geiste 

durchschritten    und    mancher   trommen    Dichterstimme    haben 

wir  gelauscht   aus    alter    und    neuer  Zeit;    die   aber    in  ihren 

Liedern  sich  uns  vernehmen  liefsen,  sie  haben  wir  zu  verstehen 

Lnnd    zu    wardigen    gesucht    mit     Hilfe    dessen,    was    die    6e- 

■•ohichte  ihrer  selbst  und    ihrer  Lieder    uns  an  die  Hand  ge- 

Fgeben.     Und  wir  meinen,    es  kann    nach  der,    aDerdings  nur 

in  kurzem    Abrifs    gegebenen  Darstellung    dessen,    was  unser 

Thema  verlangte,    das  Eine  nicht  ganz    unbestätigt  geblieben 

in  der  Einleitung  kurz  angedeutet  ward,  daJ^  näm- 


I 


lioh  unBcr  weimariBühee  Land  einen  nicht  unbeträchtlichen 
Anteil  hat  an  dem  Besitze,  der  dem  deutschen  chrietlicheo 
Volke  eigen  ist  in  seinem  geiätliohen  Liederschatz  überhaupt 
Viele  sind  ja  freilich  unter  den  Aufgeführten  Dtchtergestaltei], 
die  nur  ihrer  Geburt  nach  diesem  Lande  angehören,  —  nicht 
Wenige  aber  nuch,  die,  wenu  nicht  das  ganze,  so  doch  einen 
grof-sen  Teil  ihres  Wirkens  und  Lebens  gerade  diesem  Lande 
uad  seiner  Kirche  haben  zu  Gute  kommen  laBaen,  und  eine 
ganze  Anzahl  von  Männero  ist  zu  verzeichnen  gewesen,  welche 
in  der  Hauptstadt  Weimar  seibat  gewirkt  und  gelebt  haben. 
Sie  Alle  sollen  uayergeBsea  sein  mit  dem  wahrhaft  Erbau- 
liehen,  Echten  uad  Bleibendeu,  was  sie  uns  in  ihren  Liedern 
gegeben;  was  sie  gesungen,  soll  unserer  Kirche  allezeit  wert 
und  teuer  sein.  Mag  vielleicht  in  künftiger  Zeit  der  Lieder- 
born nicht  80  gar  reiohlich  fliefsen  wie  ehedem,  mag  viel- 
leicht durch  die  Dichtung  nur  spärhch  das  Geeanghuchelied 
getördert  werden  :  ein  reicher  Schatz  aus  der  Vergangenheit 
ist  vorhanden,  und  diesen  voll  eu  würdigen  und  mögliehst 
reichlich  zu  verwerten,  mufs  ror  Allem  Aufgabe  sein  und 
■bleiben.  Wohl  möglich  aber,  dafs  an  dem  altheiligen  Feuer, 
das  aus  frommen  Seeleu  in  der  Vergangenheit  emporgeüammt, 
sich  auch  immer  neue  Funken  entaünden  zu  frommer  Dich- 
tung: wohl_möglich,  dafs,  vom  Geiste  alter  Liederdichtuug  er- 
griffen und  geweihet,  auch  in  gegenwartigen  und  nüchst- 
künftigen  Zeiten  manch  neuer  Dichter  in  unserem  Lande  dem 
christlichen  Volke  neue  Lieder  zu  singen  sich  gedrungen 
fühlt!  Dann  wird  immer  wieder  noch  im  Besonderen  zom 
:8egen  der  Kirche  erfüllt  werden,  was  ein  Paul  Gerhardt  einst 
-SO  schön  in  einem  seiner  innigst  empfundenen  Lieder  zum 
Ausdruck  gebracht  —  und  damit  wollen  wir  BchlJefaen  — : 
„Laseet  uns  singen,  dem  Schöpfer  brlugeu 
wir  nur  haben ; 
L  Opfer  geweiht, 
nusre  Gemüter; 
von  Herzen  gekommen, 
n  meisten  sich  freut," 


Güter  und  Gaben,  wa 
Oott  sei  das  Alles  zu 
Die  besten  Güter  sini 
Lieder  der  Frommen, 
Sie  sind'«,  daran  er  t 


VI. 


Eine  alte  Grabstätte  bei 
Nauendorf  i.  Thür. 


Von 


Dr.  Gt.  Compter, 

Apolda. 


Hierzu  4  Tafeln. 


XVI.  26 


Xjie  folgende  Mitteilung  betrifft  die  AnfdeokuDg  einer 
alten  EolturBlätte  Thüringens,  die  in  ihrer  Eigenartigkeit 
neben  dem  IntereHse  des  Altec tmnBforaohers  such  dasjenige 
dee  Laien  in  hohem  Grade  in  Anspruch  zu  nehmen  geeignet 
iBt.  Hat  man  doch  bis  jetzt  in  Thüringen  nur  erst  wenige 
ähnliche  YorkommiaBe  erBchlogaen. 

In  der  Nähe  des  Örtchens  Nauendorf,  etwa  3  km  nord' 
noidöBtliob  von  Apolda,  da  wo  die  lim  aus  engeinBcbliefa enden 
hohen  Ufern  in  weitem,  nach  S.  offenem  Bogen  in  „die  Aue" 
heraustritt  und  zur  Rechten  von  einer  einige  hundert  Meter 
langen,  halbkreisförmigen  sanften  Böschung  begleitet  wird, 
hat  die  Ziegelei  Nanendorf  seit  langen  Jahren  eine  Lehm- 
grube in  Betrieb,  die  sieh  früher  von  W.  nach  0.  in  den 
Abhang  hineinaohob,  die  letzten  Jahre  in  der  Richtung  von 
N.  nach  S.  in  rsBchem  Fortschritt  erweitert  worden  ist  und 
eine  Wand  von  3  m  Höhe  bei  nahezu  200  Schritt  Länge 
blofegelegt  hat.  Ea  ist  nach  der  geologiaohen  Spezialkarte 
von  Thüriiigen  älterer  Lehm  unter  einer  Decke  von  etwa 
75  cm  Ackerboden;  er  fährt  fosaile  Einschlüsse  von  Wieder- 
käuern und  zahlreiche  Ealkknoten  (Lörskindel).  In  dieaet 
Lehmwand  ist  im  Sommer  1891  eine  atafenförmige ,  mit 
schwarzer  Erde  gefüllte  Einsenkung  angeachiirft  worden,  die 
mit  Resten  einer  alten  Kultur  reichlich  durchsetzt  war.  Als 
ich  im  Herbat  davon  benachrichtigt  wurde,  war  leider  ein 
Teil  des  Inhalts  schon  abgetragen ;  ich  fand  ein  Profil  von 
der  Zeichnnng  und  den  Mafaea  der  Fig.  1  vor.  Die  Best« 
reichten  vereinzelt  bis  in  die  Ackerkrome  hinauf,  waren  aber 
am  häufigsten  auf  der  mittleren  Stufe. 


SM  ■>• 

leh  häU  noit,  t«la  mit  HilfiB  äam  i 
tfiMaor  dar  2iagdM  banitwilligit  bot  VatfUgniig  gortalltBii 
AiMten,  t«Us  sDräi,  ämt  MhwuM  EidtMoh  ToUatiiidig  um- 
gagr^Mn  «nd  Toinditig  danhceiubaitat,  Ini  ich  nadi  baidflo 
Baitan  nnd  sMh  totd  «of  Lahm  gwtolMii  l»n ;  du  hat  a«f 
dar  obartten  Btnfa  aina  LKnga  und  Biaite  von  n&gaflUir  8  h 
vnd  ünan  naheni  qtudrktiNhaii  GnmdnTa  argaben.  Wtm 
üeh  darin  Torhmd,  haba  iah  bewahrt,  aoeh  räien  Tafl  doaaea 
Mflk  siHanwDiebBaah^  ma  tw  sunar  AnkwA  ba^  in 
$0Am  HXadri  UM^agugM  mr.  Wia  riai  TwluHuaaa  irf» 
liCrt  bA  bmU  batatdlm ;  rällrndd  gt^U  idi  iMit-  aahr 
Ml,  «aon  idi  aaga :  iin  »ritteiL  Uo  grUiteB  os«  MUüutan 
VcMoaeharb«!  mnn  von  dan  dast  baMUftigta«  Axbntam 
m  Wurf-  nnd  SehlandarfpialaB  Tanraodat  woriMu 

Anf  dar  nreiton  Stofe  a^  nah  aina  lO^-^lft  am  fatdia 
SaUaht  qnardovA.  dia  mm  pfibtaa  I^  wn  Awhw  hwrtwj 
lud  jaicbliab  mit  KohlapbrSekahaa  durohaatat  -war.  Anf 
$«aa  Kfdila  konaw  iah  ipitar  lorttak. 

Ww  TOB  dan  Binaahlüaaan  diaaar  ■ahWKia»  Erd*  tnr 
btagtn  varden  konnte,  ist  folgendea  : 

L  Werkzeuge  und  Waffen  aua  Stein  und 
Enoehen. 
Das  ICaterial  der  StwngerSte  iat  zunächl  f  eneratein. 
Die  grolate  Zahl  Ton  Pttudftiioken  dieier  Art  aind  Splitter  toh 
unbestimmter  Form,  die  beim  Znreohtaoblagen  der  Wa£fen 
and  Werksenge  abfielen.  Duaob  folgen  die  Steinkema 
(naclei),  die  beim  Abspalten  übrig  gebliebenen  nnd  unhand- 
lich gewordenen  Beate.  Weniger  aahlieiob  sind  die  Sehaber 
oder  Messer:  drei-  bis  fnnf-  und  mehrkantig,  von  2  bis  5,5  om 
lang  und  0,7  bis  2,  anoh  2,6  om  breit.  Sie  aind  znm  Tail 
sehr  regelmäfaig  begrenEt  nnd  einige  Ten  elegantem  Schwange ; 
meist  bildet  eine  breitere  Fläohe  die  Innen-,  d.  h.  hoble  Seite, 
and  drei  aohinale  Ftäohen  die  Anfsenieite,  so  dafa  der  Qner- 
aehnitt  ein  symmetrisches  Trapea  darstellt,  i,  Bänke,  Der 
Mansch,  II.   Bd.,    bildet    aolchs  Werkienge  S.  SS?,  419,  432 


Eine  >lte  ßrabitCile  bei  KMandorr  1  ThHc.  395  1 

'  fig.    1,   492    Fig.  9   Q.  a.   ab.      Auch   BmohRlücke   soloher  ' 
Ueeeer  liegen  Tor, 

Als  FeucrsteiDwaff en  lasaeo  sich  nur  Tier  Stücke  an- 
sprechen;   eine    dreieckige    Pfeilepitze    ron  2  om  LSnge,    die 

veniger  für  den  Krieg,  aU  für  die  Jagd  beBtimmt  geweaea 
za  sein  scheint,  eine  Lanzecepitze  oder  Axt  (Fig.  2),  7,5  cm 
lang  und  5,5  cm  breit,  die  sich  deu  Abbildangea  bei  Ranke 
B.  a.  0.  S.  394  Fig.  i  und  S.  395  Fig.  1.  auch  S.  422  Fig.  1 
(Ton  8t.  Aoheul)  vergleichen  läfst,  und  zwei  kagelig  zage- 
Bohlagene  Wurf-  oder  Schleuderateine  von  4  cm  und  9  bis 
10  cm  Uurchmesaer. 

Es  wird  behauptet  (Der  TCrgeBchichtliohe  Hensoh,  be* 
gönnen  »on  W.  Baet,  herausgegeben  Ton  Fr.  t.  Hellwald, 
8.  34  0),  dafa  diejenigen  Feuerst  ei  natücke ,  welche  ziemlich 
tief  in  der  Erde  gelegen  haben,  noch  jetzt  total  unverändert 
seien,  duukelgrau,  bläulich,  brituntich  gefärbt,  während  die 
Stücke,  die  an  der  Oberfläche  gelegen  haben,  gänzlich  weifs 
gebleicht  aeien.  Wenn  daa  richtig  ist,  dann  muTa  das  Eoh- 
material  für  die  vorliegenden  Feuerstein  Werkzeuge,  die  sich 
in  allen  Farben  vorfinden,  sowohl  aus  der  Tiefe,  wie  von 
der  Oberfläche  der  Erde  entnommen  sein.  Hier  in  der  Ge- 
gend ist  es  nur  änfaerst  spärlich  verbreitet;  man  holte  es 
also  fern  her  und  nahm  es,  wie  und  wo  aioh's  bot,  zumeist 
jedenfalls  aus  der  norddeutschen  Ebene.  Daher  ist  die  Ge- 
samtzahl der  Splitter  und  Kerne  Vergleichs  weis  nicht  gerade 
grofs;  ea  sind   100  Stück. 

Aus  anderem  Gestein  hergestellt  fanden  sich:  vier 
Stück  Keile  oder  Meifsel  aus  schwarzem,  hartem  Gestein, 
Diorit  oder  Kieselschief'er,  —  es  scheinen  IlmgerÖlle  dazu 
verwendet  zu  sein  —  zwischen  5  und  8  cm  lang  und  2,6 
bis  4  cm  breit  und  mangelhaft  geschliffen ;  ferner  eine  ganze 
Axt  mit  Schaftloch,  aus  graugrünem  Porphyr  oder  Serpentin, 
TOn  mittleren  Abmessungen  (Fig.  3),  ein  ähnliches  un- 
vollendetes Stiiok,  an  welchem  das  Schaftlooh  erst  begonnen 
ist,  mit  noch  stehendem  Bohrzapfen ;  beide  sind,  sowohl  was 
den  Schliff  als  das  Ebenroafs  der  Gestalt  anlangt,  wenig  voll- 


I 


396  ^üie  alte  Grabstitte  bei  Naaendorf  i.  Thür. 

kommen ;  schliefslich  einige  zerbrochene  Äxte  aus  sohieferigem 
Gestein,  teils  längsgespalten,  teils  quer  durchs  Sohaftloch 
durchgebrochen,  nebst  unbedeutenden  Bruchstücken,  die  mui- 
mafslich  Hämmern  oder  Beilen  entstammen. 

Bänke  unterscheidet  zwischen  Beilen,  das  sind  die  keil- 
oder  meifselförmigen  Gestalten,  die  in  das  gespaltene  Ende 
eines  hakenförmigen  Schaftes  eingesetzt  wurden,  und  Äxten, 
die  mit  einem  Schaftloch  durchbohrt  sind.  Jene  hält  er  für 
Waffen,  während  diese,  wegen  ihrer  Schwere  zu  Waffen  un- 
geeignet, als  Werkzeuge  gedient  haben  sollen  (a.  a.  O.  S.  521). 
Unsere  Axt  ist  nicht  so  schwer,  dafs  sie  nicht  als  Waffe  be- 
nutzt worden  sein  könnte ;  wir  brauchen  die  Unterscheidung 
nicht  anzunehmen,  können  vielmehr  alle  oben  angeführten 
Punde  als  Waffen  gelten  lassen. 

Die  Knochen- Waffen  und  -Werkzeuge  sind  teils 
aus  Böhrenknochen  von  Wiederkäuern,  teils  aus  Hirschge- 
weih yerfertigt.  Zu  ersteren  gehören  einige  Pfriemen, 
darunter  eine  Ton  19  cm  Länge,  die  am  Griff  noch  den  Ge- 
lenkkopf des  Sohenkelknochens  trägt,  während  bei  den  anderen 
der  Heftteil  abgebrochen  ist,  und  zwei  Pfeilspitzen,  deren 
gröfsere,  aus  einem  Splitter  eines  dicken  Röhrenknochens  her- 
gestellt, 4  cm  lang,  1,5  cm  dick  und  stumpf-dreikantig  ist.  Zu 
letzteren  gehören  folgende  Funde:  1.  ein  Stück  einer  Haupt- 
stange,  am  einen  Ende  zugeschliffen,  am  anderen  mit  einer 
rundum  laufenden  Furche  (Fig.  4),  das  vielleicht  zum  Klopfen 
oder  Glattreiben  gedient  hat;  2.  ein  abgespaltenes  flaches 
Kindenstück  einer  solchen  Stange,  am  einen  Ende  zugeschärft 
zum  Schneiden  oder  Furchenziehen  (Fig.  5) ;  3.  ein  ähnliches 
Stück,  an  beiden  schmalen  Enden  etwas  abgeschliffen  und  in 
der  Mitte  durchbohrt  (Fig.  6),  was  allenfalls  auf  ein  Web- 
schiffchen gedeutet  werden  könnte ;  4.  ein  kurzes  dreikantiges 
Spaltstüok  mit  einer  stumpfen  Schneide  (Fig.  7),  es  ist  oben 
und  an  der  Seite  verbrochen,  und  auch  die  Spitze  ist  be- 
schädigt: denkt  man  sich  oben  einen  Stiel  daran,  so  be- 
kommt man  ziemlich  genau  dasjenige,  was  Eanke  (a.  a.  O. 
S.  508  Fig.   1   und  S.   509)  als    Ledermesser    aus  der  fränki- 


EUe  alte  Onbitlitte  l 


L  NBMudoif  L  Tbfir. 


397 


'  lohen  Schweiz  abbildet,  nur  ein.  wenig  kleiner;  5.  endlioh 
eine  ganze  Reihe  Geweihenden,  an  der  Spitze  kantig  oder 
Tond  zugeeohlifFen  zum  Schneiden  oder  Glätten  und  am 
hinteren  Ende  rundlich  abgeflacht,  damit  der  Handballen  mit 
kräftigem  Druck  anfgeaetzt  werden  konnte.  Dazn  gegellt  sich 
noch  6.  ein  Bruchstuok  ans  der  Mitte  einer  wohlgeglätteten 
Elfenbeinnadel,  i  om  lang  nnd  von  0,5  cm  mittlerer  Stärke. 
Eine  grjjfsere  Zahl  von  Enochenstüoken,  teils  von  röhren- 
förmigen, teils  Ten  flachen  Knochen  stammend,  ist  offenbar 
beim  Znreohtaohlagen  za  stechenden  oder  schneidenden  und 
BOhabenden  Werkzeugen  mifegliiekt  und  darum  unTollendet 
beiseite  geworfen;  es  sind  nicht  Stücke,  die  man  nnr  ge- 
spalten hat,  am  zum  Mark  zu  gelangen ;  sie  zeigen  -rielmehr 
mehrfache  Schlagnarben  und  deuten  in  ihrer  Gestalt  auf 
Pfriemen  oder  Messer. 


» 


II.    Steine  und  Estri 


Die 


besitzen  allermeist  eine  auffällige,  absonder* 
liehe  Form;  es  sind  FlaTsgeröUe  der  Ihn,  granitisch  und  por- 
ph^riach,  zam  Teil  auch  toh  benachbartem,  anstehendem  Ge- 
stein ;  öfter  anzutreffen  war  die  Gestalt  eines  Doppelkeils  mit 
gegeneinander  um  90°  verwendeten  Schneiden.  Die  Stücke 
Ton  hartem  Gestein  sind  zum  Teil  pyramidal  zugeschlagen 
und  haben  oft  glattgeriebene  Stellen  oder  ganze  Flächen,  die 
anf  Benntzung  zu  irgend  einem  Zwecke  deuten,  während  die- 
jenigen von  Beltsamer  Gestalt  ohne  Äbnntzungazetohen  wohl 
nnr  aus  allgemeinem  NaturiDterease  bewahrt  worden  sind. 
Eine  dünne,  viereckige,  etwa  d  qcm  grofse  Kalkstein  platte 
dürfte  noch  besondere  Erwähnung  verdienen,  weil  sie  an 
einer  Seite  mehrere  Schlagnarben  trägt,  mit  denen  man  eine 
scharfe  Kante  herznatallen  beabsichtigt  hat;  desgleichen  eine 
aus  einem  GeroUetSok  beransgeapaltene  Platte'mit  einer  glatt- 
geschliffenen Schmalseite.  Hier  nenne  ich  'auch  noch  einige 
durch  Feuer  gerötete  and  gehärtete  Lehmbrooken  und  einige 
nnregelmäTsig-polyedrische  Stücke  Ocker  and  Bolus  (Rotatein) 
in  der  Oröfae  von  Wallnüssen,  deran  Flächen  durch  Abreiben 


I 


396  '^■°'  ^^  OtftbiUtt«  bä  VtueDÜorf  i.  ThSr. 

beiiD  Gebrauch  entstaaden  sind  ;  eioi  der  BoluHtäc^  ist  nem- 
lieh  central  dnrohbohct,  so  daf*  m  eiuei  grofieD  vi^ißäalägea 
Perle  verglicben  werden  kann;  es  scheint  al«  Sobmuckstück 
gedieot  zu  h&beii ;  fäi  eioeD  Spinnwirtel   ist  ea  zu  eckig. 

Die  Estrichreate  rind  m  den  verschiedeDsteii  F&rfoeii, 
weiXi,  gelb,  rot,  grau,  bmon,  aelbst  fut  schwarz,  und  ans 
dem  verichiedeiisteD  Material  hergestellt  TorhandeD.  Di* 
grofMie  Zahl  derBelben  wird  au*  Schalen bmchBtöckeu  der 
f  Inlsmoachel  gebildet,  die  alao  «parkak ähnlich  erat  gcbraniit 
aein  moTgten.  Ganze  Schalen  and  Bruohitöcke  solcher 
Unacheln  haben  moH  aaeh  in  ziemlicher  Anzahl  im  schwarzen 
Erdreich  gefunden.  Da«  aoXserdem  verwendete  thonige  ood 
kalkige,  zum  Teil  aach  eaodige  Material  zeigt  die  rer- 
achiedeosten  Abstufungen  des  Koros;  ein  Stack  ist  aas 
Brocken  toq  mehreren  Enbikcentimetern  zusammen gesetzL 
Kehreie  Stiioke  lassen  auch  die  Einwirkung  des  Feuere  er- 
kennen. Eine  Platte  tou  der  ungelahren  Gröfse  einea 
Quadratdeoimeters  besteht  aus  ao  reinem  Rotatein,  dafs 
mau  vermuten  könnte,  sie  habe  als  Farbematerial  gedient, 
wenn  ihre  Oberfläche  nicht  in  einer  Weise  abgerieben  wäre, 
die  aioh  uor  ali  daa  Beanitat  menaohlieher  Schritte  erklärea 
Utfit,  und  wenn  ihre  autere  Seite  nioht  derart  uneben  and 
mit  Erde  behi^tet  wäre,  dab  ihre  einstige  Lagerung  auf  dem 
Boden  sofort  einlenohteta. 

Bänke  (a.  a.  O.  8.  514)  rermutet  von  einem  gröfaeren 
Stfiek  Bdtel  »as  der  fränkiscbeD  Behweis,  dafa  ea  u.  a.  2ar 
Eftutmalerei  gedient  haben  möge. 

in.  Urnen-  und  Oef äfesoherben. 
Ihre  Menge  ist  überraschend.  Aber  trotz  der  grölBten 
Vorsicht  beim  Ausgraben  —  ich  habe  in  der  reichhaltigstea 
zweiten  Stufe  das  Erdreich  tagelang  in  nur  centimeterdicken 
Schichten  mit  dem  Spaten  abgeschabt  —  ist  mir's  nicht  ge- 
langen, auch  nur  eine  Urne  Tollständig  lu  erhalten.  Mög- 
lich, dala  die  unterste  Stufe  ganie  Gefafee  enthalten  hat; 
Auskunft  darüber  war  nioht  tu  erlangen.     Die  grölsten  Bruch- 


Eine  alte  OtabMItto  bti  HBBtDdorf  i.  Tbür. 


'  atficke  Btammen  wenigstens  ans  der  gröfstea  Tiefe,  Daher  iet 
auch  die  Präge  nicht  lu  beantwarten,  ob  die  übrigen  Fund- 
Btüokeund  Beigaben  in  den  Urnen  oder  daneben  gelegen  haben. 
Neben  einem  Haufen  kleiner  Scherben,  die  eich  unter 
keinen  Umetänden  zusammen  setzen  lassen,  habe  ich  aber  doch 
nach  den  Krü m m un bbt erhält ni säen,  dem  Profil,  der  Berandung, 
dem  Uaterial,  der  GIbbuf  und  vor  allem  nach  den  V er- 
Eierungen  eine  ganze  Anaahl  —  gegen  70  —  als  ver- 
schieden feststellen  und  zum  Teil  ergänzen  können.  Die  Fi- 
guren 8  bis  35  geben  die  vorzüglicbsten  GeBtaitcu  und  auf- 
ffiUigsten  Muster,  ohne  das  Material  irgend  zu  erschöpfen;  e> 
sind  aufserdem  zahlreiche  Bruchstücke  vorhandeo,  deren  Ver- 
zieruugen  diejenigen  der  abgebildeten  Stücke  noch  weEeutlich 
variieren.  Die  Zahl  der  Grundformen,  aus  denen  sich  die 
sämtlichen  Ornamente  zueammenBetzen,  ist  auf  vier  beBohränkt: 
1)  vertiefte  Striche  oder  langgezogene  Punkte,  die  ührigena 
nicht  durch  ziehende,  sondern  durch  schiebende  oder  schau- 
felnde Bewegung  einer  Pfrieme  oder  eines  Griffels  erzeugt 
sind;  3)  drei-  oder  viereckige  Tertiefungen,  die  mittelst  eines 
Werkzeugs  mit  zwei  um  1  bis  2  mm  von  einander  entfernten 
Zinken,  zum  Teil  durch  abwechselndes  Rechts-  und  Links- 
drehen  bei  gleichzeitigem  Vorwärtsschieben  hergestellt  wurden ; 
3)  tiefe,  gerade  Furchen,  deren  Grund  wieder  vertieft  punk- 
tiert ist,  und  4)  sehmale  Linien  vou  geringer  Tiefe.  Die 
beiden  ersten  Typen  ordnen  sich  zu  senkrechten,  wagrechtea 
und  schiefen  Reihen  (Fig.  17,  18,  19,  30,  31  und  Fig.  14,  16, 
16,  21,  23—28).  Der  dritte  Typus  bildet  parallele  Bänder, 
die  im  Zickzack  auf  und  ab  steigen  (Fig.  32,  29)  und  die 
Linien  des  vierten  setzen  Muster  zusammen,  welche  PÜanzen- 
blättern  mit  parallelen  Nehenrippen  ähneln  {Fig.  20).  Diese 
letztere  Zierart  let  die  seltenste,  die  beiden  eraten  sind  die 
häuügEten;  die  erste  hat  sich  offenbar  aus  dem  Schnur- 
omament  entwickelt.  Die  einfachsten  aller  Verzierungen,  die 
Fingerein  drücke,  haben  sich  hier  oicbt  gefunden.  Zwei  Stücke, 
nahe  vom  Rande,  sind  auf  der  inneren  Seite  verziert  (Fig.  34, 
35).     (Vergl.  Anzeiger  des  german.  Museums  in  Nürnb.,  Sept. 


n 


E!m  alt«  OnhitXIte  bei  Hftaudort  f.  TfaEr. 

a.  Okt.  IB9S,  Fundohronik,  S.  86:  aus  der  BesenhorsUr  Feld- 
mark bei  Bergedorf  Töpfe  mit  TieforoameuteD,  die  über  den 
Band  nach  der  Innenseite  reichen). 

Za  den  Verzierungen  sind  dann  auch  die  Henkel, 
Nasen,  B^uckel  und  Bandkerben  eu  reohnen.  Tod 
ereteren  ist  nur  ein  einziges  Stück  vorhanden  (Fig.  36),  das 
auf  eine  Üffnnng  Inr  Finger  oder  Hand  deutet;  alle  andereu 
aind  ao  eng,  iata  eie  höchstens  aufs  Durchziehen  einer  Schnur 
berechnet  sein  konnten,  also  mehr  zierende  Zuthat  bedeuteten, 
als  wirkliche  Handhaben;  sie  stehen  teile  senkrecht,  teils 
vagereoht  und  nur  in  der  Zone  der  gröfaten  Ausbauchung.  Die 
Nasen  linden  sich  ebenfalls  Ton  beiden  Uiohtungen  und  sind 
in  sehr  verachiedener  Höhe  ans  OefäTa  angesetzt,  von  dicht 
unterm  Bande  an  bis  nahe  zum  Boden  hinunter.  Buckel  habe 
ich  nur  in  zwei  Fällen  beobachtet;  sie  sind  rund  nnd  Öacli; 
einmal  (Fig.  33)  scheinen  sie  eine  znaammenhängende  Kette 
rund  um  den  Bauch  des  Oefdrses  herum  inmitten  von  Strich- 
ornamenten  gebildet  zu  haben;  im  anderen  Falle  eafaea  sie 
unter  dem  Bande  paarweis  zusammen,  und  aoloher  Paare 
dürften  es  auf  dem  ganzen  Umfange  vier  gewesen  sein 
(Fig.  33),  wie  auch  der  Nasen  meist  vier  waren. 

Der  Kand  findet  sich  ebenso  häufig  gekerbt  als  glatt. 
Die  Kerbschuitte  sind  alle  von  links  innen  nach  rechts  aufsea 
g«riotit«t,  d.  h.  die  OefHfse  sind  alle  mit  der  rechten  Hand 
gearbeitet;  aber  nach  der  fiele  und  gegeueeitigen  Entfemoog 
der  Schnitte,  nach  dam  Winkel,  um  welchen  sie  Tom  Bodias 
der  kreisförmigen  Mündung  abweichen,  nach  dem  Profil  oder 
der  Ausladung  des  Bandes  und  der  Abdachung  der  Baud- 
ebene  oder  der  Biohtuug,  die  die  Schnitte  gegeu  die  Achse 
des  OefSfses  eionehmen,  herrscht  noch  eine  grofse  Uaanig- 
faltigkeit.  Ein  Stück  ron  äufserst  sorgfältiger  Arbeit  trägt 
sehr  regelmäfsige  Kerben  au  der  äufseren  Abdachung  und 
gleichzeitig,  mit  jenen  abwechselnd,  noch  kleinere  an  der 
inneren. 

Der  Stoff  zu  diesen  Erzeugnissen  der  Töpferei  ist 
meist    grauer,    bisweilen    schwarzer,    noch    seltener   schwarz- 


Eine  kl»  QtabsUtti  boi  KkoendoTf  i.  Tbiir. 


401 


brauner  Thon :  Letten  sna  der  Tandnm  Tertret«neu  Letten- 
kohlengruppe,  gewöhnlich  mit  spärlichen  Olimmerbiättchen, 
aeiteu  weifB  gespriokelt  —  von  Kalk,  jedenfalls  zerstofaene 
UuBcheUchaleo,  noch  seltener  von  groben  QuarzköioerD  durch- 
eetzt,  die  duroh  Elarklopfen  der  granitischen  riurageröUe  ge- 


Die  Formung  ist  offenbar  überall  aus  freier  Hand 
«rfolgt,  wie  die  Verschiedenheit  der  Wandstärke  eines  und 
deeselbsD  Gefäfaes  und  die  Abwesenheit  von  Zonen  riefen 
beweiet. 

Die  Oberfläche  entbehrt  entweder  jeglichen  Über- 
zugs ,  iat  vielmehr  dem  Bruche  gleich ,  braun  und  rauh 
(Fig.  18 — 21),  oder  die  äuTaere  Fläche  zeigt  eine  gewisse 
Olättung,  was  häufiger  bei  den  schwarzen  und  grauen  Urnen 
wahrzunehmen  ist  (Fig.  14,  15,  16,  32),  oder  beide  Flächen, 
die  äufsere  wie  die  innere,  sind  mit  einer  Farbeohicht  über- 
zogen und  dieser  Überzug  kann  aufsen  und  innen  verschieden- 
farbig sein,  rot,  gelb,  grau,  oder  es  liegt  endlich  auf  der 
Aufsenseite  eine  glänzende,  schwarze,  ablösbare,  ziemlich  dicke 
Olaaurschicht  (Fig.   17). 

An  einzelnen  Scherben  der  braunen  uod  grauen  ungla~ 
eierten  Art  finden  sich  noch  Beste  eioer  weifsen  Füllung  der 
Furchen  und  Vertiefungen;  die  weifse  Uasae  ist  aber  nicht 
Thou,  BD D dem  Kalk,  also  wahrHcheinlich  wieder  gebrannte 
Musobelachalen.     (Vergl.  Hanke,    8.  Ö26  Fig.  2  und  8.  527.) 

Gebrannt  sind  die  TJrnen  bis  auf  ganz  wenige.  Bin. 
einziger  Scherben  zerweichte  beim  Abwaschen  zu  Schlamm, 
einige  andere  zu  groben  Brocken  ;  alle  übrigen  widerstanden 
dem  Wasser;  eine  Urne  (Fig.  11)  ist  eo  stark  gebrannt,  dafa 
sie  fast  klingt. 

Die  Böden  waren  bei  der  Mehrzahl  Üaoh  oder  rund- 
]ich  {  nicht  wenige  fanden  sich  aber  auch  berandet,  so  dob 
das  Oefäfs  auf  einem  Ring  etaud  und  der  Boden  hohl  lag, 
und  diese  Bäuder  sind  zum  Teil  noch  mit  Zierstriohen  ver- 
sehen (Fig.  37).     Bei    der    grofsen    Dicke    derselben    hat  die 


nbUKtte  htl  HMundorf  i.  Thflr. 

Hitze  nicht  durchwirken  können,  eie  zerfallen  im  Waäeer  am 
leichte  iten. 

Qestalt  und  Gröfse,  deren  Mannigfaltigkeit  aus  deo 
Zeichnungen  und  beigesetzten  Matsen  zu  entnehmen  ist,  hängen 
im  allgemeinen  in  der  "Weise  voneinander  ab,  dafs  die  grofsec 
Urnen  einfachere  Formen  aufweisen  mil  nur  wenig  Schwung 
im  Protil,  die  kleinen  von  anmutigerer  Form  sind.  Auch 
die  Terzicrungen  sind  an  den  grofsen  mit  wenigen  Auenahmen 
einfach  oder  fehlend;  eie  veisteigen  sich  höchetens  bis  zu 
Naeen,  Henkeln  und  Randkerben,  während  die  reichen  Zier- 
mueter  aioh  un  den  mittleren  und  kleinen  üoden.  Die  kera- 
miBobu  Technik  steht  hiernach  auf  mafeig  hoher  Stufe,  der 
Formensinn  bewegt  sich  auch  innerhalb  bescheidener  Grenzen, 
die  Fähigkeit  aber,  aus  einfaehaten  Elementen  Zeichnungen 
KuaammenzuHetzen ,  und  diu  Mannigfattigkeit  an  Material, 
Farbe  und  Oberfläche  verdient  Beachtung. 

Zwei  Bruchstücke,  lür  die  mir  eine  unzweifelhafte  Deu- 
tung fehlt,  mögen  schliefalich  hier  noch  erwähnt  aein :  es 
sind  reichliche  Dritteile  von  Thonecheiben,  deren  eine  9,  die 
andere  8  cm  Durohmeaaer  gehabt  hat,  bei  0,7,  bezügl.  0,3  cm 
Dioke;  In  derHitte  waren  sie  durohlocht,  ähnlich  dea  Böden 
von  Blumentöpfen;  vieUeicht  waren  die  Scheiben  Schmuck- 
stücke.    (Vergl.  Kanke,  S.  474  Fig.  6.) 

IV.    Tierreste. 

Die  Stellen  häufigeren  Auftretens  der  angeführten  Vor- 
komm nisse  waren  auch  gekennzeichnet  durch  Anhäufungen 
von  Knuchenreeten  verschiedener  Tiere,  deren  Fleisch  offen- 
bar verspeist  worden.  Von  diesen  Eesten  lohnte  es  eich  aber 
nur  Hörner  und  Zähne  in  Betracht  zu  ziehen;  die  übrigen 
Knochenteile  befanden  sich  im  allgemeinen  in  sehr  zerstörtem 
Zustande.  Die  Wahrnehmungen,  die  au  diesen  Besten  zu 
machen  waren,  sind  folgende  : 

Vom  Menschen  ist  keine  Spur  zu  finden  gewesen,  auch 
nicht  ein  einziger  Zahn. 


Eins  alte  QrthstSUe  bei  Haueiidarr  1.  ThUr. 


403  ' 


» 


Einige  klutneTe  Knochen  und  KoocbeDbruchstückG  tieri- 
echer  Skelette  sind  dem  Feuer  ausgegetzt  gewesen. 

Die  Tiere,  deren  Beste  mehr  oder  weniger  häufig  zu 
fioden  waren,  sind:  von  Säugetieren  Schwein,  Ziege,  Haus- 
ocba,  Wiegent,  Hirsch,  Beh,  die  in  mehreren,  zumteil  in  5 
bis  6  Individuen  Tertretea  waren ,  Pferd ,  Esel ,  Hamster, 
Dach?,  Igel,  Maulwurf,  die  nur  je  einmal  vorkamea;  toh 
Tögeln  nur  ein  Lauf  eines  mäfaigeQ  Stelzvogels,  vielleicht 
von  der  Gvöfse  des  Kiebitz;  von  Amphibien  der  Frosch  und 
von  Weichtieren  die  schon  erwähnte  Flufsmuschel ,  Onio 
pictoTum  Lam. 

Über  die  Säugetiere  bedarf  es  noch  einiger  weiterer  Aus- 
führungen. 

Tom  Schwein  ist  das  HausBohwein  und  das  Wild- 
«ohwein  zu  unterscheiden.  Die  Anweseuheit  des  letzteren 
ergiebt  sich  an  den  Schiidelresten  auB  den  grofseo  Alveolen 
für  die  Eckzähne  und  dej)  Verbreiterungen  der  Kiefern  in 
der  Gegend  der  Eckzähoe,  sowie  aus  den  bis  fast  auf  die 
Wurzel  abgekauten  Backenzähnen,  die  auf  ein  hohes  Alter 
deuten,  was  man  dem  Hausachwein  bekanntlich  nicht  zu  er- 
reichen vergönnt  Wie  die  Knochen  alle,  so  sind  auch  die 
Schädel  samt  den  Unterkiefern  behufs  der  Markgewinoung  in 
kleine  Stücke  zerschlagen;  die  Zahl  der  vorhandenen  Indivi- 
duen läfst  sich  daher  nur  durch  Yergleiohung  und  Zusammen- 
stellung gleichartiger  Stücke  ermitteln.  So  hat  sich  das  Wild- 
schwein einmal,  das  Hausachwein  sechamal  ergeben.  Das 
Torfgohwein  fehlt  Eo  liegt  aber  noch  eine  Unterkieferhäifte 
vor,  die  bei  sehr  geringer  ÖrÖfse  aiifaerord entlieh  hurte  Textur 
besitzt.  Das  widerstreitet  der  Anaahme,  sie  gehöre  einem 
jungen  Hausachwein  an ,  obwohl  ihre  Mafs Verhältnisse  auf 
letzteres  deuten.  Ich  habe  sie  mit  zwei  Cuterkieferu  des 
HauBschweins  verglichen,  davon  der  eine  einem  Individuum 
von  etwa  15  Monaten  entstammt,  da  sein  letzter  Backenzahn 
noch  nicht  durchgebrochen  ist,  was  noch  Blitimeyer  (Unter- 
suchung der  Tierreate  aua  den  Pfahlbauten  der  Schweiz, 
Zixieb    1860)  im  16.  Monat  gesohieht,  die  vorderen  Backen- 


\ 


alte  GrabsUtte  bai  NaneDdorf  i.  Thflr. 

FlämolareD,  eind  teile  schon  gewecheelt,  teils  im 
Wechsel  begriffen;  an  dem  anderen,  beträchtlich  kleineren 
Kiefer  iet  der  vorletzte  Backenzahn  im  Begriff  durch  zu  brechen ; 
das  Alter  des  Tieres  dürfte  also  etwa  12 — 13  Uonate  be- 
tragen; die  Prämolareo  sind  nur  unwesentUch  abgekaut.  Der 
fragliche  halbe  Unterkiefer  steht  inbetreff  der  Zahnentwick- 
lang  mitteninoe  zwischen  diesen  beiden,  an  Oröfee  (Länge 
der  Symphyse,  gegenseitige  Entfernung  der  Eieferhälftem 
Höhe  derselben)  erreicht  er  aber  nur  etwa  Dreiviertel  des 
jüngeren.  Das  Vorkominnis  hat  also  etwas  AnfTälliges;  bei 
der  Dürftigkeit  dieees  Restes  -wäre  aber  die  Behauptung,  es 
handle  eich  hier  uiu  eine  besondere  Art,  zu  gewagt;  es  kann 
das  klein<:  Individuum  wohl  aU  ein  im  Wachstum  zurückge- 
bliebenes UauBschwein  erklärt  worden. 

Die  Ziege  ist  an  den  Knochenzapfeu  der  Hörner  nach- 
zuweisen, die  iu  vier  Gröfeen  voTkommen,  darunter  ein  aofaer- 
ordentlich  grofseB  Exemplar,  das  vielleicht  auf  den  Steinbock 
gedeutet  werden  kann;  die  Zapfen  sind  bis  auf  10  oder  IS  cm 
weggebrochen  und  messon  am  seitlich  zasam mengedrückten 
Grunde  4  und  6  cm. 

Das  Schaf  scheint  zu  fehlen;  seine  wesentlichsten  Unter- 
scheidungsmerkmale von  der  Ziege  sind  die  Knochenzapfeo 
der  Uörner  und  die  Hagelphalangen;  von  beiden  hat  sich 
aber  nicht  eine  Spur  gefunden. 

Die  bestimmbaren  Reste  des  Hausoohs,  Bos  taurus  L., 
bestehen  in  einem  runden  Homzapfen  von  25  cm  Länge, 
der  Krümmung  nach  gemessen,  und  einer  grofsen  Zahl  von 
Zähnen,  teils  noch  in  den  Kieferbruch stücken  sitzend,  teils 
einzeln  gelegen  ;  diese  ietztern  deuten  auf  mehrere  Individuen. 

Yon  beaonderem  Interesse  ist  das  Vorkommen  des 
Diluvialeti  ers,  Bos  primigenius  C.  Es  sind  die  Basis 
(9  und  7  cm  Durchmesser),  die  Spitze  und  einige  Bruch- 
stücke aus  der  Mitte  vom  Knoehenzapfen  eines  Homs,  das 
Ellenbogen  gelenk  des  Oberarms,  ein  Stück  Unterkiefer  und 
Baekenzähue ,  die  ich  nach  dem  im  anatomischen  Museum  za 
Jena  aufgesteliten,  aus  den  Torfmooren  von  Weifsensee  stam- 


Bfna  ilta  OnbitKtte  bei  NMcndorf  I.  Tbür. 


405' 


menden  Skelett  beBtimint  habe.  Dbb  Individuiiai  ist  Dicht 
ganz  von  der  Gröfae  des  Jenaer  gewesen;  ea  war  der  apon- 
giössD  BeBchaffenheit  des  Zapfens  nach  noch  nicht  ganz  er- 
wacheeu.  Ein  Bruohjtück  eines  zweiten  Zapfens  hat  allem 
AnEchein  nach  einen  noch  jüngeren  Tiere,  jedenfalls  abex 
derselben  Art  angehört. 

Der  Hirsch,  Cervue  elaphus  L.,  ist,  nach  den  Zahnen 
zn  urteilen,  auch  in  mehr  als  einem  Exemplare  vorhanden. 
Die  Geweihe  sind,  bis  auf  zwei  Bruchstücke  von  Verzwei- 
guDgestellea,  alle  zu  Geräten  verarbeitet  worden;  die  Enden 
Bind  alle  abgebrochen. 

Auch  das  Beb,  Cervua  capreolus  L.,  kommt  zweimal 
vor;  das  eine  war  ein  etattlicher  Bock,  dessen  Gehörn  26  cm 
mifet;  das  andere  ist  zu  einer  Zeit  erlegt  worden,  da  ea  noch 
nicht  gefegt  hatte.  Eine  Unterkieferhalfte  und  ein  einzelner 
Vorderzahn  gehören  dem  Beh  noch  an  und  zu  den  oben  er- 
wähnten Pfriemen  und  Pfriemen  versuchen  scheinen  Behläufe 
mehrfacfa  verwendet  zu  sein. 

Vom  Pferd  hat  sich  nur  ein  Fufswurzelknochen  des 
HinterfofseB  gefunden,  und  der  gehiirt  einem  Tiere  von  der 
Gröfse  eines  grofsen  Ponnys  an;  dos  Pferd  scheint  noch  nicht 
ale  Haustier  gezüchtet  worden  zu  sein.  Dafs  sonst  aber 
nichts,  auch  nicht  ein  Zahn,  von  ihm  zu  finden  war,  ist  selbst 
unter  dieser  Annahme  jedenfalls  aufiallig. 

Nicht  minder  auäalLig  dürfte  aber  das  Vorkommen  des 
Esels  sein;  er  läTst  sich  indeseen  bestimmt  nachweisen  an 
einem  rechten  oberen  Vorderzabn  und  einem  Milch-Sackzahn, 
der  ihm  höchst  wahrscheinlich  zugehört  hat, 

t  che    ist    an     einem    vollständigen    Unterkiefer 
'eifellos  festgestellt. 

Ein    grofser   Eckzahn   eines   Baubtiers   steht   der  Gröfse 

zwischen  Wolf  und  Bär,  ohne  eine  Bestimmung  zuzu- 
lueen,  da  er  zerbrochen  ist. 

Vom  Hunde  findet  sich  aber  keine  Spur,  namentlich 
auch  keine  NagespureD   an  den  weJobereu  Enocheuteilen  der 


406  ^"^  *lt*  OrtbstKIle  bei  Nluendorf  i.  Thßr. 

Wiederkäuer ;  ein  einzelner  Eckzahn  eoheiot  naoh  Erümmuiig 
und  Schlankheit  derjeDige  einer  Füchsin  zu  Bein. 

Dar  Igel  ist  wohl  mit  verspeist  worden;  ee  fand  sioh 
daB  Skelett  nicht  ganz  vor.  Daeeelbe  mag  vom  Hamster 
gelte».  Der  Maulwurf  lag  nicht  tief  uuter  der  Erdober- 
ääche  und  das  Skelet  war  vollständig ;  er  braucht  zu  den 
übrigen  Kesten  in  keiuei  Beziehung    zu  stehen;    er  ist  wohl 

Schliefelich  Hei  nur  noch  bemerkt,  doJs  das  Vorkommea 
von  Milchzähnen  Toa  Bind,  Ziege,  Schwein  auf  den  Betrieb 
der  Viehzucht  hinweist. 

Was  Frosch  und  Flufsmuschel  anlangt,  so  halte 
ich  dafür,  dafs  sie  heide  mit  verBpeisl  worden  sind.  Vom 
Frosch  lag  nümlich  das  ganze  Vorderskelett  heiaammen,  die 
Hinterbeine  aber  fehlten ;  ersteres  ist  weggeworfen  worden 
tili  man  letztere  verspeiste.  Merkwürdig  ist  dann  allerdings, 
dafs  sioh  die  Feinschmecker  von  damals  auch  schon  an  die 
Hiot«rechenkel  gehalten  haben.  Von  den  Flufsmuscheln  sind 
mehrere  Schalen  am  Bande  in  einer  Weiec  verkratzt  oder 
vorschabt,  die  auf  ein  gewaltsamCB  Öffnen  deutet.  Die  Scha- 
len zur  Estriohbereitung  hat  man  jedenfalls  ale  leere  aus  dem 
Um-,  möglichenfalls  auch  Saalsande  gesammelt,  die  zur  Nah- 
rung dienenden  frisch  aus  der  Um  gefischt. 

Ich  komme  nunmehr  auf  die  Pflanzenreste,  d.  h.  auf  die 
in  der  Aschenachicht  eingeschlossenen  Eoblenbrocken 
zurück.  Leider  habe  ich  versäumt,  eine  gröbere  ÄnEahl  der- 
ortigei  Beste,  da  wo  sie  in  der  Schicht  häufig  waren,  f^r 
-eine  Untersuchung  zu  sammeln;  als  ich  daran  ging,  fand  sioh 
nur  noch  wenig  davon  vor,  so  doTs  et  gewagt  ist,  aus  dem 
spärlichen  Material  beweiskräftige  Schlüsse  zu  ziehen.  Ein 
genaues  Bild  der  Zellen  hat  die  splitterige  Eohlenmasse  unter 
dem  Mikroskop  nicht  ergeben ;  aber  immerhin  deutlich  genug, 
um  erkennen  zu  lassen,  dafs  dos  Holt  Nadelholz  war. 
Im  übrigen  kann  ich  nur  sagen;  Kiefer  oder  Fichte  scheint 
Aber  nicht  voriuliegen,  am  ehesten  könnte  es  volü  Taxus, 
Eibeubaum,  sein. 


) 


Eine  >lta  Qnlwl«!«  tid  Ntwanderf  i.  Tfaür. 


407 


Über  die  Bedeutung  dieser  SammelBtätte  alter  Kultui' 
Teste  bin  ich  hud  zuDäcbBt  lange  in  Zweifel  gewesen.  Die 
Unmöglichkeit,  eine  ganze  Urne  aufzufinden,  ja  auch  nur  aa- 
Dähernd  aue  den  Bruchetüoken  zueammenzuaetzen ,  machte 
mich  an  dam  Qedanken,  eine  Ürabatätte  vor  mir  zu  haben, 
ToUständig  irre.  Dagegen  liefs  der  Hänfen  von  Scherben, 
die  oft  nur  geringfügige  HcBte  daratelllen,  vereinzelt  sowohl 
nach  der  Örtlichkeit  ihrer  Lagerung,  als  nach  dem  Uueter 
ihrer  VerzieruDg,  auf  eine  Art  Köchenabfallhaufen  Hchliefsen. 
Ein  solcher  tlaufen  wäre  ein  interes&autee  Analogen  i 
dänischen  Küchenabfaühaufen,  die  mit  der  Fichte  gleichzeitig 
waren.  Unvereinbar  mit  dieser  Deutung  wären  aber  die  unver- 
sehrten Waffen  und  Werkzeuge,  die  3  m  tiefe  Grube  und  noch 
1  die  dreifach  abgestufte  Grube;  solche  Abgange  pflegt 
i  einfach  auf  oberirdische  Häuften  zu  werfen ;  und  utiverein- 
damit  wäre  auch  die  Aechcu  sahi  ch  t;  Asche  und  Eohlen- 
brocken  miifsten  dann  mehr  oder  weniger  gleichmäfsig  durch 
das  ganze  schvrarze  Erdreich  verteilt  angetroffen  werden. 
Wollte  man  aber  auch  eine  Art  Düngergrube  darin  er- 
kennen, BO  fehlte  wieder  der  Salpeter,  der  sich  auf  der  dich- 
ten Lehmnnterlage  unzweifelhaft  erhalten  haben  miifate,  und 
die  Stufeilform  blieb  auch  noch  rätselhaft.  Die  Kiinder  gerade 
dos  tiefsten  Teiles  der  Grube  sind  am  Kchärfsten,  während 
meisten  verwa^cben  sein  müfsteu,  wenn  Flüssigkeiten 
dngegoBsen  wären.  Es  ist  auch  nicht  denkbar,  daTs  für  alle 
luahaltungeu  eines  noch  ho  kleinen  Ortes  nur  eine  solche 
mbe  unterhalten  sein  sollte;  von  einer  zweiten  ist  aber  auf 
im  weiten  abgegrabenen  Felde  von  mehreren  Hundert  Schrit- 
ten im  Geviert  noch  nichts  wahrgenommen  worden. 

Durch  die  zahlreichen  Topfaoherben  konnte  man  auch 
auf  die  Vermutung  kommen,  die  Stätte  sei  eine  Töpferwerk- 
statt gewesen.  Wenn  man  die  Haufen  von  Feuersteinspänen 
in  den  Dünen  der  Uavelgegend,  die  auch  einfaches  Topfgc- 
Bchirr,  Kohlen  von  Nadelholz,  Schleifsteine  von  Sandstein 
enthalten ,  als  Werkstätten  zur  Bereitung  von  Steingeräten 
(Erklärt  hat  (Hellwald  a.  a.  0.  S.  SIT),    so    konnte    man  hier 


seni 


Ken 


4 
I 


Ina  alte  0ub»lfiiu  bei  Nkuendorf  i.  ThOr. 

auch  eine  Töpferwerkstatt  vermat«ii.  Dean  wenn  anderwärts 
(Keller,  Pfalilb.  d.  Sohw.)  nachgewiesen  ist,  dals  bröckliger 
Orenit  und  Klumpen  Rotsteins  zur  VeTfertigung  der  Gefafee 
gedient  haben,  so  würden  beide  Materialien  auch  blei  daranf 
hinweisen.  Aufeerdem  paeeen  die  punktierten  Zierlinien  voll- 
kommen zu  den  Pfriemen  und  die  Furchen  zu  dem  Werk- 
zeug in  Fig.  5.  Aber  auch  diese  Erklärung  ist  hinfällig. 
Was  sollten  dabei  die  Tierreste,  die  Feu erste ineplitter,  die 
Waffen  und  die  terrassierte  Grube  ? 

So  bleibt  denn  kaum  eine  andere  Erklärung  übrig  al» 
diejenige  eiuer  Orabstätto,  sei  es,  dafs  die  ßrandreste  der 
Leichen  in  den  Urnen  mit  beigesetzt  wurden,  sei  es,  dafs 
nur  der  Totenkult  hier  stattfand.  In  beiden  Fällen  lafst  sich 
För  und  Wider  geltend  machen. 

Dafs  TOD  mensch  Hohen  Beaten  sich  auch  nicht  eine 
Spur,  nicht  ein  Zahn,  feststellen  lälst,  macht  eine  Beisetzung 
der  Aschenurnea  zweifelhaft;  andererseits  sind  aber  unter 
den  Scherben  eine  Anzahl  von  schmieriger,  fettiger  Inneit- 
ääche  gewesen ,  von  ganz  anderer  Fettigkeit  als  der  des 
Tbones  selbst.  Die  massen  jedenfalls  gedeutet  werden  sie 
Speiseumen  (Hellwald  S.  515),  die  eine  Wegzehrung  ins 
Jenseit  enthielten  und  demnach  den  Urnen  mit  den  Leioheo- 
reeten  beigegeben  waren.  Han  warf  sonst  alles  Mögliche, 
Geräte,  Steine,  Feuenteinspäne,  Estrichbrocken,  GefäTescherbeii, 
dem  Toten  nach  ins  Grab,  wie  ja  festgestellt  ist,  dale,  in 
England  wenigsteilB  bis  zum  4.  odei  5.  Jahrhundert  unserer 
Zeitrechnung,  FlintAr^mente  in  Gebrauch  standen  (Hellwald, 
S.  515).  Das  ist  in  Nauendorf  gewifs  auch  der  Fall  gewesen. 
unter  den  vielen  gesammelten  Scherben  aber  geben  diejenigen, 
die  sich  noch  am  ehesten  zu  einem  ganzen  Gefafs  zusammen- 
setzen lassen,  flache  napfförmige  (Fig.  22)  oder  hohe  eng- 
halsige  (Fig.  17)  Gestalten,  deren  erstere  gerade  als  jene 
Speiseumen,  deren  letztere  als  Trinkgefafte  erklärt  werden, 
auch  diese  bestimmt  zur  Erqnickung  auf  der  Reise  ins  Toten- 
reich.     Diese  Beigaben,  von  denen  vorausgesetzt  werden  kann. 


Bin«  alts  GiabstSUe  bei  STkuendorr  i.  TbBr. 


409 


ganze  Oefafse  der  Erde  übergebeu  wordeu  «iad, 
inen  Sinn,  wenn  sie  Leichenuraen  begleiteten. 
Auch  der  Umstand,  dafs  vom  mensahliiihen  Skelett  nicht?, 
auch  nicht  ein  einziger  Zahn,  zu  entdecken  war,  ist  nicht  ho 
außallig,  wenn  man  damit  vergleicht,  dafs  auf  dem  von  Host- 
mann  untersuchten  Friedhof  von  Darzau  an  der  unteren  Elbe 
(a.  Heilwald,  S.  694)  auf  einer  Fläche  voq  3200  qm  in  4000 
Urnen  im  Ganzen  nur  12  Stück  menschlicher  Zähne  gefunden 
worden  sind.  Uod  noch  weiter  muXa  sieh  das  Bedenken 
herabmindern,  wenn  man  der  für  andere  Lokalitäten  aufge- 
Btellten  Vermutung  beitritt,  dafs  von  gefallenen  Eriegera  dos 
Skelett  auf  dem  Schlacbtfelde,  die  abgelösten  Weichteile  aber 
in  heimischer  Erde  in  veraHchtem  Zustand  bestattet  worden 
sein  möchten.  Dann  hatte  man  gleichzeitig  eine  ziemlich 
einfache  Antwort  auf  die  Frage,  ob  die  drei  Schiebten  über 
einander  bei  einem  einmaligen  Mareen begräbuis  gefüllt  worden 
seien,  oder  ob  im  Laufe  der  Zeit  die  Bestattungen  allmählich 
stattgefunden  haben.  Hegen  das  einmalige  MassenbegTäbniH 
äpriuht  oSeabar  der  Umstand,  dafe  die  Beigaben,  welche  auf 
die  Beschäftigungen  des  Friede  hg  deuten,  zahlreicher  sind, 
als  die  kriegerischen;  es  fehlte  anfserdem  aber  auch  die  Er- 
klärung der  dreifachen  ADstufung  des  Grabes.  Demgegen- 
über besteht  wohl  folgende  einfache  Überlegung  zu  Reoht. 
Nauendorf  ist  heute  ein  Örtchen  von  etwa  200  Seelen 
und  war  fräher  jedenfalls  eine  noch  kleinere  Gemeinde.  Eg 
war  auch  eine  arme  Siedelung,  wie  aus  der  fast  vollständigen 
Abwesenheit  von  Schmuck-  und  Wertgegen ständen  gefolgert 
werden  mufs.  Die  hat  ihre  Toten  wohl  mit  kaum  mehr  als 
je  einer  oder  zwei  Omen  geehrt.  So  würde  eine  Ansammlung 
von  70  und  mehr  Urnen  eine  grofse  Zahl  von  Begräbniesen 
und  im  Verlauf  friedlicher  Zeiten  eine  ganze  Reihe  von  Jahren 
voraussetzen.  Die  Bescheifenheit  der  Urnen,  deren  einfachste 
aus  der  untersten  Stufe  des  Grabes  stammen  und  die  eich 
nach  oben  hin  in  der  Ornamentik  vervollkommnen,  weist  auch 
auf  einen  aufsteigenden  Entwicklungsgang  hin,  zu  dem  jeden- 
falls eine  geraume  Zeit  crforderhch  war.  In  der  untersten 
27* 


Ein«  alt«  er«b»tKHs  bei  Naandarf  i.  TfaUr. 

Stufe  dee  Orabee  fand  aicfa  aber  das  durahlochte  Beil,  in  der 
zweiten  die  Keile  und  die  zerbrochenen  Beile  mit  einem  Teile 
der  Werkzeuge  friedlicher  Besehäftigtiöf;  uod  in  der  dritten 
Ton  Waffen  nichts  mehr.  So  dürfte  der  Schlufs  nicht  allzo 
gewagt  erecheioen,  dafs  unten  die  irdischeu  Reste  flinea 
Führers  oder  Häuptlings  und  darüber  die  seiner  Kampfge- 
nossen ihre  letzte  Buhestäue  gefunden  haben,  während  die 
dritte  Stufe  im  Laufe  der  Folgezeit  Angehörige  dereelben  und 
StammeBgeuoBsea  aufgenommeQ  hat.  Damit  würde  zugleich 
der  Änsohauung  von  der  Heiligkeit  einer  GrabstUtte  und  der 
Buhe,  die  man  den  Toten  gönnte,  Gerechtigkeit  widerfahren; 
denn  bei  den  spütern  BeisetBungen  in  der  dritten  Stufe  dar 
Torrasse  sind  die  unteren  Gräber  nicht  gestört  worden. 

Die  Äscbenaohioht  hat  sich  erhalten,  weil  die  Heite 
mehrerer  Brände  auf  der  verhultDismäfrsig  kleineu  Fläche  von 
etwa  7  qm  zn^arameDgeitanden  haben  und  gleichzeitig  ein- 
gesetzt worden  sind,  in  der  gröfseren  Tiefe  auch  dem  lösen- 
den atmOBphäcieohen  Wassei'  mehr  entzogen  waren,  während 
auf  der  oberen  Stnfe  die  Urnen  weniger  dicht  standen,  die 
Asche  sich  mehr  verteilt«  und  dem  lösenden  Wasser  sugäng- 
lioher  war. 

Es  erübrigt  nun  noch  ein  kurzes  Wort  über  die  Zeit> 
•  teUuDg  unseres  Urnenfeldes. 

D&Ts  es  der  neuem  Steinzeit  angehört,  unterliegt  keinem 
Zweifel;  ob  es  innerhalb  derselben  aber  früher  oder  später 
EU  setzen  ist,  muTs  noch  etwa«  klargestellt  werden.  Einige 
Aneeioben  soheinen  auf  ein  hohes  Alter  zu  deuten,  andere 
Bpreohen  für  die  Zugehörigkeit  an  eine  jüngere  Zeit.  Zn 
jenen  zähle  ich  die  Wnrfsteine,  als  die  ursprüngliehste  Art 
Ton  Waffen,  die  FeuersteiDaxt  (Fig.  2),  die  Abwesenheit  jeg- 
licher Beste  des  HansgeäUgels,  die  mit  einer  primitiTen  Boden- 
bewirtsohaftung  zusammenhängt,  das  häufige  Torkommen  der 
Jagdtiere,  die  an  Zahl  den  Haustieren  nahezu  gleichkommen, 
das  Fehlen  des  Hundes  und  Schafes,  die  geringe  Oröfse  des 
wahrsobeinlioh  noch  nn gezähmten  Pferdes  und  das  Fehlen 
jeglichen  Hetalla;    obwohl  dieser  Umstand  nicht  zu  sehr  be- 


EtDB  Ute  OiftbntUte  bei  Nauendorf  i.  ThUr. 


411 


;ideD  darf,  da  es  nicht  ansgeacblosgea  ist,  dal's  sich 
e  oder  das  andere  Bronzestüok  uoter  den  verschleppten 
GegenständeD  befunden  hat.  Diese  Anzeichen  sind  aber,  aufser 
den  Wurfateinen  und  der  Feuersteinaxt,  meist  der  Paana 
entnommen.  Jene  Waifeu  künnen  aber  ebensogut  aus  eioei 
früheren  Periode  in  eine  spätere  herübeTgeDomm.en  Bein, 
wie  in  der  Zeit  der  Metalle  Steingeräte  noch  lange  in  Oe- 
brauob  waren;  und  die  tierischen  Funde  sind  immer  zufällig, 
anvollständig  und  mangelhaft,  besitzen  also  nnr  geringe  Be- 
weiskraft. Ihnen  gegenUber  muTs  den  Anzeichen,  die  in 
KunBtprodukteu  liegen,  jedenfalls  das  gröfsere  Gewicht  zuer- 
kannt werden.  Und  diese  scheinen  mir  zu  sein:  die  zier- 
lichen Urnen  mit  dünner  Wandung  (Fig.  IT,  18),  die  glän- 
zende, ablösbare  Glasurschicht ,  das  Hiuabreicben  der  Zier- 
striche  bis  zum  Boden,  die  runden  Buckel  (Fig.  32),  der 
grofse  Henkel,  die  Bodeuringe,  an  deren  einem,  gerade  dem 
in  Fig.  37  abgebildeten,  die  Ornameote  nach  Klopfleisch  aller- 
dings auf  hohes  Alter  deuten,  deren  andere  aber  alle  unver- 
ziert  sind,  die  häufigen  Eandkerben  und  die  tief  einge- 
schnittenen, auf  dem  Grunde  noch  besondera  grubig  ver- 
tieften Zierfarcben  (Fig.  2d\  überhaupt  die  Mannigfaltigkeit 
der  Töpferarbeit  nach  Uaterial,  Oberfläche  aud  Kombination 
der  wenigen  Elemente  der  Verzierungen.  Sie  deuten  nach 
meiner  Heinung  auf  spätere  Zeit.  „Daa  wesentliche  Cha- 
rakteristikum für  alle  Ornamente  der  neolithischen  Periode 
ist  nach  Virchow  nicht  sowohl  die  Zeicbuucg  des  Ornamentes 
selbst,  sondern  die  Tiefe,  in  welche  die  ürnumente  eingeritzt 
und  eingedruckt  worden  sind"  (Ranke,  a.  a.  0.,  S.  627).  ÄuTaer 
den  Furchen  sind  auch  die  meisten  drei-  uad  viereckigen 
Eindrücke  ira  Vergleich  lur  Wanddioke  sehr  tief  (Fig.  20,.ai, 
33—29). 

Genauer  läfst  sich  daa  beurteilen  durch  eine  Vergleiobang 
mit  anderen  Funden  aas  der  Thüringer  Gegend.  Dazu  bieten 
sieb  die  „Vorgeschichtlichen  Altertümer  der  Provinz  Sachsen 
und  angrensender  Gebiete  u.  s.  v.",  von  Elopfleisob,  Heft.  I 
a.  II.   Halle  a.  S.,    1H83IB4.      Was  zunächst  die  Gestalt,    den 


412  SSaa  tiit  OrabiUHe  bei  KaueBdort  i.  Thfir. 

&vStemii  ümrifa,  der  GafäTse  anlaogt,  die  beBotirieben  uad 
abgebildet  siad  als  auB  Thüriageo  und  der  Provias  SachBen 
mit  Aobalt  »taiomeDd,  uod  di«  aiob  auf  zwei  Hauptformen, 
die  Amphorenform  und  die  Beclierform,  zurtiokführen  läCst,  lo 
ist  keine  derselben  an  den  Nauendorfer  GeiSfaen  rein  ver- 
tretan.  Die  Amphorenform  (Fig.  36,  8.  42,  Fig.  27,  S.  43 
u.  a.  m.)  iat  gekenuzeicbnet  durch  gleich mafsige  uud  ziemliob 
starke  ZuHammeaziehung  von  der  bauchigen  Mitte  aua  nach 
oben  und  nach  unten.  Von  unseren  Urnen  abneln  nur  zwei 
ganz  entfernt,  Fig.  '20  n.  21;  und  die  Becherform  (Fig.  23, 
S.  42,  Fig.  71,  8.  88),  die  auf  einem  kugeligen  Bauehe  acharf 
abgesetzt  einen  bandgereobten  mäfaig  langen  Hals  trägt,  mti 
nur  durch  ein  einziges  Nauendorfcr  Gefäfs  einigermafsen  an- 
gedeutät.  TToBere  Urnen  besitzen  höchst  selten  einen  engen, 
sondern  allermeist  einen  weiten  Hals;  auch  haben  sie  den 
Bauch,  d.  h.  den  grofaten  Durchmesser,  hüohst  selten  in 
mittlerer  Höhe,  aondern  alleimeist  unter  der  Mitte;  es 
fehlt  ihnen  also  die  Symmetrie  zwischen  oberer  und  unterer 
HSlfte.  Damit  wird  der  Boden  breiter,  der  Schwerpunkt 
mehr  nach  unten  gerückt  und  die  Standfestigkeit  gröfaer. 
(Vergl.  die  Figg.  10,  11,  13,  14,  15.)  Es  ist  die  gewöhnliche 
Topfform,  die  sich  hier  entwickelt  hat.  Unsere  Fig.  17  ist 
wohl  ein  Trinkgeschirr  gewesen,  aber  kein  Becher  im  Sinne 
Elopfleisohs.  Überhaupt  sind  die  beiden  Formen  nicht  ao 
scharf  getrennt,  nnd  die  geradwandige  Napfform  (Fig.  22} 
kommt  bei  Elopfleieoh  nicht  ror.  Inbetreff  der  Verziernng:eii, 
die  derselbe  in  Schnur-,  Stich-,  SohDitt*,  Reifen-,  Tupfen-, 
eingedrückte  Quadrat-  und  Bandverzierungen  untersoheidet, 
ist  das  Verhfiltnii  ungefähr  dasselbe.  Das  älteste,  das  Sohnoi- 
on^ameut,  und  das  jüngste,  das  Tupfen om am ent,  hat  Naueu- 
dorf  nicht  aufzuweisen;  auch  das  Keifen-  und  Quadrat- 
omament  fehlen;  die  Nauendorfer  Ornamente  sind  steifer, 
weniger  lebensvoll  und  weniger  abwechselnd,  wohl  aber  i>t 
die  kleine  Zahl  von  Uotiven  reichlich  und  gründlich  ausge- 
nutzt. Befriedigende  Übereinstimmung  zeigen  unsere  Figg. 
17—19,  23  (oben),  30,  31   mit  KlopfleisohB  Fig.  48,  S.  79,  u. 


rv 


Eint  ilU  Grabitfitte  bei  Nuandorf  i.  TliGi. 


413 


Fig.  50,  8.  79,  obwohl  uosere  Stiohe  keine  eiugeaenkte  Spitze 
haben,  aontiein  eich  am  Ende  wieder  beben;  sie  sind  mehr 
durch  schaufelDde  Bewegung  STzeugt.  Ferner  stimmt  unsere 
Fig.  20  ziemlich  gut  mit  EI.'b  Fig.  62,  S.  S4,  sowie  unsere 
Fig.  25  mit  den  dortigen  Figg.  104  u.  106,  8.  103;  endlich 
erinnern  die  auf-  und  abwärts  gerichteten  Dreiecke  unserer 
Figg.  17  u.  30  recht  lebhaft  an  das  dänisehe  Tboogefgfs  bei 
Kl.  Fig.  3öa,  S.  47.  Im  übHgen  sind  die  Nauendorfer  Or- 
namente iu  den  Figg.  14—16,  auch  20  (oben)  n.  21,  sehr  un- 
ordentlich ausgeführt  und  wenig  charakteristisch;  sie  müssen 
wohl  als  Stich  Verzierungen  bezeichnet  werden;  die  Vertiefungen 
sind  aber  weder  Stiohe,  noch  Dreiecke,  aondern  rundliche  oder 
viereckige  Locher  mit  unregelmäfsigen  Ausstrahlnngen.  Von 
geringer  Sorgfalt  zeugen  dann  auch  noch  Fig.  28  und  zum 
Teil  24,  während  Fig.  33,  26,  27  recht  vorsichtig  gearbeitet 
sind;  die  obere  Hälfte  von  Fig.  2^  scheint  mit  einem  Bädohen 
etDgedtuckt  zu  sein. 

Es  sind  also  die  Nauendorfer  Formen  im  ganzen  prak- 
tischer und  die  Verzierungen  nüchterner  als  die  meisten  der 
von  El.  beschriebenen,  die  wenigsten  zeigen  Übereinstimmung. 
Wenn  nun  sonst  die  ErKcugnisae  der  Töpferei  vielfach  oder 
meistens  durch  Handel  hier  eingeführt  sind,  so  dürfte  das 
für  Nauendorf  doch  nur  in  beschränktem  MaTse  der  Fall  ge- 
wesen sein.  Die  Gefafse  in  Figg.  9—13  u.  14—16,  ferner 
28  und  wohl  auch  24  dürften  der  heimischen  Industrie  zu- 
geschrieben werden  müssen,  die  durch  das  rundum  reiohliolL 
vorhandene  Eohmaterial  angeregt  und  gefördert  wurde ;  sie 
sind  also  vergleichsweise  jung;  die  reicher  verzierten  und 
vollendeteren,  mit  denen  bei  El.  übereinstimmenden  könnten 
eingeführt  und  demnach  die  älteren  sein.  Freilich  vermag 
ich  das  Bedenken,  was  hierbei  noch  bestehen  bleibt:  deSs  die 
kanilreicheren  Crnen  in  der  tiefsten  Schicht  des  Grabes,  die 
einfachen  iu  den  oberen  hätten  liegen  müssen,  —  die  Mög- 
lichkeit, dafs  die  unterste  Stufe  zuletzt  angelegt  wäre,  ist 
durch  die  ungestörte  Aschenschicht  ausgeschlossen  —  nicht 
andere  zu  beseitigen  als  durch  die  Annahme,    dafs    auch    die 


Bbe  alU  GrabMSKe  bti  Kanindarf  i,  Thar. 

TQltkraimnerei)  TTroen  «n  Ort  ood  Stelle  gefertigt  aitid,  nach* 
dem    sich  die  Töpferei    nicht    an  wesentlich    entwickelt    h»tte. 

VoD  [nteretsB  ist  aach  eine  Yergleichung  uoEerer  Ge- 
»chiire  nnd  Geräte  mit  denen,  liie  Lindeascbmit  ua»  den  Reihen- 
gräbein  am  HiokeUteiD  bei  MoaBbeim  beschrieben  bat,  und  die 
lieb  bei  Kaoke  auf  S.  517  abgebildet  fiDdeo.  Man  erkennt  an 
den  Getatsen  ohne  weiteres  daa  bebe  Alter,  und  doch  ist  aach 
die  Ähnlichkeit  mit  den  hiesigen  eine  auffallende.  Ea  bedarf 
an  dSDtelbeD  eijjeDtlich  nur  einer  Verlängerung  des  Halse« 
und  einer  eiitschiedeDereo  Entwickelung  des  Profils,  d.  k. 
eines  gröraeren  Schwunges  am  oberen  Kande,  um  nniare 
Figg.  10 — IT  zn  erhalten.  Auch  scheiDen  die  Ränder  nirgend« 
gekerbt  zu  Bein,  und  die  Baden  sind  alle  rundücb  oder  äaoh, 
ebne  vorspringenden  Ring.  Die  Verzierongen  sind  nioht  ohne 
Schwung  und  stehen  zum  Teil  deuea  an  den  Vmeu  Klop- 
äeitotis  nfiher  als  den  unseren.  Uie  Einfachheit  der  Genite 
und  der  gonzen  Ausstattung  der  Gräber  ist  u&bezu  die  gleiche 
wie  in  Naueodotf;  nur  darch  den  Schmuck,  die  Halsketten 
TOD  perlmuttglänz  enden  Muscheleobalscb  ei  beben,  zeichnen  sie 
sich  aus;  doch  holte  ich  den  Mangel  au  Schmuck  für  diii 
AltersbestimmuDg  uicbt  für  eehr  bedeutsam.  Ein  wesentliche! 
DnteTBchied  liegt  aber  iu  dem  Umstände,  dafa  am  Hinkelsteine 
„in  keinem  Grabe  eine  Handmühle  fehlte:  ein  gröfseres,  etwas 
konkaves  Sliiok  (Sandslein)  und  ein  kleinerer  Läufer",  nährend 
sich  hier  in  Nauendort  keine  Spur  einer  solchen  gefunden 
hat.  Man  hat  sich  biur  also  mutmafslich  schon  gemeinsamer 
Mühlen  ei  nrichtun  gen  bedient,  da  man  ohne  Mühle  als  rieh- 
Eaofattreibeodes,  also  anoh  aokerbanendes,  sefsbaftes  Volk  nieht 
ftuakommen  konnte. 

Demnach  dUrfte  wohl  mit  der  Ansicht  nioht  allzu  weit 
fehlgegriffen  sein:  das  Naueudorfer  Scbicbtengrab  gehöre  der 
Bildungsperiode  zu,  welohe  den  Ausgang  der  neueren  Stein- 
zeit in  Mitteleuropa  umfafst;  eine  längere  Reihe  von  Jahren 
hat  an  der  Entstehung  mitgewirkt,  während  deren  in  der 
Keramik  ein  wesentlicher  Fortschritt  stnttgefanden  hat,  dessen 
untere  Stufe    durch    grofse    Einfachheit,    dessen    obere    durch 


rv 


Küi«  «It«  Qrabitlt«  bei  Huendotf  i.  Thor. 

KaiiDigfdtigkeit   and    ktinatliclie   OcDftmenlieTDDg  der  GeGÜsa   , 
eiclmet  wird. 


Von  diegem  Schichten  grabe  etwa  200  Schritt  ostwu 
wo  der  Betrieb  der  Lehmgrube  früher  Btaltfand,  sind  im 
Jahre  187*2  acht  oder  Denn  Urcengräber  augesohaitten  und 
ausgehoben  worden.  Es  waren  Einzelgräber.  Sie  gehörten 
offenbar  einer  grofaeren  Gräberzahl  an,  die  vielleicht  auch 
schon  zumteil  abgetragen  worden  war,  ehe  man  darauf 
aufmerksam  wurde  und  sie  erkanote ,  zumteii  wohl  auch 
noch  im  IJoden  verborgen  liegt.  Der  Betrieb  der  Grube  an 
jeoer  Seite  ist  eingestellt  worden  und  Nach grabmi gen  vor- 
zunehmen, war  unthunlioh,  da  mau  nicht  wuTste,  ob  die 
Portsetzung  ost-  oder  nordwärts  zu  suchen  »ei,  und  jeden- 
falls eine  unverhältniBmäfsig  grofso  Fläche  hätte  bearbeitet 
werden  müssen,  wenn  der  Krfolg  nicht  vollständig  zweifel- 
haft bleiben  sollte. 

Die  Qraber  waren  bis  zu  10,  ja  12  m  voDcinsnder 
entfernt  und  bildeten  senkrechte  cjlindi'ische  Vertiefungen 
im  dichten  Lehm,  der  von  75  ein  Ackererde  bedeckt  ist. 
Die  Cylinder  hatten  nahezu  1  m  Durchmesser  und  ebensoviel 
oder  etwas  mehr  Tiefe.  Am  Boden  derselben  fand  sich,  um- 
geben von  Steinen,  die  teilweise  Feueieinwirkang  erkennen 
Üefaen,  je  eine  Urne  mit  Äsche  und  Knochenreaten,  in  der 
amgebcDden  tind  übergeworfenen  schwarzen  Erde  nooh 
Knochen  vom  Rind  und  Pferd,  letzteres  nicht  grofs,  doch 
grcifser  als  im  Schichten  grab.  Eine  der  Urnen  enthielt  noch 
zwei  Bronzeringe  (Fig.  38),  ein  anderes  Bronzealüolt  von 
nicht  zu  erklärender  Bedeutung  (Fig.  39),  einen  eisernen 
Schlüssel  (Fig.  40)  und  ein  Pferdehufeisen.  Die  Braodreite 
sind  aufser  einer  menschlichen  Sinterhaupt^ohuppe  und  zwei 
anderen  BmchstUoken  einer  Schädelwand  nicht  bestimmbar. 
Über  die  Urnen,  welche  allermeist  die  Form  und  Verzierung 
der  Fig.  41  besitzen,  während  Fig.  42  nur  einmal  vorkommt. 
Bei  nur  die  Bemerkung  gestattet,  daPs  eine  offenbar  auf  der 


I  ilu  Oralitdtte  bei  NsneDdorf  i,  TbQr 

ist;  vielleicht  auch  noch  oiae  Kweite,  die  in 
•  mit  daem  «ngen  H&lae  hoU  auoh  bedeokt  ge- 

^D  sein  mit  einer  umgestürsten  flaoheo  Schüssel  (Fig.  43}> 
Ton  weit  gröfBerer  ÖfFnuDg    als  die  Uündung    der  Urne 
Eine  andere  grofde  dickwandige    fand  sich    sDheinbu 
Lt  mit  einem  UiihlBtein.     Derselbe  hatte  aber  wähl  als 
'blufs  der  cy lind riaohen  Grube  gedient  und  war  mit  dem 
indea  Erdreich  hinab  und  auf  die  Urne  gerutscht;  sie 
B      Der  Steia  ist  grobkörniger  roter  Sandatein, 
j,  nach  dem  Rande  hin  Terjüngt,  hat  ÖS  cm 
meesei,  m  der  Mitte   ä  cm  Dicke,   ein  Äuge  Ton  8  cm 
imesser  und    noch  deutliche  VertiefuDgeo    für  den  Steg, 
.  Jem  er  getragen  worden  ist. 
Hier  haben  wir  Grabstätten    aas    späterer  Zeit   vor  uns, 
it  Bronze  und  Eisen  allein  sprechen  dafür  —  die  Bronze 
mt  aus  der  La  X^ne-Feriode  — ,  sondern  auch  das  Pferd 
[aastier    und    in    gröfeerer   Rasse,    dann    namentlich    der 
alstein,    der  schon  auf  ein  Räderwerk    hinweist,    das  ron 
JUensohenhaud  und  Menschenkrtkft  nicht  mehr  getrieben  werden 
konnte,    und    vor    allem    die    wellenförmigen    oder    zickzaok- 
förmigen   Porallellinien,    mit    denen    die    Urnen    geziert   sind. 
Dieie  Ornamentik  wird  als  slavisch  beseiobnet.     Diese  GrSber 
sind    also    mit   dem  Vordringen    der  Slaven    nach    Thüringen 
herein  in  Zusammenhang  zn  bringen  und  ins  7.  oder  8.  Jahr- 
hundert  zu    Terlegen.      Wenn  wir  —  worauf   der  Mühlstein 
deutet  —  eine  dauernde  Niederlassung  annehmen,  dann  darf 
die  Anlage  der  Orabstatten    wohl    auch    bis   gegen  das  Ende 
des    erst«n  Jahrtausends    unserer  Zeitrechnung    Torgeschoben 


VII. 


Der  Name  des  Rennsteigs. 


Von 


Dr.  L.  Hertel, 

Gymnasiallehrer  in  Greiz. 


Die  Sprache  ist  nach  W.  Arnolds  treffender  Bemerkung 
nicht  mehr  blofs  Hilfsmittel,  sondern  auch  Quelle  der  Oe- 
schjchte.  Ja,  sie  ist  die  älteste,  die  es  überhaupt  giebt:  sie 
ist  so  alt  wie  das  Volk,  das  sie  redet.  Insonderheit  hat  die 
sprachliche  Durchforschung  der  deutschen  Ortsnamen  eine 
Fülle  von  Licht  und  Leben  in  unser  geschichtliches  Wissen 
gerade  von  jenen  Zeitabschnitten  gebracht,  für  die  uns  sonstige 
Denkmäler  abgehen,  also  namentlich  Aufklärung  über  die  An- 
fänge der  Kultur,  den  Beginn  fester  Ansiedelungen  während 
und  nach  den  Tagen  der  Völkerwanderung. 

Die  glänzenden  Ergebnisse  Arnolds  ^)  ermutigen  zu  dem 
Versuche,  mit  der  Leuchte  germanistischer  Sprachwissenschaft 
auch  in  die  Nacht  thüringischer  Vorzeit  einzudringen,  die 
eingestanden ermafsen  für  das  ganze  erste  Jahrtausend  unserer 
Zeitrechnung  nur  dürftig  erhellt  ist. 

So  oft  die  Forschung  sich  der  Ausdehnung  des  Eeiches 
der  Thüringer  und  ihrer  Stammeswohnsitze  zugewandt  hat, 
stellt  sich  regelmäfsig  und  unumgänglich  in  den  Vordergrund 
die  Frage  nach  der  geschichtlichen  Bedeutung  jener  uralten, 
rätselhaften  Bergstrafse,  die  über  den  Scheitel  des  Thüringer 
Waldes  hinführt ,  des  Eennsteigs^).  Geheimnisvoll  am 
lichten   Tage   ist   er    noch  heute,    trotz  des  Scharfsinnes,  den 


1)  W.  Arnold,  AnsiedeluDgen  und  WaDderungen  deutscher  Stämme, 
zumeist  nach  hessischen  Ortsnamen,  2.  Aufl.     Marburg  1881. 

8)  Den  Renn  weg,  einen  Bergast,  der  auf  dem  Grofsen  Weifsen- 
berg  südwärts  über  Kretzers  Rasen  oberhalb  des  Thüringer  Thaies  nach 
dem  Rennwegskopf  hinstreicht,  halte  ich  für  eine  Abzweigung,  die  mit 
•dem  eigentlichen  Rennsteig  in  planvoller,  dauernder  Verbindung  stand. 


Dk  Nama  du  Bennateigs. 


H  Männer  wie  A.  Ziegler').  G-  Brückner «) ,  F.  Begei »), 
A.  Werneburg  *)  und  neuerdings  A,  Trinina  *)  und  A.  Roft- 
DBT  *)  siir  Lüftung  des  Schleiers  aufgewendet  haben. 

Wenn  nach  solchen  Vorgäagein  der  Verf.  ee  wagt,  die 
Streitfrage  einer  erneuten  Betraohtung  zu  unterziehen ,  so 
leitet  ihn  dabei  die  Erwägung,  dafe  bisher  die  sprachliche 
Seite  der  Sache  nicht  mit  gebührender  Sorgfalt  berücksichtigt 
ist.  Es  ist  iu  der  That  erstaunlich,  mit  welcher  ^Leichtigkeit 
Uelehrte,  die  sich  auf  philologischem  Gebiete  anderweit  Ach- 
tung erworben  haben.  Über  die  schwerwiegendsten  Bedenken, 
die  sich  der  landläufigen  Deutung  des  Namens  entgegen steUeo, 
hinwegBchliipfea,  weniger  erstaunlich,  wie  leicht  sie  gläubig« 
Nachbeter  gefunden  haben. 

Die  aUgemeiue  Annahme,  die  über  alle  Anfechtung  er- 
haben scheint,  geht  bekanntlich  dahin,  dafa  in  dem  fiennsteig 
ein  „Grenz weg"  zu  sehen  sei'). 

Der  Verf.  erbittet  sieh  also  yon  vornherein  Absola- 
tion  för   die  Ketzerei,   in   dem   Bennsteig   thatsSchUch  einen 

1)  A.  Ziegler,  Der  Rannsleig  des  Thüringer  Waldes.  Eine  BerR. 
waaderUDg  mit  einer  historisch -iDpagraphiscbcn  Äbbuidliiiig  Über  das  AlUi 
und  die  BasdmiDiuig  das  Weges,  Dresden  18SS. 

a)  6,  Bifickner,  Der  Rannstieg  in  sdnar  blstorischen  Bedeotmig, 
Ueiuingeu   186T. 

8)  Ft.  Begel,  Zur  Beuiistiegtrage.  Vortrag  im  Ver«iii  für  Thür.  Qa- 
schichte,  Weimar  1B8S. 

4)  A.  Wemabarg,  Die  NuneD  der  OrlschaflaD  ThUringens,  Erfurt  1SS4. 

6)  A.  Trinios,  Der  Bennstieg.  Eine  Wanderoag  Ton  dar  Weira  U« 
ior  Saale,  Berlin  1B90;  Tgl.  bes.  die  EiDleibiDg  S.  1 — tfi,  iiuiieiBt  naeb 
6.  BrBckner. 

6)  A.  Roßnsr,  Der  Rennateig  des  Thür.  Waldes  jetit  uod  frOher, 
Naombarg  IBSS. 

7)  PerstemuiD,  Ortsnamen,  S.  111;  Brückner  a.  a.  O.  S.  SSS  ;  der- 
selbe, Hein.  LandoBkiuida  I,  S.  ISS ;  Regel,  Enlwickelnng  der  Ortscbaften 
des  TbUr.  W,  S.  1«;  ZUgler,  S.  S8S ;  Trinios,  S.  22(  „Nicht  von 
Rennen,  wie  manobe  wissen  wollen,  ist  der  Name  abialeiteD,  saudeni 
von  Rain  ,  also  einem  Grenzstreiren,  einer  HarkoDg  iwischen  iwei  oder 
auch  mehreren  Gebieten";  LÜttlch,  Über  deutsche  Tolksetjmologie  in 
Ortsnamen,  S.  SO;  Wernebnrg,  S.  176. 


Dar  Name  du  Benustaigs. 


421 


i 


Renn-steig  zu  erkennen.  Der  einzige  Schriftsteller, 
der  diese  Meinung  vollkommen  teilt  —  im  übrigen  eteheo 
die  weitestea  Schichten  des  Volkes  in  dieser  Frage  hinter 
mir  —  ist  der  um  die  Wende  dea  vor.  Jahrli.  wirkende  Kur- 
braudenburgiache  Oeheimbde  Rat  und  Rektor  der  TJniTerBität 
Halle,  Herr  Veit  Ludwig  von  Seckendorf,  welcher  in  einem 
1702  zu  Gotha  herausgegebenen  teutechen  oarmine  auf  den 
Inselberg  folgen dermalsen  singt: 

Wie  ungebahnt  und  rauh  man  sonsten  auch  will  achten 
Ben  Berg,  so  geht  doch  hin  die  wohlberühmte  Bahn, 
Die  man  vom  Rennen  nennt,  doch  schwerlich  rennen 

kann. 
8ie  ist  wohl  wundersam  und  würdig  zu  betrachten. 
Sie  läuft  durch  eitel   Wald  und  streicht  auf  so  viel  Meilen 
Auf  lauter  Höhen  hin,  sie  führt  aus  diesem  Land 
Auf  weit  entlegne  Ort,  so  dafs  man  unbekannt 
Und  gleichsam  unvermerkt    kann  andre  übereilen,  — 
Doch  die  heutige    nüchterue   Welt   Jäfät  sich  auch  durch 
die    achwungvolUteu  Alexandriner  nicht    bestechen;    sie    ver- 
langt zwingendere  Beweise,  als  sie  in  den  letzten  Versen  zum 
Besten  gegeben  werden.  —  Prüfen  wir  unbefangen  und  vor- 
iirteilgfrei  mit  der  philologischen  Lupe  die  Gründe,  mit  denen 
die  hergebrachte  Erklärung  gestützt  wird. 

Auf  zwiefachem  Wege  gelangte  mau  zu  der  Auslegung, 
der  Name  beziehe  sich  auf  einen  Grenzpfad.  Die  einen  lassen 
aus  der  alt-  und  mittelhochdeutschen  Form  rein  eine  mund- 
artliche Umformung  hervorwachsen  mit  verengtem  Vokale ; 
die  anderen  nehmen,  wohl  aus  sprachlichen  Gewissensbedenken, 
ihre  Zuflucht  zu  der  jetzt  weithin  In  Aufnahme  gekommenen 
Volksetymologie,  der  man  die  ITmdeutung  „Renaweg"  aus 
ursprünglichem  „Rein-"  bez.  „Bainweg"  verdanke.  Im  ersten 
Falle  hätten  wir  einen  rein  lau tmechani sehen  Vorgang,  im 
letzteren  eine  Bethätigung  der  Volksseele  zu  erblicken. 

Der  Vater  der  erstgenannten  Auffassung  —  und  mittel- 
bar auch  der  zweiten  —  ist  aller  Wahrscheinliobkeit  nach 
Christian   Juncker,    der    in    seiner    neuerdings    von    Dr.  Paul 


422 


r 

^1  HitsKihke  herauBgegebeocn  Beschreibung  des  ReoiiBteige(lT03) 
^V  auf  Seit«  10  eeiueD  Zettgenoaeen  folgendee  Lioht  anzündet: 
^V  »lob  babe  der  Sache  weiter  nachgedacht  und  glaube  oicht  ua- 
^P  gereimt  zu  Bein,  vrean  ich  sage,  raan  Boil  nicht  ßenneteig, 
'  sondern  ßeinsteig  echr<iib«ti  (J,  ttihrt  dieae  Schreibung  folge- 
richtig durch).  Denn  ein  Bein ,  oder  wie  man  gemeinig- 
lich hier  zu  Lande  und  auch  in  Sachsen  pronuncieret,  eis 
ijteeu  oder  Kenn  ist  eoriel  als  eine  Markung  oder  GreoJ- 
uud  Limit-Suheidung  eines  Ackers,  Gehölzes  und  so  fort. 
Nun  aber  iat  wahrscheinlich,  äe.[s  dieser  Weg  gleiebsain 
ein  Kein ,  Gronzscheidung  und  Hauptmarkung  der  Länder 
Thüringen,  Vogtland  und  teilt«  des  MeifsuisoheD  Obei^ 
erzgeh ürgut«,  allwo  dieses  sich  an  Söhmen  anschliefset,  in  den 
alteu  Zeiten  mag  gewceen  Bein,  welche  dieser  Weg  fast  mitten 
durch  den  Thiinuger  Wald  die  Liinge  hiu  von  Franken 
abteilet."  —  Der  Junckersohen  Beweisführung  schliefst  sich 
in  der  Hauptsaeho  G.  Brückner  a.  a.  0.  S.  251  an,  indem  er 
sagt:  „Mit  gröraerom  Rechte  ist  dieaer  Name  vom  dentechen 
Hain,  Reun  oder  Kinn,  d.  h.  Grenze,  ala  vom  deiitEcheii 
Kennen  (Lauten)  .  .  .  abzuleiten.  Denn  dafa  die  Orenaei 
Bwisohoii  Volksstämmeu  ,  zwischen  Gemeinden  und  Privat- 
güCem  sehr  häaiig  mit  dem  Namen  R&'ia,  Bein,  Käu,  Üeau, 
Ef  nn  bezeichnet  wurden,  bezeugen  die  Weiatümer  und  Fltii- 
bücher  des  Volkes  und  die  Urkunden  der  Klöster  vielfach 
und  entsohieden." 

Eine  Widerlegung  dieaer  so  naohdrüoklioh  vorgetragenen 
Behanptung  erfordert  kein  ichwerea  Geschütz  aus  der  tpnch- 
liohen  Rüstkammer:  ein  Blick  in  die  altdeutaohen  Wörter' 
büoher  von  Schade,  Graff  and  Lezer,  in  die  neahoohdeutechen 
von  Grimm  und  Sander  belehrt  uns,  dafs  nie  und  nirgend  die 
gedachten  Nebenformen  {renn,  rynn),  auf  die  es  hier  einzig 
ankommt,  im  Sinne  von  „Grenze"  gebraucht  worden  sind. 
Und  wie  dieae  „redenden  Blätter",  so  überzeagt  uns  das  Be- 
lauschen der  lebendigen  Volkarede  davon,  dafa  die  Formen 
Rinn,  Sonn,  Renn,  weder  im  Lande  der  Thüringer  noch 
in  den  Gauen  der  Franken  irgendwo  aufzufinden  aind.     Zwar 


I  rv 


Dir  Saaui  de»  BcDuitaigi. 


428 


^egaot  die  lautliche  Verengung  des  Doppeliaatea  ei  zu  e 
I  gewissen  Wortern  auf  mitteldeutschem  fiprachboden  aiioh 
aalserhalb  des  UeirBnisoh-SäohiiBchen  —  wo  sie  jetzt  znr 
Regel  geworden  ist,  —  a.  B.  in  Henrich,  Sense,  Menge, 
swenzig,  helge  (t.  Weinhold,  Mhd,  Otamm.,  8.  124)  —  doch  j»t 
dies  immerhin  eine  Tereiueelte  ErscheiDUng :  die  Yerdoppe- 
lang  des  n  in  der  Schrift,  wo  sie  el^mologisoh  unberechtigt 
war,  ist  hingegen  bis  zum  15.  Jahrhundert  unerhört  und 
zeigt  sich  in  der  heutigen  md.  Sprache  bei  Stamm  Silben  niir 
iu  eolohen  Formen,  die  mit  Beugungsendung  veraehen  eind 
oder  waren.  So  heJfst  es  alletdiags  in  einem  Teil  des  Frän- 
kischen :  Stänner  für  Steine,  in  thüringischen  Strichen  Klänner 
für  Kleiner,  Sänner  für  Heiner  (Heinrich);  aber  unweigerlich 
fränfc.  Stae(n)  für  Stein,  klae(n)  für  klein  —  und  Rae(n) 
für  Rain!  Im  Thür.  Westergau  dagegen  klingen  diese  Formen 
Stain,  Main,  Rain.  Auf  ein  Rünn,  Rinn  oder  Bynn  wird 
man  vergeblich  fahnden. 

Von  vornherein  ansprechender  scheint  auf  den  ersten 
Blick  die  von  Andersen'),  Lüttioh  a.  a.  0.  B.  30,  und  nach 
ihnen  von  den  Fortsetzern  des  Grimmschen  Wörterbuches 
geäuTserte  Vermutung,  es  handle  sich  hier  um  die  volksety- 
mologische Umgestaltung  des  Namens  eines  altehrwürdigen 
Baiu-  d.  i.  Grenzwegs. 

Mag  man  sich  nun  für  die  eine  oder  die  andere  Ansicht 
entscheiden  —  Bainstieg  gilt  allgemein  als  Urform  des  Ifamens. 
Welche  Gründe  fuhren  und  berechtigen  zu  dieser  Annahme  ? 
Kann  man  uns  irgendwo  und  irgendwann  die  Form  Jtainstieg 
belegen  r  Orimms  Wörterbuch  beruft  sich  für  seine  Aualegang 
auf  Lüttioh  und  Andersen,  Luttich  atüt^t  sich  selbst  auf  seinen 
Fachgenossen  Andersen,  dieser  wiederum  verweist  die  Wifs- 
begierigen  auf  Frommanns  Mundarten  IL  Hier,  vermuten 
wir,  schöpfen  wir  aus  dem  Urboru  der  Volkssprache,  hier 
müssen  alle  Zweifel  schwinden  —  doch  welche  Enttäuschung  I 
Statt  unsere  Sehnsucht  naeb  den  verheifsenen  Zeugnissen  zu 


I 


1]  Andarsen,  Deataehe  ValkfatTinalogic,  Heilbrana  1876. 


I 


Der  Ksna  itt  BgnnSleiga. 

befriedigea,  (peist  ana  der  Herausgeber  in  einer  Fufibemer- 
knng  mit  folgender  allgemeineD  Bedewendung  ab:  „Der  Aiii- 
draok  Bennstieg  und  Bennweg,  d.  i.  GreoKweg,  kommt 
öfter«  in  der  hiesigea  Gegend  vor;  stets  aber  bezeiohuet  er 
die  FirBtliuie  waaaerscheidender  Bergrücken  als  loharfe  Natoi- 
grense  iwiachen  gröfaeren  und  kleineren  Gebieten." 

Mit  den  Grundlagen  der  Rainstieg-Lebre  sieht  es  dem- 
naoh  TorlSuSg  recht  windig  ans.  Aber  vielleicht  laBsen  lie 
uoh  durch  urkundliohe  Belege  stützen.  Eb  möge  daher  an 
dieser  Stelle  gestaltet  sein,  die  sSrntlioben  urkandlich  er- 
haltenen Zeugnisse,  in  denen  der  besprochene  Name  lioh 
findet,  zaeammeni  US  teilen.  Da  es  sieh  hier  aussohlierelieh  nm 
die  Namensform  handelt,  so  besiehen  wir  auch  diejenigen 
Denkmäler  mit  ein,  worin  eines  anderen  als  des  thüringischen 
B.  Erwähnung  geschieht.     B.  ist  ja  ein  Gattungsname. 

1.  Markbeschreibung    von  Salohenmünster  (am    Unken  Gfer 
der  Einzig,    zwischen  Steinau  und  Gelnhausen], 
Hinc   incipit    termtnatio   quae  pertinet   ad   Salechen 
munster. 

UU  aqua  Älesbaeh  influü  in  Kindham  et  sie  sur- 
sum  ad  locwn  Beldmgesberg ;  mde  ad  frigero  marmo 
velt  usque  Borbach;  et  sie  ad  JERenstein  usque  in  Ja- 
täha;  et  sie  surswm  in  Hertihen  Brunnen;  ad  domtim 
toHdero  wibo  usque  Delebrutmo;  inde  in  Heidenessol 
usque  ad  viam  Bennitoeg;  et  sie  deorsum  usque  ad 
Sedleobntnnon;  et  sie  deorsum  inter  duos  vtcos  in  Kin- 
c&iam  etc. 

Fistorins  trad.  fuld.  494.  —  Sohannat  Bachen,  vet.  389.  — 
Dronke  trad.  S.  56  abweichend: 

.  .  .  deinde  in  Heidenefelt  et  sie  usque  in  viam  Benne- 
wee  et  sie  deorsum  usque  ad  Schahesbrunnen. 

Eine  gleiche  „terminatio  aqnarnm  et  sylTamm  monasterii 
Baleohen"  findet  sich  bei  Fistoritu  8.  672,  abgedruckt  in  Bothe 
El.  Beitr-    znr    denteohen    Sprach-,   Gesohiohta-   und    Ortsfor- 


I 


Dar  Nam*  da«  BninaiciKS.  4 

ihuDg  I  282:  Ubi  aqua  guae  voeatur  ÄUheshach  rnftwit 
etc.  äekinc  in  Hedenessol,  et  sie  surstan  ad  viam  quae 
vocatur  Renniwech  .  .  . 

Diese  Markbeschrei bangen  TÜhiea  aus  dem  9.  Jahi- 
huodert,  Bind  jedoch  nur  in  einei  Abschrift  des  M^önches 
Eberhard  aas  der  Mitte  des   12.  Jafarh.  eihalten. 

Begrenzung  der  Vogtei  der  Fol di sehen  Kirche.  Erz- 
bisohof  Krohaßbald  von  Mainit  (1011 — 1021),  Toiher 
Abt  T.  Fulda,  läfst  die  advooatio  fuldenaia  eocleaiae  bo 
begrenzen,  wie  dies  unter  seinem  Vorgänger  Sigehard 
(t  899  Sept.   5)  festgestellt  worden  ist: 

—  in  Fuldam.    tbi  oblique  super  Fuldam  usque  in  villam 

Smalanaha   etc.     inde  per   Fliedena    deorsunt    usque    in 

Weidemannesbruggun    et   sie   surswm    in    Reinnetoech. 

inde  per  Beinnewech  usque  ad  steckandenstein,    inde 

in  Mosam.    inde  in  veterem  Slyrepham  ....  usque  in 

Fuldam. 

Dronbe  ood.  dipl.  341. 

AuizuBondern  aus  der  Reihe  der  Zeugnisse  ist  jedenfolia 

die  M arkbe schrei  bu Dg  von  OrofseDlüder,  die  uns  ebenfalls  in 

einer  Abschrift  des  12.  Jabrh.  vorliegt.     Sier  heifet  ea  nitch 

Pistor.  trad.  fuld.  497: 

Baec  est  termvnatio  quae  pertinet  ad  eeclesiam  Lutera. 

Ubi  Scanfulda  defluit  usque  in  Renmphaf.    inde  in  Hel- 

lendemberg  .  .  .  usque  in  Fuldam. 

Dagegen  bietet  Eberhard  bei  Dronke    trad.    p.  59  c.  22 

folgenden  äugen  seh  einlich  richtigeren  Wortlaut : 

kee   est  terminaüo   eiusdem    ecclesie   corroborata   sub 

iuramento  antiquorum  patrum: 

Ai  eo  loco  ubi  Seamfulda  defluit  in  Rennebach, 

inde  in  Hellentenberch  .  ,  . 

r  8.  Sprachbrief  über  streitige  Qrenzen  zwiaohen  Abt  Ber- 
thold von  Banz  und  Graf  Hermann  von  Wolfeswae 
vom  Jahre  1162. 


436 


Du  Kuna  des  Raniiitaiga. 


Limes  stiperior  silvae  quae  dicUur  Gevelle,  dirigUn 
a  fönte  in  Marcha  vüla  .  .  . 

Inferior  autem  per  Umiteni  qui  dicitur  RinnestieM 
nsque  in  amnem   Yispach  .  .  . 

Sprenger,  Gesell,  der  Abtei  Banz,  S.  329. 

4.  Heinrich,  Vogt  Tön  Gera,  verkauft  der  Priorin 

schwitz    den    Wald    bei    Greiz    und    andere    Gehölze   ; 
Thale  Saxa;  im  Jahre   1359. 
.  .  .  Habet  siquid&m  sepedictum  nemus  ad  meridieni  sm 
tarn  quam  vulgariter  Bennestich  vocant,  ad  aquilonem' 
silvam  dominorum   de  Mildenfurte,   ad  orientem  aquam 
Alestram,  ad  occidentem  agros  cultos  villae  quam  Stumede 
(Scumede,  Schumele?)  appellant  .... 

Urkundenbuch  der  Vögta  von  Weida  I  60  ;  vgl,  auch  I  24. 

b.  Die    Frankenateiner    verkaafen    ihre    Bcaitzungen     dem 

Grafen  Berlhold  von  Henneberg.     1330. 
.  .  .   item  silvam   dictam   Wintirkaste  sicut   dividit   vicus 

dictus   Rümestig item   .  .    die   wiltbane,    gut 

primo  incipiunt  in  Kyhach  trans  silvam  Syle  usque  in 
Wolfysberg  .  .  .  et  uUeritis  sursum  de  Einnestyg  us^e 
ad  montem  qui  dicitur  Emmiseherg  et  ulterius  usque  ad 
montem  qui  dicitur  Jahisberg,  ddnde  sursum  usque  ad 
illum  locum  ubi  oritwr  aqua  que  dicitur  Smalcalde  et 
deorsum  usque  ad  sylvam  que  dicitur  Wiginwald  et  vieum 
qui  dicitur  Rynnestyg  usque  ad  verticem  tnontis  dicii 
Neseelherg 

Henneb.  Urk.  V.  74.  M 

G.  DeulEOhe  vidimierte  OberBetzang  des  Fraiikensteiniachei^l 

Kaufbriefe.      1352, 
,  .  .  jtem  den  walt  der  genant  ist  der  Winierkast,  als  der 
Hynnestig  dae  teilt  .... 

dy  wiltbane  die  sich  des  eratin  cm  Cuhach  anheUn 
uher  den  walt  Stier  wan  czu  dem  Weifesberg  .  .  .  und 
forbasg  uffwarte  v<m  dem  Jtynnestig  wan  ceu  dem  berge 


Der  Name  dea  Beonitatgs. 


427 


Wer  genant  ist  der  Ensberg  und  forhase  ceu  dem  berge  der 
genant  ist  der  Jachsberg  und  da  furder  ufficart  toan  czu, 
dem  ftecke  da  das  waseer  entspringit  dy  Smaikalden  ge- 
nant und  nidertoart  wan  ceu  dem  walde  der  genant  ist 
Winginwalt  und  da-  sHgk  der  genant  ist  der  Rt/nne- 
stig   wan   an  das   obirste   des   bergis   der  genant  ist  der 

I      Nesselberg. 

^m         Heuneb.  Urk.  V.   120. 


7.  Kurfürst  Friedrich  bekundet,  dafi  er  dem  Nickel  Feto- 
beim  von  Prag  ein  Kupferbergwerk  auf  dem  Walde 
zwischen  Suhl  und  Ilmenau  „under  dem  Rynne- 
wege  byneder  der  Somerwesen  an  dem  wasser  die 
hleijne  Ilmena"  zu  freiem  Berglehen  geliehen  habe. 
14.  Juni  1434. 

Gea.-A,    Weimar,    Kopialbuch    F.  2    fol.  2. 
det  Herrn  Staats -Archivars  Dr.  F.  Mitzschke.) 


(MitteiloDg 


I 


1^ 


8.  Berthold,  Abt  zu  Vessra,  besiegelt  den  Auaspiaoh  des  Zeut- 
geiichtes  zu  Benahauaen,  dafa  die  Wildbabu  des  Uehliaser 
und  Zdlaer  Waldes  bis  auf  die  Leabe  am  Bynneatigk 
allezeit  den  Herren  von  Henneberg  gehört  habe.     1445, 

.  .  dae  die  wiltpan,  die  wiltiagt  und  das  geleit  des  uialdes 
genant  der  Meiser  und  Zeller  walt,  hie  dtesseit  hinuff'  hise 
uff  die  Lewhen  an  den  Rynnestigk  von  alter  here  der 
hem  von  Hennenberg  gewest  sie  und  noch  sie  wnd  gedenck 
ir  ieyner  dae  noch  ye  keyn  ander  kerre  hie  diesseit  des 
Rtfnnsteigs  geiagt  habe  denn  die  herren  von  Hennenherg. 
Hecneb.  Drk.  VII.   168. 

9.  Hans  von  Oieah,    Amtmann  zu  Arnstadt,    überläTat  dem 
Helmbold  zu  Jeauborn  erblich  einen  Harzwald.  146S. 

.  sulch  harceioalt  sich  datin  anhebit  an  dem  forstewege 

hin   an  den  Rinnesteg ,   von   grahin   wege  dem 

^innestege  nach  bist  uf  den  hruch  weg  .  .  .  Uss  hin 

uf  die  Schartin  und  die  Scharte  abe 

Arnstädler  Urkundenbuch  S34. 


^Sli  Dar  Name  des  Renostaigi. 

10.  Stolberger  und  SchwaraborKer  Orenzzog  auf  dem  Eyff- 
bäueergebirge.      1483. 

Äuff  dem  Rynnetoeg  unnd  den  Rynneioeg  «ss 
hiss  auf  die   linden   neben  Sadra   im  felde.      Zu   Ouwe- 

lebenn  angehoben biss  uff'  die  Heyde  poher  Sünders* 

hussen. 

Abgedmokt  bei  Heyer-Kackwitz,    Der  Helmegau,    8.    12. 

1 1.  Baltbasars  vod  Ostbeini  Beechreibung  tod  der  Grenze 
des  hennebergiBohea  Amtes  Halleoberg  vom  J.  1548. 

«/"  der  grenz  daselbst,  da  der  Rennsteig  in 

die   Meliser   Strasse   eingehet Allda   grenet   bm- 

sammen  der  Kurfürst  von  Sachsen,  als  der  Schieareieald 
genannt  und  auf  der  rechten  fiand  der  Gemeinteald,  bis 
auf  die  Meliser  s^asse  hinein  grenet  der  Gemeinteald. 
Abgedruckt  bei  Mitzeohke  in  Juuckera  Benniteig,  S.  14, 
Hierzu  kommen  noch  folgeode  Namen,  deren  firühstei 
Vorltommen  urkuudlioh  nicht  festzustellen  ist; 

13.  Benniveg  mit  dem  Rennwegskopf  im  NW.  des  Thür. 

Waldes. 

19.   Rennweg  im  Gau  Rubikon,  Russikon,  Herrliberg, 

Sorgen. 

Hey  er,  Ortanamen  des  Kantons  Zürich  io  den  „Hit- 
teilnugen  dei  Antiqn.  Geselliohaft",  ZUriob  VI,  1849,  8.  88 
(ohne  nähere  NaohweiBe). 

14.  Rennweg  an  der  Grenze  der  unteren  und  mittleren 
Cent  veitlioh  von  Uftrangen. 

15.  Rennweg  swiaohen  Sittendorf  und  Brücken  im  ehe- 
maligen Nabelgau;  nach  K.  Meyer,  dem  ich  diese  An- 
gaben verdanke,  eine  Abzweigung  der  alten  HeerstroXae 
Nordhausen  —  Eelbra  —  Tilleda  —  Allstedt,  welche 
augenscheinlich  als  näherer  Verbindungsweg  lur  Kaiaec- 
pfalz  Wallhausen  führte. 


Der  Nun«  des  Beonsteigs.                                 429     ^^^| 

Der   ia    den  RechtedeokmÄlern 

ThüringenH   (S.  28ö)  ge- 

legentlioli     eiDer    Waldumgrenzung 

der    EonigBseer    „Heide" 

ein    Zugang    zu    dem  aa 

EönigBsee  Toriiberflierseudea  Bache 

,Einne". 

Überaiaht 

Befiniweg      SaloheamünBter 

9.  Jh.  Piator.  494 

Sennimech 

„      Piator.  572. 

„  .             ,  JVogtei  Fu  da 

lOlI  Dronke  dipl.  341. 

Rinnestich     Banzer  GronzTertrag 

1162  Sprenger,  Banz  329. 

Eennestich     Greizer  Waldgreaze 

1159  Vogtl.  TJB,  I  60. 

Binnestyg         b,^,i,ri,f 

1380  Henn.  ÜB.  V. 

Eynnestig 

BynnesHg     üboraeteung 

1352  Henn.  DB.  V. 

Mynnestig 

Rynneweg      Ilmenauer  Berglehea 

1434  Weim.ArcKF,  2,2. 

R^nnesUgk    Brief  de«  Abts  y.Ve.sra 
Bynnateig 

1446  Henn.  ÜB.  \1I. 

1463ATnBt.  ÜB. 

mnnesteg 

Rjfnneweg               ^ 

1483  bei  Baokwitz. 

Rennsteig       Halleoberger  Beechreib 

1648  bei  Juncker. 

Renntoeg        am  Bennwegakopf 

—             — 

Rennieeg       Zürich 

—    Meyer. 

Rennweg      Uftrungen 

—    RaokwitB. 

Rennteeg       Nabelgau 

—    Meyer, 

Unter    24    Anführungen    stoftea    wir    demnaoh    zweimal 

tat  einen   Reinnetßeg,    wohlgemerkt   mit   Doppel-n.      Auch 

^^m,Me    Form    gebt    zweifellos    auf 

renne-weg    nurüok;     die 

^^TCireibnng  ei  f&r  etymologitoli  berechtigtes  e  findet  aich  im 

430 


älUren  Hittelhochdeutacheo  iibeiaas  häufig  aad  spricht  ledig- 
lich für  die  ADDahme,  dafs  der  Laut  des  e  sich  eq  t  hin 
bewegte,  also  ein  Schwebelaot  zwisoheo  e  und  i  war;  siehe 
Weinhold,  Mhd.  Gramm.  §  48,  wo  reichliche  Belege  beig»- 
bracht  siod.  Die  Doppehchreibuiig  des  n  verbietet  «et- 
echieden,  an  deo  Stamm  reift-  la  denken:  ea  wandelt  eich 
wohl  reinjan-  reinnan  „reinigen"  zu  reinan,  nie  aber  rem 
I  re{i)nnl 

Ein  rain-  oder  reinweg  ist  in  Weiilümern,  Flnrbücheni 
nnd  EloeterarkuDden  nicht  zu   finden ! 

Bbeosowenig  kann  der  Ausdruck  aus  der  geaamtsB 
deutschen  Buohlitteratur  nnohgewieaen  werden!  Id  den 
älteren  thüringiecheu  Chroniken  {von  Joh,  Rothe,  Reinhardsbr. 
Annalen,  Nik.  de    Siegen)  fehlt  der  Name  Überhaupt. 

Gegen  die  Annahme  AaderflenH,  der  vermutlich  mit  Renn- 
weg  nicht«  anzufangen  wafate ,  sprechen  überdies  einige  Er- 
wägungen allgemeiner  Art. 

Alle  volkstümlichen  Umdeutungen  beruhen  nach  Ander- 
sens eigener  Lehre  auf  dem  Streben  des  Sprachgeiates,  Ane- 
drücke,  die  für  das  Volk  leerer  Schall  gewesen  sind  oder  ge- 
worden lind,  wieder  bedeutungsvoll  und  iweifeiros  verständ- 
lich EU  machen.  Das  SpraobbewofataeiD,  so  bestimmt  ähnlich 
Ltittich  das  Wesen  der  „Volksetymologie",  trachtet  danach, 
mit  seht) pferi scher  Kraft  die  Lücken,  die  in  dem  ursprüng- 
lichen WortBOhata  eingeriieen  sind,  ans  den  noch  Toihandenen 
llitteln  in  aeiner  Weite  ansaurullen. 

Ist  nun  Bain  dem  deutschen  Spraohbewufstsein  ein  loerei 
Soball  geworden?  Ist  es  aus  dem  Wortsobati  des  Tolk«a 
heiansgeriiien  ?  Lebte  ea  nicht  vielmehr  fort  durch  alle 
Jahrhunderte  hinduroh  bis  heute,  jedem  Kinde  verständltoh  F 
Wozu  also  eine  volksetymo  logt  sehe  Umdeutung?  Ist  der 
Name  nunmehr  klarer  geworden,  nachdem  ihn  das  Volk,  wie 
Andersen  will,  in  Rennweg  amgetauft  hat  ?  Sollte  nicht  viel- 
mehr das  Umgekehrte  richtig  sein?!  In  der  That  halte  ich 
„Rainweg"  für  eine  —  allerdings  nicht  volkstümliche,  son- 
dern steife  Gelehrtenelymologie. 


1 


Dar  Same  d«B  Bmniteip. 


431 


r  Regel  nur  bd 
raterworfen,  die 
Defa    dei 


Ferner:  Umbildungen  e 
heimisahe,  ä.  i.  deutsche  OrtBOHmeD  a 
eng  begrenzten  Bezirke  au 
berg,  vie  er  nooh  1330  heifst,  von  den  Anwohnern  des 
FlaohlaudeB  zum  Insel (B)berg  gestempelt  wurde,  ist  er- 
klärlich, ebeuao,  dafs  man  aus  dem  Malilsteiu  bei  Eise- 
uaoh  eioen  MsdeUtein  roeohte  und  den  Kreienberg 
bei  Tiefenort  in  einen  Kl  ei  n  be  rg,  den  Ö  er  wi  nestein 
(Stein  des  Gerwin)  in  Gerbersteiu  umlaufte;  die  vorge- 
Dommeno  Veränderung  wurde  nicht  berichtigt  durch  ander- 
weitige Kreise,  denen  die  ursprUngliche  Benennung  wohl  be- 
kannt gewesen  wäre.  Andera  verhüll  es  sich  mit  dem  Namen 
langgestreckter  Gebirgszüge,  mächtiger  Ströme,  die  von  vielen 
Tausenden  gekannt  und  fast  taglich  genannt  werden :  hier 
ist  eine  Verderbnis  auch  dann  euBgeBohlosHen,  wenn  die  ehe- 
malige Bedeutung  völlig  verblafst  ist.  Weichsel,  Oder,  Elbe, 
Weser  nnd  Rhein  haben  im  Volksmunde  ebensowenig  eine 
Eindeutschung  oder  Umformung  erfahren,  wie  Waagenwald, 
Jura  oder  SpefBhardt.  Somit  sind  wir  auch  8a  der  Annahme 
berechtigt,  dafa  der  jedem  Thüringer,  jedem  Maiefranken 
wohlbekannte  Keunateig  in  altebtwürdiger  Form  uns  über- 
liefert ist,  BelbstverBläudlich  mit  jenen  Lautwandlungen,  denen 
die  deutsche  Sprache  seit  der  altdeutachen  Zeit  überhaupt 
unterlag. 

Zum  dritten:  Merkwürdig  bleibt  es,  dafa  nirgendwo  in 
den  Gauen  Thüringens  oder  Frankens  sich  auch  nur  die 
leiseste  Spur  von  jenem  angeblichen  Urnamen  erhalten  hat 
Wie  das  Volk  auf  der  einen  Seite  leichtlich  geneigt  ist,  einen 
fremden  oder  fremdartigen  Namen  in  seiner  Weise  umzu- 
modeln nnd  ihn  sich  mundgerecht  ku  machen,  so  hält  es 
andererseits  mit  unglaublicher  Zähigkeit  am  altererbten 
Sprachgut,  sofern  es  irgend  einen  Sinn  damit  verbinden  kann, 
auch  in  Fällea,  wo  die  Sobriftapruche  den  Neubildungen  be- 
reitwillig Bürgerrecht  veratattet  hat.  ~  Nach  den  Lantge- 
lelEen  des  Mainfränkisohen  und  des  Hennebergiaohen,  welche 
auslautendcB    n    in    einBÜbigcn   Stammwörtern    abwerfen    und 


43S  '^"    ''■^■<'°    l)«    EtSDDBtsigS. 

alldauUohai  ei  zu  o«  vereiafacheo,  mufste  doch  irgendwo 
auf  der  FraDkenseite  ein  Rae-steig  lu  eatdecken  saia:  docb 
■oweit  die  fränkische  Zunge  klingt,  von  Blankensteio,  Lobea- 
■teio  und  Koburg  bis  hin  zur  ZelUer  Läobe,  kennt  männig- 
lieh  nur  einen  Rennsteig  oder  Rennweg.  Die  gteiohu 
Laut«  Teruehmeo  wir  auf  der  Dordweetliohen  Elanlce,  wo  die 
ThUriuger  hausen:  Rennstieg  heifst  der  Hoohpfad  im  Volkf 
muude  von  HörBel  südlich  bis  Steinbach-Halleaberg  uad  nörd- 
lich bis  vor  Iltneuau,  vur  und  auf  dem  Walde,  während  dod 
nach  thüriDgisohen  Lautregeln  auf  diesem  Striche  das  olt- 
deulache  rein  unfehlbar  als  Rain  oder  Rain  erhalten  bleibwi 
mufite.  Ein  Rainstieg  wird  jedoch  dem  Wanderer  in  TbÜ- 
ibgeii  ebensowenig  gezeigt  werden,  wie  ein  Raesteig  m 
fiankenlande. 

Viertens:  Gerade  auf  dem  nw.  Flügel,  wo  der  Name  im 
Volke  am  festesten  haftete,  bildet  der  S,,  keine  Stammes- 
grenze: nördlich  und  südlich  davon  sitzen  Thüringer. 

FUnftous:  Eine  Foi-m  ^tnwe^  im  Sinne  von  Qrenzweg 
widerstreitet    Überhaupt    dem    Bildungszuge    der    altdeutsehen 
Sprache!     Zusammensetzungen,  deren  erster  Teil  die  Unterait 
der  im  zweiten  enthaltenen  Gattung  bezeichnet,  sind  der  älteren 
Sprache  durchaus  fremd    und    haben    auch  in  der  Gegenwart 
zum  grofsen  Teil  einen  kindlichen  Anstrich;  vgl.  die  Schi 
lingspflanze,  der  UheiDflufs,   der  Tannenbaum,  dos   VVurmti 
die  Sohlersburg,    der  Bauersmann.      SoUte    der  Stamm 
Grenze  besagen,  ao  lag  die  Bedentang  Grenz  weg  darin  ei 
gesohlossen:   die   herbe   Einfaohheit   der  alten   Sprache   v«- 
eohmähte  die  breite  Wiederholang  des  Oattongsbegriffea. 

.Ret»  hat  überhaupt  eine  schillernde  BegriffsiSrbnng  — 
die  WortforscheT  sind  in  dieser  Bexiehang  durehans  nneinig. 
Förstemann  und  Arnold  erklären  es  ganz  allgemein  mit  Berg- 
abhang, wogegen  Weroebnrg  darin  den  „Aosdmck  für  eine 
durch  einen  unbenutzt  gelassenen  schmalen  Landstreifen  ge- 
bildete Besitz-  oder  Gebietsgrenze"  erblickt.  „Da  aolohe 
Raine  in  alter  Zeit  öfter  zur  Weide  benatzt  wurden,  so  erklSren 
«ich  Benennungen  wie  Schafrain ,  Ziegenrain".  —  Da  der 
Ursprung  des  Wortes  dunkel   ist  (s.  Grimms  Gramm.  II  12. 


Der  Nams  des  Rannstaig*. 

Kluge,  Etjm.  Wb.  262),  so  kaun  uns  lediglich  der  Oebrauoh 
Anfachlnfs  über  die  wabre  Bedeutung  verleihen.  Nach  meioBm 
eigenen  Spftkohgefiibl  uod  naoh  eingezogenen  Erkundigungen 
birgt  der  Ausdruck  „Elaiu"  die  Grundbedeutung  Boden- 
erhöhuugin  sich.  Dieselbe  spaStete  sieh  in  zwei  bestimmt 
onterachiedeoe  Souderbegriffe :  erateD»  versteht  man  unter 
Rain  einen  aniteigenden  Streifen  Landes  znischen  zwei  Fel- 
dern, der  unbeackert  bleibt  und  daher  allerdings  eine  Acker- 
grenze  bildet;  zveiteoa  wird  Baiii  gebraucht  zur  Bezeichnung 
eines  Bergabhanga,  mag  dieser  nun  wüste,  berast  oder  auch  selbst 
bebaut  sein,  —  Gehen  wir  von  der  erstgenannten  Deutung 
aus,    so  ist  naobdruuklich  zu   betonen,    dafs  B^in    einzig    die 


Ackergrenee,  uiemals  ein 
hierfür   stehen    bekanntlich   i 


WaUacheida 


idere  Benennungen  zu  Gebote. 
Eine  von  mehreren  Erklärern  vereucbte  Übertragung  auf  die 
Waldmarkung  ist  rein  aus  der  Luft  gegriffen. 

Die  an  zweiter  Stelle  angeführte  Abschattong  der  Grund- 
bedeutung iat  in  Thüringen  überall,  und  nicht  am  wenigsten 
in  unmittelbarer  Nähe  des  Bennsteigs,  heimisch.  In  nächster 
Umgebung  von  Kuhla  stofsen  wir  auf  die  Namen  Nesselraia 
und  Mühlrain  zur  Bezeichnuag  von  stattlichen  Bergköpfen 
mit  steiler  Abdachung.  Einem  Bergnamen  Uittelrain  be- 
gegnen wir  unweit  der  Schmücke,  einem  Langerain  westlich 
Tom  Schneekopf.  Man  kennt  daselbst  nicht  nur  Schaf-  und 
sondern  auch  Kartoffel-  und  Feldraine  —  wobei 


nicht   im    entferntesten  der  Gedanke    an    eine  Grenzmarkung 
vorschwebt. 

Wollten  wir  nun  dieae  Deutung  —  von  den  früher  ge- 
würdigten Bedenken  hier  ganz  abgesehen  - —  annehmen,  ao 
würde  der  hochbeiühmte,  eigenartige,  180  km  lange  Gebirga- 
pfad  zu  einem  ganz  nüchternen,  gewöhnlichen  „Bergbang- weg" 
herabainken.  —  Zudem  würde  dieser  Alltagsname  nicht  im 
mindesten  der  Beschaffenheit  des  Weges  entsprechen,  der  be- 
kanntlich, sobald  er  einmal  „zum  Kamm  des  Waldgebirges 
hinaufgekeucht"  ist,  stundenweit  ohne  erhebliche  Steigung 
„durch  Laubgehölz  und  Tannendunkel"  zieht 


I 


r 


434  [>«!b». 

Bine  apnchlicbe  6«m«^iug,  di«  anMhaneBd  UeiaKohiW 
Alt,  in  Wahrheit  tob  ire»ei)tli«beT  BedMitoo^  fKr  die  Anf- 
beQiiBg  an  RenDBici^Tnise  iat,  möge  den  BeaetüoTs  diesH 
bettrait«iiöeo  Teilee  bilden.  Als  Binderokal  xwischeD  dn 
beiden  Gliedern  der  ZaMniBi«n>etzong  eraeheiot,  wie  oben 
enriÜiDt,  ie  sehr  »llen  Denkmälern  i:  Rmnitpe^.  Die  Ve^ 
fechter  de«  Baines  mögen  un«  doch  die  Uerkanft  dieses  Ele- 
meiitM  erkiäreo:  ei  kaua  doch  nicht  Tom  Himmel  eef«ll«D, 
nicht  uu  reiner  Lauoe,  aas  Klangfrende  hineingefiigt  worden 
aein.  Da  rein  ta  den  o-Blämmeo  zählt,  ao  hätte  es  in  der 
Zaiamin  HD  Setzung  nach  ahd.  Geftetcen  seinen  StammsoaUnt 
«otweder  gänzlich  aafgeben  mäsien  oder  aber  ein  aas  o(a) 
gtichwScht^s  a(e)  aufzuweisen  '). 

Nachdem  ich  aomit  die  üahaltbarkeit  der  bi «her igen 
ErklüruDg  dargetban  zu  haben  glaube,  liegt  es  mit  ob,  ein« 
(ticbliaUigere  anfEnatellen. 

Indem  wir  die  in  den  Urkandea  aufbewahrten  and  die 
im  Volkamande  noch  heute  gäng  and  gäben  Formen  aaserai 
Unteriaobung  eu  Grande  legen,  gelangen  wir  mit  Sicherheit 
■a  der  jetzt  so  rerSchtlich  atif  die  Seit«  geschobenen  Den- 
lung  äue  }t.  als  „Rennesteiga",  freilich  in  einem  unten  anan- 
gebii-uden  eogereu  Hinne. 

Es  wird  siuh  Dämlich  aaoh  die  nach  Aufgabe  der  ßain- 
(leatung  als  dritte  übrige:  Rennsteig  ^  KiDD(e)Bteig  ffiglioh 
nicht  verteidigen  tassen.  Diu  Form  Rinneatig')  findet  sich, 
wie  oben  erwähnt,  unter  24  Anführangen   14mal;  sie  konnte 


1}  Nach  Wetabold  »oll  aUmdiugs  der  HndeToka]  t  in  vcraiDieltea 
Pillen  auch  bgi  e(a)- Stammen  begegnee,  s.  B.  in  toffiilenia;  doch  Bcheint 
mir  diaig  AuratellanR  fraglich:  Schade  Wb.  II  9S0  bietet  tagadme,  taga- 
yifiC,  lagaitht  U^*/aln^^o^|  tagapfewtmg^  taffaröd,  lagatprähha,  tagttstem  und 
daneben  Formen  mit  bindendem  «,  jedoch  keine  einzige  mit  i. 

t)  DU  Form -itieh,  die  mahrfuh  deueben  aonaacbt ,  ist  a.  B. 
ledigllgh  «ine  Elgenbeit  der  Schreiber  uod  bereht  enf  der  Auispreoha  de» 
KuilanUndeD  g  all  Geamen-Dauerlant ;  sie  bat  gewifs  mit  dem  Stamme 
Blieb*  Ton  stechen  nichts  gemein.  Ebenso  lit  y  fUt  i  eine  pedantiacfa* 
Sehnille. 


Dar  NuDB  dM  Bamuttigs. 


435 


also  an  sich  recht  wohl  die  echte 
falls    näher    beleucMst    zu    werden, 
xum  heutigen  renne    wäre    nicht    in 
Boodern    stimmte 


und  verdient  jeden- 
ie  ToDBenkuug  rinne 
liadesten  befremdlich, 
D  zu  der  ausgeprägten  mittel- 
deutsohen,  bes.  thüriugiBohea  Neigung.  (Weinh.  §  46.)  Im 
KenDebergisoheo  wahrt  i  allerdisgs  treuer  eeinen  BeBitz- 
etand.  —  Auch  die  Sacherklärung  möchte  beim  eisten  Zu- 
sehen etwas  Eirmehmendea  haben:  warum  Eollte  der  „Rinne- 
steig"  nicht  den  Steig  bezeichnen,  von  wo  aas  die  Wasser  zu 
Thal  rinnen?  In  unmittelbarer  Nähe  dca  Gebirgskammes  ent- 
Hpringen  von  0.  nach  W.  u.  a.  folgende  Buche:  Bedach,  Hafa- 
lacb,  Steinach,  Wcrra,  Schleuse,  Uaael,  Sohwarsa,  Lauterbach, 
Druse,  Schweina,  Elina  —  Loquitz,  Sohwarzü,  Um,  Gera,  Ohia, 
Leina,  Laucha,  ja  auch  der  Erbstrom!  Gebirgeecheitel,  auf 
denen  eich  die  Wasaer  aoheiden,  waren  durch  alle  Zeiten  hin- 
durch bei  den  Deutschen  wie  bei  den  anderen  Völkern  ebenso 
beliebte  wie  natürliche  Grenzen  zwischen  Gauen  und  Orten, 
Stämmen  und  Gemeinden.  Dieser  Auslegung  —  ich  kämpfe 
hier  gegen  einen  zwar  unsichlbaren,  aber  doch  nicht  un- 
scheinbaren Gegner  —  steht  zunächst  im  Wege,  dafs  die 
Grundbedeutung  des  zweiten  Gliedes  „Stieg"  sich  damit  nicht 
wohl  vereinbaren  läfst.  „Steigen",  der  Lautverschiebung  ge- 
mäfs  stimmend  zu  gr.  axsiyfiiv  «ohreiten,  bedeutet  (nach  Wei- 
gand):  mit  erhobenen  Beinen  zni^  Hohe  oder  von  ihr  nieder- 
wärts gehen;  Steig,  ahd.  siJc'^),  ist  ein  schmaler  Weg  im 
Freien  eum  Gebe  u,  insbesondere  ein  zur  Hübe  an-  oder  von 
ihr  niedergehender  Weg.  Dafs  in  dem  Worte  die  engste 
Beziehung  zum  Begehen  durch  Menschen  (oder  Tiere)  ausge- 
drückt ist,  beweisen  auch  die  damit  gebildeten  Zusammen- 
setzungen, in  deren  erstem  Teile  stets  als  nähere  Bestimmung 


1)  Im  Thiiriogei  WsBlcrgftu,  der  dia  alldeutaebsn  Vokile  (estgabalten 

i,  gilt  Docb  faeatzuMga  die  Form  RaatHieg,    wShrend  öatiich  äa  Uta 

und   Im   guizsa    Od  franken     die     neue    Batreichiecba   Tokalvargrobemng 

berrtcfaend  ward,  demiaFOlge  auch  Utimtttig  aiugeaprocben  wird.    Diese 

Fgrm  iil  aclirlftmal'sig. 


Der  Nmme  du  ReoDttcigi. 

die  Art  oder  der  Zveck  oder  aaoh  die  Biohtung  des  Wegei, 
u.  V.  anch  die  Klasse  derer,  die  ihn  windeln,  angegeben  iit 
i  Sanders  Wörterbuch  werden  namhaft  gemacht;  Pnrsoh-, 
Dohnen-,  Eicht-,  Katzen-,  Heien-,  Hasen-,  Bärg«r-,  Pi]ge^, 
Wendel-,  Haupt-,  Seiten-,  Dornen-,  Peleen-,  Garten-,  Flnfi-, 
Kiese!-,  Waldsteig.  Hierzu  treten  Eigennamen,  wie  Hoch- 
stieg, Beifstieg,  Entstieg,  Bergetieg  (bei  Ruhla),  Franken- 
atieg   (urkundh),    Harzstieg  u.  a.    —    In   Rinneetieg    Termilat 

diese  Beziehung  auf  das  Betreten  durch  Menschea  oder 
Tiere,  die  in  all  den  vorgenannten  hindarobsohimmert. 
würde  überhaupt  in  dem  Namen  Rinnestieg  der  eigentliche 
Zweck  des  von  Menschen  für  Menschen  geschaffenen  First- 
pfades nicht  angedeutet  sein.  Rinnestieg  wäre  eine  geo- 
graphieohe,  bez.  hydrographische  Benennung,  wie  sie  jenen 
Zeiten,  in  denen  der  Name  aufkam,  sohleohterdinga  nicht  an- 
gepafst  ist '). 

Ennstlioh  ist  auch  die  Erklärung:  Steig,  von  dem  aus 
die  Wasser  herabrinnen;  bei  „Rinneeteig"  wäre  eher  an  einen 
Steig  zu  denken,  in  welchem  die  Wasaer  rinnen  —  eine 
ÄuffasHung,  die  hier  natürlich  achlechterdings  nozulässig  ist 
Es  kommt  hinzu,  dafs  die  ältesten  Urkunden  rennesÜg  auf« 
weisen   und  nieht  rinnestig. 

Wir  verlangen  für  die  durchaus  eigentümliohe  Höhen- 
etrafse  auch  einen  darchaus  bezeichnenden  Namen. 

Dieser  von  vornherein  aufzustellenden  Forderung  gsnögt 
ebensowohl  wie  allen  in  Betracht  kommenden  Lautgesetzen 
der  Sprache  die  Erklärung  des  R.  als  Renn-steig. 

Allerdings  haben  wir  nioht  auszugehen  von  der  alltäg- 
lichen Bedeatnng,  wonach  rennen  mit  „Unfen"  gleichbedeateod 

1)  Später  allerdings  wuen  Aoshane  mi(  der  Schnees chmatze  von  den 
Re^eruDgea  angeordast  Dar  R.  wird  von  jedes  Forstes  Bedienten,  be- 
richtet Juncker,  mit  seinem  OrencDachbar,  vo  er  dnrchp&ssieret,  in  BSn- 
niung  and  baalichem  Wesen  erhallen,  damit  er  night  verwildere.  Fut 
Hlle  bnndert  Scbritl,  aetit  er  binzn,  trifft  man  zween  Brünnen  an,  so  aoa 
oder  hart  an  dem  R.  entspringen,  deren  der  eine  gegen  Pranken,  der 
andere  gegen  Tbfiringen  abfliefset. 


Dir  Narna  das  Keimalalgs.  437 

ist;  ein  „Laufweg",  ein  „Steig  zam  Laafen"  väre  geaau  so 
nichtssagend  vis  der  oben  gelegeutlioh  berührte  „Bergpfad"; 
er  würde  sich  nur  vom  Standpunkt  einee  Bergfez  aus  em- 
pfehlen. Wandern  wir  aber  an  der  Hand  des  überlieferten 
Sohrifttums  in  die  Zeiten  des  Uittelalters  und  weiter  zurück, 
so  geht  mit  einem  Schlage  ein  halles  Lieht  auf.  Das  miltel- 
hoohdeutsche  rennen  hat  neben  der  allgemeinen  Bedeutung 
„laufen"  die  beBondere:  als  reitender  Bote  dahinsprengen ! 
rennaere,  spater  renner,  bezeichnet  einen,  der  als  reitender 
Bote  hin-  und  benennt,  auf  „neuhochdentsoh"  einen  Courier. 
Hierbei  ist  an  das  ahd.  und  bis  ins  späte  Mittelalter  hinein- 
reichende Bildongsgesets  zu  erinnern,  wonach  in  Zuiammen- 
eetzungen  das  erste  Glied  anstatt  des  nach  dem  heutigen 
Sprachgebrauch  2U  erwartenden  nomen  agentis  den  nackten 
Verbal  stamm  zeigt.  Für  unser  Jägerhorn  und  Jägerhuud 
kennt  man  im  Mittelalter  ein  jagehom  und  einen  jagehunt; 
das  WSiterhaua  wird  bezeichnet  als  warthüs;  ein  riimüz 
ist  ein  Mafs  Wein  für  dienstthuende  Reiter,  rJtrusiunge  die 
Keiterrüstung. 

Der  Rennsteig  ist  demnach  ein  Kenner-steig,  d.  i.  der 
ßebirgspfad  für  die  hin-  und  her  spr  e  n  genden 
Keiterboten,  natürlich  nicht  für  Spazier-  und  Sonntags- 
reiter, sondern  ein  „Courier"-  oder  „Patrouillen"-Weg,  um  es 
den  Dentechen  der  Gegenwart  mandgerechter  und  verständ- 
licher zu  machen.  Es  waren  die  Grenzwachter  der  Thüringer, 
die  in  langer  Eette  auf  der  Zinue  des  Waldgebirges  tou  einer 
Warte  zur  anderen  ritten,  immerwährend  scharf  ins  mittägliche 
Land  hinab  auslugend  in  die  Uarken  der  feindlichen  Nachbarn, 
Für  Reiter  ist  der  El.  in  seiner  ganzen  Ausdehnung  zu  be- 
natzen, nicht  für  Wagen :  er  war  kein  gewöhnlicher  Handels- 
oder  Yerkehrsweg,  sondern  recht  eigentlich  ein  Eriegspfad, 
eine  via  militaris,  wie  schon  Heim  in  seiner  Henneberg. 
Chron.  III  853  und  nenerdings  Rose  in  Peterm.  Mitt.  1868 
ahnten.    So  erklären  sieh  auch  die  „Reitsteine"  am  Inselsberg. 

Hierauf  deuten  gleicbfalb  die  im  nordwestlichen  Teile  des 
Gebirgsrückens    in    der    Nähe    des    R.    vorkommenden    Orts- 


DunoD,    die    dai    dortige    kriegerische  Lcbtio    der  Urzeit   klar 
wiederBpiegelo.     Yergl.  liieiüber  Auslauf  I. 

Zum  Belege,  ä^t»  retmen  mit  Vorliebe  für  geordoetet 
Aeiten  auf  fester  Bahn  gebraucht  wurde,  zugleich  dafür,  da& 
mao  sich  au  Stelle  des  Haaptwoiti  „Beoner"  des  blofsen 
Stamme»  renne-  bedienle,  Eieben  wir  noch  folgende  ZuBammeo- 
eetKuiigeD  auB  dem  ahdeulBchen  Spracheohals  heran  :  renne- 
gewant,  rennelarsche,  retmeschilt,  renneeitic,  rennepaner,  r 
retmevetUin  „Keilerabteilung",  rennesirüxe  und  rennetcec. 
Der  letüterffähote  Ausdruck  ist  bezeugt  aua  der  Sammlun; 
deuttchcr  !^(ädteoh Toniken  XI  254,  XII  374.  Er  ist,  im 
GegeniDte  zu  dem  angeblichen  rainsteig,  demnach  auch  sooet 
nicht  anbekannt  und  folgt  in  seiner  Bildung  den  mhd.  Ge- 
setzen, wonach  datt  erste  Glied,  sofern  es  einen  Zeitwortetamni 
enthält,  den  Zweck  des  zweiten  angiebl.    (Weinhold  g  289d'. 

Die  Ableitung  von  rennen  wirft  gleichzeitig  helles  Licbl 
anf  jenes  unerklärliche  bindende  i,  weJohes  zwischen  den 
beiden  Teilen  der  Zusammensetzung  in  älteren  Urkunden  aul- 
tritt,  rennen  ist  das  fiewiikungBWort  zu  rinnen,  von  dessen 
Vergangeubeitsform  ran(n)-  ea  vermittelst  des  ableitenden  -ja- 
gebildet  ist:  rannjan  ist  die  Grundform.  Das  Suffix  bewirkte 
iu  der  ersteu  Silbe  Umlaut,  ja  raurdta  naoh  den  Lautgesetzen 
des  Ahd.  als  Auslaut  des  ersten  Eompositiousgliedes  zu  i 
lokalisiert  (Weinhold  §  286),  dieses  aber  bald  naoh  dem 
Jahre  1000  zu  dem  allgemeinen  mhd.  Sindevokal  e  abge- 
schwiicht  werden.  Unsere  Urkunden  folgen  also  nur  dem 
Zuge  der  Zeit,  wenn  sie  im  frühen  Mittelalter  anstatt  des 
ahd.  retmiweg  eine  renneweg  aufweisen.  In  Irminfried« 
Tagen  galt  vermutlich  rannistfg. 

Es  bleibt  noch  das  Verhältnis  zwischeu  dem  vom  13.  Jh. 
an  eich  ausbreitenden  rinn  estig  und  dem  offenbar  ältersD 
renniweg  aufEuhellen.  Dies  beruht  meiner  Ansicht  snfolge 
darauf,  dafs  die  beiden  Stammformen,  wie  auch  Orimms  Wb. 
nachdrücklich  hervorhebt  und  mit  einer  Fülle  von  Belegen 
stützt,  im  Laufe  der  Zeit  sich  miteinander  mischten,  eo  dafs 
rinnen,  ursprünglich  intransitiv  und  vorwiegend  vom  Fliersen 


k 


D«r  Name  des  Rennsteigs.  439 

der  Oewüsaer  gebraucht,  fÜT  renalen,  welches  ursprän glich 
transitiT  und  TorziigeTeiie  rom  Laufenlagaeo  der  Koese  an- 
gewandt wurde,  eintrat  und  umgekehrt.     (Gr.  Wh.  VIII  808.) 

Der  Miisbrauch  ist  in  unserer  Schriftsprache  grÖfstenteiU 
■wieder  abgestellt;  in  entrinnen  =  entlaufen  Kfligt  sich  auch 
heute  noch  die  im  Uhd.  übliche  Verkehrung  dee  Verhältnisses. 

Die  Vermengung  kontite  gerade  in  Thüringen  um  so 
leichter  einti'etcn,  als  e  und  i,  wie  schon  oben  angedeutet, 
in  der  Mundart  nicht  streng  auseinandergehalten  wurden. 
Kicherlieh  giebt  die  Schreibung  RinnesHg  nur  eine  lautliche 
iVbartung  wieder,  durch  die  einige  Jahrhunderte  hinduroh  die 
alte  Grundform  verdrängt  ward;  letztere  hat  Bioh  jedoch  nach 
Ausweis  der  heutigen  Volks-  und  Schriftsprache  wieder  sieg- 
reich durchgerungen.  —  Jedenfalls  in-te  der  Schreiber  der 
Form  Rinnestig  (Bynnestj/g)  von  der  echten  Bildung  Renne- 
siig  nicht  so  weit  ab  wie  die  neusten  Ausleger  mit  ihrem 
Mainstieg.  Auch  ihm  schwebte  die  althergebrachte  Bedeutung 
Steig  für  Reiterruuden  noch  vor.  Welche  Stellung  ein  ?'enney 
oder  rirmer  {rynner)  im  14.  Jh.  hatte,  erfahren  wir  annähernd 
41UB  zwei  im*  Urkundenbueh  der  Vögle  von  Weida  S.  434  ah- 
fjedniokten  Bündnis- Verträgen  der  Vögte  v.  1342,  worin  ea 
heifst:  nymt  man  frumen,  den  sal  man  teylen  nach  der 
mancml  gewapenter  leuie,  dp  Helme  haben,  ader  ewene 
rynner,  dy  panceir  haben  und  gerete,  sol  man  reyten  an 
cynen  wepener:  „aber  zwei  Renner,  die  Panzer  haben  und 
Uerüte,  soll  man  rechnen  auf  einen  Gewappneten".  Ähnlich 
in  der  folg.  Urk.,  wo  anstatt  rynner  zu  lesen  ist  rinner. 

Zwei  anderen  Auslegungen,  die,  für  sich  betrachtet,  nicht 
gar  übe]  wären,  brauchen  wir  wohl  kaum  ernsthaft  entgegeu- 
zutreten:  es  !ief«e  sich  nämlich  noch  an  zwei  Nebenbedeu- 
tungen des  VTortes  renneyi  denken,  die  vereinzelt  belegt  sind. 
Erstens  kennt  das  Baietiscbe  {also  nicht  das  Mitteldeutsche!) 
rennen  auch  im  Sinne  von  Süfsen,  „Holz  renuen"  wohl  auch 
^  einen  Abhang  hinobgleiten  lassen.  Zweitens  braucht  der 
alto  Jogdeuhriftst eller  Hadamar  von  Laber,  ein  Baier,  das 
Wort  eiuraal  in  der  Bedeutung  voii  „jagen": 


440  ^^^  Name  des  Rennsteigs.         / 

es  ist  wol  guot  hie  rennen, 
swer  hat  des  toaides  künde. 
Die  ganze  Eigenart  unseres  B.  verbietet   mit    aller  Entschie* 
denheit  solch  allgemeine  Benennungen. 

Der  Vollständigkeit  halber  wollen  wir  doch  nicht  unter- 
lassen zu  erwähnen,  dafs  die  unTermeidliohen  Keltologen  aach 
an  unseren  Hermundurensteig  sich  herangewagt  haben,  ohoe 
der  wachsamen  renner  zu  achten!  Nach  Brückner  bedeutet 
im  Keltischen  rönn  „Berg"^)  —  und  wir  gelangten  mit  Hilfe 
des  in  der  Not  viel  ausgebeuteten  keltischen  Lexikons  zu  der 
welterschütternden  Entdeckung,  dafs  unser  Hennstieg,  ein 
keltisch-germanisches  Zwitterding,  —  ein  Bergpfad  sei!! 

Ja,  ,,ein  deutscher  Bergpfad  ist's'',  doch  deutsch  ist  auch 
sein  mehr  als  tausendjähriger  Name. 


Auslauf  L 
Der  vicus  Bynnestyg, 

In  dem  bekannten  Frankensteinischen  Verkaufsbriefe  über* 
läföt  das  verarmte  Adelsgeschlecht  an  die  Henneberger  Grafen 
unter  anderm  silvam  dictum  WintirJcaste^  sicut  dividit  vicus 
dictus  Rymestig.  Nachdem  in  derselben  Urkunde  als  Yer- 
bindungsglied  zwischen  dem  Berge  qui  dicitur  ZU  dem  Kys- 
linge  und  dem  Emmiseberg  wiederum  ein  Hinnestyg  namhaft 
gemacht  ist,  begegnet  im  weiteren  Verlaufe  des  Textes  zwischen 
dem  Wi{n)ginwald  und  dem  Nesselberg  zum  andern  Male  ein 
vicus  qui  dicitur  Bynnestyg, 

Der  an  erster  und  dritter  Stelle  genannte  vicus  Bynne- 
styg —  Bümestig  bez.  Bymestig  ist  offenbar  vom  Heraus- 
geber verlesen  für  Binne-  bez.  Bynnestig  —  bildet  ein 
Kreuz  der  Forscher. 

Dafs    schon    in  der    ältesten,    amtlichen  Übersetzung    des- 
oftgenannten  Kaufbriefes  der  vicus  („Flecken")  sich  in  einen 


» 


1)  Die    irische    Form    ist    übrigens    rinn ;    vgl.  Mone,    Celtische   For- 
schungen, S.  124. 


Dar  Huna  ijea  B«DTi>Ieigs. 


441 


„Si!ie,  der  genannt  iet  der  BinneBtig"  verwandelt  hatte,  fand 
«chon  Hegel  „merkwürdig".  Dies  iet  indegsen  oicht  die  ein- 
zige Merkwürdigkeit  der  Stelle.  Seltsani,  dafs  die  gleiche 
BenennuDg,  die  dreimal  wiederkehrt,  ohne  erläuternden  Zu- 
satz drei  verschiedene  örtlichkeiten  bezeichnen  soll;  seltsamer 
noch,  dafs  sie  zweimal  für  einen  „Flecken",  einmal  für  einen 
Bergpfad  gebraucht  wird.     Aber  das  AUerverwunderliohBte  ist 


der  umstand, 

fang  reichen    Waldui 

rütseihaften   Flecken 


n  Flecken  die  Schei 
abgeben 
verursachte    allerdi 


idegrenze  einer  um- 
Das  Aufäudeu  dieses 
nge    einiges  Eopfzer- 


3  jungen  Fhüolog 
■)    bei 


brechen,  zumal  andere  urkundliche  Belege  fehlen,     Flugs,  mit 

Sinn    und  Zu- 

i  Ausdruck   für 
e  Schreiber 


der  Behendigkeit  eini 
sere  Konjekturen  jage: 
sammenhang  des  Ganzen  erfordert '  hier 
Weg  —  also  hat  die  jetaige  Lesart  der 
verschuldet,  der  aus  der  ursprünglich  beabsichtigten  via  dicla 
einen  vieus  dictus  machte  .  .  .  Ein  bifsohen  gewaltsam,  aber 
doch  so  einfach!  Nicht  wahr?  Doch  ein  derartiges  Versehen 
ia  einer  amtlichen  hochwichtigen  Urkunde,  wenden  wir  ein, 
die  mit  aller  peinlichen  Sorgfalt  abgefafst:  ward?  Und  wie 
eigentümlich,  dafs  demselben  Schreiber  —  im  übrigen  einem 
Musterknaben  in  Bezug  auf  Rechtschreibung  —  an  der  zweiten 
Stelle  genau  dasselbe  „Versehen"  passieren  mufs:  unser  Text 
bietet  Z.  29  in  unanfechtbarer  Deutlichkeit  .  .  .  silvam  Quae 
dicitur  Wiginwalt  et  vieum  qui  dieitur  Bynnestyg. 
Sollen  wir  auch  hier  das  lleBser  ansetzen  und  aus  dem  vi- 
cum  qui  eine  vtam  quae  drechseln?  Die  Konjektur  würde 
im  philologischen  Seminar  schwerlich  preisgekrönt  werden. 
Alle  die  vorgebrachten  Bedenken  werden  auf  die  ein- 
fachste Art  aus  der  Welt  geschafft,  wenn  wir  v'tcus  in  der 
zweiten  ihm  eigenen  Bedeutung  faseen,  als  Gasse  oder  Weg, 
mit  anderen  Worten,  wenn  wir  auch  an  der  ersten  und  dritten 
Xextstelle  ohne  weiteres  den  vicus  R.  als  unseren  echten, 
Mhten  Rennstiflg  fassen,  als  der  er  an  der  mittleren  anerkannter- 


1)  Qsialhirt,  hiit.  Schmklk.  111,  5.  35,  38;  Trinius,  3.  SO. 


StthoB  b&i  Aen  klaaaiechen  Seh riftate Hera 
ist  VtCM  >b  Ouae  anb«uutkudet  im  Gebrauch.  Naah  Can. 
b.  «.  I  27  v«it«di|t  FompejuB  die  Stadt  Bruudisium,  in  d« 
at  noh  fcrtgMetit  l»t,  gneu  einen  Einfall  CitBsrs  in  der 
WnH,  dab  «r  foria»  tMruÜ,  vicos  plateasque  inaedificui, 
fonat  tnmatunoB  vUt  pnuducit:  m  verbarrikadiert  StroTstn 
und  FlätM.  —  Di»  gltiebe  Anwendangaweise  belegt  für  du 
UittollKt«inia<die  Dacuge  im  OIoEeai',  med.  iat.  VIII  322 
doroh  Verweis  «of  Chartalft  K  Vandregea.  I  623:  er  über- 
ttitxt  vieUbu  nit  umita,  ft%.  aeoticr  >).  —  In  der  Bedeutung 
„6«Me"  l«Mn  wii  Vt0iit  z.  B.  auch  iu  Menokena  djpl,  fiie. 
inen*.  6B0,  woielbit  gelegemlich  einer  kirchlichen  FaroohiBl- 
UUung  der  Stadt  Bremen  eine  Scheidung  gemacht  wird  per 
vtoHM  mter  domm»  WieiäferU  et  arcum  Rickberti. 

Hiermit  wU  HlbatrerstäDdlich  nicht  geleugnet  werden, 
dab  OHiW  vorwiegend  im  Sinne  von  Dorfichaft  be^teugt  ist, 
wiewohl  »nderenmta  garad«  in  den  Henneberger  Urkunden 
weitaoi  in  den   neiaten  PKUen    dafür   villa,   viüula  eintritt 

Der  daiahMdilagendtte  Beweis  für  die  angeführte  Deutung 
Uagt  jedoch  in  dem  Woitlante  der  nur  22  Jahre  nach  dem 
Verkaufe  von  einem  „offettharen  schrtber"  iu  Gegenwart 
zahlreicher  glouhhaftiger  genüge,  die  .  ,  ,  sunderlich  ge- 
heischet Uforen,  verfaTeten  Übersetzung.  Wenn  der  Notar 
es  auch  uloht  auBdrüoklich  yereiohert  hatte,  dafs  er  die 
„Bchrifft  des  briaes  von  wort  zu  warte  gesckriben"  habe 
—  Bo  iat  ee  dooh  einleuchtend,  dafa  ein  bestellter  Übersetzer 
sich  nimmermehr  herausnehmen  darf,  einen  „Fleokeu"  in 
einen  „Stieg"  zu  verwandeln.  Nein,  er  lebte  der  felaenlwtan 
Überzeugung,  dafs  sein  lateiniaeh  schrei bender  Amtebruder 
vicus  in  dem  erwähnten  Sinne  gebrauchte.  Offenbar  neigte 
man  in  jener  Zeit  dazu,  mcus  auoli  den  Lauten  nach  mit 
weg,  wec  zuaammenzuatellcn,  wozu  gerade  in  Thüringen  der 
oben  berührte  Zug,  i  und  e  zu  vertauschen,  nicht  wenig  bei- 

1)  nnu  ->  anapmdivBi  bei  Beda  hisl.  III,  cap.  S8;  nüaUui  ^  ruelt 
in  Glos».  LM.-aiiU,  Sangerm. 


Der  Hun«  des  Rcansteliia. 


443 


jfetragen  haben  mag.  Beide  Wörter  sind  Übrigen»  ihrem  Ür- 
eprung  iiBch  nicht  näher  miteioEiuder  rerwandt. 

Es  bleibt  noch  eine  Schwierigkeit  au  erörtern:  Kreuzte 
jemals  der  Rennsteig  den  Winterkastenwald?  Der  heutzutage 
bIbo  beuannte  „Winterkaeten",  eiue  halbe  Stunde  nordwestlich 
von  Salzungen,  liegt  allerdings  aufserhalb  des  Höhenzuges  des 
Thür.  Waldes,  jedoch  nur  etwa  6  Kilometer  von  der  durch 
Mitaschke  wieder  ans  Lieht  gezogenen  wahren  Bennsteiglinie, 
wie  sie  Juncker  a.  a.  0.  beschrieben.  Der  daselbst  8.  15  er- 
wähnte „Salzunger  Forst"*)  ist  meines  Dafürhaltens  eben  jener 
Winterkasten  in  der  Ausdehnung,  die  er  um  den  Anfang  dea 
14.  Jh.  noch  besafs. 

„Der  ganze  auf  Buntsandstein  ruhende  Moorgruud  bestand 
ehedem  aus  einem  von  Wild  belebten,  mit  Eichen  und  Buchen 
bestandeuei)  Sumpf;  rr  wurde  im  17.  Jh.  nach  zwei  Seiten 
durohfitochen ,  trocken  gelegt  und  in  Wiesen  verwandelt." 
Regel,  Entwickelung  der  Ortsoh.  Thür.,  S.  68  Anm.  —  Es 
ist  durchaus  begreiflich,  dafs  der  Name  mit  der  fortschreiten- 
den Entwaldung  und  Urbarmachung  des  Landes  auf  einen 
engeren  Bezirk  beschränkt  worden  ist.  Kine  ähnliche  Be- 
wandtnis hat  es  mit  dem  uralten  Namen  des  Thüringer  Wal- 
des, Laube. 

Oiebt  man  die  aufgestellte  Erklämug  zu,  so  liegt  darin  eine 
bis  ins  14.  Jh.  zurückreichende  Bestätigung  der  neuerdings  mit 
guten  Gründen  verfochtenen  Ansicht,  dafa  der  H,  nicht  in  Hör- 
schel  endigte,  aondero  auf  der  Waseerseheide  zwischen  der  süd- 
wärts fliefsenden  Fiacha  (oder  dem  Rehbaeh)  und  der  nordwärt« 
nach  Wilhelmstbal  rinnenden  Elna  hin  streichend,  nördlich  von 
Uarksnfal  ■)  mündete.    (Mitzschke,  8.  16  Anm.  Rofsner,  8.  80.) 


I 


I)  „vom  Lalzenloch  bo  fort  »uf  Wilhelmaberg  (Milmesberg),  Bfilt- 
nfirsheide,  Eiohkopf,  Pfafienberg,  uf  FJ»chsl»iid  (so  ein  GehSi«  dtasiB 
NBroena  beim  Dorfa  MÖhr»  im  Sslianger  Forst),    linker  H»nci  liegt  EtrtP- 

B)  l.nalele  oicbt  die  älteste  Form  dieies  81adtn«meua  in  den  Palder 
Urkudden  SuI-aAa,  so  würde  d«rselbe  aicb  passend  als  Mark-iül  „Oreni- 
aHule"  Hualegen   lassen.    —    Die  Beiiehung  la  ahd.  iSl  Kotlache   mSchta 


AMiMf  IL 

War  der  BeniiBteif  befestigt^ 


ji 


Audi  dk  F^agt  naeh  tia«r  BdMigaiac  äm^SBLt  näHwUü 
mä  Gnmd  graifbaier  Faadfega&aliadi^  ria^igalaiftiMr  m  dir 
Eiiid  dar  OrtoiMniealondmng  arMttl  »aiApi^;  Ilii.j91wk* 
laeha,  dab  der  Oianasiig  deaCMriifai  «wiialtaii  MlmÜmi^  mi 
.dam  attdlidiaa  Tmk  des  Tbftriagat  lihAitgßm^mm  Jyiagftrafc» 
Waifeeiibefg  (& rom  Insaiabarg)  a«  bia  nr. WaiimiCiMk  dii 
noeh  haalifae  T«gee  als  WlwAtnMtmm^g)  äfm  Jüttt^^ 
kinata  Landwehr  (Lom&flr)»  efaia  fatflaalwaia^^  itiifcdhi 
Orabeiireihey  yarteidigiiagBfthig  gemaeht  waa^lMta  Jaa  iWhifr 
gieehan  OeedlnohteforMlMni  luaUlQ^idi  knad  sank  JaMaiti  dar 
Werra  lUiiq^aniil  eiae  Fertiitoasg  dhisia  Leadimiir»  fia  atf 
daa  Vorbergea  der  BMii  unter  dem  Hamaft  H^ltl  lArilllft 
*das  ealareiehe  Wextathäl  iwisdiaii  Wemdmiiiw  imirinMtM. 
Ton  da  bit  aam  A^igaügipuakie  dee  :St»iiildigfr  dtfiflctitfii  rül 
bceüen  Unten  der  Wieendia  die  Viobtier  daaLMiiaa.  -  IXl 
Betraehtnng  einer  Baiba  Ton  Orünamen»  dia:diiB  Sflla  .All 
Tb.W.  eignen,  aeheint  mir  nun  dsenat  Haebweie  tu  erfaBii§e% 
dafs  auch  die  Firstlinie  des  Gebirges  von  der  Werra  bis  gegen 
Oberhof  mit  Befestigungs werken,  wenn  auch  nicht  mit  Wall- 
gräben ausgerüstet  war,  so  dafs  der  gesamte  y^Salzbogen'^  rings 
von  Bollwerken  umsebanzt  war,  eine  Tbatsacbe,  die*  ich  wage, 
mit  den  Salskriegen  der  Chatten  und  Hermunduren  im  1 .  Jb. 
unserer  Zeitrechnung  und  der  wirksamen  Bebauptung  des  er- 
oberten Gebietes  seitens  der  siegreichen  Tbüringejr  in  Ver- 
bindung zu  bringen. 

Auf  besagte  Anlagen  läfst  in  erster  Linie  die  auffallend 
häufige  Wiederkehr  des  Namens  Warte,  den  nw.  Teil  des 
Bennsteigs  umsäumend,  mit  Sicherheit  schliefsen.  Wir  finden 
aunäcb^t  den  Ort  Warta  bei  Eisenach,  sodann  die  Bergkuppen : 


um  deswillen  abzulehnen  sein,  weil  in  beatiger  Volksmundart  — ^  die  bei 
aU  diesen  Untersuchungen  ein  nicht  zu  untersch&tzendes  Hilfsmittel  ist  — 
der  Name  bestimmt  Sül,  bez.  Süä  (umgelautet  in  „Marhsiler^*^)  klingt, 
Also  auf  echtes  ü  zurückweist. 


Der  Name  des  Rennsteigs.  445 

Alte  oder  Hohe  Warte  bei  Gumpelstadt,  die  Hohe  Warte  am 
Haderholz  bei  Eleinschmalkalden,  die  Hohe  Wart  bei  Schmiede- 
feld (auf  dem  R.),  den  Hohewartskopf  bei  Elgersbarg,  die 
Hohe  Warte  n.  von  Oberhof,  und  die  Totenwart  (1330  einfach 
Warte)  bildet  den  Abschlufs  des  ^yR^Q^^wegs''  bei  Wems- 
hausen ;  auch  die  Wartburg,  früher  Wartberg ,  sowie  der 
Wartberg  ö.  von  Thal,  möchte  von  diesem  Gesichtspunkte  aus 
in  eine  neue  Beleuchtung  treten.  Die  Wüstung  Rennewarte- 
rode  dürfte  eher  die  Rodung  eines  Rennewart,  d.  i.  des  Haupt- 
manns der  Grenzwächter,  sein.  —  Unter  diesen  Warten  haben 
wir  uns  vermutlich  verschanzte  Lager  (mit  Warttürmen?) 
vorzustellen,  zwischen  denen  „Renner*'  eine  stete  Verbindung 
unterhielten.  —  Hinzuweisen  ist  endlich  auf  die  Namen 
Sperrhügel  (bei  Oberschönau  und)  Scharte  (bei  Ilmenau), 
unverkennbar  Zeugen  aus  grauer  Vorzeit  für  das  einstige  Be- 
stehen einer  Landwehrkette  auf  der  Höhe  des  Gebirges. 

Manchem  wird  die  Ansicht,  dafs  die  Befestigungswerke 
zur  Wahrung  der  thüringischen  provincia  von  den  Siegern 
angelegt  seien  (59  n.  Chr.),    vielleicht  phantastisch    dünken: 

—  die  Sitte  und  Weise  der  alten  Thüringer,  Grenzfestungen 
zu  errichten,  weist  übrigens  Werneburg  aus  der  Gegend  des 
Südharzes,  wo  die  Thüringer  an  die  Sachsen  stiefsen,  in 
Ztschr.  f.  thür.  Gesch.  IX,  103  ff.  nach  —  minder  kühn  er- 
scheint vielleicht  die  Annahme,  daüSs  es  die  Franken  waren, 
welche  nach  Unterwerfung  Thüringens  (531)  das  neuerworbene 
Gebiet  durch  eine  derartige  Reihe  zusammenhängender  Schanz- 
werke in   wehrhaftem   Zustand    erhalten   zu  müssen  glaubten 

—  wie  erklärt  man  uns  dann  aber  den  auffallenden  Umstand, 

dafs  von  Oberhof  ab  mit  einem  Schlage  die  Zeugen  derartiger 

«     .  

Befestigungen  verschwinden?!  Hier  beginnt  die  — 
bloAie  Iiäube,  d.  i.  der  „militärischer  Anlagen  entblöfste 
Wald'' ,'  „blofs"  wird  in  der  älteren  Sprache  recht  eigentlich  im 
Gegensatz  zu  „bewaffnet,  bewehrt"  gebraucht  — 

Manch  „verklungen  Geheimnis  schwebt  noch  um  Höhen- 
saum und  Schlucht"  —  wer  rät  uns  all  die  Bunen  des 
Rennsteigs?  — 


Miszellen. 


Drei  Erlasse  Herzog  Ernst   Augusts,   das   Eirchen- 
xmd  Schulwesen  Apoldas  betreffend,   aus   dem  Super- 

intendenturarohiv  su  Apolda. 

Mitgeteilt  Ton  C.  H.  Nenmaerker,  Bacc.  theol.  a.  Archidiakonus 

zu  Apolda. 

Vor  GOTTES  Onaden  Ernst  Augu8t  Herzog 

zu  Sachsen  Jülich  Gleve  und  Berg  auch 

Engero  und  Westphalen  p. 

Würdiger  Lieber  andächtiger  und  Getreuer:  Euch  ist 
sattsam  bekant,  wie  zerrissen  und  baufällig  die  Kirche  zu 
Apolda  stehet,  so  dass  man  sich  deren  gantzlichen  Einfall 
fast  tagl.  befürchten  muTs,  wie  Wir  Selbst  mit  Schrecken 
wahrgenommen.  Nun  solten  Wir  zwar  vermuthet  haben  es 
würde  die  zahlreiche  Apoldische  Gemeinde  nebst  den  Eath, 
wie  auch  Ihr,  und  die  Uni  v  er  sitae  t^),  die  zwar  meistens 
gerne  d  e  1  i  c  a  t  lebet,  wenig  gutes  vollbringen,  sondern  lieber 
Schmaussen  will,  längst  dahin  bemühet  gewesen  seyn,  wie 
der  zur  Ehre  Gottes  gereichende  Bau  nicht  allein  angefangen, 
sondern  auch  vollführt  geworden  wäre.  Allein  Wir  müssen 
höchst  missfällig  mercken,  dass,  da  schon  Jahr  und  Tag  ver- 
flossen, kein  Mensch  daran  gedencken  will,  die  BtLrgersohafft 
Geiizig,  die  Bürgemeister  Fisch  und  Krebs  fresser,  und  Ihr, 
ob  Wir  Euch  gleich  sonst  noch  eben  nichts  imputiren 
wollen,  doch  in  diesem  Stück  etwas  nachlässig  seyd,  welches 
sich  aber  vor  einen  Geistlichen   nicht   geziehmet,  Die  ü  n  i  - 


1)   Die  gesperrt  gedruckten  Worte   sind   im  Original   in  lateinischer 
Schrift   geschrieben. 


450  Missellen. 

yersitaet  aber  dahin  bedacht  lebet,  wie  sie  aus  ihren 
Bohlechten  und  liederlichen  Gerichtshaltem  solche  Leüthe  als 
der  Welt  beruffene,  entlauffene,  weder  Gott  noch  seinen  Herrn 
getreu  gewesene,  liederliche  Wislizenus  ist,  der  Yen  An- 
fang ein  BetÜer  gewesen,  und  als  dann  durch  sein  Geld 
schneiden  ein  Mann  von  30000  Thlr.  geworden,  sieben,  und 
dadurch  Unsere  Unterthanen  mit  steten  Strafen  aus  sauchen 
und  r  u  i  n  i  r  e  n  möge.  Wie  Wir  nun  wegen  der  üblen  Wirth- 
schafft,  mit  der  Zeit  eine  Änderung  treffen,  und  der  Uni- 
yersitaet  lieber  ein  gewisses  quantum  an  Gelde  statt 
ihre  d  o  t  a  1  Guthes  werden  aussetzen  müssen ;  Also  gehet 
auch  Unser  fürstl.  Absehen  gantzl.  dahin,  dass  dieses  löbliche 
und  heilsame  Werck  zu  Standte  gebracht,  und  alle  etwan 
vorwaltende  Hinderniss  aus  dem  Weg  geräumet  werde,  und 
sollet  Ihr  vor  eure  Person  selbst  davor  sorgen,  und  Uns 
gehorsamst  pfliohtmässig,  gleichwie  der  Stadt  Eath  und  der 
Hauptmann  von  Bieserodt  nach  Unserer  special  ordre 
und  Befehl  thun  werden,  berichten,  was  die  Ursache  dieser 
Zeitherigen  Verzögerung,  da  Wir  doch  schon  ernstl.,  solchen 
Bau  zu  vollbringen,  befohlen,  sey?  und  wie  viel  Geld  dazu 
bereits  colligiret  worden  ?  auch  wo  noch  was  zu  be- 
kommen, als  ein  Geistlicher  nach  £üerD  Gewissen  an  Händen 
zu  geben.  An  dem  geschiehet  Unsere  Meinung  und  bleiben 
Euch  wohl  bey  gethan.  Dat:  Häussdorffd.  28.  Jan:  1 734. 

Ernst  August,  Hertzog. 


Inserat. 


Auch,  würdiger  lieber  Andächtiger  und  Getreuer  wird 
Euch  wohl  bekannt  seyn  was  Wir  vor  ein  Reglement  das 
Schulwesen  und  die  education  der  Jugend  betreffend  durch 
Unser  Ober  Consistorium  in  Unsern  sämtlichen  fürstl. 
Landen  zur  strecklichen  Befolgung  publiciren  lassen. 
Nachdem  Wir  aber  höchstmissfällig  erfahren  müssen,  dafs  die 
unter  Euerer  Aufsicht  stehende  Schulen  Unserer  fürstl.  In- 
tention und  ergangenen  Befehle  zuwieder,  sehr  miserable 


Hiszellau,  451 

escbaDcu  iiud  schlechte  discipliu  darinne  gehalten  werden 
i\a  begehren  Wir  hiermit  ernstl.  Ihr  wollet  bessere 
Aufsicht,  als  Zeithero  halten,  darait  die  Kioder  ia  ChriBten- 
thum,  Lveea,  Schreiben  und  Bechnoo  treulicher  angewiesen 
und  nicht  vor  der  Zeit  von  denen  Eltern  aus  der  Schule  ge- 
nommen werden,  auf  dass  ein  jedeg  subjectum  zu  eeinen 
p  r  o  p  o  8  oder  Vorhaben  bequemer  schreiten  könne,  denn 
Eolche  bruta  soasten  nichts  als  rebelien  und  letztl- tumme 
und  unbrauchbare  Haudwercker  und  Ifnterthanen  abgehen. 
Weilen  Uns  auch  unterchänigst  berichtet  worden,  das  der 
Diacouus  zu  Apolda  gar  eohlechte  Predigten  thue,  als  ist 
auch  Unser  Wille,  Ihr  «"oUet  solchen  zum  besseren  Fleise, 
anhalten,  auch  Euch  nach  Eurer  Schuldigkeit  mehr  angreifTen, 
indem  einen  Priester  immer  sieh  und  seine  gemeine  2u  bessern 
oblieget,  und  einen  Ootl  wohl  gefalligen  Wandel  zu  führen. 
dat;  ut:  in  Kescript:  d.  28.  Jan:   1734. 

Ernst  August, 

Hertaog. 
Dem  Würdigen  Unserün  Lieben 

Andächtigen  und  Getreuen,  Super- 
intendenten der  Stadt  Apolda 

Apolda. 


Von  Gottes  Gnaden  Ernst  August,  Hertzog  eu  Sachsen, 
Jülich  Cleve  und  Berg,  ftuch  Engern  und  Westpbalen,  Land- 
graf in  Thüringen,  Marggraf  zu  Meissen,  Gefiirsteter  Graf  zu 
Henneherg,  Graf  zu  der  Mark  und  Kavens  Berg,  Herr  zu 
Ravenstein,  der  Römiaohen  Kayaserl.  Uayt.  wiirkl.  c  o  in  m  a  n  - 
dirender  General  von  der  sämtl.  Kaysserl.  Carallerie, 
auch  Obrister  über  ein  Regiment  Cuirassiers  und  ein 
Begiment  Infanterie  fügen  hierdurch  zu  wissen,  wa» 
raasseu  Une  der  Rath  nebst  der  BUrgerschatft  Unserer  M,'anu- 
faotur-Stadt  Apolda,  unterthänigst  gebethen,  Wir  wollten 
ihnen  zu  Fortsetzung  dos  angefangenen  neuen  Kirohen-Baues. 
weil  die   in  Unsern  Hertzogthum    und  Landen  Bereits  hierza 


452  MUzeUen. 

Yerstattete  Colleote,  nicht  hinläogl.  sie  aber  in  £rmaog> 
lang  der  Kirchen- Gap  Italien  alle  erforderiiehe  Kosten  au 
eigenen  Mitteln  alleine*  zubestreiten,  nicht  im  Stande  wären, 
mit  einem  Attestat  und  AUmosen-Brief  zu  colligiriiDg 
einer  Ghristmilden  Beysteuer  ausserhalb  Landes,  zu  statten 
kommen,  in  Hoffnung,  dass  sie  wegen  der  Strampff-Mann- 
f  a c t u r  durch  Connexion  ihrer  Handlung  an  den  meisten 
und  gröfsten  Orthem  ein  ergiebiges  erlangen  'würden.  Wenn 
Wir  den  noch  eingezogener  Erkundigung,  den  neuen  Kirchen 
Bau  an  diesem  Yolckreichen  Orthe,  allwo  kaum  die  Helffte 
der  Zuhörer  den  Qottes  Dienst  in  der  noch  vorhandenen 
ruineusen  Kirche,  aus  Mangel  des  Baums,  besuchen  ksD, 
Tor  höchst  nöthig,  auch  das  übrige  Anführen  der  Wahrheit 
gemäss  zu  seyn,  befunden ,  und  dahero  denen  Supplicanten 
mit  der  unterthänigst  gebethenen  Yorschrifft  nicht  füglieh 
entstehen  können;  Alss  werden  alle  und  Jede,  denen 
dieses  vorkömmt,  noch  Standes  Erforderung  resp:  Freundl. 
günstig  und  Gnädig  ersuchet,  Sie  wollten  eine  marque 
ihrer  Mildthätigkeit  von  sich  geben,  und  aus  Christlicher 
Liebe,  denen  Apoldanera  und  Manufacturiers  mit  einer 
gefälligen  Beysteuer,  zu  Fortsetzung  dieses  neuen  Kirchen 
Baues,  an  Hand  gehen.  Wie  nun  die  impetranten  diese 
Christrühmliche  Assistence  mit  schuldigsten  Danck  erken- 
nen und  die  Vergeltung  derselben  von  dem  Allgütigen  Gott 
zu  erbitten,  nicht  unter  Lassen  werden ;  Also  sind  Wir  es 
in  dergleichen  Fällen  gegen  einen  Jeden  Standes- Würden  noch 
mit  resp:  freundl.  günstigem  Willen  und  Qnade  zu  erwidern 
willig  und  erböthig.  Zu  ührkund  ist  diese  Vorschrifft  unter 
Unserm  Fürstl.  Ober- Consistorial  Insiegel  ausgefertiget 
worden.  So  geschehen  Weimar  zur  Wilhelms  Burg  den  5t  e  n 
Decembris   1735. 

(L.  S.)  G.  V.  Reinhaben. 

Demnach  Vorstehende  Abschrifft  mir  Endesbenannten  ge- 
schwohrenen  Kayserl.  Notario  übergeben,  und  anbey  um 
behörige  V  i  d  i  m  i  r  ung  derselben  angesuchet  worden ;  Also 
habe  sothane  Abschrifft  von  Wort  zu  Wort  durchgelesen,   mit 


dem  mir  vorgelegten  wahren  Original  collationiret, 
wad  in  alltin  durchaus  gleichlautend  hefuadou.  Welches  hier- 
durch auf  Verlangen  unter  Vordruekung  meines  Netariat- 
Siegelfl  und  eigenhändiger  UnteiBchrifft  attistiret  wird. 
Sign.     Apolda  den  10.  Januarii    1786. 

(L.  8.)  Johann  Christoph  Keintopff 

Notar:  publ:  Ca 


Zum  26,  Gedenktage  an  die  feierliche  Einweihung 
des  Berthold  Sigismand-Denkmala  in  Budolatadt. 

Am  13.  August  1892  vollendeteu  sich  25  Jahre, 
das  an  der  Georgstrafse  nahe  der  Morlabt'ucke  erriohtete 
Denkmal  geweiht  und  in  den  Schutz  der  Stadt  gestellt  worden 
ist.  Dasselbe  gilt  dem  ehrenden  Gedenken  an  unsem  be- 
deutenden Landsmann  Berthold  Sigistuund,  welcher  am  19. 
Uärz  1819  in  Stadtilro  als  der  Sohn  des  dortigen  Ämtsaktua- 
rina  Florus  Sigismund  geboren  Avurde  und  am  13.  August 
1864  seine  reiche  und  segensvoUe  Laufbahn  beechlofs.  Einen 
Teil  seiner  Enabenzeit  verlebte  Berthold  Sigiemund  in  Blanken- 
burg,  wohin  sein  Vater  als  Justizamtmaan  im  Jahre  1828  ver- 
setzt worden  war.  Hier  wurde  er  durch  die  Rektoren  der 
Stadtschule  und  durch  den  Unterricht  seines  Vaters  im  La- 
teinischen geistig  HO  weit  gefördert,  dafs  er  bereits  mit  dem 
13.  Jahre  in  ilie  Sekunda  des  Gymnasiums  zu  Budolatadt  ein- 
treten konnte.  Nach  bestandenem  Abiturientenexamen  be- 
suchte er  die  Universitäten  Jena,  Leipzig  und  Wuraburg,  um 
Medizin  zu  studieren.  Neben  medizinischer  Fachbildung  er- 
warb er  sieh  noch  reiche  philologische  Eenutniase  im  Fran- 
zösischen   und    Englischen,    die    er    spSter    weiter    vermehrte 


seitdem      ^^H 
richtete       ^^^ 


I 


4Ö4 


Misiellen. 


durch  das  Italienische  und  Spanische.  Auch  der  Kunst  wir 
er  von  Herzen  zugethan,  er  zeichnete  nicht  nur  gut  und 
konnte  mit  dem  tüchtigsten  Zeichenlehrer  in  die  Schranken 
treten,  auch  mit  der  Baukunst,  der  Skulptur  und  Mosaik  hatte 
«r  sich  so  befreundet,  dafs  höhere  Bauverständige  über  seio 
Wissen  staunen  mufsten.  Nachdem  er  promoviert  und  du 
medizinische  Staatsexamen  abgelegt  hatte,  liefs  er  sich  in 
Blankenburg  als  Ant  nieder.  Die  Jahre  1848 — 45  verlebte 
Dr.  Berthold  Sigismund  in  der  Schweiz,  in  England  und  in 
Frankreich.  Gesundheitsrücksichten  nötigten  ihn  alsdann  znr 
Eüokkehr  nach  Blankenburg,  woselbst  ihn  seine  Mitbürger 
nach  etwa  Jahresfrist  zum  Bürgermeister  erwählten.  Auch 
-dieser  ihm  übertragenen  Yertrauensstelle  hat  er  seine  ganze 
Kraft  gewidmet.  Nach  vierjähriger  Wirksamkeit  im  Gemeinde- 
leben  fand  er  1850  in  Budolstadt  die  Thätigkeit,  welche  ihn 
wahrhaft  befriedigte,  die  er  trotz  mehrerer  ehrenvollen  Be- 
rufungen in  gröfsere  Städte  bis  zu  seinem  Tode  nicht  wieder 
aufgab.  Er  wurde  Lehrer  an  der  Eudolstädter  Beaischule, 
woselbst  er  vorzugsweise  Naturwissenschaften  vortrug.  Püist 
Friedrich  Günther  verlieh  ihm  1854  das  Prädikat  „Professor^ 
Da  Sigismund  die  Freude  eines  schönen  Familienlebens 
von  Jugend  auf  erfahren  hatte,  war  es  sein  lebhafter  Wunsch, 
selbst  einen  häuslichen  Herd  zu  gründen;  er  verheiratete  sich 
mit  einer  Bürgerstochter,  Pauline  Henning  aus  Rudolstadt,  die 
ihn  mit  drei  Kindern  beglückte.  Es  nimmt  nicht  Wunder, 
dafs  die  Schüler  mit  Dankbarkeit  an  dem  geistvollen,  prak- 
tischen und  liebenden  Lehrer  hingen.  Wegen  seiner  univer- 
sellen Bildung  und  seiner  Lehrfähigkeit  wurde  er  von  seinen 
Kollegen  besonders  geachtet,  man  staunte  über  seinen  hoch- 
begabten, weitausschauenden  Geist.  Am  weitesten  aber  reichte 
sein  Wirkungskreis  als  gewandter  Schriftsteller;  wertvolle  Auf- 
sätze von  ihm  brachten  ,,Die  deutschen  Blätter*',  ferner  „Die 
Gartenlaube",  der  „Auerbach'sche  Wandkalender",  die  von  H. 
Schwerdt  herausgegebene  Zeitschrift  „Feierabend",  die  von 
Gutzkow  redigierten  „Unterhaltungen  am  häuslichen  Herde**. 
Auch    die   wissenschaftliche    Beilage    der   „Leipziger  Zeitung" 


Ulscallen, 


brachte  gern  Beiträge  von  Bertbold  6igiBmiind;  eo  im  Jahre 
1857:  1.  Das  Waohsttim  der  Pflanzen,  2.  Skizzen  eur  Ge- 
schichte der  InduBtrie  des  Thüringer  Waldes,  3.  Die  deutschen 
Marschen,  4.  Abhandlung  über  dia  Klangfarbe.  Aus  all  dieser 
Thätigkeit  geht  hervor,  dafs  Serthold  Sigiamund  eia  Meister 
{lopulärer  naturgeachiohtlicher  Darstellung  war.  Ferner  sind 
zwei  Schriften  von  ihm  bu  nennen,  welche,  -wie  die  Mathema- 
tische Oeeellschaft  in  Jena  uachrühmte,  für  die  pädagogische 
Litteratur  von  Bedeutung  und  jetzt  noch  nicht  UbertToffen 
siud.  Die  eine  ist  betitelt;  „Kind  und  Welt"  (Braunsohweig 
bei  Vieweg  und  Sohn)  und  zeigt  in  äufaeist  interessanter 
Weise  die  Kindesentwickelung  vom  ersten  Lebenstage  bis 
zum  5.  Lebensjahrej  die  andere  Bchrift  führt  den  Titel:  „Die 
Familie  als  Schule  der  Natur"  und  giebt  an,  wie  die  Kinder 
in  die  einzelnen  Zweige  der  Naturwissenschaft  einzufüliren 
sind.  Die  sächsiBche  Btaatsregierung  übertrug  Berthold  Sigis- 
mund  die  statistisohe  Beschreibung  der  Lausitz  und  des  Erz- 
gebirges. Mit  der  Lösung  dieser  Aufgabe  erwarb  er  sich  den 
grofsten  Beifall ;  für  eine  andere  Schrift  „Voz  humana"  bekam 
er  den   zweiten  Preis. 

Schliefslioh  sei  noch  ein  Werk  SigismhndE  genannt,  das 
ihm  für  immer  ein  ehrendes  Andenken  sichert:  „Die  Landes- 
kunde von  Sohwarzburg-BudoJatadt",  ein  zweibändiges  Werk, 
in  dem   er    sich    als    grundlichster   Kenner    der  Heimat    zeigt. 

In  der  besten  Maneeskraft,  im  Alter  von  45  Jahren, 
wurde  Berthold  Sigismund,  der  hochbegabte  Pädagog,  der 
schätzenswerte  Gelehrte,  in  das  Jenseits  abgerufen.  Seine 
letzten  Worte  waren:  „Schaff'  in  mir  Gott  ein  reines  Herz 
und  gieb  mir  einen  neuen  gewiseen  Geist!"  Sein  Grab  be- 
findet sich  auf  der  ersten  Abteilung  des  hiesigen  Friedhofes 
an  der  Garte nstrafse  unterhalb  der  Leichenhalle. 

Etwa  ein  Jahr  nach  dem  Tode  Sigismunds  regte  der 
Uudolstädter  Gewerbeverein,  dessen  treu  verdienter  Vorsitzender 
der  Heimgegangene  gewesen  war,  die  Errichtung  eines  Sigie- 
mund-Denkmale  an.  Zur  Durchführung  des  Planes  wurde 
ein  Komitee  gebildet,  welches  aus  den  Herren  Fabrikbesitzer 
XVI.  30 


■ 
■ 


466  iii--i«.. 

CNuUt  Bohn«,  BMhnoBgnat  Bi»t«roitz    und  Hofbuchfaündla 
Sahoiti  beatuuL     Bor  PwkimlAnd  wurde  gebildet  aus  äim 

lutiBctieii  YoTstollong,  weldie 
und  der  Dramatieohe  Verein  im 
■Dataltn  hatten,  femer  aus  den  St- 
•tKndaa  d«  Gmmbvmma»,  dia  duToh  SigismandB  öffentliche 
Tntcig«  dortwibit  ingriiimii^lt  worden  waren,  sowie  au 
«amer  Annhl  Qeld^midfla  «inaalner  Bürger.  Ganz  besonders 
aber  afahnn  die  Kittel  Ar  du  Denkmal  Yerelärkuog  durdi 
die  von  dem  enrthlten  Komitee  veranetaltete  Lotterie,  bei 
veleker  468  Lom  T«itrieben  wurden.  Alle  Kreise  der 
Ba^teneheft  nntentütiten  dieeee  UnternehtneD  durch  Zuweo- 
dmg  TOn  8«wiiiiigegeiutKndeiL  Kootag,  den  3.  Dez.  1866 
fiuad  im  Geethof  „nun  Adler"  die  Verlosung  statt,  naohden 
die  Gewinne  Inge  ntrw  ebendaeilbBt  öffentliob  ausgeatellt  ge- 
weeen  wwen.  Im  Jahre  1867  wurde  die  Herstellung  d«a 
Denkmali,  welohei  ane  einem  mlefatigeD  Steinblock,  mit  einen 
in  Xn  gegoieenen  HedaÜlonUlde  Berthold  Sigiamunde  be- 
■tehen  iollta,  in  Auftrag  gegeben,  nachdem  der  Stadtrat  unterm 
6.  U«  deeeelben  Jähret  beaeUoBGen  hatte,  ein  Arealstiick 
neben  den  Pappeln  an  der  Brücke  Über  den  Uörlagraben  als 
Bauplatz  zur  Teifügung  bu  etellen.  Besondere  Bchwierig- 
keiten  bereitete,  nach  den  im  hieeigen  Batsarohtv  befindljchcD 
Nachriohten,  der  Transport  des  «twa  130  Centner  schweren 
St^nblookes,  welcher  in  der  Nähe  von  Meilenbach  gebrocheo 
worden  war.  Derselbe  langte  am  13.  Juni  in  Rudolstadt  an. 
Inzwiaohen  war  das  nach  einem  aus  der  Bohne'schen  Pors.- 
Fabrik  allhier  hervorgegangenen  Modell  in  der  Eisengierserei 
und  Masohinenbauanitalt  zu  Katehütte  gegossene  Medaillon- 
bild  fertiggestellt  worden.  Am  TodeaUgo  Berthold  Sigismunds, 
den  13.  Augnet  abends  6  Uhr  erfolgte  die  feierliche  Ein- 
weihung des  Denkmals.  Hier  hielt  Herr  Dr.  Sohaffuer  aue 
Keiihau  die  Weiherede,  in  welcher  er  die  deutsche  Charairter- 
feetigkeit  des  Dahingeschiedene o  mit  folgenden  Worten  schil- 
derte; „In  seinem  JLufseren  war  Sigismund  ohne  Prunk  und 
und  Schimmer,  schmucklos  wie    dieser  Stein,    aber  in  seinem 


Hiizellea- 


457 


Herzen  echt  deuteoh  und  treu,  eo  fest  wie  dieser  Stein." 
Gesang  uad  MuEikbegleitung  erliöhteii  die  Feier,  an  welcher 
eine  gioCse  Zahl  hiesiger  und  auswärtiger  Verehrer  SigismundB 
teibahmeu.  Bas  Denkmalkomitee  machte  alsdann  in  Nr.  64 
des  Wochenblatts  vom  Jahre  1867  noch  Folgendes  bekannt: 
„Das  dem  Andenken  Berthold  Sigismunds  gewidmete  Denk- 
mal, welches  zugleich  eine  VerHchÖnerung  der  Umgebung 
Budolstadts  bilden  soll,  empfehlen  wir  dem  öffentlichen  Schutse 
aller  Bewohner  Rudolstadte.  Die  Mitglieder  des  Gewerbever- 
eins  werden  es  sich  als  Erriohter  des  Gedenksteins  vor  allen 
angelegen  sein  lassen,  denselben  vor  allen  Beschädigungen 
und  Verunreinigungen  zu  echütseo." 

Infolge  der  demnächst  vorzunehm enden  bauplanmäTsigen 
Herstellung  des  nicht  fiskalischen  Teiles  der  Qeorgstralse  wird 
sich  eine  Versetzung  des  Denkmals,  mit  welcher  sich  zugleich 
eine  Benovation  desselben  verbinden  soll,  nötig  machen. 

Uöge  die  dankbare  Erinnerung  an  Berthold  Sigismund 
ein  duftiger  Blumenkranz  sein,  den  wir  ihm,  dem  Verewigten, 
an  seinem  Denkmale  niederlegen. 

^Obe^bürgermejBter  am  Ende-Rudolstadt. 
Ein 
Unter    d' 


Ein  Streitlied  aus  der  B«formationBBeit. 

Mitgeteilt  von   E.   Einerl. 


Unter  den  wenigen  Papieren  des  Eataarchivs  zu  Arn- 
stadt, welche  sich  aus  dem  grojjen  Brande  des  Jahres  1581 
und  der  bedauernswerten  Verwahrlosung  späterer  Zeiten  auf 
die  Gegenwart  gerettet  haben,  fand  dofa,  im  RatspiotokoUe 
eingelegt,  auch  folgendes  Btreitlied,  das,  wie  es  scheint,  nirgends 
in  Druck  vorliegt. 


bihalt  und  K>rm,  Fixier  nie  Muättäi(gm  wtima  mmlk 
beit  in  die  Bafermalioiiiwil»  w^fotm-  Ifccte  IjliKyii 
^Widiffiinbeiie  des  regwreitdeB  GnifoD  «wk  &l»'4ill»41iqi»«i« 
SlidtUieii  in  ihn  gtiNAtigen  fiMvdnn^Ben«  «og;  1 

Bdion  1S3S  lautciite  eine  tMfceiri|g^  1%SäniMig^  «rf 
iiffnem  Merkte  der  Predigt  des  ÖnltelitiB  1^  4&t  Bmiek 
OhriBte,  und  keiiin  war  der  Grsf  in  sdnen  Vlleni  Üeiii^ 
fjßmgeaif  ale  aneh  sdn  Solm  der  Belformaitien  in  MmMt  l^mk 
tfe  Bahn  Sffnete.  Das  begonnene  Vfmk  8els£e  Q^nif  CKste 
mM  dem  fcttMi  Manie  fort  nnd  berief  lAithera  beeondeiai 
Uebling,  Joaehim  Mörlin,  als  Baperattettäsnlen  üäeh  JksAtIbaM, 

Um  so  lebendiger  worden  die  Beziehungen  äer  Sfaldt  sa 
den  Wittenbergem,  doeh  anch  lu  Mykonius  in  Götliä  und  9 
dem  Senior  Lange  in  Ertait,  welcher  sogar  stfneit^lii|;ash]ift 
über  den  an  Diasius  begangenen  Brndermord  dem  Böigem 
meister  Ohilian  in  Arnstadt  widmete.  Es  war  dlei  tinmittdbsl 
vor  Ansbrueh  des  Schmalkaldischen  Krieges. 

Dieser  gewittersohwangeren  Zeit»  da  der  Xaisfr  nut  aein«i 
Partnern  und.  die  hierarchischen  Gewalten  sich  cur  iTemidi- 

tung  des  Eyaogeliums  zusammenschlössen,  scheint  auch  unser 
Lied  anzugehören  (yergl.  Str.  7.  9).  Ist  „der  verdammte 
Sohn"  (Str.  5)  nicht  der  Papst,  der  Sohn  des  Teufels,  so 
würde  man  es  vielleicht  auf  Papst  Paul  des  Dritten  Sohn, 
Pietro,  beziehen  dürfen,  der  mit  Ottavio  Farnese  zum  Kreuz- 
zug  gegen  die  nordischen  Ketzer  rüstete. 

Auf  Peter  Watzdorf,  Bürger  zu  Arnstadt,  weiland  Schösser 
zu  Jena,  wie  er  sich  nannte,  der  während  des  Kriegs  und 
nach  demselben  in  Flugschrift  und  Gedicht  für  das  bedrohte 
Evangelium  und  das  Haus  der  Ernestiner  auf  den  Kampfplatz 
trat,  ist  das  Lied  in  seiner  knappen  Form  und  Ausdrucks- 
weise  schwerlich  zurückzuführen. 

Dafs   es   auf  die    Melodie  von  Paul  Ebers  ^)  bekanntem 


1)  Professor  der  Theologie  nnd  Oeneralsuperintendent  in  Wittenberg, 
Freund  Luthers    und    Melanchthons,    geb.  1511    f  1569.     Bern,  der  Red. 


Ifiszellen.  469 

Liede  gestimmt  ist,  weist  auf  seine  Bestimmung  auoh  für  den 
Gemeindegesang  in  der  Kirche  hin. 

Entzieht  sich  der  Verfasser  unserer  Kenntnis,  so  darf 
es  doch  schon  wegen  seiner  oft  so  kraftvollen  Weise,  die  an 
die  Schutz-  und  Trutzlieder  aus  der  Anfangszeit  der  Refor- 
mation erinnert,  gewlTs  unsere  Beachtung  in  Anspruch  nehmen« 

Aufi  die  meledeung  wen  wiehr  jn  hegesten  noten  sein. 

1.  Herr  Jesu  Ghriste,  Qottes  söhn, 

sih  doch,  wihe  hoch  sich  jnn  seiner  krön 
der  Ante  Christ  zu  Böhm  erhebt 
und  wider  deine  brider  strebt 

2.  Er  wil  yerdilgen  miet  dem  swert 
alle  menschenkinder  deiner  hert, 
die  seine  persohn  und  seine  gebot 
nicht  ehren  wollen  als  einen  gott. 

8.  Wir  sollen  seine  mefse  heren, 
die  toten  miet  ahn  ruffunge  ehren 
und  zweiffeln,  ob  dafs  leiden  dein 
auch  mege  ein  yoUigk  opffer  sein. 

4.  Item,  wir  sollen  senfft  und  sis 
dem  pabst  kissen  die  fis 

und  aplafs  von  ihm  kauffen  deuer, 
sehr  dinstlich  yohr  dafs  fegefeir. 

5.  Dafs  wollen  wier,  o  Herre,  nicht  duen, 
und  wen  uns  der  verdamte  söhn, 
gleich  als  er  zwar  wol  gerne  weite, 
dafs  leben  driber  nemen  solte. 

6.  Yerleuh  uns  nur  zu  solchen  streit 
durch  deinen  geist  bestendikeit, 
dafs  wiehr  verachten  alle  pein 
und  selgk  auff  dich  schlaffen  ein. 


460 

7.  Doch  biett«Q  wiehr  demidiglioh,         -Jj||HMmPN|R^H 

&ÜD  Antechrist  widerspriob                                                   ^K 

iju^ 

und  la&  ihn  nicht  naoh  Beiaeu  begeren                             ■ 

■  tm  '■ 

die  lenge  ia  uaeero  blute  mer«D.                                          L 

•1. 

.,,8.  Sondern  beBohiimme  deine  brauet    , 
wider  dee  toufFeU  arge  hauet 
TOQ  Babilou,  die  deine  ere 
miet  iren  lügen  leeteni  eelir. 

9.  und  wirff  eie  miet  alle  iran  bunt  _|^ 

hinundei  in  der  hellen  grünt, 
wihe  uni  sagt,  dafa  es  boII  gesehen    -, 
Johannes,  der  ee  in  geist  gesehen. 

10.  8o  wollen  wiehr  den   namen  dein, 
miet  allen  Christen  in  gemein 
erbeben  und  auch  stetiglioh,  , 

Die  weiel  wiehr  leben,  anbeteu  diob> 


Litteratnr. 


I 


Tümpllng,  Wolf  von:   Gesohlchte  daa  Gesohlechtea  von 
TfimpUng.    Erster  Baad  (bis  1551).    Mit  dem  Wappen,  oiaer 

Siegeltafel,  zwei  Stammtafeln,  einer  Karte  der  Grafaehaft 
Camburg,  anderen  KuoBtbeilagßB  und  Register.  —  Zweiter 
Band  (bis  zur  Gegenwart).  Mit  Urkunden-Anhang,  Bild- 
niesen,  anderen  Kunstbeilagen,  einer  Karte  zum  Feldzuge 
gegen  Polen  von  1794  und  des  Treffens  von  Oitsohin,  dem 
Facsimile  eines  Schreibens  des  Kataere  Wilhelm  I.,  des 
Kronprinzen  Friedrich  Wilhelm  uad  des  Prinzen  Friedrioh 
Karl,  mit  Stammtafeln,  einer  Ahnentafel,  zwei  Siegeltafeln, 
drei  Handechriftentufetn,  Register  und  Stammbaum.  Weimar, 
Hermann  fiohlau,  1883  und  1893.  XXIII  und  354  S8. 
und  Till  und  784,  auch  137  88.  und  e'/«  Bogen  Be- 
gieter.     B". 

Bafa  der  Genealog  nur  dann  imstande  ist,  echt  wiesen- 
eohaftliohe  Arbeiten  zu  lietern,  wenn  er  sich  bewufst  bleibt,  dafs 
die  ErfoiachuDg  der  Vererbung  und  FortpHanzung  gewiaser 
Ideen  und  geistiger  Qualitäten  zunächst  innerhalb  eines  be- 
etimmten  Geschlechter  Hauptaufgabe  genealogischer  Einsel- 
forschungeu  sein  mufs,  von  dieser  Überzeugung  iet  der  Ver- 
fasser  oben  genannter  Bande  in  seinen  eingehenden,  sorg- 
fSltigen  und  durchaus  objektiv  gehaltenen  Untersuchungen 
über  die  GeBchichte  seines  weitverbreiteten  Geschlechtes  offen- 
bar geleitet  worden.     Und   wer    wollte   bestreiten,    dafs  eich. 


4 


464  Litteratur. 

wie  Kotzebue  es  nennt,  Vorzüge  und  Gebrechen  der  Seele, 
Tomehmlich  als  Tradition  von  Geschlecht  zu  Geschlecht,  fort- 
pflanzen wie  die  des  Körpers?  „Wenn  die  Tagend,  mit 
Flutaroh  zu  reden,  nur  eine  lange  Gewohnheit  ist,  warum 
sollte  ein  ganzes  Geschlecht  sich  nicht  ebenso  leicht  an  Aus- 
übung der  Tugend  gewöhnen  können,  als  ein  einzelner  Mann  l" 

Dafs  es  bei  dieser  Art  genealogischer  Betrachtung  nicht 
genügt,  die  Reihe  der  Ahnherren  aufzuzählen,  ihre  An- 
lagen, Vorzüge  und  Fehler,  sowie  ihr  Geschick  zu  erforschen, 
daüs  yielmehr  das  Augenmerk  in  besonderem  Mafse  auch  auf 
die  Ahn  fr  au  ein  zu  richten  ist,  ja  dafs  die  Bedeutung  der 
Mütter  für  die  Vererbung  meist  gröfser  ist  als  die  der  Väter, 
das  scheint  mir  der  Verfasser,  soweit  es  die  Quellen  zulassen, 
genügend  beachtet  zu  haben. 

Freilich  ist  diese  psychologische  Betrachtung  der  £nt- 
wickelung  des  Geschlechtes  für  die  früheren  Jahrhunderte 
wegen  Mangel  der  Quellen  so  gut  wie  ausgeschlossen ;  sobald 
aber  die  Quellen  reichlicher  fliefsen,  giebt  uns  der  Verfasser 
mit  Vorliebe  Belege  für  die  charakteristischen  Eigenschaften 
seines  Geschlechtes. 

Als  solche  treten  besonders  hervor  eine  echt  christliche 
Frömmigkeit,  die  nicht  nur  in  einem  wohlthätigen  Sinn,  wie 
bei  Albrecht  und  Alke  Tumpling  (I,  89  ff.),  sondern  auch  in 
einem  wahrhaft  christlichen  Lebenswandel,  wie  besonders  von 
Hans  Georg,  dem  thatkräftigsten  Vertreter  des  Geschlechtes 
z.  Z.  des  30-jährigen  Krieges  (II,  166  ff.),  gerühmt  wird,  und 
in  einem  kindlichen  Gottvertrauen  hervortritt,  das  in  geradezu 
rührender  Weise  zahlreiche  Briefe  und  Äufserungen  des  aus- 
gezeichneten Kämpfers  in  den  Freiheitskriegen  Adam  Wolf 
Ferdinand  von  Tumpling,  Generals  der  Kavallerie,  belegen 
und  das  nicht  minder  stark  seinen  Sohn  Wilhelm,  den  ruhm- 
vollen Sieger  von  Gitschin  und  geachteten  Führer  des  sohle < 
sischen  Corps,  beseelte,  der  sich  zum  Wahlspruch  das  Wort 
Gustav  Adolfs  genommen  hatte:  „Der  frömmste  Soldat  der 
tapferste  Soldat." 

Als  weitere  Charakteristika  der  Familie  treten  dem  Leser 


äei  OeBohichte  des  Oesobleohtee  eutgegea :  Päichttieue,  Vatei- 
laadsliebe ,  ein  stark  auBgeprägter  Sinn  für  die  Famiüea- 
ehre  und,  last  not  least,  ein  bisweilen  uagästümer  Thftten- 
drang  und  gxohe  Tapferkeit.  „Lafs  une  bedenken",  schreibt 
der  18-jährige  "Wilhelm  1827  au  «einen  Vetter  Wolf,  „dafs 
68  unsere  heilige  Pflicht  iat,  den  Namen  der  Tümplings 
in  Ehren  und  Achtung  zu  erhalten  und  nichts  zu  begehen 
und  in  nichts  zu  willigen,  wu  unserer  und  unserer  Familie 
Ehre  zuwider  ist.     Lafs  es  unser  Bestreben  seyn,  dereinst  als 


,  Gott 


tUohtige  MeoBchen  aufzutreten  und  dem  Vaterlande 
dala  wir  nicht  unwürdig  unserer  Ahnen  sind,  an  d 
aey  Dank,  kein  Makel  haftet", 

Dafs  Männer  dieser  Art  berufen  gewesen  sind,  im  ölfent- 
liohen  Leben  eine  geachtete  Bolle  zu  spielen  und  den  Platz, 
den  sie  eingenommen  haben,  auezufulleu,  beweist  ihre  Oe- 
Bcbiohte,  und  dadurch  erhält  auch  diese  einen  besonderen  Wert. 

Die  Geschichte  des  Geschlechtes  ist  wiederholt  Gegen • 
stand  historisch- genealogischer  Untersuehung  gewesen.  Der 
bekannte  Glafey  gab  1716  „ Antiquitates  Tumplingianae" 
heraus,  1773  sohrieb  Zeideler  „Eistorisohe  Nachrichten  von 
der  alten  adelichen  Familie  derer  von  Tumplingen  etc."  (Uek,), 
in  den  „Dipl.  Nachrichten  adelicher  Familien"  (Leipzig  1793) 
behandelte  v,  Üohtritz  auch  die  Geschichte  dos  Geschlechtes 
Tümpling;  1859  bearbeitete  dieselbe  der  preutsische  General- 
major T.  Schöning  (Msk.),  und  endlich  veröffentlichte  Wolf 
Otto  V.  Tümpling  1864  „Geschichtliche  Nachrichten  nber  die 
Tou  Tümplingsohe  Familie". 

Diese  Arbeiten  dienten  dem  Verfasser  z.  T.  als  Vor- 
arbeiten, muTsten  aber  in  niehl  unwichtigen  Punkten  ver- 
bessert und  besonders  erweitert  werden.  Als  Quellen  benutzt 
er  in  erster  Linie  Urkunden,  Akten  und  Briefe.  21  Arohive 
hat  er,  aofser  dem  FamilienarohiT,  allein  für  den  1.  Bd.  be- 
suchen müssen.  Die  Darstellung  ist  durch  diplomatische  Treue 
ausgezeichnet;  der  Leser  kann  meist  selbst  pr&ten,  da  die  als 
äueUen  dienenden  Urkunden,  Regest^n,  Briefe  etc.  in  die 
Darstellung  verwebt    oder   in  Anmerkungen    und  im   Anhang 


I 


^^fUß  LftttnitBr. 

fiBaht  wertroUmi  Beihgen,  beioadif»  Ar  di^  CMteiMM»  te 
19«  #ftSii]i^  T«rdi«it  ToUe  Aiierkeii^iii«;  Brt  lÄir  £iHNi<iir 
Krioer  Pamilia  ist  «BfVett  ttttB  beAuAtti  dbjrtHNrMt^fUBitt 

D«r  L  Bttid  tnttet  die  OeMftielite  dM  QMMMiMb  Ife 
1661,  der  IL  Band  die  QiimlüM»4MWuaa^BlS^^^ 
in  mmm  HL  Bttide  fdD  die  SeeeMoMe  der  edeMÜlMNi  Hküii^ 
Potewiis  und  CSaaekirolieii  behttidelt  nhndeii. 

Di»  OeieftleeU  Tfimpfing,  ofRM^ber  ostocUbiaiiellw  BM^ 
kuüf^  fdirint  eis  BnrgniaDiieDÜMBffie  Ünn  "nliiffnini  fluiilKiil' 
in  Ae  HlOie  gekemniett  tn  sein  nni  eAteUf  ietnen'iiluiMi 
Ton  dem  unmittelbar  bei  Cambnrf^  sm  rediteli^  flaahlftf  p» 
bgenen  Ort  gleiohen  Nünmit.  Der^  Mangel  ftii  dfknntiShlMa 
Ihebtidtten  über  die  älteste  Seit  der  CTrafMiall  Cimbnkf  ^ 

1)  Vhm  11^  St(e&  I,  SO,  ST  f.)  «Wr  «•  Ilfrtg  gitoWciii  ClilaiiH 
ÜlSbsiii  «te.  btfftehtti  iHrd,  Mhnrf  steh  mehf  «to  sfaür  i|fte.4fr  Bt» 
iltktigiiiig.  0ie  BmiobnoBg  to  Mgr.  Gero  (f  SSS)  sl«  Meintar  %rf; 
▼OB  Ciunbarf^  btraht  auf  oinor  Venroehiehmg  mit  G«rO|  Gr.  t.  Bt^oß^ 
dorn  Bmfler  dos  1076  ▼orttorbenen  Mgr.  Üodi  mvd  lUuar  d«r  j^äcalbatf 
Wottiiior  Dietrich  und  WUboItn,  Ton  denon  sieh  letfttrer  Gr.  ▼:  Oittbiliä^ 
nannte.  Für  eine  Wirksamkeit  des  Mgr.  Gero  in  der  Gegend  der  mitt» 
leren  und  oberen  Saale  fehlt  jeder  Beleg..  Die  Quellen  schweigen  dob 
darüber,  wer  hier  z.  Z.  des  Mgr.  Gero  das  Reich  vertreten  hat,  yoU* 
kommen  aus,  and  es  ist  anzanehmeni  dafi  die  an  Thüringen  angrenzenden 
Sorben  den  Widerstand  gegen  das  Reich  in  dieser  Zeit  bereits  aufgegeben 
hatten.  Die  Notiz  über  Geros  Verhältnis  zur  Kirche  Stöben  birgt  einen 
Widerspruch  in  sich.  Die  Kirche  soll  um  1000  gegründet  worden  aeiik' 
und  doch  von  dem  Mgr.  Gero  (f  966)  den  von  seiner  Pilgerfahrt  ala- 
päpstliches  Reisegeschenk  mitgebrachten  Arm  des  h.  Cyriacus  erhalten 
haben  und  deshalb  in  honorem  s.  Cyriaci  geweiht  worden  sein.  Stöben, 
das  als  einer  der  ältesten  Orte  im  Bezirk  Gamburg  schon  von  Brückner 
(Landesk.  des  Herzogth.  Meiningen,  II,  767)  angesprochen  worden  isti 
scheint  mir  mit  einem  nicht  mehr  nachweisbaren  Ort  im  Mansfeldischen, 
vielleicht  mit  dem  Ort,  der  dem  Geschlechte  von  Steuben  (s.  II,  2S6) 
den  Namen  gegeben  hat,  in  der  Litteratur  (s.  a.  Bau-  u.  Kunstdenkm.  ThÜr. 
Heft  VII,  178)  und  bei  von  Tümpling  verwechselt  worden  zu  sein. 

Die  U.  Kaiser  Heinrichs  IV.  d.  d.  Gleichen,  1089  Dez.  12  und  die 
ü.  des  B.  Günther  v.  Naumburg,  wahrscheinlich  von  demselben  Tage,  sind 
zwar  formelle  Fälschungen  des  12.  Jahrb.,    ihrem  Kerne  nach  aber  echt» 


erklärt  ea,  dals  unverdächtige  Zeuguiese  für  die  üeechichte 
des  Oesohledites  erst  aus  dei  Mitte  des  14.  Jahrh.  vorliegen. 
Dai  UauB  teilte  sich  später  ia  mehrere  Linien:  Foeewitz, 
im  Hannesstamme  1822  erloBoben,  Berg-Suiza,  desgl.  erloBchen 
1779,  das  noch  blilhende  Haus  Sorna  und  die  186T  erloBchene 
Linie  Caaekirchen.  Wie  schon  erwähnt,  steht  das  Geaclilecht 
zuuächBt  in  enger  Beziehung  zu  den  Wettineru,  bei  denen  es 
nicht  nur  zu  Lehen  ging,  sondern  auch  als  Beamte  (Vögte 
zu  Camburg,  Saalfeld,  WachseDburg)  und  Offiziere  Dienste 
nahmen,  Seit  dem  J.  1730  erscheinen  die  TUmpling  in  der 
preuTsiBchen  Armee,  in  der  sie  dem  Geschlecht  die  BchoDsteu 
Lorbeeren  erwerben  sollten.  18  Träger  des  Namens  Tümp- 
ÜDg  haben  seit  1730  die  preuTsieche  Uniform  getragen;  von 
diesen  haben  sich  nicht  weniger  als  vier  den  Orden  Pour  le 
merite,  zwei  den  Schwarzen  Adler-Orden,  zwei  das  eiserne 
Kreuz  1.  KlaBse,  einer  das  eiserne  Kreuz  2.  Klasse  auf  dem 
Schlachtfeld  erworben. 

Der  VertasBer  hat  es  gut  verstanden,  die  grofBen  Zeit- 
ereignisse besonders  seit  dem  siebenjährigen  Krieg  bis  zur 
Gegenwart  als  Hintergrund  für  die  Geschichte  des  Ge- 
schlechteB,  das  für  jede  wichtige  Periode  der  deutschen  Oe- 
achiohte  einen  tüchtigen  Vertreter  gestellt  hat,  zu  verwenden, 
£iue  grofse  Anzahl  z.  T,  wertvoller  Akten,  Briefe,  Aufseich- 
nuDgen  etc.  zur  Geschichte  dieser  Zeit  werden  hier  zum  ersten 

Sie  ceigen,  dafs  der  obeti  gen,  Gr.  Qero  v.  Brehoa  mit  seioen  3  SSbnsu 
das  Gut  Beiocr  veTslorbeuea  Gemalilin  B^rlhs,  die  in  erster  Ehe  mit  Poppa 
V.  Wipprs  vermKhlt  genesen  ist,  dem  Stifte  Naumburg  vermacht  hil.  Die 
Güter  rühren  offenbar  aus  Wippraschen  Beaitziingen  lier  Aufser  Holleben, 
SehafsUdt  tiud  Uelfta  werden  Petere^betc  uud  Stubi  genannt.  Kiclil  bei 
Cunburg,  sondern  im  UansfaldiBchen  ist  ebenso  das  in  der  angelogenen 
U.  von  113t  Joni  5  gen.  Stuvene  und  du  in  der  U.  des  Erzb.  Wieb- 
mann V.  Magdeb.  unter  den  BealtKUUgeJi  des  Neutrorks-Kl.  la  [lalle  er- 
vilinte  SCdvene  an  sncbea. 

Ich  bemerke  hierbei  noch,  dafs  das  11,  31  Z.  S  erwühnte  Cagllicb 
nicht  CD  Ehra  geschab,  sondern  wie  das  II,  S9  Z.  3  v,  u,  erwähnte  Reg. 
dartfaut,  im  Amte  Camburg.     Der  belr.   Fleischhauer  sUmmte  an»  Hohen- 


I 
I 
■ 

I 


468 

Ihl  der  Poraehiiag  mg&iglnk  gcnuiAl»  Kb  TtOrnrnfm.  P«lfi% 
im  AuflrtMid  Pokas  unter  Koeenotko  1?94  (ßm  UMärnngämA 
iine  Kirto  yereiuidunilidit),  die  Xlaiph  ISOd-^-^lSlS,  du 
Be?oliitioii^)alir,  die  S  Kriege  WüfaelBui  I^  m  tmWkiSpi» 
SU  erwUiaeB,  irwden  in  ehexiklMeisäMiiMi  AigiA  vam  m- 
gegenwirtigi  InliMrel  wiehilg  «nd  die  miUOmttgBm  Vm 
Wilbelai  Adam  Wolf  Perdmend  (Adern  nnd  «tfn  JEMhoi  inOMfai 
lind  offenbar  die  hervorragwidilen  Terliet«r '^  düP  gßmmä 
Vaadlie).  Iah  erinnere  nnr  an  die  beldirenden  Aiifalien  Jkr 
die  nuHtSritebe  Enielning  Adams  und  die  BnridMitaegeaL  dar 
prenbitdien  Anaee  nm  die  Wende  dieiea  JiM^  Aa'Ani» 
Dehnungen  über  1848,  die  mitgeteilten  BrliA  daa  Titüiw 
Wilhelm  I^  des  Kronprimen,  des  Prfnsen  Vriediieli  Xul^ 
IColtkes  tt.  s.f. 

Die  Knnstbeilagen  eriitthen  den  Wert  dleseir  dirtpiisia 
Tomehm  ausgestatteten  Publikation,  für  die  diis  TecAMMir 
elwnso  die  Anerk«inimg  seiner  Pamilie  wie  der  Dasik  dsir 
Gesdiiolitrfl^ande  gebührt 

Dr.  O,  Dobeneoker«  ^ 


e. 

Bau-  und  Kunstdenkmäler  Thüringens.  Im  Auftrage 
der  Eegierungen  von  Sachsen- Weimar-Eisenaoh,  Sachsen-lCei- 
ningen-Hildburghausen,  Sachsen-Eoburg*Gothay  Schwarzburg- 
Rudolstadt,  Eeufs  ältere  Linie  und  Beufs  jüngere  Linie  be- 
arbeitet von  Prof.  Dr.  P.  Lehfeldt.  Jena,  Verlag  von  Gustav 
Fischer,  1892/3. 

Heft  XIY.  Grofsherzogtum  Sachsen- Weimar-Eisenach,  Amts- 
gerichtsbezirke Apolda  und  Buttstädt. 
Heft  Xy.     Herzogtum    Sachsen-Meiningen,    Amtsgerichts- 
bezirke Gräfenthal  und  Pöfsneck. 


Ultentnr.  43^ 

I  Heft  XVI.      Orofahersogtam     Sacheei)- Weimar -Eisenach, 

AmtBgeriohtsbezirke  OrofsradeBledt  und  YieEelbaoh. 
■  Heft  XVII.  Grolaherzogtum  SaoliBen- Weimar- Eisenach, 
Amtegerichtsbezirke  Blflnkenhain  und  IlmeDau, 
Wieder  liegt  als  Jahresleistung  eine  Reihe  neu  er- 
schienener Hefte  der  Bau-  und  Eunstdenkmäler  Thüringens 
vor,  die  erkeuneii  läfat,  dafa  das  Werk  mit  Eifer  gefordert 
wird.  Bis  jetzt  fiiad  die  Denkmäler  aus  29  Amtegerichtabe- 
zirken  beschrieben ;  da  noah  40  Amtegerichte  bezirke  vorhanden 
sind,  deren  Denkmälerbesohreibuag  noch  auBSteht,  bo  ist  der 
stattliche  Umfang  der  noch  zu    erledigenden  Arbeit  leicht  zu 


Heft  XIV,  enthaltend  84  Seiten  für  den  Amtegerichts- 
bezirk  Apolda  und  88  Seiten  für  den  Amtegeriohtsbezirk  Butt- 
städt  mit  6  Liohtdruckbildern  und  30  sonstigen  Abbildungen 
sowie  2  Überaiühtskarten ,  vollendet  den  ersten  Baad  der 
Bau-  und  Eunstdenkmäler  des  GrofsherzogtumB  Saohsea- 
Weimar,  der  nunmehr  den  ganzen  zweiten  Verwaltungsbezirk 
(Apolda)  umlafst. 

Aus  dem  Ämtagerichts bezirk  Apolda  werden  die  Uenk- 
mäler  an  39  Ortschaften  besohiiebeD,  die  mit  Ausnahme  von 
Apolda  ländliche  Ortachaften  sind.  Da  auch  Apolda  als  Stadt 
keine  sehr  lango  Zeit  der  wirklich.  atadtmäTaigen  Entwickelung 
hinter  sich  hat,  und  da  Stadtsulza,  obwohl  ein  vielbeanchler 
Badeort,  dooh  die  ländliche  Erscheinung  noch  ziemlich  bewahrt 
hat,  so  Bind  bemerkenswertere  Bauten  in  den  Besohreihungen 
nicht  anzutreffen. 

6.  312  (6).  Apolda.  Rathaua.  Daa  Stadtwappen  wäre 
SU  beachreiben  gewesen. 

8.  317  (11).  Dorfsulza.  Die  Zeichnung  iat  für  den  dar- 
geatellten  Gegenstand  im  Halestsbe  zu  grofs  und  erzielt  daher 
nicht  die  richtige  Wirkung. 

S.  319  (.13).  Eberstedt.  Eiiohe.  Wappen.  Bei  einer 
Wappenbeachreibung  kann  wohl  nicht  gut  von  einem  „Motiv" 
gesprochen  werden, 


470  Utteratur. 

8.  831  (25).  HerreBsen.  Eirohe.  Taufstein.  Die  Zeich- 
nung ist  nicht  frei  von  perspektiyiBchen  Mängeln. 

8.  839  (83).  Nauendorf.  Kirche.  EanzeL  Die  in  ihren 
Formen  als  auch  in  der  Ausführung  bedeutende  Kanzel  ver- 
diente eine  bessere  Aufstellung,  als  sie  gegenwärtig  in  der 
kleinen  auf  dem  Kammergutshofe  zu  Heufsdorf  befindliohen 
Kirche  hat. 

8.  343  (87).  Niederrofsla.  Kirche.  Lichtdruck.  Die 
in  die  Chorwände  eingelassenen  Gemälde  sind  nicht  beschrieben. 

8.  364  (58).  Ffuhlsborn,  und  a.  a.  0.  Die  mit  Yo^ 
liebe  abgefafsten  Beschreibungen  der  Altarbauten  bleiben  ohne 
Abbildungen  unverständlich,  wenn  auch  die  Beschreibungen 
noch  80  umfangreich  gehalten  werden. 

8.  879  (73).  Utenbach.  Kirche.  Die  vom  Verfasser 
geäufserte  Ansicht  über  die  Wiederherstellung  von  Kirchen 
kann  in  jeder  Hinsicht  bestätigt  werden. 

Aus  dem  Amtsgerichtsbezirk  Buttstädt  werden  Denkmäler 
an  27  Ortschaften  beschrieben.  Im  Besonderen  ist  zu  be- 
merken : 

8.  419  (23).     Buttstädt.    Eathaus.    Die  Beschreibung  des 

Batskellers,    der  gotische  Kreuzgewölbe  mit  Wappenkonsolen 
enthält,  wird  vermifst. 

S.  422  (26).  Ellersleben.  Kirche.  Die  Glocken  sind  nicht 
erwähnt. 

S.  427  (31).  Grofsbrembach.  Kirche.  Die  Pfosten  zum 
Tragen  der  Decke  waren  früher  erforderlich,  weil  die  Kirchen- 
böden von  Amts  wegen  als  Schüttböden  benutzt  wurden.  — 
Auf  dem  Kirchenboden  befand  sich  die  lebensgrofs  in  Holz 
geschnitzte  Figur  des  Gekreuzigten,  die  bei  dem  inzwischen 
erfolgten  Ausbau  der  Kirche  Verwendung  gefunden  hat. 

S.  432  (36).  Grofsneuhausen.  Kirche.  Die  zweite 
Glocke  ist  wegen  ihres  hohen  Alters  bemerkenswert;  gegossen 
1283  durch  mgr.  (Magister)  Kopphe. 

S.  434  (38).  Guthmannshaueen.  Vom  8.  bis  12.  Jhrdt. 
war  der  Name  des  Ortes :  Wodaneshusun  ! 


LiUeralar.  471 

(  (42),     Haindorf.    Kirche.    Die  Glocken  aiud  atcht 
aufgeführt. 

Ö.  446  (50).  Ködderitsch.  Kirche,  Es  fehlt  ebeofaUs 
die  Erwfibnuag  der  Glockea. 

Heft  XV  enthält  6  Licbtdruckbilder,  20  Boustige  Ab- 
bildiiDgen,  3  ÜberaiohtB karten  und  auf  46  Seiten  die  Beschrei- 
bung der  Denkmäler  aus  21  Ortschaften  des  Amtsgenchtabe- 
zirks  Gräfenthal  sowie  auf  38  Seiten  die  Beachreibung  der 
Denkmäler  aus  7  OctBchoften  des  Ämtsgerichtsbesirks 
Pöbneck. 

8.  209  (8).  Gebersdorf.  Wohnhaus.  Die  Wiedergabe 
diesea  in  Faohwerksbau  aufgeführten  Hausee  läfst  erkenaea, 
Trie  weit  entfernt  unsere  heutigeu  Facbwerkibauten  von  der 
malerischen  Wirkuug  früherer  Bauten  sind. 

S.  213  (7).  Gräfenthal.  Kirche.  Die  Mitteilung  des 
alten  Kanzelentwurfs  des  Bildhauers  Keyser  aus  Saalfeld  (1725) 
ist  dankenswert. 

8.  219  (13).  Gräfenthal.  Wespenstein.  Der  Lichtdruck 
-wirkt  nur  laudsohaftlich. 

8.  226  (20),  FriedrichsthaL  Es  erfreut,  zu  wissen,  dafs 
die  Uochzeicsweste  des  Herrn  Uyliua,  um  1710,  aus  rotem 
Seidendamast  bestand. 

8.  927  (21).  Leheaten.  Kirche.  Die  Abbildung  des 
Ciboriums  ist  wegen  des  selteoea  Yorkommens  solcher  Kirchen- 
geräte iu  Xhuriugen  bemerkenswert. 

S.  250  (44).  Wallendorf.  Kirche.  Kanzelbau.  Der  an- 
gezeigte Lichtdruck  ist  nicht  Torhaodeu. 

Im  Amtsgerichtsbesirk  Pofsneck  nimmt  die  Stadt  selbst 
unsere  Aufmerksamkeit  in  Anspruch ,  namentlich  die  auf 
8.  273  (21)  und  274  (22)  dargestellte  malerische  Erscheinung 
des  Rathauses. 

(4.  274  (22)  wird  das  allerdinga  nicht  stilgerechte  hölzerne 
Schutzdach  in  etwas  bedenklicher  Weise  mit  Eigenschafts- 
wörtern beehrt: überflüssig,  entstellend  und  angefault! 

Hit  Heft  XV  wird  der  die  DenkmSler  des  Kreises  S&al- 

XVL  31 


I 


472  Litteratur. 

feld  im  Herzogtum  Sachsen -Meiningen  enthaltende  £and  to11> 
ständig. 

Heft  XYI  führt  uns  wieder  in  das  GbroJjsherzogtum 
Sachsen- Weimar,  und  zwar  zunächst  in  den  Amtsgerichtsbe- 
zirk  Grofsrudestedt,  dessen  Denkmäler  in  21  OrtBchaften  auf 
46  Seiten  aufgeführt  werden.  Im  Besonderen  ist  zu  be- 
merken : 

S.  13.  Kleinbrembach.  Der  Kirchturm  wird  behufs  Er> 
bauuDg  eines  neuen  Turmes  demnächst  abgebrochen. 

2S.  16.  Eleinrudestedt.  Kirche.  Taufstein.  Die  Abbil- 
dung zeigt  allerdings  kräftige,  aber  so  gute  Yerhältnisse  de» 
Taufsteins,  dass  an  eine  Änderung  der  ursprünglichen  Gestalt 
kaum  gedacht  werden  kann. 

8.  19.  Mittelhausen.  Kirche  („1640  geplündert  und  alfr 
Pferdestall  benutzt")  ist  doppelt  gesetzt. 

S.  33.  Schlofsvippach.  Kirche.  Kelch.  Der  abgebildete 
Kelch  zeigt  einen  sehr  wohl  abgewogenen  Aufbau. 

S.  45.  Vogelsberg.  Kirche.  Auch  der  hier  abgebildete 
Kelch  erscheint  in  der  Abwägung  seiner  Teile  sehr  gelungen. 

Die  Bau-  und  Kunstdenkmäler  des  Amtsgerichtsbezirkß 
Vieselbach  werden  auf  48  Seiten  beschrieben,  und  zwar  werden 
27  Ortschaften  aufgeführt.  Unter  ihnen  nimmt  Grofsmölsea 
mit  seinem  hoch  bedeutenden  Altargemälde  die  erste  Stelle 
ein  (S.   53)  (7). 

S.  58  (12).  Hopfgarten.  Kirche.  Das  Turmdaoh  ist 
nicht,  wie  der  Verfasser  annimmt,  durch  Verschiebung  der 
Sparren  etwas  verbogen,  sondern  die  Gratsparren  sind  absicht- 
lich schraubenförmig  angeordnet,  ein  in  früherer  Zeit  öfter 
ausgeführtes  Zimmermanns-Kunststück. 

S.  86  (40).  üdestedt.  Kirche.  Altarwerk.  In  der  Be- 
schreibung des  Gemäldes  der  heil.  Katharina  leistet  der  Ver- 
fasser Unmögliches ;  leider  „nicht  immer  gelungen*' ! 

Das  eben  erwähnte  Heft  XVI  hat  an  bildlichen  Beigaben 
2  Lichtdrucke,  13  sonstige  Abbildungen  und   2  Karten. 


Litteratur.  473 

Heft  XYII  enthält  auf  88  Seiten  die  Denkmäler  aus  47 
Ortschaften  des  Amtsgerichtsbezirks  Blankenhain,  und  auf  18 
Seiten  die  Denkmäler  aus  10  Ortschaften  des  Amtsgerichtsbe- 
zirks Ilmenau.  An  bildlichen  Beigaben  sind  4  Lichtdrucke, 
2  Übersichtskarten   und  25  sonstige  Abbildungen   vorhanden. 

S.  112  (18).  Breitenheerda.  Die  Kirche  wird  wegen 
Baufälligkeit  abgebrochen. 

S.  141  (47).  Eottenhain  ist  nicht  Bittergut,  sondern 
Grofsh.  Kammergut. 

S.  158  (64).  Saalborn.  Kirche.  Altarkreuz.  Die  schiefe 
Anbringung  der  Figur  hätte  sich  wohl  bei  der  Herstellung 
vermeiden  lassen,  und  ist  vielleicht  noch  zu  verbessern. 

S.  161  (67).  Stadtremda.  Die  Ausmalung  der  Kirche 
hat  nicht  1882,  sondern  1888  stattgefunden. 

S.  179  (85).  Tonndorf.  Schlofs.  Statt  „Zingelmauer** 
ist  wohl  Zwingermauer  zu  lesen. 

S.  184  (2).  Bösleben.  Die  Kirche  wird  jetzt  durch 
einen  Neubau  ersetzt;  der  Turm  bleibt  erhalten. 

S.  192  (10).  Ilmenau.  Burg.  Die  Burg  hat  wahrschein- 
lich an  der  Stelle  der  jetzigen  Frohnveste,  etwa  50  m  östlich 
des  Schlosses,  gestanden,  wo  auch  noch  heute  nasse  Wall- 
gräben erhalten  sind. 

Weimar,  im  Mai  1893.  £.  Kriesche. 


7. 

ÜberBioht   der  neuerdings  ersdhienenen  Litteratur  zur 
thüringischen  Gtesohiohte  und  Altertumskunde^). 

[Ahrendts,  Dr.:]  YermeinÜicheB  Hünengrab.  In 
Amstädtisohes  Nachriohts-  und  Intelligenzbi.  124.  Jahrg. 
No.  275  (22.  Noy.  1892). 


1)  Um  jedes  Jabr   ein  möglichst  vollständiges  Verzeichnis  der  lur 
Geschichte  Thüringens   neu   erscheinenden  Litteratur  in  dieser  Zeitschrift 

31* 


474  Litteratar. 

Albrecbt  der  Beherzte.  Ein  Vortrag.  St.  Benno- 
Kalender.  1893.  S.  78—86. 

Yorgesoh.  Altertümer  der  Provinz  Sachsen  and  an- 
grenzender Gebiete.  Herausg.  von  der  bist.  Kommission  der 
Frov.  Sachsen.  1.  Abt.  Heft  11  (Die  yorgeschichtl.  Bargen 
and  Wälle  aaf  der  Hainleite).  Halle  1892. 

Auerbach,  Heinr.  Alfr.:  Bibliotheca  Rathenes. 
Die  Litteratar  zar  Landeskunde  and  Geschichte  des  Fürsten- 
tums Reufs  j.  L.  Sonderabdr.  aas  dem  32/85.  Jahresbericht 
der  Gesellsch.  von  Freunden  der  Natarwissensoh.  in  Gera. 
Gera,  Eommissionsyerl.  von  Karl  Bauch,  1892.    101   SS.  8®. 

Baltzer,  M.r  Über  die  Eisenacher  Dominikanerlegende. 
In  Mitt.  des  Inst,  für  österr.  Geschichtsforschung,  Ergänzungsbd. 
IV,   123—132. 

Bau-  und  Kunst- Denkmäler  Thüringens. 
H.  XIY.  Grofsherzogtum  Saohsen-Weimar-Eisenach.  Amte- 
gerichtsbezirke  Apolda  und  Buttstädt.  Mit  6  Liohidraokb. 
u.  30  Abb.  im  Text.  —  H.  XY.  Herzogt.  Sachsen- Meiningen. 
Amtsgerichtsbezirke  Gräfenthal  und  Pöfsneck.  Mit  6  Licht- 
druckb.  u.  20  Abb.  im  Text.  —  H.  XVI.  Grofsh.  Saohsen- 
Weimar-Eisenach.  Amtsgerichtsbezirke  Grofsrudestedt  und 
Vieselbaoh.  Mit  2  Liohtdruckb.  und  13  Abb.  im  Text.  — 
H.  XVII.  Grofsh.  Sachsen- Weimar-Eisenach.  Amtsgerichts- 
bezirke Blankenhain  und  Ilmenau.  Mit  4  Lichtdruckb.  und 
25  Abb.  im  Text.  Jena,  Verl.  von  Gustav  Fischer,  1892  u. 
1893.  VI  u.  484,  YI  u.  280,  VI  u.  94,  VII  u.  200  SS. 
gr.  80. 

B  e  s  s  e  r ,  G. :  Beitr.  z.  Gesch.  d.  frei-adeligen  Magdalenen- 
Stiftes  zu  Altenburg.  Altenburg,  Bonde,  1892.  160  SS.  mit 
2  Tafeln. 


geben  zu  können,  richtet  Unterzeichneter  an  Geschichtsforscher,  Schul- 
vorstände, Verleger  und  Redakteure  die  höfliche  Bitte,  ihn  durch  Zusen- 
dung von  auf  thür.  Geschichte  u.  Altertumskunde  bez.  Gelegenheitsschriften, 
Programmen  und  kleineren  Abhandlungen  in  Zeitschriften  und  Zeitungen 
freundlichst  unterstützen  zu  wollen. 

Jena,  Mai  1893.  O.  Dobenecker. 


Binder,  [C.]:  Theorie  und  Piazifi  dei  BieBcnzucht 
TOI  drei  Jahrhunderten.  Vortrag;  vor  der  GeDeralversamm' 
lang  des  Bienen  wirtschaftlichen  Hsuptvereina  Thüringen  zu 
Schleiz,  8.  Ang.  1892.  In  Allg.  deutsche  Bieneazeitung, 
herauBg.  von  A,  Weilinger,  No.  47.  48.  49,  u.   50, 

FUret  Bismarok  in  Jena.  Zur  Erinnerung  an  den  30. 
Q.  31.  Juli  1892.  Bericht  de«  Zentralkomitees.  Mit  3  Ab- 
bildungen. Jena.  Verlag  von  G.  Neuenhahn,  1892.  39  8S. 
gr.  8«. 

S.  dazu: 

Feät-Nummor  der  Jenaischea  Zeitung  No.  178,  1892, 
Sonntag,  den  31.  Juli.  Inhalt:  0.  Schiader:  „Willkommen 
in  Jena!"  [Gedicht]  —  Fest- Programm  zur  Biamarckfeier  in 
Jena  am  30.  u.  31.  Juli  189a.  —  Dietrich  Schäfer:  „Füret 
Bismarck  in  Jena!"  —  Otto  Devrieot:  „Im  schwärzen  Bären 
zn  Jena"  [Gedicht],  —  0[tto]  D[obBuecker] :  „Bismarok 
in  Fetersburg."  —  „lo  triumphe!  In  honorem  Ottonis  de 
Bismarck,  principis,  lenam  urbem  intrantia."  —  „Aus  dem 
Leben  des  Fürsten  Bismarck."  —  „Bismarcks  Abschied  von 
Wilhelm  I."  —  „König  Friedrich  Wilhelm  IV.  über  Bia- 
marok."  —  Aue  Bismaroka  Heden.  —  VermiBohtea.  —  Lioht- 
■trahlen  aus  Bismaroks  Reden. 

Jenaieohe  Zeitung  No.  1T9,  1892,  Aug.:  „Fürst  fiismarclE 
in  Jena.  I."  Fortaetz.  dazu  in  No.  ISO.  181.  182.  183.  — 
„Der  Grofaherzog  von  Sachsen  und  Fürat  Biaroaiok",  ebenda 
No.  180.  —  „Die  BeiSB  des  Fürsten  Bismarck  [durch  Thü- 
ringen]", ebenda  No.  180.  IBl.  162.  —  „Naohklänge  zur 
Bjsmarokfeiei",  ebenda  No.  185.  —  „Stimmen  der  Presse  Über 
die  Biamarckfeier  in  Jena",  ebenda  No.  186.  187.  188.  189. 
190.   192,  s.  a.   194.  196.    196. 

Jenaische    Biamarcklieder    von    0.    Scbrader.      Mit 
zwei    Beiträgen    von  0.  Devrient  und  W.  Frenkel.     Zur  Er- 
iuDernng    an    den    Beeuch    des  Fürsten    iu    Jena,      Verl.    der 
FrommauD  sehen     Buchhandlung     (Armin    Bräunlich], 
16  88.  gr.   8*. 

Blämel,  £. :   Das  Uanifelder  Land  während  der  fraii- 


I 


476  Litteratar. 

zösisch-westphälischen   FremdhemohafL     In    Mansfelder  Ge- 
schichUbl.  VI.   1892.  8.  55—75. 

Bornhak,  F.:  Anna  Amalia,  Hersogin  von  Sachsen- 
Weimar-Eisenaoh,  die  Begründerin  der  klassiadhen  Zeit  Wd- 
mars.  Nebst  Anbang:  Briefwechsel  Annm  Amalias  mit 
Friedrich  dem  Grofsen.  Mit  2  Porträts  und  1  Facaimile. 
Berlin,  F.  FonUne  u.  Co.,  1892.  2  Bl.  872  SS.  S». 

Brandis,  Eduard:  Zur  Lautlehre  der  Erfurter  Mund- 
art. L  Erfurt,  Dr.  v.  F.  Bartholomäus.  18  SS.  4*'.  GOP. 
Erfuit,   1892. 

Zeitgenössische  Briefe  aus  Weimar  über  die  Schlaoht 
bei  Jena  und  Auerstädt.  In  Blätter  für  XJuterhaltang  und 
Belehrung,  Sonntags-Beil,  zur  Jenaisohen  Zeitung,  No.  41  a. 
42  (1892). 

Bruuner,  Hugo:  Beiträge  zur  Geschichte  der  Schiffahrt 
in  Hessen,  besonders  auf  der  Fulda.  In  Zs.  d.  V.  f.  hess. 
Gesch.  u.  Landesk.  N.  F.  XVI.  Bd.  (d.  g.  F.  XXVI.  Bd.). 
Kassel  1891.  S.  202—243. 

[B  ü  h  r  i  n  g ,  Dr. :]  Grabfund  [am  rechten  Wipraufer 
unterhalb  NiederwilliDgen].  In  Amstadter  Nachrichts-  und 
Intelligenzblatt.    124.  Jahrg.  No.   277   (24.   Nov.   1892). 

Bürkner,  Richard:  Carl  Alexander  und  Sophie. 
Ein  fürstl.  Jubelpaar.  Festschrift  zum  8.  Oktober  1892.  Mit 
zwei  Bildnissen.      Weimar,  H.  Böhlau,   1892.  32  SS.   S«. 

Burkhardt:  Die  Münzen  und  Medaillen  des  Herzogs 
Ernst  August  von  Sachsen- Weimar,  1731  — 1748.  A.  Die 
Münzen:  Blätter  f.  Münzfreunde.  1892.  Sp.  1740 — 1743. 
1750  f.   1765—1767.    1778—1780.    1786  —  1793. 

Carlsberg,  E. :  Frühlicht  und  Dämmerung.  Thüringer 
Weihnachlsbilder  aus  vergangenen  Tagen.  2.  verm.  u.  Torb. 
Aufl..  Mühlhausen  i.  Th.  1891.  Dr.  u.  Verl.  von  C.  Andres. 
91   SS.  kl.   8^ 

Derselbe :  Frühlicht  und  Dämmerung.  2.  Bändchen :  Win- 
fried von  Angelland.  Ein  Lebensbild  aus  deutscher  Ver- 
gangenheit. Mühlhausen  i.  Th.  1891.  Dr.  u.  Verl.  von  C. 
Andres.      147   SS.  kl.   8^ 


Litteratur.  477 

Da  DZ,  F.:  Sagenkranz.  100  Sagen  aus  der  Oberherr- 
schaft des  Fürstent.  Sohwarzb.-Budolstadt.  Eadolstadt,  Müller, 
1892.  176  SS.  kl.  8«. 

Dietrich,  Adolf:  Friedrich  der  Freidige.  Buhmes- 
blätter  und  Sagenklänge  aus  ThüriDgen.  Dresden  u.  Leipzig 
E.  Pierson,  1892.   141  SS.  S«. 

Döhler,  Hermann  Friedrich:  Weimars  edles 
Fürstenhaus.  Kurzer  Abrifs  der  Geschichte  des  weimarischen 
Landes  und  seiner  Regenten  von  den  ältesten  Zeiten  bis  auf 
die  Gegenwart.  Nach  Quellen  bearb.  und  für  die  Jugend 
erzählt  Mit  den  Bildnissen  I.  L  K.  E.  Hoheiten  des  Grofs- 
herzogs  und  der  Frau  Grofsherzogin.  Jena,  Fr.  Mauke's  Verlag 
(A.  Schenk)  1892.     II  u.  127  SS.  8«. 

Ehr,  Max:  Beiträge  zur  Kirchen-  und  Schulyerfassung 
des  Herzogtums  Gotha  bis  zum  Tode  Ernsts  des  Frommen 
i.  J.  1675.  Erlanger  Diss.  1891.  Breslau,  Druck  von  A. 
«tengel.   120  SS.  8». 

£  [inert],  E.:  Aus  Schlofs  Neidecks  Vergangenheit.  In 
Arn  städtisches  Nachrichts-  und  Intelligenzbl.  124.  Jahrg. 
No.  253.  254.  255.  256.  257.  259. 

Ermer,  Aug.:  Die  Stadt  Apolda  in  den  Jahren  1695 
bis  1702.     Apolda,  Baohdr.  Bob.  Birkner,  1892.    47  SS.  80. 

Festschrift  zur  Feier  des  fünfnndzwanzigjährigen 
Begierungsjabilänms  Sr.  Hochfürstlichen  Durchlaucht  des  re- 
gierenden Fürsten  Beufs  j.  L.  Herrn  Heinrich  XIV.  am  11. 
Juli  1892  dargeboten  von  dem  Vogtländischen  altertums- 
forschenden Verein  zu  Hohenleuben.  Inhalt:  1.  Vorwort. 
S.  III— V.  2.  Das  reafsische  Wappen  und  die  reufsischen 
Landesfarben,  von  Dr.  Berthold  Schmidt,  Fürstl.  Archivar  in 
Schleiz.  S.  1  —  89.  (Mit  2  Siegeltafeln  am  Schlufs  des 
Heftes.)  3.  Heinrich  Beufs  von  Plauen  als  Nürnberger  Feld- 
hauptmann im  Kampfe  mit  Markgraf  Achilles  von  Branden- 
burg, von  Dr.  Walter  Böhme,  Gymnasiallehrer  in  Schleiz. 
8.  40—78.  gr.  8«. 

Festschrift,  herausg.  am  20.  Mai  1893  bei  der  Feier 
des  60-jährigeD  Jubiläums  der  von  Professor  Dr.  Karl  Herzog 


maJMtttu,  ttgßUWtxtig  Tom  Direktor  Pfeiffer  geleiteten  Leb^ 
nad  KwwliinUMliMt  (Ffeiffer'Bchea  Iiutitut}  za  Jena.  Jeu, 
fl.  Haanhaha.    UBiv.-Biicbdr.  (1893).    106  SS.    8".      Inhalt: 


I  faffiieten  Schulwesen«  im  Orofaherzogtnm 
V©B  Dr.  Hermann  Planer  (S.  1  —  53).  IL  Ge- 
Mliiahte  dar  nm  PrafeaBor  Dr.  Herzog  eiricht^teo,  gegen- 
«lltig  TOB  IHzaktor  Pfeiffer  geleitoteo  Lehr-  und  Erziehoiigi- 
UuMt  m  Itcaa.  Von  Ernst  Piltz  (S.  55— Sl).  Uje  von  dea 
Ifizektona  Toiaffuitiichten  A.nataItBbeiichte  (S.  S3 — 8ö).  — 
IjdmrrszMioliaU  (B.  87 — 94).  —  Yerzeiohpie  der  Schüler 
Mit  Ostom  IBBl  (B.  96  —  105). 

Poaoart:  fne  division  de  »valerie  14g£rs  en  1813. 
Op^Ktiona  inr  lu  «omnianioalioaH  de  l'aimäe.  (Combat 
d*Altoal>lllf  38.  Beptooibre  1813.)  Paria  et  Nsdoj-,  Librairie 
ICätiize  Beqor-LtTiault  et  C'ie.,  1891.    136  SS.   8°   u.  1  Plan, 

PrKDka,  0.;  Anhaltiner  in  Erfurt.  Witt.  ä.  V.  f. 
Anlull.  GeMh.  n.  k.  VI.  Bd.  3.  Teil  (Deaanu  1893).  S.  319 
— SS2. 

Frajdorf,  A.  vod:  Der  Wiedererbausr  der  Wartburg. 
ErinneningablRIteT  [au  Hugo  von  ßitgen].  In  „Deutaohe 
Bevue"  heraaag.  von  Itichard  Fleischer.  XVII.  Jahrg.  1892. 
September,  p.  310—323. 

Ftthrer  durch  SangerhaiueD  und  Umgebung.  Mit  Plan 
der  Stadt,  lUustr.  u.  Karte  der  Umgebung.  Wilrsburg  und 
Wien,  L.  Woerl,   1893.  30  88.  kl.   S". 

G[eiger],  L.:  Weimarer  Judenordnuug,  1823.  In  Za. 
f.  G.  der  Jaden.  V.   S.  281—283. 

Georg  der  Reiche  oder  Bärtige,  Herzog  zu  Saohaea. 
St.  Benno-Ealender  1892.  S.  46, 

Gerland,  Otto:  Die  Antitheaiä  Christi  et  Papae  in 
der  Schlofskirohe  zu  Sohmalkalden.  In  Za.  d.  V.  f.  heBsieohe 
Geach.  a.  Landeak.  N.  F.  XVL  Bd.  (der  ganzen  Folge  XXVI. 
Bd.).  Kaaael   1891.  8.    189—201. 

Gerwig,  Ludwig:  Daa  Verhältnis  der  Schi uferelation. 
des  venetianisohen  Botachaftera  Alvice  Uocenigo  zu  seinen 
Tageadepeeohen  über    den  Donaufeldzug  im  Schmalkaldi scheu 


479  1 

Kriege  t.  J.  1546.     K.  M.  F.     Heidelberg,   Buclidr.    von  Q. 
Geiseildörfer,    1892.  40  SS.   1  K.   i". 

Geyer,  Moritz:  Geich.  des  Friedrichagymn.  «u  Alten- 
bnrg  aeit  17B9.  Altenburg,  Dr.  von  0.  Bonde,  1891.  IV  SS. 
1   Bl.    105  SS.  8«. 

D  eraelbe :  Yerzeiclinis  der  Abitarieuteu  dea  Herzog], 
rriedrichsgymnEiBiumB  za  Altenburg  von  1808  an.  Altenburg 
Dr.  von  0.  Bonde,   I89I.  32  SS.    8". 

Aqb  dem  GoethehauBe.  Briefe  F.  W.  BieiiierB  an 
die  Familie  Frommaun  in  Jeoa  (1803  —  1824).  Nach  den 
Originalen  heraaeg,  von  Dr.  Perd.  Heitraüller.  Ult  einem 
Bildnis  Riemer».  Stuttgart,  Verl,  der  J.  Q.  Cottaicben  Baohh. 
Nachf.    1B92. 

Götze,  A. :  Die  QeiäCifoTmen  und  Ornamente  der  neo- 
lithiachen  schnür  verzierten  Keramik  im  FluTsgebiet  der  Saale. 
Jena,  Fohle,   1891.  72  SS.  mit  2  Tafeln. 

Grauert,  Hermann:  Zur  deutschen  Eaisereage.  In 
Uist.  Jahrbuch  der  Görrea-GeaellBch.  Bd.  XIII.  (1892.)  S. 
100—143. 

r  deutBoheii  Kaisersage".  Ebenda  XIIL 


Dazu  „Nachtrag  z 
.   513  f. 


Münzen    des    Herzogt.    Saohsen-Mei- 
inghanfs  u.  K.,  1891.   48  BS.  4".  und 


Fübrer    durch    das 
,    I.     In    Mitt.  d.   Vei 


I  Grobe,    L.:    Di. 

hjüngen.     Meiningen,  Ji 
m  Taf. 

Gröfaler,  H. : 
Artern  bis  NiLumburg. 
Halle  a.  8.   1892.  S.  84—149. 

Derselbe:    Ein     in     Felsen     gehauen 
ITaumburg.    Im  A.  f.  Idkde.  d.  Prov.  Sacb) 

Groseh,  Gustav:  Zur  Erinnerung  an  de 
Gymnasiums  im  Sommer  1891.  Nordhausen,  Dr. 
ner,    1892.  GOP.  Nordhauaen.  8.    ]_27.  4». 


Unatrntthal    von 
f.  Erdkunde  za 

Stammbuch    bei 

I.  8.  150—154. 

1  den  Umzug  dea 

C.  Kiroh- 


Carmen    gtatulatorium.      Sondersh. 
Eupel,   1892.    GOP.    Sondershaasen. 


O&ather,  F.:  Aai  dem  Smgeaschatze  der  Uarzlande. 
Slit  Tteleo  Taztbildam  von  H.  Sfittag.  Hanjiover-LiuJeD, 
UaDZ  n.  L,,   lS9a.  XII  u.  360  R8.  gr.  9°. 

Oarlitt,  C:  Erfurter  SteiDmetzordnaagen  des  15.  a. 
16.  Jahrh.     Bepert.  f.  EuDBtw.  XT,  332/fi2. 

Uaba.  Roberto  Beilräge  z.  Gesch.  des  FraadienetBi 
«nt  Südharze  seit  Anfang  des  16.  Jahrb.  Nach  Materialisn 
der  Kamill,  des  Uerro  Gustar  Poppe-Ärtern.  Zs.  d.  Hbitt. 
XXV.  Jahrg.   1892.  H.    168— all.     Wernigerode    1893. 

Vom  alten  Hase.  Burscbenschi  ftliche  Bläller,  V.  Jahrg. 
TT.  S,   1890/91.  8.  62— 65. 

Haueea,  ClemeD«  Frhi,  t.  :  TaBallengeachlaohtei  der 
Ugr.  zu  Meifaeo,  Lgr.  zu  Thiir,  u.  Herzoge  zu  Sachsen  bii 
«.  Beginn  des  17.  Jahrh.  In  VierteljahrMchr.  für  Wappen-, 
Siegel-  a.  Familit-Dkunde.  HerauBg,  vom  Verein  Herold  in 
Berlin.     XX.  Jahrg.   1892. 

Derselbe:  Vasalle ng es chl echter  etc.  Berlin,  C.  Heymann, 
1893.  3  Bll.   643  SS.  8". 

UeiuemanD,  O.  v.:  Noch  einmal  das  älteste  Sangei- 
bSuser  Stadtsiegel,  nebst  einigen  Bemerkungen  Über  das  alte 
tbüringisohe  Landgericht  eq  Mittelhaasen.  Zs.  d.  HarzT- 
XXV.  Jahrg.   1892.  S.  356—262.     Wernigerode  1893. 

Hesse,  Ernst:  ThSringeit  unter  der  Begierung  Hein- 
richs IV.  1.  Teil.  ThttriDgeD  im  Zehnteustieit.  Magdeburg, 
Egl.  Hofbuchdr.  Ton  C.  Friese.  1  Bl.  23  SS.  4".  Dom.-GOP. 
Magdeburg,  1S92. 

Heydenreioh,  Eduard,  Dr.:  Mitteilangen  zur 
•äohsiaoh-thUringisohen  Geschichte  aus  den  Handschriften 
der  alten  Schneeberger  Lyceumsbibliothek.  Id  Neues  Arohir 
für  Sachs.  Oesch.  u.  Altert.  XIII.  Bd.  S.  91—107. 

Hobrecht,  M.:  Luther  auf  der  Koburg  1530.  Frankf. 
a.  M.,  Mahlau  u.  Waldsohmidt,   1892. 

Die  goldene  Hochzeitsfeier  des  Orofsherzogs  u.  der 
Frau  Grofsherzogin  tou  Sacbseo.  In  Jen.  Zeitg.  No.  236. 
7.  Okt.   1892. 


Litteratur.  48t 

Hoeber,  K. :  Zar  deutschen  Eaisersage.  In  Hist. 
Jahrbuch  der  Görres-Oesellsch.  XIV.  Bd.  1.  Heft.  München 
1893.  8.  67  f. 

Hoecke,  von:  Oeschiohte  der  Kirche  St.  Michaelis 
2a  Buttstädt.  In  Stadt-  u.  Landbote,  Zeitung  u.  Anz.  für 
den  Amtsgeriohtsbezirk  Buttstädt,  sowie  die  angrenzenden 
preufs.  Orte.  89.  Jahrg.  Beil.  zu  No.  109,  No.  112,  in 
No.  120  u.  123,  1887,  Sept.  10.  17.,  Okt.  6.  13.  (Nachtrag 
zur  Litteraturübersicht  in  Bd.  XIV,  1/2.) 

Höhn,  E. :  Geschichtliche  Entwickelang  des  gewerb- 
lichen Lebens  der  Stadt  SohmöUn.  Schmölln  (Altenburg, 
«ohnuphase).  XIV  u.   142  SS.  gr.  8». 

Ifsleib,  S.,  Dr.:  Moritz  von  Sachsen  1547 — 1548. 
In  Neues  Archiv  für  sächsische  Geschichte  und  Altertamsk. 
XIIL  Bd.  S.   188—220. 

Derselbe:  Die  Wittenb.  Kapitulation  von  1547.  N.  A. 
f.  Sachs.  Gesch.  XII.  Bd,  S.  272—297. 

Jacob,  G. :  Ein  Schädel- und  Knochenfund  vom  kleinen 
Gleichberg  b.  Kömhild.    A.  f.  Anthropologie.  XX,   181—188. 

Jacobs,  Ed.:  Ein  Hexenprozefs  zu  Oldisleben  i.  J. 
1680.  Zs.  des  Harz- Vereins.  XXV.  Jahrg.  1892.  S.  377 
— 385.     Wernigerode  1893. 

Kaemmel,  Otto:  Grundzüge  der  sächsischen  Ge- 
schichte für  Lehrer  u.  Schüler  höherer  Schulen.  Dresden, 
Alw.  Huhle,  1892.  IV  u.  72  SS.  (nebst  Karte).    8«. 

Kanngiefser,  0. :  Geschichte  des  Krieges  von  1 866. 
Nebst  einem  Vorbericht:  Die  deutsche  Frage  in  den  1850er 
Jahren.  1.  Bd.  Basel,  Verl.  der  Schweiz.  Verlags-Druckerei, 
1892.  388  SS. 

Kirchhoff,  A. :  Geschichtl.  Stellung  des  Unstrutthals 
und  Freiburgs.     Freiburg,  Finke,   1892.   16  SS. 

Köhler,  K. :  Spezialkarte  vom  Eyffhäuser-Gebirge.  Be- 
gleitworte  von  F.  Lemcke.  Sangerhausen  u.  Leipzig,  B. 
Franke,  1892. 

Köhler,  M. :  Sixtus  Braun,  Naumburger  Annalen  vom 
J.  799 — 1613.     Nach    seiner   im    städtischen  Archiv  befindl. 


t-ilUratar. 

Huidscbrift     henatg.       rtaunibDFg,    H.  Sieli&g,    1892.     53T 
88.    8". 

KönD«eke,  Hbx:  Oeachiohte  des  Dorfes  Elein-Eiob- 
■todt  b.  Qaerfurt  In  H&a«felder  Blätter.  Tl.  Jahrg.  1892. 
8.  76—169. 

Denelb«:  Geiobiehte  des  Dorfes  Orookstedt.  Socder- 
atozMg  BUB  dem  Qaerfartet  KreUblatt.  Querfott,  Dr.  Ton  W. 
Sehoeider,   1892.     80  SS.    8». 

KöitliD,  Jnl.:  Friedrich  d.  Waise  und  die  Schlol»- 
tdrche  tu  Wittenberg,  f estsohr.  «ar  Einweihung  des  ffittenb, 
Schlofskirehci  am  Tage  doa  BeformatioDsfestes,  d.  31.  Okt. 
1893.     Witteob.,  R.  Herroaö.    1892,      111   8S.  4". 

Eretsohman,  L.  v. :  Eine  weimarisohe  Füratentochter, 
In  Weiteimanns  Monatshefte.  37.  Jahrg.  (1892).  Heft  433. 
434.  485. 

Kröber,  P.  F.  B. :  Aus  der  Vergangenheit  von  Meoael- 
witi  a.  Umgegend.  Im  Gemein nüOigea  Verein  zu  Measel- 
witx  erzählt.     Selbstvetlag  des  Verf.  (1892).     64  38.    8«. 

Kühne,    0.:    Chronik    Ton  Eatzhtitte    im    FörsteDtum  ■ 
SohwwKburg-Kmlolst.     1891.     85  88.    8». 

EnnZQ-6nhl,  F.:  Der  Fleglerkrieg  in  den  Orafsohaften 
Stolberg  u.  Hohnsteio.  Beil.  zum  ünatmt-  u.  Wipperhoten. 
Dr.  u.  Verl.  von  C.  F.  Beoeoke    in  Heldrangen    (Juli   1S93). 

Landau,  M.:  Lebenslauf  eines  kleinstaatl.  Prinzen 
(J.  F.  von  Hildburghansen).  In  Fnnkf.  Zeitg.,  1891.  No. 
843.  345.  34». 

Laue,  U. :  Sachsen  und  Thüringen.  Jahresberichte  der 
Oesohiobtswissensoh.  im  Auftr.  der  Hist.  Oesellsoh.  zu  Beriin 
herftusg.  von  J.  Jastrow.  Jahrg.  XIV.  1891  (Berlin,  Gärtner 
1893).    IL    S.  209—251. 

Lemoko,  F.:  Führer  durch  das  EyffhSiiBer-Oebirge, 
sowie  die  oml.  St&dte,  Schlösser,  Buiosn  etc.  2.  Aufl.  des 
Ct.  Menzelsoben  Kyffh.-Führers.  Sangerhansen  d.  Leipzig, 
B.  Franke,  1891.     94  88. 

Derselbe:     Der    deatsche  KaiBertraam    u.  d.  EyffhHtuer. 


Sangerhausea  d.  Leipzig,  Franke,  1891.  4  Hefte.  32.  59. 
75.  38  8S. 

Lena,  Max:  Zur  Sohlaoht  bei  Frank enhaasea.  In 
HisloriBohe  Zeitsohrift,  heraasg.  yoD  H.  t.  Sybel  u.  H.  Leh- 
mann,  N.  F.  Bd.  XXXIII    2.  Hft.  S.  193—208. 

Lerp,  E. :  Das  Herzogtum  Gotha,  Drapr.  n.  Anfang. 
Gotha,   Windaus,   1892.  39  8S. 

Derselbe:  Die  Gothaiachen  Ortanaraen  nach  Möglichkeit 
erklärt.     Gotha,  Windaus.  1892.   58  SS. 

Derselbe:  Die  alten  Völker,  Oaue  u.  Ansiedelungen  im 
heatiguu  Lande  Gotha;  ein  Thüringbaoh;  mit  2  Anhängen: 
Die  Grabelfunde  im  gothaischen  und  die  gefälschten  Rein- 
hardsbr.  Urkk.     Gotha,  Windaus,    1892.      158  SS. 

Lier,  L. :  Die  weimarische  Hoftheater-Gesellich.  18Ü7. 
Leipz.  Ztg.  Beilage  1891,  S.   549—552. 

Lippert,  Woldemar:  Das  Wettiner-Jubilaum  Inder 
hiatoriachen  .Litteratur.  In  Mitt.  des  Inst.  f.  Osten.  Ge- 
aobiohtsfoTsch.    Bd.  XII  (Innabrunk  1891).    8.  160—181. 

Derselbe :  Zur  Geschichte  Xaiser  Ludwigs  des  Baiem. 
Ebenda  Bd.  Xni  (Innsbruck  1892).  8.  587—618.  Darin  II. 
Ein  BeBDOb  Uackgraf  Friediicha  Ton  Meissen  beim  Kaiser. 
Beitrag  zum  Itinerar  Ludwigs  1  330  u.  4  Urkk.  zur  Gesch. 
das  Mkgr.  Fried  rieh. 

Derselbe:  Mkgr.  Wilhelm  t.  MeiXsen  und  Elisabeth  v. 
Uähreo.    M.  Y.  G.  der  DeuUohen  in  Böhmen.  XXX,  93 — 127. 

Derselbe:  Markgraf  Ludwig  d.  Ältere  Ton  Brandenburg 
und  Markgraf  Friedrich  der  Em  ata  von  Meifsen.  Forschungen 
zur  brandenb.  und  preuTaisoh.  Gesch.  Bd.  Y,  2  (1892). 
8.  208—218. 

Loimmer,  Yictor:]  Über  einen  Bronzefund  in  der 
Flur  Dorndorf  bei  OrInmUnde.  In  Jenaiiche  Zeitung.  No. 
187.    1892,  Donnerstag  d.  11.  August. 

Loth:  Fund  bei  Mittelhausen-Erfurt.  E.  Bl.  d.  deutschen 
GeseUach.  f.  Anthropologie  XXII,  12. 

Loth,  Dr.:  Die  Fleiacbbeaohau  zu  Erfurt  vom  13.  bis 
19.  Jahrhundert.     Naoh    den  Akten    des    städtischen  Archivs 


4 


4041 


Littwmtar. 


bMifaMt0t    la  Kormpondeiu-Hlittar  dM  allg;  itstL  ?«e«d» 
Ton  ThUringan,  XXL  Jahig.    Wmuat  1892.   &  11-- SS. 

Denelbe:  Oesehiebta  dar  EpimmmfH^  d«r  Stadt  Ir- 
ftfft    SbMdA  8.  8S9— 851,  876—888»  S9J8— 409. 

Lots,  A.:  CobnrsiMlw  LMda^^wdi.  t.  ä.  ili.  2aitn 
Ut  s.  Oaganwaxt    Cotmig^  Mts.    189S.     119  iSB. 

Lots,  Walter:  Dia  dxai  FlifMlirifteii  fibar  den  Hlu» 
stiait  dar  aiaha.  Albactiiiar  a.  Emaaliaar  m  1580.  Ualar  Mit- 
wirkang  tob  K.  F.  J5tia  in  ÜbarMtiang  haiwuif,  n.  ariiatart; 
Laipsig,  Danakar  o.  Hnmblot»  1898.  IX,  117  SB.  8«.  (A.a» 
d.  T«  Brantano  u.  Laaar,  BtmmL  iUarar  o.  nanarar  ataati» 
invaniah.  Sahrillan  daa  In»  o.  Analaadaa.  Mo.  9.) 

Herz,  Otto:  Zar  Gatoh.  daa  diMBaligan  WalUdirCf 
ortet  Elende  b.  Blaieharode.  Ztaehr.  daa  Ansr.  XXY.  Jahig. 
1892.    S.  885—889.     Wemigeiode  1898. 

Mensiflbaoh:  Wie  die  Klottaikiralia  sa  Panlinansall 
in  Th&riDgen  Raine  wnrde.  In  Zt.  d.  Ymim  fBr  YoDct» 
kande  IV. 

m 

Meyer,  Karl:     Chronik     det    iandr&tliohan    Krauet 

Bangerhausen.  Nordhaasen,  Dr.  u.  Verl.  you  Fr.  Bberhardt, 
1892.     138  88.    S^. 

Derselbe :  Führer  über  das  Kyffhäasergebirge.  (Mit  1 
Karte,  6  Plänen  n.  3  Abb.)  V.  yermehrte  o.  yerbess.  Aufl. 
des  Baches  „Die  ehemalige  Beichsborg  Eyffhauaen'^  der  ein- 
zigen aaf  selbständigen  arkundlichen  Forschungen  berohen- 
den  Geschichte  derselben,  Nordhausen,  Dr.  u.  Verl,  von  Fr. 
Eberhardt,  1892.     164  88.    \2^. 

Derselbe:  Erfurter  Tischregeln.  Zs.  f.  deutsoh.  Altert. 
XXXVI,   56—63. 

Derselbe:  Eyffhäuser-Sagen-Straafs.  Nordhausen,  Dr«  u. 
Verl.  von  Fr.  Eberhardt,  1891.     192  88.    kl.  8«. 

Derselbe:  Festschrift  zur  Jubelfeier  des  400-jährigeD 
Geburtstages  des  Dr.  Justus  Jonas,  am  5.  Juni  1893.  Mit 
drei  Abbildungen.  Nordhausen,  Dr.  u.  Verl.  yon  Fr.  Eber- 
hardt,  1893.     64  88.    8^. 


Litteratar.  .  48& 

Mitteilungen  des  Statistischen  Bareaus  des  Herzogl. 
Staatsministeriums  za  Gotha  über  Landes-  and  Volkskunde 
der  Herzogt.  Sachsen-Goburg  und  -Gotha.  Jahrg.  1892. 
Gotha  1892. 

Mitzsohke,  P. :  Hohes  Alter,  WiederTermählungen, 
Kindersegen  und  Ehejubiläum  im  Hause  Wettin.  In  No.  234 
u.  236  der  Jenaischen  Zeitung,  5.  u.  7.  Oktober   1892. 

Monumenta  Germaniae  bist.  Libelli  de  lite  impera- 
torum  et  pontificum  saeoulis  XI.  et  XII.  conscripti.  Tomus  II.. 
HannoYorae  1892. 

p.  173 — 284:  ,yLiber  de  unitate  ecclesiae  conseryanda'^ 
recogn.  W.  Schwenkenbecher. 

p.  285 — 291:  »yWalrami  et  Herrandi  epistolae  de  causa 
Heinrici  regis  conscriptae"  ed.  E.  Dümmler. 

Müller,  E.  E.  Hermann,  Dr.:  Das  Chronicon  Citi- 
zense  des  Benediktinermönches  Faul  Lang  im  Kloster  Bosau 
und  die  in  demselben  enthaltenen  Quellen.  Ein  Beitrag  zur 
Historiographie  des  16.  Jahrh.  In  Neues  Archiv  für  sächs. 
Gesch.  u.  Altertumsk.  XIII.  Bd.  S.  279—314. 

Müller,  Th.:  Die  Mgr.  Johann,  Georg  und  Marcus  y. 
Baden  auf  d.  üniy.  zu  Erfurt  u.  Payia.  Zs.  f.  Gesch.  d.  Ober- 
rheins. VI,  701—705. 

Neujahrsblätter.  Hersg.  y .  d.  bist.  Kommission 
der  Proyinz  Sachsen.  17.  Geschichte  der  Stadt  Erfurt  bia 
zur  Unterwerfung  unter  die  Mainzische  Landeshoheit  i.  J. 
1664.  Von  Dr.  Carl  Bayer.  Halle,  Verl.  y.  0.  Hendel,  1898. 
52  88.     8». 

Neumärker,  G.  H. :  Das  Stadtbuoh  Apoldas  yom  Jahre 
1440.      Apolda,   Buchdr.  Bob.  Birkner,    1892.     16  SS.      8». 

Pistor,  Jul. :  Der  Chronist  Wigand  Gerstenberg. 
Nebst  Untersuchungen  über  ältere  hessische  Geschiohtsquellen. 
Kassel,  M.  Brunnemann,  1892.  (IIL  u.  120  SS.)  8<^.  — 
Auch  in  Zs.  jd.  V.  f.  hess.  Gesoh.  u.  Landesk.  N.  F.  XVII.  Bd. 
(der  g.  F.  XXVII.  Bd.).  S.  1—1^0  —  u.  Marburger  Diss. 
42  SS.     80.     Druck  yon  L.  Doli  in  Kassel,  1892. 


486  Litterator. 

Procksoh,  August:  Berioht  über  die  Feier  des 
50-jähr.  EriDnerungstages  an  die  Einweihung  des  JosepM- 
numfl  ....  Altenburg,  Druck  yon  0.  Bonde,  1892.  GOPr. 
S.  5—7.     4^ 

Ray  dt:  Die  deutsche  Eaisersage.  Deutsch  -  eyangel 
Blätter.     XVI,  78—91. 

Begel,  Fritz:  Thüringen.  Ein  geographisches  Hand- 
buch. Erster  Teil:  Das  Land.  1.  Grenzen.  2.  Bodengestalt 
und  Gewässer.    3.  Schichtenaufbau  und  Entstehungsgeschichte. 

4.  Klima.  Mit  einer  geologischen  Karte  (Tafel  I),  drei  gröfseren 
geologischen  Profilen  (Tafel  II)  und  40  Textabbildungen.  Jena, 
Verlag  yon  GusUt  Fischer,  1892.     XVI  u.  400  SS.     gr.  8*. 

Derselbe:  Der  Thüringerwald  und  seine  Forstwirt- 
schaft    Mit  Karte.     Deutsche  Geogr.  Blätter,  Bd.  XV.  H.  1 

5.  1—40.     H.  IL  8.  106—140.     Bremen,  1892. 

Bein,  W. :  Fürst  Bismarck  in  Jena.  In  „Die  Gegen- 
wart".    Bd.  XLIL  No.  33  (18.  Aug.  1892).     S.  97—99. 

Bein  eck,  C:  Die  Sage  yon  der  Doppelehe  eines 
Grafen  t.  Gleichen.  Samml.  wissensch.  Vortr.  H.  138. 
Hamb.,  Verl-Anst.     42  SS. 

Derselbe:  Erfurt  und  das  tolle  Jahr.  Ein  Geschichts- 
bild. Hamburg,  Verlagsanstalt  d.  Druckerei  A.  G.  (yormals 
J.  F.  Richter),    1893.     56  SS.     80. 

K  e  f  8 ,  L. :  Gesch.  u.  Beschreibung  der  Veste  Heldburg. 
2.  Aufl.     Hildburgh.,  Gadow,   1892.     40  SS. 

B  0  g  g  e ,  B. :  Pförtnerleben.  Nach  eigenen  Erinnerungen 
geschildert.  Mit  24  Abbildungen.  Leipzig,  Verl.  von  Ferd. 
Hirt  u.  Sohn,   1893. 

Kosenberg,  M. :  17  Blatt  aus  dem  Grofsherz.  Sachs. 
Silberschatz  im  Schlosse  zu  Weimar.  Karlsr.,  Bielefeld.  Fol. 
17   Photogr.  mit  19  Bll. 

Kofsner,  Alfred:  Der  Bennsteig  des  Thüringer 
Waldes  Jetzt  und  früher.  Verl.  Ton  Albin  Schirmers  Buch-, 
Kunst-  u.  Musikalien-Handl.  (Carl  Salzmann),  Naumburg  a.  S., 
1892.     115  SS.     80. 


LKteratar.  487 

iohorst,  Paul:  Friedrich  HI,  von 
Zollem -Nürnberg  &ls  Edler  toq  Oeterliofen?  Episoden  aas 
dem  meranischen  Erbfolge  streit«.  In  Mitt.  d.  Inst.  f.  öaterr. 
Gesohf.  Bd.  XIII  {InoBbruck,  1892).     S.  145—152. 

Scherer,  Carl:  Zur  Oeech.  der  Sobmalkalder  Eirohea- 
bibliotbek.  Eioe  Serithtigung.  la  Za.  d.  Y.  f.  heee.  Oeach. 
u.  Landesk.,  N.  F.  XVII.  Bd.  (der  ganzen  F.  XSTII.  Bd.). 
EasBel    1892.  S.  260—263. 

8  [c  h  m  i  d  t] ,  H  [e  r  m  a  d  n] :  Eine  Terballbomte  Inschrift 
(über  dem  Eatskeller  zu  Arnetadt).  In  Beil.  zu  No.  89  (16. 
April  1893)  des  ÄrnEtädter  Tageblattes. 

Derselbe;  Der  Baumeister  unseres  Eathauses.  In  Beil. 
zu  No.   101  (30.  April  1893)  des  Arnst.  Tageblattes. 

Derselbe :  Für  den  kleinen  Biedturm.  Amatfidter  Tage- 
blatt. Beil.  zu  No.  107   (7.  Mai  1893). 

Schneider,  Justus:  Die  Sitterbnrgen  der  vormaligen 
Abt«i  Fulda.  In  Zs.  d.  V.  f.  hess.  Gesch.  u.  L.  XVIL  Bd. 
(der  g.  F.  XXVIL  Bd.).  Kastei   1892.  8.  121-^175. 

Schönau,  E. :  Chronica  Ton  Ichstedt  Separatabdr.  aus 
der  FrankenhSuser  Zeitung.  Franken  hausen,  Druck  von  Emil 
KrabB.     c.  .1.  (1892)     (VI  u.  250  8S.)      12°. 

Derselbe:  Geschichte  des  Katsfeldes.  Frankenhausen, 
Buchdr.  von  E.  Krebs,  1888.     (31  8S.)      12". 

Derselbe :  Geschichte  der  Amsburg.  Mit  eiuem  Gruod- 
rifs  derselben.  Frankenhausen  i.  Thür.,  Dr.  u.  Verl.  von  E. 
Krebs,   1889.     (31  88.)     8". 

Schröder,  Biohard:  Die  deutsche  Eaisersage.  Akad. 
Bede  ...  am  21.  Nov.  1891  .  .  .  geh.  Heidelberg,  Univ.- 
Buohdr.  von  J.  Höming,   1891.     45  SS.  4". 

Herzogin  Sidonie,  Gemahlin  Albrechts  des  Beherzten. 
St.  Benno-Kalender  1892.  S.   47—68. 

Simon,  Dr.:  Über  üenneberger  eheliches  Güterrecht, 
In  Blätter  für  Rechtspflege  in  Thüringen  u.  Anhalt,  heransg. 
von  R,  Schulz.    N.  F.  XIX.  Bd.    Jena  1892.    S.  334—247, 

-324  (Forts.). 


XVL 


32 


Littwatnt, 

Sperling,  0.:  Herzog  Albiecht  der  Beberite  Ton 
Sachsen  als  Gaberoator  Fneslands.  1892.  Leipz.  DiueiL 
52  SS.  4'.  [auch  Prgr.  des  Kgl.  Gymn.  aa  LeipB.   1892.] 

Stahr,  Adolf:  Weimar  nod  Jena,  3.  Aufl.  Uit  einem 
Vorvort  toq  Dr.  E.  von  der  Hellen.  Oldenburg,  Scholie'sctia 
HofbDohh.  1892. 

Stiehler,  G. :  Kloster  and  Ort  Georgenthal.  L  Du 
Kloster  t.  s.  Orilndimg  bis  eu  a.  Untergang.  Gotha,  Gläser. 
1892.  83  8S. 

Stolle,  F.:  Ist  Lombert  von  Hersfeld  der  Verfessei 
des  Carmen  de  belle  Saxonioo  ?  In  „Historisches  Jahrbuch 
der  Görres-GeBellBohaft".  Bd.  XIH.  H.  8,  8.  440—469. 

Trinins,  A.:  Dorchs  UnHtmlthal.  Eine  'Wanderang 
von  Naumboig  a.  d.  Saale  bis  zum  Eyffhäuaer.  Mit  40 
Bildern  nach  Zeichnungen  von  Fr.  Holbeio.  Uindea  i,  "W., 
J.  C.  C.  Brnna  Verl.,   1892. 

Trttmpelmann,  A.:  Kloster  tind  Schule.  Featspiel 
snr  350-jährigen  Jabelfeier  der  Köaiglioh  preufsischen  Landes- 
Hchule  Pferts.     Magdeburg,   OrentE'eche  Verlagsbuchh.,    1893. 

Tfimpliug,  Wolf  von:  GesohioMe  des  Oeschleohtes 
Ton  Tümplüg.  Zweiter  Band  (bii  stir  Gegenwart).  WA 
Urkunden -Anhang,  Bildnissen,  andern  Ktinstbeilagan,  atnar 
Kurte  mm  Feldinge  gegen  Folen  von  1794  nnd  de«  Tceffena 
von  Oitaohin,  dem  Faciimile  eines  Sehzübeni  dae  giiwri 
Wilhelm  I.,  des  Kronprinsen  Friedrieh  Wilhelm  nnd  des 
Prinien  Friedrich  Eari,  mit  StammtafelD,  einer  AhBantaM, 
Ewei  Siegeltafeln ,  drei  Handiohriftentafelo,  Begiater  nnd 
Stammbanm.  Weimar,  Herrn.  Böhka,  1893.  YH^  784  n. 
137  SS.  6  Bogen  a.  2  SS..  Begister.  8". 
Dazu: 

Des  hoobehrw&rdigen  Herren  C.  Alberti,  Pfarrers  in 
Grols-SohwabhaneaQ,  AusEug  ans  dem  zweiten  Bande  der  Ge- 
sohiefate  des  Gesehleohtei  von  TUmpling.  1892.  G,  Heaen- 
hahu's  tJniv.-Buehdr.,  Jena.    32  SS.  S**  n.  8  SS.  Anhang. 

Veokenstedt,  E,:  Kjffh&naersage.  In  Harzer  Ho- 
natshefte.  U,  161—165,  ISO— 184,  305— 307. 


Lltt«rKtar. 


489 


Vetter,  Paul:  Witz  eis  Flucht  aos  dem  albertinisoliea 
SaohBen.     Zs.  für    Kirchengesoh.  SIll  (1892).   8.  282—310. 

Das  zweite  Wartburgfeat.  Pfingsten  I84S.  In 
BaraobenBohaftl.  Blätter.  V.  Jahrg.  W.  8.  1890/91.  S.  266 
—271. 

Wenek,  Karl:  Die  heilige  Elisabeth,  tn  „HigtoriBoha 
ZeitEchrift",  beransg.  tou  H.  t.  Sybel  und  Max  Lehmann. 
M.  F.  Bd.  XXXIII.  H.  2.  8.  209—244. 

'Winckelmann,  0.:  Der  achmalkaldieohe  Bond  1530 
— 1532  und  der  Niiraberger  Religionafriede.  StraTsburg  i.  E., 
J.  H.  E.  Heitz,   1892.  XIV  u.  313  SS.   80. 

Zaohao,  0.:  Die  Stadtsobole  in  Jena.  Beitrage  zu 
ihrer  Oeeohichte  von  1254 — 189'2.  Eine  Feataohrift  gewidmet 
dem  SohnlTorBtande,  den  städtisoben  Behörden  und  der  Bärger- 
Bchaft  Jenaa  znr  Einweihung  der  neuen  BiirgerBohuIe  am  17. 
Oktober  1892.  Uit  der  Abb.  der  neuen  Bürgerschule.  Jena) 
Fr.  Manke's  Verl.  (A.  Schenk). 

Zahn,  W. :  Anhaltiner  auf  der  üniveraität  Erfurt.  In 
Mitt.  des  V.  f.  Anhalt.  OeBch.  u.  Altertumsk.  VI.  Bd.  3.  T. 
8.  218—220.     Dessau  1892. 

Zimmermann,  P. :  Zu  dem  Grabdenkmale  der  GräfLa 
Margarethe  von  Honstein.  Zs.  d.  Harzv.  XXV.  Jahrg.  1892. 
S.  264-255.     Wernigerode  1893. 

Z&rn,  B.  8.;  Die  Kaute  als  heraldische  Pflanze  im 
j  iaohiiischen  Wappen.    In  Leipz.  Zeitg.  1892.  No,  278.   l.BeiL 


Hitteilungen    des    TereioB    ftir    die  Geschichte  und 
Altertumskande  von  Erfnrt.    15.  Heft.    Erfurt  1893.    Inhalt: 
I.  Beiträge    zur  Oesob.    des    Erfurter    Humaniamus.     Von 
G.  Orgel,  luih.  Pastor.     8.    1—136. 

II.  Geschichte  der  Tischler-Innung  zu  Erfurt.  Von  Dr. 
Beyer.     8.   187-159. 

III.  Die  Erfurter  Verordnungen  gegen  die  Peat,  die  unga- 
riBohe  Eiankheit  und  die  rote  Ruhr  im  16.  und  17. 
Jahrb.     Von  Dr.  Loth,  Arzt.    8.  161—191. 


rr.  ]0iOil|im»:  Mjiktol  Übipttte  mi£  Bxfturter  Birioi. 
Ym  IM.  J.  W.  QMEilar.:  8.  IM— tf8.  ~  Sw  Deirtnii 
dM  HaMBi  btet  Tra  Dr.  Ctaiter  BaiMheL  8. 199 
.  —208.  —  Waa  bidaalil  dar  Ht«ia  Oat]»?  Yra  teM. 
8.  804  1  —  Ißaobnia  tmi  Hbn»  dar  Biahtor  daa  Oa- 
aottm.    Von  W.  A.  Fdix^  Toa  Tattaiut   a  205--307. 

T.  Dar  ßoi^  än&AUig  das  lataa  sa  Hrfktit  gagaa  dea 
Bnb.  IKeUiar  Ton  ICaiw  L  h  1400.    B.  209— »4. 

*  TL  Zu  Baaaaha  daa  KOuf»  Madiiali  H^kaln  m.  imd 
.     .   dar  KJMpjk   Lnba  in  SrftsI  ha  J.  1800.     Tan  Br. 
Albart  Piak.    8.  220-^801. 

M ittailaagaa  daa  Varaiiia  ftr  OatduaUs-  und  Altar- 
tenabuida  ra  KaUa  und  Boda.  IT.  Bd.  8.  |L  KaUa»  Dnud^ 
Toa  a  Baak,  1802.    laliall: 

T.  Naahiiehtaa  Obar  Adaliga  aaa  daa  ISralianWUdiani  am 
Bphoria  Kahla: 

1.  Paroahia  Altaadorf.    Taa  Pflumr  B.  B.  Moaw.    & 
387—850. 

2.  Paroohia   ChN^ftbookadra.     Tan   Pfiurrer   A.    Prfifar. 
S.  360—368. 

TL  ZnBätza  zu  den  Naohrichten  übar  ansgestorbene  Adels- 
familien.     Ton   Dr.  F.  Mitzsohke   in  Weimar.     S.  364 
—366. 
TU.  Das  Qesobleoht  Sommerlatt.     Ton  Geh.  Eirchenrat  Dr. 

J.  Lobe  in  Rasephas.     8.  367 — 370. 
TIIL  Einige  Bemerk.^  Bericht,  n.  Zusätze  zu  Schmids  Gesch. 
der  Kirohb.  Schlösser.     8.  371—391.     Ton  demselben. 
.  IX.  Übersieht   der    Teröffentliohungen   zur   Geschichte    des 
Herzogt.  Sachsen- Altenburg  in  den  Mitt.  der  Geschichts- 
und Altertumsf.  Vereine    des  Landes.     Ton  Kirohenrat 
£.  Lobe  in  Boda.     S.  392—405. 
X.  Die  Rabsburg  im  Zeitzgmnde.     Mitget.  Ton  Pfarrer  £. 

Alberti  in  Gbrolsschwabhausen.     8.  406. 
XL  Beitr.  z.  Gesch.  der  Parochie  Dienstädt     Tom  Pfiemrer 
G.  Meister  daselbst.     S.  407—427. 


Litterator.  491 

Schriften   des    Vereins    für    Meiningische    Oeschichte 
und  Landeskunde : 

[Heft  11:]  Die  Pfarrei  Langensohade.  Von  Aug.  Röh- 
rig, Pfarrer.  Mit  einem  Bilde  in  Lichtdruck.  Mei- 
ningen 1891  (IV  u.  172  SS.). 

Heft  12:    Saalfelder   Stiftungen    und  Vermächtnisse. 
Ein    Beitrag   zur    Oeschichte    der   Stadt    Saalfeld    von 
Friedrich  Trinke.     2.  Teil:    Die  Schneideweinsche  und 
Bonersche  Stiftung.     Meiningen  1892.  (IV  u.   104  SS.) 
Heft  1 3 :  Der  Marktflecken  Bibra.    Eine  Darstellung 
seiner  politischen  und  kirchlichen  Entwickelung.    Fest- 
schrift  zur   400-jähr.  Jubelfeier   der   Grundsteinlegung 
der  Kirche  den  17.  Juli  1892,  yerf.  yon  Heinr.  Hart- 
mann,   Pfarrer.     Mit   einem   Bilde  in   Lichtdruck   und 
einem  lithographierten  Ortsplan.     Meiningen  1892  (IV 
u.  208  SS.),  gr.  80. 
Zeitschrift   des   Ver.    f.  Hennebergische   Gesch.  und 
Landeskunde  zu  Schmalkalden«  XI.  Heft.  Inhalt:  Geschichts- 
kalender   der    Herrschaft    Schmalkalden.      Schmalkalden    und 
Leipzig,  Eommissionsyerl.    yon  F.  Wilischs    Buchh.    (1898). 
120  SS.  kl.  80. 

0.  Dobenecker. 


Bekanntmachung! 

Das  yon  dem  yerstorbenen  Bibliothekar  Dr.  J.  £.  A. 
Martin  hinterlassene  Manuskript  zum  IL  Bd.  des  XJrkunden- 
buchs  der  Stadt  Jena  und  ihrer  geistlichen  Anstalten  befindet 
sich  im  Archiye  des  Vereins  fär  thüringische  Geschichte  und 
Altertumskunde  in  der  Uniyersitätsbibliothek  zu  Jena  und 
kann  daselbst,  nachdem  in  jedem  einzelnen  Falle  die  Ge- 
nehmigung des  Vorsitzenden  des  Vereins  eingeholt  worden 
ist,  benutzt  werden. 


f  . 


Clesehäftliche  ]|[itteilnng;eii. 


Serioht  über  die  Thätigkeit  des  Vereins  fOr  Thürüigisclie 

Oeschichte   und   Altertamskuiide   in    der  Zeit   von  der 

Hauptversammlnng    in  Weida  am  12.  Juli  1891  bis    zur 

^uptrersamtnlung  in  nmenau  am  16,  Jnli  1883 

Ton  Guatav  Eiohter. 

Zfvei  tiefachmerisliohe  Verluete  bat  uneer  Verein  in  dem 
seit  Erstattung  des  letzten  Jahresberichtes  verflosseneii  Zeit* 
r&Qin  zu  beklagen.  Am  27.  Januar  1893  etaib  der  Biblio- 
thekar des  VereioB,  Univergitätebibliothekar  Dr.  J.  £,  Ä.  Uar- 
ti  n.  In  ihm  verloren  wir  einen  langjährigen,  treuen,  er- 
folgreichen und  überaus  kundigen  Mitarbeiter-  Daa  von  ihm 
bearbeitete  TJrkundenbuch  der  Stadt  Jena  und  die  unter  seiner 
ßchtiftleitung  erschienenen  Sande  der  Zeitschrift  geben  hier- 
für voUgiltiges  Zeugnie.  Weit  gediehene  Sammlungen  zum 
sweiteo  Bande  des  Urkunden  buch  es  fanden  eich  im  NacMaTs 
des  Verstorbenen.  Der  Verein  hat  dieselben  —  ebenso  wie 
eine  Anzahl  von  Arcliivalien  zur  thUringiscben  Geschichte 
—  erworben;  um  sie  der  Verwertung  für  wissenschaftliche 
Zwecke,  für  welche  die  Zustimmung  des  Vorstandes  er- 
forderlich bleibt,  schon  jetzt  zugänglich  zu  machen,  haben  wir 
aie  unter  den  Schutz  und  die  Verwaltung  der  TJuiversitäts- 
bibliothek  gestellt.  Als  ein  Zeichen  dankbarer  und  pietät- 
voller Erinnerung  au  den  Verstorbenen  hat  eine  Anzahl  Ver- 
einen! itglie  der  auf  Anregung  des  Herrn  OberbibliothekorB  Dr. 
UQllei   aus    eigenen    Uitteln    durch    Herrn    BUdhaaer    Bpäte 


I 

I 


496  OescbXftliche  Mitteiliuigen. 

«inen  Grabstein  arbeiten  und  am  27.  Januar  d.  J.,  dem  Todes- 
tag Martins,  aolstellen  lassen.  Unterbau  und  Einfassung  sind 
«US  Sandstein,  die  Platte  aus  Syenit  Er  trägt  die  Inschrift: 
DEM  ANDENKEN  DES  YNIVEBSITÄTSBIBLIOTHEEABS 
DR.  PHIL.  J.  E.  A.  MAETIN.  GEB.  ZV  RVDERSDORF 
1.  SEPT.  1822  GEST.  27.  JAN.  1892.  DER  DANEBARE 
TEREIN  FYR  THVRING.  GESCHICHTE  VND  ALTEE- 
TVMSKUNDE. 

Über  Leben  und  Wirken  des  treuen  und  verdienten 
Mannes  giebt  das  1 .  Heft  des  9.  Bandes  (N.  F.)  unserer  Zeit- 
«ehrift  nähere  Kunde. 

Als  der  erste  Yorsitzende  des  Vereins,  Herr  Geh.  Eir(^e^ 
rat  Professor  Dr.  Lipsius,  am  10.  Juli  des  vorigen  Jahres  auf 
der  Jahresversammlung  su  Apolda  dem  entsoblafSsnen  Genossen 
warme  Worte  ehrender  Erinnerung  widmete,  da  ahnte  niemand 
-dafs  der  in  frischer  LebensfüUe  vor  uns  stehende  Mann  kurz 
vor  seinem  Soheiden  stand.  Am  19.  August  entrifs  ihn  nach 
kurzer  Krankheit  ein  jäher  Tod  einer  Lebenswirksamkeit  von 
aeltener  Bedeutung.  Was  er  der  Wissenschaft,  dem  Leben 
und  unserem  Vereine  gewesen  ist,  davon  legte  die  dem  Ver- 
storbenen von  dem  Vorstände  des  Vereins  am  5.  Februar  d.  J. 
im  akademischen  Rosensaale  veranstaltete  Trauerfeier,  zu 
welcher  auch  die  Geschwister  aus  Leipzig  und  Dresden  auf 
unsere  Einladung  sich  eingefunden  hatten,  öffentliches  Zeug- 
nis ab.  Die  hier  gehaltenen  Gedächtnisreden  des  Prof.  Dr. 
Nippold  und  des  Verfassers  dieses  Berichtes  sind  in  dem 
so  eben  ausgegebenen  neuesten  Heft  der  Zeitschrift  zum  Ab- 
druck gebracht  worden.  Im  übrigen  verweisen  wir  auf  den 
Bericht  in  der  Jenaischen  Zeitung  vom  8.  Februar  d.  J. 

Die  durch  beide  Todesfälle  im  Vorstand  gerissenen  Lücken 
sind  in  folgender  Weise  ausgefüllt  worden.  Die  Herausgabe 
der  Verein ßschriften  übernahm  nunmehr  ausschliefslich  Herr 
Dr.  Dobenecker,  das  Amt  des  Vereinsbibliothekars  Herr  Dr. 
Stephan  Stoy.  Die  Stelle  des  ersten  und  des  stellvertretenden 
Vorsitzenden  wurde  durch  Vorstandswahl  vom  22.  Nov.  1892  dem 
Unterzeichneten  und  dem  Herrn  Prof.  Dr.  Ottokar  Lorenz 


GeschUftUchB  Mitteilungen.  4g7 

Übertragen.  AU  neue  ÄosBchuTsmitglieder  siad  eingetreten 
die  Herren  Profeasor  Dr.  A,  Brückner  und  Herr  Oberbiblio- 
tbekar  Dr.  Müller,  ausgeBchieden  ist  durch  Weggang  von 
Jena  Herr  Prof.  Dr.  F.  Klug  e. 

Über  die  Eolwickelung  uuserer  Vereinethätigkeit  in  dem 
zwischen  den  JuhreaYereammluQgen  von  Weida  und  von 
Apolda  liegenden  Jahre  iet  auf  der  letzteren  noch  Ton  dem 
TerBtorbeoen  TotBitzenden  Berieht  erstattet  worden.  Dieae 
YeTaammluDg,  welche  am  10.  Juli  Torit;eti  Jahree  atattfand, 
war  eahlreich  besucht,  namcotlich  auB  Apolda  und  Jena, 
anlaerdem  waren  vertreten  Weimar,  Bürgel,  Ärnetadt,  Gotha, 
Dresden  etc.  Die  Versammlung  fand  in  der  durch  Herrn 
Kommerzienrat  Wiedeinaan  freundlichst  zur  Verfügung  ge- 
stellten Humboldthalle  statt,  woselbst  auoh  eine  Ausstellung 
von  Altertümern  und  prähiBtorischea  Funden,  eoweit  sie  auf 
Apolda  uud  Umgegend  Bezug  haben,  Platz  gefunden  hatte. 
An  derselben  haben  eich  nicht  nur  Privatpersonen  aus  Apolda, 
Weimar,  Grofeschwabhüueea  eto.  beteiligt,  sondern  auch  der 
in  Apolda  bestehende  Sammelverein,  sowie  doa  Grofab.  Btaata- 
arohiv  zu  Weimar. 

Dm  */jia  ühr  eröffnete  der  Vorsitzende,  Geh.  Kirohen- 
rat  Prof.  Dr.  Lipsina  aus  Jena,  die  Vorsammlung  und  gab 
zunächst  Bürgermeister  S  t  e  o  h  o  w  dos  Wort,  welolier  dem 
Verein  fiir  die  Wahl  Apoldas  zum  diesjührigeu  Versammlungs- 
ort herzlich  dünkte  und  die  Ersehienenen  im  Namen  der  Stadt 
freundiiolist  willkommen  hiefs.  Darauf  begrüfste  der  Vor- 
aitzende  den  erschieuenen  Vertreter  der  H.  Gothaiechen  Be- 
gieruug,  Geb.  Staatsrat  v.  Ketteihodt  aus  Gotha,  und  teilte 
mit,  dals  der  Geh.  Staatsrat  v.  Boxberg  aus  Weimar  durch 
eine  Dienstreise  verhindert  sei,  der  Einladung  Folge  zu  leisten, 
und  der  VerHammluug  seinen  Grufe  entbieten  lasse.  Er  dankte 
der  Stadt  Apolda  für  den  warmen  uud  freundlichen  Grufs, 
welchen  dieselbe  dem  Verein  entgegengebracht,  dem  Eommor- 
zienrat  Wiedemauu  für  die  gütige  Überlassung  der  Versamm- 
iSgaräume,  und  den  Ausstellern  für  ihre  freundliche  Mithilfe 
^  dem  Zustandekommen  der  inteiesaanten  Ausstellung, 


1 
I 

,1 

■ 
■ 


I  Geichifilicbe  Uitteilnugen. 

Den  hierauf  vom  Vorsitzenden  erstatteten  Bericht  über 
den  Fortgang  der  Arbeiten  des  Yereins  Verden  wir  unten  mit 
der  weiteren  BerichterBtattung  Teraofamelzen,  Hier  sei  nocli 
der  Bede  des  Herrn  Prof.  Dr.  0.  Lorenz  gedacht,  welcher 
nach  dem  Vorsitsenden  das  Wort  er^fF.  Derselbe  spraoh 
über  die  Eyff häusersage.  Nächsten  AniaTB  tar  Grörte- 
inng  des  seit  iwuiKig  Jkhren  mit  beeonderem  Eifer  be< 
■prochenen  und  erforschten  Gegenstandes  gab  eine  auch  für 
die  thüringische  Lan de sge schichte  interessante  vor  kurzem 
erschienene  Schrift  von  H.  Grauert  in  Uunoheii,  in  welcber 
'iel  umstrittene  Frage,  ver  der  eigentliche  historiaGbe 
Träger  der  an  den  KyffhÜUEer  sich  ansohliefsenden  Eaisersage 
sei,  dahin  beantwortet  wird,  dafs  es  weder  Kaiser  Friedrich  der 
Erste,  noch,  wie  neuerdings  gemeint  wurde,  Friedrich  der  Zweite, 
indem  der  Wettiner  Friedrich  der  Freidige  wäre,  welcher, 
zum  Kaiser  bestimmt,  von  den  Ohibelliuen  Italiens  als  Retter 
auserseheo  und  gleichaam  als  ofuer  Friedrich  erwartet  wurde. 
Dem  gegenüber  ergiebt  aber  die  historisohe  Ansl^ee  des  Yot» 
tragenden  ein  anderes  KesuUat.  Indem  derselbe  tadelt,  dai^ 
'  TOQ  Grimm  festgestellte  rein  mythologisohe,  altgermBinische, 
lig  echte  Hintergrund  der  Sage  des  KyfThiiusers  von  den 
neuem  Gelehrten  viel  zn  sehr  beiseite  geschoben  worden  iet, 
seigt  der  Redner  den  politischen  Orund ,  aus  welohem  sich 
in  den  letzten  Jahrhunderten  keine  andere  Eaisergestalt  wie 
der  Rotbart  so  sehr  und  so  natürlich  eignete,  die  Stelle  des 
•Itgermani sehen  Gottes  im  Kyflhänser  einzunahmen  und  anderem 
seits  als  ReprKsentant  dessen  zu  gelten ,  was  das  deatsohe 
Volk  von  seinem  Heiden  erwartet  hat.  Der  wesentliche,  die 
wissensohaftliohe  Streitfrage  absoblief sende  Inhalt  des  Vor- 
trags richtete  sieh  auf  den  Nachweis,  dafe  die  Tersohiedenen 
Eaisersagen,  die  teils  aus  wirklichen  Ereignissen,  teils  ans 
altem,  zum  Teil  immer  wieder  aufgewärmtem  Weissagungs- 
glauben  entstanden  sind,  durchaus  nicht  in  Verbindung  mit 
der  modernen  Kyffhäusersage  stehen,  sondern  willktirlich  duroh- 
eiuandergemengt  worden  sind.  Die  Trennung  dieser  sehr  ver- 
schiedenen,   einen    völlig    ungleichen    Inhalt   zeigenden    söge- 


Hinten  Kaisersagea,  deren  man  mindestenB  drei  beBtimmt 
und  inhaltlich  unterecheideo  mÜEse,  ergiebt  für  den  Inhalt  der 
Kyffhäusersage  nichts  als  eine  mythoiogieohe  Sasis ,  welche 
heute  noch  genau  so  feststeht,  wie  sie  von  Jakob  Grimma 
grundlegender  Weisheit  erkannt  wurde.  Znm  Schlüsse  wurde 
auf  die  nahe  VcrwaudtHchaft  der  Bevölkerung  gerade  dee  nord- 
liehen  Teils  von  Thüringen  mit  deu  Nordgermanen  und  ina- 
besoudere  den  Angeln  verwiesen. 

Der  geistvolle  Vortrag,  der  auch  reich  war  an  feinen 
humoristisch-satirischea  Schlaglichtern,  fand  den  lebhaftesten 
Beifall  der  Versammlung,  in  deren  Namen  noch  besonders  der 
YorsitzeniJe  dem  Redner  i^ankte.  Hierauf  fand  eine  halb- 
stündige Pause  statt,  welche  zur  Erholung  in  deu  herrlichen 
Anlagen  des  Wi  e  dem  an  n  scheu  Parkes  und  znr  Stärkung  des 
Leibes  an  einem  unter  schatten  spendenden  Bauraen  aufge- 
stellten „fliegenden"  Büffet  benutzt  wurde. 

Nach  Wiedereröffnung  der  Sitzung  um  '/j2  Uhr  begann 
HeaUohul direkter  Dr.  Compter  aus  Apolda  seinen  Vortrag 
über  das  bei  Nauendorf  ('/g  Stunde  nördlich  von  Apolda 
gelegen)  aufgefundene  Schichten  grab.  Derselbe  gab  an 
der  Hand  der  von  ihm  blofagelegten  und  mit  grofsem  Sach- 
verständnis  geordneten  Gegenstände  eine  genaue  Beschreibung 
des  Fundortes,  sowie  der  Fnndstücke  und  kam  zu  dem  Sohlufe, 
dafs  die  Orabanlage  dem  2.  bis  4.  Jahrhundert  unserer  Zeit- 
rechnung angehöre.  Auf  langer  Tafel  lagen  sorgsam  rubriziert 
Urnen  stücke  mit  und  ohne  Verzierungen,  Feuersteine  und 
-Späne,  Hausgeräte,  Werkzeuge  eowie  Waffen  aus  Knochen 
und  Stein,  einzelne  auch  aus  Eisen,  ferner  eine  grofae  Anzahl 
Tierkuoehen,  welche  Eedner  als  Überreste  von  Ziege,  Reh, 
Rind,  Elentier,  Schwein,  Pferd  (kleine  Art),  Dachs,  Igel, 
Stelzvogel  bezeichnete ;  Schaf-  und  Hundeknochen  hat  er  nicht 
gefunden.  Die  Aschebestaud teile  rUhrteo  nach  seiner  Ansicht 
vom  Taxuabaum  her,  der  auch  jetzt  noch  an  einigen  Stellen 
Thüringens  zu  Wäldchen  vereint  vorkommt.  Auch  den  Aus- 
führungen dieses  Redners  lauschte  die  Versammlung  mit  sioht- 
liohem  Interesse  und  dankte  durch  reichlich  gespendeten  Rei- 
I  durch  den  Mund  des  Vorsitzenden. 


I 


500 

Daaaeh  kamen  noeh  die  für  den  Sefalnls  der  Yenamm- 
Inng  snrackgestellten  geBchäftiidien  Angdegenheiten  zur  Er- 
ledignng.  Zu.  Beehnvagtrerisoren  worden  gewählt  die  Herren 
BedmungMuntmann  Liehtwer  und  Dr.  HenU  zn  Jena.  Faeh 
dem  Tom  Yortitaenden  gegebenen  Überblieke  über  den  Stand 
der  Yereinareehnong  betmg  die  Einnahme  dee  laufenden 
GeaehäftBJahiea  14499  IL  14  PI,  die  Ausgabe  4204  M. 
41  Pfl,  es  war  sonach  ein  Bestand  yorhanden  von  10  284  M. 
78  Pf.,  also  die  Finanzlage  dee  Yereins  als  eine  g^önstige  zu 
beseichnen. 

Auf  Antrag  des  Yorstandes  worden  danaeh  noch  folgende 
Statutenänderungen  beschlossen:  In  §  6  Zeile  4  wird  zu 
,,fiinf'  hinzugefügt:  ,,oder  sechs  Mitglieder^;  zu  §  7  Zeile  6 
neu  beigesetzt:  „der  Teraotwortliche  Herausgeber  der  Yer- 
einszeitschrifty  sofern  die  Herausgabe  nicht  in  den  Händen 
eines  der  unter  1 — 4  genannten  Yorsteher  liegt" 

Damit  war  die  Tagesordnung  erledigt,  und  schlofs  der 
Yorsitzende  um  8^/^  Uhr  die  Yersammlung  mit  Worten  des 
Dankes  für  das  zahlreiche  Erscheinen. 

Unmittelbar  daran  schlofs  sich  das  Festmahl,  welches  im 
Saal  des  Gasthofs  zur  Weintraube  abgehalten  wurde  und  eine 
stattliche  Anzahl  yon  Teilnehmern  vereinte.  Dasselbe  war 
gewürzt  durch  eine  Keihe  trefflicher  Toaste  heiteren  und 
ernsten  Inhalts.  Nach  6  Uhr  begaben  sich  die  Teilnehmer, 
soweit  sie  nicht  schon  die  Heimreise  hatten  antreten  müssen, 
noch  für  ein  Stündchen  gemütlichen  Beisammenseins  nach 
dem  Schillerbad,  womit  die  Jahresyersammlung  ihren  Abschlufs 
fand.  Der  OrtsausschuTs  war  bis  zum  letzten  Augenblicke 
bemüht,  den  Gästen  den  Aufenthalt  in  Apolda  so  angenehm 
als  möglich  zu  machen,  und  es  sei  daher  am  Schlüsse 
unseres  Berichts  ihm,  namentlich  aber  den  Herren  Bürger- 
meister Stechow  und  Kommerzienrat  Wiedemann  auch  an 
dieser  Stelle  nochmals  für  ihre  erfolgreiche  Thätigkeit  herz- 
lich gedankt. 

Zu  dem  seltenen  yaterländischen  Fest  des  goldenen 
Ehejubiläums    der    Grofsherzogl.    Herrschaften 


Guehiftlicbe  UilteÜBUgaa. 


601 


pit  auch  unser  Verein  dem  erlauchten  Paare  ehrturchts- 
^olle  Huldigung  iu  einer  vom  TorBitzenden  Terfofeten  und 
kiinBÜeriBch  auegestatteten  Glückwunsohadrease  dargebracht. 
Durch  die  Huld  der  Orofsherzogl,  Herrschaften  wurde  dem 
Verein  die  goldene  Jubiläumsmedaille  in  reicher  Umrahmung 
Terliehen,  'wofür  der  Vorsitzende  in  einer  Bchriftüchen  Ein- 
gabe den  ehrerbietigen  Dank  auespraoh.  Die  Medaille  wurde, 
da  es  dem  Verein  an  einem  eigenen  Versamniluogsraum 
gebrioht,  der  Universitätsbibliothek  unter  Wahrung  des  Eigen- 
tumerechtes  zur  Aufatillnug  unter  den  Kleinodien  der  Biblio- 
thek üb ergeben. 

Die  erwähnten  Ereignisse,  wie  auch  die  laufenden  Ver- 
einsgesohäfte  und  die  Regelung  der  wisse nHohaftliohen  Unterneh- 
mungen des  Vereins  waren  Anlafs  zu  einer  lieihe  beratender 
und  beschlieJseuder  Versammlungen  des  Vorstandes.  Solche 
Verstandssitzungen  haben  am  1.  Februar,  2ö.  Mai, 
21.  August,  22.  Ntvember  1892  und  am  26.  Februar  und  17. 
Juni  1893  stattgefunden.  Orofeere  Öffentliche  Versammlungen 
sind,  abgesehen  von  der  Jahresv  er  sammiun  g  zu  Apolda 
am  10.  Juli  1892  und  der  für  den  verstorbenen  ersten  Vor- 
sitzenden, nicht  abgehalten  worden  aufaer  einem  Vereius- 
ahend  am  9.  Uärz  1892,  au  dem  Herr  Dr.  Dobeueoker 
durch  einen  auf  urkundliche  Nachrichten  gestützten  Vortrag 
über  den  Bauernkrieg  in  Mitteldeutschland  die  zahlreiche  aus 
liännem  und  Frauen  bestehende  Zuhörerschaft  lebhaft  anzu- 
regen und  zu  fesselu  wufste. 

Nunmehr  aber  hat  unser  Bericht  auf  den  Fortgang  der 
wisBCnschaftlichen  Unternehmungen  des  Vereins 
näher  einzugehen. 

Das  Ürkundenwerk  ist  durch  die  Vollendung  des 
2.  Bandes  des  Urkundenbuohes  der  Vögte  vonWeida  und 
Gera  vom  Fürstl.  Beuls.  Archivar  Dr.  B.  S  c  h  m  i  d  t  in  Schleiz 
gefördert  worden.  Der  neue  Band  in  dem  stattlicheu  Umfang 
von  46  Bogen  konnte  auf  der  Jahresversammlung  in  Apolda 
vorgelegt  werden.  Die  Fortsetzung  des  Urkundeuhuches  der 
Stadt  Jena,  durch  den  Tod  des  Bearbeiters  unterbrochen,  ist 


« 


I 


C02  Otwhirtliclie  Kitlütimg«!). 

«ioetireilen  zurückgeBtcllt  worden,  obwohl  die  ToraTbeiten  zum 
2.  Bond  TOD  dem  Yerfaieer  bei  seinem  Tode  sohon  weit  ge- 
fördert waren.  Es  ist  Hchon  bemerkt,  dafe  der  Yerein  das 
Manuekript  käuflich  erworben  und  einstweilen  der  Caivcreitats- 
bibliothek  in  Obhut  gegeben  hat.  Die  weitere  Förderung  des 
Urkundenbuchee  des  Klosters  Paulinzella,  von  welchem  vor 
2  Jahren  das  erste  Heft  erBchienen  war,  lat  infolge  starker 
A rb ei  teüber bürdung  des  Bearbeiters,  des  GymnasiallehrerB  und 
Bibliothekars  Herrn  Dr.  Erniät  Anemallar  in  Detmold, 
nur  langsam  von  statten  gegangen,  so  dafs  eine  weitere  Druck- 
legung bisher  noch  nicht  thunlich  war.  Gern  hätte  der  Verein 
die  Herausgabe  eines  von  Herrn  Archivar  Dr.  Mitzschke 
in  Weimar  bearbeiteten  Urkundenbaches  von  Stadt  und  Kloster 
B  ür  gel  übernommen.  Aber  schon  ein  Y erstand sboschluTs  vom 
4.  Mai  1B88  bestimmte,  dafs  zwar  die  Fortsetzung  der  be- 
gonneuen  Drbundeu  blich  er  gefördert,  neue  aber  vor  Vollendung 
und  KeraoHgabe  des  damals  in  Angriff  genommenen  Beper- 
toriums  ThUringischei-  ürkonden  nicht  begonnen 
werden  sollten.  Wichtige  Erwägungen  geboten  une,  an  dem 
damals  gcfafsten  Beschlurs  festzuhalten.  Die  im  näobgt«n 
Jahre  beTorstehende  Verööentlichung  des  seinem  Abschlols 
sich  nähernden  Werkes,  das  erst  die  bisher  sohmerzlich  ver- 
mifste  wissen Bohaftliche  Vorbedingung  für  eine  planvolle  Be- 
arbeitung eines  Thüringisohen  TJrknndenwerkea  schaffen  eoll| 
wird  mit  na  gewöhnlichen  Kosten  verknüpft  sein.  Wir  sind 
daher  seit  eiaigea  Jahren  darauf  bedacht  gewesen,  duioh  Er- 
zielnng  jährlicher  Kassen ubersohäeae  bereitgehalten e  Hittel 
für  die  Druoklegnng  des  Bepertoriums  zu  gewinnen.  Nach 
einer  Berechnung  nnsere  Herrn  Kassieren  würden  durch  die 
HerauBgabe  des  auf  2  Bände  veranschlagten  Bürgler  ürkunden- 
buohes  die  aufgesammelteit  Bestände  erschöpft  werden.  Zu- 
gleich erhellt  aus  dieser  Darlegung  die  Wiohtigkeit  und  tJn- 
entbehrlichkeit  der  von  den  Thüringer  Begierungen  zu  den 
YereinskoBten  jährlich  verwilligten  Geldbeiträge.  Wir  verfehlen 
nicht  für  diese  regelmäfsig  geleisteten  Zuwendungen  den  Hohen 
Begierungen  auch  an  dieser  Stelle  ehrerbietigen  Dank  zu  sagen. 


QMelilLRllohe  Hittdlongen. 


Das  Bepertarium  soll  ein  VerEeichnie  aller  jemals  ge- 
draekteo  Urkunden  zur  thüriDgiBoheo  Geechichte  geben,  von 
jeder  einzelnen  eine  Angabe  des  vesentlichen  Inhaltes  mit 
genauer  Orta-  ond  Zeitbeatimmung,  den  Aufbewahrungsort 
des  Originals  oder  der  Kopie,  die  Druokorte  und  überhaupt 
sämtliche  die  Urkunde  betreifenden  lilterariscben  Nachweise 
bringea.  Aber  nicht  nur  alles  das;  an  riele  Orkundea  knüpfen 
eich  kritische  Fragen  bezüglich  des  Grades  der  Echtheit  oder 
der  verscbiedeneD  Deutung  des  lahalls,  auch  darauf  soll  jedes- 
mal, wenn  auch  kurz,  so  doch  mit  vollständiger  Angabe  der 
Litteratnr  und  selbständigem  Urteil  eingegangen  werden. 

Hierzu  ist  die  Verarbeitung  und  Buherrschuog  einer  un- 
übersehbaren Menge  gelehrten  Btolfes  zur  Geschichte  des 
Mittelalters  erforderlich,  Hunderte  uDd  aber  Hunderte  von 
Bäudeu  müssen  durchforscht  und  wieder  durchforecht,  die  ge- 
lehrt« Arbeit  der  Gegenwart,  soweit  sie  eich  dem  Mittel- 
alter zuwendet,  auf  Schritt  und  Tritt  verfolgt  werden.  Der 
eisernen  fieharrliohkeil  und  der  seltenen  Sachkunde  unseres 
Mitarbeiters,  des  Herrn  Dr.  Do  be  n  eoker,  der  die  ungeheure 
Arbeit  allein  zu  leisten  hat,  ist  es  gelungen,  das  Werk  derartig 
zu  fördern,  dafs  wir  hofien  dürfen,  im  nächsteo  Jahre  mit 
der  Drucklegung  beginnen  xa  könneu.  In  der  Jabresver- 
Bammluug  zu  Apolda  konnte  die  Zahl  der  in  der  angegebenen 
Art  bearbeiteten  Ürkuoden-Begeeta  auf  19  240  angegeben 
werden,  es  waren  in  jenem  Berichtsjahre  insbesondere  alle 
tür  Thüringens  Geschichte  in  Betracht  kommenden  Kaiser-  und 
Königsdiplome  bis  zum  Beginn  des  13.  Jahrh.  unter  Berück- 
aicbtigung  der  Lilteratur  einer  Naohprüfuug  unterzogen  und  ein 
grofser  Teil  der  norddeutschen  Urkunden  buch  er  untersucht 
worden.  Auch  in  dem  letztverüossenen  Jahre  hat  die  Forschung 
nach  Tbürioger  Urkunden  reichen  Ertrag  gegeben.  Bs  wurde  be- 
sniders  die  Litteratur  zur  Qeechichte  des  KünigreiohB  Sachsen, 
SchlesieuB,  Böhmens,  Mährene,  Österreichs  untersucht  und  eine 
Beibe  hiBtorisoher  Zeitschriften  durchforscht.  lleiche  Er- 
gänzungen und  vielseitige  Aufklärungen  boten  die  aus  dem 
päpstlichen  Arohiv  stammenden  Epistulae  saec.  XIII  e  regeetis 
33 


4 


504  Gaidilftliehe  Ißeteikngini. 

pontif.  Born,  selectae,  welche  die  alles  umliMfleade  Politik  der 
römiselien  Kurie  namentlieh  fiir  die  Zeit  der  letzten  Thür. 
Landgrafen  in  hellee  Licht  stellen.  Auch  die  jüngst  er- 
schienenen Bpistolae  Merovingici  et  Garolini  aevi  und  die 
Lihelli  de  lite  imperatomm  et  pontif.  saec  XI  et  XII  cod- 
seripti  boten  einigen  Ertrag,  noch  mehr  die  Dnrchforschong 
der  8  Binde  der  Monumenta  Zollerana  n.  s.  f.  So  konnten  in 
der  Zeit  vom  6.  Juli  1899  bis  sum  8.  Juni  d.  J.  insgesamt 
1074  neue  Begesten  der  Sammlung  einyerleibt  werden.  Die 
sdbe  enthilt  nunmehr  rund  20  800  Begesten  für  die  Zeit  yom 
J.  500--1648. 

Yen  der  Zeitschrift  erschien  im  J.  1891  Heft  3  und 
4  des  7.  Bandes  der  N.  F.,  1892  fieft  1  und  2  des  8.  Ban- 
deSy  der  diesjährigen  Versammlung  wird  das  8.  und  4.  Heft 
dieses  Bandes,  sowie  der  darin  enthaltenen  Nekrologe  far 
die  verstorbenen  Yorstandsmitglieder  wegen  auch  bereits  das 
1.  Heft  des  9«  Bandes  fertig  Torgelegt  werden.  Die  neuen 
Hefte  bringen  u.  a.  einen  Teil  der  vom  Herrn  Pfarrer  Binder 
in  Bergsulsa  bearbeiteten  Geschichte  des  Amtes  Lichtenberg, 
für  deren  Drucklegung  das  Grolsh.  Staatsministerium  einen 
Beitrag  yon  150  Mark  gewährt  hat;  ferner  eine  Darstellung  der 
weimarischen  Dichter  tod  Qesangbuohsliedern  von  Herrn  Ernst 
Böhme,  Diakouus  in  Lobeda;  den  Vortrag  des  Herrn  Dr. 
G.  Compter,  Direktors  in  Apolda,  über  „Eine  alte  Grabstätte 
bei  Nauendorf  in  Thüringen'',  sowie  eine  Untersuchung  über 
den  Namen  des  Bennsteiges  tou  Herrn  Dr.  L.  Hertel,  Gym- 
nasiallehrer in  Greiz.  Von  kleineren  Beiträgen  heben  wir 
hervor:  Drei  Erlasse  des  Herzogs  Ernst  August,  das  Eirchen- 
und  Schulwesen  Apoldas  betr.,  und  das  yon  B.  Einert  im 
Arnstädter  Batsarchiy  gefundene  markige  Streitlied  wider  Bom, 
wahrscheinlich  aus  der  Zeit  des  Sohmalkaldi sehen  Krieges. 

Die  Mitgliederzahl,  welche  bei  der  Hauptversammlung 
zu  Weida  3  Ehrenmitglieder  und  324  ordentliche  Mitglieder 
betrug,  ist  erfreulicher  Weise,  dank  der  Thatigkeit  der  Pfleger 
besonders  in  Weimar  und  Gotha,  in  dem  Zeitraum  vom  12. 
Juli   1891   bis  1.  Juli   1893  erheblich  gewachsen;  der  Verein 


Gescbämich«  MUteUangen.  505 

zählt  gegenwärtig  3  Ehrenmitglieder  und  418  ordentliche 
Mitglieder. 

Der  Verkehr  mit  anderen  Vereinen  bestand  yomehmlich 
in  dem  SchriftenaastauBch.  415  Hefte  und  Bände  konnten 
im  ersten,  427  im  zweiten  Jahre,  auf  das  sich  der  Bericht 
erstreckt,  der  Universitätsbibliothek  überwiesen  werden.  An- 
genommen wurde  seit  der  Hauptversammlung  in  Weida  der 
dem  Verein  angebotene  Schriftentausch  mit  Nordiska  museet  in 
Stockholmi  dem  Verein  deutscher  Historiker  in  Wien,  der 
Gesellschaft  für  Heimatskunde  der  Provinz  Brandenburg  und 
der  Bevue  Bdnediotine,  die  in  der  Abbaye  de  Maredsous 
(Belgique)  erscheint,  so  dafs  ein  Tauschverkehr  z.  Z,  mit 
228  Akademien,  Vereinen  und  gelehrten  Gfesellschaften  des 
In-  und  Auslandes  besteht. 

Über  die  Finanzlage  des  Vereins  erstattet  der  Kassierer, 
Herr  Verlagsbuchhändler  Fischer,  in  der  nachstehenden  Über- 
sicht besonderen  Bericht. 


a«iohtRlklra  HittetlBng«!! 


Kaasen- 

4«s  Yerflu  für  TtiDrlBgiiclie 


Ordentliehe  ElnnalimeB  i 


BnilrSge  von  Uilgliedern  , 
Erlfik  mn>  den  Tereiii9scbrif: 
Zinssn  vou  dar  Sparkuse  . 


Bei 


AnherordentUdie  EinB«liin«ii : 


des     Urkunde 

TliUiiagea: 
Vom   Ororihariogl.    ^ofa*.    1 

sterium   Weimar      ... 
Vom  Hereoel.  8Ju.'li9.  Stantaniiiiisteriiini 

Golha  ,  ...... 

Vom  HerXDgl.  Suche.  Stu.tamini>leriiiai 

Allanburg      .      , 

Vom  Beriogl.  Süclu.  StHitsmliiUlsnam 

HeiningeD  

Von    der    furall.   Schwank   Re-mmni; 

zu  Budolbtndt 

dar    FUratl. 
i  SoiiderahaUB 
Von  der  t'Urstl.  ReuPi  J.  L,  Regierung 

au  Gera 

Vou  der  FSritl.  Reufü.  ü.  L.  Regierang 


OcseliiftHcbe  MitteUangeii. 


507 


Jena^  alt  Desember  1891, 


Abschlufs. 


Oesdiichto  v.  Altertnskvnde. 


Credit 


1891 


Dezbr. 
31 


OrdentUehe  AvsgalMii; 

Herstellong  der  Zeitschrift 
des  Vereins 

Ffirdie  Bibliothek  des  Vereins 

Für   die   Verwaltung: 

Porti,  Dracksschen  u.  s.  w.    .     .     . 

AuÜMrordentUehe  Aiugaben: 

Fär  die  Herausgabe  des  Be- 
pertoriums  zur  Geschichte 
Th  Urin  gens : 

Gehalte 

Für  das  Urkundenbach  der 
Vögte  von  Weida,  Bd.  II: 

Archivar    Dr.   B.    Schmidt,   Reise- 
kosten und  Tagegelder 

An   die  Druckerei 

Summa  der  Ausgaben 

Guthaben  bei  der  Sparkasse 
zu  Jena 

Kassabestand 

Summa 

I 


M. 


1077 
88 

169 


1800 


688 
500 


10137 
146 


Pf. 


75 
80 

86 


60 


M. 


1265 


2938 


Pf. 


81 


60 


97 
76 


4204 


41 


10284 


14489 


73 


14 


GeMbänl)ch>  MilUilungaD. 


Ordentliche  Ehmahmei  i 

Baitrüge  von  Milgüedno    .     .     . 
BrlSn  aus  den  Vursiniichriften 
Zioiea  von  dar  Sparkaua  .      ■     . 


ABherordentliclie  Ebmahmen : 


Ürko 


I    Tba- 


Vom    Ororihsnogl.    Sfcb».    SEutsmlnl- 

Btarinm  Walmst  

Vom  Hflriogl.  Bicbi,  SUutsminliMrinm 

Gothft 

Vom  Btnogl.  BSohi.  SUalHin)Di»t«rlDin 

Hainingaa 

Vom  Barxogl.  Sftcbi.  StutamlnUtarinDl 

Altenbarg 

Van   der   FQrstl.  Schwanb.  Rcgiernug 

IQ  RudolsUdt . 

Von    der    FSrBtI.  Schwarcb.    Begiernng 

■u  Sondersfaaaa«)!         

VoD  der  FänÜ.  RaoA.  j.  I..  RegierUDg 

UM  Gera 

Von  dar  fünti.  Renfs.  M.  L.  Regiarung 


I  Ortia 


Geschäftliche  Mitteilongen. 


509 


Jenay  ult.  Desembcr  1892. 

Credit 


1892 

Ordentlieke  Ansg^alien: 

Herstellang    der    Zeitschrift 

M. 

Pf. 

M. 

Pf. 

des  Vereins 

1050 

85 

Für  die  Verwaltang  d.  Vereins: 

Porti,  Inserate,  Drackkosten  etc. 

AaTserordentUelie  Ajaagtä^ea: 

188 

66 

1239 

51 

« 

Für   die   Herausgabe   des   Be- 
pertoriums   sur  Ge schichte 
Thüringens: 

Gehalte 

2000 

— 

Für    das    Urkundenbach     der 

. 

Vögte  von  Weida,  Bd.  II: 

An   Archivar   Dr.   B.   Schmidt 

Honorar 450.  — 

Drackkosten  ....      2757.  — 

3807 

— — 

Für     das    Urkandenbuch     der 

Stadt  Jena,  Bd.  U: 

An    Frau  Bibliothekar    Dr.  Martin 

» 

Ankaaf  des   von  Dr.  Martin   hinter- 

lassenen  Manuskripts 

600 

— 

• 

Für    das    Urkandenbuch    von 

Paulinselle: 

An  Dr.  Anemüller  in  Detmold 

Tagegelder  and  Reisekosten      .     .     . 

109 

80 

Für  das  goldene  Ebejnbilftum  Ihr.  K5n. 

Hoheiten   des  Grofshersogs   und   der 

k 

Frau  Grofshersogin 

69 

Für    die   Beerdigungsfeier    des    Herrn 

Dr.  Martin 

20 

— 

■ 

Für    die   Beerdigungsfeier    des    Herrn 

Geh.  Rat  Lipsius 

Summa  der  Aasgaben 

15 

6010 

80 

7250 

31 

Desbr. 

Guthaben    bei    der   Sparkasse 

31 

saJena                   

8488 
171 

33 

80 

8609 

Kassabestand 

63 

'1 

Somma 

1 

15859 

TT 

(I>le  Z>hl«ii 


ErklArong  der  Figuren. 
1  KlnmiDcra  braeictinen  du  Mifs  dar  Verkleiuerung.) 


a)  Aus  dem  Sohi  ch  tengrabe. 
1.  Pro£l  des  Schieb t«ngra bes. 
'i.  LEtnieaBpitze  oder  Axt  aus  Peuersteia. 

3,  Steinaxt  mit  Schaftloch  aus  graugrünem  Porphyr. 

4,  Stiiok  BUB  eJDer  Hauputaage  von  HirBchhoro. 
6.  Wcrkseug  suro  Furchenziehon  aus  Hirechborn. 
6.  WebBchiffohen  (.?)  aus  Hirachhorn. 

T.   Abgebroobeoes  LedenaesBer  (i)  aus  Uiraohhorn. 

8—18.  WiBderhergestelll«  Urnen. 
19.  EiQ  TJraetibodea,  von  aufBen  oder  unten  gesehen. 
20 — 23.  WiederhergeBtellte  Urnen. 

23 — 33.  BrnohBtiicke  von   OrDamenten  der  AufseaBeita. 
34.  35.  „  „  „  „     InnenBeit«. 

36.  BruohBtiiok  tod  einem  groriea  Henkel. 

37.  Bruohetiiok  eines  Bodenringes. 


b)    Aus  den  Binzelgräbern 


S8.  BronzeriDg. 

39.  BronBeBohmnokatiiek  (?). 

40.  EiMniet  SohlüeMl. 

41.  42.  Urnen. 

43.  Deckel  einer  Vme. 


Zauehr.d.  Ver.f.tMr.  Ofidt  u.  AU.  AFI.  N.  P.  VIII.        Taf.l. 


ZiäMAr.  d.  Vtr.  f.  lASr.  Qttdt.  o.  JU.  XVI.  S.  F.  Till.       Taf.  lt. 


"(Jl 


r.  d.  Vt*.  f.  lÄflr.  0«ei.  «.  AU.  XVI.  N.  F.  VIII.        Taf.  III. 


^ 

i^ 

,{■  -. 

, 

->• 

ri" 

!-\ 

U 

i , 

\t 

ii'''*^ 

h"\:  " 

k 

■   ii 

'    1