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4KTES SCIiNTIA VEä^T/M
ZEITSCHRIFT DES VEREINS
FÜR
THÜRINGISCHE GESCHICHTE
UND
ALTERTUMSKUNDE.
NEUE FOLGE. ACHTEE BAND.
DER GANZEN FOLGE SECHZEHNTER BAND.
Mit 6 Kartenskizzen im Text und 4 Tafeln.
• » •
JENA,
VERLAG VON GUSTAV FISCHER.
1893.
JSX
Inhalt
Seite
Abhandlimgen.
I. Graf Günther der Reiche von Schwarzbarg. Ein Beitrag zur Ge-
schichte der Reformation. Von Prof. E. Einert 1
II. Geschichte des Klosters Cronschwitz. Von Dr. Berthold
Schmidt 111
III. Die Volkskunde und die Notwendigkeit ihrer Pflege in den alter-
tumsforschenden Vereinen. Von F. Kunze 173
IV. Das ehemalige Amt Lichtenberg vor der Rhön. 1. Geschichte.
Von G. Binder, Pfarrer in Bergsulza. Mit 6 Kartenskizzen
im Texte 233
V. Die weimarischen Dichter von Gesangbuchsliedern und ihre
Lieder. Litterargeschichtlich dargestellt und beurteilt von Ernst
Böhme, Diakonns in Lobeda 311
VI. Eine alte Grabstätte bei Nauendorf i. Thfir. Von Dr.
G. Gompter, Apolda. Hierzu 4 Tafeln 391
Erklärung der Figuren 510
VII. Der Name des Rennsteigs. Von Dr. L. Hertel, Gymnasial-
lehrer in Greiz 417
MifzeUen.
1. Peter Watzdorfs Trostgedicht an die Sehmalkaldener. Mitgeteilt
aus dem wahrscheinlich einzig noch vorhandenen Exemplar der
K. Bibliothek Dresden von Prof. E. Einert in Arnstadt . . 199
2. Ein Studentenaufruhr in Jena im Jahre 1660. Mach dem Briefe
eines Teilnehmers und Augenzeugen mitgeteilt von Lic. Dr.
Buchwald in Leipzig 203
3. Verzeichnis der auf Schlofs Grimmenstein bei seiner Uebergabe
am 13. April 1567 vorhandenen Vorräte. Mitgeteilt von
E. T. Meyer in Stettin 209
4. Drei Erlasse Herzog Ernst Augusts, das Kirchen- und Schul-
wesen Apoldas betreffend, aus dem Superintendenturarchiv zu
Apolda. Mitgeteilt von G. H. Nenmaerker, Bacc. theol. und
Arehidiakonos zu Apolda 449
IV Inhalt.
8€tt0
5. Zum 25. Gedenktage an die feierliche Einweihung des Berthold
Sigismnnd • Denkmals in Radolstadt. Vom Oberb&rgermeister
am Ende- Radolstadt 4ftS
6. Ein Streitlied ans der Beformationsseit. Mitgeteilt von E. B i n e rt 457
Litteratur.
1. Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens. Im Auftrage der Be-
gierungen von Sachsen - Weimar - Eisenach, Sachsen - Meiningen-
Hildburghausen, Sachsen-Koburg-Goths, Schwarsburg-Badolstadt,
Reofs filtere Linie und Reufs jUngere Linie bearb. von Prof. Dr.
P. Leb fei dt. Jena, Verlag von Gustav Fischer, 1891.
Heft IX : Fürstentum Reufs Ji. Linie, Amtsgerichtsbesirke Greis,
Burgk und Zeulenroda. Heft X : Herzogtum Sachsen - Koburg
und GU)tha, Amtsgerichtsbesirk Tonna. Heft XI: HerBOgium
Sacfasen-Koburg und Gotha, Landratsamt Waltershaosen, Amts-
gerichtsbezirke Tenneberg, Thal und Waogenheim. Heft XII:
Fürstentum Reufs j. Linie, Amtsgerichtsbezirke Schleis, Loben-
stein und Hirschberg. Heft XIH: Grofshenogtnm Sachsen-
Weimar-Eisenach, Amtsgerichtsbesirk Allstedt. Besprochen von
£. Kriesche 813
2. Wucke, Ch. Ludw. : Sagen der mittleren Wem, der an-
grenzenden Abhänge des Thüringer Waldes , der Vorder- und
Hohen Rhön , sowie aus dem Gebiete der fränkischen Saale.
Zweite, sehr vermehrte Auflage, mit biographischer Skizze, An-
merkungen und Ortsregister herausgegeben von Dr. Hermann
Ullrich. Eisenach, H. Kahle, 1891. Besprochen von O.
Dobenecker 818
8. Gutbier, Hermann: Der Kampf bei Langensalza am
27. Juni 1866. Ein Gedenkbuch. Langensalza, Wendt & Klaa-
well, 1891. Besprochen von O. Dobenecker 219
4. Uebersicht der neuerdings erschienenen Litteratur zur thüriogi-
schen Geschichte und Altertumskunde. Von O. Dobenecker 220
5. Tümpling, Wolf von: Geschichte des Geschlechtes von
Tümpling. Erster Band (bis 1551). Mit dem Wappen, einer
Siegeltafel, zwei Stammtafeln, einer Karte der Grafschaft Gam-
burg, anderen Kunstbeilagen und Register. — Zweiter Band (bis
zur Gegenwart). Mit Urkundenanhang, Bildnissen, anderen Knnst-
beilagen, einer Karte zum Feldzuge gegen Polen von 1794 und
des Treffens von Gitschin, dem Facsimile eines Schreibens des
Kaisers Wilhelm I., des Kronprinzen Friedrich Wilhelm und des
Prinzen Friedrich Karl, mit Stammtafeln, einer Ahnentafel, zwei
Siegeltafeln, drei Handschriftentafeln, Register und Stammbaum.
Inhalt. V
Weimar, Hermann Böblau, 1888 und 1892. XXIII und 354 SS.
und VIU und 784, auch 1S7 SS. und 6V4 Bogen Register. S^,
Besprochen von O. Dobenecker 46S
6. Bau- und KunstdenkmSler Thüringens. Im Auftrage der Re-
gierungen von Sachsen - Weimar - Eisenach, Sachsen-Meiningen-
Hildburghausen, Sachsen-Koburg-Gotha, Schwarzburg-Rudoistadt,
Reufs Sltere Linie und Reufs jüngere Linie bearbeitet von Prof.
Dr. P. Lehfeldt. Jena, Verlag von Gustav Fischer, 1892/3.
Heft XIV: Grofsherzogtam Sachsen-Weimar-Eisenaoh, Amtsge-
richtsbezirke Apolda und Buttst&dt. Heft XV : Herzogtum Sachsen-
Meiningen, Amtsgerichtsbezirke Gräfenthai und Pöfsneck. Heft
XVI: Grofsfaerzogtnm Sachsen- Weimar-Eisenach , Amtsgerichts-
bezirke Grofsrudestedt und Vleselbacb. Heft XVII : Grofsherzog-
tum Sacbsen-Weimar-Eisenach, Amtsgerichtsbezirke Blankenbain
und Ilmenau. Besprochen von E. Kriesche 468
7. Uebersicht der neuerdings erschieneneu Litteratur zur thüringi-
schen Geschichte und Altertumskunde. Von O. Dobenecker 473
Bekanntmachung 491
GeMh&fOiehe Mitteiloiigen.
1. Bericht über die ThStigkeit des Vereins für thüringische Ge-
schichte und Altertumskunde in der Zeit von der Hauptversamm-
lung in Weida am 12. Juli 1891 bis sur Hauptversammlung in
Ilmenau am 16. Juli 1893. Von Gustav Richter . . . 495
2. Kassen-Abschlufs des Vereins für thüringische Geschichte und
Altertumskunde ult. Dezember 1891 und ult. Dezember 1892 506
1
1
7
I
1
I
V
Abhandlangen.
XVI.
I.
Graf Günther der Reiche von
Sehwarzburg.
Ein Beitrag zur Geschichte der Reformation.
Von
Professor E. Elnert.
Vorwort.
Lfei Lebensgang Oraf Günfhers XL. Ton Schwarzburg,
des Beichen, wie man ihn genannt, kann schon insofern ein
allgeineineres Interesse in Anspruch nehmen, als er die wun-
dersamen Folgen der Lehnsyerhältnisse in einer Zeit der
heftigsten Konflikte und die schwierige Stellung kleinerer
Beichsstände zwischen den sich bekämpfenden Gewalten uns
anschaulich vor Augen führt.
Die Archive, insbesondere das Fürstliche Landesarchiy
zu Sondershausen, doch auch andere geschichtliche Quellen
konnten fdr des Joyius Schwarzburgische Chronik viele wesent-
liche Ergänzungen und ebenso manche Berichtigung bringen.
Dafs der Verfasser, das gegebene Lebensbild in den
Bahmen seiner Zeit zu stellen, sich bei Altmeister Bänke,
doch auch bei Maurenbrecher, Voigt, Lenz und andern Histo-
rikern guten I^amens fleifsig Bats erholt, wird als selbstver-
ständlich keines weitern I^achweises im Einzelnen bedürfen.
Dafs er aber die sich bietende Gelegenheit, den vergessenen
Volksdichter Watzdorf, Graf Günthers TJnterthanen, dem Ge-
dächtnis wieder nahe zu bringen nicht ungenützt lassen
mochte, erschien ihm als gebotene EhrenpjQdcht. Lilienkrons
grofse Sammlung der historischen Volkslieder und Schnorrs
von Oarolsfeld Veröffentlichungen aus dem Dresdner Staats-
archiv konnten ihm diesen Teil seiner Aufgabe um vieles
erleichtern. Die im AnschluTs an die Biographie Graf Gün-
6 Vorwort.
thers gegebenen Mitteilungen über Katharina die Heldmütige
dürften um so mehr einer freundlichen Aufnahme begegnen, als
die Quellen für die Lebensgeschichte dieser seltenen deutschen
Frau noch immer so dürftig fliefsen.
Arnstadt im März 1892. E. E inert.
Abkürzungen:
8. A» =3 Sondersh. Archiv.
A. A. » Amstädter Archiv.
W. A, = Weimarisches Archiv.
I
JLIer gemeinsame Stammvater der regiereadea BchwarEJl
burgischen FiirBtenhäuser war im Jahr 1499 geboren, dicht
an der Sohwelle des Jahrhtuiderts, mit dem eia neaes Zeit-
alter heraufzog. An seiner Wiege war es ihm sieht ge-
sungen, dar» er eioBt zu den an gesehensten Grafen des Bömi-
Bchen Reiches deutscher Nation üählen und als Oiaf Qüuther
der Reiche oder, wie der Yolkshumor -wollte, Oraf Oünther
mit dem fetten Maul in der Oeschicbte fortleben werde.
Denn nor auf den untern, von Hainleite und Kyffhäuser
durchzogenen Teil der Orafschaft Schwarzburg besohräukte
sich der Besitz seines Vaters, Oraf Heinrichs XXXJ. Äuoh
M'ucheeD zwei jüngere Brüder an seiner Seite auf, ebenso
erbberechtigt als er selbst, da dae Recht der Erstgeburt ia,j
jenen Zeiten noch nicht zur 0-eltung gekommen war. ■
Über seinen Einderjahren, die Graf Günther am vätar-fl
liehen Hof zu Sondetshaneen verlebte, wachte mit zarter Füi-
sorge seine treffliche Mutter Magdalene von Hohnstein. Nach
dem frühen Tode derselben einem Informator untergeben,
dem höohgelahrten Johannes Beilik, Doktor der schönen
Eiinate und beider Rechte, konnte er schon im elften Jahre
unter Führung seines trefftiohea Lehrers die Hochsohule
Leipzig beziehen. Dafs er des Latein vollkommen Meister
wurde, eine epistola mit eleganter Leichtigkeit zu schreiben
lernte, trug ihm später das bewundernde Lob der Huma-
nisten ein. Bei seinem Abgang stellte dem jungen Grafen
von Sohwarzburg Rektor Tookler ein glänzendes Zeugnis
g Graf Gfinther der Reiche von Schwarzbarg.
B«mer wifisenschaftlichen Portschritte und seiner tadellosen
Lebensfahnmg ans.
Nach seiner Stadienzeit weilte er dann am Hofe des
€hralen Smst von Mansfeld und des Kurfürsten Friedrich des
Weisen. Es waren die Jahre des Enappendienstes, die auch
den Sdhnen aus yomehmem Hause nicht erspart blieben.
Sich im Kriege zu versuchen, zog er alsdann nach Ungar-
land. Doch König Ludwig, obwohl von den Türken hart be-
drängt, war ein schlechter Zahler. So suchte der junge
Kriegsmann bald Bestallung bei dem Kurfürsten yon Köln.
£fl war zu jenen Zeiten, wo Sickingen mit der Beichsritter-
aohaft gegen die Bistümer zu Felde lag, von denen sich die-
selbe in gleichem Malse bedroht sah, als von der wachsenden
Landesgewalt der weltlichen Fürsten.
Nur drei Bosse und wenige hundert Gulden wünschte
sich der Graf aus seiner Heimat zugesandt Hoffe er doch,
an dem Kurfürsten, der ihm im Beisein der Grafen von Isen-
bürg und Nidda zugesagt ihn ehrlich zu halten, einen gnädigen
Herrn zu gewinnen. An Heimkehr denke er zunächst nicht.
Wolle sein Herr Vater von der Sache nichts wissen, nun so
werde er mit dem Grafen Adolf von Gleichen gen England
ziehen (S. A.).
Der Aufenthalt des jungen Grafen in der Feme kann
nicht yon langer Dauer gewesen sein. Wahrscheinlich war
es die zunehmende Kränklichkeit seines Vaters, die ihn früh-
zeitig in das Heimatsland zurückführte. Zu Keula, im west-
lichsten Zipfel der Gbafschaft, wo dieselbe das obere Eichs-
feld berührt, nahm der Heimgekehrte Besidenz. Von tiefen
Wallgräben umzogen, bot sich das feste Schlofs mit seinem
hochragenden Turm, mit seinen stolzen Portalen und Fenster-
reihen stattlich dem Blick. Vier wohlbegüterte Burgmannen
mit ihren Leuten schützten die Veste gegen feindlichen Über-
feill. Noch jetzt zeugen einzelne Überreste yon ehemaliger
Fracht. Aber nur selten yerirrt sich der FuTs des Wan-
derers in jene dem grofsen Verkehr noch nicht erschlossene
Gegend, und das weltvergessene Gemäuer zerbröckelt unge-
\
^^P Bebei:
^* Wildi
Graf Günther der Reiche t
I Schwansburg, ^^^^^|
3 noch Wolf, Luche uili^^H
last der Schwarz bur cor' ^*
P
P
Beben. In den nahes Forsten bauete aoch Wolf, .
Wildschwein, und die Waidmannsliist der Schwarzburgor
Grafen mocbte hier reiche Bethätigung finden. „Zwei Sobook
Groschen von dem Papier, aul' dem der Mahler die grosse
Sau geniahlet, ao Ihre Gnaden gefallet", Inutet ein Posten der
Forstrechnung.
Aber schon drängten sich die wachsenden Strämungea
einer neuen Zeit in die Kurjiweil deutseber Fürsten. Nahm
die reform atori sehe Bewegung gerade rom Herzpunkt Deutsch-
lands, Sachsen und Thüringen, ihren Ausgang und war es
ein Sohn der Thüringet Berge, der den ereten Kammeracblag
gegen den morschen Bau der eutgeisteten Kirche führte, bo
konnte auch die Grafschaft Schwarzburg yon dem Wehen des
nenen Geistes nicht uaberährt bleiben. Aber es fehlte doch
yiel, dals sie sich demselben zu eigen gab. Auch hatte die
Bomieche Mutterkirche in dem kleinen Lande manch bedeut-
samen Stützpunkt althergebrachter Machtt'ulle. Ein zwie-
facher Gürtel geistlicher Stiftungen zog »ich durch die beiden
Teile der durch fremde Gebiete weit getrennten Grafschaft.
Sangen in der Liebfrauenkiicbe zu Arnstadt, die jetzt
in verjüngter Schöne das bewundernde Auge fesselt, Tcrhiillte
Jungfrauen Benediktiner-Ordens ihre Vigilien, so schmiegte
sich die nahe Oberkirche an ein Kloster der volks beliebten
BarfüJaler. Nur eine Meile ostwärts hob sieh isu Btadtilm
ein Kloster der Ciaterzienserinnen mit hochragendeD. Giebeln
und Türmen stattlich empor. Es waren Tochter der hohen
Aristokratie, die hier den Schleier zu nehmen pflegten. Vier
Gräfinnen aus altberühmten Geschlechtern standen noch Aus-
gangs des fünfzehnten Jahrhunderts als Abbatissin, Priorin,
Kellnerin und Küsterin gleicbzeitig diesem Kjoater vor. Die
herrliche Krypta zeugt noch jetzt Ton ehemaliger Herr-
lichkeit. Der findige Geist der Jetstzeit versäumte es
nicht, dieselbe Zwecken böobst weltlicher Art dienstbar zu
machen.
Eaura eine Meile Weges tiefer in das Gebirge hinein
fesselts die weit berühmte Stiftung der trommen Faulina dea
JO ^^'^ Günther der Reiche von Schwarzbarg.
Wanderers Auge. Die Überreste der Klosterkirche lieben
sich noch jetzt aus dem waldumsäumten Thale des Eotten-
bachs in ergreifender Schönheit zum Blau des Himmels. Das
obere Schwarzathal hinwiederum barg zu Meilenbach ein
kleines Franziskanerkloster.
Wo der Thüringer Gebirgszug sich dem Frankenwald
nahte y zu Leutenberg im lieblichen Sorbitzthale , hausten
Bettelmönche Dominikaner-Ordens auf einem der eilf Berge,
die hier zusammentreten.
Auch in dem untern Teil der Grafschaft sehen wir die
Stätten klösterlicher Frömmigkeit sich nah aneinander reihen,
namentlich wenn wir Lehnsgebiete mit in Betracht ziehen.
Die weifsen Frauen im Marien-Magdalenenkloster zu Schlot-
heim waren die Nachbarinnen der Cisterzensierinnen zu Mark-
sussra, während in Capelle wiederum Benedikterinnen ihrer
Andacht lebten. In GöUiogen, einem weithin begüterten
Kloster, in dem einst Graf Günther der Eremit, dessen Ge-
dächtnis im fernen Böhmerwald noch heutzutage Wallfahrts-
züge feiern, längern Aufenthalt genommen, wohnten Cister-
ziensermönche ; in Frankenhausen und Kelbra wiederum
Nonnen dieses Ordens.
Neben dieser Fülle von Klöstern durfte sich die Graf-
schaft auch so manchen Gnaden- und Wallfahrtortes rühmen.
Zu den mit Fastenablafs begnadeten Nonnen der Walpurgis
in Marksussra strömten am ersten Mai von nah und fern
ungezählte Scharen, und der Katharinenbrunnen bei Meilen-
bach ladet noch heutzutage mit seinem wundersamen Wasser
die Yierzehnheiliger Wallfahrtszüge zu andachtsvoller Bast.
Auch zu den drei Brunnen von St. Jakob strömten Filgrims-
scharen. Weitgehender Indulgenzen konnte gewifs sein, wer
vor den Bildnissen der Schlofskapelle zu Arnstadt in demütigem
<jfebet sich neigte.
Doch zu besonders hohen Ehren gereichte es der Graf-
schaft, dafs innerhalb ihrer Grenzen eine vom Heiligen Stuhl
zu Bom mit ungewöhnlichen Machtbefugnissen ausgerüstete
Propstei gelegen war. Wo vielleicht in grauer Vorzeit einer
Qikf OÜnthar der Batche Ton SchirinburK,
altgermaniBohen Göttin gehuldetund geopfert wurde, am sagen- 1
umspounenen Fraueoberge, baute sich im Lauf der Jahrhun-
derte mit einer Kirche St. Peters und Pauls die Propatei
Jechaburg auf, deren geistlicheB Machtgebiet, von einem Propst,
einem Dechant und zwölf Domherren geleitet, eiah über einen
grofsea Teil Thüringens erstreckte. Nicht weniger ab 11
ErjsprieBtertümer mit 400 Städten und Dörfern, mit 1000
Eapellen, Kirchen, Klöstern unteretanden den geietliohen Herren
dieses Chorherren Stiftes, mit dem ein Erzdiakonat des Mainzer
Welch reicher Schmuok geistlicher Stiftungen! Dieselben
aber waren allzumal Bollwerke der alten Mutterkirche.
Schmollend und groUend, fürohtend und hassend stand Mönch
und Nonne der reformatori sehen Bewegung gegeni^ber, und
Domherr und Deehant suchten mit zäher Widerstandskraft
deren Portschritten Einhalt zu thun.
Und die Grafen selbst? Graf Güuther XXXIX. üu Arn-
stadt schmückte noch im hohen Alter den Altar der heiligen
Anna in der Liebfrauenkirclie mit einer Tafel, auf der er
ein Gebet wider Blattern und Pestilenz mit eigner Hand
ni ed arges ohri eben. Ebenso hingen Graf Heinrich zu Son-
dershausen und seine Söhne althergebrachter Lehre an und
zeigten wenig Neigung mit der Mutterkirche zu brechen.
Aber wer vermag dem Wehen des Geistes zu wehren?
Der immer näher und machtToUer herandringenden Strömung
der Eeforraation, der Innern Gewalt des Evangeliums liefs
eioh kein bleibender Damm entgegensetzen. Schon 15S3 hielt
der Eisleber Mönch Gutheil verheirsungs vollen Namens auf
dem Arnstädter Harkte eine gewaltige Predigt von der Gnade in
Christo und fand offene Ohren und Herzen. Und 1524 fiel
der Pfarrer von Bingleben bei Frankenhausen mit seiner ge-
samten Gemeinde der neuen Lehre zu, Graf Heinrich gab
gemessene Befehle wider solch frevles Beginnen. Gehörte
oh das Dorf zu den Lehen, die er von Herzog Georg
len trug, der den Obertritt mit dem Babenstein bodiohte
22 ^^ Günther der Beiche von Schwarzbnrg.
Auch drängten sich schon Elemente der bedenklichsten
Art in die evangelische Bewegung, und wühlende Schwarm-
geister führten das bethörte Volk in die Irre.
Schon hatte Thomas Münzer das Pfarramt zu Allstedt
an sich zu reilsen gewufst und aus Prankenhausen und
andern Orten der Grafschaft strömten Tausende herbei, seine
Weisheit zu hören. Zwar mufste der Schwärmer entweichen^
aber der Geist der Unruhe blieb hinter ihm zurück. Auch
fand der Flüchtling nur allzu bald eine neue Stätte für sein
unheilvolles Wirken. Yon der Kanzel der Nikolaikirche zu
Kühlhausen verkündigte er im wallenden Frophetenmantel
den Anbruch des neuen Beiches. An der Spitze des ,,ewigen
Bates^' begann er die apostolische Gütergemeinschaft ins
Leben zu führen. Warnte Doktor Luther vor falschen Pro-
pheten, so blieb der mit dem Schwerte Gideons Gegürtete
dem yysanftlebenden Fleische za Wittenberg" eine scharfe
Antwort nicht schuldig. Münzer's Sendboten bereiteten eine
Yolkserhebung in ganz Thüringen vor, wie eine solche in
Süddeutschland schon erfolgt war, und durchzogen auch die
Grafschaft Schwarzburg. Die soziale Lage der Bauern, ob-
wohl dieselbe über tyrannische Willkür ihrer Grafen nicht
zu klagen hatten, war hier doch im wesentlichen kaum
besser, als in benachbarten Gebieten. Schlechte Ernten gaben
dem Geiste der Unruhe, der schon seit Jahrzehnten das deutsche
Volk in seinen Tiefen bewegte, auch hier neue Nahrung.
Mit dem zum Aufruhr geneigten Bauer machte der besitz-
lose Bürger gemeinsame Sache.
Yon Mühlhausen, dem Hauptherd der Empörung, wo die-
ärgsten Schwarmgeister im Begimente safsen, suchten Pfeifer's
Plünderungszüge, wie das obere Eichsfeld, so auch die Graf-
schaft Schwarzburg heim. In Keula, wo Graf Günther noch
kürzlich Besidenz gehalten, entleerte ein solcher Gewalthaufe
die gräflichen Fischteiche und bereitete sich in herrschaft-
licher ßraupfanne ein ungewohntes Mahl.
Spuren ärgerer Yerwüstung liefsen die Bauern - und
Bürgerscharen, die unter Münzer^s eigener Führung ihren.
»
I
Graf Qliathir dn Bd^be tou Sfllivuibnrg.
Weg nach Frankenhauaen nahmen, hinter eich zurürk.
sie am 28. April 1625 Stadt und Bchbis Sohlotheim er- '
Btürmt, die Gemahlin Junker Kudolphe Ton Sopfgarten, die
in den WocheD gelegen, mit der gröreten Grausamkeit aus
dem Bett geworfen, Schmuck und Geld und alle BriefsohafteD
der aufseiist^hendeii Gelder bin weggeraubt, steht in der band-
sohriftiiohen Familienobronik täerer von Hopfgarten noch jetzt
Auch Ebeleben fiel in die Hände dieser Rotten. Übel
haaEten sie im Scblofs der Erb- und Qerichtsherren. Selbst
die gewaltige Holzaäule, auf welcher das Gewölbe der Hof-
stube ruhte, hatten die klugen Leutlein schon unter die Axt
genommen, als ihnen das tragieohe Schicksal Simaona warnend
in Erinnerung kam. Vm so gründlicher suchten sie das nahe
'WalpurgiskloEter zu Uarkeugsra heim.
In diesen Zeiten wachsender Gefahr legte Graf Hein-
rich XXXI. die Regierung in die Hände seines Sohnes nieder
und zog sich, bestürzt, erbittert, dazu von körperlichen Leiden
heimgesucht, in die Beichsstadt Nordhausen zurück,
Graf Günther vermochte dem verheerenden Strome, zu
■welchem der Aufstand angeschwollen, nicht mehr zu wehren.
Ein Uann des Friedens, wie Kurfürst Friedrich, an dessen
Hof er gelebt, hatte er zu lange gezögert, dem gewaltsamen
Beginnen der Bauern mit gewappneter Hand entgegenzu-
treten. Ja, ein Brief Thomas Münzer's, am Donnersbtg nach
Walpurgis im Lager zu Duderstadt gegeben, „dem jungen
Günther, Vorsteher christlicher Gemeinde im Sohwarzburger
Lande" zugeschickt, weist mit Bestimmtheit darauf hin, dafs
der Qraf sich in diesen Zeiten der Gefahr in den Bund der
Bruderschaft ebenso aufnehmen lassen, wie Ernst von Hohn-
stein, den Münzer's Bauemhaufen noch vor ihrem Aufbruch
nach Frankenhausen als ihren lieben Bruder Ernst „Sobaffner
des Landes Hohnatein" zu einer Zusammenkunft beriefen.
Der gleichzeitige Überfall der Klöster am Sonntag miseri-
«ordias domini weist auf die getroffene Abrede im neuen
Bruderbund hin. Auch das Ohorherrenstift in Jeohaburg ent-
14 ^shraf Günther der Reiche von Schwarzhnrg.
ging der Plünderung nicht. Bald wälzten sich auch nach
Sondershausen wilderregte Massen. Unter lauter Bedrohung
Brand einzuwerfen wurde yor dem gräflichen Sohlofs die
Auslieferung des Kanzlers Bietmann gefordert. Da derselbe
schon in Sicherheit, so tobte sich die Wut an Haus und Hof,
an Hab und Out des Flüchtlings aus.
Höher noch gingen die Wogen wilder Leidenschaft zu
Frankenhausen, dessen Bürger noch Jahrs zuvor oft genug
in Allstedt dem Evangelium des Propheten Münzer ge-
lauscht.
Doch schon nahten die Fürsten Herzog Georg, Philipp
von Hessen, Heinrich von Braunschweig. Die Bauern lagerten
sich zum Widerstand auf einen nahen Berg und gürteten sich
mit einer Wagenburg. Die Geschütze der Fürsten bewiesen
sich wirksamer als Münzer^s Yerheifsungen. Schonungslos
wurden dann die verführten Haufen niedergemetzelt. Ein
Schlachten war\ nicht eine Schlacht zu nennen. Auch 18
Pfänner der Stadt und 86 der Hintersattlery „so mit Behau-
sung besessen '', fielen in der Schlacht; 17 Grundbesitzer blieben
flüchtig, zum sichern Zeichen, dafs doch nicht nur die ärmern
Bürger an dem Aufstand beteiligt waren. Herzog Georg
stürmte die kaum verteidigte Stadt und sprach sie seinem
Lehnsträger, dem Grafen Günther, ab, da derselbe durch un-
verzeihliche Nachsicht das Übel gesteigert. Ape] von Ebe-
leben war es, den er zum Statthalter ernannte und den er
wie andere seiner Getreuen mit Gütern, Häusern, „Mannen^^
in der eroberten Stadt begnadete. Ein armes Bäuerlein sang
damals :
Herzog Jörge was ein zorniger man,
er Apel von Ebleiben der hose tirann
zum fursten that er rinnen,
er weit vil guter ghewinne.
Herzog Georg yerlieh zwar der Stadt am 19. Mai einen Schutz-
brief, doch hatte sie an Strafgeldern 9625 Gulden zu zahlen»
Es wurden der Ansprüche noch viel erhoben, selbst von
der Freundschaft eines von den Weibern zu Frankenhaoseii'
OraT aOntbu dar B«^ba von aohwMiliDrg.
15.
erEch-lageaea FrieBterg. Erat um Michaelis des Jahres erhielt
Graf Qfinther auf sein inständiges Bitten und auf mehrseitiges
Verwenden befreundeter Fürsten und Herren die durch ihre
rejohea Salzquellen weltberühmte Stadt, doch nicht bedingungS'
loe, zurück, Beaonders mufste sich der Oraf verpflichten,
der kirchlichen Ordonog nach römieoher Satzung gewi
werden aolle.
Schon am 22. des Wonnemonde rückten die Verbü
deten gegen den Herzpunkt des Aufatandea, die freie Eeichi
Stadt Mühlhausen, vor, wie auch Sondershausen wegen der
Ansichreitungea seines Pöbels nicht ungestraft blieb.
Auf einem dieostaige das geschach,
dafs man manchen herrn ond fursten sach
zu Slotheim in dem felde,
die von Molhuaen musten ea entgeldeu!
Es war bei in keine barmherzigkeit,
got gebe den bösewichten alle leidl
So sangen versagend die Bauern , Teiche wie
Uühlhausens und anderer Städte mit Oeldeühae, Eecbtsbe-
Bohränkungen und mit den Häuptern ihrer Hädeleinsfiihrer
den Aufstand zu bürseu hatten. Die häuSgea Kreuzateine in
der Güldenen Aue aus jener Zeit zeugen von schwerer Fön.
Die Blutgeriohte der Füraten — auch in Arnstadt rollten
neun Häupter vom SohafFot — unterdräckten weitere Eegungeu
des sieh aufbäumenden Freifaeilsgetuhls, das sich fortan nur
vereinzelt in den myetiachen Umtrieben der Wiedertäufer
kundgab. So auch in Frankenhausen noch 1530. Graf Günther
liefe dieee Stadt seine Gnade und Huld erst wiederum ,,er-
blioken und soheinen", nachdem sie Bürgschaften ihrer Treae
gegeben. Seine Dorfschaften strafte er nicht mit Blut und
Gefängnis, wohl aber mit Geldbufse. Zumeist entschuldigten
sich diese armen Leute , dafs eie auf Anregung „Etlicher
loaer Manne" oder auch „ihrer Neiber (Nachbarn) zu uffrur
bewegt worden und abgefallen."
Die herkömmliche geschichtliehe Darstellung liebt eSf,
JDgB-
dei^
irg^H
.]^g Graf Gflntber der Beiche von Schwarzbar^.
-alle yerschwuQ denen oder in Trümmer liegenden Klöster auf
Bechnung des Bauernaufstandes zu setzen. Es würde ihr
-aber schwer werden, den Beweis zu erbringen ^).
"Wie „der grofse. Tumult" — so wird die Yolkserhebung
in allen Bechnungen genannt — Graf Günther gleich bei
Beginn seiner Begententhätigkeit in so harte Bedrängnis
brachte, so griff er auch in die Lebensgeschichte seiner Ge-
aohwister, besonders seiner jungem Schwester Margareta, ent-
scheidend ein. Früher im Kloster zu Kelbra, war sie durch
die Fürsprache einflufsreicher Yerwandten, ein Jungfräulein
von 23 Jahren, wider Neigung zur Abbatissin und Domina
des Frauenklosters zu Stadtilm erhoben worden. Ihre Er-
fahrungen aber in diesem Kloster, obwohl auch damals
Töchter aus den edelsten Geschlechtern dort den Schleier
genommen, scheinen wenig ermutigend gewesen zu sein.
„Liebe Frau Mutter'', schrieb sie nach Haus, „wir wollten
wünschen innerhalb 8 Tagen bei uns zu sein. Dafs die
ISammlung (der Klosteijungfrauen) E. L. nicht kenneten, als
sollte E. L. sehen, was wir für ein Leben haben. Wir
besorgen den Himmel nicht zu überkommen bei solcher Ord-
nung, aber in Kelbra wollten wir mit geruhigem Herzen sein
zu Himmel gefahren. Freundliche liebe Frau Mutter, könnten
wir noch mit Liebe und Freundschaft wieder in unser Kloster
kommen, wir wollten auf unsem Füfsen dahin gehen, wann
wir erkennen, diese Sammlung will unerschrocken für uns
«ein und lassen sichs gar wohl merken.
Margaretha geb. Gr. y. S., Äbtissin
im Kloster limen, ohne unsem Willen.'*
Aber schon wenig Monden nadi diesen Ergüssen einer
warten Seele, die es genau nahm mit ihren Gelübden, brachen
die Bauern, welche auch der Faulinenzella nicht verschont,
in das Ilmer Kloster. Erschreckt, bestürzt stoben die Be-
wohnerinnen auseinander. Margarete von Sohwarzburg trat
1) Vergl Robert Habt im DeuUohtn Wochenblatt, Jahrgang 1891.
Qnt Gflntbar dir Baiabe von 8oIiwu(barg.
kaiaerliohe Stift Quedlinburg, dem als AbbatiBsin
Gräfin Julia von Stolberg voretaaij.
Auch ein Bruder G)raf Qüothers gehörte detn geistliuben
Stande an. Erst Domherr zu Köln und dann in Strafsburg,
vertauschte er Skapulter mit dem Harniech und trat in des
Kaisers Dienste. Er war in den Kriegssohareu Frundsberg'H
und Bourbon's, die im Gewaltaturm in die ewige Stadt eia-
draugea , vom ungetreuen Papst sich den Sold zu erholen.
Im folgenden Jahre 1529 führte er dem Kaiser im Kriege
gegen Fraakreichs wortbrüchigen König manch Etatthohen
Reiter zu, fand aber bei Font k Moubsod im angeschwollenen
MoselBtrom ein frühzeitiges Bude.
Graf GüQthers Yater kam nach den sturmbewegten Zeiten
des Bauernkrieges nur noch einmal nach SondershauseD, für seine
Lebenszeit die Eegieiung seinem Erstgebornen förmlich zu über-
tragen. Im gleichen Jahre noch 1526 verstarb er im Schwarz-
burger Hof zu Nordhausen, einer Stiftskurie in der Nähe des
Domefi, in dem er bestattet liegt. Graf Günther, ein umsichtiger,
friedliebender Eegent von feiner Geistesbildung, nahm seine
Wohnung, wie sein heim gegangener Vater, im Schlofs zu Son-
dershausen, während sein jüngerer Bruder, Graf Heinrieh, der
sich nach väterlicher Beslimmung mit kleinerem Erbanteil
l begaügen mufste, später zu Frankenhauaen Hof hielt i
I Dafa Graf Günther seinen FÜichten als Beichsstand ge-'*
treuliah nachkam, ergeben schon die Uuittungeu der „Leg-
stellen". Nürnberg quittiert über die zum Homzug und zur
Türkenhülfe von Schwarzburg richtig erlegten Gelder 1526
und im gleichen Jahre auch Speier über eingezahlte Unkosten,
„so auf die Eeise (Kaiser Karls V.) in Hispanien gangen."
Im Jahre 1528 rüstete et zur Heimfahrt mit der durch
Schönheit und Tagend gleich ausgezeichneten Elisabeth von
Isenburg, Graf Philipps seligen hinterlassen er Tochter. Deren
Bruder Graf Antonius und Graf Ludwig von Stolberg fanden
eich im Beisein Graf Günthers selbst und einiger Zeugen auf
dem Schlofa zu Heringen in der Güldenen Aue zusammen,
alles wohl zu beteidingen und abzureden, dafe Graf Günther
XVI. 2
XS ^^h«f Giiitb«r d«r Badie Yon Scbwanbnrg.
und Orifin Elisabeth einander sn dem Sakrament .der Heiligen
Ehe nehmen, haben nnd behalten möchten. YerhieCs Oraf
Antonina seiner Sehwester fttr Zugeld und Heimsteuer 4000
Ghilden in die Ehe zn geben, so yersprach Graf Oünther znr
„Wiederlegnng^' die gleiche Snmme, ja er willigte ans sonder-
lich freundlichem und freiem Willen noch weitere 4000 Gulden
zu dem „Widdumb'' seiner Auserkomen. Dazu an Wein und
Früchten, was im Lande zu Döring gewöhnlich und pfleglich,
zu alledem eine freie MorgengabCi darüber ihres Gefallens zu
verfügen. Auch einen erblichen Widdumbssitz setzte er der
Giiifli^ans, darauf sich ihres Standes gemäüs zu enthalten, mit
Wiesen, Wachsgärten, Jagd, Fischerei, ohne da£s die obrigkeit-
liehen Gefalle für Dienst, Frohne, Federvieh zur Berechnung
kommen sollten. Nach Graf Günthers Tode, in wefs Schlofs
sein Absterben auch erfolge, sollten alle ihre Kleideskleinodien
und all ihr Geschmnok nadi Sitte und Brauch in Döring ihr
allein zustehen und verbleiben. (S. A.)
Nachdem so die Zukunft der schönen Isenburgerin sicher-
gestellt, konnte am 19. November zu Sondershausen die Yer-
mShlungsfeier statthaben , zu welcher auch der Abt von
Walkenrieth und andere geistliche Herren sich einfanden.
Der 35« September des folgenden Jahres schenkte dem
jungen Paare einen Sohn, Günther XXXXL, der sich im
Laufe der 2ieit durch kühne Unerschrockenheit und reiche
Kriegserfahmng den Heldennamen des Streitbaren gewann.
Der wachsenden reformatorischen Bewegung stand der
Graf auch jetzt noch ruhig beobachtend gegenüber. Er ge-
hörte nicht zu den deutschen Fürsten, welche in Speier
gegen den Gewissensdruck der alten Mutterkirche feierlichst
Protest erhoben, noch weniger zu denen, welche 1630 in der
Augustana die Einheitsformel ihrer Überzeugungen fanden.
Im Gegenteil glaubte Kaiser Karl V. ihn und die an-
dern Grafen von Schwarzburg neben ihren Verdiensten um
das Reich, die sie in Kriegesläuften und sonst mit Dar-
streckung ihrer Leib und Güter mannigfaltig und unver^
drossentlich sich erworben, wegen ihrer treuen Anhänglichkeit
Orot OHbIImt dar B^dIw i
B BehvuBbBig^
Iffl
die irahre, heilige, chrietliobe Kirche besonders beloben
^und belohaen xa müseen'). Sie Grafen batteo, wuTete der
Kaiser zu rühmen, jene Latbenschea und andere talEchen
Lehren und Sekten , ao in seinem Abwesen, wider Mandat
und Edikt zur Zerrüttung und Zerstörung der Kirche aus-
gangen , mit Nichten angenommen , noch in ihren Landen
gestattet, sondern ihres hochetens Vermögene verhütet und
anegereutet.
Mit wohlbedachtem Mute, gutem Rate, rechtem Wissen
nahm daher Kaiser Karolus die Grafen mit ihren Landen in
seinen und des heiligen Beiches beeondem Schutz^ und
Sobirm, verlieh ihnen den Titel Wohlgeboren und dazu das
Vorrecht, alle ihre Briefe, offene und beschloBsene, ihrer
selbst oder anderer wegen geschriebene, für aüe Ewigkeit
mit rotem Wachs zu verpe tschaften und zu versiegeln.
Alle Fürsten des Reiches aber, geistliche und weltliche,
Prälaten, Grafen, Freiherrn, Bitter, Knechte, Burggrafen,
lindvoigte, Vitztnme, Voigte, Pfleger, Verweser, Amptleute,
Schulthejfeen, Bürgenoeister, Richter, Bäte, Bürger, Gemein
den wurden bei einer Fön von fünfzig Mark ernstlich und
testiglich verwarnt, freventlich da wider zu thun und die
Grafen von Schwarzburg an ihrem Titel Wohlgeboren und
ihrem Vorrechte des roten Wachses zu hindern und zu irren.
Aber doch verfehlten solch hohe Auezeiohouagen des
mächtigen Herrschers ihr Ziel. Senn schon im Sommer des
folgenden Jahres sehen wir einen Grafen des schwarzburgi-
Bchen Hauses, Graf Heinrich XXXII,, der, nach seines bigotten
Vaters Tode in Arostadt zur Regierung gekommen, auf dos
eifrigste bestrebt, dem Evangelium in seinem Lande volle
Bahn zu brechen. Mit jener Katharina von Henneberg ver-
milhlt, die unter dem Kamen der Heldenmütigen in der Ge
Bohicbte des deutschen Volkes ewig fortleben wird, ging dieser
tceffliohe Herr, schon lange, wie seine hochgesinnte Gattin,
I
I
4
4
1) Vergl. ßriindlichet beweis, dafs d. FSratl. I
ntvalter, bejer, luunittalbsrer BelcbMUnd sei n. .
20 ^1^*^ Günther der Reiche von Schwarzbarg.
der evangelischen Lehre ergeben , rasch und entschieden
daran, seinen Unterthanen den Segen der Beformation unver-
kürzt zuzuführen. Auch der Graf zu Leutenberg, wo eine
andere Linie des Schwarzburger Grafenhauses regierte, wandte
sich dem Evangelium zu.
Eine solche entschiedene Stellungnahme lag nicht in
Graf Günthers Natur. Konnten dem scharfblickenden Kanne
die tiefen Schäden auf kirchlichem Gebiete nicht entgehen,
so mochte er doch, eine zum Frieden geneigte Natur, einen
Ausgleich der grofsen Gegensätze für möglich und wünschens-
wert erachten und zudem auch um seiner Söhne willen, deren
ihm seine Gemahlin vier schenkte , einem Bruch mit der
pfründenreichen Mutterkirche aus dem Wege gehen.
So kann es nicht Wunder nehmen, dafs der streng
katholische Herzog Georg ihn für die Lösung der „Dimeren-
tien" in Yorschlag brachte, die zwischen ihm und dem jungen
Kurfürsten obwalteten und auf einem Tage zu Leipzig ihre
Lösung finden sollten. Johann Friedrich zog es von vorn-
herein in Zweifel, dafs ein solcher Tag von der Yerbitterung
zur Freundschaft führen könne. Die Wurzel von Herzog
Georgs Zorn und Yerdrufs sei es, dafs er alles stets dabin
deute, als werde er für einen unchristlichen Mann angegeben.
Anderseits könne er, der Kurfürst, nie Jemandes Thun, da-
durch Gottes Wort und Wahrheit geschwächt werde, billigen
und gut heifsen. Sei er doch wie sein Vetter und Vater
für Wahrheit mit vielen Fürsten und Herrn und Ständen
vor Kaiserl. und Königl. Majestät eingetreten. (S. A.)
Herzog Georg gab dem Grafen auch sonst Beweise seiner
Zuneigung. Die Mifshelligkeiten, die zwischen Graf Günther
und seinem Bruder wegen des väterlichen Erbes ausgebrochen,
schlichtete er, und als letzterer des Amtmanns von Sachsen-
burgs liebliche Tochter, die er an seinem Hof kennen ge-
lernt, Margarete von Schönberg, zum Gemahl begehrte, so
legte er seine Fürbitte ein, dafs Mutter und Bruder in die
unebenbürtige Ehe willigten.
Später betraute er Graf Günther mit der Landeshaupt-
Qitt aanthsT im Kaicfas v
I Bstawanbarg.
21«
ttannechaft von ThltriDgen, einem Ehreaposten, der manctie
Gelegenheit zu eraprieMicher Thätigkeit bot. So sehen vir
ihn als LandeBhauptmann Streitigkeiten sohliohten, die zwischen
der Gemeinde Eutzleben und dem gestrengeo Hans von Greufsea
sieh entepounen. Derselbe hatte in jener Flur die Sohaftrift
ZM eigen, und doch unterstanden sich die Bauern, in der Brache
Waid zu bauen und bo dem hutberechtigten Kdelmann di«
Trift zu sperren. Der Landeshauptmann gestattete ale Schiede-
ricbter zv/ax den Ackerbauern und HinterBÜttlem des Dorfes,
je Einen Morgen des vielbegehrten Färbekrautes zu bauen,
doch nicht hin und wieder zum Schaden der Trift, sondern
h&bsoh bei einander in der Sommer- und WiDtersaat. In die
Brache aber erlaubte er nur den Weibern etwas Lein oder
Bäben zu säen, als viel sie desselben zu ihrem Haushalt be>
dürften, nicht etwan für Fremde um die Hälfte oder für
Geld. (8. A.)
Aber bald scheint den Grafen das rasche Wachstum dee
eigenen Besitzes veranlaTst zu haben, sein Ehrenamt nieder-
Bulegen. Wie es ihm gelungen, vom Kloster Walkenrietb grofse
Güter zu Waeserthaleben, die Burglehn zum Straufsberg und
andern wertvollen Besitz zu erwerben, so fiel im Jahre
1537 auch der Erbanteil seines Bruders, der kinderlos starb,
ihm anheim. Und wieder das folgende Jahr brachte die Äus-
Bicht auf das reiche Erbe seines Vetters in der obern Graf-
Bchaft. Denn schon 1538 wurde Graf Heinrich XXXIt.
seinem Lande, das er durch umsichtige reforraato rieche Thätig'
keit zu beglücken strebte, durch seinen frühen, vielbeklagten
Tod entrieaen. Er starb ohne männliche Nachkommen, doch
hinterliefa er seine trauernde Witwe schwangeren Leibes.
Der Kurfürst Johann Friedrich übernahm alsbald die
Vormundschaft und setzte das begonnene Werk des veretor-
benen Grafen fort. Noch hausten die Barfufeler, die sich
hier wie überall der Reformation hartnäckig widersetzten und
sie mit Wort und Schrift bekämpften, in ihrem Kloster zu
Arnstadt. Von dem Knrfiiraten und dem Btädtischen Regi-
mente vor die Wahl gestellt, sich zur Annahme der evon-
4
4
22 ^^^ Ofiiitiier der R«ieli€ yon SohwarzlMurg.
gelischen Lehre zu entsohliefgen oder die Stadt in der Frist
Ton Bwei und einer halben Woche zu räumen, entschieden
sie sieh för den Abzug.
Der mit Spannung erwartete Tag der Niederkunft der
gräflichen Witwe kam* Eine Tochter war es, der sie am
7. Dezember zu Budolstadt das Leben gab und — Graf
Günther war Herr d^ Gesamtgrafschaft bis auf die kleine
Herrschaft Leutenberg, die erst seinen Söhnen zufiel Den
glücklichen Erben, der des Guten so viel genofs, nannte
fortan der Yolkshumor Graf Günther mit dem fetten Maul,
wie im Gegensatz einst der unglückliche Sohn jenes Leopold
Ton Österreich, der bei Sempach fiel, den Beinamen Friedrichs
mit der leeren Tasche trug.
Der Kurfürst unterliefs es nicht, Graf Günther bei seiner
Lehnsempfängnis auf volle Binftihrung der Eeformation zu
yerpflichten. Er selbst beauftragte noch Ende Dezember
1588 den gothaischen Superattendent Myconius und den
Amtshauptmann von Brandes mit Fleifs zu erkunden, wie es
in der Grafschaft Schwarzburg Amstädtischen Teils mit Ver-
breitung göttlichen Wortes, mit Beichung der Sakramente,
mit Versorgung der Pfarrherren bestellt sei. Diese Visitations-
akten übersandte der Kurfürst, der auch für seine Lehen das
jus circum sacra in Anspruch nahm, im September des fol-
genden Jahres dem Grafen mit dem gnädigen Begehren, wohl
dorob zu sein, dafs in allen Punkten wirkliche Vollstreckung
geschehe und sonderlich die Pfarrer, Prediger, Kirchendiener
und Schule, wo es mangele, versorgt würden. (W. A.)
Der Kurfürst war es dann auch, der gemeinsam mit
Landgraf Philipp die Scbmalkaldner Bundesyerwandten nach
Arnstadt, seiner Lehnsstadt, zu einer Tagsatzung einlud. Die
Vorstandschaft der zum Teil in Verschwiegenheit abgehaltenen
Beratungen führten die Abgeordneten des Landgrafen von
Hessen.
Neuer Zuwachs der protestantischen Sache hatte das
Feuer des Hasses auf feindlicher Seite nur stärker geschürt.
Noch im Sommer d. J. hatte Kurfürst Joachim von Branden»
11 Spandau das Abendmahl ia doppelter Qestalt ge-
liomnien. Die feindlichen Rüstungen und Anschläge, insbe-
sondere auch UeJDnche von BrauQBchweig, nötigten zur Vor-
sicht und OegeDwehr, Landgraf Philipp wollte achon damals
wie ein Sturmwind über den verhaTeten Gegoei einherfahrea,
der Kurfürst aber wollte von soloh gewaltsamem Vorgehen
ahne Absage nichts wissen, doch erklürte er sich bereit, mit
dem Landgrafen sich gegen Ende der Versammlung in Arn-
stadt zu treffen. Es unterblieb indessen die geplante Zu-
sammenkunft.
Es war am Abend vor St. Elisabeth (18. Nov.), als zumeist
die Abgefertigten der Flirsten und Städte, die iu den Sohmal-
kaldener Artikeln einen neuen Einigungspunkt ihrer Über-
zeugungen gefunden, durch Arnstadts Thors eiaritten. Das
ferne Eostnitz so gut als Bremen , Hamburg wie Eb-
lingen schickten ihre Vertreter.
Von fürstlichen Häuptern war vielleicht der Kurfürst,
aber schwerlich für länger als einen Tag, persönlich an-
wesend, Die Amstädter Rechnungen der Zeit weii^en einen
Ehrentrunk für ihn von 16 üsfs Eimbeoker Bieres auf, einen
solchen auch für den Landgraf Christoph von Leuchtenberg.
Der Kurfürst hat im übrigen von Weimar und Ootba aus
mit seinen Abgeordneten briefUoh verkehrt, Herzog Hein-
rich von Sachsen ist persönlich in Arnstadt gewesen, dooh
ohne den Beschlüssen der Bündner seine Zustimmung zu geben.
Graf Günther ehrte die Abgeordneten durch ein Banket auf
SohlofB Keldeck. Seine Pfeifer muieten aufspielen, wie alto
Eechnungsp Osten ergeben.
Auch sonst fanden die Abgefertigten iu Arnstadt ent-
gegenkommende Aufnahme. Noch nach Jahren wufsto des
Kurfürsten Joachim Hofrat Qeorg Lsuterbeck in seinem
Begenteobuch rühmend zu berichten, wie der Bat der Stadt
in alle Herbergen geschickt, die Gäste und Gesandten freund-
lich ansprechen und fragen lassen, ob ihnen auch, für ihr Geld
eine gute Ausrichtung geschehe und sie nicht etwao von den
Wirten unbilliger Weise übernommen würden.
4
4
24 ^^^^ Günther der Beiche von Schwarzbarg.
Die Beratungen der Schmalkaldener waren ernstester Art»
Nach den Niederlanden an den Kaiser sollte eine Gesandtschaft
gehen, der Gebrechen und Besohwerung Klage zu führen, so ihnen
der Religion wegen täglich begegnete. Bei dem König von
Frankreich sollte Fürbitte geschehen für die in seinen Lan-
den so hart verfolgten Anhänger der evangelischen Lehre.
Die Bürgerschaft Rigas, die mit ihrem Erzbischof im Hader
lag, wurde in den Bund aufgenommen. So umschlofs der-
selbe eine Reihe blühender Gemeinwesen vom Bodensee bis
zum Baltischen Meere.
Da der Bund auch in die europäische Politik eintrat
und die Anlehnung an fremde Grofsmächte als Bedürfiiis,
empfand, so bildete, wie es die Instruktionen oberdeutscher
Gesandter ergeben, die Frage über Abordnung einer neuen
Botschaft nach England den eigentlichen Schwerpunkt der
Verhandlungen. Den Heiratsvertrag mit Anna von Gleve
hatte König Heinrich am 8. Oktober unterzeichnet. Man
wünschte greifbare Resultate für die protestantische Sache zu
sehen.
So manche Frage fand keine volle Erledigung und blieb
in der Schwebe. Stadtphysikus Dr. Sailer in Augsburg, des
Landgrafen Vertrauter, liefs sich darüber bitter vernehmen,
wie der Amstädter Zusammenkunftstag alsbald wieder einen
andern zur notwendigen Folge habe. Der Landgraf (Spangen-
berg 14. Januar), gab ihm zur Erwiderung : „Einer so in einer
Stuben sitzet und im nur vorimaginirt, wie man die Sachen
soll vornehmen, der hat wol leichtiglich davon zu schreiben
und zu sagen." Wenn Augsburg auch einmal die Oberhaupt-
mannschaft übernehme, dann werde es finden, was für ein
enges, gespannenes, sorgfaltiges und arbeitsam Ding es sei
und woran es mangele.
Der Landgraf war aber in der That damals nicht ganz
bei der Sache. Eine Angelegenheit persönlicher Art nahm
seine Gedanken auf das lebhafteste in Anspruch. Am
4. Dezember war es, als Bucer, der Strafsburger Prediger,
von Philipp dafür gewonnen, sich bei heftiger Winterkälte
I
Onf Qünther der Baicba i
a Bchwanborg,
^frl
loD Ämetadt aufinachte gen Wittenberg, die Eiovilligang der
tteformatoren in dea Landgrafen Nebenehe zu eiholen, zu
welcher denselben Sinnlichkeit und GewissonBaot in gleichem
Mafse drängten '), Schon am 4. März 1540 gab e», nicht
eben zum Vorteile der reformatorieehea Sache, einen doppelt-
beweibten deutoohen Fürsten.
Graf Günther ist den BundcB-verwandten nicht beigetreteo.
Er mochte wohl, irie auch andere EeicheBtünde , befürchten,
durch den Zutritt KU den Scbmalkaldnern in einen Krieg
mit Kaiser und Beioh fortgerisaen zu werden. Auch nahmen
Kegente npäichten näohatl legen der Art aeine Thätigkeit voll
in Anspruch.
Selbst die mittelalterliche Fehdeluat, der Krieg im Kleinen,
machte ihm in aeiner Orafachaft noch yiel zu schaffen.
Hatten die geiEtlichen Herren zu Jechaburg Hildebrand
Eudolf den Alten beschuldigt, dafa er in ihren Weinbergen
nicht nur seinen Magen voUgefüUet, aondern ganze Körbe
ToU Trauben ausgeschnitten nad davongetragea , so hielt
Hildebrand Rudolf der Alte, obwohl Graf Günther sich be-
reit erklärte, den Handel auf einem Sühnetag zu schlichten,
sein gutes Schwert für den besten Vorsproch, solchen Schimpf
zu rächen^), .\ber nicht tUckisoh wegelagernd, sondern mit
oifenem Fehdebrief, nachdem eine böse Siebenzahl bei der
Allerbnrg sich zusammengefunden, that er kund und offen-
bar, dafs er nebat Hellem und Helfershelfern, wie es aich
Feindes Art und Mafae eigene, den Pfaffen mit Bauben,
Brennen, Totschlagen das Allerärgste thnn werde. „Hiermit
will ich mit einem Haufen Pfaffen handeln f riech und
fröhlioh !"
Nach solch eigenhändigem (noch vorhandenem) Abaage-
brief an die Ffaffheit zu Jechaburg kam Hildebrand Budolf
1) Vergl. BrierwechsBl Laadgrihn Philipps von Hesaeo mit Boccr.
Haraasgegeben und erlitatert von Mii Lenz (3. Teil, Lsipz. 1889).
!) Vergl. IrnÜBch , Bildebiind Rudolfs Fehde gegen du Jechur
Stift, im RegieTUDgs- und BKchtichUblatt fOr d. Fllnteat. Scbwarzb.-S.,
Jahrg. 18T7.
I
;26 ^^ Gftnther der Reiche Ton Sobwarzbarg.
mit sechs Helfern bei nächtlicher Weile, langte sich einen
der Domherren aus seinem Hause, schleppte ihn mit sich in
den Wald der Allerbarg auf dem obern Eichsfeld, wo wir
wohl die Heimat des dunkeln Ehrenmannes zu suchen haben,
und liefs ihn nicht Ton sich, bis er sich mit 80 Gulden
.gelöst.
Und Hildebrand Budolf kam zum andermal (1538) mit
10 Gesellen, holte sich wiederum einen Domherrn, den alten
J'ronrodt, schleppte ihn mit sich in die Wälder des Harzee
und schätzte seinen Gefangenen auf 100 Gulden , die sich
dieser mit dem schriftlich gegebenen feierlichen Versprechen
bald zu zahlen verpflichtete, dafs er bei seinen Ehren und
^Treuen, bei seinen Pflichten und Eiden, die er Gott schulde,
bei seiuer Priesterschaft, bei Verlust seines Leibes and Lebens,
bei seiner Seelen Seligkeit, bei dem heiligen Evangelio Jesu
dhristi darob sein wolle, dafs Hildebranden und seinen Ge-
sellen nichts Böses widerfahre und der Hader mit der Pfaff-
iieit beigelegt werde. Hildebrand bekam denn auch in einem
Walde das bedungene Lösegeld richtig ausgezahlt.
Dann kam es zu Altengottern zwischen dem Stifte und
ihrem Feinde zu einem förmlichen Tage, an welchem auch
adlige Herren der Gegend ihren Anteil nahmen, ohne dafs
die Sache trotz eines aufgestellten Bezesses zu vollem Ab*
.schlufs kam (24. Januar 1539).
Und obwohl die Stiftsherren fleiüsig Boten auf der Lauer
hielten, ihnen Kunde vom Feind zu bringen, brach Hilde-
brand Budolf unversehens zum drittenmal herein. Mit 22
ISpiefsgesellen aus der Harzgegend und den Dörfern, die sich
um den Ohmberg lagern, fiel er im Dunkel der STacht in
das Stift. Der Probst selbst, Ernst von Mansfeld, war nicht
zu haben, da er, zugleich Domdechant zu Magdeburg, dort
seinen Wohnsitz hatte. Aber frisch und fröhlich griff man
den Stiftsdechant Auleb in seinem Hause auf, hiefs auch sein
.2inhgerät, seinen Filzmantel und anderes mit sich gehen,
brachte sich beim alten Domherrn Fronrodt, dessen Pferd man
:an sich nahm, in Erinnerung, und als es wieder nachtete, war
Qnf Gfinttaer 4«r Briohe i
I SebwuRboTK.
87«
1 SUiDbergsTald bei Wemingerode. Hier uud dort
hielt man den gaistliohen Würdenträger bei guten Freunden
■wohl geborgen, bis ein Pfaff, des Bchönen Namens Rosea-
lieim, die Hälfte den geheiechten Lösegeldes (200 Thaler)
beim Kapellan von Ebaldshausen niederlegte. Da war der
Deohant des Chorhemietiftes zu Jecbaburg wieder ein freier
Uann, der auoh seinen Schuldschein auf die andere Hälft«
nicht mehr zu lösen nötig hatte.
Denn Oraf Günther, der eehon zuvor 100 Tbaler auf
Hildebrands Gefangen nähme gesetzt, griff, zur Zeit des Am-
Städter Bundeetags, von den Domherren um Hilfe und Schutz
■angerufen, mit um so grofeerm Eifer in die Fehde ein, als der
Feind der Ffaffen auoh eein Feind geworden und auch sein
Eigentum bedroht. Von Kundschaftern gut berichtet, lioTs
er Hildebrand Rudolf den Alten nebst zween Gesellen im
Wirtshaus, da sie dessen am wenigsten vermuteod, zu Hüp-
Btedt auf dem Eichsfeld, einem Gerichtsdorf des hochange-
sebeoen Edelherrn Christoph vom Hagen, durch eine Mann-
schaft dingfest machen und da es dort an sicherem Gewahr-
sam fehlte, nach SoudeTshausen überführen.
Innerhalb wie aufeerhalb der peiulichen Frage gestand
Hildebrand sein Vorgehen gegen die Chorherren offen ein, dofs
«r aber der Fehde guten Grund gehabt, wie auch Herren vom
Adel dieser Ansicht gewesen. Ebensowenig hatte er dessen
ein Hehl, dai^ er auch des Grafen, der einen Preis anf ihn
gesetzt, Feind geworden. Die Helfershelfer — auch in Nord-
hausen war ein Verhör — gestanden allzumal ihre Anteil-
nahme an der Jechaburger Fehde zu. Dann lieferte der Graf
den Yerbreober dem Edlen von Hagen aus, doch dafa ihm, dem
Kläger, die gebührende Rechtshilfe nicht versagt werde. Dm
Schöppengericht zu Hüpstedt ()0. JuU 1Ö40) heischte Ton
Hildebrand Rudolf, da er der Sache geständig, nur ioner-
halb sechs Wochen und drei Tagen einen genügenden Nach*
weis, „welche Gründe er zur Fehde gehabt". Vergebens be-
riefen sich die anwesenden Abgeordneten des Grafen von
Sohwarsburg auf die allgemeine Beobtsregel, cU£i der Delin-
«
r
2g Graf OtiDlhcr der Briebe von Sehwariburg.
qaect aach den Gesetzen und Ordnungen des Landes, wo er
gefrevelt, bestraft werde. Die HerrHchaft SonderBhausen aber
nebat dem Stift Jechaberg eei im Landgrafentum Thüringen
gelegeu, wo Befehder, selbst wenn sie noch nichts mit d«r
That getban, das Sobwert erhielten, Sie drohten zuletzt mit
fiernfnng an dea Oberherrn des Eichsfeldea, den Erzbischof
(Kardinal Albrecht aus dem bran den burgi sehen Hause).
Erst am 8. Oktober war wieder Gericht sn Hflpstedt
Der Beklagte, den man in festem Gewahrsam gehalten, berief
sich auf den alt«n gotter n sehen Vertrag, wo man ihn ale be-
rechtigten Feind (als kriegsführende Macht würden wir sagen)
anerkannt hatte, und machte in der ihm zugestandenen SchluTs-
rede noch insbeeondere geltend, wie man ihm allerhand Ur-
kunden, die er zum reohtEeitigen Erweise seiner Sache nötig
gehabt, Torenthalten,
Doch sein Schicksal schritt nun schnell. Das hochnot-
peinliche Gericht erkannte zu Becht, dafs Hildebrand Budolf,
„der ubeltat und Hutwilligem vede halben, so ehr midt dem
Wolgepornen Graff Günthern Ton Schwartzburg ader raidt
seiner genadeun XTnterthann geubet hadt vnnd nach seine
ufgelegten Beweisung Inn geburlicher tzeit keine folge ge-
thann. Solle ehr pillig midt dem schwerdt rom leben teum
todt gestrafft werdenn, Inhaldt keiser karlefs des fünften und
des Heiligenn Kohmiaohenn reichs Ordnung."
Auf der Warte bei Hüpstedt ist Eildebrand Rudolf der
Alte mit dem Schwert vom Leben zum Tode gebracht wor-
den. Seine zween Mitgefangene haben Urfehde geschworen^
dann sind sie ihres Weges gezogen. Auch den andern
Helfershelfern ist, wie es scheint, kein Härchen gekrümmt
Alte und neue Zeit, alte und neue Bechtsansohauung, das
Kecht des Schwertes und das Recht des zu Papier gebrachten
Gesetzes spielen in dieser Nachblüte des Fauatrechts wunder-
sam ineinander!
Aber mehr doch als soleb Terdriefsliche Händel nahmen
den Grafen die kirchlichen Angelegenheiten in Anspruch»
bei Erbanfall der Herrschaft ÄmHtadt gegebenen Ver-
sprechen gem&lä eetzte er dae Werk aeineB Vorgangers mit
'A'achseQder EnUobiedeubett foi't. Schon 1640 bat er den
KurfürateD, ibm durcb UeUnchtbana VermiCtluDg einen ge-
schickten frommen Mann bub Wittenburgk, weioher zum Super-
attendenten füglioh ea gebrauchen, in Gnaden zuschicken zn
■wollen.
Und ein Witt^nbeiger beateo Sohrota und Korne, den
Friedrich der Weiee Belbst auB der Taufe gehoben, um diese
Zeit Luther'e Kaplan und. sein be soliderer Liebling, Dr. Joachim
Mörlin, war es, der als Superattendent nach Arnstadt kam').
Wenn auch nicht so grofsge arteten Wesens wie unser B.efor-
mator, glich er doch diesem an brennendem Eifer nm Gott,
an unerschrockener Glaubensfreudigkeit und zuversichtlichem
Gottrertraueo, das über llenscbenfurcht hinaushebt. Auch
in seinem neuen Wirkungskreise bewies er jene hohe Charakter-
stärke, wie sie Zeiten im gewaltigen Widerstreit ringender
Gegensätze zu entwickeln püegen. Zwei Diakonen , Lasius
und Blob, brachte Mörlin mit eich. Die Bürgerschaft kam
den Ankömmlingen freundlich entgegen. ,,DTei Feslin Wein
und drei Karren Kohlen Doktori Joachim uud den zwei Kap-
laneu bei ihrer Ankunft zur Haushaltung geschenkt" lautet
ein Posten der Arnstädter Stadtrechnung.
Wie Graf Günther war Mörlin vom Reformator noch
insbesondere dem um die Eirchenbesserung in Thüringen so
hochverdienten Mecum (Uyconiue) empfohlen worden. Doch
dieser war damals ein kranker Uanu, an dessen Lebenskraft
die Schwindsucht zehrte. Die Freudenbotschaft „noch heute
■wirst du Me cum im Paradiese sein" hoffte er täglich zu ver-
nehmen. Aber Luther hefs ihn nicht von hinnen ziehen,
-warf sich vor Gott mit dem heifaen Gebete nieder, lieber ihn
selbst aus seiner ausgearbeiteten, ausgedienten, kraftlosen Hülle,
■
I
I Walther, Dr. Josohim Hfirlin, ein Leben aus der
T. ArnatadI 1866. U. T. Arnstadt 1863. Abbaudl.
30 C^raf GIlBther der Beielie ron SchwArsbnrg.
die niemand mehr nütse, abzurufen; nur dafs- Meeum tot^
möge er nimmer ihn hören lassen. „Ja, das bitte ioh mit
Ernst, will ich gewährt sehn, und so haben und mein Will»
soll hierin also geschehen. Amen." Und wirklich, Myooniua-
blieb der Kirche in Thüringen erhalten, und Mörlin konnte
in seinen stürmischen Mühen „um des Herrn noch übel be-
gründete Kirche'' ihm sein Herz ausschütten. Doch auch aa
den Grafen, dessen Ohr, wie er fürchtete, seine Gegner ge«
Wonnen, gingen bewegte Zuschriften des wackern Streiters..
„Ew. Gnaden wollen sich ja nicht anders bereden lassen,
meines Amtes halben, denn dafs ichs herzlich und treulich
meine/'
Graf Günther residierte auch nach dem Erbanfall der
Amstädter Herrschaft in Sondershausen. Ein Neubau, den er
zu dem alten Schlosse daselbst aufführen liefs, hob dasselbe-
zu einem stattlichen Herrensitze. Eine Steinplatte mit den
Wappenbildern des Schwarzburger uud Isenburger Hauses und.
Graf Günthers Kopfbild weist noch jetzt über dem östlichen
Portale die Jahreszahl 1540.
Doch weilte er häufig auch in Arnstadt, der bedeutendsten
Stadt seines Landes. Posten der Stadtrechnung weisen auf
patriarchalisches Zusammensein des Grafen Tor dem Eatskeller
mit den Bürgermeistern uud Eatsyerwandten. Auch die schöne
Gräfin mit ihrem Frauenzimmer waren zu Gast, sich vom
Balkon des Eathauses das muntere Treiben eines Jahrmarktes
zu besehen. Marzipan und Malyasier wurden auf des Bates
Silber zu Ehren des hohen Besuches aui^etragen.
Doch gab es auch Angelegenheiten ernstester Art, die
ihre Erledigung finden mufsten. Ein Landtag der Grafschaft
hatte auf dem Amstädter Eathaus über die Schulden zu be-
raten, die von langher auf dem Lande lasteten. Eine erhöhte-
Tranksteuer, das gewöhnliche Mittel, die Gläubiger zu be-
friedigen, kam auch hier in Vorschlag. Graf Günther, ob-
wohl wegen grofsen Erbanfalls der Reiche genannt, hatte
doch ernste Schwierigkeiten, um allen Ansprüchen gerecht
zu werden. Nicht selten mufste er seinen Eentmeister oder
Orsf GUnthw dar Beleb« von SeliwHTbarg.
31
f ScTiÖBaer einen an die Stiftsverwaltungen in Erfurt und
NordhauBen, oder an die reichen Herren in Augsburg und
FTEnkfurt entsenden, um einen Aufschub der Zinezahlung,
„StilJatand und längere Frist" zu erwirken. (A. A.).
Ein Freund dee Friedens nnd wie Friedliebende geord-
neter Verhältnisse, liels er durch Sachverständige ein Schuld-
buch fertigen , in dem alle Anleihen des gräflichen Hauses
sorgsam verzeichnet standen, sowie die Orte und Termine der
Zinszahlung. Seinen Glauben voll und ganz aufrecht zu er-
halten, war ihm Ehrensache. Deshalb verbot er seinem
Bentmeister und seinen SchÖssern stracks und unw&ndelbar
vor Zahlung der Zinsen weder aeinen Bäten, noch sonst^
jemand, weder seinem Gemahl nuch ihm dem Grafen
selbst auch nur einen Groschen zu reichen. Dagegen gab er
wiederum strikten Befehl, allem Oesindo und den Handwerks-
leuten, zu Bchlufs der Trimester, was mau ihnen schuldig,
ohne jeglichen Verzug zu entrichten. Dabei machte er es
den Schöseern zur hesondern FÜioht, alle Gebrechen der
ihnen anbefohlenen Unterthanen gdtlich und glimpflich zu
hören und keinen Gefangenen ohne des Grafen Wissen und
Willen peinlich angreifen zu lassen. Auch sollten sie fein
acht haben, dafs die gräflichen Schäfer nirgends den Unter-
thanen zu Schaden bitteten, und dafs die Sommerlatten der
Weinberge unverderbt und wohlgeheget blieben, (A. A.).
Oft auch pflegte der Graf selbst nach dem Rechten zu
sehen. Er oder sein Kanzler Reinhardt waren selbst zu-
gegen, wenn ein strittiger Wald umritten, oder ein Berg um-
zirkt und Grenzmarken gesetet werden mufaten.
Bei einer vielseitigen Begantenthätigkeit TsrabsSurate
Ghfaf Günther, ein treuer Gatte und Vater, sein eignes Haus-
vesen in keiner Weise. Namentlich war es die Erziehung
seiner Söhne, welcher er eine warme Fürsorge zuwandte.
Das Franzi skanerkloster in Arostadt, das die Viiitatoren mit
Zustimmung Johann Friedrichs zunächst der Stadt für ihre
Schule zur Verfügung gestellt, schien dem Grafen zu einer
gasohlosaenen Erziehungsanitolt für leine Söhne besonders-
1
32 ^^^^ Gfinther der Reiche von Schwarzbnrg.
geeignet^). Hochgelegen, mit prächtigen Ausblicken, doch
Tom Lärm der AuTsenwelt wenig berührt, boten seine Gär-
ten und sein Weinberg, den die Stadtmauer begrenzte, einen
fröhlichen Tummelplatz für das junge Grafenblut. Da der
Bürgerschaft ohnehin ein stattliches Schulgebäude bei St.
Bonifacius zu eigen, so nahm der Graf als Landesherr Be»*
sitz von dem yerlassenen Kloster, und schon am 2. Febr.
1540 konnte dasselbe seiner neuen Bestimmung übergeben,
werden.
Neben den drei jungen Grafen von Schwarzburg, Gün-
ther, geb. 1529, Johann Günther, geb. 1532, und Wilhelm,
geb. 1534 — nur der jüngste, Albrecht, blieb unter der Ob-
hut der Mutter zurück — fanden in dem Klosterbau auch
die Söhne des Grafen von Regenstein und anderer vornehmer
Herren, doch auch Bürgerssöhne der Stadt ihre Vorbereitung
für die Hochschule. Magister Schillingstadt war es, der mit
der ehrenvollen Aufgabe betraut wurde, diese Zöglinge als
ein gelahrter, getreuer, frommer Zuchtmeisler in christlich
guter Lehre und ehrbarer Sitte wohl zu unterrichten.
Selbstverständlich bildete das Latein den Mittelpunkt
des Unterrichte, und auch Plutarch, dessen Lebensbeschrei-
bungen den Knaben hohe Vorbilder vor die Seele führen
sollten, wurde nur in lateinischer Übertragung gelesen*
Der lateinische Brief, gewandt und zierlich geschrieben, galt
als Krone der Bildung. In fleifsigen Zuschriften an den
Vater hatten Graf Günthers Söhne von ihren Fortschritten
Zeugnis zu geben.
Die Verpflegung der Zöglinge mit ihrem Magister und
einem Baccalaur übernahm Peter Watzdorf, ein wohlbegüter-
ter Herr, der juristische Studien gemacht, als Schösser zu
Jena auch dem Kurfürsten Dienste geleistet, ein warmer
Freund der Wissenschaften. Nach Abrede mit den Bäten
des Grafen wurden ihm für jeden der Knaben, deren Zahl
1) Vergl. Kroschel, Die gräfliche Erziehungsaustalt im Barfüfserkloster.
Arnstadt 1890. (Abhandl. zam Gymnasialprogramm.)
rfihl nie iibei 35 hiaanaging, 14 Guldon und '/, Uafe
Koggen zu Gute gethsn. Eine friBche Jugeod, die auoli den
ritteriiohen Übungen dee Fechtens, des ArmbrustsoMerBenB
fleiTaig oblag, wuchs unter tüchtiger Leitung dort frülüioh
empor. Eine „Mönoherei" — uad der Kurfürst legte beson-
deres Gewicht darauf — ist so der alte Elosterbau nicht
wieder geworden.
Überhaupt wandte sich Qraf Günther immer mehr dem
crangelisehen Gkuben zu. Namentlich war es der von ihm
persönlich besuchte Eeiohstag zu Regeneburg (Fiöhling und
Sommer 1541), der ihm zu entschiedener Stelluagsnahme
für die protestantisohe Saohe Veranlassung gab.
Ein Religionsgespräch, das mit dem Reichstag gleiohieitig
abgehalten wurde, sollte zwar zum Ausgleich der Gegen-
sätze fuhren , Üefs aber schlieCslioh dieselben nur schärfer
hervortreten und mehrte den Zwiespalt. Auoh andere Vor-
gänge , namentlich Heinrichs von Braunsohwetg frerel-
haftes Beginnen erweiterte die Kluft: die argen Flackereien,
welche die Städte Goslar und Braunschweig durch ihn zu
erleiden hatten, die langwierige Gefangenschaft, in der er
seinen jüngeru Bruder gehalten, und nicht am wenigsten
die Trottaisobe Sache.
Ein jung züohtiglich Frauenzimmer, klagten damals die
Ton Xrott, hatten sie ihre Freundin Eva in Herzog Hein-
richs Fürstlich Frauenzimmer eingethan zu ehrbarer Erzie-
hung, aber bald mufsten sie hören, dala sie yerstorbon. Auch
überbraohte ein Enecht etlieh geringschätzige tägliche Klei-
der , um aber sich stracks mit seinem Gaule umzuwerfen,
so daCs man sich nichts erkunden mögen. Ein Gemurmel
begab sich im Beioh , dafs zwar in Gandeisheim ein Sarg
unter Vigilien und Seelmeasen zur Erde bestattet worden,
d&Ts aber die Jungfrau noch lebeud auf der Staut'enburg heim-
lich verholen sitze und etlicher Kinder Muttor sei.
Die protestantischen Fürsten unterstützten das Gesuch
dtier Ton Trott an Kaiser Karl, wohl darob zu sein, dafs
XYI. 3
4
n
34 ^f*^ Gfintber der Beiche von Schwarzbnrg.
Herzog Heinrich ihre Freundin, die er als ein jung stark
ICensoh in sein Frauenzimmer empfangen, der Freundsehaft
wieder zustelle und sie öffentlich und frei gehen, stehen^
laben und handeln lasse oder — den Beweis ihres Todes
bringe.
Einen solchen yermochte aber Herzog Heinrich, der auf
seinen Jagdzügen in die dunklen Forsten des Harzes, so
gern bei der schönen Trottin einkehrte, ebensowenig zu
bringen , als er seine verborgen gehaltene Geliebte ihrer
Freundschaft zurtLckflihrte. Den ältesten Sprofs dieses wun-
dersamen LiebesYcrhältnisses , den Teuerdank, sehen wir zu
den Zeiten des grofsen Oraniers öfters aus den Niederlanden
auf Schlofs Neideck in Arnstadt einreiten.
Doch was Graf Günther bei seiner warmen Fürsorge
für das Wohl seiner Unterthanen gegen Heinrich und seine
Partner am meisten aufbringen mochte, waren die Brand-
legungen im evangelischen Deutschland, die auf niemand
anders als den Braunsohweiger Weif und seine Diener zu-
rückgeführt wurden. Häufiger fast als in Eriegszeiten stie«
gen damals verheerende Feuersäulen zum Himmel auf, und
eine furchtbare Aufregung bemächtigte sich der Gemüter.
Immer wieder fand man auch jene unheimlichen Zeichen,
durch die sich die Mordbrenner verständigen sollten: auf-
rechte oder liegende, mit Dreiecken und anderen Figuren
durchzogene Pfeile. Man fand sie an Weg und Steg, an
Pforte und Thor; fand sie so auch bei Langensalza und
Nordhausen und auch in der Grafschaft Sohwarzburg. Bald
ging denn Nordhausen , die Naohbarstadt Sondershausens,
zum grofsen Teil in Flammen auf.
Die letzten Geständnisse aufgegriffener Mordbrenner
lauteten fast in allen !B allen auf Herzog Heinrichs Diener.
Auch ein Unterthan Graf Günthers, bei solchem Frevel er-
griffen, bekannte auf den Grofsvoigt zu Wolfenbüttel.
Alle diese „ürgichten'' nun wurden Sr. Eaiserl. Majestät
zu Händen gestellt. Obwohl Herzog Heinrich mit Entrüs-
tung auf das unrecht hinwies, all die gepeinigten Leute
QtU SBnthar der Belelia von Bchirtnbnr^.
35
t ihn und seine Yerwuidten zu befragei
auch in Beinen eigenen Landen gebrunnen,
selbst dem mächtigen Kaiser nicht möglich, de
Hcifasporii gegen die unzähligen Schlägt
ie es doch
so war es doch
i Braun BchweigBi
deckeo, die von
K«t1
allen Seiten wie die SchlofBen des Himmels auf ihn fielen.
Noch auf diesem Eeiohstage zu Eegensburg oder ua-
mittelbar nach demselben — - die Archive lassen uns darüber
leider im Stich — trat Graf Günther von Schwaraburg zum
evangelischen Glauben über und setzte sich unerschrocken den
furchtbaren Anklagen aus, mit welchen Herzog Heinrich and
seine Partner jeden Abfall von der „Heiligen Kirche" zu
bTitndrDarken pflegten.
Denn der immer erregteren StreitUtteratur gegenüber
zeigte sich der kaiserliche Wille durchaus ohnmächtig, und
noch auf dem Regeosburger Beichstage wurde dafl Verbot der
Schmähschriften, da solche dem gemeinen Prieden nicht
weniger hinderlich und verletzlich seien , ganz erfolglos er-
neuert.
Und welch entsetzlich biderber Art waren diese Schmach-
büchlein und Eamoslibelle, mit denen eich die Parteien auf
den Leib rückten. Erschieu doch dem Doktor Luther seine
Schrift gegen Hans Worst, Heinz ■Wolfenbiittel, den „unver-
schämten Lügner" noch viel zu schwächlich und mild und
glaubte er, doTs seiu Hauptweh das natürliche Ungestüm seines
Geistes niedergehalten.
Selbst die gefiirstelen Haupter griifen einander mit
Eeulenschlägeu an. Ja, der Schildträger Heinrichs machte
den zweiweibigen Landgraf zu eiiiem König von Münster und
den Kurfürst Johann Friedrich zu der Vollsäufer gröfsten. Der
Lieder und Leisen im Kampf der Gesänge, der Schriften und
Gegenschriften , der Eepliken , Dupliken , Tripliken Menge
lohs lawinenartig. Deutsche Eürsteuehre schien ihren Glanz
'loien zu haben.
Auch Graf Günther gegenüber erhob Johann Friedrich
öfters bittere Klage Über den Braunscbwoiger Heinz, der ohne
dea Kurfürsten geringste Verechuldung denselben in seinen
36 Graf QUDtbsT dar Beicht von Scbwkriburg
Ehren und Leumut so falsohlich angieife. Der Graf genügte
dem Terlangen seines LehaHheirn uod liefs des Kurfürsten
OegenverantwoTtung wider solch boohsträflicli FamDglibell
all seinen Dienern und seinem Ingesinde Torlosen , damit
in seinem Lande solch InTektiven kein Glaube gegeben
■werde. (S. A.).
Der Regeneburger Reichstag ging auseinander, ohne da&
eine Friedensforme! gefunden. Auch der Reichstag zu Speier
1543, welchem Graf Günther persönlich beiwohnte, trug zum
Frieden wenig bei, obwohl ein gemeinsamer grofaer Türken-
krieg yerabrodet wurde. Der Graf sandte aufser otelichen
Beieigen 60 Mannen mit hinaus gen Dngerland,) von denea
aber, da im Lager und Heer ein grofses Sterben, nur einzelne
wiederkehrten.
Lebhafter als der Türkenkrieg, aumal die Protestanten
unter Osmanenherrschaft von Glaubensdruck wenig zu leiden,
beschäftigte in Thüringen die Gemüter der Erieg gegen den
Braunsohweiger Weif, den „Wildou Manu", welchen die
Schmalkaldner in Bisenach zum Besohlufs erhoben, den Frie-
den an dem Friedbrüchigen zu suchen. Während der Kaiser
in Spanien, Afrika, Italien vollauf in Anspruch genommen,
rüsteten die Bündner zum Feldzug. Gegen den Frauentag hin,
da Maria zu ihrer Baae Elisabeth kam (ii. Juli), trafen Bot-
schaften vom Kurfürsten immer häu£ger bei Graf Günther
ein. Stellte jetst ein Einspänniger ein Manifeet der Fürsten,
dafa sie nur in gerechter Notwehr zur Beschirmung der
buD des verwandten Städte Goslar und Braun schweig zum
Schwert gegrilfen, zu Händen des Grafen, so übergab schon
andern Tages wieder ein rascher Reiter eine Zuschrift des
Kurfürsten, in welcher derselbe etzliche landeskundige Führer
für den vorhabenden Feldzug begehrte. Eine Aufmahnung
war wohl schon vorausgegangen, Freitags nach Maria Heim-
suchung wurde dem Grafen noch die besondere Mitteilung,
d&fs der Kurfürst den Lauf der Knechte auf Arnstadt und
lohtershauBen gerichtet uad dafs Herberge und Unterhalt be-
reit stehen müsse, dooh so, daTs niemand beschwert oder von
Qraf GBntbu i*t B«ieba *oq Sehwknburg.
87
L an deskn echten beschädigt verde. Den Grafen eelbet
mochte der Kurffirst nicht zum Mitreiten und Mitstreiteo
nötigen, wohl aber betraute er ihn für zwei Jahre mit der
Würde eines Rates, dafe er seinent höchsten Verstände nach
das NütalichBte und Ehrlichste ihm stets anrate, dabei alle
geheimen H£ndel, bo ihm vertraut, bei sich verborgen halte
bis in die Grube. Aufser einem Dienatgeld (300 Gulden)
solle Graf Günther, zu Hofe erfordert, und wiederum für die
Heimreise mit Uahl, Futter, Schlaftrunk, Eufechlag, Stall-
miete wohl veraehn werden, auch auswSrte yersohiekt, auf
kurfürstliche Kosten reisen, dabei mit Rüstung sich zu be-
laden, durchweg verschont bleiben. (S. A.).
Bevor noch der Kurfürst mit dem freudigen Landgrafen
auszog gegen den Ehreuechänder Heinz, befahl er allen seioea
Ständen, diesem Statthalter, Graf Günther von Schwarzburg,
parition zu leisten und solange er im Feld, da die Laufte
gar sorglich uud geschwind, ihm bei etwaigen Überfall der
Feinde alsbald allgesamt wohlgeriistet zuzuziehu. [S. A.).
Am 12. Juli erging der Absagebrief der Verbündeten.
Scheinbar nur eine Fehde persönäich erbitterter Gegner, war
doch dereotbrennendeKampf ein Widerstreit prinzipieller Gegen-
sätze, indem evaugelische Freiheit und starrer Katholicismua
zum erstenmal gegeneinander stiefaen. Darauf deutet Bohon
die tiefgehende Anteilnahme des deutschen Volkegemüt« und
der hervorbrechende Strom des Valksgeeange«, der in Liedern
freudiger Zuversicht, frischer Streitlust und fröhlichen Spottes
eich mit den Siegern über das feindliche Land ergofs. Ein
kurzer Waffen gang der wohlger listeten BuudeBhäupter ver-
trieb den unzulänglich vorbereiteten Gegner aus Heincm Be-
eitz, und selbst das feste Wolfenbiittel üel in die Hände der
glücklichen Bieger. Ein Fürst ohne Laud, suchte der ver-
jagte Weif vergeblich Hilfe, und ungestört konnte in seinem
Herzogtum die Reformation zu ihrem Rechte kommen. Bald
verechwauden zur Freude des Volkes die papietischen Greuel
„Vegevüres Missen, Hilgen anropen, Afflath, Monnekeryen,
Koaneryen, Uissepapen", and es erhielt daflit „dUdeach pre-
■
■
g^ Oraf Gttnther der Reiche tod Sehwarabiirg.
digt| dttdosohe Dope ane stinkende Olie und des Herrn Brod
tbo einer and dei Herrn Eelok thor andern Seiden des
Uiiches''.
Bo trug die kurze Fehde wesentlich dazu bei, der
protestantischen Sache in der norddeutschen Tiefebene weiteren
Boden za gewinnen und der Bevölkerung das zu geben, was
Bänke einmal ihr welthistorisches Gepräge nennt.
Der Sieg des Evangeliums in benachbarten Gebieten war
für Graf Günther und seine Lande von wesentlicher Bedeu-
tung. Nicht mehr bedräut vom Braunschweiger Heilüsspom,
konnte er ungehinderter und rascher die Eeformation der
untern Grafschaft zu Ende führen. Auch Abhängigkeiten
so mancherlei Art, wie von Gandersheim und andern Stif-
tern und Klöstern, liefsen sich nun zum Besten der kirch-
lichen und staatlichen Selbständigkeit seiner Grafschaft mit
gröfserer Leichtigkeit lösen. Den reichen Elosterbesitz zu
Schlotheim erwarb er durch Kauf (1644), während sein Lehns-
mann Hans von Ebeleben, der auch zur Eeformation iiberge»
treten, im gleichen Jahre aus den Einkünften des Walpurgis-
klosters zu Marksussra eine Schule gründete. Paul Jovius,
der Ohronist, stand im dreiüsigjährigen Kriege dieser Stifts-
sohule zu Ebeleben als Eektor vor. Yerschmähten es selbst
strengkatholische Herren nicht, ihre Hand nach Elosterbesitz zu
fitrecken, so mochte auch Graf Günther die Yorteile, welche
die Zeitlage ihm bot, nicht ungenützt vorübergehen lassen.
Die Klöster fielen. Auch in Frankenhausen, wo ein hoher
Grabhügel aus Salpetersteinen sich über die gefallenen Kloster-
Stürmer des Bauernkrieges wölbte, wurde die Eeformation
völlig durchgeführt. Selbst volksbeliebte kirchliche Bräuche,
wie die Mittemachtsmesse am Ohristabend, mufsten der Zeit-
strömung weichen. Der Pfarrer in Frankenhausen machte
damals geltend, wie den armen Leuten solch alter Brauch
gar tief ins Herz gewurzelt, wie er ja selbst einst dem JustuB
Jonas in Nordhausen, wohin derselbe vor der Pest geflohen,
in solch heiliger Nacht das Mahl des Herrn gereicht, wie
^ß Or»t aonthar dw Buch« van Sehwusburs- 39
F^UelanchtboD desgleichen dieee Uittera achtem esse in Jena mit-
gefeiert und auch Doktor Luther ihr geneigt geweeen.
Auch ia KudoUtadt. dem Wittum der Gräfin Katharina,
wo man den neuen Grafen für so papieÜEch ausgeachrien,
dafs selbst der Eetteljunge keia evangelisch Lied Bingen
dürfe, erhielt man Beweise Toa dessen f ürsorge für die
evangelische Geistlichkeit. Doch noch 1645 mul^te der neue
Pfarrherr Starke aus Pfarre und Ffarretube flüchten, weil aie
den Kegenstromeu nicht stand 2 üb alten vermoohtea. „0
guter Gott", rief der Arme, „in welch Wespennest hab ich
gerührt!" So war es fiist überall in der Orafaohaft um das
Auskommen der Geistlichen gar übel beatellt und Schmal-
hans Küchenmeister').
Als Graf Günther daher im Einverständnis mit dem
Grafen von Stolberg einen Klosterbof des Stiftes Ilefeld ein-
nahm, so machte er sich dem Kurfürsten gegenüber verbind-
lich, die Einkunft« desselben füi nichts anderes denn für
Unterhalt der Pfarreien uud Kirchen, der Schulen und anderer
christlicher Sachen verwenden zu wollen. So glaubte er auch
seinem Ersuchen, dafs Seine Kurfürstliche Gnaden ihn gegen
das Bei cbskammecge rieht mit Eekuaation, Abforderung oder
sonst in Schutz nehmen möge, da der Abt mit Klage gedroht,
erfolgreiche Wirkung zu geben. Bekanntlich entschied der
hohe Oerichtabof stets zu Ungunsten protestau tischer Neue-
rungen. Der Kurfürst aber erwiderte dem Grafen, dafs man
allerdings das Kammergericht schon mehrmals in dergleichen
Sachen günElich rekusiert, daTs aber solche Kekusation ledig-
lich auf die christlichen Ein ungs verwandten (die Sohmal-
kaldner) beschrankt worden. Er giebt daher dem Petenten
den Kat, mit allen seinen Herrschaften und Gütern, die des
Uauses zu Sachsen Lehen nicht seien, dem christlichen Bunde
zuzutreten, damit er, in denselben aufgenommen, auch des-
selben Schutz und Schirm vollauf geniefse. (S. A.).
^ 1] Vargl, Laadasknnda des Filratantums ächiraizb.-BudolsUdt 1
Lold SigUmaiid. I. Teil, Bndglsudt 1968.
40 ^^ Gfinther der Reiche Ton Schwarebnrg.
Wir sehen, daidB der Earfürst seine Sehwarzburger Lehoi
als zum Bandesgebiet gehörig betrachtete.
Graf Günther hat der Aufforderung seines Lehnsherrn
nicht Folge geleistet , wie er auch, obwohl öfters erfordert^
nur selten zu Hofe kam. Schon Weimar schien ihm bei der
yyOft unyersehenen Schwachheit seines Leibes'' su entlegwi,
auch hielten ihn in dieser Zeit Sterbensläufe zn Sonders-
hausen zurück. Doch dafs er d^m Kurfürsten wichtige Dienste
geleistet, erweist schon dessen Verlangen, ihn nach Ablauf
der zwei Dienstjahre ^ zu denen er sich yerpflichtet, noeh
weiter im Amte zu sehen. Auch wufste er die kurfttrst-
liehe Gnade bei anderer Gelegenheit noch insbesondere zu
gewinnen.
Die Schirmvoigtei über Stift Paulinenzella hatte der
Graf bei Erbanfell der Lande seines Vetters mit überkommen.
Als er aber, den Fufsstapfen seines Vorgängers folgend,
daran ging, das Kloster mit dem Überrest seines ehemals
weitreichenden Besitzes vollends zu säkularisieren, die fanlea
Mönche in die Weltgeistlichkeit überzuführen, den Abt aber
durch ein fixiertes Jahreseinkommen zufrieden zu stellen, so
wurde Seine Andacht, Abt Johann der fünfte, flüchtig und
rief ein „ins Elend Verjagter" den Schutz des Kaisers an,
den Schutz des Oberschirmherrn, bei dem das Stift yon altera
her zu Lehen ging.
Der Kaiser hielt zürnend dem Grafen die alte Bestimmung
Tor Augen, dafs der Abt, so der Schutzherr zum Schädiger
und Schmäher werde, sich einen andern zu erkiesen jeder»
zeit das Becht habe. Er bestätigte die Wahl Seiner Andacht,
die sich den Grafen von Schwarzburg-Leutenberg zum Voigt
erkoren. Zum Glück für Graf Günther, dafs es doch noch
zu schiedsrichterlicher Entscheidung kam, die ihm die Voigtei
zusprach. Doch der Leutenberger gab seine Ansprüche
nicht auf, und die Gefahr des Verlustes lag nahe genug.
Da nun, um sich einen mächtigen Schirmherm in der
Nähe zu gewinnen, während der Kaiser meist in der Ferne
weilte, trug Graf Günther mit dem Versprechen, das Ein-
ßnf GOnther der Reieb« ron Sefavwibni^.
41
immer
Wein-
li 100
InmeD der Pauli neDZ eil a nar za weisliobeo und mildea
"Werken, zur Erhultung dea göUliohen Wortes und seiner
Diener zu YerveodeD, die Lehen über das Stift dem Eur-
fuTdt Johatm Friedrich auf. Dieser nahm denn anoh das
berühmte Kloster samt aller sotncr Zugehoruug, damit ea
nicht durch tadliche Handlang in andere Hände tcotnme, in
seinen Ober- und Erbschnlz. Fortan mit eingeschlossen ia
die andern seh varzburgi sehen Lehen der Emetiuer, sollten
dieselben in Ewigkeit ungesondert bei einander sein und
bleiben, (S. A.). DaTs der Graf Günther seinem Lehnsherrn
zu jeder Zeit mit Reisigen und FnfsTolk auf das StattHchate
und Stärkste zuzuziehu verpflichtet sei, gab Johann Friedriob
demselben oft genug zu verstehen.
Noch immer gehörten zam Kloster, so Übel
mit dem Seinen ge wirtschaftet, sieben Dörfer, noo
besars es in 54 Ortschaften Vorwerke, Xoker, Wiese
berge, Waldungen, Weiher und Teiche und bezog
Ortsobaflen Zinsen. Doch hatte schon Graf Heia
Klosterbesitz zu dem dominium herangezogen.
Graf Günther UHhm, die Stiftegüter in eii
Stand zu setzen, zum SohÖBser Peter Watzdorf in Arnstadt,
von dem er sioli der treuesten Dienste versehen konnte. Die
kürzlich aufgefandecen Uechnungeu desselben ergeben, dafs
noch immer einige Mönohe im Kloster zurückgeblieben. Ein
Freund der Wissenschaft, kaufte der neue Schosser denselben
den Donat and andere Bacher, um sie aus ihrem Fanlenzer-
leben ein wenig aufzurütteln. Dio Benediktiner des Stiftes
haben zu keiner Zeit wissenschaftliche Bestrebnngen zu er-
kennen gegeben. Nur einzelne Bruchstücke aus Trimbergs
Benner liefsen sieh auf den Einschlägen alter Elosterreoh-
nangen ausfindig machen.
Wie in der Paolinenzella, schritt die Reformation auch
in Arnstadt raschen Sohritles vorwärts. Uörüa und seine
Diakonen tbateo das Ihre, dem Evangelium in Stadt und
Land eine bleibende Stätte zu bereiten.
Auch das geistliche Spiel wurde zu Hilfe gerufen, die
4
I
I
-42 Graf Günther der Reiche von Scbwarzburg.
Herzen für das Eine, was Not, zu gewinnen, während die
vielen Heiligenaltäre, insbesondere der Liebfraaenkirche, bei*
Seite gestellt wurden. Warmherzig, ein fröhlicher Geber,
nahm sich Mörlin der leidenden Armut liebevoll an. Da
sein Einkommen, wie der meisten Geistlichen des Landes,
nur schmal bemessen war, wandte er sich um Aufbesserong
«einer Bezüge an den Grafen. Ein solch Bittgesuch fiind
«ich noch kürzlich im Britischen Museum zu London. Doch
legte der Goitesmann, wie er zu sagen pfl.egt, beim Sohlafen-
gehen seine Sorgen allzumal unter das Kissen seines Hauptes
und schlief den Schlaf des Gerechten. Jungen Predigern
aber gab er bei ihrem Amtsantritt den Wahlspruch auf ihren
Lebensweg: „Arbeite redlich, meine es treulich und bete
^eifsig!'' In diesen drei Stücken ging er ihnen selbst mit
leuchtendem Beispiel vor. Und doch stand, wie wir schon
sahen, der getreue Mann bald in heifsem Kampfe, nicht mit
>einer papistischen Gegnerschaft, sondern mit der städtischen
Aristokratie der Eatsverwandten. Mancherlei Gebrechen,
namentlich der Hospitalverwaltung, unter welchen seine lieben
Armen zu leiden hatten, mögen den eifernden Bufsprediger,
der nicht nur die Sünde, sondern ebenso den Sünder strafte,
>zu den schärfsten Angriffen fortgerissen haben.
Vom Fredigerstuhl zog er wohl gegen die „Stadtjunker-
iein'' drüben im Batsstand zürnenden Auges zu Felde, „die
da sitzen wie die gemalten Männlein im Kartenspiels selbst
auch gegen den regierenden Bürgermeister, den er des Geizes
beschuldigt und der, seines Amtes sich brüstend, sicher ein-
herzuschreiten gedenke. „Macht auch dein Amt deine Person
«ündenfrei ?'*
Da schlössen sich die dem verhafsten Strafprediger feind-
lich gesinnten Elemente zu einer Rotte zusammen, die man
die schwarze nannte. Die ganze Bürgerschaft nahm Partei
für und wider, und bald kam es zu unruhigen Auftritten.
Der Graf redete in einem öffentlich angeschlagenen Mandate
zum Frieden, ohne dafs sein Bemühen gewünschten Erfolg
J[)rachte. Eines Morgens fand Mörlin über der Thür seiner
Vehnang Reiseschuhe aogeheftet mit der höhneodeu Za-
flchiift : Sarge et ambula I Mörlio aeiDsiaeita schrieb die
Worte darunter: Hie moa est horam Undank in fine labonim!
Der Bat, in desaun Hand fierufaug und Enturlaabung ihrer
Prediger lag, kündigte ihm sein Amt. Auch der Graf er-
teilte ihm als Suporatten deuten den Äbeohied (Michaeli» 1543).
Vergeblich drang Mörlin auf Verhör und gerechtes Oe-
rioht. Br. Luther, dessen Bat er sich einholte, zeigte sich
aufs äufaerate erbittert über die ,,koppiaoh6n" Arnstadter und
riet zum Gehen : „Wenn sie euch nicht aufaehmen", schrieb
er, „so gehet hinaus aus jener Stadt und sohUttelt den Staub
-von euern FoTaen. Sie haben nioht dich verworfen, sondern
mich, spricht der Herr!"
Ja, wie mit einem Banne belegt er Arnstadts Biirger-
achaft : „Ich werde den nicht für einen frommen Mann, ge-
schweige denn für einen getreuen Hirten achten, der sie in ihrer
Sunde und Bosheit bestärken wird, d. h. der es wagen sollte,
deine Stelle anzunehmen. Der Herr wird ihn und sie zu-
gleich riohten. Wir sind ohne Schuld; ihr Blut komme über
ihr Haupt!"
Nioht anders, schrieb Luther seinem getreuen Märlin,
verde er auch zum Grafen reden, der, wie er höre, eine
Botschaft an ihn abaendea werde.
Luthers Bat gemäfs entschlafs sich Uörlin zum Gehen ;
doch blieb er noch, wenn auch ohne Amt, bis zum Frühling
in Arnstadt. Uer Eurfürat Johann Friedrich wollte seia
Wittenberger Landeskind zum Hofprediger haben. Obwohl
Mörlin recht wohl wufate, wie der Karfürst „Beides die
äcbärfe und Liudigkeit des göttlichen Wortes wohl leiden
könne", mofste er doch um der Höflinge in weichen Klei-
dern willen bei Annahme der gleichen Erfahrungen gewärtig
sein, aU er in Arnstadt gemacht, „Ja, weon er ge-
schwiegen", sagte Mecum, „hätte er gute Tage sehen mögen !"
Dnrch die Vierleute, die Vertreter der Quartiere, ge-
langte noch ein besonderes Gesuch (12, Jan. 1544) an den
Grafeu um Wiederanstellung ihres Pfarrherrn , der Gottes
I
44 ^^ Gfinther der Reiche Ton Schwaribnrg.
Wort lauter und klar mit höchstem Fleifs, Treu, Mühe imA
Arbeit gelehrt und gepredigt und in Sterb- und Lebens--
Zeiten alle Geftthr hintan gesetzt Der Graf selbst solle dooh.
wenigstens, was ja einem Juden, Türken, Heiden nur an»
billig versagt werden könne, den Doktor zur Antwort kommen
lassen.
Auch die Leipziger Fakultät, bei welcher der Rat ein
Gutachten eingeholt, sprach sein höchlich Verwundern aus, dafa
derselbe sich unterwunden, in eigener Sache zugleich Pari
und Bichter zu sein, und erklärte es für unbedingte Pflicht^
Mörlin zu restituieren und über die Sache durch ordenüiohe
Bichter erkennen zu lassen.
Der Graf liefs Mörlin fallen und zeigte den Yierlenten
wegen ihrer Bittschrift sein höchstes Mifiifallen.
„Mein lieber Freund", schrieb aber Luther an Peter Wats-
dorf ^), „dafs solche Schrift der yier Bürger zu Arnstadt an.
den Grafen sollte aufrührisch sein, ist mir unmüglioh zu Ter-
stehen, weil es eine dehmütige bittliche Schrift ist, an nie-
mand anders, denn an ihre ordentliche Oberkeit für einen
getreuen, gelehrten Prediger, darin sie vielmehr zu loben,
denn zu schelten seyn sollten.*'
Auch in einem Briefe an Amsdorf, der Mörlin naolL
Naumburg ziehen wollte, spricht sich Luther voll Bitterkeit
über die seinem Liebling gewordene Behandlung aus.
Schon am 6. Feber aber konnte er denselben wegen
seiner Berufung nach Göitingen beglückwünschen und ihm
bei der Gelegenheit auch die pikante Mitteilung machen, dafs
der allerchristliehste König dem Seeräuber Barbarossa einen
seiner Hafen geöffnet und ihn daselbst einen mahometischen.
Tempel erbauen lassen.
Im Frühling verliefs Mörlin die Stadt, wo es ihm so
1) Der Brief Luther's, datiert Pauli Conversioms 1544, welcher ia
de Wette's Sammlung die Überschrift „an einen Ungenannten*' trfigt, ist
offenbar, wie es auch der Brief an Mörlin vom 6. Februar ergiebt, an
Peter Watzdorf gerichtet.
hleolit ergaogen, und zog eeioeB Wege« DBoh OÖUiag«D.
I grofset Teil der Bürgeriohaft gab ihrem getreuen 6m1«d-
liirteD Dntei Tbränen und Sohiachsen das Geleit.
Wie der Graf niohU gethan, den vielen Uativervandton
unbequemea Baraprodiger zu halten, so liett er auoli de»en
Diakonen l^len, die zugleich mit ihm ihre Eutluaaung or-
hielten. Doch fand Laaiua in der Grfifsohaft und «war xu
GceoTBea wieder AnBtellung. Ale aber seine Strafpredigt an
etürmiache Äu&egung wach riefen, wurde er naoh längerer
Yerhandlang seines Amtes eutlaasen. AU Doktor Luther
FUrspraolie einlegte, so gab Graf Günther in eigenhändiger
Zuschrift dem Keformatoi sein Befremden zu erkennen, dafs
gedachter Uagister über Gewalt und Unrecht klage, während
doch in seiner Uerrsohafl auch dorn Geringsten keine Dn-
billigkeit widerfahre. Seine Bäte würden gar bald seiner
Würden „griindelichen Bericht tfaun, doCs 8r. W- des Uagi-
sters unartiges und unptlliges olagen ol&rlioh befunden mögen".
Der Abgesetzte fand über Wittenberg seinen Weg in das
Pfarramt zu Spandau, wo er 9 Jahre verblieb und anter
andern ein W ei hnaobts spiel ver&fste, das eine berufene Hand
kürzlich veröffenlliehtoi).
Wegen der gestörten Beziehungen zu Wittenberg , das
den Eirohge mein den in Stadt und Land neues LebeniUut
zuzuführen pSegte, sah man eicb in Arnstadt genötigt , den
aus Kreuzburg rertrlebenen Spenlein als Prediger anzunebnen.
Spenlein wie seine Diakonen waren Schüler des 8eniar Lenge
in Erfurt, unddieser wünschte 1-046 dem Bürgermeister Am-
Btadts Glück, dafs der kirchliche Friede hergestellt. Im
übrigen durchaus nicht friedlicher Natur, l'uhr Spenlein
wenigstens fein säuberlich mit den BatsTerwandten, während
der Eifer am Gott wohl Mörlin über die Schranken selbst
des damals Erlaubten fortrifs.
Gleichzeitig mit Märlin hatte der Bat auch den ihm
4
1) Ein 1
1649. Rarauagegabau TOD Johannes
46 Oraf Günther der Reiche von Schwaribnrg.
treu ergebenen Bektor Styger enturlaubt. ^^Eine Bette eigen-
sinniger Leute'', schrieb Mykonius an seinen Kurfürsten, der
Auskunft über diese Vorgänge verlangte, ,yderen mehrere
weder schreiben noch lesen können , bestellen solch hohe
Ämter nach ihrem Willen, das ist zu Yerderbnifs aller Stil»
dien und Zucht."
Solche sich oft wiederholende Vorgänge machten eine^
Beschränkung des Anstellungsrechtes des städtischen Begi-
mentes zu einer Notwendigkeit. Die neuen Statuten, die-
Arnstadt Miehaelis 1543 bekam, „damit die stadt desto fiirder*
lieber und bequemer gedeihen, an iren narungen zunemenn
und in einikait lebenn, in baulichen und pleiblichen wesen
mochte erhalten werden", legten die Besetzung der geist-
lichen Stellen in die Hände des Grafen und des Propstes su
Unser lieben Frauen, der aber schon zu einem Schattenmann
herabgesunken. Die Lateinschule wurde unter gemeinsames
Patron at des Grafen und der Stadt gestellt.
Trotzdem sah auch der neue Bektor schon nach Ablauf
eines Jahres sich wieder enturlaubt. Und doeh war er ein
Mann berühmten Namens: M. Kaspar Brusohius, der zudem
es nicht unterliefs, die Potentaten nah und fern in zierlichen
Oden anzusingen. Wie den Grafen selbst, den feinge-
bildeten, tugendgeschmückten, mit allen Erdengütem be-
glückten Herrn, feierte er auch das Gedächtnis seines holden
Töchterleins Omelia, welche die damals in Sondershausen
wütende Pest in ein frühes Grab warf. Selbst einem seiner
Schüler aus angesehenem Patrizierhause, welcher der Pro-
zession am Gregorfeste in bischöflichem Pomp auf stattlichem
Bosse Yorangezogen , widmete der gekrönte Dichter drei
Oden, die man während des Festzuges abgesungen. Und
trotz alledem — entlassen, entlassen mit guten Zeugnissen des
Bates und des Grafen ! Weggelobt, wie man heute sagt, fand
er zwar bald wieder Anstellung, aber im wesentlichen führte
doch der berühmte Humanist, nirgends fremd und nirgends
daheim, ein Wanderleben, bis ihn verruchte Mörderhand im
Walde bei Bothenburg a/T. niederstreckte.
Omf Gfinlhet der Reiche von Sohwariliarg. 47
r
^^V Autsh dee BruiohiuB Nachfolger in Arnetadt war nach
^^9Whresfri8t ein entlaasener Mann. In dem aich immer wie-
deibolenden Annehmen und Enturlauben , Kommen und Qe-
hen epiegelt sich eben der so unruhige Geist der Hefor-
IaMliDDBzeit
t Aber mehr noob als diese Händel nahmen den Grafen
loabrechende Zerwüifnieae mit dem Eurfarsten in Anspruch,
derselbe, ein gestrenger Lehnaherr, der von seinen Beohten,
wirklichen oder yeTineiiitHchei], keines auch nur um eines
Härleina Breite aich kürzen liefs, beanspruchte in der Kerr-
schaft Arnstadt „mit ihren Zu- und Ingehornngen, als einem
Lehnsgut eigen tümlich zu dem Lande in During und zu
Ihre Eurf. Gnaden gehörig und in Ihrem Lande und Für-
Btentumb gelegen", das Strafsengeleit voll und ganz. Nur im
ITamen aeiaes Lehnsherrn durfte Graf Günther duichreiaen'
den Potentaten das Geleit geben. Wie heftig brauste der
Zorn des hohen Herrn auf, als aich Graf Wiihelm von Henne-
berg 154(1 unleratund, dem Ton Gotha her durchreisenden
Ffalzgrafen rriedrioh bei Bheia schon in Martinroda auf
aächaischem Boden das Geleit anzutragen, das ihm doch erat
ein Viertel Weges vor Ilmenau gebührte, aioli unterstund,
die sächaiachen Geleitemanncn abzudrängen und abzuapannen
und mit dieifsig Pferden dae Vorreiten einzunehmen, ja un-
erhörter Weise auch Jenseit Ilmenau bis Kur Elause! Hatte
doch seit zehn, dreifsig, vierzig Jnhren und darüber „langer
auch von undenklichen Zeiten" niemand anders dae Geleit
denn Sachsen „da vo der Sohwarzwaldt anfähet und do
dannen biTs zur Clauaenn und fort bis ann Bensteigk, wie
dann des orts der Schwarzwaldt -wendet!" (A. A,)
Graf Günther seinerseits versah es bei seinem Lehns~
herm mit der Türkensteuer. Noch war er gleichzeitig mit
dem Eurfürsten im Frühling 1544 auf dem Heichetag zu
Speier, ohne dafa dieser das geringete Afifsfallen äufserte,
■einen Lehnsmann dort zu achcn. Solj'man dea Prächtigen
Eprdringen, zumal da der franzüeische König sein Fartner,
tuen bedrohlich genug, um die deutschen Fürsten zu einem.
^ Graf Günther der Reiche von Schwarzbnrg.
oDgern ZusammenBohlufs und zur Gewährung der Beicluhilfe
zu beBÜmmen. Auch erliells der Kurfürst ein Patent, in dem
er seinen Lehnsadel aufforderte, sich bereit zu halten. Eine
Eule Gottes sei der Türke mit unerhörter Macht im An-
zog gegen Hungarn, um alsdann seinen Kopf auch nach der
deutschen Nation zu strecken und alle christlichen Lande
mit Mord und Brand zu überziehen.
Diese ideale Gemeinschaft des Christentums gegen den
Islam, des Occidents gegen den Orient, wie sie damals oft
genug verkündet and gepredigt wurde, erwies sich aber
immer wieder hinfällig und ohnmächtig, sobald sie in Wirk-
lichkeit umgesetzt werden sollte, und kurzem Aufischwung
folgte YerstimmuDg und Zerwürfnis. Selbst zwei schwars-
burgische Dörflein fielen hart aneinander, als nun Graf
Günther die Türkenhilfe ausschrieb, welches doch Ton
ihnen das yierte Rad und das yierte Pferd an dem Keer-
wagen zu stellen habe! Und wunderbar! Kaum hatte der
Graf die Offensiyhilfe in seinem Lande angekündigt und
auch die Steuer zu erheben begonoen, als des Kurfürsten
strikter Befehl einlief, jene sofort wieder aufzukündigen,
diese seinen XJnterthanen zurückzugeben, da ja allewege die
Erhebung der Beichssteuer in des Grafen Lande allein bei
dem Kurfürsten stehe. Es wurde auch seinen XJnterthanen
bei schwerer Pön und höchster XJngande yerboten, die Tür-
kensteuer an den Grafen zu zahlen, der ohne Yerwilligung
seines Lehnsherrn solche beansprucht.
Ja, am stillen Freitag 1546 wurde ein „Reitender blasender
Truhmeter'' mit zweyen Schössem nach Arnstadt geschickt,
die an die Kirch- und Ratsthüren Patente anschlugen, dafs
die Bürgermeister und Stadtschreiber zur Yerantwortung
nach Weimar entsandt werden sollten, da sich die Stadt
nicht willig gezeigt habe ^).
Über einen Monat hinaus muTsten die Spitzen der Stadt
1) Vergl. Unamstöfsl. Beweifs der Schwarzburgischen uhralten Imme-
dietät und Reichs-Freyheit. Beylagen. Gedruckt anno 1716.
Haft (in «ineoi Gewölbe!) für ihr«n üngehorMm bäfeen.
Die Biirgeracliaft tnuTite in einem PergameDtbrief sioh strikte
Terpfliohten, bei einem weitern Falle solober UnbotmäTugkeit
ttlabald 4000 Thaler Straigeld an die karfüritliotie Kaue
einiueableD.
Or«f Güather, der nicht zum LandBaaeen werden und «ioliin
Jea EurföiBten weitreichende Plane, (ar welche die Türken-
■teuer nur die Handhabe bot, nicht fügen mochte, nahm
in seiner BedrfiDgnia »eine Zufiuoht enm Ksiaer. In geiner
ImpIoratioQBsohrift hatte er über die Eingriffe des KurfUnten
in aeine reichsttändiaohen Gerechtsame gar bittere Klage la
Ten.
Koch kürzlich tod Worms aus, wohin er einen seiner
SKte zur Yertratung entsandt, war der Qraf Tom Kurfürsten
in scharfer Zuschrift bedeutet worden, dafa Ihre Kurf. Gn.
alle Grafen, Prälaten und Herrn , ao unter dem Hause Saoh-
sea in During geseasen , uff jeden Beichstag selbst zu Ter-
tieten pflege. Gegen aolch Vorgehen mufi der Bittsteller,
als der Viergrafen einer und nicht der letzte — Kleve,
Schwarsburg, Cillj, SaToyen (das italische Königshaus) lau-
tete die Beihenfolge — als ein Beichsstand mit allen seinen
Würden, Ehren und Gerechtigkeiten , der ateti unverhindert
and geruhiglich, gleich seinen Torfahren, dem Kaiser und
Beiche Dienste und Hilfe geleistet, Protest erheben nod
Beschwerde führen.
Sei es doch zudem im ganzen Heiligen Kämischen
Beiohe kundlioh and offenbar, wie Graf Günther und seine
Alanen Ton je alle Anlegen, so Tom Beiche bewilligt, «ei es
wider die Türken , zur Unterhaltung des Kammergerichts,
■ei es zum Komiuge oder sonst, mit Mannschaft zu Rofs
und Fnfs, oder mit Geld, als freie Keichsstände stets selbst
geleistet und als solche ihre Unterthanen selbst belegt
Zum Beweis der Wahrheit legte der in seinen Bechten
■o hart Gekränkte gar manche Erforderung dar eohwari-
burgischeu Grafen zu den Beichstageo, Quittungen der Keiohs-
XYI. 4
n
50
piwmi|Mriiiir md aaden DoknmcBte Mmor Bichwerda-
•ehzift bcL
Aach MM Kämig Ferdiaand wandle deh der Gnf wegen
der bShaüeehen Lehen, in denen der Knzfant m flerfien
der TGi^enfteoer ihnliche Anepraehe eriiob, eli in Anuladt.
Zwar waren dieselben, die Ämter Blankenbnrg nnd Bvdol-
■tadty naeh maneherlci Immgen anf einem Tage ra Weimar
(Herbst 1548) nnd zwar unter dem Yonitx dee Kurfimten
•elbi endgiltig der Orifln Katharina xnm Wittnmb mge-
sproehen worden, aber doch mit der beaehrinkenden Be-
stimmung, dafs Waldgedinge, wie Steuer and Zdient ledig^eh
Graf Günthers und seiner Erben sein und bleiben solle.
TJm so mehr sah sieh König Ferdinand, dessen Intereession
Graf Günther sogar personlieh in Worms angerufon (Mai
1545), yeranlafst und bestimmt, denselben „ein glidt und
der Yiergrafen des Bdmiseben Reiches einen^ in seinen Ge-
rechtsamen SU sehützen und den Beamten des Kurl&rsten
solche Verhinderung, Neuigkeit und Kingriff ematlieh su
yerbieten. (8. A.). Vom Kaiser selbst liegt wenigstens
aus späterer Zeit eine Kundgebung in Gunsten des Grafen
Tor, indem er dem Kurfürsten gewaltsame Eingriffe in die
Rechte seiner Lehnsleute Torwirft
Obwohl so Lehnsherr und Lehnsmann in Zwiespalt^
war es doch der Kurfürst, welcher den Grafen mit einer
ehrenyollen Mission betraut wissen wollte. Die wachsende
Gefahr der Lage drängte die Protestanten zu engerm An-
schlufs an das Ausland. Die Schmalkaldner dachten daran^
den gesamten Protestantismus zur gemeinsamen Abwehr der
in Trient sich zasammenschliefsenden hierarchischen Gewal*
ten zu Toreinigen. Auf England konnte man aber nur dann
sich Hoffnung machen, wenn es durch einen Frieden mit
Frankreich wieder freie Hand bekam. Da beide Mächte zum
Frieden geneigt und die Vermittlung guter Freunde will-
kommen schien, so erhoben die Schmalkaldner die Abord-
nung von Gesandten zum Beschlafs. Der Kurfürst, obgleich
im Grunde wenig geneigt, mit dem englischen König, „dem
unohristlichen Uann", wieder anzuknüpfen , brachte sei
Lehnegrafen in Vorschlag. „Wh dann Qott", tchrieb Buoer
(StraTtb. 12. Juli 1546) au Landgraf Philipp, „gnad wolle ge-
ben , das die Baohen sich zum friden wolt«n schicken und
einen dapfem, ansichUgea Eotechafter Ton nöten eein wurde,
hat der Chf. grave Günther von Schwarzburg, der latin kau
und tust auch ein hoTÜcher grave iet, erkiest." Ee lind aber
andere Batschafter gegangen. Aach brauste in der Nühe
wieder ein Krieg auf, die zweite Fehde gegen Heinz Ton
Wolfenbüttel. Qraf Günther muTste sich mit Hannen zu
Rofs „aufa allerBtarkate und statt! iob sie, so viel er zu unter-
thSoigem Willen und Gefallen aufbringen konnte und aui
Bflintr TJnterthänigbeit gegen den Kurtiirsten seinen Landee-
berm ohne Zweifel geflissentlich und gewilligt" bei Tag und
Sacht bereit halten und ebenso mit 600 Mannen zu Fufs, den
besten und zum Kriege wohl geschicktesleu, ;,6. A.) Graf
Günther gehörte zu den Fürsten, die zwischen den zuaam«
menstofsenden Gewalten noch zu vermitteln suchten. Yer-
gebliohes Bemühen! Ein kurzer Waffengang machte den
Heim von Wolfenbüttel und zwei eeiner Söhne 2u Gefange-
nen des freudigen Landgrafen, der sie auf seine; FeBte
Ziegenhain in Verwahrsam braohte.
Aber trotz dieser glücklichen Fehde rerfinsterte eioh
der Horisgnt für die Protestanten in sehr bedrohlicher
Weise. Statt des erwarteten gemeinsamen grofsen Sriegea
gegen die Türken war es zu einem Frieden gekommen, in
welchem die Habsburger auf den Besitz TJngarne Verzicht
leisteten, für einige Grenzplatze aber, die sie in ihrer Hand
behielten, Soleyman einen Tribut eu zahlen hatten. Die
stolzen Spanier und ein solch ruhmloser Friede ! Das gab
zn denken 1 Und schon nahten eich die Verhandlungen zu
einem Bündnis zvisoheu Kaiser und Papst ihrem Abschlueee.
Schon war Ottavo Farnese, der Enkel des Papstes, der Ei-
le Kaisers. Schon war auch wider der Fiotestanten
das Konzil zu Trient erüfEnet.
8 (Tahr 1549 kam, und die Dinge liefscn sich für die
4
52 Onf OfiatiMT der Reiebe tob SehwAnlmrg.
ProtetUaieii um nioiiti bester an. Zwar war wiadeir IIa-
HgionsgeBpraoh zu Bef^Bborg, aber die Leümg in den
Haniinn glaiibeiiastolser Hitpanier, die avcb nioht den lei-
sesten Hauch ^dentseher Meinungen^ dulden moditen. Aneh
leidensohaftliehe Optimisten gaben jede Heffhung der Yer»
stfindignng auf. Mitte Feber war es, als die Beehtfariigimg
durah den Glauben anf die Tagesordnung kam, in der
hingnisToUen Zeit, da in Sisleben heimging, der sein«
Yolke diesen Trost ans der H5he gebraeht. Bin Graf Ton
Sehwarsborg, Graf Heinrieh Ton Lentenberg, der Sehieda-
riehter einer in den Mansleldisehen Hindeln, stand mit an
Luther's Sterbebette.
Auoh Myconius, der Befermator Thüringens, legte nnr
wenige Wochen spiter sein mOdes Hanpt sdilafoi. Tsdna
krank glaubte er dodi in seinem Absehiedsbrief an den
Kurfürsten denselben noch ob Luther^s Heimgang triisten su
minaen. Am Bnde seinee irdischen Hirtenamtas, deessn er
audi über Sehwanburg gewaltet, „wekhee sieh n ihm, sn
Christo in ihm gehalten*, tritt dem getreuen Mann aneh der
kirehliehe Hader au Arnstadt nodi einmal tot die Beeln.
„Allein, dsis Dr. MSrlin an Arnstadt Unrichtigkeit angsridilol,
kam daher, dafs er wider Dr. Philippi Schrift und Irmnh-
nung sieh meiner und des Jnstns Menü inisert, meint Tiel-
leicht weil er ein junger Doktor wire, es dirllo kein Dok-
tor lernen, wie sum in unsem Heim Gottes Hanse hano>
halten soUto. Selch HeAübrt bedreugt riol fmner
Leute!''
Wie schwer haben doch dem getreuen Mann die
stidter Wincn auf dem Henen griegen! Daa Zeugnia
Simrbendoa Mhmnt do^ das stidtisdlie Begiment und den
Grafcn. der »dmi jungen Dekiai^ entUefs, wusentlieh n
entiaslen. Bin geridiüi Aes ToithSr wurde nur die leidon-
sehaftficho Aufregung der Partoien goitia^wt haben
Mit dem Heimgung Lutho^s schien der cA bedroht»
Friede lu Grabe getragen. BoMh«! Schritles nahte die
Zeit, ve um die hddwtmi Binsitie, an^ um Flrslonhtte
Qnf Günther der Keich
a SrinAizbarg,
r
^^m 'Und Kronen ein verwegenes Spiel begann. Sohoo mehrten
^^B noh die Zeichen kommender Stürme. Wie Bollte msn ea
deuten, dufa am Bhein wunderbare Münzen aus dem SchoCaa
der Erde zu Tage kamen, geschmückt mit einem Cäsarenbild
and der laachrift germants vicüa? Auf dem EyffhäuEer-
berge aber entatieg aeiner ateinerneu Schlummaratätte der
Hort deutaoher Herrlichkeit — Eaiaer Friedrich ! Wenigitene
ging ein eolcb Oemunnal durch Dorf und Stadt ringsum,
nnd ein Au&teigen und Kennvn vieler Menachen nach der
aagenumrauachten Bergeahöhe deutete auf liefe Erregung der
Gemüter. Selbst zu des KurfnrBteQ Johann Friedrich Ohien
H
dinngeu Gedachte v
er darch eeinen Eäi
Dinge erkunden.
Der Kaiser aber
irstandeneu Kaiser, un
1 Ponikau diese
rasch tiefa
wundersamen
I Graf Günther eigenhändig berich-
tete , war nur ein arm Sohneiderlein aus der langen Salza.
Früher ob einiger Irrungen mit dem Rate der Stadt gefäng-
lich eingeeogeu, war er, wahnwitzig und irr, schon nach
etlioben Wochen losgegebeo worden. Nocbmals vom Grafen
Wilhelm von Henneberg mit unruhigen Wiedertäufern ins
Gefängnis geworfen, hatte man ihn auch jetzt unschuldig be-
funden. Als man ihn in Bürgen Hände geben wollen, hat
der Gefangene BolchC's geweigert und ist, obwohl die Thär
offen gestanden , bei zweien Jahren im Kerker verblieben
Erst vor wenig Wochen in diese Lande zurückgekommen,
' hat er aaf dem Kuffbeusischen Berg in einer Cappeln vier
I-Tag und Naeht bei «'inem Feuer gesessen. Ala aber die
'Leute, so dabei wohnen, dea Hauches ans der Kirche inne
worden und zu ihm gangen, haben sie ihn mit seltsam ver-
wirrten Haar sitzen sehn und wunderlich Beden gehört, in
ilenen er sich vieler Königreiche und KaisertumB berühmt.
Da Graf Günthers Landvoit gerade in Frankeuhansen ge-
wesen, iat er gegen Kyffhauaen geritten und hat viel Volks t>ei
dem armen Menschen befunden. „Es ist aber nichts, das eich
L Bu au&ubr und entpoiuog gebogen , gottlob vermerkt n
|jaen." {8. A.)
54 ^^ Oünther der Reiche von Schwarzbarg.
Wir sehen aus diesen Vorgängen wenigstens , dafs
die alte Eyffhäusersage — den Berg selbst , nicht, wie oft
behauptet worden, die Kaiserpfeds über Tilleda zum Schau-
platz ihrer Träume machte.
Welch schönen Einblick aber in die milde und men-
schenfreundliche Sinnesart Graf Günthers giebt uns der Ab-
sohlufs seiner Mitteilung! Frei und ledig läiat er den Pseodo-
friedrich, den ihm der Landyoit zugeführt, an seinem Ho&
gehen. „Denn es ist ein armer, wahnwitziger Mensch ohne
Falsch und Trag, der nichts redet oder thut, das sohädlioh
und gefährlich/'
Ein anderer Yorfiill regte in dieser schwülen Zeit Tor
Ausbruch des Gewitters, das drohend am Himmel stand, das
Yolksgemüt in seinen Tiefen auf. Der junge Spanier Diadus^
tier dem grofsen Eeformator nahe gestanden, war in Neu-
bürg an der Bonau yon seinem glaubensstolzen Bruder er-
mordet worden. Die nähern Umstände dieser blutigen That
wurden Graf Günthers Unterthanen durch eine Sohrift des Er»
fürter Senior Lange kund gethan, welche derselbe dem Böiger^
meister Ohilian zu Arnstadt gewidmet hatte^ ). Den
eigentlichen Urheber der That suohte man hier wie ander-
wärts in Rom. Dals ein neuer Kain seinen friedliebenden
Bruder Abel erschlagen und ungestraft erschlagen, ja den
päpstlichen Segen dafür eingeheimst, ging von Mund zu
Mund. Wessen sollten sich die friedliebenden Efangelisehen
yom Fanatismus des Papsttums versehen? In einem Beimgedidit
des Peter Watzdoi^ der von seinem Sohösseramt zu Panlin-
zella in seine bürgerlichen Verhältnisse zu Arnstadt zuiück-
^^ehrt war, haben wir Beweise der erregten Yolkestimmiing.
Doch reifte des Kaisers EntsehluTs nur langsam. Die
waohaende Gewalt der Hierarchie über sich zu sehen, gelüatata
es ihm ebensowenig, als es dem Papet um erhöhten Glaoz
der Kaiserkrone zu thun war. Erst der Obertritt des Hersogt
1) Hortleder, „Vom An€ug vnd Fortguig des Deutschen Krieges**,
teUt Lmiige*s Zuschrift ToUstiLodig mit
Onf GQatUer dar Reicbc van SctiwkrKburg. 59
^^UCorits — am 14. Juni ward« mtta in Begeosbaig di
^^Kdela einig — bracht« die EnUoheidaog.
^V So lange man den Krieg vortkuageieheD, so wirkte doch
^H äie unabweadbare Wirklichkeit dei aaibreohenden Kampfes
■^ erschreokend geoug. Doch selbst der Kurfürst konnte die
Notwendigkeit raichen Handelns niobt Ton aioti weiaeo. Peter
Watüdoif eobickte dem hohen Uerra nebat einem Gedicht '}
eioe TroBtsohrift zn. Hat doch, sagt der bescheidene Manu
über sein ktihnes Unterfangen^ ein meuaelein, wie Eaopus
fabuliert, etwan den stärkaten leben geholffen. Der Kurfdrat
antwortete mit gnädigem Dank für die Ubersohioktea Beime,
„die itzige fiirhabeade Kriegagewsrb und Kriegariiatung wider
uns und unsere mitverwandten in der Beligion betreffend".
Der Eurfüiat getröstet sich der Hilfe Oottes, die diesem un-
billigen, gewaltaamen fUrhaben gnediglich steuern und wehret^
" werde,
Die Werber der Bundeshäupter durohzogOD ganz Deutach-
land, ja selbst im fernen Mömpelgart hörte man ihre Trommel,
Während die geworbenen Heiter bei Koasel und Wittenberg
eich sammelten, wurden die Musterplätae der Knechte naoh
Thüringen verlegt, wo die Feste Grimmensteiu das Verbin-
dungsglied zwiaohen den hessischen und korsäcbsischea Lan-
den bildete. Während der freudige Landgraf bei Mühlhausen
musterte, lag des Kurfürsten Anlauf platz bei Arnstadt zu
lohlerahausen, wo die fruchtbare Ebene sich au die Torberge
dea Thüringer Waldes lehnt und die grofae Heer- und Han-
delsatrafse, welche von den Hanaaatädten naoh Nürnberg
führt, leicht verlegt werden konnte. Auoh liefaen die rüraten
fleifaig Reiter achweifeu, dem Kaiser etwa zulaufende Landa-
knechte aufzugreifen. Oraf Günther bot Defensionsvolk anf
zum Schutz uod Schirm seiner UnterthaneD.
Den UuaterplStzen der ayaDgeliaohen Fürsten, nicht
1
<
I) „Trostsprüche Allan Chriallichen Fürsten wider die newen Türckan
nnd Feinde des worts Christi." Dies UDicnm der Sdnigl. Bibliothek
Dmdea IrKgl dss Datom „Amsud des Hehelen Tiga Julii IGtB" and dla
DntersEhrift dsr Voired« „Patm Wstidorff in Ärnstsd öargei"
I
^ Qni Gfinther der Reiche ron Sehwanburg.
in Arbeit^ dureh Söhlige and Yorhma« ihnen den Weg za
«penen. (DonnenUiga naeh Petri P«iL S. A.)
Wirklich sahen sieh die Kondottiere des Keisexs, xuomI
da sich an die centrale An&tellang der Bandner nach Osten
und Westen eine Seihe fester Plitie sehlossen, damab ge-
nötigt, die geworbenen Reitergesehwader and Fahnlein ihrem
Xriegsherm aaf weiten Umwegen saiaföhren.
Um so mehr waren an&ngs die Bondeshäapter mit ihren
weit Torgesohrittenen Bastangen im YorteiL Wohlgemat
setsten sich ihre Heerscharen in Bewegang, and die Thä-
ringer Berge hallten wider von den langatmigen liedem
-der tangesfrohen Landsknechte:
Ach Karle, grolsmechtiger man,
wie hast ein spil gefangen an
on not in teatsohen landen?
Die Bandeshfiapter, welche sich bei Meiningen Toreinigt,
aberschritten am 30. Jali bei Schweinfort den Main and
standen schon Anfisngs Aagnsti an der Denan. Im Oberland
war bei einem Dnrcheinander Ton Befehlen and Wünschen,
bei einem Widerstreit der Ansichten and Interessen noch
henlidi wenig geschehen, dem Kaiser, der bei Begensbnrg
stand. Abbrach sa than.
Da war es Graf Günthers Unterthan, jener Peter Watx-
dorf wieder, welcher in mnem dem Dr. Mörlin gewidmeten
Beimgedichte ,3nMÜii^ung an die oberländischen and sechsi-
sehen stedte, nach landschaflen der christliehen religion rer-
wandten" für festgesehlossenes Znsammengehen gegen die frem-
den Nationen mit ihren schmaehToUen Lastern, gegen Papat
and Kaiser ein ernstes Wort redet. Ja, aach gegen den
Kaiser, der sich seines Ahnen, des getreaen Maximilian, and
seines edlen Wahlfürsten Friedrichs ron Sachaen darch den
Krieg gegen das deatsche Yolk and das ETangeUam so an-
kert gemacht :
Oraf OUntber dar Baiche raa Sahwarcburg.
Scheuobt niobt, ob wohl der keilet das beubt;
die weil er gotle» Worten nicht glenbt,
muX« wir den sprocb gebranchen fein
mehr gott, denn ihm gehoraam au sein.
Hatte der Kaiser das Stichwort aaigegeben, dafs dieser
Kampf mit der Religioo nichts 2u sobaffea, ao warnte der
Dichter, solchem Vorgeben Olauben zu «cheaken :
Im Wie allbereit etliche junge fursteo
^ nach zeitlicher ehr begiat zu dürsten, '
m gtaabeu den kaiserlichen Worten fein,
j. u. .. w.
, Das schon erwähnte Dankschreiben Johann Friedrioha
fax ein Trostgedicht Watzdorf« war dieser Ermahnung aa die
Städte Torged ruckt.
Gedicht aod Dankschreiben kamen znr Kenntnis Herzogs
Uoritz. Derselbe machte in einer Zuschrift (vom 16. Aaguit)
seinem Vetler bittre Vorwürfe, dafs er einem Arnstädter
Särger für ein Reimlied gedankt, in dem offenbar An-
KÜgUchkeiteu gegen ihn, den Herzog, enthalten seien. Es
lag dem Herzog, ehe er die Maske fallen liefs, ebeoHo viel
daran, als der Gekränkte zu erscheinen , als wiedernm dem
Kurfürsten , dem bösen Vetter jeden Vorwand zu offener
Feindseligkeit abzo seh neiden. So unterliefs er es nicht, ob-
wohl sein Dankschreiben sich gar nicht uuf das gerügte Ge-
dicht befog, jene dem Ueifsner so anstöfsige Stelle auf die
Markgrafen Hans nnd Albrecbt von Brandenburg und andere
-zu deuten. Watzdotft früher erwähntes Gedicht enthält nicht
die leiseste Anspielung auf den Herzog.
Es war das um die Zeit der gewaltigen Kanonade von
Ingolstadt, deren Widerhall wir deutlich in einem Lands-
knechtiliede vernehmeii ;
Mit Kugeln einer den andern grüfst.
Das spil ward angefangen :
Ein grausam schiefsau da erhal
Über die perg ucd tiefe tal,
Die kugeln einher sangen.
Als dm GaMhötidoinier aehwiegy sog dok der Kiie^
still and schlschtonlos sa der Donsv entlsiig.
üsn so heftigsr wogte der Kesipf der Gsistei^ die isueer
ungeftfimer gegeaeinendir platsteo. IKe StxeiHittnatiir het
irehl keem wieder einen lelehen ümfimg und sine soMi tief-
gehende Snegung geseigt» eis dsmsli, Defii sie ledigKah
im Stsnde der Notwehr und defs tolehe erlenht, je gehoten^
erweisen die BTnngeliedien anf die leennigfitehste W«se.
Selbst der „Sehweixer, der einen Pfeil in den Amtmenn ge-
Bchoaien^, wird sagexogen« Doeh geht der Abwehr eash
eine Litterstor des Angrifb sur Seite. Ans Wittenbergt,.
€k»thes, Megdebnrgs Droekeroien sogen Mtinsehe flshiiflen^
deren scher^espitstes Wort dss Bildnis su beg^ten pflegte^
sshllos wie Wespensohwärme in slle Welt.
Der eof brsoiende Zorn trifft in enter Stelle den Peps^
in swmter dea Ksissr, ia dritter Henog Moritx. Der TealU
het den Pspst» der P^pst den Ksiser, der Ksieer den Heoeg
verfuhrt Aber bald wird der Papst selbst snm TeoÜBl, der
Kaiser xn seiner Kneehte Obersten, Hersog Moritx, wenigsiBBe
spiter, xn Jodes IseherioL Oft wird Seine Majestit xass
Taasbirai oder xam Büffel, der am Ksseariage oiahergefiBurt
wird, oder gar xom Herfcnles, der xn dea Füfsea der Omphale
sitxt, oder xom Metxger Toa Flaadera, der die 400 Sohelh
seines Stalles eiaes nseh dem andern würgt.
Aneh Peter Watsdorf sehea wir wieder, diesaml ia aa-
gebnndener Bede aad in soleher eindrin^eher, kreftrellar
eis in seinen oft nngefngen Beimpsaren, anf dem Kempf-^
platz. Wie der Propheten eiaer des alten Bundes warnt er
ToU heiligea Ernstes Tor Abfiül Ton der guten Saehe. In
der maihigea Kraft ümt begrfindeter Überxeagung ruft er
das Gewissen seines Volkes wach, fahrt es ihm warnend tot
die Seele, wes es heilsen würde, su Papst and Kaiser treten«
„Auszug aller FShrlichkeitea und Übels, der dch ean jeg-
licher, so in dieser Sache dem Papst oder Kaiser Yorschub
leistet, teilhaftig macht", benennt der warme Freund des
ETsngeliums sein Flugblatt ^).
1) Zu fiodcn bei Hortleder.
lo kurzen iclilageDdeTi Sätzen, wie Arndt in der Fna»
xosenseit , führt er den ungetreuen die ganze ongeheoH
Sobald vor Augen, die sie Awcch Ksmpf für dos FKpsttam
-&nf ihre Seele häufen würden.
MtiTtt dann — ein eohoner Bitter! — auf dich laden
all die Schande des Lebens in Domatiften and Klöstern voll
Ehebruch und Ünzacht , mofit anf dich laden die ganze
BSuberei des Papsttums in Ablafa, Wucher- und OpfermeaBen
und tausend Hiasetbateu, tnufat mit auf dich nehmen all da«
Blut, das das Papsttnm vergossen , allen Uord und Krieg,
allen Jammer und Herzeleid, das es in die Welt gebracht,
ntolat auf dich laden den Betrug des Fegefeuers, die Oottes-
lätterung der Messe, das Narrenepiel des H eiligen dieustes
und der Wallfahrten !
Hufat helfen stürzen alles Oute, so durch das Evange-
linm wieder aufbracht nnd angaricht, mufst helfen, dafs nie-
mand, wie ea vordem gewesen, das Zehntgebot, das Vater
Unser, den Glauben wisse, moTst helfen, dafs man wiederum
an Christi Statt auf dar Mönche und Pfaffen Werk sieh ver-
lasse und ihr Verdienst und Kappen im Sterben kaufe.
Mafst auch helfen tilgen and unterdriieken alle deutschen
Bücher, die Neuen Testamente, Psalter, Betbüchlein, Oesang-
büohiein und alles, was von vielen and guten Dingen ge-
eohrieben. Ja muCst all diese Sünde über dich nehmen, dab
durch diesen pSpetliohen 'Krieg die Universitäten und Schnleo
verhindert und erdrückt werden. 0 Jammer über Jammerl
Fürwahr, die höchsten Güter deutscher Nation : Evangelium,
Taterland, Freiheit, Wissenschaft schienen durch das Bündnis
von Papst und Kaiser auf das ernsteste bedroht. Cm so
heifser waren die Gebete, welche in den evangelischen Lan-
den für die Heiligtümer der Nation zum Himmel stiegen.
Ifielbst in Herzogs Moritz Lande wurden, eogar auch für
die Kinderlein, Gebetsgottesdienate abgehalten, in denen frei-
Üoh des Saisers nur in Ehren gedacht werden durfte. In
Magdeburg aber mufsteu selbst an den Arbeitstagen aämtliche
Olooken der drei Städte gleiehzeitig ihre Stimme erheben.
ä
Q2 Oraf Oüather der Reiche ron Schwanbarg.
dafs das Gebet der Frommen heftig und gleich in einem,
Sturme cum Himmel dringe.
Auch in der Grafschaft Schwarzbarg, wo sich Hunderte
Yon Handwerk und Landbau losgerisBen, um mit dem Kur*
forsten zvl ziehen, wurde an Wochentagen Gebetsfeier abge-
halten. Graf Günther befahl, „da sich die Laufte so gefähr-
lich und sorglich anlielsen und Verderben des Landes und.
grofs Blutrergiefsen zu drttuen'^ schien, allen seinen Pfarrherren
in Stadt und Land, zwier die Woche die Litanei abzuhaltenr
und das Volk mit treuem Fleifs zum Gebet und Anrufung
des grofsen Gottes anzuhalten. (S. A.)
Welcher Gefahren und Heimsuchungen, auch Tom Heiligen»
Vater in Bom, man sich in diesen Zeiten yersah, dessen giebt
ein beredtes Zeugnis ein Ausschreiben der Bundeshäupter
wegen der Mordbrenner und Vergifter, so rem Antichrist
abgeschickt. Johann Wilhelm, des Kurfürsten zweiter Sohn
und Stellrertreter, liefs dasselbe nebst den Ergebnisseos
scharfer Untersuchung wider aufgegriffener Walen, die ge--
kommen die Stralsen in diesen Landen abzusehn, zu brennea
und die Brunnen zu xergiften, in ganz Thüringen yerbreiten».
Graf Günther befahl darauf in seiner Grafschaft überall bei
Tag und Nacht, sonderlich auf den Kirchen, die Wacht mit
fleifsigen und treuen Wächtern zu bestellen, auf dafs seina
Unterthanen yor solcher Gefahr und Beschwerung sicher seien*.
Der Krieg ohne Schlachten z^ sich in der Ferne bis-
in den Herbst hinein. Herzog Moritz hielt, teils wohl um
im Fall ihres Sieges sich den Zutritt zu den Schmalkaldnem
offen zu halten, teils auch um durch kluges Zögern den Preis
seiner Hilfe zu steigern, noch immer eine zuwartende Stell*
ung ein. Auch yerband er sich, ehe er die Hand nach dem
Kurhut streckte, mit dem König yon Böhmen, um dessen
machtyollen Beistands sicher zu sein. Vom Kaiser aber lielb>
er sich Mandate ausstellen, dafs die Harzgrafen auf seinen
Befehl ihm wohlgerüstet zuzuziehen hätten. Als der Kaiser
immer dringender mahnte, die Acht zu yollziehen, berief
Herzog Moritz seinen Landtag nach Freiberg, wo er am 9*^
Grif Glinlber der Reiche von SchHkTzbarg. g^
Oktober eröffoet wnide. Die von des Herzoge Bäten bear-
Ftteiteten Stände willigten ia Bändoig und Erbein an g mit
Böhmen und erklärten es für wilnaoheoBvert , daTe der Her-
bedrohten Lande des geächteten Kurfureten vor
, Schaden bewahre.
Auch Graf Günther war perBonlich beachriebeo, war
r — 80 wenigstens nach epäterer Zuschrift an Johaon
• Friedrich — , sobald er Ternommen, äak daselbgt etwae seiner
Kurf. Unaden zuwider gehandelt oder beBchlosBeo werden
tnöohte, nicht erschienen. Seine Bäte zwar hatte er geeohioktr
^ denselben aber ausdrücklich anbefohlen, wenn irgend ein dem
'KnrfiirBten widrige BesoblnfB getafst werden sollte, aladana
nicht za bleiben, nooh la verharren. (8. A.)
Auch hatten die Uarzgrafen auf einer Zusammenkunft
za Stolberg noch Schritte beratea, wie vialleiobt durch
Intervention mächtiger Ftirsteo vermittelt werden könnte.
Aber Bchon (am 3U. Okt.) hatten die Truppen Königs Fer-
dinand, unter welchen die wilden HuBsern die gefurchte taten
vareo, die BaoheiBche Grenze überBchritten, und Herzog
Moritz rückte mit dem Vorgeben, seines Vetters Land dem
■Schaischen Hause 2a erhalten, und der Beteuerung , dafg in
der KeligioD nichts geändert werden solle, in Eursachien ein.
Die ötfentliche Meinung verurteilte das Vorgehen de*
Herzogs auf daj Btiengnte, Anch Feter Watzdorf giebt in
einer Zuschrift') an den EurfürBtliahen Bat von Teutleben,
den er ersucbt, zwei Trostgedicbte der Eurfuratin nnd ihrem
Sohn Johann Wilhelm zu Überreichen, seiner Trübsal, Angst,
Schwermut über die Untreu dieser Welt, die dem Euiniraten
von seinem eignen Blut nnd Fleisch begegnen solle, warmen Aas-
druck. „0 trewer got vom Hymel eich dreyn und straff" !
(2. Nov.). „Vermahnung an tentsche Nation nicht zu säumen"
1) Dieser irie die im weitern Verlaufe inlialclicb berührten Briefe
I WaWdorrs fmdan durch Schnorr »on Karolsfeld in seinem Archive für
argescbicble (10. Band, Leipzig 1881) ihre Vereffentlicban)
Wben betrahit nebst zwei Reimgedichten Wnlzdorfi, von denSD
ftals Druck vorliegt, du KOnigl. Haupt-StBktgarchiv EU Dresden.
1
4
ß4t ^"^ Günther der Seiche von Sehwartburg.
benenot er das eine der eingelegten ,,Lieder'^ Ein ge*
treuer Eekart, der das Beste seines Yolkee will» warnt
•er vor den jungen protestantisohen Fürsten auf Seite des
Hofirt bey leyb nicht etzlichen farsten
die nach zeeytUcher ehr thut tursten.
Ehr die den kaysser erfcurnen tethen
viel lieber sie Gots wort nieht hetten.
Als Herzog Moritz in Eursaehsen einrückte und so seinem
eignen Yetter in den Bücken fiel, wiederholte er seine früher
erfolglose Aufmahnung der Harzgrafen. Zwar hatte der
Xurfürst seine Lehnsgrafen verwarnt, sich zu soloh Yor-
nehmen nicht bewegen, noch gebrauchen zu lassen (Feld-
lager bei Giengen den 6. Nov.). Aber jetzt glaubten sie
-doch, sich der Aufheischung nicht entziehen zu dürfen. In
einem Stolberg den 18. Nov. datierten Entschuldigungs-
schreiben an den Kurfürst machen sie die unabweisbare Not-
wendigkeit, den kaiserlichen Mandaten bei ihrer unleugbaren
Lehnspflicht gegen den Herzog Folge zu leisten, zu ihrem
Besten geltend, „wie dann E. Ef. Gnade, von Gott mit eon-
^erem hohen Yerstande begnadet, selbst gnädiglioh zu er-
achten wissen". Die Harzgrafen wollen aber — das ein-
zige, was sie noch thun können — hohe Stände um Inter-
-eession angehen, dals mit Yerleihung des Allmächtigen die
Beschwerung im Beich ein Ende nehme (S. A.). Aber selbst
der friedliebende Kurfürst war zur Einsicht gekommen, dafs
die Sache denn doch nur durch Spiefse und lange' Stangen
zum Austrag gelangen werde.
Wieder liefs Graf Günther in seinem Lande umschlagen
und eilends ein Fähnlein und 40 Beisige dem Herzog Moritz
zuführen. So geschah es denn, dafs seine Knechte und
Beiter sich im Kriegswetter feindlich gegenüberstanden.
So manche Stadt öffnete dem Herzog mit überraschender
Schnelligkeit ihre Thore. Die Hussem aber, und darunter,
wie man sagte, viel heidnische Türken, waren mit ihren
langen Streitäxten und gewaltigen Spiefsen der Schrecken
1
EGraf fläntlier dar Roicbe van Schvanburg. 35-
uern- Ilir weite i Bei ter gewissen ichoate nicht daa
1 der armen Witib, aai ganze DoFfschafteo flilohtetea
Tor den wilden Gesellen in die Wälder. Ein B&ngen und
Zagen ging duTch Sachsen und Thüringen. In diesen Zeiten
dumpfen Bchreekens hörte man einen neuen Weok- und. ^^J
K Wäohterrnf Peter Watzdorfa: ^^H
^P Seid getrost, aeid getroel, lieben Christen, ^^^|
H erschrecket nicht fürs teufeb listen! ^^^|
Seine „trewe Vermahnung an alle christlichen Stände"
warnt vor Abfall und Verrat, warnt die Hauptiente, ihre
Kriegeselire für Geld zu verkaufen, warnt den Adel, um ein
«uppen sein ewiges Erbteil dahiozugeben, warnt die Bürger,
flieh von ihrer frommen Obrigkeit loszusagen, Watzdorf
mahnt die Bauern, ein Herz und starken Mut zu fasian, die
Fürsten, auf Adel und Kriegsleute, die bei dem Kaiser besser
zu fahren hoffen, ein achtsam Aug zu haben, die Prediger,
dem gemeinen Uann mit Unereohrockenbeit und Glaubens-
freudigkeit voranzugehn, mahnt alle Stände zu wahrer Lebens-.
besseniDg.
Seine treue Vennahnang sebst einem Liede dem an-
greifenden Volke zur Freude sendet Watzdorf Buch dem Kur-
fürsten in der Ferne au (18. Nov.). Sein mit Sorgen be-
ladenes Gemüt unterwindet sich dabei, ihm sein Bedenken
über den Krieg im Oberlande zu eröffnen. Hat doch der
Allmächtige wider den Propheten Balaam durch eine Eselin
geredet und den Philistinisoheii Qoliat durch den kindisohes.
David erschlagen!
Watzdorf mahnt, die Vernnnft bei der Stärke zu ge-
brauchen, den Feind nicht zu veraohten, noch weniger zu
Tersehonen. Denn der vorgebliche Kaiser ist ein guter Kriegs-
mann, der sieh vieler Gunst bei dem Adel und den Kriegs-
lenten erfreat, des Adels, der mit dem Waidwerk and andern
Gerechtigkeiten bei dem Kaiset besser zu fahren meint, der
Eriegeleute, denen er alle Zeit Arbeit giobt.
Will der Kaiser, wie das Gerücht in Thüringen and
uhsen geht, sein Winterlager gen Nürnberg legen, um von
! XVI. 5
4
QQ Graf Günther der Reiche von Schwarzborg.
solch gewaltigem Haus den Krieg in die Harre zu spielen^
Dentschland anszusaugeD und müde zu machen, so sollen die
Fürsten sich in die Mainstifter legen, sich auch den Anritt
in Augsburg aasbedingen, die Meifsner und Thüringer auf
mahnen, wenn's an Mannschaft gebricht Sie würden den
gemeinen Mann überall gehorsam finden und willig, den geist-
lichen Ständen „wäydlich das Gonterrere zu 8ingen'\
Ja, Sachsen und Thüringen aufzuheisohen, dafs man sich
bewehre und zum Ernste schicke, sei in jedem Falle anzu-
raten. In Arnstadt, obwohl es sechshundert Bürger zähle,
seien zur Zeit nicht fünfzig bewehrte Mannen zu finden.
Während der Adel dem Evangelio vielfach zuwider, sei auf
die Städte, auf den von Gottes Wort ergriffenen gemeinen Mann
voller Yerlafs. „So wehr alsdann mit e. churf. g. vettern, der
sich meyns Verstands mit eynnehmung e. ehr. g. landes zcnmal
vorgesslieh und unvetterlich heldet auch ubereyn zcu kohmen
und die czeche von Leyptze, Dressden, Annenberg und anderm
seinem guten land bezahlt zu nehmen. Der Allm echtige
wolle e. ehr. g. gluck, siegk, gedeyhen und sogen gebenn
und die feinde zcum schemel seyner füsse legen, das sie zcu
schänden und yn yrem würgen erwürget werden, darzow
helff der ewige Got. Amen, Amen !"
Während so der getreue Mann sich mühte, die Volks-
kraft in Stadt und Land für das bedrohte Evangelium und
für das Vaterland wach zu rufen und in diesem Sinne auch
auf Johann Friedrich einzuwirken, ergab sich in dem kur-
fürstlichen Land eine Stadt nach der andern, öfters ohne
nur den blasenden Trompeter zu erwarten. Bald lag Kur-
sachsen zu den Füfsen des Siegers, und nur Wittenberg und
Gotha weigerten die Übergabe.
Da erhob der Amstädter Volkssänger noch einmal seine
Stimme. Sein „new Lied und Vermahnung" rief das deutsche
Volk zur Rettung Wittenbergs auf, des Hortes des Evan-
geliums, der theueren Hochschule, der Zufluchtsstätte der
Kurfürstin Sibylle:
Graf Günther der Reiche von Schwarzbarg. 67
Wittemberg und schlofs Gothe
dem setzt man itzund zu;
der fürst leidt selbst auch notbe
und hat gar wenig rah,
man tracht ihm nach seim lande,
nach ehr und allem gnt,
farwahr es ist euch schände,
dafs ihr nicht retten thut.
Mit Herzog Moritz geht er scharf zu Gericht und nennt
ihn des Teufels Bitter und Soldat, dessen glatten Worten
niemand glauben dürfe. Der Herzog blieb, trotz aller Be-
mühungen um die Gunst der öffentlichen Meinung, der Ver-
räter. Er kannte die Wirkung der Flugschriften und Lieder,
aber sein Bestreben, diese Litteratur des Widerstands zu
unterdrücken, blieb erfolglos. Ob er gegen Peter Watzdorf
vorgegangen, entzieht sich unserer Kenntnis.
Stand der Arnstädter Bürger mit kühner Unerschrocken-
heit ungeteilten Herzens auf Seite der Bündner, so war und
blieb Graf Günthers Stellung zwischen den sich bekämpfen-
den Gewalten eine höchst mifsliche. Seinen Kanzler Rein-
hardt und den Rat Schneidewin entsandte er an des Kur-
fürsten jungen Sohn, der stellyertretend für den abwesenden
Vater die Regierung führte, mit der Meldung, wie er Herzog
Moritz habe Zuzug leisten müssen , wie er aber persönlich
mitzureiten abgelehnt und sich mit Leibes Unvermögen ent-
schuldigt. (W. A.) Kaum dafs er damals wufste, wo er
seine auf entgegengesetzter Seite stehenden Mannschaften zxi
suchen habe.
So schickte er seinen zweiten Sohn in das Heer-
lager Johann Friedrichs im Süden, seinen Rat Oswald von
Totleben an Herzog Moritz und den böhmischen Feldhaupt-
mann Sebastian von Weidemühl. Dafs das Kriegsvolk der
Harzgrafen noch bei Merseburg stehe, konnte er bald nach
Stolberg melden, aber nicht, wohin sie geschickt werden
6*
gg Oraf Günther der Reiche von Schwanburg.
sollten. (8. A.) Doch wissen wir, dafs dieselben nach
Langensalza gelegt wurden.
An der Donau war es noch immer zu keiner Schlacht
gekommen. Ungenutzt liefsen sich die Sohmalkaldner den
Vorteil der gröfsem Truppen zahl entgehen. Der Kaiser,
welcher ihnen in seinen Kommentaren manch groben Schnitzer
zu Lasten legt, liefs bei der ersten Kunde vom Einmarsch
der AohtsToUstreoker im sächslohen Kurlande Viktoria
sohieüsen. Er hatte das Spiel gewonnen.
Als der Kurfürst von der Besetzung seines Landes sichere
Kunde erhielt, rüstete er zum Aufbruch. Wahrscheinlich
auch, dafs er seine Landsassen und Lehnsleute nicht einmal
zurückzuhalten vermochte, während daheim ihre eignen Be-
sitzungen überwältigt wurden. Graf Günther, frühzeitig in
Kenntnis gesetzt vom drohenden Anzüge des zürnenden
Lehnsherrn, schickte zween seiner Bäte Reinhardt und Witz-
leben ihm entgegen, ihn durch dringende Vorstellungen zur
Milde zu stimmen. Johann Friedrich liefs aber des Grafen
Gesandte in Banden legen und also verstrickt mit sich führen.
Der Graf liefs noch in aller Eile um Erledigung bitten. Nur
durch Abgünstige verunglimpft, könne ihm solche Ungnade
begegnen. Er bittet seinen Lehnsherrn, ihn zu unter-
thäniger Verantwortung gnädigst kommen zu lassen. „Denn
ich kann und weifs mich in alle dem, damit E. K. G. wider
mich bewegt sein mag, als ein ehrliebender Graf mit Be-
stand und Grund zu verantworten. '^ (S. A.).
Wenige Tage vor Weihnacht stand der Kurfürst in
Thüringen. Wohl in Eisenach erhielt er eine Zuschrift seines
getreuen Watzdorf, welche ihn seines herzlichen Frohlockens
versichert, dals er „wieder zculand kohmmen'', und zugleich
eine Fürbitte für seine seit zween Jahren beim Kurfürsten
verunglimpfte Heimatsstadt einlegt. Er versichert dem hohen
Herrn, wie die Bürger allzumal (ausgeschlossen eyn wenigk
bäbstisch unzcyffers) ihm von ganzem Herzen geneigt und
Leib und Leben für ihn einzusetzen stets willig seien.
Vorwärts getrieben durch sittliche Entrüstung über den
I
»
böeen Vetter, getragen von der Gunst der öffentlichen Mei-
nung, ungehindert durch Kücksichtsnahnie auf Mitverbündete,
eroberte Johann Friedrich an der Spitze wo hl geschulter
Krieger in kürzeater Zeit nicht nur seine eigenen Lande
wieder, sondern drang auch siegreich in die seines veihalsten
Gegners ein.
Der erßte Schlag, welchen er dem Feinde beibrachte,
war die Einnahme von Langensalza und die Gefangennahme
der Truppen der Harzgrafen am 24. Dezember '). Es war
keine freudige überraschnug , welche der Heilige Abend für
Graf Günther brachte. Vom Kurfürsten entboten, auch für
die Guter und Landschaften, so er vom Herzog Uoritz eu
Lehen trage, ihm sofort die Pflicht zu leisten , ihm getreu,
gewärtig und hold zu sein, hielt es der Graf für das Gerat-
nere, sich nicht einzufinden.
Über Tamsbrück und Ebeleben , von wo er eine Pro-
klamation erliefs, ging des Kurfürslen Zug nach Soaders-
hansen. Eh war am Tage der unschuldigen Kindlein, am
2S. Dezember, dafa Johann Friedrich die üntorherraohaft der
Grafschaft in Pflicht und Gelübde nahm , den liäteu des
Grafen anbefuhl, sich fortan Kurfürstliche in der Grafschaft
Schwarzbarg verordoete Räte zu nennen, und eine Brand-
BChatsnng von 150U0 Gulden auferlegte. Auch die andern
Harzgrafen — doch zogen Albrecht von Mansfeld und sein
Sohn Vollrad mit dem Kurfürsten — hatten zu büfsen.
Während der Graf entflohen , war die Gräfin Elisabeth,
nachdem sie Kleinodien und Schmuck vor den Kriegsleuten
in der Grünau, dem schwarz burgischen Hefe zu Erfurt, in
Sicherheit bringen lassen, zurückgeblieben und gab in sturm-
bewegter Zeit Beweise ihres mutvollen Sinnes und warmer
Fürsorge für ihre Unterthanen. Dem Kurlüraten, der auf
t) Ob danials auch ein Sohn Or&f QliDthers mit einem j^Dgem
; Grafen von Hanifeld nad iweeD Hohnateiner Orftfen in FeindesgeTriit ge-
I ^fallen , wie dia Mitteitungen über disae VorgÜDge
r Zeltaebrift Um
I bericbten (6. J>brKiin
ingarode 187S), dkrUber U
70 ^*f Günther der Reiche von Schwarzburg.
dem Sohlofs übemaohtete , erwies sie alle Ehren. Dem ab-
ziehenden Kriogesherrn schickte sie aber ein Bittschreiben
nach, in dem sie um Ermäfsigang des auferlegten Sohntzgeldes
einkam , da ja die Eriegaleute trotz aller Salvagardieu manch
Dorf geplündert und übel beschädigt. Doch hat Johann
Friedrich den dringenden Bitten der hohen Frau nicht Kaum
gegeben. Denn es liegt eine Quittung über den Gesamt-
betrag dieses Schutzgeldes vor, wenn auch in derselben der
Gfrafschaft Schwarzburg alle ihre Kegalia, Privilegien, Frei-
heiten , aller Gebrauch und Gerechtigkeiten yom Kurfürsten
ausdrücklich gewährleistet werden. (S. A.)
Wo der Graf in diesen Zeiten geweilt, entzieht sich
unserer Kenntnis. Die Gräfin schreibt an den Kurfürsten,
wie sie Donnerstags nach Ihrer Ghf. G. Abschied zu Son-
dershausen sich eigner Person zwei Tagereisen erhoben,
ihren Herrn und Gemahl zu suchen, sie könne aber bei
ihren gräflichen Ehren, Gewissen und Seelenseligkeit anzei-
gen, dafs sie ihn nicht antroffen, noch eigentlich wisse,
wo er sich jetzt aufhalte. Sie hätte aber gleichwohl ihre
Diener hin und wieder verschickt, die ihn suchen und, wo
sie ihn fänden, aller Sachen berichten sollten, da er dann
gehorsamst erscheinen würde. (S. A.)
Des Kurfürsten rascher Siegeszug ging über das Städt-
lein Kindelbrüok, das er seinen Leuten, da die Batsherren
ihm nicht mit der Bitte um Schonung entgegengekommen,
zur Plünderung überliefs, gegen die Teste Heldrungen, die
aber wohl noch vor des Kurfürsten Ankunft sich an den
Grafen von Mansfeld ergeben. Auch der Wendelstein , das
feste Haus derer von Witzleben , ergab sich in die Hände
des Siegers. Selbst Halle zögerte nicht mit seiner Über-
gabe, und schon am 4. Januar umritt nach altem Brauch der
Burggrafen Johann Friedrich den Boland am roten Thor.
In Halle wird der Kurfürst das demütige Schreiben
Graf Günthers empfangen haben, in dem dieser den erbitter-
ten Lehnsherrn zu beschwichtigen sucht. Mit beweglichen
Worten legt er es demselben dar, wie er ja nicht umhin
Graf GünttieT der Beiclie ran Schwanbtug.
rgekoDDt, dem Herzog Uoiitz, dam er mit Pflichten und Eiden
verwandt and zugethau , aaf desBen Erfordern einige*
Volk snzuführeii. Dah er e» aber mit Laat und Willen ge-
than , dessen wiase er eich vor Gott und Welt entschuldigt.
Oraf Oüuther eriunert an seia treues Verhalten und leine
HtetH bereite DieDBtwilligkeit uud spricht die herzinnige Bitto
aas, daTs der Kurfurat eeiue Unschald ansehe uud sieh gegen
ihn selbst, wie gegen Unterthanen za keiner Ungnade be>
wegen lasse, dafa er eeins armen Uate des Oefängnisaes ent-
ledigen und sein und derselben gnädiger Herr stets sein und
bleiben möge.
Schlieislich wolle der Graf, nachdem er von Land und
Leuten habe weichen und sein armes Weib und kleine un-
t«iEOgene Eindlein im Elend sitzen lasBcn müssen , dieaelbea
in das Erbarmen dea Allmächtigen und in Seiner Ohr. Q.l
Sohnts demütigst und unterlhänigst empfehlen. I
Ala ihres tiatten dehmiitiges läohreiben nicht eiumaE
einer Antwort gewürdigt worden war, machte sich die üräfln
selbst auf, um daroh einen ruTdlali das Herz dea Kur-
^ forsten zn erweichen. Doch auch der Grätiu gegenüber ur*
klärt sich der Kurfürst zur Rückgabe der Ürafsohat't nur
tdann bereit, wenn sich Graf Günther binnen acht Taguu per-
sönlich stelle und auch für den Teil seines Landes, so er
von Herzog Moritz zu Lehen trage, die Huldigung leiste. 1
GrafUUnlher, der nich wohl vorzusehen hatte, blieb aui, ■
wandte sich aber an Kurfürst Joachim von Brandenburg und
bat am dessen Vermittlung. Doch so willig und rasch sioh
dieser durch einige eeiner abgeaandten Käte lür den Urafeu
verwandte, so blieb doch Johann Friedrich bei seiner Wei-
gerung und zwar aus Ursachen, dafa er von seinem Lager
I der Donau aus Graf Günther ao gut uls die auderu Hnrz-
grafen gebeten und treulich verwarnt, Herzog Moritz irgend
I Hilfe zu leisten, dafür aber von diesem wie von jenen
I nur spitzige und unziemliche Briefe empfangen. Ho müsse
nun bei persönlicher Huldigung auin Uuwendan hubeD.
^72 ^^'^^ Günther der Reiche von Schwarsburg.
Da riet Kurfürst Joaehim sdfost, die Sache fär jetzt ruhen
zu lassen.
Es will kaum sohmnen, dafs der Kurfürst sich der GhrSfiu
gnädiger erzeigt, als dem Grafen. Wenigstens fanden
ihre wiederholten Bittgesuche um endliche Freigabe ihrer
Ter^trickten Bäte und ebenso ihrer Beisigen, die «uerst in
Langensalza, alsdann in Waltershausen und' Eisenach, zuletzt
in Nordhausen lagen, durehaus keine Erhörung. Die Gräfin
mahnt dieselben öfters zur Sparsamkeit, damit sie der Land-
schaft keine unnötigen Kosten aufbürdeten. Auch yerlangt
sie eine feste Ordnung, was die Wirte zur Frtihsuppe, zum
'Mittag, Yesperbrot und Abendmal den Beisigen und ihren
Knechten zu reichen hätten. (S. A.) Auch dem Grafen
TOn Stclbei^ und andern Harzgrafen wurde auf wiederholtes
Gesuch um Freigabe ihrer Beiter kein gnädiger Bescheid.
„Wenn die Beiter noch Tcrstrickt, so sei es ihre Schuld»
Brauchten nur Pflicht und Huldigung zu thun, so würden
sie losgelassen wie die Beiter des Grafen yon Beinstein" ^).
Der Siegeszug des Kurfürsten, der auch yon seine»
Vetters Land den grölsern Teil sich unterworfen, kam vor
Leipzig zum Stehen. Mit dem neryus rerum ging es zur
Neige, und selbst Kirchengerät wanderte zur Prägstätte. Auch
die Amstädter Münze wurde in Beschlag genommen.
Der GraÜBchaft wurden selbst nach Zahlung der Schätzung
neue Kriegssteuern auferlegt. Auch yiel Mannschaft ging den
Belagerern yerloren. Um so weniger liefsen des Kurfürsten
Befehle, ZuEug zu leisten, auf sich warten. Die Gräfin aber
erklärte es für gänzlich unmöglich, solchem Gesinnen nach-
zukommen. Soweit sie nicht gestorben oder krank, seien
das Fähnlein Fufsyolk und die 40 Beisige, die der Graf
gestellt und yon der Herrschaft Arnstadt, als des Kurfürsteui
Lehen, unterhalten lassen, in Seiner Gnaden Zuge, und eben-
so yiel habe man auf kaiserlichen Befehl dem Herzog Morifs
zugesandt. Was könne die erschöpfte Grafschaft, die auch
1) Vergl. Zeitschrift des Harzvereins.
Oraf Günther der Reiche von Schwarsburg. 73
die gefangenen Beiter zu erhalten , noch weiteres tragen ?
(B. A.)
Kooh in den letzten Tagen der am 28. Januar anfge*
Itobenen Belagerang Leipzigs, während welcher die frommen
Landfkneohte dranfsen für Johann Friedrich , drinnen fiir
Hersog Moritz ihren Sang erhoben, erschienen schwarzbur-
gieehe Bäte im kurfürstliohen Lager. Als aber dieselben
heimwärts wollten, wurden sie von Herzogs Moritz Streif-
■oharen aufgegriffen und in die Stadt geschleppt. Kaum
benachriehtigt^ entsandte die Gräfin reitende Eilboten an den
'Hauptmann Christof von Ebeleben zu Leipzig, einem der
tüdhtigsten Diener Herzogs Moritz, der diesem in Krieg und
Frieden grofse Dienste geleistet. In ihrer Zuschrift bat sie
den einflnüsreichen Herrn, womöglich ihre Diener loszumachen
and die Zehrungskosten auszulegen. Seines Bruders Hans
Haoäfinni zu Ebeleben werde sie sofort die Auslage zurück-
entatten. Einem Boten solch Geld zu übergeben , sei zur
Zeit ein gar gefährlich Ding. Aber noch um Sonntag
laetare bat die Gräfin yergebens um Entlassung ihrer Diener.
So mufste sie yon beiden kriegsführenden Parteien gleich
fnodBelTjge Behandlung ihrer Beamten erfahren. (S. A.)
In diesen Zeiten der Konflikte sprach die Öffentliche
Meinung nach wie vor für Kurfürst Johann Priedrich. Herzog
Moritz klagte es seiuem Partner, König Ferdinand, wie
er seinen eigenen Unterthanen nicht mehr trauen könne,
die dem Kurfürsten zuliefen. Es sei ein allgemeiner Auf-
stand im Lande zu befürchten , dessen Brand leicht weit
hinausgreifen könne. Bei Ranke finden sich noch andere-
Zeugnisse. Des Herzogs Klage im Landsknechtlied i
Mit falschem Gdicht
mein widerpart
nach seiner art
mein sach thut gar verderben
richtet sich wohl auch wider Peter Watzdorf, der seine tief-^
begründete Anhänglichkeit an den Kurfürsten und seine-
Sache fort und fort erwies.
74 ^'*^ Günther der Beiche von Schwarsburg.
Für die verfeindetea Vettern war damals das Verhalten
der fränkischen Stände von wesentlicher Bedeutung. Liefsen
sich dieselben von Moritz, der es an Versaohen nicht fehlen
liefs, oder von König Ferdinand, der, yom erwachenden
Hussitentnm bedroht, eigenhändig an die Bischöfe schrieb,
oder vom Kaiser selbst, der Zuzug für seinen heranrückenden
Partner Albrecht Alcibiades beanspruchte, zu einem entschie-
denen Voji^ehen gegen die Bündner bestimmen, so war es
wohl schon damals um den Kurfürsten geschehn. Watz-
dorf entsandte deshalb ins Frankenland „seine treue Ver-
mahnung und Verwarnung^' etc., sich in dieser fährlichen
Zeit wol fürzusehn und nicht verhetzen zu lassen ^).
Weshalb sollten doch die Franken gegen den Kurfürsten,
aus dessen Lande sie so viel Erholung ihrer Nahrung, aus
dessen Hochschule sie manchen feinen Mann bekommen und
der ihnen kein Leids gethan, da er doch Land und Leute
einnehmen, behalten und plündern können , zu Felde liegen
und fremden unzüchtigen Völkern, welche der Kaiser wider
Recht ins B.eich geführt, Hilfe und Vorschub leisten ? Is^
Luther's Schrift an den Adel deutscher Nation in den Wind
geschlagen worden — wie riel Bluts war unyergossen
blieben ! — so hofft doch Peter Watzdorf , daÜEi jetzt sein
treues Vermahnen nicht ungehört verhalle (Sonntags nach
Epiphanias).
Ob das Wort des Ehrenmannes bei den Bischöfen, an
die es vor allen gerichtet, eine gute Stätte gefunden, bleibe
dahingestellt, zumal da sich der Arnstädter Bürger erkühnt,
auch für Kirchen besserung ein gut Wort einzulegen, und es
für kein Unglück erachtet, wenn ein Thumherr eine schöne
Maid oder einen Jagdhund weniger habe. Doch haben die
fränkischen Stände stille gesessen.
Wo aber weilte Graf Günther in diesen Zeiten ? Die
Gräfin selbst, wie wir sehen, wufste es nicht oder durfte
es nicht wissen. Doch ist er in Nürnberg gewesen, wo der
1) Zu finden bei Hortleder.
Oraf Gfinther der Reiche von Schwarsburg. 75
Xaiaer lein Lager hielt und hat demselbeo , der damals, ein
kranker Mann, niemand Tor sich liefsy durch den Bischof
TOn Anas sein Leid geklagt und dafs er seines Schadens
«rgötst werden sollte gute Vertröstung erhalten. Ein Ge-
lätabrief aber der Gräfin Elisabeth von Henneberg, geb.
IfarkgiäfLn von Brandenburg, vom 23. Febr. 1547 spricht
.aioh dahin aus, dafs ihr freundlich lieber Oheim und Schwa-
iger, Graf Günther Herr von Schwarzburg, wohlbedachten
Mutes sieh entschlossen, sich in ihre Leibzucht (Münden)
JEU begeben und dort für sein Geld zu zehreu. Soweit sich
dieselbe erstrecke, und wo es Sr. Liebden nur immer am
.gelegensten, will sie ihn wohl geschützt und beschirmt
wissen, doch dafs er mit seinen Dienern sich geleitlich ver-
.halte. (S. A.)
Aber die Schmalkaldner, noch nicht zu Boden geworfen,
lieCsen allenthalben auf Günther von Schwarzburg fahnden.
'So mofste derselbe wie ein Geächteter flüchtig sein und sich
an der Westgrenze des deutschen Keiches in Sicherheit brin-
^D, wo ihn Graf Jakob von Zweibrücken und Bitsch Schutz
.und Schirm gewährte. Graf Günther der Kelche war jetzt
<3raf Günther der Arme, der nicht einen Fufs Landes sein
<eigen nennen konnte.
Daheim aber waltete sein Gemahl, ihren XJnterthanen
^ne ebenso treue Mutter als ihren Kindern, klugen und mut-
Tollen Sinnes und zeigte sich, obwohl ihrer Bäte beraubt,
doch wohl beraten und allen Anforderungen einer schweren
2eit gewachsen. Wurde endlich der Junker von Witzleben
Mai Fürbitte der Gräfin Katharina zu Rudolstadt seiner Ban-
den ledig, so rief Gräfin Elisabeth die Vermittlung Herzogs
Xmst von Braunschweig an, dafs der Kurfürst den sohwarz-
^burgischen Kanzler Dr. Reinhard und ebenso ihre Beisigen
«ndlich freigeben wolle. Den Grafen Yolrad von Waldeck
aber, der der Katharina Tochter Anastasia gefreit und jetzt
das beteidingte Ehegeld von der Grafschaft heischte, be-
stimmte sie sich zu gedulden, da ja ihr Herr yon Land und
Xeuten in das exilium gejagt und alle ihre XJnterthanen, mit
76 Graf Gfinther der Reiche von Schwarsborg.
Heereskraft überzogen, dem Kurfürsten holden müsBen..
(8. A.).
Immer noch liefs die letzte Eotscheidung der Dinge aof
sich warten. Der Earfürst, welcher seine Heeresniaoht nicht
bei einander behalten, konnte, wohl auch yon der Jahreszeit
yerhindert, den Krieg gegen den Vetter, der so tückisch in
sein Land gefedlen, nicht zum siegreichen Ende fahren. Nicht
die Feinde, sondern die Freunde in seiner Umgebung inachteb
dem getreuen Watzdorf Tag und Nacht Sorge und Betrttbnis,^
da die Bitterschaft, die im feindlichen Heerlager Brttdery.
Schwäger^ Freund hatte, nach seiner Ansicht wohl nie zu.
entschiedenen Yorgehn rate und sich willig zeige. Der Feinde-
aber yerschonen, zumal solcher, die Oottes Wort zu dämpfen
sich befleifsigen, obwohl von ihnen ein Mäntelein darüber
gehänget und eine andere Färb angestrichen wird, schreibt er
an seinen Kurfürsten, ist eine schädliche Gütigkeit , „die
billig eyn mutwillige lassigkeit zcu achten''.
Er erinnert den Kurfürsten an ein Wort seines An-
vaters, Herzogs Friedrich: „Ich wil nicht kriegk anfähen
fecht aber eyner an, so sol das auffhören bey mir stehenn.
Je weniger Verlafs auf die Ritterschaft, um so mehr möge
der Kurfürst die Unterthanen und alle Liebhaber des
göttlichen Wortes aufrufen, wobei er den gemeinen Mann
gehorsam und willig erfinden werde, damit man den Feind
hinten uud vorn umbringe und zwinge.
Also einen Volkskrieg in Tollem Sinne des Wortes, der
aus den national-religiösen Strömungen der Zeit seine Kraft
ziehen solle, rat der „seines Vermögens zur Vertilgung der
Feinde mit Leib und Gut, Feder und Zunge jederzeit dienst-
liche'' Mann.
Je rascher sich die Stände des Oberlandes nach Abzug
der Bundeshäupter dem Kaiser zu Füfsen gelegt, je mehr der
Landgraf, ohne Vertrauen auf seinen unzuverläTslichen Adel
und ohne sittlichen Halt, zum schwankenden Rohre wurde,
desto mehr wandten sich die Sympathien im ganzen Eibge-
biete dem Kurfürsten zu, in dem man den Hort des Evan--
, aJD Büitzaug ßotteH sah. Dieser aber w&i niobl
^er Mann, alles an alles zu setzen, die deutsohe Yolkskraft anf-
eurafen, Karl tod Geot, dem ei den Kaiiertitet abgeaprochen,
BUS dem Keioh zu drängen. Doch holte er noch einmal
«rfvlgreioli zu einem kralligen Schlage atts.
Vom bedrängten Herzog Moritz mit des Kaisera Willen,
herbei gerufen, war der wilde Markgraf von Kulmbaoh naohi
Boohlitz vorgedrungeo. Die Schreckenskunde eilte wie
Flügeln des Windes nach Thüringua. Gräfin Elisabeth
Sohwarzbnrg hiefa eilends ihre Amtaleute auf die Heiter und
Knechte, so von Rochlitz irre gingen, fein acht haben und
deifsig Meidang thun. (8. A.) Bekanntlich aber vergafs
Aloibiades über fröhlichen Tans am Hofe der „Eirke", über
Lanzenstechen, Würfelspiel und Becberklang anch die näohsten
Gebote der Torsicht. Ein rascher nächtlicher Überfall brachte
ihn in die Hände des Kurfüraten. Der Orimmenstein nahm
deo Gefangenen auf, während seine Knechte, weifse Stäbe
itatt der Waffen in der Hand, ohne Ehre und ohne Beute
heimwärts trollten. „Qode sy laff, dat wy eu hebben" schrieb
Volkmar von Manafeld seinem Bruder.
Der Frühling kam ins Land, Der Kaiser brach auf.
He Früchte seiner „politischen Strategik", wie es Bänke
nennt, in einem leichten Siege einxuheimsen. In Egei
feierten Kaiser Karl, König Ferdinand, Kurfürst Moritz —
■0 dürfen wir ihn nennen — unter altkirohliobem Pomp
du Oit erfest. Yen Eger aus wurde auch die Ächtung
Johann Friedricha wiederholt, die FUrschub und Förderung
des Achters aufs sirengste verpönte. Dann ging'e nordwärts.
Als die Wetter näher eogen, gedachte Johann Friedrich
die Pässe zu verlegen. So erhielten die Hauptlente Goldacker
und Meusetbach Befehl, sich auf das Schlofs Arnstadt zu be-
geben, sich doirt mit Futter und Mahl wohl unterhalten zu
lassen und achtzuhaben, „dafa nicht Verdächtige zu Hofs
und Fnfs durch und für Arnstadt überschleifen möchten".
■ Die Gräfin Elisabeth aber, die solche Beschwerung ihren
kllDtiBrihanen ersparen mochte, Bohrieb Mittwochs in der Oster-
4
78 ^^ Günther der Reiche von Schwarzburg.
woche an jene Herren, doch Ton solch Vorhaben Abstand'
nehmen. Sie selbst wolle sich nach Arnstadt begeben und'
nach dem Rechten sehen. (8. A.).
An der Elbe ging das Eriegsspiel zu Ende. Der böse
„Oeleitsmann'' yerriet die Fnrt. Dem zarückweichenden
Kurfürsten schickte Moritz, der Schimpf und Schuld eines
blutigen Ausgangs von sich abwälzen mochte, mit dem An-
erbieten seiner Verwendung beim Kaiser den Junker Christoph
Ton Ebeleben nach. Dieser wackere Edelmann, der sich von
seinem Herzog für die Schlacht den wildesten Hengst, den
Ungnaden, zum Streitrofs erbeten, bemühte sich yergeblich
um Vermittlung. Ein kurzer Zusammenstofs — und um
Johann Friedrich war es geschehen. Es war der Sonntag
misericordias domini, der ihn und seine Lande in die Hände
der Sieger gab. Wie drei Grafen von Gleichen, fielen auch
von Graf Günthers Lehnsleuten gar manche in Feindeshand,^
darunter der Junker yon Witzleben aus Angstedt. Drei Tage
lang stand die Sonne blutrot im Nebel der Loohauer Heide^
von der die geschäftige Legende alsbald Besitz ergriff.
Solch jähen Falles war sich der „alte" Kurfürst, wie er
oft nun heilst, gewifs nicht vermutend. Noch in der Oster-
woche liefs er die Gräfin Elisabeth in Sondershausen au die
„Defensionssteuer'' mahnen , deren folgender Termin um
Pfingsten entrichtet werden solle.
Die Kaisertage von Halle kamen. Die Geschicke vieler
deutscher Fürsten entschieden sich da. Graf Albrecht von
Mansfeld und seine Söhne wurden geächtet. Verwüstend
fiel ihr Feind, der wilde Hake, in ihr Land. Gefangene
wurden ledig, Freie verstrickt. Der Markgraf Albrecht Alci-
biades kam frohlockend vom Grimmenstein , der Landgraf
Philipp aber war bald ein gefangener Mann. Christoph von
Ebeleben hatte ihm einen gnädigen Kaiser verheifsen ; dem
deutschen Edelmann ist das Herz gebrochen über die spa*
nische Tücke, deren er sich nicht versehen.
Verjagte kehrten heim. Noch am dritten Pfingsttag
wufste Gräfin Elisabeth von Schwarzburg nicht, wo sie ihren
0«Hi«lil an aaehen. Vom Biaoliof von AngsboTK mat dtn
Tng TOR Ulm beachiedea, konnte aie aein panönlieti Kr-
•ebein«n oder Vertretuos nicht veTbärgeD, dm ihr 4»r
AnfentlMÜt des toh L&nd und Leuten Tertriobeneo Unfan
dnrchuu onbekanat Iß. Ä.).
Aber da« St. TrialUtiifest hat Graf Giiiitbor in Hall«
mit begaDgeo. In dem Vertrage, in welchem der Kuser duK
Kurfürsten and desien Söhoen die Thüringer Ämter snwiei,
vnrde ausdrücklich featgesetzt, dafs Gral' (liinther mit seiner
Lehnsohatl aasgeEchloBien sei. So war er l'ortao auch für
Arnstadt ein Lehoemann des Denen Eurfnrsteo. Uan kann
Dicht sagen , dafs (Jraf Ofiatheir und sein Adel der tuf-
geheoden Sonne zugejauchzt.
Ueror die Uräfin Klis&beth die Zügel des Begiments
wieder in die Hände ihree znrüokkehrenden tiemshU legte,
gab sie noch Beweise mutvoller Enlsohlosaeuheil in gefahr-
vollen Zeiteo. Dar» kaiserüche Völker vom Lager vor Witten-
berg BUS nach Thüringen brächen, dafs wieder Hussem and
ander« Reiter streiften, war nach Sondershauseo gemeldet
-worden. Alsbald gab sie ihren Vaaalleu üefehl, aafBUsit^en
und dem Unheii sa wehren. Auch dafs Herzog Moritz sich
aofmaohte den Thumshira, der nach Thüringen wich, zu
verfolgen , kam Ueldung. Da schickte sie eilends Oswald
von Tottieben in das Lager von Borna, um 100 Salvaguar-
dien sn lösen. Die^e Schntzbriefe liefs sie alsbald in be-
drohten OrtHohaften anschlageo und noch beHondera darauf
bemerken : Diesem Dorfe, Graf Günther von Sohwarzburg ge —
hörig, ist Sichening gegeben. (8, A.),
Kaiserliche Kommiasare haben Graf Günther zuriickge-
inhrt und in sein Begiment wieder eingesetzt. Leider fehlen
nähere MitteiloiigeD.
Doch darüber lassen nns die Nachrichten nicht in
Zweifel, dafs der Graf viel Wichtiges ku erlodigoii fand und
manch dringender Veriiflichlung naoheukonimon war. Auch
der letzte Tennin der an Graf Volrad roii Waldeck eu ent-
richtenden Bhesteaer stand vor ilnr TtlUr. DMlin am B. Janl
n
4
gQ Oraf Günther der Beicbe von Sehvarsburg.
1546 war Yolrads Hoohseit mit Anastasia Ton Sohwarsborg
auf dem alten Haas zu Waldeck gefeiert worden. Oraf
Günther selbst hatte ihr beigewohat, and aoadrüeklich
stand in den Weimarischen Verträgen, dafs innerhalb Jahres-
frist nach der Vermählung Zahlung zu erfolgen habe ^). War
wegen des Kriegs, obwohl er Oraf Volrad selbst grolÜBe Be-
drängnis gebracht, noch weitere Frist gegeben, so yerlangte
Oraf Oünther nun seinerseits noch vor Überweisung der
Gelder eine eidlich und mündlich gegebene Verzichtleistung
auf alle weitern Ansprüche, die an den Grafen und die
'Grafschaft etwa noch gemacht werden könnten.
Aber mit übereinstimmender Entschiedenheit lehnten
Gräfin Katharina und ihre Töchter, lehnten deren Vormünder
und Graf Volrad diese Anforderung ab, obwohl Oraf Günther
wiederholt geltend machte, dafs solches von Alters her in
Schwarzburg der Landesbrauch und er zu keiner bedenk-
lichen Neuerung die Hand bieten könne. Auch begehre er
damit keineswegs, „dafs sein mümlein zukonftiger todesfelle
und erbschafft verzihenn solt".
Die Sache kam an die sächsischen Herzöge Johann
Friedrich den Mittleren und Johann Wilhelm, die beide Par-
teien auf einen Tag zu Weimar luden, auf dem Gräfin
Slatharina denn anch persönlich mit ihrem kampfgewandten,
schlagfertigen Beirat Melchior von Ossa erschien, während
Graf Günther sieh durch seinen Kanzler Dr. B.einhardt und
seinen Amstädter Amtmann Christoph von Enzenberg yer*
treten liefs.
1) Vergl. Irmisch, „Zur Familiengeschichte der 6r&fin Katharina der
Heldenmütigen'* im Be^emngs- und Nachrichtsblatt für das Fftrstentum
Schwarzburg-Sond. 1876. Diese trefifliche Abhandlang, welche sich in
erster Beihe auf die Urkunden des Fürstl. Archivs, in zweiter auf von
Langen, Melchior von Osse, auf Prasser's Chronicon Waldecense und Yarn-
hagen's Grundlage der Waldeckschen Landesgeschichte stützt, zeigt die-
selbe liebevolle Hingabe und wieder dieselbe kritische Schärfe der Unter-
suchung, welche der berühmte Morphologe auch den kleinsten Organismen
des Pflanzenreichs gegenüber zu erweisen pflegte.
Unter dem Yaiiitze der Hersoge aelbit, die üoh ]
MDem Krame rechtskundiger Räte uod andeiH voroelimw
Harren amgKben, fanden Tom 9. bia 11. Jnli 151B mit leb-
hftfteiD OaDg die VerhaDdliuigea statt.
Dafa die juoge Oräfi.D zwar mit dem leibliohQD Eide in
TBrißhODen, aber nach GmpfaDg der Ebeeteuar samt daa
VormBudem und ihrom Gemahl einen Bchriftlichea Yarzioht
(deren Wortlaut beiden Teilen zuvor zugestellt worden) neben
der Quittung eigenhändig ea Tollsiebii, lautete die letzte BnW
eoheidung.
Da so dem Orafeo Günther die genunsehte Siohetheit
und zwar mit dem auadrilok liehen Zugeetänduis gegeben war,
wie solch BttT Bchriftliche V erzieh tieiatung zu keiner Ein-
führung Tür die Zukunft gereichen eoUe, so gab er Befehl zur
Auszahlung der Gelder, die er tarn Erweis seiner Willigkeit
sehen längere Zeit bei dem Bat zu Erfurt deponiert hatten
Freilich war es die Grafschaft, die für die sogenannte Fraulein-
steuer aufzukommen hatte.
Katharina und ihre Töchter nebst Graf Yolrad trafen
am 18. Juli eq Arnstadt ein, um hier das Geld in Empfang
zu nehmen. Nicht im Sohlofa, sondern bei dem HentmeisteE
Sigismond von Witzlebeu fand die KeisegeseliBohaft gastlich«
Aufnahme, und der Rat der Stadt beeilte sich, den hohen
Gasten eine Ehrengabe an Wein und Forellen darzubringen,
wie auch der Gräfin Anastasia, welche im Arnstädter Schlosse
du Lieht der Welt erblickt, manche Franen ihren Besuch
Am 19. hörte man iu der Bonifacioskirohe die Predigt,
in welcher auch Kaiser Karls Terh alten gegen Korfürst
Johann Friedrich Eur Sprache kam. Die Liebfrauenkirche
mit dem Grabmal Heinrichs von Schwarzburg, des ver-
itorbenen Gemahls Katharina der Heldenmütigen, wurde be-
sichtigt. Atadonn wurde die »oben zuvor unteraeioboete Ver<
ziohtsurkunde mit einem tdd dem Arnstädter Goldachmied
I Lftsams neu gefertigten Siegel voraohriftsmäfBig besiegelt.
Aber siehe! Graf Günthers Vertreter, der Amtmann
XVL 6
g2 ^f*^' Günther der Beiehe ron Schwarzborg.
Enzenberg and der Rat Schneidewin, trogen Bedenken, die
Urkunde anzunehmen , da sieh radierte Stellen mit neuer
Niedersohrift in derselben yorfanden. Doch gelang es durch
das Versprechen, eine neue Urkunde nach Arnstadt zu sen»
den, zuletzt noch dem Grafen Yolrad, diesen Zwischen&ll zu
erledigen.
Während Yolrad und Anastasia, welche der Abschied
Ton der teuren Mutter sehr niederbeugte, Ton Arnstadt nach
Waldeck reisten, begab sich die letztere zu ihrer Schwester
Walpurgis, die mit ihrem Gemahl, Graf Karl von Gleichen^
zu Kranichfeld Residenz hielt.
Sehen wir noch, wohin diese Ton der Grafschaft Schwarz-
burg aufgebrachte Ehesteuer ihren Weg genommen.
Graf Yolrad, ein feingebildeter, sprachenkundiger, dem
Evangelium treu ei^ebener Herr, der bei dem Regensburger
Beligionsgespräch als Landgraf Philipps Bevollmäohtigter dem
glaubensstolzen Malavenda kühn die Stirn geboten, hatte ins-
besondere noch des Kaisers Ungnade und Zorn auf sich ge«
zogen, weil er im Schmalkaldischen Kriege seinem Lehnsherrn
Fähnlein und Reiter geschickt. Der Kaiser wollte ihn nicht
als hessischen Lehnsträger, sondern als Reichsgrafen ange-
sehen wissen, und Kanzler Granyella legte dem nach Augs»
bürg Entbotenen eine GeldbuTse von 8000 Gulden auf. Auch
Abbitte und FuTsfall vor dem zürnenden Kaiser, dem er
nicht einmal ins Antlitz schauen durfte, hatte er zu leisten.
„Das war der Ausgang des Trauerspiels'^ schrieb der hart
Betroffene in sein Tagebuch. „Doch der das Leben gab,
wird auch das Geld noch geben.'' Nur um vier Wochen
später wurde ihm zu Arnstadt, was er nötig hatte. Bald
lag die Fränleinsteuer in der Hand des kaiserlichen Schatz-
meisters.
Wenden wir uns von diesem erregten Familienzwiste wieder
zu den weltgeschichtlichen Yorgängen der Zeit, so finden wir
den siegreichen Kaiser im Saalthal aufwärts nach dem Süden
ziehend, ohne dafs er zuvor Magdeburg und andere aufstän»
dische Städte des Nordens in die Bande des Gehorsams zu-
liBeatia« ScfcHMnia m mH ihm ttkomnea. üater M«r-
U«bea OcpfinK» criUatt ■«rite iem Ksriwt mal mäb Jbd«*«
Hupt gaMaU.
^^_ Doch aof dvHMUMB KeielMtag» noeb tnoIUe Graf Gttnlhw
^^H NU iea udmi Hmgraftm geg«D d«B De««'ii Kurninl«»
^^H Mttan Klage erfaaben, wi« d«ndb« mit kllarin X»ii*runK
^^^ g«gen ite, die Onfea de« HdUgeo Rm«hw, TOr)t«he and «i»
■a ihren Herkommen aal j«gli«h» Weit« varhinder« aiul
Terkfine. In der Thal aoheiot U«riU, tiunentlioh auch w«
^ Graf 9!4^th^ der Beic^ von Sotiwaribarg.
^r in die lehD^hogTrlioheii Baolpie de» gefungenen KmrfÜ»»|#a
^ti^ty diMelb^B. 9Ahn^ wie jenar» n«r sielbewnifiter einge-
föhlagen m l^J^^ii» welche xör roHßn Abhängigkeiit dar
L^JfikffpcB^en führen ^ollt^^. Jpjf, w^v 4iet Tielieicht d%» einzige
^ß^<^% ^ojiüßohßi Tli^gkeit» «gif dem die Terfirindetaü YeUwa
dieselben Weg^ gingen.
ITnn hatten aber die ül^hüxinger Gxafen unier der Go9#t
dar Zeityerhältnisse sich eine yiel feiere Stellang zn wahren
gewnTst^ ^lB d^r Hodmlel der Mark liaifsen, welohen kräftig
waltende Fürsten stets nledai^ehalten. Einielnefi wie nament-
liqh Graf Günther, standen in anmittelbarem Verhältnis zum
Beichy Yoif dem sie auch Lehen trogen, und wolsten soi^sam
die Yorteile zu wahren, welche, ihnei^ diese Beiohsonmittel-
bi|^it den Bestrebungen der Wettiner gegenüber aar
Hand gab.
Kurfürst Moritz suchte diase Beziehungen der Lehns-
grafen zu Kaiser und Beich auf jede W.eise zu lockern und
womöglich die letzten Fäden durchzuschneiden, welche die-
selben mit dem Beich verbanden, Qagegen sollten diese
Grafschaften, fest eingi|fügt in das Kur- und Herzogtum
Sachsen, das sie bekreise, beschleuÜBe, bezirke, wie es ihußn
Schutz und Schirm gewähre, auch diß Kosten der Landsohaft
mittragen, die Landeshoheit der sächsischen Fürsten yoll an-
erkennen und sich durch dieselben dem Beich gegenüber Ter«
treten lassen.
So sahen sich die Harzgrafen noch während des Beiohs-
tages, der Moritz die Kurwürde brachte, genötigt, Kaisar
Karl „als einen gütigen, milden Kaiser'^ bittend anzurufen,
dafs er sie bei ihren alten Begalien, Privilegien, Freiheiten
gnädigst schütze, handhabe und bleiben lasse. Qfraf Günther
war es, der seip uo mittelbares Verhältnis zu Kaiser und
Beich am eifrigsten wahrnahm und mit Ijlntschiedenheit gelr-
tend machte, wie er und seine Vor&hren dem heiligen Böm.
Beiche die Steuer zu Bofs, Fufs und Geld s^ts ungehindert
geleistet, zumal er nur da^ wenigem Orts bei Sachsen, des
gröfsern beim Kaiser und andern Fürs^n zu Lehen geheu
I
I
Der Angiburger fieichitag aber apraob sich dkhin aus,
dsTs diese Irningea an die Ort and End, dahin sie ihreT Art,
I1«tnt and Gelegenheit nach gehörig (das Beiofaskammer'
gerieht) za weisen seien. Dem Kurfüntea Moritz nnd seineo
Bäten Bchiea ea iodeBsen dooh bedenklich, sich io das Beoht
20 begeben, und sie hielten es rdc das Geratenere, den Lehns-
grafen in Thüringen bei anderer {Gelegenheit erfolgreicher
beizokommen.
Dafa es sich aaf jenem Reichstage za Angsburg noch
am ganz andere Dinge handelte, als um die politische Ge-
staltung Dentschland», i«t bekannt. Kaiser Karl erblickte in
TJniformität der kirchlichen Lehre und des Kultus ein aH'
entbehrliches Bindemittel für den stolzen Bau seiner Welt-
monarohie, in welcher dem Deutschen Beiche uud seinea
FüratoQ nur eine bescheidene Bolle ingedacht war. Das
Aagsbaiger Interim , sein eigenstes Machwerk , sollte die
protestantischen Stände mit gebundenen Händen wieder in
den Bann der alten Mutterkirohe zurücktuhien. Denn diese
Tcrläufige Abmachung bis zu dem in Aussicht geetellleti
Eoniil mutete im Grunde deu Ständen gegen die kleinen
Zugeständnisse des Laienkelohs und der Priesterehe nichts
Geringeres zu , als das Opfer des kaum zarüctcgewonneneo
Evangeliums.
Je mehr ein allgemeinea Widerstreben den Plänen des
Kaisers in den Weg trat, um so rühriger erwies sieh der-
selbe, seinen Witleu deu einzelnen Bfiichsst&ndeu gegontibei
nnein geschränkt durchzu setzen.
„Demnach bevehleu wir dir hiermit ernstlich", heifst
et in der kaiserlichen Zasohrift an Graf Günther tod
Bchwarzbarg (d. 30. Juni 1547), „das du dieselbe Ordnung,
•• wir dir hierueben in lateinischer und teutscher spraoh
T«fertiget zusohioken, daselbst bei dir in all deiner graff-
•^afften, herrschaflsii, derer atlben ubrlghait utid gopieten
aileothalben verkündau laisari, diesnlb tKlnslnhan, und bey
dtänai untertthaneu, hlnileriiM*«!! iiuil larwamltra i
tnd darob hallten wollest".
gg Oraf Günther der Reiche von Schwarsbarg.
Naoh mehrfachem Schriftenweohsel erklärte sich Graf
Günther am 8. Janaar 1649 in einem Antwortsohreiben an
den allerdnrohlauchtigsten, grofsmächtigsten, unüberwindlich-
sten Kaiser zu grofsen, ja bedenklichen Zugeständnissen
willig.
Wie in seiner Grafschaft von der Eechtfertigung, dem
Glauben, der Liebe, guten Werken, von dem hoohwürdigen
Sakramente, dafs der Leib und Blut Christi wahrhaftig darinnen
sei, das Volk reohtsohafien, zum allertreulichsten und fleifsig-
«ten gelehrt und unterrichtet worden, berichtet Graf Günther
«dem Kaiser und insbesondere, dafs auch bei der Taufe die
alten Ceremonien, wie der Exorcismus, nicht aufser Brauch
kommen, noch die Friyatbeichte und Absolution, noch auch
die üblichen Kirohenkleidungen und Geschmnck.
Darüber hinaus habe er seinen Pfarrern befohlen, die
heilige Messe vom Kyrieeleison — der Graf führt alle Be-
standteile derselben gewissenhaft auf — bis zum Ende roll-
ständig abzuhalten. So sei er nun femer im Werk, die
Hören der Kanoniker, wo Stiftungen seien, und in Pfarrkirchen,
i/ro Schulen vorhauden, die Mette und Vesper und andere
Ton Alters geordnete Gesänge, die mit dem Hauptartikel der
Eechtfertigung in Einklang stünden, wieder einzuführen.
Auch sollen die Fasten fein eingehalten werden. Ausdrück-
lich sei noch den Pfarrern, Predigern, ja allen Unterthanen
die Verfügung gegeben, gegen Ihrer Kaiserlichen Majestät
Ordnungen nicht zu schreiben, zu predigen oder zu lehren.
Ähnliche Anmahnnngen wie vom Kaiser trafen auch
vom Erzbischof von Mainz, wenigstens in betreff des wich-
tigen Stiftes Jeohaburg, zu Sondershausen ein. Dafs die
Gottesdienste alter löblicher christlicher Gewohnheit gemäts
abgehalten, die diyina desto statUicher exequiert und voll-
zogen werden könnten, solle Graf Günther, dem aus Fäbst-
licher Heiligkeit Begnadigung zu präsentieren zustehe, die
Präbenden und Kanonikate nicht unbesetzt lassen (S. A.).
Weniger nachgiebig gegen des Kaisers Wünsche in Be-
ziehung auf das Interim zeigte sich die Gräfin in Eudolstadt.
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gg Graf Gftntlwr der Reiche Ton Scbwarzborg.
pflegte, ftberwaehte aeitweilig, eine gestienge Zuehtmeisterio^
Btadien und Sitten ihret Söhne. Auch bednrfte der jüngste,.
efBt elQährig, wohl nooh beeonderer miitterlioher Fürsorge»
Des ältesten der Brüder, Graf GKinthers, yorherrsefaende
Neigung wandte sich frühfleitig auf Krieg und Kriegsruhra. Die
Heldeii des Plutarch und Liyius modhten ihm leuehtende Yor»
bilder sein. Schon in einem Sehulbuche seiner Amstädter Jahre
Imd man von seiner Hand iween S(^ildhalter eingeseichnet
und auf dem Schild das Wort:
Günther ist mein Name und das ist wahr,
Ist einer kühn, krümm ihm ein Haar!
Schon iu seinem zehnten Jahr war er mit der xweften
Tochter der Gräfin Katharina verlobt worden. y,Damit auch'V
heifet es in dem Weimarisehen Vertrage des Jahres 1640
zwischen ihnen (der Gräfin Katharina und ihren Töchtern
einer^ und Graf Günther andoArseits), „alfs den freunden desto
m^riir freundliches willens erhaltten und ihre freundsehaft
g«p&rehret werde, so ist alsso balden TOn einer heyraht ge>
redet, und folgender gestaldt mit aller theile guhten willen
gesohlofsen worden, alfso und dergestalt, das gtave Günthmfs
eltter söhn, gray Günther, grav Heinrichen selig, mittler
tochtter, frewlein Amaleyen, wan sie beide ihre vollkommene
jähre erreichen, ehelich nehmen und haben sollen. Do aber
einem theil den he3nratht wurcklich tue yolsihen nicht g^allen
und des ungeneigt sein wurde, auf den fall solle derselbe
dein andern theil fünf tausend gülden zu geben pfiiehtig und
verfallen sein.^'
Amalie, Amelei von Schwarzburg war um etwas älter
ah der junge Graf. Ihre Mutter war es insbesondere, welcher
ciie Pflege dieses Yerlöbnisses warm am Herzen lag. Sie
achtete darauf, dafs die jungen Verlobten Briefe, Keujahrs-
wünsche und kleine Geschenke miteinander wechselten.
Die heldenmütige Gräfin war eine Frau tiefster Empfin-
dung und innigsten Gemütes. Da ihr drei Söhne im zartesten
Alter dahingestorben, so wandte sie um so mehr ihrem
künftigen Eidam volle Mutterliebe zu. Ihre Briefe sprechen
flnf GArihv 4v Bscht tob ucIihuiImic« ^^
ÖM konito Spneha. „Wwu £. L (Euer liebdbn) hiemif^
ifli^m»^ sie Ubb shi 28. Des. 1547, mToii den ^roeien got im
ktefll Ikidty firaM u law und wl ib dem heiligen geist
m einaii eelgen Beaen jar und alles da« K. L Buet und g«t
sei aa kiw, ad, er asd gnt» amea.
Vad aeUek S. L an eiaem aelgen nenen jar ein rabir
(AaMmaa)^ daa meiaea hereailerlieirBten heran seiger ge»
west^ daa s. L stees aa aeiner seifen getragen und ich es
& L aad aoaat aiaMad gegnad haw; bit E. L wol es unb
meiaes liawaa heran nnd meiner wilen tragen und behaltea
und ea Toa mir also frenndüdi annemen, nie iehs dan £. L
aad aoaat nianaad gia.''
„Wie gott", aehreibt sie am 28. Sept. 1548, dais mir B. 1.
je ab liew iat^ ala het ieh E. L under meinem hereien ge-
diagaa, daa B. L nMin eigen kind wer . . . haw ieh doeh
aoaat keia aon, daa £. L — hat mir unser liewer got mein
aoa gaaonea und mir & L wieder seu einen son daffir
gewan aad nun got low den Ton Waldeck auch!"
Dea jungen Gimfen Brief Ton der greisen Hoehxeit su
Torgaa, ala Herzog August die Königstochter Ton Dänemark
heindilirle^ anf weleher Graf Gftnther der Ältere sich durch
aeinea Min Tertreten lassen, macht ihre grofse Freude^
wbaa sie aneh ihr tiefes Bedauern aussprechen muls, dafs
aieh daa alten Kurfürsten Ingesinde dort so übel Ter»
halten.
Haoii Efinrt aber schreibt sie dem jungen Grafen: ,,ieb
woldt je ala geien bei £. 1. sein, als B. L bei mir ; ich weis
kein mens auf erden, da ich icz liewer bei wolt sein dan
b« B. L*" Und im Feber 1 649 ladet sie ihn mit seinen Brttdem
snr Taanadit nach KudoUUdt A\mr irmW^U miifs dasu
die Brlanbnis Graf (hutiUntn »Wilsof«*», sfi tUu si« sioh tnit
froandliclier Znsebrilt g<iws»i4i
Dieselbe aber üi imU'ffufUtiU n}H^n\^n^h, ^mkh dar Oml
aelieint übeiiuM^ 44m MMfif4f»|jMH MKtff kut»l nsliuiittburgs-
ataadca an hjänm thfi ^h1^^H t^fiMiHflHH M^hMuti \u ihr Neu-
Testament lutJIt^nn^Ut^f. Uhii^^^h^Amik ***<** »♦"^»'^ »nde»Ä
^0 ^^'^^ Ofinther der Reiche von SchwArsburg.
Familiennaohriohten ein: ,,Ämilia, welche vor acht Jahren
unter Bedingungen mit Oünther, dem Sohne des Orafen Günther
iron Sohwarzbnrg, verlobt worden ist, aber noch hat die
Hochseit nicht Statt gefanden.''
Ihre Hoffnungen sollten sich nicht erfüllen, das Ver-
löbnis löste sich, obwohl in der Eheberedung dem etwa zu-
rücktretenden Teile, wie wir sahen, eine Bulse yon 6000 Gul-
>den auferlegt worden.
Im Frühling, spätestens im Sommer des Jahres 1649 er-
folgte die Lösung. Denn schon im Oktober desselben Jahres
war Amelei von Schwarzburg die Verlobte und noch im De-
zember die Gattin des Grafen Christoph von Mansfeld.
Melchior von Ossa war es, der diese neuen Beiiehungen
Termittelte und der, als er der Braut „etwas tapfem Kleinod
vom Grafen Christoph wegen'' überbrachte, Kredenz, Dopplet
und andern Ehrenlohn empfing.
Noch vor Ablauf der Jahresfrist zahlte Graf Günther,
<[en Weimarischen Verträgen entsprechend, die fällige Ehe-
:steuer. Am 21. Dezember 1551 aber quittierte die junge
Gräfin von Mansfeld auch über 6000 Gulden, die Graf Günther
•der Ältere wegen Auflösung der Verlobung seines Sohnes
Tortragsmäfsig gezahlt. „Dieweil dan demnach", heifst es in
der Urkunde, „die Yolzihung der heurat ohne allen zweiffei
-auf gottes Vorsehung undt willen, durch gedachten unsern
herm vettern und gevattern graffen Günter zu Schwarzburgk,
^uf dehme seiner liebden söhne sich seiner liebden gehorsam
hat fleifsigen müTsen, ist hinderhalten und unvolstreckt blieben,
l)ekonnen wir mit diesem'^ u. s. w.
Auch Melchior von Ossa berichtet in seinen Aufzeich-
nungen, dafs Graf Günther, der Vater des Bräutigams, seine
Einwilligung versagt.
Vielleicht, dafs .ihn der hartnäckig geführte Familien-
rstreit um den eidlichen Verzicht verstimmt; vielleicht auch,
»dafs er für seineu reichbegabten Erstgeborenen über die be-
scheidenen Verhältnisse des Budolstädter Hofes hinausreichende
Ansprüche erhob.
r
»
Nach AbechluTB seiner Btudien begab sich der junge ^
XJraf lu weiterer Ausbildung, nsmeutHch auch fnr dea Kriegt-
dieoet, au dea Dillenburger Hof. Rier sah er diejenige sa-
eret, welche ein freandliches Geschick später ia reioh-
beglüokter Ehe an »eine Seite stellte: Eätchen von Naaean.
Freilioh war die Schwester Wilhelm des Oranien damals
noch eia Mägdlein roa 7 Jahrea.
Der jüngste der Brüder, Graf Albrecht (der Gründer der
Uudolfitädter Linie des Schwarzburger Fürsten bauses), blieb
auch naoh Weggang der älteren noch in Erfurt zuriiok.
Seinem Fräceptor, Dr. Molitor, war auch der junge Graf
.Hugo von Mansfeld beigegeben, den Graf Günther nach seines
Vaters, Graf Philipps, Tode auf Bitten der Vormundschaft in
^SohutK und Pflege genommen. _
Wohl in der Vakanz, in der Naaht des 20. August 1550^]
-wurden diese beiden jungen Grafen vom Schloia su Sondert-
hausen gewaltsam binweggeföhrt. Jobst Hacke, der früher
•«rwäbnte Feind der Maosfelder, hatte bei Abwesenheit
-Graf Günthern und seiner Qemahlin sich die Gelegenheit
ersehen, die jungen Grafen durch nächtlichen Überfall
in seine Gewalt zu bekommen. Gab er auch den jungen
fiprofa »chwarzburgisohen Hauses noch im Lohgehölz bei
Sonderehausea wieder frei, so führte er doch den Uaosfelder
mit eich uud wuTste ihn, da treue Helfershelfer ihm zur
Seite standen, iu seiner Gewalt zu behalten. Auch die
Flaaseuburg, des wilden Markgrafen you Aospacb Veste, hielt
lange den Entführten verborgen in ihren Mauern , bis ein
Xöeegeld von 1000 Gulden, wozu Graf Günther steuerte,
ftat zween Jahre nach der Gefangennahme ihn endlich frei
nmobt«.
Dergleichen Torgänge bestimmten die Harügrafen zu
gemeinsamem Vorgehen gegen derartige mutwillige Leute, die
ihnen oder ihren ünterthanen abEusageo sich unterfangen
würden. Solch landfriedenbrüohig Vornehmen, auch wenn
kein tötlich Angriff geschehen, sollte fortau ohne Erzeigung
«iniger Gnade mit dem Schwerte gestraft werden. (S. A.)
9g Ormf Gfatbcr 4er MOA» tob BchwBnlMrg.
Wir Behen mm Bolchen Yorgättgen, wie dtm Mittehlter
tioh Dooh immer no^ nicht ausziileben yerdioebte. Übei^--
hampt wer in Thüringen ein Friedenaetand nodi kanra ge*-
HhmSen, Wenigetent leigte man sidi in breiten Miichten
der Bevolkening mit der neuen Ordnung der Dingb nieht
befriedigt. Die Sekiokflele des KurhAuses bew^ten die
Yolkflgem&t in seinen Tiefen. Der Tränet ftber das Loe^
Johann Friedrichs gab Feter Watsdorf in «nei& ^enen
liede des frommen ehrisüichen alten chnrlfirsten*' triksttnr^
liehen Ansdmek:
Yen i^er weit yerlassen
in gefahr und greiser not,
das klag ich one mafsen
dir, lieber herre gott;
mein freundtiDn und verwandten
ein Scheusal worden bin,
die mich vorhin kanten
nmb mich liefen und Vanten,
lalsn mich jetzt aus dem sinn.
Wie solche Lieder gingen auch Gebete „des alten Kur-
forsten'' von Mund zu Mund, Ton Hand zu Hand. Selbil
in einem Inventar der Neideck zu Arnstadt fand sich ein
Ghebet des alten Kurfärsten verzeichnet ,ySo unter einefli
Sahmen gefafsf*. Watzdorf hatte das seinige im Hinbiidt
auf ähnliche Schicksale dem Psalter Davids entnommen^
„denn den er erzogen und alle Wohlthat erwiesen, war sein
Feind".
Dem gefangenen Fürsten in der Ferne gingen auch vevi
jenem Aquila, dem Schützling der Gräfin in Budolstadt, sowie^
von Mdrlin, damals in Königsberg, erbauliche Trostschriften zu..
Die arme Kurfürstin Sibylle, die das Los ihres Gatton
nicht teilen durfte, führte ein stilles, gottergebenes, dook
thränenreiches Leben zu Weimar. Durch äufserste Bin-^
schränkung, durch Yerkauf ihres Schmuckes suchte sie ihrem.
Gatten in der Gefangenschaft wenigstens die Sorge um die
l
Qitf GBnther der Baich* von Sobmnburg.
1
SfdftrfniBae dee Lebens zo erleicbUrn. Inaig« SehoBuoht
zog ihr« Seele naoh dem Sädea. Im Ton : „laspruck ioh
mofs diob lasaen" erklingt das aohmuckloB«, doch tiefempfun-
äeue Lied, das ihi Feter Walldorf ia den Mund legt:
Ach gott, mioh thut verlangen,
nach dem, der jetzt gefangen,
dem liebaten fiirsteii mein!
Dafe ich ihn so muis meiden,
bringt mir herzliohea leiden;
ach gott, hilf ihm aua dieser pein!
I
Auch dem jungen Fürsten Johann Wilhelm legt Peter
VatEdorf ein Lied der Trauer um den schwer geprüften Vater
1 den Uond:
loh arm fiiratlein Mag mein leid,
wie sei mir nun geaobehen,
dafs ich in dieser bttaea zeit
solch jamer sol ersehen,
dofs man den liebsten vater mein
ao sohendlioh thut verfolgen ?
an ihm wil itzt nur jederman,
seinen Vorwitz und rühm began;
ach gott, hilf ihm aufs sorgen.
Ja, es hat der getreue Anhänger der Krneatiner
täefea Mit^elnhl fiir die uDgliiokliohe Füratenfamilie noch in
ainem weitern Liede ausgesprochen, in welchem er die drei
-Sohlte des Inuabrticker Gefangenen und ihre Uutter über ihr
tranriges Geschick und über geschehenen, aohnöden Verrat be-
vagliohe Klage erheben läfaL Auch nach dieser Biohtung
hin giebt Feter Watzdorf der öffentlichen Meinung ihrea
getreuen Ausdruck, Indeaaen ergeht er sich doch nicht in
jenem Sahwall gehässigater AnBohuldigungen, wie andere Ver-
treter der Verratali tterntur, vor allem jener Katsenberger, der
I aohoa bei Ingolstadt lien Stttckmeiiteru auf die Finger
'•>»i^4
^ Graf Oünther der Reiche von Schwarzbnrg«
ob sie ihr Geschütz auch gegen den Feind richteten« Auch-
Yerslein wie solche:
Hingen die fünf an einem strick,
So war es Sachsens grofses glück!
finden wir nicht bei ihm.
Denn es ist doch im Grande nicht die schwankende^,
von Yororteil und Leidenschaft getragene Tagesmeinung einer
nrteilslosen Menge, sondern die aus geschichtlicher Notwendig-
keit erwachsende, wohlbegründete Stimmung des Bürger- und
Bauernstandes, welcher der Amstädter Yolksdichter mit selb-
ständigem Urteil einen getreuen Ausdruck giebt. Nicht der
Yorüberrauschenden Stimmung des Augenblicks, sondern der
wachsenden Besorgnis und der aufsteigenden Erbitterang
eines in seiner Zukunft bedrohten Volkes gilt sein schlichtes-
Wort.
Dafs seine Lieder einst viel gesungen, ergiebt schon der
eine Umstand, dafs mehrere von ihnen in doppelter Fassung
vorhanden sind. Haben dieselben nicht den kühnen Wurf
und die ergreifende Gewalt des echten Volksliedes, so müssen
sie uns schon um des ehrenhaften, mutvoUen Dichters willen^
der in sturmbewegten Tagen fest auf dem Boden wohlbe*
gründeter Überzeugung stand, als teuere Vermächtnisse der
Eeformationszeit erscheinen, und die unwandelbare Treue,
welche er auch in böser Zeit dem schwerbedrängten Hause
der Ernstiner bewies, unTergessen bleiben.
Dafs sich die national-religiöse Strömung der Zeit, auch
als der Friede äuTserlich hergestellt, immer entschiedener
gegen den siegreichen Kaiser wandte, ist erklärlich. Denn
^remd, wie unsere Sprache, waren ihm auch unsere Gedanken,
sagt Bänke, und Luther nennt ihn einen untreuen, iGalschen
Mann, der deutscher Art vergessen. An Schranzen und
Würdenträger gewöhnt, die allzumal ihren Preis hatten,
waren ihm auch deutscher Gewissensernst und deutsche Ge-
mütstiefe unverständliche Dinge. Was Wunder, wenn sein:
Eegiment dem Volke zu einer Fremdherrschaft wurde, gegen
die sich das deutsche Freiheitsgefühl aufbäumte! Dem
I
GüDllier dir Reiclic von Sohtraribnrg.
Bohlangenklugen Hispanier gegenüber erinnerte Feter Wats-
dorf, wie wir sahen, an eeinen getieaen Ahn Maximilian und
an seinea edlen Wahlmann EurfiirBt Friedrich, Wenn die
Hofkoroniaten den an der Donau klug zögernden Kaiser als
FabiuB Cunotator, den bei Mühlberg frisch zugreifenden Sieger
als Julius Caesar priesen , so mufateu auch auf der andern
Seite die Erinnerungea an die altgerm an i sehen Freiheitskämpfe
wieder lebendig werden. Die Germania im Trauerkleidr
Arminius und Ehrenvest begegnen uua im Liede der Zeit.
Da indessen die öffentliche Meinung auch in politieoheo
Dingen anter dem Eiuflufs der kirchlichen Bewegung stand,,
so war und blieb das Interim der brennende Punkt, von dem
aus der Hals gegen die Walen und Spanier am meisten auf-
flammte. Dafs der alte Kurfürst, im Leiden gröfser als im
Handeln, obwohl in der Gewalt des Feindes, in Sachen des
Glaubens so fest stand, wob ihm einen Olorieneohein um das
Haupt Das Herz des gemeinen Uannes, für den sich Peter
Watzdorf so oft verbürgt, schlug um so wärmer für den
lassenen. „In Fährden und in Nöten zeigt erst das Volk
sich echt" Das Gebet, welches Watzdorf dem Gefangeneo.,
in den Hnnd legt:
Behüt uns, herr, für schänden
in ganzen deutschen landen,
dein wort erhall mit soball !
stieg wotil aus Bürgerhaus und £auemhütte andachtsToU zum
Himmel auf!
Dafs sich aber in jenen Zeiten die Blicke des
evangelischen Dentachlands mit lebhaftester Anteilnahme der
norddeutschen Stadt zuwandten, welche fast allein das Banner
der Freiheit uoch hochhielt und auch in Glaubens saohen sich
sieht vor dem Zwang der Fremden beugte, ergiebt sich aus
den kurz angedeuteten Verhältniaseu. Volkslieder aum Preise
U^debnrgE sind in Thüringen, vielleicht selbst in nieder-
I
^^_ deutaoher Mundart, gewifs gesungen worden, wie jenes be- ^—
^^B soDders liebliche: ^H
^ Graf GftBtiMr der Eeiche von SohwArsbarg.
Ooh Meideboreby holt di reite
da wol gebawede hus!
Die Freistätte der Yerfolgteo^ nahm sie alle auf, die vor
<lem Zorn dea Kaisers und anderer Gewalthaber nidit wnÜBten,
wohin sie ihr Haupt legen sollten. Barg die Meideboreh
auch den Watzdorf in ihren Mauern? Die Amstädter Aroki"
Valien weisen den Volksdiohter nicht in seiner Heimat auf;
;aaoh Schösser zu Salzongen war er erst später^). Mehrere
;seiner zuletzt erwähnten Lieder tragen den Druckort Magde«
bürg. Auch hatte schon Herzog Moritz, als er nicht umhin
ikonnte, „sich seines Vetters Lande anzunehmen'', auf müfsiger
ILeute Sohand- und Schmähgedichte, Keimen und Gesängpe
wider Ihre Majestät dräuend hingewiesen und „dafs solch
famos libell in rechten bei strafe der enthauptung Tsr-
botten sein, ob die auch gleich wider geringere personen er*
Richtet und ausgebreitet würden''. Erst wenn den ArchiTcn
ihr volles Hecht geworden, wird sich das Dunkel lichten, in
welches sich der weitere Lebensgang des Arnstädter Volks-
diobters hüllt. Dafs derselbe auch Weib nnd Eindlein hatte,
die sein unerschrockenes Yorgehen gegen hohe Gewalthaber
doch auch gefährden konnte, ergiebt sich aus seiner Zuschrift
an Mörlin: „Mein hausfraw und kinderlein grülsen euch,
iewer hausreb und träuble ganz freundlich."
Dafs aus der Kanzlei Gottes, wie Magdeburg hiefs, der
Widerstand gegen das Interim, „das den Schalk hinter ihm"»
durch Lied und Flugschrift wesentlich genährt wurde, ist
bekannt, Dad Interim wurde zum Schmähwort, zum Fluch-
wort, das Anagramm interim-mentiri erfreute den Lateinschüler,
und so manche tückische Katze mit Sammtpfötlein wurde
Interim benamt.
Schon Jahre hatte das geächtete Magdeburg mit dem
1) Au« dem Jahre 1562 teilt der HennpibQrger Vereio (Neue Beitrfi^f
zur Gesch. des deutschen AltertnniB, Meiningen 1863) ein Schreiben des
Petras Watzdorfs, damaligen Schössers su Salzungen, an Herzog Johann
Friedrich den Mittlern mit, in dem für Anstellung eines firommen Pre-
digers lu Salzungen Dank abgestattet wird.
t
Onf GBhUut dir Balcba Ton BohnnboTf.
Beioh in Krieg gelegen, zn aller Freude Beinem Stiftasdol
manche Schlappe beigebracht und selbst mit tartacbeabe-
hängten SchlachtBchiö'eu dem Feinde gewehrt. Da rückte
Uoritz heran, die Acht zu vollziehen. Mit immer wachsen-
dem Unwillen wandte sich die ofTentHcbe Meinung gegen dei
Kaisers Büttel, Mui widerstrebend folgte dem neoen Eur-
f&rsten die Lehnsmannachaft, Hatte doch derselbe selbst bei
den getreuen Landatänden in Glauben ssachen harten Wider-
stand gefunden.
Die schwaraburgisohe Bitter Bchaft aber weigerte dem
neuen Lehnsherrn geradezu den Gehorsam. Sie erkenne siofi
aolofa. angemuteter Folge nicht schuldig, welche sie aber dem
jungen Herrn van Weimar zu leisten sich jeder Zeit der Qe-
biir nach bequemen würde, „Hierüber aber", erzählt uns der
Chronist, „war Kurfürst Moritz über die masseD entrüstet und
schrieb den 24. lanuarÜ des 1561. Jahres aus Stafafurt an
-Graf Oünthern zu Sohwarzburg, damals kurfürstlichen bestellten
Bat, mit dem ernstlichen Qesinneo, auf^edeutete seine Rittei'
sefaaft sambtlich slsobald mit Handfeetung und Gelübde dei-
maBsen einzunehmen, damit er jederzeit gebührlichen Keohtena
aioh an ihnen zu erhalen haben möchte".
Daa FUrstI, Landesarcbiv 2u Sondershanien bleibt nni
über den Gang der Dinge jede Auskunft schuldig. Da Hort-
leder indes nur von dem alten Wolfgang von Anhalt zu be-
richlen wetfs, dafs er mit seiner Hilfe ausgeblieben, so wer-
den wir doch das schliefsliehe Erscheinen des lohwaribor-
gischen Lehnsadels annehmen müssen.
Wie schwer es der Geistlichkeit der Grafschaft geworden,
sioh in die neue Ordnnng der DJoge einsuleben , die das
■egensr eiche Werk der Reformation so sehr zu gefährden
aehien, dafür bringt der Chronist wenigstens da« eine Bei-
B|üel vom Bondershänser Pfarrherrn, welchen Moritx, da er
ilin anf der Kanzel und aonst an seinen kurfürstlieben
Ehren und Würden mit schmählichen Wetten angegriffen,
gefiiQg^ch einzuziehen veilangte. Oraf Günther solle entweder
■den Missetbäter bis auf ferneru Befehl Tarwahrlich eot-
XTI. 7
i
98 ^'*^ Gfinther der Reiche yon Schwarsbnrg.
halten oder alsbald aadiefem, damit er auch anderen zam
Ezempel und Absehen in gebührliche Strafe genommen werden
möchte.
Was der yon Krankheit häufig heimgesuchte Graf in
der Sache gethan, entzieht sich nnserer Kenntnis. In der
Ffingstwoche begab er sich nach Marggrafenbaden, Genesung^
zu suchen. War es das Zipperlein, die Modekrankheit der
Tomehmen Welt in frühem Jahrhunderten, das ihn zu den
gepriesenen Heilquellen führte? Doch dienten dieselben,
weiTs Joyins zu berichten, auch zur Vertreibung der Engig-
keit der Brust, so yon kalten Flüssen des Hauptes her-
rührt, der fliefsenden Augen, der sausenden Ohren, halfen
auch dem kalten feuchten unyerdauenden Magen, yertrieben.
die Wassersucht, bewahreten yor dem Schlage.
Von Baden aus setzte sich der Graf mit den gelehrten
Herren im nahen Strafsburg in Verbindung, um durch deren-
Vermittlung einen tüchtigen Frediger für Arnstadt zu ge-
winnen. Man schlug ihm den Muskulus yor, der um des
Interim willen nach Zürich geflüchtet. Doch zerschlug sich
die Sache. Hedio's Widmung seiner aus dem Ayentin
zusammengestellten Historia nahm aber später der Graf gern
entgegen. Zween Tage yor dem Johannisfeste machte sich
der Graf auf den Heimweg nach Sondershausen.
Es ward Herbst, und noch immer hielt sich Magdeburg»
Der lebhaft erregte religiöse Sinn erhöhte Mut und Ausdauer..
Unter Fsalmensang gingen die Kriegsleute an ihr Tage-
werk, wie es auch yon den Bremensern berichtet wird. War
der Feldherr, der nicht zum Gewaltsturm schritt, abwesend,
so tauschten wohl Belagerer mit den Belagerten Zeichen der
Freundschaft.
Vor Magdeburg reiften die Pläne des Kurfürsten. Dem
Erwachen des Volksgeistes gegenüber, der die heiligsten
Güter der Nation bedroht sehen mufste, fühlte Moritz deu
Boden unter sich schwanken, wie über sich den wachsenden
Druck der Kaisermacht. Gebrandmarkt in der öffentlichen
Meinung, in seiner Fürstenehre gekränkt durch die nicht
Qr«.[ OflDtlitT der Rtlcfea tod ScbwuEburg.
9»1
1
I
^Sndende Haft des LandgrafeD, in Beiner Würde als deutscher
Füret durch die Willkür der Fremden beeiu trächtig t, liefs er
den Gedankeu des Äbfetlis vom Kaiser zum Entschlüsse wer-
den. Yoraiahtig gewann er Fühlung mit gleiohgesi unten
Fürsten, und bald zogen sich die Fäden geheimen Eiaver-
Btändnisses durch das nürdliche Deutschland. Die Preisgabe
des weatliohen Grenzlandes ward uioht ab nationales Opfer
empfunden. So bekam Magdeburg am 9. November einen
Frieden, wie wohl nie eine geächtete Stadt. Nicht ein Boll-
werk wurde geschleift, auch um der ,,monumeDta" willen. Die
Flüchtlinge, selbst diejenigen , welche das Feuer am meisten
geschürt, erhielten Gnade. Selbst des Flucius, des grofsen
Flätz, wurde geschont. Nur eollten die Magdeburger nicht
90 ungeschickt gegen das Kodzü in Trient einherfohren.
Wegen der Sehmühbuchlein, Reime und Lieder Hefs er grofs-
mütig alles an seinen Ort gesteUt. Auch dem Peter Watz-
dorf, wenn er vorhanden, hatte er kein Leids gethan. Maa,
Vandte das Bohöne Wort auf Eurfiiret Moritz an :
Je höher und gröfser ist der Mann,
Je ehe mau ihn varsöhnen kann.
Das KrtegsBpiel vor Magdeburg war zu Ende, aber dia
Landsknechte wurden in neue Bestallung genommen. Sollten
sich bei einander eine kleine Zeit enthalten, bis ihnen wieder
Arbeit gegeben werde. Eine Anzahl Fähnlein aber wurde
alsdann , vielleicht zur Strafe für die bewiesene Kenitenz^
in die Ämter der untern Grafschaft Schwarz bürg gelegt,
Wird auch nicht von grober Gewaltthatigkeit berichtet, eo
hatten doch Bauer, Bürger und Adel unter dieser Einlage-
rung schwer zu tragen, und selbst Kornböden und 8oheneni,t]
des Grafen mufsten alleiseit ohne Dank offen stehen.
Im Frühling 1552, als die ersten Lerchen sohwirrteo,.
erfolgte der Aufbruch. Wieder einmal hallten die Tbölei
de» Thüringer Waldgebirges vom Marschschritt der gewapp-
neten Landsknechte. Sangen Bie Bchon „Herzog Moritzen Lied'?
Die Willfährigkeit der Grafen and des Lehnsadelg wuTste
es nicht au rühmen:
100 ^^ Ofinthtr d«r lUicka von Sehwanbnrg.
Grauen und die yom adel sein,
die thaten ongem Terwilligen drein,
anibohub weiten sy nehmen:
«olt ioh den kftiser sieh risten Ion,
müflt ieh mioh ewig Bohemen!
Zum nnd mnrr daromb, wer do woll,
niemand mioh aberreden sei,
ieh fahr dahin mein strafaen;
idh hab das jähr mandh lanskneoht gut,
dann from andersassen.
Mag iohs mit solohen riohten aufs,
zu ziehn dem Interim in sein haus!
Und schon am 4. April war Augsburg, wo das yer-
maledeyte Interim ausgebrütet worden, in der Gewalt der
obsiegenden Fürsten.
Am 18. desselben Monats hielt Henry yon Yalois, „der
Protektor des heiligen deutschen Beichs und deutscher Libe-
ralität", seinen Einzug in Metz.
Lag nun dem klugen Kaiser der Zusammenhang der
Dinge klar yor Augen? Am 26. gleichen Monats yerwamt
er Graf Günther yon Schwarzburg und die andern Harzgrafen
wider den König in Frankreich und seine Aufwiegler, die
des heiligen Eeiches Fried, Buhe, Wohlfahrt nicht leiden
oder sehen können, dafs sie auf dieselben gute Aufsicht
habtti und sich in guter Büstung halten sollen. (8. A.)
Am 19. Mai war es, als Moritz die Ehrenberger Klause
stürmte. Noch am gleichen Tage wurde der alte Kurfürst
seiner Bande ledig. So nahte sich die zuyersichtliche Hoff-
nung seiner treuen Sibylla, die sie noch um dieselbe Zeit der
Gräfin Katharina yon Schwarzburg aussprach, ihrer frohen
Erfüllung. Sie glaube es gewils, daft sie nicht sterben
würde, sie hätte denn zuyor ihren geliebten Herrn, seiner
Gefängnis entledigt, frisch und gesund gesehen.
I
■
I
I
Oimt Gfintber ätr Raldia von EMivmbni^.
In der Nacht floh Kaiser Karl, ein gebroohener Orell,*
in einer Sänfte getragen Über die Berge. Der schöne Traum
der Weltherrschaft war zerBtoben, wie ein Duoetgebilde, in
doa ein Windstofa fährt. Der Meister aller Praktiken und
^Finanzen war mit seineu eignaa Kfinaten von dem gelehrigsten
iüner BohUler gCBthlagen worden.
Hatten die Ansprüche deutscher Fürsten auch schon
-wesentliche Abschwächung erfahren, so ist doch die Uater-
zeichnuDg einee Abkommena dem Kaiser nie so sauer ge-
worden , als die des Fassauer Vertrags. Der rasohe Siegea-
>ug der Pursten war ein Blitz aus blauem Himmel, der den
■tolsen Aafbau seines Lebenswerks aus den Fugen rifs.
Im August weilte der Kaiser in Augsburg. In seiner
Umgebung war auch Graf Günther der Jüngere von Sthwarz-
burg. Von Dilleaburg hatte er sieh an den kaiserlJcheD
Hof nach Wies begeben und als der Truchsesse eioer eich
die besondere Gunst des Eaiaere erworben. _
Auch der alt« Kurfürst, dessen Über zeugangs treue selbrt:|
dem Kaiser einige Achtung abgerungen, und der freiwillig
ihm gefolgt, war in Augsburg. Bevor Karl seinen hohen
Oet'angeueu verabschiedet, nötigte er ihn und seine Sohne zu
dem Versprechen, die Verträge mit Uoritz zu halten und von
jedem Versuche abEusteheu, das Verlorne mit Gewalt zurUok-
Eubringen. Am 2*2. unterzeiahnete der Kaiser die Urkunde,
in welcher er Graf Günther den Altern der frühern Kapitu-
lation gemäfs nochmals mit den Lehen, die er bevor vom
Herzog Johann Friedrich trug, an seinen „lieben ohaimen
und kurfliieten herzog lilauritzen" überwies.
Als der alte Kurfürst Anfang September von Kobui^
durch Thüringen zog, so gab der festliche Empfiing in Stadt
und Land, gaben die Freuden th ran en treuer Uuterthanen ein
beredtes Zeugnis für die ungemeine Volkstümlichkeit des
Heimkehrenden. Je mehr man sieh daran gewöhnt, in ihm
den Märtyrer der evaagelischen Sache zu aehen, um so wärmet
schlugen ihm aller Herzen entgegen. Durch, den Gang der
Dinge hatte das religiöse Gefühl der licvölkurung an Kraft
102 Graf Qttnther der Reiche von Schwarzburg.
und Tiefe mehr gewonnen, als wenn Kriegsglück und Schlachten*
sieg sich der evangeliBchen Bache zugewandt.
Dafs das Volk den siegreichen Fürsten zugejauchzt, da-
von findet sich nichts berichtet. Selbst der unermüdliche
Forscher Lilienkron konnte nur ein einziges Lied des Bei-
falls und auch dies ein ^^unerquickliches, meistersängerisches''
seiner grofsen Sammlung einverleiben.
Aber doch waren es schwerwiegende Zugeständnisse, die
man dem Kaiser abgenötigt Daus der Druck des heuch-
lerischen Interim von ihr genommen, wurde von der evan-
gelischen Bevölkerung freudig empfunden und gewifs nicht
am wenigsten in der Grafschaft Schwarzburg, wo man dem
Willen des Kaisers so weit entgegen gekommen.
Auch ging der Graf daran , das letzte Bollwerk des
KatholioismuB in seinem Lande, das grofse Ghorherrenstift
Jeohaburg, auf die Bahnen der Reformation überzuführen.
Verpflichtete er schon bei Anstellung die Domherren , sidh
gegen eine etwaige Verlegung des Stiftes nach Sondershansen
nicht sperren zu wollen, so verlieh er im Mai 1552 das
Dekanat dem Magister Valentin Vogler, der sich zur Auge-
burger Konfession bekannte. Mit der Fräpodtur aber, der
Fropstwürde, bedachte er, nachdem Ernst von Mansfeld, Dom-
deohant zu Magdeburg, durch eine jährliche Entschädigung
von 60 Reichsthalern abgefunden war, seinen Sohn Johann
Günther. Graf Botho von Beinstein heischte dieselbe aber
nach Mansfeld's Tode für seinen Bruder, dem der Verstorbene
sie zugesprochen. „Eure liebden*', schrieb Graf Günther,
„können wol selbst ermessen, dafs wohlgedachter graf Mans-
feld ohne unser, als des lehnsherm wissen und bewilligung
berührte probstei oder icht was davon anders zu vergeben nicht
gebürt hat" (8. A.)
Wir sehen, wie Graf Günther mit Entsehiedenheit seinen
Willen, auch wohl dem Enbiaohof von Mainz gegenüber, zu
dessen Sprengel Jeohaburg g«hdiie, jeUl gdtend zu madkea
wufst««
Qtt,( QBnther dar K«Ieha van Bchwuibiirg.
Dem Graten von Beinstein aber machte er den Vor*
schlag, wenn ihm seioe Antwort nicht befriedigen könne, mit
ihm die Sache zu SondershauBen zu betagen. Zuvor aber
miirBten die Sterbe nBläufte in Soodershausen ein wenig auf-
hören und man eich daaelbat mit gröfserer Sioherbeit auf-
halten können. (S. A.) Denn der Würgengel war über die
arme Stadt hereingebrochen und ging schonend fast an keiner
Thüi vorüber. Mannard'a zurerläRsige Beimcfaionik giebt die
Zahl der 1551 Dahingerafften auf 840 au, wahrend aonat der
Tod sich mit 50, 60, 70 Jahreeopfern za begnügen pflegte.
Qraf Günther hatte sich um der Pest willen auf sein
Haus nach Gehren begeben. Die balsamischen Lüfte der
Thüringer Waldberge galten schon damals für besondera heil-
sam. Rühmte doch schon Mutianus, der ehrenwerte Kanonikus
zu Gotha, mit beredten Worten seine Soromerfrische zu Ober-
achönau! Aber der Festilens hielten auch die hochgelegenen
Städtchen des Qebirgs nicht stand. So drang die unheimliche
Seoche damals auch nach Königsee vor. Deshalb boten die
Grafen Sans Albrecht und Georg von Hansfeld eine Behau-
sung zu Bömhild, die sie von Berlhold von Henneberg er-
kauft, Graf Günther zum zeitweiligen Wohnsitz an, dafs er
daselbst mit den Seinigen zu gebieten und zu verbieten völlige
Macht habe und was das Haus vermöge, ihm stets gefolgt werde.
Graf Günther donkte für das freundliche Anerbieten und
blieb zum Gehren. Noch feierte er den Martinstag mit den
Seinigen wohlgemut, aber abends nach zehn fand man den
Grafen, vom Schlag getroSeo, tot in seinem Schlafzimmer.
Hoch im besten Mannesalter wurde so Graf Günther aus
einem Leben abgerufen, das in einer erregten Zeit der Kon-
flikte, in der das dj'uastisohe, das deutsche, das religiöse Inte-
resse nirgends zusammenstimmten, raschen Wechselfällen anheim-
flel. Die Grafschaft verlor in ihm einen milden, umsichtigen,
thätigen Landeaherm, dem das Wohl seiner Unterthanen stets
Herzen lag. Eine von den grofsen Ideen der Befoi-
mation in ihren Tiefen ergriffene Natur ist er nicht gewesea.
MDi^^l
\Q^ Graf Gfintber der Reiche Ton Sehwarsburg.
Um des lieben Friedens willen zeigte er sich auch in reli-
giöeen Dingen yielleieht allzu nachgiebig.
Ein hoher Herr reicher Geisteebildang, war er yoll warmen
Eifers den Segen einer solchen auch seinen Söhnen zu yer-
erben. In dieser Fürsorge für die Nachkommenschaft —
es blühten den Eltern auch drei Töchter empor, die sich in
die alten Qrafenhäuser der Mansfelder, der Isenburger und
Oldenburger yerheirateten — stand ihrem Gemahl seine treff«^
liehe Gattin zu aller Zeit auf das treueste zur Seite. Von
ihrer herzlichen Anteilnahme für Geistliche und Lehrer weifs
der Chronist zu berichten. Auch die Mädelinschule zu Son-
dershausen, wohl wie anderwärts damals noch ein mifsachtetes
Stiefkind, durfte sich ihrer mütterlichen Obhut erfreuen. Da&
Gedächtnis der edlen Gräfin hielt sich in ihren Stiftungen
mancherlei Art durch Jahrhunderte lebendig. Selbst den kleinen
Ghregorschülem, ihnen die ersten Anfänge des Lernens lieb und
leicht zu machen, stiftete sie ein besonderes Vermächtnis..
Nach ihrem Hinscheiden fand sie ihre Grabesruhe neben
ihrem Gatten, der in der gräflichen Grabkapelle der Lieb-
frauenkirche bestattet liegt. Schlichte Leichensteine, in der
Wand stehend, weisen die Stelle. Zu den Fülsen seiner
Eltern wurde seinem letzten Wunsche gemäfs auch ihr be-
rühmter Sohn Graf Günther der Streitbare beigesetzt, nach-
dem sein Leichnam unter Schwierigkeiten besonderer Art au&
den Niederlanden nach Arnstadt übergeführt worden. Sein
schönes Epitaph im Chorhaupt der Kapelle mit seinen hoch»
ragenden Figuren und reichem Wappenschmuck fesselt noch
jetzt die sinnende Betrachtung.
Katharina die Heldenmütige, welche den streitbaren Ge*
Bchwaderführer der Niederlande wie eine Mutter geliebt, liegt
zu Eudolstadt begraben.
Da das Interesse für diese hochherzige deutsche Frau in
neuester Zeit sich wieder lebhaft regte ^) und die Quellen für
1) Vergl. O. Walther, Beitrag zur Lebensgesch. der Gräfin Katha-
rina im 7. Bande dieser Zeitschrift.
f Ofi&tbar d«T Brioha von Bohwmbnrg,
105-
I
I
I
ihren Lebensgang doch so B^arsam flielseu, so werden im
ADBchluTB üa des Archivrat Irroiech Arbeiten, die leider niaht
die verdiente allgemeine Beachtung gefunden, einige Mit-
teilungen an dieeerStelle gewifg willkommeD sein. Mit der Zeit
werden auch Arnstädter Archivalieu noch einiges geben können..
Dak die hochherzige Frau dem Grafen Oünther die
Lßeung jenes VerhältuiBsee , das sie mit der ganzes Wärme
eines reichen Gemütes erfaTete , nicht nachgetragen , c
spricht ihr Bemühen, dem zweiten Sohne des Grafen zu
Bistum Münster zu verhelfen.
Der BiBohof, Graf Volrads von Waldeck Ohm, war
ein gewaltiger Schlemmer seEbst in einem Zeitalter, das
sagbare Völlerei wie ein EaiDBzeicheo an seiner Stirne trug,
weit und breit bekannt, Äuoh auf jener Hochieit au Waldeck,
als Volrad Anastaeia von Schwarzburg heimführte, und welohei
auch Graf Günther beiwohnte, that er, wie berichtet wird,
ein fürtrefElich Saufen. Wenn er allzuvoll, fielen Pauken und
Trommeten ein, und wenn er gegen Uorgen das Lager suchte,
hatten vier und auch mehr Mannen vollauf zu thun, den
hohen Eirchenfliraten recht zu steuern.
Sehon dieee Neigung für stark Getränk konnte
Gleiohgewioht seines Hauahalte nicht förderlich Bein. DaM
kam, dafs seine Eoohin und ihre Kinder ihm zwar den Beutel
aber nicht, was drin war, hefaen. Zu alledem hatte ihm der
Krieg gegen den vielbeweibten König von Sion und die Ge-
noBseu des tausendjährigen Keiohes ein grofaes, grofees Geld
gekostet. So war der BiBchof von Münster, obwohl er auch
die Bistümer Uindeo und Osnabrück sein eigen nannte, in
arger Klemme und gedachte sein Bistum gegen eine statt-
Hohe AbstandsBumme an einen Koadjutor abzutreten.
Kaum hatte die Gräfin Katbarina, welche in Corbaoh
ihrer Tooht«r Anastasia wartete, die baldiger Entbindung ent-
gegensah, von diesem Torhaben des hohen Herrn sichere
Kunde, als sie wie ihr Eidam sich mit dem Gedanken trugeni
die Koadjutor würde, von der nur ein Schritt zum fiisohofs-
stuhl, dem jungen Grafen Hans Günther zu verschaffen.
irme
laOt^H
X06 ^*^ Günther der Reiche yon Schwarzbarg.
Yolrad Bchrieb denn auch an dessen Yater (d. 16. Sept.
1551) und riet ihm, indem er auf die gegebenen Yerhältnisse
lündentete, alsbald einen getreuen Diener, am besten wohl
^en Amtmann yon Enzenberg nach Westfalen zu entsenden.
Die Gräfin Katharina ihrerseits weihte unter dem Siegel der
Verschwiegenheit diesen geschäftsgewandten Beamten wenig-
stens in etwas in ihre Pläne ein. Sie hoffe einen Sohn des
•Grafen Günther zu einem grofsen Fürsten zu machen, „bit
Auch ir wolt zu unserem gevatem sagen, s. 1. sollen mein
wolmeinet getreu hercz gegen s. 1. kiner und der grafschaft
•Sohwarczburck erkennen, ow ich gleich nich yil freundschaft
bei s. 1. haw, welches erger auch durch bos leut herkom.^'
Graf Günther glaubte die Pläne seiner Yerwandten, oh-
wohl sie ihm nur in unbestimmten Andeutungen zur Kenntnis
kamen, nicht von der Hand weisen zu dürfen. Bald war
der yon Enzenberg bei Graf Yolrad, wo er Näheres
«rfiihr. Zurückgekehrt, erstattete er seinem Herrn, welchen
wie wir sahen, wegen der Pestilenz in Gehren Hof hielt,
«ingehenden Bericht.
Dann ritt er wieder eilends zu Graf Yolrad und, yon
•diesem mit Empfehlungsschreiben yersehen, nach Iburg, der
Besidenz des Bischofs. Graf Günther liefs diesen durch seinen
Abgefertigten an die in Leipzig und Köln yerlebte Jugend-
zeit, wo sie in fleifsigem Yerkehr gestanden, freundlich erinnern.
Der Bischof machte seines Wunsches ,ynun zu meren
ruhen sich zu begeben'' durchaus kein Hehl und riet, dals
der junge Graf nach Köln, wo er Domherr war, gehen solle,
damit sein Name in gröüseren Kreisen bekannt werde.
Der Kanzler des Bischofs riet noch auf dessen Anzeige,
dafs der junge Herr 24 Jahre alt sein müsse, mit groüser
Gelassenheit, „ime em par jar zcusetzen wen er nur sonsten
erwachsen wer".
Enzenberg's Forschungen über Abstandssumme, über die
Yerehrungen an die Kapitelsherren, über die Kosten des Pal-
liums, über die zum Bistum gehörigen Ämter, die Zahl der
Lehensjunker, der Kriegspferde, der zum Bistum gehörigen
Grkf GHnthar dar Bdohe Tsn Schwinbarg.
Klöster waren sehr sorgaanj. Auch gab er treulich Berioht''
über die Reise caeh dem Uünaterland, über Wege, Ent-
fernungeo , Wirtahäuaer — aber doch zersohlug eich der
Handel. — Der Bischof, in eine unglückliche Fehde ver-
wickelt, verlor auch noch 1563 seine Biatiimer Miuden und
Oauabriick und starb körperlich und geistig gebrochen und
tief TOrBchuldet im gleichen Jahre,
Jedenfalls laasen die BemühuDgen der dem EvaDgelium
ao warm anhängenden Qräfin Katharina, einen Sprofs des
schwarzburgi sehen Hauaes auf einen Bischofsetuhl zn bringen,
desaen Inhaber noch kurz zuyor beschworen müseeu, dafa er
gut katholiech sei, eiuen eigentümlicheu Blick in jene Zeiten
des Übergangs thun , in welche die Macht althergebrachter
Gewohnheiten immer von neuem eich eindrängte.
Der junge Graf Hans Günther wandte sich naoh Beines
Yater« Tode mit Entschiedenheit weltlicher Thätigkeit zu und
in der blutigen Sohlacht bei Sievershanaea 1563, welche dem
Kurfürst Uoritz, wie sein wilder Gegner Markgraf Aloibiades
höhnte, das Licht auabliea, hat er sich als wackerer Kriege-
mann auf Seiten seines Lehnsherrn erwieaen. Er ist bekannt-
lioh der Begründer der Sonderahäuaei Linie des schwarz-
burgiachen Fürstenhauses.
AU im Uai des gleichen Jahres Herzog Heinnoh von
Srannschweig seinen Bnndesgenosaen , den fränkischen Bi-
«ohöfen, zuzog, war ea die Gräfin Katharina, welche die jungen
■SohwarKburger Grafen von Schraplau aus erauchte, dafa sie
^ich ihr Wittum in der böaen Zeit als ihr eigen Land be-
fohlen lassen sein möchten. „Dan ich besorg ser, der zuok
werd da zugen ; ich weit geren heim, ao besorg ich, ich kom
in den zuck; e. 1. mögen das ir mit äeie waren, daa haw
«. l. ich ala treue muter nit kon verhalten."
Die Gräfin war mit ihren Wittumsämtern Rudolstadt
und Blankanburg zu den Jungen Grafen in dieselben Be-
ziehungen eingetreten, in denen sie zu Graf Günther dem
Reichen gestanden. So finden eich denn aua diesen Zeiten
in dem Fürstlichen Landeaarchir zu Sondershausen mancherlei
"[Qß Graf Gfinther der Beiohe Ton Schwarzbarg.
ZuBohriften yon ihr, welche geschäftliche Angelegenheiten
und deren Erledigung 2um Gegenstand haben, wie hinwiederum
andere uns Blicke in ihr reiches Gemütsleben erschlielsen.^
Wie sie für gefangene Holzfreyler ein Wort warmer Fürbitte
einlegt, sucht sie bei den jungen Grafen thatkräftige Anteil
nähme an dem harten Geschick der Familie YitEtum in
Angelrode wachzurufen, bei welcher die Bürgen einzureiten
drohen.
Dem ehemaligen Verlobten ihrer Tochter Amelei bewahrt
sie fort und fort ein mütterliches Gedenken« Bei seiner treff-
lichen Mutter, der Gräfin Elisabeth, ,,ihrer freundlichen herz*
liewen gevater^' ei^undigt sie sich nach dessen Ergehen iik
dem fernen Niederlande, als der junge Eriegsmann 1554 im
kaiserlichen Heere gegen Frankreich zog. „Dan mich im
herczen nach s. 1. und yon s. 1. froliche botschafb zu ervaren
yerlangt"
Auf einer Heimreise yon Waldeck wollte sie auch Graf
Günther, da derselbe für kurze Zeit in Sondershausen war,.
einen Besuch machen. Allein, bemerkt sie, „es legten eich
meine pfer nieder und sturwe, das ich nirgent hin kon''. Ba
muXs sie sich daran genügen lassen, dem Grafen einen jener
schönen grofsen Thonkrüge, wie sie in Waldeck gefertigt
wurden, als Zeichen ihres freundlichen Gedenkens durch einen
Boten zuzuschicken.
Doch trafen sie sich in Sohraplau, einem mansfeldischen
Städtchen, wo die treffliche Anastasia mit ihrem Gatten öfters-
Hof hielt; dann wieder in Weimar^ wohin die junge Herzogin,,
welche „auf den wochen gehen wolle", die Gräfin eingeladen«
Solch mütterliche Zuneigung bewahrte dieselbe dem
Grafen auch dann noch, als derselbe, nun ein weltkundiger
Herr yon reichen Erfahrungen, sich mit Eätchen yon Nassau
yerheiratete.
Als auf dem schönen Schlosse, das sich der Graf in
Arnstadt erbaut, zur glanzyoUen Heimfahrt gerüstet wurde
(Noyember 1560), welcher auch Prinz Wilhelm yon Oranien
beiwohnte, erbot sich die Gräfin yon Schlofs Eisenberg in
Graf Günther der Beiehe von Sehwambiurg. 209
Waldeok aos, allerei Fronkgesohirr yon Rudoktadt gen Am*
«tadt überführen zn lassen: ,»eine yeine oonvecktschalen,
darin ich meinen jnnckyem, wen sie breut gewest seind, haw
laa furdragen, deller, loffel, etlioh beoher, drei silweme leuohter
und was ich kan gelangen lassen. woU got, ich wer drin,
ich weit es also mach, das e. L mei dreu willig heroi seen
eolt.^ Doch hoffte sie selbst noch zu der grofsen Feier, an
welcher yiele ans ihrer Freundschaft Anteil nahmen — 8000
Pferde zogen durch die Thore der Stadt! — sich einfinden
au können« ,,0w ich nit im anyanck kont kome, das ich
doch noch zun end kand komen; ich weis ir yiel, da ich
gern bei wer/'
Ja, die hochherzige Ghräfin, so treu sie zur Kirche und
ihren Dienern stand ^), neigte aueh in späteren Jahren nicht
au weltflfiditiger Frömmigkeit.
Die reizenden Umgebungen ihres Wittumssitzes , die
lebensvollen Gewässer der Berge und die majestätische Pracht
der Wälder luden zu den Freuden des Fischfangs und zu
fröhlicher Jagd. Hoch bansten, wie Wildschwein und Hirsch^
aneh Wolf und Luehe und Braun, der König der deutsehen
Tiamga, in dem sehluditenreichen Gebirge. Amvtädter Wald*
reehnmigen ersählen Ton näditKebea Wolfujagdea b«i tMk4fU
seheitt und Trozunetensdiall, und däb iw BUreA hUff t)#1,
waila sdbai Karoloa Qaiatw ia sehieA K(}mm4mUlf^ im fy#-
liehten.
Aber das «aerbitlKehe Aker m1i»(Uf a^fc Arf if^rM^if m
finMshen Oitfn. Da trat iie dte KmI^M^J«^ in ikfm^ ti*'
bieten (1666) an Graf Gtetlber w«4 ^fimH HfH4s99 i^ hh4
bedang sieh ak Batediidiimif jßt^^nik 4M*i M«a* iffA^uUif
ffiiaehe und der WildsAwiiiM vj«^. tm Usrin^ u^^ 4e*-
aelben Jahres entsandt» ufat? Jtow 4^4« imtamMi iM^g4kMchi
Andreas mii Mwmm Lmt^ im4 rid^ /egdto»dW; 4ie m« ibres
IIQ Graf Günther der Reiche von Schwarzburg.
ich beseer, so geb iob besser.^* Doch spendet sie dem groüsen^
Iieithund ihr Lob und rät, solche Art zu halten, ^^dan was man yon^
im zeugt (zieht), sucht alles die sau und beren (Bären) gern''. Wie
,,ein alter weitman'' giebt sie 'auch die Namen der Hunde»
,,der hund mit dem weifsen ring umb den hals heis fe, ist
feenardt; der braun heist muller, der falbe heist wieder anf
der yierd heifst glock, den wolle e. 1. ja wol waren lassen,
das er nit verloren wer; den der jeger weis, (dafs) er das
will (wild) zwen dag oder lenger an einander jagen/'
Die gemütvolle Frau unterläfst es nicht, den alten
Jagdknecht, „der sein stucklein brod auch auf ein kleins
rentlein gössen", der Huld des Grafen noch insbesondere
zu empfehlen, den sie auch bittet ihr grosbot (Grufsbote) zu
sein und der lieben Gemahl „vil muterliche treu und alles
gut zu sagen. „Bevil bete (beide) e. 1. in gotes genat und
Bchucz, der helve uns allen frolich und gesond zusamen!"
Schon zwei Jahre später, den 7. November 1567, starb
Gräün Katharina in ihrem 59. Lebensjahre. Ist sie so nicht
zu hohen Jahren gekommen, so blieb ihrem mütterlichen
Herzen ein grofser Schmerz erspart. Ihr jüngstes Kind Anna
Maria, an den Grafen Samuel von Waldeck zu Wildungen
vermählt, führte, ihrer trefflichen Mutter unwürdige Tochter,
nach ihres Gatten Tode (1570) einen so ärgerlichen Lebens-
wandel, dafs sie auf Gutbefinden des Lehnsherrn, des Land-
grafen Wilhelm von Hessen, sowie ihrer Anverwandten des
hennebergischen und schwarzburgischen Grafenhauses ins
Kloster Hönscbeid abgeführt und dort bis zu ihrem Tode ge-
fangen gehalten wurde.
Die Gräfin Katharina fand ihre Grabesruhe unfern des
Altars in der Stadtkirche zu Eudolstadt, welche den hohen
Namen trägt „zur Ehre Gottes".
Wie das Gedächtnis der treuen Landesmutter da, wo
sie wohnte und wirkte, wird der Name der heldenmütigen
deutschen Frau in der Geschichte unseres Volkes unsterblich
fortleben.
II.
Geschichte
des Klosters Cronschwitz,
Von
A
Dr. Berthold Sehmldt.
I. Litteratur und Quellen.
A.n die Geschichte eines kleinen yogÜändisohen Jnng-
frauenklosters, wie Cronsohwitz bei Weida, darf man
keine zu grofsen Anforderungen stellen. Nicht bedeutsame
historische Vorgänge, sondern nur ein bescheidenes Stück
des mittelalterlichen Kulturlebens mit seinen Licht- und
Schattenseiten steht allenfalls zu erwarten. Aber doch sind
schon wiederholt Versuche gemacht worden, die Geschichte
dieses Klosters zu schreiben. Zuerst hat solches der als
Forscher der yogtländischen Geschichte bekannte Grei-
zische Archivar Johann Gottfried Büchner^) in seinem
1732 anonym erschienenen Buch: Erläutertes Vogtland unter-
nommen ^). In späteren Jahren plante er dann noch
eine ausführlichere ^^diplomatische Nachricht" von Cronschwitz
herauszugeben, starb aber darüber hinweg, und sein Manu-
skript gelangte durch y,hohe Gnade" in die Hände des Höfer
Gymnasial-Eektors Paul Daniel Longolius, der für die Ge-
schichte des bayrischen Vogtlandes noch immer erste Autorität
ist. Longolius nun sammelte bezüglich Cronschwitz eifrig
weiter und machte 1766 in seinem ^^Vorrath allerlei brauch-
barer Nachrichten" ein Verzeichnis von 46 Urkunden des
1) Wegen seiner übrigen historischen Arbeiten vergl. Limmer, Ent-
wurf einer orknudlichen Geschichte des gesamten Voigtlandes I. S. 23 f.
2) S. 288 ff. unter der Überschrift : Fundation des Klosters Cronsch-
witz bey MUdenfnrth von der edlen Frau Jutta, gebohmen Frey-Frau
oder Voigtin von Weyda, A. 1889 geschehen.
XVI. 8
j^]^4 Öescbichte des Klosters Cronscliwit^.
Klosters in Begestenform bekannt^); dieselben scheinen, so-
weit sie nicht aus dem Biichnersohen Nachlasse herstammen,
dem alten Schleizer Hausarchiy entnommen zu sein. Drei
Jahre später kündigte er „Büchners genaue Geschichte des
Klosters Kronswiz bei Weida um vieles yermehrt. 1 Alphabet^'
an und suchte einen gefälligen Verleger dazu ^), Doch auch
Longolius starb, ohne solche Drucklegung auszuführen, und
seine, sowie Büchners Sammlungen sind seitdem spurlos ver-
schwunden ^).
Hierauf hat der bekannte Limmer in seiner urkund-
lichen Geschichte des Vogtlands (1825 f.) einige hübsche Bei-
träge zur Geschichte unsers Klosters geliefert Besonders hat
er jene wichtige handschriftliche Aufiseichnung über die Grün-
dung von Cronschwitz wieder aufgefunden und benutzt^).
Einen Teil derselben, doch nach sehr mangelhafter Abschrift,
hat später der Freiherr K. Chi. von Beitzenstein im 40. Jahres-
bericht (1869) des vogtländischen altertumsforschenden Ver-
eins in Hohenleuben unter dem Titel „Chronik des Klosters
Kronschwitz" veröffentlicht.
Das von ihm ebendaselbst gegebene Verzeichnis der
Priorinnen, Nonnen und Ordensgeistlichen ist ungenau und
lückenhaft ^). Von der romanartigen Darstellung der Kloster-
geschichte bei Hahn ^) kann hier abgesehen werden.
Neuerdings endlich hat der Saperintendent Walther in
Weida dilB bisher bekannten Nachrichten über das Kloster in
gedrängter Form zusammengestellt. Neues bringt derselbe hier
nicht, doch war das auch nicht die Aufgabe des Verfassers,
da er in erster Linie über Weida schreiben wollte^).
1) Fach m, 1 Stück. S. 3 f^ nnter der Überscfarift : Verzeichnis der
vorrätigen Urkunden vom Kloster Kronswiz.
2) Longolische Beschäftigungen S. 467.
3) Vielleicht durch den grofsen Hof er Brand von 1823 mit ver-
nichtet.
4) Limmer a. a. O. II. S. 366 ff. u. III. S. 876.
6) S. 1 ff.
6) Gesch. von Gera (1860) S. 208 ff. u. 439 ff.
7) Walther, Das alte Weida, S. 30 im 60. Jahresber. des vogtl.
altertumsforsch. Ver. S. 89 ff.
Oescillchte des Klosters Cronschwiti.
I
Die verlorenea Arbeiten von Büchner uod Longolius
werden sich aber wohl auf kein anderes Material gestützt
haben, als auf das noch heute yoThandene. Dazu gehören in
erster Linie seine für die Kleinheit des Stiftes immerhin sehr
zahlreichen Urkunden. Die Kauptmasse derselben befindet
sich jetzt im Geh. Haupt- und Staatsarahiv zu Weimar. Eh
liegen hier 157 Originale und vidimierte Abschriften, die nach
Aufhebung des Klosters im Jahre 1536 ohne weitere Um-
wege dorthin gelangt sein mögen. Zu dem alten Eloster-
archiv gehörten femer auch einige auf das Gut Strofsherg bei
Flauen bezügliche Urkunden, die weit verschleppt worden
sind. Noch zu Anfang unseres Jahrhunderts beenden sie sich
im Archiv des Rittergutes Neundorf, wozu Strafsberg nach
der Säkularisierung des Klosters geschlagen war'). Hierauf
hatte sie ein gewisser Architekt von Botst aus München, als
er eich 1836 in der Plauener Umgegend aufhielt, von einem
Einwohner in PÖh! billig gekauft und bot sie dem vogt-
landischen altert um sforschen den Verein in Hobenleuben zum
Ankauf au. Das Direktorium ging aber — wohl aus Spar-
samkeitsrücksichten^) — nicht darauf ein, und so hat von
Dorst die Dokumente endlich, nachdem er von Uiinchen nach
Görlitz übergesiedelt war, dem damaligen Sekretär der ober-
lausitzischen Oesellschaft der 'Wissensohafteu, Stadtrat Köhler,
geschenkt oder verkauft. Durch letzteren sind die Stücke,
8 Originale, dem Archive des genannten Vereins einverleibt
und durch E. Struve im 50. Bande des neuen L au siti.- Magazin
varöft'entlieht worden^),
1) Limmer ■. a. 0. S. 401 Anm. J
i) Dann dor Im IS. Jahresbericht das Vereins S. 67 aDgegebsD» ■
Orniid, äiSs die OrkundBo nicht Ton gro&er gescbicbtlichen Bedeatang nnd '
fut Oille scbon von Limmer benutzt wKren, klingt doch etvas zweifelhaft.
3) 12. Jahresbericht de> vogtlün diseben Altertums Vereins S. 89;
13. Jahresber. desselben S. ES f.; Neues Lausitzer Magixin SO. S. 147 ff.
Zorn Neueudorfor Arohiv gehörten ferner wohl fi nur aus Trommler,
Samml. z. Gescb. des Vogtlundea S. 196 tf. bekannte Stücke, sowie S
kuTfUrallicbe Dokumente von 1E41 a, 1618, welche Limmer a. a. O. UI.
S. S7S UDfilhrt.
1][6 äetcliichte des Klosters ÖronschwitsB.
Abgesehen zunächst von einzelnen hier und da zerstreuten
Originalen, schliefsen sich hieran die Akten des Klosters, bei
denen sich zuweilen auch die Kopien älterer Stücke finden.
Besonders sind dabei folgende Akten des sächsischen gemein-
schaftlichen Archivs in Weimar zu yerzeichnen:
1) Schrift betr. die Eeformation des Kl. v- 1479.— 1497.
2) Schrift, betr. die Irrungen des Klosters mit dem Pfarrer
zu Schmölln wegen Ungehorsams etc. y. 1480.
8) Schrift, betr. das Gesuch des Kl. um Unterstützung mit
Holz beim Klosterbau y, 1482.
4) Schrift, betr. die Beschwerde des Kl. gegen den Herrn
. yon Gera wegen Yerbotes der Abgaben an das KI. im
Dorfe Waltersdorf y. 1486.
5) Schrift betr. die Irrungen des Kl. mit Götz yon Wol-
fersdorf zu Berga wegen der Gerichtsbarkeit yon
1488—1492.
6) Schrift, betr. die dem Kl. zustehende Gerichtsbarkeit
innerhalb seiner Mauern y. 1488.
7) Schrift, betr. die (Irrungen des Kl. mit Nickel yon Endo
zu Kaimberg wegen^erweigerung eines mit dem Pfarrer
zu Bonneburg geplanten Ghitswechsels y. 1492.
8) Schrift, betr. die Eintreibung einer Forderung des Kl.
an Hans und Kaspar Sack y. 1502.
9) Schrift, betr. die Irrungen des Kl. mit der Kalands-
brüderschaft in Schmölln wegen des Spoliums y. 1504
-1617. ^^/ •// .^-v ^'^ti^, >; m/^.rß
10) Schrift, betr. die Irrungen des Kl. mit denen yon
Wolfersdorf zu Berga wegen der Ansprüche ihrer
Schwestern auf das yäterliche Erbe y. 1606—1607.
11) Schrift betr.: a) die durch Bückkehr der im Bauern-
kriege entlaufenen Mönche entstandene Unordnung im
Kl. und deren Aufreizung, zum alten Glauben zurück-
zukehren. — b) Irrungen mit dem Herrn yon Gera
wegen unbefugter Einsetzung eines Kloitoryorstehers
und Annahme der Kleinodien des Kl. -— o) Einsetzung
ii %>, des eyangelisohon Predigers und der deswegen ausge-
Gasuhichta des Klosters Cronsebiriti.
ur
brocheoe Zwiespalt im El. — d} Die Besetzung der
Ffarretelle durah Luther und Uetanohthon y. 1S2&
—1529.
12) SchrifL betr. die Irruugeo des Rl. mit dem BeuIseB
zu Greiz wegen eines Holzes und wegen einer eigea-
mäohligen Priesterwahl in Konneburg v. 1528,
13) Schritt, betr. die Visitation dea KI, durch kurfürstl.
Eommiesaiion v. 1529.
14) Schrift, betr. die Eapitalausetände des Kl. bei den
Keulsen bu Greiz und einigen Adligen v. 1535.
Obige No. 1 — 14 sind in der Weimarachen Registrande
Kk. p, 33—34 unter No, 11 eingetragen i). Weiter finden
sich in diesem Archiv:
15) Viaitationsakten des Kl. v. 1529 — 1538; Eegistr. Ji»
Fol. 16^ 40b, 100—103, 132^
16) Akten betr. die Sequestration und Aufhebung des Kl,
V. 1531—1543; Kegistr. Oo. p. 792, 3& yj-f-Z/j"'*'-'
17) Rechnungen des Kl. v. 1531 ff.j Registr. Bb. p. 3687.
Nächst den Weimarachen Archiven enthält noch das
Schleizer Hausarohiv, dem auch die Originale des früheren
Geraischen Hausarehivs einverleibt eind, einiges Material für
die Geschichte des Klostere. Es liegen hier zunächst 6 Ori-
ginale von 1328 — 1487, meistens Verpflichtungen des Klostere
zu Jahrgedüchtu lesen für das Haus Gera enthaltend. An
Kopien und Akten aber komraen daselbst noch in Betracht:
1) das Bruchstück eines Cron schwitz er Kopiales aus dem
Ende des 15. Jahrb. mit 11 Urkd.-Kopion v, 1248—
1359, wovon nur eine noch im Original erhalten ist
(vergl. dazu mein Drkdb, der Vögte von Weida etc,
I, No. 94, 358 und Vorbericht S, IX),
2) Schrift, betr. den Streit der Heneohaft Gera mit dem
Kl. wegen der Zinsgefalle aus Lusan, Schöna, Walters-
I
i
1) TargL su diea«D Bsgislr. Bnrkbardt, Abiib der Queh. des. S,
\ Erosst. Quamt-ATcbivea ia Weimar, in v. Lühsr, Archiiol. Zt«cht. HL
113 G«tdiieht6 des Klostert Cronschwitz.
doif, Hundhaupten, Zwötzen, Trebnitz and Scbwaara
T. 1486/87 mit 9 Abschriften y. 1250— -1359, wovon
ebenfalls nur eine im Original bekannt ist; Eegistr.
V. Xn. Fol. 1 ff. (s. ürkdb. der Vögte L Vorbericht
S. IX und No. 889).
3) Schrift, betr. die Nonne Anna von Gera y. 1499 — 1540;
Begistr. A. I. FoL 147 ff.
4) Schrift, betr. Ansuchung der kurfürstl. Sequestratoren
in Meifsen und Vogtland an den Herrn yon Gera
a) wegen Eüokgabe eines aus dem El. stammenden
Fergamentbüchleins , b) wegen strittiger Klosterzinsen
aus den geraischen Dorfschaften y. 1535; Cronsch witzer
Elostersachen, Nachtrag.
^ 5) Schrift, betr. die Irrungen der Herren Reufs mit Kur-
sachsen wegen obiger Zinsen y. 1567 — 1669; ebenda.
Weiter finden sich einzelne Originale und Kopien des
Klosters zerstreut in den Archiven oder Bibliotheken yon
Altenburgi Bamberg, Dresden, Eger, Jena und Zwickau. Es
sind dies 13 Stück, darunter 8 Originale, und es handelt sich
auch hier meistens um Urkunden, welche die Verpflichtungen
des Klosters an andere verbriefen ^). Endlich sind noch 6
nur aus Drucken bekannte Stücke zu erwähnen').
n. Die Gründung des Klosters.
Der Ort Cronschwitz*) liegt */^ Stunde nordöstlich von
Weida, am linken Ufer der Elster auf der sanft ansteigenden
Thalsohle des Flusses. Der Name desselben, urkundlich Grons-
wiz, Gronewicz, Grüns-, Korns-, Ghrons-, Gronschewitz etc.
geschrieben, ist zweifellos slayisch^). Auch die Bewohner-
^ l)^rkdK der^ögte I. No. 70, 247, 420, 421, 506 ; II. No. 181,
m, 25?', af^ü. 427 ; ferner Urkd. von 1488 April 20, 1440 Juli 25
u. 1545 Febr. 6.
2) Ebenda I. No. 265, 266, 810, 360, 528, 614.
3) Auf neuern Karten auch fölscfalich Kronspitz geschrieben.
4) Man hat den Namen von dem slavischen krufiwica, der Birnbaum,
(ableiten wollen (s. 40. Jahresber. des vogtl. Altertumsver. S. 22 und
GeachUbte des Kltutcrs CroiuohwilK.
1191
I
I
Bchaft der Gegend scheint bis in den Anfang dee 13, Jahc-
hunderta noch vorwiegend aue Slaven bestanden zu haben ;^fl
denn in der BegtätigungBurkuDde des nahen Kloetors Mitdea-C
furth von 1209 ist von der alavica villa Uildeuvocde ' ) die 1
Bede. Ebenso beweist die hier mehrfach zu ündeude Er~
wahnung der novalia, der frischen Eodungen, deutlich, dafs
die eiserne Pflugschar des deutsch eu An sied lere erst seit
vrenigen Jahren begonneu hatte, den slavischen Holzhakon
SU verdrängen. In der berührten Urkunde beatatigeu aber
die Söhne des Stifters tou Mildenfurth die väterlichen
Schenkungen an dieses Kloster und fügen auch selbst noch
eine stattliche Reihe von Besitzstücken hinzu, darunter vier
Uufen im Dorfe Cronsohwitz. Hier ako wurde 1238 von
Jutta von Gera, der Ahumutter des leufsiechen Hauees, ein
Nonnenkiostet gestiftet Die fromme Legende woifs darüber
folgendes zu berichten :
Das oloste
chwitz betreffeD[d],
1 fundatioß.
Im nhamen der heiligen und ungetayllten drejfalldig-
keytt seyliglich amen. Als mhan hat gescbriben nach Cristi
Neoas Lausiti. Magazin 50. B. 154 Änin.) ; doch lisgt hiei ober alna piiio- I
njmiscbo AbliUang vor. Violletcht ist det SUmm krtma, Ecooe, dM '
TheniB daxn. An diesis aJs ParsDnannaniB gebrauchta Wort tr&t dann
hJs bypokoristUche Weiterbildung oder Koseform du SafSx oA and hieran
die Bufäie -ow und -ici (jünger tco), von denen das erste daD Be-
Gitz der PeraOD und das aveile die aacbkomm enden Bevohner des Ortes
anzeigen (nach freundlicher Uilt«ilDiig das Herrn Archivars QiadI in
£ger). Danach würde alao Cronscburita so viel bedeuten, wie der Ort,
wo die Nachkommen im Besitze das kleinen Krön wohnen. Vargl. a.
UikiDsich, Die Bildang der itlaviacben Peraonennanteai S. S82, and Jahr-
bilcber des Vereins fUr mecklcuburgiBcbe Geacb. nie. 46. S. TT.
1) Urkdb, der Vogle I. No. 38. Dieae «lavica Villa Mildenvorde
I anderes als das beutige WQnscbendorf (ans Wendia
-DntcbwiU gegenüber am rechten Ufer der Elster I
;4
1 Vofs, Die Ahne
des renlluscben Hauses, S. IG,
J20 Geschichte dw Klostars Cronschwits.
unters lieben herren geborth xj ^) hundert und im xviiij ihar,
hath sich der edele und wollgebome her her Albrichtt burgk-
graye zcu AUdenbergk in Plysner lande mith eyner edelen
zcartten iungfrawen eynes grafen von Dewynn tochtier vor-
maheltt, mit welcher er gewhonnen hath untter andern
tochttem zoumall eyne wunder gothfor[ch]tige und hollt-
Bzeilige toohtter yrs nhamens Gutta, welche wurde dem edlen
und wollgebomem herrn hern Heynrichen voythe herrn zcu
Gerawe und zcu Plawen im xij hundertten ihare nach Cristus
geburth mit hoher und aller herlichstenn solempnitett vor-
elichett. AIb nuhn der selbigen sambt yrem herren der al-
mechttige gote hatte gegeben und bescheret vier herren und
szöne, unter welchen eyner isth zcu Plawen herr geweeth,
der ander her zcu Gerawe, der dritte eyn bruder prediger
Ordens zcu Erphorth, der yierde eyn thumher zcu Magde-
burgky von welchem herrn das dorff Losa dem closter
Gronschwycz ist geeygent und gegeben worden, auch eyne
tochtter, dy, szo syben ihar allt was, ist yn goth yorscheyden.
Hernach durch anruerung gotts des heiligen geysts, szo sy
dann bayde gancz gotforchttigk zcu gotts dynsth und zcur
geystlickeyt hicsigk, domiie sy sich desterbas von laster und
untogennt der betrichelygen weUt mechtten enthalltten und
andern gut beyspill vortragen, dy falsche und yergengkliohe
wellt auch zcu meyden und zcu gotts dynste sich zcu wen-
den, seyntt sy eyns wurden und beyderseits yn eheliche
sunderunge mith globdenn inn hynfurder zceit stete, unyor-
rugkliche und ewige kewschheytt zcu halltten, geystligkeytt
adder geystlichen standt anzunehmen, Isth eyn tagk in dem
closter zcu Milldenfort Premonstratenser ordens ernannt, dor*
zcu viel herrn, rittere und edelleute und schyr alle von yr
manschafft und landtschafft ; yderman wünsche ym zcu seyenn
bey Bulchem unerhörtem wunder und vornhemen. Doselbst
1) Die Handscfarift ist in der Kursive des 16. Jahrh. geschrieben, und
wir haben dieselbe, weil bei der Bestimmung der Jahreszahlen etwas
df^rauf ankommt, für letztere beibehalten.
1
Oesobicbts dea Kloitera CroDGchwits. I3l1
woa zcubereydt eyo Bcheyaharlich wolleben und mallzoeit, do
yderman reichlich und mill<ligklich ist gespeyst worden. Noch
der wirtschttfft alszpalde yn gogeQwartiglieyt alles volckes
hat bischolf Engelhardua zcur Nawmburgk , 'M'olchcr dozcu
geruit'en und geladen was, ia der kirchen gemeillltti closters
Milldeoforth den herren zcur reohtten und frawenn Gutta
zour lingken handt geetellet und mit aller geburlioher her-
licher Bolempnitet wiUigk scheydeambt addet divorcium ge-
halldeu, celebrirt und vorbrachtt. Do wurde o mancher
heysszer thranen vergosBzen, gros weineu, weolagen, iammer
und betruboya gcgeheo, von sulcher furhyu nymalg gehorth
nach erfharuD, wiUicher ehelicher sunderunge die gölte krofft
und eynsprcchung dee heiligen geysts aldo eygctiHichttigktich
wirckte. Als dau seyndt der herre eya creuczherre und
frawe Gutta eyne clooterfrawe wurden, welchea gescheen ist
nach Crieti unHcre lieben hafrcn gehurt tausend cc und im
szviij iharen, unter dem pabsh lunooeDcio dem viordoD, alsze
der prediger orden xxiiij ihar gestanden und bestetiget ist
gewesth. Als dan ist das oloster auffericht und erbawet czu
Cronsobwicz. Do selbst an der selbigen stelle und stadt, azo
ynczunt Cronschwicz leydt, aeynt ettliche hewszer an der
Elster gelegen, dor ynne toppff'or gewhont haben, bey welchen
hewBzern eyne grosze breyte wysze ist gewesth, und hat
alles Croosohwicz geheyszen, auff welcher wyszea ettliche
der eynwhoner zou Cronschwicz umb erkulung willen und
ruhe von der sonuenhicze sich unter oynen bäum uif der
wyszen gelagert haben, dy als dan szo wunder liplichen und
wunnigklichen gesangk und sussze gedone der heiligen engelin
haben gebort, alszo das sy sich haben drumb grosz entsac^tt,
vorwundert und gesprochen: 0 vorwhar, dieze statt rousz
heiligk seyen und ettwas sunderlichs grossz bedeuten und
zcuknnfftigk whuneszum anzceygen. Der selbige blaue mit
sambt der wyszenn und den hewszein geborten zcum closter
Milldefort, aber gedachtte wollgeborne und edele frawe Gutta
treib eynen weohsszel und beute mit bestymbttem closter zcu
wege, ^das der piobsth dy zoeit zcu Milldenforth Siboto mit
I
122 Geschichte des Klosters Cronschwitz.
dem prior Hupolldo haben gewilliget sambt dem ganczen
oovent, das sy vor yj hufen landes des closters Cronschwitz
mit sambt den ackern , gerten, wasszer, wasszerleufftten,
wyszen, weden, holczem, und alles das ynen eygen isth ge-
westh und zeugestanden hat, innen und auszerhalb Gronsohwicz
gelegen, mit aller gerechttigkeyth seyndt Torgnuget mit vij
hufen ackers adder landes wurden nhemlich ym dorffe Eob-
schicz. Gescheen im xij^ und xxxyiij iharen etc. ^).
Hierauf folgen zunächst einige Auszüge oder Begesten
Ton Urkunden, welche Päpste, Kaiser und die thüringischen
Landgrafen dem Kloster ausgestellt haben ^). Sodann —
unter der Überschrift: „Hye yollgen nuhnn guterere, rent unnd
zcyncsz, szo yon der herschafft yon Gerawe yn sunderheytt
dem d oster zcu Cronschwicz yoreygennt und gegeben wurden
seynn*' — 27 Eegesten und eine yoUständige Kopie. Sie
umfassen die Jahre 1248 — 1385, sind nicht chronologisch,
sondern nach Ortschaften geordnet und betreffen Verleihungen
des Hauses Gera aus Hohenleuben, Fohlen, Kleinfalke,
Weifsendorf, Dohlen, Dittersdorf, Berga, Glodra, Tauben-
preskeln, Kaimberg, Oberröppisch , Mühlsdorf, Kaltenborn,
Otticha, Zickra, Grofsdraxdorf, Waltersdorf, Hundhaupten,
SchÖDa und Lusan ^). Zum Schlufs heifst es : „Dye be-
sigellttenn heubttbriye seyndt unnd werdenn befundenn ym
iungfrawecloster zcu Cronschwicz, dor aus summarie abge-
schribene, genhommen unnd geschriben szeynndf
Über die neueren Handschriften dieser sogenannten
1) Benutzt vom Pirnaischen liönch b. Mencke, Script, rer. Germ. I.
S. 1476, 1538, 1539 u. 1541; bei Limmer, Gesch. des Vogtlands II.
S. 358, und im 18. und 19. Jahresber. des Vogtland, altertumsforsch.
Vereins (1842) S. 100 ff.
2) Abgedruckt im Urkdb. der Vögte von Weida etc. I. No. 71, 72,
87, 89, 91, 124, 304; U. No. 62. Die nur aus der Handschrift be-
kannten No. sind fett gedruckt.
3) Urkdb. der Vogte I. No. 94, 115, HS, 119, 123, 128, 147,
216, 228, 572, 391, 397, 403, 416, 433, 454, 463, 651, 691, 692, 809,
870; II. No. 86, 47, 84, 98, 125, 800. Pie nur aus der Handschrift
bekanoten No. sind fett |g;edrackt.
Qeschichta dei El'OiUri CraDiohwiti.
IS
I
p
CroDsohffiUer Chronik habe ich schon an anderer Stelle hs-
riclitet •). Neulich ist es mir aber gelungen, auch deren Vor-
lage, eine Kopie aus dem Anfange dea 16. JahrhunderlH, im
Begieruagsarchiv zu Gera wieder aufzutindeu ^). Sie besteht
mit dem ümauhlag aus 10 Polioblättern, let von einer Hand
des 17. Jahrhunderts von 1—8 paginiert und trügt von der-
selben die Aufschrift: „Ursprung und StifTtung des CWters
Cronsohwitz 1298 sqq, Soll aus Cloater- Nachrichten genom-
men Heyn, welche der Schrilft und Schreibart nach echon im
14. Jahrhundert extrahiret seyn mögen. U." ^). üutflr die
ältere Überechrift (a. 8, 122) hat dieeetbe Hand danu noch
geechrieben „post. aan. 1228", und zu ihrer Zeit mag daoD
auch die Kopie geheftet worden sein , da das Blatt mit der
früheren Übereohrift verkehrt hint«nan geklebt ist. Ebern
auf S. 7 eine jedenfalls aus dem 1 5. Johrhuudert stammeude
Urkundenabschrift auf einem Quartblatt mit eiugeklebt worden.
Die Waeserzeiohen des Papiers für Umschlag, Text und Ab*
Eohrift sind sämtlich verschieden.
Ich habe nun seiner Zeit uachzuweisea versucht, da&.
die Kopie auf eine h^ute verlorene Uaudschrift
zweiten Ualfte des 14, Jahrhuudei-ts zurückgehe. Dieses
„aldt lateiniBch pergamenin buch," an anderer Stelle auch
„echwarzes Buch" bezeichnet, hatte Heinrich der Ältore von
Gera von seiner Schwester Anna, früheren Trioriii zu
Cronschwitz, erhalten. Die kuTüächäiEcheu Scqucstratoren iür
Meifsen und Vogtland ersuchten dann seit 1Ö35 den Geraer
wiederholt um die Herausgabe des Buches, konnten solche
aber nicht durchsetzen'').
Von der lateinischen Handschrift bat es, wie ich glaube,
eine deutsche Übersetzung gegebeu, die aber ebenfiills heute
verloren gegangen ist. Diese Übersetzung mufs eudhch der
1) Ebenda 1. No. 69 Bemerk, and VorberLcht 8. LS.
S) EboDilK II, Ha. 62 Bemerk.
3] Die Haadsulirirt hnt Ähnlichkeit mit d«r Ileiiiricha Posthumu.
4) ürkdb. der Vügte 1, Vorbaricht S, XI u. Aktenstück von IBfl
n WelmAf Keg, Oo, pftg. 79S, 161.
I
124 Gescbichte des Klosters Cronschwita.
noch vorhandenen Kopie zu Ghninde liegen ; denn dafs es sich
hier nur um eine solche handeln kann, beweisen die zahl-
reichen und völlig gedankenlosen Versehen bei den Jahres-
zahlen ^). Übersetzung und deren Kopie mögen übrigens
ziemlich gleichzeitig angefertigt worden sein. Schrift und
Sprache der letzteren ist etwa in die Zeit von 1520 — 1530
zu setzen.
Nach dem chronikalischen Teil der Aufzeichnung soll
also Burggraf Albrecht von Altenburg sich 1119 mit einer
Tochter eines Grafen von Dewin vermählt haben. Jutta, die
Tochter beider, habe dann 1200 den Vogt Heinrich zu Gera
und Plauen geehelicht, und nach Trennung der zuletzt er-
wähnten Ehe sei im Jahre 1228 und zwar 24 Jahr nach
Gründung und Bestätigung des Fredigerordens das Kloster
Gronschwitz gestiftet und erbaut worden. Den Grund und
Boden für die neue Stiftung aber hat Jutta 1238 vom Kloster
Mildenfurth eingetauscht. Die Erzählung von diesem Tausche
beruht offenbar auf einer verlorenen Urkunde. Die leider
undatierte Gegenurkunde des Klosters Mildenfurth ist noch
im Original vorhanden ^). ^
Auch sonst geht, wie weiterhin ausgeführt wird, aus
dem urkundlichen Material klar hervor, dafs das Kloster
Gronschwitz nicht 1228, sondern 1238 gestiftet wurde. Der
Dominikaner- oder Predigerorden war 1215 gegründet und
am 22. Dezember 1216 vom Papst Honorius bestätigt wor-
den ^). Folglich ist die in unserer Kopie gegebene Zahl mit
Hinweisung auf die Gründung und Bestätigung des Ordens
falsch. Es müfste vielmehr heifsen, dafs das Kloster im 22.
1) Auch der Dominikaner Johann Lindner, der sogenannte Pirnabche
Mönch (b. Mencke II. p. 1539), der sein Onomasticon nach 1530 schrieb,
kann nur diese Kopie benatst haben, da sich auch bei ihm diese auf-
fälligen Zahlenschnitzer vorfinden.
2) Urkdb. der Vögte I. No. 69.
3) y. Biedenfeld, Ursprung etc. sämtlicher Mönchs- und Kloster-
fri^uen-Orden. (Weimar 1887) I. S. 117.
ÖearliklitD das Blostan Cronicliwtll.
1361
I
bezügl. 23, Jahre nach äer Schaffung oder BeetÜtiguiig d<
genauntea Ordens erbaut wäre.
Der vorstehende Fehler ist übrigens hüchet bezeichne)
fUr clie Flüchtigkeit der AbBchriftnahme und beweist auch,'
dafs der Abschreiber keio Dominikaner war. Der Prediger-
mÖDch Johann Liudner hat wonigslene etil! schweigen c! die
richtige Zahl 23 (also noch Qründung des Ordene) für 34
verbessert •).
Weiter soll die Mutter der Jutta 1119, diese selbst abi
12Ü0 vermühlt worden sein. Nun waren aber 1338
Kinder der Jutta noch nicht volljährig; sie erhielten damals
eine Vormundschaft, bis sie ihr 25. Jahr erreicht hätten
(quousque ad legi ti man» viginti quinque annorum etatem
perveuerint). FerneT ist Jutta noch 1268 als lebend urkund-
lich beglaubigt*). Endlich konirat Burggraf Albrecht I. von
Altenburg, der ihr Yater gewesen sein niufs ^), ei'st seit 1312
Tur^). Folglich mufs abermals der Abschreiber dio Jahres-
zablea in gröfster Gedaukenloaigkeit verlesen haben. Dafs
er solches fertig brachte, beweisen übrigeDS auch die falschen
Jahreszahlen zweier im Begostenteil von ihm angeführten
Urkunden ^).
Ich versuche daher, obigen Zahlenwirrwar durch folgende
Konjektur zu losen. Statt 1119 ist zunüohst U94 zu lesen.
Der Abschreiber hatte vielleicht in seiner Vorlage MCXClIIf
und kann das zweite C, namentlich wenn es etwas ver-
«• I
meine Angabe ih
r. f. ThilrinK. Ges.
Piruaiscken Miii
1) 8. b. Uencke, Script, rer. aermBOie. II. B.
2) Crkdb. der Vägle I. Ko. 147. Duiaeh ist
j TaduiBhres Im Arnold v. Quedlinburg 3. 48 (Zeitacl
. ä, US ) XU bericbtigen, — Nacb dem
I (b. Meni^ke ■. a. 0. S. läS9) soll sie erst ISSft Terstorben ssin.
3) Vergl. Mitteil, dar Oeschicfats- a. Allertumaforgcb. Oeaellscbaft das .
I Oslorlandcs IX (18B7). S. 436 f., -wa xucb die ältere Ansicht, dafi Jutta
e geborane von Weidit gewesan, hinreidliend widetlagt ist.
4) tfrkdb der Vogte 1, No. 3S, u. v. Braun, Qeacb. der Borggrareu
n Altenburg, 8. !3.
G) Vei^l, Urkd. 1. So. 94, wo er 1348 stall 1348, x
l er [lS|3e stBlt 1269 Iss.
*JS
126 äeschiciite des ttlosters Cronsctiwitö.
Bchnörkelt war, recht gut für Y yerlesen haben. Dann müfste
die Jutta in den nächsten Jahren geboren sein, kann sich
aber schwerlich schon 1200 yermählt haben, sondern an letzter
Stelle mufs die kleinere Zahl vergessen worden sein. Noch
1288 bezeichnet Papst Gregor ihre Kinder als in zartem
Alter stehend (in etate tenera constitutos) ^)y und erst 1243
und 1244 treten dann ihre beiden ältesten Söhne selbständig
handelnd auf).
Wenn letztere also auch damals mindestens 25 Jahre alt
waren — sie könnten aber leicht noch jünger gewesen sein
— so wird sich ihre Mutter doch immer erst in der Zeit von
1215 — 1220 yerehelicht haben, und dazu stimmte auch die
Zeit des Auftretens ihres Vaters yon 1212 — 1228 und das
Yon mir konjizierte Jahr seiner Ehesohliefsung.
Nachdem so die Zahlen der Aufzeichnung festgelegt wor-
den sind, ist ihr übriger historischer Wert zu untersuchen.
Ob zunächst die Mutter der Jutta eine geborene Gräfin yon
Dewin war, läfst sich nicht nachweisen ^). Dann aber bringt
die Chronik die yoUe Bestätigung der zuerst yon mir aufge-
stellten Behauptung, dafs nur die Linien Plauen und Gera
yon einem Vater abstammen, während seither die ganze
yogüändische Historiographie auch die bereits früher abge-
zweigte Linie Weida yon dem zweiten Sohn Heinrichs des
Eeichen, dem ersten Vogt yon Gera, herleitete^). Der Letzt-
genannte wird hier in der Chronik Heinrich, Vogt, Herr zu
Gera und Plauen, genannt, und das entspricht ganz den That-
sachen**). Er selbst nannte sich Heinrich, Vogt von Weida,
im Siegel Henricus de Wida, wird seit 1238 kurze Zeit als
1) Urkdb. der Vogte I. No. 68.
2) Ebenda I. No. 80 u. 83.
3) Sie könnte eine Tochter des Burggrafen Konrad gewesen sein,
der 1185—1188 erscheint; s. Linuner, Pleirsnerland I. S. 261.
4) Schmidt, Arnold y. Quedlinburg etc., S. 50, u. Ztschr. f. Thüring.
Geschichte N. F. III. 4. S. 454; 56. u. 57. Jahresber. des vogtl. Alter-
tums-Vereins S. 39.
5) Vergl. Urkdb. I. No. 50, 62, 64, 66 u. 67.
I
Qeschichta des tClosters Cronsctiirilt. ^g!
Vogt von Gera bezeichnet und führte später als Denteoh-
ordensritter wieder seinen Geflohlechtsnamen von Weida •).
Er hatte naoh der Chronik mit seiner Gemahlin Jutta vier
Söhne, die Vögte von Plauen und Gera, den rredigormönoh
zu Erfurt und den Domherrn zu Magdeburg. Vom Dom-
herrn soll dem Kloster das Dorf Luaan gceohoukt sein. Die
vier Bruder *) uud die Verleihung des genannten Dorfes im
Jahre 1348 lassen sich nun urkundlich heHtätigeu ^). Nicht
nachweisen kann man dagegen das Töchterlein der Jutta, die
nach der Chronik schon mit sit-bon Jahren starb. Da hier
nach der Ereöhlung dieses Todesfalles der Entsohlufs der
Eltern folgt, in den geistlichen Stand zu treten, so scheint
es fast, als ob gerade der Sclimerz um das Minschciden der
Tochter der Anlafs für dieeeu bei der Jugend der übrigen
Kinder immerhin auffälligen Scliritt gewesen sei. Jedenfalls
aber lag wohl die Erfüllung eines Sühngelübdes vor. Weiter
boriolitei. die Chrouik von der Trennung der Ehe, welche vor
einer grofsen Versammlung von Bittern, Edelleuten und
Mannen stattfand. Nach einem köstlichen Uahle wurde iu
der Klosterkirche zu HÜdeufurth eine erhebende Feier abge-
halten , wobei Bischof Eu gelhard von Naumburg die Ehe-
scheidung aussprach und die Messe celebrierte. Der Vorgang
läfst sich nicht weiter belegen, mag aber immerhin auf Wahr-
heit boruheu. Zu bemerken ist wenigstens, dafs Bischof
Engelhard von Naumburg der Vormund der nachgelassenen
Kinder des getrennten Ehepaares wurde*). Sodann ist wahr- '
scheinlich, dafs erwähnte Eeier am 8. Sept. 1238 staltfand;
denn einmal ist dies ein grofser Marientag (nativitas s. Mariae)
und zugleich das Datum der Stiftung des Klosters Milden-
furth^), und zweitens wird Heinrich von Weida in einer Vt-
1) Coba in Forsch, i. deutscb. Oeacli. IX. S. 48.
S) Der KBQonikar iu Higdetiurg starb am ISSO, und der ErrurterJ
[ Ufincb war vod ISSG— t>9 Prior ssiucs Klosters; a. fal|
S) Yergt. Urkdb. L No. 94, iöl, lOB, 114.
4) Vergl. Urkdii. I. No. 68.
5) Ebsndu üo. 32.
l^g d«8chiclit6 des Klosters CroDschwite.
künde vom 8. Sept. des genannten Jahres, worin er und
seine Gemahlin Jutta, Gräfin zu Gera, die Johanniskirche zu
Gera beschenken, bereits brodere genannt ^). Wenn in der-
selben Urkunde die Jutta noch greyyn zu Gera heifst, so be-
weist das wohl nur, dafs ihre Einkleidung als Nonne damals
noch nicht erfolgt war.
Die Gründung dea Klosters Gronschwitz muls übrigens
wegen der übrigen geistlichen Orden, die mit der Familie
der Stifterin in Berührung standen, einige Schwierigkeiten
gemacht haben. Da waren zunächst die Mönche von Miiden-
furth. Ihnen gehörte der Grund und Boden, wo das neue
Kloster errichtet werden sollte. Auch mögen sie wenig damit
zufrieden gewesen sein, dafs solches in ihrer allernächsten
Nähe erbaut werden sollte. Bei dem Tausch vergleich , den
sie mit der Jutta abschlössen, wurden sie denn auch reichlich
entschädigt, indem sie statt 6 Hufen Landes in Gronschwitz
deren 8 ') in XJnter-Röppisch eintauschten. Femer mochten
die Deutschordensritter, denen der Gatte der Jutta angehörte,
und endlich die Predigermönche, welche in ihrem Sohne, dem
Erfurter Mönche, einen Fürsprecher hatten, sich gehörig be-
müht haben, die neue Stiftung ihrem Orden zu gewinnen.
Vielleicht also aus solchem Streite entstand eine ganz eigen*
artige Verfassung für Gronschwitz. Bischof Engelhard von
Naumburg bestimmte nämlich, dafs das Kloster dem Orden
und der Regel des heiligen Augustin folgen solle und zwar
nach dem Vorbild (secundum observaoionem) der Schwestern
des heiligen Sixtus in Rom; doch solle die Visitacion darüber
dem Provinzial des Predigerordens zustehen. Zugleich wird
dem genannten Orden die Beichte und Seelensorge der Nonnen
übertragen, während die Aufsicht, Vertretung und Leitung
des Klosters in weltlichen Sachen dem deutschen Ritterorden
und in letzter Linie dem Deutschmeister zustehen sollte ').
1) Ebenda No. 67. Die Urkunde ist nnr in denUcher Übersetzung
des 16. Jahrhunderts bekannt.
2) Daher Urkdb. der Vögte I. No. 69 zu berichtigen.
3) Urkdb. der Vögte I. No. 71.
Qndiiolite Att Klostar« CronMliriti.
oikus hatte, als er
päpstliche Verhot, keine
umgehen gewufat , dafa
Satzungen des Auguatin
Oeneralkapitel dei
seinen Orden ins Leben rief, das
loue Orden au schaffen, dadurch s
er anfangs seinen München die
Tursehrieb, bis 1220 durch das
SU Bologna jene strengen aaketiBchen
Satzungen der Folgezeit eingeführt wurden. Auch das erste
Frauonkloflter. welches Dominikus zu Frouille bei Toulouie
gründete, erhielt die Eegel des h, Augustin, Dann aber fügte
«T dieser bei Errichtung des Klosters dos h. Sixtus in Kom
noch einige Schärfnogau hinzu. Genanntes Kloster entstand
1318, wurde nach 1223 auf den Berg Magnopoli in einen
Teil des Guirinals verlegt und war lediglich flir reiche
adelige Fräulein bestimmt >).
Auch Cronschwitz war also in Wahrheit ein Domini-
kauerkloster, und seine urkundliche Zurechnung zum Augusti-
n
• Bottel-
dariu ihren Or
ndhositz möglich i
streng genommen i
en Güter und Einkünfte be-
es sich auch , dafs Bischof
der schon erwähnten Ordi-
die geistliche Leitung
nerorden hatte jedenfalli
Kloster die Erwerbung vc
Die Dominikaner warcu ja
mönche, die keine
sitzen durften. Daher erklärt
Eugelbreeht von Naumburg in
nationsurkundo den Dominikonc
des Klosters, die weltliche aber den DeutBchherren zuweist.
Auch gestattet er noch ausdrücklich, dafs das Kloster seinen
jetzigen und zukünftigen Grundbesitz geniefscn dürfe (spe-
«rialiter autcm decimas de uoraltbuB et omnibue, qne nnnc
habent aut in posterum canonice possidebunt, eidem oenohio
perpetuo percipiendaB concediinua indulgendo) *).
Die Ordination des Klostar wurde dann noch 1339
Erzbiechof Wilbrand von Magdeburg und
^1246 Not. 9 you Papst Innooens IV. bestätigt. Auch hier-
^i wurde das Stift ausdrüeklioh als Eum Orden der Prediger-
^
i. EüintlicheT Mdnchi- aad Klusterfriuen-
S) ürtdb. der VSgle I. Üo. 71.
130 Geschichte des Klosterg Cronschwits.
möDche gehörig bezeichnet^). Schon ein Jahr zuvor hatte
übrigeng genannter Papst dem Kloster alle seine Güter und
Freiheiten und die freie Wahl der Priorin bestätigt^). Letz-
teres Becht wird dann in der jungem päpstlichen Urkunde
noch besonders hervorgehoben (electio tarnen priorisse libere
pertineat ad conventum). Gronschwitz war, wie Mildenfnrth,
ein Marienkloster ^). Auf seinem spitzovalen Siegel, das
durch einen Querstreifen in zwei Felder geteilt ist, befindet
sich im obem Felde die thronende Figur der Jungfrau mit
dem Ghristuskinde und einem Lilienscepter in der Hand, im
untern das Bild einer Kirche. Auf dem Streifen steht:
AVE MABIA. Die Umschrift des Siegels lautet: S. CON-
YENTYS DOMYS SCE MABIE ^). Ein jüngeres, sonst ganz
ähnliches Siegel hat die Legende: S. GONYETVS SOBOB'
OBDiS PDICATOB' IN CB0NS8WIZ ß).
Die Tracht der Oronschwitzer Nonnen war jedenfalls die
anderer Schwestern ihres Ordern^ weifser Bock und weifses
Skapulier mit schwarzem Mantel^).
HL Der Besite des Klosters.
Nach seinem Yorbild, dem St. Siztuskloster in Born,
war auch Gronschwitz ein Asyl für die unvermählten Töchter
des Herren- und Adelstandes im Yoigtland. Es galt ent-
schieden für vornehmer als das Marien-Magdalenen-Kloster
desselben Ordens in Weida und das Gistercienserstift der
Nonnen vom heiligen Kreuz bei Saalburg. Zunächst war
1) Ebenda No. 87.
8) Ebenda No. '84, wenn hier nicht ein nnd dieselbe Urkunde, wie
in Ko. 87 vorliegt.
8) Ebenda No. 71 in loco, qoi dicitar domns sancte Marie.
4) Es findet sich zuerst an einer Urkunde von 1802 April 28 ;
8. Neues Lausitz. Bfagasin 60. Bd. (1878) 8. 160 (mit falscher Lesung).
— Richtig abgebildet nach Urkunde v. 1828 Nov. 26 bei Walther, Das
alte Weida S. 82.
5) Vergl. Urkd. v. 1402 MXrz 23 in HA. Schleiz.
6) V. Biedenfeld a. a. O. 8. 126.
r
CroDBcbwitz bedeutend KUer, als die beiden andern StifteTf
deon das Weidaer wird zuerst 1293 •) und das Saalburger
nioht vor 1311 UTkundlioti erwähnt*). Sodann war ee das
ei gen l liehe Hanekloster des ganzen Vogtageschleohte. Die
Töchter der Landeeherren wurden fast auaschliefslich in
Croneohwiti ver Borgt und oft reichlich ausgestattet. Aucli
etifteten die Vö^ hier mit Vorliebe ihre Seelenmessen und
Jahrgedächtnisse, und ihrem Beispiel folgte dann naturgemäffl
der inländische Adel. So erwarb das Kloster bald angesehenen
Grundbeiitz und reichliche Einkünfte. Die Erwerbungen
waren hier, wie bei andern Stiftungen Terschiedenen ür-
gprungs. Obenan stehen die frommen Sohenkungen, Seelge-
räte und Legate, deren Einkünfte jährlich in Form von
Speisen, Oeträuken oder Kleidung zur Verteilung unter di«
Nonnen gelangten. Die zweite Art der Erwerbung geschah
durch die Ausstattung und Leibrenten der Kloaterjungfrauen,
da nach dem Tode der Inhaberin solche Einkünfte in der
Regel dem Kloster zufielen. Erst in ziemlich später Zeit
fiuden eich Fälle, dafs sie scbüefelicb an den Geher oder
dessen Familie zurückgehen sollten. Die Leibrenten waren
übrigens gegen das Armutsgelobuis des Predigerorden s. So
wird auch in einer Cronsohwitzer Urkunde von 1496 April 25
ansdrücklich bemerkt, dafs die persönlichen Zinsen abgethan
sein sollten, wenn das Kloster gänzlich reformiert würde und
strengere Observanz erhielte^). Dabei scheinen die Nonnen-
klöster des Ordens, denen die Erwerbang von Orundbesitz
nachgesehen wnrde, zuweilen auch den MönohsklösterD als
1) Dab diues NanDeaklDStar tod dem Sltuten Bohne Belnrichs de»
Heicben, Wi« PboI LiiDge »ngiebt (hti Mancke, Sriptor. rar. Oenntuilc.
U. 8p. leOS), odsr 1S09, wie anders meinen (Mkyer, Chronik der Benign
8. 20) Limmer, Gesch. des VoglUndes B. MS), Isrn sich nicht DUh-
wdien. Auch Brückner, Reubiiche Lsndesknnde, S. SM, irrt, wenn er
die SUfCDDg des 8t. KsthnHaenslUrs in der Petarakircha in Weida
mit der dründiing dei Klosters ■nsunmeubringt ; e. Orkdb. der VSgte L
Ko. Ul i
608,
I) Drkdb. der V5gte I. No. STB
8) GHagA. Weimu.
. 4se.
1^2 Cbeachichte 4ea Klosters Cronschwitz«
Peokong gedient zu haben ; denn ^mnal wurd, als das Elostet
in Jena 1820 einen Weinberg kauft, derselbe nominell der
JPnorip und dem Konrente von Gronsehwite rerliehen ^).
{«eibrenten kauften übrigens auoh solehe P^vonen^ die all
X<aienbrüder in das Kloster traten^ wobei nach ihrem Tode
JKI^pital oder überlassene Grundstücke wohl stets dem Kloster
zielen ^). Die dritte Art der Erwerbung geschah durch den
Knuf und ;swar Erbkaof^ wie Zeit- oder Pfandkauf, die heutige
Bypotihek. Diese ist namentlicb die im 16. und 16. Jahrh.
gewöhnliche Form, als den Sllöstem nur noch selten Grund-
besitz verliehen wurde. Man zahlte dann bei Stiftungen lieber
eine Summe Geldes, welche das Kloster auf eigenen oder
Hemden Grundstücken anlegte. Zu jeder Art der Erwerbung
jbedurfte es aber die Bestätigung des Lehnsherrn. In der
Begel verzichtete letzterer dabei auf die fiskalischen Abgaben
von den Klostergütem und beanspruchte nur die Gerichts-
barkeit, doch behalt sich auch einmal (1385) ein Herr von
QefA ausdrücklich die Frohn, Beute und Bethe eines von
Gronschwitz erworbenen Gutes vor*). Innerhalb seiner
Mauern besafs das Kloster eigene Gerichtsbarkeit. Auch diese
machte ihm die Landesherrschaft zuweilen noch streitig, so
dafs 1363 ein förmlicher Vertrag darüber abgeschlossen wer-
den mulbte^). ungewöhnlich bei geistlichen Stiftungen war
die jährliche Abgabe, die Gronschwitz den Vögten von Weida
in Gestalt eines Tuches liefern muDste^). Neben der Ein-
1) Vergl. Urkdb. I. No. 147 — onde wen- diselben brudere yoq ires
ordins weyn nicht eigenschaft phlegen zn babene, so habe wir ufgelasen
— di eigensehaft desselben wingarten zu der priolin hant derselben sam-
nonge zu Cronswicz, di wol eigenschaft beheldit
2) Urkdb. L No. 147 n. Urkd. y. 1471 April 29 (GHnSA.
Weimar), worin ein gewisser Gart Nütael ans Gronschwitz brennt, dafs
er sich mit seiner Frau gegen eine lebenslängliche Pfründe In die Bruder-
schaft des Klosters begeben habe, nnd da£i daf&r sein ganzes Vermögen
an das Kl. fallen sollte. .
8) Urkdb. n. No. 800.
4) Ebenda II. No. 123.
6) U, No. 408.
G«M!tii«lite des Klosten CronicKwitz,
19*1
r viUtgung der Laadesheiren ^urde wiederholt auch die Se-
Btätigung der Oberlehnshorren, der Landgrafen von Thttringen, .
eingeholt. So beettltigt 1240 Landgraf Heinrich dem KloBte^">
den Grand und Boden, auf dem es gegründet ist, und gestattet
ihm bis ea SO Mark Einkünfte, die es in den Gebieten von
"Weida and Saalbarg erwerben würde. Markgraf Albrecht
Ton Landsberg bewilligt 1262 bis zu 100 Pfund Einkünfte,
und Landgraf Dietrich fügte 1293 noch bie zu 6 Mark hinzu.
Aibrecht endlich hat 1303 alle
Weida und Gera gemachten Bohec
bestätigt'). Daneben versäunite n
sieh der kaiserlichen Bestätigung zi
1246 Eonig Heinrich Raspe
kiinfte „unter dem reich"
1 den Vögten von Plauen,
iokungen oder Verleihungen
1 auch nicht, gelegentlieh
versiehern. 8o bewilligte .
; dem Kloster bis 40 Pfund Ein-'
i besitzen, und 1369 liefs sieh
Cronschwitz von Kaiser Karl IV. alle Briefe, Freiheiten,
Zinsen, Renten und Güter bestätigen *).
L Die 114 in Urkunden und Akten erwähnten Besitzungen
l«der Zinegüter von Cronaohwitz TCrteilen sich nun ungefähr
I in der Weise, dafe 34 in die Herrachaft Weida mit Berga,
26 in die Herrschaft Gera mit der Pflege HeiehenfeJs und
der Stadt Schleiz, 6 in die Herrachaft Greiz, 10 in die Herr-
schaft Plauen und 82 in das Pleifsener Land um Allenburg,
Ronueburg und Sohraolln entfallen, während die übrigen 7
Beretrent bei Lobeda, im Zeitzer Gebiet oder noch entfernter
lagen.
Wir haben im Folgenden eine kurze Zusammenstellung
der Klostergüter zu geben Terauoht und dieselben ehrono-
logiech nach ihrem ersten Vorkommen geordnet. Ob bei den
spätem Erwähnungen derselben Ortschaften wirklich neue
Erwerbungen oder nur Kapitalanlage auf den schon eigen-
tümlichen Grundstücken vorliegen, läfat sich nicht immer ent-
Boheiden. Auch ist natürlich die erste Erwähnung nicht
immer gleichbedeutend mit dem Akt der Erwerbung,
1) Ebeudft 1. So.%i,
S> Dikdb. J, No. BS □
I Regest CB b«ricbligen), 275 u
4
I
2^34 Oeschichte des Klosters Cronscbwitz.
Im Jahre 1531 besafs das Kloster noch 2 Vorwerke
zu Gronschwitz und MeilitKi 2 Kölser bei Greiz und Berga,
2 Fischwasser in der Elster, 5 Weinberge mit dem jährlichen
Ertrage Ton 40 Eimern Wein und an Erbzinsen 205 Schock
Orosch. aus 75 Ortschaften. Die übrigen ^ namentlich die
fem abgelegenen, wie Podebuls, Kummer und Nassebritz,
waren entweder verkauft oder die darauf stehenden Hypo-
theken von den Schuldnern des Klosters inzwischen gelöscht
worden. Seit Ende des 15. Jahrh. verlangten überhaupt die
Landesherren die Löschung von Hypotheken auf Lehnsgütern
binnen wenigen Jahren. Folgendes Verzeichnis, das chrono-
logisch nach dem ersten Vorkommen der Güter angeordnet
ist, dürfte über den reichen Besitz des Klosters einigen Über-
blick gewähren.
Die Einkünfte des Klosters.
1) Gronschwitz, 6 Hufen , Schenkung der Stifterin
JutU von Weida, 1238 (ürkdb. der Vögte v. Weida
etc. I. No. 70) 1).
2) (Langen-)Eeinsdorf ^) (urkdl. Eeynharts-, Reiners-,
V Eeynelsdorf; sw. von Grimmitzschau), Dorf mit 33
Mark Einkünften, Schenkung des v. Gera, Bestätigung des
Vogtes von Greiz, 1240 (L No. 74). — Pfarre^ 1302
(L 344). — Abgabe von der Pfarre, 1354 (L No. 946).
— 1^/2 Groschen Zins , Kauf der Katharina v. d.
Planitz (IL No. 232). — 10 Schock Zins für Schuld
des Kl., 1400 (IL No. 462).
3) Lusan (urkdL Losan; sw. v. Gera), 8 Mark Zins,
Verpfändung des v. Gera, 1248 (L No. 94). — Zins-
hafer (mit Meilitz u. Hundhaupten zusammen 30 Scheffel),
Verzicht des v. Weida, 1279 (L No. 190). — 1 Vs»
Mark Zins, Kauf des Kl. von Beinold v. Zwötzen»
1) Im weitem ist nar Bd. u. No. des Urkdb. vermerkt.
2) Dafs dieses gemeint ist, beweist seine Erwähnung i. J. 1581, wo
es als im Gerichte zu Zwickau gelegen angeführt ist (GesA. := Gesamt-
Archiv Weim« Oo. pag. 796, N. 560.) ^^ (^uJ^^^Jj^^'^idalC
OMchichtG das KloBMrg CronBcbwiU.
136 I
1358 (II. No. 36). — Vorwerk, Kauf des Kl. voa
Heinz Stange zu Thiesohitz, Bestätigutig dea v. Gen,
1363 (II. No. 125). — 1 Va Gld. ZiuB , Kauf der
Nonne Else Griefs, 1415 (II. No. 603).
4) (LBDg8Q-)Bernsdorf') (yr. T. Wetdaiij, 13 Hark
Zin», Schenkung der v. Gera, 1350 (L No. 101 und
102). — -_ PIftrre, Verleihung des üisch. v. Naumburg,
1302 (I. No. 344). — Abgabe t. der Pfarre, 1S54
(I. No. 946). — 2 '/j Schock Ziua t. Seelgeräte der
Korzogin Salomea v. Äuaoltwitz, 1400 (II. No. 405). —
hadeiLube, Verkauf der Geraeinde das. 1483 (Longolioa,
Vorrat brauchbarer Naohriohten, F. III. S. 11).
■ 6) Greiz, Wald im Thal e Saxa (?), Kauf de» Kl. voa dem
V. Gera, 1259 (t. No. 115).
6)Clodra (urkdl. Clodtawe, Olodarawe, -owe; w. t.
Üerga), 45 Schill. Zins mit 2 Hufen, 2 halben Huf-
Btätten und 2 Gärten, Kauf der Stifterin, Beetätigung
der T. Gern, 1260 (I. No. 118). — Verzicht das
Friedrichs t. Keichenau aof s. Güter, 1281 (I. No.
202). — 35 Schill. Z., Kauf des v. Gera, 1306 (L
No. 391). — Vorwerk, Schenkung der y. Wolfersdorf,
Bestätigung des v. Gera, 1363 (II. No. 125).
► 7) Uöhlen (urkdl. Dolentn, DÖlen eto,; sw. t. Weida),
Wiese und Fischerei, SohenkuDg des y. Gera, 1260
(I. No. 119). — Kauf des Kl. von Heinrich t. Dohlen,
I Bestätigung des t. Gera, 1305 (I. 372).
8) Handhaupteu (urkdl. Hundhobit, -heubten, -heupten ;
nw. T. Weida), 4 Zineleute, Kauf des KI. von dem
T. Gera, 1262 (I. No. 123). — Zinshafer (s. Lue&n).
— 8 Schill. Z., SohenkuDg der Irmgard y. Dahmen,
BcBlätigang des T. Weida, 1289 (L No. 238), 3 Vterdg.
'£,, Verzicht des Leutold y. Techvitz, Bestätigung des
I
4
4
1) Nach ErwihDUng von 16Si im Gericlile lu Zwickau galBgea ;
daher Urkdb. I. Begisl. S. &S9 u. B78, II. üo. 405, Rsgegt. zu berich-
tigeu. Vergl. Ueuck«, Scripl. IL Sp. 1QS3.
XQß Geschichte des Klosters Cronschwitz.
V. Gera, 1313 (I. No. 454). — 8 Schock Groschen v.
Seelgeräte des Konrad y. DöhlcD, 1420 (IL No. 659).
9) Schön a (nrkdl. Schonawo» -owe, Schenoy; sw. y. Gera)^
1 Talent Z., Eai^f des KL yon Gottfried y. Gera, Be-
B^tigung des y. Gera, 1263 (L No. 128). — Konsena
des £1. zoj* Yerpfändang eines Dritteiis des Gutes,^
1833 (L.No. 728). — Abgabe yon der Pfarre, 1854
(L 946).
),0) Weifsendorf (itrkdl. Wizcendorf; nö. y. Zeolen-
rpda), Schenkung Heinrichs y. (Hohen-)Leaben , £e-
stätignng des y. Gera, 1268 (I. No. 147).
11) Schmoll^, Patronat der Eirphe, Schenkung dea
Markgrafen Dietrich y. Lan^berg, 1269 (I. No. 150)»
— Bestätigung König Adolfs, 1296 (I. No. 304). —
Bestätigung des Bisch, y. Naumburg u. des Papstes
Clemens VI., 1343 (I. No. 886). — Abgabe y. der
Pfarre, 1854 (I. No. 946). — Kl. gesteht Heinrich
BeuTs y. Plauen, Herrn zu Bonneburg, das Patronat
über den Altar des Schlosses zu, 1384 (II. No. 287).
— Seelgeräte der Herzogin Salomea y. Auschwitz,.
1887 (IL No. 316).^^^
12) Meilitz (urkdi. Milioz; ö. y. Weida), Zinshafer (s»
Hundhaupten) , Verzicht des y. Weida, 1279 (I. No.
190). — Vorwerk erst 1531 erwähnt (GesA. Weimar,
Oo. p. 796, No. 560).
13) Staitz (urkdi. Stewitz; n. y. Auma), 2 Pfund, 5 V»
Schill. Z., Kauf des KI. yon Heinrich y. Lohma, Be-
stätigung des y. Weida, 1283 (L No. 215).
14) Pitter sdorf (urkdi. Dibistorf, Dibers-, Dytrichs-,
Dittersz-; sw. y. Berga), 37 Schill. Z., Schenkung des
y. Ger^, 1283 (I. No. 216). — Holz, die Hart gen.^
Legat des Jordan y. Weida, Bestätigung des y. Weida,
1288 (I. No. 228). — 14 Schill. Z. u. Wald, Kauf
des KI. yon denen y. Auerbach u. Watzdorf, Bestä-
tigung des y. Gera, 1288 (L No. 234). — Verkauf
Geschichte des Klosters Cronschwitz. ]^37
des Hartholzes an das Nonneokl. in Weida, 1349
(I. No. 912).
15} Mühlsdorf (urkdl. Molldorf, Milensz-; nw. y. Gera),
Wald u. Fischerei, Schenkung des Eonrads y. Kirch-
hof, BestätigUDg des y. Gera, 1288 (I. No. 284). —
12 SchilL Z., Schenkung des y. Eichdorf, Bestätigung
des y. Gera, 1330 (I. No. 691).
16) Kummer (urkdl. Cumere; sw. y. Altenhurg), das Dorf
mit s. Einkünften, 4 V4 M., 3 Pfund, 5 Schill. Zins,
13 Scheffel Hafer, 6 Seh. Weizen, 9 Kloben Flachs
und 17 Hühner, Schenkung oder Verkauf des Tuto y.
Göfsoitz an das EJ., Bestätigung des y. Plauen als
königl. Landrichter, 1291 (I. No. 259). — Streit
wegen des Dorfes mit Heinrich y. Göfsnitz u. dessen
Verzicht, 1381 (II. 267). .
17) Podebuls (urkdl. Budowil; sw. Vi Zeitz) i), W Hufen /^
y. Cronschwitz an Kl. Bosau zurückyerkauft , 1291 /
(I. 265 u. 266).
18) Strafsberg, sw. y. Plauen), Dorf, Schenkung der y»
Plauen, 1295 (I. No. 300), Bestätigung des Landgrafen
Albrecht y. Thüringen, 1296 (I. No. 310). — Wasser-
benutzung aufser der Fischerei in der Elster u. im
Bach zwischen Eloechwitz und Strafsberg, Schenkung
der y. Plauen (I. No. 325). — Aufzählung der Güter
u. Einkünfte des Dorfes ^), darunter 72 Äcker, 1 Obst-
garten, 1 Erautgarten, 5 Wiesen mit 22 Fuder Heu
Ertrag, 6 Zinsbauern mit 3 Mark, 6^/^ Schill. Z., das
Elsterwasser (s. yorhin). — Ferner Äcker und Ein-
künfte, 12 Schill., 1 Lot Z., 4 Käse, 4 Hühner, 3
Schnitter, 2 Lammbäuche, Schenkung der Eunigunde
y. Plauen, 1298 (L No. 327). — 4 Mark Z., Schen-
kung des y. Plauen, 1302 (I. No. 349). — 7 Lot»
4 Eäse, 4 Hühner, 2 Schnitter Einkünfte, Kauf des
1) Daher Urkdb. I. Reg. S. 589 zu berichtigen.
Vergl. a. S. 143, Anm. 1.
]^38 Geschiebte des Klosters Gronschwitz.
El. von denen v. Machwitz, Bestätigung des y. Plauen,
1332 (I. 718). — 10 Groschen Z. vom Seelgeräte des
Frans Junker, Pfarrers in Eger, 1377 (II. No. 337). —
%W Forst oberhalb Syrau /)I4 Holz zwischen Schneckengrün
- ^,.-. —■- — •*-.. -"■' ■ " //, . . . ' — -. .■--^- •
und Lenbnitz, Schenkung der Herzöge y. Sachsen,
1466, Juni 3^) (GHaSA. Weimar; gedruckt Trommler,
Sammlung zur Geschichte des Yogtlandes, S. 202 ff.).
19) Karlsdorf (urkdL Karlis-; so. y. Boda), 1 Mark Z.,
Schenkung der y. Elsterberg, 1300 (I. No. 335).
20) Bonneburg, 8 Schill. Z., Kauf des Heinrich y. Nau-
ütz, 1301 (I. No. 341). — Pfarre, 1302 (I. No. 341).
— Einkünfte aus der Stadt (6 Mark mit Werdau zu-
sammen), Legat des y. Plauen, 1804 (I. No. 369). —
Patronat des St. Katharinen - Altars der Pfarrkirche,
Schenkung des Beufs y. Plauen, 1307 (I. No. 396).
1^f^£>7 — 1^/2 Mark Abgabe yon der Pfarre, Kauf der
'?( '^'^H) ^^^^^^ Elisabeth Burgold und Adelheid Mürring, 1353
' /' (I. No. 936). — 2 Schock Abgabe des Pfarrers, 1397
(II. No. 381).
"21) Grofsenstein (urkdl. Stegin ; n. y. Bonneburg),
21^/2 Schill. Z., Kauf des y. Naulitz (s. Bonneburg),
1301 (I. No. 341). — Abgabe yon der Pfarre, 1354
(I. No. 946).
22) Korbussen (urkdl. Quarwisen, Korweisen; nw. y.
Bonneburg), 10^/^ Schill. Z., Kauf des y. Naulitz (s.
Bonneburg), 1301 (I. No. 341).
23) Mennsdorf (urkdl. Menschendorf, so. y. Bonneburg),
1) Strafsberg wurde dann bei der Sequestrierung des Klosters an-
fänglich einigen Bauern daselbst, die Olbers genannt, gegen einen jähr-
lichen an die Klosteradministration zu zahlenden Zins yon 7 neuen
Bchock Grosch. überlassen und kam 1541 unter gleichen Bedingungen
und in Gestalt eines Erbgutes an den Sequestrationsnotar Anton Pestel.
Als dann später nach LandtagsschluTs alle Klostergüter in Sachsen ein-
gezogen wurden, beschenkte und belohnte 1543 Kurfürst Johann Friedrich
den Pestel für treu geleistete Dienste mit dem Gute, doch mit Vorbehalt der
<^erichtsbarkeit und gegen Abgabe einer jährlichen Zinshenne ; s. Limmer
111. S. 878 (nach Urkunden des Neundorfer Archivs).
GMcblohte du Kloel«n Croindiwiti.
18«
22 Bohill. Z., Eaaf dee T. Naulitz (a. BonuBbucg), 130ll
(I, No. 341).
1^4) ölauitz, IVs Uaik Z., SaheokaDg der Ton Vogti-
berg, 1302 (I, No. 342). — 4'/a Vierdg. Z., 8chen<j
kuDg der T. Vogtsberg, 1303 (I. No. 365).
I 25} Paitsdorf (urkdl. Pataus-, Pateai-, Batensdorf; aö. TiM
Ron ne bürg), _Patronftt_uud Güter, Kauf des Kl., Beata-^
tigung dea t. Plauen, 1302 (1. No. 3öO). — Abgabe
von der Pfarre, 1354 (1. No. 946). '•^"'/^"^^ij
[ 26) TuyBoiaB(urkdl. 1531 Tansaklas ; /Würtg. bot f\mtmf), g^
£auf des £1. von Tobso t. Keinoldsdorf, Bealätigung ^ ^
dea V. Plauen, 1302 (I. No. 8öl). /ißyäß^
I 27) Beiersdorf (urkdi. Berwigisdorf; Wüstg, bei Auma ?),
Schenkung der Irmgard von Dabmeo, 1303 (I. No. 360).
— '/j Mark Z., Sohenknng der vorigen, Bestätigang
dea T. Weida {I. No. 388).
I 28) Werdau, Einkünfte (5 Mark mit Ronneburg z
Legat dea v. Plauen, 1304 (I. No. 369).
I S9) Drackeadorf (urkdl. Traohinadorf ; qw.t. Aod«), Wein-,
berg, Schenkung des Heiurichs t. Gera, Beelätiguog i
dea V. Bijrgail, 1304 (I. No, 370=402).
30) Hartroda (urkdl. Sarthenrode, Hartenrod; aw. T .
Altenbnrg), 2U Äcker Holz, Kauf des Kl, von denen«
V. Coaaitz , Bestätigung des Burggrafen t. Slarkeoberg, I
1306 (I. No, 390).
Kl) Lichtenberg {aö. v, Gera), Soheakung dea t. Gera,
1306 (1. No. 389).
82) (Grors-)Drftxdorf (urkdl. Drachana-, Draohins-, Tra-
China-, Drachatorff eto., 1531 Wüateo-Draidorf , Ö. v.
Weida), 4 Pfund, 2 Schill. Z,, Schenkung dea t. Gera,
1306 (L No. 391). — 36 Schill. Z. vom Seelgeräte
dea Konrad v. Bookwila. 1307 {I. No. 398), — 33
Groaobea Z. vom Seelgeräte dea GUnther v. d. Planitz,
1396 (II. No. 376), — 5 Vj Gld. Z. (mit Wernadorf
zuaammeu) vou Hypothek der v. Wolferadorf, 1506
Juli 2 (GHuSA. Weimar).
1
j[40 Geschichte des Klosters Cronschwitz.
83) Wernsdorf (n. y. Berga), 5 Schill. Z., 5 Soheffel
Korn , 8 Soheffel Weizen Z., Schenkung des v. Gera,
1800 (I. No. 891). — Zins (mit Gro£9-Draxdovf m-
sammen) von HypoÜiek der y. Wolfersdorf, 1506 Juli
2 (GHnSA. Weimar).
84) Berga, 84 Scheffel Korn y. der Mühle, Sohenkang dea
y. Gera, 1306 (I. No. 891). — 1 Vierdg. Z. y. einem
Hof und das Kirchleheni Schenkung des y. Gera, 1310
(I. No. 416).
85) Sohwaara (orkdL Sqware; nö. y. Gera), 6 Mark Z«^
Schenkung des y. Gera, 1807 (I, No. 897). — Zins yon
5 Hufen (mit Trehnitz zusammen 12 Mark), Sehen*
kung des y. Gera, 1876 (IL No. 227).
86) Zickra (urkdl. Cykorauwe, Zcikara; sw. y. Berga),
12 Schill. Z., Schenkung des y. Gera, 1807 (I. No.
398). — 9 Schill. Z., Kauf des Kl., Bestätigung dea
y. Gera, 1830 (I. No. 692).
87) Lobeda, Weinberg, Schenkung des y. Gleina, Bestä-
tigung des y. Lobdeburg, 1807 (I. No. 899). -*
2 Weingärten, Kauf des Kl. yon denen y. Draxdorf,
Bestätigung des markgräff. Amtmanns, 1307 (II. No>
384). — Weinberg, Kauf der Nonne Anna y. Gera,
1404 (11. No. 442). — Bestätigung des letzteren durch
die Markgrafen, 1408 (II. No. 492). — Weingarten,
Verleihung des Konrads y. Würzburg an die Nonnen
Anna y. Wolfersdorf und Anna y. Neumarkt, 1422
(n. No. 679).
88) Hohenleuben (urkdl. Lewbenn), Pfarre, Schenkung
des y. Gera, 1812 (I. No. 438). — 45 Groschen, 8 Pf.
Z. yon Hypothek der y. Töpfer, 1470 Mai 8
(GHuSA. Weimar).
39) N ö b d e n i t z (urkdl. Nubudiz, Nubdioz, Nob- ; sw. y.
Schmölln), Patronat,^chenkung der Reulsen y. Plauen,
1313 (L No. 444) — Bestätigung des Bisch, y. Naum-
burg, 1342 (I. 846) und des Papstes Clemens VI.,
* .
'^ V.
QHohielita dw Kloslen Cronscfawita.
1347 (I. No. 419, B. a. No. 886, Ann».). — Abgabe von ^
der Pfarre, 1354 (I. No. 946).
|>4D) Zwötzen (s. t. Gera), I Mark Z, ron der Utihle,
Verzicbt des Leatold v. Techwits, Bestätigung des
T. Gera, 1314 (I. So. 454). — 1 Mark 2. v. l Hufe,
Solwnkuiig dea t. Gera, 1338 (I. No. 809).
I 41) Walteradorf (aw. -r. Gera), Zjm u^d^atronat, *w- ''*f^^
kagf "ödet BdienkttPg dea Burgmaanen Heinricli v. Gera, ,7'^ '/
Bestätigung der v, Weida u. Gera, 1315 (I. No. 462), '■'"'''
— Dorf, Sohenkung des t. Gera, 1328 (I. No. 651).
— Abgabe y. der Pfarre, 1364 (I. No. 946). — Wieae
aU Hypothek der t. Wolfersdorf, 1487 Juni IT
(GHuSÄ. Weimar).
[ 42) Bieblaoh {utkdl. Weblok ; n. v. Gera}, 32 SchiU. Z.,
£auf dea EL, Bestätiguag des y. Gera, 1332 (L No.
527), — 1 Pf. Z., Kauf der Nonne Barbara t. Plauen,
1877 (II. No. 286).
|-^3) GSdern (urkdl. Goderin; aw. t. Altenburg), Streit um-
einige Hufen mit dem Burggrafen Erkenbert t. Starken«
berg, 182^(1. No. 571, 60ß u, 614; Yergl. dazu
Dobenecker'i Berichtigung in Zeitschr. für Thilring.
Gesch., N.F. IV. 8. 574),— l'/j Schock Groaoheo Z. von
1 Hufe, 1 Wiese n. I wüsten Acker, Kauf des Kl.,
1367 (II. No, 160). — LehnreverB des Pfarrers zu
Göllnitz über 1 Garten , 1 Wiese aod 1 Teich mit
15 Groaohen Z., 1396 (11. No, 374). — Lehnreve«
des Petras Winkler über dieselben Sttioke, 1412 (11.
No, 565).
44) Neundorf {w. 7. Plauen), daa balbe Vorwerk, Kauf
des Kl. von dem v. Plauen. 1328 (L No. 656).
|-iö) UilbitE (urkdl. Milwicz; nw. v. Gera), 12 SchiU. Z.,
Kauf des Kl., Beatätigung des t. Gera, 1330 (I. No.
692). — Uark Z., Sohankung dea v. Gera, 1844 (I.
4
No. 870).
■ -46) Bra
chawalde (urkdl, Brunswalde; sä, v. ßonne* 1
142 Oeschichte des Klosters Cronschwitz«
borg), 2 Pfd. Z., Schenknog der ▼. Pohl , Besij&tigiing
des BetÜB v. PlaueD, 184^ (L No. 882).
47) Zech ort a (nrkdL.Sohurtowe, Shortawe; ö. ▼. Weida)^),
Heinrich geo. ▼. Zschorta, Unterthan (fidelii) das.^
1842 (I. No. 889). — Vs Mark Z., Eaaf der ^onnef]? ^
Elsbeth Burgold und Adelheid Murring, 1858 (I. No. 934).
— Versieht des Nikolaus Nitsohmann auf Güter, 1867
(IL No. 164). — Tausch eines Ackers gegen andern
Acker am Wetterkreuze bei Weida, 1498 Mai 6
(GHuSA. Weimar).
48) Tuirdin (Wüstung b. Gödem; sw. ▼. Altenburg)^
5 Yierd. Z. y. 1 Gut, Verpfändung der v. Göfsnits,
1842 (L No. 848).
49) Mosen (nö. ▼• Weida), Fischerei in der Elster, Sehen«
kung oder Verkauf der ▼. Mosen, Bestätigung des
Beufs y. Plauen, 1842 (I. No. 848).
50) Albersdorf (urkdl. Alars-, Albrechtsdorf; nw. v.
Werdau), Abgabe von der Pfarre, 1354 (I. No. 946);
51) Teichwitz (urkdl. Tegwicz, Techewioz ; so. y. Weida),.
Abgabe yon der Pfarre, 1354 (I. No. 946).
52) Zossen (urkdl. Zcossan; nö. y. Weida), Wiese und
Acker, Slauf des El. yon El« Mildenfurth, Bestätigung
des y. Weida, 1355 (I. No. 958). — Verkauf eines
Ackers an die y. Zossen gegen 1 Scheffel Äpfel Z.,
1362 (IL No. 108).
58) Gössen (urkdl. Guzen ; sw. y. Konneburg), 84 Groschen
Z., Eauf des El. yon denen y. Pohl, Bestätigung des
Beufs y. Plauen, 1358 (II. No. 40).
54) Poppe In (urkdl. Popelin; n. y. Eonneburg), 1 Mark
Vs Vierdg. Z. (wie bei Gossen).
55) Otticha (urkdl. Utichow, Ottichaw; nö. y. Weida),
1 Mark 7 Groschen Z., Eauf des El. yon denen y. Pohl,
Bestätigung des y. Gera, 1859 (IL No. 47). — 1 Mark
Z., Eauf dez El. yon denen y. Pohl, Bestätigung dea
V. Gera 1361 (II. No. 84).
1) Daher in Urkdb. I. Ko. 889, n. II. No. 164 die Begesten zn be»
richtigen.
I Qiiehidite dM Kloitsrt Crunichwito. iiS. I
|£6) TaubenprcBkeln (aikJI. Prosklia; a. t. Gera),
I 1 Mark Z. (znsammen mit Ober- n. Unter-Röppisoh u. j
I Eaimberg), Kauf der Nonne Sophie Ulrich, Bestätigung I
I des T. Weidft, 136S (II. No. 98). j
167) Ober- u. Un t er-Röppisoh (urkdl. RobEoiot; s. t^J
I Gera), Zins (e. TaubeDpreBkeln). I
I SB) Kaimberg (nrkdl. Eeym; ab. v. Gera), Zio« {s. Taaben-I
I praskeln). 1
Ifi9) Fanioha (urkdl. Fusohowe; nv. t. Zeitz), 2 Vt Sohootl
■ Z. auf dem Vorwerke , Kauf dea El. von Albreoht t. I
■ SchleinitE, 1363 (II. No. 122). |
■'<0) Flauen, 4 Uark Z. auf 3 Häueera >) der Altstadt,. 1
I Sohenkung des t. Plauen, 1367 (II. No. 159).
1.61) Trebnitz (nS. t. Gera), Zins (12 Hark mit Sohvaant
I zusammen) von 3 Hufen, Schenknug des t. Gera, 137ft
I (II. No. 237).
I 62) L aasen (urkdl. Lozau ; nö. t. Gera), 1 Ff. Heller Z.^
I Sauf des El. von Else t. Kusitz, Bestattgang des t>
I Gera, 1377 (II. No. 236).
I 63) LoitZKoh (urkdl. Lotachioz; s. r. Weida), 33 Groschen
I u. 2 Hühner Z. , Eauf der Nonne Barbara t. Planen
I TOD denen t. Zossen, Bestätigung des v. Weida, 138(1
^ (IL So, 268 n. 264).
64) Batdenhsin (n. t. Ronueburg), 5 Uark Z., Eauf der
1) Bei Trommler, 8>mmlaag inr Geich. des alten beidnischcc nni
dum cbmtlichsD VoglUndea (176T) S. SOT findet sich noch folgend»
Kotii: Uicrnnch volget, itrbi die nunnan ein« Cronswici im lant Plavra
vor pribent hnbeDii, uemlicb alazo : in Plawn eta leheowleiiieii IT gr.
3 pf, 1 sckarlaben 4 gr. nnd 6 ftlde pt., 1 banai 4 gr. 6 pC, 1 hau»
S gr. 1 pf,, 1 haiux 1 gr. 8 pf., t faSnazar bei st. Wolffgang 11 gr, l pf.,
1 hausE 8 gr., 1 hauai i gr. 10 pf,, 1 schenii 1 pf., I baaaz am mtaptur-
boff t gr, S pf, 1 baasz 4 gr, 10 pf, I baaai 4 gr. 8 pf,, 1 linBlogi
leben, 1 fieiacbbaDk: in Grosifryaienn I banaz mit t büneni und 3
tcheffel havero; in Krieichinoz 5 cinaa gatler; in Dracbans t; in Slraai-
bgrg 34 btnsier mit leben aad liDszeD IB aii 3 gr, 1 pf. 1 heller, 11
»B. gerBlen, 14 sä. bavern, 13 hüaer, 1 aalifabr, die mobl, dasa fiacb-
wuier. lit gniigk.
I
i
i
X44 Geschichte des Klosters Gronschwitz.
Nonnen Sophie u. Jatta t. Altenburgi Bestäiigung des
Eeufs T. Plauen, 1381 (IL No. 268). — Zinsen t.
Seelgeräte des Otiniher t. d. Planitz, 1396 (II. No. 376).
65) Speutewitz (urkdl. Spewtewicz ; Wüstung b. Trebnitz^
nö. T. Gera) ^)i 42 0 roschen Z , Kauf der Nonne Agnes
T. Machwitz von Gerhard y. Teohwitz, Bestätigung des
T. Gera, 1386 (IL No. 300).
66) Wetzdorf (urkdl. Weczelsdorf; sw. v. Weida), 4 Schock
Groschen Z. in bar und Naturalien (Korn, Weizen,
Gerste, Hafer, Hopfen, Erbsen, Mohn, Flachs, Hühner,
Eier, Käse), Kauf des Kl. von Otto v. Äpder, Bestä-
tigung des V. Weida, 13 81 (IL No. ^ßff
67) Wittchendorf (urkdl. Wittichendorf ; so. v. Weida),
52 Groschen Z., Kauf des Kl. von denen t. Wolfers-
dorf, Bestätigung des v. Weida, 1387 (II. No. 310).
68) Merkendorf (ö. t. Auma), 17 Groschen Z., Kauf des
Kl. von Erenzel y. Lindenberg, Bestätigung des t.
Weida, 1387 (IT. No. 311).
69) Beerwalde (urkdL Beyerwalde; nö, v. Eonneburg),
1 Groschen u. 4 Hühner Z., Schenkung des Hans t.
Stechau, 1391 (IL No. 343).
70) Wolfsgefährt (urkdL Wolfisgeferte; n. v. Weida),
22 Groschen Z. ^) vom Seelgeräte des Günther v. d.
Planitz, 1396 (IL No. 376).
71) Liebschwitz (urkdl. Lubswicz ; nö. v. Wefda),
7 Groschen 2 Pf. Z. vom Seelgeräte des Günther y. d.
Planitz, 1396 (IL No. 376).
72) Jonaswalde (urkdL Janniswalde; so. v. Bonneburg),
1 V* Schock Z., Kauf der Nonnen Adelheid y. Qber-
hausen u. Adelheid Griefs, 1400 (IL No. 899 u. 400).
73) Nassebritz (urkdl. Nassenbricz, Nasperitz; Wüstung
b. Kriebitsch im Altenburgi seh.), Verkauf des Vorwerkes an
Otto Töpfer, Pfarrer in Hohonleuben, 1402 (IL No. 421).
1) Brückmer, Reufsische Landeskunde S. 557.
2) Siehe Urkdb. II. 376 Bemerk.
Geschichte des Klosters Cronschwitz. 145
— Verkauf an das KlBosau, 1488 April 20 (Dresdeo-N.
öffenil. Bibliothek). — Best äti gang des Kaufes duroh
den Kurfürsten Friedrich von Sachsen, 1440 Juli 25
(ebenda).
74) W e i d a , Streit des Kl. mit der Witwe des Stadtschrei-
bers Niklas wegen eines Ackers, 1457 Sept. 27
(GHuSA Weimar).
75) Ni ed er-Böhmersdorf (urkdl. Behimsdorf; nö. y.
Zeulenroda), 80 Groschen Z. von Hypothek der y.
Maltitz, 1462 März 15 (GHuSA. Weimar).
76) Mehla (urkdl. Meylau; s. y. Hohenleuben), 4 Old.
(zusammen mit Hain) yon Hypothek des Kurt Töpfer
auf Lunzig, 1462 Juni 18 (ebenda).
77) Hain (so. y. Hohenleuben), Zins s. Mehla. — 1 Gld. Z.
y. Hypothek des Hans Töpfer auf Lunzig, Bestätigung
des y. Gera, 1501 Sept. 11 (ebenda).
78) Grofs-Frieseni) (ö. y. Plauen), 1 Mann mit 2 Scheffeln
Hafer und 3 alten Hühnern, 1465 ^^ezT^ (am s. ^lH^iiX
Joaohimstage ; b. Trommler, Sammlung z. Gesch. des
Vqgtlandes, S. 206).
79) Langen - Wetzendorf (urkdl. Wetz^elsdorf ; so. y.
Hohenleuben), 4 Gld. Z. yon Hypothek der y. der
Planitz, 1489 Juli 4 (GHuSA. Weimar). — 6 Gld. u.
5 Grosch. Z. yon Hypothek der y. Wolfersdorf, 1506
Noy. 7 (ebenda)
80) C 0 s t i t z (sw. y. Altenburg) 60 Groschen Z. yon Hypo- * / ,
thek des Heintz y. Zschöpperitz auf Kertschütz, 1491 ^>''»'^*^
Juni 3 (ebenda).^ ' »■ V
81) Gnadschütz (sw. y. Altenburg), 2 Zinsmänner yon
Hypothek des y. Zschöpperitz, 1494 Noy. 6 (ebenda).
82) Zwickau, 25 Gld. Bhein. Z. yom Seelgeräte der
Margarothe y. Meusebach, 1496 April 23 (ebenda).
83) Gera, Garten bei dem alten Sdhlosse, Verpfandung des
y. Gera 1508 (tiongolius^ Vorrat brauchbarer Nach-
1) s. a. 8. .143 Anm. 1.
XVI. 10
146 Gtschichte des Klosters Cronsohwits.
riohten Fach III. 8. 11). — 3 61d. Z. von Hypothek
auf das Hans des Bürgers Andres Hain, 1515 Sept. 17
(GHoSA. Weimar).
^ 84) Bocka (Grofs- oder Klein- ?; nw. t. Weida)^).
85) Eriebitsch (sw. v. Alten borg).
86) Griesohwitz^) (nö. y. Plauen).
4^87) Gulmitzsch (nö. t. Berga).
88) DroohausS) (nrkdl. Drages; ö. y. Möhltroff).
>x^9) £nd schütz (ö. y. Weida).
90) Hartmannsdorf (nw. y. Gera).
91) Klosohwitz (w. y. Plauen).
/^92) Lengefeld (sw. y. Eonnebarg),
i^ 93) Leumnitz (nö. y. Gera).
o 94) L unzig (j^. y. Hohenleuben).
/,'95) Nitschareuth (nw. y. Greiz).
96) M Olsen (so. y. Weilsenfeb).
97) Oberpirk (s. y. Pausa).
98) Pflichtendorf (nw. y. Altenburg).
A 99) Pohlen (sw. y. Bonnebarg).
y 100) Baizhain (n. y. Bonneburg).
/ 101) Beust (so. y. Bonneburg).
1^102) Böpzen (nö. y. Gera).
^ 103) Beschütz (w. y. Gera).
104) Schleiz.
^' 105) Sirbis (w. y. Weida).
ly 106) stein sdorf (sw. y. Weida).
A" 107) Stolzen borg (w. y. Bonneburg).
108) Thiergarten (sw. y. Plauen).
l^ 109) Thränitz (w. y. Gera).
1) No. 84—114 Zinsen noch 1631 yorhanden (OesA. Weimar Reg.
Oo. p. 792, No. 660.
2) Lhnmers Nachricht III. 8. 877 Aber den Verkauf der Kloster
Zinsen in der Stadt Gera, beruht auf einem Irrtum. VergL unsere Ab>
handl. S. 157.
8) Yergl. S. 148 Anm. 1.
Ocichteltle des SloiMrs CronscTiiriti.
t sberg (n. v. Weida).
111) Wintersdorf (nw. v. Altenburg).
112) Wünschendorf (nö. v. Weida).
113) Wüsten-Draxdorf (= Klein-Dr; »o. v. Weida),!
L 114) Zaohernitzsch (arkdt. Soroewit»; dw. t. Älteo- I
I bürg).
Oewiaaermafaen sie Einnahmequelle des KloBtors köoi
endlich auch die ihm tod Bischöfen and andern höheren
Oeiatliohea erteilten Indulgeoeen uod Äbläsee gelten. Einen
solchen für ein Jahr und 40 Tage gewährte 1247 der Kar-
dinaliegat Peter Capoooio allen Gläubigen , welche das von
Qott wunderbar begnadete Kloster (com — miraculose dominus
potentiam suam ostendat) au seinem Stiftungstage (in die
dedioaeionis ipaias) besuehea und mit freigebiger Hand unter-
stützen würden. Weitere Ablässe erteilten der Cardinallegat
Hugo von St, Chera*). 40 Tage (1302); die Bischöfe Ber-
thold TOQ Bamberg (1379) und Meinher tod Nanmborg (127'"),
Erz bisohof Werner von Uaint; (1381); Ersbiachof Petrus Ton
Arborea und 13 italieniaohe Bischöfe (1289) ; ErEbiachof
Hudolf von Salzburg and Bischof Eon rad von Lavant (1290);
Bitohof Arnold von Bamberg (1290); Bisohof Bruno von
Naumburg (1293); Bischof Budolf von Constantiana als Vikar
des Saumbnrger Biaohofs (1352)*), "Ferner erhielt die dem
Kloster zugehünge Kirche zu Meilitz 1294 durch den Biaohof
Criatan Ton Samland einen Ablafs ^). Hier soll , wie der
Pimaiaohe Mönch berichtet*), der Schädel des heiligen Georg,
durch eine A-btiasin von Quedlinburg dorthin gebracht, als
Beliquie aufbewahrt worden sein. Endlich werden Ton seiten
des Fredigerordens den Besuoliern und Gönnern der Uarien-
kapelle auf dem Berge ku Sohmölln, einer Filiale von Croasch'
kiriti. Teilhaftigkeit an gewissen geistlichen Übungen dea i
1) B*DIIier, 6«sch. der Hohenstnufen IV. S. St8 Anm.
S) Vogtl Urkdb. 1. No. 90, 103, 199, S39, MI, 251, STl, 989, 934. j
S) Bbeoda t. No. 389.
4) Uencb«, SeiipC rsr. Gann. II. Sp. 1S39.
10*
J48 Geschichte des Klosters Cronschwitz.
Ordens gewährt^). Im Jahre 1887 liefs sich das Kloster
Yon Papst XJrban VI. alle seine Freiheiten und Hechte, die
es yon Päpsten, Königen, Fürsten und andern Gläubigen
empfangen hatte, nochmals feierlich bestätigen ^).
rv. Verwaltung und Zeitereignisse.
An der Spitze des Klosters stand die Piiorin, und solches
Amt bekleidete womöglich eine Tochter der Landesherr-
schaften ^). Die Wahl der Priorin geschah ausschlief slioh
durch den Konvent ^). Neben ihr gab es eine Snppriorin,
und von mehr untergeordneten Ämtern werden gelegentlich
Werkmeisterin ^) und Küsterin genannt. Wie yiel Nonnen
durchschnittlich im Kloster waren, läfst sich nicht feststellen.
Zu 1586 wird einmal erwähnt, dafs vor Alters an 50 Per-
sonen darin gewesen, doch sind dabei wohl die Geistlichen
und das Gesinde mitgezählt ^). Nicht im Kloster selbst, aber
doch in dessen Nebengebäuden wohnten dann 4 — 8 Prediger-
mönche, welche als Kapläne und Beichtiger die Seelensorge
der Nonnen ausübten oder als Schreiber (scriptor, notarius)
dienten. Die weltliche Vertretung des Klosters aber hatte der
Hofmeister (provisor curie, administrator in temporalibus).
Anfänglich mag, wie die Ordinationsurkunde des Bischofs von
Naumburg solches bestimmte, dieses Amt yom Deutschen Orden
besetzt worden sein ^). Dann scheinen es zeitweise die
Predigermönche in ihre Hände gebracht zu haben ^), und
1) Vogtl. Urkdb. II. No. 886 u. 467.
2) Ebenda II. No. 312.
8) S. das chronolog. Verzeichnis der Priorinnen und anderer Kloster-
personen gegen Ende der Abhandlang.
4) In der päpstlichen Ordination y. 1246 (Urkdb. I. Nr. 87) heifst
es: electio tarnen priorisse libere pertineat ad oonyentum.
5) wohl ea Schaffnerin.
6) GesA. Weimar Oo. p. 792, 161 aus Schreiben des Nickel v.
Minkwitz an den Kurfürsten.
7) S. S. 128.
8) Berthramus ordinis fratrum predicatorum et provisor curie san-
Gesihiefiti des Klosters CroasdiwEtE.
t
Bpäteihin wurden meisteiia Adlige dazu genommen. So haben
uameDtlioh die von Roder diese Stella innegehabt.
Ton den KloBUrgebäuden ist fast nichla mehr erhalten.
Die Kirche scheint, naoh den spärlichen Trümmern zu
Drleilen, eine Kreuzkirohe gewesen zu sein. Sie und die
übrigen Klostergebäude lagen anmittelbar hinter der jetzigen
OberfiJrsterei. Hier iat auch noch etwas Ringmauer erhalten.
Naoh der Elaterseite befinden aioh dicht nebeneinander ver-
Bchiedene Eetlerge wölbe, wie man sie bezeichnet hat '). Auch
aaf der entgegengeaetzten Seite, doch aufeeihalb des Klosters,
ist noch der Eingang eines unterirdischen Baumes wahrzu-
nehmen. Dies soll der Sage nach ein Gang sein, der unser
Kloster mit dem ca. 10 Minuten entfernten Mildenfiirth rer-
band. Ein solcher Gang zwischen einem Manns- und Frauea-
kloster verschiedenen Ordens ist natürlich ein Unding ^).
Gegen Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts
liefs das Kloster viel bauen. Im Juli 1482 ersuchte die
Friorin den Herzog Wilhelm von Sachsen um Unterstützung
mit Holz zum Klosterbau, den sie noch vor Eintritt des
Winters voUendeu möchte^). 1496*; bestimmte Margarete
MeusebBoh bei Stiftung ihres Seelgerätes 3 Gulden Zina
Bau, und 1503 bittet die Priorin Margarete von Bock-
n virginam beati AngustiDt in CroDSiricE I. No. B7S ; s, a, Ver-
leicbnls der Hormeister.
hn, Gesch. y. Gera, S. 413. — Eä sind aber ofienbnr Wassar-
luLDtan wegen der GefEbtdang durch Itorhirasser.
S) Im Kornhaiue zu Mildenfarth soll dieser Gang ausgemündet bubea.
Nun itodet sich BllerdiagB dort noch der Eingsag eines zerfallenea Kellers
oder NoUuigKnges, lU dem eioige Staren berUDlerfUhreD, Ich koDut« nur
•renige Schritte darin vorilringeD, weil er dann zugemaaert war. Hach
Cronscbwiti kann er indes nicht gaFUhrt haben. Er mcrsle in diesem
FRlle CR. 1 Meier falleo, unter der Weida hindurch gehen and nieder ca.
80 Meter steigen, und da wfire er wagen des GrundwasserE wohl niemals
I
Vergl. übrigens
pusierbar gewesen.
^ lt. Jabreiberictit d
a) CIssA. Weimar Kfc. 34, II,
4) April !S in GHuSA. Weimj
angeblichen Gange den
S. 93.
?
]^50 Geschichte des Klosters CronschwitB.
witz um Erlals eines Büsiwagens mit starken Pferden , der
Wein nach Jena bringen sollte; denn das Kloster habe einen
grofsen Bau yor, nämlioh ein Refektorium (remtall) yon 42
Ellen Länge und 14 Ellen Breite ^). Der grofse Altarstein
der Kirche soll 1646 nach Weida übergeführt worden sein
und jetzt auf dem Altar der dortigen Stadtkirohe liegen ^).
Ferner^) haben wir noch eine Nachricht yon 1778, welche
den später yerlorenen Grabstein eines Kenn yon Gera be«
schreibt. Auch um Mitte dieses Jahrhunderts wurde ein
solches Monument ausgegraben und leider gleich zerstört,
ohne dafs yorher seine geschichtliche Bedeutung festgestellt
wurde. Unerkennbare Stücke dayon sind heute in dem Hof-
thore eines Bauernhauses eingemauert^).
Bei einer Inyeutarisierung yon 154^ werden folgende
Klostergebäude aufgeführt: Wohnhaus oder die Propste!, das
Befektorium (rebenther, so gegen der probstei gelegen — also
dem ersteren gegenüber lag), Küche, Backhaus, Pferdestall,
Schweine- und Kuhstall, Yiehhaus „alles baufällig'', die hintern
1) GesA. Weimar Kk. 34. 11, 5B.
2) Walther, Das alte Weida, S. 35.
8) Im handschriftl. Nachlafs Heinrichs XXVI. (Hausarchiv Schleiz
Oc 8) heifst es darüber : „Hierinnen eine richtige Zeichnung eines Monu-
ments oder Leichensteins, welches in der alten Klosterkirche zu CronscE-
witB bey Mildenfurth in Voigtland vor einiger Zeit annoch vorhanden ge-
wefsen ist Umschrift: anno millesimo C.C.C obiit sancte (!) Heinricus, cuius
anima requiescat in pace. Jacobus pictor de Rochlitz conf.*< Und ferner :
„Ein guter Freund schrieb mir, er wäre vor 50 Jahren als ein Knabe
mit seinem Vater in dem Gloster zu Cronschwitz gewesen ; dazumal wäre
noch ein Monument von einem Voigte in der Kirche zu sehen gewesen.
Sein Vater habe es in der Geschwindigkeit abgezeichnet. — Es wäre
dieser Stein einige Zeit hernach nach Weida geschickt worden, wo es
bey einem neuen Fabriquen-Hau(s mit wäre gebraucht worden. Weimar,
den 5. Febr. 1778. Joh. Christ. Meyer Archivs-Accessiste/' — Die
Zeichnung fehlt aber heute, und die angegebene Umschrift scheint doch
recht zweifelhaft zu sein. Vielleicht würden Nachgrabungen in Cronsch-
witz noch andere Leichensteine zu Tage fördern , welche für die Ge-
schichte der Vögte von Wichtigkeit wären.
4) Hahn, Gesch. v. Gera, S. 444.
KloBtergebKude nebst Garten und Kirche ' ). Ein Stein mit '
derlnaohrift: anno dm m'ccoo'lim ngnes von myltioa priorin
in der oyt hat lassen bawen diese kochen — war früher noch
über der Thür eines BauernhauseB zu sehen, das ans der
ehemaligen Eäcbe eingeiiolitet war ^). Heute ist alles var-
■chwunden. Offenbat gehörte zum Kloster anch die jetzige
Ffarrerwotuinng ^), ein noch ziemlich gut erhaltenes Qiebel-
haas im Style der beginnenden Kenaissaiica. Vielleicht ist
aie eine der beiden BehauEungen, die vor der Reformation die
Mönche innehatten, und Ton welchen 1529 eine dem neueit
evangelischen Pfarrer zugewiesen werden sollte ^),
Von einzelnen Zeitereignissen, welche das Kloster,
berührten , ist zunächst das Ableben des Landmeistera
Heinrich von Weida , des früheren Gemahls der Stifterin,
zu erwähnen. Er war, wie es scheint, nach ruhmvollen
Kämpfen in Preufsen noch einmal ins Vogtland zariiük-
gekehrt. Hier erkrankte er nnd starb im Kloster Cronsch-
witz, wohin er sich wohl halte schaffen lassen. Ebenda er-
hielt er dann auch seine Grabstätte *), und sicherlich wird
später die JntU, die noch IS68 lebte, gleichfalls dort an der
Seite des Gemahls beigeselst worden sein. Im Übrigen bietet
die Kloitergesohichte vom 13. bis 15. Jahrh. aufser den
Schenkungen, Käofen und den rein kirchlichen Angelegen-
heiten wenig Bemerkenswertes, Einzelne Urkunden, die jeden-
falls interessante Voraussetzungen haben , eind wegen der
mangelnden Quellen wie SchluTasteine ohne Oewöibe. Ala
solches Pragment läfat eioh z. B. die Banndrohung des
Bischofs Rudolf von Naumburg gegen alle Sohnldaer des
1) I
ndaairchiv Altenb
re. E"B
r. GlanteTverachr. anno 1S17— ]6(
2) Llmmsr. Qesch. des yaglliiiids III. S. BIS; U. J^bresIiBr. dM .
lU. ÄlUrlnms-Vareina, 8, 93; 18, a. 19. Jahraaber. S, 115; B
, S. 442 ) Walthcr,
S) Limmer ■. k O. hSK sie l
4) QeaA. Waimir Kk. SS. II
A.D*rg V. Wildenfels,
(} Yogtl Urkdb. I. So. li.
152 Geschichte des Klosters Cronschwitz.
Xlosters anführen (1354) ^). Berührt wurde schon vorhia
der Streit unseres Stiftes mit den Landesherren, den Vögten
Yon Weida, wegen der zuständigen Gerichtsbarkeit^). £a
scheint dabei von seifen der Yögte und ihrer Diener zu Ge-
waltthätigkeiten gegen Cronschwitz gekommen zu sein ; denn
erstere erklären 1363 in einem Vergleich, worin den Nonnen
die Gerichtsbarkeit innerhalb der Elostermauern zugesprochen
wird, dafs ihnen der dem Kloster zugefügte Schaden (unfuge)
getreulich leid wäre. Sie wollen auch denselben nach Kräften
ersetzen, und die Jungfrauen sollen ihnen das Vorkommnis
um Gottes willen verzeihen (daz dj iuncyrowen des dostirs
uns daz gutlich schollen vorsehen durch gol). In ihre Sühne
ziehen die Vögte noch den Hans von Wartenberg, der ganz
besonders das Kloster befehdet zu haben scheint, und ver-
sprechen, wenn dieser den Frieden nicht anzunehmen ge-
sonnen sei, sich nicht weiter in den. Streit zu mischen ^).
Als Gegenstück hierzu erfahren wir, dafs die Klöster
Weida und Cronschwitz, weil sie einige vom Bischof Wittioh
von Naumburg auferlegte freiwillige Liebesgaben (quod
subsidium caritatum per nos inpositum non solvistis) nicht
bezahlt hatten, mit dem Banne belegt waren; doch hob der
Bischof in der Hoffnung auf gütlichen Ausgleich 1379 daa
Interdikt wieder auf ^). Cronschwitz wurde in der Folgezeit
noch zweimal mit dem Banne belegt, einmal 1389, weil die
Nonnen einen exkommunizierten Laien, Hans von Wolfers*
dorf, beerdigt hatten, so dafs sogar ihre Kirche und Gottesacker
wieder kanonisch gereinigt werden mufsten ^) ; das zweite
1) Vogtl. ürkdb. I. No. 946.
2) S. 182.
8) Ebenda II. No. 123. — Schlofs Wartenberg am Wege v. Köckeritz
nach Seifersdorf, anfern von Grimmla. Nach der Sage hätte der Besitzer
der Sittsamkeit der Nonnen nachgestellt und das Kloster niederbrennen
wollen. Da hätte der Vogt von Weida seine Burg zerstört und den
Ritter im dfirren Hain bei Mildenfurth, wo er den Nonnen aufgelauert^
gefangen genommen; s. Eisel, Sagenbuch des Vogtlands, S. 361, No. 913.
4) Ebenda II. No. 263.
5) Ebenda II. No. 827 ; vergl. wegen des v. Wolfertdorf das Register.
Gaxihicht« dei EloeUtt Croiudiwita.
IS
Hai ID einem Prowers gegen «inea Bürger von WeiJ:
weiteräiD noch zu besprecbea iai.
Im Jahre 13S1 strilt unser Kloster mit dem markgrSf-
liohen Lehngmanu Heinrich von Görsnita wegen des Gutes
Kummer bei Altenburg. Markgraf Frietlrich von Meifsen be-
stimmte endlich den letaleren zu einem Verzicht auf das
Dorf, während das Kloeter vom Ersatz des ihm zugefügten
SchadeuB absehen sollte'). Gegen Ende des Jahrhusderta
(1397) vertrug sich Cronachwita durch Vermitlliing des Mi[-
deofurlber Propstes JohaDO Zwenumbein mit dem Pfarrer
von Ronneburg. Letzterer soll 'üe JJonneu als Lehenfraupn
RnerkeuncD, seine jährliche Abgabe ordeatlich bezahlen und
die päBptliche Urkunde, die er sich wegen seiner Pfarre bat
geben lassen, den Nonnen ausliefern, damit sie in Zukunft
keinen Nachteil davon hätten (daz yn kein unge'Qke davon
cngete) *). So erhielt hier das Kluater zwar Recht, aber
auch die übrigen Patronate der Ronneburger Pflege —
Oronschwitz besafa aufser der Konneburger Kirche noch die
Patronate der Gotteshäuser au SchmöUn, Paitzdorf, Nöbde-
nitz, Albersdorf, Langen-Bernadorf und Langen-Reinsdorf — i
sind dem Stifte eine stete Quelle der Sorge und des Streites
gewesen. Schon 1302 hatte Bischof Bruno von Naumburg
den Nonnen gestattet, die Pfarren in Ronneburg, Bernsdorf
und Reinsdorf mit Woitgei etlichen zu besetzen und den
Ubeiscburs d
verwenden *).
Das Gleiche war
nannten F fairstellen
suchten sich aber häi
zu entziehen, Daher
Einkünfte jei
: Kirchen für ihr Kloster xu
auch wohl bei den Übrigen oben ga- -1
geschehen. Die Inhaber derselben
ifig ihrer Yerpäichtuug gegen das Stift
liefs sich Cronsohwilz, wenn es die
Pfarratellen neu besetzte, die Zahlung der jährlichen Abgabe i
I (pensien) von den Pfarrern noch besonders verbriefen*)!^
1) üikdb, II. Ka. 287.
i) ebeodn II. No. 381.
3) Ebenda 1. üo. 314.
4) Ebenda II. Na. 141 u. Hb. — 1468 Aug. IS, Veriprect
~]^54 Geschichte des Klosters Cronschwits.
Dem Bonneburger Streitfalle folgte 1409 ein solcher mit
-dem Pfarrer in Schmölln. Die Sache warde zwar bald zu
Oansten des Klosters entschieden und dem Pfarrer seine
Übergriffe untersagt'); doch 1461 hatte Gronsehwitz abermals
mit einem dortigen Priester Streitigkeiten. Nach dem damals
erteilten Schiedssprüche wird letzterem eine ganze Beihe von
Unregelmäfsigkeiten yorgeworfen ^). Wenige Jahre später
<1468) klagt das Kloster aufs neue über die Nichtzahlung
seiner Pension '^)y und 1480 zeigte sich der Inhaber der der-
iigen Pfarre geradezu ungehorsam gegen das Stift. Er hielt
die Begängnisse nicht, welche ihm die Priorin auftrug, hatte
eine neue Kapelle erbaut und lockte die Gläubigen doich
Erteilung yon Ablafs dahin, wodurch das Kloster grofse Ein-
bufse an Opfern erlitt*).
Am bedenklichsten endlich war der Streit des Klosters
mit der Kalandsbrüderschaft zu Schmölln wegen des Spo-
liums (1504 — 1517). Er erhob sich anfänglich wegen der
Hinterlassenschaft eines Pfarrers von Nöbdenitz. Die Nonnen
Magten beim Kurfürsten, die Kalandsbrüder hätten sich bei
der Schwäche (unkrefftigen leben) des genannten Priesters
den gröfsten Teil der dortigen Pfarrgüter angemafst. Es
kam dann zum Prozesse, wobei die gegnerische Partei ihre
Privilegien vorlegte ^). Der Kaland berief sich auf das Testa-
ment des Pfarrers und eine Urkunde des Markgrafen Wil-
helm von Meifsen, worin dieser 1421 den Pfarrern der Pflegen
Crimmitzschau, Schönfels und Werdau das Spolienrecht und
freie Vererbung durch Testament gewährt, und klagte beim
Kurfürsten, das Kloster hätte die besten Einkünfte der Pfarren
Michael Vogt, Priesters zu Ronnebarg, dem Kloster für die Inkorporation
jährlich 2 Schock Grosch. zu bezahlen (GHuSA. Weimar).
1) ürkdb. IL No. 501.
2) Abschr. v. 1461 Aug. 17 (GHuSA. Weimar).
3) GesA. Weimar Reg. Kk. p. 34. No. 11, 5, P. 3.
4) Ebenda Kk. 34. 11, 5 ccc.
5) Das Kloster legte die Urkunden No. 419, 444 ui 846 im I. Bd.
4ies Urkdb. vor.
Oeichiphta du Klosten Cronwhwiti.
166
1 sich gezogen und dieselben ho geachwächt, daü die Pfarrer,
■wenn de nicht andere Mittel hätten , Käse and Brot easen
miifBlen '). Wie der Streit auslief, geht bu» den Akten nicht
hervor.
andern FrozeagoD des Kioatera ist der gegen den
Bürger Johann Bafs in Weida zu erwähnen. Dieser hatte
r Zeit von 1404 — 1406') CrocBchwite wegen gewisser
Btrittiger Güter und Einkünfte bei der papstlichen Kurie
verklagt und bereits erreicht, dafs der zum päpstliohen Koni'
inisBar ernannte Abt dea Soh-Ottenkloaters in Begeneburg die
Sonnen wegen Versäumnis der angesetzten Termine mit dem
Interdikt belegte. Da wandte sich das Kloater an den Bischof
Ton Naumburg, als Kooservator des Predigerordons, an die
Markgrafen von Meifsen und andere und wufote es dahin zu
bringen, dafs der Gegner nicht allein mit der Klage abge-
lesen, sondern sogar hart verfolgt wurde. Bufs appellierte
hierauf abermals an den päpstlichen Stuhl. Der Prozefa wurde
infolgedeaaen dem Propste Hermanu Dweig übertragen und 1407
aufs neue eröffnet, wobei sich Cranschwitz durch den Magister
Härtung Müller (Molitor) vertreten liefs. Als aber Hufs und
sein Anwalt nicht zu der neuen Yerhandlung ersohienen,
-wurden die Nonnen von der Klage frei gea pro oben und der
Kläger in die Kosten verurteilt. Diesen Urfeilsapruch liefs
flieh das Kloster sofort durch Papst Gregor XII. bestätigen ^).
Noch in demselben Jahre (1407| führte das Stift einen
-Bweiten Prozefs mit einem gewisseu Nikolaus wegen vier
Weinberge bei Lobeda. Über den Ausgang desselben iit
tjedooh nichts weiter bekannt*).
In den BOer Jahren^) des 15. Jahrhunderts hatte
r
4
l) ÖsaA. Weimar Kb. p. SS. 11, i.
i Lsbleiten Innocens TU., Papat v. UOl Oklob.
-4) Ebenda, No 483,
G) Der in den 30er Jaliren dea Je
oan das Herzogs Sigismund von Safbse
]^56 Geschichte des Klosters Cronschwitz.
Cronsohwitz auch Ton der Gewaltthätigkeit des Barggrafen
Heinrich IL von Meifsen aus ^jmH^use Plauen zu leiden»
Er hatte den Nonnen das DorfyiStrafsberg weggenommen und
MX
dessen Einkünfte sich selbst zugelegt. Das Erlöster klagte nun
beim Könige yon Böhmen, als Oberlehnshemiy aber erst als
Sachsen die Herrschaft Plauen auf dem Exekutionswege an
sich zog, erhielt Cronsohwitz sein Eigentum wieder, ja die
sächsischen Herzöge fügten von sich aus noch die Schenkung
-zweier Waldstrookeg hinzu *). ^^^\^^!!^
^t^ft^^^Jr' Selbst mit dem ihm sonst so Wohlgesinnte
[i^JkplisttQu von Gera geriet das Kloster einmal in Irrung, indem
^7^\r7'^^1486 Heinrich der Ältere von Gera den Nonnen die Erb-
^Kfi/U^ Zinsen und Lehnsrechte in den Ortschaften Lusan, Schöna^
Waltersdorf, Hundhaupten, Zwötzen, Schwaara und Trebnitz
vorenthielt unter dem Vorgeben, diese Einkünfte wären nur
Leibzinsen seiner Base Anna yon Gera gewesen ^). Durch
einen Vergleich vom 20. April 1487 wurde der Streit end-
lich dahin geschlichtet, dafs die/yier erstgenannten Ort-
schaften dem Kloster, Schwaara und Trebnitz aber dem
Herrn yon Gera gehören/sollten. Ferner soll letzterer für
Forderungen, welche Cronschwitz wegen des Testaments der
Frau Anna yon Gera, geb. Gräfin yon Henneberg, und einer
andern Verschreibung der Familie Grofse an ihn erhob, dem
Kloster 160 Guld. Rhein, auszahlen^). Späterhin, als das
^^
ist irrigerweise von Limmer , Gesch. des Vogtlands, S. 705, Hahn,.
Gesch. V. Gera, S. 369 Anm., u. Walther, Das alte Weida, S. 33, auf
Kloster Cronschwitz bezogen worden, aber der Pimaische Mönch (b. Mencke,.
Script. II. Sp. 1498) bezeichnet die Geliebte des Herzogs als Nonne von
Weida. Vergl. a. Mencke a. a. O. Sp. 1078.
XX 1) Dio- fibrigen JSinhünfto waren : 12 Scheffel Gerste,^ Seh. Hafer,
1 Salzfuhr, 12 Hühner, 48 Gr. Mfihlsteingeld und ^ Gr. Weingeld; nach
» .ft ^l^' ^^^^' ^' ^' 1*66 «''»ni 8 (dinst. n. trinitatis) in GHuSA Weimar,
^' ^ gedr. bei Tromler, Saml. z. Gesch. des Vogtlands, S. 202 f., mit falsch.
Jahr (1467).
2) GesA. Weimar Reg. Kk. p. 34. No. 11, SB, and Longolius,
Vorrat brauchbarer Nachrichten, Fach III. S. 11. **
3) Orig. im Hausarchiv Schleiz; s. a. Longolius a. a. O., S. 11.
Geschichte des Klosters Cronschwitz. X57
Kloster aufgehoben wurde , zogen der Herr von Gera und
seine Nachfolger auch die übrigen Dörfer an sich und ge-
rieten dadurch in langdauernde Differenzen mit Eursachsen.
Erst 1669 hat der Bat von Gera im Auftrage der Landes-
herren die Gron schwitzer Klosterzinsen von Herzog Moritz
von Sachsen um 1000 Guld. endgiltig abgelöst ^).
Yom Jahre 1493 ist dann noch ein Streitfall mit Götz
Ton Wolfersdorf zu Berga wegen Ausübung der Gerichtspflege
kurz zu erwähnen. Götz mufs ein ziemlich roher Mensch
gewesen sein, denn die Nonnen klagen beim Kurfürsten, der
von Wolfersdorf habe ihren Mann, den er gefangen hatte, bis
«n den achten Tag ohne Speise und Trank aufser einem
Stückchen Brot in seinem Turm gelassen und den Sohn des
Mannes, als er dem Yater Essen bringen wollte, mit Sporen
geritten '). Auch scheinen später (1506/7) Götz und sein
Bruder Heinrich ihren Schwestern Eufemia und Margarete,
Nonnen in Cronschwitz, ihre Leibrenten vorenthalten zu
haben ^),
Am 4. Oktober 1517, um noch dieses zu erwähnen, hat
Kurfürst Friedrich yon Sachsen neben andern Klöstern auch
Cronschwitz mit einer testamentarischen Schenkung von 50 Guld.
Bhein. bedacht^). Die übrigen Urkunden und Akten des
16. Jahrh. gehören dann, soweit sie nicht schon weiter
oben angezogen sind, wie der Streit mit dem Kaland zu
Sohmölln und mit denen von Wolfersdorf, bereits der Befor-
mationsgeschichte an.
V. Beformation und Aufhebung des Klosters.
Der Wunsch nach Beformation der Kirche war bereits
gegen Ende des 15. Jahrh. sehr laut geworden und fand
43elb8t in den geistlichen Stiftungen seinen Wiederhall. Unser
1) Longolius a. a. O., S. 18.
2) GesA. Weimar Reg. Kk. 34. 11, 5 D.
8) Ebenda Kk.(jB2. 11, 2 p loX.
4) Longolius a. a. O., S. 12.
]^58 Geschichte des Klosters Cronschwits.
Cronsohwitz ist ein neues Beispiel dafür ;^denn schon 14^!/
schrieben einige Nonnen daselbst dem sächsischen Eurfürsten,.
sie möchten ,,aus ihrem Leben zu einem vollkommenen
Stande'' kommen und reformiert werden. Sie bäten daher
dals der Proyinzialprior, der nicht dazu geneigt wäre, yeran-
lafst würde, das Kloster zu yisitieren ^). Im Jahre 1492 er-
suchte der Kurfürst dann den' Proyinzialpnos ües Prediger- -
Ordens in Nordhausen, das Kloster baldigst zu reformieren» .
Er habe gehört, dafs letzteres schon lange „in. Reformation ^
gestanden*', und fürchte Schaden für dasselbe. Entweder
hierauf oder yielleicht früher war der Provinzialprior in
Cronsohwitz gewesen und hatte besonders einen strengeren
Abschlufs des' Klosters verlangt , damit die Jungfrauen es
nicht willkürlich verlassen (ausfahren) sollten. Da aber hatten
deren Yerwandte gedroht^ sie wollten durch ihn und andere-
Yisitatoren „ein Schwert stofsen''. Dann war in jener Zeit
auch ein Zank zwischen den Nonnen und ihren Prediger- -
mönchen ausgebrochen. Erstere zeigten sich, wie der oben-
genannte Prior angiebt, ungehorsam und wollten keine Ver-
zeihung erbitten, weshalb die Mönche sich weigerten, ihre
Beichte zu hören und ihnen das Sakrament zu geben. Der
Provinzialprior selbst aber war jedenfalls ein etwas bequemer
und lässiger Mann. Er scheute die weite Reise und andere
Unannehmlichkeiten. Daher war 1497 bezüglich der Eefor-
mation von Cronsohwitz noch nichts geschehen, und die
kurfürstlichen Bitte, welche damals persönlich mit dem
Prior verhandelten, erreichten „unter vielem Reden'' nichts ^
weiter, als dafs er schlielslich dem Dominikaner Dr. Wun-
siedel?) aus Leipzig Yollmacht erteilte, das Kloster zu visi-
tieren *).
Zwanzig Jahre später begann die grofse deutsche Refor-
mation.
1) Schreib, v. 19. Mftrz (Freitag nach Oculi) ; GesA. Weimar Kk.
p. 82. No. 11, 1.
2) Versch. Schreiben; ebenda.
Oesehtefate des Kloslen OronscfawItE.
159 '
Zuerst verBpUrt« Cronichwitz, ale 1635 der BauernEtaf-
Btftod in Thüringen und Franken sahlTeiche Stifter in Flammen
aufgehen liels, deo Erast der neuen Zeit. Aue dieBen Tagen
Btammt ein äuTserBt besorglioher Brief der Nonne Anna von
Gera an ihre Sohwögerin daaelbst. Es war eben den Jung-
£rauea mitgeteilt, daTa die Bauern bei Neustadt lägen und
alle Kläsfer im Weimarisahen zeritörten. Da beBOrgten auch
die Cronschwifzer Nonnen das Schlimmste'), ihre Frediger-
mönche und geistlichen BeichtTäter aber Buchten acfaleunigit
dai Weite ä). Offenbar wegen dieaet drohenden Gefahr hatte
das Kloster seine Kleinodien beim Herrn von Gera in Sicher-
heit gebracht. Ale es dann in den nächsten Jahren Tisitiert
Turde , forderte der KurfUrat die Kleinodien und Bücher
[darunter das schwarze Buch) ^) yom Oeraer zuriicä, aber
dieier machte lange Auadüchte. Er will jene Sachen, deren
Übergabe in besorglichen Zeiten alter Brauch gewesen , zu
getreuer Hand behalten, da sie meistens von seinen Tor-
fahren herrührten. Später aber gab er eie doch heraus;
denn 1635 befanden sie sich in der Eüeteroi des Klosters
und wurden am 7. Mai von den kurfiirBtIichen Sequestratoren
inTentiert ond verwahrt *). Wo sie sehliefBlich geblieben
sind, ist unbekannt. Die Kleinodien, MonstraDzen und Kelche,
welche CionachwitE in seioen Filialen Bchmölln, Bernsdorf
und Beinsdorf halte, wurden von den dortigen Gemeinden
weggenommen und verkauft^).
Auch innerhalb des Klosteri selbBt hatte intwischen
Luthers Lehre feste Wurzel geschlagen und die Nonnen in
avei feindliche Lager gespalten, wovon die evangelische zwar-
■unäohst noch in der Uinderheit war, aber die Forderung: I
»I) Schreiben ahne Dat. im HaalarohiT Bchleii A. I
S] fl. 8. 116.
3] S. S. 1S3.
4) OeaA. We!Din Bag. Kk. p. S4. II, fi K u.
f. Verzeichnis zum Bohlnre der AbhKndlaae,
B) Nach d. Schreiben der Priorio Anna t, Hense
.rOnleu T. iG!8, OaaA. Weimar Kk. 3*. 11, ba.
uU
\
I
IQQ Geschichte des Klosters Cronschwitz.
des kurfürstlichen Landesherrn genofs. Diese Minderheit bat
gegen Ende des Jahres 1525 den letzteren, ihnen einen
frommen gelehrten Mann zu senden, der ihnen das Evan-
gelium lauter und rein Tortrüge. Sie .wären yor Zeiten ins
Kloster yerstofsen worden und erkennten jetzt, dafs ihr
Klosterwesen nichts anderes wäre als ein „tirannisch, baby«
Ionisch Oefengnis beider der Seele und des Leibes'^ Die
f^redigten, die sie jetzt hören müfsten, wären „eitel Lästern,
Scheltwort und Ausschreien'' der neuen Lehre, und da noch
die meisten ihrer Altesten und Oberen an solche „Heuohel-
predigt'' glaubten, so bäten sie um^Jächuts, ^ronj; si^Ton-
jenenr wegen ihrejMÖesinnung bedrängt werden «ollieB ^).
Inzwischen nämlich waren die im Bauernkriege entlaufenen
MöQche ins Kloster zurückgekehrt und bekämpften den neuen
Glauben aufs heftigste ^).
Wohl auf dieses Schreiben hin erschien am ^4. Januar
1526 Anarg von Wildenfels als kurfürstlicher Kommissar,
untersagte den Mönchen das Predigen und kündigte die Ein«
Setzung eines evangelischen Predigers binnen vier Wochen
an , bis zu welcher Zeit die Mönche das Kloster geräumt
haben müfsten. Vergeblich machten die papistisch gebliebenen
Nonnen und ihre Gönner Heinrich Heufs zu Greiz und der
Herr yon Gera Anstrengungen, die MaTsregel rückgängig zu
machen ^). Am Sonntag Keminiscere (Febr. 25) wurden die
ehemaligen Beichtväter und Priester vertrieben *) und ein
cyangelischer Prediger nach Cronschwitz verordnet. Damit
aber hörte der innere Krieg des Klosters keineswegs auf.
Schon gegen Ende des Jahres mufste der Priorin daselbst
abermals befohlen werden, yon der Verfolgung der lutherischen
1) Aus Schreib, v. 22 Dez. d J. ; GesA. Weimar Kk. p. 32.
No. 11, 3
2) Ebenda Kk. 32. 11, 3 a.
8) Aus Schreib, des Reufsen u. des v. Gera an den Kurf. v. 1526
Febr. 17; GesA. Weimar, Kk. 33. 11, 3a.
4) Pirnaiscb. Mönch, bei Mencke, Scriptor. II. Sp. 1539.
•'^^tv
OssdiiohlB dM Kloitws Oromcliwiti.
161 i
a und des Predigers abzusteheD *). Letzterer Mefs
ipiels nnd wird von den evangc lisch geeiunteD Klaster-
iDaaeeen als ein MaoD von gror^er Geduld und SanftmüÜgkeit
gesohildert. Er yarliefg indesseD eotiOQ Michaelis 1527 ohne
ErlaubniB seine Stelle , der er wohl nicht gewachsen war ').
Ferner klagten die lutherischen Nonnen, dafs man gegneiischei-
aeits ihnen, da sie keine SeeleDmeeaeii und Yigilien mehr halten
wollten, aondoTD „Tänze nach dem Wort« Gottea aängea",
die Legate vorenthielte '). Anderseits bot die papistische
Partei im Kloster, an deren Spitze die Priorin Anna von
Meusebach und die Fräulein Anna von Gera und Kunigunde
Reiüsin von Plauen standen, um die Erlaubnis, wie &llher ihre
Horas eingen 2U dürfen, da sie es anders mit ihrem Gewisaea
vor Qott nicht verantworten könnten. Auch beaohwerten sie
sich hber die Unterhaltung des Geiatliohen und baten, durch
einen Mildenfurther Mönch versorgt zu werden *), Letiterea
wurde dann wirklich gegen gewiase Bedingungen gestattet,
doch dadurch wurde die papielische Partei entschieden zuver-
sichtlicher; denn bald schon liefeen die evangelisch Gesinnten
ihre Klagen wieder hören , ja es scheint einmal , als sich
dieselben den Weidaer Prediger Loreoe Schmidt aur Kom-
munion kommen lieraen, vor der Kirche zu förmlichen
Skandalscanen gekommen zu aein *), Wie der Mildenfurther
Beichtiger aber seinen Auftrag, die Nonnen zum Evangelium
anzuleiten, auffafate, geht daraus hervor, dafs er beim Abend-
mahl den Wein durch ein silbernes Böhrchen nehmen liefa.
I
1) AOB Schreiben dei Andreiis Oltr.an an den KnrF. v. IfiSe Nov. SO
<Dl6natRK n, Eliasbath) | QeaÄ. Weimar li. Fol. *0b A*.
i!) Ans Schreiben des Kurfürsten an Luther und Melanchthon y. 1B2T
JnU 17 (Freit, u. Msrgsrete); GesA. Weimar Kk. 33. 11, 3a.
3) Aus Schreib, der Nonnen an den Kurf. von 1627 Sepl. S8 (am
Abend Michaelis) ; ebenda.
t) Aat Schreiben der Genannten ao den Earf. d. d. lfi2T Dez. 9
{Hont, nach Concept. Marie) ; ebenda.
5) Ann Schreiben der v, ZachHpperitz u. and. an den Kurf. d. d. 1528
Juli Sa (D»nner9t. nacb Maria Magdaltna)-, ebenda.
11
102 Geschichte des Klosters Cronschwits.
damit die Nonnen den Eeloh nicht zu berühren braachten ^)..
Hierauf wurde auf Yorschlag Luthers dem Kloster in Wolf-
gang Calisti ein neuer evangelischer Prediger, gegeben')
und gegen die widerspenstigen Nonnen allen Ernstes vor*
geschritten. Die Priorin, die kein Ansehen habe, sollte ent-
lassen und eine andere eingesetzt werden. Die Nonnen soll-
ten in Zukunft „eingezogen, erbarlich und züchtig'' leben
und nicht ohne Yorwissen der Priorin das Kloster verlassen.
Femer sollten diejenigen, welche die Predigten nicht besuchten
oder sich wahrend derselben „Gelächter und leichtfertige
Gebärden'' zu Schulden kommen liefsen, ohne weiteres ent-
fernt werden. Der Verkehr mit den -Mönchen von Milden-
furth wurde strengstens untersagt.
Dann wurde bei der Kirchen Visitation von 1529 am 11.)
■Oktober auch Cronschwitz besucht, die kranke Priorin Anna
von Meusebach abgesetzt und Margarete von Bockwitz dazu
bestellt, doch waren letzterer die Fräulein von Gera und
Beufs, Eufemia von Röder und Margarete von Berga als
Beistände zugeordnet ^). Der Prediger sollte fortan mit dem
Vorsteher bei der Priorin speisen, auch abwechselnd dazu
zwei Nonnen eingeladen werden, damit sie an den Tischreden
über das göttliche Wort teilnehmen könnten. Den übrigen
Elosterjungfrauen sollte bei ihrer Mahlzeit aus Erbauungs-
büchern vorgelesen werden *).
Die Priori£ Margarete von Boojggte^tarbnj^^jgf ,
Amtsführung (1532), und ihr folgte als letzte Dommä Anna J(^
Jß^^jh^y/^ Gera^ Schon 1631 war indessen die Sequestration des
Klosters verfügt worden. Eine ganze Anzahl Nonnen, von
denen einige sich verehelichten, so Anastasia von Bünau
1) Nach Schreib, v. 1686 Aug. 13 (Freit, n. Lorenz) in GesA.
Weimar Oo. p. 792, 154.
2) Schreib, des Kurf. an Anarg v. Wildenfels d. d. 1629 Juli 23
(Freitag n. Maria Magdal.) in GesA. Weimar Kk. 38. 11, 8 A.
8) GesA. Weimar, Kk. 88. 11, 8 A.
4) Aus d. Schreib, des Kurf. an Prediger u.. Vorsteher in Cronschwitz
d. du 1529 Dez. 19 (Sonntag n. Lucie) ; ebenda.
f mit dem Kloaterroriteher Wolf ron Baschaa, vurden mit einer
einmaligen Zahlung ron 25 — 40 Old. abgefunden und ver-
liefBen dae Kloeler. ~Die beiden Fräulein tod Qera und BeuTa
und 12 ältere Damen durften zwar noch wohnen bleiben,
flcheinen aber wenig gute Tage mehr genoeeen zu haben;
denn iie beklagen eich wiederholt über mangelnden Unter-
halt. Jed» Nonne erhielt übrigens damals au&er Behau-
sung, Holz uad 4 Scheffel Korn 15 Old., die Tier ältaBteo
20 Qld. und die beiden Fräulein von Gera und Reufs 26
Old. '). Das Einkommen des Predigers betrug 1538 aufser
den Naturallieferungen nur 62 Old. an Geld. AU Pfarrer
finden sich in der SequestretiDDBzeit noch Wolfgsng Möstel
und Lorenz Faber, frUher Superintendent in Weida. Beide
tauAohten damals mit ihrea Fferrcn, da Faber (Schmidt) wegen
„SehwBchheit" das höhere Amt nicht mehr veraehen konnte '),
Der letzte Vorsteher oder Verwalter dee KloiterF war Hana
TOn Bora, der Schwager Luthers. Als 1543 der Verkauf dea
Cronsohwitzer Orundbeeitzes be&chloEBen war, bat der Refor-
mator den Kurfürsten, seinen Schwager wegen des Elostere
nicht in Schaden zu lassen ^). Hierauf wurden am 30. Uai
1644 des Vorwerk Meilitz für 2000 Oulden an Alexander
von Eiohicht^), und Cronschwitz für 3200 Qld. an Uatthes
Ton Wallenrodt, der euch schon &lildenfurth erworben hatte,
verkaull und die Käufer damit befehnt'). Der von Wallenrodt
aber sollte den noch Torhandeneu Klosterpertonen die hinteren
E^Ditergebaude, den Obstgarten und die Kirche überlassen.
Die letzte Priorin Anna von Gera ist um 1553 daaelbst
gestorben ").
1) GeaA. WeiniM Oo. p. 792, 161. *,
a] OesA. Weimar Bsg. II. Bl. 133 b, 153S, u. 7, 21 e. "*
I a) Schreib. V. 6. Okt.; GeaA. Weimar Oo. I9i. l?5b, n. v. Hiriub-
Kttld, Die BeilebuRgen Lalliers und seiner Gemalilln Katharina v. Bora
Ktc. In Beitrage >. sKchs. Klrt^hengesch. II. S. iOS.
i 1) Lehabrief v. Fieil. a. Gmudi in Altenburg. Copiale: Begiilrierle
SläBlerTBrschreibungea anno I61S — t6fiS, Fol. 1 ff.
6) LebBbiief ». Mitlw. n. Johaunis Bapliste j ebenda. S.J ijr^'
e) Tergl. mein Buch Burggraf Heinriub IV. etc., S. 263.
II*
A. Priorinneni): "^^f
Jutta TOQ Gera 1338—1268. ^^H
MeoMild ^^H
Agoea VOD Fkuen 1301—1304. !^^H
Mechtild TOn Planen 1304—1320. ^^^H
f Jutta ^^^^^1
:^ Mechtild von Plauen ^^^^^^H
^Sophie von Altenburg ^^^^^^H
^TJal'ta J^^^^^^H
^^^^^^M
von Vfeida ^^^^^^|
^.Elisabeth ^^^^^^|
( EÜBabeth von der Planitz 1369. ,^^^^^H
f_ Margarete von Wolframsdorf 1877, ^^^^^|
//KEliaabeth von Tannrode 137Y— 1889, ^^^^|
,'1 Anna von Gera 1396— 1397, /y^Jp ^^H
/^ Barbara von Plauen 1400— H06. /J// ^»^^^H
Anna vou Gera ^^^^^^1
/IJaüf. von Weida U\\l<(-I>//1 ^^^^H
/^ Mephtild' von Gera ^^^^^H
von Weida ^^^^^^H
Meohtild von Gera ^^^^^H
/j'Anna von Wolfersdorf 1422.*!^/V. ^^^^^B
Ilse Erynitz 1438—1440. ^^H
.-hrn.i-
^Mik Agnes von Uiltitz 1461 — 1467. ^^^|
'l^, Anna von der Planitz 1477/ty^/^ [i^'-ß^^J. ^H
0
1) Uancbe der bier gananDlsu Priormasn kammeD auch >ls B>i|it^^
priorlnneii odor Nonnen bereiU früher vor (» d. nuJi folgen den Vw«Meh. '
holt bekleidet >u Iiaben, doch acbien ei um zu gewigt, die Idsntiüll
in d«D folg, Verzeichnissen) gind dKber eiDfach nach ihrem urkdi. Vor-
kommeii aufgembrt. FUr die Zeit Dacb der Seqneitratioa sind hier die
1
Woimweeben Akten tvergl. S. H7) beouUt,
Geschichte des Klosters Cronschwitz. Ig5
Margarete yon Meusebaoh 1482 — 1483.
Margarete von Wolfersdorf 1486—1490.
Margarete yon Bockwitz 1602 — 1517.
Anna von Meusebaoh 1627 — 16293^^5,«^
Margarete von B< '^
isssrVo^ d^a IMi'
B. ünterpriorinnen:
Kunigunde 1302.
Mechtild von Hatt 1320.
Elsbeth von Wolfersdorf 1328.
Agnes 1840.
Katharina 1349 — 1356.
Elisabeth von Tannrode 1369—1876.
Elisabeth von Mosen 1877.
Sophie von Altenburg 1387.
Barbara von Plauen 1896.
Adelheid von Oberhausen 1400r- /^f^A^
Katharina von Wolframsdorf 1406.
Adelheid von Oberhausen 1411 — 1416.
Mechtild von Mosen 1417.
Anna von Wolf0rsVrf U20:ß^ II OU^J
Anna von PöUnitz (Belenioz, Bolerin?)^ 1438—1440«
Felioitas Bebyn (Bebynn) 1462.
Dorothea von Wolfersdorf 1487.
Margarete von Meusebaoh 1487.
Lucia von Zsohöpperitz 1490.
Margarete von Schelditz IbOQÜi/Jf C^'^^^^j -^^'^
G. Werkmeisterinnen:
Elsbeth von Spamberg 1328.
Adelheid Oriefs 1406.
1) Oder V. PöhL
166 Geschichte des Klosters Cronsdliwits.
D. E ästerinnen:
Sophie von der Tann 1406.
Agnes von Wolframsdorf 1438 — 1440,
Bertha von Birkioht 1440.
Jutta von Wolfersdorf 1506^/V^'l'^ 7^f -6#^
Anna von Böse ISdllil/
E. Nonnen:
N. von Yogtsberg 1302. ^ jf \ n/ <h /
Sophie von Gera 1306. '^ti4^M^ffl^m^^^
Sophie von Weida 1820. ^io^pliM^nH Idi^t^
Agnes von Gera 1828 — 1338.
^ Irmgard von Gera 1828—1338.
Jatta von der Planitz 1328.
'^ Riohza von Nenberg 1328.
^ Leukard von Lauterberg 1328.
Elisabeth von Eger 1338.
Adelheid von Eger 1338.
Kunigunde von Pohl 1341.
Margarete von Pohl 1341.
Kunigunde von Pohl 1341.
Elisabeth von Wolfersdorf 1341—1344,
Sophie Ulrich aus Weida 1362.
— Atielheid von Wolforodorf U^%.'^f4iu:^^/
Anna von Käfernburg 1367.
Dorothea von Plauen 1369.- /V/j
Barbara von Plauen 1369.
Anna von Gera 1376.
Katharina von der Planitz 1377.
Leukard von Berga 1380.
Kunigunde von Berga 1380.
Sophie von Altenburg 1381.
Jutta von Altenburg 1381.
Agnes von Machwitz 1886.
Anna von Weida 1397.
Geschichte des Klosters Cronschwitz. \Q'J
Jutta Yon Weida 139^.
Jutta Werner aus Gera 1397.
Elisabeth y^ Griefs 1400.
Adelheid vb^ Griefs 1400^/ V/)
Meolitild Yon Gera 1406—1417.
Adelheid von Oberhausen 1*^06.
Anna tod Langenberg 1406.
Lenkard von Breitenbauch 1406.
Anna vo4 Culmitzsch (Kolmacz) 1406. ^CAa/ t )
f^^'^JWutta Mayt 1406-1411. ..^pMi^f^^
.Adelheid-^rfieiri «5:
Anna die Jüngere von Gera 1417— 1462 j^^i^/ /^^^
Mechtild von Mosen 1420.
Anna die Jüngere von Wolfersdorf 1422.
Anna von Neumarkt 1422. (ä^-^^^^-^J
Margarete von Meusebaoh 1470 — 1487^ — ^
Dorothea von Quingenberg 14i%7 "
Jutta von Wolfersdorf 14(|g^ N
Margarete von der Flanits 14iX9. \
Katharina von der Planitz 14jj^y
Margarete^ohott UTTö.' SckeJß'Uk i'i^f \
Gordula von Bi^fjlen 14(^9/ <
Margarete von Wolfersdorf 1^—1607. , ,/ ,,
Anna von Meggau (Mecke) 1487. ^ ' ' , ^^ /
Margarete von Meusebaoh 1487— 1601 J^./j0i'>^'^V^'
Katharina von Gera 149^
Anna von Gera 1499^)— 1532.
Eufemia von Wolfersdorf 1606— 1507.
Anastasia von Bünau 1625 — 1681.
Veronika von Ende 1626—1681.
Katharina von Zossen 1626 — 1686/*^.-.
1) Vergl. 8. 162.
,1 • '
... .
* . J «■ L
/if ' ■ ^ . ' - . - 1 . . .1
][gg Gteschichte des Klosters Cronschwitz.
Katharina von GriefB 1525.
Magdalene von Köder 1525—1531.
Margarete von Zschöpperitz 1527— 1528. "^A'^j^^j^
Lacia von Zschöpperitz 1527 — 1528. OTt^*^;^/]!^^^/^
Anoa von Zschöpperitz 1527 — 1531.
Katharina von Zschöpperitz 1527—1528.
Katharina vod Wolfersdorf 1527 — 1536.
Margarete von Wolfersdorf 1627—1536.
Magdalene von Wolfersdorf 1527—1536.
Anna von Wolfersdorf 1627—1531.
Margarete von Bockwitz 1527 — 1529.
Enfemia von ßöder 1527—1628.
Jutta von Röder 1527—1528.
Sidonia von Tettftu 1527—1531.
Katharina von Ende 1527 — 1536.
Bertha von Ende 1527 — 153iS.
Anna von Ende 1527 — 1538.
Agnes von Zschaderitz 1527 — 1636.
Margarete von Böse 1531 — 1540.
Knnigunde Reufsin von Plaueo 1527 — 153 7&<% '^c^'''^
Dorothea von Wolfersdorf 1528.
Katharina von der Planitz 1528.
Regina von der Planitz 1628 — 1540.
Anna von Böse 152S-'153S'aU^ /'^'iaa^^^^)
/ Anna von Anerswald 1528 — 1536.
Jutta von Kochherg 1528 — 1538.
Martha von üllersdorf 1528.
Barbara voi:. Dölau 1528—1531.
> Ursula von Schelditz 1528.
Käthe von Liebsdorf (Lippersdorf) 1528.
Margarete von Berga 1528 — 1529.
Margarete von Ende 1531—153^^^
Dorothea von Zettwitz 1631. ^ zi ^ ^ ^^
Ursula von Dölau 1531. /tnnfy /'.^>fm /i^^ J^^
Anna von Liebsdorr 1536. c *
Graelilclite das Klostsra OroDiohwIli.
. Don
likait
Eaplä
KIoBtergeiatliohe.
Br. Heinrich, scriptor, 1315.
Br. KoDrad Grofso ISäS.
Br. Dietrich von Eichicht 1338.
Br. Berohtram 1328.
Br. Konrad Weber 1328. ^,/3t;7J(i'
Br. Eiidigor Hühner von Eger 13ä3(— 1355.
Br. JohaDDCd von Weifsenfela ISbitM-
Br. Johaones -von Meeraue (de Mari), Kaplan, 1353.^^^^jj^^
Br. Nikolaus, Kaplan, 1353^— 136 7/Mi'^, .^ y , .-/^,a,-i"7
B,. Alb„,, Lpk., USS. /wi/fv^'.»" ^»'^V
Br. Hermann von Hageoest 1359,-/ -i
Br. Siegfried, E^piäeriSeT. b'^HI^^^ (^- ^»^-^
[ fV-Bi. Johaünes Geier, Kaplan, 1402— 1406, >;. <''■'■
r ^ «TT Nikolaus Netirs{?), Kaplan, 1402. '^■^^''•'
Vw^Bt. Johanne« von Meifaen, Kaplan. M^'i.i'SKHV)
^''%r. Friedrieh Böser, Kaplan, 1402— 1406. i^*«''-
Br. Konrad von Dölan, Kaplan, 140^-1482.
Br. Niklae, Schreiber, 1406.
Franz Seeberger, Kaplan, 1411.
(LDtherische Prediger.)
•, Spiefe 1626.
Wolfgang Choleoker (Vulcanua Calixti) 1529—1533.
Wolfgang Möstel 1533—1534.
Lorenz Faher 1538.
G. Hofmeij
Heinrich von Span
nd Ve
iberg 1833^. 7?j;
alte
-ofity.Br. Bertram 1346*V*'5
''' Br, Johannas 1364t»^./i'- l^J^v-yr«-
Br. Nikolaus gen. Rediz {Reddis) Xt^l^iS'p.^Tjtf f^ -f^i)
GoUftied von Röder 1369ÄrS^- ^■^' '' " /^M
Johann Ränber (Ronber) 1380)(Vfl-''l^ L*"-")
Konrad vonlRöder, 1382^*;^ ,- f{f^9Jl) .
170 Geschichte des Klosters Cronscbwitz.
JohaDoes yon Böder 1409,
Hans Blankenberger 1440 — 1453.
Hans von Ourpis 1456.
Adam von Sohelditz 1505.
(Nach der Sequestration.)
Wolf von Baschan 1529.
Melchior Töpfer 1533. '
Philipp von Wolframsdorf 1533— 153 V/^
Joachim von Steinsdorf 1585 — 1537.
Christoph von Steinsdorf 1538.
Heinrich Pflug 1588^ ^ mtWi^%7CiPf^6^j^^
Hans von Bora 15421^1544.
Inventarium ^) der sylberkleinoth ym dosier soe
GronschwitE yn der costerej durch die verordenten sequettra-
torn jn Meissen und dem Yoythlandt jnventirt dinstag noch
Bonifaoii anno dm. etc. xzzv^ auf enthpffangenen bevehel jn
yre vorwarung hinderlegett.
xxij kelch ubergoldt und j koppemer. Hievon den
Jungfrauen zwen kelch, wen man das testament thut haldt,
gelassen. Bestant xz kelch und j kopffemer,
V patein, ij dorunder ubergoldt, die andern sylbem nit uber-
goldt. iij par sylbeme ampeln. j buchssen ubergoldt pro
sacramento. j silbern buchssen pro sacramento. j silbern
roer zur commuD[ion], j silbern humeralh. j par silbern lemlein
uf die fannen. j sylbem croen pro Salvator. Jtem mher j
sylbern cronlyn. zx sylbem knauf auf dem rocke des bildes
sandt Geholffen (!). Jtem mher j sylbem und guth ringk. j
sylbem reuchfas. j ubergoldt kreutz. Sanct Georgen brust-
bildt und etzliche perlen daran yd einem orantz. j christal
yn einen sylbern fufs gefast ubergoldt. j kleine christalh,
ij sylbern fidÜB einer ubergoldt, der ander unubergoldt mit ij
1) GesA. Weimar Oo. p. 782, 160.
I
I
%logleiii. JaoTi JD Bjrlber gafast. j kleia abeigoltha moattraatE.
j lilberoe ubergolthe taffei. j ohriBtallen kreutz ja einem
fatter mit eineia sf Ibern fafs nbergoldt. j Bylberue nbeTgoltfae
CathariDa. j klein gülden creutzlein jn einem Boatellein. j
carniol kistleio und j caraiol Marienbildlein. j golden taffe-
lein mit einem fuTe und elhliobeo guelen steioen darein ga-
faat. j gTOB silberD kreulz ubergoldt und ya einen jaspia
gefaBt j etrauHeje ja ein Bylbern täte gefait. j monBtrante
mit bnlleo jn eylber gefaBt. iij kleine monstrantzeD uber-
goldl. j kleine breithe monBtrantz mit einem Bylbem fnfB.
j groBBe monstrantE mit einem eylbern iah oben nbergoldt.
j mooBtrantz, die nietit ubergoldt, yn einem futter, iiij kleine
moaBtraDtzeu mit brilleo, doryn heyligthamb. j IndiBch nufa
mit einem kopffernen tatt. j baohaen mit beylgthumb voa
helffenbein. j kestleia von belffeabein. Etzliche bilde von
beyu seindt jm oloBter blieben.
Hhei aylberwerg und klainoth yn eiuem kleinen kaaten
Dseer frauen kestlein genandt.
ij ailberoe krönen eine grofB, die ander klein, ij BÜberne
ketten eine gTofa, die ander klein, t ringelein. j krooe mit
vm ringlein. j gnrtbbortteD mit Bylber besolilagen. j klein
gülden gurlbbortten mit sylber beschlagen, iij Beidene gurth-
leio mit Bylber besohlagen. j jaEpis pater noster mit v
Bylbem ubergolten Bcbeides teintein. j seiden, j sambt roglein
mit Bylbern ubergolten kneu£eu. j blauen mantel mit ge-
■tiok und fa[r]berei. j grünen mantel mit fafrjberej. j rotter
sametti mautel mit einer perlein bortten und j ringlein,
j aldei rotter sametb mit sylbem knoufflein.
Das zynen gefafe und was van leucbtem mesBi[n3g und
lynen, itt yn der ouBterej laufz deaselben inventariuma blieben
Vorzeiobnua der omath.
J fear brillen und zwen andere stein jn einem eeglein. t
humeralh ohne bortten. j rottan Bametb mit dem SalTator,
j grau gülden stugk. j giun gülden atugk mit blumen, j roth
gülden atugk. j weis gülden atuck. j roth gülden atuok.
4
i
]^72 Oesehichte des EJosters Cronschwitz.
Bohwartser sameih. j sohirartzer gemosirter sameth« ij rothe-
gomorirter lammeth. j sohwarizer Bameth mit einem perlen
golden kreuts. j brauner sametii mit galden vögeln, j schwartler
sameth mit vergalten ;spangen und perlen, j sehwart&er
sameth mit lewen und perlen kreuts. j rotter gemonrter
Bameth. j blauer Bamet mit eine rotten kreuts voller Bpan-
gen. j Bohwartzer damatsMohk mit einem rotten kreuts.^
j gnm Beiden meegewandt j rotter gemoBtrter Bambt mit
blumen. j gemosirt mefBgewandt. j rotter Bameth mit gelen
Uumea. j Bohwartaer sameth. j rottär damaBohke. j Bchwartser
Bameth. j rotter athlas mit einem gülden kreuti. j blauer
mosirter sameth. j rotter mosirter Bameth. j sehwartser
sameth mit einem gülden kreutz. ij grüne sameth. j sdhwartzer
mosirter sameth. j rotter mosirter sameth. j brauner
mosirter sameth. j blauer mosirter sameth. j gering messe-
gewandt, ij messegewandty eins mit rotten seiden blumen,
das ander ein aldt gülden Btogk. j schwartzer alder sameth
mit blumen. j roth messgewandt, jn unser fraue kestlein»
j alder schwartzer mosirter sameth.
Tebicht.
ij tebicht mit dem sylberwerg eingeBchlagen.
Buchqueln.
3 par buchquelen mit silbern spangen schwartz. j par bach-
quelen mit spangen. j par rothe samethquelen mit perlen»
j par gemosirte quelen mit etzlichen spangen.
Pallium,
iiij pallium mit berlen und sylbem spangen.
Was sonsten jn der custerin inventario vortzeichnet, das ist
im gewelb bliben.
m.
Die Volkskunde
und die Notwendigkeit ihrer
Pflege in den altertums-
forsehenden Vereinen.
Von
F. Kunze.
I
Die „Statuten des Vereins für thüriogischo Geschichte
nnd AltertumekuDde" besagen ia § 1, dafs unser Verein neben
„Mitteilungen zur thUringiachen Oescfaichte" auch solche über
„Altertumskunde" Ter öffentlichen eoH. Im allgemeinen wird
in den von unBerem Veiein herausgegebenen Heften der
„Oesc hi ch te Thüringens" ja bedeutend mehr Rechnung ge-
tragen, als der „AUertumskunde" im eogeren Sinne. Der
Vorwurf J. W, Wolfs (Beiträge zur deutschen Mythologie,
1S5S, I. Bd., p. XIX): „Die historischen Vereine eollten ihre
Hefte, statt eie mit langweiligen Abhandlungen and Zeich-
nungen römischer Ziegel und Badplätze und UrnenBcheibea
vollzupfropfen, endlich mehr mit solchen uod ähnlichen Dingen
(Sagen, Sitten, Gebräuchen etc.) ausstatten" — trifft unseren
Verein absolut nicht, denn dieser befafst sich erstens nur mit
der Erforschung und Sammlung „beimisoher Denkmäler" alter
Art, und fürs andere hat auch s. B. Earl Auen im 1. Bde.
der Vereinsschrift (Jena, 1B54) auf 8. 184—196 eine inter-
essante Sammlung von „Sagen und Zauberformeln" aus
Thüringen veröffentlicht. Immerhin ist aber für die eigent-
liche Altertumskunde, soweit sie Sagen, Mythologie, Volks-
bräuohe etc. in ihren Bereich zieht, von selten unseres Ver-
eine sehr wenig geschehen, was jedenfalls darin seine Be-
gründung findet, dafs das Studium dieses Zweiges der Alter-
tumskunde nieht jedermanns Sache ist. Bei der Gründung
unseres Vereins wies Prof. H. Bückert in seinem Vortrage
(ofr. Bd. 1, S. 8—16) u. a. auch auf dieses vom Verein zu
beobachtende Forschungsgebiet bin, wenn er bei spielt) weise
ä
176 ^^® Volkskunde in den. alter tamsforschenden Vereinen.
sagt: ,,AaB dem übrigen reichen Gebiet der einheimischen
Kulturgeschichte erlaube ich mir nur noch eine Seite heryor-
2uheben und ihre Pflege ihnen allen an das Herz zu legen,
weil jeder auch ohne alle weitläufigen Vorbereitungen hier
fär unsere gemeinsamen Zwecke wirksam sein kann. Ich
meine die so unscheinbaren und doch so inner-
lich reichen Überreste der Sage, des Glaubens
und der Natur- und Lebensanschauung der Ver-
gangenheit, die Yolksmäfsi gen Sitten und Ge-
bräuche, die sprichwörtlichen Ausdrücke und
Sentenzen, in denen sich das innerste Heilig-
tum des nationalen Geistes mit staunenswerter
Ursprünglichkeit und kindlicher Naivität offen-
bart. Hier hat jeder Gelegenheit, zu sammeln
und zu erhalten Unzählige gehen ihr
ganzesLeben an dergleichen vorbei und haben
keine Ahnung davon etc.''
Im Nachstehenden soll nan zunächst ein flüchtiger Bliek
auf die Geschichte der Volkskunde geworfen und dabei eine
Betrachtung an ihren begrifflichen Inhalt geknüpft und eine
wissenschaftliche Gliederung desselben gegeben werden.
„Volkskunde bedeutet die Kunde vom Volk oder über
das Volk" — erklärt Reinhold Köhler in seinem Artikel
„Folklore" (im Supplementbande zur 13. Auflage des „Kon-
versations-Lezikon" von Brockhaus, Leipzig 1887). Diese
„Kunde vom Volk oder über das Volk** ist aber nicht in
Gestalt eines blofsen Porschens und Aufspeioherns von Kennt-
nissen über das Volkstum zu erzielen; denn Wissenschaft ist
eine Erkenntnis, die organisch sich aufbauende Summe der
Kenntnisse von einem Gegenstande. „Das Volkstum ist die
Urquelle aller Kenntnisse über ein Volk, das Volkstum ist
aber auch der Völker Jungbrunnen, der sie jung erhält, der
sie, wenn ihnen Untergang droht, verjüngen kann" — sagt
der auf diesem Felde sehr thätige Forscher Dr. Fr. S. Kraufs
(cfr. „Am Ur-Quell", Monatsschrift fUr Volkskunde, 1890,
S. 2). Am 22. August 1840 hielt der Engländer Thoms
DIs Tolkikande in dea altartiEmBfonDliuicUai Tarrinm,
1771
.äum einen aitf obiges Thema eich beziehenden Vor-
Bchlu^ dabei Beinen Laudaleuten fiir die Kunde von
den Yolkstümlichen Überlieferungen in Sagen , Sitten, Ge-
bräuchen, Uärohen etc. die bald aufgenommene Bezeichnung
„Folk-lore" vor, gegen welchen weitverbreiteten Ausdruck u.a.
K. Weigaud (im 20. Bd, der Zeitschr, für Völkerpsychologie
und SpraobwisBenaohaft, S. 1 — 5) zu Felde zieht, indem er
mit Hecht betont, daTs die wissenschaftliche Volkskunde jene
Folklore mit in sich begreift; darum sagt auch Keinhold
Köhler u. a. von der „Volkskunde"; „Sie umfafat also auch
die Kunde dea Folk-Iore, aber sie ist nicht selbst Folk-lore."
Eine für eich beetehende Wissenachaft vom Volksleben
ist erst ein Produkt unseres Jahrhunderts, wogegen das Fun-
dament der Volkskunde, sowie die mancherlei Materialien zu
ihrem Ansbau so alt sind, wie die Geschichte der Litte-
ratnr. Schon die alten und ältesten Heidenlieder und
ßeligionsbiieher — z, B. das Nibelungenlied , die Edden,
Homers Ilias und Odyssee, die Mehrzahl der biblischen
Bücher etc. — sind ethnographische Quellen, aus denen manches
charafeteristiBohe Bild des Völkerlebens wied erstrahlt. Herodot,
der „Vater der abendländischen Geschichtschreibung", ist gleich-
zeitig auch der Vater der Volkskunde; er reiste „per pedea
spostolorum" umher, um das Leben und Treiben der von ihm
besuchten Yötker auszukundschaften und die Ergebnisse dieses
ethnographischen Studiums mit seinen gesohichtlichen Mit-
teilungen organisch zu verweben. Ebenso verfuhren auch
andere Historiker, bei denen die Volkskunde eine Hilfswissen-
echaft, ntoht Hauptzweck ihrer Oeschiohtschreibung war. „Die
Dienstbarkeit der Volkskunde geht durch die ganze antike
und mittelalterliche Zeit. Geographen und Kelsebeschreiber,
Dichter und Historiker geben nebenbei die lehrreichsten ethno-
graphischen Fragmente, aber kaum Einer macht die Erkenntnis
des Volkslebens als solchen zum bewegenden Mittelpunkte
seines Schaffen», Denn wo sich selbständige Vötkerachilde-
rungen finden, da bietet man uns doch nur eine gewisss
Summe lose zu samra engerei hter Beobachtungen, KohstofT zur
XVI. 12
■
I
278 ^^ Tolkskiude in den altertomilorsehenden Verainen.
yolkskonde, dem aber die innere GesetzmiÜBigkeit wieeen*
■ehaftlicher Anordnung und Durcharbeitiing fehlt/' (W. H»
Riehl.)
Nur Taoitus' Germania zeichnet sich durch ihren yolke-
kundlichen Gehalt aus, weshalb sie auch in der zweiten Hälfte
des 15. Jahrh., bei ihrer Wiederentdeckung , von den Ge*
lehrten als ein y^goldenes Buch'' begrüXst wurde. Die mittel»
alterlichen Beiträge zum wissenschaftlichen Volkstum, die man
als einzelne und vielfach trockene Mitteilungen über ein-
seitige Beobachtungen des Volkslebens in verschiedenen hieto-
risohen, geographischen und kulturhistorischen Werken zer-
streut vorfindet» reichen lange nicht an Strabos und Tacitus'
Arbeiten. Die Auffassung des Volklebens hält mit der fort*
Bchrittlichen Entwickelung der historischen Wissenschaft
gleichen Schritt und Tritt. Bei den stark zum „Fabulieren''
neigenden Ohronisten des 15. — 18. Jahrh. ist weiter nichts
zu entdecken, als trockene und schwülstige Mitteilungen üb^
buntfarbige Ereignisse am Himmel und auf Erden. Man
werfe z. B. einen Blick in die hinterlassenen Werke Thü-
ringer Annalisten — z. B. in die Chroniken von C. Spangen-
berg, Rivander, Heller, Sagittarius, Olearius, Bange, Becherer
etc., und man findet nur zusammenhangslose Wiedergaben ge-
schehener Thatsachen, welche für den Historiker jedoch nicht
immer ohne Wert sind. In Galettis „Geschichte Thüringens"
(6 Bde., Gotha 1782 — 1784) hat dagegen die thüringische
Volkskunde schon zeitgemäfse Berücksichtigung erfahren, wie
denn überhaupt die neuere Geschichtsforschung seit ungefähr
hundert Jahren reichlichere Beiträge zur Volkskunde in ihren
Werken aufgespeichert hat, weil eben der Historiker sich
dieser verschwisterten Wissenschaft nicht entschlagen kann;
er muTs eben die leitenden und auf das Volksleben einwir-
kenden Gesetze kennen.
Dem gegenwärtigen Jahrhundert war es nun vorbehalten,
die Volkskunde zur selbständigen Wissenschaft heranzubilden,
indem sie aus der seitherigen Bevormundung der Geschichte
und Geographie heraustrat. Die naturwissenschaftliche Welt-
IMs TOlktkande in den altarlna
■uhsi
1 Twehien.
17fr
□Bofaauung unseres Jahihuaderts hat zu der Ansicht gefühlt^ '
dafa die mancherlei Äuffieraagen des VolkitlebeDe als etwas
natiirgeiiiäfB GewachseDea anzuaehea und einer besouderen
wiMenschaftlichen Würdigung eq unterziehen eeieo. Die
seither beobachteten Sitten und Gebräuche der Kultur- und
tTeturvälker wurden nicht mehr vom einseitigen kirchlicben
Standpunkte nie Aberglauben, Uneitten, „Bohmaterialen" eto.
verdammt und auegerottet, eondern ee wurden dieee alther-
kSrnmlichen Volkaüberlieferungen von der sich an die Natur-
wiaaenBchaft eng anlehnenden Ethnographie wiBseaschaftlich
beobachtet, zergliedert und unter bestimmte Systeme gebracht.
„Das Unverständliche und Fratzenhafte in den Sitten und
Anschauungen der Völker der Erde, welches bis dahin den
sogenannten Gebildeten ein mitleidiges Lächeln abgelockt
hatte, begann in eine eigentümliche Beleuchtung zu treten,
indem es sich in unheimlichen Grundzügen bei ganz stamm-
&emden Yolkern wiederholte und damit auf eine schaffende
Kraft hindeutete, welche nicht blofs über die einzelnen Men-
schen, sondern aucli über Volker und Vdlkergruppeu hinaus-
reiehte" (cfr. Am Ur-Üuell, 1891. 8. 69).
Seitdem der Erforscher des Deutschtums, Jakob OrimDi,
mit der Herauegabe seiner „Deutschen Mythologie", sowie mit
seinen „Rechtsaltertilmcru", „Kleinen Schriften" eto. den
festen Grund zum weitgehenden Studium des eigentlichen
Yolktums gelegt hat, sind dana seine tüchtigen Schüler, An-
hänger und OesinnungegenoBseD nach Kräften bemäht ge-
wesen, diese interessante Wissenschaft immer mehr zur Blüte
gelangen zu lassen. Besonders sind in den beiden letzten
Jahrzehuten die „Atigen dem deut^ohen Altertum geöffnet"
-worden. Die grofse Anzahl ethnographischer und anthropo-
logischer Gesellschaften in den grofaeren Städten fast aller
Kulturvölker, sowie die behufs emsiger Forderung der „Völker-
kunde" angelegten Mueeen geben den antriiglichsteu Beweis
-von dem is weiten Kreisen sich geltend machenden Bestieben,
I 4fie bisher auf Krüoken gehende Wissenschaft vom Meneohea ]
12*
180 ^^^ Volkskunde in den altertumsforschenden Vereinen.
nach Möglichkeit zu pflegen, das Geistesleben der yersoliie-
densten Völker aller Zeiten zu erforschen.
Als im Jahre 1882 auf dem Geographentage zu Halle a/S.
der bedeutungsvolle Beschlufs gefafst wurde, den Betrieb der
deutsch-landeskundlichen Studien nachdrücklich und syste-
matisch in die Hand zu nehmen, da wurde von vornherein
auch die verwaiste Volkskunde mit in das Forschungs-
programm aufgenommen, indem man wohlweislich erkannte,
dafs Landes- und Volkskunde nicht getrennt nebeneinander
bestehen können. Bereits im Jahre 1881 hatten sich „einige
Freunde der volkstümlichen Überlieferungen" zusammengethan
zur Gründung und Unterstützung einer Zeitschrift, „teils um
die noch im Volke lebenden Sagen, Märchen, Lieder, Reime,
Bitten und Gebräuche etc. zu sammeln, teils aber auch, um
über den Inhalt des Gesammelten wissenschaftlichen Aufschlufs
zu erlangen". Diese neue Zeitschrift trug anfänglich den
Titel „Am Urdsbrunnen", erscheint aber seit 1890 als „Am
ür- Quell". Wissenschaftlich intensiver wird jedoch die
deutsche Volkskunde gepflegt von dem Ausgangs 1890 in
Berlin von Professor Dr. K. Weinhold ins Leben gerufenen
„Verein für Volkskunde", der alljährlich vier flngerstarke
Hefte einer ,^Zeitschrift des Vereins für Volkskunde", an
welcher namhafte Fachgelehrte mitarbeiten, herausgiebt.
Welche Hilfswissenschaften werden nun in den Dienst
der Volkskunde gestellt?
Sobald sich die wissenschaftliche Beobachtung auf die
Menschheit überhaupt erstreckt und ohne Erfassung des
Menschen als Einzelwesen das gesamte Kulturleben der Völker
als ihr Forschungsziel im Auge behält, so bedient sich die
ausgestaltende Volkskunde zweier Wissenschaften als Haupt-
forschungsmittel: der Anthropologie und Ethnographie.
Beide Hilfswissenschaften müssen sich überall ergänzen, denn
nur durch ihr wechselseitiges Ineinandergreifen ist eine ergeb-
nisreiche Lösung einschlägiger Fragen, wie i. B. der Völker-
und Urreligionsverteilung in Deutschland, lu erwarten. Anthro-
pologie und Ethnographie sind gewiiiormafson die „Lebens-
Die TolkikundB in dm altertunufarBchsaden VartiDsn,
Iftll
; wisaensobaftliohen Volbakunde", können aber hiti'
siohtUob ihres begrifflichen InhaLts nioht gut voneinander
getrennt uod genau erklärt werden. Die eratere Wiesen-
•ohaft kann man als „Lehre vom Mengchen" bezeichnen, und
sie achliefet dann in ihrem Oesamtumfange in dem ausge-
dehnten Kreise ihrer Fächer die ganze Naturgesohiohte
dea Uenschen, die Anatomie, die Physiologie and die Psycho-
logie in sich ein. In der Regel wird der Begriff der Anthro-
pologie eo eng aasammengeachaurt, dafa sich ihr Studium
alt gesondertes Gebiet von der Physiologie und Paychologie
abzweigt und mehr die Anatomie (d. h. Zergliederunga künde
oder Lehre vom Baae der organischen Weaen) in aJoh be-
greift und als Uittd der Volkskunde Torwiegend zu erzielen
strebt:
Kenntnis der nalurhiatori sehen Charaktere der Terschie-
denen Völker und Stämme; augenTallige Eigentümlichkeiten
der Mensohenrasaen , wichtige Übereioatimmungen, Ab-
weichnngen und Beaonderheilen im Schädel- und Skelettbau,
in dem Verhältuia der Gliedmaraen zu einander, in der Farbe
und BeBchaffenboit der „Haut nnd Haare", in der Stellung
der beiden Kionladen mit ihren Zahnreihen zu einander e(o.
Die Ethnographie dagegen befafat aich hauptsächlich mit
der Würdigung aller körperliohen und geiatigeu Eigrn-
Bchaften der verschiedenen Hassen und Familien, indem sie
Arbeitskraft and körperliche Leistungsfähigkeit, geistige Be-
gaboDg, Naturell, .Sprache, Sitten und Brauche, Religion uod
dergl. iu ihr Gebiet faUen läfst. „Der Ethnograph soll alle-
zeit seine Nation vor Augen haben, und indem er ihr ein
Bild des Volkalebena vorhült, aoll er sittlich wirken wollen;
er mufs in die Tiefe der sittlichen Uolive und Konflikte der
VolksentwickeluQg niederateigen I Dann ist ea aber auch
Pflicht dea Ethnographen, seine „Parallelen" zu ziehen, um
die „ÜbereinstimmnngeQ und Ähnlichkeiten in den Anaohau-
ODgen und Gebräuchen räumlich weit voneinander getrennter
und ethnisch verschiedener Völker" unter gewiase Ge-
liohtapunkte zd gruppieren and zu der Überzeugung flir
I
4
182 P^ Volksknode in den altertamsforschendMi VerdneiL
^eine gemeinsame Abkunft oder Entleluinng solcher Yor-
•tellungen und Sitten^' zu kommen (c£r. z. B. Andree, Ethno-
graphische Parallelen und Vergleiche, Stattgart 1873 III}.
Mit der neuzeitlichen Entwickelung der anthropologisohen
Wissenschaft hat sich das Auge der Forscher mit gesteigertem
Interesse der Untersuchung unserer yaterländischen Verhält*
nisse zugewandt; indem die bisherige Auftnerksamkeit auf
Leben und Treiben der Naturyölker aufgegeben und snr
lokalen und heimländischen Volkskunde umgestaltet wurde,
um nun in umgekehrter Folge Schlüsse yon dem Mgenen
Volke auf fremde Nationen zu ziehen.
Aber nicht nur um Parallelen zu ziehen, ist die Anthro-
pologie erforderlich und zweckdienlich, sondern sie ist auoh
ein mafsgebendes Hilfsmittel zu historischen Untersuchungen
geworden, ein Mittel zur Volkskunde, welches durch seine
Vollendung immer mehr für die Entwickelungsgeschichte der
Stammes- und Volkseigentümlichkeiten stets da eintreten
wird, wo der Mangel an geschriebenen Dokumenten und einr
sohlägigen Überlieferungen bitter beklagt wird. In diesem
Punkte liegt eben die Hauptaufgabe der yaterländischen
somatischen Anthropologie, welche nach dieser Bichtung hin
mit der archäologischen yaterländischen Ethnographie auf
derselben Stufe steht (cfr. J. Ranke, Der Mensch).
Die anthropologischen Untersuchungen im Interesse der
Volkskunde würden sich nun zuyörderst erstrecken auf die
Farbe der Haut , der Haare und der Augen , denn gerade
diese Ermittelungen sind für die Bestimmung und Feststellung
der Abstammung und Rassen Zugehörigkeit mafsgebend und
resultatyoU. Auf diesem Wege ist beispielsweise genau zu
ermitteln, wie yiel yoUkommen „blonde^' Volksangehörige als
echte Nachkommen der alten flachshaarigen Germanen unter
unserm deutschen Volke, speziell unter den Insassen
Thüringens, noch zu finden sind, und in welchem Verhältnis
die Anzahl der „Brünetten^' oder auch der „Mischtypen'' zu
ihnen steht. (Während die „Brünetten'' an der bräunlichen
Hautfarbe, den braunen bis schwarzen Haaren und dunkel-
Dh ToUBknode in das «ImtnaiifonelMiideD Vcreinui.
183
r'
rbigen Äagen erkennbar sind , so sind die „Uisohtypen"
ireder voUhomiuen „blond" noch volLkomniea ,, brünett".)
Unter Zuhilfenahme solcher Btatiutiaoher UDtersuohungen
über die Farbe der Haat, der Haare und der ä.ugen bei den
Schulkindern gelangt man zunäohsl für einen beBtimmten Ort,
im weiteren für eine bestimmte Gegend (Ereis, Reg.-Bezirk,
Provinz), sodann für ein ganzes Ländchen und sohliefsUah
für unser gesamtes deutEohea Vaterland zu der Erkenntnis,
inwieveit noch germanisches JBlut neben fremde n
Beimischungen TOrhanden ist. BekanntLich hat Professor
BudoK Tirohow in Berlin die Bearbeitung der duroh die
Lehrer auf Orund genauer Instruktionen erzielten iiohzablen
dieser Statistik durchgeführt. Man hat dadurch iu
Krfahrung gebracht, dafs in Deutschland der rein blonde
Typus in augeDfatliger Häufigkeit wabroehmbar ist. Zweck-
en tspreohende Vergleiche haben zu der Entdeckung geführt,
dafs diese Ergebnisse auf die älteste BesiedelungsgeBohiehte
naseres Vaterlandes und auf dea im 4., 5. und 6. Jahrhun-
dert stattgehabten Völkerwohnungs Wechsel ein üb er rasche odea
Licht werfen.
In gleicher Weiae kann bei jener Forschung auf die
Form der Haare, auf die verschi edenartige Dichtigkeit ihres
Bestandes, auf die feinen Unterschiede in Form und Pube
der Augen, in ihrer Stellung zu einander etc., auf die
NasenbilduDg und Oestchtsprofilierung, auf die Bildung der
Mundteile etc. Rücksicht genommen werden. Auch auf die
Bildang der Lippen (vortretend, voll, mäfaig voll, zart, ge-
schwungen n. s. w.), auf die Stellung der Zahnreihen in den
beiden Kiefere zu einander, auf die Bildung der Ohrmuschel,
Hände, Füfee, Nägel, elo. ist ein besonders forsohendes Augen-
merk eu richten. Endlich ist bei der Prüfung auf die Ab-
'«tammung eines Volkes auch die anthropologische Messung nm
[firper und an seinen Teilen erforderlich. Ranke will fol-
gende Ausdehnungen am Körper und an dessen Teilen ge-
messen wissen: gröfate Lange und Breite, Ohrhohe, Stirn-
breite, Gesicbtahöbe, Mittel gesiebt, Gesiohtsbceite, Distanz dar
■
I
134 ^'^ Volkskande in den altertumsforschenden Vereinen.
inneren und äoXseren Augenwinkel, Höhe, Länge und Breite
der N^ase, Mundlänge, Entfernung des Ohrloches yon der
Nasenwurzel und Horizonialumfang des Kopfes. Soweit der
Körper in Betracht kommt, soll durch das Mafs (stets in
Millimetern!) festgestellt werden: ganze Höhe, Höhe des 7
Halswirbels yom Boden , des Nabels vom Boden ; Höhe des
grofsen HoUhügels, der KniesoheibCy des äufseren Fuls-
knOchels (im Sitzen), des Scheitels über dem Sitz (Sitzhöhe !)•
Auch die Klafterweite, die Länge sowohl des ganzen Armes,
als auch des Oberarmes (Band der Schulterhöhe bis Ellen-
bogenhöcker) und Unterarmes (Ellenbogenhöcker bis Hand-
gelenk) ist zu bestimmen. Schulterbreite, Brustumfang, Länge
und Breite der Hand, Länge und Breite des Fufses, der
gröfste Umfang des Oberschenkels und der Wade fallen eben-
falls in dieses Gebiet der anthropologischen Mafsbestim-
mungen.
Auf diesem Felde würde sich die Anthropologie aber
auch beschäftigen müssen mit der Untersuchung über Her-
kunft und Stellung des Menschen in der Natur, mit seiner
Beziehung zu den nächstverwandten Tieren, sowie mit der
Frage, ob und welcher genetische Zusammenhang zwischen
Menschen und Affen besteht: also mit der Darwinschen
Frage in ihrer Anwendung auf Menschen und Affen. Dabei
spielt auch das Studium des Schädels (Kraniologie I) eine
grofse Rolle ; denn er ist Träger des Gehirns und der Sinnes-
organe, sowie des Kau- und Beifsapparates : er offenbart also
charakteristische Eigentümlichkeiten eineeT ganzen Yolks-
Stammes. Das Ziel der anthropologischen Forschungen be-
steht also in der Ermittelung der Bassenverschiedenheiten
und ist wohl hauptsächlich Sache des ärztlichen Fachmannes,
der dazu bei seinen Krankenbesuchen , bei Bekrutenaus-
hebungen etc. die beste Gelegenheit hat.
Die Aufgabe des Ethnographen ist nun eine andere, wie
bereits erwähnt. Er hat die mannigfaltigen natürlichen und
künstlichen Gesellschaftsformen, unter denen der Mensch
auftritt, zu schildern und die ihnen zu Grunde liegenden
Dh Tolksknnde io dan allartiimsfDrtCfaeodgn VeninaD. 18&I
foaaoheii zu prüt'eii; er inuf« auegehen von det Familie, am
~su den Begriffen des Volksetammes und Volkes sich, za er-
heben: er hat es mit dem eogen, „Volkatura" zu thnn. Uoter
„Volkstum" i»t aber nicht btufs an die Sprache als Träger
und Uafaetab der geistigen Kultur der Volker (linguie tische
Ethnographie!) zu denken, sondern m begreift das „Yolkg-
tümliobe" vorzugsweise in sich: Glauben, Sagen und Legenden,
Bräuche, Sitten und Oewohnheiten , Härchen , Lieder,
Schwanke, Uätsel und SprichwöiteT des Volkes. „Um zum
Ziele zu gelangen, nämlich das Volk zu erkunden, mufe das
Volkstümliche als Quelleumaterial dienen, and zvar unrer-
fälsoht. Sagen, Sitten, und Gebräuche müssen genau ao, wie
sie das Volk zum Besten giebt, niedergeeohrieben werden"
t(£ubn und Schwärt z. Norddeutsche Sagen etc. IB48 Vorrede).
B Betrachten wir die einzelneu Zweige des Volkstums ge-
f nsuer!
Unter „Volksglaube" ist det Glaube au verateheur
welcher neben dem von der Schule und Kirche in
fester Form in das Volk hineingetragenen christlichen Glau-
ben einhergeht und meistens eur besseren Unterscheidung
von diesem als „Aberglaube" beüeiehnet wird. Dieser Volks-
glaube lebt überall und kann wohl verfolgt, auch zeitweise
unterdrückt, nie aber „mit Stumpf und Stiel" vertilgt werden.
,,Mebr und mehr hat man erkaant, dafs wir in den aber*
gläubischen Vorstellungen unserer Bauern und Kleinstädter,
in den Gespenstern, die sich um gewisse Tage gruppieren,
in den Sprüchen , mit denen kluge Schäfer und Kräuler-
weiber aympathisohe Koren vollziehen, in einem Teile der
Kinderspiele mit ihren Keimen ein Stück alter Kullar und
Beligion vor uns haben, welches uns um so bedeutungsvoller
und wertvoller ist, als sich vou dieser Kultur und Religion
sonst nur geringe Beste erhalten haben. Mit anderen
Worten: der deutsche Aberglaube ist das nachgedun-
kelte Bild deutschen Heidentums. Und er ist ein zer-
I nssenes Bild , nur Material zur WiederherstelluDg einer
a
I
186 ^^ Volkskimde in den altertnmtfonchenden Vereinen.
oeuen WeltanBehaunog.'' (cfr. Biuch, Deutscher Yolkuglanbe^
1877, a 2.)
In dem. deatschen Volksglauben liegt nämlioh der Mytkot
tief begründet, und gerade der Yolksglaube mit seinen Mythen
und Legenden, Bräuchen und Märchen bewährt tieh als
das Feste und Beständige im Wechsel aller Zeiten: er war
Tor Jahrhunderten — ja Tor Jahrtausenden —
'ebenso wie heute. Trotz des ungestümen Eifers manches
früheren Predigers und ungeachtet vieler gegenwirkender Geeetse
hat er sich bis zur Stunde noch wach und thätig erhalten«
deshalb ist es nOtig, diesem bunten Aberglauben nachsugehen
und ihn zu sammeln als Baustein zur wissenschafüieh^i
Volkskunde; die altertumsforschenden Vereine müfsten sich
u. a. dazu berufen fühlen, die letzten Reste des Volksglaubens
^aufzuspüren und wissenschaftlich zu Terarbeiten.
Die Mythologie ist heute zu einer selbständigen
Wissenschaft herangewachsen, welche den Zweck hat, die
beschichte des menschlichen Glaubens in seinen Anfangen
und weiteren Ent Wickelungen darzulegen. Der Mjthus und
der Volksgeist^ dem er angehört, sind eine Art Doppelgänger,
bei denen die Kenntnis des einen die Wissenschaft des an-
deren nicht nur fördert, sondern sogar notwendig bedingt
Weil die Mythologie die „älteste Geschichte der Eeligion''
ist, „die Farbe, mit welcher ein Volk sein inneres und
Äufseres Leben selbst ausmalt", so sind eben die Naobklänge
der altgermanisohen Mythen so tief eingewurzelt in den
Herzen der germanischen Völker. Der deutsche Volksglaube
mit dem ihm innewohnenden Mythus läfst mithin berechtigte
Schlüsse und Folgerungen auf die Lebensanschauungen un-
serer Vorfahren, ebenso auch auf ihre ehemaligen Wohnsitze
und Wanderungen zu.
Jene Mythen aber, welche keine anderen Wurzeln als
•i^lauben und Wissen haben, die sich rückwärts schlagen bis
in die Tiefe des Altertums, wo der Mensch mit der ihn um-
gebenden Natur einheitlich zusammen lebte — finden sich
«ehr zahlreich auch m den mythischen „V o 1 k s s a g e n'' vor.
Dia Tolkskonde in dsii allarhuBiforBchandeD Veninan.
187
ideren unverfäUchte und auagiebige Sammlung und Atiabeu-
tuDg im latereese der wisBeuichaftiicheii YolkskuDde nötig
ist. „Da, wo der TtompeteDlon der Qeachiohte verklingt,
äästeit die Sage noch geheimniavoli, ued daher neigen su-
oäohflt sagenhafte Überlieferuagen einen Pfad durch die
-duukele ürgeBchiohte der Menschheit. Auch hat jedes Volk
und jeder Stamm seine charakterislisoheD Sagen, und wo der
Geograph nicht mehr imstande iat, wegen Vermischung der
tieneratioDen genau den Stamm vom Stamm eu aoheiden, da
vermag e» der Sageniammler", wie Raokwitz ganz richtig
auf 8. 1 «einer „Sagen und Uärcben aus dem Helmegau
-etc." bemerkt. Gerade die Sagen aind ea, welche uns von
dem Geiste und von der Gemütsart der Nation das am
treuestcn eprecbeade Abbild gewahren, denn, dem Volke eot-
wachsen, tragen sie auch den Charakter seiner Individualität
uod StammeaeigentüDiliohkeit in sich; „und eben dieselbe
Veraohiedenheit, welche, von der üranlage, von Klima, Boden-
besohaffenheit , bürgerlicher Verfassung, Religion, den bis-
lierigeD Schioksalen und sonstigen phfsisohen ond moralischen
Einflüssen bedingt, in der geistigen Befähigung und Rich-
tung, in der Biltliehen Bildung und Gemütsbeiohaäenheit der
Volksslämme obwaltet, findet sieb auch in der Sage wieder"
(ofr. Tettan und Temme, Volkasagen Oatpreufsens, Litthauena
etc. 1865, p, IV).
Wer die Sagen kennt, kennt auch das Volk, dem sie
«ngehöreu, deno sie geben von dessen innerem Leben Zeug-
nis und sind gleichsam ein Spiegel, in dem sein Denken und
Fühlen aus der „Kindheit Tagen" wiederstrahlt; darum gilt
für alle Volksforsoher und altertumsforeohenden Vereine die
«ttenge Mahnung : „Sammlet Voikssagen !" — denn „mit einem
hochbetagten Greis, mit einem alten Hütlerchen sinkt die Sage
^abin", wie Panzer (Beitrag zur deutschen Mythologie (1845),
I, S. IV) sehr richtig bekennt. Dabei ist noch ea bemerken,
dafs die Sagen nicht nur nach ihrer mythologischen Seite
hin gänslioh ausgeprefst und anf einseitige Bestandteile hin
geplündert werden sollen, sondern aucb die anthropo legis oben
I
188 ^'® Volkskande in den altertnmtfonchenden Vereinen.
etymolo^tchen 9 ethnologischen nnd prähistorischen Mo-
mente müssen in stete Erwägnng gezogen nnd dem grofsen
Werke der Yolksforsohung , der »»Yolkskande'S dienstbar ge-
macht werden. Diese beständige Anwendung der Ergebnisse
der Sagenforsohnngen auf den Yolkscharakter erzielt eben in
erster Linie mit die Kande eines ganzen Volkes. Dann wird
die Sage auch eine „Quelle der Oeachiohte^' abzugeben be-
rnfen sein.
Weniger allgemeine Schlüsse auf das religiöse Glau-
bens- und nationale Geistesleben längst dahin gegangener
Vorfahren läfst die gekünstelte Legende zu, da sie mehr
oder minder durch die religiösen Vorstellungen des Christen-
tums beeinflufst worden ist. An die Stelle göttlicher und
dämonischer Mächte des Heidentums traten Christus und
seine Apostel, die Heiligen, der Teufel und seine bösen
Engel. Der Legendeninhalt wurzelt eben nicht so tief, wie die
Sagenstoffe im Boden des mythologischen Heidentums. Wegen
ihrer TJnzuyerlässigkeit ist die yerschwenderische Legende
nur eine mittelbare Handhabe zur Volkskunde.
Wenn nun der Mythus, dessen Herkunft und Fundorte
bereits oben angedeutet wurden, eine Übertragung ins prak-
tische Leben erfährt, so gestaltet er sich zum Volks-
brauche, welcher dann das ganze Leben des Volkes von
der Geburt an bis zum Tode in Freud und Leid , in allen
Zeiten des Jahres und Lebens, bei Ackerbau und Viehzucht,
in Gewerbe und Hantierung, „zu Hause und auch auf
Reisen'' beherrscht. Mit Hilfe der aus den yolkstümlichen
Bräuchen gewonnenen Mythen, jener „heidnischen Überreste'%
welche weder Christentum noch Reformation zu dämpfen
vermochten, kann man ebenfalls Herkunft, ehemalige Wohn-
sitze, Religionsbeschaffenheit etc. ganzer Volksstämme er-
mitteln.
„Der Väter Glauben und was Geltung nach und nach
Fand bei der Mitwelt — kein Vernunftschlufs stürzt es um.
Was auch der Scharfsinn noch so fein ausklügeln mag.''
(Euripides.)
Dia Volkskande tu dio ■ItertamiforMlieiidHi Tsnlnsn.
I
Die Gebräuche sowohl aU anoh die Volkssitten, \relche
«ich TOD jenen insofern untersoheiden, als sie dem gesohtoht'
liehen Herkommen ihre ElutBtohuogTerdankeD, sind besonders
zu beobachten bei Volksfesten, Aufzügen, Spielen, in Volks-
gewohnheiten etc. Alle diese „Pulse des Volkslebens" sind
mehr oder minder Mittel der Erforsehnng des Volks-
tums ; denn die Art und Weise der Bethätigaog des
Volksgeistes bei den Volksfesten, soweit selbige auf die Na-
turfeste der Altvordern „gepfropft" sind, sowie die herkömm-
liche Nahrung, Eleidang und Wohnung des Volkes, die Qe-
bräuche und Meinungen bei dem Nahen dos Frühlings, bei
Feldbestellung, Saat, Erote, die Verteilung der Äcker, ge-
wohuheilsmäfsige Viehzucht, die charakteria tischen Eigen-
tUmliohkeiten beim Hausbau, die Rechtsalter tum er etc. geben
noch heute dem deutenden Forscher lehrreiche Fingerzeige
ZOT wissenschaftlichen Auskundschaftung des Volkes. Über-
all gilt hier das Diohterwort :
„Ein tiefer Sinn liegt in den alten Bräuchen,
Mau mnfa sie ehren" — und sammelD !
Auch das Volksmärchen gehört in dieses Gebiet.
Obgleich es sich dicht au die Volksaage anlehnt, so koUpft
es sich doch an keinen bestimmten Ort , wie jene , sondern
begnügt sich mit der unbesfimniteii Ortsangabe ; „Es war
einmal irgendwo etc." Andererseits nimmt das traute Mär-
chen doch auch seinen Stoff aus Volkssagen und schildert
sauberische Mächte: Zwerge oder Eieeeu, Kobolde oder
Nixen, welche entweder wohlwollend oder böswillig in die
Gesohioke der Menschen eingreifen. Indem die deutschen
Härchen meist Ausläufer alter Heldenlieder des deutschen
Volkes, sowie lückenhafte Überreste einer untergegangenen
religiösen Weltanschauung sind , so darf ihr Wert für die
deutsche Volkskunde nicht unterschätzt werden. „Gemein-
sam allen Märchen sind die Überreste eines in die älteste
Zeit hinaufreichenden Glaubens, der sich in bildlicher Auf-
fassung tib ersinn lieber Dinge ausspricht" (J. Grimm).
Nicht ZU Übersehen sind bei der Volketamsforschang dio
n
4
190 ^^ Volktkuide in den altertnmtforsehenden V«r«liMii.
y o IksBchautpi ele, Schwanke, Bätsel, Kinder-
reime, Kin derspi ele, Sprichwörter, Wits und
Scherzworte; Überhaupt alles, was sich im allseitigien
Verkehr der Sprache durch lebendigen, bildlichen Ansdraek
eine Person angeeignet hat, — das spielt für den AitertiHne*
forscher Ton Fach eine zu beachtende Bolle. Als Teiv
steioerte nnd teilweise auch verkümmerte Überbleibsel des
Witzes, der Ideen und Lebensanschanuogen einet YidJces
gleichen jene nationalen Äuljemngen der „breiteren Schichten'^
gewissermafsen den Wahrzeichen, an welchen man trotz
ihres oft mehrtausendjährigen Alters ein ganzes Volk, eine
bestimmte Gemarkung, ja sogar einzelne Ort hente noch ge-^
nau erkunden kann nach ehemaliger Zugehörigkeit, Götter-
Terehrung etc. Solche lautbaren Offenbarungen des wach er-
haltenen Volksgeistes nehmen Ton, Farbe, Ausdruck, Oleleh-
nis. Sang und Klang aus allen Gebieten und Verhältnissen
des Lebens heraus — : aus dem Heidentum, Judentum nnd
Ghristentuin, vom Altar, vom Markte, Tom eigenen Herde,.
aus Wasser, Erde, Feuer, Luft u. s. w. Da nun diese Ter-
stammelten Kundgebungen des Volksgeistes einen wichtigen
Bestandteil der Kultur und Litteratur ausmachen und da sie
zur Kennzeichnung und Erforschung eines ganzen Volkes
und ganzer Stämme yon hervorragendem Interesse und yon
hoher Bedeutung sind , so wird man auch die Litteratur«
und Kulturgeschichte als yolkerkundende Mittel ansehen müssen.
Jene yolksgeistigen Äufserungen werfen aber nicht
blofs auf den Charakter und auf das Naturell der ganzen
Nationen und ihrer Verzweigungen ein helles Streiflicht,
sondern sie gestatten zugleich, ebenso wie Glaube, Brauch,
Sitte, Sage etc. , einen tiefen Einblick in die Seele des ge-
samten Volkes, sowie in das Innerste und „Allerheiligste"
eines einzelnen Menschen. Diese Beobachtung und Kennt-
nis der seelischen Vorgänge ganzer Völkerstämme, das Wahr-
nehmen ihres Denkens, FUhlens und WoUens nennt man
aber Völkerpsychologie. Sie fällt bei der Volksfor-
schung ganz besonders mit ins (üewioht.
Dia TolkskBDda in dsn iJtgrtain(for*eb«Dden Vtrainan.
JadenfaLlB wird aber anter allen das Volkstu]
deuden Faktoren dos Oigan and der labegriff äei
1 begrün-
geiatigen
IiebenB eia es Volkes, die Spraohe, weaentlich am zähesten
vom Volke eelbst featgehalten , aud diese „VerkÖrperuDg des
GeisteB" legt selbst dann , weno alle anderen volkskundeför-
derndeu Elemeate verecb-wunden sind, vom Charakter eines
Volkes das wahrheitagetreneBte Zeugnis ab (Linguietieohe
Ethnographie.']. Jakob Grimms weiser Aussprach : „Unsere
Sprache ist unsere üeschiohtel" gilt für alle grofen Völker,
auch für alle einzelnen Volksstämme und ihre beibehaltene
Sprache; denn in beklagenswerter Ermangelung geaohiiebeoer
Überlieferungen kann Herkunft und Abstammung grofser
VölkerBtämme erst dadurch begründet werden, dfifs man letz-
tere in allgemeine RpiacbstämTee gliedert. So hat z. B. die
vergleichende Sprach wisseoBchaft bekanntlich za der £nt<
deckung geführt, dafs alle germanigohen Völker dem indo-
gerraaniHohen Sprachatamme angehören, nnd dafa ihre Reli-
gion , reap. ihr eingewurzelter „Volksglaube" Bestandteile
der indogermanischen Mythologie sind. Bei der Sprache
eines Volkes ist für den Forscher besonders auf die Mund-
sri, aaf den Dialekt, gebührend Rücksicht zu nehmen. „So
allgemein die Ansicht sein mag, dafs zum Gesamtbild einer
Landes- und Volkskunde Darstellung der Mundart, der
Sprachweise des Volkes oder Stammes, unerläfalich aei, eo
ist doch kaum die Frage aufgeworfen oder genügend beant-
wortet, warum eigentlich dieser scheinbar kleine Zug nicht
Termifst werden kann. Die Lehre von der Spraohe des
Menschen bildet ein Hauptkapitel der Disziplin, für die der
unbeatimmte Name Anthropologie üblich ist, der Wissen-
schaft Tom Menschen, soweit sie sich auf die erfahrungg-
mälsigen beobachtbaren Funktionen und Äufserungen aeines
Wesens bezieht, Die Sprachwissenschaft, im Gefolge davon
uxah die mundartliche Forsohung mufs sieh dieser Zusaromen-
gahörigkeit stets bewufst bleiben. Wie fast in allen Zweigen
Aotbropologie pbyaiache und psychische Kräfte zu-
4
192 ^^® Volkskande in den altertumsfonchenden Veraineii.
sammenwirken , beruht die Sprache auf einer unbewulateii
Wechselwirkung awiflohen der Vorstellungswelt und den
phyBiologischen Spraohwerkzeugen/' (F. Kauffmann, Dialekt-
forschung.)
Zum Zwecke der wissenBchaftlichen Volkskunde ist nun
das physiologische Element eben das mafsgebende, indem die
Yorstellungen des Individuums zugleich auch Produkte der
Gesellschaft sind und berechtigte Schlüsse von der lautlichen
JLufseruQg des redenden Einzelwesens auf das umfassende
Verkehrsmittel der ganzen Völkerfamilie zulassen. Eine nm«
fassende Dialektgrammatik eines Dorfes oder einer Stadt ge-
ntigt als Gentrum für den gesamten Umkreis der Sprachge-
nossenschaft, deren Abweichungen niemals prinzipieller Natur
sind und sich leicht unter bestimmte Rubriken bringen
lassen.
Da sich nun yorwiegend die Philologie und Psycho-
1 og i e mit dem tiefgehendsten Sprachstudium be^sen , so
müssen sich auch diese beiden wissenschaftlichen Schwestern
bei der yolkskundlichen Erforschung die Hand reichen.
Schliefslich sei noch jener stummen Zeugen und Kultur-
Überreste gedacht, die im Schofse der Erde beherbergt werden
oder auch vielfach unverstanden aus dem Boden hervorlugen;
der sogenannten Hünen- oder Heidengräber mit ihrem vor-
geschichlichen Inhalt und oft kunstvoll errichteten Stein-
dache. Aus diesen vorhistorischen Grüften ersteht für uns
jetzt , nach Jahrhunderten und Jahrtausenden , das immer
vollkommeoer werdende Verständnis für das ehemalige Leben
der darin begrabenen Urvettem. Dieser bunte Inhalt an
Urnen mit Aschenarten , Waffen , Werkzeugen, Götzen,
Münzen , Gerippen etc. giebt uns in ausgiebigster Weise
Mittel und Wege zum Studium des Volkslebens der längst
dahingegangenen Altvordern an die Hand. Man bezeichnet
diese Wissenschaft mit dem Ausdrucke Prähistorie (Vor-
geschichte, Urgeschichte).
Was nun die Stellungnahme der altertumsforschenden
Vereine zur Frage der Volkskunde anbetrifft, so sind ja in
Dlt Valkskuida io den »ltort>m«ranahandflii Voirinu.
JSS
P.AiibetTaolit des Uroataadea, dafs sich jene Väteiaigungen TOt-
' wiegend der heim&tlicheo GeachichUpflege hingeben, dieao
„eigenen Aagelegenheiteu'* mehr Sache der eioschlägigen
FachTBTeine. Beaondera iet hieibai an die aoma tisch -aathrop o-
logiacheii UeobachtUDgea zu denken, welche ;fweckt &ächte-
Teicher Anabeutung in umfangreiober, ajretematiachet und streng
wiaaenaohafllicher Weise Torgenommen werden mÜBaen, was
dann mehr Thätigkeit der anthropologisohen Vereine, statiati-
eohen Bareaua etc. iat. Anders dagegen rerbäU es sich mit
der sogenannten Volkakande im engeren Sinne, mit dem
Studium der üufseren und inneren Tolkszuatäade. Welch
lehrreichen Stoff bieten uns da nicht beispielsweiae die Be-
sonderheiten und Eigentümlichkeiten bei der Bereitung der
Volksnabrung, in der Tracht bei festlioben Ereigniaaen (Taufe,
Vermählung , Abeodmahlsfeier , Tod und Begräbnis, Kiroh-
weih etc.), in der Anlage and Bewohnung des Dorfes und
seiner älteren Häuser, in der Anordnung der WirtachaCtsge-
bäude, in der Art und Weise der Zerlegung und Verteilung
der Flur {Separation I) etc. Waa für lehrreiche Wahrnehmungen
maobt nicht der aufmerksame Beobachter des Volkes, wenn
er seinen Bliok „in Haua und Sippe" schweifen larst? Ge-
bart, Taufe mit Nameogebung, Pflege and Bewachung des
Säuglings, Kinderspiele, gesellschaftlich et Verkehr, Oastreaht,
Gastfreundschaft etc. sind ausgiebige Arbeitsfelder für alter-
tumsforsoheude Vereine, denn die altherkömmlichen Sitten,
-Gebräuche und Gewohnheiten, welche sich beim ungekünstelten
Volke in jenen Knotenpunkten und Stadien des Lebens so
deutlich hervorheben, stellen den treuen und aufmerksamen
Forscher gerade nicht immer einem besonderen Erfordernis
fachwiaBensahaftlicher Vorbildung gegenüber ; achou das ein-
fache Ansammeln and Zusammenstellen aolcher abstechenden
Änfaerungen und Bethäligungen des Volkegeiates ist ein
lobenswertes Verdienst. Die augenffUllgen überlieferten 0h-
liobkeiten im Jäger-, Fisoher-, Hirten-, Bauern- nnd Hand-
werk erleben bieten intereaaanteu Stoff zu Aufzeichnungen.
Die natörliohe Religion eines Volkes in Sagen, Uäroheo,
XVI. 13
4
4
194 ^^* Volkskunde in den alt«rtiinicfoneheBd«B Tarafaieii.
LegendeD, Aberglaubensüberresten etc., wonns tiA die widi»
iigsten Züge der Mythologie fchlurifolgeni lassen, Uetei eft
noch in Tentümmelter Oettalt einen wiehtig^ y,Beitnig sor
yergleiehenden Beligionswisiensohaft''. Ebenso wiehtig nnd
aber anch allerlei Abarten der Volkspoesie: Yolkdieder^
Yolksrätsely Yolksneekereien, Bpriobwörtliohe und TerMfimte
Redensarten, Sehimpf- und Seheltwörter, Zauberformeln, Dia-
lektproben eto., welche teils mehr, teils weniger ,,r^chlieh
und täglich'' aus dem Munde der „breiten Masse'' yemommen
werden können.
Zu den Mitgliedern eines altertumsforsohenden Yereins
gehören vorwiegend solohe Personen, weldhe rermdge ihrer
Stellung (als Staatsbeamte, Geistliche, Lehrer, Xsnfleute,.
Offtsiere etc.) meist unmittelbar mit den breiteren Yolks-
sehiohten in Berührung kommen. Bei solchen Oelegenheiten
benutie man die gegebenen Augenblicke, um das Leben,.
Treiben und Sprechen dieser weniger yon der glättenden und
beleckenden Kultur beeinfluTsten Leute au studieren, ohne
dafs es in auffälliger Weise geschieht. Schreiber dieses hat
sieh zwei unbeschriebene Quartbücher angelegt, um in selbige
alle AofPälligkeiten in der Sprache, Tracht, Thätigkeit ete.
des Volkes einzutragen. Vorläufig kann der gewonnene StofiT
bunt durcheinandergeworfen werden; zum Ordnen und Glie»
dem ist es ja später Zeit. Über Sagen, Sitten, Gebräuehe,
Aberglauben etc. kann man besonders bei hochbetagten Per-
sonen Auskunft erlangen, wobei aber zu beachten ist^ dafs
man mit der Thür nicht gleich zum Hause hineinfallen darf.
Erst auf Umwegen gelangt man „in den Besitz des Er-
wünschten", denn unsere Landlente sind sehr empfindlich
und meinen bei dergleichen Anskund schaftun gen, man wolle
sie foppen , hänseln oder äffen. Gllicklich ist dann der
Forscher zu nennen, der sich mittels des Dialektes an seine
Opfer „heranmachen" kann. Überhaupt wenn die Bauent
ihre eigene Sprache hören, so werden sie zutraulicher, um
so mehr, wenn sie fühlen, dafs man auf dem Gebiete der
Sagen, Sitten und Gebräuche ihrer Heimat schon einiger-
Die Volkskunde in den altertunsfonehenden Verdnen. X96
maffen Beteheid weifs. Immer und immer lasse man as
Begel sein, alle Wahrnehmungen aus „firisoher Quelle'' zu
schöpfen und ohne YerktLnstelnng und Verdrehung aufsu-
aeiohnen, wenn auch die Ausdruoksweise oft unsohön und
unästhetisch ist; in der Wissenschaft wiegt ein Wort so
schwer wie das andere.
Die gesammelten Sachen könnten dann schliefslioh dem
YereinsYorsitzenden oder dem Redakteur der Yereinsaeitschrift
augestellt werden, damit sie in der Zeitschrift Aufnahme
finden, um bereits bestehende Sammlungen su ergänzen, den
Trieb zu weiterer Thätigkeit hier und da anzuregen etc.
Über unklare Punkte oder auch über die herkömmliche Be-
deutung mancher yolksgeistigen ÄuTserungen würde auf er^
folgte Anfrage in der Zeitschrift des Vereins nach Kräften
Belehrung erteilt werden, wozu sich Schreiber dieses mit
der Hoffnung bereit erklärt, dafs er baldigst in Anspruch ge-
nommen werden wird. Mögen yorstehende Zeilen ihren
Zweck, unsem Blick auch auf die Volkskunde zu werfen,
nicht Terfehlen. Erst muTs der Anfang Torhanden sein, dann
wird auch ein gesegneter Fortgang nicht ausbleiben und
nachstehendes Klagelied unseres bewährten Altmeisters Simrock
hinfällig werden:
i,In Born, Athen und bei den Lappen
Da späh'n wir jeden Winkel aus,
Dieweil wir wie die Blinden tappen
Umher im eignen Vaterhaus.
Ist es nicht eine Schmach und Schande
Dem ganzen deutschen Vaterlande!''
13
MisBellen.
TnstaehnlEI ^) m des chrigr^iAf chiiifiiBlwi xn
landt^nJEleii n H<
der religiiMi
MDXLYL
Effonde iiam taam in geiites, qoae te nmi noenemnl; et in
reguB, qoae noman tnom non inroesmnt.
Dem dorchleachtigsten hocfa^ebomen fnnten and liorran,
herm Johanns Friedrichen, herzogen xn Seehasen, des heUigen
römiehen reichs ertzmarschalln und chnrfönten ee. laadgnifen
inn Thuring, marggrafen za Majssen and bnzggralen za
Ifagdeborg, meinem gnedigsten herren.
Dnrohleaehtigster hoobgebomer charfäist E. C. 0. seindt
mein unterthenigste annd gantz gehorsamen dienste mit
allem yleis znyor, gnedigster charfürst und herre. Wiewol
ich gar kein zweiffei trage, E. C. G. als ein chriBtlichen
fürsten, welche im eyangelio nnnd wort Oottes die helffte
ihrer jhar wol aoffgezogen und zubracht, wissen mehr trosts
aus göttlicher schrifft, auch aus gutem rath, jha aas klarem
bericht der selben austeiler götlichs worts, denn ich in allem
1) s. oben 8. 66.
200 MiszelleD.
meinem yermügen und allem meinenn geringen studieren er-
finden möoht, 80 ist mir doch, wie dem kleinsten geliedle
am leib, welchs ja (ob wol schwechlioh) gerne dem haupt
oder andern sterckern geliedern halffen wolt, zu muthe, be-
denkende das dennoch mit dem kleinen fingerlein etliche mal
den starcken geliedern auch geholfi^en werden kan, wie auch
Esopus fabuliert, das etwan ein kleins meuselein dem ster-
kosten leben geholfi^en. Solchem nach hab ich nicht unter-
lassen können, £. C. G. und meinem O. fürsten und herren
dem landtgraffen, auch andern der religions yerwandten
stenden ein trostsprüchlein aus göttlicher schrifft zusamen zu
tragen und iumemlich £. C. G. zuzuschreiben ; denn dieselb
und hochgedachter landtgraff des lieben worts Gottes halben
inn die fünfP und zwentzig jhare nicht inn geringster fahr
gestanden. Bitt unterthenigkliohst , E. C. G. wollen solche
geringe arbeit, als yon derselben alten dienern und schössem
zu Jhena, gnediglichst yermercken und aufiPnehmen, mich auch
derselben befohlen sein lassen mit gewisser achtung, das ich
derselben unyergessen gethaner dienspflicht mit darstreckung
(inn dieser sachen) meins leibs und lebens, auch mit fieissigem
gebete umb glück und sieg zu dienen allezeit unyerdrossen
und auffs willigste. Datum Arnstadt, dienstags nach Hulderici
des sechsten tags Julii Anno MDXLYI. E. G. G.
unterthenigster
und gantz williger
Peter Watzdorff zu
Arnstad bürger.
Trostsprüche allen christlichen fürsten wider die neyen
türoken und feinde des worts Christi.
Fromen fürsten habt achtung draufi*,
Wie frewet sich der gottlos haufi*,
Hofi'end ihr solt übel stehen,
Eyr macht (mit Gotts wort) yorgehen.
Hierzu beredn sie den keyser frumm,
Das er frembds yolcks ein grosse summ
Miszellen. 20t
Zusam zu lessn fiirhabens ist;
Bedenokt nicht was Jhesu Christ
Durch sein wort wirckt und schaffn thnt
Gar bald er nehmen kan ihren rnnth.
Denn ihm nicht viel daran gelegen
An starcken rossen, mann und wfigen,
Sondern sein lust ist fm und spat
Zu den, dem mit furcht für angen hat.
Dennoch aber zu allem ziel
Er mittel hierzu gebrauchen will;
Wie uns die schri£Pt solohs klar bezeugt.
Die uns inn warheit gantz nicht leugt
Seht zu, was hat Gott gethan.
Wie ertrencket er so manchen man
In Wasserflut und dem schilffmehr.
Die Widder sein yolk tobeten sehr.
Die von Mydian und Ameleckiten
Wurden auch gar tapffer bestritten
Durch Gottes knecht den Gjdiou.
Da musten sie ganz untergohn,
Das sie sich selbst würgen theten
Yon blossem schall der trometen,
Begnm Wie David für Saul erhalten;
Desgleichn Absolon beschreibn die alten.
Para.l9. Abias hat auch müssen lejden not
Yon 185 000 mann; halff im doch Gott
Para.l5. Was Asa dem konig frum
Layds begegent mit grosser summ,
Da tausentmal tausent mohren
G erbaten waren zu thoren;
Das sie inn ihrem sinn beschlossen,
Zu tilgen Gotts volck unverdrossen;
Hat sie Gott gantz zu boden gestürtzt.
Fürwahr sein arm noch nicht gekürtzt
Ist. Last euch darumb nicht schrecken I
Der Gott lebt noch, wird sich lan wecken
;20g Hissell«n.
Durch anruffen und fleissigs beten.
Last uns eylend zusamen treten!
Er hats yerheissen und leugnet nicht,
Sein zusag au geben treuget nicht.
Lädst evre prediger fleissig anhalten,
So wird gewifs Gott unser walten.
Doch verachtet auch das mittel nicht
Mit Yolck, so viel müglich euch rieht,
Büchsen und andere munition
Lasset auch bey euch einher gon.
Scheucht auch für niemand und thut recht;
Haltet auch inn zucht ewr knecht.
Das sie zu rauben nicht geschwindt,
Sondern ihres solds begnügigk sindt
Fein züchtig erbar und sitsam,
, So wird ihn warlich Gott nicht gram;
Denn fluchen, schweren wenig ausiicht.
Warlich sauffen thuts auch nicht.
Sondern mit forcht und gutem gewissen;
Darauf^ seid herzlich geflissen.
Und ihr fromen landsknecht guth,
Axkch andre krieger, habt guten muth!
Terwar- Denckt nicht allein der kayer sey's heubt;
dieKrie- Denn weil er Gotts werten nicht gleubt,
ger. Gebührt, im nicht mehr gehorsam zu sein.
Solchs thut mercken und halt euch fein!
Bitterlich wehrt euch zu allen Zeiten;
Gott lehrt evre hende streiten.
Nicht last euch schmeichwort eingohn,
Wie key&er, nicht die religion
Zu widderfechten wehr geflissen;
Gleubt ihr fürwar, ihr werd beschissen.
Haltet nur trewn mut und glauben gantz,
Gebt gute acht auff ewre schantz !
Ob denn die weit gleich vol teufel wehr,
Wölln wir dennoch nichts fürchten mehr,
Erhaltung Gottes hoffe d fru aad spat.
Solchs wÜDScht Peter Watzdorff zu Arnetad,
Disaipa gentes quae bella volunt.
Ein Studentanauftuhr In Jena im Jahre 1660.
Kkoh dani Brisfa eioea Teilnehmers und AugenzeugCD milsaMIlt ran
Lio, Dr. Bnohirald in Lsipzig.
Unter den in bedeuteDd«m. umfange hinterlaBsenen
Handschriften dee KektoreM. Christian Daum (gest. 16B7),
■die die Zwickaner Ratssohulbibliothek aufbewahrt, befindet
*ioh das im folgenden zum Abdruck gelangende Schreiben
(in Daums Abschrift) eines Jenenaer Studenten, io welchem
Ton einem im August 1660 tobenden Aufruhr an der Univer-
sität Jena berichtet wird*). Eines Kommentars bedarf dae-
eelbe nicht. Übrigens findet sich in Daumg Briefen noch
mancherlei auf Thüringen Bezügliches, dem vielleicht spKter
Raum in dieser Zeitschrift gegönnt werden dürfte.
SesohreibuDg des zu Jena ao. 1660 den 4. Aug. entstandenen
au&uhra, von tag zu tag continuiret bifa auf den 16. ejusd. *).
ZuTor aber ist zu wissen , daa etliche woohen vorher
2 Btudiosi ^) von D. Schröters tisch retegitt worden, weiohe
1) Vargl, Karl
bey der Univei
rsilHl
edoch «ahrer un
Jebni. im Augui
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dUcber Be
iricht, de;
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9 i660st8i
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rötlichen guädiffi
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D, und b
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4. wie auch 6. ÄQgus
la, gedrucltl bey Jnhiuii
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nd Rob.
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, Oeaehicble di
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1 als eben 8tudente
nleben.
B. Leipzig
1858, a.
Bern. d.
IIB ff.
Red.
l
a) am K»nde:
Dif^
ist iu adem Baschtiebe
u. Ä ni
lUins ilai
>3 parte.
1
8) Uli B>pda:
ar»(a und Holdonit.
I
I
I
wieder in die Statt kohmen, lieh raseni] voll auf der ]
EOffen , worzu ein 40 oder mehr PeDDäle runde machtea,
welche nachdem aach etlioh relegirt, uoter welchen wahr
FranckCjgn. ')> ^^7 lichten mittag etliche fenater hinein hieben,
mit blosen degeu in profersoren häuser liefen und auf sie
und viel Studiosoe hunz und dergleiohen aufsBtreueten.
Nachdem sie aber endlich in Profefaor Zeisolds häufe kommen,
etehen Treoheel Varisc. ^) und Zapf, D. Zapfens von Weinmar
Sohn, auf welche sie einen alten haf^, greifen sie an, werden
auch einer mit einem gefährlichen Beinetich, der andere mit
eioem Hieb iiber äae ganze gesiebt uod fäueten und üifa-
Btofsen abgewiesen. Die beechädigten , weil sie zuvor bei
D, Schrötern, damals Magnif. Beet, gewöhnet, kommen da
wieder her und weil er ihnen eehr favorisirht, auch einen
Prorektoren eich in ihren bändeln setzen lafeeD, hat
e> sie aufnehmen und wegschaffen iafsen, woher er
darnach einen grosen verweifa bekommen haben boI. Nach
diesem schickte der Fürst etliche Legaten herbey, denen pro-
fefboren andere anstalt in dergleichen Sachen zu machen,
worbey denn von etlichen für rathsam erkannt worden, eine
£ürgerwache tag und nacht in thoreu und marckt aufzufiihrea
und also die tbumierenden Studiosos zu zwingen. Und difs
der Uhrsprung.
Nachdem die wache aufgeführt'), Heeen sich etliche ver-
lauten, nun wolten sie die Studenten putzen. Ja ins gesteht
üegel und greuliche Schimffworte den vornehmsten Burschen
geworfen, worauf die Burschen fleisig dahin bemühet waren,
solchen zwang ohne einige ursaeh nicht einfuhren zu. lassen.
Beklagten sich bey dem Äoademioo Senatui, erlangten wenig,
weil sie sich entschuldigten, es wehre Ihrer Burohl. wüle.
1) CygnBUä
S) am Band«
«lliche luftig, gehen naCä,
in das Ralbbsurg, schänden i
sagleo die BUrger, ob betten
aus Zwickau.
Voigt! an der.
Jlerbef ist dieiea nocb. Auf einen schmiuTs wabT«4.(
mCä, werden von der irache angerufen, tre
lod wie sie darnacb augelitagt warden
den fUrsten BelbaleQ geschmMbet.
K^JTachdem aber die Fenaäte die Bürgerwache auch mit etwas
schimpflichen Worten angegriffen, wuchs die Verbitterung f
grors, dafs täglich 100 bife 200 UuTsquetirei aufgefiihret
worden und vom Hath Pulver und Bley bekahmen. Etliche,
doch wenig ehrliche gemüther wolteo nicht gerne drau, daher
auch die zwen Leuteoant mit einander epieleten, welcher die
wache auf dem Marekt haben Bolte. Und dieaes traf eben
den, welcher zuvor deneo Studenten allen dampf aagethan.
Sie hatteo aber zweierlei ordre, erstlich das sie das geringste
keinen burechcn nicht solteu zu leide thun, vors andere,
wann sie gewalt thun weiten, so selten ete dieselbe mit ge-
wEtlt abtreiben. Eben zuvor genandten 6. Äug. kommen nach
gebrauch die Burschen und Pennale zusammen (da den 5.
zuvor von D, Chemnizio Super, und pastore primario eine
treffliche gewisEeuhafte Predigt gethau wurde, in welcher
doch mehr den Burschen als bürgern das gesee gelesen),
conferiren eines oder das andere. Unter defeen körnt der
leutenant unter die Bursch, saget, man möcht sie passiren
lafeea, dergleichen solte von ihnen auoh geschehen, worauf
Bex dem Leutenant im uamen der Burachea die Hand gab.
Gieng unter die Pennale, sagte, das ein jeder heut auf seine
Stube gehen möchte; wie denn auoh von den meisten ge-
schehen , weil über 20 Pennale und etliche Bursehen nicht
auf den marekt blieben'). Die übrigen Penaäle mögen den
Bürgern zu nahe ins Gewehr kommen, meinen daher, als
wäre ihnen ein blindes abweisen gemachet worden, befahren sich
eines Einfalls ins gewehr, wie sich auch beym ende eatschui-
digcn wollen. Greifen auf geheifs ihrer Officirer alle an und
geben eine ealva , von welcher zwey alfsbald todt blieben,
der dritte in 2 Stunden, der vierde den andern mittag ge-
storben *), Da dieses schiesen von mSnniglichen gehöret
^Tord«n und ein auflauf geschehen , besetzen die bärger alle
, wann sie einen Sludiosum 100 und mehr sohritt weit
1) am Band«: welches war gegen 6 tJbr ftbends.
S) um Baude: Ein Pennal HUfs Holstein, der andere von Kable u
a Beriog von Aldenburg, der drilte .... (Unvollendet!)
206 Miszelleo.
kommen sahen, sehrieen sie an zu weichen oder über dei^
hänfen za tt^hiesen, daher yiel in firembden hänsem aof der
banek bleiben müTieien. Unter diesen wird ein Priester , M.
Lippach, gerufen, den einen Burschen, Schäfern nomine, des
Bentmeisters yon Weinmar Sohn zu beschicken, knnte aber
Niemand über die galse bringen, weil kein mensch aufter die
Bürger ohne lebensgefahr gehen kunte, wefswegen er die
Bürger angesprochen, sie möchten doch einen nach dem
Kirchner schicken, umb eine hostie zu holen, yermocht aber
niemand ; darauf sagt er, er were ja ihr Seelensorger, sie selten
dieses than oder selten es am jüngsten gericht yerantwortten.
Darauf sie antwortten , das weiten sie than , sein blut seit
über sie und ihre Kinder kommen. Endlich aber bekahm er
eine. In gleichen begegnete dem Superintendenten, weleher
auch frieden mitnehmen weite, welcher yon yielen Bürgems
angeschrieen wurde, er solle yon sie bleiben oder eine Kugel
auf den wanst bekommen. Der andere Kerl, welcher ein
Holsteiner wurde yon einem Bürger^} aufs dem Hause ^
geschofsen, das er yor der thür liegen blieben, bej etlichen
stunden noch gelebet, bald den Kopff, bald die Hände auf-
gerecket, endlich aber, weil ihm keine hülffe geschehen, yer-
derben müfsen. Die beschädigten sind yor schmerzen und
anderer angst in winckel gekrochen , bald da, bald dorthin
gelaufen, bifs sie endlich zu sich kommen und hülfe bey
Barbierern gesuchet. Unter diesen war ein Märcker Samuel
Christiani, welchen der lincke kinbacke mit steinen entzwej
geschofsen war, gieng an unsern tisch, weil in derselben
nacht 4 eilende post nach Weinmar gesendet worden. Dar-
auf lest der Fürst zum wenigsten 1500 man aufbieten zu
Kofs und Fufs, schicket diese nach Jena nebenst seinen
Käthen, welche den 8. erstlich ankahmen. Den 7. aber
wurden alle Bursche auf dem Gollegien Kirchhof conyociret,
and was dieses Mordes wegen man thun möchte, deliberiret,
1) am Bande : Bock nomine , wurde eingesogen und über ihn ge-
zenget, macht aber 3000 Thaler Caution und kahm lofse. Gieng 2 Tage-
darnach durch.
Httz*neD. 20T I
)n keinen Burschen kein Degen geblöeet, viel weniger
1 Bürger beschädiget worden. Worauf geschlofeen wurde alle
samt wegEHEieheo und also die Bürger uDd die tntereeBenten
genugsam mi strafl'en. Worzu zwey büeher gemaobt, eines
vor die Bursob, daa andere tot die Pennale, die Namen ein-
zuBchreiben , welche wegEiehen wollen. Wurde auch ein«
itnnden aelbiges tegee angeeetzet, alle PennSle zu ereoheinen,
da eie dann absolviret werden solten. Weil aber nach
reiferer Bewegung dieselbe stunde keiner proponieren weite,
damit er nicht vor den anfänger geholten werden möchte,.
wurden sie an tischen und in häusern häufig absoiviit. Den
8. wurden wir früh umb 6 Uhr ins Collegium gefordert,
welcher aufeen bleiben würde, eolte mit muTsquetirern ge-
hoUet werden. Als wir von fünfen bifs Neun uhr als leib-
eigene gewartet, wurde uns durch die Räthe im namen des
fSrBten angemeldet, dem Magnifico die Hand zu geben
und anzugeloben, das man ihm, wie zuvor, allen gehorsam er<
weisen wolte. Wurde aber nicht das geringste gesagt, das
weil die Kerl ohne einzige Ursach umb ihr leben kommen,
das sie solten gerochen werden, Alfs aber dos Handgeben
angehen solte , wichen sie alle zurück. Endlich aber gaben
sie theiU, theils verschliohen sich in die auditoria. Bie die
bände geben hatten, sagten, sie betten es mit der hand zu-
gesagt, nicht hier zu bleiben, sondern wegzuziehen, welches
die Räthe als Legaten erfahren, imgleicben such vom ahsol-
viren. Nach diesem werden etliche vornehme Bursche tot
das Conaistorium gefordert, welche sich beschweren, das sie
Bo gezwungen werden selten , und wurde noch nicht einmal
gesagt, das die unschuldig ermordeten solten gerächet werden.
Fernere conspiration zu Terhüten werden etliche ins Schlofs
gefordert und in arrest behalten. Den 9. darauf wurden wir
wieder in das Collegium gefordert, nochmals ohoedientiam zu
praestiren, dem gestrigen propoeito zu renunoiren, und allen
min der aniversitüt bey Vermeidung aller fürstlichen ungnade
zu hintertreiben. Unter wehrender proposition wurden mehr
denn 200 mufsquetirer vor das Collegium geleget und da wir
I
I
^Qg Missellen.
die band nicht gaben und zu ihrem willen ja gesagt, waren
20 dahin, 20 dorthin von muCsquetirern geführt worden, wie
die Anstaut schon gemacht. Unterdefsen werden diese hinden
aufs dem schlofs nach Weinmar in grosem Comitat mufs-
quetirer geföhret, da sie denn umb einen wagen in solcher
hize gebeten, sie wolten ihn bezahlen, aber nichts erlanget.
TJnterwegens bey einem von Adel Spiznase aber ein tmnck hier
begehret, welcher es auch gern hergeben wollen, aber aus unge-
stüm der mufsquetirer nicht triucken dürffen, weil sie noch nicht
weit marohiret. Endlich nach 12 nachts dahin kommen und
noch verhöret worden. Eben den 9. wurden andere hier in
das Schlofs geführet zu gehorsamen, wurden denn 13 auch
■nach Weinmar, wie die vorigen geführet, allwo sie auch
noch Theils sagen , als selten etliche nach Wartenberg ^),
eine Vestung in Thüringen geführet werden. Es wurde in
diesem tumult ein pennal beschuldiget, als hette er mit Feuer
gedrohet, aber nichts beweifslichs. Darauf sich die bürger
verlauten lafsen, wenn geringste feuersbrunst entstehen würde,
wolten sie nicht allein erstlich auf alle Studentenstuben fallen,
alles wegnehmen, sondern auch keinen mit dem leben dar-
von kommen lasen. Daher hierauf grofse furcht unter uns,
möchte wol ein leichtfertiger bürger selber zu einem schaden
ursach geben, umb uns in gröfser Unglück zu stürzen. Die
Thore sind bifs heute den 16. noch starck besezet, lasen keinen
Bursch oder Pennal an das Thor, weniger aulser dasselbe.
€onclusum de abitu, si non omnium, tarnen maximae partis,
firmissime stat tale. Wir warten auf öfnung der Thore und
Wiedereinbringung der Bursch von Weinmar, und umb auf-
hebung der befehlich habenden auf dem lande, die sonsten
alle StudioBOS angehalten, die nicht mit einem Pafs von Magnif.
Eect. versehen, welcher schwer zu erheben.
Da aber die Fursch mit solchem Pracht und Ehren
wieder eingebracht wurden, als mit welchem schimpf sie
weggeführet, möchten sich noch etliche gemüther ändern,
1) Wartburg.
Miwellen. 209
-welcher doch venig Beyn werden, als londakinder die twey-
mal drine Torgeweaen. Wir sind bite anbero niobt
alfB*) Bondero alte*) traotiret worden.
Uan gibt vor daB der ganze ProoefB boU gedmokt
werden. Wir zweifeln aber eehr an den beeten umbständeD,
welche der sb geiehen und gehöret hat, wird darbey zu
zeichnen wisBcn. Ich habe TCrmeint aulsf&hrlioh zu Bohreiben,
befinde aber in wiederleeung dieeea, dae man es einen extiKot
auls einem zuvor BChon Bummirten nennen mochte.
NB. Der Füret hat die entleibten, durchaus nicht wollen
bis nach autstrag der sach begraben laTsen. Sind endlich
durch grose bitt ohne geeang and klang eingeBcharret
worden, da doch geld genug da gewesen. Die weggeführtea
Bureoh, bo viel mir bekand, eind Rex, Beller, Trechsel,
Herberger, Schade, Leinweber, ffendland. Die andern fallen
mir itto nicht ein. Unter denen anfänglich aTrestirtea
war Leporinus, M. Schmidel, Straufs etc., die doch bald lofa
gegeben worden.
I
TwieloluÜB der auf Sohlofs QrlmmeiiBtelii bei setner
Übergabe am 18. April 1667 Torbandeoen Torräte.
Uitgcleilt TOD E. T. Heyer in Steltin.
In einem Buche meiner Bammlang, einem Exemplar dei
„Chronioon CarioniB" von Ph. Melanohlhon (Wittenberg 1673
bei Joh. Lafft) befindet eich auf iwei leer gebliebenea Seiten
zwischen dem 1. und li. Teil nachfolgende Notiz von alter
Hand, welche für den Terein für thUr. Gesohiohte vielleicht
I&tereBee bat:
*) Lttditii im UftDukTipt.
210 MiBseUeiK
^Yerzeiohnira, was aoff dem Schlolb Orimmeustein 8[1]8 Yorrahi
Torhanden gewesen, als die Yestung den 13. Aprilis anno 1567
auffgeben.
48 000 Mt. Haffer,
16 000 Malter Korn,
12 000 Mt. Weitz,
28 000 Mt. Mehl,
1000 Mt. Gerste,
1 500 Thonnen Fleisch,
8 000 Thonnen Fisch,
8 000 Fafs Bier,
1 000 Fafs Wein.
Viel grofse Stück, die auf dem Wahl gestand,
800 Stück noch im Zeughaus, ohne die kleine geschüts;
40 000 Thonnen Fulffer, auf dem Wahl gestand, :
72 Thonnen goldts kost das Sohlofs zu bauen,
55 596 B. kost es wied umzureifs ^).
Die Brunnen Ketten hat 14 Gentner gewogen.*'
Das Buch ist auch insofern yon Interesse, als es
wahrscheinlich das Exemplar sein dürfte, welches Melan-
chthon an Sigismund sandte, denn es ist laut der epistola
dedicatoris gewidmet pp. Sigismundo, archiep. Meideburg.,
primati Germaniae, administr. Halberstad. , March. Brandeb.
etc. etc., ist in reich geprefstem Leder gebunden, trägt
Yorna die Jahreszahl 1577 eingeprefst und hinten unter
dem entsprechenden Wappen die Titel und Namen : „Sigis-
mundus, Archiep. Magdeburg., Administ. Halbers., Marchio
Brande.", stammt also aus dessen Bücherei.
1) Nach L. Peekenstein , Wittikindeae familiae illoBt. Sax. prosapia
Bl. 24 soll die Belagerung „so etwas über ein viertel Ihar gewehret",
9 Tonnen Goldes 630 fl. und die Schleifung der Veste 85 549 fl. ge-
kostet haben. Herr Lic Dr. Buchwald in Leipzig teilt mit, dafs in einenn
in der Zwickaner Ratsbibliothek aufbewahrten, reich mit handschriftlichen
Bemerkungen versehenen Eberschen Kalendarium von 1580 sich ein gleiches,
aber ausführlicheres Verzeichnis denselben Vorrat betr. befindet
Bem. der Red.
LitteraUr.
14
Ban- und Eunstdeukiofiler Thürlngena, Im Anfinge
doi RegieruDKen yon Saohaea- Weimar- BiBenu>h, SaohBen-
MeiningeD'HildbuTghaaflen , Sachse a-Koburg-Gotha , Sohwun-
buTg-KudoUtadt, Beufe ältere Linie und Beub jüngere Linie
bearbeitet von Prof. Dr. F. Lehfeldt Jena, Verlag tob
Gustav Fiaoher, 1891.
Heft LS. Füratentum Beufe ältere Linie, Amtagerichta-
bezirke Greiz, Burgk und Zeulenroda.
Heft X, Heizogtum Sachsen- Koburg-Ootba^ Amtageriehta-
bezirk Tonna.
Heft XI. Herzogtum Saohsen-Eo bürg- Gotha, Landratsamt
Walterehausen , Amtageriobtabezirke Tenneberg , Thal
Heft XII. Füretentum Beufs jüngere Linie, Amtsgerichta-
bezirke Scbleiz, Lobenstein und Hirsohberg.
Heft Xin. GrolshetBogtum Saobaen- Weimar-Eieenach,
AmtsgerichtsbeEiik Allstedt.
Die im. Laufe des Jabrea 1891 weiter ersobieneneu ä Hefte
der Bau- und KuDstdankmäler Thüringens haben dos Cntei-
nehmeu erheblioh gefördert, ao dafs aus den 69 Amtege-
riohtsbezirken der thuringi sehen Staaten aunmehr 31 zur Be-
aohreibung und Doratellung gelangt sind. Nimmt man den
gleichen Fortgang tUi den noch zu erledigenden Teil des
Werkea an, so wird das Ganze etwa im Jahre 1B98 abge-
lohloBsen vorliegen, können. Der GesamtpraiB des Werkw
^ird sich dann etwa auf 160 Mark stellen.
«
214 Litteratnr.
Heft IX führt zum ersten Mal Bau- und Kunstdenk-
mäler des Fürstentums Beufs ä. L. vor und beschreibt unter
Beigabe von 3 Übersichtskarten, 3 Lichtdruckbildem und 1&
sonstigen Abbildungen 34 in den 3 Amtsgerichtsbezirken
Greiz, Burgk und Zeulenroda yerteilt liegende Ortschaften»
unter denen Greiz und Burgk nach der Bedeutung ihrer
Denkmäler die Hauptstellen einnehmen«
Im besonderen sei erwähnt:
S. 11. Greiz. Oberschlofs. Bei dem Lageplan fehlt der
Mafsstab.
S. 16. Hermaonsgrün* Kirch«. Statt Backstein und
Brandstein soll wohl gelesen werden: Backstein und Sandstein.
S. 35, 36. Burgk. Hauptschlob. Die Abbildungen er-
«oheinen zu gleichartig.
8. 64. Bemptendorf. Kirche.. Die Zusammenstellang
der Gedenktafel in der gegebenen Form befriedigt so wesig,
dafs ansunehmen ist, die ursprüngliche Anordnung sei eine
andere gewesen.
Heft X giebt die Fortsetzung der in Heft YIII be-
gonnenen Beschreibung der Denkmäler des Herzogtums Sachsen-
Koburg-Gotha. Das 74 Seiten zählende Heft; fuhrt in 3
LichtdruckbilderD, 1 Heliogravüre und 13 Abbildungen die
Denkmäler aus 26 Ortschaften auf. Die beigegebene Übersichts-
karte ist wegen der Einstückungen nicht recht yerständlich.
Die Heliogravüre bei S. 27 (217), darstellend das Altar-
werk in Gräfentonna, befriedigt wenig, wenn die gegen den
einfachen Lichtdruck gesteigerten Herstellungskosten in Be-
tracht gezogen werden.
S. 59 (249). Obermehler. Kirche. Die Beschreibung
des romanischen Taufsteins würde durch eine Abbildung
wesentlich unterstützt werden.
S. 65 (255). Volkenrode. Kirche. Die Zeichnung hat
hinsichtlich des Choranschlusses einige perspektivische Mängel.
Heft XI stellt sich als weitere Fortsetzung in der Be-
schreibung der Bau- und Kunstdenkmäler des Herzog-
Lilt«n[iir.
führt unter Ein- ^^M
19 BOOBtigen Ab- ^^B
I
\
•tams Sachsen - Koburg - Gotha t
fügimg von 6 Lichtdruck bilde;
bildungen nebst 3 Übersichtskarteii die Denkmäler aus
Oitechaften und Städten auf, die zu den Amtagsrichtsbezirken
Tenneberg, Thal und Wangenheim gehören. Nach den neu be-
ginnenden Hauptzahlen der Seiten zu achliefsen, wirä Heft XI
den Anfang des II. Bandee der Kunst- und Baudenkmäler
des Herzogtume Sacbeen-Kobui^- Gotha bilden sollen.
S. 18. BeinhardtabrauD. Der MafeBtab des Lageplans
irt nicht angegeben.
S. 49. Waltershausen. Eemnate. Die Übersetzung Ton
Camiuata mit „Steinbau" erscheint etwas gewaltsam. Man
hat auter Gaminata zunächst nur an ein Haue mit Heizein-
riobtungen zu denken, das des wegen noch nicht durchweg
«in Steinbau zu sein brauchte.
8. 103. Brüheim. Edelhof. Waffen. Statt .japanischer"
Degen ist wohl „spaniBoher" Degen zu leeen. Die japanischen
Siebwaffen weiden gewöhnlich als „Schwerter" bezeichnet
und haben wohl nie die gerade Degenklinge.
Heft XI[ beginnt die Beschreibung der Bau- und Kunst-
denkmäler des Fürstentums Eeufs j. L. in den Amtsgerichts-
bezirkeii Schleiz, Lobenstein und Hirechberg unter Beigabe
Ton 3 Übersichtskarten, 5 Lichtdruekbildem und 27 sonstigen
Abbildungen. Auf 187 Seiten werden die Denkmäler aue
67 Ortachaften und Städten aufgeführt, unter denen Sohleia
mit Beiner an schönen Denkmälern reichen Bergkirche aa
«TBter Stelle zu nennen ist.
8. 13. Kulm. Kirche, Ist die Stiftungsurkunde v. J.
1223 echt, so sollte sie im Staatsarchive aufbewahrt werden.
Zur Aufbewahrung an der jetzigen Stelle im Altartische wurde
eine phot« graphische Abbildung oder getreue Abzeichnung
4
S. 23. Oschitz. Kirche. Der angezeigte Lichtdruck 1
iBt nicht Torhanden.
S. 4". Schleiz. Stadtkirohe. Die Zeichnung befriedigt j
216 LitUratnr.
„nioht recht; dagegen ist der Kelch (S. 49) wirklich meiBter-
haft dargestellt.
Über die Glocken der Stadtkirche wird eine Angabe
yermifat g
S. 90. ünterkoskau. Kirche. Die Angabe über die
Glocken fehlt. Ebenso bei Willersdorf (S. 92), ZoUgrün
(S. 92), Lobenetein (8. 112), Hirschberg (S. 188).
S. 181. Hirschberg. Der Lichtdruck hat für die Zwecke
des Werkes keine Bedeutung. Da auf 8. 132 die Wieder-
gabe eines alten Stiches stattgefunden hat, so ist die Licht-
druckbeigabe als entbehrlich zu bezeichnen.
Heft XIII. Seit Herausgabe des I. Heftes der Bau-
und Kunstdenkmäler Thüringens sind bisher Denkmäler des
Grofsherzogtums Sachsen- Weimar- Eisenach nicht mehr zur
Beschreibung gelangt Nanmehr bringt das yorliegende Heft
die Darstellung der Denkmäler des Amtsgerichtsbezirks All-
stedt mit Übersichtskarte, 5 Lichtdruckbildern und 80 sonstigen
Abbildungen. Auf 62 Seiten findet die Aufzählung der Denk-
mäler und Kunstgegenstände aas 14 Ortschaften statt Die
Weiterführung der Hauptseitenzahlen des I. Heftes deutet an,
dafs Heft XIII noch zum ersten Band der weimarischen
Denkmäler gerechnet werden soll.
Namentlich läfst die Beschreibung des über der Stadt
Allstedt gelegenen Schlosses auf dessen reichen Inhalt schliefsen.
Obwohl die Abbildung bei 8. 18 (257) die Baumassen der
Schlofsanlage in übersichtlicher Weise vor Augen führt, so
ist doch zu bedauern, dafs die reizvollere Ansicht mit dem
Wasserspiegel des grofsen Teiches nicht ebenfalls zur Dar-
stellung gelangt ist, um so mehr als die Zuschüttung des Teiches
wohl nur noch eine Frage der Zeit ist.
S. 8. Allstedt. Wigbertikirche. Die Zeichnung hat
perspektivische Fehler und giebt auch die Dachbildung des
Turmes nicht ganz richtig wieder.
S. 52. Oldisleben. Kirche. Dafs die Zeichnung ein
Belief in Erz darstellen soll, ist beim besten Willen nicht
zu erkennen.
217
Im sllgemeineD ist bei Dorohsioht der oben beiproohenea
"Hefte bemerkt worden, dafs die Einfuguog der Bildzeichen
nicht in bsBondera geechtckter Weise erfolgt ist, und zwar
daan, venn das Bildzeicben mit dem gewötinlioheD Durch-
Bchuis in den Zeilen nicht unterzubringen war. Anstatt in
Bolohen Fällen den Darohsohuls zu verstärken, wie z. B. in
Heft XI, 8. 60, 70, 73, 78, 103, 104, 112, 114, 184, 136
etc. geschehen ist, wird ftlr ein beeserea Aussefaeu des Sohrift-
aateee die Anordnuag einer Aussparung für das Bildzeiohen
Torzuziehen sein.
Sohliefsiioh sei dem Herrn Verfasser eine sorgfHltigere
Duroharbeitung und Feilung des Wortlauts empfohlen. Fas-
-Bungen wie Heft IX, 8. 18, Zeile 4 v. o. und Heft XI,
8. 109, Zeile 9 v. u. wirken befremdend. Andererseits liihrt
das Streben nach Kurse za gewagten Wortbildungen wie:
Heft XL, 8. 104 „sp&testgo tisch", Heft XII, 8. 40 u. a. „kreuz-
gewölbter Baum" u. S. 55, wena kein Druckfehler vorliegt:
„umprofilierte Eechteeklhür"; Heft XIU, S. 10 „beschlag-
verzierte Sockel", wobei man wohl nicht an eiserne Besohlage
zu denken hat.
Der ,,dreiaeitige Sitzungssaal" (Heft IX, S. 14) wäre eine
so merkwürdige Raumbildung, dafs die bildliche Darstellung
nicht hätte unterbleiben dürfen ; wahrscheinlich meint wohl
der Verfagser einen Bitzungssaal mit dreiseitigem Absobluls.
Ausdrücke wie Heft IX, 8. 41 „moderner Scherz" und
Heft XIII, S. 80 „Art wildes Museum" (!) sollten vermieden
werden. In Heft XI, S. 12, Zeil« 8 v. o. kann „Ihr Giebel"
ohne Schwierigkeit auf „die Verstorbene" (Margarets Scharf)
Biogen werden.
Weimar im Mai 1892. E. Kriesche.
I
I
218 Litteratur.
2.
Wuoke, Ch. Ludw. : Sagen der mittleren Werra, der
angrenzenden Abhänge des Thüringer Waldes, der
Vorder- und der Hohen Bhön, sowie aus dem Gto-^
biete der fränkischen Saale. Zweite, sehr vermehrte^
Auflage, mit biographischer Skizze, Anmerkungen und Orts-
register herausgegeben von Dr. Hermann Ullrich.
Eisenaoh, H. Kahle, 1891. XY u. 530 SS. 8^
Im Jahre 1864 erschien (Salzungen, Scheermessersohe
Buchh. 2 Bde.) die erste Auflage dieses Werkes mit einem
Vorwort, in dem der Herausgeber die Methode seiner For-
schung, die Art, wie er dem Yolke seine poetischen Erzeug-
nisse, seine Sagen, in persönlicher Berührung abgelauscht,^
durch sorgfältige Nachprüfung die Erzähler kontrolliert und
den gewonnenen Sagenschatz geordnet hat, des näheren an-
giebt. Die Grundsätze, die bei der Sagenforschung beobachtet
■werden müssen, sind ja seit dem Erscheinen der „Deutschen
Sagen'' der Gebrüder Grimm mehr oder weniger von allen
Sammlern befolgt worden, wenige Forscher aber sind wohl
so wie Wuoke befähigt gewesen, die „Hirten, Waldhüter,^
Kräuterweiber" u. a. mitteilsam zu machen. Der blinde
Dialektdichter, der oft ohne Führer und Gefährt von Dorf
zu Dorf zog, wie wir aus dem Gedenkblatt S. VII — XI der
Einleitung erfahren, hat es vortrefflich verstanden, seineu
Sagen die lokale Färbung zu erhalten. „Die Sagen einer
Gegend erscheinen wie die Flora derselben, sie gehören zu
ihr wie die Blumen, welche eine Burg umblühen." Auch
nach dem Erscheinen der 1. Aufl. hat Wucke weiter ge-
forscht und bei seinem Tode (1. Mai 1883) eine reich-*
haltige Sammlung neuer Sagen hinterlassen, die in Hermann
Ullrich einen umsichtigen Herausgeber gefunden haben.
H. Ullrich hat der ganzen Sammlung eine besser be-
gründete Anordnung gegeben, hat von anderen Sagensammlern
bereits veröffentlichte Stücke kenntlich gemacht und durch
das Inhalts- und Ortsverzeichnis die Benutzung des Buchen
Littsrilac.
21»
erleichtett. Auffällig erscheint die AufDahmederSugenNo. 7 — 1 1,
die aus Kambarg an der thüriDgischen Saaic efammen, mithin
aue dem Gebiete dieser t^amnhmg heTausfallen.
Die AusBtattutig des Suchee ist io jeder Hinsicht ange-
0. Dobenecker.
fintbier , Hermaiiii : Der Kampf bei LangeiiBalBa am
, 27. Juni 1866. Ein G-edenkbuoh. Langensalza, Wendt
und Klfluwell, 1891. YIII u, 276 SS, 8». Mit einem
Plan des Oefechtafeldes hei Lnngenaalza.
Diesee Werk soll ein Erimiermigsbuch sein, geweiht dem
Gedächtnie jener deutBchen Streiter — Freufseii, Hannove-
raner, Gothaer — die aii den Ufern der Unstrut 1860 im
Kampfe um die Einigung der deutschen Stumme geblutet und
ihr Leben gelasaeo haben ; ee hoU sein ein Führer allen
denen, die das Schlachtfeld von Langensalza begehen ; den
Verwundeten, die in oder bei Langensalza gepfl.egt wurdenp
soll es die PäegBtätten und die treuen FÖeger nennen ; den
Angehörigen und den Kameraden der Gefallenen will es die
Stätte zeigen, wo man den Freund, den Verwandten zur
letzten Huhe gebettet hat.
Der Verfasser bietet aber noch viel mehr. In einem
klaren Überblick schildert er die Ereignisse und Verhand-
lungen, die dem Kriege vorausgehen, die Mürsche der Hanno-
veraner und Preufsen, die letzten Versuche, einen friedlichen
Ausgleich herbeizuführen, die ersten Zusamnienstöfse, die-
Stellungen der Gegner und mit der peinlichsten Sorgfalt den,
Kampf in seinen kleinsten Zügen. Unter Verwertung der
gesamten Litteratur Über die Schlacht weifs der mit dem
Terrain auf das beste vertraute Verfasser, der als Augenseug»
220 Litteratur.
^en Verlauf der Sohlacht selbst beobachtet und ,,durch münd-
lichen und schriftlichen Austausch mit den Kämpfern das
Bild yervollständigt'^ hat, den Kampf jeder, auch der kleinsten
Abteilung anschaulich zu schildern und durch Einreihung
aller ihm bekannt gewordenen Erlebnisse der einzelnen Kämpfer,
der Züge von Heldenmut, Tapferkeit oder auch — Feigheit und
^charakteristischer Aussprüche der Eingenden die Darstellung
fesselnd zu machen, ohne durch diese Detailmalerei die Über-
liicht über die Schlacht, die er in 15 Momente zerlegt, zu
beeinträchtigen. Er hat dabei manche Irrtümer und Ver-
wechselungen, die sich in die Litteratur über die Schlacht
eingeschlichen haben, berichtigen, manchen Teil des infolge
TerhängnisYoUer Mifsgriffe der preufsischen Heeresleitung für
Freufsen und Gothaer yerderblichen Kampfes anschaulicher,
«Is es vordem geschehen ist, schildern können. Die Namen
der meisten Verwundeten, ihrer Pflegstätten und Pfleger
<and die Namen fast aller Gefallenen sind angegeben, die Orte,
wo die, die ihren Wunden erlegen sind, beigesetzt wurden,
genannt. — Erwünscht wäre bei einer 2. Auflage die
Beigabe einer Karte für die weitere Umgebung von Langen-
ealza, da der beigefügte Plan wohl das Schlachtfeld recht
^ut, nicht aber das Terrain, auf dem sich die der Schlacht
Toraufgehenden Aktionen abspielten, veranschaulicht.
0. Dobenecker.
tlbersioht der neuerdings erschienenen Litteratur sur
thüringisohen Geschichte und Altertumskunde.
Zasammengestetlt von O Dobenecker.
Andersonn, Rudolf: Der deutsche Orden in Hessen
bis 1300. Königsberger Inaug.-Diss. 1891. 67 SS. 2 Bl. 8^.
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Heft XI (Herz. S.-Kob. u. Gotha. Landratsamt Waltersh,
Amtsgerichtsbezirke Tenneberg, Thal u. Wangenheim). Heft XII
(FörBteDtum Reufs j. L. Amtsgenohtsbezirke Sahleiz, Loben-
steio und Hireobberg). Heft XIII (ßrofsherzogtum SaohBen-
Weimar-Eieenach. AmUgerichtebeiirk Allstedt.) Uit 5 Liobt-
dTuokbildeni u. 30 AbbilduDgeo im Texte. Jena, Verlag von
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223'
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224 Litteratnr.
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zum 16. Jnui 1554 — Alt- and Nen-Gutenberg — 2 Münsen-
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Ueyer, Gerold, von Knonau: Die Thüringer
16
226 Litteratar.
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Meyer, Karl: Chronik des landrätlichen Kreises
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Morgenstern, Otto: Die alten Drucke der 6ym-
nasialbibl. III. Die Sebersche Bibliothek. (Forts, der t.
Herrn. Wagner veröffentl. P.-Beil. 1879, 1883.) Meiningen
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richt 1891/92 des Carl Friedrich - Gymnasiums in Eisenaoh.
Eisenach, Hofbuchdr. (1892). 24 SS. 4 ».
Piltz, Ernst: Bitters Führer durch Jena und Um-
gegend. 2. vollständig umgearbeitete and bedeutend rer-
mehrte Auflage. Mit Stadtplan, Karte der Umgegend, geo-
logischem Profil und Höhentafel. Jena (Verl. der Frommann-
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Ein gut regiment wider die pestilencien , wo sie in
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Saobseu- Weimar- Eiaeuach, Herzogtümer SachacD-Ueiningen-
Hildborghftuaea , Sachse n-Altenburg, Saohaeu-Coburg-Ootha,
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1 j. L. In Landes- und Provinzialge schichte, Heft 23.
ing der in U. Voigtländers Verlag in Leipzig erachie-
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Schwarz, Sebald; AnfaDge des StädtetreseDs in den
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nmler XII, 2*1— 'J4U.
Ein 8 1 B d t !• r u ! u k u 1 1 uu« dem Jahre 1567. In
gstüdtiitcheii Nnnbriohtii' iiiii) Ititi^Iligenzblalt, 172. Jahrg.
, lt)ö (169U, Au«. U).
16*
228 Litteratar.
Stier, G.: Das Anhaltisohe (Askanische) FürBtenhaos»
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Trefftz, Johannes Imanuel: Kursachsen und
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Unedierte Königs- und Papst-Urkunden. Mitget. von
Anton Ghroust. In K. A. der Gesellsch. f. ä. d. G. Bd. XYI,
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Yogel, Jul. : Eats-Begister von Flauen, Yerz. der
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Yoigt, Friedrich Albert: Die ältesten Herren
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No. 63, Beil. No. 53 S. 1—3.
Weniger, Ludwig: Bericht über ein Urkundenbuch
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Wertner, Moritz: Die heilige Elisabeth, Landgräfln
yon Thüringen. In „Der deutsche Herold" XXII No. 2
(Berlin, Febr. 1891) S. 20—22.
Wucke, Ch. Ludw. : Sagen der mittleren Werra, der
angrenzenden Abhänge des Thüringer Waldes, der Yorder-
und der Hohen Bhöo, sowie aus dem Gebiete der fränkischen
Saale. 2. sehr yermehrte Aufl. mit biogr. Skizze, Anm. und
LitUntitr.
Orteregiater herauag. ron Dt. HermaDO üllnoh. EUenach,
Druck und Verlag tod H.Galile, 1891. XV und 500 SS. fi".
Zimmer, Hans: Just Friedrich Wilhelm Zachariä und
sein KeDommiet Ein Beitrag zur Litteratur- uad Kultur-
gesobiohte des 18. Jahrh. Leipsig, Druck und Verlag der
Borebergacfaen Buchhaudlung, 1892. 101 SS. 8°.
Zschäok, Eduard: Die Errichtung der Höheren
Bürgerschole zu Gotha. (Ein Beitrag zur Geschichte des
Schulwesene der Stadt Gotha.) Gotha, Stadt. H. Bürgerach.
OP. 1891. Gotha, BtollbergBche Buchdrucker ei, 1891. 8.
I-XVI, 4 ".
Neue Beiträge zur Oeach. deutschen Altertums,
rausg. Ton dem Heoceb. altertumaf. Verein in Meisiugen.
Lief.: Der Henneberger Geachichtechreiber Johaun Adolph
T. Schultes. Von Otto F. MüUer, 1891. 41 88. 8*.
, Lief.: Fritze, Forach. über die 8Udt-K. in Ueiningen
1—8. Schmidt, Gleichbergafnude 9—11; J.-Ber.
12—16. 1891.
. Lief. Meiningen 1892 : Oroeachel, Juliua; Nikolaus
Oromann und der Anebau der Veete Heldburg 1560 —
1564, mit den Bau-Urkunden des BurgorchiTa von
155B— 1566. XXIV und 89 88. S" . nebat 4 Tafeln
Bauekizzen.
32.-36. Jahresbericht der Oeselkchaft von Freun-
I der Natarwiaaen schalten zu Gera. Inh. : 1. Eiael, Robert :
irlSufige Übereicht der prähistoriachen Funde in Ost-
■ringen. 2. Auerbach, Heinrich Alfred: Bibliotheoa
ythenea. Die Litteratur zur Landeskunde und Oeaohiohte
I Fürstentums Eeofs j. L., Gera 1892.
Hitt. der Gesch. und Altertumsf. Ges. des Oaterlandes
I Altenburg, 1, Bd., 2. Ausgabe, Altenburg 1691.
Uitt, des Gesch. und Altertumsf, Vereins zu Eiaen-
, Hett VII, Eisenberg 1892. löh.: Prof. Dr. 0. Weise;
nrglauhe aus dem Alteaburgi scheu, 8. 1 — 36.
itsohrift des Ver. für Henneb. Gesch. uad Landes-
230 Litteratar.
künde zu Schmalkalden, X. Heft. Sohmalkalden und Leipzigs
(1891). Inh.: Dr. Oerland: Die innere Einrichtung eines
FüTstenBchloBses im 16. Jahrb., B. 1 — 11« — Aug. Vilmar,
Pfarrer in Herrenbreitungen (jetzt in Sohmalkalden): Ent-
stehung und erste Entwickelung des ehemaligen Klosters ii^
Herrenbreitungen, S. 12 — 23. — B. Matthias, Apotheker in
Sohmalkalden: Die Steinmetzzeichen des Kreises Sohmalkalden,
S. 24—28.
Zeitschrift des Harz-Vereins für Geschichte und
Altertumskunde, herausg. von Dr. Ed. Jacobs, XXIV. Jahrg.,
1891, 1. Hälfte, Wernigerode 1891. Inhalt: B. Krieg: Bei-
träge zur Gesch. der Stadt Ellrich a, Harz, S. 1 — 33. —
L. Freiherr von Wintzingerode-Knorr : Die Verhältnisse der
Volksschulen, sowie der Lehrer und Küster in den fünf zun^
ehemaligen Wintzingerödischen Gerichte gehörigen Dörfern :
Kalt-Ohmfeld, Kirch - Ohmfeld , Tastungen, Wehnde und
Wintzingerode bis zum Jahre 1803, S. 88—116. — Paul Ofs-
wald: Nordhäuser Kriminal-Akten von 1498 bis 1657, S.
151/219. — L. Freiherr von Wintzingerode - Knorr : Mit-
teilungen zur Gesch. des Dorfes Auleben und der Stadt
Heringen, S. 220—266. — G. Plath : Vier alte Glocken
(der Kirchen zu Liederstedt und zu Vitzenburg), S. 272/277.
— A. Beinecke: Zur Erklärung des ältesten Sangerhäuser
Stadtsiegels, S. 278/282. — L. Freiherr von Wintzingerode-
Knorr : v. Wintzingerödisches Freigut zu Neustadt unterm
Honstein, S. 336/37. — 2. Hälfte, Wernigerode 1892. In-
halt B. oben unter Gefs. Dazu: Vereinsbericht 1891 — 1892.
Sachlich geordnetes Inhaltsverzeichnis der Veröffentlichungen
des Harzvereins von 1880 — 1891. Alphab. Verzeichnis der
Mitarbeiter an den Jahrg. 1880—1891.
Frommannsche Buchdrnekerel (Hermann Fohle) in Jena. — 1034
IV.
Das ehemalige Amt Lichtenberg
vor der Rhön.
1. Gesehiehte.
Vou
C. Bfaider. Pfarrer io Bergsulza.
16*
jr ^ ^
■^ ?
' I
-:,} t
; \i
V\
Vorwort.
JN achstehende Arbeit bildet in etwas gekürzter Form
etwa den dritten Teil einer Abhandlung, deren ursprüngliche
Anordnung aus redaktionellen Gründen aufgegeben werden
mufste. So werden denn „die Bechtspflege" und ,,die Amts-
bewohner und Amtsorte'' in späteren Heften in der Zeitschrift
erscheinen.
Bei Abfassung der Schrift hatte ich als Publikum vor
allen die Bewohner der behandelten Gegend im Auge, denen
ich sie durch eine entsprechende Anzahl von auf antographi-
sohem Wege hergestellten Exemplaren zugänglich zu machen
hoffte. Auch bei der Aufnahme derselben in die Zeitschrift
mochte ich auf den ursprünglichen Zweck nicht ganz ver-
zichten, der nun durch Sonderabdrücke erreicht werden soll.
Damit bitte ich die historisch geschulten Leser die nicht
streng wissenschaftlich gehaltene Form und namentlich manche
unnötig erscheinende Erklärung zu entschuldigen.
Abkürzungen:
D = Dänner, Sammlung fuldaischer Urkunden, Manuskript
in der Landesbibliothek zu Fulda.
H = Hennebergisohes TJrkundenbuch.
M = „ Gesamtarchiv zu Meiningen.
0 = Amtsarchiv zu Ostheim.
S =a „Schlufsprotokoll" das., als „Dorfbuch" angelegt um
1660.
Wm = Staatsarchiv zu Weimar.
Wb = Kreisarohiv zu Würzburg.
Von allen Ploren der später amt-liohtenbergieohen ^)
Orte soheint in yorgesohichtlieher Zeit die damals noch viel
ausgedehntere von Sondheim die belebteste und bedeutungs-
vollste gewesen xu sein. Das beseugen die .in etwa halb-
stündigem Halbkreise um Sondheim herum befindliohen
Hünengräberfelder, deren es sonst in dem ganzen
späteren Amtsbezirke keine giebt. Ein solches Gräberfeld
findet sich an der Grenze von Oberwaldbehrungen, wo das
Ostende des „HansrUok'', dessen Name zweifellos mit Hünen-
gräbern in Verbindung steht, auf den Heidelberg stölsi
Professor ElopfieiBoh gelang es im April 1882 hier nur noch
ein intaktes Grab aufzufinden, allem Anscheine nach das einee
halbwüchsigen Kindes; es enthielt 12 Urnen. Der ganze be-
ackerte Abhang nördlich von diesem Gräberfelde, das „heilige
Land", ist von Urnenbröokchen wie übereäet. Ein anderes
vollständig durchwühltes Gräberfeld findet sich dicht vor XJr-
springen auf dem westlichen Ende des Galgenbergs, dessen
östliches „Hühnerbrühe'' (Hünenbühel?) heifst. Ein besonders
interessantes, noch unberührtes Einzelgrab, aus dem Anfang
der Bronzezeit, fand sich auf dem „Rotenhauk'' (gerodeter
1) Eine ständige Bezeichnung des Sohiosses und Amtes zur Unter-
Scheidung von den übrigen Schlössern, Amtern und Ortschaften dieses
Namens — ich kenne deren 12 — g^ebt es nicht. Ganz korrekt ist die
gewählte nicht, da nur ein Teil des Bezirks dem „Lande vor derBhön'^
angehört hat. Eine dynastische liefs sich nicht anwenden, da das Amt
allzuoft die Herren gewechselt hat, jetzt aber als solches nicht mehr besteht.
Dh ehmnaUg« Amt LlofaUiberg vor dat Bhöii.
2ST^
I
I
I
el, oder Hügel des RoteD — des DonnererB [Klopfleisol
zwischen UrspriageD und Stetteu, Es bai^ 5 Skelette, uad
2war auf dem Grunde auf Bteiiiplatteo ansoheiiiend die des
Helden uod eioeB jugendlichen Sklaven — in ~j~-Fonn an-
einander gelegt — und darüber auf einer Sohioht sohwerer
Basalteteine, deren der Hügel etwa 30 Fuhren i?iithielt, 3
■weibliche. — Manche bisher unbeachtete Bodenerhebung in
^em nahen „Beittvelde" dürfte aicb noch als Hünengrab aug-
weieen. Ein eehr ausgedehntes Gräberfeld birgt endlich noch
•das durch seinen hohen, schlanken Eichenwuchs foretwissen-
schaftlich iutereesante „Slettener Waldchen". Alle diese
Oraber ' ) enthielten verechiedon artige Symbole des BUtzes,
die auf einen besonders auegepräglen Thorkultue hindeuten.
Sind die ersten Urnen zu den rorgesohichtlichen Be-
■wohaern unserer Gaue von den Phöniziern, dem untemeh-
mendsten Handelevolke des Altertums, gebracht worden, und
haben diese überhaupt, wie man annimmt, auf die Hebung
ihres Kulturlebens zuerst eingewirkt, so ist nicht undenkbar,
dafs der Name ihrer Göttin Aatharot (ßioht. 2, 13; 1. Sam.
7, 4 et«.), der Istar der Ässyrer, von unsere heidaieohen
Vorfahren auf ihre Göttin Sif, die etwa gleiche Bedeutung
mit jener hatte, in etwas veränderter Form (Ostara) übertragen
-wurde. Nach ihr ist der Osterberg bei Sondheim genannt,
«m dessen Fufse eine starke Quelle hervorquillt, die dem
ganzen Orte sein vortreffllohes Trinkwasser liefert, und an
-welcher zu Zeiten geheimnisvolle Stimmen zu vernebmea sein
«ollen.
Au die Heidenzeit erinnern auch die Helmershäuser Flur-
namen „Götzenau" und „Elbaee". Letzterer, jetzt nur noch
«ine sumpfige Stelle, war in' dar Toretellung der heidaiBohen
Umgegend belebt von Alben (Eiben, Elfen), die in der christ-
lichen Zeit zu Wasserjungfern wurden, welche nach einer
«ucb anderwärts sich findenden Sage sich öfter unter die
4
1) Nüberes s. mein ,,8andheim und seina Chronik", Wiei
W, Br»t>-
d KorrespondeTitbl, der dcaCach. Oea. F, Aatbropologie ctc.
S38 ^*^ ehemalige Amt Lichtenberg vor der Rhön.
tanzende DorQugend mischten, bis sie, einmal um die für ihre
Heimkehr bestimmte Stunde betrogen, nicht wiederkamen.
Man' will femer den ,,Hell- (Hei-?) Bain" (bei Benkert*)
„Hellerrain") am Sommerberg in Ostheimer Flur, mit dem
,,Leucbtaoker'' darunter, als eine Erinnerung an die Göttin
Heia mit der Heidenzeit in Verbindung bringen.
Vor allem aber dürfte der Disberg, der zum Teil zwm
Amte Lichtenberg gehörte, mit seinem Namen wie mit deni
Aussehen seiner Oberfläche auf eine besondere Bedeutung in
der Heidenzeit hinweisen. Zwar ist er seit dem aus Ober-
katza gebürtigen Jenenser Professor Dithmar (1709) fast all-
gemein für das Dispargum, die Feste des Frankenkönigs Ghlodio,.
gehalten worden, allein bei näherer Prüfung der Urkunden
mufs diese Ansicht aufgegeben werden. Verschiedene alte
Geschichtscbreiber berichten, Chlodio habe von jener Burg^
aus, die in der Grenzmark der Thoringer (Thoringorum, Ton-
grorum, Tungrorum) lag, und von welcher bis zur Loire hin
die Bömer geherrscht hätten, Kundschafter nach Gameracum
(jetzt Gambrai) geschickt, sei denselben bald gefolgt, habe die
Bömer geschlagen und ihre Stadt eingenommen (437). Ein
Ausfall von unserm Disberge aus nach Gambrai, mindestens
70 geogr. Meilen weit ? — Versteht man aber unter Toringia
oder Tongria nicht Thüringen, sondern die Gegend der jetzt
belgischen Stadt Tongern, und unter Dispargum die noch im
vorigen Jahrhundert in Distheim bei Tongern vorhanden ge-
wesene Disburg, so kann wohl von einer Burg Chlodios auf
unserm Disberg nicht mehr die Rede sein. Allerdings macht
man geltend, dafs der Berg mehr Disburg als Disberg
genannt werde, doch dürfte diese Benennung erst seit Dithmar
gebräuchlich geworden sein. Der lichtenbergische Amtmann
Erdmann wenigstens in seiner offiziellen Amtsbeschreibung
von 1754 sagt von diesem Berge: „Soviel man beym Amt
auf die vorhandene älteste Schriften Achtung gegeben, wird
er Disberg geschrieben." Das Dispargum Chlodios kann er
1) Nordheim vor der Rhone, Würzburg 1821
Du eluniuliga Ami Llcblsnbcrg vor der Rli5n.
33*
schon deshalb nicht gewesen eein, weil die Römer weder hier
noch in weiter Umgegend je neherrscht haben (s. u. a. Genfa-
Jer, T. Schultea etc.)^). — Vielmehr weist der Ring von
BasaltHteiDen auf der abgeplatteten Spitze dieses imposanten
Basalt-Bergkegeia darauf hin, dafs wir hier eine heidnische
Enltusstätte vor uns habcD. Der Block in jenem Steinrings
ist jedenfalls der Opfersteio gewesen, und die seh üa seif örm ige
Vertiefung mit den 3 löff'el artigen Gebilden darin, die nach
Heim *) anzeigen sollte, „dafs der fitein als Grenzstein der
Ämter Lichtenberg, RuIteuDordheiro und fiand gedient mit
der besonderen Beziehung, dafa der 3 Amtmänner bei einer
Grenz begehuog, jeder die Füfse auf seinem Territorium, aieb
auf den Stein setzen und eini
dürfte zum Auffangen des Bin
Menschen gedient haben. Den
mit dem Opferateine findet man
in Urspvinger Flur am Südabhi
schon der Name Disberg deutet auf heidnischi
Als Dtaen, göttliche Jungfrauen, werden zuwi
Suppe verzehren konnten",
s der geopferten Tiere oder
Hteinrine Ton Basaltblöoken
ax kleinen im „Bockleagrund"
ge des Hunsrüek. — Auch
Kultus hin.
■.D die Wal-
küren bezeichnet. So hält fiimrock ^) den Dlsibodenberg an
der Nahe, „der auch Diaberg heifst" — unsern Disberg
kannte er nicht — für einen Berg, den die Disen sich aum
Aufenthalt erkoren. Aber auch die Priestertnnen wurden als
göttliche Jungfrauen augesehen und Disen genannt. Als noch
lange nach Einführung des zam Teil aufgezwungenen Christen-
tuma viele in versteckten Gehegen heidnischen Götzendienst
trieben, etand manche Frau hei guten Christen in dem Ver-
dachte, bei solchen heimlichen nächtlichen Zusammenkünften
im Hag als Dise (Segedise, Hexe) zu fungieren. Ist vielleicht
unser Disberg der Blocksberg der Rhön ?
1) Kl JEt diiDn Klao aach nichCa mit der Ablaitang äei „ßämerabrunii"
bei Helinershaosfln, oder des „ Kommers biihel" bei Osltaim von den Eömorn,
und nichts mit ibrer EinführuDi! des Obilbauas daselbst, ebeoaDwenif' wie
der Name Röiabild mit ibnen etwas xa thun hat,
i) HeiiDBbarg. Chronik.
3) Deutschs Mytlioiogie, S. 4ai.
240 ^'^ ehemalige Amt Lichtenberg yor der Rhön.
Bis etwa zur Zeit der Einführung des Christentums stand
•das Frankenland teilweise im Besitz wendischer Stämme, welche
•es vermutlich in der Zeit der Völkerwanderung überflutet
hatten. In unsem Gauen Tullifeld und Bariugau weisen die
l^amen Büdenschwinden, Diezwinden, Hartschwinden, Mebritz,
föhlritz, ja nach Oenfsler das Wort Tullifeld selbst auf
wendischen Ursprung hin. Im Jahre 766 erfochten, wie
Lambert schreibt, die Franken den ersten entscheidenden Sieg
über die Wenden, und zwar bei Weidahaburg, welches Oenfs-
ler*) in Weid (jetzt Ober- und Unterweid) wiederfinden will.
Nachdem 744 Bonifatius das Kloster Fulda gegründet
hatte, sendete dieses, um die Mittel zur Selbsterhaltung und
zur Weiterverbreitung des Christentums zu gewinnen, Boten
aus, die die Heiden bekehren und dabei die Begüterten unter
•denselben durch Vormalen der schrecklichsten Höllenstrafen
zur Schenkung ihrer Besitzungen und der dazu gehörigen
Leibeigenen veranlassen sollten. Zuweilen scheint das Kloster
zu letzterem Zwecke in solche Gegenden, wo die Mönche
vorgearbeitet hatten, ganze Kommissionen gesandt zu haben,
deren Weg man hie und da nach den Urkunden noch ver-
folgen könnte. So wurden am 8. Januar 824 in Kaltennord-
heim 3 Urkunden ausgefertigt über Schenkungen aus dem
<}ozfeld, aus dem Grabfeld und aus Ostbeim ; am folgenden
Tage eine in Kaltensundheim, alle von denselben Zeugen be-
glaubigt. Am 31. August desselben Jahres machtoD Graf Haho
und Adalpraht, die wir wohl auf Hildenberg wohnend denken
müssen, im Namen der Hiltiburg Schenkungen von Besitzungen
zu Nordheim v. d. llhöu, und am 9. December schenkte
Hiltiburg selbst ihren Besitz zu Kaltennordheim, zu West-
heim und in Streu (jetzt Wüstung bei Melpers). Am 22.
Juli 830 wurden 2 Schenkungsurkunden ausgefertigt, die eine
„am See im Tullifelde*' (s. u.), die andere in Kaltensundheim.
Oft und reich bedachten ein gewisser Adalhun und seine
Gattin Kunihild, welche, da sie keiner lehnsherrlichen Ge-
1) Geschichte des Grabfeldes II, 50.
Du «liMnkliBa Amt Licbtanberg tot dar Bhea.
241
Dehmigang dazu bedürfen und Gangraf Eriatao ata erster
Zeuge uotersohreibt, desseo Geschleohte angehört haben eoUeo.
Eunihild echeckto 667 Güter ihrer Uutter Uualtrat in üualt-
tatehuB (Walters hau Ben, Heimat von Schillers Freuodin Frau
V. Kalb), 868 ihr Gemahl Güter in Hiedeu (jetzt Wüstung
bei EBlteoBundheim) und Orimeerode (vermutlich am Grimmel-
bache bei Kaltenauodheim) , 874 Kunihild ihren Besitz in
Herpf, Gerthausen, WaltershauBen, Eibetadt etc., 901 Adalhun
6 FamiLien iu Gerthausen und 3 in Bibstadt, und was eeine
(veratorbeae) Geniahlin Guoelbilt daselbst beseasen hatte.
Solche noch zu Uunderteu im OriginBl oäer ia Absohriften
vorhandene, früher in Fulda, jetzt in Marburg aufbewahrte
Urkunden ^) geben über die damalige Oaueinteiluug
manchen erwünschten Aufsohtufd, Naoh ihnen gehörte die
Oegend, von der wir reden, zum
Grabfelde,
-welches etwa von Vacha bis Sohweiufurt, und von Coburg
bis zum Vogelsgebtrge reichte und durch 2 dazu gehörige
kleinere Gaue, das TuHifeld — die Gegend des oberen Felda-
thales — und den Baringau — die Gegend des oberen Streu-
thales — in zwei Hälften geteilt wurde, deren östliober auch
ale eigentliches Grabfeld, deren westlicher als Buchonien oder
das Land Buchen (die Heimat der „Büchner") bezeichnet wird.
Der Name Grabfeld (in den Urkunden fast nur Grapfeld
geschrieben) könnte entweder ebenfalls eine Buchen-, oder
eine Sturmiaa d seh aft bedeuten, je nachdem man das Wort grap
als ein alavisches (dann bedeutete es besonders die Hain-
buche) oder als ein altnordischei
Verbindung könnte noch in Zuee
mit dem gotischen Fil (vgl. dar
Das Grabfeld stand unter
und wurde, wie jeder andere Gau, in gröfsere oder kleinere
Centbezirke eingeteilt. Die meisten derselben wurden nach
4
4
nimmt. „Feld" iu dieser
eammenhang zu bringen sein
. Fjeld) = Berg, Gebirge»),
einem kaiserlichen Oaugrafen
I) Schaonit eab lTi4, Dronke 1B44 '
de ans hentns.
S) gcbnaider, FUhrcr darch dfs Khüa, S.
flnüqui
242 '^ eh«DD«iiga Amt Ltohtenberg tot der Rhön.
ihren GeriohtsorteD, eiozeliie auoh oaoh ihrer Lage an FIüb.
sen etc. benannt, einige auch, vielleicht wegen einer ihnen
eigenen SelbBt^ndigkeit^ oder weil sie zu Zeiten wenigstenB
ihre eigenen Oaografen hatten, als Oaue bezeichnet; so der
„Oan^' (oder die ,,Proyinz'') Tullifeld und der Baringau.
Eine besondere Schwierigkeit bei der Bestimmong de»
ümfangs dieser kleinen Gaue yerursacht der Umstand, dafs
viele in denselben gelegene Orte nicht immer — viele gar
nicht — mit der Bezeichnung ,,im Tullifeld'' oder „im Barin-
gau'' vorkommen, sondern zuweilen auch — einige immer —
in das Grabfeld, oder auch gleichzeitig in dieses und in einen
der beiden Gaue verlegt werden. Man schrieb diese Inkon»
Sequenz der Unkenntnis der die Urkunden schreibenden fuldai-
schen Mönche zu, oder auch der zeitweisen, aus politischen
Gründen erfolgten Aufhebung der selbständigen Oaugrafschaft
für diese kleineren Gaue und Unterstellung derselben unter
den Grafen des Grabfeldes. Das Einfachste ist wohl, anzu-^
nehmen, dafs man zur Bezeichnung eines Ortes ebensogut das
Ganze — das Grabfeld — als den Teil nehmen konnte,,
welchem der Ort angehörte. Und wenn ein Ort (z. B. in
einer Urkunde von 795) liegt in pago Grapfelt et Tullifelt^
so ist wohl das et mit „und zwar'' zu übersetzen. So heifdt
es in einer Urkunde von 789 : in pago Baringe et in uillis-
istis Suntheim etc.; oder 814: in pago Tollifelde et in uilla
Theodorfe, sed et in pago Baringe et in uilla Sundheim etc»
Um den Umfang eines Gaues zu bestimmen, ging man
sonst stets von der Ansicht aus, nach Einführung des Christen*
tums habe man für jeden Gau ein geistliches Kapitel einge-
richtet, und es decke sich demnach stets der Umfang des-
Gaues mit dem seines Kapitels. Neuerdings ist man jedoch
davon zurückgekommen ^). Wollte man diesen Grundsatz
noch auf unsere Gaue anwenden, so würde er zu ganz falschen
Ergebnissen führen, und wir werden wohl thun, bei Bestim-
1) Landau, Territorien, S. 391; y. Spruner, Bayerns Gauen, S. 126;
Gegeobaur, Das Grabfeld, S. 24 etc.
Du ebemsliga Amt Liefaienberg vor der Rben, 343
maag des TJmfangB des Tulliteldea und des Baringau uns nur
Pi*a die Urkunden zu hallen ^),
I
Tuliifeld
hielt man eonat ') liir gleich, grofs 'wie das wärzburgiBche Kapitel
Geiea, deHsen Dmfaug man zuerst aus einem DiÖcesanver-
zeichnie ven oa. H5ü keunt. Demnach hätte ea ¥oa der
Hohen Bbön bis Friedewald und ron der Werra bis zur Fulda
sich eretreokl. Aber auch noch Oegonbaur (a. a. 0. 8. 24)
läfst es zu weit nach Norden, bis Vaoha eich eralrecken, ob-
gleich Eof^idorf der Dördliohste urkundlich vorkommende Ort
des TuUifeldes ist.
Zeichcieu wir, um uns über den Umfang des letzteren
klar zu werden, aiue Karte des Kapitels Qeisa und unter-
Btreichen wir darauf die urkundlich im Tullifeld gelegenen
Orte, so wird eioh zeigen, dafs, während alle anderen Orte
vielleicht ebenso oft oder öfter, aber nie als im Tullifeld ge-
legen vorkommoD, diese alle auf einem kleineu Trupp in der
eüdöatliehen Ecke des Kapitele ganz dicht bei einander liegen
und zu den Gpäteren Centen Kalteusuudheira und Dermbach
(Fisobberg) gehört haben. Ee eiud folgende : KalteuBundfaeim
(kommt siebenmal als im Tullifeld gelegen, ohne dicGo Be-
zeichnung noch Öfter vor; einmal auch die „Sundheimer
Mark"), Kaltenweslheim (dreimal auch die „Westheimer Uark",
BU welcher Woid und Fisch ach [Kleinfischbach] gehörten)
1) Auch MlUler (Dat Beiirk MelJriubBtadt, WQrEburg 1879} Ist anf
Wsclier F&hrte, weDii er dem Westergau des OrKbfeldea den Omrang des
Kapitels UellriclisUdt anweist, im Weatcrgau kommea nur 2 Orte, Madil-
Tlchesatst IMadalrbhistreuwa) utid uiUiL Branda (Breote, Breud) urknud-
dieser BezeichtiuDg. — Leattrideshasen (iOlSJ, velches ei mit Schnltes
nur eiu uicbt mehr auriaündeuder Ort des tbütlagischeii Weatergau
«in (Qegenba
:. äcbann
% Beitragen
rweiteruQg 1
ir ßsacbicbtikua
1 AnDuymus (Krilie),in Ueuieli
1 1, 5(; Genfsler; Schnltea }
tmd Wsid Ci»
nozdheiiB and
Bofsdorf (ja drei-
mal), HitteMearf
(sweimid), I>m>
dorf, Hotabetg
(■««mal aoolfc
di« „Hntibetgvr
Mirk"), Kliogi,,
Fiiohbaoh, Bie-
den, äortkatuen
(„in [Ealtoo-}:
Sondlittiim
Jiaxk"), WieMo-
tbal nod Wokl-
■nthaoMii Qt-
ainmftl). Dua
komaiMt Qoah
folgende nioht
mehr DBohm-
weiMode Ort« r
Bubenlms,
weloheB f^ B«*
oben- oder Br-
benh&uBen
gelialteD vird ;
Streuuia G.W^olf-
holtee- , Bonit
PaotriteBstreuiia
im Btringsu"?),
das vielleicht nur
der Kürze wegen
mit den in denel-
ben Urkunde ge-
oannteu Orten
Du eh«n>Hp Amt LichtenbiTg tdi dir BhSn,
ran
Iteanordheim und Kalten Bund heim ins Tullifeld verlegt iet, an
deesea Grenze es leg; Uualtgereehus qaae eita est super ripam
fluniinJB ülotra (die Wüstung Eogelsberg ?) und Urazshu, ver-
mutlich die WüstuDg RalBchberg hei Rofadorf.
Das häufige urkundliche Vorkomraeii KalteneundheimB
„im Tullifeld" lafst darauf achliefsen, dafa es in dieeem Gau
eine besondere Bedeutung gehabt haben mufs. Hier hat Bich
auch der Oauname am längsten erhalten; 1353 heift es:
„Suntheim in dem Tullefeylde", 1428 : „Sundheim im Thölfelde",
1458: „Suntheim in dem Tullifeld". Noch Heim (1776)
waren zu seiner Zeit die lusasBen des Fischberger Amtes als
„DöUfelder" bekannt, und nach dem Verfasser der Abhand-
lang über das Tullifeld in Meuaels Beiträgen etc. hiefsen die
I wotaner des Feldagrundes „Tüllfelder" oder aoherz weise
'ollfelder" i).
ITamen des Gaues leitet Schannat her von einem
gleichaamigon, nicht mehr aufzufindenden Orte, weil es in
einer Urkunde von 830 heifst: ia TuHifelde (traditio) acta zi
demo seuue, was aber doch wohl nur heifst: im Tullifelde
am See (vgl. Sevve = Seba, das von einem See seinen
Samen hat, oder [1363]: „by den Sewe des Dorffes ozu
Berlteshusen" [Wüstung im Amte Fiachberg]). Noch ist der
Name — von anderen unmöglichen Ableitungen zu schweigeo
— hergeleitet worden von Dill (Diele), Doli =a PlankenzauD,
der dort häufig zu finden gewesen wäre, oder von dem wendi-
schen Worte döl, dole (thalabwärts ; vgl. Dohle = Abflufa).
Nach der letzteren Erklärung würde Tullifeld einen im Thale
sieh hinziehenden Bezirk bezeichnen, wa« auf unsern Gau
vortrefflich passen würde.
JedenfoUe scheint doch der Name mit dem Feldathale
aufs engste zusamraenzuh fingen, und der Gau dürfte deshalb
1] Als KurioBDin sei MWäbist, was Scbinnat dem Saio nucbeczSlilt,
dftfB IlSB eio Knabe lua dem Tallifelde lange rq eiusr blKulicheu Qo-
■chvnltt Rm rechten Beine gelitlan habe, und dib endlicb ans dereelben
statt Ellers eine Menge Kfirner von Mea miSglichen Ostreidearten bentni-
gequollen seien,
«
Drt e
LibhCttnbm'tc v
den ümfuag der beidäu C'eütea KalteuHuadheini uud Uerni-
bach kaum übersobrittun babea. Dm so aufialliger ist e?, duC«
eia so kleioer Bezirk die etolzH üezeichuung „Gau" tührea
konnte. Der JJaringau freilich (und wohl aucli der Weeter-
gau) war sogar nouh kleiner.
Zur Zeit der Auflösung der Gauverfuaaung (im 11. Jahr-
huudert), als die kaieerlioben Oaugrafeu zu wirklii^hen Landes-
herren ihrer bisherigen Gerich tsbeziika wurden, fiel das TuUi-
feld einer Linie des Uenuebtrger GrafenhauseB eu. Der Uuu-
graf dürfte in KalteuBUDdheim, dem Gerichteorte, seinen tiitz
gehabt haben, denn dort hat der Sage uaeh da, wo jetzt die
Eirehe steht, eine Burg geutandeu. Die doppelte Mauer um
-die Kirche, die liulsere mit 5 Kuiidellen, die innere mit 4
dicken Türmeu vurtjehen, wie nie itu vorigen Jahrhundert noch
vorhaadeu war, ist zwar kein Beweis dafür, denn ho oder
ähnlich wareu früher die meisten Kirchhöfe der gaDseii
Oegend befestigt, und sie hiefaen ebeueo wie hier als die
eigentlichen Kastijlie der von hohen Uauern umschlossene u
Orte „Burgeu" oder ,, Burgstadel''; aber es giebt doch noch
mehr A-uhaltspunkte dafür, d&fä die Sage hititorischeu Hinter-
grund hat. — Nach Weini'ich hat die ursprilngliche Burg
auf der hohen, kegelförmigen Ältraark (A-Iteoburg), zu welcher
noch durch die Flur der „Burgweg" führt, gestanden, und
auch Erdmann sagt in seiner schon erwähnten Amt^beschrei-
tiung von 1754, dafa auf diesem Berge, an dessen Eufse ein
Tortre ff lieber Bruunen sei, „der Erzehluog und jezuweilen
gefundenen Mauren und Kellern nach" ein Schlofs gestanden
habe. Dann wäre also nach der Zerstörung oder dem Verfall
dieses Suhlosses die Burg da gebaut worden, wo jetzt die
£irche steht. Lange kann auch diese Burg nicht gestanden
haben.
Wahrscheinlich ist es, dafs mit ihrem Untergänge die ver-
mutlich durch Erbsehal'ts vorhält niese veranlttfate Teilung der
Cent Kaltensuudheim im Zusammeubauge steht. Für den
einen Teil, der aus den Orten E alten nord heim, Kalteuwestlieim,
Lichtenau {jetzt Wüstung), Erben- und Bei oben hausen, Ober-
^" BP
Dai ehemalige Amt LlchUaberg vor der Rbän. 247
I
I
I
Dnd ÜDterweid bestand und als „Vogtai £ alten nordh ei m"
ipäter zu Henneberg-SchleuBmgen gehörte, wurde zu Kalten-
nordheim eine Vogteiburg (die „Meorlinfie", nicht „Merlins"
wie Bein [Zeitschrift des Vereins filr thür. Gesch. u. A., V,
356] gehört hat) erbaut, während für den anderen, aus den
Orten Ealtensundheiui, Mittelsdorf, WohlmuthauaeD, Schaf-
hausen und GerthauBen bcHtehenden Teil (das später
lichtenbergische „Hintergericht") die
LichtenbuTg
Kur Yogteiburg ausersehen wurde.
Seit jener Zeit bildete das aus der halben Cent Kalten-
sundheim und einigen andern Ortschaften, z. B. Oberwald-
behrungen, Wilmars (^) etc., bestehende Amt Lichtenberg eine
eigene Herrschaft unter einer Seitenlinie der Grafen
Henneberg, denn aus jener Zeit rühren noch „lichtfinbergiscli«
Lehen", wie eben jenes Oberwaldbehrungen, her.
Wenn es wahr ist, was die Sage erzählt, dafs Ostheim
durch das Zusammenwohneu der liohtenbergischen Burgleute
entstanden iet, indem dieselben ihre ,, armen Leute" (Hörigen)
mit Teilen ihrer Burggüter belehnten, so müfste Schloß
Lichtenberg mindestens schon im 8. Jahrhundert bestanden
haben, denn Ostheim bestand nach Ausweis einer fuldai-
achen Urkunde schon im Jahre 804. Möglich, ja wahr-
scheinlich ist es aber auch, dafs nicht erst Lichtenbergs,
sondern schon der naher gelegene sagenhaften Frankotono-
bürg wegen jene Edelsitze gerade da, wo später das Boif
Ostheim stand, so dicht bei einander angelegt worden sind.
Jene Burg soll nämlich innerhalb der doppelten Bingmaueru,
welche zum Teil heute noch die Eirche umgeben, gestanden
haben. Schlofs Lichtenberg wäre dann nach der Zerstörung
oder dem Verfall der Frankoton ob urg gebaut worden. Wann
dies geschehen, ist, wie schon aus dem Gesagten hervorgeht,
dunkel. Uau nimmt an, dafs der Erbauer Graf Poppe IX.
von Henneberg (f 1119), ein Sohn des 1078 in der Schlacht
bei Mellrichstadt gefallenen Poppo YII. gewesen sein könne.
Bei Sohultes heifst er „von Lichtenberg, Irmelehausen iind
XVL 17
1
248 ^^ ehemalige Amt Lichtenberg yor der Rhön.
Wasungen''. Ihm folgte im Besitze der Burg Gottwald in.,
welcher anüser ihr noch Habiohsberg bei Meiningen besafs.
Ton ihm gingen beide SchlösBer an eine Nebenlinie des
Henneberger Orafenhauses, und zwar an Otto II., den Minne-
tsänger (s. u.)y über, der sich nach seiner dritten Burg „von
Bodenlauben^' (I.) nannte. Dessen Sohn Otto von Boden-
lauben II. oder jun. vereinigte durch Heirat die beiden Herr-
schaften Lichtenberg und Hildenberg (den Bezirk der später
würzburgisohen Gent Fladungen mit Ausnahme der (fuldaischen,
aber zur würzburgisohen Cent gehörigen) Orte Sondheim, ür-
springen und Btetten. Im Jahre 1230 verkaufte er beide
Herrschaften an Würzburg; im folgenden Jahre schon sehen
wir Schloüs Lichtenberg nebst Zugehörungen (dem Hinten-
gericht) in fuldaischem Besitze. Es war dem Stifte Fulda
eine willkommene Gelegenheit gewesen, eine Burg erwerben
zu können, unter deren Schutz es die genannten 3 Dörfer,
welche zum Baringau gehört hatten, als das „Yordergerichf'
«teilen konnte.
Auch über den
Bari n gau
herrschten, wie über das Tullifeld, bis vor wenigen Jahr-
zehnten noch ganz falsche Ansichten, und zwar deshalb, weil
man bei der Ableitung des Namens auf falsche Fährte geraten
war. Weil nämlich in den Urkunden Baringe bald als Gauname
(als solcher auch Baringewe geschrieben), bald als Ortsname
vorkommt, leitete Schannat den Gaunamen von dem des Ortes
Bohrungen (2 Stunden östlich von Mellrichstadt) her, und
ihm sind dann Schultes u. a., selbst noch Dronke gefolgt.
Um den Zusammenhang des entlegenen Behrungen mit
den wirklichen Baringauorten möglich zu machen, bedurfte
es auf Schannats Karte freilich einer gewaltsamen Verschie-
bung des Geländes. Er hält den so zustande gekommenen
Landstrich nicht für einen eigentlichen Gau oder Gerichts-
bezirk, sondern meint, die Alten hätten diesen zum Grabfeld
gehörigen, auf fast allen Seiten von Bergen eingeschlossenen,
langen und schmalen Landstrich nur deshalb mit dem Namen
Du efaemtlige i
BfatanbiTg TOT i
einee Oaaes iiaA zwar nach dem damals wahracheiolich 1
dentendsten Orte ßehrungen bezeichnen zu müssen geglaubt,
um die darin liegenden Orte Sondheim, Nordheim und Ost'
heim yoa den gleichnamigea im Grabfeid und im^Tullifeld
gelegenen unteTBcheiden zu können. „Sondheim im Baringau"
sollte ateo eigentlich nur bedeuten „Sondheim in der Behrunger
Gegend". Obgleich^ aber dicht bei Bohrungen ein Sondheim
(im Orabfeld) liegt, wäre also doch das 5 Stunden davon
liegende Sondheim (vor der Rhön) gemeint gewesen !
9CHA N N AT5 ^'""f;'' »: < /
Eret Beukert*) roacbte darauf aufmerksam, dafa jei
entlegene Behinngea nie zum Baringau gehört, und dafa dieser '
seinen Namen nur von dem Bahrebache haben könne, der
in ürspringen entspringt und unterhalb Nordheim nach kurzem
Laufe iu die Streu mündet. Wie aber die kleine Bahre zu
der Ehre gekommen, dem Gau den Namen zu geben, dafür
neifs er keinen plausiblen Grund anzugebeu. Er meint, ee
habe wohl der Umsland, dafa Kaiser Karl der Grofse Ton der
i Denkwardigk. t, IBfiS.
250 ^^ ehemalige Amt Lichtenberg vor der Bhön.
Salzburg aus vielleicht Öfter sein Krongut XJrBpringen besucht,
oder dafs, nachdem sein Sohn Ludwig der Fromme es an
Fulda geschenkt, Fuldaer Benediktinermönche sich hier viel
an der Quelle der Bahre aufgehalten, dem Gau zu seinem
Namen verhelfen. Allein der Gau trug seinen Namen schon
vor Karl dem Grofsen. Benkert hält sogar die Ableitung des
Namens von der bei der Hünenbeerdigung verwendeten Bahre
nicht für unmöglich.
Unser Sondheim liegt am Fufse des „Gentberges'', der
ehemaligen Gaugerichtsstätte („Sondheim war einst der Sitz
des grofsen Gentgerichtes für einzelne Bistrikte des Grab-
feldes''); dicht unter dessen steil abfallender Nordseite fielst
die Bahre hin, was alles Benkert wufste — kann es da
noch im geringsten zweifelhaft sein, wie der Gau zu seinem
Namen gekommen ist? Wollte der würzburgische Domdechant
und lokalpatriotische Nordheimer dem protestantischen Nach-
barorte die fast in Yergessenheit geratene Ehre nicht gönnen,
der älteste und bedeutendste Ort des Gaues gewesen zu sein?
Der Gentberg, eine fast 1 Kilometer lange, unbeträcht-
liche Anhöhe mit überaus freundlicher Aussicht, zieht sich
westlich von Sondheim nach Westen zu und dacht sich nach
Süden und Osten zu allmählich ab. Yon dem höchsten Punkte
am Ostende aus ist ein fast schnurgerader Erdaufwurf iu
südöstlicher Bichtung herabgezogen, dessen Bedeutung dunkel
ist. Um jenen höchsten Punkt zieht sich in weitem Halb-
kreise ein tiefer und breiter Wallgraben; nach Norden zu
war eine solche Befestigung des steilen Abhanges wegen un-
möglich und unnötig. Die so befestigte Spitze des Berges
bietet keinen zu Gerichtsverhandlungen recht geeigneten
ebenen Platz; die geringere Erhebung am westlichen Ende
würde sich hierzu besser geeignet haben. Zu Kriegszwecken
erscheint jedoch der befestigte Baum wieder zu geringfügig.
Unterhalb des Walles nach Osten fehlt es nicht an einer
breiten ebenen Fläche.
Dem Gentberge parallel zieht sich südlich you ihm der
höhere und längere „Galgenberg", der nach allen Seiten sich
I
I
Dm ehnoklige Amt UefalaDlierf vor dar RfaSn.
allmählich abdacht und nur am westlichen Ende dicht toH
ürapriügen Biemlich atcil abfällt, kurz vor dieaera Abhänge
mit schOD duTchwilhlten Hünetigräbern bedeckt. Wo auf dem
laugen Hfieken dea Berges der Galgen geetflnden, ist nicht
mehr zu erkennen — - der Piug hat jede Spur beaeitigt. Der
Berg helfet jetzt nur an seinem westlichen Ende Galgenberg,
am östticheo heiPst er Hühueibrühp. Zwisehen Galgen- und
Centberg zieht sich der Urapringer Weg hin, hei dessen ver-
änderter Anlage 1832 man, nach Benkert, „eine ungeheure
Uenge menschlicher Gebeine fand, die nur aus jener rohen,
fürchterlichen Cent^erichtaperi ode sich herdatieren können" {?).
Was er weiter von einem durch den Sondheimer Brand von
1840 blofsgelegten grofsen, roh gemauerten Turme mit vom
Wasser unterwaschenen Grundmauern erzählt, beruht jeden'
falls auf einem Mifs Verständnis.
Die Gerichtsgehäude standen jedenfalle da, wo jetzt das
Pfarrhaus steht (das alte hatte dicht an der östlichen Dorf-
matter gestanden) und die Amtskellerei (die Wohnung des
Cellariiis) mitten im Orte an der Bahre (die jetzt Diemar'sohe
Hofraite), wie die Überlieferung berichtet.
Als zum Baringait oder — was dasselbe sagt
Gerichtsbezirke Sondheim gehörig werden in den fiildaisches
Urkunden folgende Orte ausdrücklich genannt: Sondheim
(viermal, ohne nähere Bezeichnung öfter), Oitheim (zweimal),
Eisbach, Fladungen , Nordheim und WolfholtesBtreu , „das
Bonst Paotritesetieu hicfa" und das mit Benkert etwas ober-
halb Melpers an der Streu zu suchen ist (einmal). — Atirser-
dem ist 813 zugleich mit Ostheim, Sandheim und Blzbach,
und zwar zwischen den beiden letzteren, Westheim als Barin-
ganort genannt. Unwillkürlich sucht man bei einem Nord-
heim, Sondheim und Ostheira auch nach einem Westheim.
Das that auch Benkert, und er fand es in — Baatheim !
„Vie, dachte ich, Bastheim .... sollte kein geschichtlich
alter Ort sein . , .: Es fand sich auch bald, dafs Bastheim
ursprünglich in der That Westheim geheifaen habe and wirk-
lich ein sehr alter Bari ngaui acher Ort sei. Man Teroehme;"
f-
252 ^'^ ehemalige Amt Lichtenberg yor der Rhön.
— und Dun beruft er sich auf jene Urkunde von 812 und
auf eine andere , in welcher dieselben Orte in derselben
Keihenfolge als im Grabfeld liegend yorkommen, die doch
weiter nichts beweisen, als dafs es wirklich im Baringau auch
ein Westheim gegeben hat. Folgende Thatsachen jedoch, die
Benkert aufPalligerweise ganz aufser Acht läfst, verweisen Bast-
heim endgiltig aus dem Baringau hinaus : 1) Westheim muTs
doch westlich von jenen 3 nach den Himmelsgegenden be-
nannten Orten gesucht werden ; oder sollte man, um nur auch
ein Westheim im Gau zu haben, den östlichsten Ort so ge-
nannt haben? — 2) Bastheim gehörte nach Auflösung der
Gauyerfassung nicht wie Ostheim zur Gent Mellrichstadt, oder
wie alle übrigen Baringau orte zur Cent Fladungen, sondern
zu Neustadt a. d. Baale; erst neuerdings ist es zu Mellrich-
stadt geschlagen worden. — 3) Ebenso gehörte es seit der
Einführung des Christentums nicht wie alle anderen Barin-
gauorte (mit Ausnahme der fuldaischen Sondheim, ür-
springen und Stetten) zum Kapitel Mellrichstadt, sondern zo
Münnerstadt. — Suchen wir das einstige Westheim westlich
von Ostheim, so treffen wir auf Stetten. Dort aber geht die
Sage, dafs die ersten Ansiedler, Nordheimer Einwohner, beim
Urbarmachen des Bodens sich in den Euhepausen an der
„Stätte", einer starken Quelle (jetzt mitten im Orte), mit einer
grofsen (noch vorhandenen) Basaltplatte daneben, eingefunden
hätten. Ist es da nicht wahrscheinlich, dafs man die neue
Ansiedelung Westheim genannt hat, dieser Name aber bald
durch den der alten Stätte wieder verdrängt worden ist.
Die „Stätte am Wasser*' (Stetihaha) kommt auch einmal vor,
schon 838, wenn auch als im Grabfeld gelegen (weshalb es
Schannat für Stettlingen nimmt) ^).
1) Auch ThettoD iuxta Strouuam, welches in einem Tausch vertrage
zwischen den Abten Richard v. Fulda (1018 — 1039) und Siegfried von
Münster vorkommt, ist von Schannat und noch von Benkert für Stetten
(von Dronke für Ditenhausen) gehalten worden. Nach Denner (D) ist es
das hannoversche Scbafdetten, l Filial von Notten an der Stever (iuxta
Stivirnam müfste dann in dem seit Schannat vermifsten Original gestanden
haben), welches nachweislich fuldaisch gewesen ist.
Du ehemalig« Amt Liehtenberg vor der Rhön. 253
Osäleim, Sondheim, Nordheim und Elibach werden in
den Urkunden zuweilen, Stetten das eine Mal, wo es nicht
Westheim, sondern Stetihaha heilst, in das Grabfeid verlegt.
Es lassen sich dafür dieselben Gründe anführen, wie sie im
g^dhen Falle bei den Orten des Tullifeldes angegeben sind.
Die ersteren 3 Namen finden sich auch oft ohne jede Be-
saiehnung, so dafs man nicht immer weifs, welcher der gleich-
namigen Orte gemeint ist.
Der Umfang des Baringau also war der der
spiteren Cent Bondheim, dieser aber derselbe wie der der
aoeh späteren Cent Fladungen.
Wie einst die Apostel die Mittelpunkte der Kultur km
Ausgangspunkten ihrer Missionsthätigkeit gemacht hatten, ho
suditen auch die von Bonifatius ausgesandton Pionirrp t]nn
Christenstums zuerst in den Gaugerichtsorton, die siinlitinti
Pflegestätten der heidnischen Kulte waren, fwipu Kiifn tu
fiusen, und so haben auch die Mönoho doH 74i ftPa^tViwh^h't*
Klosters Fulda in unserem Baringau ihr«) Wirkfinriilr*')! fMl•^«l
in Sondheim (6 Stunden von Fulda) hhnimw^u.
Kaum hatten sie da festen ¥uh zt^tnhi, '1» knwhh »Uh
Mönche des Bischofs von WürzbwrK, *ittt, jg*»*^M«W> tttip h)nh
vom fränkischen König Karlroann b<»4Urrirfff^ hh^^Mtt^ni^ >U#
Diöceee, von den Errungenjichaf^ri t\p>f 1/t*t)t)n*nt^ fffwt*.f#MK*»
vom geistlichen Zehnt und ander at» V,hun"uiP^**h N^^'^t *** *'*•
gieifon. So geschah es ci^rijfw** ir* r*?.^^;'«/^^*-" M*-*' #»'<>• »r
Frankens. Das gab dcnr* V<^r»ft»*«#/»J5 ti /-^Wr»*A^^u^, t'-it-nhi^
keiten und gehässig^en fc^^-thMT^^SArr x^',«A>f/^/r f^**^ A'r*.^»* ti,>i
den Herren beider Htitt^, -»r./? ;^.^Ay f^jf,^t^^ >v**^ t^^^f-,, ih, .
Nachfolger seh er.r^Ä^«n. f/« Jr*»^ tf-rP «^^'•''''•'' ^■'*i- *
Ludwigs des Protr.m^n, v(^',^^^i^ ,aaa .t^^thtf*^"'-^''*' *•'••>''*•-,.
zu grof i«Bi Ar.«V,r* jc^r^'^'iAM^rr, tk^ ^ \^^. f^t^ '• **•'"'■'■.#,
am Main ein Vät'/ .»9: x*-*^Apf^^'i^, ' »*» if ma^tA'M h-*i^. ■ / • ' /r' '-'./. ..
diseevdia ■'i^m .«^uiÄr.-ftA '^■i^ivwy iA^A^» «a. /iy.-**^»*"* •»'« •'»avj^
dsls ia ^i -Ut ltf'.''^:^x^ft ^^y-^ /^.^ „w/^f^^'^'""*^^^ ^-•-^■.^ti
254 ^^ ehemalige Amt Lichtenberg vor der Rhön.
Abte zu Fulda zagesprochenen Orten ist nur einer aus dem
Baringau genannt: ,,8unt]ieim, ubi ecclesia constructa est'' ^).
Mit dieser Ausnahmestellung Sondheims im
Baringau beginnt die Geschichte der jetzigen
Ostheimer Enklave.
Fuldaischerseits war man nun, um den Besitz dieses
einen Ortes und den einzelner geschenkter Höfe in anderen
Orten so sicher und zugleich so einträglich als möglich zu
machen, darauf bedacht, die Grafen und Edlen noch mehr
zu reichen Schenkungen von Grundbesitz zu veranlassen.
Auch Kaiser Ludwig der Fromme, der diesen Beinamen nur
durch seine reichen Schenkungen an Kirche und Geistlichkeit
sich erworben hat, schenkte um 886 auf Bitten des fuldaischen
Abts Hrabanus Maurus dem Kloster Fulda ürspringen mit
allen Zugehörungen ^).
Sowohl die Urkunde über diese kaiserliche Schenkung,
als die vorher erwähnte über den von den kaiserlichen Kom-
missaren Meginbold und Truandus beglaubigten Vertrag zu
Eetzbach tragen nach Gegenbaur ') die Merkmale der Unecht-
heit an sich. Die darin beglaubigten Thatsachen sind aber
nur selten *) angezweifelt worden. Das Ergebnis der Ver-
handlungen zu Retzbach schreiben die würzburgischen Schrift-
steller (z. B. Himmelstein) der Friedensliebe des Bischofs
Wolfger gegenüber dem händelsüchtigen, im Jahre darauf
abgesetzten Abt Eatger zu Fulda zu. Ein Beweis aber für
die kaiserliche Schenkung von 836 sind die 6 gröfseren und
7 kleineren fuldaischen Höfe, die es noch vor wenigen Jahr-
zehnten in Ürspringen gab.
Ebenso wurde dem Stifte Fulda auch in Nordheim (die
später sächsischen Höfe) und besonders in Stetten, das ihm
1) Schannat, Hist. fnld. 2, 28 ; Dronke, Nr. 328, u. a.
2) Schannat, Dioecesis fuld., p. 109; Dronke, Nr. 527.
3) Kloster Fulda I, 53.
4) z. B. von J. G. ab Eckhart, Animadv. in Schann. Dioecesin
29.
ligc Amt Llclitsnbiri
255-^^
I
gehörte, GrundteBite zugewendet. Zar Überwaohung
■ Besitzungen und zur bequemeren Erhebung der Gefalle sah
BJoh Fulda nun genStigt, auf dem Gaagolfdberge eine Fropstei eu
gründen — bo erklärt wenigstens Benkort die Ruine auf jenem'
se Propatei wäre "dann jedenfalls nach 1231, als-
duTch die Erwerbung des Schlosses Lichtenberg für Fulda
lüssig wurde, aufgegeben worden. Doch erscheint es-
kaam wahrscheinlich, dafs der 13erg je iu fuldaisohem Besitze^
gewesen ist.
Nachdem also Würzburg -vom Baringau Besitz ergTi£Feik
hatte, unterstellte es ihn — natürlich mit Ausnahme der fuldai-
Bchen Orte Soadheim, Urspringen und Stetten (und Oberwald-
behrungen?) — dem Kapitel MeUrichstadt.
Im Jahre 1031 schenkte Kaiser Konrad IL einen Wald
(quandam sylvam baclenus cummuni compagieDsium uBui
habitam), dessen Grenze bei Mellrichatadt an der Mündung
des Malbaohs in die Streu begann, sieh an letzterer hinauf
bis Fladungen zog, Ton da sieh nach Schafhausen hinüber
wendete uud an der Herpf hinab bis Föachau (seit 400 Jahrea
Wüstung), dann Über Oleimershausen und Haselbaoh zum
Körnbaoh ') ging uud von da zum Herigozzesdal (Altharles),
über Eufsenhausen am Ualbaohe hinab bis zum Ausgangs-
punkte reichte, auf Bitten der Kaiserin Gisela und mit Zu-
stimmung des fuldaischen Abtes Kichhard, des Vogtes Eegin-
hard, des Grafen Otto und anderer Nutzungsberechtigten dem
Stifte Würzburg. Bald darauf jedoch sind die Grafen von
Henneberg die Herren dieses Bezirks, ohne dafs man weifsr
'wie sie es geworden sind.
Im Jahre 950 hatte Nordheim — also auoh der Barin-
gau — unter einem kaiserlichen Oaugrafen Otto gestanden.
1) DBriins, dafa hier wader Dorf noch Sclilofs Hennebarg (am Körn-
liBcIie), sllerdings sehr anffülligorweise, di sonst Alle Greoiorte gSDaiiiiC
lind, ili solcher (trwühat ist, da doch schon 6 Jahre spKler der erate Graf
T. Hcnoeberg auftrill, schlier^I Beukort (Archiv des hist. Vereins iUr
HuttTtr. XII, I, S. leS) auf die Erbauuci; der Barg ionerhslh dieser &
Jahra,
(
;256 ^^ «hemaUge Amt Liehtaobarg vor d«r Bhdii.
Ot> er nur den Baringau odor ein^n grö&eren Bezirk unter
eioh hatten bleibt ungewiHi. Der in der EaiBerorkande von
1031 genannte Graf Otto iat nicht mehr als kaiserlicher be-
zeichnet — die OanyerfiEMuning hatte aufgehört, und aus den
liiaher kaiserlichen Oberriohtem waren Eigentümer, Landea-
heiren ihier bisherigen Oerichtsbejrirke geworden, soweit nicht
«ndere Herren ältere Rechte auf einzelne Besitzungen inner-
iialb derselben hatten.
Der Baringau wurde nun zur Cent Sondbeim, der kaiser-
liche Gerichtsherr auf Hildenberg zum Herrn der Herrschaft
fiildenberg — wobei natürüoh die Stifter Fulda und Würz-
bürg im Besitz ihrer innerhalb derselben gelegenen Orte und
C^erechtsame blieben — und der Begalien, die den Gaugrafen
JBU£ Kutzniefsnng überwiesen gewesen waren (z. B. der Fron-
iiöfe auch in jenen, anderen Herren gehörigen Orten).
' Die Gerichtsherren des Baringau, die nunmehrigen Grafen
^Qu Hildenberg, gehörten einer Nebenlinie der Gaugrafen des
-östlichen Grabfaldes, der nunmehrigen Grafen tou Henne*
herg an.
Auf den mittels ziemlich kühner Kombinationen durch-
geführten Nachweis dieser Verwandtschaft, welchen Heim
^Henneb. Chronik) yersuöht, braucht wohl nicht näher ein-
gegangen zu werden ^). Bechstein (in seinem „Otto y. Boden-
lauben") hält die Stammyerwandtschaft mit den Grafen yon
Wildberg für wahrscheinlicher wegen der Ähnlichkeit der
Wappen; allein auch diese Grafen waren honnebergischen
Ursprungs.
Nicht immer machten die Herren auf Hildenberg Ge-
1) Den Namen Hildenberg leitet Schultes her von der Hiltiburg,
welche mehrere Schenkungen in der Gegend an Fulda machte ; analog
"Wäre dann wohl eine Canibnrg die Erbauerin der Kunitzbnrg, eine Friburg
•die Yon Freiburg gewesen. Der Name Hiltiburg war damals bei Edlen
4uid Leibeigenen sehr hftnfig; auch Oudruns Gespielin heifst Hildburg
Der Name des Waldes hinter Hildenberg, Höhn, deutet auf eine heidnische
Kultusstätte (der Hilde?) hin.
Das ehemalige Amt Lichtenberg vor der Rhön. 257
l>raiioh Yom Grafentitel, wohl wegen der Winzigkeit des ehe-,
maligen Gaubezirks, ihrer nunmehrigen Herrschaft.
Als erster ihres Geschlechts kommt urkundlich Kunimund
vor, 1 116 als Zeuge genannt 11 28 verkaufte er, „quidam über
homo^' und seine (ungenannte) Gemahlin nebst seinem Sohne
Adalphret und seinen übrigen Kindern das Gut Brachbach an
das Stift zu St. Jacob zu Händen der Freien y. Aufsefis und y.
Ottohesdorf. AuTser jenem Adalphret (Albert [I.]) kommen
noch Albert II., Giso und Christian (dieser nur einmal, 1 158, als
Zeuge genannt) yor. Giso erscheint zuerst 11 S9 als Zeuge,
dann u. a. 1161 (mit Albert) im Stiftungsbriefe des Klosters
£ildhausen. 1179 übergiebt er, „yir primarius et illustris'S
Mönch geworden, sein Gut in Frickenhausen samt Yogtei und
^en Zugehörungen durch Adelbert y. Hildenberg, seinen Vetter,
and Berthold y. Wildberg dem Kloster Wechterswinkel, welches
Bechstein für eine hildenbergische Stiftung hält Im Jahre 1183
heilst es yon ihm, dafs er, „seligen Andenkens^', dem Kloster
Herrenbreitungen, in welchem er yermutlich seine Tage be-
schlossen hatte, das Dorf Buttehusen (Bitthausen bei Belrieth,
jetzt Wüstung, 1444 noch Dorf — nicht Bettenhausen, wofür
man es sonst hielt) yermacht habe. — Albert II. kommt 1167,
1171 als Zeuge yor, folgt 1189 dem Kaiser Barbarossa in
das heilige Land ui^ y erschwindet aus der Geschichte. —
Albert III., Gisos oder Alberts II. Sohn , wird yon Graf
Poppe VI. yon Henneberg, dem Grofsyater seines Schwieger-
sohnes Otto (gen. yon Bodenlauben), 1185 cognatus genannt,
und erscheint (mit Hermann und Härtung y. Fladungen) noch
1217 als Zeuge. Er war yom Stifte Fulda mit der Schutz-
yogtei über das Benediktinerinnenkloster Bohr belehnt, welche
1228y nach seinem Tode, die Herren yon Kundorf gewaltsam
«ich aneigneten. £r war der letzte seines Namens; er hatte
nur eine Tochter, Adelheid ^).
1) Müller (1. c. S. 288) giebt ihr einen Bruder Albert, indem er die
Worte (Kloster- ),,Schwester Adelheid, Tochter des Albert v. Hilden-
2(y8 ^** ahanalif e Amt Liehtonberg vor der Rhdn.
Durch seine Verheiratang mit dieser leisten Gräfin von
Hildenberg vereinigte Graf Otto von Bodenlauben II. (jun.)^
welcher Lidhtenherg, obgleich sein Vater Otto I. noch lebte^
schon besaby die beiden Herrschaften Lichtenberg und Hilden-
berg unter seinem Besitz.
Graf Otto I. von Bodenlauben ist unter allen Besitzern
des Schlosses Lichtenberg aus dem Hause Henneberg die
interessanteste. Erscheinung. Wie sein Bruder Poppe YII.^
1220 SchwiegeiSBohn des Landgrafen Hermann Yon Thüringen,.
Kinnesang und lOnnesänger in besonderen Schutz und Pflege
nahm, so dafs er deshalb im Sängerkrieg auf Wartburg (um
1296) Yon Biterolf und Heinrich y. Risbacb| dem ,ytugend»
haften Schreiber", begeistert gepriesen wurde, so übte Otto
die Dichtkunst selbst eiMg aus. Seine in der Manesseschen
Handschrift (früher zu Paris, seit 1888 in Heidelberg) ent»
haltenen Gedichte hat L. Bechstein in einem schon erwähnten,,
als Prachtausgabe (Leipzig 1845) in nur 100 Exemplaren
gedruckten Werke, in welchem alle Nachrichten über des
Minnesängers Leben zusammengestellt sind, herausgegeben.
Otto tritt als Henneberger 1196, als Graf v. Bodenlauben
1206 zuerst auf. Er besafs aufser Lichtenberg die Schlösser
Habichsberg bei Meiningen und Bodenlauben bei Eissingen
mit ihren Zugehörungen. Seine Gemahlin war Beatrix, Tochter
Joscelins III., Yerwaudten und Seneschalls des Eönigs Johann
von Jerusalem, die er sich 1206 oder 1207 (? s. u.) in
Palästina geholt. Noch 1217 verschenkte sie eine dortige
Besitzung mit Zustimmung des Königs. Wie glücklich er mit
ihr gelebt, geht aus mehreren Liedern hervor, z. B. :
berg" mirsYersteht. — 1206 trugen 8 Brüder v. Meiningen das Vogtei-
recht über Ebersdorf yon einem Emehard y. Hildenburg zu Lehn ; 1 284
starb im Kloster Vefsra Friedrich yon Hildenberg. Beide, yielleicht
Vater und Sohn, läfst Bechstein in seinem f,Otto y. Bodenlauben" uner-
wähnt. — Von einer Seitenlinie des Hauses Hildenberg war die Bur^
Bilstein bei Frickenhausen erbaut worden.
Dm ehemalige Amt Lichtenberg vor der Bhön. 259
Mir hat ein wip herze unde lip
Betwungen unde gar yerhert;
Diu ist so guoty swaz si mir tuet;
Wil si, 86 wirde ioh sanfte eraert
Aus folgendem Gedichte:
Wsere Kristes loa niht als6 siieze.
So eulieze ich nicht der lieben yrouwen min,
Die ich in minem herzen dicke grüeze
Si mac yil wol min himelriohe sin;
8w& diu guote wone alumbe den Hin ^),
Herre Got, s6 tüo mir helfe schin,
Daz ich mir und ir erwerbe noch die hulde din! ^
•nach Bechsteins Übertragung:
Wäre Christus' Lohn nicht also süfse.
So liefs ich nicht die liebe Fraue mein!
Die ich oft in meinem Herzen grüTse,
Sie kann gar wohl ein Himmelreich mir sein.
Wo die Gute wohn' all' um den Ehein *),
Herr Gott, gieb deiner Hülfe Schein,
Auf dafs ich mir und ihr erwerbe noch die Gnade dein!
schlielst Bechstein, Otto habe sich yon seiner Gemahlin ge-
trennt und sei wie auch sie in ein Elloster gegangen. Die
Antwort jedoch, welche er ihr in den Mund legt:
Sit er giht^) ioh si sin himelnche.
So habe ich in zuo Gote mir erkom,
Daz er niemer yuoz von mir entwiche,
Herre Got, 1& dirz niht wesen zorn!
Erst mir in den ougen niht ein dorn,
Der mir hie zu vröuden ist geborn, —
Kumt er mir niht herwider, — min spilnde yröude ist
gar verlorn!
1) damals sprichwörtlich för „wo auch immer in der Welt'^
2) giht (vergl. Urgicht «ss Gestftndnis) von jehen, eigentlich ja sageo*
260 ^^'^ ehemalige Amt Lichtenberg vor der Rhön.
nach Beohstein:
Da er sagt, ich sei sein Himmelreiche,
So hab ich ihn zum Gölte mir erkor'n,
Dafs er keinen Schritt von mir entweiche!
0 Herr Gott, lafs dirs nicht sein zum Zorn!
Er ist mir in den Augen ja kein Dom.
Der mir hier zu Freuden ward gebom,
Kommt er nimmer wieder, ist mein Freudenspiel yerlomf
läfst wohl eher darauf sohliefsen, dals er sich zum zweiten
Male einem Ereuzzuge angeschlossen hat, denn ein Wieder-
kommen, auf das sie so sehnlich hofft, gab es wohl aus den
blutigen Kämpfen mit den Sarazenen, nicht aber aus dem
Kloster.
Von seinen Liedern, deren manches auch im Falas der
Lichtenburg bei festlichen Banketten erklungen sein mag,,
hier noch zwei augenscheinlich zusammengehörige:
9. „Wahter ich bin komen
üf gen&de her ze dir,
Nu gib mir r&t: wie st&t ez umb die vrouwen min ?"
„ „Ich h&n vernommen —
Wer sprichet ze mir?
Bistu'z der liepste man? dli kanst ein teil ze lange sin.'^'^
„Jk ich bin, den du da b6he enpfähen solt.
Ich was dir ie mit ganzen triuwen holt,
Nu sage miner yrouwen, daz ich hie bin;
Sie ist so guot, sie l&t mich in!''
13. Wie ßoU ich den ritter nü gescheiden
Unt daz vil schoene wip,
Diu dicke bi einandern w^ren e?
Den r&te ich an rehten triuwen beiden
Und üf ir selber lip,
Daz si sich scheiden und er dannen gd.
•aiE aniiss läir. ina : m t»t 9*.\
'izca: mich hw b<»i<i^i^it .
laÖL jash. bi dir b«td^^u\ ti\Oo«o
JkBt äüae TrioLäeL rlust!
SL OK {sefti^ sc «adurf^u wtr tuht kU^:«^».
JhL irriw ist g«r ein« 2an^* ma.
n mich, ich muo< suo dir.
es mir an deu lip," —
CB^z der tac, daz klage ich sondez wip
k f
HtEntu, vriunt, dou irahter an der zinncn,
nne lin sanc vergibt?
Wir müezen uns nü scheiden, lieber man !
AlsoB muoBtu leider von mir hinnen;
OwS mir der geechiht,
Dai uns diu naht eo Ylühteclich cutran '
Naht git Benfle, we tuot tac.
Owd, herzelieby ine mac
Bin wol Tergezzen niet:
Uns nimt die yrönde gar de» wahtdie li««l.**" *)
Zu der poetischen Ersch«jiiiuiiK d^« MuiiiOBäugoiB blimiut
iohleoht, was Heim, allcrdifiK* tiiit«j \urhcUu\i, vüu iliiu er-
aählt: Otto v. Bodenlaubcn (üuIöi- dem ülluidingti auuli Dito
jiUL gemeint sein könnt«:) hab«! tüum „uruiua LöuIü" ku Btet-
1) ein „Tagelied'S wU miUIü kui ««it dttü MliiiiMaiig* üblich wtrtn.
Dw TagoUed „hat s«Io«ii Wauiwi dnvoü, daf* der jm««« Tag, odar dar be-
ateUte Wichter, der dae Kahaii de* Tageb verkttud. , die naobt« heimlich
vereinten Liebenden zur Trennung mahnt" (Bodei • It)-
.262 ^'^ ehemalige Amt Lichtenberg vor der Rhön.
ten und Eottstetten mit Nehmung seines Yogtreohts so ge-
plagt, dafs die Würzburger Domherren sich yeranlafät gesehen
hätten, um die „advocaticias angarias et coacta seryitia'' ab-
zustellen, ihm das Yogtrecht abzukaufen. Das Wahre daran
ist, dafs das Stift Würzburg seine Stiftsgüter zu Stetten (bei
Earlstadt) und Eetzstadt^) am Main durch Ottos Yögte in
ungerechter Weise (advocatorum yexatione) in Anspruch ge-
nommen geglaubt und deshalb 1230 ihm das Yogteirecht ab-
gekauft hat (ürk. bei Bechstein).
Im Jahre 12SI, in welchem Sohn und Schwiegertochter
Ottos sich dem geistlichen Stande widmeten, gründete seine
Gemahlin Beatrix das Kloster Frauenrod, 1 Meile von Eis-
fiingeo, an der Stelle, wohin von Schlofs Bodenlauben aus der
Wind ihren Schleier geweht hatte. Sie selbst ist jedoch nicht,
wie Bechstein meint, ebensowenig wie ihr Gemahl, ins Kloster
gegangen, wenigstens nicht vor dessen Tode; denn stets und
noch 1244 heifst sie Ottos „Gemahlin'' (schon im Jahre darauf
wird er als „seligen Andenkens'' erwähnt), während doch
ihre Schwiegertochter seit ihrer Einkleidung als Nonne stets
„relicta" ihres noch lebenden Gatten und „Schwester" ge-
nannt wird. — In der Kirche zu Frauenrod stehen die Stein-
bilder Ottos I. und seiner Beatrix, die beide in hohem Alter
gestorben sind; auch ünden sich dort 3 Glaskästen mit dem
bewufsten Schleier und einigen hinter jenen Denkmälern ge-
fundenen Gebeinen.
Aus den Worten der Urkunde, in welcher die tauschweise
Erwerbung des Klostergrundstücks bezeugt wird : „Nobilis vir
Otto senior comes de Botenleyben et coniux aua domina
Beatrix hseredes in terra non habentes" schlofs man, ihre
Ehe sei kinderlos geblieben. Sie hatten jedoch 2 Söhne, die
1) Nach Benkert (Baringau S. 63) dürfte es weder Betzstadt noch
Rottstetten, sondern müfste es Roth und Stetten (unter Hildenberg) heifsen.
Allein in demselben Jahre erwarb Würzburg von Otto jun. die ganze
Herrschaft Hildenberg (s. u.) und damit auch die Vogtei über Rot; die
über Stetten stand nach wie vor Fulda zu. .
t ]
Du atiaiiiiliea Amt LiobtanberB tot du SfaSn. 263
auf kein Erbe mehr Anspruch machten, da sie beide der
elt enteagt hatten; der eine, der mehierwähute Otto jud.,
war um diese Zeit Mitglied des DeutBchherrenordens geworden,
der andere, Heinrich, ist 1235 Eanonikue im Stifte St. Johaun
Haug bei Würzburg. Otto jun, hatte, wie schon erzählt,
it Adelheid, der letzten Hildenbergerin, vermählt, uaoh
ihst«in um 1225 bie I22T. Letzterer übersieht jedoch,
was ihm doch bekannt war, dafs 1328 Otto mit Zustimmung
seiner Gemahlin und seines Sohnes Albert, der tiber-
dioB 1234 als Eanonikus za Würzburg genannt wird, Hilden-
berg dem Stifte Würzburg zu Lehn auftrug. Graf Otto jun. mufe
also viel früher als 1226, und sein Vater viel früher als 1206
geheiratet haben; dieser kann schon mit Kaiser Rotbart ins
heilige Land gezogen sein, aus welchem er seine Beatrix mit-
brachte.
Um 1230 entschlossen sich beide Gatten, Otto jun. und
Adelheid, dem weltlichen Leben zu entsagen und deshalb sich
zu trennen. Zunächst verkauften sie die Herrschaften Hilden-
berg, die sie erst einige Jahre erblich besaTsen, und Lichten-
berg, Weil letzteres aber ein reichs unmittelbares Lehn war,
mufste dazu erst die kaiserliche Genehmigung eingeholt werden,
■welche König Heinrich denn auch am 23. September 1230
«rteilte^). Die Urkunde über den Verkauf beider Schlösser
wurde noch im Dezember desselben Jahres ausgefertigt. Aufser
«iner grofaen Anzahl von Vaeallen, deren Lehngüter leider
nicht angegeben sind, übergab Otto dem Stifte folgende nicht
an Vasallen verliehene Orte und Regalien: Grunbacb (?),
Sohwarzbacb (bei Wüsten Sachsen), (Wüsten-) Sachsen, Franoken-
heiro, Liatebacb, die Vogtei über Oberüadungen, Salchenbergk
{jetzt Wüstung), Brukken, Eozzenliten und Heinfurte ; in Hueen
9 Talente und 5 Schillinge Zins, einen Nutz- and einen Obst-
garten ; ganz Diezenwinden mit Ausnahme von 2 Gehöften ; ganz
Altenveit, Liechtenowe (jetzt wüst) und Elspe, in Bodo einen
1)B
: »pitereo VeräafsBmiigen der Burg ist i
nehmigiiiiB nicht mehr i
Dm iliiMiHn An* LUdittiibMg Tor 6mt BtOm.
1319: Luts T« Bftgheim iMiitst ein Burglehn zu
Fimk— heim und 10 PAind Heller jähxlioh sa Hauaen ^),
1919: Apel T. Speeeart hat jfihrlieh 4 Pftind za
BotBBwinden nebsl S^/^ Mali Hate und ein Lehn su Fianken-
heim. — 134S beeab dieee Stüeke aein Sohn Ha na» —
1973 hat dea letateren Sohn Hana 4 PAind jbu Betzwinden
(Bftdeoaehwinden).
1931 Uate Biaohof Wolfram die an Henneherg Tenetste
Borg wieder ein^)*
1960 nnd 1865 iat Siegfried yom Stein Yogt auf
Hildenherg. — 1367 wird aein gleichnamiger Sohn som Erh*
horgmann angenommen nnd erhilt 100 PAind Heller mit der
Yerpflidhtangy entweder ein eigenea, 1 hia huSohatena 2 Meilen
▼on der Bnrg abgel^^ea ^eiohwertigea Oot dem Stifte
Wttnlmrg an Lehn aofimgeben oder zu dieaem Zweoke erat
ein aolehea zn erwerben*)*
1867 yerkauften „Henrich von Hildenberg,
Henriohea yon Hildenbarg San, der ettiawanne oza der
Wenygen Hone aaa'', and Alheid aeine eheUöhe Wirtin dem
Bitter Giao y. Bienbaoh and ,,Fraawen Lenen'' aeiner ehelichen
Wirtin ihren Hof zu Wenigenhaan (D.). Ea acheint die
Familie einea hildenbergischen Burgmannes zu aein, der aeinen
Kamen gegen den der Borg yertaascht hatte, wie es aach
bei Lichtenberg and anderen Bargen yorkam.
1869: Dytrich y. Bibra, Bitter, gelobt dem Bischof
Albrecht und dem Stifte Würzbarg das Wiederkaafsrecht der
um 10 000 Pfund Heller ihm yerkauften Burg Hildenberg,
der Stadt und des Gerichts Fladungen, des Zehnten zu Mell-
riohstadt etc.
1385: Heinrich und Fritz y. d. Tann, Amtleute
zu Hildenberg, bekennen, dafs ihnen der Bischof Gerhard yon
Würzburg für eine Schuld yon 3860 fL. Schlofs und Amt
1) Biedermann, Geneal. Tabellen der fränk. Ritterschaft.
2) Friefs, Frank. Chronik, S. 612.
3) Archiv der Farn. v. Stein, Nordheim im Orabfeld.
Du ehsiiMllB« Amt LiehlcDbttg vor dar Bhfin.
liltenburg and Flodungen, sowie Sohlofa und Amt Uelerstat \
Terpfondet habe ').
1404: HaQB v. Uörlau gea. BShm erhält ei a Burg-
gut zu Hildenbei^, zu welchem eine Hube *) in Hausen und
ein Hof zu Nordheim gehörte.
Nachdem 1435 Graf Georg von Hanneberg das Amt 1
Hildenberg (Fladunges) pfandweise übernommen hatte, ver-
pfändete et es wieder 1455 für 600 fl, rh. an Adolf Mar-
Bchaik von Wallbach, Die V erkauf eurkun de giebt ge-
nauen Aufechlufs über die dem ScblofBheirn zustehen den
GerechtHame. Zum Schlofe gehörten verschiedeneH Artland
und „eidern" {Ellern :^ wüst' gewordene Äcker) zu Diez-
wtnden, die Khönwiesen, „genannt das Voytesfeld oder uff
der Beingruben", und das kleine Voitefeld; femer die „Fiech-
wesserlein" Altfelderin ^), Lichtenau und Asohelbach, und
folgende Fronen, die der Amtafreibote zu heischen hatte:
Nordheim hatte mit 2 Pflügen 4 Tage zu „eren" und zu
eggen, ebenso Obsrelzbach *) ; Weifsbach, Urspringen, Sond-
heim, Stetten *), Hausen, Heufurt und Oberfladungen je 3
Tage mit je 2 Fäiigea zu ackern, Sondernau und Unterelz-
baoh jedes 4 Tage mit einem Päuge zu „lenzen". Zum Heu-
fahren hatten Oberelzbach, Nordheim, Hausen, Heufurt und
L.Obeifladungen je 2 Wagen zu stellen, deren jeder 2 Fuhren
' I) UQllar, Dar Beiirk Uellriubatadt.
3) Eine Hnbe (Baf) anituCite etwa 30 Morgan, eine TuldaiBcha du
Doppelte.
3) Ein forelleD reiche rBscb zniaebeD GaDgoifiberg und Botkapps BD
dar WklEtoDg ÄitsDfeld, weicher aich in Geräll verliert. Die in Urspringen
»Vi sUrkgr Quelle entapriogenda B&bre ist wah rieb einl ich seine Fort-
lewuug. Bankert läret »uf aeiner Baringsukarle ibn irrigerweise Kwiachen
Sondbeim and Noräheim in die Bahre. mBndec, w&s er nar nach lUirkem
Regan mittels des „dUrreu Graben" vor Sondbeim thut.
4) Dr die Obereizbacher sieb jum Eggen aii;ht vergtebeo wallleo,
UDd wegen der 2 Stetlener Pflttge das Amt LIcblaaberg Einsprnab erhob,
■D erklärte Adolf Harsubalk in einer Urkunde von demselben Tage, d*(g,
wenn Graf Georg trotz allen Flelfies ihm zu seinem Rechte in Oberala-
baeh and Stellen nicht verbelfeu kütme, er für sieb und lalne Erbau
daranf tariichten wolle (D.).
«
y«m Yoitsfblde mif die Borg m thon liatte. Bieselben Dollar
haitoi mit je 3 „Tungk Wagen'' (nur OberflAdongen mit
einem), den, Miet Tom Behloaee anf die Äcker za Diezwinden
XU BoheffNi; fiBmer hatten nie allee Getreide au selmeiden, an
binden und einaufüiren, und .Mm Henmaehen -hatte jeder
Dorfiiafllibar einen Tag au fronen. Aufaerdem lagen einzelnen
.Ddrlbnn noch beaondere Fronen ob : Hanaen hatte den Flachs
an isofbo, ina Waaaer zu legen, anazuwaichen und zu refliBn
GfUmb daa Beiffen aol man aie bitten^, auch daa Kraut au
■etaen und zu aieden; AltenCeld hatte die StüUe auazumiaten;
Nordheim, Henfnrt und Oberfladnngen mu(!aten dem SohiolSi-
herm mit je 2 Wagen zwiadhen Martini und Fetri ,^8 viel
Itoennhola Aren gein Hildenberg ali er sein da bedarf'. —
Dem Käufer wurde eriaubt» sieh dee Schlosse sin seinen Kriegen
g^gen alle seine Feinde zu bedienen, ausgenommen gegen
;den Verkinfar und die Lehn- und Pfandherrsehaft Würzburg,
der auch daa öffnungsreoht yorbehalten wurde. Der Kauf
solle so lange Qütigkeit haben, bis Würzburg das Amt und
Böhlob wieder einlösen würde.
1457 bestätigte Bischof Johannes auf Anbringen und Bat
des Orafen Georg y. Henneberg Adolf Marschalk und seine
4 S(^ne Werner, Christoph, Reinhardt und Hartmann Ar
ihre Lebenszeit im Besitze des Schlosses mit dessen 1455
spezifizierten Zu- und Einbehörungen, die hier wörtlich wieder-
holt werden. Sie mofsten sich aber verpflichten, 12 Jahre
nacheinander jährlich 50 fl. in das Schlofs zu verbauen; die
verbauten 600 fl. würden bei der nach ihrem Tode erfolgenden
Einlösung des Schlosses an ihre Erben zurückgezahlt werden.
Der Bischof erteile die Bestätigung um so lieber, als Adolf
Marschalk ihn über die 500 fl. quittiert habe, die er zur
Befreiung des Bischofs aus der Hans Hirschhorn'schen Ge-
fangenschaft vorgeschossen hatte ^).
Im Jahre 1471 auf St. Agathentag trat Werner Marschalk
Schlofs und Gericht Hildenberg für 600 fl. rh. an Siegfried
1) Oeggs frttnkisch-würzburg. Chronik, 1811.
Amt Lichtenberg vor dar
^V vom Stein ab, indem er dem Stifte Würzburg dea Wieder-
^" bknf ausdrücklich TOibehielt.
N^aohdem 14S2 Biacbof Rudolf SohloCs und Amt Hilden-
berg Tom Uauee Henneberg wieder eingelöst hatt«, «teilte er
1486 dem Sitter Seyfried vom Stein einen Kaufbrief auE über
2400 a. rh, Kaufgeld, davon auf das ScblofB nebst dazu ge-
hörigsD Ländereien und Frooen 600 ü. und auf den Fronhof
(„Vorwerk") samt dem Zehnten zu Sondheini ISOO ü. ge-
reobnet wurden, wie es von Adolf Marechalke Erben und
diese vor Zeiten vom Stifte erworben, und verlieh ee ihm
als reohtee Mannlehn unter Vorbehalt dea Wiederkaufs. Da-
bei wurde ihm das Instandhalten der „Hege" (des Hähls)
über Hildenberg nur Pflicht gemacht, die Erlaubnis erteilt zur
Ausübung der Hoch- und Niederjagd, und daTs er und seine
Erben das benötigte Bau- and Brennholz um das Sohlofs
heran) „wol mögen abhawen , ausrewthen nnd verdempfen,
domit dester sicherer zu und von dem Blosse zu chommen
eey," auch das öffnangsreoht „zu allen und igliohen krigs-
lewfften wider allermeyni glich" vorbehalten. Noch wurde
ausgemacht, dals, „nachdem das Sioss etwas vast in Unbewen
ist, und domit das wider in Wesen und bewe bracht werde",
der neue Besitzer 200 Gulden hinein verbauen sollte, die
bei der Wiederlösung ihm oder eeinen Erben vei^iitet weiden
■wurden (N.).
Ob das Scblofs zur Zeit des Bauernkriegs, in welchem
«a zerstört wurde, noch der Familie vom Stein gehört hat,
ist unbekannt. B otdiirftig zur Aufnahme der Amtsbellerei
und des Zins-, Zehnt- und Vogtgetreidea wieder hergerichtet
— die Amtmänner wohnten jetzt in Fladungen — diente es
als Amthaue uoch bia 1600; in diesem Jahre wurde es an 4
Bauern verkauft, deren Nachkommen zum Teil die aus den
n erbauten Höfe noch jetzt bewohnen.
Im Dezember 1230 war die Urkunde über den Verkauf
r SoblöBser Hildenberg uad
970 I^^ «iMMlIgt An* Lfchtonbwy tot d«r Bhöa.
Liehtenberg
an Wflnbnig «uagesiellt worden, oiid tohon im Februar 1381
vnrd« «n ,ylrenndaoliafÜigher Yertang" zwisohen Wflnbur^
eiiiiCMtti und dmn Stifte Fulda, ab derseitigem Be-
sitier Yon liehtenberg aadeneitB anfgeriohtet, ohne dafo man
weili, wie letatarea jbu diesem Beritae gekommen.
In diesem Vertrage gelobten u. a. beide Eirahenfärsten
einander in ihren Kriegen beianatehen, aetiten fest, wie ea
nut der Hadikommenäcihaft ans Bhen awiaohen Vasallen beider
Heizadiaftan betreflb ihrer Zugehörigkeit gehalten werden
«olle, nnd namentlioh gebbte Abt Eonrad im Namen dea
Stifts, niemals liehtenberg gana oder teilweise ohne des
Biseholii Zustimmung au Terioikem nnd für alle Fälle ihm
daa Vorkanfareeht au lassen.
G^^en diesen Verkauf des Sehlosses erhob Graf Poppe VIL
T. Henneberg, Bruder des damals nodh lebenden Hinnesingera
Otto y. Bodenlauben, Einspruoh und machte eigne Beohte
geltsnd, Hefa sieh aber im Mai 128S duroh die Belehnung
mit der Hälfte des mityerkanften Borfea Herpf und der daau
gehörigen GefKlle abfinden.
In einem faldaisohen Ghartolarium aus dem 9. Jahr-
hundert findet sich zwisdhen Söhenkungsberichten von einer
späteren Hand die Bemerkung eingetragen: „Hec sunt bona
que oomes Otto de Bothenluobe aufert ecdesie Fuldensi:
Oastrum Liethenberc quod dominus Albertus de Hiltenbere
possidebat. Ipso autem moriente Gesar resignarit domino
Cunoni abbati cum yillis adiacentibus, soilioet Osthaim, Herphe
et WelemarSy ouriam que Tulgo didtur hoyewerch in
Sunthaim, curiam et dimidiam in Northaim et adyocatiam
Budolfeswinden, forum Fladungun et omnia circumiaoentia^
Fromutloh cum feris ibi nutritis; de cetero quiequid eiusdem
oastri habent urbani, unde sunt benefioiati male, quia ex
rapina possident; Franginheim dimidia yilla, ubi ecclesia
stat. Adyocatiam Hegifarte aufert hiis, qui ab ecclesia eam
tenent .... homines circa TJrspringen, ... in Suntheim'' etc. ^.
1) Drooke, Tradit. fnld., pag. 68.
■'Offenbar ein Teraaoh I'uldas, ein wenig Oeaohiohte zu fSlsoben,
1 Würzburg gegenüber ältere Eeohtu auf Lichtenberg geltend
macbeu zu können. Otto sen. von Bodenlauben war unbe-
atritten durch Erbgaogsreoht im Beaitze der Burg gewesen;
Otto jun. trägt sie 1228 Würzburg zu Lehn auf — wie soll
Albert v. Hildenberg sie inzwiBohen beseaaen haben, der noch
dazu erst nach Abt Kuao (f 1222) geetorben ist? Zwar aetzt-
Schannat das eine Ual (Bnohonia vetue) den Tod Alberte und
die kaiserliche Belehnung Kudob in die Zeit um 1218; ein
ander Hol aber (Client, fuld.) laTat er ihn noch 1220 mit der
SchutzTogtfii über das Eloeter Sohr belehnt werden. Und
wie konnte der Kaiser, der 1218 mit Lichtenberg den Abt
helehnt hatte, 1230 dem Büuber Otto v. Bodenlauben die
Erlaubais geben zur VeräufBerung eeiueB Raubes? Graf Pop po
wird 1332 Tom Stift Fulda für seine Ansprüche an Lichten-
berg mit halb Uerpf entschädigt; worauf gründete er aeine
Ansprüche an daa von seinem Bruder oder Neffen erst einem
Dritten geraubte Gut? Überdies gehörten fast alle oben
genannten Orte — auch Ostheim — nicht zu Lichtenbergr
sondern zu Hilde oberg.
Von dem „Räuber" Otto v. Bodenlauben weifs übrigena-
Bohannat ') noch mehr zu erzählen. Er berichtet (nach Heims
Wiedergabe), Abt Konrad III. habe sich mit mehreren fürst-
lichen Länderräubern arg herumschlagen müssen, namentlich
mit Landgraf Heinrich Ton Thüringen und Graf Otto von
Bodenlauben, welcher letztere nicht nur Schlofs Liohtenberg,
, Hegefurth und FuohsstadtS),
mdheim und vieles
. 0.), der Abt aber
Boodern auoh die Advokatie '
aufserdem Frankenheim, einen Hof i
andere wid errech tlioh au sich gerissen (b.
habe ihn 1245 gezwungen, seinen Baub herauszugeben. Der
Baub wäre demnach naoh 1230, nnd nicht zwischen Alberte
l-T.HUdenberg Tode und dem Verkaufe an Würzburg geschehen.
1] Hiat. fuld., png, 193,
3) im BcbeaktSD Gruf OCto «an. ond i
Dsr in vielen Orten, aucb In Fncbutadt, c
3U2 l^M- «hiBUÜlge Ant Liehtaibarg tot d«r BUn.
.Welcher Otto soll danft der Bäuber sein? Der hochbetagte
Yater^ der in jenem Jahre sterb, oder der Sohn, der der Welt
«stsagt hatte?
Übrigens könnte ans dem Umstände, daXs in der Ver-
kanCrarkunde yon 1380 wohl Lioht^iberg, aber kein Ort des
apäteren Htatergeriehts genannt wird, während yiele hilden-
bergioohe Orte namentlich anfgeführt werden, allerdings ge-
«eblossen werden, dafs das Hintergerioht damals schon fiildaisck
gewesen (Helmershansen war 1219 an Fulda gekommen durch
Taoseh gegen Hendungen); .aneh wäre halb Herpf wohl für
ein SchloAi^ kanm aber Ar ein Sehlolb nebst 5 Dörfern einiger«
mausen bereohtigten Ansprüchen gegenüber eine entsprechende
Abfindung gewesen.
Hag nun Fulda die halbe Cent Ealtensundheim schon
-Torher besessen oder 1931 mit Lichtenberg erworben haben,
jedttulUls ist yon dieser Zeit an die Geschichte des Amtes
Lichtenberg mit Torder» und Hiniergericht au
rechnen.
Zum Yordergericht gehörten die seit 816 fnldaischen
Sondheim, Urspringen und Stetten (und Oberwaldbehrungen ?) ;
Ostheim war würzburgisch geblieben. Das fiintergericht be-
stand aus den Orten Ealtensundheim, Mittelsdorf, Wohlmut-
hausen, Gerthausen, Schafhausen und fielmershausen.
Wunderbar war es in diesem Amte um die Gerichts-
barkeit bestellt. Das Yordergericht stand unter der
neuen Würzburgs, welche ihren Sitz in dem fuldaischen
Sondheim hatte; das fuldaische Helmershansen stand unter
dem daselbst befindlichen dem hennebergischen Amte
Hutsbei^ zustehenden Gentgerichte, und nur am Centgerichte
in Ealtensundheim stand dem Abte die Jurisdiktion
zu, aber auch nur in Gemeinschaft mit dem Grafen von Henne-
berg, dem die andere Hälfte der Cent gehörte ^). Schlofs Lich-
tenberg selbst mit dem dazu gehörigen Umkreise war centfrei.
1) Ntthreres über diese verzwickten Rechtsverhältnisse und ihre Folgen
wird der II. Teil bringen.
Du eliemaUge Amt LichteubsiK vor der BhSn.
27S
^K. Data daa Voidergeriaht (ohne OBtbeim) bis daiäa vnik-
* lioh ecbon fiildaiach gewesen war, wird durch ein wün-
buTgisohee Diöceetinregister aus der Zeit des Biscbofe Ott«
(1335 — 1341) bestätigt. Nach demselben Btand die Besetzung
, (x! " °^ c ■ &<'4<ftr;
-4'-*'"~ '..■;,.'
<kr Pfarrstellen zu Ueiningeu, Mafefeld, Herpf und Mellricb-
stadt nicht wie die anderer Orte eisern biscböfliohen Arohi-
diakon, sondern unmittelbar dem Bischof zu, der „Rektor"
der Ptarrei Mellriobatadt aber hatte die Kollatur der Früh-
□tesse daselbst uod der Stellen zu Mendhauaen, Hendungen,
Kbero, Elsbaob, Nordheim tcw der Bhou, Oatheim „unter
274 I^ dMMlIgt Aat Uehtenbvg iror te B]i«ii.
Liditoiiberg'', Hermanpribld, Stookbom und OberstreiL All»
Ptororto in weiter Umgegend sind genannt, nnr Sondheim
und ünpringen nieht, moht mal ne etwa nodh Filiale eines-
der genannten waren (Noidlieimsy meint Benkert), aondem —
weil eie den Bischof niehts angingen. Benkerts Ansicht betreib
Sottdheim, welches als Oentgerichiaort Mher als alle anderen
einen Ffisrrer halben mn&te nnd 816 schon eine ISrdhe hatte^
ist offonbar ganx irrig; ans ürspringen aber hatte Ladwig
in Heilige (1817—1227), Gemahl der heiligen ElisabetKv
den PAurer Eonrad su seinem Schreiber angenommen, und
in einer henneberger Urkunde von 1892 ist genannt „der
erber mann em Conrad, der pferrer ist au ürspringen*' (yer*
mudieh „Oonrad yon üsleyben [ünsleben], der pferrer ist^^).
Stetten allerdingt war noch Filial yon Nordheim.
Naoh der Vereinigung beider Teile, des Torder- und
Hintergerichts, su einem Amte um das Jahr 1281 rerging
fast ein Jahrhundert, ohne dafs eine Urkunde über besondere
Ereignisse oder Veränderungen im] Amte 2u melden hätte.
Höchstens wäre su erwähnen, da& am 11. November 180^
Heinrich V., der erste Fürstabt von Fulda, auf Schief»
Lichtenberg weilte, denn die Ernennung des Grafen Berthold
y. Henneberg-Schleusingen zum Burgmann der Burg Bocken*
stuhl bei Geisa ist yon Lichtenberg datiert.
TJm so unruhiger und ereignisreicher wurde das 14..
Jahrhundert nach Verlauf des ersten Fünftels. Mehr als je
kam das Faust- und Fehderecht wieder zur Geltung, und un>
aufhörliche Fehden zwischen den kleinen Potentaten — den
Kirchenfürsten, Grafen und Rittern — quälten die Bauern
und yerwüsteten das Land. Für das Amt Lichtenberg traten
solche heillose Zustände besonders empfindlich auf seit 1315^
dem Jahre der Inthronisation des Fürstabts Heinrich VI.^
eines gar streitbaren, kriegslustigen Eirohenfürsten.
Noch in demselben Jahre suchte er Händel mit Ghraf
Berthold yon Henneberg-SohleusiDgen (dem ersten Fürsten
1) LehnsregUter der Grafschaft Henneb.-Schleasiogen von 1817 (Wr.).
Dm iliaiiiiliBe Amt Liehtenbarg t
27B
i Geeohlechtn], dem Besitzer der Vogtei KaltenDordheim,
wegen des gemeinBohaftlicheo Centgericbte zu Kalten Bimdbeim.
Dieeelbeo wurden jedooh im Juni dee genannten Jahies durch
ein Schiedsgericht beigelegt (e. 11. Teil).
Im Jahre 1333 grofse Febde mit WUrzburg! Kaoh Heim
hatte Heinrich mehrere Greuzetreitigkeiten mit Biechof Gottr
fried III. des Salzgauee und unseres Amtes wegen gehabt, und
hielt nach dessen Tode die Zeit für gekommen, mit WiirK-
burg abzurechnen. Es glückte ihm , den Grafen Heinrich
von Henneberg, welcher gegen ihn Partei ergriffen und
seinem Feinde , Heinrich Landgraf von HcBsen , zu Hülfe
gezogen war, in seine Gewalt zu bekommen, worauf alle
Freunde desielbea alles aufboten, ihn zu befreien; besonders
habe sich, erzählt Schannat, der neugewühlte Bischof Wolfram
durch seinen Eifer heryorgethan und namentlich, alle be-
stehenden Friedensverträge nicht aohteud, die befestigten Kirch-
höfe „im Lande tot der Bhon" erstürmt und die Befestigungen
demoliert. Kurz, „Abt Heinrich (um in Heims Worten zu
erzählen) vermeinet, dafs seine Zeit nunmebro vorhanden
wäre, samlete und bewarb sich um ein Eriegavolk zu Bob
und zu Ful^, machte sich damit auf, und zog in die gemeldte
Grenzen, die armen Lente daselbst in Pflicht zu nehmen und
nahm etliche Dörfer ein '). Sobald nun der neue Bisohof
Wolfram aolohea innen wurde, zog et ihm entgegen, überfiel
ihn und sein KriegBvolk nngewamet, und ehe sie recht zur
Wehr und in Ordnung kamen, schlug er eie, fienge Abt
Heinrichen und legte ihn zu WÜrzburg in Verwrfirung".
Das machte grofses Aufsehen, und Fulda rüstete machtig, um
meinen Herrn zu befreien. Da legte sich Erzbisohof Matthias
von Mainz ins Uittel und schaffte Frieden. Der Bischof
mufete den Abt ohne Lösegeld freigeben und ihm noch 6000
Pfund Heller Entschädigung (für weggenommenes Land?)
zahlen, Kaiser Ludwig bestätigte in Nürnberg diesen Ter-
cbon sollte auch noch die Exkommunikation über
1) ScbHuuBi:
onUUm Fr»nci*ni farrnm ignernque
I
I
ST6' Pai iJiHiiatif Attt UMnlmg rar d» Bhga«
WoUhttn MigespxodMn iiverdeii; auf sein Bitten hob
SaoMlmiiBy pipiffieber OrofipSiiHeiitiar zu Avignon, Mitt»
Jumor 18M dieselbe trieder «alt Atteh über andere Punkte
ging Bieehof Wolfrun mit Abt Heiniidh TertrSge ein, »iqnae
TeiTBO pede inimme eervabnntor^ (Sehannst). Oiaf Heinrich
T» Henneberg Uieb bis 18S8 in ftildaiBoher GMutgeneohaft;
er und Aie Seinigen ninfsten bei seiner Entiaasmig Urfehde
Mbw9tesL
Yon Abt Heinridh rühmt Behannat, er habe aUe Be-^
festigangen in seinem Stiftsiande aasbessem und auf weithin
siehtbaren Höhen Warttttrme eibaoen lassen, yon denen aus ein
herannahender Feind leiebt bemerict und die WehipfliehÜgen
(dto Bargmänner) duroh Signale schnell herbeigerafen werden
konnten« So wird ihm die Erbauung yerschiedener Warten
in et?ra halbstündiger ButHsmung am Liehtenberg, von denen
noeh einige Torfaanden. sind, sugesehrieben. Die Burg selbst^
die «r in seinen Kriegen mit den BisehöCsn Wolfram (t328)
nnd Otto (1848, s. u.) mehrmals mit Aufbietang aller Krilte
yerteidigen muArte, befestigte er stärker; namentlich lieb er
den- groAen Turm (Berchfrit) bauen, der jetst das wertvoUste-
Stüok der Boine ausmacht. Selbstverständlich hatte schon
Yorher ein solcher bestanden, denn der Berchfrit bildete das-
wesentlichste Stück jeder Burg. Dafs der noch vorhandene
von einem fuldaischen Abte erbaut worden ist, ist wohl die
Veranlassung der Sage, die Millionen (?) Centner Steine, welche
nach Schultes hier aufgetürmt sind, seien aus Fulda geholt^
und zwar auf einer ununterbrochenen Beihe yon Wagen, ron
denen der letzte von Fulda weggefahren sei, als der erste
auf der Burg ankam ^). Wie alle Berohfrite damaliger Burgen
wurde er mit einem einige Stockwerke über dem Boden an-
1) Wenn nur eine MUUon Center auf diese Weise gefahren worden-
wären, mtUste der Weg yon Fulda naeh Lichtenberg mindestens zehnmal
so lang sein, als er ist — oder der Wagenzag hätte in weitem Bogen, etwa
über Hannover oder Stuttgart fahren müssen — ganz abgesehen davon,
dafs die damaligen Wagen and Wege noch nicht so schwere Ladung erlaub-
ten wie die jetzigen.
I
D*4 «hMuJige Amt Lich(*Dbiif tdt äw Bbflii.
gebraohteu Eingänge erbaut, um ihn, als die letzt« Zuftuel
Bohlimrasten Faile, für angebotene ßäate unzugänglich
m&cheii zu können. Dieser Turm galt als Wahrzeichen der
Herrschaft des Amtes; wer den Tutm, aleo auch die Burg
hatte, hatte damit ohne weiteres das ganze Amt als deren
Zugehörting. Alle noch vorhandenen Peterweiatümer der
Amt« Ortschaften enthalten deoti auch den FasBus; Wer den
grofsen Turm auf Lichtenberg hesälse, sei ihr oberster Vogt
and Herr.
Weiter hat Abt Ueimieh VI. nach Sohannats Angabe
zum Schutze der Bauern gegen Überfälle in dem dauernden
Kriegszustände der damaligen Zeiten an den Grenzen hin
Landwehren (Hähle) anlegen laeeen. Sparen eines solchen
HUhle ziehen sich noch Ton Ginolfe bis Dnterweid und vom
HhönhäuBohen bei Frankenheim bis zur Flurgegend „Stoffel
wo bist du im Sinn" (oder „Stoffel im Sinn") bei Weimar-
schmieden ; ob er aber aus der Zeit Ueinriaha stammt, bleibt frag-
lich. Die Landwehr (Hege, der Hähl, Höhl, Knick, Eick, Ver-
hack, dofi Oebicke) bildete eine Art lebendige Mauer und bestand
aus einem 3 Waldgerten (Ruten) breiten, hoch aufgeworfenen
Streifen Land , der dicht mit Bäumen und Sträuchern be-
wachsen war. In der Mitte desselben zog sich ein enger
Pfad durch das dichte Gebüsch, auf dem sich bei schwerer
Strafe niemand von den „Hählknechten" betreten lassen durfte.
Die HShlknechte hatten diesen Pfad, wie auch die Aufsen-
seit«n des Hählwaldea fteifsig zu begehen und dabei alle er-
reichbaren Zweige zu knicken, um einen un du roh drin glichen
Wuchs zu erzielen. Ein solcher Hähl wor wohl imstande,
eine feindliche Truppe lange aufzuhalten, da sich auch noch
auf jeder der beiden Seiten ein l'/j Gerten breiter Graben
hinzog. An den wenigen Stellen, wo der Hähl von Haupt-
wegen durchschnitten wurde, standen die Hählknechtshäua-
oben und waren die Wege durch Ketten, später durch Schlag-
baume gesperrt, die nur Unverdächtigen gegen eine Vergütung
aufgezogen wurden. So waren Hählkneohte angestellt beim
Alteufelde, Über Hildenberg, über Lenbach (daher die Franken-
I
heimer „Hahlmülile") und am Stellberge. Nach den
tragen von Trappatadt (1599), Meioingen (1678) und Neu-
stadt a. Saale (1685) sollte der Hählknecht am Stellberge von
den Gemeinden Sondheim uod Urspringen bestellt werden;
eie Bollten ihm gegen Erlegung eineg neuen Pfeaniga jährlich
4 Klaftern Holz liefern (aufaerdem Sondheim 4 fl. frk. 16 gr.,
Urspringen und Stetten je 4 ft. 4 gr. und Oatheim 6 Ü. 2 gt. 9 pf.
Besoldung geben) und das Häuschen im Stand erhalten; der
Knecht aber aoUte nioht nur im Namen des Hausee Sachsen
(dem Lichtenberg in jener späteren Zeit gehörte), aondern
aach im Namen dea Bischofs, und zwar durch den Fladunger
Amtskeller verpflichtet werden. Im Vertrage von 1678 ge-
stattete der Bischof noch die Anlegung eines Schleifwegs durch
den Hähl am Stellberge zum Holiabfahren für die Vorder-
gerichtaertacbaften. Diesen blieb auch der Hauptweg offen
zur Zeit der Heuernte, und zwar ohne Vergütung. Den
HiDtergeriehtBOrten wurde er 4 Wochen lang zum Holzab-
fahren geöffnet gegen eine Abgabe von 4 ä. frk. Der Hahl
selbst war wiirzburgiseh, auch wo er sieh mitten durch amt-
lich tenbergiaches Gebiet hinzog — waa entaohieden gegen die
Anlegung desselben durch Abt Heinrich spricht — und blieb
'WÜTzburgiach bez. bayrisch bis I8T5. Schultes sagt zu Ende
des vorigen Jahrhunderts '), dafs diese Antiquität als ein
Überbleibsel des fehdereichen Mittelalters dermalan nicht den
mindesten Nutzen mehr habe, uod es sei eine blofee Plackerei
für sämtliche Einwohner tu den benachbarten Gegenden, dafs
die wurzbuTgi sehen Jäger und Hahlknechte niemandem den
Durchgang durch diesen Hähl gestatteten und einen jeden,
den sie daselbst beträten, zur Waldbufse zögen.
Auch bei Kalten sund heim und Wohlmutbausen zog sieh
ein Hähl an der Grenze hin, wegen dessen Instandhaltung
zwiaohen den beiden Häusern Henneberg mancherlei Streitig-
keiten entstanden (1467, 1477—1480, 1533 etc. [U.]).
r
I
Das ebemftlige Amt Lichtenberg tot der Bhön, 279
Im Jahre 1540 wurde zwischen Graf "Wilhelm von
Heimaberg-SehleuBingen und den Herreo v, d. Tann ein Ver-
gieich geschlossen, dafs „die neuwe Landwehr, so fiber den
Staufenberg unter Niederweida hinangehet, in ihren Würden
und Wesen erhalten und bleiben soll, wie sie jetzund iit,
doch nicht breiter, undt soll ohne sondern Schaden der von
der Tann gemacht werden, also dafs die Niederweida hier-
werts vndt inwendig der Landwehr liegen bleibe". Also anoli
damals nooh traute Graf Wilhelm — in des Wortes eigenster
Bedeutung — dem Landfrieden nicht, und auch damals noch
wurden , wenn anch nur teilweise , Landwehren angelegt.
Kehren wir nun zu unserem fehdelustigen Abt Heinrich
zurück. Seine unablässigen Fehden, Kriegsrüstungen und Be-
festignogsbauten ^) mufsten natBrlich grobe Summen ver-
schlingen und brachten die Stiftsünanzen in bedenkliohe Lage '),
so dafs der Kaiser sich genötigt sah, den 1310 gefürsteten
Grafen Berthold v. Henneberg mit deren Ordnung zu be-
trauen (1333),
Dieser lieh selbst dem Abte am Gertrudentoge (17.Mär^)
1332 1 00 U ark lötigen Silbers , wogegen ihm jener seiue
halbe Cent Ealtensundheim, d. h. das lichte nbergische Hinter-
gericht (ohnelHelmershausen) mit dem Versprechen verpfändete,
die Pfandsumme am nächsten Uichaelistage zurtiokzuzahlen,
„In der Urkunde ■) reservierte sich zw»r der Abt den Wieder-
1
4
4
I) Er soll ai
ich Schlofs Piachberg orb.ul haben, welcbes 13IB inm
erates Male kbuhu
Qt wird. Allsin »ohon 1308 wird ein Ritter Simon de
Fischberg geiiano
2) DU lustig.
>teti und gefährlichsten Gläubiger waren die Juden. Im
Jabre 1301 hatte
Kaiser Albrecht I. alle Juden im Stiftsbezirke dem da-
maligen Abte fQr 5O0 Hark kölnische Prenuige versetst, 1
EeiDrich sie demnelben geicbeiikt mit der Berechtigang, lie
XU belegen, während sie sonst „des Kaisers Kammerknechle"
j&diichea OlSubigar des Abts Beinrich bedrohte der Kaisei
liehen Hafsrsgeln, wenn sie zu sehr drüngleo, „wann sie mit
Ont onier sind-'.
3) SohantiHl, Fuid. Lehobof. S. S26.
Jlipli r ^evif: ;jB6«Uji JMdjfpt^lplM''^ ..pnd foMuaigeitott kam.
,IU|;u|Bi0)bro.£e^ aUmoigtn JB«rit« der
^laJttiwoiidhfiinffr (I«|rt^' ~ jio lil fftiippin bei.,BQhöttte> und
ibm- i«t mm bulm aUgvinMA fffoigt. nmuMph Utk» jstst^
n«d ab q^9t«rv(U6(8) FnUii fiWbloft Idehtiabeig iwkaiifte,
dM HtntfiiGgmdit aoeh od k^nem ZoMmmenbMige mit dem-
i^lhafi feetMid^n -^ es war jn heanehergiaob! Diea lo be*
jrw^i ygUiU; jMi Solmltet aoa ImondeBer Yewmlaisnngi wie
jrir .ipütar 'pabeu wwdea» tohf jiel |Uhe. Wie aber iat dae
TtintBTgeright apiter iron der ifhlenaingaghep, Linie des Hanae»
Henne^iN^ an die FömbiUbebe «gekommeni der ea aaah dem
ßßfktwj^toM von 1447 doch auatand? Oieae Frage weib er
juebim beiptr^octen. Die Antwort iat: Abt Heinrich hat
damals d^ yerpfKadete .halbe Cent doob wieder eingelöat^
wenn aneh Tii^t aiyi MiohaaliijlAfe U32y ao doch am 16»
Jvoi dea folgwNden Jahrea. Die UxkBade.(DL) laotft:
,,Wir Berthold yon gota gnaden graye ron ^Sennebergp
bekennen offenbar an diaem brifb» das wir daa hiUbe ge>
richte au Saniheim , das una in geaetset wart Ton nname
üben herren apt Heinriche von Fulde, daz wir im aooli wider
selten geben haben, wen er uns unser gelt gebe,^ daz wir
daruf hatten, als wir sine offen brife haben, die er uns dar
ober geben hatte. Daz selbe halbe geriohte haben wir im
ledeg gesaget, und sagen an disen gegenwertigen briÜB und
toten mit diesen brife den offen brif, den unser yorgenanter
herre uns über das yorgenant halbe geriohte geben 'hatte, daz
der furbaa keine macht noch kraft sal haben. Der Mf ist
gegeben su Frankenfurt nach gots geburte druzehenhnndert
jar in dem dri und drizegesten jar, under unser hangenden
insigel an der mittewochen nach sente Yitestage/'
Dem Stifte Wttrzburg, welohes beständig in Fehde mit
Fulda lebte, mufste es immer sehr ärgerlich gewesen sein,
dafs sein yon Otto yon Bodenlauben miterworbenes Centge-
richt über sein Amt Hildenberg (mit Ostheim) und das ful»
daische Yordergericht in dem fuldaischen Sondheim
geinen 8it2 hatte. Jetzt, wo die Feindschaft zwieohen beiden
Stiften) aufe höobste gestiagen war, ging Wiirzburg daran,
das Gericht in ein würzburgiboheB Dorf zu verlegen. Fladungen
wurde dazu auBereehen. Noch 1322 war Heiurich von
Fladangen^) mit dei Cent Bondheim belehnt worden, und
138Ö erhielt er die Cent und dae Schultheüsenamt Fladungen
in Lehn. Uan darf, besoudera da in demselben Jahre auf
Bitten des BisobofB Henuanii EaiBer Ludwig der Bayer Fla-
dungeu zur Stadt erhob ^), als Thateache annehmen, dsSs
die Verlegung des Centgerichts von Soudheim
nach rUdungen in das Jahr 1335 fällt.
In der erwahnteu ürktinde (d. d. Nürnberg am Freita;;
vor dem weifeen Sonntag) erlaubt der Kaiser „deu bescheiden
lüten ae Fladungen .... daz li sich vesten ehllen und
mügen mit mauern und mit graben, als sich ein etat durch
recht vesten boI und mag", verleiht der neuen Stadt einea
Wocbenmarkt (Dienstags) „ewigklioh ze haben und ze halten",
und alle Rechte, „die unser und dez richs etat Qaylenhauseu
hat" ').
Die Stadtmauern, welche damals gebaut wurden, sind,
soweit Bie noch stehen, sehr ieet und hoch and machen,
iius lauter Bosalt^teinen bestehend, einen düatereo Findruok.
>Sie waren ringshernm mit 27 Ecktürmen versehen. Neben
dem weetliohen („Ober-")Thore erhebt sich linke der sogen.
Vejcierturm , dessen Haube sich von allen Seiten schief
tiräBentiert; rechts der feste, viereckige „Cent^" oder „Malefiz-
) W«il in der Verktofsorkanda tod ISSD die HerTsn vod FliidDDBen
e Kiibe im Wappea und starben 16H ans) Dicht unter
. Bodeulauben Vasalleu genannt sind, nimmt Benkcrt an, dafs
nr Herrsehftrt Hildenbarg gehSrl habe. Allein die Hilden-
lüde ja mit ihren Zugehörnngen varkauft, die nicht «Id-
):«iShlt sind ; nur die eigantllcbsu Kegaliea sind einzelu bauanat.
■ halle FladuDgen keina Fronen za leisten; aber auch Hbden-
illan. Biücht elc. naren frei davon.
fc^Arefalv dea bist. Vereins f. üntarfrk. IX, S, i, 104.
L 4 Honate ipUer wurde SchmalluildeD mit danaelben Kecbten
19*
Das tluBMiHgi Ant Idehtonbaiy tot dir Rhön.
ixam*\ An damMllMHi, «uf eiiiem etwa 25 FuTb über der
BtmCw Tonpringenden Steine eteht oder kernt in nnenständiger
Stdhmi^ den -^ Büeken neah Weeten xa geriohtet, ein roh
geerbeitete% priepieoli enegeefeattetee Bteinminnohen. Fragt
man naoh der Bedentang dieeee Vladnnger WahneiehenSy so
eAilt man xnr Antwort^ die in jener Fignr an«gedrüokte
Bealinjuxie gelte Baehien. Allein was hatte Würabnrg mit
Sachsen an fhnn? Weit nnd breit nnd noch Jahrhunderte
lang war allee Land ringram hennebergiBeh oder fiildaisoh.
Deir Stein etammt aber unbedingt aas der Zeit der Befestigung
Fladungensy der Yeilegang des Oentgeriehts naeh Fladungen,
aus der Zeit der erbittertsten Fehdian mit Fulda, und das
iSitale Kompliment des MSnnohens naeh westlioher Biohtung
hin kann nur Fulda gelten, dem Wtirzburg als seinem Erb-
feinde eins auswisehen wollte.
Dooh nicht lange dauerte die Freude, da war Fladungen
und der grttste Teil des ,,Landes ror der Bhdn'' in der Ge-
walt des Abts. Sohannat ersShlt, derselbe habe 1848, durch
den Bischof Otto hart bedrängt, das Gebiet des Sohlosses
liohtenberg tapfer verteidigt und in dem darauf folgenden
Friedensverträge^) sioh im Besitze desselben zu behaupten
gewuÜBt. Aus diesem Vertrage geht aber auch hervor, dais
er auch die neue Stadt Fladungen samt dem eben dahin ver-
legten Gerichte innehatte.
Zuerst hatte man die strittigen Angelegenheiten, bei
denen es sich darum handelte, „lute, recht, gewalt und
gult'),' die vor der Bone liegen unde der vorgenant herren
und irer stifPte syn nach den briffin, die sie über einander
beyderseyt gegebin haben, glich unde gemeyn zcumachen",
einem Schiedsgericht übergeben, das zusammengesetzt war aus
dem würzburgischen Domherrn Andreas v. Bruncke (Brauneck),
Heinrich v. Griefsheim, Propst zu Wechterswinkel, dem fal-
1) D. nnd Heims Henneb. Chronik. In dieser erscheinen viele Lücken
der Urknnde, welche in der ftüd. Urkandensammliing sich finden, ausgefflllt
2) Ghilt (von gelten um zahlen) ■■ Einnahmen.
I
Du ehenuligB Amt Ushtanberp vor der Bhon. 283
(laiechen Dechant Gottfried und dem Bitter Helwig v. Walters-
haueen, damaligen Pfandinhaber und A.mtmaan des Amtes
Lichtenberg (a. II. Teil). Id der Hauptsache waren diese
dahin übereingekommen, dafs, obgleich Fulda den gröfsten
Teil des würzburg. Amtee Kildenberg thatBäoblich innehatte,
doch die Einkünfte aus demselben gleiehmafaig Yerteilt werden
Bellten. Allein in allen Punkten hatte man sich nicht einigen
können. Zur Erledigung deraelben wurden deshalb Lupoid
T. Bebenbnrg. würzburg. uod bambergischer Domherr, nnd
Eberhart v. Hohenburg (ibt Heinrich gehörte dem Hauee
Hohenburg an) als Schied am an ner berofen. Das erste Schiede'
gericht hatte nur festgesetzt, dafs, wenn bei der Teilung der
Leute, Getreide- und Oeldgefalle, Hühner, Dorfer, Dorfge-
riohte etc. in dem Lande vor der Ehön, „das sie mit ein-
ander haben", einer der beiden in dem oder jenem Stucke
zu gut weggekommen sei, dieser den anderen entechädigeo
müsse. Von den Punkten, über welche eich die beiden letzten
Schiedsmänner einigten, sind die wichtigsten:
1. Für den halben A.nteil Würzburgs am Fladunger
Centgericht könne der Abt, „wann dasselbe centgerichte mer
an herschafft unde au ge walte denn an nutze leit", den
Biichof nicht etwa mit einer anderen Nutzung aus dem Cent-
bezirke entBchädigen, eondem nur an einem anderen Cent-
gerichte,
•2. Von 2 Männern aei der dreijährige Durohschnittser-
trag der Wälder, Wiesen und Fisohweide auf der Rhön fest-
znstelten und die Hälfte deseelben vom Abte jährlich an den
Bischof zu entrichten; für die Hälfte des Wildbanns aber,
bei dem mehr an HerrBChaft und Ehre als an Nutzen gelegen
sei, aolle der, „der dasselbe ytzunt yune hat", dem anderen
einen gleichwertigen Wildbann geben, es sei denn, dafs er
selbst ein alleiniges Recht auf denselben beweise.
3. Da Würzburg von Reichs wegen Rechte auf den
Fladunger Zoll, Hagelt und Marktrecht zu haben behaupte,
£0 solle Fulda demselben jährlich den 3. Teil des dreijährigen
Durch Schnittsertrags abgeben ; könne der Abt aber die Grund-
Mi DKt «iMhnfllli liM £MMinb«t tot dir BUtat.
lofigk«iit jener Behiaptaiig beirrisen, so gehdre Ulm die Ein-
BriMe gens. Ob Äer nnd wie Wflrtbnrg Ar die Stadt
nndnngen lelbet» dh der Abt beeetrt Hielt» «u enticUidigen
eeij deriiber hüten lie meht nr entMhelden.
5*1 7. nnd 8. Die befestigten XiruihMB su Nerdheim,
Siondheisiy üispringeifti Stettetti Alpreöhtis (Melpets)! Heyn-
ftute, HsAäen nnd Oberttidnngen sollten gleiehmSflng beiden
BeiTen md ibrai amen Iienten offenstehen.
6. Habik Wfinbirg ^as Derflgieffieht an Nordheim (wo
aoeb amt-liohleBbeEgiaehe^ also fbldaisohe Unterthanen wohn-
ten) witklieh allein inne nftd imtfer allein innegehabt, wie
es behaupte, so müsse der Abt es ihm gans lassen; k^nne
letaterer Aber beweiaeni dab (sein Amtmann) Helwig y. TTns-
leben (eigentHeh r. Wahershsnäen [i. o.] ; er war in ünsleben
begütert) wirklieh und mit Beeilt fibinr die fiddaisehen ünter-
ihanen in Nordheim die Yogteiliohkeit hld>e, so solle es aaoh
dabei blmben.
11. Die Ämter Hildenberg nnd Liohtenberg sollten bis
Jakobitag von beiden Herren wieder eingelöst werden (Hilden-
berg befand sich yermntlich im Pfimdbesitz eines y. Spefs-
hart; Lichtenberg hatten 1384 Oyso von Steinan und jener
Helwig Yon Waltershausen unterpf&ndlich erworben).
Lange ist dieser Yertrag jeden&lls nicht in Geltung ge-
blieben^ denn bald war Fladungen und das ganze Amt Hilden-
berg wieder würzburgisoh.
War dem Abt diewürzburgische Gerichtsbarkeit über
seine Yordergerichtsdörfer höchst lästig, so nicht weniger die
hennebergische über sein ebenfalls lichtenbergisches
Dorf Helmershausen. Das
»^Gericht Helmershausen*'
war der letzte Best der Gerichtsbarkeit des früheren Amtes
Hutsberg, das nach der Zerstörung der gleichnamigen
Burg aufgelöst worden war. Über letztere erst einige Worte.
Hoitine, was man von ,yhüten'' ableitet, bildete zur Zeit
der GauverfassuQg eine eigene zum Tullifeld gehörige und
dem Gericht Ealtensundheim untergeordnete Mark. ,,Im Tulli-
Du ehenuillga Amt LlahteDberg vor dar BbSn.
feld und zwar in Hoitino marou" Ingen WohlmathaaBeb (
und Oerthausen (901).
Naoh Caroli (boi Heim) hatte zu Anfang dee 5, i
hunderte Markmeier, Herzo;^ von Oatfranken, Bruder
Franken königs FhBramund, seinen Bohn Premser (FrianiuB)
mit dessen Söhnen Helmrioh (der „HelmricheshueeD" gründete)
und Otto (Hetanus, Gi-ünder dea jetzt wüsten Ottenhausen)
mit etlichen Rotten Kriegaleuten die Grenze gegen Thüringen
hin zu verwahren auf den Hat^berg gesetzt^ der in der £ile,
■wie noch die Mauerschädel atisweisen, aus Wackersteinen er-
bant worden eei. Nachdem Premser Herzog geworden, sei
Helmrich einige Zeit später, während welcher Otto die Weck-
warte (dieselbe Hutsberg zum besten zu versehen) verwaltet,
auf den Frankenberg (bei Rofsdorf) verordnet, Otto abi
einem Oherwaohtmeister Über die gewapnete Eriegsknecl
des Hutsberge bestellet (?).
Nach dem Aufhören der Gauverfassung wurde Hutsberg
Ton den Grafen von Henneberg in damals üblicher Weise
Bui^ und Amteleuten zum Schutze und zur Verwaltung über-
tragen, wofür ihnen Burggüter übergeben wurden. Solche
Burggüter waren die Höfe zu Helroershauaen, Weimarsohmieden,
Schmerhaoh etc. In der kaieerloaen, der schrecklichen Zeit
legten sich die Vögte auf Hutsberg auf Strafsenraub — am
Fufse des Berges führte ja eine LandstraJ^ae von Meiningen
her über die „hohe Strafte" nach Frankfurt hin. Endlich
wurde Rudolf von Habsburg anm König gewählt, „ein Richter
war wieder auf Erden", der der Schrecken der Raubritter
wurde. Als er „auf dem Reichstage zu Würzburg anno 1276
4en BeichEStänden anbefohl, die Strafeen rein zu haiton, so
hat Graf Berthold mit Hülfe etlicher Städte, als Erfurt, Würz-
burg und Nürnberg, den alten Hutsberg, darinnen sich ihrer
fünf von Adel mit etlichen räuberischen Buben mit Gewalt
bifs anhero enthalten, nachdem er es 2 Monat belagert und
verschanzet, durch die herbey gebrachte Nürnberger Schrauben-
böck eröfaet, und 32 Bäuber, so er darinnen gefunden, hin-
richten lassen. Auch sollen die Nürnberger sobald etliche
tet,
zii'^^l
)h««^l
236 ^*^ ehemalige Amt LichteDberg vor der Rhön.
gzofse Gewichtsteine, darinnen sie vor dieser Zeit in ibrent
Kauf-Handel verborgen Geld verlöthet, und weggeschickt
haben, so ihnen aber, neben andern Waaren, waren geraubet
worden, des Orts mit ihren eigenen Markzeiohen noch unver-
sehrt gefunden, und ihnen also ihre entwandte, von den
Bäuberu aber nicht erkannte Schätze, über Hofnung wieder
bekomen haben" (Garoli).
Nach der Zerstörung der Burg und nach der Hinrich-
tung der Burg- und Amtleute war es mit der Bechtspflege
und einer geordneten Verwaltung des Bezirks vorbei; da&
Amt wurde aui^elöst. — Als einstige Bestandteile dieses
„Ämbtleins" lassen sich mit ziemlicher Sicherheit folgende
Orte angeben: Helmershausen, Wohlmuthausen, Gerthausen,,
Schafhausen, Bettenhausen, Seba, Stettlingen, Ottenhausen und
die später ritterschaftlichen Orte Wilmars (?), Sands, Filken,.
Schmerbach und Weimarsohmieden,
Das Gentgericht des Amtes hatte seinen Sitz in Helmers-
hausen; der „Henneberger Hof war die Amtswohnung des
Gentrichters. Noch heute giebt es in der Flur ein „Galgen-
unspe". Den Ort — ohne das Gericht — hatte Abt Kuno
schon 1219 gegen Hendungen vom Grafen Berthold einge-
tauscht und sein Nachfolger ohne Zweifel gleich nach 1230
dem Amte Lichtenberg einverleibt. — Gerthausen und Wohl-
muthausen, welches noch 1435 Filial von Helmershausen war
und den Zehnt nach Mafsfeld (wie früher auf Schlofs Huts-
berg) zu liefern hatte, scheinen schon vor der Teilung der
Gent Kaltensundheim yom Amte Hutsberg getrennt und
ersterer zugeteilt worden zu sein. — Stettlingen, Betten-
hausen und Seba hatten auf dem Hutsberger (Heften-)Hofe,
dem ökonomiegute der Hutsberger Vögte, alle Fronarbeiten
zu verrichten, bis diese vor nicht gar langer Zeit erst abgelöst
wurden. Stettlingen war nach der Zerstörung des Hutsberg
nebst Ottenhausen (jetzt Wüstung) der Gent Mellrichstadt zu-
gewiesen worden, zu welcher schon andere hennebergische
Orte gehörten; beide Orte wurden mit Hermannsfeld, das
zum Amte Henneberg gehört hatte, durch den Vertrag zu
Bohleusrngea 1566 im Jahre 1£96 zur Cent Heiningeo
Bohlagen. Betteohaugen und Seta nebet Heftenhof wies C
Berthold, der Soha des Zerstörers seiner Burg Hutaberg, der
Cent Friedelqhau&en zu, wobei nur die Uüter zu Bettenhaueet!,
welche er 1320 vom Kloster Neuberg bei Fulda erworben
hatte, „Boli Cente in Suntheim et nulli alteri" äberwieseu
wurden (15. Okt. 1S23). Bald darauf wurden beide Dörfer
(ganz als sogen. „Oberamt" der Vogtei Kaltennordheim und
somit auch der Cent Kalteneuudheim zugeteilt. Am 8. Aug.
135Ü verkaufte Graf Johann dem Äbte die Burgen Kalten-
nordheim (mit dem Baonweiu zu Stepforehausen, Bettenhauaen
und 3eba und „mit dem Gerichte über Hefften" als Zuge-
hörungen), Rofadorf, Barchfeld etc. — Die adligen Herren
i auf Schmerbach, Filke etc. wufsten ihre der Grafschaft Henne-
E.berg-Schleueingen lehn p&iohti gen Orte nach der Auflösung des
r Amtes von jeder andereo Gerichtsbarkeit als der ihrigen zu be-
freien; nur Wilmars war der Canc Meilrichstadt unterworfen.
Nachdem am 29. Aug. 1817 Abt Heiorich, um nun auf
diesen iturlickzukommen, aufser andern Genchteu auch das zu
Dermbaoh — nur das Gericht; das A m t (Fischberg) erwarb
er erst 1326 — von Oraf Ludwig von Frankenstein gekauft
hatte, tauschte er am 9. Dezember desselben Jahres gegen das
zu Rofadorf, „dafs unser landgericht zu Tyrenbach bifsber ge-
sucht hat", vom Grafen Berthold „das gericht zu Hellmerahufs
und uf der mark die darzue gehöret, dafs uniser beider*]
gerloht zu Kalteuaundheim bifsber gesucht hat", ein (s.
Kärtchen S. 273). Hätte Hutsberg noch gestanden, würde
Graf Berthold zu diesem Tausche sich jedenfalls nicht ver-
standen haben.
Die Verhandlnngen wegen des erwähnten Ankaufs der
Gerichte zu Dermbach, Suhl, Berkach und Ockershausen, ver-
schiedener Güter in Fisenach, Lengsfeld etc. am 29. Augast
1317 hatten übrigens in der Nähe der Lichtenburg stattge-
_^nden, auf welcher Abt Heinrich sich damals mit Gefolge
■ Hälfte der
4
«ufliüdt tki'' d«r Tetlhimdbiilg iroxeii «alter dem Yerkftttfer,^
dttK Qndhii TOB" 'ftiifaiiirttily 'lüiff dtntt KSiifaf' als Zottgen"
lugfegen: GM BttiOioIdl'Y. HmüebiBf|, i^nSohii Qraf Hein-
Tiohf Ttwiing t; BdkoulpBWilty Oyvo' t. Ebetsbergy Hsrandi
T. HtäDy Sjrmoxi ▼• SdüHts^ Konrad t. BaMratg (der rieh als
BorgiAsnii tauXt r. Liehteiibarg nannte), Köiitiid und Ludwig
T* Kmbfeoiii Sertnid an den RBrge^ Berthold "t, Eberaelk
„imd andlri vil gnter IIM, die dar tiB gebeten und geheiet
trarn* Alle diie didc6 vorgMdniben tat und rede gfesohähin
üitd würdta. gcdeydln^ ÜBwIsdken Xitöbtinberg und Stockhein
an der Sültita by deme Btege<< (Hl F.).
HehnerehanBen, welehea tra dem tfiemaligen Centbecirke
nooh aUdn^ flbrig geblieben war, dnzfte sein OtButgeriobt für
eidi noeh IbrtbefaaltM. Im Jahre 1 8^8 wurde« dem Abt Hein-
rieh au Gefidlen das Dorf aur Stadt erhoben (s. III. Teil),
oder es wurde Yiehnehr, worauf ea ihm faauptsSohiich an-
kommen mochte, ihib erlftub^ es stadtmttfing au befestigen.
Nach der bisher unangeföohtenen Braihlung bitte der
Abt nun die neue ntadt sofort an die Dynasten TOn Franken-
stein verkauft, denn schon 1880 yerkauften diese „Heltmers-
husin^ an Graf Berthold y. Henneberg. Wie und wann dann
der Ort an die Henneb.-Bömhilder Linie gekommen — denn
von dieser ging er mit dem Amte Lichtenberg 1548 an die
Grafen yon Mansfeld über — wird unentschieden gelassen.
Als Beweis aber, daüs H. -Schleusingen nach 1830 thatsäch»
Höh im Besitz von Helmershausen war, wird angefttfart, dafs
1889 Graf Johann den Yogthafer, „ein sicheres Kennzeichen
der landeshoheitlichen Bechte^ (Schultes), an Apel von der
Kere yerpfändete. Mit mehr Grund läfst sich jedoch behaup-
ten, dafs bis 1366 der Ort mit dem Amte Lichtenberg im
Besitz Fuldas geblieben ist. Dafür läfst sich geltend machen :
1. Es wäre doch zu sonderbar, wenn über den vielmaligen
Besitzwechsel sich gar keine Nachricht erhalten hätte. —
2. Bei dem Verkaufe der Grafen von Frankenstein 1880
handelte es sich nur um Hersfelder Lehen, was Helmers-
hausen niemals war. — 3. Bemerkenswert ist die Beihenfolg^,
Dwi abaiiiklie« Amt rJcKWnbeffe vor ffw ShBo
PiD welchor unter diesea Hersrelder Lohen Helmersbaueeu ge^^
sBnDt ist: Abterode, Goapenroda, Bynau, „HeltmerehuBia",
Vrumolda (im Besitze der Herren von VöIkerBhausen bei
Vaoha), WünBchenanlil etc. — also mitten zwischen Orten in
der Gegend von Berka «. Werra, Sollte sieh in dortiger
Gegend nicht noch eine WüstuDg Heltmerahausen oder ähn-
lichen Namens finden ? Es könnte Bich allenfalls aach um
Helmera bei 'WeruahauBen handein; das „hauaen" hätte dann
damals noch au dem Namen gebangen, wiu es andrerseita bei
unierem HelmerBhausen urkundlich auch einmal fehlt. — 4,
Ein ao sioheres Kennzeichen der Landeshoheit ist der Beatz
dee Togthafere doch nicht. Er konnte ebenao gut wie ein
anderes PertinenaBtUcic des Hutsbergea, der Honneberger Hof
zu Helmershauaen, beim Verkaufe des Ortes bei der Burg
geblieben sein. — 5. Die Landgrafen von Thüringen, an
welche 1366 Fulda dag Amt Lichtenberg vertauft hatte, ver-
I fügen 1374 über die Einkünfte aus Helmershausen in ihrem j
I „Gerichte Lichtenberg". |
Um die Zeit nach dem Obergange dea Amtes Lichten-
berg aus dem Besitze Fuldas au die Landgrafen von Thüringen
(1366) ging Graf Heinrich von Henneberg damit um, das
frühere Amt Hutsberg durch Wiedererwerbung aeiner einstigen
Bestandteile und Wiederaufbauen des Schlosses Hutsberg,
welches nun seit einem Jahrhundert in Trümmern lag, wieder-
herzustellen ; doch kam es nur zur Ausführung dieses Neu-
baues. In einer Urkunde vom 27. Mai 1383 (H. U.) über-
giebt Graf Heinrich dem Bitter Johann v, d. Kere und seinen
Söhnen Lorenz und Eberhard sein „aloz Hutiaberg mit dem
Togit habere zii Helnbershusin und die gute geleigin in dem
Biohildehusin, ein geholtz genant daz Lindech und daz wafsir
genant die Herfp von Helnberebusin bis an dos dorf Herpf"
mit dem Veraprechea, bei ihren Lebzeiten nichts davon zu-
rückzuverlangen. Dagegen macht er ihnen zur Pflicht, 600
Gulden in daa Schlofs zu verhauen „und lafain machen uf
dem slaBe czwü kemenatin mit allime büwe und die rechtin
mttien umb daz hüs, die sal hoch ein czweier gertin und die
290 ^^ •hw—Hgi Amt Ltebtonbcatf tot der Bliöii.
nbitn müzen sal «iner gertiii hoch nn und vier türm dar an,
der sal igliehAr hoeh an andirhalbir gertin angeverde''; „wa
lie danne bnwhaleiiB bednxfiSn nf das hfU, das wollin wir in
laBe gebin ni dem haue Hennenberg. Und ab sie das da
nieht ftuidin, so woUin wir in das gebin uz der Eichart und
US dem walde umb Slüsungen," Auch sollten sie die Güter
„geleigiii umh das slos die yormals dasü gehört habin'' und
andere in der NÄe dasusnkanftn snehen; der Kaufpreis würde
nebst obigen 6Q0 Gulden Baogeld und dem, was der Bau
etwa höher su stehen Ume^ seiner Zeit an ihre Erben aus-
gesahlt werden. Femer sollten sie den Wildbann um das
Schieb her hegen und sohütsen und selbst kein Wild erlegen;,
„doch habin wir yn derlaubiti das sie in iglioheme iare mugin
fidien oswein hiris.^ ^ySie sullin auch sohurin ^) unsirs stiflis
arme lüthe (auf seinen Ldingüiem) csü Helnbershusin so
beste sie mügin.** Graf Heinrich behält sidi für die Zeit
naoh 8 Jahren das Ofbungsredht Tor, „in der csit sal er
büwen''. Ginge das Schlols yerloren, wIShrend er es in einem
seiner Kriege besetst hielte, so würden sie toU entschädigt
werden; ginge es ihnen sonst yerloren, „so sullin wir in
rathin und helfin so ferrist wir ymmer mugin, das in und
uns das widdir worde''. — In der Inschrift über dem Thore
neben dem hennebergisohen und burggräflichen *) Wappen :
Johannes de Eere perfecit castrum anno Domini M .CGG^LXXXI»
(naoh Heims Lesart) mufs obiger Urkunde sufolge die Jahr-
zahl unbedingt eine mindestens 4 Jahre spätere sein«
Am 1. Januar 1898 räumt Else y. d. Kere, „etwan hern
Hansen seligen wirtin von der Ker" ^), dem Grafen Heinrich
1) OB schütien. „Sehuer^* (Schauer) ist noch jetzt dort üblich für
Überwind, Schatz vor dem Wetter.
2) Die Grafen yon Henneberg waren seit alter Zeit Burggrafen yod
Wfirzburg; bei der Teilung ihres Hauses in mehrere Linien war dieses
Amt auf die Schiensinger übergegangen. Unterbnrggrafen waren die
Herren yon Stein-Nordheim.
3) Bei Biedermann (Bh6n-Werra) heifst sie Beza (Elisabeth?) geb.
Y. Steinau. Müller (Der Bezirk Mellrichstadt, S. 127) versteht unter den
Du BhtnuJiga Amt Liebtanhtrg vor dar BhBn.
I die WiederlÖBUDg vod Sulzfeld, Hnteberg, Herpf und fitepfe
liaaien ein und gelobt, wenn er nicht bezahlen könne, diese
BesitsuDgeu nur an einen ihrer Genoseen zu verkaufen, der
sie unter denselben Bedingungen tibernähme, unter denen sie
aie gehabt hätte. Es siegelt ihr Sohn Jürge fiir aicb und!!
seine Geschwister.
Ale Amtleute auf Hntsberg, die jetEt freilieh nur
einen sehr geringen Bezirk zu verwalten und wohl haupt-
sächlich nur die Burg zu wahren hatten, kommen vor: 1401
Heinrich \. d. Tann, Pritz' Sohn. — 1406 Fritz v. d. Tann,
dessen Witwe Marg. von Schlitz gen. Görz später in Hord-
heim V. d, EhöQ auf einem Tannischen Hofe lebte. — 1412
Karl T, d. Kere, des Erbauers Bruder. — 1434 wurde Hans
von dem Berge, bisher Amtmann auf Huteberg, Amtmann in
Meiningen. — (1444, 24. Juni trug Graf Wilhelm v. Henne-
berg Sohlofs Hntsberg dem Stifte Würzburg zu Lehn auf)
— 1449 Georg v. Bisa, unter ihm wurde die Burg von
Heinrich, XIY. von Henneberg , der zu Kalte nnord heim re-
sidierte (s. u.), erstürmt und er selbst gefangen nach Eallen-
nordheim abgeführt. Am 26. Januar 1450 bekennt er, dafs
die Fürsten Wilhelm, Johann und Serthold v. Henneberg ihm
für alle seine au sie gestellteD Forderungen, namentlich für
die Schäden, die er in ihrem Kriege mit dem Grafen Hein-
rich, ihrem Vetter, und durch die Erstürmung des Hutsberg
erlitten, zur vollen Befriedigung den bisher Hans Stock'schen
Hof zu Stepfershausen verliehen haben (H. TJ.) — 1488 Lutz
V. Bisa.
Nach noch nicht anderthalb hundertjährigem Wiederbe-
stehen wurde Schlofs Hntsberg abermals zerstört — im Bauern-
kriege — und ist seitdem in Trümmern liegen geblieben, da
zum dritten Uale es aufzubauan gar kein Grund mehr vorlag,
baidsD Job, t d. Kehre (Vatsr und Sobn), dsin llehteub, BurgmuiD
von 1S43 (B. n. Tail) and dum Erbkaer des Hnlaberg nnd AmtmanD in
UellricbiUdt (13S1), wo »ein Gribmil tob 1387 noch varbinden iat,
eine Pecion. Hani' Jun, Sobn JUrge w*r Abt In Kloater VeTNrt, Ebar-
bud 1983 Amtmann in Waanngea ; Larini starb ahne mänalicbc Erben.
Sie
indj^H
jj^ Jftß.ßhiffia^ ^ X4f9li«)Hib«qi tot 4er Bhaa.
Jjk Vviäti Ttnf ma^Jtf^ht tUbmok Yh 1368 Smnmb
JUf. (vo^.KTiijiiflfc^i pMigl^ »^ A^ ^ Haben stolsor
ipd iiiil^bhwilfv |f||)gp^^|i^ j«ruigioii Yenrtaodea'S wie eor
von tiiflhtftilflniiflihflp fl ninhl nhtmhTffilHHrp cfiBAimt vird. der
,wtthr«nd aaintr BnsiiBnMig Aemo wie seiiL Yorgfinger fttst
Bteti Kri^ führte. Sehennat in leiner pertnijuchen Weiee
n^äOü^ fpBiBkMmm$i.^^ der Abt habe alle s^ne Feinde
gQl)#ndi|(^ und da er Jßi% i^en fertig geworden, .habe er
'^dljpob^ueb 4e|i.:Li^d)pcafo|gi..Ididwig toh Heraen wreehte
rjäidcen yflnepa ^nfU; er aiif jngendlfeher Hitie inuaer daa
Stift '^wniUgtt njt.eeifMim Tettar, ,^em S^pm^g an Brenn-
aohweigi ua^ d|»n (lUrkgraCni an Keillm C(4Midgral»a Ton
Thttriagen), . mft einigwa hnf^eort Benl^erii in die GhiftBlande
eing«fl||)ep,^ Httfffrld .joad Bofl^ps:^ , eingeoompenji aUee aber
als , einen miginpetf4«n. . Benb meder mrflfkgeben.. ,müMf»n»
üChttringiiQhe nnd heeriyebe CDuroniaten eMln degf^en die
jSeehe aO'^dar: fJM B(|i|ineh bejbe s^f; winea SfUdbaeni (s»
8. 242) die benaohbarten Ffbqtaptlbms JTUbdnf^ und Heeaan
nnaofhörlioh mit Planikeireien, Banben ,qnd Flundern giSbfiA
betohädigt Auf der Fftreten gütliohea Ermahnen, doeh sein
geietlich and hohes Amt zu bedenken, derglelohen zu lassen
und auoh seinen Leuten zu yerbieten, hätte er sieh noch viel
loser und yerächtlicher Worte yernehmen lassen (fatue loou-
tus). Da hätten denn (1361) die Fürsten in geschwinder Eil
ein yersuchtes Kriegsyolk, 1900 Eeuter, zusammengebraoht;
die beiden Landgrafen yon Thüringen, Friedrich und Baltsar^
riefen auch noch die mit ihnen yerbündeten Grafen yon
Schwarzburg herbei, welche ebenfeUs mit ihrem Beuterkapitän
y. Kintleben nach der Buchen zogen, . unterwegs yerderbten^
was sie antrafen, und die beiden Schlösser (Ealten-) Nord-
heim und Bofsdorf (welche nebst Barchfeld 1350 Graf
Johann yon Henueberg an Abt Heinrich YL yersetzt hatte)
mit Gewalt nahmen, ohne was der Landgraf yon Hessen
jenseits der Bhön eroberte. Als der Abt den Ernst sah^
kroch er zu Kreuze, reiste den Fürsten nach Berka a. Werra
g Tor der Bhän.
Dftoh und erlangte dadurch Gnade", oder, wie der fnldaiacbe
Jesuit Bio wer sagt, erlaugte allee Weggenommene wieder.
Allee erlangte er aber doch nicht wieder, denn ala 1419
da& Haus Henneber^ die 1350 an Fulda yerpEandeten Schlösser
Kaltennordheim, Kofadorf und Itarohfeld eiulÖBen wollte, konnte
es nur Ealtennordheim wiederbekoinmen ; mit den übrigen
war es „Hohedelich zugegangen, also das ir der vergenannte
ittift iczÜDt nicht in bcBitziinge inuhad'
Bald nach diesen für den Abt unglüok liehen Erii
Zügen, am 2. Februar 1366, verkaufte er dse Amt Lichl
berg und die Hälfte der Stadt und des Amtes Salzungen
die Landgrafen tod Tbüringen, Friedrich den Strengen, Wil-
helm den Einäugigen und Balthaear, die mit gegen ihn ge-
zogen waren, unter dem Torbehalte des Wiederkaufs, „zue
leschunge schädelicher .... und schaden und auch zu ver-
mieden gSnzlicb verdirpniB uns egenanten stiäts lande und
liite", für 6000 Mark lötigeo Silbers „Erfortischee gewichts'.
Lt«^^
und 1800 Pfd. Heller fuldaiseher Währung,
lanbnis, 50 Mark in die Schlüeser zu verbauen.
Hdm, zu dessen Zeit die von Fulda trotz eine
raums von fast 4 Jahrhunderten hartnäckig betrieb)
lÖBung die Oeraüter iu Erregung hielt, bringt
Sachen, den unglücklichen Ausgang der fuldaisohi
it der Er-
Zwisohen-
le Wieder-
Bide That-
züge und den Verkauf des Amtes, in ursächlichen Zusammen-
hang, um die fuldaischen Ansprüche als unberechtigt zu be-
weisen, ebenso wie wieder ein halbes Jahrhundert später
Schultes dies durch die Behauptung erreichen wollte, Fulda
habe 1231 nur Schlofa Lichtenberg, ohne Dörfer, von Würz-
burg erhalten und darum 1366 wieder so abgegeben, nie die
Wiederldsung begehrt oder auch nur seine Ffandherrsohaft
geltend gemacht und erat, nachdem um das Sohlofs sich ein
Amtahezirk gebildet, wieder Lust dazu bekommen. Heim be-
hauptet; Der Abt hat eur Entschädigung für das ihm wieder
ausgelieferte Soblefa Kaltennordheim und statt der ihm aufer-
legten Eriegakoaten den Landgrafen jene beiden Ämt«r aus-
liefern müssen; da aber nach kanonischem Recht die ganz-
294 ^** ehemalige Amt Lichtenberg yor der Rhön.
liehe Yeräufserung eines kirchlichen Besitzes ohne päpstlichen
Konsens nicht stattfinden durftei so wurde in der Übereig-
nungsurkunde der Schein eines Kaufs mit allen Formalitäten
eines solcheui wie Feststellung des Kaufpreises, Vorbehalt des
Wiederkaufs etc. gewahrt, ohne dals die Landgrafen gemeint
gewesen wären, das Erhaltene wieder herauszugeben, oder der
Abt, es wieder zu verlangen. Er beruft sich dabei u. a. auf
eine von gegnerischer Seite beim kaiserl. Kammergericht zu
Wien eingereichte Schrift, in der es heifst: „Man hat an
Seiten des Stifts mehr Ursachen zu muthmafsen, dafs die Land-
grafen die Yerschreibung der 6000 Mark Silber durch Krieg,
Bdub und Brand an sich gebracht'' Der Vorbehalt des
Wiederkaufs konnte ja aber dabei doch ernst gemeint sein.
Als 1409 Landgraf Friedrich der Einfältige (oder Fried-
fertige) vom Erzbischof Johann zu Mainz die Ämter Eschwege
und Sontra für 4500 Mark Silber gekauft hatte, ohne sie
ganz bezahlen zu können, verpfändete er Amt Lichtenberg
und halb Salzungen, die fortan bis zum Erlöschen des Hauses
Henneberg immer zusammen genannt werden, dem Erzstift
Mainz , . . . . „und wurde der apt und stiefft zu F u 1 d e
•dieselben slofs Lichtenberg und Saltzungen losen, so sollen
wir ine die zulosen geben also das uns vorgenannten Johans
ertz bischoff zu Mentz fünffthalb tausend unnd uns Friderich
vorgenant ander halb tusend lotig mark silbers davon ge-
fallen/' — Johann gelobt auch, die Bitterschaft des Gerichts
Lichtenberg bei solchen Bechten, welche sie vom Stifte zu
Fulda und den Landgrafen von Thüringen hätten, zu be-
lassen ^) (Fulda hatte also nicht nur das Schlofs ver-
kauft !).
Im Jahre 1423 am Trinitatissonntage verkaufte Erz-
bischof Konrad von Mainz die beiden Ämter dem Bischof
Johann von Würzburg für 3000 Goldgulden *). Vom fulda-
ischen Pfandrechte ist diesmal nicht die Bede; dagegen behält
1) Lncii animadv. ad Bacbof Exercit. jurid. Beil. II.
2) Rudolph! Gotha dipl. II, pag. 315.
DEtMbeig TOT dar HhBn.
sich üaiaz die Pbndherrlichkeit vor und übt tie künftig a
Btete kräftig aus. ,^ . . in kaufeweiae doch uff einen wieder-
kauff" etc. „Und uff das wior . . , Bicher und wohlhaben
geeein mUgen, ao aoUen der obgen. Johann btachoff . . , kaioer-
lei ambtleute in die Torgen. sofators . . . setzen ... sie habenn
dann zaror angelobtt, und leiblich zu denn heiligen ge-
Bohworenn, und una . . . ihre offen vorsiegelte brieff geben,
wann wir , . , bezahlt habemi, dafe Bie dann die vorgen.
■lofe . . . ihnn unsere gewalt oha auszugk und ohne alle&'-l
eintrag wieder einantwortten" etc.
XVI.
20
286 Pm ^bnotUgß. Amt Lkhttubtrg vof ckr
Weaigf Wodwii'^p&tari aariidtm Bisohof Johann Liohten«
beqp fvworbwi^ am Siga M^urift HjaniKeUMirt (16. Aug.)» ^^
«r al« Boluedanohter mof zwiBehas daK Bdellenteja zu Ostheim
ak liahtanhergiaebuL »Bopclrleiiton** «ind fluran ,^Bixmen Leaten'^
daialbat Von diaaar Zeit an datiert die Einver-
leihung Ostheims in das Amt Lichtenberg, nachdem
dieses Ton 1280 an würzborgisöhe Dorf seit der Verlegung
39s Centgeriehts von Sondheim nach Fladnngen (1335) aus
4em yieUinnderljlEhrigen Geriohtsyerbande des BariDgau ausge-
bdtieden und dem Amte und der Cent Mellriohstadt sugeteilt
gewesen war, bei welcher es, auch ala amt-lichteDbergischer
jOrti bis in unser 19. Jahrhundert geblieben ist.
Als Beweis dafür, dafs Ostheim von 1280 bis 1423
Immer wünburgiach geUiaben» lifst sich nieht anführen, da(»
br nach dem würaburg. Diöcesanverzeichnia von ca. 1340 zum
Kapitel Mellriehstadt gehfirte, denn dazu gehörte es schon in
er Ganverfsssungszeit und dazu hätte es auch unter Henne-
g gehört. Nur fuldaisch war es damals nicht Es läfst
|üch aber auch nicht als Gegenbeweis anführen, dafs während
|ener Zeit Ostheimer Edelleute ihre dortigen Allodialgüter
mehrfach nicht dem Landesherm, dem Bischof» Bondern
•
Henneb.-SohleuBingen zu Lehn auftrugen; das geschah auch
boeh in der henneb.-römhildischen Zeit Den Hauptbeweis
idafür, dafs Ostheim erst 1423, wenigstens erst nach 1366
izum Amte Lichtenberg gekommen, werden wir noch kennen
lernen. Das eine nur bleibt auffällig, dafs Graf Wilhelm II.
Von Henneb.-Schleusingen 1410 den 1230 yon Otto y. Boden-^
lauben ausdrücklich mit an Würzburg yerkauften Fronhof
(mit dem Zehntrecht) yeräufsem konnte.
Nachdem 1432 dem liederlichen Bischof yon Würzburg^
Johann (y. Brunn), der nur seinen Lüsten lebte und deshalb
in uDyerantwortlicher Weise mit den Stiftsgütem wirtschaftete^
die Landesyerwaltung seines Herzogtums Franken entzogen
worden war, und Graf Job. y. Wertheim dieselbe übernommen
hatte, wurde 1433 Graf Georg I. yon Henneb.-Bömhild
(Aschach) zum Stiftshauptmann ernannt. Dieser erwarb noch
Ber
Der;
Amt LichUnberg v
297
en Jabre von dem Stifte „das slofa Lichtenberg,
Blofe und atat iglichs mit ainer zugehärunge",
die Vordergeriohtsorte, die also Wäraburg inzwischen
t« Hildenberg gesohlagea hatte, mit dem sie ja hin-
der Jurisdiktion stete vereinigt gewesen waren.
1
jedoch mit Ostheim , wenn dies auch (wie überhaupt alle
Ortsnamen) nicht ausdiiicklich genannt ist, pfondweiae für
8000 Gulden rh., die er teils an Gläubiger dee Stifts, teils
an dieses selbst beiahlte. Yen dem Pfandrechte Fuldas ist
in der Urkunde (bei Sohultes) wieder nicht die Rede. Der
298 ^I^ tliMiiHg» Aart LiditenlMrff tot der BhSn.
Biiohof bahSlt dsrin dem Stifte ICuiui ab der Pfandherrachaft
die öffniiag des ScdiloMes vor; doeh solle der Käufer keinen
Sehaden voii derselben haben, da sie ihre eigene ,,ko8t und
geli beaeheidenlieh darinne leren" wttrden. Ginge das
Sehlofs in den Kriegen des Stifts verloren, „da Oot vor sey^,
so habe es das Kan^^ld innerhalb 3 ICoiiaten an ihn zorlLck-
xuxahlen; geriete er aber selbst in Fehde mit dem Bisehof,
„das Oot behnte**, so dürfe er des Sohlosses sich nicht gegen
ihn bedienen, „snndem die lute in den geriohten gesessen
sollen sn beiden teile stille sitsen nnd onbesehedigt bleiben".
/ Von 1483 an Erscheint Ostheim stets in hennebergischem
^ Besitse; 2. & bestätigt Graf Georg 1467 den Sdüed des
Bisehofr Johann von 1428. Deshalb wird es bei dem folgen-
den Begentenwechsel neben den Vordergerlohtsdörfem nicht
erwähnt.
Im Jahre 1486 kaufte Graf Georg vom Stute Würzbarg
aooh noch das Amt Hildenberg, „sbfii, stat, dörffer, weyler,
ampt und gerioht, nemliohen Hildenbei^, Fladongen, Steyna
an der Säle, Nutlingen das dorff halbes, Northeim und Sunt-
heim tot der Bone, Ursprüngen, Obern und Nydern Elspe,
Obern Fladongen, Obern Waldberungen, Steta, Hasen, Heyfrit,
Wispaoh, Ginolfby Sundemnahey Altenfelde, Lare, Budolswinde,
Boeklat und Erberspaoh'^ mit allen Zogehörungen und Ge-
rechtsamen (nur die geistlicbe Oberherrliohkeit behielt das
Stift sich Yor) für 12 000 Gulden rh. weniger 10 Gulden.
Es wurde dabei zur Bedingping gemacht, dafs die Münze, mit
der gezahlt würde, sei „gut yon gelde, genehme an slage und
swere gnugk am gewichte"; sollten zur Zeit des yorbehaltenen
Wiederkaufs die Münzen yerschleohtert (,>S®®'S®^") sein, so
sollte das Stift für je 6'/^ („sechs und dry orter") Gulden
„ein gantz marck fynnes luttern lotigen silbers geben oder für
igliche marck als vil gülden, als dy marck zu denselben
ziten an golde gelden wirt". Der Bischof yerpflichtete sich,
80 oft es nötig sei, jeden tauglichen Gentgrafen an der Fla-
dunger Gent, den Graf Georg ihm präsentieren würde, mit
dem Gerichtsbanne zu belehnen, wogegen ihm das Recht zu-
I
gestaaden wurde, zu einer etwaigen vürzburgiechen lAnd>^
Steuer auch die DDterthaoeD des nun hennebergiBchen Amtes
Hildenberg heran zuEiehen. Femer behielt er eich die jedesmal
14 Tage vorher anzumeldende Öfi'nung des SchlosseB Hildenberg
und der befestigten Kirchhofe „zu seinen täglichen Kriegen"
vor und das Becbt, dann 'wUriburgiache Kitter aU Hauptvl
leote hineinzulegen etc.
Wie aus dem Ergebnis der 1482 erfolgten Wiederlösung
des Amtes Hildenberg hervorgeht, hatte Graf Georg inzwisoheu,
and zwar wahrscheinlich schon 1435, die Dörfer, Sondheim,
ürspiingen und Statten wieder aus demeelben ausgeschieden
und wieder mit dem Amte Lichtenberg vereinigt.
Im Jahre 1465 verpfändete Graf Georg Schlafs Hilden-
berg an Adolf Maraohall von Waübach (S, 267). Obgleich
in der Urkunde ausdrücklich gesagt ist, daXa der Käufer oder
seine Eibea „sust mit der stat, dem ampt, gericht und aller
herrlichkeit , nutzunge, recht oder gewohnheiten nichts zu
thnn noch zu schicken haben sollten in keinerlei weisse,
den allein mit dem obgenanten slofs", so stellt doch Graf
Georg schon am Peteratage desselben Jahres ihn schriftlich
„dem oentgraffen , freybotten , sohultheifsen , bürgermeister,
rate und ganzer gemeinde zu Fladungen, auch schultheifsen,
dorffmeistern und ganzen gemeinden der dorffer Northeim,
Hewfiu't, Obertiadungen, Uawsen, Obernelspe und allen andern
in das gericht und ampt Fladungen gehörende" als ihren
Amtmann vor, dem er daB Schlofs Hildenberg, Amt und
Gericht Fladungen überantwortet habe. — Von 1471 an ge-
hörte das Scblofs Siegfried von Stein.
Nachdem im Jahre 1468- die Brüder Friedrich und Otto
V. Henneberg ihre Länder unter sich geteilt und Amt Hilden-
bei^ dem letztern zugesprochen worden war, machte im Jahre
1482 Sischof Rudolf von dem vorbebalteneo Wiederkaufs-
rechte Gebrauch. Nur behielt Graf Otto die wieder zum
Amte Lichtenberg geschlagenen Dörfer Sondheim, UrspriDgen
und Stetten zurück. Als der Bischof nun nach Fladungen
kam, die Huldigung einzunehmen, forderte er dazu als Cent-
llOO I^ ebeBiallga Amt Uehtenbtrg vor dar BhSn.
geriditsherr sadh die y^Naehbarn'' dieser 8 hennebergischen
ediunndeii tot sieh. Dies TexnilalMe den Fürstabt von Fulda,
Jobann (Graf v, HeiiDeb.-8ehIeii8,)y zniii ersten Male seit 1866^
die Ffimdansprfielie seines Stifts an das Amt Lichtenberg gel-
tend sn madien. Br riditete an den damaligen Administrator
des Ersstifts Mains (als gleiöhfislls beteiligter Pfondlierrschafty
nnd Behörde des Bisohofii) das Ersuchen, an den Bischof zu
▼erfßgetty dafs er ,ydie Leute der Dörfer Suntheim, ürspringen
und Stcftten der £rbhuldiguag^ welche sie dem Bischof bei
dessen Knlösung des Btidtehens Fladungen hätten ablegen
mttssen, wieder su entlassen, angesehen die Dorfschaften zum
Amte Liehtenberg gehörten, welches von dem Stifte Fuld an
das Stift Msini, und von diesem an die Herrschaft Henne*
berg Yerpfkndet sei, und dem Stifte Wftrzburg darin nichts
als die 4 Bügen ans der Gentpfliohtigkeit zukXmen, die aber
jetzt llngst auljgehört (? s. IL Teil) hfttten (D., Beg. eines
verstümmelten Konzepts). Natürlich blieb dieses Ansinnen
erfolglos. Bemerkenswert aber ist, dab Fulda auf Ostheim,
welches damals die Huldigung doch auch hatte ablegen müssen,
keinen Anspruch machte, dafs dieses also bis 1423 nie
fuldaisch gewesen ist.
Nach den Begesten einer Urkunde vom 16. Juli 1459
(Wr.) verkaufte „Erzbisohof Diether zu Mentz auf Wiederkauf
das Sohlofs Lichtenberg vor der Boene und seinen halben Teil
an Burg und Stadt Salzungen für 5500 Gulden an Jorge
(v. Henneberg), seinen Neffen, das derselbe von Bischof Jo-
hann V. Würzburg sei. für 8000 Gulden rh. gelöst und dafür
Micheln von Wertheim 1000 Ghilden bezahlt, worauf dann
der Erzbisohof Dietherioh 800 fl., und als der Blitz den Bau
zerstört, 200 fl. am Schlosse zu verbauen vergönnt hat, da
auch derselbe Erzbischof dorn Grafen Otten zu Henneberg,
des genannten Grafen Jorge Sohn, 600 fl. Solddienstes und
Beitgelt bei seiner Hülfeleistung gegen Friedderiob, Pfalzgraf
bei Bhein, etc. schuldig verblieben und die Gebäude zum
grofsen Nachteil des Stiftes baufällig geworden seien''. Das
Erzstift Mainz versprach also dem Grafen v. Henneberg bei
I
Dta ehemaUfa Amt LlebteDbug Tor dar KhOo.
der WiederlÖBUDg statt 3000 fi., welche er an Würzburg f
daa Amt bezahlt, 6500 fl. zu sahlen, Daa PfandachaftsTeri
1 Wiiraburg wird
dieser Zeit adj
r ErzbiBchof Diether
n Henaeb.-Schleu-
i Abts Johann von
I
hältnig des letateren zu
nicht wieder erwähnt.
Von der Wiedetlösung verBuehte der
auf Veranlaesuug des Grafen Wilhelm
Bingen, des Brudere des vorhin erwähnt
Fulda, 2Ü Jahre später üebmuch bu machen. Graf Wilhelm,
an dem besonders Frömmigkeit und Sparsamkeit gerühmt
wird, mochte gern die ganze Cent Ealteneundheim haben,
Ton der er nur die Kaltennordheimer Hälfte besafs, war viel-
leicht auch gerade recht bei Kasse, kuri, er steckte sich 1479
hinter den Erzbiaohof, daTs dieser den ausbedungenen Wieder-
kauf jetzt mit seinem (Wilhelms) ßelde ausführen und die
genannten Ämter dann ihm abtreten sollte. Es entspann sieh
nun ein sehr lebhafter Briefwechsel zwischen den Brüdern
Friedrich und Otto (die nichts von dem Urheber des Handels
ahnten) einerseits und dem Erzbisohof anderseits, zwischen
'diesem und dem Grafen Wilhelm; auch die Herzöge Ernst
und Albert von Sachsen beteiligten sich unter Parteinahme
gegen die Brüder (die ersten Fürsten dieser Linie). Diese
machten anfangs dem Erzbischof Vorstellungen wegen seines
Vorgehens, da sich ihre Familie doch stets sehr verdient um
das Brzetift gemacht habe; dann aber traten sie auf einmal
sehr kurz angebunden gegen ihn auf und verwiesen ihn an
Kaiser und Papst. Ihre Wiedersacher konnten sich gar nicht
erklären, woraaf sie sich bei ihrer Weigerung wohl steifen
mochten; jedenfalls war es die sehr verwickelte Abrechnung
wegen der ßaugelder. Am 4. Februar 1463 z, B. hatte der
Erzbischof dem Grafen Georg und seinem Sohne Otto an dem
baufälligen Schlosse 2000 Gulden zu verbauen erlaubt. End-
lich wurden die beiden Brüder aufgefordert, im Sept. 1479
an einem bestimmten Tage zu Schweinfurt das Geld in
Empfang su nehmen und unweigerlich die Ämter herauszu-
geben. Auch die beiden Herzöge von Sachsen hatten zu
diesem Tage einen Vertreter, ihren Hauptmann Thymo von
302 '^'^ ehemalige Amt Lichtenberg vor der Rhön.
HermaiiQsgrün ^\ nach Sohweinfart geschickt. Laut dort auf-
genommenen Protokolls verweigerten die Vertreter der beiden
Brüder y. Henneberg die Annahme des Geldes, welches nun
bis auf weiteres bei einem dortigen Notar deponiert wurde
(M,, Lit B, 1; Lit. L, 37 etc.). Über den weiteren Verlauf
der Angelegenheit schweigen die Akten; Graf Otto, dem bei
der Teilung 1468 das Amt Lichtenberg zugefallen war, wäh-
rend sein Bruder Balsungen erhielt, hat es, „obgleich die
Herren Fürsten Schleusinger Linie sehr darnach gesohnappet,.
dennoch ruhig behalten'' (Weinrich). Freitag nach Pfingsten
1480 starb Graf Wilhelm auf einer Bomfahrt, „da er nach
Ablas gewesen war'^ und darüber blieb wohl die Sache liegen.^
Vor dem Übergänge aus dem Mittelalter in die Neuzeit
nun noch ein kurzer Blick in die Gegend jenseits des Stell-
berges.
Im Jahre 1350 hatte Graf Johann von Henneberg-
Schleusingen die Schlösser Eofsdorf, Barchfeld und Kalten-
nordheim nebst der Hälfte der Kaltensundheimer Cent an
Fulda verpfändet (S. 292). Am 20. Juli 1355 hatte da»
Stift wieder Bettenhausen und Seba, die als „Ober am t'' zu
dieser Hälfte gehörten, nebst anderen Dörfern für 1500 Pfund
alte Heller an den Ritter Hermann v. Bibra verpfändet.
Damit steht in Zusammenhang, dafs am 17. Mai 1419 Graf
Wilhem IL von Henneberg ^) und seine Gemahlin Anna, geb.
Herzogin v. Braunschweig, bekennen, für die Wiederlösungs-
summe von 2000 Gulden unter dem Vorbehalt des Wieder-
kaufs und mit der Ermächtigung, die zum Gerichte gehörigen,,
aber inzwischen versetzten Dörfer Kaltenlengsfeld, Betten-
hausen und Seba wieder zu erwerben, die halbe Cent zurück-
erhalten zu haben. Und unter dem 15. Novbr. 1419 ver-
zichten beide ausdrücklich auf alle weiteren Ansprüche an
1) Denselben, welcher als Amtmann des Amtes Bargau dem Rate zu
Lobeda Steine von der Lobedaburgruine zu ihrem Kirchbau verabfolgt hat.
2) Er war seit 1415 Hauptmann des Landfriedens in Franken und
wurde 1426 auf einer Wallfahrt in Palästina von Sarazenen erschlagen.
soä
PutdB, nachdem ihnen das Anft KalteDnordheim gegen 2300
Onlden rh, wieder überantwoitet »ei — mit Bofedorf und
Barohfeld war ee freilich „schedelioh zugegangen" (8. 293)
— und verpAichteten eich noch eiaraal, obengenannte Dörfer
TD möglich wiederzuerwerben.
Im Jahre 1444 war, noch nicht 30 Jahre alt, Graf Wil-
helm 111., des Vorigen Sohn, auf' der Sauhatz verunglückt.
Et hinterltefs auTser seiner Witwe Eatharine geb. Oräfia
T. Hanau, und 2 Töchtern 3 kleine Söhne, Wilhelm, der in
seinem 10. Jahre vom Kaiser mündig erklärt wurde, Johann
(später Püistabt von Fulda) und Berthold (später Propst zu
Bamberg). Da erwachten in eeinem Bruder Heinrich (XIV.),
der seit früher Jugend dem getetlichen Stande sich gewidmet
hatte (oder, was er nun geltend machte, gewidmet worden
war) und schon die Würde eioes wiirzbnrgi sehen und kölni-
schen Domherrn erlangt hatte, unbeswingliche Herrecherge'
lüste ; er hing die Kutte an den Hagel, sammelte eine Rotte
von Abenteurern aus der Kitteiechaft mit ihrem Anhange um
eich und machte nun, aui' dieses KriegsTolk gestiltKt, Ansprüche
auf die Hälfte der Ora&ohaft Henneb.-Schleusingen geltend.
Besonders um den Besitz des Schlosses Ealtennordheim wurde
wiederholt gekämpft ; bald hatte es die eine, bald die andere
Partei inne. Durch Bchiedsrichterlicheu Ausspruch wurden
1445 zwar die Ansprüche Heinrichs für unberechtigt erklärt,
ihm aber dooh das Amt Ealtennordheim und ein jährlicher
Zusohuts von 350 Gulden zugesprochen. Das war ihm zu
wenig, und er rächte sich für diese Abfindung durch unauf-
hörliche Fehden an den Schiedsrichtern, unter denen Graf
Georg, der Herr des Amtes Lichtenberg, war, und an Beineq ■
jungen Neffen und ihren Freunden '), so dafs er sich den Bei^J
uamen „der Unruhige" erwarb.
1) In einer lolcben Fehde hsttcn sieb dis Waibsr tdu Kiltsuwest-
hcnm Ihres Heren la tapfer KDgeaomiaea and du tod feindlichflin Kiiega-
TDlk« beatürmte Sehlob Ealtennordheim „dermirsea wobl defendirat",
daA die Feinde nnverricbteter Sache abziebea murBlen. Die Weiber hatten
IhreD rruDendea Mfinnern Essen gebrachl und waren mit ihnen eiage-
304 ^^^ Awiallgi Amt Idehtenbtrg rot dar Bh8n.
' AuA die gcmeiitmihalliliohe Gant Kaltansundheim gab zu
Htadeln TmiilMMiuig. Wie übHelii tarnen endlich beide
Teile tberäla, ilm beiderseitigen herkömmlichen Bechte an
der Gent doreh* die btideraeitigen OentsdiöfRBn nrkandlich
üeetitellen in lassen. So entstand das Centweistnm von 1447,
irelehes lU Jahie langOeltong hatte. Trots desselben aber
hffrte Gnf Heinrieh noeh nidit anf zn chikanieren nnd über
Chikanen sieh au beklagen (s. II. Teil).
AiMk anderer AnsprOohe wegen lag er sich mit seinen
Tettem stets in dien Eaaren. Im Jahre 1446 £• B. erhob er
Anspmdi anf die DMSet Kaltenlengsfeld, Bettenhausen und
8eba als Zogehdrangen yon Kaltennordheim, worde aber da-
mit abgewiesen. Ans demselben Ghronde beanspruchte er
1449 den WohlmuthSnaer Zehnt. Ak ihm dieser aus dem
gnten Ghmnde Terweigert wnrde, dafs er ja su Mafsfeld ge-
höre» überAel er Sehlofs Hutsbergi lieb den dortigen Amt-
mann Oeorg T. Bisa mit aller seiner Habe nach Ealtennord-
heim führen und daselbst in Gewahrsam halten. Als berufener
Schiedsmann sprach Georg v. Henneberg 1460 ihm den Zehnt
zu, der nach Heinrichs Tode natürlich wieder nach Mafsfeld
geliefert wurde. Nach Graf Georgs Tode wurden die Zänkereien
mit dessen Sohn Otto fortgesetzt
Erst vom Jahre 1475 an hielt Graf Heinrich der ün-
mhige Buhe; er war ein stiller Mann geworden. — Die
Yogtei Ealtennordheim fiel seinem Neffen Wilhelm III.
wieder zu.
Graf Otto trat 1501 das Amt Lichtenberg und halb
Salzungen käuflich an seinen Bruderssohn Hermann YIII. ab.
Diesen Verkauf genehmigte Graf Ottos Bruder, Erzbischof
Berthold von Mainz, im Namen des Erzstifts als der Pfand-
herrschaft, indem er in die Schlösser 2000 Gulden (die Fron-
8chloBS6n worden. Sie gössen heifses Wasser auf die Stürmenden und
schlagen sie so ab ; „dahero als Ffirst Henrich ihnen eine Gnade zu thun
«ngebothen, sie nichts als das seltzsame Privilegium verlanget", welches
bis in die neuere Zeit mit dem „Wetzstein*' zu Westheim verbunden war
(Bechstein, Sagen des Bhdngeb., S. 92).
Du ahenitllgB Ami Llohtanbarf; rOr der BhCa.
arbeil ungerechnet) zu Terbsueo erlaubte und dem ErzitifMJ
den Wiederverkauf vorbehielt — „den etifft za Fulda aeMJ
gerechtigkeit davon verb ehalten".
Unter Oraf HennannB Regierung wurde das Land voaJ
den Oräueln des
BauernkriegeB
lie im gesucht. Sohou mehrmalB seit dem Ausgang des vorher^
gegangenen Jahrhunderte hatte die leibeigene Bauernschaft in
Tersohie denen Gegenden Deutschlands durch geheime Bünd-
nisse („armer Koorad", „Bundschuh" etc.) eine EntfeHselung
ihrer Uacht erstrebt, um wenigstens eine Erleichterung ihres
traurigen Loses au erreicliea, aber immer waren diese Auf-
stäude schnell und blutig unterdrückt worden, und um so un-
erträglicher wurde das Joch der Leibeigenschaft. Da zündete
Luthers raifs verstandenes Wort von der Freiheit des Christen -
menschen das Feuer aufs neue und mächtiger als je zuvor
an. Schon im Herbst 1524 war im Schwarswald eine Empö-
rung ausgebrochen; im Januar 1535 erhob sich Schwaben,
im April verbreitete sich der Aufstand über ganz Franken,
Die Bauern legten ihre meist billigen und mäfsig gehaltenen
Forderungen in 12 Artikeln nieder, deren Annahme sie von
den geistliehen und weltlichen Herrschaften erzwingen woll-
ten. Leider artete bei eunehmeaden Erfolgen ihr Beginnea ]
in Horden und Brennen aus, besonders als sich aus dep |
PriesterBohaft Schwarmgeister zu ihren Führern aufwarfen.
Am 6. und 7. Hai lagerten sich grofse Bauernhaufen
um Würzburg, wohin die letzten Kräfte des Herzogtums
und der Ritterschaft Frankens sich zurückgezogen hatten.
Graf Wilhelm v. Henneberg, welcher als Burggraf des Stifts
schon früher dem Bischof am Freitag nach Ostern zu Hilfe
SU kommen versprochen hatte, irar am 3. Uai nach Walldorf
geritten und hatte dort, wie viele weltliche und geistliche
Herren durch die Verhältnisse geswungen, mit dem Bauern -
beere einen Vertrag geschlossen, war auch der Bauornbruder-
sohoft beigetreten und hatte gelobt, „alles frey, ledig und los
zu geben und zu lassen, wae gefrejhet hat Gott der All-
306 !>•• tliMiiHg» Anl LidiUabtig tot der Bhöo.
meehtige diureh und in CSliristo aemem geliebten Sohn''. Gegen
dea Bifchol^ den nSdhtigrten Herrn in Franken, wendeten
sieh jetst die Bsnemheere.
um .diese Zeit fingen aoeh im Strenthele nnd Umgegend
Banemhaufen ihr Wesen zu treiben an; die EinheinuBchen
sehloaeen begeistert sieh ihnen an and halfen eifrig die Zwing--
bnrgen der Landesherrsehaffc und des Adels und die Klöster
aertrfUnmenu In Oberelxbaeh hatte sich ein Haufe von 4000
Bauern angesammelt und brandsehatste die Gegend. Bei
Spangenberg (Henneb. Chronil^ Anm. ron Garoli) ist zu lesen :
,^e Bauern im Orabfold und vor der Rhön feierten auch
nicht, sondern jagten und plagten die Junker aus und nahmen
ein Schlofs nach dem andern ein, plünderten dieselben und
zündeten sie an« Hiltenberg ^X Auersbej^, Lichtenberg und
Bibra, diese brannten sie aus: so thaten sie auch zu
Sehwiekershausen, Badstadt, ICühlfald, Nordheim (im Grab-
fsld) und hielten wüst Haus* Endlieh kamen sie auch f&r
das alte Fürstl. Haus Henneberg. Glaus Günther, der Thor-
hüter, lieüs sich schrecken, und eröfoete es; er machte sich
1) Der Sage nach sind bei Erstürmung der Burg die Bastheimer
Bauern die Eifrigsten gewesen, und swar wird die Person Luthers damit
in Verbindung gebracht. Nach der einen Lesart thaten sie es aus Bacher
weil man früher einmal in Bastheim nach ihrem Luther gesucht habe, um
ihn aufsnheben — wie hätte aber der Amtmann auf Hildenberg aum
Zwecke einer Verhaftung dort ,,einfallen*^ dfirfen? — nach der andern,
weil sie den verhafsten Luther — den hielten aber doch die Aufrührer
für ihren Mann? — oben gesucht hätten.
In Bastheim soll allerdings Luther auf Einladung der Herren von
Bastheim diesen einen Besuch (von Coburg aus?) gemacht haben. Im
Jubiläumsjahre 1817 wurde der Zudrang zur ,,Lutherstnbe** im Schlosse
der längst wieder katholisch gewordenen Familie so lästig, dafs sie diese
zumauern liefe. — Bastheim ist übrigens auch einer der Orte (im Luther -
jähre 1883 wurden viele andere genannt), wo man sich erzählt, Luther
habe in der Herberge eine Bratwusrt zu bezahlen vergessen: „Ja, das
ist wahr*S erwiderte ein Evangelischer einem Katholiken, der ihn damit
ärgern wollte, „aber gewifs zu entschuldigen ; er hatte ja eben vom Papste
eine Depesche erbalten, schleunigst nach Rom zu kommen und bei einem
seiner Kinder Gevatter zu stehen !**
Dkl «famnaUse Amt LlEttUnbe
PalsbsM davoii. Sie ptünderteo es erstlich, und am Sonnabend
nach Cantate, den 13. Uay zündeten eie es ao. Wie auch
an eben diesen Tag den Hutsberg '), Landawehre (Landsbeig)
unter Ueiningen fort an, und andere mehr."
Schon '2 Tage darauf nahm der Aufstand, dem Hunderte
\oa SchlSssern und Tausende von Menschenleben aum Opfer
gefallen sind, eine andere Wendung. Am 15. Mai unter-
nahmen die Belagerer des Würzburger Frauenberges einen
Sturm auf denselben, vurden aber zurückgeschlagen, und an
demselben Tage fand die TollBländige Niederlage des Haupt*
beeres der Bauern bei Frankenhausen statt. Am 3. Juni
fltieffi das vereinigte Heer der Fürsten bei Königshot'en auf
7000 Odenwätder Bauern, die bis dahin Götz von Berliohingen
befehligt hatte, und zersprengte eie gäDElieb,
CVreaus pLebs arCes tVU vaetat CLaVstraqVe Oera est.
Der Hauptmann der würzb. Bauern in der obern Saale-
gegend, der Schreiner Sobnabel aus Uünnerstadt, vnrde ge-
fangen und in Meiningeu in den Turm gelegt. An ihn und
seine Miträdelsführer erinnert noch der Vers:
L Schnabel, Schaai und Bchippel
I Brachten die Bauern aus gefütterten RÖckeu in leinene
r Kittel.
Am 6. Juoi machten die Bauern den Versuch ihn zu be-
freien , wurden aber zurückgeworfen , flüchteten sich nach
Uellrichstadt, unterwarfen sich dem Kurfürsten tod Sachsen
und lösten ihre Haufen auf. Nun zog der Fürstbischof Koo-
rad V. Würzburg mit dem Koadjutor von Fulda und dem
Grafen Wilhelm von Heaneberg und mit 400 Haan Fufsvolk
I and 800 Reitern im obern Frankenlande umher, liefs sich
■
I
I 1) Nach BrQcikngr warde Buuberg am II. Mu ■«ratört. Die Helmcn-
hKowr sollen ans Furcbt vor den Bswohnem der Burg nie anders als be-
«affiiel ihr Feld za bebanaD gewagt baban nnd nan bei deren Zerstörung
basDoders eifrig gewesep sein. Heim iah noch in den starken Biog-
mauem gegen 1! Löcber, so weit, dafs 3 oder 3 Mann lugleicb hindurch
kriechen iioiuiten, die mit der grSfsteti Gewalt durchgebrochen sein und
durch die die AufcUhrer Ihren Weg in das Innere genommen haben oiutiteD.
lwTi%iii mä kMifc ftaBfn Onidbt iib«r die Bidek-
Mnmr. In KiHpkaiM ütA «r «b M. Jui 10 denelben
hwiiittiB. A» S. Mfi k» «r sadi MellneliBtadt, die
Hnldigiiag der OitiMw^iHM mmMoaAmmt; bei dieeer 6e-
leyheit Keii er 6 Aofrihnr, «ater Sumb den Ffioier yon
¥lwingeiij WnriAli«. Am lolgeaden Tage wurde rcx dem
Obertlioiie eis hehee Ctartet wifgewililegfiii, auf welehen der
Ten MefrfeM lieigellelbito Heiinihel» foner Hieas Sehaer yon
ffwfhyfT nnd der Ouldiehniied Weinrieh GnunUnis, ge-
weeeoer Sehnllheiii im JBenemlMMr. mieiat enihanDtet. mJkBt^
ngeb ilue Kdrper in flpitfe geetelaen nnd dae Haupt oben
daiaal^ nnd alao yor dem Tlier anfjieriebtet^ wurden«
Bbeneo nnd noeh yiel granaamer wurden überall die
AnjRlhrer dea Aufatandea oder adion die Teilnehmer an Leib
nnd Leben gaateafk (wie i. B. in Eitaingen MaiAigraf Kasimir
y« Brandenbnrg auf einmal 57 Unglüekliehen — 30 andere
fanden noch Oeiegrnheit» an entwiaohen — die Augen ans-
ateehen nnd die Taaehen leerra WM), nnd die Zügel yiel
straffer angesogen» um den Leibeigenen jedes Gelüste nach
Wiederholung eines solchen Aubtandes für immer zu yer-
leiden.
Wie mochten die Bauern des Amtes Lichtenberg sich
gefreut haben, ab das feste ^^Amthaus'' demoliert war. Hei!
nun giebts keine Fronen, keine Steuern und Zinsen mehr!
Aber es kam anders. Die Burg mufste wieder aufjgebaut
werden, und da gab es nicht etwa nur ein »»Flickwerk'^, das
gab einen „Hauptbaw'' ^) — das ganze Amt mufste so lange
fronen, bis alle Mauern wieder standen und alle Gebäude
wieder bezogen werden konnten. —
Im Jahre 1682 teilte Graf Hermann y. Henneberg sein
Land anter seine Söhne Berthold und Albrecht Die Herr-
schaft Römhild, welche aus den Ämtern Bömhild, Hartenberg,
1) Über die BanfroneD s. IIL Teil.
Das ehemalige Amt Lichtenberg vor der Bhön. 309
Lichtenberg and Schildeck, ^/^ der Ffandschaft Brückenau^,
je ^/^ von Schlofs (und Amt) Henneberg und Münnerstadt
und noch einigen einzelnen Dörfern und Gütern bestand, fiel
dem Älteren 2u. Den Grafen Berthold bezeichnet ein kaiserL
Schreiben von 1565 an die Grafen y. Mausfeld ^^als einen
fast alten wanwitzigen Herrn, dem alle Diener abgespannt
gewesen", der, „wie man sagt, wenig Verstandes gehabt, und
zu was man gewolt, leicht zu bereden geweBen'\ Eine seiner
Eigentümlichkeiten war die häufige Anwendung der Redens-
art : „Wie sich das gebührt." „Wir Berthold, Fürst zu Henne-
berg, wie sich das gebührt, entbieten Euch, wie sich das ge^
bührt" etc. — so hatte einmal seinem Diktat ein Schreiber
getreulich nachgeschrieben. Da fuhr er auf: „Ey dafs dich
dann auch die Veitstantz bestehe, wie sich das gebührt, darfT
ich dich doch bald bey dem Eopff nehmen, wie sich das ge-
bührt, und die Stiegen hinein werffen, wie sich das gebührt"
etc. Durch schlechtes Haushalten und durch Unglücksfälle,
wie durch den Brand seines Besidenzschlosses zu Eömhild^.
geriet er in grofse Schulden, weshalb er sich viele abschlägige
Antworten und sonstige Demütigungen auf seine Darlehos-
gesuche von seinem Bruder und anderen gefallen lassen mufste^
V.
Die weimarisehen Dichter von
Gesangbuehsliedern und ihre
Lieder.
Litterargeschichtlich dargestellt und beurteilt
von
Ernst BO&me,
Diakonus in Lobeda.
XVI. 21
IoÜite; EouTofi liiaifiois xal
ujivoiE; Kai iilBai; TcvsuiiaTixafi,
ÖBoWEi Kai iJjrflXovTts rji Kap-
W eon es sich darum handelt, den Verlauf des religicU
kirchlichen Lebens eines Landes, die Denk- und Fühlweise
in Tiezag auf Aas Heiligste und Uöohete durch Jahrhunderte
hindurch aioh zu veranaehauliehen und überhaupt ein Bild za
gewinnen von der fortgehenden Entwickelung und Entfaltung
auf Eolohem Gebiete, wie sie bald mehr, bald minder deutlich
und lebendig wahrzunehmen ist in der Fülle des Lebens ins-
gemein und wie sie auch mehr oder minder bezeichnend er-
scheint Hir den jeweiligen Charakter der Zeiten überhaupt:
so kann es zu Bolohem Behufe wohl nicht die letzte und
mindest wichtige Aufgabe sein, auch die Kundgebungen des
religios-kirchliohen Fühlene, Denkens und Lebens, wie sie
insbeeoadere in frommen Dichtungen uns ent-
gegenklingen, zum Gegenstände eingehenderer Betraeh-
tung 2u machen und so den Stimmen zu lauschen, die, aus
verschiedenen Zeiten heraus ertönend, eben manch gewich-
tiges Zeugnis ablegen wollen von der Art und dem Mafse
der Stärke des Glaubenslebens in der Vergangenheit, Stimmen,
von denen noch gegenwärtig gar manche immer wieder er-
neut laut werden im Kirchengesang der Gemeinde. Ja, wir
meinen, noch unmittelbarer, als es an der Hand einer, selbst
314 ^^ irtiiluyrIielMii Diehtor von Oesangbnehsliedem.
bis ins Einselnste eindringenden Dogmengesohichte zu ge.
Bohehen yennag, nooh unmittelbarer läüst sich das religiös-
kirehliohe Leben einer besonderen Zeit und eines besonderen
Landes im Verkehr mit seinen Kirchenliederdichtem be-
lauschen und erkennen : dort, im Gebiete dogmatischen Lebens,
tritt eben doch yieUisch nur ein fester, ja oft schon allzu
starrer Niederschlag vor Augen, der nicht selten yorzüglich
das Werk einer, in zu yerstandesmätsig trockener Weise sich
auswirkenden Religiosität ist, — hier, auf den frisohblühenden
Gefilden frommer Liederdiohtung wissen wir uns aber zugleich
an der ursprünglichen Quelle, aus welcher — wenn anders
wir es mit Dichtem von Gottes Gnaden zu thun haben —
unmittelbare Frömmigkeit, nicht sowohl trocken-verständig
Hg yielmehr lebendig-gefühlvoll, in Tausenden von kleinen
Bächen hervorfliefst, Bächen, die alle wieder sich zusammen-
finden sollen in dem einen groben Wasser, von dem es in
der Sehrift heifiit: „es quillt in das ewige Leben''. Freilich
— unterschiedlich in Bezug auf Frische und Erquicklichkeit
mufs es ja sein, was so aus versehiedenen Zeiten auch nur
eines Landes auf dem Gebiete der Kirohenliederdiohtung sich
uns darbietet, und gerade das Kennzeichen herzlicher XJr-
sprtinglichkeit, welches im Einzelnen wahrgenommen sein will,
aber doch nicht immer in wünschenswert Überzeugeoder Weise
wahrgenommen werden kann, es wird vor allem eine reiche
Abstufung bezüglich des Wertes bedingen. Aber das mufs
ja nun auch die hervorragende Aufgabe einer Arbeit sein, die
dem besagten Gebiete angehört: eben jene Unterschiede zu-
gleich mit möglichster litterargeschichtlioher Begründung auf-
zuzeigen und solche Stellen auf diesem Gebiete besonders
hervortreten zu lassen, an welchen der Fulsschlag innerreli-
giösen Lebens vornehmlich kräftig und lebendig zu vernehmen
ist — was allerdings zuweilen bei einem ganz vereinzelten
Liede bei Weitem mehr der Fall sein kann als sonst viel-
leicht bei einer ganzen Anzahl — ; jene Ferien in der Kirchen-
liederlitteratur sind dann aber auch in ihrer ganzen Schönheit
und in ihrem bleibenden Werte ins hellste Licht zu stellen.
IM« woimartselHii DlelilaF v
1 Oeungbochalledem.
I
I
Wenn nun im Folgenden von den weimarischen Gestmp
bucheliederdichtera und ihren Liedern dea Näheren gehandelt
werden aoll, bo darf gleich im Beginn bemerkt werden, dafs
wir es hier mit einem Terhältniamarsig ziemlich reichen Lieder-
schatz zu thun haben, und dafs eben auch das weimariscbe
Land einen beträchtüohen, wohl zu schatzenden Anteil hat
au dem köstlichen Besitze des evangelischen deutschen Volkes,
einem Besitze, dessen möglichst allseitige Würdigung gerade
in deu neueren Zeiten in erhöhtem Mafse erfreulicherweise
zu bemerken gewesen ist. und im Lande Weimar darf auch
in dieser Beziehung — was die Bereicherung des Schatzes
geiatlioher Liederdiehtung anbetrifft — die Stadt Weimar vor
allem mit Ehreo genannt werden. Hat es doch ein älterer
weimarieoher Liederhistoriker (Binder: „Historischer Erweifs,
dafs des bekandten Liedes unerer Kirchen : Ach ßott und
Herr, wie gros und schwer etc. wahrer Auetor sey M. Martin.
Eutiliua" u. a. w., 1726) bereite auagesprooben : „Es ist wohl
keine Stadt, welche &o viele Liederdichter, deren Lieder in
den Kirchen durch den Gebrauch gebilliget werden, anführen
kann, als oben nnser liebes Weimar". Ja, in der That steht
die Stadt Weimar selbst obenan in der Geschichte der Ge-
sangbuchelieder des weimorischen Landes — aber eine grofse
Zahl Ton Namen anderer Orte, Städte wie Dörfer, reihet sich
an, aas denen manch kernig »chönes und auch heute noch
gern gesungenes und gern gelesenes Lied, in frommer Christcu-
seele einst geboren, hinausgeklungeu ist in eine weitere Welt
au immer erneuter Erbauung und Erquickung für Viele.
Treten wir denn nunmehr eiu in eine Betrachtung des Ein-
zelnen, was uns das weimanache Land auf dem Gebiete der
GesangbuchsÜederlitteratur zu bieten hat, — lassen wir die
Gestalten der Sichter in kurz entworfenen Bildei-n an uns
TOrnbeiziehen und suchen wir zu würdigen, was sie uns ge-
sungen .'
Es ist ein 14'ame von hohem und gutem Klang, an den
sich zunächst unsere Betrachtung anzuknüpfen hat, ein Name,
der uns entgegenklingt aus der Geschichte der Kämpfe im
r
316
Die treim&riticbeD Dicbler i
1 GeaangbuchsliederD.
I
I
Eeformationszeitalter: — Johann Friedrich der Grofemütige —
„ein gewisBenhafttir, tief innerlich frommer Füret, begränztea
Geistes und doch heldenmütig im Denken wie im Dulden",
yne ibv ein berühmter Kiroheahiatoriker^) kurz und treffaad
kennzeichnet — kein Geringerer ab dieser ist es, den mEtn,
freilich nicht ohne Anfechtung, ak Urheber eines ebenso '
kernigea vie edel-originellen Liedeu bezeichnet hat, das i
Liedes: „Wie's Gott gefällt, so g'föllt mir'a auch". Es ist,
in gerechter Würdigung der ihm anhaftenden Tradition wie
seines wahren Wertes selbst, unter die Lieder vom Gottver-
trauen auch in das neue weimatisohe Gesangbuch aufge-
nommen worden, nachdem es schon in den älteren als „dea
frommen Herzog Johann Friedrichs zu Sachsen Lied" za
finden gewesen, später aber, in den Zeiten der Gesangbuchs-
reform aus den Gesangbüchern gestrichen worden, ao dafe es
selbst in dem Herder'echen von 1795 nicht vorhanden ist
Die ursprüngliche Überschrift über dieses Lied lautet: „Ein
Christlich lied, darinnen ei all sachen dem gnedigen willen
Gottes befiloht, in der wifs: der vnfal ritt mich u. w
Der erste ibdruck steht in: „Eraamue Eotteubacher, Bergk-
reyen ; Nürnberg , gedruckt durch Johann von Berg vnd Vi-
rich Newber 1551"; sodann, über ein Jahrzehnt später, ist
es zu finden in „Etlich geistliche gsang und lieder vor jaren
geschrieben durch Meister Ambrosium Blaurern" u. e, w. (1562
— Papierhandschrift in der Waaserkiroh-Bibliothek zu Zürich).
Nicht unbeBtritteu, wie schon angedeutet, ist die Behauptung
von der Verfasserschaft des genannten Fürsten geblieben -
vielmehr sind die Meinungen darüber, wer wirklich des
Liedes Dichter sei, ziemlich auseinandergegangen, und nicht
wenige Stimmen sind es, die der soeben genannte reformierte
Liederdichter Ambrosius Blaurer auf sich vereinigt hat. Nur
beiläufig sei es bemerkt, dafs aufser diesem vereinzelt auch
noch andere als Verfasser vermutet worden sind, so der Sohn
jenes erstgenanuten Kurfürsten, Job. Friedrich II. (im Stutt-
<
1) s
^e, Leiicbuch der KircheDgeechicbte, 18T7, S. 109.
e waimariscbeo Dichter tou Ossangbucbslieiiam. 31T'
r
^^H garter OeBsngbaohe von 16ö6), ja, selbet Luther (im Jenaer
^^K Gesangbucli von ITIT). Fragen wir nach den GrÜDdaa für die,
^H durch die kirchUche Überlieferung gestützte und — in Hia-
^^P eicht auf die Person des Fürsten — so Vielen auch wirklich
^^ liebgewordene Annahme der erstgenannten VerfaBserschaft, so
ist hierbei die, wohl nunmehr ab sicher behauptete Thateache
nicht unwichtig, dafs das fragliche Lied allerdings ab ein
besonderes Lieblingslied bei dem Kurlüreten in der schweren
2eit seiner Gefangenschaft sehr in Gebrauch igewesen, und
solcher Gebrauoh erklärt sich freilioh schon genugsam aus
dem ganzen Charakter des Liedes, das als ein Troatlied im
beetou Sinne des Wortes bezeichnet werden kann. Treilich
mufs ja gesagt werden, dafs es sehr nahe lag, aus dieser
Thatsacho des Gebrauchs auf' die — sonst bisher noch nicht
aua etwaigen, jener Zeit angehörigen Nachrichten erwiesene —
fürstliche Yorfasaerschaft zu achliefsen. Dazu kommt noch
die Bucksicht auf den ganz eigenartigen Ton, der sich durch
das Lied hindurchzieht, ein Ton, der ja so ganz der Lage
und den traurigen Verhältniseen angepafBt erscheint, in wel-
chen der Eurfüist Johann Friedrich zufolge seiner Gefangen-
uahme sich befand. Und wenn, wie es berichtet wird, in
jener Zeit der Gefangenschaft des Kurfürsten (1547 — 1562)
seine Gemahlin, die Kurfurstin Sibjlla, in der Schlofskirche
zu Weimar einen allwöchentlich dreimaligen Oeeang des
Lutherliedes: „Erhalt uns, Herr" (mit dem Zusätze einer
Tierten Strophe : „Ach Herr, lafs dir befohlen sein — Unaern
landesfü raten, den Diener dein" u. s. w.) angeordnet hat:
wie schön entsprechend dieser Thateache war es dann, den
gefangeneu Kurfürsten nicht nur durch den Gebrauoh jenes
Liedes sein inniges Oottvertrauen bethätigen zu sehen, son-
dern ihn sogar selbst als Dichter jenes Liedes zu wissen
So haben sich denn auch in der That eine ganze Anzf
TOD Liederforschern, wie Wetael, Schamehus, Bichter')
1) Auch Binder („Historisch ar Eiweifs" u. s. w.) ist u
□ er bai dei Auflihrang vrelmirischar Liadeidicbter »
1
318
Die n
Beben Dichter tod Gegtagbocbslied
und in neuerer Zeit Drjauder, Rambach u. A. tax die
nähme jener fiiratliehen Verfassereohaft erklärt, während efaJ
andrerBeite freilich nicht an solchen fehlt, die demgegenüber
die Behauptung aufrecht erhalten, nicht Johann Friedrich,
Bondern jener, oben schon genannte AmbroBiua Blaurer habe
jenes Lied gedichtet (so Wackernagel, Cunz, Eoch). Zu lets-
torer Ansicht versteht sich auch ein, um fraglichee Lied be-
ionders verdienter PorBoher — J, K. Schauer, der im Jahre
1864, als die dreihundertjährige Feier des Todes Johann
Friedrichs des OroEsmiitigen begangen wurde, anläfalicb wel-
cher das diesem zugeschriebene Lied fast überall im Lande
gesungen ward, eben daeaelbe, mit geschichtlichen und er-
bsnlichen Anmerkungeti begleitet, neu herausgegeben hat und
desaen Schrift auch für unsere Erörterungen vor allem mit
mafsgebend gewesen ist. Was nun den zweiten, für unser
Lied in Anspruch geaommenen Dichter betrifft, so sei our
kurz bemerkt, dafs dieser, Ambrosius Blaurer, der reformierten
Kirche angehörig, im Jahre 1493 zu Conatanz geboren und
1567 (nach Anderen 1560 oder 1568) zu "Winterthur ge-
storben ist. Er wird als Verfasser von etwa zwölf Liedern
bezeichnet, worunter also auch daB hier in Bede stehende
aufgeführt wird. Schon oben wurde die, von Blaurer im
Jahre 1662 herausgegebene, auch unser Lied einachlierseDde
Liedersammlung genannt. Hier sei noch hinzugefügt, dafa ea
allerdings kein unwichtigea Beweismittel ist für die Annahme
Blaurers als Terfaaser, welches man in der, jener oben erwähnten
alten ÜberBchrift eingefügten Angabe der Melodie („Der Vnfall
ritt mich") gefunden hat. Hauptsächlich eben auf diesen Um-
stand hat man sich bei der Entscheidung für Blaurer berufen,
■weil nämlich jene Angabe auch über anderen seiner Lieder
sieb ündet, aber auch ein Lied mit jenen, die Melodie be-
zeichnenden Anfangsworten yon ihm gedichtet worden ist. —
AuB dem bisher Oeaagten ergiebt sich also, daTs die Beant-
1
Job&nn Friedricb >ls denjenii^ea neDnt, i
„Wie'a Qott gefallt" verfaläl bkbe.
W '
-iacben Dichter von QesangliacliBliedflri].
3191
vortung der Frage nach der VerfaBBerechBft unBereB Liedea
nach zwei Seiten hin sehr wohl zu beachteDde Stützpunkte
hat, welche zu Gunsten der zweiten Annahme (VerfasserBChaft
Blaurera) übrigene noch um ein Weiteres Tennehrt werden
durch den, auf die äufaere Form bezüglichen Hinweis Schauers,
daTs der Dialekt des Liedes nicht der sächsische, sondern viet-
mehr der aiiddeuteche sei — ein Einwand, über dessen Be-
deutung und "Wert fiir unsere Frage doch aber erst Sprach-
gelehrte gehört werden müfsten. In Bezug auf den Charakter
des Liedes und die Grundlage Tür dasselbe erscheint es wohl
sehr verständlich, es auf einem Symbol oder Denkspruoh auf-
gebaut zu denken (,ut fert diyina yoluntas'), wie ja auch
(s. Schauer) auf Sammlungen von Sj'mbolliedern aus älterer
Zeit (bö Melissaader, „Reirogebete und Symbole durchlauch-
tiger Personen", Erfurt 1589) hingewieseo worden ist. Die
durch den Inhalt in so gauz eigeatunilichor Fassung deutlieh
gekennzeichnete Art unseres Liedes erweist es, wie schon
oben angedeutet, als eines der kräftigsten und schönsten
Zeugnisse echten, christlichen Gottvertrauens. Dabei mufs
wohl, wenigstens für uns heutige Leser und Härer, als un-
nötig erkannt werden, was Schamelius einst uaternommen :
den Votwurf des Fatalismus der Stoiker und Muhamedaner
von dem Liede zurück zustofsea ; — in wie manch anderen
unserer Gesaugbuchslieder, die in dieselbe Reihe mit jenem
gehören, könnten spitzfindige Sucher dann ein Gleiches zu
finden meinen! Aber fromme und nicht weiter nutzlos
grübelnde und vernünftelnde Gemüter, die, was aus ebenso
frommem Gemüt herausgesungen, unmittelbar auf sich wirken
lassen, werden die Kundgebungen echten Gottvertrauens als
solche wohl auch stets zu erkennen und voll nachzufühlen
wissen. Ein Vorwurf endlieh, der sich gegen die ganze
Fassung des Liedes richtet, ist nooh zu widerlegen: ein
Beurteiler (Marbach)^) hat es als „hursohikos und
1) Sieba: Nicolai, Karagefsrste Antwort &af Dr. Marbach's
■ehtaDg des Weimar. Gesa Dgbncbsent warft (Weimar, 1B80).
320 ^^ welmartoehen Dlehter ▼on Gatangbnclisliedern.
mit homozistieoheii Derbheiten erfüllt'' bezeichnet Solches
harte und nnserer Meinung nach dorchans unzutreffende Ur-
teil hätte doch dem Liede erspart werden können, einem
Liede, welohesy wenn irgend einesi aus dem Geiste, der Denk-
art und Sprechweise seiner Zeit heraus begriffen sein will
und dessen ganz besonderer Wert doch jeden&Us auch zum
guten Teil gerade in der ihm eigenen, auch im Äulseren
nicht yerleugneten herzhaften Originalität liegt. Wenn wir
nunmehr von diesem Idede in unserer Betrachtung Abschied
nehmen, so geschieht es nur mit dem Wunsche, dals es, in
seiner tie^egründeten Eigentümlichkeit noch immer besser er-
kannt und gewürdigt, immer Mehreren zu einem rechten
Trostiiede werden und als solches gebraucht werden möchte;
im Sinne solches Wunsches begrüfsen wir es denn auch mit
Genugthuung und Freude, da(s es — trotz dem noch walten-
den Zweifel über die Ver&ssersohaft Johann Friedrichs — in
das neue weimarische Gesangbuch wieder aufgenommen wurde;
ist doch schon die gewisse Thatsache, dals es das vielge-
brauchte Lieblingslied eines der frömmsten Fürsten des Landes
gewesen, Grund genug, es auch den weimarischen Landes-
kindern zum gesegneten Gebrauche anheim zu geben und zu
empfehlen! — Neben Joh. Friedr. dem Grolsmütigen sind zu-
nächst zwei Männer zu nennen, die in seinen Diensten ge-
standen und von denen je ein Lied herrührt; weder das eine
noch das andere freilich ist in neuere Gesangbücher überge-
gangen. Franciscus Burcardus, mit dem besonderen Zunamen
„Yimariensis*', Johann Friedrichs Kanzler, wird als Verfasser
eines Liedes genannt, welches mit den Worten anhebt: ,,6 't
hat den Menschen zart und rein von Anfang her geschaffen''
und dem die Überschrift gegeben: „Ein Lied, was unser Ge-
rechtigkeit für Gott sey''; im Index des Nürnberger Gesang-
buches von 1601, unter dessen Liedern auch jenes sich findet,
ist der Yerfasser genannt. Beiläufig sei erwähnt, dals jener
Burcard, welcher im Jahre 1560 gestorben und dessen Epi-
taphium in der Pfarrkirche zu Weimar zu sehen ist, ein
Schüler Melanchthons gewesen und ganz besonders eine
II Die «eimarisuEien Dichter von Geiaiigbuchiliedern. 321 ^^^^|
glänzende EedDergabe entfaltet haben boII — aacb dem Zeug- ^^H
siese dee GeacliichtBechreiberB Myoonius, der von ihm Bag^ ^^V
(Histor, reform. edit. D. Gypriaa p. 57), er eei „der ieinete
Oiator gawest ia Latein, als man dieee Zeit in Germania
haben mögen". — Der Andere auB Johann Friedrichs Um-
gebung, von welcliem abenfalle ein Lied Überliefert ist, beifst
Johann Walther; er war Eapellmeieter bei dem KurfÜreten,
übrigene auch der MuBiklehrer Luthers und hat sicli vor-
nehmlich als Komponiet und Herausgeber eines Gesangbuchs
hervorgethan. Hier kann für kbs nur von Wichtigkeit sein
daa eine Lied, welches ihn zum Dichter hat, anhebend mit
den "Worten: „Herzlich thut mioh erfreuen die Hebe Sommer-
zeit". Nicht weniger als 34 Strophen zählend, findet es sich
im alten weimar. Gesangbuch von 1681, pag. 1079, auch ab-
gedruckt im Liederschatz von Sohameliue (Nr. 387) ; ee ent-
hält eine Beschreibung des ewigen Lebens als einer Sommer-
zeit auf Grund von Luc. 21, 3Ü, Schon die ungemein grofse
Strophenzahl loTst erkennen, in welch breiter Form sich der
Dichter mit seinen Gefühlen und Gedanken ergebt: — bo
über die Mafsen ausgesponnen und langatmig, müfste es wohl
eine ganz bedeutende Kürzung erfahren, um ale Gesangbuchs-
lied gebraucht werden zu können. Cunz (Gesoh. d. deutsch.
Kirohl. I, S. 191) freilich meint, daTa der Dichter ein eigen1>
liches Kirchenlied überhaupt nicht beabsichtigt habe, und be-
gründet dies mit dem Hinweis auf die Überschrift des Liedes
(„Ein gar schöner geiatlicher und christlicher neuer Bergreihen"
u. s. w.). Wohl möglich aber, dafs so mancher auch trotz
der ungewöhnlichen Länge des Liedes einst durch die ihm
eigene, viele Menschen von heute vielleicht wunderlich an-
mutende, ursprüngliche Naivetät und Einfalt der Emptindung
im eigenen Gemüt erbaut worden ist. — Eb^enfalls ein Kapell-
meister und zwar aus den Zeiten des Herzogs Johann (1570
— 1605), ist es, der zunächst jenem eben genannten Walther
in der Geschichte weimariBcher GeBangbuchalieder wenigstens
kurs erwähnt werden mufs; — Johann Stoll hat im Jahre
1606 „Epioedia oder Grablieder bei der Leichbegängnis des
4
Herzogs Johann" herauBgegebeo, von denen ein« — irrtümlich
mit Barth. Bingwald als Verfasser bezeichnet — auch im
Gothaischen Gesangbuch von 1715 sich finden soll. Ferner
findet eich yoq demselben Verfasser im Zwickauer Oesaiig-
buch TOB 1710 das Lied: „Von einer Jungfrau auserkoren",
im Dresdener Gesangbuch von 1718 aber wird ihm ein Lied:
„ChriBtus ist erstanden" zugeschrieben. Mit diesem letzteren
nur, einem wenig bedeutenden, sohlt cht- einfachen Osterliede
in yier kurzen Strophen, ist Stell in einem älteren weima-
risehen Gesangbuobe (von 1739) vertreten; später ist es wohl
kaum wieder aufgenommen worden. — In die Zeiten des Her-
zogs Johann Wilhelm von Weimar und zwar in die letztea
Jahre desselben (1671—73) fällt der Aufenthalt des Caspar
Meliasander (Bienemann) am weimariscben Hofe; früher Ge-
neral Superintendent zu Pfalz- Neuburg, als solcher aber wegen
der ihm schuldgegebenen Anhängerschaft an Matthias Flaoius
abgesetzt, hat er eine Stelle als Informator am weimarischen
Hofe erhalteo, freilich nur für kurze Zeit, da er bald auch
hier seine Abdankung erfahren inuiste; er ist in der Würde
eines alte nbnrgi sehen Generalsuperintendenten im Jahre 1591
gestorben. Ihm werden, wohl aus den Jahren 1573 — 74
stammend, fünf geistliohe Lieder zugeschrieben, welche zum
Teil, wie es ja erklärlich erscheint, die durch seinen Wider-
streit mit Anderen wie durch seine diesbezüglichen Er-
fahrungen hervorgerufene Stimmung deutlieh durohklingen
lassen, so besonders ein Lied, welches in bezeichnender W^eiee
anhebt mit den Worten: „Behuf mich, Herr, vor falscher
liehr"'. Wie sieh der Gelehrte und Dichter aber zugleich
über allen Streit der Lehrmeinungen und über alle trüben
Erfahrungen kraft eines starken Gott Vertrauens und einer
innigen Hingabe an Gottes Willen in echt christlicher Weise
hinauEzasetzen wufate, davon zeugt das, vohl in die Mehr-
zahl der neueren Gesangbücher aufgenommene, kurze, aber
töstliche Lied: „Herr, wie du willt, so schick'a mit mir" —
ein Lied, von dem man gesagt hat, dafs es „daa Muster eines
in Kreuz und Leiden geduldigen Christen enthalte", und an
welches, wie an so viele Kernlied«r, sich so manche liebliche
Erzählungen hinsichtlioli seincB gesegneten GebrauchB uad
seiner lieilBamen Wirkungen an gesohl OBseu haben. Welche
Sedeutttng dieses Lied Euhou kurz nach seiner Entstehung
in engereu Ereiäen gewonnen, geht aus der iDtereasanten
Mitteilung') hervor, dafe die Prinzeaain Maria von Sachsen-
Weimar (t 1610) von dem Verfasser, ihrem Erzieher, jenes
»Lied zum täglichen Gebet und Symbol angenommen, die An-
fengsbuchsUhen dieses ihres Symbols (H. W. D. W.) auch
in Stammbücher geschrieben und in Münzen habe prägen
lassen. — Was bei Bieuemann besonders hervortritt, nämlich
der Einflufs der Lehrmeinuug und des Lehrstreites auf seine
Liederdichtuug, das ist in allgemeinerer Weise noch bei einem
anderen Liederdichter dieser Zeit zu bemerken ; nur dafs seine
Dichtung viel zu sehr als Lehrdichtung erscheint, um noch
in das engere Gebiet des Kirchenliedes eingegliedert werden
zu können, weshalb auch hier nur ganz andeutungsweise im
Anschluls an den für uns als Dichter bedeutenderen, vorher
Genannten davon die Bede sein mag. Michael Styfel, im
Jahre 1567 in Jena als Lehrer der Mathematik gestorben, sich
gelbst bezeichnend als „Bruder Michael Styfel, Augustiner
von Efslingen", hat aufser dem gereimton 1 0. Psalm „ein
überaus schön künstlich Lied von der christförmigen, recht-
gegründeten Lehr Doctoris Martini Luthers" drucken lassen,
in welchem im Anschlufa an die SchrifCstelle Offenb. 14, 6 u. 7
Luther als der apokalyptische Engel dargestellt und seine
Lehre des weiteren ausgeführt wird, — ein Thema, das im
Anfange des Liedes sofort angedeutet erscheint: „Johannes
thut uns schreiben — Von einem Engel klar, — Der Gottes
Wort soll treiben — Ganz luter, offenbar". Dieses Lied,
seiner Zeit sympathisch begrüfst, soll übrigens ein „neues
Lied von dem Untergänge des ohristlichen Glaubens", verfafat
von dem — in der allgemeinen Li tteraturgo schichte als
m Satiriker genannten — Strafsburger Franciekaner Thomas
■
1) s. Cum, GbigIi. I
daulath Kircbgul. I
324 ^>® wtfanarischen Dichter von Gesangbuchsliedern.
Mnrner, als 6^;fiiifitiid[ Yennlabt haben. — Doch eilen wir
weiter, um nunmehr 2a emen Pimkte za gelangen, der für
die ipeoifisch weimarische Kirchenliederhistorie von g^ans
besonderem Interesse ist, der denn auch eine etwas nähere
Auseinandersetzung von uns erheischt. Unter den, der Stadt
Weimar selbst zugehörigen Liederdichtem ist einer, dem man
längere Zeit die Verfasserschaft; für eines der innigst em-
pfundenen, im weimarischen Gesangbuche befindlichen Bofs-
lieder streitig gemacht hat : viel Zweifel schon hat obgewaltet
darüber, wer das schöne Bufslied: „Ach Gott und Herr*' ge-
dichtet habe, ob ein gewisser Glauder (geboren 1586 zu Mos-
bach bei Neustadt a. d. Orla, gestorben als Archidiak. zu
Altenburg 1658) oder aber ein gewisser Göldel (erst Kantor
zu Gotha, dann Pfarrer zu Dienstädt a. d. Um, als solcher
1685 gestorben) oder endlich der ehemals weimarische Dia-
konus Martin Rutilius. Es ist das Verdienst des schon früher
genannten Liederhistorikers Caspar Binder, endgiltig nachge-
wiesen zu haben, dafs der letztgenannte von jenen dreien
des Liedes Verfasser sei, und zwar ist der Erweis von ihm
erbracht in einer eigens dazu geschriebenen Abhandlung vom
Jahre 1726, welche den Titel trägt: „Historischer Erweif s,
dafs des bekandten Liedes unserer Kirchen: Ach Gott und
Herr, wie gros und schwer etc. wahrer Auetor sey M. Martin.
Eutilius, Ex matre nepos Georg. Rorarii, amanuensis Lutheri,
weiland Archidiaconus bey der Haupt- und Pfarrkirchen zu
Weimar; Gleichwie von dem Zusatz: Gleichwie sich fein ein
Vögelein etc. Auetor ist M. Johann Maior, 1. 1. Diaconus da-
selbst, gezeiget von M. Caspar Binder, Vimariensi, 0. B. min.
eccles. Mattstad." (Johann Christoph Olearius gewidmet, 1726).
In dieser Abhandlung kann sich Binder auf die Original-
handschrift des Liedes berufen, in welcher dieses bezeichnet
wird in der Überschrift als „Ein Gebett vmb Vergebung der
Sünden, vmb Gedult im Creutz vnd vmb Erlassung ewiger
Straffe" — worunter sich die Worte befinden: M. Martinus
Rutilius, Diaconus Ecclesiae Vimariensis fecit et propria manu
Bcripsit — und die weiteren : „Jhesu, du Sohn Dauidts, erbarm
'
Die vsimarliebeTt Dichter von OesBnfbacbsthdeni.
dich mein, — Lafs mein Sündt zugedecket sein, — Im Ster-
ben wöUt mein Beietaodt bleiben, — Vom Todt zun
bringen mit Freuden. Den 29. May 1604," Wenn so-
mit ButiliuB unwiderleglich als Terfaeaer erwiesen iet, eo
kommt jener oben mitganannte Joseph Clauder doch wenig-
stens als Übersetzer in Betracht, insofern in der, von ihm
unter dem Titel; „Pealmodia sacra" herausgegebenen Samm-
lung von 300 lateinischen, in deutschen VerBmafeen abge-
fafaten und gereimten Liedern eins sich findet, welches be-
ginnt: „Äh mi DeuE, — quantum soeluB — raentom meam
molestat: nam nil opis — angustüs — isthoc in orbe restat".
Das Hutilius'sohe Lied, -welches in seinen (uraprtin glich 6)
Strophen bei aller Einfachheit und Schlichtheit der Form
von einer tiefaufrichttgen Cufse, einem hohen sittliohen Ernst
dea Dichters kündet, ist bald in den weimariechen Kirchen
bekannt und in Gebrauch genommen worden, und es wird
insbeGondere noch bericUtet, dafs Dr. Johannes Maior oder
Orofs, der in den Jahren 1592 bis 1605 ebenfalls Diakonus
in Weimar, also Kollege von RutiliuH war, nachmals, als
Superintendent in Jens, im Jahre 1618 in einer, auch ge-
druckten Gedächtnispredigt über die thüringieche Sintflut die
Strophe aus dem Eutilius'achen Liede angeführt habe, in der
es heifst: „Soll's ja so sein, — dafs Straf und Fein auf
Sünde folgen müssen". Dieser eben genannte, nachmalige
Professor Maior (geboren 1564 in Reinstädt bei Orlamünde,
gestorben 1654 in Jena) — von welchem beiläufig berichtet
wird, dafs er mit dem , später noch zu nennenden Professor
der Theologie Johann Gerhard zusammen im 30-jährigen
Kriege die Stadt Jena gerettet habe, — er ist es auch ge-
wesen, der — wie es als erwiesen gellen kann — einen Zu-
satz zu dem Liede seines früheren Kollegen Rutilius gedichtet
hat, welcher nach Binders Meinung als „aus kollegial! scher
Liebe und Freundschaft" herrührend zu betrachten ist Dieses
Zusatzlied, für welches u. a. in dem Coburger Gesangbuch
von 1667 Maior ausdrücklich als Verfasser besietchnet wird
und dai, wie Binder bemerkt, in manchen Gesangbuch eru
326 ^>® weimurischen Dichter von Gesangbuchsliedern.
als ein besonderes Lied vorkommt, möge, da es jetzt wohl
kaum noch überhaupt in Gesangbüchern anzutreffen sein
dürfte, nach dem, von Bambach in seiner Anthologie mitge-
teilten Wortlaut, seiner Originalität wegen hier angeführt
werden. Es lautet:
„1, Gleichwie sich fein — Ein Vögelein
In holen Baum yerstecket,
Wenn's trüb hergeht, — Die Luft unstät
Menschen und Yieh erschrecket:
2. Also, Herr Christ, — Mein' Zuflucht ist
Die Hole deiner Wunden.
Wenn Sund' und Tod — Mich bringt in Noth,
Hab' ich mich drein gefunden.
8. Darin ich bleib'; — Ob hie der Leib
Und SeeF von 'ander scheiden.
So werd' ich dort — Bei dir, o Gott,
Seyn in ewigen Freuden.
4. Ehre sey nun Gott — Vat'r und Sohn,
Dem heiligen Geist zusammen!
Zweifle auch nicht, — Wie Christus spricht:,
Wer glaubt, wird selig. Amen.**
Nachdem wir so in Kurzem über das Lied des Eutilius
und seinen Maior'schen Zusatz gehandelt, seien noch einige,
auf das äufsere Leben des Ersteren bezügliche Funkte er-
wähnt. Martin EutiliuS; geboren im Jahre 1550 zu Düben
in Chursachsen, war bereits 1575 Ffarrer zu Teutleben im
Weimarischen, von 1586 an aber Diakonus und schliefslich
Archidiakonus in Weimar, als welcher er am 18. Januar 1618
gestorben ist. Er wird als der erste der Diakonen Weimars
bezeichnet, die bis an ihr Ende in Weimar geblieben, da
alle anderen vor Kutilius früher oder später in andere
Stellungen eingetreten seien. Yier Festzeiten soll er während
seines 33-jährigen Wirkens in der Stadt mit erlebt haben.
Sein Grab befindet sich dort in der Jakobskirche, sein Bildnis
im Bathaus zu Weimar. Näheres über seine Person enthält
die Lei oh eu predigt, welche Superintendent Kromayer auf ihn"
gehalteo und die 161S im Druck erschienen iet. — Ale Zeit-
genoBse des Butiliue, und mit ihm zusammen gleichzeitig eine
Keihe tod Jahren in Weimar lebend und wirkend, sei nun-
mehr eogleioh Melchior Yulpius genannt, der, um 1 560 In
Waeungen geboren, seit ungefähr 1600 Kantor in Weimar
war, wo er nach gewöhnlicher Angabe im Jahre 1616, nach
anderen eret um 1621 gestorben tat. Von ihm ist ein „echSa
geistlich Gesangbuch, darinnen Kirchen -Gesänge und geistliche 1
Lieder D. M. Lutheri — mit 4 u, 5 Stimmen gesetzt — ''
(in I.Auflage 1603 zu Leipzig, in 3. Auflage 1609 zu Jena)
herausgegeben worden, und ao hat er sich besonders auf dem
Gebiete kirchlicher Liederkomposition seiner Zeit einen Namen
erworben. Als Liederdichter findet sich Vulpius mit 4 Liedern
im älteren Oothaiscben Gesangbuch vertreten, von denen zwei
{„0 heiliger Geist, du göttlich Feuer" und „Erstanden ist der
heilige Christ") auch im Jenaischen Gesangbuch von 1724
stehen, das erstere, welches wohl überhaupt daa bekannteste
von ihm gewesen, auch im Weimarisohan Gesangbuehe von
1681. An und für sieh und historisch betrachtet interessant
(ganz eigenartig ist z. B. der Wechselgesang zwischen einem
Engel, Maria und dem Volk in dem Oaterliede), haben doch
die Vnlpius'achen Lieder bei dem Gepräge des Alten, das sie
an sich tragen, in neuere Gesangbücher wohl kaum Aufnahme
gefunden. — Mit dem Genossen des Rutilins in Weimar, Joh.
Haior, zusammen haben wir bereits kurz beiläufig einen an-
deren jenaischen Theologieprofessor jener Zeit genannt, den
■vornehmlioh in der Geschichte der Dogmatik aufzuführenden
Jobann Gerhard (geboren 1Ö82 zu Quedlinburg, gestorben
1637 zu Jena), von dessen einstigem hohen Ansehen ein
höchst Euperlatives Urteil Zeugnis giebt, dahin lautend : er
habe sich zufolge seiner „tomi locorum Theologicorum" einen
Buhm erworben, „qua non maiorem totus hio orbis habet".
So sehr anerkannt aber Gerhard auch auf theologisch -dogma-
tischem Gebiet« dastehen mag, so sehr ist ihm andererseits
ein Platz in der Reihe der Kircheuliederdichter streitig ge-
XVI. 32
3Qg Di« wihMfiadün Diehtar Ton GeMogbaehtiiedeni.
«joht worden. Will ilm doeh OleMioi gänzlieh ex nnmera
Hjnnopoaoxaiii gaetmheB winen! In Oerhards »»Frommer
Herten geiiüiehem Kleinod'^ findet sieh ein Lied mit denk
Anfing: »Joh denk* dir» Täter» denn da haat^' — ^ Wird
aber aohon dieiea Lied manoheraeita niobt Gtohard» sondern
Jostaa Oeaenins angeaehrieben» ao wird die Yer&asersohaft de»
Oerbard noob Tiel mebr bezügüoh eines anderen Liedea^
welebep anob in neuere Gesangbüober übergegangen iat»,
staeeitig gemaebt: es ist dies das Passionslied ,»Wenn meine
Siind'n mieb krftnken''. Aueb der groÜM Paul Gerhardt, ob-
wobl es in dessen Gesangbuob nieht au finden ist» wird (in»
Hildburgbäuser Gesangbuob) als der Yerfiasser dieses letztge-
nannten Liedes beaeiohnet und so noeb anderwärts Andere»
Naeb ftlterer wie neuerer Ansobauung aber (Wetsel — Cuna)
bat doob die Annabme ron der VeräMsersobafb des Geseniaa
die meiste Wabrsobeialiebkeit Ar sieb in Anspruch au
nelunen. — Neben ICiQor und Gerbard können wir zugleioh
noeb einen dritten Gelehrten ala Diebter nennen: Johann
liiohael Büberr» weldber bis aum Jahre 1640 Professor in
Jena war und als Pastor und Bibliothekar in Nürnberg 166^
gestorben ist Yen ihm führt Guna (a. a. 0. I, S. 545) zwei
Lieder an: ,»Nun lasset Gottes Güte^^ und: ,,0 du betrübte
Seele mein''. Zwei andere finden sich in dem weimarisohen
Gesangbuohe yon 1739: ein innig empfundenes, von tiefer
Demut getragenes BuTslied: »»Nichts Guts an mir ich finden
kann" — und ein einfältig - frommes Abendlied: »»Es ist die
helle Sonn' dahin'^ Beide aber sind wohl kaum in neuere
Gesangbücher übergegangen. — Hat uns soeben unsere Be-
traohtung an einigen Gelebrtengestalten vorbeigeführt, so ist
es nunmehr wiederum eine erlauchte, für das weimarische
Land hochbedeutende Fürstengestalt, welcher wir begegnen
und die uns Anlafs geben muTs zu etwas ausführlicherer
Darlegung. In Herzog Wilhelm Hjf (in der ihm gehaltenen
fürstlichen Leichenpredigt der Ordnung nach genannt als der
lY.)» geboren am 11. April 1598 auf dem Schlosse au Alten-
bürg» gestorben am 17. Mai 1662 zu Weimar» sehen wir da»
fiild eines Flinten, der sovohl als tapferer Kriegiheld wie '
als SchirnieT und Förderer der Eänite des Friedeos uad
Liebhaber der Wiaeenaohaften seinem Namen eis bleibendes
Andenken gesichert hat. In den gewaltigen Kämpfen des
dreifaigjährigen Krieges hat er als einer der Wackersten
mitgefochten, so besonders in der Schlacht am Weifsen Berge,
ist schwer verwandet nnd gefangen genommen worden —
und wenn er somit durch seine Kriegsthaton der allgemeinea
Geeehichte angehört, so hat er sich in der Oeaohichte seines
Landes noch einen besonders hohen Rang gewonnen durch
sein Wirken im Frieden, voraehmlich auch als Erbauer der
Wilhelmsburg nnd der Schlofakirohe zu Weimar, als welcher
er wiederholt Ton älteren Schriftstellern zu seines Namens
besonderer Ehre bezeichnet wird. Spricht für sein hervor-
ragend religiöses und kirchliches Interesse auch die Thatsache
der von ihm in seinem Lande unternommenen Eirohenvisi-
tation, so ist insbesondere noch dafür ein schönes, wenn
auch schlichtes Zeugnis gegeben in der Überlieferung zweier
Kirchenlieder, die ihm zugeschrieben werden und die dann
anch das weimarische Land als ein teures Yermächtnis eines
seiner edelsten Fürsten sich allezeit bewahrt und im Gebrauch
erhalten hat. Für ein näheres Bekanntwerden mit dem fürst-
lichen Dichter ist es übrigens nicht unwichtig, zu wissen,
dafs er hervorragende b Mitglied, ja sogar zweites Oberhaupt
der im Jahre 1617 gegründeten „Fruchtbringenden Gesell-
schaft" (seit 165 1 „Falmenorden" genannt) gewesen, einer
jener, in litterargeaohiohtlioher Beziehung höchst eigenartig an-
gelegten and ebenso lich bethätigenden sogenannten Sprsch-
gesell Schäften, die vor allem die hochdeutsche Sprache, bis
dahin vielfach verderbt, in ihrer ganzen Beinheit für den
Gebrauch wiederherzustellen sich bestrebten. Es würde zu
weit führen, hier des Näheren eine ins einzelne gehende Dar-
legung über das Wesen jener Gesellgchaftsbesttebaiigen eu
geben; nur so viel sei erwähnt, dafs, wie schon aus seiner,
ihm augewieeenen hohen Stellung zu schliefsen, Herzog Wil-
helm — neben dem als Ehren Oberhaupt geltenden, weima-
22*
380 I^ wvimaritdMB Diehtir von Gesang bnehtliedem.
riMhan Qdiaimxat und Hoftoawehmll Katpftr ron Tantteben —
ab ainer dar hSahst Angaaahanan untar aainan GaaaUschafta*
ganotaan gagolten haban miils — aine Annahma, su daran
Baatärkong aa nur dianan kann, wann wir höran, dafs, ge-
mäfs dam aigant&mlichan Oaista der OaBalltahaft, neben
dam all ,,dar Mahlraiaha'' baiaiolinaten Hofinarsohall Hersag
Wilhelm als dar „Sahmaakhafta" aai|genommen und ihm den
Weiteren das Baiwort: „Ei^annte Gate" sagelegt worde.
Was nnn dea Hersogs erwihnte Kirohenlieder anbetriA, so
stellen die swei, welaha anah in dae neue weimarisahe 6e-
sangbnoh anfiKenammen sind, swar nnr ab knrse, schlicht-
einÜMhe Gesinge lieh dar, doch aber ab solche, in denen
sngleiah die schlicht-hersliche Frömmigkeit jener Fürsten-
seele in anmittelbarer Weise, ohne Künstelei sich aasspricht
and die immerhin schon in Hinsieht aof die Person dea
Dichters wie die geschichtlichen Yerhftltnisse, mit denen sie
yerwachsen sind, genogsam Interesse absnnötigan yermögen.
Das Lied „Herr Jeao Ohrist, dich aa ans i^end''^ ist bereits
im Jahre 1678 in den gesamten karsächsisohen Landen dorch
ein besonderes Mandat des Karfürsten Johann Georg II. als
sogenanntes Eanzellied der Amtspredigten an allen Sonn- and
kleineren Festtagen yorgeschrieben and, nachdem es in jenem
Jahre am yierten BoXstage zam ersten Male gesangen, wohl
zn einem der meist gesangenen Eingangslieder in der weima-
rischen Landeskirche geworden. Bezüglich der Verfasserschaft
ist man allerdings anch bei diesem Liede immer wieder in
Zweifel geraten, and es sind ja anch Thatsachen in Betracht
zn ziehen, angesichts deren es ziemlich angewifs erscheinen
könnte, ob denn wirklich das Lied yon Herzog Wilhelm her-
rühre (ygl. Fischer, Kirchenliederlexikon). Auffallend muTs
es freilich erscheinen — was der Liederhistoriker Binder be-
richtet — dafs in den älteren weimarischen Gesangbüchern
l^ichts dayon za finden ist, anch selbst in dem, yon dem
Herrn yon der Lage heransgegebenen Gesangbuch, das doch
dem fürstlichen Hause allein gewidmet ist Ebenso ist das
Lied in dem Dilherr'schen Gesangbuch (Nürnberg 1653) noch
I
den ältesten SammluDgen aber erscheint oa^
in dem gothaiBcben „Oeistlicheii Oeaang-
büchlein" von 1666, in der „Oeiatltohen Singekunat" Ton
Oleariua, 1671; in dem BeTliner Geeangbiich ron ITOT hin-
gegen wird als Verfasser der Theulog Abraham CaloviuH ge-
nannt. Gleichwohl aber fehlt es demgegenüber keineswegs
an Zeugnisaen, die fdr die Verfasaersohaft des Herzoga
sprechen, so daa gloseierte Ifaumburger Gesangbach, ferner
das Schleusinger Gesangbuch von 169ä, in welchem eine
aasdrückliche , diesbezügliche Bekundung gefunden worden
int. Ja, eiDe ganz beaODdera intereaeante Bestätigung hat man
noch dnrch das Zwiokauer Gesangbuch von ITIÜ zu finden
gemeint, insofern dort eine boatimnite Bemerkung des Heraus-
gebers Blnmberg zu leaen ist, dahin lautend, dafs den Herzog
daa Anachauen einea Kruzifixes üura Dichten jenes Liedes
Teranlalat habe ~ ein Umstand, für dessen Thatsachliobkeit
des Liedes Inhalt selbst allerdings, wie man richtig einge-
wendet hat, nicht gerade einen besonderen Anhalt bietet,
der aber doch immerhin möglich erscheint. Somit befinden
wir uns bezüglich der Yertasaeraohaft des besagten Liedes in
einer ganz ähnliohen Lage wie in Hinsicht auf jenes früher
behandelte, ebenfalls fürstliche Troatlied, und ea ist durchaus
nicht leicht zu sagen, ob hier oder dort die Annahme der
fürstlichen Urheberschaft eine gröraere WahraoheinUohkeit be-
sitze; jedenfalls aber sind, wie angedeutet, in dieser Beziehung
aaoh für daa, dem Herzog Wilhelm zugeschriebene Lied nicht
EU unterschätzende Anhaltspunkte gegeben. Was übrigens die
äDfseie Gestalt und den Umfang des Liedes anlangt, ao ist es
Terachieden gedruckt zu finden. Während es nämlich zumeist
wohl mit vier Strophen erscheint (so anch im neuen weima-
rischen Geaangbuoh), hat es deren — unter Weglaasang der
gewohnliuhea letzten — im Rigischen Gesangbuch von 1676
und im Coburger von 1683 nur drei; dahingegen aber hat
es im Änsbachischen Oesangbuche von 1700 einen Zusatz
erhalten, insofern hier zwiaoben die dritte und vierte Strophe
eine weitere eingeschaltet steht, folgende rmafaen lautend : „In-
382 I>te wiimariMihOT Didbtar tob GMUigbiieiitliedtni.
swmchmi iina Geduld t«d«h^ — in Kreaz aneh unser Bei-
etaad tei| — dt(b wir nneb lolehem Leiden gleieh —
wU CShrieto bemehen im Hinunelrmeh.^ Ohne solchen Za-
sstSy in dem Bestände yon nnr vier Strophen mag des Lied
wohl am nrsprüngliohsten erseheinen. — Das aweite Lied,
welches dem Herzog Wilhelm — und swar mit gröeferer
Sicherheit als jenes erstgenannte *— augesohrieben wird,
ist der karse, dreistrophige Friedensgesang: „Gott, der
Frieden hat gc|;eben^. Für die YerÜMserschaft des Heraogs
wird das Zeognis des bald weiter an nennenden Dichters
Georg Neomark angeführt, der den Heraog genau gekannt
haben soll und in seinem ^yTeutschen Palmbaum'' (S. 449)
kurz berichtet: »»Der Schmackhafte hat unterschiedliche geist-
liche Lieder gemacht^ so dieser Orden (d. i. in den säohsischen
Fürstent&mem) wohlbekannt» den kurzen Friedensgesang:
„Gott, der Frieden hat gegeben^ ^). Unzweifelhaft fest steht
im ▲nschluis hieran jedenfisUs die Behauptung» dals das Lied»
aus welchem bei aller Sohlichtheit» die es an sich trägt» ein
ebenso inniger Jubel und Dank wie zugleich auch tiefherz-
liche Bitte und Mahnung henrorklingen , auf den weetfSii-
sehen Friedensschlufs (Oktober 1648) verfiEirst ist, und um so
inniger und wirksamer müssen wohl die einfachen Strophen
berühren» wenn man bedenkt» wie tapfer und heldenhaft im
Krieg er selbst sich erwiesen» der sie gedichtet und der
damit freilich Gefühlen Ausdruck lieh» wie solche damals
nach vieler Kriegsjahre unsäglichen Drangsalen und unermefs-
liebem Elend mit ursprünglicher Gewalt und in ganzer Fülle
Unzähliger Herzen durchdringen und erfüllen muTsten. Als
ganz eigentümlich sei noch erwähnt die aufTallige Textab-
weiohung, wie sie sich für die 2. und 8. Strophe unseres
Liedes in dem Jenaischen Gesangbuch von 1724 findet» die
Mahnung („dafs wir sollen friedlich leben") ist hier wegge-
1) Befremdlicherweise lautet die Verfasserangabe ffir dieses Lied
im weimarischen Oesangbuche von 1739 (Nr. 909) auf: Mich. Franke.
Dieser (1S09 —1667) wird auch von den Liederhistorikem Heerwagen und
Richter als Verfasser angegeben.
Dt« ■rrimariMben Dlcbto' i
ugbadiUndarn.
' fallen, dafür eioe kurze Doxologie eingesetzt, ebenso aber sind
die sonst für alle drei Strophen sich wiederbolenden zwei
Sohlufszeilen („Friede, Friede in dem Lande — Glück und
Heil zu allem Stande!") hier in der 2. und 3. Strophe ander-
'weitig ersetzt, so dafs diese beiden folgeDdeTmafseD lauten :
2. „Ehre sey Gott in der Höhe, — Euhm und Pteife ihm
auch geschehe, — Friede, Friede schwebt itzt oben, — da-
für wir ihm danckn und lobeo." 3. „Wir an Gott, Gott an
uns Allen — Hahn ein hertzliohs Wohlgefallen, — Friede,
Friede wird er geben — Endlich dort im ewgen Leben."
Höchst wahrscheinlich wird dieser zweite Wortlaut auf eine
spätere Veränderung zurückzuführen sein ; denn den Charakter
der TJrBprünglichkeit tragen wohl jene Sii-ophen an sich, in
"welchen die Schlufszeilen eich gleichen. Und schöner kann
«in Fürst sein Volk in herz lieh -seh lichter Weise wohl nicht
seines Wohlwollens -versichern, schöner und ein&cher nicht
seine wohlgemeinten Wünsche für dasselbe zum Ausdruck
bringen, als es Herzog Wilhelm that, sich so zugleich als
Friedeusfurst und Volksbeglücker bezeichnend, indem er sang ;
„Friede, Friede in dem Lande, Glück und Heil zu allem
Stande!" — Schon erwähnt wurde, dafa Herzog Wilhelm
Ton einem anderen zeitgenösBiscben Dichter genau gekannt
■wurde, der denn auch ein Zeugnis fiir des Herzogs zweitge-
nanntes Lied beigebracht hat: diese Bekanntschaft Georg
Keumarks mit dem Herzog ist aber einesteils darin begründet,
dafs jener selbst als Kanzleiregistrator und Bibliothekar zu
Weimar in des Herzogs Diensten gestanden, andernteils darin,
dafs jener wie dieser Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft
gewesen. Dieser Neumark nun ist es, über den wir als einen
der bekanntesten weimarisohen Oesangsbuchlied erdichter im
Ansohlufs an die Mitteilungen über seinen Fürsten nunmehr
Näheres zu berichten haben. 1
In Müblhausen am 16. März 1621 geboren, hat Neu- I
mark, zwecks seiner Studien und durch Leben sverhältnisae
TeranlaTst, in vielen Orten kürzeren oder längeren Aufenthalt
gehabt, bevor, durch besondere SohiokealsfiiguDg herbeigeführt.
334 ^^ WiinMiiMliMi Diehtor Ton Gksangbndiiliedeni.
Mine, für ihn bedeatnngiyoUe Niederlassung in Weimar er-
folgte^ Nachdem er das Oymnaainm zu Sohleusingen var-
kaaen, hat er in Königsberg der Reohtswissensehafti auob
unter Simon Daeh der Poesie und Theorie der deutsehen
Dieht- und Bedekunst sieh mit FleiÜB gewidmet — wobei er
bereits sieh diohteriseh yersuchte — ^ ist dann aber nadh den
fltSdten Danzig und Thom (^^seine zweite Yaterstadt") ge-
wandert^ bia er über Hamburg zurüek in sein Vaterland kam.
Kanoh Trübes und Sefaweies hat er schon in diesen seinen
jungen Jahren ezihhren müssen« War ihm schon in Königs-
berg 1646 duroh eine Feuersbrunst sein ganzer Besitz (u. A»
eine wertvolle Bibliothek) ^ybis auf den letzten Heller'^ ge-
nommen worden, so mulste er in Hamburg diensüos in grofser
Armut leben, „so gar, dab er seine Viola di Gamba, welche
er YortreflElich spielen konnte, versetzen muTste"« Diese That-
sache soll der erste Anlafs zur Entstehung seines bekanntesten
Kirchenliedes geworden sein. Denn so berichtet man: ,,Alft
Neumark seine Viola di Gamba (durch besondere günstige
Verhältnisse und wiedererhaltene Stellung dazu in den Stand ge-
setzt) wieder eingelöset, machte er das Lied: Wer nur den
lieben Gott läist walten — und da er's komponiert, spielte
er^s das erste Mal darauf mit Vergielsang vieler Thränen/*
Eine bestimmte Bezugnahme auf das, was hiermit, freilich
nur nach Hörensagen und zwar nach Verlauf von nahezu
hundert Jahren, berichtet ist (Amarantes: Histor. Nachricht
von des löbl. Hirten- und Blumenordens a. d. Pegnitz Anfang
u. Fortgang", 8. 384), findet sich in Neumarks Schriften
allerdings nicht, und aufiälligerweise läfst er selbst in der
Vorrede zu seinen „Geistl. Arien'', wo auf jenes Lied beson-
ders Bezug genommen wird, auch Nichts von jener Geschichte
verlauten. Seit dem Jahre 1651 ünden wir Neumark in Weimar.
Aufserdem, dals ihn ein hier lebender Oheim, der Hof- und
Konsistorialrat Flathner, zu solchem Aufenthalt mit bewog,
fand er ja hier einen zur Poesie hingeneigten und sie be-
schützenden und fördernden Pursten in Herzog Wilhelm, dem
er schon von Hamburg aus einige poetische Schriften zugesandt.
Dil weil
iiwban DIelitar tod CteMngbnahiliodBm,
IT auch weiter nocli in seiner Dichtung huldigt« und
1 Hofe er fiirderhin sehr viel Empfänglichkeit u
Ehrung als Dichter finden Gollte. Neumark war ee denn auch,
der 16Ö3 als „der Spto Beende" !□ die Fruchtbringende Geaell-
schaft uufgenommen und, 1656 zu deren Hecretarius ernannt,
neue Anregung in diese hineintrug, wie er denn ebenfalls am
peguesischen Blumenerden Anteil nahm, in welchen er 1679
als „Thyrsie der Zweite" eingereiht wurde. Dafe er jener
GeBellschaft noch mit einer heeondern Schrift: „Der neu-
fiprossende teutsche Falmbaum" gedient und eie dadurch zu
fördern geeucht hat, davon iet oben schon kurz andeutungs-
weise die Kede gewesen. Wie sehr aber Neumark von seinem
Füreten hochgehalten und wertgescbätzt wurde, daa beweist
der Umetand, dafe er als Archiv aekretär und Bibliothekar des
Herzogs zugleich zum Hofdichtcr ernannt, über aUee dies aber
ihm auch der Titel eines Kaiserlichen Hof- und Ffalzgrufeu
verliehen wurde. Wie man aber auch hinwiedfrum in dem
engeren Dichterkreise, dem er angehörte, Neumarks Verdienst
wohl zu schätzen wufste, geht aus einem Zeugnis des nach
ihm zu nennenden Dichters Homburg hervor, der ihn u. A.
anredet mit den Worten :
„So, 80, mein Freund, von dir her Bpriefeet Hülf und Eat,
L Und führeet recht und wohl den Namen mit der That."
^ Spendet man „dem SproeBenden" solches Lob inmitten
^Beiner Dichtergeeellschaft und bezüglioh seiner Wirksamkeit
für dieselbe, so vrird dies noch übertroffen durch die — frei-
lich sehr überschwänglichen — Worte, wie lie sich finden
bei Beinen Bildnis im „Foetisohen Lufitwald" von 1657; da
heitst ee:
„So sieht Herr Neumark aus, der Tugend lieher Sohn,
Der Orpheus uoerer Zeit, der deutschen Sprache Krön."
Im Hinblick auf solche Urteile und Kundgebungen, die über
den Dichter laut wurden , in Beriicksiohtigung der vielen
Ehrenbezeugungen, die ihm zukamen, gauz besondere auch
gelegentlich der Heransgabe seiuee „Fortgepflanzten Luet-
wald", kann es wohl erklärlich erscheinen, wenn sich seiner
Die mimariaehen Dicliler van Gesangbuchslicdtrn.
selbst ein etwas ttbergrofses Selbatbewuretsein bemächtigte,
-wCDD er sich nicht freihielt tob Eitelkeit ond Selbstnihm ;
klingt es doch nur wie ein Eoho jeaer soebeu angeführten
^ugniiae, wenn er selbst einmal in seinen Liedern singt:
„Den werten Tugendloho, den weitbekannten Buhm,
Den hast du mir gesohenkt zu meinem Eigentum."
So iit et „Tugend" und „Tugendlohn", woyod er besonders
gern singt, allerdings nicht, ohne sieh selbst gern rorteil-
hftft geepiegelt zu sehen.
Ei ist hier nun nicht der Ort, näher auf Nenmarks ge-
samtes litterariiDhes Schaffen einzugehen und seine vielen
«raSbleaden wie Gelegenheitsgedicht« — denen übrigens teils
«rmfidende Breite, teils Kälte und Steillieit nachgesagt wird
— zu beurteilen. Hier kommt fiir uns lediglich das, wbb
Neumark auf dem Gebiete der Oesangbuchslitteratui geleistet,
in Betracht , und wenn sehon in Bezug auf seine Diob-
tUQgen geiagt werden kann, dafa er darin keusch und rein
und den „leichten und ulUu weltlich gesinnten Venusdiohtern"
(an denen es seiner Zeit nicht fehlte) abgeneigt, ja entgegen-
gesetzt erscheint, so bekundet seine geistliche Dichtung, za
der er aioh firtthseittg hingezogen fUitte, noch inibeaondere
tiefe Frlfmmigkeit nnd ntüiehen Ernst, wie es denn auch
«in frommer Wshlapraoh war, den er sich für sein Wirken
und Dickten wie für sein Leben ttberfaanpt gewKhIt hatte
in den Worten: „nt fort divine ToInnt«s", Was itbrigflna
•eine Aneohminng über dM Wesen der Dichtkunst anbetrifft,
M kann ei ja allerdings bef^mdlich klingen, mnfi aber doch
nur als eben in der damaligen Zeit und Entwickdung geistigen
Lebens liegende Ueinung and Vorstellung anfgefofst und be-
urteilt werden, wenn Neumark sioh dahin äuisert, d&fs sur
Poesie auTser einer sonderbaren Freudigkeit des Gemlite und
freiem Naohsinnen vor allem anob „ein äeilaiges Lesen ge-
lehrter fiüoher" gehöre : ähnlich wenigstens haben wohl noch
Viele aufser Neumark in naohfolgenden Zeiten gedaoht und
genrteilt. Es sind nicht viele geistliche Lieder, mit denen
Neumark in den Gesangbüchern vertreten ist ; auch Bambach,
Die wcimwischen Diditer -ma Oewi^nclnllederi
337
4er Herausgeber eiaer umfaagenil^a Anthologie, fährt deren
nur zwei au und seiu Urt«il lautet im übrigen dahiu. daf»
„Neumarkg geietliche Lieder im Ganzen genommen nioht unter
die TDTziiglichBteD Produkte dioier Periode gezählt werden
köDoen'', — ein Urteil, neben welchem aber die eine That-
Sache zu Beoht besteht, dafs doch einige wenige jener Lieder
zu einem hoobgetchätzten, bleibenden Bestandteil der eran-
geÜBchen Gesangbücher geworden eind. Zu diesen gehört in
erster Linie das köstliche, UDvergänglich schöne : „Wer nur
den lieben Gott läTst walten", wie es sich mit der zum Texte
gesetzten Neumark'sehen Komposilion in dem „Fortgepflanzten
masikaliech- poetischen LuBtwald" (Jena, 16ö7), S. 36 flg. vor-
findet, und zwar unter der Überaohrift: „TroBtlied. DaTs Gott
einen Jeglioheu zu seiner Zeit versorgen und erhalten will.
Nach dem Sprach: Wirf dein A.nliegen auf den Herrn, der
wird dich wohl versorgen a. s. w." Schon oben wurde kurz
angedeutet, was über die Entstehung dieies Liedes berichtet
wird. Eier sei dem nur noch hinzagefügt, daf« (nach Cnnz,
Gesotaiohte d. deotscb. Eirchenl. I, S. 515) auch olle alten
Hymnologen — wie Oleariu», Avenarins, Wimmer, Wetzol —
^iohlB von jeuer Geschichte wissen. Wie bald das Lied
soboa in des Yolkei Munde war, wie bald aber andererseits
auch Neumark die VeTfaBsertohaft streitig gemaoht worden,
das ist zu ersehen aus seinem eigeneu Zeugnis, indem er in
der Yorrede su seinen „Geistliohen Arien" (Weimar, 1671)
davon spricht, „wie er sehen und hören müssen, dafa einige
Grofsdeuohter ihm solohes abzusprechen und vor ihre eigene
Arbeit auszugeben sich unterstanden, also, dafs einstens eine
herumvagirende Dirne vor seine Thüre gekommen und er-
meldtes Lied ganz zerstümpelt und mit zwei andern einge-
fliokten Strophen abgesungen, und naohdom er sie be&aget,
wo sie dies Lied herbekommeo, geantwortet: ei hatte es
ein vornehmer Pfarr in Meohelnburg gemacht". Das Lied
enthält ursprünglich 7 Strophen ; zn diesen sind aber später
noch andere hinzugefügt worden und zwoi. wie Wetze] in
«einer Hymnopoeographie (2. Teil, S. ä'2u) berichtet, eine
4
338 ^^^ weimAiischen Dichter von Gresangbuchsliedern.
Strophe Ton Oeneralsuperint Sittig in Merseburg:, eine andere
Tom Coburger Hofrat Joh. Seb. Christ In seiner nrsprüng-
liohen Gestalt ist es wohl in fast alle Gesangbücher aufge-
nommen worden, und es müTste ja auch als eine ganz be-
deutende Lücke bezeichnet werden, wenn es irgendwo fehlte,
als ein unkluges und wohl auch unyerantwortliches Beginnen
aber auch jede wesentliche Veränderung desselben. Wir haben
es hier mit einem der nach Anlage, Wesen und Wirkung
bedeutendsten Eemlieder unserer Kirche zu thun, und als
solcher Eemgesang hat Neumarks „Trostlied'* einen selten
grofsen EinfluTs auch auf den Kirchengesang überhaupt aus-
geübt, insofern, wie erwiesen ist, das Yersmafs jenes yielen
anderen Liedern au Grunde gelegt worden ist, insofern aber
auch schon nach Verlauf eines Jahrhunderts seit Entstehung^
desselben ungefähr 400 Lieder nach der Melodie dieses einen
gesungen wurden. Zahlreich sind die Erzählungen, die be-
züglich der Wirkung des Liedes auf das Volk im allgemeinen
und bei besonderen Verhältnissen berichtet werden ; es würde
hier zu weit führen, darauf näher einzugehen. Jedenfalls
aber ist das Vorhandensein solcher Geschichten mit ein Be-
weis dafür, wie Neumark mit seinem Liede aus frommem
Herzen in unzählige ebensolche Herzen sich tief und kräftig
hineinzusingen verstanden : sein „Trostlied'' hat sich in Wahr-
heit als ein Samenkorn erwiesen, aus welchem unvergäng-
liche , köstliche Saat immer neu emporgesprossen ist und
emporspriefsen wird zu allen Zeiten und das da bleibende
Frucht zeitigt für den Himmel, nämlich echt christliches Gott-
vertrauen, tieHnnigste Demut und Goltgelassenheit. Neben
diesem hervorragendsten Neumark'schen Liede kann wohl als
eins der von seinen Liedern noch am meisten in die Gesang-
bücher aufgenommenen gelten dasjenige, welches in Neumarks
„Lustwald'' seinem Trostlied unmittelbar voraufgeht und über-
schrieben ist: „Bittlied. In welchem er den Höchsten alle
Morgen nach dem Exempel König Salomons aus dem 3.
Kapitel des ersten Buchs der Könige nicht um Geld oder
Gut, Ehre oder langes Leben, sondern um ein fromm und
Oiehler ron QsHmgbnoliallader
339
%eiuDhe> Herz, Weisheit und Verstand anrufet," Zu disBein,
bez&glich Heines Inhaltes schon durch diese Überschrift ganug-
sam gekttuDzeichueten, klndlich-frommeD and innig empfDudeneu
Morgeoliede („Es hat una heifaen treten") hat wiederum der
Dichter selbst eine Melodie Terfofst, die in Noten an be-
zeich u et er Stelle ausführlich bei gedruckt steht, vie er ja
überhaupt zu vielen seiner Lieder Dichter und Komponist
zogleioh gewesen ist. Aufaer diesen iwei genannten, auch
im neuen weimariscben Oeaangbuche vorhandenen Liedern
Neumarks seien ferner vun ihm im Besonderen nur noch köre
erwähnt das, wohl auch in mehrere Gesangbücher aufge-
nommene, auf den oben angeführten Wahlspruch gedichtete,
innige G ottver traue D sli ed : „Ich lasse Gott in Allem walten"
und weiter eine von unserem Dichter herrührende Ergänzung
zu dem alten, aus dem 16. Jahrhundert atammenden, Weilse-
schen fiegräbnialiede : „Nun lafst uns den Leib begraben",
welche darin besteht, dafe diesem Lieds als Oemeindegesang
eine Antwort des Gestorbenen gegen übetgea teilt ist, anhebend
mit den Worten: „So traget mich denn immerhin". Neumark
hat solches „Begrab nislied", wie es in der Übersohrift heifst,
„auf fliretliohen Befehl gesprächweise gesetzet", und zwar
auläTslich dea Begräbnisses der Fürstin Wilhelmine Eleonore,
Herzogin zu Sachsen- Weimar ; diesem Liede unmittelbar vor-
aus aber geht noch ein anderes „Gesprachlied", welches eben-
falls „auf fürstliches Begehren" aus gleichem Aulafs von
Neumark gedichtet und komponiert ward. — Wenn nUD —
was die geistlichen Lieder Neumarks von allgemeinerer Be-
deutung anbetrifft — die bekann teaten soeben angeführt
wurden, so soll freilich nicht in Abrede gestellt werden, dafs
vielleieht noch dieses oder jenes andere zur Aufnahme in
GesangbUoher geeignet erscheinen könnte; allerdings würde
dies wohl zumeist nicht gesoheheo können ohne Änderungen
im Einielnen, da ja eben gerade nater dem Einflösse der
Spraehreinigungsbestrebungen, wie sie besonders die Frucht-
bringende Geaellsohaft, welcher unser Dichter angehörte, eifrig
zu verfolgen sioh zur Aufgabe gesetzt hatte, die äui^are
340 ^>* wehnArUchen Dichter Ton Gesangbnchsliedern.
Form der Dichtungen Tielfiaeh sich so gestaltete, wie sie in
unseren Tagen nicht wohl mehr zu gebrauchen sein dürfte»
So würde wohl manche Bedeweise durch eine andere su er-
setzen, so würden vielleioht ganse Strophen — auch schon
wegen der früher oft beliebten, uns aber ermüdenden Länge
— zu streichen sein, und der Charakter der ürsprüngliehkeit
wäre dann freilich nur noch ein sehr relatiyer. Freuen wir
uns aber, daüs wir wenigstens einige Lieder Neomarks als
altberechtigte Gesangbuchslieder in ziemlich unversehrter, ur-
sprünglicher Form besitzen; freuen wir uns dieses unbe-
strittenen, festen Besitzes als eines solchen, der Allen, denen
noch Liebe zum Kirohenliede eigen ist, immer wieder reichen
Segen bringen mufs!
In demselben Jahre (1681), als der Dichter Neumark
die Augen schlofs, starb ein anderer, mit ihm bekannter und
ebenfalls wie jener dem ,yFalmenorden'' angehöriger Dichter,,
aus dessen Munde oben schon ein ehrender Lobspruoh für
Neumark berichtet wurde: — Ernst Christoph Homburg»
Wenn wir diesen Dichter neben Neumark wenigstens kurz.
anführen, so geschieht dies einmal, weil er wenigstens seinem;
Geburtsorte nach (in Mihla bei Eisenaoh 1605 geboren) dem
weimarischen Lande angehörte, andererseits, weil die Heraus-
gabe des zweiten Teiles seiner „Geistlichen Lieder'* 1659 in
Jena erfolgte. Im Übrigen hat sich sein Leben in Naumburg
abgespielt, wo er als Gerichtsschreiber und Bechtskonsulent
gestorben ist. Homburgs geistliche Lieder (im Ganzen gegen
anderthalb Hundert), die nur zum Teil auf Selbständigkeit
Anspruch machen dürfen, haben wohl im Allgemeinen zu
seiner Zeit eine recht beifällige Aufnahme gefunden — später
aber hat sich doch das anerkennende urteil sehr herabge-
mindert. So urteilt auch Bambach in seiner Anthologie nur
dahin, dafs er sagt: „seine Lieder zeichnen sich im Ganzen
genommen weder durch dichterische Schönheiten noch durch
rührende Kraft aus; nur in sehr wenigen ist es ihm ge-
lungen, sich über die flache Mittelmälsigkeit der gewöhnlichen
Liederschreiber zu erheben" — und entsprechend solchem
Dia wainudieheii Diebter ven GaMagbaehalisdan
341
Urteil ist es, wenn hier im Qaczen aar zwei Liedec &bge-
dniokt Htehen : das wohl mit Beobt unter allen geistliohen.
Liedern des Yerfassers am meiaten gerühmte PaBsionslied :
„Jesa, meioea Lebeos Leben", in welchem sich edle Originali-
tät mit dankbar-einfältigem Sinne trefflich vereinigt, und das
HimmetfahrtHÜed : „Ach, wundargrofaer Siegeaheld", welches
mit seinem , in leicht fliefsenden Versen auegeepro ebenen
Jnbel und der erhabenen Feierlichkeit, die ea atmet, jenem
aufs wiirdigate an die Seite tritt. Mit gutem Becht aber
hat man wenigstens noch eines oder aber auch zwei Lieder
Homburgs zur Äufushme in die Oeaangbiicher würdig und
geeignet befunden, Lieder, bezüglich deren es befremdlich be-
rühren kann, das eine oder andere in der Oescbichte des
Eirchenliedea thataächlich nicht aufgeführt zu sehen: ea sind
dies zunächst das im älteren Eirchengeaang wohl nioht so
gar selten benutzte und auch heute nicht zu unterBcbätzend e
Weihnaohtslied: „Kommst du, kommst du, Lieht der Heiden"
und andererseits das, den Charakter inniger Ursprüngtiohkeit
an sich tragende, grofae Olaubenskraft bekundende Lied: „Ist
Gott mein Schild nnd Hei fers mann", welches letztere, nach-
dem es vorher nicht Aufnahme gefunden, nun auch mit den
anderen genannten im weimarisohea Gesangbuch zu lesen ist.
Homburg selbst hat gelegentlich geäufsert , dafs er seine
geistlichen Lieder unter vielen häuslichen Leiden verfafst
habe, wie solche hauptsächlich durch Krankheit herbeigeführt
worden ; und davon, wie von Anfeindungen von aufaen her-
künden ja auch seine, wohl vielfach geradezu aus Schmerzen
herausgeborenen Terse, in denen er dann freilich auch um
so glanbenefreudjger von der innigen Gemeinschaft mit seinem
Gott und von der Trostesgewi faheit in Christus zu singen
weifs, eo dafs es wie ein tiefer Herzen eseufzer sich empor-
liagt aus seiner leiderprobten Seele dem weihnachtlich
kommenden Heiland entgegen : „O du starker Trost im Lei-
den", so dafs es ihm hinwiederum zur dniohgeh enden, aus
allen Strophen eines Liedes herr erklingen den Losung wird:
„streicht, alle meine Feinde — ich habe Gott zum Freunde 1"
I
342 ^^ weimarischen Dichter von Gesangbncbsliedern.
Was unter Dichter übrigens mit seiner Sammlung weltlicher
Oedichte geleistet , die den merkwürdigen Titel führt:
yySohimpff- und ernsthafte Clio'^ und in den vierziger Jahren
des 17. Jahrhunderts in zwei Teilen in Jena gedruckt, in
Hamburg erschienen ist — darauf des Näheren einzugehen,
gehört nicht hierher; bemerkenswert nur erscheint es, dafs
er, der „Keusche'S wie er in der Fruchtbringenden Gesell-
schaft genannt wurde, jene weltlich-sinnlichen Liebesgedichte
später in etwas yerurteilt in dem Bekenntnis: „Clio, ach, es
reuet mich, dafs ich Tor gesungen dich" — ein Selbsturteil,
aus welchem wohl zu schliefen ist, dafs er in* rechter Er-
kenntnis seines besseren Ich seine geistliche Dichterwirk-
samkeit ungleich höher als jene andere zu schätzen ge-
wufst hat.
Haben wir im soeben Behandelten drei Gestalten an uns
im Geiste yorübergehen lassen, welche mit ihrer Lebenszeit
bereits in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts hinauf-
reichen , Gestalten , die ebensowohl in zeitlich-historischer
Beziehung wie auch in Hinsicht auf den gemeinsamen grofsen
Dichterkreis, dem sie angehören, in der Betrachtung nicht
wohl zu trennen waren ; haben wir somit in unserer Betrach-
tung zeitlich bereits die Periode berührt, welche der Lieder-
historiker Rambach für eine allgemeine Litteraturgeschichte
^es geistlichen Liedes als diejenige des männlichen Alters be-
zeichnet (1660 — 1692): so müssen wir nunmehr, bevor wir
den Hauptvertreter in dieser Periode und den dadurch be-
zeichneten Höhepunkt auf dem für uns begrenzten Gebiete
geistlicher Liederdichtung überhaupt ins Auge fassen, vorerst
noch einmal den Blick zurückwenden in die erste Hälfe dieses
Jahrhunderts, um noch eine stattliche Reihe von Lieder-
dichtem kurz zu überschauen, die zumeist zwar nur Verein-
zeltes und Weniges auf unserem Gebiete geleistet, von denen
aber doch auch manche — und sei es auch nur durch ein
einziges Lied — sich einen unbestreitbaren Ehrenplatz in den
Gesangbüchern gesichert haben. Ja, ein reicher Dichterwald
ist in Wahrheit im Laufe des Paul-Gerhardt- Jahrhunderts
Dia TnmatUeben Dielilgc t
I QesuigbaebsIladaltL
3S1
aach UDBerem weirnuiBchen Lande emporgewachBen ; laueofaea
■wir nach den schon vernominenen noch weiteren StimmeD,
die UDS darin entgegen tönen, lassen wir deren keine an unser
Ohi klingen, ohne das, was sie uns künden will, recht za
würdigen im grofBeu Chorgeeang gottbegnadeter Sänger! —
Noch ganz aue dem Beginn des IT. Jahrhunderts ist za
nennen der in Borsla bei Weimar geborene Basilias Pörtsoh,
der, naobdem er eine Kektorstelle in Eahla bekleidet, seit
1612 Pfarrer in dem benachbarten Gumperda gewesen und
als solcher 1619 gestorben ist. D&Se er, dessen Name heute
in der Geschichte geietlioher Liederdiohtung nur Tereinaelt
und in kurzer Andeutung, ja sogar von manchem überhaupt
oioht mehr aufgeführt wird, dafg er doch seiner Zeit mit
seinen Liedern Anklang und Beifall gefunden haben rnufs:
darauf acheint die Thatsache hinzuweisen, dafg die von ihm
im Jahre 1606 in Halle herausgegebene „Geistliche Wasser-
Duelle" nachmals noch fünfmal im Druck erschienen ist,
während uns allerdings nur ein bis zwei Lieder Ton ihm in
<jesangliücberu aufbehalten sind. Zwei finden aiuh noch in
<lein von Herder herausgegebenen weimarischen Gegangbuoh,
nur eins jedoch ist in das neue woimarische übergegangen,
das wohl auch seinen einmal gewonnenen Platz in den Ge-
sangbüchern überhaupt eich wahren wird: es ist das alleiu-
gehürgerte Osterlied: „Heut triumphieret Gottes Sohn" Es
ist erklärlich, dafs dieses vor jenem anderen, einem Morgen-
liede („Das walt mein Gott"), sich eine Stelle behauptet hat:
beide erweisen sich ja als altkraftige Gesänge, die in gleicher
Weise de» Stempel tieffrommer Herzeuseinfalt — dort in
einem, über die irdische Welt sich erhebenden Olaubonsjubel,
hier in schlichtem Dank- and Bittgebet an die göttliche Drei-
faltigkeit bekundet — an sich tragen und so als Erzeugnisse,
die tief-ursprün glichen , unmittelbaren Geflihlen entwachsen
sind, sich dari>tel]en; aber die — im Gegensatz zu der etwas
schwierigen, durchans nicht glatten äufseren Form des Morgeu-
liedes — in schönem, dem Inhalt entsprechendem Flnfs sich
bewegenden Strophen und Verse des Osterüedes müssen, noch
XVL 23
344 ^^® weimariseben Dichter von Gesangbuchsliedem.
abgesehen von dem erhabeneren, feierlicheren Ton, der durch
das Ganze dieses Liedes hindarchkliDgty diesem eben doch
den Vorzug vor jenem sichern. — Ebenfalls ein Morgenlied,,
welches aber wohl noch weniger häafig als ;das soeben ge-
nannte yon Förtsch Aufoahme in Gesangbücher gefunden hat,
ist nns durch das Jenaische Gesangbuch yon 1724 vermittelt i
das in 12 Strophen etwas lang au!«gedehnte, im Inhalt aber
innig empfundene Lied : „Brich an, du heller Morgen'* von
Burckard Grofsmano. Der Dichter , geboren zu Römhild,
war fürstlicher Kanzleibeamter in Weimar, sodann Amts-
schösser und Bürgermeister in Jena, als welcher er 1637 ge-
storben ist. Im Jahre 160B hat er „50 gottselige Andach»
ten*' herausgegeben. Nur jenes eioe Lied ist von ihm be-
kannt geworden. — Wiederum dasselbe Jenaische Gesangbuch
ist es, welches uns ein anderes, vereinzeltes Lied vermittelt,.
das aber sonst wohl wenig bekannt ist: „Wie kann (8oll>
ioh dir, mein Gott, verdanken'^ — mit solchem Verse leitet
sich ein aus kindlich-frommem Gemüt entstandenes zehn-
strophiges Abendlied ein, welches den ehemaligen Fürstlich
weimarisohen Geheimrat, Kanzler und Konsistorialpräsidenten
Yolckmar Happe zum Verfasser hat. Ungleich mehr aber
als der Name dieses ist der Name eines anderen hohen Staats-
dieners aus jener Zeit auf unserem Gebiete bekannt geworden :
derjenige des Ahasvcrus Fritsoh, der, zwar im Sächsischen
geboren (zu Mücheln bei Freiburg am 16. Dezember 1629)
und nachmals als Hof- und Justizrat, auch Kanzlei direkter
und Konsistorialpräsident im Dienst des Fürsten von Schwarz-
bnrg-Rudolstadt stehend, doch insofern auch dem weimarischen
Lande mit angehört, als er seit dem Jahre 1682 Kanzler der
Universität Jena gewesen, früher aber bereits ebendaselbst
studiert und als Dozent auch Vorlesungen gehalten hat. Auch
wird er, der übrigens 1669 zu der Würde eines Kaiserlichen
Pfalzgrafen erhoben ward, als Gutsherr von Mellingen bei
Weimar genannt. Mit dem Kuhme eines grofsen Staats-
mannes und zugleich guten Christen ist Fritsch am 24. Au-
gust 1701 zu Jena gestorben, nach einem gottgesegoeten,.
Di« weimarischen Dicblar von 0»an^bach«Med«m.
345^
I
inhaltreiohen Leben, welohea man d ig fachen Wechsel und
gleich auch viel Drangaal und Leiden id sieh gesoblosE
da es mit aeiner ersten Hälfte mitten hineinfiel in die Wirren
und das Wüten dee dreifBigj ährig es Kriogea. frühzeitig mit
Beinen Eltern zum Verlaaaen seiner, dnroh den Erirg einge-
äscherten Vaterstadt gezwungen, ebenso frühzeitig irdischer
Habe beraubt und ziemlich verarmt, bald auch durch den
Tod des Vatera seiner wirksamatcn Stütze und Uilfe verlustig
geworden , iat doch der sohlichte Bürgermeistersaohn von
Stufe zu Btufe in glani:- und ehrenvoller Laufbahn aeines
Lebeua eniporgealitgeu und hat aioh anter Sturm und Drang
in segensreicher Weiae bewährt und bethätigt als Staatsmann,
Gelehrter und — last not leaat — tiefinniger Chrisleomenst'h, so
jn Allem und von Anfang bis zn Ende es erweisend, was als
Motto über sein Leben gesetzt werden kann : Per aspera bd
astra. — Waa nun Fritschs religiös-kirchliche Eigenart und
Denkweise zunächst im Allgemeinen anbetrifft, so wird er
unter die alten Fietiateu gerechnet, und auf dieses mjstisch-
pietistisehe Element seiner tief-religiös angelegten Persönlich-
keit weiat besonders auch die Thatsaohe hin, dafs er im Jahre
1676 die Gründung einer „Fruchtbringenden Jesus-Oesellschafl"
anbahnte unter Zugrundelegung von zwölf Regeln, welche die
Teredelung des Lebens in der wahrhaften Liebe zu Christo
bezwecken sollten , — ein Unternehmen , welche» freilich,
auderweitiii; gehemmt, nicht lange Bestand haben sollte.
Sieseiben Absichten nun, welche Fritsch bei Gründung einer
solchen Gesellschaft leiteten, oämlich: einem tiefgründigen
Pietismus weitere Yerbreilung zu verschaffen und Anhänger
zu gewinnen, — diese Absichten wohl waren es auch, welche
ihn schon vorher zur Herausgabe zweier geistlichen Lieder-
sammlungen verautafst haben, deren erste (,, Hundert und ein-
undzwanzig neue tiimmelaüfae Jeauslieder") in Jena 1668 er-
schienen, während eine zweite Sammlung („Himmelalust und
Weltunlust") zwei Jahre apäter nachfolgte. Namenloa her-
auagegehen, bringen diese Sammlungen neben unbekannten
und solchen Liedern, die (gleichfalls ohne Angabe des Ver-
I
I
346
IHe walmariiobBO Diobtar t
i Gasugbosfailivdran.
I
fftssen) PriUch selbst zugeschrieben verdeo, hauptsächlioh
bekannte Lieder von Kiat, Gerhardt uod Angelus Silesiaa.
Aber auch die Geistes verwandte Fritsche, die „treoe und be-
ständige Jesusfreundin" und fürstliche DiohteriD Ladämilia
Elisabeth tod Sohwarzbarg-KiidolHtadt ^1640 — 1672), mit
welcher jener iu regem OeistesTerkehr stand, findet sich u. A.
in der ersten Sammlung verlrettia mit dnem Liede, das
■päter iu viele Gesangbücher (auch in das neue weimariBofae)
übergegangen : „Jesus, Jesuii, Nichts als Jesus", — wobei
Übrigens gleich bemerkt sein mag, dafs Fritscb es anoh ge-
weeen, welcher an der dichterischen Bethätignng jener andi
Fürstin auB demselben Für&tenhauee, der ,,sehr frommi
hochgelehrten und durch geistliche Schriften berühmtau*
Ämilia Jdiana von Schwarzbarg-Kudolstadt ;_163T — 1706],
tbütigeu Anteil nahm, indem er vielen ihrer Lieder (nach
Hardenbergs Zählung im Gänsen 587, darunter das berühmte
und vielgesnngene ; „Wer weifa, wie nahe mir mein Ende")
eine feinere Ausarbeitung zu Teil werden liefs. Von Fritsohs
eigenen Liedern ist zunächst zu nennen das eine, welchem,
wenn irgend einem, der Stempel seiner Verfassers^aft deut-
lich aufgeprägt ist und das recht eigentlich wie ein in Lied-
farm Weiler ausgeführtes Motto zu seiner „Fruchtbringenden
JeansgeaelUchaft" erscheinen kann: das innig empfundene,
den Pietismus des Verfassers nicht verleugnende, aus herz-
liober Liebe zu Jesus herausgeborene Lied : „Liebster Inima-
nuel, Herzog der Frommen". Ein anderes, im Inhalt diesem
innig verwandtes Jesuslied („Jesus ist mein Freudenleben" —
mit der durchgehenden Schlufszeile : „Jesue ist mein höchstes
Gut") — im Jenaischen Gesangbuch von 1724 auf S. 777
abgedruckt — ist ebenfalls von Manchen Fritsch zugeschrieben
worden, zufolge glaubwürdiger Zeugnisse aber kommt die
Verfasserschaft (nach Wetzel) einem gewissen , sonst wohl
nicht genannten Büttner, Pfarrer in der Oberlausitz, zu.
Nicht unwichtig igt bezüglich eines anderen Christusliadea
und zwar eines, wie es scheint, auch in neuere Gesangbücher
wieder mehr Eingang findenden, geschätzten Passionsliedee
mei^j^H
itaa'*^^l
— tmarüGhan Dichter von Gcsangbnchsligdsrn.
ist meine Liebe, meine Lieb' iet Jesus |
u Terwechseln mit dem später zu neu
;;leioher Anfangszeile von Grading), die Angabe,
i'h im Geraer Gesangbuch dndet, nach welcher
'''ritsch als wahrschei all eher UrTerfasfler ea jenem,
'■ unbekannter Verfasse rachaft aufgetührten und aus
1676 datierten Liede bezeichnet wird. Die eben
I' Jahreszahl dürfte immerhin für solche Annahme
mehr aber noch der Inhalt dea Liedes, in welchem
.lä Töae erklingen , die den , in anderen , unserem
r zugescbriebenen Liedern an geschlagenen sehr rer-
Hnd. Durch dasselbe, ebengenannte Gesangbuch wird
iifser einem nachher noch zu nennenden noch ein
B, dem ÄbasveruB Fritsch zugeschriebenes Lied vermil-
läas — freilich in einer Veränderung von Diterich
vene — wie ee scheint, auf Ps. 73, 35 gedichtete, hin-
ingSTolIe: „Herr, wenn ich dich nur haben werde" — ein
il, welches wiederum dem Inhalte nach innig verwandt
oheint jenem anderen, im neuen weimarischen Geeaoghnche
irhandenen: „Seele, dir sei Gott allein". Bietet dieses
igenartig schöne Lied — unter der angenommeneu Toraus-
I netzung der Verfasserschaft Fritachs — zunächst ein deut-
ipiegelbild von des Dichtere mannigfachen Nöten, Drang-
ind Leiden, dabei aber in jeder Strophe die immer in
wirksamer Weise wiederkehrende Mahnung zu seelischem
Aufschwung; so finden wir wiederum eine ia erhabene Töne
gefaTste Ergänzung zu jenem in dem, unter iiUea Fritsch zu-
geschriebenen Liederu wohl zumeist bekannteu Kwigkeitsge-
sange: „Mein ganzer Geist wird hoch entzückt". Cunz (Ge-
schichte d, deutsch. Kirchenl. I, S. 708) weist bezüglich dieses
Liedes daraufhin, dafs auch hier eine Umarbeitung von Dite-
rich (im Berliner Gesangbuch von 1780) vorliegt und dalä
der Anfang desselben ursprünglich lautet: „Ist's? oder ist
mein Geist entzückt". — Doch nehmen wir hiermit Äb-
Bohied TOD der, viel Interesse abnötigenden Dtohterpersönlich-
keit Fritaohs, um in unserer Betrachtung der, gerade in diesen
348 ^^ wviiiuuritelMa Dichter ron Oesangbadisliederii.
Zeiten so übeniifi sahlreichen Sinselencheiiiangen auf unserem
Gebiete weiter fortsasohreiteii und auch den minder bekannten
Würdigung zu Teil werden zu lassen! So mögen denn des
Weiteren zunächst drei M&nner nacheinander in Betradit
gezogen werden, wie sie denn ihrem ursprünglichen Berufe
nach zusammengehören, sofern sie alle drei auf dem Gebiete
der Musik th&tig gewesen, zugleich aber — wenn auch zwei
nur ganz spärlich — zur Mehrung der Kirchenlieder Etwas
beigetragen haben. Der in solcher Beziehung zuerst au
Kennende ist Adam Drese, der insofern der Persönlichkeit
Fritschs si^ wohl anreihen labt, als auch er der pietistisehen
Bichtung zugehörte und zufolge dessen ebenfalls Anfeindung
zu erfohren hatte. Drese stammt ans Thüringen; wie abcnr
sein Geburtsort unbestimmt ist, so auch sein Geburtsjahr, als
welches das Jahr 1680, aber auch 1620 sich angegeben findet
— doch dürfte die erste Angabe wohl die zumeist zu findende
sein. Ebenso sind die Angaben yerschieden bezüglich des
Sterbejahres; ja, hierbei handelt es sich sogar um eine Dif-
ferenz von 17 Jahren, da die Einen den Tod Dieses schon
1701, die Anderen (so die Liederhistoriker Cunz und Schauer)
erst 17 IB geschehen sein lassen. Von Beruf Musiker und
zwar, wie es heifst, „ein starker Musikus'', war er vorerst
Kapellmeister in Weimar (später wird er auch als Kapell-
meister und Kammersekretär des Herzogs Bernhard in Jena
genannt), sodann Hofkapellmeister des Fürsten Günther von
Schwarzburg-Sondershausen in Arnstadt, als welcher er (doch
wahrscheinlich im Jahre 1701) gestorben ist. Eine innere
und auch äufsere Wandlung in Dreses Leben vollzog sich im
Jahre 1680, insofern da nach einem Leben voll ausgelassener
Lebenslust und üppigen Weltgenusses die Wendung zum
Pietismus kam, so dafs er, der früher, wie berichtet wird,
die lustigste Person in den Opern zu Weimar geheifseu,
durch das Lesen Spenerscher Schriften veranlafst, zu einem
frommen Mann wurde, der während seines zeitweiligen Privat-
lebens in Jena sogar häusliche Erbauungsstunden einrichtete,
iu welchen daun auch die von ihm gedichteten und kom-
Dia wtimariicheB Dichter vod OeMugbaebslisdern.
349 1
Miierten 3 (oder 4) Lieder durch Vorgiugen zuerst bekannt
'wurden. Es werden von ihm aufgeführt die Lieder: „Dir er-
geh' ich mich, JeBu, ewiglich" — „Jeeu, rufe mich von der
Welt", vor allen aber das wohl in den meieCeo Oesaag-
büchern vertretene (zuerst in dem geistr. Gesangbuch zj Halle
1697 erschienene): „Seelönbräiitigara, Jesu, Gotteslamm". Die
Eatschiedenheit pietiEtlscheF GeisteBricbtuDg, die in Dresea
Leben zum Dnruhbruch gekommen, läfst sich iu diesem,
übrigeos nach Form und Inhalt udel-origineüen Liede deut-
lich genug erkennen, und ganz bosondere beseicbuend tut don
Dichter und dae, was in ihm vorgegangen, ist eine Uittel-
stroplie, in welcher er eingt:
„W(.T der Welt abstirbt,
»Sich mit Ernst bewirbt.
Dir zu leben und zu trauen,
Der wird bald mit Freuden sohauen,
Dafe Niemaud verdirbt.
Der der Welt abstirbt."
Die zwei anderen, oben angedeuteten Musiker-Dichter,
die neben Drese zu neiiDen, eiad Theoderich Sohuohard,
Kautor der Kirchec und Schulen zu Eisenach um die Mitte
des IT. Jahrhunderts, und Johaun Friedrich Selwig, herzogl.
Sekretär und Kapellmeister zu Eisbnach, hiereelbst im Jahre
1729 gestorben. Bezüglich des Erstgenannten ist nur kurz
2u erwähnen ein tou ihm gedichtetes, bei Beerdigung eines
Kindes zu singendes Sttrbelted: „Ach Gott, wie ist mein Herz
betrübt", — wie soiohes sich im Schleusinger Gesangbuch
von 1719 vorfindet. Der Zweitgenautite, Helwig, hat ein Lied
gedichtet: „Ich lasse meinen Jesum nicht", welches iu der
.Zngabe zum Jensischeu Gesangbuch von 1724 (S. 1010 ög.)
zu lesen steht, — ein Kunstlied, insofern darin die Anßings-
buchstabeo der Zeilen so gewählt sind, dafs sie die Worte
bilden: „Johann Wilhelm, Hertzog zu Sachsen- Ei senach, lebe
lange im Seegeu," Früher war ja eine soloho Verquiokung
von Gott«s- (beüüglich Christus-) Verehrung mit Fursten-
iialdiguog iu Versen durchaus uichtü Uagewöhaliches}, und
350 ^* ireimarischen Dichter Ton OeeaagbuehsliedeTn.
.mochte, aus ein&Uig'fromtiiem Sinn hervorgehend, auch nicht
eeltsam uud befremdhch erscheinen ; heute aber würde mao
eioh zu Boloh köoBtlicher Verbindung jener zwei, für sieh be-
stehenden Momente kaum noch verstehen, und ob sind wohl
Stimmen laut geworden, die jene Art der Dichtung als Spie-
lerei geradezu verurteilen. Immerhin aber darf' dabei die
ursprünglich fiomme Abaicht und wohlmeinende Grundge-
sinnung des Dichters in gebührendem Maiee anerkannt werden,
— Sind die aoebea genannten Lieder — auher dem einec
von Drese — fast gar nioht oder doch nur wenig in den
Gebrauch der Kirche übergegangen, eo ist hinwiederum eines
aus dieser Zeit zu nenneu, welches sich eine bleibende Stätte
in den Gesangbüchern gewonnen und wohl auch noch heute
hie und da oft und gern gesungen wird: wir meinen das
Sohlufslied: „Nun, Gottlob, es ist vollbracht" — ein Lied,
das besonders in seiner dritten (8 chlufs-) Strophe auch als all-
gemeines Schlufsgebet überaus viel gebraucht ist — : „ungern
Ausgang segne Gott". Der Dichter dieses Liedes ist Hart-
maan Schenck, geboren am 7. April 1634 zu Bubla bei
Eiseuach, der nach seinem Studium in Helrastädt und Jena
1669 Uagister ward, sodann aber, 1662, Pfarrer zu Bibra
im Hennebergisohen, aohliefslioh, seit 1669, als DJakonus zu
Ostheim und Pastor zu Völkershauaen thätig war, in welcher
Stellung er im Todesjahre Neumarki, 1681, am 2. Mai ge-
storben ist. Zur näheren Beurteilung der Persönlichkeit
Scbeneks ist es nioht uninteressant, was über ihn berichtet
wird: dafs er sieh nSmlioh unter seinem Bilde selbst in drei-
£u)her Gestalt darstellen liefe: als Kind — mit der Unter-
schrift; talie eram, als Mann — mit der Unterschrift: talis
snm, endlich als Totenkopf mit der Unterschrift: tatis ero.
Verschiedene Schriften hat Sohenck herausgegeben, darunter
auch eine „Güldene Betkunst", Nürubarg 1677. Bezüglich
seines oben erwähnten Liedes ist noch zu bemerken, dafs in
einigen Gesangbuchern zu den gewöhnlicheD drei Strophen
desselben noch eine vierte sieh hinzngefügt findet, und dafs
seltsamerweise, so im Gothaisohen Oesangbache von 1699,
n OeMDgbnOlulitdera.
351 1
ganze ßeB&Dg dem Dichter Tobias ClauaDitzer zuge-
Bob rieben wird, ebenso wie das unter der YerfaBserechaft
dieses genannte Lied; „Liebster Jesu, wir aind hier" von
Manchen Schenck als Verfasser zugeeignet wird; Beides ist
— nach Wetaels Nachweis — durchaus unbegründet. Wie
übrigens das oft recht herbe, dazu kleinliche Vorurteil alter
Dogroatik sogar die einfachsten, schlichtesten Äufseruugen
einer ursprÜDglich reinen Frömnitgkeit anzutasten wagte, da-
für giebt das Schicksal des Schenckschen Schlufsliedes einen
besonders beredten Beweis. Vielfach findet sich dieses nur
mit der bereits näher bezeichneten dritten Strophe in die
Gesangbücher aufgenommen; der erste Änstofs zur Streichung
der beiden anderen Strophen {wie sie sich z. B, auch noch
im Herdersohen Gesangbuch vorfinden) ward gegeben durch
den Verdacht, den man gegen den Dichter bezüghch der
zweiten Strophe hegte, dafs er nämlich darin den äulser-
liohen Gottesdienst und das Mitnehmen des Segeus aus der
Kirche als ein opus operatum setze, — eiu Verdacht, auf
Grund dessen man die Eiusetaung des Wortes „Kirchendienst'»
für „Gottesdienst", wie solche bereits im Ualleschen Gesang-
buche von 1719 zu bemerken ist, für durchaus berechtigt
hielt. Hier also liegt ein interessantes, im Interesse de»
Liedes aber bedauerliches Beispiel vor davon, zu welchem
Ende es führen kann, wenn eine sich weise dünkende Dog-
matik schüchte Herzensfrömraigkeit meistern will. Aufser
jenem einen Liede ist von Schenck noch eines im Freyling-
hanse nschen Gesangbtiche zu finden, eine kurze, nur ein-
strophige Umschreibung des Vaterunsers: „Vater aller Ehren,
Jafo dein Wort uns lehrau"; auch werden seiner Verfasser-
sohaft noch zwei Zusatz Strophen zu Joh. Franks Liede: „Jesu,
meine Freude" zugeschrieben. — Auch der Sohn Schenoks,
Laurentius Hartmann Schenck (geboren am 19. Juni 1670
in Ostheim}, der nach seinem Vater ebenfalls Pfarrer zu
Oetheim und Völkershauscn, später zu Rodach und Hömhild
gewesen, wird als Dichter genannt; er soll in »einem „Com-
munionbuoh" zugleich eine Anzahl (21) Lieder herausgegeben
4
!
352 ^^ wi— ritdien Dichter von Gesangbochsliedern.
Diaban, von denen aber wohl keines in weiteren Gebrauch der
Sirohe übergegangen iii.
Wir haben uns nunmehr der Betrachtung einiger Männer
zuanwenden, yon denen in der Litteraturgeechiohte des KirobeB-
liedes wohl oft Nichts oder doch nur wenig gesagt ist, die
«ber doch — auch wenn ihre wenigen Lieder (ausgenommen
-eines) nicht allgemdn bekannt geworden — insofern noch ein
'besonderer Interesse bei uns beanspruchen können, als sie au
ihrer Zeit unter die bedeutendsten Oelehrten unseres Landes
MVL zKhlen waren, wobei aber noch zu bemerken ist, daCs die
Einen aussdilielslich dem Oelehrtenstande und zwar auch
•dem nicht- theologischen angehörten, die Anderen aber als
Theologen auch zugleich hohe Würdenträger der »Kirche ge-
wesen sind. Es sei zuerst genannt Johann Weifsenbom (ge-
boren zu Sieglitz bei Naumburg am 31. November 1644), der,
üaehdem er in Jena studiert, und nach Bekleidung einiger
runderer Stellen, schlieüdich Pastor, Superinteodent, Eirohen-
rat und Professor der Theologie in Jena wurde, woselbst er
am 20. April 1700 gestorben ist. Das einzige Lied („Wunder-
lich ist Oottes Schicken'*), welches Ton ihm bekannt ist und
das er bei einer Krankheit seiner Gattin yerfaTst haben soll,
findet sich bereits in dem Jenaischen Gesangbuche yoq 1724
»(zu welchem der Sohn des Dichters, Jesaias Friedrich Weifsen-
bom, in gleicher Stellung wie jener befindlich, die Yorrede
geschrieben), hier aber noch in der ursprünglichen Gestalt
Yon zwölf Strophen, und in diesem umfang ist es auch in
das spätere, Herdersche Gesangbuch aufgenommen. Im neuen
weimarischen Gesangbuch jedoch erscheint es unter einer, für
^en kirchlichen Gebrauch geeigneten Abkürzung und kleinen
Veränderungen im Einzelnen nur mit acht Strophen. Jeden-
falls verdient das, aus inniger Herzenserfiahrung heraus ge-
dichtete, glaubensToUe Lied wenigstens in solcher Kürzung
einen Platz im weimarischen Gesangbuche und könnte ihm
ein solcher auch mit Eecht in anderen Gesangbüchern einge-
räumt werden. — Als ziemlich gleichzeitig mit Weifsenbom
ist ein anderer Theolog zu nennen, der in Weimar gestorben
a QaauigbaoIiBlledeni
3Ö3 I
»
iet, von dem auch ein Lied uns überliefert ist (ia alteren
Oeaangbii ehern sollen mehrere von ihm vorhanden sein); Jo-
hann Wilhelm Baier (geboren am 1 1 . November 1647 zu
Nnmbei'g ale Sohn eines KaufmannB), der die Stelle eines
TheologicprofeBsors erst iu Jtina, nachher in Halle innege-
habt, eohüeftilich aber, freilich nur fdr kurze Zeit (vom 14.
Juli 1695 bia !um 19. Oktober deeselben Jahres) General-
euperintendeut und Oberhofprediger in Weimar gewesen. Von
ihm dndet sieh das, bereits seit 1713 in das -weimarigahe
Geeangbneh aufgenommene, heute noch geschätzte Gottver-
trauenslied: „Wer ist der Herr, der alle Wunder thut?'" —
in zehn Strophen im alt«n Herderschen Gesangbuch; in Am
neue weimarische ist es in fünf Strophen gekürzt aufge-
nommen, und die Küreung ist allerdings auch hier nicht ohne
Qrund, da in dem vollständigen Liede Wiederholungen im
Inhult uinzelner Strophen nicht au verkennen sind. — Einer
der gelehrtesten Nichttheo logen aus dieser Zeit aber, von
■welchem wenigstens in älteren Gesangbüoheru einige Lieder
Terzeiöhnet stehen, ist Georg Wolfgang Wedel, der, geboren
am 12. November 164S zu Golzen in der Niederlausitz, nach
in Jena absolviertem Stadium der Physik, Mathematik und
Hedisin, später in letztgenannter Wissenschaft Professor da-
selbst ward, ale welcher er des höchsten Ansehens sich er-
freut haben mufs. Denn es wird berichtet, dafs Wedel vom
Kaiser Leopold 2um Comes paUtinus, vom Kaiser Karl VL
zum Kaiserlichen und vom Kurfürsten von Mainz zum Kur-
fikrstlichen Rat ernanat worden sei; später ist er dann auch
Hitglied der KÖnigl. preuTsischen Gesellschaft der Wissen-
schaften geworden und als Fürstl. sachs. Hofral ist er am
6. September 1721 gistorben. Neben der grofnen Gelehr-
samkeit überhaupt, die Wedel eigen, wird noch besonders seine
gute Kenntnis der morgealändi sehen Sprachen hervorgehoben;
von allgemein menschlichen Eigenschaften aber rühmt mau
TOr Allem seine grofse Bescheidenheit, Aufrichtigkeit nnd
Freigebigkeit gegen die Armen, Von dien m grofsen, edlen
Maooe sind zwei Lieder im alten Jenaischen Gesangbuche
I
I
I
354 ^^ whiriitbtB Diehter tos GawuigbachtHedem.
Yon 1724 SU lesen (8. 884 lu 896): ,,Gott Yater, der da
ewig bist" und: „Was ist» das mich betrübt" — awei Lieder,
die freilich deatliohe Zeugnisse sind für den innig-frommen,
streng gläubigen Sinn and die kindliche Demut jenes grofsen
weltlichen Gelehrten (womit er wohl manchem seiner Standes-
genossen von heute vorbildlich sein könnte), — die aber
sonst allerdings anderen , echt poetisch angelegten Liedern
sich nicht an die Seite stellen lassen, wohl auch jetzt kaum
noch gekannt sind. — Als Vierter in der Oelehrtendichter»
Beihe ist endlich zu nennen Samuel Bodigast und zwar als
deijenige zugleich, dessen einziges, altbekannteB und mit
Yollem Bechte zu den besten uns gegebenen Gesängen ge-
zähltes Lied („Whb Gott thut, das ist wohlgethan") gleich
.yon Anfisng an die weiteste Yerbreitung gefrinden hat. Bo-
digast ist nahe bei Jena» in dem idyllisch gelegenen Dörfchen
Groben am 19. Oktober 1649 als Ffarrerssohn geboren, wurde
auf die Schule zu Weimar geschickt, studierte sodann vom
Jahre 1668 an in Jena und bekleidete bereits seit 1671 die
Stelle eines Magisters, seit 1676 diejenige eines Adjunktes
der philosophischen Fakultät. Später, 1680, erhielt er das
Amt eines Konrektors am Grauen Kloster in Berlin und 1698
endlich dasjenige eines Bektors am Gymnasium; als solcher
ist er am 19. März 1708 gestorben. Die Dichtung seines
berühmten Liedes — mit welchem er übrigens wegen der
darin hervortretenden natürlichen und einfachen Dichtungs-
weise an Paul Gerhardts Seite gestellt worden ist — fällt in
die Zeit, da Bodigast Adjunkt in Jena war, und es wird be-
richtet (so Tor Allem im Hohensteinischen Gesangbuch von
1698), dafs der Verfasser sein Lied dem jenaischen Kantor,
Severus Gastorius, seinem getreuen Freunde, zu Liebe ge-
dichtet und zwar auf eine Bitte desselben, als dieser krank
darniedergelegen; dieser Gastorius aber habe auch sogleich
auf seinem Krankenlager zu dem Liede seines Freundes, das
er für den Fall seines Sterbens zu seinem Begräbnisliede be-
stimmt, die Melodie komponiert, mit welcher es dann, als
ihm die Gesundheit wiedergekehrt, vor seiner Thüre wöchent*
Dig wtitnatisebiD Diobter t
] Qssangbacbsliedera
355
iiub gesungen worden sei. Das Lied enthält urspiünglioh
eeobs Strophen; sechs andere, von weit geringerem Gehalte
als jene, sollen BpBler noch hinzugefügt worden eein, und
durch diese Tcrlängert wurde das Lied z. B. im Strafsbuiger
Gesaugbuch von 1717 gefunden. In der Gestalt, wie er von
Kodigast herrührt, ist der köstliche Geeang schon iiheraus
bald allgemein bekannt geworden, und wie hoch man seinen
Wert sogleich, nachdem man es kennen gelernt, zu scbätEen
wufste, davon giebl die berichtale Thatsache Zeugnis, data
bereits in einem im Jahre 1708, also im Todesjahre des
Dichters eraohienenen litterari sehen Werke dem Verfasser —
„wenn er gleich sonst Nichts geschrieben hätte" — schon
um des einen Liedes willen ein unsterblicher Name verheifsen
wird. Dafs sich diese Verheifsung erfüllt hat, dss haben'
schon Unzählige bestätigt, die in dem herrlichen Liede wirk-
samste Erbauung, reichsten Trost gefunden, und ebenso Un-
zählige werden es noch bestätigen. Viele Erzählungen werden
ja überliefert, die — jede wieder in neuer Weise — Zeugnis
geben von der, von diesem Lieds mannigtach ausgegangenen
Wirkung auf Gläubige und Ungläubige; alle diese Berichte
sind Beweise dafür, dafs sich das „Was Gott thut, das ist
wohlgethan'' fest and innig iu der Kirche eingebürgert hat.
Dereinst das besondere Liehlingslied eines hohen Fürsten, des
Künigs Friedrich Wilhelm IIL, bei seiner Gedächtnisfeier
auch gesungen, ist es in Palästeu und Hütten heimisch ge-
worden als ein reohtes Kernlied, denen, die ea singen, wie
<3eDen, die es singen hören, zum Heil und zum liegen.
Können wir nach dem soeben Gesagten das — bezüglich
seiner Entstehung ins Jahr 1675 gesetzte — Rodigaat'sohe
Lied als eines der hervorragendsten dieser Zeit überhaupt
bezeichnen, ja, als ein solches, welches im besten Sinne ein
kraftvoll-inniges Zeugnis aus der Mitte der schon früher kurz
augedeuteleu „männiicheo Periode" geistlicher Liederdichtung
(1650—1692) zu nennen ist, so ist mit der Betrachtung
dieses Liedes zugleich eine passende Überleitung gegeben zu
<lsr an und für sieh schon höchst bedeutangsTollen Lieder-
I
356 I^ wfiaMTlMUn Diehter tob GMftngbnelulfodeni.
diohtuDg desaen, der fftr das Gebiet oneeres weimazjsoheik
Landes den HiAieptiiikt jener „männliehen Periode^ beseiohnetr
Salomo Vraocik'i^ der sogleidi mit seiner Geburt wie mit dem
griibten Teile seines Lebenslaufes Weimar selbst angehörig^
ist Yielleieht ist gerade dieser gottbegnadete Dichter im All-
gemeinen noeh gar nicht in dem ihm gebührenden Malse be-
kannt und gewiirdigt worden, Tielleioht fehlt es für seine Lieder-
diohtnng gerade auch in der allgemeinen Litteraturgeechiehte
des geistlichen Liedes hie und da noch an yoller, gereehter
Anerkennung; darauf seheint .es doch wenigstens hinzuweisen^
wenn er als Dichter zuweilen nur mit ganz kurzen Zeilen
abgefertigt wird (so bei Cuns), wenn aber andererseits in
manchen Qesangbtichem yerhältnismäisig nur sehr wenige
seiner Lieder Aufeahme gefunden haben. Und doch — nioht
mit Unrecht kann Salomo Franck in gewissem Sinne ein
Paul Gerhardt unserer Landeskirche (die ihn auch vor Allem
zu würdigen gewulst hat) genannt werden, und was er ge-
dichtet, ist ein grofser, reicher Schatz, der überaus viele,,
köstliche Perlen und Edelsteine in sich birgt; ja, seine
Dichtung ist wie ein reichlich fliefsendes, klares, lauteres
Quellwasser, aus dem zu trinken allezeit der Seele wahre
Erquickung sein muTs. Lassen wir zunächst den äufseren
Lebensgang des Dichters uns sich yergegenwärtigen, um so-
dann seine Dichterwirksamkeit selbst in gebührender Weise
zu würdigen! Salomo Franck (von seinen Zeitgenossen auch
Francke oder Franke genannt, aber nach einem, auf den
eigenen Namen gedichteten Liede richtiger Franck, siehe seine
„Geist- und Weltliche Poesien'S 2. Aufl. 1716, S. 229 flg.)
ist am 6. März 1659 in Weimar geboren und zwar als der
Sohn eines weimarischen Kammersekretärs, namens Jakob
Franck(e). Nach jedenfalls echt christlicher Erziehung im
Klternhause und — als wahrscheinlich anzunehmender —
Vorbildung auf dem weimarischen Gymnasium, sodann auf
der Universität Jena ist Franck (wie Schauer erst nachge-
wiesen; siehe seine Biographie, S. XIY flg.) zunächst in
Zwickau, darauf in Arnstadt (als Hochgräfl. schwarzburgischer
pie wcimirischao Dichter von Oeeu^bnchaltsdern.
35T '
I
BegieruDgsBekretfir von 1689 bia 1697), später, seit 1697 {
Füretl. Eächs. Kegierunga- und EoDeistorialEekretär) io Jena
angestellt gewesen. Schliefslich, wah rech ein lieh seit 1702,
hat er in Weimar die Stelle eiaee „geHamt«n Oberkonsistorial-
sekretärs" innegebabt bis zu seinem Tode, welcher nach den
meisten Angaben am II. Juni 1726 erfolgt sein soll (so auch
Kichter, Lexikon d. geietl. Liederdichter, 1804, 8. 74), nach
dem weimarischcn Stadtkirchen buche aber, weil hiei als Be-
grähnistag der 14. Juli 1725 angegeben ist, ungefähr um
einen Monat später auzunehmcn sdn wird. Manch schwere
Lebenssohicksale hat unser leichter scIiod frühzeitig erfahren
mÜGseD durch den Verlust teurer Verwandten, besonders aber
durch den Tod seiner ersten Braut wie auch mehrerer Kinder
— und solche Heimauohungen aind denn auch auf seine
Dichtung nicht ohne EiuÜufd geblieben. Bezeichnend ist im
^DsammenbaDg damit des Dichtere Losung, die er auch aU
.Xhema für ein Lied angenommeu: „Nou est mortale, qaod.
nicht minder bezeichiiend für die ganze Fülle
frommen Geistes, die ihm eigen, sein von ihm seibat er-
wählter und ebenfalls eiuem seiner Lieder als Motto dienender
Leichentext: „Freuet euch, dafs eure Namen im Himmel an-
jgeschrieben sind". Bei solch inniger Herzensfrömmigkeit aber,.
hie fiie den durchgehenden Grundzug in Frauoka Wesen
Ptildet, hatte er einen hohen, in seiner Seele ebenso tiefge-
grüttdeten GesiunuDgegenosBen in dem Fürsten, desEen Be-
amter er war, und es ist überaus wohlthuend und erhebend,
ii in dem Höchsten und Heiligsten Fürst
engste eich berühren , wie so aber auch
m Bewufstsein solch hoher , tieffrommer
Qeistesgemeinsohaft dem Dichter wiikaame Kräfte immer neu
zugeflossen sind zur Bethätigung seines Dichterberuf^. Herzog
Wilhelm Ernst (gestorben 1728) ist es gewesen, unter dessen
weiser, frommer, ehrenvoller Regierung der gottbegnadete
Dichter ein ebenfalls Tielgeehrtes, weil sohaifcnsreichee und
segensTolIes Leben führen konnte. Ee ist die Aufgabe spe-
zieller OesohichtsbetraohtuDg, das Bild dieeee Fürsten, der
zu sehen, wi
und Diener :
jedenfalls
3&8 ^* witmwftehOT Dielitor toh Oauuigbiielitliedenu
iBflt 45 Jahre hindiiroh wHb einer der rühmlichsten Regenten
«eines Landes gewirkt hat» in yoUer Betonung seiner grolsen
allgemeinen Verdienste würdig daxsnstellen ; hier sei nur in
Knnem erwähnt, dafs gerade Franok seinen Fürsten anfs
Höchste wert za schätzen wniste und dafii er wohl am Ersten
mit SU seinen Lebzeiten ihm in herzlicher Auhrichtigkeit zu
hnldigen sich gedrungen fühlte. In mehr als einem Gelegen-
heitsgedicht ist solche Huldigung ausgesprochen : so nennt der
Dichter seinen Herzog ffiet Fürsten Edelstein", ,,die Krone
dieser Zeit*'; so wird er, der sich gerade um das Kirchen-
wesen seines Landes ganz besonders verdient gemacht durch
Stiftungen für Geistliche, durch Beorganisierung des Ober-
konsistoriums, durch Abhaltung Ton Kirchenvisitationen, durch
Erbauung von Kirchen, durch die Stiftung zweier Seminare
für Prediger und Schullehrer u. A., der übrigens, beiläufig
■bemerkt — anlälslich selbst ausgeübten Predigens — auch
mit dem Beinamen eines „princeps concionator" geschmückt
ward, als „der Kirchen Amme, der Pfleger der Gottseligkeif'
von Franck bezeichnet, und eins der schönsten Denkmale hat
der Dichter seinem Fürsten gesetzt, indem er, wie er ihn in
zahlreichen Gelegenheitsdichtungen verherrlicht, so auch das
Zeugnis seiner Frömmigkeit und Fürstenliebe zugleich in
«inem Kirchenliede ausklingen liefs, jenem gar bald schon
fest eingebürgerten, vielgeliebten und vielgesungenen Liede:
„Mit Gott sei alles angefangen'', welchem des Fürsten Wahl-
spruch „Alles mit Gott" zu Grunde gelegt ist. Was aber
nun die Gesamtheit der geistlichen Liederdichtungen anbe-
langt, die Franck uns hinterlassen, so ist es vorerst zur
rechten Würdigung derselben nicht unwichtig, sich dessen zu
-erinnern, was der Dichter selbst über seine Bethätigung auf
dem Gebiete der Poesie ganz im Allgemeinen bemerkt, indem
er in der Vorrede zu seinen „Geist- und Weltlichen Poesien",
1. Teil, sich dahin ausspricht: „die Poesie habe ich niemahls
anders als ein zur innocenten und nutzbahren Becreation des
<}emüths dienendes Neben- Werck tractiret, zuförderst aber an
Geistlichen Gedichten, als welche einen höhern und heiligen
Die wBlmuisehan Diobtar ^
a OssaDgbachslieden
359 ■
UrspTUUg haben, micli erbauet und vergnüget, und die Gott-
lose Opinion äee Folitiooi, welcher des PindaruE Oden deneu
Psalmen Davids vorzuziehen aich uateretanden, verfluchet."
Und weiter aagt er dann: ,,Zwar hätten gegenwärtige niedrige
Poeeien, indem die Welt vorhin mit dergli'iuhen angefüllet,
wohl Kurücke bleiben können ; jedoch weilen solche ein gröfseres
tiliick als Verdienst gehabt und ao wohl einer illustren Gnade
als besonderer Approbation hochgeschätzter MuBea-Fatroaen
und Freunde gewürdiget wordüc; als bin hierdurch vielmehr
als durch eigenen Trieb zu deren Kdirung animiret worden."
Spricht au8 solchen Worte» des Dichters edle Bescheidenheit im
Hinblick auf seine Foesieo, ho andererseits zugleich das Zeugnis
der Änerkenuung, welche diesen sofort zu Teil geworden,
«iner Auerkeanung, die ferner auch in den Kmpfehlungs-
gedichten, wie sie Francks Dichtungen vorgesetzt sind, immer
■wieder zum Ausdruck kommt. Das erste, von dem Fürstl.
S.-Weimar. Geheimrat und Oberhot'marachall von Beinbaben
herrührend, schliefst bezeichnenderweise mit folgenden Versen :
„Jedoch hier zeiget sich itzund ein solcher Geist,
Den man mit gutem Kecht wohl einen Dichter helft.
Weil Wissenschaft und Witz und ungezwungen Wesen
B In allem, was er schreibt, genug zu sehen sind,
B Und allee, was man nur in seinen Beimen find',
^ Der Fürst der Poesie, Apollo selbst kann lesen.
Ihr Dichter Schlesteus, Abeehatz und Lohenstein,
Hoffmaan und Gryphius, und wer sie ferner seyn.
Die der Parnafs erkennt, ihr dörfft euch gar nioht schämen.
Den edlen Franck, der sich itzuud der deutschen Welt
Durch seinen klugen Kiel als Dichter vorgestellt,
lit in derselben Reih' und eure Zunfft i<u nehmen."
Und nächstdem preist dann weiter in einem Gedichte
ir Fnrstl. wcimar. Oberhofprediger und Geuerolsup erinten de nt
Georg Lairitz Franck als denjenigen.
Der ah ein teutscher Flaco den wohlbethönten Uund
Weife künstlich aufzuthun, der Orpheus unsrer Zeit,
34
^!L
360 ^* weiiiuurlteheii Dichter ron Geuuigbnchsliedern.
Und wenn er stimmet an, muÜB Wild, Wald, Lnfft erschallen^
Sein YerÜB mnfii Göttern selbst und Menschen wohlgeüallen."
Bohliefslioh aber läfst sieh noch der später des Weiteren
anasoführende Hofprediger Johann Klessen in einem Gedieht
vernehmen, in welchem es für Franck rühmlich heiTst:
yyWer Franckens Buch durchliest, der hat, was man begehrt:
Sein Einfall ist sehr schön, die Schreib-Art auserlesen.
Das ist der gröfte PreiÜB, dafs er zu Oottes Ehren
Die meisten Yerse schreibt. Wenn sein Lied himmlisch klingt^
Und seine Poesie das Kirchen- Opfer bringt,
So püeget sich der Oeist in ihm yergnügt zu mehren.
Gott wolle diesen Mann, auch Weymar, Deutsch-Land lieben I
Der Höchste kläre bald den Friedens-Himmel auf!
Er fördre freyer Kunst und reiner Sprachen Lauf!
Herr Franckens Nähme sey im Himmel angeschrieben I*^
Wenn Salomo Franck, wie aus den Torstehend ange-
führten Zeugnissen herrorgeht, also schon zu seiner Zeit in
hoher Würdigung und Wertschätzung bei denen, die ihn als
Dichter näher kannten, gestanden hat, so hat ihm solche
Würdigung und Wertschätzung auch später nicht gefehlt, zu-
mal in Hinsicht auf seine geistliche Liederdichtung. So hat
ihn der Liederhistoriker Wetzel, obgleich er befremdlicher-
weise sonst nur Weniges über Franck beibringt, „einen be-
rühmten Poeten unsrer Zeit'' genannt (Hymnopoeographia,.
1719, 1. Teil, S. 287 flg.) und von Schamelius, der übrigens
in dem Dichterverzeichnisse zu seinem Naumburger Gesang-
buche (1724, S. 31) die erste Nachricht über Geburtsjahr und
-tag des Dichters giebt und ein, bezüglich der Verfasserschaft
angezweifeltes Lied 0»^^^ Gott, verlafs mich nicht") Franck
zuschreibt, wird dieser als ein „erbaulicher Liederdichter seiner
Zeit'' bezeichnet, unter den späteren Hymnologen ist das
Urteil Bambachs bemerkenswert, welches dahin lautet, „dafs
Salomo Francks geistliche Lieder, namentlich die über die
Sonntagsevangelien, unter die besseren ihrer Zeit gehören"
(Anthologie geistl. Gesänge, 4. Bd., S. 55) — und ähnlich
urteilt dann auch Cunz (der aber seltsamerweise über Franck
iJei
Die weim&risclieu Dichler von Gesacgbucbstiedera. 361
nur in kauai acht Zeilen beriohtet), data jener ein fruchtbarer
eehr eegenereicher Dichter sei und fast 300 Lieder verfafet habe
(QeBchichte dee deutsch. Kirchenl., Bd. 2, S. 85). Schauer
endlich, dessen besonderes Verdienst es ist, auf Sal. Franck
als Dichter wieder in neuerer Zeit die Blicke hingelenkt und
seine geistliche Liederdiohtung in einer AuewabI des Besten
neu dargeboten zu haben, zieht einen interessanten Vergleich
z-wischen Neumark und Franck, der daranf hinausläuft, dafs
gesagt wird : „Mag auch Neumark an Geist, an Talent unseren
Dichter übertr offen haben, an Geechmack und Bildung, an
Reinheit der Sprache und Diktion wird er von Franck üher-
troffen ; man kann ihn Neumark den zweiten nennen." —
So gegründet dieses Urteil und diese Parallelisierung des
Liederhistorikere an und für sich sein mag, so müssen wir
doch sagen, dafs uns hier gerade eine andere Parallele noch
als passender erscheinen durfte, jene nämlich, die wir bereits
andeuteten, als wir S. Franck in gewissem Sinne einen Paul
Gerhardt der weimari sehen Landeskirche genannt wissen
wollten. Neumark hat ja, wie wir früher gegeben, für das
Gebiet des eigentlichen Qesangbuchsliedes verhSltniBmäfsig nur
wenig geleistet; F. Gerhardt aber wie Franck haben eine
reiche Fülle von edelstem, beetgeeignetem Gesangbuchslieder-
stoff zur Verfügung gestallt, und in dem Edelsten, was sie
geboten, i>t wahrlich keine geringe Geistesverwandtschaft
Beider als Dichter zu erkennen. Dieselbe Innigkeit und
'Starke der Empfindung, derselbe ergreifende Ausdruck unvei-
Ischter Einfalt und kindlich-frommen Fohlens und dabei
dieselbe edle Leichtigkeit einer unmittelbar ins Herz klin-
genden, wie reines Quellwasser hell fliefsenden Sprache —
dies olles, wie man es an jenem König unter den geistlichen
Liederdiohlern rühmt, es findet sich in gewissem Mafee auch
bei Franok wieder, und eben jene Eigenschaften seiner Lieder
sind es ja gewesen, die ihnen einen so leichten Eingang in
die Gesangbücher verschafft und sie zu so gern gesungeneu
gemacht haben. Es ist denn auch mit Freuden 2u begrüfsen,
dafs in das neue weimarische Gesangbuch die schon stattliche
24
I
362 ^^ wilnuriMiiM Dichter Ton GesaaglnwfailiadcrB.
Annlü Ton elf Liedern 8. Franeks Aufnahaie gefanden, wena
aiieh ditbei idoht in Abiede gestellt werden kenn, dale viel-
leidht unter kleinen Veränderongen oder Weglaasungeii im
Einxelnen noeh bo menehee andere hätte anfgenommen w0rd«i
können aas dem reiehen Sdiatze, der snr Verfügung steht;
jedenfolls aber ist — wie es ja auch gani erklärlioh erscheint —
das weimarisohe Gesangbuch wohl dasjenige, in welchem 8.
Vranck am meisten Platz gegönnt ist. Unter allen Liedern
des Dichten nun stehen wohl obenan diejenigen, in denen
sein inniges Goitvertranen zum Ausdrucke kommt, und mit
diesen ist er ja auch hauptsfiohüch in den Oesangbfiohem
vertreten. Da sind wahre Perlen au finden und Klänge au
Temehmen, wie sie ergreifender und wirksamer nicht ge-
wünscht werden können, so in den Liedern: „Nur wie Oott
will, so mag es gehen'' (ein ' würdiges SeitenstUck zu dem
früher besprochenen Trostliede Joh« Friedr. des Groüsmütigen)
-— „Ich weift, es kann mir ISHchts geschehen'' — „Mein Gott^
wie bist du so yerborgen'' — »»Der Höchste kennet seine
Lieben'' — „Ich halte Gk>tt in Allem stille" — u. a. Das
letztangeführte ist früher einem gewissen Crantz, auch dem
früher schon genannten Gelehrten Wedel zugeschrieben worden,
aber auch, wie Schauer sagt, yon dem Herausgeber der Lieder-
anthologie, Bambach, gar nicht gekannt gewesen, überhaupt
lange Zeit nur anonym erschienen, so auch im alten weima-
rischen Gesangbuche von 1738; im neueren weimarisohen
(13. Ausgabe, 1875) jedoch steht es mit Angabe der Yer-
fasserschafl; Francks, deren Entdeckung (im Jahre 1852)
übrigens Schauer für sich in Anspruch nimmt. Aufser auf
die genannten Lieder, yon denen die meisten schon bald zu
Gesangbuchsliedem wurden, sei an dieser Stelle nur noch hin-
gewiesen auf einige, die, noch nicht aufgenommen, jenen doch
nicht unebenbürtig sind: so die Lieder von der Vergnügung
in Gott: „Was sorg' ich doch in diesem Leben" und: „Weg,
du groXses Nichts der Erden", letzteres mit dem durchgehenden
Strophenausklang: „Nur in Gott bin ich vergnügt". Nächst
Francks Liedern vom Gottyertrauen mögen diejenigen vom
DIb «elinariRebBn Dicbler i
1 Gasuigbuchelitditi
363^
Tod und ewigen Leben genannt sein, von denen besonders
eines zu einem ullgemeinen Kirohenliede angenommen worden
ist, das Lied: „leb 'weife, es wird mein Ende kommen". Ein
anderes, tiefinnig empfundenes, duroh weiches ein edel-myeti-
scher Zug hindurobgeht, ist jenes, dessen Strophen fitüadig
beginnen mit der Zeile: „Auf meinen Jesuro will ich sterben"
und endigen in dem Äusklang: „A.nf Jesum leb' und schlaf'
iah ein"; mit aoht statt sechs Strophen ist es aufgenommen
in das Kegensburger Gesangbuch yon 1728, sowie in dos
Wnrttem berger. Nicht in Oesangbäober übergegangen, aber
wobl geeignet dazu könnte erBObeinen ein hierher gehöriges
Lied (aus Herrn Job, Ajnds Paradiesgärtlein) : „Ach, wie
herrlich ist dos Leben", sowie unter Weglassuag einiger
Strophen ein anderes: „Meine Lust ist selig Sterben", Gans
eigenartig, schon durch die edeLoriginelle Form, in der sie
verfafst sind, aber auch dem Inhalte nach, der von echt poe-
tischem Emptinden zeugt, sind einige Lieder Francks, in denen
er sich die YergSnglichkeit dee Irdisch- Weltlichen zum Gegen-
stand genommen; obgleich nicht in die Beihe der Gesang-
buchslieder gehörig und dazu wohl auch weniger passend,
möchten vir wenigstens kurz aofiihren die Lieder: „Du
schnöde Welt" — „0 Flüchtigkeit, der Erde Glanz vergeht"
— „Ach, was ist doch unsre Zeit". Von den Liedern, die
Franok auf seinen Wahlspruch, wie auf seinen Leichente^it
gedichtet und in denen seine ganze religiöse Glaubenskraft
in schöner IJrapriinglichkeit sich kundtbut, ist scheu oben
kurz andeutungsweise die Hede gewesen. Was die Uichtuugen,
die sich noch besonders auf Christus beziehen, anbetrifft, so
sei hier zunächst der zwei, als Gesangbuchslieder fett einge-
bürgerten gedacht, des eigenartig schöuen Passioneliedea (mit
einigen Abweichungen im Einzelnen bereits im alten wie im
neuen weimar. Gesangbucbe ztt finden) : „So ruhest du" — -
und des anderen, auf Christi letztes Ereuzeswort gedichteten:
„Es ist Tollbracbt". Unter t'rancks übrigen Cbristusliedern
sei noch besonders herausgehoben ein auf des Eirchenvaten
Auguitin Worte „Hihi omnia Jesus" gedichtetes: „Jesus soll
364 ^^ wiiiiuutiMliMi Dichter von Oesangbnchsliedem.
9
mir Allee aein'', ein Lied, das übrigenB in seiner Form wie
in seinem Inhalt nicht unähnlich erscheint jenem Liede un-
bekannter Yerfiissersohaft aus dem 17. Jahrhundert, welches
anhebt: ,|Jesus schwebt mir in Gedanken^' — wie auch jenem
yon der Gräfin Ludämilie Elisabeth herrührenden: y^Jesus,
Jesus, Nichts als Jesus'^ — Auch Beicht- und Abendmahls-
lieder werden uns yon Pranck dargeboten; freilich ist yon
diesen wohl das Wenigste zu einem Gesangbuohsgute ge-
worden, obwohl auch hier die tiefgegrändete Gediegenheit
Franck'soher Dichtungsweise sich nicht yerleugnet Hingegen
sind yon seinen Morgen- und Abendliedern einige in den
Kirchengebrauch übergegangen, so yor allem yon den letzteren
das menschlich so echt empfundene und christlich so gediegene
und wirksame: „Gott Lob, es ist yon meinem Leben'^, dessen
einfach-groAier SchlnÜMCOord in jeder Strophe in das Eine
aastönt: „stets näher lu der Ewigkeit"; und neben diesem
kann auf Aufnahme auch jenes Lied yon den Sternen An-
spruch machen, das da anhebt: „Seid gegrüüst, ihr schönsten
Lichter". — Bezüglich der Morgenlieder Francks ist es einiger-
mafsen befremdlich, dafs einige yon ihnen nicht noch weiter
bekannt geworden, so z. B. das schöne: „Die dunkle Nacht
ist nun yergangen", in welchem der Verfasser Herz und An-
gesicht zu Jesu als „der Sonne der Gerechtigkeit" hinwendet,
— wie auch jenes andere: „Gott, du Licht, das ewig bleibet",
welches letztere mit einigen Veränderungen wenigstens in
das neue Würtemberger Gesangbuch aufgenommen ist. —
Schliefslich erübrigt es noch, zweier einzelner Lieder Francks
im Besonderen zu gedenken, die unter allen wohl mit als
die am meisten gebeteten und gesungenen bezeichnet werden
können: es sind dies das schon oben kurz erwähnte: „Mit
Gott sei Alles angefangen" und ein Gebetslied: „Ach Gott,
yerlafs mich nicht". Das erstgenannte, auf den Wahlspruch
des Fürsten Wilhelm Ernst gedichtete findet sich in Francks
„Eyangelisches Andachts-Opfer — in geistlichen Cantaten —
eipf die ordentlichen Sonn- und Festtage in der F. S. ges. Hof-
Capelle zu Wilhelmsburg A. 1715 zu musicieren" u. s. w.
r
^nad iet in
] GesHtig buchst! ad BT]
36Ö
t immer in dae weimarische Geeaagbucb aufgesommea 1
loderwärts jedooh nicht gefunden worden. Schauer I
* hat sehr Becht, wenn er dieses köstliche Lied hoch
schätzt gerade auoh als GeEangbuohsIied und wenn er mein
„dals es wegen seines einfach biblisch-chri etlichen Geistes (wi
fügeo hinzu: und wegen der, in herrlichen Worten kundge-
gebenen, tiefinnigen Glaubenakraft) weitere Terbreitung ver-
dient", — Iq Bezug auf das zuletzt genannte Gebetslied ist
tJSunäcbst zu bemerken, äa£e es in Francks Gedichtsammlungen
■elbst sich nicht £ndet und dafe überhaupt als äuTserer histo-
nacher Zeuge für die Franck'scbe Verfasserschaft allein der
schon oben genannte ScbameliuB gelten kann, Nicht un-
wichtig aber für die Frage nach der Autorschaft dieses Liedes
ist ein weiterer Umstand, auf welchen Schauer, anf dessen
ausfuhrliche diesbezilgliche Darlegung überhaupt zu verweisen
ist, hingewiesen hat {a. a. 0. 8. XXXI), der Umstand näm-
lich, dafs ia einigen anderen Liedern Francks Änkliinge an
das hier in Frage stehende vorhanden sind, so in einem Liede
über das Evangelium vom Hauptmann von Capernaum („Geist-
und Weltliche Poesien", 1716, 2. AnÜ. S. 118), wo, wie in
unserem Liede in jeder Strophe, wenigstens in der zweiten
Anfang und Ende durch die Worte gebildet wird: „Äeh Got',
verlafH mich nicht", -
auf den 3, Epiphanias-
sien", 2. Teil, S. 17),
serem Liede vorkomraei
P
id ferner in einem anderen Liede
(„Geist- und Weltlicher Poe-
einer Strophe der auch in un-
idnick „Gaadenhände" zu finden
ist. Es liegt also schon hiernach nicht so gar fern, anzu-
nehmen, dafs Frunck der Verfasser jenes Liedes sei, — eine
Annahme, in der man noch bestärkt werden kann durch den
loh von Schauer hervorgehobenen Umstand, dafs die Länge
Liedes die gewöhnliche Franck' scher Lieder iat, sowie
dafs der hier vorhandene, durcb das ganze Lied hindurch-
gehende Kehrreim bei unaerem Dichter ganz besonders beliebt
ist. Allen diesen meiir oder minder bedeutsamen Gründen
lahme der Verfasserschaft Francks «tehen jedoch
ih einige ungünstige Momente gegenüber, und eins der be-
366 ^^ wtimtrischtD IMehtBr too Gesanglraelisliedeni.
dentiamrteiL und mgldch beüremdlioliBten besteht darin, äab
nnier Lied in keiner Ausgabe des oft yermehrten und ver^
änderten alten weimarischen Gesangbaohs zu finden ist, wohin-
gegen es im Berliner, Hamburger, Leipziger, Würtemberger und
noch einigen anderen Oesangbüchem steht uud hier zwar mit
Angabe der YerfiMsersohaft Franoks. Es ist mit Freuden zu
begr&fsen, dafis das Lied, welches nach rechter Erwägung aller
in Betracht kommenden Momente doch wohl unserem Dichter
zuzuschreiben sein wird — zumal da keine andere Yerfsaser»
aitgabe flLr dasselbe sich findet — auch in dem neuen weimar.
Gesangbuche Aufnahme gefunden; und wenn es hier mit einen
obersten Platz unter den a&gemeinen Gebetsliedem eingeräumt
erhalten hat, so entspricht dies nur dem yöllig richtig abge-
gebenen Urteile, dab das überaus tief empfandene Lied „unter
die besten Gebetslieder gehört und dafs es allgemeine Auf-
nahme yerdient". Uns dUnkt, gerade in diesem Liede thut
sich so recht die ganze schöne, edle und hohe dichterische
Eigenart S. Francks kund, zu deren Kennzeichnung im All-
gemeinen schlief slich nur noch wenige Worte, das bereit»
weiter oben Gesagte ergänzend, hierhergesetzt werden mögen.
Eine in sich geschlossene, tief und fest gegründete Dichter-
persönlichkeit ist es, welche uns in Fraock entgegentritt;
davon überzeugt zu werden, kann Einem auch bei nur einigen
tieferen Einblicken in seine Liederdichtung wohl nicht schwer
fallen. Die reine, schöne Harmonie aber, das bei aller hrommen
Lebendigkeit doch durch des Dichters Lieder stetig sich hin-
durchziehende ruhige Gleichmafs: dies ist gegründet in der
genial-frommen, allezeit das rein Menschliche zum rein Christ-
lichen verklärenden Geistesrichtung des gottbegnadeten Poeten
welchem sein Dichten jedenfalls innerstes Seelenbedürfnis ge-
wesen ist. Und so entsprechen sich in schöner Weise Inhalt
und äufsere Form : die innig tiefen Gefühle und geistig klaren
Gedanken, die ihm ein göttlicher Genius eingab, werden uns
vermittelt in ruhig-ebenmäfsig fliefsenden, zuweilen von alten
Formen originell abweichenden, immer aber edel gestalteten
Versen, denen man es sofort anmerkt, dafs sie unmittelbarer
Rngbuchilieder
367
^^P Die w«imari!.chea Dicbtei
PPUnedtuck eines innig Erlebten eind. Was aber den Dichter
' ' Ttoch beeondeiB kennzeichnet, das ist der enge und inaige
Änechlufa seiner Dichtungen an die heilige Schrift, wie eoloher
nioht nur seinen Evangelien lie dem, sondern seiner Poesie ins-
gemein eignet: man merkt es, dafe man es hier mit einem
Liederdichter 2u thun hat, der mit Beiner Bibel wohl vertraut
ist, dem diese als reicheter, immer neu eprudelnder Quell für
alles fromme Denken und Dichten gilt, — und diesem T}m-
Btaade wie seiner echt evangelisch gegrijndeten, mit edler
GeiBtesfülle gepaarten, durchaus christlich lebendigen Eigenart
überhaupt ist es zu verdanken, dafa, wie er selbst vermöge
dessen aus dem Vollen schöpfen konnte als schaffender Dichter,
so aach Alle, die mit ihm und seinen frommen Liedern sieh
beschäftigen, im wahren Sinne dee Wortes aus dem Vollen zu
schöpfen vermögen, sieb selbst zu reinster Erquickung und
Erbauung.
Nach Salomo Franck, dem eingeborenen Weimarer Kinde,
in welchem wir als geistlichem Liederdichter — wenn über-
haupt an irgend Einem unseres Landes —
keit im schönsten Sinne des Wortes schaue
ihm könnten sogleich eine ganze Keihe andet
selbst zugehöriger Männer genannt werden, \
etena einige Lieder uns geschenkt: sind; zui
es. Einiger kurz zu gedenken, von denen
nur dem Geburtsorte nach mit hierhergehört, während hin-
wiederum der Übrigen Lieder kaum in kirchlichen Gebraach
übergegangen und auf die Nachwelt gekommen sind. Der
zunächst zu Nennende ist Georg Michael Pfefferkorn, der,
1646 zu Ifta im Eisenach'schen geboren, als Superintendent
und Eonsistorialasseseor zu Gräfentonna bei Gotha gewirkt hat,
in welcher Stellung er am 3. März 1732 gestorben ist. Er hat
den Hfmuologen viel zu a^^haffen gemacht und zwar wegen
eines Liedes, bezüglich dessen wohl auch heute die Streit-
fr^e nach der Yerfasserschaft immer noch erörtert werden
m^, des allbekannten Kirchenliedes: „Wer weifs, wie nahe
mir mein Ende". Da aber das Urteil der Hymnologen, trotz
ste
Männlich-
IfOUl
sten, uach
auch Weimar
dec
len wenig-
ttbf
r erübrigt
1 Te
iil freilich
368 ^^ weinuuriachen Dichter von GtosangbacbBliedern.
der Yon Pfefferkorn bis an sein Ende fortgesetsten, hart-
näckigen Verteidigung seiner YerfSasBerschaft, nach aUseitiger
Prüfang und Darlegung der Qrftnde und Gegengründe schliela-
lioh doch mehr lu Ungunsten Pfefferkorns ausge£eülen ist,
da wohl zumeist die Yerfossersohaft für jenes Lied der fürst-
liohen Dichterin Ämilie Juliane von Schwarzburg-Budolstadt
zugeschrieben wird, so können wir hier, wo es zu weit fähren
würde, die äufserst weitschichtigen Umstände, welche mit jener,
bereits nach der einen Seite hin als so gut wie gelöst anzu-
sehenden Streitfrage sich yerknüpfen, auseinanderzusetzen,
von einer Beziehung Pfefferkom's auf jenes Lied des Weiteren
absehen. Wohl aber haben wir den eben Genannten als an-
erkannten Dichter eines anderen, in die Gesangbücher über-
gegangenen Liedes zu würdigen, des Jesusliedes: „Was frag
ich nach der Welt" — welches, nachdem es in das Jenaische
Gesangbuch tou 1724 aufgenommen, im Herder'schen aber
keinen Platz gefunden, neuerdings wieder im weimarischen
Gesangbuche zu lesen steht Das — in seinem prägnant
ausgesprochenen Gegensatz Ton Weltverachtung und Liebe zu
Christus — wirksame Lied, zuerst im Jahre 1667, als Pfeffer-
korn in Altenburg als Erzieher eine Stelle innehatte, be-
kannt geworden und bald auch von Eurrendsohülern gesungen,
wird wohl noch heute im Gottesdienst gern gebraucht.
Interessant ist übrigens, was über das erste Auffinden dessel-
ben berichtet wird: der Anfang davon, auf blauen Sammet
mit Goldfaden gestickt, soll sich im Geldkasten einer frommen
Witwe zu Gofslar vorgefunden haben (s. Cunz, a. a. 0. I,
8. 664). Aufser dem soeben genannten findet sich noch ein
anderes, wohl wenig bekanntes Lied Pfefferkorns: „Ach, wie
betrübt sind fromme Seelen'' (mit dem steten, in jeder Strophe
wiederholten Schlufs : „Ach ! wenn ich nur im Himmel war'*),
im Weifsenborn'schen jenaischen Gesangbuch unter die Lieder
vom Sterben und Begräbnis aufgenommen, während es im
Weimarischen Gesangbuch von 1739 (von Weber herausge-
geben) unter den Kreuz- und Trostliedern steht Des Liedes
Inhalt scheint wohl darauf hinzudeuten, dafs es in den späteren
Dia irümariHluit Diobt« v
' LebeoBJalirea des Diolittirs TerfaTüt ist , als dieser naoli
mancherlei Wirrsaien und Anfechtungen dea Erdendaseins
mnde war; die irdische Welt ein Jamraerthal : so könnte das,
nur zu sehr dÜBtere Weltfluoht atmende Lied passend üher-
Bchrieben werden. — Kurz zu erwähnen ist nach Pfefferkorn
Johann Eusebius Schmidt. Geboren 1669 zu Hohenfeldeu bei
Kraniohfeld, war er seit 1697 Pfarrer zu Siebleben bei Gotha
und ist gestorben im Jahre 1745. Nur einige wenige sind
Ton seinen ungeiähr 40 Liedern, die im Freylinghausen'achen
Gesangbuche Aufnahme gefunden, in andere Gesangbücher
Übergegangen, so vor allen das schone — bisweilen in einer
von Diterich gemachten Veränderung aich findende — Er-
weckungslied : „Wie grofs ist deine Herrlichkeit" (nach
Bitericb : „Wie grofs ist unsre Seligkeit") und das eigenartige,
Trost und Mahnung spendende Zionslied ; „Fahre fort, fahre
fort" (beide Lieder sind im neuen weimarischen Gesangbuche
Torhanden). — Ebenfalls nur als seinem Geburtsorte naoh hier-
her gehörig ist neben Schmidt kurz zu erwähnen der, wie
dieser, in die Dichterreihe der an A. H. Francke sich an-
achUefsenden sogenannten ersten Halleschen Pietistensohule
gezählte, eiust zum poeta laurealus caesareus kreierte Johann
Ernst Greding, der, am 30. Juni 1676 in Weimar geboren,
erst eine Rektoratsstelle in Hanau, dann die Pfarrstolle zu
Altheim bei Hanau bekleidete, woselbst er im Jahre 17lS
gestorben ist. Seine Lieder erschienen im „Hanaischen singen-
den Zion"; nur eines aber ist es, dae auch später noch be-
kannt geworden ist: das im Württemberger Oesanghuche be-
findliche fünfstrophige Pasiionslied : „Der am Kreuz ist meine
Liebe und sonst Nichts in dieser Welt"; häufiger als dieses, ,
ja, wohl zumeist an Stelle desselben findet sich jedoch in den '
Qesanghüchern jenes andere Passionslied mit gleicher Anfangs*
Zeile, von welchem weiter oben bereits die Eede war und als
dessen angeblicher — aber durchaus nicht erwiesener —
Verfasser Ahasverus Fritsoh genannt wurde. — Noch weniger
bekannt als der vorgenannte Grediug und auch hier nur vor-
übergehend zu erwähnen sind zwei andere geistliche Dichter
370 ^® weimarUchen Dichter von Gesangbuehsliedern.
dieser Zeit: Johann Burkhard Rösler und dessen Sohn:
Hermann Burkhard Rösler. Ersterer, in den Jahren 1669 bis
1676 als Wittumssekretär bei der verwitweten Herzogin ychi
Eisenach, Marie Elisabeth, angestellt, hat „Camoenae spirituales
oder Geistliche Andachten und Lieder'' verfafst, welche der
Sohn im Jahre 1711 in Thurnau aus der Hinterlassenschaft
des Vaters herausgegeben hat und von denen ein Lied im
Freylinghausen'schen Gesangbuche sich finden soll. Von dem
Sohne selbst, der, 1671 zu Eisenach geboren, später zunächst
coUegia juridica priyata in Jena gehalten, dann aber aus einem
Juristen ein Theologe geworden und in der Nähe von Jena
auch gepredigt haben soll, sind namenlos erschienen : „Erste
Geist- und Andachtsfrüchte" (Erfurt, 1706), worin 21 geist-
liche Lieder stehen. Keins davon aber scheint in Gesang-
bücher übergegangen zu sein. — Wurden wir durch die
beiden Rösler ins eisenachische Gebiet geführt, so lenkt nun-
mehr ein Name unseren Blick auch in einen Bezirk, der bia
jetzt in unserem Zusammenhange noch nicht Erwähnung ge-
funden, wie er denn überhaupt hier nur sehr wenig in Betracht
kommen kann : als ein Kind des Neustädter Kreises, diesem
auch sonst ganz angehörig, tritt uns als Dichter Johann
Stemler entgegen, der, am 27. August 1679 zu Neustadt a. d.
Orla als Sohn des dortigen Superintendenten Michael Stemler
geboren, ebenfalls in seiner Vaterstadt als Geistlicher (Archi-
diakonus) gewirkt hat und daselbst im Jahre 1728 gestorben
ist. Von ihm führt der Liederhistoriker Wetzel drei Passions-
lieder an als im Schleusinger Gesangbuch von 1717 befind-
lich; eins davon, das vierstrophige : „König aller Ehren"
findet sich auch im Weimarischen Gesangbuche von 1739,
hier aber ohne Angabe des Verfassers, und es ist dies wohl
als das verhältnismäfsig beste von jenen drei befunden worden.
Aufser diesen wird noch von einem vierten Liede Stemler's
berichtet („Mich kann Nichts so sehr vergnügen"), jedoch
ohne Angabe, ob dasselbe Aufnahme in ein Gesangbuch ge-
funden; gerade durch dieses aber scheint der Dichter sich
selbst ein bleibendes Andenken haben sichern wollen, insofern
Dia
Diafater von aeskngboobslUden
ati I
- uaoh einem damals nicht unbeliebten, beute aber wohl
nicht mehr naohzuahmenden Brauch — durch die Anfauge-
buchstuben der Strophen Beines Liedes die Beaeichnung seioee
Namens und Amtes gegeben hat. Ebenso wie Stemler'g
Namen, eo wird auch der eines aadereu, ziemlich gleiebzeitigeD
Liederdichters unberer wetmarischen Landeskirche nur selten
genannt: der Name Ernst Stockmann's. Er ist der Sohn des
xa Lützen geborenen und gestorbenen Faul Stock mann,
welcher in der allgemeinen Li tterat Urgeschichte des geistlichen
Liedes aU Dichter des 34-Btrophigeu FassionsgeGangee „Jesu
Leiden, Fein und Tod" zu nennen ist, eines Liedes, welches
wohl noch mehr, als durch seinen Test, durch die von
Melchior Vulpius dazu gesetzte schone Melodie bekannt ge-
worden ist. Von dem Sohne hud, der allein hier des Näheren
zu erwähnen, ist zu bemerken, dafs er, am 18. April 1G34
zu Liitzen geboren , erat Pfarrer in Beyer- Naumburg bei
LUansfeld, später Superintendent zu Allstedt gewesen, darauf
beit dem Jahre 1691 die Stelle eines KoasistorialassesaDTs io
rSisenaoh sowie seit 1709 diejenige eines weimarisohcn
Eirchenrates bekleidet hat, als welcher er am 28. April 1712
gestorben ist Er hat im Jahre 1701 zu Leipzig eine
„Foetiaohe Schriftlust oder 100 geistliche Madrigalen" er-
scheinen lassen, und einige Lieder dieser Sammlung sind zu
Oesangbuchsliedern geworden. So findet sich im alteren
Jfnaisohen Gesangbuch (Nr. 610) ein Lied („Für dir, du
grofser Segensgott"), aus Anlafs ud fruchtbarer Witterung ge-
dichtet, und zu diesem, dessen letzte Strophe eigenartiger-
weise eine kurze ZuHammenfaesuDg des Vaterunsers bieteti
ist im älteren weimarischen Gesangbuch von 1739 (Nr. 799)
noch ein inniges GottTertrauenslied aufgenommen („Gott, der
wird's wohl machen"), ein Lied, welohes, abgesehen von
einigen , mit nicht mehr gebräuchlichen , alt«ii Redeweisen
versehenen und darum entweder zu verändernden oder aus-
EulasBenden Strophen, vielleicht doch würdig befunden werden
könnte, auch in neuere Gesangbücher aufgenommen zu werden.
Nachdem wii nun in dem soeben Behandelten auf die
I
I
372 ^^® weimarischen Dichter von Gesangbachsliedem.
Betrachtung Salomo Franck's die Erwähnung einiger, minder
bedeutender Liederdichter haben folgen lassen, wollen wir
jetzt, durch den Letztgenannten schon dazu übergeleitet, uns
der bereits kurz angedeuteten Reihe von Männern zuwenden,
welche, am Ende des 17. und im Anfang des 18. Jahrhunderts
lebend, ebenso wie Franck durch ihr Wirken mit der Haupt-
stadt unseres Landes selbst mehr oder minder lange und innig
yerwachsen gewesen sind, — Männern, die hier um so mehr
eine nähere Betrachtung auch ihrer dichterischen Bedeutung
erheischen, als sie sonst in der allgemeinen Geschichte des
Kirchenliedes teilweise gar nicht weiter gewürdigt werden.
So sei denn zunächst genannt noch aus der zweiten Hälfte
des 17. Jahrhunderts der weimarische Hofprediger und —
von 1692 an — auch Generalsuperintendent Conrad Ton der
Lage (gestorben im Jahre 1695), der im Jahre 1681 ein
„Auserlesenes Weimarisches Gesangbuch*' mit 220 ausge-
wählten Liedern herausgab, welches dem — in einer voraus-
geschickten längeren Widmung feierlich angeredeten — Herzog
Johann Ernst dediciert ist. Bemerkenswert ist die Äufserung
des Liederhistorikers Binder (s. a. a. 0.) über dieses Gesang-
buch, in welchem 13 von dem Herausgeber selbst verfafste
Lieder stehen; er sagt: ,)Es scheint, als ob dieses Gesangbuch
den Herren Lieder-Collectoribus zeither nicht recht müsse
bekannt gewesen sein, gleichwie auch zu verwundern ist, dafs
von allen diesen angeführten Liedern kein einziges weder in
die folgenden weimarischen, auch die zu Lebzeiten des Auctoris,
1684 u. s. w. herauskommen, noch vielmehr in fremde Ge-
sangbücher fortgesetzet worden, da es doch erbauliche und
wohlgesetzte Lieder sind.'* Diese letztere Bemerkung kann
eich — was die Nichtaufnahme in andere Gesangbücher an-
betrifft — doch nur auf die von dem Herausgeber des Ge-
sangbuchs selbst verfafsten Lieder beziehen, und diese ver-
dienen allerdings in ihrer Eigenart etwas näher geprüft und
gewürdigt zu werden. An und für sich betrachtet und
historisch angesehen, können sie doch vielleicht darauf An-
spruch machen, vor manch anderen gleichzeitigen Gesang-
ichsdichtuDgen rorgezogeo zu w^rdeo, und es nufs aller-
Loderlich erBcheinea, dafa, während
minderwertigen Prodakten weitere Verbreitung gegönnt wavd,
die doch im Allgemeinen fliefsend geechriebenen , im Inbttlt
I biblisch gehaltenen und erwecklichen Lieder unseres Ver-
I fasBCte Bolche nicht gefunden haben. Sollte dies vielleicht ia
einem geringeren Bekanntwerden des, diese Lieder enthalten-
den Gesangbuches selbst seiaeu Orund haben ? So möchte
man freilich mit Binder zunächst vermuten. Ton den drei-
zehn Dichtungen, die übrigens teilweii>e an einer, allerdings
zu jenen Zeiten nicht ungewöhnlichen, allzu giofsen LKnge
leiden, seien hier wenigstens einige hesoadeTB eigenartige ange-
führt; so gleich das erste, ein Adventslied, in welchem ein
Zwiegespräch zwischen Jesus und dem ihn erwartenden Zion
enthalten ist, ferner ein Ehe- und Hochzeithed, das seine
Orundtöne aus der Erzählung von der Hochzeit zu Kana her-
nimmt; weiter ein besonders zeitgeschichtlich intereasantes
and im Ausdruck kraftvoll gehaltenes Lied „wider die Tür-
ken"; sodann ein, auf das Absterben der Frau Christiane
Elisabeth {geb. Herzogin zu Holstein, vermählter Herzogin,
■u Sachsen) gedichtetes Lied, überschrieben: „Hie verlohrue
Turtel- Taube", — welches allerdings in seiner sehr ausge-
prägten Eigenart von allen Lage'schen Liedern am wenigsten
sich zu einem Oesangbuchsliede eignet; endlich ein besonders
biblisch und bilderreich gestaltetes Lied Tom jüngsten Tage.
Aulser diesen finden sich noch in der Sammlung, ron Yon
der Lage selbst gedichtet : ein Passionalied, ein Lied auf den
Tag Johannis des Täufers, ein Bufslied, ein Morgen- und
Abenülied, ein Tiostlied, und noch zwei Sterbelieder. Zu
diesen dreizehn Liedern aber, wie sie des Dichters Gesaug-
buch darbietet, haben wir noch ein vierzehntes gelinden, und
zwar als einziges, welches vos von der Lage im (Weber'schen)
weimarischen Gesangbuche von 1739 steht: es ist dies das
unter die Katechismuslieder aufgenommene (Nr. 390): „Ach
Gott, im Wesen Ein, gedriftet in Personen", — ein Lied von
i lehrhaftem Charakter auch ineofem, als es gegen
I
durohau
^ ICAibrinohfi «nd Uhoken Lehren der kaHioIieelieii Kirdie
pj^ffnaiit mh aoMprielit ^), — Bin anderer weimarieeber Geist-
.li#pr dieser Zeit» nm welebem nns nur ein Lied Ütierliefart
fjiti ist der So^^piedigeKi Obeaskonsistorialrat und Kir^enret
geheim KTessen (nieh^ Klefr gesehrieben, nacbJBinder's ms-
4rSeklicher Beme|kni^)i der uns je schon weiter oben «b
l»esonderer Oönjuer SslomeJFrenoks mit einem auf diesen y^er-
-hUm Lebspnieb begegnete. Br ist am 2. März 1M9 ge-
•bs^ren nnd «in 18* Oj^ber 1720 gestorben. Das eine Lied
{^QtQtk iMUlin's nidit böse infinen*')i welehes von ihm uns |e-
sidieiikt ist, ein I in lange , zahlreiche Strophen gefafetes»
schUoht-herzlidhes Zeugnis ron innigem Gottvertrauen, hat in
4en wmnarischen Oesanghüehem eine alte Heimstätte, ist
aneh in ande?e Oesangbücher üb^gegangen (so z. B. in das
Freylinghausen*sohe)y dürfte aber fireilich mehr zu gebet^-
mltfsigep Lesen als zum wiirldidien Singen geeignet sein wfxä
bei wohl auch in emtar^n Sinne zumeist seine Anwendung
^efianden. Wahrscheinlieh in der Absicht^ ui^i ^|ep^n^^l^bffper
eingbar zu gestalten, hat ein gewisser Samuel Beer die langi^n
•8 Strophen desselben in ebeuso viele kürzere umgedichtet»
indem er zugleich deu Inhalt jeder einzelnen Strophe mög-
lichst zu wahren gesucht, — ein Beginnen, das wohl kaum zu
befürworten sein dürfte. Die Umdichtung hat im Weimarischen
Oesangbuche von 1789 gleich nach dem ursprünglichen Liede
selbst Aufnahme gefunden (Nr. 826). — In Verbindung mit
8. Eranck wurde neben Klessen noch ein anderer weimarischer
Geistlicher, der Oberhofprediger und Genoralsuperintendent
1) Nachträglich und boüäafig sei hier erwähnt, dafs sich unter den
Sterb- und Begräbnisliedem in von der Lage's Gesangbuche eins findet,
welches die Überschrift trägt: „Hertsog Johann- Wilhelms zu Sachsen
Lied*^ und, auf die bekannte Hiobstelle gegründet, anhebt : „Ich weifs,
dals mein Erlöser lebt*' ; die Anfangsbuchstaben der Zeilen ergeben den
Namen des Fürsten. Das Lied, sehr künstlich gemacht in seinem Aufbau,
£ndet sich auch in anderen weimarischen Gesangbüchern, so auch im
Weber'sehen von 1739 ; hier aber wird als ein anderweitig vermuteter
Verfasser neben dem Fürsten der in die zweite Hälfte des 16. Jahr-
liunderts gehörige Liederdichter Ludwig Helmbold genannt.
Johann Georg Lairitz, genanot und dieser hat eine Vorrede
em im Jahre 1708 herauegegebenen we im arischen Oeeang-
buch geachrieben. Nun fiodet aicli zwar nicht in diesem,
wohl aber in dem von Weber besorgten Gesaagbuch von 1739
unter Nr. 814 ein Lied mit der Angabe eines Verfaseera,
Namens M. Joh. Jac. Lairiz; es ist ein innig empfundenem
Oottvertrauenalied in neun Strophen und steht unmittelbar
nach einem anderen , von S, Franck gedichteten und oben
bereits erwähnten, mit welchem es den gleichen Anfang hat:
„Ich halte Gott in Allem stille". Ob der Dichter dieBCs
Liedes, welches dem von Franuk im Inhalt sehr ähnlich ist,
■wenn auch jeues noch höher steht, ein Verwandter von jenem
oben genannten weimarisehen General Superintendenten sein
mag oder vielleicht doch dieser selbst als Verfasser ange-
nommen werden darf, abgesehen von jener allerdings vor-
handenen Differenz bezüglich eines — vielleicht irrtüralioli
angegebenen — Vornamens? Erschwerend fdr diese An-
nahme ist freilich der Umstand, dafs das Lied eben doch in
dem von Lairiz selbst besorgten Gesangbuche nioht vorkommt.
— Wie der Liederhistoriker Binder auf jenen vorerst ge-
nannten von der Lage und sein Gesangbuch erneut aufmerk,
eam gemacht hat, so auch auf einen anderen, bald nachher
in Weimar wirkenden und ebenfalls auf dem Oesangbuohsge-
biete thätigen Geistlichen : den Generalsuperintendenten und
Oberhöfprediger D. Christoph Heinrich Zeibich. Derselbe hat
das Baruthisohe Gesangbuch (Leipzig, 17Il)mit einem längeren
Vorbericht versehen, (ür dasselbe aber auch einige selbstver-
fafste Lieder geliefert. Ebenso aber wie diejenigen von von
der Lage sind auch diese weiterer Verbreitung nicht gewür-
digt worden und haben den Namen des Dichters nicht weiter
bekannt gemacht. Dahingegen hat wiederum ein einziges
Lied eines anderen Weimaraners, welches heute noch gern
gesungen wird, seine Stelle wenigstens im weimarisohen Oe-
sangbuche behauptet : es ist dies das innige, ohne alle Kunst,
aber mit aller frommer Herzlichkeit gedichtete Oottvertraoens-
lied 1 „Gott hat bis hieher Haus gehalten", von Johann Oott-
I
I
me
0i«
0iehtor ▼«« Gnnngi>iiihi|ii>iiiiipii>
ftied HOUDger (169S— 1782). fir wn bis aiiii Jahr» L7^1
« HdJjj^fedigttr in Wmmar, waxde dann aber als flnpegint^ndmii
nacb Saal^Bld bomfen und sdn Lied soll in diea^n Übe^
gsa^ßBJahee entstanden sein. — Den Beadilnfii endHeh dieaer
Beibe ren aeitlieb und amtlieh rieh ao iberana niiW-
stylenden MfinnerOi die, aämtlicb der Stadt Weinnur aeKiai
angeborig mit ibrem kttraeren oder längeren Wirkmi, tmati
ficomm-diebteiiaeb ricib mebr oder minder betbätigft babeny.
m$ge der Kann bilden, desaen Fürsorge das weimariaebe I«aad
daa bisber nmfittsendste Gesangbneb au yerdanken bat imd
dessen Namen sebon nm deswSleo^ aber ancib überbaopt .ir.tigfStt
seiner Terdienste auf dem Gebiete der Kirche als dmjeiBaga^
eines der beryorragendsten Oeistlichen des Landes all^Ba&t
einen edlen, Tomebmen Solang behalten wird: wir meinen
Johann Georg Weber, Oberhofyrediger« Kirohenrat und Qa^
neralsnperintendent zu Weimar (geb. 1687, gest 1758), Seho»
öfters mulsten wir Gelegenheit nehmen, auf das yon ihm he»^
sorgte Gesangbuch au verweisen; dasselbe liegt yor in wim
Aasgaben, die erste Utater dem Titel: „Heilige Übung^i 4mt
Gottseeligkeit in Singen und Beten oder neueingerichtetes-
WeimariBcheB Gesang- und Gebeth-Buch'^ u. s. w. (enthaltend
im Ganzen 531 Lieder), — die andere unter dem Titelt
„Der singende Glaube des Weimarischen Zions oder neu ein-
gerichtetes Weimarisches Gesang- Buch'' u. s. w., 1739 (ent-
haltend im Ganzen 1058 Lieder). Beiden geht voraus eine^
ausführliche Vorrede Webers (die zur ersten Ausgabe ist
datiert vom 20. April 1783); in dem Gesangbuch von 1739
findet sich eine solche (bereits vom Tage vor Michaelis 1736
datiert) in Porm einer Abhandlung „von dem rechten geist-
lichen Geschmack der Evangelischen Lieder". In diesem
Gesangbuch sind nun auch eine Anzahl von Weber selbst-
verfafster Lieder vorhanden; wir haben im Ganzen deren 6
finden können, nämlich ein Adventlied („So ist denn der Tag
erschienen", Umänderung eines anderen, vorhergehenden von
unbekannter Verfasserschaft), ein Weihnachtlied („Die freuden-
volle Zeit"), ein Neujahrslied („Ach Gott, wie grofs ist deine
Dia wdmkrlaohen Dichter tod OaungbaehBlisdent,
377
Güte''), ein Jesuelied („A und 0, Anfang und Eode"), ein
TroBtlied („Seele, schwinge dich zu Gott" — mit 1. 0. W.
unterzeichnet) und endlieh im Anhang ein ,,ReohtfertigungB-
und Absolutio Dslied („Gott Lob! ich habe Frieden funden")-
Ein eiebentes aber von Weber gedichtetes Lied (das einzige
von ihm, welches in das neue weimarieche Oeeangbach Auf-
nahme gefunden: „Was soll ich dir, mein Gott") steht nicht
mit in seinem eigenen Gesaogbuche, weder in der er«teu noch
in der zweiten Ausgabe, da es, wie spätere Gesangbücher
auBweiaen, erst im Jahre 1 744 gedichtet ist, und aus dem-
selben Jahre datiert noch ein anderes, achtes („Hein Gott,
ioh soll zur Rechnung kommen"), welches, wie das erstge-
nannte auch, im Herder'schen Gesangbuch zu finden ist. Dafs
wenigstens jenes eine, welches Ton allen das für den kiroh-
lichen Gebrauch geeignetste sein dürfte, neuerdings wieder
Aufnahme gefunden, ist jedenfalls ohne Weiteres anzuerkennen,
und dies um so mehr, als auch eine Meinung laut geworden
iat 1), welche dem einen Weber' sehen Liebe ebenso wie den
vorgenannten einzelnen Ton Baier, Klessen und Hillmger einen
Platz im neuen weimariechen Geaangbuohe nicht bat zu-
sprechen wollen, — eine Meinung, die. wie wir meinen, beim
Hinblick auf die Fersen der Dichter, vor Allem aber bei
wohlerwägender Prüfung des Wertes der Lieder selbst eben
doch als unhaltbar erscheinen mufs. Was die Lieder Webers
insgemein anbetri&'t, so kann vod ihnen wohl gesagt werden,
dafs sie die Eigenschaft an sich tragen, die er an Oesang-
buohsliedern vor Allem hoch geschätzt wissen will, wenn er
sagt (im Vorbericht zum Gesangbuch von 1739, 8. 17):
„Bas sind demiiaoh die allerbesten und schmackhafftigsten
Lieder in der Evangelischen Kirche, welche vor allen Dingen
schrift'tmüisig, und sodann auch erbaulich seyn". Wenn aber
nur jenes eine Lied von dem Dichter uns noch neuerdinge
begegnet, so hat dies seinen Grund wohl hauptsächlich darin.
I
1) veo Snp. Blarbftcb in
EwätmarlBcheD GcSftDgbnchsBnt'
' BeurleiJuDg deü neu
878
IrestDgbacluliedem ,
dafa bei aUem frommen und tief empfundenen Inhalte, den
jene anderen in sich bergen, eben doch ihre Form vielfach
eine solche iat, die nicht mehr so unmittelbar anspricht wie
diejeniue neuerer Lieder. Aber von dem einen noch auf-
behaltenen Liede mag wohl geurteilt werden, dafs es — ab-
gesehen von dem demütig- dank baren Oeiet, durch den
edler Inhalt gekennzeichnet .ist — auch äufeerlich in e
fachen, aber edel fliefeendcn Versen eich darbietet.
Sind wir mit den letztgenannten Dichtern bereits
18. Jahrhundert eingetreten, so sind für diese Zeit nur noob''
Wenige 2u nennen, und zumal in der ersten Hälfte dieses
Jahrhunderts, welche Rambach als die (bei ihm allerdings
schon im letzten Dccennium dee vorigen beginnende) „Periode
des Greiaenalters" für die geistliche Liederdichtuag bezeichnet
wissen will, ist auch für unser beschränktem Gebiet — wenn
wir von der auch noch den ersten Jahrzehnten mit ange-
hörigen Gestalt Salomo Franoks absehen — eigentlich nur
Spärliches zu verzeichnen. Aus den zwanziger Jahren (1723)
wird von der zu Jena erfolgten Herausgabe einer Lieder-
eammlung berichtet, welche einen gewiesen l/L. Friedrich Christ
(gebüitig aus Buttstädt, sonst unbekannt) noch als stud. tbeol
zum Verfasser hat. Einige von diesen Liedern aollen aunh
in üffenthchen Gebrauch gekommen eein, ^o z. B. eines mit
dem Anfang: „Uein Gott, wie etark ist doch in mir die Uacht
und Wut der Sünden"; wir haben jedoch Nichte in Geaang-
büchern davon ündeu können. Im AnschluTs hieran sei so-
gleich auch eine — allerdings um über 50 Jahre später er-
Bohienene — „kleine Sammlung erbauliclier Lieder (nebat einem
Beitrage zu einer Wittenbergischen Liederhistorie)" nur kurz
erwähnt, die in Wittenberg 1779 herausgegeben wurde und
Kum Verfasser hat den am 14. August 1719 zu Apolda ge-
borenen Joh. Friedr. Hirt, welcher, nachdem er als Doktor
und Professor der Theologie zugleich die Stelle eines Eon-
aistorialrates und Superintendenten zu Jena bekleidet, 1775
als erater Profeaaor der Theologie und Generalsuperintendent.j
naoh Wittenberg berufen ward, woaelbst er im Jahre 17Bft.J
Die weimBiilchail Dtchlir von Oewogbuchsl ledern.
gestorben ist. Auch seineD Namen habon wir iu Geean;;-
büchern uicht verzeichnet finden künneit; möglich aber, daf
äberge gangen s
EU verzeichnen
Ambro eiani sehe
Lied: „Nun ko
übersetzt hat;
aea erhaulicheo Liedern namenlos in sololie
ind. Als besondere merkwürdig lat übrigena
, dafs Hirt das von Luther {aus der alten
II Hymne: Veni redemtor gentium) übersetzte
mm, der Heiden Heiland" in hebräische Verse
solche Übersetzung, mit historischen und Icri-
tiBcheu Anmerkungen, ist in demselben Jahre mit jener Lieder-
BammluDg, 1779, aber eigens herausgegeben, erschienen. —
Weiter zurück als das soeben genannte datiert ein einielnes
Gesangbucbelied von Johann Georg Ooldbammer, Diakonus
in Ilmenau gegen die Mitte des 18, Jahrhunderte: „Bleib'
fromm und halt dich allzeit recht". Das Lied, schlicht in
der Form und nicht Yon besonderer Eigenart, steht im Herder-
Bchen Oeeaiigbuch, ist aber ias neue weimarieche nicht auf-
genommen. Doch — eilen wir nunmehr, nach nur beiläutiger
Erwähnung dieser minder wiohtigen Sondereracheinungen,
weiter za einer Betrachtung deesen, durch welchen eine neue
Periode für die Bethatigung auf unserem Gebiete mit Ter-
mittelt gedacht wird: Johann Gottfried von Herders (1744
— 1803), der, wenn auch nicht gerade hervorragend selbet-
thätig als spezieller Kirchenliederdichter, doch um die Qesang-
buchssache im Allgemeinen sich eo grofae Verdienste erworben
hat, dafs er schon um deswillen hier wenigetens kurz erwähnt
werden müfste. Ea würde hier zu weit führen, den litterari-
achen Charakter, die ausgeprägt litterariache Eigenart des in
unserem Lande und darüber hinaus allezeit hoch und wert
geschätzten, der Glanzperiode Weimars angehorigen Uannes
in eingehender Weise darzulegen, und ebenso kann ja hier
nicht die Stelle eein, wo auf die besonderen Verdienste Her-
ders um die weimarieche Landeskirche in allseitig würdigender
Weise des Näheren eingegangen werden könnte : jenes ist
Aufgabe der allgemeinen Litteraturgeschichte — dieses Auf-
gabe einer auf unser Land bezüglichen allgemeineren kirehen-
geschichtlichen Abhandlung. Hier ist vor Allem die eine, fiir
I
Di« weimkriMhea Dichter von Geaingbacfasliideru.
die Geschichte des OeBBngbuches in unserem Lande hoch-
wichtige Thatsache zu verzeiohneu, daTs Herder im Jahre 1795
ein neuea woims^isehee Gesaujiibuoli herausgegeheo, von einer
Torrede begleitet, iJie, kurz, aber übetHUB inhaltsvoll, mit der
dem Herausgeber eigeuen Klarheit und geiDem tiefgeiatig
frommen Gefühl genngsam gekenneeiöhnet, wohl für alle Zeit
normative uad bedeutuugsyolle Gedanken bezüglich des zu
betaaodelndeu Gegenstaodee enthält, Gedanken, aal' welche für
die Beurteilung der Kirchenlieder insgemein wie für die rechte
Alt ihres Gebrauche wohl immer wieder zurückgegangen
werden mufs. Über die Art der Zusammenstellung der Lieder
für dieeee Gesangbuch kann man ja freilich rersohiedener
ifeinuDg sein, uad besonders befremdlich könnte es vielleicht
erscheinen, dafs der Herausgeber in dem zweiten Teile eo
vielen (hauptsächlich von Diterich) verändertec Liedern gar
reichlichen Platz gegönnt. Aber allerdings hat wohl l^chauer
Eecht, wenn er („Gesch. d. bibl.-kirohl. Dicht- und Tunkunet"
u, B. w., t^. 604) sagt, dafs Herder „dch den Verbaltnisaen un-
bequemen mufste", dafs also darin die Art seiner Auswahl in
Ktwas erklärlich erscheiueu mufs. Von Herder selbst übrigens
sind eine ganze Anzahl Yeränderungen gemacht und aufge-
nommen (wir zählten in einer vermehrten Aasi^be seines Ge-
sangbuohee im Ganzen 16 von ihm selbst veränderte Lieder),
dagegen hat man erst wieder bei der Herausgabe des Denen
weimarischen Gesangbuches darauf Bedacht genommen, ihn
anch als Verfasser eigener Kirchenlieder durch Aufnahme
wenigstens einiger hervortreten zu lassen. In der Sammlung
Herder'scher Gedichte (Ausgabe vod Müller, 1817 ersohienec)
sind 38 geistliche Lieder vorhanden, die Herder teils als Hof-
prediger in Bückebnrg, teils in seiner Stellung als General-
Superintendent in Weimar verfafst haben soll, und nach der
Aussage des Herausgebers der Gedichte sollen jene für ein
Gesangbuch bestimmt gewesen sein. Thatsächlich scheint sich
aber das Urteil, welches mau über diese Lieder abgegeben,
dafs CB „gar keine Kirchenlieder, d. h. solche mit biblisch-
kirchlich-volksniärs ige m Tone" seien, auch bestätigt zu habeo,
I
Diebtcr TOQ GaMutgljucIiilladeTs.
iDBofem doch nur ein ganz geringer Bruchteil in Gesangbüchenil
Platz gefunden. Für das neue weimariache, welchCB,
irijend eineB, gerade auch Liedern von Herder'acher Verfaaser-
Bchaft llaum gönnen mufste, sind — nach jedenfalU reiflich
bedachter Auswahl — nur drei als zur Aufnahme geeignet
befunden worden, und von diesen drei hat eines, ein Lied auf
das ErBcheinungBfeet („Du Morgenstern, du Licht vom Licht"),
■vor der Aufnahme erst noch einer Veränderung unterzogen
■werden müssen. Neben diesem aber müssen auch die zwei
anderen, ein Lied auf die Kouärmation („Seid f;elobt denn
und geweihet") und ein zweites, welchem die zweite Bitte
des Vaterunsers zu Grunde liegt („Herr, unser Gott, wann
kommt dein Reich"), als solche Lieder bezeichnet werden,
mit deren Aufnahme man durchaus recht gethan, insofern edle
Form, gepaart mit tief lebendigem, frommem Gefühl und Geiet^
auszeichnende Merkmale dieser Lieder sind, insofern sie dabei
aber auch ohne Weiteres als dem christlichen Volksgefühl an-
gepafst und singbar sich erweiaeo. — Nach Herder sei so-
gleich ein anderer, wiederum mit der Stadt Weimar innig
verwachsener, hochedler Mann geoannt, welchem diese eine
ihrer segensreichsten Stiftungen zn verdanken hat: Johannes
Daniel Falk, der, zu Danzig am 28. Oktober 1768 geboren,
nach einer in dürftigen VerhältoisBeu durchlebten Jugend-
ond Studienzeit im Jahre 1793 nach Weimar kam, woselbst
«r als Legationsrat, nachdem er durch Begründung des ersten
Eottungshauses für verwahrloste Kinder seinem Namen ein
bleibendes Andenken gesichert, am H. Februar 1826 starb.
Als echt christlicher Mann hat er sich noch besonders er-
wiesen durch Herausgabe verschiedener religiöser Werke; so
hat er erscheinen lassen „Biblische Gedichte", ferner „Das
Vaterunser in Begleitung von Evangelien und uralten christl.
Chorälen", und weiter wird von ihm genannt eine Schrift
unter dem Titel: „Dr. Martin Luther und die Reformation
in VolksHederu", die in Weimar nach seinem Tode, im Jahre
1B80 erschienen ist. Als Kirchen liederdichter ist Falk nur
mit einem Liede in dem neuen weimarischen Gesangbuche
I
I
I
Die walnwiliGlieii DlcMer tdq Ge««ngbBebB]i«den
Tertretea, aber mit einem solcheu, über deBsen Aufnahme maa
aufs HerEÜolist« erfreut aeia kaun. Den kurzen, dreistraphigen,
so überaus Gohltchteu ud«) doch dabei üuTBerst ergreifenden
und wirkungsvollen Weihnachtsgeeang: „0 du fröhliche" darf
man mit vollem Recht ale eine der schönsten Perlen uat^i
deu neueren WeihnachtBliedern bezeichueu, und es ist nur zu
wU 11 sehen, dafs sich dieses Lied auch zum Gebrauch beim
feBtlichen GottesdieDst immer mehr einbürgern möge. Aus
kiodlich-frommem Oemüt heraus gedichtet, deu Stempel ur-
Bprünglichster HerzeusempÜnduug an eich tragend, kann es
%rohl auf keinen, der ebenso kindlich tief, ebenso heilstroh
wie der Verfasser emptiudet, seiue Wirkung je rerfehJen. —
Koch zwei Dichter sind um die Wende des Jahrhunderts zu
verzeichnen, die freilich in liederhistori sehen Werken kaum
naher gewürdigt werden (nur über dtn einen fanden wir eine
kurie Notic) und deren Lieder auch nicht in ött'entliolieD
Gebrauch gekommen sind; aber da sie ihre Liedeisammluagea
gewissermafsen als kleine Spezialgesaugbücher dargeboten
haben, so mag ihre Erwähnung hier immerhin nicht unge-
rechtfertigt erscheiuen. Der Erste ist Johann Zacharias Hügel,
der bereits als Kandidat des Fredigtamls und Hauslehrer in
Jena daselbst t Tä6 „Lieder und Gesänge über alle Haupt-
gtücke der ohristüchen Glaubenslehren mit Kirchen -Melodien"
(erstes Bändchen — ein zweitem ist wohl niobt uaohgefolgt)
erscheinen liefs, eine in aller Bescheidenheit, die deutlieh aus
der Vorrede spricht, dargereichte Gabe. Die Lieder, welche,
wie aus den darüber gesetzten ond ihre Form bedingenden
Xirchenmelodien zu schlierten, in der Absicht des Yerfassers
wohl für kirchlichen Gebrauch berechnet sein mochten, den
sie aber nicht erfahren haben, sind richtig uls solche ,,von
simpelm, kräftigem und oft starkem Ausdruck" bezeichnet
worden. — Der andere Dichter, der mit dem soeben erwähnten
zusammen genannt wurden kann, ist Johann Christian Carl
Töpfer, Pastor zu Hottelstädt und Otlstädt am Berge, welcher
im Jahre 1800 eiue Sammlung von Gö Liedern — dem
■weimarischen Erbprinzen Carl Friedrich gewidmet — heraus-
Dia welmariBChen Dlcfalef von GaauigbucbdiedarD, }
gegeben hat (ja £wei Lieder auf alle ohrtBtUoheo Feste, Auoh
auf die kleioereD, aoost uooh besondere Zeitlieder, zuletzt e
„von dev ewigen VerdammniB"), Der Verfasser sagt iu der
Voreriiinerung, dal'g die Drsacheo, welche ihn zur Heraus-
gabe dieser geietlioheu Lieder bewogen haben, zu wichtig
seien, aU dafa er sich zum Druck derselbeu nioht hätte eot-
sohliefaen aolien; welcher Art dieae Ursachen aber gewesen,
davon verlautet Nichts. Auoh diese Lieder mögen urBprÜng-
I lieh vom Verfasser für deu
gewesen sein, da anoh hiei
versehen sind, doch können
Kirche geeignet bezeichnet
ragend ursprüngliehi
mochtes, was ubs iu
kiTchiicheu (iebrauch berechnet
sämtliche mit Melodieeunngahe
lie nioht als zum Singen in der
werden. Es ist keine hervor-
e, vielmehr etwas künstlich Ge-
Liedern entgegentritt. Sie rufen
den Eindruck einer rein ayalematisohen Znsamnieaatellung
hervor, sind wohl streng biblisch gehalten, oft aber in mehr
etwas hölzerner Art.
inderlichei' Ausdrücke
vom „Donner Gottes",
rd der „Lebensbaum"
I zu sich zieht'', oder
) in der Welt dient
erzählendora Tone und zuweilen vo.
Dabei bedient sich der Verfasser oft
und Bilder; er spricht gern und öftei
ferner vom „Chiistenorden"; Christus
genannt oder auch ein „Magnet, der i
wird bezeichnet als derjenige, der i
„zum Leitstern ond zum Ruder" (worauf dann der Beim
„Brüder"). Im Ganzen aber murs immerhin von den Liedern
. Töpfurs gesagt werden , dafa sie das Gepräge frommer Kind-
Lüohkeit (so besondere das Lied aufs Uichaelisfest) und
I Bohlichter U erzen sei nfalt an sich tragen. — Sind die beiden
' Vorgenannten weitereu Kreisen kaum bekanut geworden, sa
kommen wir nunmehr Kur Betrachtung eines Mannes, dessen
Bethätigung auf dem Gebiete geistlicher Liederdichtnng —
wie »ein Wirken in unserer Laudeskirche überhaupt —
wiederum einen Höhepunkt bezeichnet für die neuere Zeit,
eines Uannes, dessen Leben mit unserer Kirche so innig
verwachsen gewesen, dafs es wohl gereuhlfertigt ersoheint,
ihm hier eine etwas eingehendere Betrachtung zu widmen.
Jener hoohboOeuteode Mann ist friedlich August Eoethe.
I
^4 [^ irdmaiiBChen Dichter von aesangbuehelivd
«hemaliger Grofsh. Weimar. Konaiitarialrat, Saperintendetit
und Oberpfstrer in Allstedt. Suoheu wir zanächt Beinen
LebeDBgaog iu Kurzem uds zu vergegenwärtigten ! Koethe ist
geboren am 30. Jnli 1781 EU Lübben in der Niederlauaitz
als Sohn eines Kreisaehretärs. Kr hat vornehmliob in Leipzig
studiert (seit 1 SOO) , nahm zeitweilig auch Aufenthalt io
Dresdeu, wo er Gei«lesTBrwandle fand, und erhielt bereits
im Jabre 1S]0, nachdem er kurz zuvor, jedoch namenlos,
eine Abhandlang unter dem Titel: „Ansiohteu von der Gegeu-
VBrt und Aussichten in die Zahunft" hatte erseheinen lassen,
eine Berufung als aufserordent lieber Professor der Philosophie
nach Jena, die er denn auch annahm. Im Jahre 1813 warde
ihm neben seiner Dozenten stelle zugleich das Amt eines Dia-
kouDs und Garoisonpredigors ttbertragen und vier Jahre später
wurde der Geistliehe und Gelehrte zum ordentlichen Professor
der Theologie ernannt. Mit grofscr Treue und Aufopferung
hat Koethe 9 Jahre laug, den gröfsten Teil dieser Zeit ein
lloppelamt verwaltend, segensreich gewirkt, bis er 1819 als
Oberpfarrer und Superintendent nach Allstedt übersiedelte,
als solcher zugleich zum Konsist orialrat ernannt. Allstedt
ist ihm gar bald lur „glüokliolieo Einsiedelei" geworden,
welche* er nicht verliefs, obwohl ehrenvolle Rafe nach
Efioigsberg und Altenborg zur Übernahme hoher geistlicher
Ämter an ihn ergingen, wie er denn auch Berufungen an
die Universitäten Dorpat und Bonn nicht angenommen hat.
Yielleioht mochte Solches seinen Grand darin haben, daCs
Koethe bereits mit schwächlicher Gesnndheit seine Stelle in
Allstedt antrat (er soll nachmals fünf Ual tötlich krank ge-
wesen sein), vielleioht aber glaubte er auch in seiner er-
wählten „Einsiedelei" besser als auderswo neben dem, von
ihm allem Anderen bevorzugten geistlichen Amte Mufse zu
finden für schriftstellerisohe Arbeilen, deren ja auch eine
beträchtliche Anzahl von ihm herausgegeben wurden. Be-
reits in der Jenaer Periode hatte er sich vornehmlich mit
geschichtlichen Arbeiten beschäftigt; aus dieser Zeit ist auch
besonders bemerkenswert, dafs Koethe, dessen theologische
»
e Bin spräche
BCbriftetellerischeD ,
Die wrimariiehBD Dichter von Oenngbaobslledatii.
EiohtuDg kirchlich-oitfaodox w», in der „Zeitechrift f&i '
Christenlnm uod Gotteegelahrheil", die deniala erBchien, den
ersten eiitächtedeoeii Widerspruch erhob ^egeu den in jener
Zeil zu ttbfioluter Herrschaft gelangten Halle-weiraari sehen,
Tolgären HalionBlismuB, Ton AllstedL rub liefs ur in erster
Zeit eine Sohrift erscheinen unter dem Titel: „Wünsche und
VorBchliige zur kirchliohBo Verfassung io Weimar" (Leipzig
1820), „womit er gegen die Übermacht, mit welcher damals
in Weimftr der tStaat in das Gebiet der Etrohe eiazugreit'en
bemüht war, eine warme, aber zugleich gai milde und be-
lialegle". Daneben war er mit gvörseien
.rbeiten in Anspruch genommen; wie
Thomas a Kempis von ihm neu bearbeitet ward, so gab er
Melancbthons Werke (in 6 Bänden) neu heraus; auf^erdcm
Teraiiataltete er eine Ausgabe der symbolischen Büoher der
evangelisch -lutherischen Kirche unter dem Titel: ,,Concordia"
(Leipzig 183ü) mit sehr eohittzbaren Binli^ilungea in die ein-
selneo Bücher. Aber auch auf anderem Gebiete entfaltete er
eine nicht ohne Anerkennung gebliebene schtift atelierische
Wirksamkeit; ale zwei wichtige Werke, in Allstedt entstanden,
werden bezeichnet zwei grofse Novellen Eoethe's, „von dem
Einsiedler bei St. Johannes" herausgegeben unter den Titeln:
„Die Wiederkehr" und: „Die Woche", So in vielseitiger
Weise thätig, hat Koethe SP/^ Jahre in Allstedt guwirkt in
schöner Üewähruug des Wortes: „Alles ist euer, ihr aber
seid Christi", mit reicher litterari scher Thäligkeit eine tegens- |
volle praktische Wirksamkeit alleBeit verbindend, und er, dem (
die im Jahre 1B50 (am 23. Oktober) zur Witwe gewordene
GsttiD nachsagen konnte: „sein ganzes Wesen war Liebe",
— er wird als Diener Christi, als welcher er seiner Landei-
kirohe tren gedient hat in hoher Stellung und Würde und
wahrend einer langen, gottgesegneten Reibe von Jahren,
immerdar zu den hervorragendsten Geistlichen der weima-
riachen Landeskirche gezählt werden miisaen.
Haben wir im Vorstehenden zunächst einen kurzen Ab-
rlfs des Lebens und Wirkens Koelhe's im Zusammenhang su
388 ^^^ weimarischen Dichter von Gesangbachsliedern.
fried Wilhelm Fink. Er ist, nachdem er erst Prediger het
der reformierten Gemeinde in Leipzig gewesen, sodann Direktor
einer Erziehungsanstalt daselbst, als Lehrer der Tonkunst an
der dortigen Universität im Jahre 1846 gestorben. Haupt-
sächlich auf dem Gebiete der Musik schriftstellerisch wirksam
als Historiker und Kritiker, hat er sich doch auch als Dichter
bethätigt und u. A. auch ein ,,KiDdergesangbuch, Ton ihm
selbst gedichtet und in Musik gesetzt'^ herausgegeben (Leipzig
1814). Einige von Fiok^s geistlichen Liedern sollen auch in
andere Gesangbücher übergegangen sein (so in das Schulge-
sangbuch für Schulpforta und ins jüdische Gesangbuch für
Hamburg), von denen uns jedoch keins bekannt ist. — Be-
deutender auf unserem Gebiete als die soeben Genannten ist
jedenfalls der teils dem weimarischen, teils dem reulsischen
Lande angehörige Johann David Friedrich Schottin, geboren
am 4. Januar 1789 zu Heygendorf. Nachdem er 1811 eine
Bektorstelle in Apolda verwaltet, wurde er 1812 Eollaborator
in Köstritz im Eeufsischen, zwei Jahre darauf Pfarrer daselbst ;.
nach einem langen, wirkensreichen Leben ist er am 15. Mai
1866 als Kirchenrat gestorben. Von Jena aus hatte Schottin
den Titel eines Licentiaten honoris causa erhalten. Von
seiner dichterischen Bethätigung legte er mannigfach durch
Veröffentlichungen in verschiedenen Zeitschriften und Sammel-
werken Zeugnis ab und von ihm selbst wurde, als selbständiges
Werk ein Andachtsbuch unter dem Titel : „Das Reich Gottes"
herausgegeben (Schleiz und Greiz 1844), welches auch kurze
geistliche Gedichte mit enthält. Acht von ihm verfafste
Lieder (dazu eine Anzahl von ihm veränderter älterer Lieder)
stehen im Geraischen Gesangbuch , dessen einstiger Heraus-
geber (1822) er mit gewesen. Sie alle (besonders hervorzu-
heben sind die schönen, auf die Konfirmationsfeier bezüglichen)^
zeichnen sich durch lebendige Sprache und edlen Schwung
aus und dürften sich jedenfalls als gesungen wie gelesen
recht wirksam erweisen. Ein Lied, auf das Michaelisfest be-
züglich („Herr Zebaoth, dich loben wir"), steht auch im
neuen weimarischen Gesangbuch unter Nr. 142, besonders
ausgezeichnet durch dichterische Kraft und in kurzen, aber
lebeodigen Strophen zum Auedruck gebrachte weihevolle
Empfindung. — Nach dem soeben genannten Schottin habeo
wir Buhliefslich nur noc^h Einen zu nennen, der als geistlicher
Liederdichter ebenso wie jener mit einem Liede im neuen
'weimarischen GeeaDgbuche vertreten ist: es ist der ehemalige
Superintendent von Weida, Friedrich Ludwig (1812—1881)-
Als Dichter im Allgemeinea hat er sich kund gethan durch
ttoe zu Jena im Jahre 1856 erschieaene Gedichteammlnng,
betitelt : „Aus dem Mutterh erzen" (in zwei Bachern), eine
grofse Anzahl vou innig empfundenen Gedichten, von denen-
dieaea oder jeueB auch zur Aufnahme in ein Geeuugbuch ge-
eignet Et;in dürfti:; ein anderes dichterischem Werk tod ihm
(in CaBBcI erschienen) ist betitelt: „Buch der heiligen Liebe"
und enthält eine Sammlung von Sonetten, die als solche Hchou
ihrer Form wegen auf eine volkstümhche Verbreitung und
kirchlichen Gebrauch selbstTerEtäadhch nicht Anspruch machen.
Tolkstumlich aber und zwar ira edelsten Sinne, dabei poetisch
lebendig, gemütstief empfunden und darum hoch erhebend als
ein echtes Gesangbuchtlied ist die eine, fünfatrophige Dich-
tung Ludwigs, welche in das Neue weimarische Gesangbuch
Aufnalime gefunden (Nr. 14 : „Welch Zeichen kommt, welch
schöner Schein"): fürwahr eins der jubelndsten und im besten
Sinne erwecklichsten Adveutslieder, die wir besitzen! Dafa
mit diesem Liede auch einem der, den jüngsten Zeiten aiige-
hörigen geistlichen Liederdichter unseres weiraarischen Landes
im Gesangbuche Raum gegönnt ward, ist nur mit Freuden
gut zu heifsen und unbedingt auEuerkennen.
Wir sind am Ende. Jahrhunderte haben wir im Geiste
durchschritten und mancher trommen Dichterstimme haben
wir gelauscht aus alter und neuer Zeit; die aber in ihren
Liedern sich uns vernehmen liefsen, sie haben wir zu verstehen
Lnnd zu wardigen gesucht mit Hilfe dessen, was die 6e-
■•ohichte ihrer selbst und ihrer Lieder uns an die Hand ge-
Fgeben. Und wir meinen, es kann nach der, aDerdings nur
in kurzem Abrifs gegebenen Darstellung dessen, was unser
Thema verlangte, das Eine nicht ganz unbestätigt geblieben
in der Einleitung kurz angedeutet ward, daJ^ näm-
I
lioh unBcr weimariBühee Land einen nicht unbeträchtlichen
Anteil hat an dem Besitze, der dem deutschen chrietlicheo
Volke eigen ist in seinem geiätliohen Liederschatz überhaupt
Viele sind ja freilich unter den Aufgeführten Dtchtergestaltei],
die nur ihrer Geburt nach diesem Lande angehören, — nicht
Wenige aber nuch, die, wenu nicht das ganze, so doch einen
grof-sen Teil ihres Wirkens und Lebens gerade diesem Lande
uad seiner Kirche haben zu Gute kommen laBaen, und eine
ganze Anzahl von Männero ist zu verzeichnen gewesen, welche
in der Hauptstadt Weimar seibat gewirkt und gelebt haben.
Sie Alle sollen uayergeBsea sein mit dem wahrhaft Erbau-
liehen, Echten uad Bleibendeu, was sie uns in ihren Liedern
gegeben; was sie gesungen, soll unserer Kirche allezeit wert
und teuer sein. Mag vielleicht in künftiger Zeit der Lieder-
born nicht 80 gar reiohlich fliefsen wie ehedem, mag viel-
leicht durch die Dichtung nur spärhch das Geeanghuchelied
getördert werden : ein reicher Schatz aus der Vergangenheit
ist vorhanden, und diesen voll eu würdigen und mögliehst
reichlich zu verwerten, mufs ror Allem Aufgabe sein und
■bleiben. Wohl möglich aber, dafs an dem altheiligen Feuer,
das aus frommen Seeleu in der Vergangenheit emporgeüammt,
sich auch immer neue Funken entaünden zu frommer Dich-
tung: wohl_möglich, dafs, vom Geiste alter Liederdichtuug er-
griffen und geweihet, auch in gegenwartigen und nüchst-
künftigen Zeiten manch neuer Dichter in unserem Lande dem
christlichen Volke neue Lieder zu singen sich gedrungen
fühlt! Dann wird immer wieder noch im Besonderen zom
:8egen der Kirche erfüllt werden, was ein Paul Gerhardt einst
-SO schön in einem seiner innigst empfundenen Lieder zum
Ausdruck gebracht — und damit wollen wir BchlJefaen — :
„Laseet uns singen, dem Schöpfer brlugeu
wir nur haben ;
L Opfer geweiht,
nusre Gemüter;
von Herzen gekommen,
n meisten sich freut,"
Güter und Gaben, wa
Oott sei das Alles zu
Die besten Güter sini
Lieder der Frommen,
Sie sind'«, daran er t
VI.
Eine alte Grabstätte bei
Nauendorf i. Thür.
Von
Dr. Gt. Compter,
Apolda.
Hierzu 4 Tafeln.
XVI. 26
Xjie folgende Mitteilung betrifft die AnfdeokuDg einer
alten EolturBlätte Thüringens, die in ihrer Eigenartigkeit
neben dem IntereHse des Altec tmnBforaohers such dasjenige
dee Laien in hohem Grade in Anspruch zu nehmen geeignet
iBt. Hat man doch bis jetzt in Thüringen nur erst wenige
ähnliche YorkommiaBe erBchlogaen.
In der Nähe des Örtchens Nauendorf, etwa 3 km nord'
noidöBtliob von Apolda, da wo die lim aus engeinBcbliefa enden
hohen Ufern in weitem, nach S. offenem Bogen in „die Aue"
heraustritt und zur Rechten von einer einige hundert Meter
langen, halbkreisförmigen sanften Böschung begleitet wird,
hat die Ziegelei Nanendorf seit langen Jahren eine Lehm-
grube in Betrieb, die sieh früher von W. nach 0. in den
Abhang hineinaohob, die letzten Jahre in der Richtung von
N. nach S. in rsBchem Fortschritt erweitert worden ist und
eine Wand von 3 m Höhe bei nahezu 200 Schritt Länge
blofegelegt hat. Ea ist nach der geologiaohen Spezialkarte
von Thüriiigen älterer Lehm unter einer Decke von etwa
75 cm Ackerboden; er fährt fosaile Einschlüsse von Wieder-
käuern und zahlreiche Ealkknoten (Lörskindel). In dieaet
Lehmwand ist im Sommer 1891 eine atafenförmige , mit
schwarzer Erde gefüllte Einsenkung angeachiirft worden, die
mit Resten einer alten Kultur reichlich durchsetzt war. Als
ich im Herbat davon benachrichtigt wurde, war leider ein
Teil des Inhalts schon abgetragen ; ich fand ein Profil von
der Zeichnnng und den Mafaea der Fig. 1 vor. Die Best«
reichten vereinzelt bis in die Ackerkrome hinauf, waren aber
am häufigsten auf der mittleren Stufe.
SM ■>•
leh häU noit, t«la mit HilfiB äam i
tfiMaor dar 2iagdM banitwilligit bot VatfUgniig gortalltBii
AiMten, t«Us sDräi, ämt MhwuM EidtMoh ToUatiiidig um-
gagr^Mn «nd Toinditig danhceiubaitat, Ini ich nadi baidflo
Baitan nnd sMh totd «of Lahm gwtolMii l»n ; du hat a«f
dar obartten Btnfa aina LKnga und Biaite von n&gaflUir 8 h
vnd ünan naheni qtudrktiNhaii GnmdnTa argaben. Wtm
üeh darin Torhmd, haba iah bewahrt, aoeh räien Tafl doaaea
Mflk siHanwDiebBaah^ ma tw sunar AnkwA ba^ in
$0Am HXadri UM^agugM mr. Wia riai TwluHuaaa irf»
liCrt bA bmU batatdlm ; rällrndd gt^U idi iMit- aahr
Ml, «aon idi aaga : iin »ritteiL Uo grUiteB os« MUüutan
VcMoaeharb«! mnn von dan dast baMUftigta« Axbntam
m Wurf- nnd SehlandarfpialaB Tanraodat woriMu
Anf dar nreiton Stofe a^ nah aina lO^-^lft am fatdia
SaUaht qnardovA. dia mm pfibtaa I^ wn Awhw hwrtwj
lud jaicbliab mit KohlapbrSekahaa durohaatat -war. Anf
$«aa Kfdila konaw iah ipitar lorttak.
Ww TOB dan Binaahlüaaan diaaar ■ahWKia» Erd* tnr
btagtn varden konnte, ist folgendea :
L Werkzeuge und Waffen aua Stein und
Enoehen.
Das ICaterial der StwngerSte iat zunächl f eneratein.
Die grolate Zahl Ton Pttudftiioken dieier Art aind Splitter toh
unbestimmter Form, die beim Znreohtaoblagen der Wa£fen
and Werksenge abfielen. Duaob folgen die Steinkema
(naclei), die beim Abspalten übrig gebliebenen nnd unhand-
lich gewordenen Beate. Weniger aahlieiob sind die Sehaber
oder Messer: drei- bis fnnf- und mehrkantig, von 2 bis 5,5 om
lang und 0,7 bis 2, anoh 2,6 om breit. Sie aind znm Tail
sehr regelmäfaig begrenEt nnd einige Ten elegantem Schwange ;
meist bildet eine breitere Fläohe die Innen-, d. h. hoble Seite,
and drei aohinale Ftäohen die Anfsenieite, so dafa der Qner-
aehnitt ein symmetrisches Trapea darstellt, i, Bänke, Der
Mansch, II. Bd., bildet aolchs Werkienge S. SS?, 419, 432
Eine >lte ßrabitCile bei KMandorr 1 ThHc. 395 1
' fig. 1, 492 Fig. 9 Q. a. ab. Auch BmohRlücke soloher '
Ueeeer liegen Tor,
Als FeucrsteiDwaff en lasaeo sich nur Tier Stücke an-
sprechen; eine dreieckige Pfeilepitze ron 2 om LSnge, die
veniger für den Krieg, aU für die Jagd beBtimmt geweaea
za sein scheint, eine Lanzecepitze oder Axt (Fig. 2), 7,5 cm
lang und 5,5 cm breit, die sich deu Abbildangea bei Ranke
B. a. 0. S. 394 Fig. i und S. 395 Fig. 1. auch S. 422 Fig. 1
(Ton 8t. Aoheul) vergleichen läfst, und zwei kagelig zage-
Bohlagene Wurf- oder Schleuderateine von 4 cm und 9 bis
10 cm Uurchmesaer.
Es wird behauptet (Der TCrgeBchichtliohe Hensoh, be*
gönnen »on W. Baet, herausgegeben Ton Fr. t. Hellwald,
8. 34 0), dafa diejenigen Feuerst ei natücke , welche ziemlich
tief in der Erde gelegen haben, noch jetzt total unverändert
seien, duukelgrau, bläulich, brituntich gefärbt, während die
Stücke, die an der Oberfläche gelegen haben, gänzlich weifs
gebleicht aeien. Wenn daa richtig ist, dann muTa das Eoh-
material für die vorliegenden Feuerstein Werkzeuge, die sich
in allen Farben vorfinden, sowohl aus der Tiefe, wie von
der Oberfläche der Erde entnommen sein. Hier in der Ge-
gend ist es nur änfaerst spärlich verbreitet; man holte es
also fern her und nahm es, wie und wo aioh's bot, zumeist
jedenfalls aus der norddeutschen Ebene. Daher ist die Ge-
samtzahl der Splitter und Kerne Vergleichs weis nicht gerade
grofs; ea sind 100 Stück.
Aus anderem Gestein hergestellt fanden sich: vier
Stück Keile oder Meifsel aus schwarzem, hartem Gestein,
Diorit oder Kieselschief'er, — es scheinen IlmgerÖlle dazu
verwendet zu sein — zwischen 5 und 8 cm lang und 2,6
bis 4 cm breit und mangelhaft geschliffen ; ferner eine ganze
Axt mit Schaftloch, aus graugrünem Porphyr oder Serpentin,
TOn mittleren Abmessungen (Fig. 3), ein ähnliches un-
vollendetes Stiiok, an welchem das Schaftlooh erst begonnen
ist, mit noch stehendem Bohrzapfen ; beide sind, sowohl was
den Schliff als das Ebenroafs der Gestalt anlangt, wenig voll-
I
396 ^üie alte Grabstitte bei Naaendorf i. Thür.
kommen ; schliefslich einige zerbrochene Äxte aus sohieferigem
Gestein, teils längsgespalten, teils quer durchs Sohaftloch
durchgebrochen, nebst unbedeutenden Bruchstücken, die mui-
mafslich Hämmern oder Beilen entstammen.
Bänke unterscheidet zwischen Beilen, das sind die keil-
oder meifselförmigen Gestalten, die in das gespaltene Ende
eines hakenförmigen Schaftes eingesetzt wurden, und Äxten,
die mit einem Schaftloch durchbohrt sind. Jene hält er für
Waffen, während diese, wegen ihrer Schwere zu Waffen un-
geeignet, als Werkzeuge gedient haben sollen (a. a. O. S. 521).
Unsere Axt ist nicht so schwer, dafs sie nicht als Waffe be-
nutzt worden sein könnte ; wir brauchen die Unterscheidung
nicht anzunehmen, können vielmehr alle oben angeführten
Punde als Waffen gelten lassen.
Die Knochen- Waffen und -Werkzeuge sind teils
aus Böhrenknochen von Wiederkäuern, teils aus Hirschge-
weih yerfertigt. Zu ersteren gehören einige Pfriemen,
darunter eine Ton 19 cm Länge, die am Griff noch den Ge-
lenkkopf des Sohenkelknochens trägt, während bei den anderen
der Heftteil abgebrochen ist, und zwei Pfeilspitzen, deren
gröfsere, aus einem Splitter eines dicken Röhrenknochens her-
gestellt, 4 cm lang, 1,5 cm dick und stumpf-dreikantig ist. Zu
letzteren gehören folgende Funde: 1. ein Stück einer Haupt-
stange, am einen Ende zugeschliffen, am anderen mit einer
rundum laufenden Furche (Fig. 4), das vielleicht zum Klopfen
oder Glattreiben gedient hat; 2. ein abgespaltenes flaches
Kindenstück einer solchen Stange, am einen Ende zugeschärft
zum Schneiden oder Furchenziehen (Fig. 5) ; 3. ein ähnliches
Stück, an beiden schmalen Enden etwas abgeschliffen und in
der Mitte durchbohrt (Fig. 6), was allenfalls auf ein Web-
schiffchen gedeutet werden könnte ; 4. ein kurzes dreikantiges
Spaltstüok mit einer stumpfen Schneide (Fig. 7), es ist oben
und an der Seite verbrochen, und auch die Spitze ist be-
schädigt: denkt man sich oben einen Stiel daran, so be-
kommt man ziemlich genau dasjenige, was Eanke (a. a. O.
S. 508 Fig. 1 und S. 509) als Ledermesser aus der fränki-
EUe alte Onbitlitte l
L NBMudoif L Tbfir.
397
' lohen Schweiz abbildet, nur ein. wenig kleiner; 5. endlioh
eine ganze Reihe Geweihenden, an der Spitze kantig oder
Tond zugeeohlifFen zum Schneiden oder Glätten und am
hinteren Ende rundlich abgeflacht, damit der Handballen mit
kräftigem Druck anfgeaetzt werden konnte. Dazn gegellt sich
noch 6. ein Bruchstuok ans der Mitte einer wohlgeglätteten
Elfenbeinnadel, i om lang nnd von 0,5 cm mittlerer Stärke.
Eine grjjfsere Zahl von Enochenstüoken, teils von röhren-
förmigen, teils Ten flachen Knochen stammend, ist offenbar
beim Znreohtaohlagen za stechenden oder schneidenden und
BOhabenden Werkzeugen mifegliiekt und darum unTollendet
beiseite geworfen; es sind nicht Stücke, die man nnr ge-
spalten hat, am zum Mark zu gelangen ; sie zeigen -rielmehr
mehrfache Schlagnarben und deuten in ihrer Gestalt auf
Pfriemen oder Messer.
»
II. Steine und Estri
Die
besitzen allermeist eine auffällige, absonder*
liehe Form; es sind FlaTsgeröUe der Ihn, granitisch und por-
ph^riach, zam Teil auch toh benachbartem, anstehendem Ge-
stein ; öfter anzutreffen war die Gestalt eines Doppelkeils mit
gegeneinander um 90° verwendeten Schneiden. Die Stücke
Ton hartem Gestein sind zum Teil pyramidal zugeschlagen
und haben oft glattgeriebene Stellen oder ganze Flächen, die
anf Benntzung zu irgend einem Zwecke deuten, während die-
jenigen von Beltsamer Gestalt ohne Äbnntzungazetohen wohl
nnr aus allgemeinem NaturiDterease bewahrt worden sind.
Eine dünne, viereckige, etwa d qcm grofse Kalkstein platte
dürfte noch besondere Erwähnung verdienen, weil sie an
einer Seite mehrere Schlagnarben trägt, mit denen man eine
scharfe Kante herznatallen beabsichtigt hat; desgleichen eine
aus einem GeroUetSok beransgeapaltene Platte'mit einer glatt-
geschliffenen Schmalseite. Hier nenne ich 'auch noch einige
durch Feuer gerötete and gehärtete Lehmbrooken und einige
nnregelmäTsig-polyedrische Stücke Ocker and Bolus (Rotatein)
in der Oröfae von Wallnüssen, deran Flächen durch Abreiben
I
396 '^■°' ^^ OtftbiUtt« bä VtueDÜorf i. ThSr.
beiiD Gebrauch entstaaden sind ; eioi der BoluHtäc^ ist nem-
lieh central dnrohbohct, so daf* m eiuei grofieD vi^ißäalägea
Perle verglicben werden kann; es scheint al« Sobmuckstück
gedieot zu h&beii ; fäi eioeD Spinnwirtel ist ea zu eckig.
Die Estrichreate rind m den verschiedeDsteii F&rfoeii,
weiXi, gelb, rot, grau, bmon, aelbst fut schwarz, und ans
dem verichiedeiisteD Material hergestellt TorhandeD. Di*
grofMie Zahl derBelben wird au* Schalen bmchBtöckeu der
f Inlsmoachel gebildet, die alao «parkak ähnlich erat gcbraniit
aein moTgten. Ganze Schalen and Bruohitöcke solcher
Unacheln haben moH aaeh in ziemlicher Anzahl im schwarzen
Erdreich gefunden. Da« aoXserdem verwendete thonige ood
kalkige, zum Teil aach eaodige Material zeigt die rer-
achiedeosten Abstufungen des Koros; ein Stack ist aas
Brocken toq mehreren Enbikcentimetern zusammen gesetzL
Kehreie Stiioke lassen auch die Einwirkung des Feuere er-
kennen. Eine Platte tou der ungelahren Gröfse einea
Quadratdeoimeters besteht aus ao reinem Rotatein, dafs
mau vermuten könnte, sie habe als Farbematerial gedient,
wenn ihre Oberfläche nicht in einer Weise abgerieben wäre,
die aioh uor ali daa Beanitat menaohlieher Schritte erklärea
Utfit, und wenn ihre autere Seite nioht derart uneben and
mit Erde behi^tet wäre, dab ihre einstige Lagerung auf dem
Boden sofort einlenohteta.
Bänke (a. a. O. 8. 514) rermutet von einem gröfaeren
Stfiek Bdtel »as der fränkiscbeD Behweis, dafa ea u. a. 2ar
Eftutmalerei gedient haben möge.
in. Urnen- und Oef äfesoherben.
Ihre Menge ist überraschend. Aber trotz der grölBten
Vorsicht beim Ausgraben — ich habe in der reichhaltigstea
zweiten Stufe das Erdreich tagelang in nur centimeterdicken
Schichten mit dem Spaten abgeschabt — ist mir's nicht ge-
langen, auch nur eine Urne Tollständig lu erhalten. Mög-
lich, dala die unterste Stufe ganie Gefafee enthalten hat;
Auskunft darüber war nioht tu erlangen. Die grölsten Bruch-
Eine alte OtabMItto bti HBBtDdorf i. Tbür.
' atficke Btammen wenigstens ans der gröfstea Tiefe, Daher iet
auch die Präge nicht lu beantwarten, ob die übrigen Fund-
Btüokeund Beigaben in den Urnen oder daneben gelegen haben.
Neben einem Haufen kleiner Scherben, die eich unter
keinen Umetänden zusammen setzen lassen, habe ich aber doch
nach den Krü m m un bbt erhält ni säen, dem Profil, der Berandung,
dem Uaterial, der GIbbuf und vor allem nach den V er-
Eierungen eine ganze Anaahl — gegen 70 — als ver-
schieden feststellen und zum Teil ergänzen können. Die Fi-
guren 8 bis 35 geben die vorzüglicbsten GeBtaitcu und auf-
ffiUigsten Muster, ohne das Material irgend zu erschöpfen; e>
sind aufserdem zahlreiche Bruchstücke vorhandeo, deren Ver-
zieruugen diejenigen der abgebildeten Stücke noch weEeutlich
variieren. Die Zahl der Grundformen, aus denen sich die
sämtlichen Ornamente zueammenBetzen, ist auf vier beBohränkt:
1) vertiefte Striche oder langgezogene Punkte, die ührigena
nicht durch ziehende, sondern durch schiebende oder schau-
felnde Bewegung einer Pfrieme oder eines Griffels erzeugt
sind; 3) drei- oder viereckige Tertiefungen, die mittelst eines
Werkzeugs mit zwei um 1 bis 2 mm von einander entfernten
Zinken, zum Teil durch abwechselndes Rechts- und Links-
drehen bei gleichzeitigem Vorwärtsschieben hergestellt wurden ;
3) tiefe, gerade Furchen, deren Grund wieder vertieft punk-
tiert ist, und 4) sehmale Linien vou geringer Tiefe. Die
beiden ersten Typen ordnen sich zu senkrechten, wagrechtea
und schiefen Reihen (Fig. 17, 18, 19, 30, 31 und Fig. 14, 16,
16, 21, 23—28). Der dritte Typus bildet parallele Bänder,
die im Zickzack auf und ab steigen (Fig. 32, 29) und die
Linien des vierten setzen Muster zusammen, welche PÜanzen-
blättern mit parallelen Nehenrippen ähneln {Fig. 20). Diese
letztere Zierart let die seltenste, die beiden eraten sind die
häuügEten; die erste hat sich offenbar aus dem Schnur-
omament entwickelt. Die einfachsten aller Verzierungen, die
Fingerein drücke, haben sich hier oicbt gefunden. Zwei Stücke,
nahe vom Rande, sind auf der inneren Seite verziert (Fig. 34,
35). (Vergl. Anzeiger des german. Museums in Nürnb., Sept.
n
E!m alt« OnhitXIte bei Hftaudort f. TfaEr.
a. Okt. IB9S, Fundohronik, S. 86: aus der BesenhorsUr Feld-
mark bei Bergedorf Töpfe mit TieforoameuteD, die über den
Band nach der Innenseite reichen).
Za den Verzierungen sind dann auch die Henkel,
Nasen, B^uckel und Bandkerben eu reohnen. Tod
ereteren ist nur ein einziges Stück vorhanden (Fig. 36), das
auf eine Üffnnng Inr Finger oder Hand deutet; alle andereu
aind ao eng, iata eie höchstens aufs Durchziehen einer Schnur
berechnet sein konnten, also mehr zierende Zuthat bedeuteten,
als wirkliche Handhaben; sie stehen teile senkrecht, teils
vagereoht und nur in der Zone der gröfaten Ausbauchung. Die
Nasen linden sich ebenfalls Ton beiden Uiohtungen und sind
in sehr verachiedener Höhe ans OefäTa angesetzt, von dicht
unterm Bande an bis nahe zum Boden hinunter. Buckel habe
ich nur in zwei Fällen beobachtet; sie sind rund nnd Öacli;
einmal (Fig. 33) scheinen sie eine znaammenhängende Kette
rund um den Bauch des Oefdrses herum inmitten von Strich-
ornamenten gebildet zu haben; im anderen Falle eafaea sie
unter dem Bande paarweis zusammen, und aoloher Paare
dürften es auf dem ganzen Umfange vier gewesen sein
(Fig. 33), wie auch der Nasen meist vier waren.
Der Kand findet sich ebenso häufig gekerbt als glatt.
Die Kerbschuitte sind alle von links innen nach rechts aufsea
g«riotit«t, d. h. die OefHfse sind alle mit der rechten Hand
gearbeitet; aber nach der fiele und gegeueeitigen Entfemoog
der Schnitte, nach dam Winkel, um welchen sie Tom Bodias
der kreisförmigen Mündung abweichen, nach dem Profil oder
der Ausladung des Bandes und der Abdachung der Baud-
ebene oder der Biohtuug, die die Schnitte gegeu die Achse
des OefSfses eionehmen, herrscht noch eine grofse Uaanig-
faltigkeit. Ein Stück ron äufserst sorgfältiger Arbeit trägt
sehr regelmäfsige Kerben au der äufseren Abdachung und
gleichzeitig, mit jenen abwechselnd, noch kleinere an der
inneren.
Der Stoff zu diesen Erzeugnissen der Töpferei ist
meist grauer, bisweilen schwarzer, noch seltener schwarz-
Eine kl» QtabsUtti boi KkoendoTf i. Tbiir.
401
brauner Thon : Letten sna der Tandnm Tertret«neu Letten-
kohlengruppe, gewöhnlich mit spärlichen Olimmerbiättchen,
aeiteu weifB gespriokelt — von Kalk, jedenfalls zerstofaene
UuBcheUchaleo, noch seltener von groben QuarzköioerD durch-
eetzt, die duroh Elarklopfen der granitischen riurageröUe ge-
Die Formung ist offenbar überall aus freier Hand
«rfolgt, wie die Verschiedenheit der Wandstärke eines und
deeselbsD Gefäfaes und die Abwesenheit von Zonen riefen
beweiet.
Die Oberfläche entbehrt entweder jeglichen Über-
zugs , iat vielmehr dem Bruche gleich , braun und rauh
(Fig. 18 — 21), oder die äuTaere Fläche zeigt eine gewisse
Olättung, was häufiger bei den schwarzen und grauen Urnen
wahrzunehmen ist (Fig. 14, 15, 16, 32), oder beide Flächen,
die äufsere wie die innere, sind mit einer Farbeohicht über-
zogen und dieser Überzug kann aufsen und innen verschieden-
farbig sein, rot, gelb, grau, oder es liegt endlich auf der
Aufsenseite eine glänzende, schwarze, ablösbare, ziemlich dicke
Olaaurschicht (Fig. 17).
An einzelnen Scherben der braunen uod grauen ungla~
eierten Art finden sich noch Beste eioer weifsen Füllung der
Furchen und Vertiefungen; die weifse Uasae ist aber nicht
Thou, BD D dem Kalk, also wahrHcheinlich wieder gebrannte
Musobelachalen. (Vergl. Hanke, 8. Ö26 Fig. 2 und 8. 527.)
Gebrannt sind die TJrnen bis auf ganz wenige. Bin.
einziger Scherben zerweichte beim Abwaschen zu Schlamm,
einige andere zu groben Brocken ; alle übrigen widerstanden
dem Wasser; eine Urne (Fig. 11) ist eo stark gebrannt, dafa
sie fast klingt.
Die Böden waren bei der Mehrzahl Üaoh oder rund-
]ich { nicht wenige fanden sich aber auch berandet, so dob
das Oefäfs auf einem Ring etaud und der Boden hohl lag,
und diese Bäuder sind zum Teil noch mit Zierstriohen ver-
sehen (Fig. 37). Bei der grofsen Dicke derselben hat die
nbUKtte htl HMundorf i. Thflr.
Hitze nicht durchwirken können, eie zerfallen im Waäeer am
leichte iten.
Qestalt und Gröfse, deren Mannigfaltigkeit aus deo
Zeichnungen und beigesetzten Matsen zu entnehmen ist, hängen
im allgemeinen in der "Weise voneinander ab, dafs die grofsec
Urnen einfachere Formen aufweisen mil nur wenig Schwung
im Protil, die kleinen von anmutigerer Form sind. Auch
die Terzicrungen sind an den grofsen mit wenigen Auenahmen
einfach oder fehlend; eie veisteigen sich höchetens bis zu
Naeen, Henkeln und Randkerben, während die reichen Zier-
mueter aioh un den mittleren und kleinen üoden. Die kera-
miBobu Technik steht hiernach auf mafeig hoher Stufe, der
Formensinn bewegt sich auch innerhalb bescheidener Grenzen,
die Fähigkeit aber, aus einfaehaten Elementen Zeichnungen
KuaammenzuHetzen , und diu Mannigfattigkeit an Material,
Farbe und Oberfläche verdient Beachtung.
Zwei Bruchstücke, lür die mir eine unzweifelhafte Deu-
tung fehlt, mögen schliefalich hier noch erwähnt aein : es
sind reichliche Dritteile von Thonecheiben, deren eine 9, die
andere 8 cm Durohmeaaer gehabt hat, bei 0,7, bezügl. 0,3 cm
Dioke; In derHitte waren sie durohlocht, ähnlich dea Böden
von Blumentöpfen; vieUeicht waren die Scheiben Schmuck-
stücke. (Vergl. Kanke, S. 474 Fig. 6.)
IV. Tierreste.
Die Stellen häufigeren Auftretens der angeführten Vor-
komm nisse waren auch gekennzeichnet durch Anhäufungen
von Knuchenreeten verschiedener Tiere, deren Fleisch offen-
bar verspeist worden. Von diesen Eesten lohnte es eich aber
nur Hörner und Zähne in Betracht zu ziehen; die übrigen
Knochenteile befanden sich im allgemeinen in sehr zerstörtem
Zustande. Die Wahrnehmungen, die au diesen Besten zu
machen waren, sind folgende :
Vom Menschen ist keine Spur zu finden gewesen, auch
nicht ein einziger Zahn.
Eins alte QrthstSUe bei Haueiidarr 1. ThUr.
403 '
»
Einige klutneTe Knochen und KoocbeDbruchstückG tieri-
echer Skelette sind dem Feuer ausgegetzt gewesen.
Die Tiere, deren Beste mehr oder weniger häufig zu
fioden waren, sind: von Säugetieren Schwein, Ziege, Haus-
ocba, Wiegent, Hirsch, Beh, die in mehreren, zumteil in 5
bis 6 Individuen Tertretea waren , Pferd , Esel , Hamster,
Dach?, Igel, Maulwurf, die nur je einmal vorkamea; toh
Tögeln nur ein Lauf eines mäfaigeQ Stelzvogels, vielleicht
von der Gvöfse des Kiebitz; von Amphibien der Frosch und
von Weichtieren die schon erwähnte Flufsmuschel , Onio
pictoTum Lam.
Über die Säugetiere bedarf es noch einiger weiterer Aus-
führungen.
Tom Schwein ist das HausBohwein und das Wild-
«ohwein zu unterscheiden. Die Anweseuheit des letzteren
ergiebt sich an den Schiidelresten auB den grofseo Alveolen
für die Eckzähne und dej) Verbreiterungen der Kiefern in
der Gegend der Eckzähoe, sowie aus den bis fast auf die
Wurzel abgekauten Backenzähnen, die auf ein hohes Alter
deuten, was man dem Hausachwein bekanntlich nicht zu er-
reichen vergönnt Wie die Knochen alle, so sind auch die
Schädel samt den Unterkiefern behufs der Markgewinoung in
kleine Stücke zerschlagen; die Zahl der vorhandenen Indivi-
duen läfst sich daher nur durch Yergleiohung und Zusammen-
stellung gleichartiger Stücke ermitteln. So hat sich das Wild-
schwein einmal, das Hausachwein sechamal ergeben. Das
Torfgohwein fehlt Eo liegt aber noch eine Unterkieferhäifte
vor, die bei sehr geringer ÖrÖfse aiifaerord entlieh hurte Textur
besitzt. Das widerstreitet der Anaahme, sie gehöre einem
jungen Hausachwein an , obwohl ihre Mafs Verhältnisse auf
letzteres deuten. Ich habe sie mit zwei Cuterkieferu des
HauBschweins verglichen, davon der eine einem Individuum
von etwa 15 Monaten entstammt, da sein letzter Backenzahn
noch nicht durchgebrochen ist, was noch Blitimeyer (Unter-
suchung der Tierreate aua den Pfahlbauten der Schweiz,
Zixieb 1860) im 16. Monat gesohieht, die vorderen Backen-
\
alte GrabsUtte bai NaneDdorf i. Thflr.
FlämolareD, eind teile schon gewecheelt, teils im
Wechsel begriffen; an dem anderen, beträchtlich kleineren
Kiefer iet der vorletzte Backenzahn im Begriff durch zu brechen ;
das Alter des Tieres dürfte also etwa 12 — 13 Uonate be-
tragen; die Prämolareo sind nur unwesentUch abgekaut. Der
fragliche halbe Unterkiefer steht inbetreff der Zahnentwick-
lang mitteninoe zwischen diesen beiden, an Oröfee (Länge
der Symphyse, gegenseitige Entfernung der Eieferhälftem
Höhe derselben) erreicht er aber nur etwa Dreiviertel des
jüngeren. Das Vorkominnis hat also etwas AnfTälliges; bei
der Dürftigkeit dieees Restes -wäre aber die Behauptung, es
handle eich hier uiu eine besondere Art, zu gewagt; es kann
das klein<: Individuum wohl aU ein im Wachstum zurückge-
bliebenes UauBschwein erklärt worden.
Die Ziege ist an den Knochenzapfeu der Hörner nach-
zuweisen, die iu vier Gröfeen voTkommen, darunter ein aofaer-
ordentlich grofseB Exemplar, das vielleicht auf den Steinbock
gedeutet werden kann; die Zapfen sind bis auf 10 oder IS cm
weggebrochen und messon am seitlich zasam mengedrückten
Grunde 4 und 6 cm.
Das Schaf scheint zu fehlen; seine wesentlichsten Unter-
scheidungsmerkmale von der Ziege sind die Knochenzapfeo
der Uörner und die Hagelphalangen; von beiden hat sich
aber nicht eine Spur gefunden.
Die bestimmbaren Reste des Hausoohs, Bos taurus L.,
bestehen in einem runden Homzapfen von 25 cm Länge,
der Krümmung nach gemessen, und einer grofsen Zahl von
Zähnen, teils noch in den Kieferbruch stücken sitzend, teils
einzeln gelegen ; diese ietztern deuten auf mehrere Individuen.
Yon beaonderem Interesse ist das Vorkommen des
Diluvialeti ers, Bos primigenius C. Es sind die Basis
(9 und 7 cm Durchmesser), die Spitze und einige Bruch-
stücke aus der Mitte vom Knoehenzapfen eines Homs, das
Ellenbogen gelenk des Oberarms, ein Stück Unterkiefer und
Baekenzähue , die ich nach dem im anatomischen Museum za
Jena aufgesteliten, aus den Torfmooren von Weifsensee stam-
Bfna ilta OnbitKtte bei NMcndorf I. Tbür.
405'
menden Skelett beBtimint habe. Dbb Individuiiai ist Dicht
ganz von der Gröfae des Jenaer gewesen; ea war der apon-
giössD BeBchaffenheit des Zapfens nach noch nicht ganz er-
wacheeu. Ein Bruohjtück eines zweiten Zapfens hat allem
AnEchein nach einen noch jüngeren Tiere, jedenfalls abex
derselben Art angehört.
Der Hirsch, Cervue elaphus L., ist, nach den Zahnen
zn urteilen, auch in mehr als einem Exemplare vorhanden.
Die Geweihe sind, bis auf zwei Bruchstücke von Verzwei-
guDgestellea, alle zu Geräten verarbeitet worden; die Enden
Bind alle abgebrochen.
Auch das Beb, Cervua capreolus L., kommt zweimal
vor; das eine war ein etattlicher Bock, dessen Gehörn 26 cm
mifet; das andere ist zu einer Zeit erlegt worden, da ea noch
nicht gefegt hatte. Eine Unterkieferhalfte und ein einzelner
Vorderzahn gehören dem Beh noch an und zu den oben er-
wähnten Pfriemen und Pfriemen versuchen scheinen Behläufe
mehrfacfa verwendet zu sein.
Vom Pferd hat sich nur ein Fufswurzelknochen des
HinterfofseB gefunden, und der gehiirt einem Tiere von der
Gröfse eines grofsen Ponnys an; dos Pferd scheint noch nicht
ale Haustier gezüchtet worden zu sein. Dafs sonst aber
nichts, auch nicht ein Zahn, von ihm zu finden war, ist selbst
unter dieser Annahme jedenfalls aufiallig.
Nicht minder auäalLig dürfte aber das Vorkommen des
Esels sein; er läTst sich indeseen bestimmt nachweisen an
einem rechten oberen Vorderzabn und einem Milch-Sackzahn,
der ihm höchst wahrscheinlich zugehört hat,
t che ist an einem vollständigen Unterkiefer
'eifellos festgestellt.
Ein grofser Eckzahn eines Baubtiers steht der Gröfse
zwischen Wolf und Bär, ohne eine Bestimmung zuzu-
lueen, da er zerbrochen ist.
Vom Hunde findet sich aber keine Spur, namentlich
auch keine NagespureD an den weJobereu Enocheuteilen der
406 ^"^ *lt* OrtbstKIle bei Nluendorf i. Thßr.
Wiederkäuer ; ein einzelner Eckzahn eoheiot naoh Erümmuiig
und Schlankheit derjeDige einer Füchsin zu Bein.
Dar Igel ist wohl mit verspeist worden; ee fand sioh
daB Skelett nicht ganz vor. Daeeelbe mag vom Hamster
gelte». Der Maulwurf lag nicht tief uuter der Erdober-
ääche und das Skelet war vollständig ; er braucht zu den
übrigen Kesten in keiuei Beziehung zu stehen; er ist wohl
Schliefelich Hei nur noch bemerkt, doJs das Vorkommea
von Milchzähnen Toa Bind, Ziege, Schwein auf den Betrieb
der Viehzucht hinweist.
Was Frosch und Flufsmuschel anlangt, so halte
ich dafür, dafs sie heide mit verBpeisl worden sind. Vom
Frosch lag nümlich das ganze Vorderskelett heiaammen, die
Hinterbeine aber fehlten ; ersteres ist weggeworfen worden
tili man letztere verspeiste. Merkwürdig ist dann allerdings,
dafs sioh die Feinschmecker von damals auch schon an die
Hiot«rechenkel gehalten haben. Von den Flufsmuscheln sind
mehrere Schalen am Bande in einer Weiec verkratzt oder
vorschabt, die auf ein gewaltsamCB Öffnen deutet. Die Scha-
len zur Estriohbereitung hat man jedenfalls ale leere aus dem
Um-, möglichenfalls auch Saalsande gesammelt, die zur Nah-
rung dienenden frisch aus der Um gefischt.
Ich komme nunmehr auf die Pflanzenreste, d. h. auf die
in der Aschenachicht eingeschlossenen Eoblenbrocken
zurück. Leider habe ich versäumt, eine gröbere ÄnEahl der-
ortigei Beste, da wo sie in der Schicht häufig waren, f^r
-eine Untersuchung zu sammeln; als ich daran ging, fand sioh
nur noch wenig davon vor, so doTs et gewagt ist, aus dem
spärlichen Material beweiskräftige Schlüsse zu ziehen. Ein
genaues Bild der Zellen hat die splitterige Eohlenmasse unter
dem Mikroskop nicht ergeben ; aber immerhin deutlich genug,
um erkennen zu lassen, dafs dos Holt Nadelholz war.
Im übrigen kann ich nur sagen; Kiefer oder Fichte scheint
Aber nicht voriuliegen, am ehesten könnte es volü Taxus,
Eibeubaum, sein.
)
Eine >lta Qnlwl«!« tid Ntwanderf i. Tfaür.
407
Über die Bedeutung dieser SammelBtätte alter Kultui'
Teste bin ich hud zuDäcbBt lange in Zweifel gewesen. Die
Unmöglichkeit, eine ganze Urne aufzufinden, ja auch nur aa-
Dähernd aue den Bruchetüoken zueammenzuaetzen , machte
mich an dam Qedanken, eine Ürabatätte vor mir zu haben,
ToUständig irre. Dagegen liefs der Hänfen von Scherben,
die oft nur geringfügige HcBte daratelllen, vereinzelt sowohl
nach der Örtlichkeit ihrer Lagerung, als nach dem Uueter
ihrer VerzieruDg, auf eine Art Köchenabfallhaufen Hchliefsen.
Ein solcher tlaufen wäre ein interes&autee Analogen i
dänischen Küchenabfaühaufen, die mit der Fichte gleichzeitig
waren. Unvereinbar mit dieser Deutung wären aber die unver-
sehrten Waffen und Werkzeuge, die 3 m tiefe Grube und noch
1 die dreifach abgestufte Grube; solche Abgange pflegt
i einfach auf oberirdische Häuften zu werfen ; und utiverein-
damit wäre auch die Aechcu sahi ch t; Asche und Eohlen-
brocken miifsten dann mehr oder weniger gleichmäfsig durch
das ganze schvrarze Erdreich verteilt angetroffen werden.
Wollte man aber auch eine Art Düngergrube darin er-
kennen, BO fehlte wieder der Salpeter, der sich auf der dich-
ten Lehmnnterlage unzweifelhaft erhalten haben miifate, und
die Stufeilform blieb auch noch rätselhaft. Die Kiinder gerade
dos tiefsten Teiles der Grube sind am Kchärfsten, während
meisten verwa^cben sein müfsteu, wenn Flüssigkeiten
dngegoBsen wären. Es ist auch nicht denkbar, daTs für alle
luahaltungeu eines noch ho kleinen Ortes nur eine solche
mbe unterhalten sein sollte; von einer zweiten ist aber auf
im weiten abgegrabenen Felde von mehreren Hundert Schrit-
ten im Geviert noch nichts wahrgenommen worden.
Durch die zahlreichen Topfaoherben konnte man auch
auf die Vermutung kommen, die Stätte sei eine Töpferwerk-
statt gewesen. Wenn man die Haufen von Feuersteinspänen
in den Dünen der Uavelgegend, die auch einfaches Topfgc-
Bchirr, Kohlen von Nadelholz, Schleifsteine von Sandstein
enthalten , als Werkstätten zur Bereitung von Steingeräten
(Erklärt hat (Hellwald a. a. 0. S. SIT), so konnte man hier
seni
Ken
4
I
Ina alte 0ub»lfiiu bei Nkuendorf i. ThOr.
auch eine Töpferwerkstatt vermat«ii. Dean wenn anderwärts
(Keller, Pfalilb. d. Sohw.) nachgewiesen ist, dals bröckliger
Orenit und Klumpen Rotsteins zur VeTfertigung der Gefafee
gedient haben, so würden beide Materialien auch blei daranf
hinweisen. Aufeerdem paeeen die punktierten Zierlinien voll-
kommen zu den Pfriemen und die Furchen zu dem Werk-
zeug in Fig. 5. Aber auch diese Erklärung ist hinfällig.
Was sollten dabei die Tierreste, die Feu erste ineplitter, die
Waffen und die terrassierte Grube ?
So bleibt denn kaum eine andere Erklärung übrig al»
diejenige eiuer Orabstätto, sei es, dafs die ßrandreste der
Leichen in den Urnen mit beigesetzt wurden, sei es, dafs
nur der Totenkult hier stattfand. In beiden Fällen lafst sich
För und Wider geltend machen.
Dafs TOD mensch Hohen Beaten sich auch nicht eine
Spur, nicht ein Zahn, feststellen lälst, macht eine Beisetzung
der Aschenurnea zweifelhaft; andererseits sind aber unter
den Scherben eine Anzahl von schmieriger, fettiger Inneit-
ääche gewesen , von ganz anderer Fettigkeit als der des
Tbones selbst. Die massen jedenfalls gedeutet werden sie
Speiseumen (Hellwald S. 515), die eine Wegzehrung ins
Jenseit enthielten und demnach den Urnen mit den Leioheo-
reeten beigegeben waren. Han warf sonst alles Mögliche,
Geräte, Steine, Feuenteinspäne, Estrichbrocken, GefäTescherbeii,
dem Toten nach ins Grab, wie ja festgestellt ist, dale, in
England wenigsteilB bis zum 4. odei 5. Jahrhundert unserer
Zeitrechnung, FlintAr^mente in Gebrauch standen (Hellwald,
S. 515). Das ist in Nauendorf gewifs auch der Fall gewesen.
unter den vielen gesammelten Scherben aber geben diejenigen,
die sich noch am ehesten zu einem ganzen Gefafs zusammen-
setzen lassen, flache napfförmige (Fig. 22) oder hohe eng-
halsige (Fig. 17) Gestalten, deren erstere gerade als jene
Speiseumen, deren letztere als Trinkgefafte erklärt werden,
auch diese bestimmt zur Erqnickung auf der Reise ins Toten-
reich. Diese Beigaben, von denen vorausgesetzt werden kann.
Bin« alts GiabstSUe bei STkuendorr i. TbBr.
409
ganze Oefafse der Erde übergebeu wordeu «iad,
inen Sinn, wenn sie Leichenuraen begleiteten.
Auch der Umstand, dafs vom mensahliiihen Skelett nicht?,
auch nicht ein einziger Zahn, zu entdecken war, ist nicht ho
außallig, wenn man damit vergleicht, dafs auf dem von Host-
mann untersuchten Friedhof von Darzau an der unteren Elbe
(a. Heilwald, S. 694) auf einer Fläche voq 3200 qm in 4000
Urnen im Ganzen nur 12 Stück menschlicher Zähne gefunden
worden sind. Uod noch weiter muXa sieh das Bedenken
herabmindern, wenn man der für andere Lokalitäten aufge-
Btellten Vermutung beitritt, dafs von gefallenen Eriegera dos
Skelett auf dem Schlacbtfelde, die abgelösten Weichteile aber
in heimischer Erde in veraHchtem Zustand bestattet worden
sein möchten. Dann hatte man gleichzeitig eine ziemlich
einfache Antwort auf die Frage, ob die drei Schiebten über
einander bei einem einmaligen Mareen begräbuis gefüllt worden
seien, oder ob im Laufe der Zeit die Bestattungen allmählich
stattgefunden haben. Hegen das einmalige MassenbegTäbniH
äpriuht oSeabar der Umstand, dafe die Beigaben, welche auf
die Beschäftigungen des Friede hg deuten, zahlreicher sind,
als die kriegerischen; es fehlte anfserdem aber auch die Er-
klärung der dreifachen ADstufung des Grabes. Demgegen-
über besteht wohl folgende einfache Überlegung zu Reoht.
Nauendorf ist heute ein Örtchen von etwa 200 Seelen
und war fräher jedenfalls eine noch kleinere Gemeinde. Eg
war auch eine arme Siedelung, wie aus der fast vollständigen
Abwesenheit von Schmuck- und Wertgegen ständen gefolgert
werden mufs. Die hat ihre Toten wohl mit kaum mehr als
je einer oder zwei Omen geehrt. So würde eine Ansammlung
von 70 und mehr Urnen eine grofse Zahl von Begräbniesen
und im Verlauf friedlicher Zeiten eine ganze Reihe von Jahren
voraussetzen. Die Bescheifenheit der Urnen, deren einfachste
aus der untersten Stufe des Grabes stammen und die eich
nach oben hin in der Ornamentik vervollkommnen, weist auch
auf einen aufsteigenden Entwicklungsgang hin, zu dem jeden-
falls eine geraume Zeit crforderhch war. In der untersten
27*
Ein« alt« er«b»tKHs bei Naandarf i. TfaUr.
Stufe dee Orabee fand aicfa aber das durahlochte Beil, in der
zweiten die Keile und die zerbrochenen Beile mit einem Teile
der Werkzeuge friedlicher Besehäftigtiöf; uod in der dritten
Ton Waffen nichts mehr. So dürfte der Schlufs nicht allzo
gewagt erecheioen, dafs unten die irdischeu Reste flinea
Führers oder Häuptlings und darüber die seiner Kampfge-
nossen ihre letzte Buhestäue gefunden haben, während die
dritte Stufe im Laufe der Folgezeit Angehörige dereelben und
StammeBgeuoBsea aufgenommeQ hat. Damit würde zugleich
der Änsohauung von der Heiligkeit einer GrabstUtte und der
Buhe, die man den Toten gönnte, Gerechtigkeit widerfahren;
denn bei den spütern BeisetBungen in der dritten Stufe dar
Torrasse sind die unteren Gräber nicht gestört worden.
Die Äscbenaohioht hat sich erhalten, weil die Heite
mehrerer Brände auf der verhultDismäfrsig kleineu Fläche von
etwa 7 qm zn^arameDgeitanden haben und gleichzeitig ein-
gesetzt worden sind, in der gröfseren Tiefe auch dem lösen-
den atmOBphäcieohen Wassei' mehr entzogen waren, während
auf der oberen Stnfe die Urnen weniger dicht standen, die
Asche sich mehr verteilt« und dem lösenden Wasser sugäng-
lioher war.
Es erübrigt nun noch ein kurzes Wort über die Zeit>
• teUuDg unseres Urnenfeldes.
D&Ts es der neuem Steinzeit angehört, unterliegt keinem
Zweifel; ob es innerhalb derselben aber früher oder später
EU setzen ist, muTs noch etwa« klargestellt werden. Einige
Aneeioben soheinen auf ein hohes Alter zu deuten, andere
Bpreohen für die Zugehörigkeit an eine jüngere Zeit. Zn
jenen zähle ich die Wnrfsteine, als die ursprüngliehste Art
Ton Waffen, die FeuersteiDaxt (Fig. 2), die Abwesenheit jeg-
licher Beste des HansgeäUgels, die mit einer primitiTen Boden-
bewirtsohaftung zusammenhängt, das häufige Torkommen der
Jagdtiere, die an Zahl den Haustieren nahezu gleichkommen,
das Fehlen des Hundes und Schafes, die geringe Oröfse des
wahrsobeinlioh noch nn gezähmten Pferdes und das Fehlen
jeglichen Hetalla; obwohl dieser Umstand nicht zu sehr be-
EtDB Ute OiftbntUte bei Nauendorf i. ThUr.
411
;ideD darf, da es nicht ansgeacblosgea ist, dal's sich
e oder das andere Bronzestüok uoter den verschleppten
GegenständeD befunden hat. Diese Anzeichen sind aber, aufser
den Wurfateinen und der Feuersteinaxt, meist der Paana
entnommen. Jene Waifeu künnen aber ebensogut aus eioei
früheren Periode in eine spätere herübeTgeDomm.en Bein,
wie in der Zeit der Metalle Steingeräte noch lange in Oe-
brauob waren; und die tierischen Funde sind immer zufällig,
anvollständig und mangelhaft, besitzen also nnr geringe Be-
weiskraft. Ihnen gegenUber muTs den Anzeichen, die in
KunBtprodukteu liegen, jedenfalls das gröfsere Gewicht zuer-
kannt werden. Und diese scheinen mir zu sein: die zier-
lichen Urnen mit dünner Wandung (Fig. IT, 18), die glän-
zende, ablösbare Glasurschicht , das Hiuabreicben der Zier-
striche bis zum Boden, die runden Buckel (Fig. 32), der
grofse Henkel, die Bodeuringe, an deren einem, gerade dem
in Fig. 37 abgebildeten, die Ornameote nach Klopfleisch aller-
dings auf hohes Alter deuten, deren andere aber alle unver-
ziert sind, die häufigen Eandkerben und die tief einge-
schnittenen, auf dem Grunde noch besondera grubig ver-
tieften Zierfarcben (Fig. 2d\ überhaupt die Mannigfaltigkeit
der Töpferarbeit nach Uaterial, Oberfläche aud Kombination
der wenigen Elemente der Verzierungen. Sie deuten nach
meiner Heinung auf spätere Zeit. „Daa wesentliche Cha-
rakteristikum für alle Ornamente der neolithischen Periode
ist nach Virchow nicht sowohl die Zeicbuucg des Ornamentes
selbst, sondern die Tiefe, in welche die ürnumente eingeritzt
und eingedruckt worden sind" (Ranke, a. a. 0., S. 627). ÄuTaer
den Furchen sind auch die meisten drei- uad viereckigen
Eindrücke ira Vergleich lur Wanddioke sehr tief (Fig. 20,.ai,
33—29).
Genauer läfst sich daa beurteilen durch eine Vergleiobang
mit anderen Funden aas der Thüringer Gegend. Dazu bieten
sieb die „Vorgeschichtlichen Altertümer der Provinz Sachsen
und angrensender Gebiete u. s. v.", von Elopfleisob, Heft. I
a. II. Halle a. S., 1H83IB4. Was zunächst die Gestalt, den
412 SSaa tiit OrabiUHe bei KaueBdort i. Thfir.
&vStemii ümrifa, der GafäTse anlaogt, die beBotirieben uad
abgebildet siad als auB Thüriageo und der Provias SachBen
mit Aobalt »taiomeDd, uod di« aiob auf zwei Hauptformen,
die Amphorenform und die Beclierform, zurtiokführen läCst, lo
ist keine derselben an den Nauendorfer GeiSfaen rein ver-
tretan. Die Amphorenform (Fig. 36, 8. 42, Fig. 27, S. 43
u. a. m.) iat gekenuzeicbnet durch gleich mafsige uud ziemliob
starke ZuHammeaziehung von der bauchigen Mitte aua nach
oben und nach unten. Von unseren Urnen abneln nur zwei
ganz entfernt, Fig. '20 n. 21; und die Becherform (Fig. 23,
S. 42, Fig. 71, 8. 88), die auf einem kugeligen Bauehe acharf
abgesetzt einen bandgereobten mäfaig langen Hals trägt, mti
nur durch ein einziges Nauendorfcr Gefäfs einigermafsen an-
gedeutät. TToBere Urnen besitzen höchst selten einen engen,
sondern allermeist einen weiten Hals; auch haben sie den
Bauch, d. h. den grofaten Durchmesser, hüohst selten in
mittlerer Höhe, aondern alleimeist unter der Mitte; es
fehlt ihnen also die Symmetrie zwischen oberer und unterer
HSlfte. Damit wird der Boden breiter, der Schwerpunkt
mehr nach unten gerückt und die Standfestigkeit gröfaer.
(Vergl. die Figg. 10, 11, 13, 14, 15.) Es ist die gewöhnliche
Topfform, die sich hier entwickelt hat. Unsere Fig. 17 ist
wohl ein Trinkgeschirr gewesen, aber kein Becher im Sinne
Elopfleisohs. Überhaupt sind die beiden Formen nicht ao
scharf getrennt, nnd die geradwandige Napfform (Fig. 22}
kommt bei Elopfleieoh nicht ror. Inbetreff der Verziernng:eii,
die derselbe in Schnur-, Stich-, SohDitt*, Reifen-, Tupfen-,
eingedrückte Quadrat- und Bandverzierungen untersoheidet,
ist das Verhfiltnii ungefähr dasselbe. Das älteste, das Sohnoi-
on^ameut, und das jüngste, das Tupfen om am ent, hat Naueu-
dorf nicht aufzuweisen; auch das Keifen- und Quadrat-
omament fehlen; die Nauendorfer Ornamente sind steifer,
weniger lebensvoll und weniger abwechselnd, wohl aber i>t
die kleine Zahl von Uotiven reichlich und gründlich ausge-
nutzt. Befriedigende Übereinstimmung zeigen unsere Figg.
17—19, 23 (oben), 30, 31 mit KlopfleisohB Fig. 48, S. 79, u.
rv
Eint ilU Grabitfitte bei Nuandorf i. TliGi.
413
Fig. 50, 8. 79, obwohl uosere Stiohe keine eiugeaenkte Spitze
haben, aontiein eich am Ende wieder beben; sie sind mehr
durch schaufelDde Bewegung STzeugt. Ferner stimmt unsere
Fig. 20 ziemlich gut mit EI.'b Fig. 62, S. S4, sowie unsere
Fig. 25 mit den dortigen Figg. 104 u. 106, 8. 103; endlich
erinnern die auf- und abwärts gerichteten Dreiecke unserer
Figg. 17 u. 30 recht lebhaft an das dänisehe Tboogefgfs bei
Kl. Fig. 3öa, S. 47. Im übHgen sind die Nauendorfer Or-
namente iu den Figg. 14—16, auch 20 (oben) n. 21, sehr un-
ordentlich ausgeführt und wenig charakteristisch; sie müssen
wohl als Stich Verzierungen bezeichnet werden; die Vertiefungen
sind aber weder Stiohe, noch Dreiecke, aondern rundliche oder
viereckige Locher mit unregelmäfsigen Ausstrahlnngen. Von
geringer Sorgfalt zeugen dann auch noch Fig. 28 und zum
Teil 24, während Fig. 33, 26, 27 recht vorsichtig gearbeitet
sind; die obere Hälfte von Fig. 2^ scheint mit einem Bädohen
etDgedtuckt zu sein.
Es sind also die Nauendorfer Formen im ganzen prak-
tischer und die Verzierungen nüchterner als die meisten der
von El. beschriebenen, die wenigsten zeigen Übereinstimmung.
Wenn nun sonst die ErKcugnisae der Töpferei vielfach oder
meistens durch Handel hier eingeführt sind, so dürfte das
für Nauendorf doch nur in beschränktem MaTse der Fall ge-
wesen sein. Die Gefafse in Figg. 9—13 u. 14—16, ferner
28 und wohl auch 24 dürften der heimischen Industrie zu-
geschrieben werden müssen, die durch das rundum reiohliolL
vorhandene Eohmaterial angeregt und gefördert wurde ; sie
sind also vergleichsweise jung; die reicher verzierten und
vollendeteren, mit denen bei El. übereinstimmenden könnten
eingeführt und demnach die älteren sein. Freilich vermag
ich das Bedenken, was hierbei noch bestehen bleibt: deSs die
kanilreicheren Crnen in der tiefsten Schicht des Grabes, die
einfachen iu den oberen hätten liegen müssen, — die Mög-
lichkeit, dafs die unterste Stufe zuletzt angelegt wäre, ist
durch die ungestörte Aschenschicht ausgeschlossen — nicht
andere zu beseitigen als durch die Annahme, dafs auch die
Bbe alU GrabMSKe bti Kanindarf i, Thar.
TQltkraimnerei) TTroen «n Ort ood Stelle gefertigt aitid, nach*
dem sich die Töpferei nicht an wesentlich entwickelt h»tte.
VoD [nteretsB ist aach eine Yergleichung uoEerer Ge-
»chiire nnd Geräte mit denen, liie Lindeascbmit ua» den Reihen-
gräbein am HiokeUteiD bei MoaBbeim beschrieben bat, und die
lieb bei Kaoke auf S. 517 abgebildet fiDdeo. Man erkennt an
den Getatsen ohne weiteres daa bebe Alter, und doch ist aach
die Ähnlichkeit mit den hiesigen eine auffallende. Ea bedarf
an dSDtelbeD eijjeDtlich nur einer Verlängerung des Halse«
und einer eiitschiedeDereo Entwickelung des Profils, d. k.
eines gröraeren Schwunges am oberen Kande, um nniare
Figg. 10 — IT zn erhalten. Auch scheiDen die Ränder nirgend«
gekerbt zu Bein, und die Baden sind alle rundücb oder äaoh,
ebne vorspringenden Ring. Die Verzierongen sind nioht ohne
Schwung und stehen zum Teil deuea an den Vmeu Klop-
äeitotis nfiher als den unseren. Uie Einfachheit der Genite
und der gonzen Ausstattung der Gräber ist u&bezu die gleiche
wie in Naueodotf; nur darch den Schmuck, die Halsketten
TOD perlmuttglänz enden Muscheleobalscb ei beben, zeichnen sie
sich aus; doch holte ich den Mangel au Schmuck für diii
AltersbestimmuDg uicbt für eehr bedeutsam. Ein wesentliche!
DnteTBchied liegt aber iu dem Umstände, dafa am Hinkelsteine
„in keinem Grabe eine Handmühle fehlte: ein gröfseres, etwas
konkaves Sliiok (Sandslein) und ein kleinerer Läufer", nährend
sich hier in Nauendort keine Spur einer solchen gefunden
hat. Man hat sich biur also mutmafslich schon gemeinsamer
Mühlen ei nrichtun gen bedient, da man ohne Mühle als rieh-
Eaofattreibeodes, also anoh aokerbanendes, sefsbaftes Volk nieht
ftuakommen konnte.
Demnach dUrfte wohl mit der Ansicht nioht allzu weit
fehlgegriffen sein: das Naueudorfer Scbicbtengrab gehöre der
Bildungsperiode zu, welohe den Ausgang der neueren Stein-
zeit in Mitteleuropa umfafst; eine längere Reihe von Jahren
hat an der Entstehung mitgewirkt, während deren in der
Keramik ein wesentlicher Fortschritt stnttgefanden hat, dessen
untere Stufe durch grofse Einfachheit, dessen obere durch
rv
Küi« «It« Qrabitlt« bei Huendotf i. Thor.
KaiiDigfdtigkeit and ktinatliclie OcDftmenlieTDDg der GeGÜsa ,
eiclmet wird.
Von diegem Schichten grabe etwa 200 Schritt ostwu
wo der Betrieb der Lehmgrube früher Btaltfand, sind im
Jahre 187*2 acht oder Denn Urcengräber augesohaitten und
ausgehoben worden. Es waren Einzelgräber. Sie gehörten
offenbar einer grofaeren Gräberzahl an, die vielleicht auch
schon zumteil abgetragen worden war, ehe man darauf
aufmerksam wurde und sie erkanote , zumteii wohl auch
noch im IJoden verborgen liegt. Der Betrieb der Grube an
jeoer Seite ist eingestellt worden und Nach grabmi gen vor-
zunehmen, war unthunlioh, da mau nicht wuTste, ob die
Portsetzung ost- oder nordwärts zu suchen »ei, und jeden-
falls eine unverhältniBmäfsig grofso Fläche hätte bearbeitet
werden müssen, wenn der Krfolg nicht vollständig zweifel-
haft bleiben sollte.
Die Qraber waren bis zu 10, ja 12 m voDcinsnder
entfernt und bildeten senkrechte cjlindi'ische Vertiefungen
im dichten Lehm, der von 75 ein Ackererde bedeckt ist.
Die Cylinder hatten nahezu 1 m Durchmesser und ebensoviel
oder etwas mehr Tiefe. Am Boden derselben fand sich, um-
geben von Steinen, die teilweise Feueieinwirkang erkennen
Üefaen, je eine Urne mit Äsche und Knochenreaten, in der
amgebcDden tind übergeworfenen schwarzen Erde nooh
Knochen vom Rind und Pferd, letzteres nicht grofs, doch
grcifser als im Schichten grab. Eine der Urnen enthielt noch
zwei Bronzeringe (Fig. 38), ein anderes Bronzealüolt von
nicht zu erklärender Bedeutung (Fig. 39), einen eisernen
Schlüssel (Fig. 40) und ein Pferdehufeisen. Die Braodreite
sind aufser einer menschlichen Sinterhaupt^ohuppe und zwei
anderen BmchstUoken einer Schädelwand nicht bestimmbar.
Über die Urnen, welche allermeist die Form und Verzierung
der Fig. 41 besitzen, während Fig. 42 nur einmal vorkommt.
Bei nur die Bemerkung gestattet, daPs eine offenbar auf der
I ilu Oralitdtte bei NsneDdorf i, TbQr
ist; vielleicht auch noch oiae Kweite, die in
• mit daem «ngen H&lae hoU auoh bedeokt ge-
^D sein mit einer umgestürsten flaoheo Schüssel (Fig. 43}>
Ton weit gröfBerer ÖfFnuDg als die Uündung der Urne
Eine andere grofde dickwandige fand sich sDheinbu
Lt mit einem UiihlBtein. Derselbe hatte aber wähl als
'blufs der cy lind riaohen Grube gedient und war mit dem
indea Erdreich hinab und auf die Urne gerutscht; sie
B Der Steia ist grobkörniger roter Sandatein,
j, nach dem Rande hin Terjüngt, hat ÖS cm
meesei, m der Mitte ä cm Dicke, ein Äuge Ton 8 cm
imesser und noch deutliche VertiefuDgeo für den Steg,
. Jem er getragen worden ist.
Hier haben wir Grabstätten aas späterer Zeit vor uns,
it Bronze und Eisen allein sprechen dafür — die Bronze
mt aus der La X^ne-Feriode — , sondern auch das Pferd
[aastier und in gröfeerer Rasse, dann namentlich der
alstein, der schon auf ein Räderwerk hinweist, das ron
JUensohenhaud und Menschenkrtkft nicht mehr getrieben werden
konnte, und vor allem die wellenförmigen oder zickzaok-
förmigen Porallellinien, mit denen die Urnen geziert sind.
Dieie Ornamentik wird als slavisch beseiobnet. Diese GrSber
sind also mit dem Vordringen der Slaven nach Thüringen
herein in Zusammenhang zn bringen und ins 7. oder 8. Jahr-
hundert zu Terlegen. Wenn wir — worauf der Mühlstein
deutet — eine dauernde Niederlassung annehmen, dann darf
die Anlage der Orabstatten wohl auch bis gegen das Ende
des erst«n Jahrtausends unserer Zeitrechnung Torgeschoben
VII.
Der Name des Rennsteigs.
Von
Dr. L. Hertel,
Gymnasiallehrer in Greiz.
Die Sprache ist nach W. Arnolds treffender Bemerkung
nicht mehr blofs Hilfsmittel, sondern auch Quelle der Oe-
schjchte. Ja, sie ist die älteste, die es überhaupt giebt: sie
ist so alt wie das Volk, das sie redet. Insonderheit hat die
sprachliche Durchforschung der deutschen Ortsnamen eine
Fülle von Licht und Leben in unser geschichtliches Wissen
gerade von jenen Zeitabschnitten gebracht, für die uns sonstige
Denkmäler abgehen, also namentlich Aufklärung über die An-
fänge der Kultur, den Beginn fester Ansiedelungen während
und nach den Tagen der Völkerwanderung.
Die glänzenden Ergebnisse Arnolds ^) ermutigen zu dem
Versuche, mit der Leuchte germanistischer Sprachwissenschaft
auch in die Nacht thüringischer Vorzeit einzudringen, die
eingestanden ermafsen für das ganze erste Jahrtausend unserer
Zeitrechnung nur dürftig erhellt ist.
So oft die Forschung sich der Ausdehnung des Eeiches
der Thüringer und ihrer Stammeswohnsitze zugewandt hat,
stellt sich regelmäfsig und unumgänglich in den Vordergrund
die Frage nach der geschichtlichen Bedeutung jener uralten,
rätselhaften Bergstrafse, die über den Scheitel des Thüringer
Waldes hinführt , des Eennsteigs^). Geheimnisvoll am
lichten Tage ist er noch heute, trotz des Scharfsinnes, den
1) W. Arnold, AnsiedeluDgen und WaDderungen deutscher Stämme,
zumeist nach hessischen Ortsnamen, 2. Aufl. Marburg 1881.
8) Den Renn weg, einen Bergast, der auf dem Grofsen Weifsen-
berg südwärts über Kretzers Rasen oberhalb des Thüringer Thaies nach
dem Rennwegskopf hinstreicht, halte ich für eine Abzweigung, die mit
•dem eigentlichen Rennsteig in planvoller, dauernder Verbindung stand.
Dk Nama du Bennateigs.
H Männer wie A. Ziegler'). G- Brückner «) , F. Begei »),
A. Werneburg *) und neuerdings A, Trinina *) und A. Roft-
DBT *) siir Lüftung des Schleiers aufgewendet haben.
Wenn nach solchen Vorgäagein der Verf. ee wagt, die
Streitfrage einer erneuten Betraohtung zu unterziehen , so
leitet ihn dabei die Erwägung, dafe bisher die sprachliche
Seite der Sache nicht mit gebührender Sorgfalt berücksichtigt
ist. Es ist iu der That erstaunlich, mit welcher ^Leichtigkeit
Uelehrte, die sich auf philologischem Gebiete anderweit Ach-
tung erworben haben. Über die schwerwiegendsten Bedenken,
die sich der landläufigen Deutung des Namens entgegen steUeo,
hinwegBchliipfea, weniger erstaunlich, wie leicht sie gläubig«
Nachbeter gefunden haben.
Die aUgemeiue Annahme, die über alle Anfechtung er-
haben scheint, geht bekanntlich dahin, dafa in dem fiennsteig
ein „Grenz weg" zu sehen sei').
Der Verf. erbittet sieh also yon vornherein Absola-
tion för die Ketzerei, in dem Bennsteig thatsSchUch einen
1) A. Ziegler, Der Rannsleig des Thüringer Waldes. Eine BerR.
waaderUDg mit einer historisch -iDpagraphiscbcn Äbbuidliiiig Über das AlUi
und die BasdmiDiuig das Weges, Dresden 18SS.
a) 6, Bifickner, Der Rannstieg in sdnar blstorischen Bedeotmig,
Ueiuingeu 186T.
8) Ft. Begel, Zur Beuiistiegtrage. Vortrag im Ver«iii für Thür. Qa-
schichte, Weimar 1B8S.
4) A. Wemabarg, Die NuneD der OrlschaflaD ThUringens, Erfurt 1SS4.
6) A. Trinios, Der Bennstieg. Eine Wanderoag Ton dar Weira U«
ior Saale, Berlin 1B90; Tgl. bes. die EiDleibiDg S. 1 — tfi, iiuiieiBt naeb
6. BrBckner.
6) A. Roßnsr, Der Rennateig des Thür. Waldes jetit uod frOher,
Naombarg IBSS.
7) PerstemuiD, Ortsnamen, S. 111; Brückner a. a. O. S. SSS ; der-
selbe, Hein. LandoBkiuida I, S. ISS ; Regel, Enlwickelnng der Ortscbaften
des TbUr. W, S. 1«; ZUgler, S. S8S ; Trinios, S. 22( „Nicht von
Rennen, wie manobe wissen wollen, ist der Name abialeiteD, saudeni
von Rain , also einem Grenzstreiren, einer HarkoDg iwischen iwei oder
auch mehreren Gebieten"; LÜttlch, Über deutsche Tolksetjmologie in
Ortsnamen, S. SO; Wernebnrg, S. 176.
Dar Name du Benustaigs.
421
i
Renn-steig zu erkennen. Der einzige Schriftsteller,
der diese Meinung vollkommen teilt — im übrigen eteheo
die weitestea Schichten des Volkes in dieser Frage hinter
mir — ist der um die Wende dea vor. Jahrli. wirkende Kur-
braudenburgiache Oeheimbde Rat und Rektor der TJniTerBität
Halle, Herr Veit Ludwig von Seckendorf, welcher in einem
1702 zu Gotha herausgegebenen teutechen oarmine auf den
Inselberg folgen dermalsen singt:
Wie ungebahnt und rauh man sonsten auch will achten
Ben Berg, so geht doch hin die wohlberühmte Bahn,
Die man vom Rennen nennt, doch schwerlich rennen
kann.
8ie ist wohl wundersam und würdig zu betrachten.
Sie läuft durch eitel Wald und streicht auf so viel Meilen
Auf lauter Höhen hin, sie führt aus diesem Land
Auf weit entlegne Ort, so dafs man unbekannt
Und gleichsam unvermerkt kann andre übereilen, —
Doch die heutige nüchterue Welt Jäfät sich auch durch
die achwungvolUteu Alexandriner nicht bestechen; sie ver-
langt zwingendere Beweise, als sie in den letzten Versen zum
Besten gegeben werden. — Prüfen wir unbefangen und vor-
iirteilgfrei mit der philologischen Lupe die Gründe, mit denen
die hergebrachte Erklärung gestützt wird.
Auf zwiefachem Wege gelangte mau zu der Auslegung,
der Name beziehe sich auf einen Grenzpfad. Die einen lassen
aus der alt- und mittelhochdeutschen Form rein eine mund-
artliche Umformung hervorwachsen mit verengtem Vokale ;
die anderen nehmen, wohl aus sprachlichen Gewissensbedenken,
ihre Zuflucht zu der jetzt weithin In Aufnahme gekommenen
Volksetymologie, der man die ITmdeutung „Renaweg" aus
ursprünglichem „Rein-" bez. „Bainweg" verdanke. Im ersten
Falle hätten wir einen rein lau tmechani sehen Vorgang, im
letzteren eine Bethätigung der Volksseele zu erblicken.
Der Vater der erstgenannten Auffassung — und mittel-
bar auch der zweiten — ist aller Wahrscheinliobkeit nach
Christian Juncker, der in seiner neuerdings von Dr. Paul
422
r
^1 HitsKihke herauBgegebeocn Beschreibung des ReoiiBteige(lT03)
^V auf Seit« 10 eeiueD Zettgenoaeen folgendee Lioht anzündet:
^V »lob babe der Sache weiter nachgedacht und glaube oicht ua-
^P gereimt zu Bein, vrean ich sage, raan Boil nicht ßenneteig,
' sondern ßeinsteig echr<iib«ti (J, ttihrt dieae Schreibung folge-
richtig durch). Denn ein Bein , oder wie man gemeinig-
lich hier zu Lande und auch in Sachsen pronuncieret, eis
ijteeu oder Kenn ist eoriel als eine Markung oder GreoJ-
uud Limit-Suheidung eines Ackers, Gehölzes und so fort.
Nun aber iat wahrscheinlich, äe.[s dieser Weg gleiebsain
ein Kein , Gronzscheidung und Hauptmarkung der Länder
Thüringen, Vogtland und teilt« des MeifsuisoheD Obei^
erzgeh ürgut«, allwo dieses sich an Söhmen anschliefset, in den
alteu Zeiten mag gewceen Bein, welche dieser Weg fast mitten
durch den Thiinuger Wald die Liinge hiu von Franken
abteilet." — Der Junckersohen Beweisführung schliefst sich
in der Hauptsaeho G. Brückner a. a. 0. S. 251 an, indem er
sagt: „Mit gröraerom Rechte ist dieaer Name vom dentechen
Hain, Reun oder Kinn, d. h. Grenze, ala vom deiitEcheii
Kennen (Lauten) . . . abzuleiten. Denn dafa die Orenaei
Bwisohoii Volksstämmeu , zwischen Gemeinden und Privat-
güCem sehr häaiig mit dem Namen R&'ia, Bein, Käu, Üeau,
Ef nn bezeichnet wurden, bezeugen die Weiatümer und Fltii-
bücher des Volkes und die Urkunden der Klöster vielfach
und entsohieden."
Eine Widerlegung dieaer so naohdrüoklioh vorgetragenen
Behanptung erfordert kein ichwerea Geschütz aus der tpnch-
liohen Rüstkammer: ein Blick in die altdeutaohen Wörter'
büoher von Schade, Graff and Lezer, in die neahoohdeutechen
von Grimm und Sander belehrt uns, dafs nie und nirgend die
gedachten Nebenformen {renn, rynn), auf die es hier einzig
ankommt, im Sinne von „Grenze" gebraucht worden sind.
Und wie dieae „redenden Blätter", so überzeagt uns das Be-
lauschen der lebendigen Volkarede davon, dafa die Formen
Rinn, Sonn, Renn, weder im Lande der Thüringer noch
in den Gauen der Franken irgendwo aufzufinden aind. Zwar
I rv
Dir Saaui de» BcDuitaigi.
428
^egaot die lautliche Verengung des Doppeliaatea ei zu e
I gewissen Wortern auf mitteldeutschem fiprachboden aiioh
aalserhalb des UeirBnisoh-SäohiiBchen — wo sie jetzt znr
Regel geworden ist, — a. B. in Henrich, Sense, Menge,
swenzig, helge (t. Weinhold, Mhd, Otamm., 8. 124) — doch j»t
dies immerhin eine Tereiueelte ErscheiDUng : die Yerdoppe-
lang des n in der Schrift, wo sie el^mologisoh unberechtigt
war, ist hingegen bis zum 15. Jahrhundert unerhört und
zeigt sich in der heutigen md. Sprache bei Stamm Silben niir
iu eolohen Formen, die mit Beugungsendung veraehen eind
oder waren. So heJfst es alletdiags in einem Teil des Frän-
kischen : Stänner für Steine, in thüringischen Strichen Klänner
für Kleiner, Sänner für Heiner (Heinrich); aber unweigerlich
fränfc. Stae(n) für Stein, klae(n) für klein — und Rae(n)
für Rain! Im Thür. Westergau dagegen klingen diese Formen
Stain, Main, Rain. Auf ein Rünn, Rinn oder Bynn wird
man vergeblich fahnden.
Von vornherein ansprechender scheint auf den ersten
Blick die von Andersen'), Lüttioh a. a. 0. B. 30, und nach
ihnen von den Fortsetzern des Grimmschen Wörterbuches
geäuTserte Vermutung, es handle sich hier um die volksety-
mologische Umgestaltung des Namens eines altehrwürdigen
Baiu- d. i. Grenzwegs.
Mag man sich nun für die eine oder die andere Ansicht
entscheiden — Bainstieg gilt allgemein als Urform des Ifamens.
Welche Gründe fuhren und berechtigen zu dieser Annahme ?
Kann man uns irgendwo und irgendwann die Form Jtainstieg
belegen r Orimms Wörterbuch beruft sich für seine Aualegang
auf Lüttioh und Andersen, Luttich atüt^t sich selbst auf seinen
Fachgenossen Andersen, dieser wiederum verweist die Wifs-
begierigen auf Frommanns Mundarten IL Hier, vermuten
wir, schöpfen wir aus dem Urboru der Volkssprache, hier
müssen alle Zweifel schwinden — doch welche Enttäuschung I
Statt unsere Sehnsucht naeb den verheifsenen Zeugnissen zu
I
1] Andarsen, Deataehe ValkfatTinalogic, Heilbrana 1876.
I
Der Ksna itt BgnnSleiga.
befriedigea, (peist ana der Herausgeber in einer Fufibemer-
knng mit folgender allgemeineD Bedewendung ab: „Der Aiii-
draok Bennstieg und Bennweg, d. i. GreoKweg, kommt
öfter« in der hiesigea Gegend vor; stets aber bezeiohuet er
die FirBtliuie waaaerscheidender Bergrücken als loharfe Natoi-
grense iwiachen gröfaeren und kleineren Gebieten."
Mit den Grundlagen der Rainstieg-Lebre sieht es dem-
naoh TorlSuSg recht windig ans. Aber vielleicht laBsen lie
uoh durch urkundliohe Belege stützen. Eb möge daher an
dieser Stelle gestaltet sein, die sSrntlioben urkandlich er-
haltenen Zeugnisse, in denen der besprochene Name lioh
findet, zaeammeni US teilen. Da es sieh hier aussohlierelieh nm
die Namensform handelt, so besiehen wir auch diejenigen
Denkmäler mit ein, worin eines anderen als des thüringischen
B. Erwähnung geschieht. B. ist ja ein Gattungsname.
1. Markbeschreibung von Salohenmünster (am Unken Gfer
der Einzig, zwischen Steinau und Gelnhausen],
Hinc incipit termtnatio quae pertinet ad Salechen
munster.
UU aqua Älesbaeh influü in Kindham et sie sur-
sum ad locwn Beldmgesberg ; mde ad frigero marmo
velt usque Borbach; et sie ad JERenstein usque in Ja-
täha; et sie surswm in Hertihen Brunnen; ad domtim
toHdero wibo usque Delebrutmo; inde in Heidenessol
usque ad viam Bennitoeg; et sie deorsum usque ad
Sedleobntnnon; et sie deorsum inter duos vtcos in Kin-
c&iam etc.
Fistorins trad. fuld. 494. — Sohannat Bachen, vet. 389. —
Dronke trad. S. 56 abweichend:
. . . deinde in Heidenefelt et sie usque in viam Benne-
wee et sie deorsum usque ad Schahesbrunnen.
Eine gleiche „terminatio aqnarnm et sylTamm monasterii
Baleohen" findet sich bei Fistoritu 8. 672, abgedruckt in Bothe
El. Beitr- znr denteohen Sprach-, Gesohiohta- und Ortsfor-
I
Dar Nam* da« BninaiciKS. 4
ihuDg I 282: Ubi aqua guae voeatur ÄUheshach rnftwit
etc. äekinc in Hedenessol, et sie surstan ad viam quae
vocatur Renniwech . . .
Diese Markbeschrei bangen TÜhiea aus dem 9. Jahi-
huodert, Bind jedoch nur in einei Abschrift des M^önches
Eberhard aas der Mitte des 12. Jafarh. eihalten.
Begrenzung der Vogtei der Fol di sehen Kirche. Erz-
bisohof Krohaßbald von Mainit (1011 — 1021), Toiher
Abt T. Fulda, läfst die advooatio fuldenaia eocleaiae bo
begrenzen, wie dies unter seinem Vorgänger Sigehard
(t 899 Sept. 5) festgestellt worden ist:
— in Fuldam. tbi oblique super Fuldam usque in villam
Smalanaha etc. inde per Fliedena deorsunt usque in
Weidemannesbruggun et sie surswm in Reinnetoech.
inde per Beinnewech usque ad steckandenstein, inde
in Mosam. inde in veterem Slyrepham .... usque in
Fuldam.
Dronbe ood. dipl. 341.
AuizuBondern aus der Reihe der Zeugnisse ist jedenfolia
die M arkbe schrei bu Dg von OrofseDlüder, die uns ebenfalls in
einer Abschrift des 12. Jabrh. vorliegt. Sier heifet ea nitch
Pistor. trad. fuld. 497:
Baec est termvnatio quae pertinet ad eeclesiam Lutera.
Ubi Scanfulda defluit usque in Renmphaf. inde in Hel-
lendemberg . . . usque in Fuldam.
Dagegen bietet Eberhard bei Dronke trad. p. 59 c. 22
folgenden äugen seh einlich richtigeren Wortlaut :
kee est terminaüo eiusdem ecclesie corroborata sub
iuramento antiquorum patrum:
Ai eo loco ubi Seamfulda defluit in Rennebach,
inde in Hellentenberch . , .
r 8. Sprachbrief über streitige Qrenzen zwiaohen Abt Ber-
thold von Banz und Graf Hermann von Wolfeswae
vom Jahre 1162.
436
Du Kuna des Raniiitaiga.
Limes stiperior silvae quae dicUur Gevelle, dirigUn
a fönte in Marcha vüla . . .
Inferior autem per Umiteni qui dicitur RinnestieM
nsque in amnem Yispach . . .
Sprenger, Gesell, der Abtei Banz, S. 329.
4. Heinrich, Vogt Tön Gera, verkauft der Priorin
schwitz den Wald bei Greiz und andere Gehölze ;
Thale Saxa; im Jahre 1359.
. . . Habet siquid&m sepedictum nemus ad meridieni sm
tarn quam vulgariter Bennestich vocant, ad aquilonem'
silvam dominorum de Mildenfurte, ad orientem aquam
Alestram, ad occidentem agros cultos villae quam Stumede
(Scumede, Schumele?) appellant ....
Urkundenbuch der Vögta von Weida I 60 ; vgl, auch I 24.
b. Die Frankenateiner verkaafen ihre Bcaitzungen dem
Grafen Berlhold von Henneberg. 1330.
. . . item silvam dictam Wintirkaste sicut dividit vicus
dictus Rümestig item . . die wiltbane, gut
primo incipiunt in Kyhach trans silvam Syle usque in
Wolfysberg . . . et uUeritis sursum de Einnestyg us^e
ad montem qui dicitur Emmiseherg et ulterius usque ad
montem qui dicitur Jahisberg, ddnde sursum usque ad
illum locum ubi oritwr aqua que dicitur Smalcalde et
deorsum usque ad sylvam que dicitur Wiginwald et vieum
qui dicitur Rynnestyg usque ad verticem tnontis dicii
Neseelherg
Henneb. Urk. V. 74. M
G. DeulEOhe vidimierte OberBetzang des Fraiikensteiniachei^l
Kaufbriefe. 1352,
, . . jtem den walt der genant ist der Winierkast, als der
Hynnestig dae teilt ....
dy wiltbane die sich des eratin cm Cuhach anheUn
uher den walt Stier wan czu dem Weifesberg . . . und
forbasg uffwarte v<m dem Jtynnestig wan ceu dem berge
Der Name dea Beonitatgs.
427
Wer genant ist der Ensberg und forhase ceu dem berge der
genant ist der Jachsberg und da furder ufficart toan czu,
dem ftecke da das waseer entspringit dy Smaikalden ge-
nant und nidertoart wan ceu dem walde der genant ist
Winginwalt und da- sHgk der genant ist der Rt/nne-
stig wan an das obirste des bergis der genant ist der
I Nesselberg.
^m Heuneb. Urk. V. 120.
7. Kurfürst Friedrich bekundet, dafi er dem Nickel Feto-
beim von Prag ein Kupferbergwerk auf dem Walde
zwischen Suhl und Ilmenau „under dem Rynne-
wege byneder der Somerwesen an dem wasser die
hleijne Ilmena" zu freiem Berglehen geliehen habe.
14. Juni 1434.
Gea.-A, Weimar, Kopialbuch F. 2 fol. 2.
det Herrn Staats -Archivars Dr. F. Mitzschke.)
(MitteiloDg
I
1^
8. Berthold, Abt zu Vessra, besiegelt den Auaspiaoh des Zeut-
geiichtes zu Benahauaen, dafa die Wildbabu des Uehliaser
und Zdlaer Waldes bis auf die Leabe am Bynneatigk
allezeit den Herren von Henneberg gehört habe. 1445,
. . dae die wiltpan, die wiltiagt und das geleit des uialdes
genant der Meiser und Zeller walt, hie dtesseit hinuff' hise
uff die Lewhen an den Rynnestigk von alter here der
hem von Hennenberg gewest sie und noch sie wnd gedenck
ir ieyner dae noch ye keyn ander kerre hie diesseit des
Rtfnnsteigs geiagt habe denn die herren von Hennenherg.
Hecneb. Drk. VII. 168.
9. Hans von Oieah, Amtmann zu Arnstadt, überläTat dem
Helmbold zu Jeauborn erblich einen Harzwald. 146S.
. sulch harceioalt sich datin anhebit an dem forstewege
hin an den Rinnesteg , von grahin wege dem
^innestege nach bist uf den hruch weg . . . Uss hin
uf die Schartin und die Scharte abe
Arnstädler Urkundenbuch S34.
^Sli Dar Name des Renostaigi.
10. Stolberger und SchwaraborKer Orenzzog auf dem Eyff-
bäueergebirge. 1483.
Äuff dem Rynnetoeg unnd den Rynneioeg «ss
hiss auf die linden neben Sadra im felde. Zu Ouwe-
lebenn angehoben biss uff' die Heyde poher Sünders*
hussen.
Abgedmokt bei Heyer-Kackwitz, Der Helmegau, 8. 12.
1 1. Baltbasars vod Ostbeini Beechreibung tod der Grenze
des hennebergiBohea Amtes Halleoberg vom J. 1548.
«/" der grenz daselbst, da der Rennsteig in
die Meliser Strasse eingehet Allda grenet bm-
sammen der Kurfürst von Sachsen, als der Schieareieald
genannt und auf der rechten fiand der Gemeinteald, bis
auf die Meliser s^asse hinein grenet der Gemeinteald.
Abgedruckt bei Mitzeohke in Juuckera Benniteig, S. 14,
Hierzu kommen noch folgeode Namen, deren firühstei
Vorltommen urkuudlioh nicht festzustellen ist;
13. Benniveg mit dem Rennwegskopf im NW. des Thür.
Waldes.
19. Rennweg im Gau Rubikon, Russikon, Herrliberg,
Sorgen.
Hey er, Ortanamen des Kantons Zürich io den „Hit-
teilnugen dei Antiqn. Geselliohaft", ZUriob VI, 1849, 8. 88
(ohne nähere NaohweiBe).
14. Rennweg an der Grenze der unteren und mittleren
Cent veitlioh von Uftrangen.
15. Rennweg swiaohen Sittendorf und Brücken im ehe-
maligen Nabelgau; nach K. Meyer, dem ich diese An-
gaben verdanke, eine Abzweigung der alten HeerstroXae
Nordhausen — Eelbra — Tilleda — Allstedt, welche
augenscheinlich als näherer Verbindungsweg lur Kaiaec-
pfalz Wallhausen führte.
Der Nun« des Beonsteigs. 429 ^^^|
Der ia den RechtedeokmÄlern
ThüringenH (S. 28ö) ge-
legentlioli eiDer Waldumgrenzung
der EonigBseer „Heide"
ein Zugang zu dem aa
EönigBsee Toriiberflierseudea Bache
,Einne".
Überaiaht
Befiniweg SaloheamünBter
9. Jh. Piator. 494
Sennimech
„ Piator. 572.
„ . , JVogtei Fu da
lOlI Dronke dipl. 341.
Rinnestich Banzer GronzTertrag
1162 Sprenger, Banz 329.
Eennestich Greizer Waldgreaze
1159 Vogtl. TJB, I 60.
Binnestyg b,^,i,ri,f
1380 Henn. ÜB. V.
Eynnestig
BynnesHg üboraeteung
1352 Henn. DB. V.
Mynnestig
Rynneweg Ilmenauer Berglehea
1434 Weim.ArcKF, 2,2.
R^nnesUgk Brief de« Abts y.Ve.sra
Bynnateig
1446 Henn. ÜB. \1I.
1463ATnBt. ÜB.
mnnesteg
Rjfnneweg ^
1483 bei Baokwitz.
Rennsteig Halleoberger Beechreib
1648 bei Juncker.
Renntoeg am Bennwegakopf
— —
Rennieeg Zürich
— Meyer.
Rennweg Uftrungen
— RaokwitB.
Rennteeg Nabelgau
— Meyer,
Unter 24 Anführungen stoftea wir demnaoh zweimal
tat einen Reinnetßeg, wohlgemerkt mit Doppel-n. Auch
^^m,Me Form gebt zweifellos auf
renne-weg nurüok; die
^^TCireibnng ei f&r etymologitoli berechtigtes e findet aich im
430
älUren Hittelhochdeutacheo iibeiaas häufig aad spricht ledig-
lich für die ADDahme, dafs der Laut des e sich eq t hin
bewegte, also ein Schwebelaot zwisoheo e und i war; siehe
Weinhold, Mhd. Gramm. § 48, wo reichliche Belege beig»-
bracht siod. Die Doppehchreibuiig des n verbietet «et-
echieden, an deo Stamm reift- la denken: ea wandelt eich
wohl reinjan- reinnan „reinigen" zu reinan, nie aber rem
I re{i)nnl
Ein rain- oder reinweg ist in Weiilümern, Flnrbücheni
nnd EloeterarkuDden nicht zu finden !
Bbeosowenig kann der Ausdruck aus der geaamtsB
deutschen Buohlitteratur nnohgewieaen werden! Id den
älteren thüringiecheu Chroniken {von Joh, Rothe, Reinhardsbr.
Annalen, Nik. de Siegen) fehlt der Name Überhaupt.
Gegen die Annahme AaderflenH, der vermutlich mit Renn-
weg nicht« anzufangen wafate , sprechen überdies einige Er-
wägungen allgemeiner Art.
Alle volkstümlichen Umdeutungen beruhen nach Ander-
sens eigener Lehre auf dem Streben des Sprachgeiates, Ane-
drücke, die für das Volk leerer Schall gewesen sind oder ge-
worden lind, wieder bedeutungsvoll und iweifeiros verständ-
lich EU machen. Das SpraobbewofataeiD, so bestimmt ähnlich
Ltittich das Wesen der „Volksetymologie", trachtet danach,
mit seht) pferi scher Kraft die Lücken, die in dem ursprüng-
lichen WortBOhata eingeriieen sind, ans den noch Toihandenen
llitteln in aeiner Weite ansaurullen.
Ist nun Bain dem deutschen Spraohbewufstsein ein loerei
Soball geworden? Ist es aus dem Wortsobati des Tolk«a
heiansgeriiien ? Lebte ea nicht vielmehr fort durch alle
Jahrhunderte hinduroh bis heute, jedem Kinde verständltoh F
Wozu also eine volksetymo logt sehe Umdeutung? Ist der
Name nunmehr klarer geworden, nachdem ihn das Volk, wie
Andersen will, in Rennweg amgetauft hat ? Sollte nicht viel-
mehr das Umgekehrte richtig sein?! In der That halte ich
„Rainweg" für eine — allerdings nicht volkstümliche, son-
dern steife Gelehrtenelymologie.
1
Dar Same d«B Bmniteip.
431
r Regel nur bd
raterworfen, die
Defa dei
Ferner: Umbildungen e
heimisahe, ä. i. deutsche OrtBOHmeD a
eng begrenzten Bezirke au
berg, vie er nooh 1330 heifst, von den Anwohnern des
FlaohlaudeB zum Insel (B)berg gestempelt wurde, ist er-
klärlich, ebeuao, dafs man aus dem Malilsteiu bei Eise-
uaoh eioen MsdeUtein roeohte und den Kreienberg
bei Tiefenort in einen Kl ei n be rg, den Ö er wi nestein
(Stein des Gerwin) in Gerbersteiu umlaufte; die vorge-
Dommeno Veränderung wurde nicht berichtigt durch ander-
weitige Kreise, denen die ursprUngliche Benennung wohl be-
kannt gewesen wäre. Andera verhüll es sich mit dem Namen
langgestreckter Gebirgszüge, mächtiger Ströme, die von vielen
Tausenden gekannt und fast taglich genannt werden : hier
ist eine Verderbnis auch dann euBgeBohlosHen, wenn die ehe-
malige Bedeutung völlig verblafst ist. Weichsel, Oder, Elbe,
Weser nnd Rhein haben im Volksmunde ebensowenig eine
Eindeutschung oder Umformung erfahren, wie Waagenwald,
Jura oder SpefBhardt. Somit sind wir auch 8a der Annahme
berechtigt, dafa der jedem Thüringer, jedem Maiefranken
wohlbekannte Keunateig in altebtwürdiger Form uns über-
liefert ist, BelbstverBläudlich mit jenen Lautwandlungen, denen
die deutsche Sprache seit der altdeutachen Zeit überhaupt
unterlag.
Zum dritten: Merkwürdig bleibt es, dafa nirgendwo in
den Gauen Thüringens oder Frankens sich auch nur die
leiseste Spur von jenem angeblichen Urnamen erhalten hat
Wie das Volk auf der einen Seite leichtlich geneigt ist, einen
fremden oder fremdartigen Namen in seiner Weise umzu-
modeln nnd ihn sich mundgerecht ku machen, so hält es
andererseits mit unglaublicher Zähigkeit am altererbten
Sprachgut, sofern es irgend einen Sinn damit verbinden kann,
auch in Fällea, wo die Sobriftapruche den Neubildungen be-
reitwillig Bürgerrecht veratattet hat. ~ Nach den Lantge-
lelEen des Mainfränkisohen und des Hennebergiaohen, welche
auslautendcB n in einBÜbigcn Stammwörtern abwerfen und
43S '^" ''■^■<'° l)« EtSDDBtsigS.
alldauUohai ei zu o« vereiafacheo, mufste doch irgendwo
auf der FraDkenseite ein Rae-steig lu eatdecken saia: docb
■oweit die fränkische Zunge klingt, von Blankensteio, Lobea-
■teio und Koburg bis hin zur ZelUer Läobe, kennt männig-
lieh nur einen Rennsteig oder Rennweg. Die gteiohu
Laut« Teruehmeo wir auf der Dordweetliohen Elanlce, wo die
ThUriuger hausen: Rennstieg heifst der Hoohpfad im Volkf
muude von HörBel südlich bis Steinbach-Halleaberg uad nörd-
lich bis vor Iltneuau, vur und auf dem Walde, während dod
nach thüriDgisohen Lautregeln auf diesem Striche das olt-
deulache rein unfehlbar als Rain oder Rain erhalten bleibwi
mufite. Ein Rainstieg wird jedoch dem Wanderer in TbÜ-
ibgeii ebensowenig gezeigt werden, wie ein Raesteig m
fiankenlande.
Viertens: Gerade auf dem nw. Flügel, wo der Name im
Volke am festesten haftete, bildet der S,, keine Stammes-
grenze: nördlich und südlich davon sitzen Thüringer.
FUnftous: Eine Foi-m ^tnwe^ im Sinne von Qrenzweg
widerstreitet Überhaupt dem Bildungszuge der altdeutsehen
Sprache! Zusammensetzungen, deren erster Teil die Unterait
der im zweiten enthaltenen Gattung bezeichnet, sind der älteren
Sprache durchaus fremd und haben auch in der Gegenwart
zum grofsen Teil einen kindlichen Anstrich; vgl. die Schi
lingspflanze, der UheiDflufs, der Tannenbaum, dos VVurmti
die Sohlersburg, der Bauersmann. SoUte der Stamm
Grenze besagen, ao lag die Bedentang Grenz weg darin ei
gesohlossen: die herbe Einfaohheit der alten Sprache v«-
eohmähte die breite Wiederholang des Oattongsbegriffea.
.Ret» hat überhaupt eine schillernde BegriffsiSrbnng —
die WortforscheT sind in dieser Bexiehang durehans nneinig.
Förstemann und Arnold erklären es ganz allgemein mit Berg-
abhang, wogegen Weroebnrg darin den „Aosdmck für eine
durch einen unbenutzt gelassenen schmalen Landstreifen ge-
bildete Besitz- oder Gebietsgrenze" erblickt. „Da aolohe
Raine in alter Zeit öfter zur Weide benatzt wurden, so erklSren
«ich Benennungen wie Schafrain , Ziegenrain". — Da der
Ursprung des Wortes dunkel ist (s. Grimms Gramm. II 12.
Der Nams des Rannstaig*.
Kluge, Etjm. Wb. 262), so kaun uns lediglich der Oebrauoh
Anfachlnfs über die wabre Bedeutung verleihen. Nach meioBm
eigenen Spftkohgefiibl uod naoh eingezogenen Erkundigungen
birgt der Ausdruck „Elaiu" die Grundbedeutung Boden-
erhöhuugin sich. Dieselbe spaStete sieh in zwei bestimmt
onterachiedeoe Souderbegriffe : erateD» versteht man unter
Rain einen aniteigenden Streifen Landes znischen zwei Fel-
dern, der unbeackert bleibt und daher allerdings eine Acker-
grenze bildet; zveiteoa wird Baiii gebraucht zur Bezeichnung
eines Bergabhanga, mag dieser nun wüste, berast oder auch selbst
bebaut sein, — Gehen wir von der erstgenannten Deutung
aus, so ist naobdruuklich zu betonen, dafs B^in einzig die
Ackergrenee, uiemals ein
hierfür stehen bekanntlich i
WaUacheida
idere Benennungen zu Gebote.
Eine von mehreren Erklärern vereucbte Übertragung auf die
Waldmarkung ist rein aus der Luft gegriffen.
Die an zweiter Stelle angeführte Abschattong der Grund-
bedeutung iat in Thüringen überall, und nicht am wenigsten
in unmittelbarer Nähe des Bennsteigs, heimisch. In nächster
Umgebung von Kuhla stofsen wir auf die Namen Nesselraia
und Mühlrain zur Bezeichnuag von stattlichen Bergköpfen
mit steiler Abdachung. Einem Bergnamen Uittelrain be-
gegnen wir unweit der Schmücke, einem Langerain westlich
Tom Schneekopf. Man kennt daselbst nicht nur Schaf- und
sondern auch Kartoffel- und Feldraine — wobei
nicht im entferntesten der Gedanke an eine Grenzmarkung
vorschwebt.
Wollten wir nun dieae Deutung — von den früher ge-
würdigten Bedenken hier ganz abgesehen - — annehmen, ao
würde der hochbeiühmte, eigenartige, 180 km lange Gebirga-
pfad zu einem ganz nüchternen, gewöhnlichen „Bergbang- weg"
herabainken. — Zudem würde dieser Alltagsname nicht im
mindesten der Beschaffenheit des Weges entsprechen, der be-
kanntlich, sobald er einmal „zum Kamm des Waldgebirges
hinaufgekeucht" ist, stundenweit ohne erhebliche Steigung
„durch Laubgehölz und Tannendunkel" zieht
I
r
434 [>«!b».
Bine apnchlicbe 6«m«^iug, di« anMhaneBd UeiaKohiW
Alt, in Wahrheit tob ire»ei)tli«beT BedMitoo^ fKr die Anf-
beQiiBg an RenDBici^Tnise iat, möge den BeaetüoTs diesH
bettrait«iiöeo Teilee bilden. Als Binderokal xwischeD dn
beiden Gliedern der ZaMniBi«n>etzong eraeheiot, wie oben
enriÜiDt, ie sehr »llen Denkmälern i: Rmnitpe^. Die Ve^
fechter de« Baines mögen un« doch die Uerkanft dieses Ele-
meiitM erkiäreo: ei kaua doch nicht Tom Himmel eef«ll«D,
nicht uu reiner Lauoe, aas Klangfrende hineingefiigt worden
aein. Da rein ta den o-Blämmeo zählt, ao hätte es in der
Zaiamin HD Setzung nach ahd. Geftetcen seinen StammsoaUnt
«otweder gänzlich aafgeben mäsien oder aber ein aas o(a)
gtichwScht^s a(e) aufzuweisen ').
Nachdem ich aomit die üahaltbarkeit der bi «her igen
ErklüruDg dargetban zu haben glaube, liegt es mit ob, ein«
(ticbliaUigere anfEnatellen.
Indem wir die in den Urkandea aufbewahrten and die
im Volkamande noch heute gäng and gäben Formen aaserai
Unteriaobung eu Grande legen, gelangen wir mit Sicherheit
■a der jetzt so rerSchtlich atif die Seit« geschobenen Den-
lung äue }t. als „Rennesteiga", freilich in einem unten anan-
gebii-uden eogereu Hinne.
Es wird siuh Dämlich aaoh die nach Aufgabe der ßain-
(leatung als dritte übrige: Rennsteig ^ KiDD(e)Bteig ffiglioh
nicht verteidigen tassen. Diu Form Rinneatig') findet sich,
wie oben erwähnt, unter 24 Anführangen 14mal; sie konnte
1} Nach Wetabold »oll aUmdiugs der HndeToka] t in vcraiDieltea
Pillen auch bgi e(a)- Stammen begegnee, s. B. in toffiilenia; doch Bcheint
mir diaig AuratellanR fraglich: Schade Wb. II 9S0 bietet tagadme, taga-
yifiC, lagaitht U^*/aln^^o^| tagapfewtmg^ taffaröd, lagatprähha, tagttstem und
daneben Formen mit bindendem «, jedoch keine einzige mit i.
t) DU Form -itieh, die mahrfuh deueben aonaacbt , ist a. B.
ledigllgh «ine Elgenbeit der Schreiber uod bereht enf der Auispreoha de»
KuilanUndeD g all Geamen-Dauerlant ; sie bat gewifs mit dem Stamme
Blieb* Ton stechen nichts gemein. Ebenso lit y fUt i eine pedantiacfa*
Sehnille.
Dar NuDB dM Bamuttigs.
435
also an sich recht wohl die echte
falls näher beleucMst zu werden,
xum heutigen renne wäre nicht in
Boodern stimmte
und verdient jeden-
ie ToDBenkuug rinne
liadesten befremdlich,
D zu der ausgeprägten mittel-
deutsohen, bes. thüriugiBohea Neigung. (Weinh. § 46.) Im
KenDebergisoheo wahrt i allerdisgs treuer eeinen BeBitz-
etand. — Auch die Sacherklärung möchte beim eisten Zu-
sehen etwas Eirmehmendea haben: warum Eollte der „Rinne-
steig" nicht den Steig bezeichnen, von wo aas die Wasser zu
Thal rinnen? In unmittelbarer Nähe dca Gebirgskammes ent-
Hpringen von 0. nach W. u. a. folgende Buche: Bedach, Hafa-
lacb, Steinach, Wcrra, Schleuse, Uaael, Sohwarsa, Lauterbach,
Druse, Schweina, Elina — Loquitz, Sohwarzü, Um, Gera, Ohia,
Leina, Laucha, ja auch der Erbstrom! Gebirgeecheitel, auf
denen eich die Wasaer aoheiden, waren durch alle Zeiten hin-
durch bei den Deutschen wie bei den anderen Völkern ebenso
beliebte wie natürliche Grenzen zwischen Gauen und Orten,
Stämmen und Gemeinden. Dieser Auslegung — ich kämpfe
hier gegen einen zwar unsichlbaren, aber doch nicht un-
scheinbaren Gegner — steht zunächst im Wege, dafs die
Grundbedeutung des zweiten Gliedes „Stieg" sich damit nicht
wohl vereinbaren läfst. „Steigen", der Lautverschiebung ge-
mäfs stimmend zu gr. axsiyfiiv «ohreiten, bedeutet (nach Wei-
gand): mit erhobenen Beinen zni^ Hohe oder von ihr nieder-
wärts gehen; Steig, ahd. siJc'^), ist ein schmaler Weg im
Freien eum Gebe u, insbesondere ein zur Hübe an- oder von
ihr niedergehender Weg. Dafs in dem Worte die engste
Beziehung zum Begehen durch Menschen (oder Tiere) ausge-
drückt ist, beweisen auch die damit gebildeten Zusammen-
setzungen, in deren erstem Teile stets als nähere Bestimmung
1) Im Thiiriogei WsBlcrgftu, der dia alldeutaebsn Vokile (estgabalten
i, gilt Docb faeatzuMga die Form RaatHieg, wShrend öatiich äa Uta
und Im guizsa Od franken die neue Batreichiecba Tokalvargrobemng
berrtcfaend ward, demiaFOlge auch Utimtttig aiugeaprocben wird. Diese
Fgrm iil aclirlftmal'sig.
Der Nmme du ReoDttcigi.
die Art oder der Zveck oder aaoh die Biohtung des Wegei,
u. V. anch die Klasse derer, die ihn windeln, angegeben iit
i Sanders Wörterbuch werden namhaft gemacht; Pnrsoh-,
Dohnen-, Eicht-, Katzen-, Heien-, Hasen-, Bärg«r-, Pi]ge^,
Wendel-, Haupt-, Seiten-, Dornen-, Peleen-, Garten-, Flnfi-,
Kiese!-, Waldsteig. Hierzu treten Eigennamen, wie Hoch-
stieg, Beifstieg, Entstieg, Bergetieg (bei Ruhla), Franken-
atieg (urkundh), Harzstieg u. a. — In Rinneetieg Termilat
diese Beziehung auf das Betreten durch Menschea oder
Tiere, die in all den vorgenannten hindarobsohimmert.
würde überhaupt in dem Namen Rinnestieg der eigentliche
Zweck des von Menschen für Menschen geschaffenen First-
pfades nicht angedeutet sein. Rinnestieg wäre eine geo-
graphieohe, bez. hydrographische Benennung, wie sie jenen
Zeiten, in denen der Name aufkam, sohleohterdinga nicht an-
gepafst ist ').
Ennstlioh ist auch die Erklärung: Steig, von dem aus
die Wasser herabrinnen; bei „Rinneeteig" wäre eher an einen
Steig zu denken, in welchem die Wasaer rinnen — eine
ÄuffasHung, die hier natürlich achlechterdings nozulässig ist
Es kommt hinzu, dafs die ältesten Urkunden rennesÜg auf«
weisen und nieht rinnestig.
Wir verlangen für die durchaus eigentümliohe Höhen-
etrafse auch einen darchaus bezeichnenden Namen.
Dieser von vornherein aufzustellenden Forderung gsnögt
ebensowohl wie allen in Betracht kommenden Lautgesetzen
der Sprache die Erklärung des R. als Renn-steig.
Allerdings haben wir nioht auszugehen von der alltäg-
lichen Bedeatnng, wonach rennen mit „Unfen" gleichbedeateod
1) Später allerdings wuen Aoshane mi( der Schnees chmatze von den
Re^eruDgea angeordast Dar R. wird von jedes Forstes Bedienten, be-
richtet Juncker, mit seinem OrencDachbar, vo er dnrchp&ssieret, in BSn-
niung and baalichem Wesen erhallen, damit er night verwildere. Fut
Hlle bnndert Scbritl, aetit er binzn, trifft man zween Brünnen an, so aoa
oder hart an dem R. entspringen, deren der eine gegen Pranken, der
andere gegen Tbfiringen abfliefset.
Dir Narna das Keimalalgs. 437
ist; ein „Laufweg", ein „Steig zam Laafen" väre geaau so
nichtssagend vis der oben gelegeutlioh berührte „Bergpfad";
er würde sich nur vom Standpunkt einee Bergfez aus em-
pfehlen. Wandern wir aber an der Hand des überlieferten
Sohrifttums in die Zeiten des Uittelalters und weiter zurück,
so geht mit einem Schlage ein halles Lieht auf. Das miltel-
hoohdeutsche rennen hat neben der allgemeinen Bedeutung
„laufen" die beBondere: als reitender Bote dahinsprengen !
rennaere, spater renner, bezeichnet einen, der als reitender
Bote hin- und benennt, auf „neuhochdentsoh" einen Courier.
Hierbei ist an das ahd. und bis ins späte Mittelalter hinein-
reichende Bildongsgesets zu erinnern, wonach in Zuiammen-
eetzungen das erste Glied anstatt des nach dem heutigen
Sprachgebrauch 2U erwartenden nomen agentis den nackten
Verbal stamm zeigt. Für unser Jägerhorn und Jägerhuud
kennt man im Mittelalter ein jagehom und einen jagehunt;
das WSiterhaua wird bezeichnet als warthüs; ein riimüz
ist ein Mafs Wein für dienstthuende Reiter, rJtrusiunge die
Keiterrüstung.
Der Rennsteig ist demnach ein Kenner-steig, d. i. der
ßebirgspfad für die hin- und her spr e n genden
Keiterboten, natürlich nicht für Spazier- und Sonntags-
reiter, sondern ein „Courier"- oder „Patrouillen"-Weg, um es
den Dentechen der Gegenwart mandgerechter und verständ-
licher zu machen. Es waren die Grenzwachter der Thüringer,
die in langer Eette auf der Zinue des Waldgebirges tou einer
Warte zur anderen ritten, immerwährend scharf ins mittägliche
Land hinab auslugend in die Uarken der feindlichen Nachbarn,
Für Reiter ist der El. in seiner ganzen Ausdehnung zu be-
natzen, nicht für Wagen : er war kein gewöhnlicher Handels-
oder Yerkehrsweg, sondern recht eigentlich ein Eriegspfad,
eine via militaris, wie schon Heim in seiner Henneberg.
Chron. III 853 und nenerdings Rose in Peterm. Mitt. 1868
ahnten. So erklären sieh auch die „Reitsteine" am Inselsberg.
Hierauf deuten gleicbfalb die im nordwestlichen Teile des
Gebirgsrückens in der Nähe des R. vorkommenden Orts-
DunoD, die dai dortige kriegerische Lcbtio der Urzeit klar
wiederBpiegelo. Yergl. liieiüber Auslauf I.
Zum Belege, ä^t» retmen mit Vorliebe für geordoetet
Aeiten auf fester Bahn gebraucht wurde, zugleich dafür, da&
mao sich au Stelle des Haaptwoiti „Beoner" des blofsen
Stamme» renne- bedienle, Eieben wir noch folgende ZuBammeo-
eetKuiigeD auB dem ahdeulBchen Spracheohals heran : renne-
gewant, rennelarsche, retmeschilt, renneeitic, rennepaner, r
retmevetUin „Keilerabteilung", rennesirüxe und rennetcec.
Der letüterffähote Ausdruck ist bezeugt aua der Sammlun;
deuttchcr !^(ädteoh Toniken XI 254, XII 374. Er ist, im
GegeniDte zu dem angeblichen rainsteig, demnach auch sooet
nicht anbekannt und folgt in seiner Bildung den mhd. Ge-
setzen, wonach datt erste Glied, sofern es einen Zeitwortetamni
enthält, den Zweck des zweiten angiebl. (Weinhold g 289d'.
Die Ableitung von rennen wirft gleichzeitig helles Licbl
anf jenes unerklärliche bindende i, weJohes zwischen den
beiden Teilen der Zusammensetzung in älteren Urkunden aul-
tritt, rennen ist das fiewiikungBWort zu rinnen, von dessen
Vergangeubeitsform ran(n)- ea vermittelst des ableitenden -ja-
gebildet ist: rannjan ist die Grundform. Das Suffix bewirkte
iu der ersteu Silbe Umlaut, ja raurdta naoh den Lautgesetzen
des Ahd. als Auslaut des ersten Eompositiousgliedes zu i
lokalisiert (Weinhold § 286), dieses aber bald naoh dem
Jahre 1000 zu dem allgemeinen mhd. Sindevokal e abge-
schwiicht werden. Unsere Urkunden folgen also nur dem
Zuge der Zeit, wenn sie im frühen Mittelalter anstatt des
ahd. retmiweg eine renneweg aufweisen. In Irminfried«
Tagen galt vermutlich rannistfg.
Es bleibt noch das Verhältnis zwischeu dem vom 13. Jh.
an eich ausbreitenden rinn estig und dem offenbar ältersD
renniweg aufEuhellen. Dies beruht meiner Ansicht snfolge
darauf, dafs die beiden Stammformen, wie auch Orimms Wb.
nachdrücklich hervorhebt und mit einer Fülle von Belegen
stützt, im Laufe der Zeit sich miteinander mischten, eo dafs
rinnen, ursprünglich intransitiv und vorwiegend vom Fliersen
k
D«r Name des Rennsteigs. 439
der Oewüsaer gebraucht, fÜT renalen, welches ursprän glich
transitiT und TorziigeTeiie rom Laufenlagaeo der Koese an-
gewandt wurde, eintrat und umgekehrt. (Gr. Wh. VIII 808.)
Der Miisbrauch ist in unserer Schriftsprache grÖfstenteiU
■wieder abgestellt; in entrinnen = entlaufen Kfligt sich auch
heute noch die im Uhd. übliche Verkehrung dee Verhältnisses.
Die Vermengung kontite gerade in Thüringen um so
leichter einti'etcn, als e und i, wie schon oben angedeutet,
in der Mundart nicht streng auseinandergehalten wurden.
Kicherlieh giebt die Schreibung RinnesHg nur eine lautliche
iVbartung wieder, durch die einige Jahrhunderte hinduroh die
alte Grundform verdrängt ward; letztere hat Bioh jedoch nach
Ausweis der heutigen Volks- und Schriftsprache wieder sieg-
reich durchgerungen. — Jedenfalls in-te der Schreiber der
Form Rinnestig (Bynnestj/g) von der echten Bildung Renne-
siig nicht so weit ab wie die neusten Ausleger mit ihrem
Mainstieg. Auch ihm schwebte die althergebrachte Bedeutung
Steig für Reiterruuden noch vor. Welche Stellung ein ?'enney
oder rirmer {rynner) im 14. Jh. hatte, erfahren wir annähernd
41UB zwei im* Urkundenbueh der Vögle von Weida S. 434 ah-
fjedniokten Bündnis- Verträgen der Vögte v. 1342, worin ea
heifst: nymt man frumen, den sal man teylen nach der
mancml gewapenter leuie, dp Helme haben, ader ewene
rynner, dy panceir haben und gerete, sol man reyten an
cynen wepener: „aber zwei Renner, die Panzer haben und
Uerüte, soll man rechnen auf einen Gewappneten". Ähnlich
in der folg. Urk., wo anstatt rynner zu lesen ist rinner.
Zwei anderen Auslegungen, die, für sich betrachtet, nicht
gar übe] wären, brauchen wir wohl kaum ernsthaft entgegeu-
zutreten: es !ief«e sich nämlich noch an zwei Nebenbedeu-
tungen des VTortes renneyi denken, die vereinzelt belegt sind.
Erstens kennt das Baietiscbe {also nicht das Mitteldeutsche!)
rennen auch im Sinne von Süfsen, „Holz renuen" wohl auch
^ einen Abhang hinobgleiten lassen. Zweitens braucht der
alto Jogdeuhriftst eller Hadamar von Laber, ein Baier, das
Wort eiuraal in der Bedeutung voii „jagen":
440 ^^^ Name des Rennsteigs. /
es ist wol guot hie rennen,
swer hat des toaides künde.
Die ganze Eigenart unseres B. verbietet mit aller Entschie*
denheit solch allgemeine Benennungen.
Der Vollständigkeit halber wollen wir doch nicht unter-
lassen zu erwähnen, dafs die unTermeidliohen Keltologen aach
an unseren Hermundurensteig sich herangewagt haben, ohoe
der wachsamen renner zu achten! Nach Brückner bedeutet
im Keltischen rönn „Berg"^) — und wir gelangten mit Hilfe
des in der Not viel ausgebeuteten keltischen Lexikons zu der
welterschütternden Entdeckung, dafs unser Hennstieg, ein
keltisch-germanisches Zwitterding, — ein Bergpfad sei!!
Ja, ,,ein deutscher Bergpfad ist's'', doch deutsch ist auch
sein mehr als tausendjähriger Name.
Auslauf L
Der vicus Bynnestyg,
In dem bekannten Frankensteinischen Verkaufsbriefe über*
läföt das verarmte Adelsgeschlecht an die Henneberger Grafen
unter anderm silvam dictum WintirJcaste^ sicut dividit vicus
dictus Rymestig. Nachdem in derselben Urkunde als Yer-
bindungsglied zwischen dem Berge qui dicitur ZU dem Kys-
linge und dem Emmiseberg wiederum ein Hinnestyg namhaft
gemacht ist, begegnet im weiteren Verlaufe des Textes zwischen
dem Wi{n)ginwald und dem Nesselberg zum andern Male ein
vicus qui dicitur Bynnestyg,
Der an erster und dritter Stelle genannte vicus Bynne-
styg — Bümestig bez. Bymestig ist offenbar vom Heraus-
geber verlesen für Binne- bez. Bynnestig — bildet ein
Kreuz der Forscher.
Dafs schon in der ältesten, amtlichen Übersetzung des-
oftgenannten Kaufbriefes der vicus („Flecken") sich in einen
»
1) Die irische Form ist übrigens rinn ; vgl. Mone, Celtische For-
schungen, S. 124.
Dar Huna ijea B«DTi>Ieigs.
441
„Si!ie, der genannt iet der BinneBtig" verwandelt hatte, fand
«chon Hegel „merkwürdig". Dies iet indegsen oicht die ein-
zige Merkwürdigkeit der Stelle. Seltsani, dafs die gleiche
BenennuDg, die dreimal wiederkehrt, ohne erläuternden Zu-
satz drei verschiedene örtlichkeiten bezeichnen soll; seltsamer
noch, dafs sie zweimal für einen „Flecken", einmal für einen
Bergpfad gebraucht wird. Aber das AUerverwunderliohBte ist
der umstand,
fang reichen Waldui
rütseihaften Flecken
n Flecken die Schei
abgeben
verursachte allerdi
idegrenze einer um-
Das Aufäudeu dieses
nge einiges Eopfzer-
3 jungen Fhüolog
■) bei
brechen, zumal andere urkundliche Belege fehlen, Flugs, mit
Sinn und Zu-
i Ausdruck für
e Schreiber
der Behendigkeit eini
sere Konjekturen jage:
sammenhang des Ganzen erfordert ' hier
Weg — also hat die jetaige Lesart der
verschuldet, der aus der ursprünglich beabsichtigten via dicla
einen vieus dictus machte . . . Ein bifsohen gewaltsam, aber
doch so einfach! Nicht wahr? Doch ein derartiges Versehen
ia einer amtlichen hochwichtigen Urkunde, wenden wir ein,
die mit aller peinlichen Sorgfalt abgefafst: ward? Und wie
eigentümlich, dafs demselben Schreiber — im übrigen einem
Musterknaben in Bezug auf Rechtschreibung — an der zweiten
Stelle genau dasselbe „Versehen" passieren mufs: unser Text
bietet Z. 29 in unanfechtbarer Deutlichkeit . . . silvam Quae
dicitur Wiginwalt et vieum qui dieitur Bynnestyg.
Sollen wir auch hier das lleBser ansetzen und aus dem vi-
cum qui eine vtam quae drechseln? Die Konjektur würde
im philologischen Seminar schwerlich preisgekrönt werden.
Alle die vorgebrachten Bedenken werden auf die ein-
fachste Art aus der Welt geschafft, wenn wir v'tcus in der
zweiten ihm eigenen Bedeutung faseen, als Gasse oder Weg,
mit anderen Worten, wenn wir auch an der ersten und dritten
Xextstelle ohne weiteres den vicus R. als unseren echten,
Mhten Rennstiflg fassen, als der er an der mittleren anerkannter-
1) Qsialhirt, hiit. Schmklk. 111, 5. 35, 38; Trinius, 3. SO.
StthoB b&i Aen klaaaiechen Seh riftate Hera
ist VtCM >b Ouae anb«uutkudet im Gebrauch. Naah Can.
b. «. I 27 v«it«di|t FompejuB die Stadt Bruudisium, in d«
at noh fcrtgMetit l»t, gneu einen Einfall CitBsrs in der
WnH, dab «r foria» tMruÜ, vicos plateasque inaedificui,
fonat tnmatunoB vUt pnuducit: m verbarrikadiert StroTstn
und FlätM. — Di» gltiebe Anwendangaweise belegt für du
UittollKt«inia<die Dacuge im OIoEeai', med. iat. VIII 322
doroh Verweis «of Chartalft K Vandregea. I 623: er über-
ttitxt vieUbu nit umita, ft%. aeoticr >). — In der Bedeutung
„6«Me" l«Mn wii Vt0iit z. B. auch iu Menokena djpl, fiie.
inen*. 6B0, woielbit gelegemlich einer kirchlichen FaroohiBl-
UUung der Stadt Bremen eine Scheidung gemacht wird per
vtoHM mter domm» WieiäferU et arcum Rickberti.
Hiermit wU HlbatrerstäDdlich nicht geleugnet werden,
dab OHiW vorwiegend im Sinne von Dorfichaft be^teugt ist,
wiewohl »nderenmta garad« in den Henneberger Urkunden
weitaoi in den neiaten PKUen dafür villa, viüula eintritt
Der daiahMdilagendtte Beweis für die angeführte Deutung
Uagt jedoch in dem Woitlante der nur 22 Jahre nach dem
Verkaufe von einem „offettharen schrtber" iu Gegenwart
zahlreicher glouhhaftiger genüge, die . , , sunderlich ge-
heischet Uforen, verfaTeten Übersetzung. Wenn der Notar
es auch uloht auBdrüoklich yereiohert hatte, dafs er die
„Bchrifft des briaes von wort zu warte gesckriben" habe
— Bo iat ee dooh einleuchtend, dafa ein bestellter Übersetzer
sich nimmermehr herausnehmen darf, einen „Fleokeu" in
einen „Stieg" zu verwandeln. Nein, er lebte der felaenlwtan
Überzeugung, dafs sein lateiniaeh schrei bender Amtebruder
vicus in dem erwähnten Sinne gebrauchte. Offenbar neigte
man in jener Zeit dazu, mcus auoli den Lauten nach mit
weg, wec zuaammenzuatellcn, wozu gerade in Thüringen der
oben berührte Zug, i und e zu vertauschen, nicht wenig bei-
1) nnu -> anapmdivBi bei Beda hisl. III, cap. S8; nüaUui ^ ruelt
in Glos». LM.-aiiU, Sangerm.
Der Hun« des Rcansteliia.
443
jfetragen haben mag. Beide Wörter sind Übrigen» ihrem Ür-
eprung iiBch nicht näher miteioEiuder rerwandt.
Es bleibt noch eine Schwierigkeit au erörtern: Kreuzte
jemals der Rennsteig den Winterkastenwald? Der heutzutage
bIbo beuannte „Winterkaeten", eiue halbe Stunde nordwestlich
von Salzungen, liegt allerdings aufserhalb des Höhenzuges des
Thür. Waldes, jedoch nur etwa 6 Kilometer von der durch
Mitaschke wieder ans Lieht gezogenen wahren Bennsteiglinie,
wie sie Juncker a. a. 0. beschrieben. Der daselbst 8. 15 er-
wähnte „Salzunger Forst"*) ist meines Dafürhaltens eben jener
Winterkasten in der Ausdehnung, die er um den Anfang dea
14. Jh. noch besafs.
„Der ganze auf Buntsandstein ruhende Moorgruud bestand
ehedem aus einem von Wild belebten, mit Eichen und Buchen
bestandeuei) Sumpf; rr wurde im 17. Jh. nach zwei Seiten
durohfitochen , trocken gelegt und in Wiesen verwandelt."
Regel, Entwickelung der Ortsoh. Thür., S. 68 Anm. — Es
ist durchaus begreiflich, dafs der Name mit der fortschreiten-
den Entwaldung und Urbarmachung des Landes auf einen
engeren Bezirk beschränkt worden ist. Kine ähnliche Be-
wandtnis hat es mit dem uralten Namen des Thüringer Wal-
des, Laube.
Oiebt man die aufgestellte Erklämug zu, so liegt darin eine
bis ins 14. Jh. zurückreichende Bestätigung der neuerdings mit
guten Gründen verfochtenen Ansicht, dafa der H, nicht in Hör-
schel endigte, aondero auf der Waseerseheide zwischen der süd-
wärts fliefsenden Fiacha (oder dem Rehbaeh) und der nordwärt«
nach Wilhelmstbal rinnenden Elna hin streichend, nördlich von
Uarksnfal ■) mündete. (Mitzschke, 8. 16 Anm. Rofsner, 8. 80.)
I
I) „vom Lalzenloch bo fort »uf Wilhelmaberg (Milmesberg), Bfilt-
nfirsheide, Eiohkopf, Pfafienberg, uf FJ»chsl»iid (so ein GehSi« dtasiB
NBroena beim Dorfa MÖhr» im Sslianger Forst), linker H»nci liegt EtrtP-
B) l.nalele oicbt die älteste Form dieies 81adtn«meua in den Palder
Urkudden SuI-aAa, so würde d«rselbe aicb passend als Mark-iül „Oreni-
aHule" Hualegen lassen. — Die Beiiehung la ahd. iSl Kotlache mSchta
AMiMf IL
War der BeniiBteif befestigt^
ji
Audi dk F^agt naeh tia«r BdMigaiac äm^SBLt näHwUü
mä Gnmd graifbaier Faadfega&aliadi^ ria^igalaiftiMr m dir
Eiiid dar OrtoiMniealondmng arMttl »aiApi^; Ilii.j91wk*
laeha, dab der Oianasiig deaCMriifai «wiialtaii MlmÜmi^ mi
.dam attdlidiaa Tmk des Tbftriagat lihAitgßm^mm Jyiagftrafc»
Waifeeiibefg (& rom Insaiabarg) a« bia nr. WaiimiCiMk dii
noeh haalifae T«gee als WlwAtnMtmm^g) äfm Jüttt^^
kinata Landwehr (Lom&flr)» efaia fatflaalwaia^^ itiifcdhi
Orabeiireihey yarteidigiiagBfthig gemaeht waa^lMta Jaa iWhifr
gieehan OeedlnohteforMlMni luaUlQ^idi knad sank JaMaiti dar
Werra lUiiq^aniil eiae Fertiitoasg dhisia Leadimiir» fia atf
daa Vorbergea der BMii unter dem Hamaft H^ltl lArilllft
*das ealareiehe Wextathäl iwisdiaii Wemdmiiiw imirinMtM.
Ton da bit aam A^igaügipuakie dee :St»iiildigfr dtfiflctitfii rül
bceüen Unten der Wieendia die Viobtier daaLMiiaa. - IXl
Betraehtnng einer Baiba Ton Orünamen» dia:diiB Sflla .All
Tb.W. eignen, aeheint mir nun dsenat Haebweie tu erfaBii§e%
dafs auch die Firstlinie des Gebirges von der Werra bis gegen
Oberhof mit Befestigungs werken, wenn auch nicht mit Wall-
gräben ausgerüstet war, so dafs der gesamte y^Salzbogen'^ rings
von Bollwerken umsebanzt war, eine Tbatsacbe, die* ich wage,
mit den Salskriegen der Chatten und Hermunduren im 1 . Jb.
unserer Zeitrechnung und der wirksamen Bebauptung des er-
oberten Gebietes seitens der siegreichen Tbüringejr in Ver-
bindung zu bringen.
Auf besagte Anlagen läfst in erster Linie die auffallend
häufige Wiederkehr des Namens Warte, den nw. Teil des
Bennsteigs umsäumend, mit Sicherheit schliefsen. Wir finden
aunäcb^t den Ort Warta bei Eisenach, sodann die Bergkuppen :
um deswillen abzulehnen sein, weil in beatiger Volksmundart — ^ die bei
aU diesen Untersuchungen ein nicht zu untersch&tzendes Hilfsmittel ist —
der Name bestimmt Sül, bez. Süä (umgelautet in „Marhsiler^*^) klingt,
Also auf echtes ü zurückweist.
Der Name des Rennsteigs. 445
Alte oder Hohe Warte bei Gumpelstadt, die Hohe Warte am
Haderholz bei Eleinschmalkalden, die Hohe Wart bei Schmiede-
feld (auf dem R.), den Hohewartskopf bei Elgersbarg, die
Hohe Warte n. von Oberhof, und die Totenwart (1330 einfach
Warte) bildet den Abschlufs des ^yR^Q^^wegs'' bei Wems-
hausen ; auch die Wartburg, früher Wartberg , sowie der
Wartberg ö. von Thal, möchte von diesem Gesichtspunkte aus
in eine neue Beleuchtung treten. Die Wüstung Rennewarte-
rode dürfte eher die Rodung eines Rennewart, d. i. des Haupt-
manns der Grenzwächter, sein. — Unter diesen Warten haben
wir uns vermutlich verschanzte Lager (mit Warttürmen?)
vorzustellen, zwischen denen „Renner*' eine stete Verbindung
unterhielten. — Hinzuweisen ist endlich auf die Namen
Sperrhügel (bei Oberschönau und) Scharte (bei Ilmenau),
unverkennbar Zeugen aus grauer Vorzeit für das einstige Be-
stehen einer Landwehrkette auf der Höhe des Gebirges.
Manchem wird die Ansicht, dafs die Befestigungswerke
zur Wahrung der thüringischen provincia von den Siegern
angelegt seien (59 n. Chr.), vielleicht phantastisch dünken:
— die Sitte und Weise der alten Thüringer, Grenzfestungen
zu errichten, weist übrigens Werneburg aus der Gegend des
Südharzes, wo die Thüringer an die Sachsen stiefsen, in
Ztschr. f. thür. Gesch. IX, 103 ff. nach — minder kühn er-
scheint vielleicht die Annahme, daüSs es die Franken waren,
welche nach Unterwerfung Thüringens (531) das neuerworbene
Gebiet durch eine derartige Reihe zusammenhängender Schanz-
werke in wehrhaftem Zustand erhalten zu müssen glaubten
— wie erklärt man uns dann aber den auffallenden Umstand,
dafs von Oberhof ab mit einem Schlage die Zeugen derartiger
« .
Befestigungen verschwinden?! Hier beginnt die —
bloAie Iiäube, d. i. der „militärischer Anlagen entblöfste
Wald'' ,' „blofs" wird in der älteren Sprache recht eigentlich im
Gegensatz zu „bewaffnet, bewehrt" gebraucht —
Manch „verklungen Geheimnis schwebt noch um Höhen-
saum und Schlucht" — wer rät uns all die Bunen des
Rennsteigs? —
Miszellen.
Drei Erlasse Herzog Ernst Augusts, das Eirchen-
xmd Schulwesen Apoldas betreffend, aus dem Super-
intendenturarohiv su Apolda.
Mitgeteilt Ton C. H. Nenmaerker, Bacc. theol. a. Archidiakonus
zu Apolda.
Vor GOTTES Onaden Ernst Augu8t Herzog
zu Sachsen Jülich Gleve und Berg auch
Engero und Westphalen p.
Würdiger Lieber andächtiger und Getreuer: Euch ist
sattsam bekant, wie zerrissen und baufällig die Kirche zu
Apolda stehet, so dass man sich deren gantzlichen Einfall
fast tagl. befürchten muTs, wie Wir Selbst mit Schrecken
wahrgenommen. Nun solten Wir zwar vermuthet haben es
würde die zahlreiche Apoldische Gemeinde nebst den Eath,
wie auch Ihr, und die Uni v er sitae t^), die zwar meistens
gerne d e 1 i c a t lebet, wenig gutes vollbringen, sondern lieber
Schmaussen will, längst dahin bemühet gewesen seyn, wie
der zur Ehre Gottes gereichende Bau nicht allein angefangen,
sondern auch vollführt geworden wäre. Allein Wir müssen
höchst missfällig mercken, dass, da schon Jahr und Tag ver-
flossen, kein Mensch daran gedencken will, die BtLrgersohafft
Geiizig, die Bürgemeister Fisch und Krebs fresser, und Ihr,
ob Wir Euch gleich sonst noch eben nichts imputiren
wollen, doch in diesem Stück etwas nachlässig seyd, welches
sich aber vor einen Geistlichen nicht geziehmet, Die ü n i -
1) Die gesperrt gedruckten Worte sind im Original in lateinischer
Schrift geschrieben.
450 Missellen.
yersitaet aber dahin bedacht lebet, wie sie aus ihren
Bohlechten und liederlichen Gerichtshaltem solche Leüthe als
der Welt beruffene, entlauffene, weder Gott noch seinen Herrn
getreu gewesene, liederliche Wislizenus ist, der Yen An-
fang ein BetÜer gewesen, und als dann durch sein Geld
schneiden ein Mann von 30000 Thlr. geworden, sieben, und
dadurch Unsere Unterthanen mit steten Strafen aus sauchen
und r u i n i r e n möge. Wie Wir nun wegen der üblen Wirth-
schafft, mit der Zeit eine Änderung treffen, und der Uni-
yersitaet lieber ein gewisses quantum an Gelde statt
ihre d o t a 1 Guthes werden aussetzen müssen ; Also gehet
auch Unser fürstl. Absehen gantzl. dahin, dass dieses löbliche
und heilsame Werck zu Standte gebracht, und alle etwan
vorwaltende Hinderniss aus dem Weg geräumet werde, und
sollet Ihr vor eure Person selbst davor sorgen, und Uns
gehorsamst pfliohtmässig, gleichwie der Stadt Eath und der
Hauptmann von Bieserodt nach Unserer special ordre
und Befehl thun werden, berichten, was die Ursache dieser
Zeitherigen Verzögerung, da Wir doch schon ernstl., solchen
Bau zu vollbringen, befohlen, sey? und wie viel Geld dazu
bereits colligiret worden ? auch wo noch was zu be-
kommen, als ein Geistlicher nach £üerD Gewissen an Händen
zu geben. An dem geschiehet Unsere Meinung und bleiben
Euch wohl bey gethan. Dat: Häussdorffd. 28. Jan: 1 734.
Ernst August, Hertzog.
Inserat.
Auch, würdiger lieber Andächtiger und Getreuer wird
Euch wohl bekannt seyn was Wir vor ein Reglement das
Schulwesen und die education der Jugend betreffend durch
Unser Ober Consistorium in Unsern sämtlichen fürstl.
Landen zur strecklichen Befolgung publiciren lassen.
Nachdem Wir aber höchstmissfällig erfahren müssen, dafs die
unter Euerer Aufsicht stehende Schulen Unserer fürstl. In-
tention und ergangenen Befehle zuwieder, sehr miserable
Hiszellau, 451
escbaDcu iiud schlechte discipliu darinne gehalten werden
i\a begehren Wir hiermit ernstl. Ihr wollet bessere
Aufsicht, als Zeithero halten, darait die Kioder ia ChriBten-
thum, Lveea, Schreiben und Bechnoo treulicher angewiesen
und nicht vor der Zeit von denen Eltern aus der Schule ge-
nommen werden, auf dass ein jedeg subjectum zu eeinen
p r o p o 8 oder Vorhaben bequemer schreiten könne, denn
Eolche bruta soasten nichts als rebelien und letztl- tumme
und unbrauchbare Haudwercker und Ifnterthanen abgehen.
Weilen Uns auch unterchänigst berichtet worden, das der
Diacouus zu Apolda gar eohlechte Predigten thue, als ist
auch Unser Wille, Ihr «"oUet solchen zum besseren Fleise,
anhalten, auch Euch nach Eurer Schuldigkeit mehr angreifTen,
indem einen Priester immer sieh und seine gemeine 2u bessern
oblieget, und einen Ootl wohl gefalligen Wandel zu führen.
dat; ut: in Kescript: d. 28. Jan: 1734.
Ernst August,
Hertaog.
Dem Würdigen Unserün Lieben
Andächtigen und Getreuen, Super-
intendenten der Stadt Apolda
Apolda.
Von Gottes Gnaden Ernst August, Hertzog eu Sachsen,
Jülich Cleve und Berg, ftuch Engern und Westpbalen, Land-
graf in Thüringen, Marggraf zu Meissen, Gefiirsteter Graf zu
Henneherg, Graf zu der Mark und Kavens Berg, Herr zu
Ravenstein, der Römiaohen Kayaserl. Uayt. wiirkl. c o in m a n -
dirender General von der sämtl. Kaysserl. Carallerie,
auch Obrister über ein Regiment Cuirassiers und ein
Begiment Infanterie fügen hierdurch zu wissen, wa»
raasseu Une der Rath nebst der BUrgerschatft Unserer M,'anu-
faotur-Stadt Apolda, unterthänigst gebethen, Wir wollten
ihnen zu Fortsetzung dos angefangenen neuen Kirohen-Baues.
weil die in Unsern Hertzogthum und Landen Bereits hierza
452 MUzeUen.
Yerstattete Colleote, nicht hinläogl. sie aber in £rmaog>
lang der Kirchen- Gap Italien alle erforderiiehe Kosten au
eigenen Mitteln alleine* zubestreiten, nicht im Stande wären,
mit einem Attestat und AUmosen-Brief zu colligiriiDg
einer Ghristmilden Beysteuer ausserhalb Landes, zu statten
kommen, in Hoffnung, dass sie wegen der Strampff-Mann-
f a c t u r durch Connexion ihrer Handlung an den meisten
und gröfsten Orthem ein ergiebiges erlangen 'würden. Wenn
Wir den noch eingezogener Erkundigung, den neuen Kirchen
Bau an diesem Yolckreichen Orthe, allwo kaum die Helffte
der Zuhörer den Qottes Dienst in der noch vorhandenen
ruineusen Kirche, aus Mangel des Baums, besuchen ksD,
Tor höchst nöthig, auch das übrige Anführen der Wahrheit
gemäss zu seyn, befunden , und dahero denen Supplicanten
mit der unterthänigst gebethenen Yorschrifft nicht füglieh
entstehen können; Alss werden alle und Jede, denen
dieses vorkömmt, noch Standes Erforderung resp: Freundl.
günstig und Gnädig ersuchet, Sie wollten eine marque
ihrer Mildthätigkeit von sich geben, und aus Christlicher
Liebe, denen Apoldanera und Manufacturiers mit einer
gefälligen Beysteuer, zu Fortsetzung dieses neuen Kirchen
Baues, an Hand gehen. Wie nun die impetranten diese
Christrühmliche Assistence mit schuldigsten Danck erken-
nen und die Vergeltung derselben von dem Allgütigen Gott
zu erbitten, nicht unter Lassen werden ; Also sind Wir es
in dergleichen Fällen gegen einen Jeden Standes- Würden noch
mit resp: freundl. günstigem Willen und Qnade zu erwidern
willig und erböthig. Zu ührkund ist diese Vorschrifft unter
Unserm Fürstl. Ober- Consistorial Insiegel ausgefertiget
worden. So geschehen Weimar zur Wilhelms Burg den 5t e n
Decembris 1735.
(L. S.) G. V. Reinhaben.
Demnach Vorstehende Abschrifft mir Endesbenannten ge-
schwohrenen Kayserl. Notario übergeben, und anbey um
behörige V i d i m i r ung derselben angesuchet worden ; Also
habe sothane Abschrifft von Wort zu Wort durchgelesen, mit
dem mir vorgelegten wahren Original collationiret,
wad in alltin durchaus gleichlautend hefuadou. Welches hier-
durch auf Verlangen unter Vordruekung meines Netariat-
Siegelfl und eigenhändiger UnteiBchrifft attistiret wird.
Sign. Apolda den 10. Januarii 1786.
(L. 8.) Johann Christoph Keintopff
Notar: publ: Ca
Zum 26, Gedenktage an die feierliche Einweihung
des Berthold Sigismand-Denkmala in Budolatadt.
Am 13. August 1892 vollendeteu sich 25 Jahre,
das an der Georgstrafse nahe der Morlabt'ucke erriohtete
Denkmal geweiht und in den Schutz der Stadt gestellt worden
ist. Dasselbe gilt dem ehrenden Gedenken an unsem be-
deutenden Landsmann Berthold Sigistuund, welcher am 19.
Uärz 1819 in Stadtilro als der Sohn des dortigen Ämtsaktua-
rina Florus Sigismund geboren Avurde und am 13. August
1864 seine reiche und segensvoUe Laufbahn beechlofs. Einen
Teil seiner Enabenzeit verlebte Berthold Sigiemund in Blanken-
burg, wohin sein Vater als Justizamtmaan im Jahre 1828 ver-
setzt worden war. Hier wurde er durch die Rektoren der
Stadtschule und durch den Unterricht seines Vaters im La-
teinischen geistig HO weit gefördert, dafs er bereits mit dem
13. Jahre in ilie Sekunda des Gymnasiums zu Budolatadt ein-
treten konnte. Nach bestandenem Abiturientenexamen be-
suchte er die Universitäten Jena, Leipzig und Wuraburg, um
Medizin zu studieren. Neben medizinischer Fachbildung er-
warb er sieh noch reiche philologische Eenutniase im Fran-
zösischen und Englischen, die er spSter weiter vermehrte
seitdem ^^H
richtete ^^^
I
4Ö4
Misiellen.
durch das Italienische und Spanische. Auch der Kunst wir
er von Herzen zugethan, er zeichnete nicht nur gut und
konnte mit dem tüchtigsten Zeichenlehrer in die Schranken
treten, auch mit der Baukunst, der Skulptur und Mosaik hatte
«r sich so befreundet, dafs höhere Bauverständige über seio
Wissen staunen mufsten. Nachdem er promoviert und du
medizinische Staatsexamen abgelegt hatte, liefs er sich in
Blankenburg als Ant nieder. Die Jahre 1848 — 45 verlebte
Dr. Berthold Sigismund in der Schweiz, in England und in
Frankreich. Gesundheitsrücksichten nötigten ihn alsdann znr
Eüokkehr nach Blankenburg, woselbst ihn seine Mitbürger
nach etwa Jahresfrist zum Bürgermeister erwählten. Auch
-dieser ihm übertragenen Yertrauensstelle hat er seine ganze
Kraft gewidmet. Nach vierjähriger Wirksamkeit im Gemeinde-
leben fand er 1850 in Budolstadt die Thätigkeit, welche ihn
wahrhaft befriedigte, die er trotz mehrerer ehrenvollen Be-
rufungen in gröfsere Städte bis zu seinem Tode nicht wieder
aufgab. Er wurde Lehrer an der Eudolstädter Beaischule,
woselbst er vorzugsweise Naturwissenschaften vortrug. Püist
Friedrich Günther verlieh ihm 1854 das Prädikat „Professor^
Da Sigismund die Freude eines schönen Familienlebens
von Jugend auf erfahren hatte, war es sein lebhafter Wunsch,
selbst einen häuslichen Herd zu gründen; er verheiratete sich
mit einer Bürgerstochter, Pauline Henning aus Rudolstadt, die
ihn mit drei Kindern beglückte. Es nimmt nicht Wunder,
dafs die Schüler mit Dankbarkeit an dem geistvollen, prak-
tischen und liebenden Lehrer hingen. Wegen seiner univer-
sellen Bildung und seiner Lehrfähigkeit wurde er von seinen
Kollegen besonders geachtet, man staunte über seinen hoch-
begabten, weitausschauenden Geist. Am weitesten aber reichte
sein Wirkungskreis als gewandter Schriftsteller; wertvolle Auf-
sätze von ihm brachten ,,Die deutschen Blätter*', ferner „Die
Gartenlaube", der „Auerbach'sche Wandkalender", die von H.
Schwerdt herausgegebene Zeitschrift „Feierabend", die von
Gutzkow redigierten „Unterhaltungen am häuslichen Herde**.
Auch die wissenschaftliche Beilage der „Leipziger Zeitung"
Ulscallen,
brachte gern Beiträge von Bertbold 6igiBmiind; eo im Jahre
1857: 1. Das Waohsttim der Pflanzen, 2. Skizzen eur Ge-
schichte der InduBtrie des Thüringer Waldes, 3. Die deutschen
Marschen, 4. Abhandlung über dia Klangfarbe. Aus all dieser
Thätigkeit geht hervor, dafs Serthold Sigiamund eia Meister
{lopulärer naturgeachiohtlicher Darstellung war. Ferner sind
zwei Schriften von ihm bu nennen, welche, -wie die Mathema-
tische Oeeellschaft in Jena uachrühmte, für die pädagogische
Litteratur von Bedeutung und jetzt noch nicht UbertToffen
siud. Die eine ist betitelt; „Kind und Welt" (Braunsohweig
bei Vieweg und Sohn) und zeigt in äufaeist interessanter
Weise die Kindesentwickelung vom ersten Lebenstage bis
zum 5. Lebensjahrej die andere Bchrift führt den Titel: „Die
Familie als Schule der Natur" und giebt an, wie die Kinder
in die einzelnen Zweige der Naturwissenschaft einzufüliren
sind. Die sächsiBche Btaatsregierung übertrug Berthold Sigis-
mund die statistisohe Beschreibung der Lausitz und des Erz-
gebirges. Mit der Lösung dieser Aufgabe erwarb er sich den
grofsten Beifall ; für eine andere Schrift „Voz humana" bekam
er den zweiten Preis.
Schliefslioh sei noch ein Werk SigismhndE genannt, das
ihm für immer ein ehrendes Andenken sichert: „Die Landes-
kunde von Sohwarzburg-BudoJatadt", ein zweibändiges Werk,
in dem er sich als grundlichster Kenner der Heimat zeigt.
In der besten Maneeskraft, im Alter von 45 Jahren,
wurde Berthold Sigismund, der hochbegabte Pädagog, der
schätzenswerte Gelehrte, in das Jenseits abgerufen. Seine
letzten Worte waren: „Schaff' in mir Gott ein reines Herz
und gieb mir einen neuen gewiseen Geist!" Sein Grab be-
findet sich auf der ersten Abteilung des hiesigen Friedhofes
an der Garte nstrafse unterhalb der Leichenhalle.
Etwa ein Jahr nach dem Tode Sigismunds regte der
Uudolstädter Gewerbeverein, dessen treu verdienter Vorsitzender
der Heimgegangene gewesen war, die Errichtung eines Sigie-
mund-Denkmale an. Zur Durchführung des Planes wurde
ein Komitee gebildet, welches aus den Herren Fabrikbesitzer
XVI. 30
■
■
466 iii--i«..
CNuUt Bohn«, BMhnoBgnat Bi»t«roitz und Hofbuchfaündla
Sahoiti beatuuL Bor PwkimlAnd wurde gebildet aus äim
lutiBctieii YoTstollong, weldie
und der Dramatieohe Verein im
■Dataltn hatten, femer aus den St-
•tKndaa d« Gmmbvmma», dia duToh SigismandB öffentliche
Tntcig« dortwibit ingriiimii^lt worden waren, sowie au
«amer Annhl Qeld^midfla «inaalner Bürger. Ganz besonders
aber afahnn die Kittel Ar du Denkmal Yerelärkuog durdi
die von dem enrthlten Komitee veranetaltete Lotterie, bei
veleker 468 Lom T«itrieben wurden. Alle Kreise der
Ba^teneheft nntentütiten dieeee UnternehtneD durch Zuweo-
dmg TOn 8«wiiiiigegeiutKndeiL Kootag, den 3. Dez. 1866
fiuad im Geethof „nun Adler" die Verlosung statt, naohden
die Gewinne Inge ntrw ebendaeilbBt öffentliob ausgeatellt ge-
weeen wwen. Im Jahre 1867 wurde die Herstellung d«a
Denkmali, welohei ane einem mlefatigeD Steinblock, mit einen
in Xn gegoieenen HedaÜlonUlde Berthold Sigiamunde be-
■tehen iollta, in Auftrag gegeben, nachdem der Stadtrat unterm
6. U« deeeelben Jähret beaeUoBGen hatte, ein Arealstiick
neben den Pappeln an der Brücke Über den Uörlagraben als
Bauplatz zur Teifügung bu etellen. Besondere Bchwierig-
keiten bereitete, nach den im hieeigen Batsarohtv befindljchcD
Nachriohten, der Transport des «twa 130 Centner schweren
St^nblookes, welcher in der Nähe von Meilenbach gebrocheo
worden war. Derselbe langte am 13. Juni in Rudolstadt an.
Inzwiaohen war das nach einem aus der Bohne'schen Pors.-
Fabrik allhier hervorgegangenen Modell in der Eisengierserei
und Masohinenbauanitalt zu Katehütte gegossene Medaillon-
bild fertiggestellt worden. Am TodeaUgo Berthold Sigismunds,
den 13. Augnet abends 6 Uhr erfolgte die feierliche Ein-
weihung des Denkmals. Hier hielt Herr Dr. Sohaffuer aue
Keiihau die Weiherede, in welcher er die deutsche Charairter-
feetigkeit des Dahingeschiedene o mit folgenden Worten schil-
derte; „In seinem JLufseren war Sigismund ohne Prunk und
und Schimmer, schmucklos wie dieser Stein, aber in seinem
Hiizellea-
457
Herzen echt deuteoh und treu, eo fest wie dieser Stein."
Gesang uad MuEikbegleitung erliöhteii die Feier, an welcher
eine gioCse Zahl hiesiger und auswärtiger Verehrer SigismundB
teibahmeu. Bas Denkmalkomitee machte alsdann in Nr. 64
des Wochenblatts vom Jahre 1867 noch Folgendes bekannt:
„Das dem Andenken Berthold Sigismunds gewidmete Denk-
mal, welches zugleich eine VerHchÖnerung der Umgebung
Budolstadts bilden soll, empfehlen wir dem öffentlichen Schutse
aller Bewohner Rudolstadte. Die Mitglieder des Gewerbever-
eins werden es sich als Erriohter des Gedenksteins vor allen
angelegen sein lassen, denselben vor allen Beschädigungen
und Verunreinigungen zu echütseo."
Infolge der demnächst vorzunehm enden bauplanmäTsigen
Herstellung des nicht fiskalischen Teiles der Qeorgstralse wird
sich eine Versetzung des Denkmals, mit welcher sich zugleich
eine Benovation desselben verbinden soll, nötig machen.
Uöge die dankbare Erinnerung an Berthold Sigismund
ein duftiger Blumenkranz sein, den wir ihm, dem Verewigten,
an seinem Denkmale niederlegen.
^Obe^bürgermejBter am Ende-Rudolstadt.
Ein
Unter d'
Ein Streitlied aus der B«formationBBeit.
Mitgeteilt von E. Einerl.
Unter den wenigen Papieren des Eataarchivs zu Arn-
stadt, welche sich aus dem grojjen Brande des Jahres 1581
und der bedauernswerten Verwahrlosung späterer Zeiten auf
die Gegenwart gerettet haben, fand dofa, im RatspiotokoUe
eingelegt, auch folgendes Btreitlied, das, wie es scheint, nirgends
in Druck vorliegt.
bihalt und K>rm, Fixier nie Muättäi(gm wtima mmlk
beit in die Bafermalioiiiwil» w^fotm- Ifccte IjliKyii
^Widiffiinbeiie des regwreitdeB GnifoD «wk &l»'4ill»41iqi»«i«
SlidtUieii in ihn gtiNAtigen fiMvdnn^Ben« «og; 1
Bdion 1S3S lautciite eine tMfceiri|g^ 1%SäniMig^ «rf
iiffnem Merkte der Predigt des ÖnltelitiB 1^ 4&t Bmiek
OhriBte, und keiiin war der Grsf in sdnen Vlleni Üeiii^
fjßmgeaif ale aneh sdn Solm der Belformaitien in MmMt l^mk
tfe Bahn Sffnete. Das begonnene Vfmk 8els£e Q^nif CKste
mM dem fcttMi Manie fort nnd berief lAithera beeondeiai
Uebling, Joaehim Mörlin, als Baperattettäsnlen üäeh JksAtIbaM,
Um so lebendiger worden die Beziehungen äer Sfaldt sa
den Wittenbergem, doeh anch lu Mykonius in Götliä und 9
dem Senior Lange in Ertait, welcher sogar stfneit^lii|;ash]ift
über den an Diasius begangenen Brndermord dem Böigem
meister Ohilian in Arnstadt widmete. Es war dlei tinmittdbsl
vor Ansbrueh des Schmalkaldischen Krieges.
Dieser gewittersohwangeren Zeit» da der Xaisfr nut aein«i
Partnern und. die hierarchischen Gewalten sich cur iTemidi-
tung des Eyaogeliums zusammenschlössen, scheint auch unser
Lied anzugehören (yergl. Str. 7. 9). Ist „der verdammte
Sohn" (Str. 5) nicht der Papst, der Sohn des Teufels, so
würde man es vielleicht auf Papst Paul des Dritten Sohn,
Pietro, beziehen dürfen, der mit Ottavio Farnese zum Kreuz-
zug gegen die nordischen Ketzer rüstete.
Auf Peter Watzdorf, Bürger zu Arnstadt, weiland Schösser
zu Jena, wie er sich nannte, der während des Kriegs und
nach demselben in Flugschrift und Gedicht für das bedrohte
Evangelium und das Haus der Ernestiner auf den Kampfplatz
trat, ist das Lied in seiner knappen Form und Ausdrucks-
weise schwerlich zurückzuführen.
Dafs es auf die Melodie von Paul Ebers ^) bekanntem
1) Professor der Theologie nnd Oeneralsuperintendent in Wittenberg,
Freund Luthers und Melanchthons, geb. 1511 f 1569. Bern, der Red.
Ifiszellen. 469
Liede gestimmt ist, weist auf seine Bestimmung auoh für den
Gemeindegesang in der Kirche hin.
Entzieht sich der Verfasser unserer Kenntnis, so darf
es doch schon wegen seiner oft so kraftvollen Weise, die an
die Schutz- und Trutzlieder aus der Anfangszeit der Refor-
mation erinnert, gewlTs unsere Beachtung in Anspruch nehmen«
Aufi die meledeung wen wiehr jn hegesten noten sein.
1. Herr Jesu Ghriste, Qottes söhn,
sih doch, wihe hoch sich jnn seiner krön
der Ante Christ zu Böhm erhebt
und wider deine brider strebt
2. Er wil yerdilgen miet dem swert
alle menschenkinder deiner hert,
die seine persohn und seine gebot
nicht ehren wollen als einen gott.
8. Wir sollen seine mefse heren,
die toten miet ahn ruffunge ehren
und zweiffeln, ob dafs leiden dein
auch mege ein yoUigk opffer sein.
4. Item, wir sollen senfft und sis
dem pabst kissen die fis
und aplafs von ihm kauffen deuer,
sehr dinstlich yohr dafs fegefeir.
5. Dafs wollen wier, o Herre, nicht duen,
und wen uns der verdamte söhn,
gleich als er zwar wol gerne weite,
dafs leben driber nemen solte.
6. Yerleuh uns nur zu solchen streit
durch deinen geist bestendikeit,
dafs wiehr verachten alle pein
und selgk auff dich schlaffen ein.
460
7. Doch biett«Q wiehr demidiglioh, -Jj||HMmPN|R^H
&ÜD Antechrist widerspriob ^K
iju^
und la& ihn nicht naoh Beiaeu begeren ■
■ tm '■
die lenge ia uaeero blute mer«D. L
•1.
.,,8. Sondern beBohiimme deine brauet ,
wider dee toufFeU arge hauet
TOQ Babilou, die deine ere
miet iren lügen leeteni eelir.
9. und wirff eie miet alle iran bunt _|^
hinundei in der hellen grünt,
wihe uni sagt, dafa es boII gesehen -,
Johannes, der ee in geist gesehen.
10. 8o wollen wiehr den namen dein,
miet allen Christen in gemein
erbeben und auch stetiglioh, ,
Die weiel wiehr leben, anbeteu diob>
Litteratnr.
I
Tümpllng, Wolf von: Gesohlchte daa Gesohlechtea von
TfimpUng. Erster Baad (bis 1551). Mit dem Wappen, oiaer
Siegeltafel, zwei Stammtafeln, einer Karte der Grafaehaft
Camburg, anderen KuoBtbeilagßB und Register. — Zweiter
Band (bis zur Gegenwart). Mit Urkunden-Anhang, Bild-
niesen, anderen Kunstbeilagen, einer Karte zum Feldzuge
gegen Polen von 1794 und des Treffens von Oitsohin, dem
Facsimile eines Schreibens des Kataere Wilhelm I., des
Kronprinzen Friedrich Wilhelm uad des Prinzen Friedrioh
Karl, mit Stammtafeln, einer Ahnentafel, zwei Siegeltafeln,
drei Handechriftentufetn, Register und Stammbaum. Weimar,
Hermann fiohlau, 1883 und 1893. XXIII und 354 S8.
und Till und 784, auch 137 88. und e'/« Bogen Be-
gieter. B".
Bafa der Genealog nur dann imstande ist, echt wiesen-
eohaftliohe Arbeiten zu lietern, wenn er sich bewufst bleibt, dafs
die ErfoiachuDg der Vererbung und FortpHanzung gewiaser
Ideen und geistiger Qualitäten zunächst innerhalb eines be-
etimmten Geschlechter Hauptaufgabe genealogischer Einsel-
forschungeu sein mufs, von dieser Überzeugung iet der Ver-
fasser oben genannter Bande in seinen eingehenden, sorg-
fSltigen und durchaus objektiv gehaltenen Untersuchungen
über die GeBchichte seines weitverbreiteten Geschlechtes offen-
bar geleitet worden. Und wer wollte bestreiten, dafs eich.
4
464 Litteratur.
wie Kotzebue es nennt, Vorzüge und Gebrechen der Seele,
Tomehmlich als Tradition von Geschlecht zu Geschlecht, fort-
pflanzen wie die des Körpers? „Wenn die Tagend, mit
Flutaroh zu reden, nur eine lange Gewohnheit ist, warum
sollte ein ganzes Geschlecht sich nicht ebenso leicht an Aus-
übung der Tugend gewöhnen können, als ein einzelner Mann l"
Dafs es bei dieser Art genealogischer Betrachtung nicht
genügt, die Reihe der Ahnherren aufzuzählen, ihre An-
lagen, Vorzüge und Fehler, sowie ihr Geschick zu erforschen,
daüs yielmehr das Augenmerk in besonderem Mafse auch auf
die Ahn fr au ein zu richten ist, ja dafs die Bedeutung der
Mütter für die Vererbung meist gröfser ist als die der Väter,
das scheint mir der Verfasser, soweit es die Quellen zulassen,
genügend beachtet zu haben.
Freilich ist diese psychologische Betrachtung der £nt-
wickelung des Geschlechtes für die früheren Jahrhunderte
wegen Mangel der Quellen so gut wie ausgeschlossen ; sobald
aber die Quellen reichlicher fliefsen, giebt uns der Verfasser
mit Vorliebe Belege für die charakteristischen Eigenschaften
seines Geschlechtes.
Als solche treten besonders hervor eine echt christliche
Frömmigkeit, die nicht nur in einem wohlthätigen Sinn, wie
bei Albrecht und Alke Tumpling (I, 89 ff.), sondern auch in
einem wahrhaft christlichen Lebenswandel, wie besonders von
Hans Georg, dem thatkräftigsten Vertreter des Geschlechtes
z. Z. des 30-jährigen Krieges (II, 166 ff.), gerühmt wird, und
in einem kindlichen Gottvertrauen hervortritt, das in geradezu
rührender Weise zahlreiche Briefe und Äufserungen des aus-
gezeichneten Kämpfers in den Freiheitskriegen Adam Wolf
Ferdinand von Tumpling, Generals der Kavallerie, belegen
und das nicht minder stark seinen Sohn Wilhelm, den ruhm-
vollen Sieger von Gitschin und geachteten Führer des sohle <
sischen Corps, beseelte, der sich zum Wahlspruch das Wort
Gustav Adolfs genommen hatte: „Der frömmste Soldat der
tapferste Soldat."
Als weitere Charakteristika der Familie treten dem Leser
äei OeBohichte des Oesobleohtee eutgegea : Päichttieue, Vatei-
laadsliebe , ein stark auBgeprägter Sinn für die Famiüea-
ehre und, last not least, ein bisweilen uagästümer Thftten-
drang und gxohe Tapferkeit. „Lafs une bedenken", schreibt
der 18-jährige "Wilhelm 1827 au «einen Vetter Wolf, „dafs
68 unsere heilige Pflicht iat, den Namen der Tümplings
in Ehren und Achtung zu erhalten und nichts zu begehen
und in nichts zu willigen, wu unserer und unserer Familie
Ehre zuwider ist. Lafs es unser Bestreben seyn, dereinst als
, Gott
tUohtige MeoBchen aufzutreten und dem Vaterlande
dala wir nicht unwürdig unserer Ahnen sind, an d
aey Dank, kein Makel haftet",
Dafs Männer dieser Art berufen gewesen sind, im ölfent-
liohen Leben eine geachtete Bolle zu spielen und den Platz,
den sie eingenommen haben, auezufulleu, beweist ihre Oe-
Bcbiohte, und dadurch erhält auch diese einen besonderen Wert.
Die Geschichte des Geschlechtes ist wiederholt Gegen •
stand historisch- genealogischer Untersuehung gewesen. Der
bekannte Glafey gab 1716 „ Antiquitates Tumplingianae"
heraus, 1773 sohrieb Zeideler „Eistorisohe Nachrichten von
der alten adelichen Familie derer von Tumplingen etc." (Uek,),
in den „Dipl. Nachrichten adelicher Familien" (Leipzig 1793)
behandelte v, Üohtritz auch die Geschichte dos Geschlechtes
Tümpling; 1859 bearbeitete dieselbe der preutsische General-
major T. Schöning (Msk.), und endlich veröffentlichte Wolf
Otto V. Tümpling 1864 „Geschichtliche Nachrichten nber die
Tou Tümplingsohe Familie".
Diese Arbeiten dienten dem Verfasser z. T. als Vor-
arbeiten, muTsten aber in niehl unwichtigen Punkten ver-
bessert und besonders erweitert werden. Als Quellen benutzt
er in erster Linie Urkunden, Akten und Briefe. 21 Arohive
hat er, aofser dem FamilienarohiT, allein für den 1. Bd. be-
suchen müssen. Die Darstellung ist durch diplomatische Treue
ausgezeichnet; der Leser kann meist selbst pr&ten, da die als
äueUen dienenden Urkunden, Regest^n, Briefe etc. in die
Darstellung verwebt oder in Anmerkungen und im Anhang
I
^^fUß LftttnitBr.
fiBaht wertroUmi Beihgen, beioadif» Ar di^ CMteiMM» te
19« #ftSii]i^ T«rdi«it ToUe Aiierkeii^iii«; Brt lÄir £iHNi<iir
Krioer Pamilia ist «BfVett ttttB beAuAtti dbjrtHNrMt^fUBitt
D«r L Bttid tnttet die OeMftielite dM QMMMiMb Ife
1661, der IL Band die QiimlüM»4MWuaa^BlS^^^
in mmm HL Bttide fdD die SeeeMoMe der edeMÜlMNi Hküii^
Potewiis und CSaaekirolieii behttidelt nhndeii.
Di» OeieftleeU Tfimpfing, ofRM^ber ostocUbiaiiellw BM^
kuüf^ fdirint eis BnrgniaDiieDÜMBffie Ünn "nliiffnini fluiilKiil'
in Ae HlOie gekemniett tn sein nni eAteUf ietnen'iiluiMi
Ton dem unmittelbar bei Cambnrf^ sm rediteli^ flaahlftf p»
bgenen Ort gleiohen Nünmit. Der^ Mangel ftii dfknntiShlMa
Ihebtidtten über die älteste Seit der CTrafMiall Cimbnkf ^
1) Vhm 11^ St(e& I, SO, ST f.) «Wr «• Ilfrtg gitoWciii ClilaiiH
ÜlSbsiii «te. btfftehtti iHrd, Mhnrf steh mehf «to sfaür i|fte.4fr Bt»
iltktigiiiig. 0ie BmiobnoBg to Mgr. Gero (f SSS) sl« Meintar %rf;
▼OB Ciunbarf^ btraht auf oinor Venroehiehmg mit G«rO| Gr. t. Bt^oß^
dorn Bmfler dos 1076 ▼orttorbenen Mgr. Üodi mvd lUuar d«r j^äcalbatf
Wottiiior Dietrich und WUboItn, Ton denon sieh letfttrer Gr. ▼: Oittbiliä^
nannte. Für eine Wirksamkeit des Mgr. Gero in der Gegend der mitt»
leren und oberen Saale fehlt jeder Beleg.. Die Quellen schweigen dob
darüber, wer hier z. Z. des Mgr. Gero das Reich vertreten hat, yoU*
kommen aus, and es ist anzanehmeni dafi die an Thüringen angrenzenden
Sorben den Widerstand gegen das Reich in dieser Zeit bereits aufgegeben
hatten. Die Notiz über Geros Verhältnis zur Kirche Stöben birgt einen
Widerspruch in sich. Die Kirche soll um 1000 gegründet worden aeiik'
und doch von dem Mgr. Gero (f 966) den von seiner Pilgerfahrt ala-
päpstliches Reisegeschenk mitgebrachten Arm des h. Cyriacus erhalten
haben und deshalb in honorem s. Cyriaci geweiht worden sein. Stöben,
das als einer der ältesten Orte im Bezirk Gamburg schon von Brückner
(Landesk. des Herzogth. Meiningen, II, 767) angesprochen worden isti
scheint mir mit einem nicht mehr nachweisbaren Ort im Mansfeldischen,
vielleicht mit dem Ort, der dem Geschlechte von Steuben (s. II, 2S6)
den Namen gegeben hat, in der Litteratur (s. a. Bau- u. Kunstdenkm. ThÜr.
Heft VII, 178) und bei von Tümpling verwechselt worden zu sein.
Die U. Kaiser Heinrichs IV. d. d. Gleichen, 1089 Dez. 12 und die
ü. des B. Günther v. Naumburg, wahrscheinlich von demselben Tage, sind
zwar formelle Fälschungen des 12. Jahrb., ihrem Kerne nach aber echt»
erklärt ea, dals unverdächtige Zeuguiese für die üeechichte
des Oesohledites erst aus dei Mitte des 14. Jahrh. vorliegen.
Dai UauB teilte sich später ia mehrere Linien: Foeewitz,
im Hannesstamme 1822 erloBoben, Berg-Suiza, desgl. erloBchen
1779, das noch blilhende Haus Sorna und die 186T erloBchene
Linie Caaekirchen. Wie schon erwähnt, steht das Geaclilecht
zuuächBt in enger Beziehung zu den Wettineru, bei denen es
nicht nur zu Lehen ging, sondern auch als Beamte (Vögte
zu Camburg, Saalfeld, WachseDburg) und Offiziere Dienste
nahmen, Seit dem J. 1730 erscheinen die TUmpling in der
preuTsiBchen Armee, in der sie dem Geschlecht die BchoDsteu
Lorbeeren erwerben sollten. 18 Träger des Namens Tümp-
ÜDg haben seit 1730 die preuTsieche Uniform getragen; von
diesen haben sich nicht weniger als vier den Orden Pour le
merite, zwei den Schwarzen Adler-Orden, zwei das eiserne
Kreuz 1. KlaBse, einer das eiserne Kreuz 2. Klasse auf dem
Schlachtfeld erworben.
Der VertasBer hat es gut verstanden, die grofBen Zeit-
ereignisse besonders seit dem siebenjährigen Krieg bis zur
Gegenwart als Hintergrund für die Geschichte des Ge-
schlechteB, das für jede wichtige Periode der deutschen Oe-
achiohte einen tüchtigen Vertreter gestellt hat, zu verwenden,
£iue grofse Anzahl z. T, wertvoller Akten, Briefe, Aufseich-
nuDgen etc. zur Geschichte dieser Zeit werden hier zum ersten
Sie ceigen, dafs der obeti gen, Gr. Qero v. Brehoa mit seioen 3 SSbnsu
das Gut Beiocr veTslorbeuea Gemalilin B^rlhs, die in erster Ehe mit Poppa
V. Wipprs vermKhlt genesen ist, dem Stifte Naumburg vermacht hil. Die
Güter rühren offenbar aus Wippraschen Beaitziingen lier Aufser Holleben,
SehafsUdt tiud Uelfta werden Petere^betc uud Stubi genannt. Kiclil bei
Cunburg, sondern im UansfaldiBchen ist ebenso das in der angelogenen
U. von 113t Joni 5 gen. Stuvene und du in der U. des Erzb. Wieb-
mann V. Magdeb. unter den BealtKUUgeJi des Neutrorks-Kl. la [lalle er-
vilinte SCdvene an sncbea.
Ich bemerke hierbei noch, dafs das 11, 31 Z. S erwühnte Cagllicb
nicht CD Ehra geschab, sondern wie das II, S9 Z. 3 v, u, erwähnte Reg.
dartfaut, im Amte Camburg. Der belr. Fleischhauer sUmmte an» Hohen-
I
I
■
I
468
Ihl der Poraehiiag mg&iglnk gcnuiAl» Kb TtOrnrnfm. P«lfi%
im AuflrtMid Pokas unter Koeenotko 1?94 (ßm UMärnngämA
iine Kirto yereiuidunilidit), die Xlaiph ISOd-^-^lSlS, du
Be?oliitioii^)alir, die S Kriege WüfaelBui I^ m tmWkiSpi»
SU erwUiaeB, irwden in ehexiklMeisäMiiMi AigiA vam m-
gegenwirtigi InliMrel wiehilg «nd die miUOmttgBm Vm
Wilbelai Adam Wolf Perdmend (Adern nnd «tfn JEMhoi inOMfai
lind offenbar die hervorragwidilen Terliet«r '^ düP gßmmä
Vaadlie). Iah erinnere nnr an die beldirenden Aiifalien Jkr
die nuHtSritebe Enielning Adams und die BnridMitaegeaL dar
prenbitdien Anaee nm die Wende dieiea JiM^ Aa'Ani»
Dehnungen über 1848, die mitgeteilten BrliA daa Titüiw
Wilhelm I^ des Kronprimen, des Prfnsen Vriediieli Xul^
IColtkes tt. s.f.
Die Knnstbeilagen eriitthen den Wert dleseir dirtpiisia
Tomehm ausgestatteten Publikation, für die diis TecAMMir
elwnso die Anerk«inimg seiner Pamilie wie der Dasik dsir
Gesdiiolitrfl^ande gebührt
Dr. O, Dobeneoker« ^
e.
Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens. Im Auftrage
der Eegierungen von Sachsen- Weimar-Eisenaoh, Sachsen-lCei-
ningen-Hildburghausen, Sachsen-Eoburg*Gothay Schwarzburg-
Rudolstadt, Eeufs ältere Linie und Beufs jüngere Linie be-
arbeitet von Prof. Dr. P. Lehfeldt. Jena, Verlag von Gustav
Fischer, 1892/3.
Heft XIY. Grofsherzogtum Sachsen- Weimar-Eisenach, Amts-
gerichtsbezirke Apolda und Buttstädt.
Heft Xy. Herzogtum Sachsen-Meiningen, Amtsgerichts-
bezirke Gräfenthal und Pöfsneck.
Ultentnr. 43^
I Heft XVI. Orofahersogtam Sacheei)- Weimar -Eisenach,
AmtBgeriohtsbezirke OrofsradeBledt und YieEelbaoh.
■ Heft XVII. Grolaherzogtum SaoliBen- Weimar- Eisenach,
Amtegerichtsbezirke Blflnkenhain und IlmeDau,
Wieder liegt als Jahresleistung eine Reihe neu er-
schienener Hefte der Bau- und Eunstdenkmäler Thüringens
vor, die erkeuneii läfat, dafa das Werk mit Eifer gefordert
wird. Bis jetzt fiiad die Denkmäler aus 29 Amtegerichtabe-
zirken beschrieben ; da noah 40 Amtegerichte bezirke vorhanden
sind, deren Denkmälerbesohreibuag noch auBSteht, bo ist der
stattliche Umfang der noch zu erledigenden Arbeit leicht zu
Heft XIV, enthaltend 84 Seiten für den Amtegerichts-
bezirk Apolda und 88 Seiten für den Amtegeriohtsbezirk Butt-
städt mit 6 Liohtdruckbildern und 30 sonstigen Abbildungen
sowie 2 Überaiühtskarten , vollendet den ersten Baad der
Bau- und Eunstdenkmäler des GrofsherzogtumB Saohsea-
Weimar, der nunmehr den ganzen zweiten Verwaltungsbezirk
(Apolda) umlafst.
Aus dem Ämtagerichts bezirk Apolda werden die Uenk-
mäler an 39 Ortschaften besohiiebeD, die mit Ausnahme von
Apolda ländliche Ortachaften sind. Da auch Apolda als Stadt
keine sehr lango Zeit der wirklich. atadtmäTaigen Entwickelung
hinter sich hat, und da Stadtsulza, obwohl ein vielbeanchler
Badeort, dooh die ländliche Erscheinung noch ziemlich bewahrt
hat, so Bind bemerkenswertere Bauten in den Besohreihungen
nicht anzutreffen.
6. 312 (6). Apolda. Rathaua. Daa Stadtwappen wäre
SU beachreiben gewesen.
8. 317 (11). Dorfsulza. Die Zeichnung iat für den dar-
geatellten Gegenstand im Halestsbe zu grofs und erzielt daher
nicht die richtige Wirkung.
S. 319 (.13). Eberstedt. Eiiohe. Wappen. Bei einer
Wappenbeachreibung kann wohl nicht gut von einem „Motiv"
gesprochen werden,
470 Utteratur.
8. 831 (25). HerreBsen. Eirohe. Taufstein. Die Zeich-
nung ist nicht frei von perspektiyiBchen Mängeln.
8. 839 (83). Nauendorf. Kirche. EanzeL Die in ihren
Formen als auch in der Ausführung bedeutende Kanzel ver-
diente eine bessere Aufstellung, als sie gegenwärtig in der
kleinen auf dem Kammergutshofe zu Heufsdorf befindliohen
Kirche hat.
8. 343 (87). Niederrofsla. Kirche. Lichtdruck. Die
in die Chorwände eingelassenen Gemälde sind nicht beschrieben.
8. 364 (58). Ffuhlsborn, und a. a. 0. Die mit Yo^
liebe abgefafsten Beschreibungen der Altarbauten bleiben ohne
Abbildungen unverständlich, wenn auch die Beschreibungen
noch 80 umfangreich gehalten werden.
8. 879 (73). Utenbach. Kirche. Die vom Verfasser
geäufserte Ansicht über die Wiederherstellung von Kirchen
kann in jeder Hinsicht bestätigt werden.
Aus dem Amtsgerichtsbezirk Buttstädt werden Denkmäler
an 27 Ortschaften beschrieben. Im Besonderen ist zu be-
merken :
8. 419 (23). Buttstädt. Eathaus. Die Beschreibung des
Batskellers, der gotische Kreuzgewölbe mit Wappenkonsolen
enthält, wird vermifst.
S. 422 (26). Ellersleben. Kirche. Die Glocken sind nicht
erwähnt.
S. 427 (31). Grofsbrembach. Kirche. Die Pfosten zum
Tragen der Decke waren früher erforderlich, weil die Kirchen-
böden von Amts wegen als Schüttböden benutzt wurden. —
Auf dem Kirchenboden befand sich die lebensgrofs in Holz
geschnitzte Figur des Gekreuzigten, die bei dem inzwischen
erfolgten Ausbau der Kirche Verwendung gefunden hat.
S. 432 (36). Grofsneuhausen. Kirche. Die zweite
Glocke ist wegen ihres hohen Alters bemerkenswert; gegossen
1283 durch mgr. (Magister) Kopphe.
S. 434 (38). Guthmannshaueen. Vom 8. bis 12. Jhrdt.
war der Name des Ortes : Wodaneshusun !
LiUeralar. 471
( (42), Haindorf. Kirche. Die Glocken aiud atcht
aufgeführt.
Ö. 446 (50). Ködderitsch. Kirche, Es fehlt ebeofaUs
die Erwfibnuag der Glockea.
Heft XV enthält 6 Licbtdruckbilder, 20 Boustige Ab-
bildiiDgen, 3 ÜberaiohtB karten und auf 46 Seiten die Beschrei-
bung der Denkmäler aus 21 Ortschaften des Amtsgenchtabe-
zirks Gräfenthal sowie auf 38 Seiten die Beachreibung der
Denkmäler aus 7 OctBchoften des Ämtsgerichtsbesirks
Pöbneck.
8. 209 (8). Gebersdorf. Wohnhaus. Die Wiedergabe
diesea in Faohwerksbau aufgeführten Hausee läfst erkenaea,
Trie weit entfernt unsere heutigeu Facbwerkibauten von der
malerischen Wirkuug früherer Bauten sind.
S. 213 (7). Gräfenthal. Kirche. Die Mitteilung des
alten Kanzelentwurfs des Bildhauers Keyser aus Saalfeld (1725)
ist dankenswert.
8. 219 (13). Gräfenthal. Wespenstein. Der Lichtdruck
-wirkt nur laudsohaftlich.
8. 226 (20), FriedrichsthaL Es erfreut, zu wissen, dafs
die Uochzeicsweste des Herrn Uyliua, um 1710, aus rotem
Seidendamast bestand.
8. 927 (21). Leheaten. Kirche. Die Abbildung des
Ciboriums ist wegen des selteoea Yorkommens solcher Kirchen-
geräte iu Xhuriugen bemerkenswert.
S. 250 (44). Wallendorf. Kirche. Kanzelbau. Der an-
gezeigte Lichtdruck ist nicht Torhaodeu.
Im Amtsgerichtsbesirk Pofsneck nimmt die Stadt selbst
unsere Aufmerksamkeit in Anspruch , namentlich die auf
8. 273 (21) und 274 (22) dargestellte malerische Erscheinung
des Rathauses.
(4. 274 (22) wird das allerdinga nicht stilgerechte hölzerne
Schutzdach in etwas bedenklicher Weise mit Eigenschafts-
wörtern beehrt: überflüssig, entstellend und angefault!
Hit Heft XV wird der die DenkmSler des Kreises S&al-
XVL 31
I
472 Litteratur.
feld im Herzogtum Sachsen -Meiningen enthaltende £and to11>
ständig.
Heft XYI führt uns wieder in das GbroJjsherzogtum
Sachsen- Weimar, und zwar zunächst in den Amtsgerichtsbe-
zirk Grofsrudestedt, dessen Denkmäler in 21 OrtBchaften auf
46 Seiten aufgeführt werden. Im Besonderen ist zu be-
merken :
S. 13. Kleinbrembach. Der Kirchturm wird behufs Er>
bauuDg eines neuen Turmes demnächst abgebrochen.
2S. 16. Eleinrudestedt. Kirche. Taufstein. Die Abbil-
dung zeigt allerdings kräftige, aber so gute Yerhältnisse de»
Taufsteins, dass an eine Änderung der ursprünglichen Gestalt
kaum gedacht werden kann.
8. 19. Mittelhausen. Kirche („1640 geplündert und alfr
Pferdestall benutzt") ist doppelt gesetzt.
S. 33. Schlofsvippach. Kirche. Kelch. Der abgebildete
Kelch zeigt einen sehr wohl abgewogenen Aufbau.
S. 45. Vogelsberg. Kirche. Auch der hier abgebildete
Kelch erscheint in der Abwägung seiner Teile sehr gelungen.
Die Bau- und Kunstdenkmäler des Amtsgerichtsbezirkß
Vieselbach werden auf 48 Seiten beschrieben, und zwar werden
27 Ortschaften aufgeführt. Unter ihnen nimmt Grofsmölsea
mit seinem hoch bedeutenden Altargemälde die erste Stelle
ein (S. 53) (7).
S. 58 (12). Hopfgarten. Kirche. Das Turmdaoh ist
nicht, wie der Verfasser annimmt, durch Verschiebung der
Sparren etwas verbogen, sondern die Gratsparren sind absicht-
lich schraubenförmig angeordnet, ein in früherer Zeit öfter
ausgeführtes Zimmermanns-Kunststück.
S. 86 (40). üdestedt. Kirche. Altarwerk. In der Be-
schreibung des Gemäldes der heil. Katharina leistet der Ver-
fasser Unmögliches ; leider „nicht immer gelungen*' !
Das eben erwähnte Heft XVI hat an bildlichen Beigaben
2 Lichtdrucke, 13 sonstige Abbildungen und 2 Karten.
Litteratur. 473
Heft XYII enthält auf 88 Seiten die Denkmäler aus 47
Ortschaften des Amtsgerichtsbezirks Blankenhain, und auf 18
Seiten die Denkmäler aus 10 Ortschaften des Amtsgerichtsbe-
zirks Ilmenau. An bildlichen Beigaben sind 4 Lichtdrucke,
2 Übersichtskarten und 25 sonstige Abbildungen vorhanden.
S. 112 (18). Breitenheerda. Die Kirche wird wegen
Baufälligkeit abgebrochen.
S. 141 (47). Eottenhain ist nicht Bittergut, sondern
Grofsh. Kammergut.
S. 158 (64). Saalborn. Kirche. Altarkreuz. Die schiefe
Anbringung der Figur hätte sich wohl bei der Herstellung
vermeiden lassen, und ist vielleicht noch zu verbessern.
S. 161 (67). Stadtremda. Die Ausmalung der Kirche
hat nicht 1882, sondern 1888 stattgefunden.
S. 179 (85). Tonndorf. Schlofs. Statt „Zingelmauer**
ist wohl Zwingermauer zu lesen.
S. 184 (2). Bösleben. Die Kirche wird jetzt durch
einen Neubau ersetzt; der Turm bleibt erhalten.
S. 192 (10). Ilmenau. Burg. Die Burg hat wahrschein-
lich an der Stelle der jetzigen Frohnveste, etwa 50 m östlich
des Schlosses, gestanden, wo auch noch heute nasse Wall-
gräben erhalten sind.
Weimar, im Mai 1893. £. Kriesche.
7.
ÜberBioht der neuerdings ersdhienenen Litteratur zur
thüringischen Gtesohiohte und Altertumskunde^).
[Ahrendts, Dr.:] YermeinÜicheB Hünengrab. In
Amstädtisohes Nachriohts- und Intelligenzbi. 124. Jahrg.
No. 275 (22. Noy. 1892).
1) Um jedes Jabr ein möglichst vollständiges Verzeichnis der lur
Geschichte Thüringens neu erscheinenden Litteratur in dieser Zeitschrift
31*
474 Litteratar.
Albrecbt der Beherzte. Ein Vortrag. St. Benno-
Kalender. 1893. S. 78—86.
Yorgesoh. Altertümer der Provinz Sachsen and an-
grenzender Gebiete. Herausg. von der bist. Kommission der
Frov. Sachsen. 1. Abt. Heft 11 (Die yorgeschichtl. Bargen
and Wälle aaf der Hainleite). Halle 1892.
Auerbach, Heinr. Alfr.: Bibliotheca Rathenes.
Die Litteratar zar Landeskunde and Geschichte des Fürsten-
tums Reufs j. L. Sonderabdr. aas dem 32/85. Jahresbericht
der Gesellsch. von Freunden der Natarwissensoh. in Gera.
Gera, Eommissionsyerl. von Karl Bauch, 1892. 101 SS. 8®.
Baltzer, M.r Über die Eisenacher Dominikanerlegende.
In Mitt. des Inst, für österr. Geschichtsforschung, Ergänzungsbd.
IV, 123—132.
Bau- und Kunst- Denkmäler Thüringens.
H. XIY. Grofsherzogtum Saohsen-Weimar-Eisenach. Amte-
gerichtsbezirke Apolda und Buttstädt. Mit 6 Liohidraokb.
u. 30 Abb. im Text. — H. XY. Herzogt. Sachsen- Meiningen.
Amtsgerichtsbezirke Gräfenthal und Pöfsneck. Mit 6 Licht-
druckb. u. 20 Abb. im Text. — H. XVI. Grofsh. Saohsen-
Weimar-Eisenach. Amtsgerichtsbezirke Grofsrudestedt und
Vieselbaoh. Mit 2 Liohtdruckb. und 13 Abb. im Text. —
H. XVII. Grofsh. Sachsen- Weimar-Eisenach. Amtsgerichts-
bezirke Blankenhain und Ilmenau. Mit 4 Lichtdruckb. und
25 Abb. im Text. Jena, Verl. von Gustav Fischer, 1892 u.
1893. VI u. 484, YI u. 280, VI u. 94, VII u. 200 SS.
gr. 80.
B e s s e r , G. : Beitr. z. Gesch. d. frei-adeligen Magdalenen-
Stiftes zu Altenburg. Altenburg, Bonde, 1892. 160 SS. mit
2 Tafeln.
geben zu können, richtet Unterzeichneter an Geschichtsforscher, Schul-
vorstände, Verleger und Redakteure die höfliche Bitte, ihn durch Zusen-
dung von auf thür. Geschichte u. Altertumskunde bez. Gelegenheitsschriften,
Programmen und kleineren Abhandlungen in Zeitschriften und Zeitungen
freundlichst unterstützen zu wollen.
Jena, Mai 1893. O. Dobenecker.
Binder, [C.]: Theorie und Piazifi dei BieBcnzucht
TOI drei Jahrhunderten. Vortrag; vor der GeDeralversamm'
lang des Bienen wirtschaftlichen Hsuptvereina Thüringen zu
Schleiz, 8. Ang. 1892. In Allg. deutsche Bieneazeitung,
herauBg. von A, Weilinger, No. 47. 48. 49, u. 50,
FUret Bismarok in Jena. Zur Erinnerung an den 30.
Q. 31. Juli 1892. Bericht de« Zentralkomitees. Mit 3 Ab-
bildungen. Jena. Verlag von G. Neuenhahn, 1892. 39 8S.
gr. 8«.
S. dazu:
Feät-Nummor der Jenaischea Zeitung No. 178, 1892,
Sonntag, den 31. Juli. Inhalt: 0. Schiader: „Willkommen
in Jena!" [Gedicht] — Fest- Programm zur Biamarckfeier in
Jena am 30. u. 31. Juli 189a. — Dietrich Schäfer: „Füret
Bismarck in Jena!" — Otto Devrieot: „Im schwärzen Bären
zn Jena" [Gedicht], — 0[tto] D[obBuecker] : „Bismarok
in Fetersburg." — „lo triumphe! In honorem Ottonis de
Bismarck, principis, lenam urbem intrantia." — „Aus dem
Leben des Fürsten Bismarck." — „Bismarcks Abschied von
Wilhelm I." — „König Friedrich Wilhelm IV. über Bia-
marok." — Aue Bismaroka Heden. — VermiBohtea. — Lioht-
■trahlen aus Bismaroks Reden.
Jenaieohe Zeitung No. 1T9, 1892, Aug.: „Fürst fiismarclE
in Jena. I." Fortaetz. dazu in No. ISO. 181. 182. 183. —
„Der Grofaherzog von Sachsen und Fürat Biaroaiok", ebenda
No. 180. — „Die BeiSB des Fürsten Bismarck [durch Thü-
ringen]", ebenda No. 180. IBl. 162. — „Naohklänge zur
Bjsmarokfeiei", ebenda No. 185. — „Stimmen der Presse Über
die Biamarckfeier in Jena", ebenda No. 186. 187. 188. 189.
190. 192, s. a. 194. 196. 196.
Jenaische Biamarcklieder von 0. Scbrader. Mit
zwei Beiträgen von 0. Devrient und W. Frenkel. Zur Er-
iuDernng an den Beeuch des Fürsten iu Jena, Verl. der
FrommauD sehen Buchhandlung (Armin Bräunlich],
16 88. gr. 8*.
Blämel, £. : Das Uanifelder Land während der fraii-
I
476 Litteratar.
zösisch-westphälischen FremdhemohafL In Mansfelder Ge-
schichUbl. VI. 1892. 8. 55—75.
Bornhak, F.: Anna Amalia, Hersogin von Sachsen-
Weimar-Eisenaoh, die Begründerin der klassiadhen Zeit Wd-
mars. Nebst Anbang: Briefwechsel Annm Amalias mit
Friedrich dem Grofsen. Mit 2 Porträts und 1 Facaimile.
Berlin, F. FonUne u. Co., 1892. 2 Bl. 872 SS. S».
Brandis, Eduard: Zur Lautlehre der Erfurter Mund-
art. L Erfurt, Dr. v. F. Bartholomäus. 18 SS. 4*'. GOP.
Erfuit, 1892.
Zeitgenössische Briefe aus Weimar über die Schlaoht
bei Jena und Auerstädt. In Blätter für XJuterhaltang und
Belehrung, Sonntags-Beil, zur Jenaisohen Zeitung, No. 41 a.
42 (1892).
Bruuner, Hugo: Beiträge zur Geschichte der Schiffahrt
in Hessen, besonders auf der Fulda. In Zs. d. V. f. hess.
Gesch. u. Landesk. N. F. XVI. Bd. (d. g. F. XXVI. Bd.).
Kassel 1891. S. 202—243.
[B ü h r i n g , Dr. :] Grabfund [am rechten Wipraufer
unterhalb NiederwilliDgen]. In Amstadter Nachrichts- und
Intelligenzblatt. 124. Jahrg. No. 277 (24. Nov. 1892).
Bürkner, Richard: Carl Alexander und Sophie.
Ein fürstl. Jubelpaar. Festschrift zum 8. Oktober 1892. Mit
zwei Bildnissen. Weimar, H. Böhlau, 1892. 32 SS. S«.
Burkhardt: Die Münzen und Medaillen des Herzogs
Ernst August von Sachsen- Weimar, 1731 — 1748. A. Die
Münzen: Blätter f. Münzfreunde. 1892. Sp. 1740 — 1743.
1750 f. 1765—1767. 1778—1780. 1786 — 1793.
Carlsberg, E. : Frühlicht und Dämmerung. Thüringer
Weihnachlsbilder aus vergangenen Tagen. 2. verm. u. Torb.
Aufl.. Mühlhausen i. Th. 1891. Dr. u. Verl. von C. Andres.
91 SS. kl. 8^
Derselbe : Frühlicht und Dämmerung. 2. Bändchen : Win-
fried von Angelland. Ein Lebensbild aus deutscher Ver-
gangenheit. Mühlhausen i. Th. 1891. Dr. u. Verl. von C.
Andres. 147 SS. kl. 8^
Litteratur. 477
Da DZ, F.: Sagenkranz. 100 Sagen aus der Oberherr-
schaft des Fürstent. Sohwarzb.-Budolstadt. Eadolstadt, Müller,
1892. 176 SS. kl. 8«.
Dietrich, Adolf: Friedrich der Freidige. Buhmes-
blätter und Sagenklänge aus ThüriDgen. Dresden u. Leipzig
E. Pierson, 1892. 141 SS. S«.
Döhler, Hermann Friedrich: Weimars edles
Fürstenhaus. Kurzer Abrifs der Geschichte des weimarischen
Landes und seiner Regenten von den ältesten Zeiten bis auf
die Gegenwart. Nach Quellen bearb. und für die Jugend
erzählt Mit den Bildnissen I. L K. E. Hoheiten des Grofs-
herzogs und der Frau Grofsherzogin. Jena, Fr. Mauke's Verlag
(A. Schenk) 1892. II u. 127 SS. 8«.
Ehr, Max: Beiträge zur Kirchen- und Schulyerfassung
des Herzogtums Gotha bis zum Tode Ernsts des Frommen
i. J. 1675. Erlanger Diss. 1891. Breslau, Druck von A.
«tengel. 120 SS. 8».
£ [inert], E.: Aus Schlofs Neidecks Vergangenheit. In
Arn städtisches Nachrichts- und Intelligenzbl. 124. Jahrg.
No. 253. 254. 255. 256. 257. 259.
Ermer, Aug.: Die Stadt Apolda in den Jahren 1695
bis 1702. Apolda, Baohdr. Bob. Birkner, 1892. 47 SS. 80.
Festschrift zur Feier des fünfnndzwanzigjährigen
Begierungsjabilänms Sr. Hochfürstlichen Durchlaucht des re-
gierenden Fürsten Beufs j. L. Herrn Heinrich XIV. am 11.
Juli 1892 dargeboten von dem Vogtländischen altertums-
forschenden Verein zu Hohenleuben. Inhalt: 1. Vorwort.
S. III— V. 2. Das reafsische Wappen und die reufsischen
Landesfarben, von Dr. Berthold Schmidt, Fürstl. Archivar in
Schleiz. S. 1 — 89. (Mit 2 Siegeltafeln am Schlufs des
Heftes.) 3. Heinrich Beufs von Plauen als Nürnberger Feld-
hauptmann im Kampfe mit Markgraf Achilles von Branden-
burg, von Dr. Walter Böhme, Gymnasiallehrer in Schleiz.
8. 40—78. gr. 8«.
Festschrift, herausg. am 20. Mai 1893 bei der Feier
des 60-jährigeD Jubiläums der von Professor Dr. Karl Herzog
maJMtttu, ttgßUWtxtig Tom Direktor Pfeiffer geleiteten Leb^
nad KwwliinUMliMt (Ffeiffer'Bchea Iiutitut} za Jena. Jeu,
fl. Haanhaha. UBiv.-Biicbdr. (1893). 106 SS. 8". Inhalt:
I faffiieten Schulwesen« im Orofaherzogtnm
V©B Dr. Hermann Planer (S. 1 — 53). IL Ge-
Mliiahte dar nm PrafeaBor Dr. Herzog eiricht^teo, gegen-
«lltig TOB IHzaktor Pfeiffer geleitoteo Lehr- und Erziehoiigi-
UuMt m Itcaa. Von Ernst Piltz (S. 55— Sl). Uje von dea
Ifizektona Toiaffuitiichten A.nataItBbeiichte (S. S3 — 8ö). —
IjdmrrszMioliaU (B. 87 — 94). — Yerzeiohpie der Schüler
Mit Ostom IBBl (B. 96 — 105).
Poaoart: fne division de »valerie 14g£rs en 1813.
Op^Ktiona inr lu «omnianioalioaH de l'aimäe. (Combat
d*Altoal>lllf 38. Beptooibre 1813.) Paria et Nsdoj-, Librairie
ICätiize Beqor-LtTiault et C'ie., 1891. 136 SS. 8° u. 1 Plan,
PrKDka, 0.; Anhaltiner in Erfurt. Witt. ä. V. f.
Anlull. GeMh. n. k. VI. Bd. 3. Teil (Deaanu 1893). S. 319
— SS2.
Frajdorf, A. vod: Der Wiedererbausr der Wartburg.
ErinneningablRIteT [au Hugo von ßitgen]. In „Deutaohe
Bevue" heraaag. von Itichard Fleischer. XVII. Jahrg. 1892.
September, p. 310—323.
Ftthrer durch SangerhaiueD und Umgebung. Mit Plan
der Stadt, lUustr. u. Karte der Umgebung. Wilrsburg und
Wien, L. Woerl, 1893. 30 88. kl. S".
G[eiger], L.: Weimarer Judenordnuug, 1823. In Za.
f. G. der Jaden. V. S. 281—283.
Georg der Reiche oder Bärtige, Herzog zu Saohaea.
St. Benno-Ealender 1892. S. 46,
Gerland, Otto: Die Antitheaiä Christi et Papae in
der Schlofskirohe zu Sohmalkalden. In Za. d. V. f. heBsieohe
Geach. a. Landeak. N. F. XVL Bd. (der ganzen Folge XXVI.
Bd.). Kaaael 1891. 8. 189—201.
Gerwig, Ludwig: Daa Verhältnis der Schi uferelation.
des venetianisohen Botachaftera Alvice Uocenigo zu seinen
Tageadepeeohen über den Donaufeldzug im Schmalkaldi scheu
479 1
Kriege t. J. 1546. K. M. F. Heidelberg, Buclidr. von Q.
Geiseildörfer, 1892. 40 SS. 1 K. i".
Geyer, Moritz: Geich. des Friedrichagymn. «u Alten-
bnrg aeit 17B9. Altenburg, Dr. von 0. Bonde, 1891. IV SS.
1 Bl. 105 SS. 8«.
D eraelbe : Yerzeiclinis der Abitarieuteu dea Herzog],
rriedrichsgymnEiBiumB za Altenburg von 1808 an. Altenburg
Dr. von 0. Bonde, I89I. 32 SS. 8".
Aqb dem GoethehauBe. Briefe F. W. BieiiierB an
die Familie Frommaun in Jeoa (1803 — 1824). Nach den
Originalen heraaeg, von Dr. Perd. Heitraüller. Ult einem
Bildnis Riemer». Stuttgart, Verl, der J. Q. Cottaicben Baohh.
Nachf. 1B92.
Götze, A. : Die QeiäCifoTmen und Ornamente der neo-
lithiachen schnür verzierten Keramik im FluTsgebiet der Saale.
Jena, Fohle, 1891. 72 SS. mit 2 Tafeln.
Grauert, Hermann: Zur deutschen Eaisereage. In
Uist. Jahrbuch der Görrea-GeaellBch. Bd. XIII. (1892.) S.
100—143.
r deutBoheii Kaisersage". Ebenda XIIL
Dazu „Nachtrag z
. 513 f.
Münzen des Herzogt. Saohsen-Mei-
inghanfs u. K., 1891. 48 BS. 4". und
Fübrer durch das
, I. In Mitt. d. Vei
I Grobe, L.: Di.
hjüngen. Meiningen, Ji
m Taf.
Gröfaler, H. :
Artern bis NiLumburg.
Halle a. 8. 1892. S. 84—149.
Derselbe: Ein in Felsen gehauen
ITaumburg. Im A. f. Idkde. d. Prov. Sacb)
Groseh, Gustav: Zur Erinnerung an de
Gymnasiums im Sommer 1891. Nordhausen, Dr.
ner, 1892. GOP. Nordhauaen. 8. ]_27. 4».
Unatrntthal von
f. Erdkunde za
Stammbuch bei
I. 8. 150—154.
1 den Umzug dea
C. Kiroh-
Carmen gtatulatorium. Sondersh.
Eupel, 1892. GOP. Sondershaasen.
O&ather, F.: Aai dem Smgeaschatze der Uarzlande.
Slit Tteleo Taztbildam von H. Sfittag. Hanjiover-LiuJeD,
UaDZ n. L,, lS9a. XII u. 360 R8. gr. 9°.
Oarlitt, C: Erfurter SteiDmetzordnaagen des 15. a.
16. Jahrh. Bepert. f. EuDBtw. XT, 332/fi2.
Uaba. Roberto Beilräge z. Gesch. des FraadienetBi
«nt Südharze seit Anfang des 16. Jahrb. Nach Materialisn
der Kamill, des Uerro Gustar Poppe-Ärtern. Zs. d. Hbitt.
XXV. Jahrg. 1892. H. 168— all. Wernigerode 1893.
Vom alten Hase. Burscbenschi ftliche Bläller, V. Jahrg.
TT. S, 1890/91. 8. 62— 65.
Haueea, ClemeD« Frhi, t. : TaBallengeachlaohtei der
Ugr. zu Meifaeo, Lgr. zu Thiir, u. Herzoge zu Sachsen bii
«. Beginn des 17. Jahrh. In VierteljahrMchr. für Wappen-,
Siegel- a. Familit-Dkunde. HerauBg, vom Verein Herold in
Berlin. XX. Jahrg. 1892.
Derselbe: Vasalle ng es chl echter etc. Berlin, C. Heymann,
1893. 3 Bll. 643 SS. 8".
UeiuemanD, O. v.: Noch einmal das älteste Sangei-
bSuser Stadtsiegel, nebst einigen Bemerkungen Über das alte
tbüringisohe Landgericht eq Mittelhaasen. Zs. d. HarzT-
XXV. Jahrg. 1892. S. 356—262. Wernigerode 1893.
Hesse, Ernst: ThSringeit unter der Begierung Hein-
richs IV. 1. Teil. ThttriDgeD im Zehnteustieit. Magdeburg,
Egl. Hofbuchdr. Ton C. Friese. 1 Bl. 23 SS. 4". Dom.-GOP.
Magdeburg, 1S92.
Heydenreioh, Eduard, Dr.: Mitteilangen zur
•äohsiaoh-thUringisohen Geschichte aus den Handschriften
der alten Schneeberger Lyceumsbibliothek. Id Neues Arohir
für Sachs. Oesch. u. Altert. XIII. Bd. S. 91—107.
Hobrecht, M.: Luther auf der Koburg 1530. Frankf.
a. M., Mahlau u. Waldsohmidt, 1892.
Die goldene Hochzeitsfeier des Orofsherzogs u. der
Frau Grofsherzogin tou Sacbseo. In Jen. Zeitg. No. 236.
7. Okt. 1892.
Litteratur. 48t
Hoeber, K. : Zar deutschen Eaisersage. In Hist.
Jahrbuch der Görres-Oesellsch. XIV. Bd. 1. Heft. München
1893. 8. 67 f.
Hoecke, von: Oeschiohte der Kirche St. Michaelis
2a Buttstädt. In Stadt- u. Landbote, Zeitung u. Anz. für
den Amtsgeriohtsbezirk Buttstädt, sowie die angrenzenden
preufs. Orte. 89. Jahrg. Beil. zu No. 109, No. 112, in
No. 120 u. 123, 1887, Sept. 10. 17., Okt. 6. 13. (Nachtrag
zur Litteraturübersicht in Bd. XIV, 1/2.)
Höhn, E. : Geschichtliche Entwickelang des gewerb-
lichen Lebens der Stadt SohmöUn. Schmölln (Altenburg,
«ohnuphase). XIV u. 142 SS. gr. 8».
Ifsleib, S., Dr.: Moritz von Sachsen 1547 — 1548.
In Neues Archiv für sächsische Geschichte und Altertamsk.
XIIL Bd. S. 188—220.
Derselbe: Die Wittenb. Kapitulation von 1547. N. A.
f. Sachs. Gesch. XII. Bd, S. 272—297.
Jacob, G. : Ein Schädel- und Knochenfund vom kleinen
Gleichberg b. Kömhild. A. f. Anthropologie. XX, 181—188.
Jacobs, Ed.: Ein Hexenprozefs zu Oldisleben i. J.
1680. Zs. des Harz- Vereins. XXV. Jahrg. 1892. S. 377
— 385. Wernigerode 1893.
Kaemmel, Otto: Grundzüge der sächsischen Ge-
schichte für Lehrer u. Schüler höherer Schulen. Dresden,
Alw. Huhle, 1892. IV u. 72 SS. (nebst Karte). 8«.
Kanngiefser, 0. : Geschichte des Krieges von 1 866.
Nebst einem Vorbericht: Die deutsche Frage in den 1850er
Jahren. 1. Bd. Basel, Verl. der Schweiz. Verlags-Druckerei,
1892. 388 SS.
Kirchhoff, A. : Geschichtl. Stellung des Unstrutthals
und Freiburgs. Freiburg, Finke, 1892. 16 SS.
Köhler, K. : Spezialkarte vom Eyffhäuser-Gebirge. Be-
gleitworte von F. Lemcke. Sangerhausen u. Leipzig, B.
Franke, 1892.
Köhler, M. : Sixtus Braun, Naumburger Annalen vom
J. 799 — 1613. Nach seiner im städtischen Archiv befindl.
t-ilUratar.
Huidscbrift henatg. rtaunibDFg, H. Sieli&g, 1892. 53T
88. 8".
KönD«eke, Hbx: Oeachiohte des Dorfes Elein-Eiob-
■todt b. Qaerfurt In H&a«felder Blätter. Tl. Jahrg. 1892.
8. 76—169.
Denelb«: Geiobiehte des Dorfes Orookstedt. Socder-
atozMg BUB dem Qaerfartet KreUblatt. Querfott, Dr. Ton W.
Sehoeider, 1892. 80 SS. 8».
KöitliD, Jnl.: Friedrich d. Waise und die Schlol»-
tdrche tu Wittenberg, f estsohr. «ar Einweihung des ffittenb,
Schlofskirehci am Tage doa BeformatioDsfestes, d. 31. Okt.
1893. Witteob., R. Herroaö. 1892, 111 8S. 4".
Eretsohman, L. v. : Eine weimarisohe Füratentochter,
In Weiteimanns Monatshefte. 37. Jahrg. (1892). Heft 433.
434. 485.
Kröber, P. F. B. : Aus der Vergangenheit von Meoael-
witi a. Umgegend. Im Gemein nüOigea Verein zu Measel-
witx erzählt. Selbstvetlag des Verf. (1892). 64 38. 8«.
Kühne, 0.: Chronik Ton Eatzhtitte im FörsteDtum ■
SohwwKburg-Kmlolst. 1891. 85 88. 8».
EnnZQ-6nhl, F.: Der Fleglerkrieg in den Orafsohaften
Stolberg u. Hohnsteio. Beil. zum ünatmt- u. Wipperhoten.
Dr. u. Verl. von C. F. Beoeoke in Heldrangen (Juli 1S93).
Landau, M.: Lebenslauf eines kleinstaatl. Prinzen
(J. F. von Hildburghansen). In Fnnkf. Zeitg., 1891. No.
843. 345. 34».
Laue, U. : Sachsen und Thüringen. Jahresberichte der
Oesohiobtswissensoh. im Auftr. der Hist. Oesellsoh. zu Beriin
herftusg. von J. Jastrow. Jahrg. XIV. 1891 (Berlin, Gärtner
1893). IL S. 209—251.
Lemoko, F.: Führer durch das EyffhSiiBer-Oebirge,
sowie die oml. St&dte, Schlösser, Buiosn etc. 2. Aufl. des
Ct. Menzelsoben Kyffh.-Führers. Sangerhansen d. Leipzig,
B. Franke, 1891. 94 88.
Derselbe: Der deatsche KaiBertraam u. d. EyffhHtuer.
Sangerhausea d. Leipzig, Franke, 1891. 4 Hefte. 32. 59.
75. 38 8S.
Lena, Max: Zur Sohlaoht bei Frank enhaasea. In
HisloriBohe Zeitsohrift, heraasg. yoD H. t. Sybel u. H. Leh-
mann, N. F. Bd. XXXIII 2. Hft. S. 193—208.
Lerp, E. : Das Herzogtum Gotha, Drapr. n. Anfang.
Gotha, Windaus, 1892. 39 8S.
Derselbe: Die Gothaiachen Ortanaraen nach Möglichkeit
erklärt. Gotha, Windaus. 1892. 58 SS.
Derselbe: Die alten Völker, Oaue u. Ansiedelungen im
heatiguu Lande Gotha; ein Thüringbaoh; mit 2 Anhängen:
Die Grabelfunde im gothaischen und die gefälschten Rein-
hardsbr. Urkk. Gotha, Windaus, 1892. 158 SS.
Lier, L. : Die weimarische Hoftheater-Gesellich. 18Ü7.
Leipz. Ztg. Beilage 1891, S. 549—552.
Lippert, Woldemar: Das Wettiner-Jubilaum Inder
hiatoriachen .Litteratur. In Mitt. des Inst. f. Osten. Ge-
aobiohtsfoTsch. Bd. XII (Innabrunk 1891). 8. 160—181.
Derselbe : Zur Geschichte Xaiser Ludwigs des Baiem.
Ebenda Bd. Xni (Innsbruck 1892). 8. 587—618. Darin II.
Ein BeBDOb Uackgraf Friediicha Ton Meissen beim Kaiser.
Beitrag zum Itinerar Ludwigs 1 330 u. 4 Urkk. zur Gesch.
das Mkgr. Fried rieh.
Derselbe: Mkgr. Wilhelm t. MeiXsen und Elisabeth v.
Uähreo. M. Y. G. der DeuUohen in Böhmen. XXX, 93 — 127.
Derselbe: Markgraf Ludwig d. Ältere Ton Brandenburg
und Markgraf Friedrich der Em ata von Meifsen. Forschungen
zur brandenb. und preuTaisoh. Gesch. Bd. Y, 2 (1892).
8. 208—218.
Loimmer, Yictor:] Über einen Bronzefund in der
Flur Dorndorf bei OrInmUnde. In Jenaiiche Zeitung. No.
187. 1892, Donnerstag d. 11. August.
Loth: Fund bei Mittelhausen-Erfurt. E. Bl. d. deutschen
GeseUach. f. Anthropologie XXII, 12.
Loth, Dr.: Die Fleiacbbeaohau zu Erfurt vom 13. bis
19. Jahrhundert. Naoh den Akten des städtischen Archivs
4
4041
Littwmtar.
bMifaMt0t la Kormpondeiu-Hlittar dM allg; itstL ?«e«d»
Ton ThUringan, XXL Jahig. Wmuat 1892. & 11-- SS.
Denelbe: Oesehiebta dar EpimmmfH^ d«r Stadt Ir-
ftfft SbMdA 8. 8S9— 851, 876—888» S9J8— 409.
Lots, A.: CobnrsiMlw LMda^^wdi. t. ä. ili. 2aitn
Ut s. Oaganwaxt Cotmig^ Mts. 189S. 119 iSB.
Lots, Walter: Dia dxai FlifMlirifteii fibar den Hlu»
stiait dar aiaha. Albactiiiar a. Emaaliaar m 1580. Ualar Mit-
wirkang tob K. F. J5tia in ÜbarMtiang haiwuif, n. ariiatart;
Laipsig, Danakar o. Hnmblot» 1898. IX, 117 SB. 8«. (A.a»
d. T« Brantano u. Laaar, BtmmL iUarar o. nanarar ataati»
invaniah. Sahrillan daa In» o. Analaadaa. Mo. 9.)
Herz, Otto: Zar Gatoh. daa diMBaligan WalUdirCf
ortet Elende b. Blaieharode. Ztaehr. daa Ansr. XXY. Jahig.
1892. S. 885—889. Wemigeiode 1898.
Mensiflbaoh: Wie die Klottaikiralia sa Panlinansall
in Th&riDgen Raine wnrde. In Zt. d. Ymim fBr YoDct»
kande IV.
m
Meyer, Karl: Chronik det iandr&tliohan Krauet
Bangerhausen. Nordhaasen, Dr. u. Verl. you Fr. Bberhardt,
1892. 138 88. S^.
Derselbe : Führer über das Kyffhäasergebirge. (Mit 1
Karte, 6 Plänen n. 3 Abb.) V. yermehrte o. yerbess. Aufl.
des Baches „Die ehemalige Beichsborg Eyffhauaen'^ der ein-
zigen aaf selbständigen arkundlichen Forschungen berohen-
den Geschichte derselben, Nordhausen, Dr. u. Verl, von Fr.
Eberhardt, 1892. 164 88. \2^.
Derselbe: Erfurter Tischregeln. Zs. f. deutsoh. Altert.
XXXVI, 56—63.
Derselbe: Eyffhäuser-Sagen-Straafs. Nordhausen, Dr« u.
Verl. von Fr. Eberhardt, 1891. 192 88. kl. 8«.
Derselbe: Festschrift zur Jubelfeier des 400-jährigeD
Geburtstages des Dr. Justus Jonas, am 5. Juni 1893. Mit
drei Abbildungen. Nordhausen, Dr. u. Verl. yon Fr. Eber-
hardt, 1893. 64 88. 8^.
Litteratar. . 48&
Mitteilungen des Statistischen Bareaus des Herzogl.
Staatsministeriums za Gotha über Landes- and Volkskunde
der Herzogt. Sachsen-Goburg und -Gotha. Jahrg. 1892.
Gotha 1892.
Mitzsohke, P. : Hohes Alter, WiederTermählungen,
Kindersegen und Ehejubiläum im Hause Wettin. In No. 234
u. 236 der Jenaischen Zeitung, 5. u. 7. Oktober 1892.
Monumenta Germaniae bist. Libelli de lite impera-
torum et pontificum saeoulis XI. et XII. conscripti. Tomus II..
HannoYorae 1892.
p. 173 — 284: ,yLiber de unitate ecclesiae conseryanda'^
recogn. W. Schwenkenbecher.
p. 285 — 291: »yWalrami et Herrandi epistolae de causa
Heinrici regis conscriptae" ed. E. Dümmler.
Müller, E. E. Hermann, Dr.: Das Chronicon Citi-
zense des Benediktinermönches Faul Lang im Kloster Bosau
und die in demselben enthaltenen Quellen. Ein Beitrag zur
Historiographie des 16. Jahrh. In Neues Archiv für sächs.
Gesch. u. Altertumsk. XIII. Bd. S. 279—314.
Müller, Th.: Die Mgr. Johann, Georg und Marcus y.
Baden auf d. üniy. zu Erfurt u. Payia. Zs. f. Gesch. d. Ober-
rheins. VI, 701—705.
Neujahrsblätter. Hersg. y . d. bist. Kommission
der Proyinz Sachsen. 17. Geschichte der Stadt Erfurt bia
zur Unterwerfung unter die Mainzische Landeshoheit i. J.
1664. Von Dr. Carl Bayer. Halle, Verl. y. 0. Hendel, 1898.
52 88. 8».
Neumärker, G. H. : Das Stadtbuoh Apoldas yom Jahre
1440. Apolda, Buchdr. Bob. Birkner, 1892. 16 SS. 8».
Pistor, Jul. : Der Chronist Wigand Gerstenberg.
Nebst Untersuchungen über ältere hessische Geschiohtsquellen.
Kassel, M. Brunnemann, 1892. (IIL u. 120 SS.) 8<^. —
Auch in Zs. jd. V. f. hess. Gesoh. u. Landesk. N. F. XVII. Bd.
(der g. F. XXVII. Bd.). S. 1—1^0 — u. Marburger Diss.
42 SS. 80. Druck yon L. Doli in Kassel, 1892.
486 Litterator.
Procksoh, August: Berioht über die Feier des
50-jähr. EriDnerungstages an die Einweihung des JosepM-
numfl .... Altenburg, Druck yon 0. Bonde, 1892. GOPr.
S. 5—7. 4^
Ray dt: Die deutsche Eaisersage. Deutsch - eyangel
Blätter. XVI, 78—91.
Begel, Fritz: Thüringen. Ein geographisches Hand-
buch. Erster Teil: Das Land. 1. Grenzen. 2. Bodengestalt
und Gewässer. 3. Schichtenaufbau und Entstehungsgeschichte.
4. Klima. Mit einer geologischen Karte (Tafel I), drei gröfseren
geologischen Profilen (Tafel II) und 40 Textabbildungen. Jena,
Verlag yon GusUt Fischer, 1892. XVI u. 400 SS. gr. 8*.
Derselbe: Der Thüringerwald und seine Forstwirt-
schaft Mit Karte. Deutsche Geogr. Blätter, Bd. XV. H. 1
5. 1—40. H. IL 8. 106—140. Bremen, 1892.
Bein, W. : Fürst Bismarck in Jena. In „Die Gegen-
wart". Bd. XLIL No. 33 (18. Aug. 1892). S. 97—99.
Bein eck, C: Die Sage yon der Doppelehe eines
Grafen t. Gleichen. Samml. wissensch. Vortr. H. 138.
Hamb., Verl-Anst. 42 SS.
Derselbe: Erfurt und das tolle Jahr. Ein Geschichts-
bild. Hamburg, Verlagsanstalt d. Druckerei A. G. (yormals
J. F. Richter), 1893. 56 SS. 80.
K e f 8 , L. : Gesch. u. Beschreibung der Veste Heldburg.
2. Aufl. Hildburgh., Gadow, 1892. 40 SS.
B 0 g g e , B. : Pförtnerleben. Nach eigenen Erinnerungen
geschildert. Mit 24 Abbildungen. Leipzig, Verl. von Ferd.
Hirt u. Sohn, 1893.
Kosenberg, M. : 17 Blatt aus dem Grofsherz. Sachs.
Silberschatz im Schlosse zu Weimar. Karlsr., Bielefeld. Fol.
17 Photogr. mit 19 Bll.
Kofsner, Alfred: Der Bennsteig des Thüringer
Waldes Jetzt und früher. Verl. Ton Albin Schirmers Buch-,
Kunst- u. Musikalien-Handl. (Carl Salzmann), Naumburg a. S.,
1892. 115 SS. 80.
LKteratar. 487
iohorst, Paul: Friedrich HI, von
Zollem -Nürnberg &ls Edler toq Oeterliofen? Episoden aas
dem meranischen Erbfolge streit«. In Mitt. d. Inst. f. öaterr.
Gesohf. Bd. XIII {InoBbruck, 1892). S. 145—152.
Scherer, Carl: Zur Oeech. der Sobmalkalder Eirohea-
bibliotbek. Eioe Serithtigung. la Za. d. Y. f. heee. Oeach.
u. Landesk., N. F. XVII. Bd. (der ganzen F. XSTII. Bd.).
EasBel 1892. S. 260—263.
8 [c h m i d t] , H [e r m a d n] : Eine Terballbomte Inschrift
(über dem Eatskeller zu Arnetadt). In Beil. zu No. 89 (16.
April 1893) des ÄrnEtädter Tageblattes.
Derselbe; Der Baumeister unseres Eathauses. In Beil.
zu No. 101 (30. April 1893) des Arnst. Tageblattes.
Derselbe : Für den kleinen Biedturm. Amatfidter Tage-
blatt. Beil. zu No. 107 (7. Mai 1893).
Schneider, Justus: Die Sitterbnrgen der vormaligen
Abt«i Fulda. In Zs. d. V. f. hess. Gesch. u. L. XVIL Bd.
(der g. F. XXVIL Bd.). Kastei 1892. 8. 121-^175.
Schönau, E. : Chronica Ton Ichstedt Separatabdr. aus
der FrankenhSuser Zeitung. Franken hausen, Druck von Emil
KrabB. c. .1. (1892) (VI u. 250 8S.) 12°.
Derselbe: Geschichte des Katsfeldes. Frankenhausen,
Buchdr. von E. Krebs, 1888. (31 8S.) 12".
Derselbe : Geschichte der Amsburg. Mit eiuem Gruod-
rifs derselben. Frankenhausen i. Thür., Dr. u. Verl. von E.
Krebs, 1889. (31 88.) 8".
Schröder, Biohard: Die deutsche Eaisersage. Akad.
Bede ... am 21. Nov. 1891 . . . geh. Heidelberg, Univ.-
Buohdr. von J. Höming, 1891. 45 SS. 4".
Herzogin Sidonie, Gemahlin Albrechts des Beherzten.
St. Benno-Kalender 1892. S. 47—68.
Simon, Dr.: Über üenneberger eheliches Güterrecht,
In Blätter für Rechtspflege in Thüringen u. Anhalt, heransg.
von R, Schulz. N. F. XIX. Bd. Jena 1892. S. 334—247,
-324 (Forts.).
XVL
32
Littwatnt,
Sperling, 0.: Herzog Albiecht der Beberite Ton
Sachsen als Gaberoator Fneslands. 1892. Leipz. DiueiL
52 SS. 4'. [auch Prgr. des Kgl. Gymn. aa LeipB. 1892.]
Stahr, Adolf: Weimar nod Jena, 3. Aufl. Uit einem
Vorvort toq Dr. E. von der Hellen. Oldenburg, Scholie'sctia
HofbDohh. 1892.
Stiehler, G. : Kloster and Ort Georgenthal. L Du
Kloster t. s. Orilndimg bis eu a. Untergang. Gotha, Gläser.
1892. 83 8S.
Stolle, F.: Ist Lombert von Hersfeld der Verfessei
des Carmen de belle Saxonioo ? In „Historisches Jahrbuch
der Görres-GeBellBohaft". Bd. XIH. H. 8, 8. 440—469.
Trinins, A.: Dorchs UnHtmlthal. Eine 'Wanderang
von Naumboig a. d. Saale bis zum Eyffhäuaer. Mit 40
Bildern nach Zeichnungen von Fr. Holbeio. Uindea i, "W.,
J. C. C. Brnna Verl., 1892.
Trttmpelmann, A.: Kloster tind Schule. Featspiel
snr 350-jährigen Jabelfeier der Köaiglioh preufsischen Landes-
Hchule Pferts. Magdeburg, OrentE'eche Verlagsbuchh., 1893.
Tfimpliug, Wolf von: GesohioMe des Oeschleohtes
Ton Tümplüg. Zweiter Band (bii stir Gegenwart). WA
Urkunden -Anhang, Bildnissen, andern Ktinstbeilagan, atnar
Kurte mm Feldinge gegen Folen von 1794 nnd de« Tceffena
von Oitaohin, dem Faciimile eines Sehzübeni dae giiwri
Wilhelm I., des Kronprinsen Friedrieh Wilhelm nnd des
Prinien Friedrich Eari, mit StammtafelD, einer AhBantaM,
Ewei Siegeltafeln , drei Handiohriftentafelo, Begiater nnd
Stammbanm. Weimar, Herrn. Böhka, 1893. YH^ 784 n.
137 SS. 6 Bogen a. 2 SS.. Begister. 8".
Dazu:
Des hoobehrw&rdigen Herren C. Alberti, Pfarrers in
Grols-SohwabhaneaQ, AusEug ans dem zweiten Bande der Ge-
sohiefate des Gesehleohtei von TUmpling. 1892. G, Heaen-
hahu's tJniv.-Buehdr., Jena. 32 SS. S** n. 8 SS. Anhang.
Veokenstedt, E,: Kjffh&naersage. In Harzer Ho-
natshefte. U, 161—165, ISO— 184, 305— 307.
Lltt«rKtar.
489
Vetter, Paul: Witz eis Flucht aos dem albertinisoliea
SaohBen. Zs. für Kirchengesoh. SIll (1892). 8. 282—310.
Das zweite Wartburgfeat. Pfingsten I84S. In
BaraobenBohaftl. Blätter. V. Jahrg. W. 8. 1890/91. S. 266
—271.
Wenek, Karl: Die heilige Elisabeth, tn „HigtoriBoha
ZeitEchrift", beransg. tou H. t. Sybel und Max Lehmann.
M. F. Bd. XXXIII. H. 2. 8. 209—244.
'Winckelmann, 0.: Der achmalkaldieohe Bond 1530
— 1532 und der Niiraberger Religionafriede. StraTsburg i. E.,
J. H. E. Heitz, 1892. XIV u. 313 SS. 80.
Zaohao, 0.: Die Stadtsobole in Jena. Beitrage zu
ihrer Oeeohichte von 1254 — 189'2. Eine Feataohrift gewidmet
dem SohnlTorBtande, den städtisoben Behörden und der Bärger-
Bchaft Jenaa znr Einweihung der neuen BiirgerBohuIe am 17.
Oktober 1892. Uit der Abb. der neuen Bürgerschule. Jena)
Fr. Manke's Verl. (A. Schenk).
Zahn, W. : Anhaltiner auf der üniveraität Erfurt. In
Mitt. des V. f. Anhalt. OeBch. u. Altertumsk. VI. Bd. 3. T.
8. 218—220. Dessau 1892.
Zimmermann, P. : Zu dem Grabdenkmale der GräfLa
Margarethe von Honstein. Zs. d. Harzv. XXV. Jahrg. 1892.
S. 264-255. Wernigerode 1893.
Z&rn, B. 8.; Die Kaute als heraldische Pflanze im
j iaohiiischen Wappen. In Leipz. Zeitg. 1892. No, 278. l.BeiL
Hitteilungen des TereioB ftir die Geschichte und
Altertumskande von Erfnrt. 15. Heft. Erfurt 1893. Inhalt:
I. Beiträge zur Oesob. des Erfurter Humaniamus. Von
G. Orgel, luih. Pastor. 8. 1—136.
II. Geschichte der Tischler-Innung zu Erfurt. Von Dr.
Beyer. 8. 187-159.
III. Die Erfurter Verordnungen gegen die Peat, die unga-
riBohe Eiankheit und die rote Ruhr im 16. und 17.
Jahrb. Von Dr. Loth, Arzt. 8. 161—191.
rr. ]0iOil|im»: Mjiktol Übipttte mi£ Bxfturter Birioi.
Ym IM. J. W. QMEilar.: 8. IM— tf8. ~ Sw Deirtnii
dM HaMBi btet Tra Dr. Ctaiter BaiMheL 8. 199
. —208. — Waa bidaalil dar Ht«ia Oat]»? Yra teM.
8. 804 1 — Ißaobnia tmi Hbn» dar Biahtor daa Oa-
aottm. Von W. A. Fdix^ Toa Tattaiut a 205--307.
T. Dar ßoi^ än&AUig das lataa sa Hrfktit gagaa dea
Bnb. IKeUiar Ton ICaiw L h 1400. B. 209— »4.
* TL Zu Baaaaha daa KOuf» Madiiali H^kaln m. imd
. . dar KJMpjk Lnba in SrftsI ha J. 1800. Tan Br.
Albart Piak. 8. 220-^801.
M ittailaagaa daa Varaiiia ftr OatduaUs- und Altar-
tenabuida ra KaUa und Boda. IT. Bd. 8. |L KaUa» Dnud^
Toa a Baak, 1802. laliall:
T. Naahiiehtaa Obar Adaliga aaa daa ISralianWUdiani am
Bphoria Kahla:
1. Paroahia Altaadorf. Taa Pflumr B. B. Moaw. &
387—850.
2. Paroohia ChN^ftbookadra. Tan Pfiurrer A. Prfifar.
S. 360—368.
TL ZnBätza zu den Naohrichten übar ansgestorbene Adels-
familien. Ton Dr. F. Mitzsohke in Weimar. S. 364
—366.
TU. Das Qesobleoht Sommerlatt. Ton Geh. Eirchenrat Dr.
J. Lobe in Rasephas. 8. 367 — 370.
TIIL Einige Bemerk.^ Bericht, n. Zusätze zu Schmids Gesch.
der Kirohb. Schlösser. 8. 371—391. Ton demselben.
. IX. Übersieht der Teröffentliohungen zur Geschichte des
Herzogt. Sachsen- Altenburg in den Mitt. der Geschichts-
und Altertumsf. Vereine des Landes. Ton Kirohenrat
£. Lobe in Boda. S. 392—405.
X. Die Rabsburg im Zeitzgmnde. Mitget. Ton Pfarrer £.
Alberti in Gbrolsschwabhausen. 8. 406.
XL Beitr. z. Gesch. der Parochie Dienstädt Tom Pfiemrer
G. Meister daselbst. S. 407—427.
Litterator. 491
Schriften des Vereins für Meiningische Oeschichte
und Landeskunde :
[Heft 11:] Die Pfarrei Langensohade. Von Aug. Röh-
rig, Pfarrer. Mit einem Bilde in Lichtdruck. Mei-
ningen 1891 (IV u. 172 SS.).
Heft 12: Saalfelder Stiftungen und Vermächtnisse.
Ein Beitrag zur Oeschichte der Stadt Saalfeld von
Friedrich Trinke. 2. Teil: Die Schneideweinsche und
Bonersche Stiftung. Meiningen 1892. (IV u. 104 SS.)
Heft 1 3 : Der Marktflecken Bibra. Eine Darstellung
seiner politischen und kirchlichen Entwickelung. Fest-
schrift zur 400-jähr. Jubelfeier der Grundsteinlegung
der Kirche den 17. Juli 1892, yerf. yon Heinr. Hart-
mann, Pfarrer. Mit einem Bilde in Lichtdruck und
einem lithographierten Ortsplan. Meiningen 1892 (IV
u. 208 SS.), gr. 80.
Zeitschrift des Ver. f. Hennebergische Gesch. und
Landeskunde zu Schmalkalden« XI. Heft. Inhalt: Geschichts-
kalender der Herrschaft Schmalkalden. Schmalkalden und
Leipzig, Eommissionsyerl. yon F. Wilischs Buchh. (1898).
120 SS. kl. 80.
0. Dobenecker.
Bekanntmachung!
Das yon dem yerstorbenen Bibliothekar Dr. J. £. A.
Martin hinterlassene Manuskript zum IL Bd. des XJrkunden-
buchs der Stadt Jena und ihrer geistlichen Anstalten befindet
sich im Archiye des Vereins fär thüringische Geschichte und
Altertumskunde in der Uniyersitätsbibliothek zu Jena und
kann daselbst, nachdem in jedem einzelnen Falle die Ge-
nehmigung des Vorsitzenden des Vereins eingeholt worden
ist, benutzt werden.
f .
Clesehäftliche ]|[itteilnng;eii.
Serioht über die Thätigkeit des Vereins fOr Thürüigisclie
Oeschichte und Altertamskuiide in der Zeit von der
Hauptversammlnng in Weida am 12. Juli 1891 bis zur
^uptrersamtnlung in nmenau am 16, Jnli 1883
Ton Guatav Eiohter.
Zfvei tiefachmerisliohe Verluete bat uneer Verein in dem
seit Erstattung des letzten Jahresberichtes verflosseneii Zeit*
r&Qin zu beklagen. Am 27. Januar 1893 etaib der Biblio-
thekar des VereioB, Univergitätebibliothekar Dr. J. £, Ä. Uar-
ti n. In ihm verloren wir einen langjährigen, treuen, er-
folgreichen und überaus kundigen Mitarbeiter- Daa von ihm
bearbeitete TJrkundenbuch der Stadt Jena und die unter seiner
ßchtiftleitung erschienenen Sande der Zeitschrift geben hier-
für voUgiltiges Zeugnie. Weit gediehene Sammlungen zum
sweiteo Bande des Urkunden buch es fanden eich im NacMaTs
des Verstorbenen. Der Verein hat dieselben — ebenso wie
eine Anzahl von Arcliivalien zur thUringiscben Geschichte
— erworben; um sie der Verwertung für wissenschaftliche
Zwecke, für welche die Zustimmung des Vorstandes er-
forderlich bleibt, schon jetzt zugänglich zu machen, haben wir
aie unter den Schutz und die Verwaltung der TJuiversitäts-
bibliothek gestellt. Als ein Zeichen dankbarer und pietät-
voller Erinnerung au den Verstorbenen hat eine Anzahl Ver-
einen! itglie der auf Anregung des Herrn OberbibliothekorB Dr.
UQllei aus eigenen Uitteln durch Herrn BUdhaaer Bpäte
I
I
496 OescbXftliche Mitteiliuigen.
«inen Grabstein arbeiten und am 27. Januar d. J., dem Todes-
tag Martins, aolstellen lassen. Unterbau und Einfassung sind
«US Sandstein, die Platte aus Syenit Er trägt die Inschrift:
DEM ANDENKEN DES YNIVEBSITÄTSBIBLIOTHEEABS
DR. PHIL. J. E. A. MAETIN. GEB. ZV RVDERSDORF
1. SEPT. 1822 GEST. 27. JAN. 1892. DER DANEBARE
TEREIN FYR THVRING. GESCHICHTE VND ALTEE-
TVMSKUNDE.
Über Leben und Wirken des treuen und verdienten
Mannes giebt das 1 . Heft des 9. Bandes (N. F.) unserer Zeit-
«ehrift nähere Kunde.
Als der erste Yorsitzende des Vereins, Herr Geh. Eir(^e^
rat Professor Dr. Lipsius, am 10. Juli des vorigen Jahres auf
der Jahresversammlung su Apolda dem entsoblafSsnen Genossen
warme Worte ehrender Erinnerung widmete, da ahnte niemand
-dafs der in frischer LebensfüUe vor uns stehende Mann kurz
vor seinem Soheiden stand. Am 19. August entrifs ihn nach
kurzer Krankheit ein jäher Tod einer Lebenswirksamkeit von
aeltener Bedeutung. Was er der Wissenschaft, dem Leben
und unserem Vereine gewesen ist, davon legte die dem Ver-
storbenen von dem Vorstände des Vereins am 5. Februar d. J.
im akademischen Rosensaale veranstaltete Trauerfeier, zu
welcher auch die Geschwister aus Leipzig und Dresden auf
unsere Einladung sich eingefunden hatten, öffentliches Zeug-
nis ab. Die hier gehaltenen Gedächtnisreden des Prof. Dr.
Nippold und des Verfassers dieses Berichtes sind in dem
so eben ausgegebenen neuesten Heft der Zeitschrift zum Ab-
druck gebracht worden. Im übrigen verweisen wir auf den
Bericht in der Jenaischen Zeitung vom 8. Februar d. J.
Die durch beide Todesfälle im Vorstand gerissenen Lücken
sind in folgender Weise ausgefüllt worden. Die Herausgabe
der Verein ßschriften übernahm nunmehr ausschliefslich Herr
Dr. Dobenecker, das Amt des Vereinsbibliothekars Herr Dr.
Stephan Stoy. Die Stelle des ersten und des stellvertretenden
Vorsitzenden wurde durch Vorstandswahl vom 22. Nov. 1892 dem
Unterzeichneten und dem Herrn Prof. Dr. Ottokar Lorenz
GeschUftUchB Mitteilungen. 4g7
Übertragen. AU neue ÄosBchuTsmitglieder siad eingetreten
die Herren Profeasor Dr. A, Brückner und Herr Oberbiblio-
tbekar Dr. Müller, ausgeBchieden ist durch Weggang von
Jena Herr Prof. Dr. F. Klug e.
Über die Eolwickelung uuserer Vereinethätigkeit in dem
zwischen den JuhreaYereammluQgen von Weida und von
Apolda liegenden Jahre iet auf der letzteren noch Ton dem
TerBtorbeoen TotBitzenden Berieht erstattet worden. Dieae
YeTaammluDg, welche am 10. Juli Torit;eti Jahree atattfand,
war eahlreich besucht, namcotlich auB Apolda und Jena,
anlaerdem waren vertreten Weimar, Bürgel, Ärnetadt, Gotha,
Dresden etc. Die Versammlung fand in der durch Herrn
Kommerzienrat Wiedeinaan freundlichst zur Verfügung ge-
stellten Humboldthalle statt, woselbst auoh eine Ausstellung
von Altertümern und prähiBtorischea Funden, eoweit sie auf
Apolda uud Umgegend Bezug haben, Platz gefunden hatte.
An derselben haben eich nicht nur Privatpersonen aus Apolda,
Weimar, Grofeschwabhüueea eto. beteiligt, sondern auch der
in Apolda bestehende Sammelverein, sowie doa Grofab. Btaata-
arohiv zu Weimar.
Dm */jia ühr eröffnete der Vorsitzende, Geh. Kirohen-
rat Prof. Dr. Lipsina aus Jena, die Vorsammlung und gab
zunächst Bürgermeister S t e o h o w dos Wort, welolier dem
Verein fiir die Wahl Apoldas zum diesjührigeu Versammlungs-
ort herzlich dünkte und die Ersehienenen im Namen der Stadt
freundiiolist willkommen hiefs. Darauf begrüfste der Vor-
aitzende den erschieuenen Vertreter der H. Gothaiechen Be-
gieruug, Geb. Staatsrat v. Ketteihodt aus Gotha, und teilte
mit, dals der Geh. Staatsrat v. Boxberg aus Weimar durch
eine Dienstreise verhindert sei, der Einladung Folge zu leisten,
und der VerHammluug seinen Grufe entbieten lasse. Er dankte
der Stadt Apolda für den warmen uud freundlichen Grufs,
welchen dieselbe dem Verein entgegengebracht, dem Eommor-
zienrat Wiedemauu für die gütige Überlassung der Versamm-
iSgaräume, und den Ausstellern für ihre freundliche Mithilfe
^ dem Zustandekommen der inteiesaanten Ausstellung,
1
I
,1
■
■
I Geichifilicbe Uitteilnugen.
Den hierauf vom Vorsitzenden erstatteten Bericht über
den Fortgang der Arbeiten des Yereins Verden wir unten mit
der weiteren BerichterBtattung Teraofamelzen, Hier sei nocli
der Bede des Herrn Prof. Dr. 0. Lorenz gedacht, welcher
nach dem Vorsitsenden das Wort er^fF. Derselbe spraoh
über die Eyff häusersage. Nächsten AniaTB tar Grörte-
inng des seit iwuiKig Jkhren mit beeonderem Eifer be<
■prochenen und erforschten Gegenstandes gab eine auch für
die thüringische Lan de sge schichte interessante vor kurzem
erschienene Schrift von H. Grauert in Uunoheii, in welcber
'iel umstrittene Frage, ver der eigentliche historiaGbe
Träger der an den KyffhÜUEer sich ansohliefsenden Eaisersage
sei, dahin beantwortet wird, dafs es weder Kaiser Friedrich der
Erste, noch, wie neuerdings gemeint wurde, Friedrich der Zweite,
indem der Wettiner Friedrich der Freidige wäre, welcher,
zum Kaiser bestimmt, von den Ohibelliuen Italiens als Retter
auserseheo und gleichaam als ofuer Friedrich erwartet wurde.
Dem gegenüber ergiebt aber die historisohe Ansl^ee des Yot»
tragenden ein anderes KesuUat. Indem derselbe tadelt, dai^
' TOQ Grimm festgestellte rein mythologisohe, altgermBinische,
lig echte Hintergrund der Sage des KyfThiiusers von den
neuem Gelehrten viel zn sehr beiseite geschoben worden iet,
seigt der Redner den politischen Orund , aus welohem sich
in den letzten Jahrhunderten keine andere Eaisergestalt wie
der Rotbart so sehr und so natürlich eignete, die Stelle des
•Itgermani sehen Gottes im Kyflhänser einzunahmen und anderem
seits als ReprKsentant dessen zu gelten , was das deatsohe
Volk von seinem Heiden erwartet hat. Der wesentliche, die
wissensohaftliohe Streitfrage absoblief sende Inhalt des Vor-
trags richtete sieh auf den Nachweis, dafe die Tersohiedenen
Eaisersagen, die teils aus wirklichen Ereignissen, teils ans
altem, zum Teil immer wieder aufgewärmtem Weissagungs-
glauben entstanden sind, durchaus nicht in Verbindung mit
der modernen Kyffhäusersage stehen, sondern willktirlich duroh-
eiuandergemengt worden sind. Die Trennung dieser sehr ver-
schiedenen, einen völlig ungleichen Inhalt zeigenden söge-
Hinten Kaisersagea, deren man mindestenB drei beBtimmt
und inhaltlich unterecheideo mÜEse, ergiebt für den Inhalt der
Kyffhäusersage nichts als eine mythoiogieohe Sasis , welche
heute noch genau so feststeht, wie sie von Jakob Grimma
grundlegender Weisheit erkannt wurde. Znm Schlüsse wurde
auf die nahe VcrwaudtHchaft der Bevölkerung gerade dee nord-
liehen Teils von Thüringen mit deu Nordgermanen und ina-
besoudere den Angeln verwiesen.
Der geistvolle Vortrag, der auch reich war an feinen
humoristisch-satirischea Schlaglichtern, fand den lebhaftesten
Beifall der Versammlung, in deren Namen noch besonders der
YorsitzeniJe dem Redner i^ankte. Hierauf fand eine halb-
stündige Pause statt, welche zur Erholung in deu herrlichen
Anlagen des Wi e dem an n scheu Parkes und znr Stärkung des
Leibes an einem unter schatten spendenden Bauraen aufge-
stellten „fliegenden" Büffet benutzt wurde.
Nach Wiedereröffnung der Sitzung um '/j2 Uhr begann
HeaUohul direkter Dr. Compter aus Apolda seinen Vortrag
über das bei Nauendorf ('/g Stunde nördlich von Apolda
gelegen) aufgefundene Schichten grab. Derselbe gab an
der Hand der von ihm blofagelegten und mit grofsem Sach-
verständnis geordneten Gegenstände eine genaue Beschreibung
des Fundortes, sowie der Fnndstücke und kam zu dem Sohlufe,
dafs die Orabanlage dem 2. bis 4. Jahrhundert unserer Zeit-
rechnung angehöre. Auf langer Tafel lagen sorgsam rubriziert
Urnen stücke mit und ohne Verzierungen, Feuersteine und
-Späne, Hausgeräte, Werkzeuge eowie Waffen aus Knochen
und Stein, einzelne auch aus Eisen, ferner eine grofae Anzahl
Tierkuoehen, welche Eedner als Überreste von Ziege, Reh,
Rind, Elentier, Schwein, Pferd (kleine Art), Dachs, Igel,
Stelzvogel bezeichnete ; Schaf- und Hundeknochen hat er nicht
gefunden. Die Aschebestaud teile rUhrteo nach seiner Ansicht
vom Taxuabaum her, der auch jetzt noch an einigen Stellen
Thüringens zu Wäldchen vereint vorkommt. Auch den Aus-
führungen dieses Redners lauschte die Versammlung mit sioht-
liohem Interesse und dankte durch reichlich gespendeten Rei-
I durch den Mund des Vorsitzenden.
I
500
Daaaeh kamen noeh die für den Sefalnls der Yenamm-
Inng snrackgestellten geBchäftiidien Angdegenheiten zur Er-
ledignng. Zu. Beehnvagtrerisoren worden gewählt die Herren
BedmungMuntmann Liehtwer und Dr. HenU zn Jena. Faeh
dem Tom Yortitaenden gegebenen Überblieke über den Stand
der Yereinareehnong betmg die Einnahme dee laufenden
GeaehäftBJahiea 14499 IL 14 PI, die Ausgabe 4204 M.
41 Pfl, es war sonach ein Bestand yorhanden von 10 284 M.
78 Pf., also die Finanzlage dee Yereins als eine g^önstige zu
beseichnen.
Auf Antrag des Yorstandes worden danaeh noch folgende
Statutenänderungen beschlossen: In § 6 Zeile 4 wird zu
,,fiinf' hinzugefügt: ,,oder sechs Mitglieder^; zu § 7 Zeile 6
neu beigesetzt: „der Teraotwortliche Herausgeber der Yer-
einszeitschrifty sofern die Herausgabe nicht in den Händen
eines der unter 1 — 4 genannten Yorsteher liegt"
Damit war die Tagesordnung erledigt, und schlofs der
Yorsitzende um 8^/^ Uhr die Yersammlung mit Worten des
Dankes für das zahlreiche Erscheinen.
Unmittelbar daran schlofs sich das Festmahl, welches im
Saal des Gasthofs zur Weintraube abgehalten wurde und eine
stattliche Anzahl yon Teilnehmern vereinte. Dasselbe war
gewürzt durch eine Keihe trefflicher Toaste heiteren und
ernsten Inhalts. Nach 6 Uhr begaben sich die Teilnehmer,
soweit sie nicht schon die Heimreise hatten antreten müssen,
noch für ein Stündchen gemütlichen Beisammenseins nach
dem Schillerbad, womit die Jahresyersammlung ihren Abschlufs
fand. Der OrtsausschuTs war bis zum letzten Augenblicke
bemüht, den Gästen den Aufenthalt in Apolda so angenehm
als möglich zu machen, und es sei daher am Schlüsse
unseres Berichts ihm, namentlich aber den Herren Bürger-
meister Stechow und Kommerzienrat Wiedemann auch an
dieser Stelle nochmals für ihre erfolgreiche Thätigkeit herz-
lich gedankt.
Zu dem seltenen yaterländischen Fest des goldenen
Ehejubiläums der Grofsherzogl. Herrschaften
Guehiftlicbe UilteÜBUgaa.
601
pit auch unser Verein dem erlauchten Paare ehrturchts-
^olle Huldigung iu einer vom TorBitzenden Terfofeten und
kiinBÜeriBch auegestatteten Glückwunsohadrease dargebracht.
Durch die Huld der Orofsherzogl, Herrschaften wurde dem
Verein die goldene Jubiläumsmedaille in reicher Umrahmung
Terliehen, 'wofür der Vorsitzende in einer Bchriftüchen Ein-
gabe den ehrerbietigen Dank auespraoh. Die Medaille wurde,
da es dem Verein an einem eigenen Versamniluogsraum
gebrioht, der Universitätsbibliothek unter Wahrung des Eigen-
tumerechtes zur Aufatillnug unter den Kleinodien der Biblio-
thek üb ergeben.
Die erwähnten Ereignisse, wie auch die laufenden Ver-
einsgesohäfte und die Regelung der wisse nHohaftliohen Unterneh-
mungen des Vereins waren Anlafs zu einer lieihe beratender
und beschlieJseuder Versammlungen des Vorstandes. Solche
Verstandssitzungen haben am 1. Februar, 2ö. Mai,
21. August, 22. Ntvember 1892 und am 26. Februar und 17.
Juni 1893 stattgefunden. Orofeere Öffentliche Versammlungen
sind, abgesehen von der Jahresv er sammiun g zu Apolda
am 10. Juli 1892 und der für den verstorbenen ersten Vor-
sitzenden, nicht abgehalten worden aufaer einem Vereius-
ahend am 9. Uärz 1892, au dem Herr Dr. Dobeueoker
durch einen auf urkundliche Nachrichten gestützten Vortrag
über den Bauernkrieg in Mitteldeutschland die zahlreiche aus
liännem und Frauen bestehende Zuhörerschaft lebhaft anzu-
regen und zu fesselu wufste.
Nunmehr aber hat unser Bericht auf den Fortgang der
wisBCnschaftlichen Unternehmungen des Vereins
näher einzugehen.
Das Ürkundenwerk ist durch die Vollendung des
2. Bandes des Urkundenbuohes der Vögte vonWeida und
Gera vom Fürstl. Beuls. Archivar Dr. B. S c h m i d t in Schleiz
gefördert worden. Der neue Band in dem stattlicheu Umfang
von 46 Bogen konnte auf der Jahresversammlung in Apolda
vorgelegt werden. Die Fortsetzung des Urkundeuhuches der
Stadt Jena, durch den Tod des Bearbeiters unterbrochen, ist
«
I
C02 Otwhirtliclie Kitlütimg«!).
«ioetireilen zurückgeBtcllt worden, obwohl die ToraTbeiten zum
2. Bond TOD dem Yerfaieer bei seinem Tode sohon weit ge-
fördert waren. Es ist Hchon bemerkt, dafe der Yerein das
Manuekript käuflich erworben und einstweilen der Caivcreitats-
bibliothek in Obhut gegeben hat. Die weitere Förderung des
Urkundenbuchee des Klosters Paulinzella, von welchem vor
2 Jahren das erste Heft erBchienen war, lat infolge starker
A rb ei teüber bürdung des Bearbeiters, des GymnasiallehrerB und
Bibliothekars Herrn Dr. Erniät Anemallar in Detmold,
nur langsam von statten gegangen, so dafs eine weitere Druck-
legung bisher noch nicht thunlich war. Gern hätte der Verein
die Herausgabe eines von Herrn Archivar Dr. Mitzschke
in Weimar bearbeiteten Urkundenbaches von Stadt und Kloster
B ür gel übernommen. Aber schon ein Y erstand sboschluTs vom
4. Mai 1B88 bestimmte, dafs zwar die Fortsetzung der be-
gonneuen Drbundeu blich er gefördert, neue aber vor Vollendung
und KeraoHgabe des damals in Angriff genommenen Beper-
toriums ThUringischei- ürkonden nicht begonnen
werden sollten. Wichtige Erwägungen geboten une, an dem
damals gcfafsten Beschlurs festzuhalten. Die im näobgt«n
Jahre beTorstehende Verööentlichung des seinem Abschlols
sich nähernden Werkes, das erst die bisher sohmerzlich ver-
mifste wissen Bohaftliche Vorbedingung für eine planvolle Be-
arbeitung eines Thüringisohen TJrknndenwerkea schaffen eoll|
wird mit na gewöhnlichen Kosten verknüpft sein. Wir sind
daher seit eiaigea Jahren darauf bedacht gewesen, duioh Er-
zielnng jährlicher Kassen ubersohäeae bereitgehalten e Hittel
für die Druoklegnng des Bepertoriums zu gewinnen. Nach
einer Berechnung nnsere Herrn Kassieren würden durch die
HerauBgabe des auf 2 Bände veranschlagten Bürgler ürkunden-
buohes die aufgesammelteit Bestände erschöpft werden. Zu-
gleich erhellt aus dieser Darlegung die Wiohtigkeit und tJn-
entbehrlichkeit der von den Thüringer Begierungen zu den
YereinskoBten jährlich verwilligten Geldbeiträge. Wir verfehlen
nicht für diese regelmäfsig geleisteten Zuwendungen den Hohen
Begierungen auch an dieser Stelle ehrerbietigen Dank zu sagen.
QMelilLRllohe Hittdlongen.
Das Bepertarium soll ein VerEeichnie aller jemals ge-
draekteo Urkunden zur thüriDgiBoheo Geechichte geben, von
jeder einzelnen eine Angabe des vesentlichen Inhaltes mit
genauer Orta- ond Zeitbeatimmung, den Aufbewahrungsort
des Originals oder der Kopie, die Druokorte und überhaupt
sämtliche die Urkunde betreifenden lilterariscben Nachweise
bringea. Aber nicht nur alles das; an riele Orkundea knüpfen
eich kritische Fragen bezüglich des Grades der Echtheit oder
der verscbiedeneD Deutung des lahalls, auch darauf soll jedes-
mal, wenn auch kurz, so doch mit vollständiger Angabe der
Litteratnr und selbständigem Urteil eingegangen werden.
Hierzu ist die Verarbeitung und Buherrschuog einer un-
übersehbaren Menge gelehrten Btolfes zur Geschichte des
Mittelalters erforderlich, Hunderte uDd aber Hunderte von
Bäudeu müssen durchforscht und wieder durchforecht, die ge-
lehrt« Arbeit der Gegenwart, soweit sie eich dem Mittel-
alter zuwendet, auf Schritt und Tritt verfolgt werden. Der
eisernen fieharrliohkeil und der seltenen Sachkunde unseres
Mitarbeiters, des Herrn Dr. Do be n eoker, der die ungeheure
Arbeit allein zu leisten hat, ist es gelungen, das Werk derartig
zu fördern, dafs wir hofien dürfen, im nächsteo Jahre mit
der Drucklegung beginnen xa könneu. In der Jabresver-
Bammluug zu Apolda konnte die Zahl der in der angegebenen
Art bearbeiteten Ürkuoden-Begeeta auf 19 240 angegeben
werden, es waren in jenem Berichtsjahre insbesondere alle
tür Thüringens Geschichte in Betracht kommenden Kaiser- und
Königsdiplome bis zum Beginn des 13. Jahrh. unter Berück-
aicbtigung der Lilteratur einer Naohprüfuug unterzogen und ein
grofser Teil der norddeutschen Urkunden buch er untersucht
worden. Auch in dem letztverüossenen Jahre hat die Forschung
nach Tbürioger Urkunden reichen Ertrag gegeben. Bs wurde be-
sniders die Litteratur zur Qeechichte des KünigreiohB Sachsen,
SchlesieuB, Böhmens, Mährene, Österreichs untersucht und eine
Beibe hiBtorisoher Zeitschriften durchforscht. lleiche Er-
gänzungen und vielseitige Aufklärungen boten die aus dem
päpstlichen Arohiv stammenden Epistulae saec. XIII e regeetis
33
4
504 Gaidilftliehe Ißeteikngini.
pontif. Born, selectae, welche die alles umliMfleade Politik der
römiselien Kurie namentlieh fiir die Zeit der letzten Thür.
Landgrafen in hellee Licht stellen. Auch die jüngst er-
schienenen Bpistolae Merovingici et Garolini aevi und die
Lihelli de lite imperatomm et pontif. saec XI et XII cod-
seripti boten einigen Ertrag, noch mehr die Dnrchforschong
der 8 Binde der Monumenta Zollerana n. s. f. So konnten in
der Zeit vom 6. Juli 1899 bis sum 8. Juni d. J. insgesamt
1074 neue Begesten der Sammlung einyerleibt werden. Die
sdbe enthilt nunmehr rund 20 800 Begesten für die Zeit yom
J. 500--1648.
Yen der Zeitschrift erschien im J. 1891 Heft 3 und
4 des 7. Bandes der N. F., 1892 fieft 1 und 2 des 8. Ban-
deSy der diesjährigen Versammlung wird das 8. und 4. Heft
dieses Bandes, sowie der darin enthaltenen Nekrologe far
die verstorbenen Yorstandsmitglieder wegen auch bereits das
1. Heft des 9« Bandes fertig Torgelegt werden. Die neuen
Hefte bringen u. a. einen Teil der vom Herrn Pfarrer Binder
in Bergsulsa bearbeiteten Geschichte des Amtes Lichtenberg,
für deren Drucklegung das Grolsh. Staatsministerium einen
Beitrag yon 150 Mark gewährt hat; ferner eine Darstellung der
weimarischen Dichter tod Qesangbuohsliedern von Herrn Ernst
Böhme, Diakouus in Lobeda; den Vortrag des Herrn Dr.
G. Compter, Direktors in Apolda, über „Eine alte Grabstätte
bei Nauendorf in Thüringen'', sowie eine Untersuchung über
den Namen des Bennsteiges tou Herrn Dr. L. Hertel, Gym-
nasiallehrer in Greiz. Von kleineren Beiträgen heben wir
hervor: Drei Erlasse des Herzogs Ernst August, das Eirchen-
und Schulwesen Apoldas betr., und das yon B. Einert im
Arnstädter Batsarchiy gefundene markige Streitlied wider Bom,
wahrscheinlich aus der Zeit des Sohmalkaldi sehen Krieges.
Die Mitgliederzahl, welche bei der Hauptversammlung
zu Weida 3 Ehrenmitglieder und 324 ordentliche Mitglieder
betrug, ist erfreulicher Weise, dank der Thatigkeit der Pfleger
besonders in Weimar und Gotha, in dem Zeitraum vom 12.
Juli 1891 bis 1. Juli 1893 erheblich gewachsen; der Verein
Gescbämich« MUteUangen. 505
zählt gegenwärtig 3 Ehrenmitglieder und 418 ordentliche
Mitglieder.
Der Verkehr mit anderen Vereinen bestand yomehmlich
in dem SchriftenaastauBch. 415 Hefte und Bände konnten
im ersten, 427 im zweiten Jahre, auf das sich der Bericht
erstreckt, der Universitätsbibliothek überwiesen werden. An-
genommen wurde seit der Hauptversammlung in Weida der
dem Verein angebotene Schriftentausch mit Nordiska museet in
Stockholmi dem Verein deutscher Historiker in Wien, der
Gesellschaft für Heimatskunde der Provinz Brandenburg und
der Bevue Bdnediotine, die in der Abbaye de Maredsous
(Belgique) erscheint, so dafs ein Tauschverkehr z. Z, mit
228 Akademien, Vereinen und gelehrten Gfesellschaften des
In- und Auslandes besteht.
Über die Finanzlage des Vereins erstattet der Kassierer,
Herr Verlagsbuchhändler Fischer, in der nachstehenden Über-
sicht besonderen Bericht.
a«iohtRlklra HittetlBng«!!
Kaasen-
4«s Yerflu für TtiDrlBgiiclie
Ordentliehe ElnnalimeB i
BnilrSge von Uilgliedern ,
Erlfik mn> den Tereiii9scbrif:
Zinssn vou dar Sparkuse .
Bei
AnherordentUdie EinB«liin«ii :
des Urkunde
TliUiiagea:
Vom Ororihariogl. ^ofa*. 1
sterium Weimar ...
Vom Hereoel. 8Ju.'li9. Stantaniiiiisteriiini
Golha , ......
Vom HerXDgl. Suche. Stu.tamini>leriiiai
Allanburg . ,
Vom Beriogl. Süclu. StHitsmliiUlsnam
HeiningeD
Von der furall. Schwank Re-mmni;
zu Budolbtndt
dar FUratl.
i SoiiderahaUB
Von der t'Urstl. ReuPi J. L, Regierung
au Gera
Vou der FSritl. Reufü. ü. L. Regierang
OcseliiftHcbe MitteUangeii.
507
Jena^ alt Desember 1891,
Abschlufs.
Oesdiichto v. Altertnskvnde.
Credit
1891
Dezbr.
31
OrdentUehe AvsgalMii;
Herstellong der Zeitschrift
des Vereins
Ffirdie Bibliothek des Vereins
Für die Verwaltung:
Porti, Dracksschen u. s. w. . . .
AuÜMrordentUehe Aiugaben:
Fär die Herausgabe des Be-
pertoriums zur Geschichte
Th Urin gens :
Gehalte
Für das Urkundenbach der
Vögte von Weida, Bd. II:
Archivar Dr. B. Schmidt, Reise-
kosten und Tagegelder
An die Druckerei
Summa der Ausgaben
Guthaben bei der Sparkasse
zu Jena
Kassabestand
Summa
I
M.
1077
88
169
1800
688
500
10137
146
Pf.
75
80
86
60
M.
1265
2938
Pf.
81
60
97
76
4204
41
10284
14489
73
14
GeMbänl)ch> MilUilungaD.
Ordentliche Ehmahmei i
Baitrüge von Milgüedno . . .
BrlSn aus den Vursiniichriften
Zioiea von dar Sparkaua . ■ .
ABherordentliclie Ebmahmen :
Ürko
I Tba-
Vom Ororihsnogl. Sfcb». SEutsmlnl-
Btarinm Walmst
Vom Hflriogl. Bicbi, SUutsminliMrinm
Gothft
Vom Btnogl. BSohi. SUalHin)Di»t«rlDin
Hainingaa
Vom Barxogl. Sftcbi. StutamlnUtarinDl
Altenbarg
Van der FQrstl. Schwanb. Rcgiernug
IQ RudolsUdt .
Von der FSrBtI. Schwarcb. Begiernng
■u Sondersfaaaa«)!
VoD der FänÜ. RaoA. j. I.. RegierUDg
UM Gera
Von dar fünti. Renfs. M. L. Regiarung
I Ortia
Geschäftliche Mitteilongen.
509
Jenay ult. Desembcr 1892.
Credit
1892
Ordentlieke Ansg^alien:
Herstellang der Zeitschrift
M.
Pf.
M.
Pf.
des Vereins
1050
85
Für die Verwaltang d. Vereins:
Porti, Inserate, Drackkosten etc.
AaTserordentUelie Ajaagtä^ea:
188
66
1239
51
«
Für die Herausgabe des Be-
pertoriums sur Ge schichte
Thüringens:
Gehalte
2000
—
Für das Urkundenbach der
.
Vögte von Weida, Bd. II:
An Archivar Dr. B. Schmidt
Honorar 450. —
Drackkosten .... 2757. —
3807
— —
Für das Urkandenbuch der
Stadt Jena, Bd. U:
An Frau Bibliothekar Dr. Martin
»
Ankaaf des von Dr. Martin hinter-
lassenen Manuskripts
600
—
•
Für das Urkandenbuch von
Paulinselle:
An Dr. Anemüller in Detmold
Tagegelder and Reisekosten . . .
109
80
Für das goldene Ebejnbilftum Ihr. K5n.
Hoheiten des Grofshersogs und der
k
Frau Grofshersogin
69
Für die Beerdigungsfeier des Herrn
Dr. Martin
20
—
■
Für die Beerdigungsfeier des Herrn
Geh. Rat Lipsius
Summa der Aasgaben
15
6010
80
7250
31
Desbr.
Guthaben bei der Sparkasse
31
saJena
8488
171
33
80
8609
Kassabestand
63
'1
Somma
1
15859
TT
(I>le Z>hl«ii
ErklArong der Figuren.
1 KlnmiDcra braeictinen du Mifs dar Verkleiuerung.)
a) Aus dem Sohi ch tengrabe.
1. Pro£l des Schieb t«ngra bes.
'i. LEtnieaBpitze oder Axt aus Peuersteia.
3, Steinaxt mit Schaftloch aus graugrünem Porphyr.
4, Stiiok BUB eJDer Hauputaage von HirBchhoro.
6. Wcrkseug suro Furchenziehon aus Hirechborn.
6. WebBchiffohen (.?) aus Hirachhorn.
T. Abgebroobeoes LedenaesBer (i) aus Uiraohhorn.
8—18. WiBderhergestelll« Urnen.
19. EiQ TJraetibodea, von aufBen oder unten gesehen.
20 — 23. WiederhergeBtellte Urnen.
23 — 33. BrnohBtiicke von OrDamenten der AufseaBeita.
34. 35. „ „ „ „ InnenBeit«.
36. BruohBtiiok tod einem groriea Henkel.
37. Bruohetiiok eines Bodenringes.
b) Aus den Binzelgräbern
S8. BronzeriDg.
39. BronBeBohmnokatiiek (?).
40. EiMniet SohlüeMl.
41. 42. Urnen.
43. Deckel einer Vme.
Zauehr.d. Ver.f.tMr. Ofidt u. AU. AFI. N. P. VIII. Taf.l.
ZiäMAr. d. Vtr. f. lASr. Qttdt. o. JU. XVI. S. F. Till. Taf. lt.
"(Jl
r. d. Vt*. f. lÄflr. 0«ei. «. AU. XVI. N. F. VIII. Taf. III.
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