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Full text of "Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaft"

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MUSEUM OF COMPARATIVE ZOOLOGY 


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Zeitschrift 


für die 


(«esammiten Naturwissenschaften. 


Herausgegeben 
von dem 
Naturw. Vereine für Sachsen und Thüringen in Halle, 


redigirt von 


C. Giebel und M. Siewert. 


Jahrgang 1868, 


Einunddreissigster Band. 


Mit zwei Holzschnitten. 


Berlin, 
Wiegandt u. Hempel. 
1868. 


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Önhaft. 


—— 


Aufsätze. 


H. Burmeister, über die Ohrenrobben der Ostküste Südamerikas 
R. Dieck, die Hautmuskeln des Fuchskopfes . } , 
C. Giebel, einige neue und wenig bekannte Br nlriathe Vögel 
— .—, über einige Otternschädel. . » . ... er, 
— —,. Gewichtsverlust des eigenen Körpers bei verminderter 
Baron. ER BIETE BOBEIOE NOT, IN ur Ai 

W. Heintz, Einwirkung des kohlensauren Kunonrik auf Mono. 
chloressigsäureäther . . . . RENTE RL TR e 

— ——, über 'phosphorsaures Zinkoxyd und en Zink- 
oxydammoniak . . . 

— —, Notiz über die Darktellung des aisıykolskuren Kalks. 

— —, über die Einwirkung des trocknen kohlensauren Natrons 
auf den Monochloressigsäureäther, über den ee 
äther und das Diglykolsäurediamid . . ... 

— —, einfachste Eusisch ud N der Giykolaiiideniren aus 
Monochloressigsäure 

— —, über die Einwirkung von Jodäthyl En PR a 
Diglykolamidsäureverbindungen und eine neue Bildungweise 
des Diäthylglykokolls und der Aethyldiglykolamidsäure 

H. Köhler, über die Anwendbarkeit bleierner Utensilien und Lei- 
tungsröhren für das Hausgebrauchswasser. . . ... 

F. Schönichen, zur Kenntniss der Erzgänge des anhaltischen a 
zes mit einem Blick auf die Zechsteinformation seiner Umge- 
bung. . . . 

M. Siewert, zur > rn B= Fieldschen® Methode er ehr 
Brom-, Jodbestimmung . . . ae 

— —, über den Stickstoff der im Körber  enbranchten Eiweiss“ 


körper 
L. Witte, über ee Teenie 1 Wärme Fr dr Erdoberfläche 


Mittheilungen. 


273 


276 


346 


Baldamus über Kuckukseier 21. — P. Th. A. Brukin, die Flora 
und Fauna des hängenden Steines bei Bludenz 301. — C. Giebel, Di- 
plodus Ag — Xenacanthus Beyr im Wettiner Kohlengebirge 23; die 
Gattung Neoschizodus im Lieskauer Muschelkalk 127. — Rud. Kner, 
die fossilen Fische in der Kreide von Sendenhorst 374. — W, v. Na- 
thusius, über Bildung der Schale des Vogeleies 19. — Schubring, Re- 


sonatoren und einige andere akustische Apparate 139. 


IV 


Sitzungsberichte. 


Altum, Nahrung der Eulen und Häufigkeit der Fledermäuse bei 
Münster 262. — Baldamus legt ein Stroboskop vor 69. — de Bary, 
über den Rosenpilz 545. — Brasack, Versuche mit Kreiseln 70. 73; 
Interferenzerscheinungen an g@kühlten Gläsern 263; Wirkung der Blau- 
säure 542, — Credner, Thoneisenstöin bei Mühlhausen 423; fossiler 
Stamm in der hallischen Braunkohle; Monstrosität von Encrinus lilii- 
formis 262; über Fraas’ Reise nach Palästina 264; Gränzschicht zwi- 
schen Keuper und Lias 180. — R. Dieck, Langesche Löthrohrlampe 
264. — Eichel, Pflanzenreste im ‚Musthelkalk bei Schneitlingen 550. — 
C. Giebel, Lepus timidus var. isabellina 68; Glyphis germanica = Nai- 
sia apicalis Mstr; verknöcherte Aorta bei Lutra vulgaris 69; gegäh 
die herrschende chemischphysielogische Methode 71; Engelmanns' Ge- 
schmacksnerven des Frosches 74; gegen das Gletscherphänomen auf 
dem Brocken 264; Hundeschädel 422; Wachsthum der menschlichen 
Nägel 541; Eigenthümlichkeit am: Schädel von Sorex araneus und 
Talpa europaea 550. — Gründler, mikroskopische Präparate 547;. Kalk- 
spathkrystalle im Kopf von Achatina lubrica 554. — Göschke u. Ta- 
schenberg, Schädlickeit der Rosencikade 545. — Köhler, Ozonerzeugung 
68; Anilin in Aplysia 179; animalisches Chinoidin 343; über thierische 
Gifte 423; über Myelin 558. — A. Schmidt, Ewalds geognostische 
Karte, mikrosköpische Gebilde im Keupersunidstein bei Pabstdorf 541; 
System der europäischen Clausilien 558, — Schaeffer, über den Spie- 
gel 548. — Schubring, chemische Harmonika 69; Grimaskistokop 70; 
Helmholz’ Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Nervenreizes 178; Ein- 
richtung der hallischen Wasserleitung 261; mehrfacher Mondhof 262; 
über Nickles’ Spectrum, billige Metallthermometer 264; eigenthümliche 
Stereoskopische Bilder 421; Fernrohr zu Feuernachrichten 423; neue 
Mass- und Gewichtsordnung 549. 556; neue Eismaschine 559; Ablei- 
tung von Theodolith 556. — M. Siewert, Seegens Arbeit über den 
Stoffwechsel, Krystalle von chromsaurem Baryt 68; Nobbes Pflanzen- 
versuche, Gibsons Schwefelwasserstöffapparat, Klein’s Einfluss des 
Kochsalzes auf den Organismus 71; Darstellung von Sauerstoff und 
neuer Manganoxydsalze 73; über, Liebigs Fleischextrakt 420, 555; 
Müllers Schlämmapparat 421. — Teuchert, monströses Leontodon ta- 
raxacum 421; künstliche Leuchtsteine 422; Scheiblers Metapektinsäure 
in der Zuckerrübe 424, Rübenmüdigkeit des Bodens und Kalidüngung 
546; Salze der Platinblausäure 557. — Taschenberg, über schädliche 
Garteninsekten 551. — Weiyelt; Nahruüg der Pflanzen 542. — L. Witte, 
Bestimmung der mittlen Tagestemperatur und Gang der Tageswärme 
540. 


Literatur. 
Allgemeines. 4. Frantz, Pseudodoxie der Naturwissenschaft 
(Magdeburg 1867) 25. — C. G. Giebel, die nützlichen Vögel unserer 
Aecker etc. (Berlin 1868) 139. — E. Külp, Lehrbuch der Experimen- 


talphysik (Darmstadt 1867) 137. — Mittheilingen aus dem Thierreiche 
für den naturgeschichtlichen Unterricht (Nürnberg 1861) 224. — 
C 4. Müller, Grundlinien einer Morphologie der Wärme (Tübingen 
1867) 481. — Nahrungsmittel, verfälschte 377. — Naturforscher, Wo- 
chenblatt (Berlin) 139, — Petroleum, inventiöse Benutzung 379. — 
S. Ruchte, Grundriss der Naturgeschichte (Rosenheim 1868) 224. — 
Ö. Rietmann, Wänderungen in, Australien (St. Gallen 1868) 214. — 
Xav. Schechner, unumstösslicher Nachweis, dass die Erde nicht um 
die Sonne gehe (München 1868) 27. — Fr.v. Tschudi, das Ungeziefer 


V 


und seine Feinde (St. Gallen 1865) 198. — J: Wartimann, Leitfaden 
zum Unterrichte in der Naturgeschichte (St. Gallen 1868) 140. 

Astronomie u. Meteorolögie; Aerolithenfall vom 30. 
Januar: 1868. 482. — Berger, tägliche Barometerschwankungen und 
Gesetz der täglichen Winddrehungen 483; Zusammenhang der plötz- 
lichen Todesfälle mit den Witterungsverhältnissen 483: — .O. Buchner, 
die Meteoriten in Sammlungen 305. — #4. W. Dove, der Schweizer 
Föhn (Berlin 1868) 304. — E. Einsmann, Untersuchungen über die 
Windverhältnisse zu Berlin 225. — Güeist, thermoskopisches Baro- 
meter 484. — v. Haidinger, die Meteoriten des kk. Hofmineralienka- 
binets am 1. Juli 1867. 305; die Lokalstunden von Meteoritenfällen 
305: — Hoh, merkwürdiger Blitzschlag 140. — K. Jelinek, normale 
fünftägige Wärmemittel für 80 Stationen in Oesterreich 305. — Kuhn, 
über Blitzschläge 226. — E. Lommel, Theorie der Abendröthe und 
verwandter Erscheinungen 225. — Oppel, vermischte meteorologische 
Notizen 482. — Secchi, neue Beobachtungen über die Spektra: der 
Fixsterne 226. — E. Weiss, Beobachtungen während der ringförmigen 
Sonnenfinsterniss am 6. März 1867 in Dalmatien 306. 

Physik. Akin, Calcescenz und Fluorescenz 29. — Alvergniat, 
Apparat zur Beweisführung, dass der elektrische Funken nicht durch 
ein absolutes Vakuum geht 487. — J. B. Baille, Veränderungen der 
Dispersion bei Flüssigkeiten durch Erwärmung 207. — K. L. Bauer, 
Brechnung des Lichtes und das Minimum der prismatischen Ablen- 
kung 144; Bedingungen unter welchen Cubik-Zoll und Loth in die- 
selbe Beziehung wie Cubikcentimeter und Grammen zu einander tre- 
ten 486. — W. Beetz, Einfluss der Bewegung der Tonquelle auf 
die Tonhöhe 227; elektromagnetische Kraft der Gasbatterie und der 
voltaischen Polarisation 309, — C. Bohn, Winkelmessen, Nivelliren, 
Distanzmessen der Mikrometerschraube 228. — A. Brezina, Verfahren 
mit dem Stauroskop 228. — Böltcher, neue galvanische Kette 488; 
Dekokt der Quillayarinde 488. — Bratenwender, elektrischer 144, — 
Chaudart, Magnetismus und Diamagnetismus ‚der Gase 30. — Desains, 
absorbirende Wirkung gewisser flüchtiger Flüssigkeiten und. deren 
Dämpfe auf die Wärme einer Lampe 232. — J. Dub, Eintreten des 
Sättigungspunktes der Elektromagnete 484. — E. Edlund, über den 
galvanischen Lichtbogen 140; Vermögen des galvanischen Stromes 
das Volumen fester Körper unabhängig von der entwickelten Wärme 
zu verändern 32. — Emsmann, Ertönen von Orgelpfeifen bei verän- 
derlicher Stärke des Anblasens 145. — Guthrie, über ‘Tropfen und 
Blasen 227. — W. Hankel, neue Theorie der elektrischen Erscheinun- 
gen 142; thermoelektrische Erscheinungen des Bergkrystalls 142. — 
J. ©. Hansen, das sogenannte Torricellische Theorem 381. — Hoh, 
zur Geschichte der Fluorescenz 29. — W. Holtz, höhere Ladung iso- 
lirender Flächen durch Seitenanziehung und die Uebertragung dieses 
Princips auf die Construktion -von Influenzmaschinen 229; über  In- 
fluenzmaschinen von hoher Dichtigkeit mit festen influenzirenden Flä- 
chen 230. — Jungk, Veranschaulichung einiger Erscheinungen an der 
Voltaischen Säule 381. — F. Kohlrausch, selbstthätiger Regulator für 
den galvanischen Strom 309. — Komerell, neues physikalisches Expe- 
riment 379. — G. Krebs, neue Form des schwimmenden Stromes von 
dela Rive 484; über Siedverzüge 487. — S. v, Krusper, über Bohüis 
über das Stampfersche Nivellirungsinstrument 227. — L. Külp, mag- 
netische Kompensationsmethode 381. — Listing, Gränzen der Farben 
im Spektrum 27. — F. Mach, Longitudinalwellenmaschine 309, — 
F. Melde, eigenthümliche Art Klangpulse zu erzeugen und zu zählen 
32. — L. Meyer, Molekularvolumina chemischer Verbindungen 30: = 
G. v. d, Mensbroughe, Spannung flüssiger Lamellen 379. — Mousson, 
Dilatation eines am Ende erwärmten Stabes 484. — Muscart, Rich- 


vI 


tung der Schwingungen im polarisirten Licht 228, — Naumann, rela- 
tive Grösse der Moleküle 30. — J. Nestle, neuer elektrischer Influenz- 
versuch 486. — O0. Neumann, Foukaults Gyroskop vereinfacht und ver- 
bessert 145. — v. Niess!, über Bohns Winkelmessen 228. — F. Pla- 
teau, Umwandlung eines flüssigen Cylinders in gesonderte Kugeln 
145. — J. C. Poggendorff, elektroskopische Notizen 143; neue elek- 
trische Bewegungserscheinung 143: Reaktion zweier Influenzmaschi- 
nen auf einander 144; elektrische Rotation 144; Wärmeentwicklung in 
der Luftstrecke elektrischer Entladungen 309; Vorgänge bei Entla- 
dung der Leydener Flasche 485. — G. Quincke, optische Experimen- 
taluntersuchungen 308; Fortführung von Materie durch den elektri- 
schen Strom 231. — R. Radau, zur Geschichte und Theorie des Wa- 
gebarometers 380. — Reusch, Reflexion und Brechung des Lichtes an 
sphärischen Flächen unter Voraussetzung endlicher Einfallswinkel 228, 
— P. Riess, Doppelinfluenz und Theorie der Elektrophormaschinen 
230; Influenz einer nicht leitenden Platte auf sich selbst 231; über 
elektrische Einbiegungen 231. — dela Rive, Fortpflanzung der Elektri- 
cität in elastischen Flüssigkeiten, Schichtung des elektrischen Lichtes 
bei derselben 231. — Röber, Gesetz der Magnetisirung in weichem 
Eisen 484. — J. Rheinauer, zur Theorie der Wage und zwei Miscellen 
486. — R. Rühlmann, Aendrung der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des 
Lichtes im Wasser durch die Wärme 207. — A. Schrauf, Einwendung 
gegen die Theorie des Refractionsäquivalentes 485. — M. Schwanda, 
Wirkungen der von der Holtzschen Maschine gelieferten Spannungs- 
röhren am Menschen 488. — L. Schwendler, zweckmässigster Wider- 
stand des Galvanometers beim Messen von Widerständen mittelst der 
Wheatonschen Brücke 231. — L. Sohnke, Einfluss der Bewegung der 
Lichtquelle auf die Brechung 308. — A. Töpler, optische Studien nach 
der Methode der Schlierenbeobachtung 228; zur Construktion und 
Leistung der Elektrophormaschine 229. — E. Villari, eigenthümliche 
elektromagnetische Erscheinungen und die Webersche Hypothese vom 
Electromagnetismus 382; über einige Eigenschaften des mit seinen 
Fasern parallel oder transversell durchschnittenen Holzes 382. — 
A. E. Waltenhofen, elektromagnetische Kraft der Daniellschen Kette 
nach absolutem Masse 383. — A. Waszmuth, neues Pachytrop 487. — 
Wüllner, über die erste Darstellung absoluter Röhren 487. — Zeh- 
fuss, Aufhebung elektrischer Kräfte; Bildung von grossen Hohlkugeln 
aus Teinem Wasser 487. 

Chemie. H.v. Abich, Naphtabezirke des nordwestlichen Kau- 
kasus 313. — Andrews, Identität des Jodkalium zersetzenden Körpers 
der Atmosphäre mit dem Ozon 33. — Barlinettiu. Duchemin, neue An- 
wendung der Pikrinsäure 146. — Bergeron u. Lemaitre, Auftreten der 
dem Organismus einverleibten Stoffe im Schweisse 383. — Berthelot, 
Kohlenwasserstoffe des Steinkohlentheers 383. — A. Bettendorf, allo- 
tropische Zustände des Arsens 34. — Böttcher, chemische Notizen 
503. — 4A. Butlerow, Nichtgiftigkeit des Zinkmethyls 35; Bereitung 
von Glykolchlorhydrin 35; synthetische Bildungsweise des Alkohols 
489. — C. Bischof, die Tbone auf der Pariser Industrieausstellung 
309. —"Crafts, die Aether der Säuren des Arsens 35. — Draggendorff, 
zur Kenntniss des Cantharidins 496. — J. Erdmann, Constitution des 
Tannenholzes 36. — Estor u. Saintpierre, zur Kenntniss der Athmung 
384. — A. Eulenburg, Zuckerbildung in der Leber 489. - Fare, Un- 
terschiede in den anscheinend gleichen Verhalten des Morphins einer- 
seits und der Gewürznelken oder Pimentkörner- Präparate anderer- 


seits gegen Salpetersäure und Eisenchlorid 283. — R. Fittig u. H. 
Eaton, Cyanverbindungen des Mangans 490. — Köbrich u. Silke, Zer- 
setzung des Kampfers durch Chlorzink 491. — M. Fleischer, das 


Thiernessal 87. — A. Forster, Darstellung künstlicher Leuchtsteine 


389. — R. Fresenius, Rothholz 491. — Friedel u. Ladenburg, interme- 
diäres Anhydrid von Kiesel- und Essigsäure 491. — A. Fröhde, Iden- 
tität von Hydrocarotin und Cholesterin 334. — B. W. Gibsone, neuer 
Schwefelwasserstoffapparat 146. — A. Grabowsky, Gerbsäure der 
Eichenrinde 385. — 0. Grass, zur Analyse des Leuchtgases 234. — 
A. Grimaus, Bromderivate der Gallussäure 37. — E. Haushofer, Zer- 
setzung des Granits durch Wasser 392. — Hennig, Regeneration der 
zur Leuchtgasreinigung gebrauchten Masse 235. — Himmelmann, Un- 
terscheidung des Arsens vom Antimon 235. — Hlasiwetzu. Grabowsky, 
Zersetzung der Kampfersäure 493. — 4A. W. Hofmann, neue Reihe 
von Homologen des Cyanwasserstoffs 37; neue Reihe von Isomeren 
der Nitrile 492. — C. Horn, Quelle für Brom 237. — H. Hupert, neue 
Gallenfarbprobe 386; Fehlerquelle bei der Pettenkoferschen Reaktion 
387. — D. Huizinga, Ozonnachweis in der Luft 38. — Jansen, Natur 
der Gase auf Santorin 53. — H. Kämmerer, kleine Mittheilungen 49. 
E. Klein u. Verson, Bedeutung des Kochsalzes für den menschlichen 
Organismus 147. — W. Kubel, Titrirung salpetriger Säure durch Cha- 
mäleon 39. — Limpricht u. Schwanert, Verbindungen der Toluolgruppe 
493. — Linnemann, über künstlichen Methylalkohol 387. — F. Lossen, 
Oxydationsprodukte des Naphtalins 39. — de Luca, Wirkung von schwe- 


felsaurem Natron auf die Hornhaut des Auges 149. — E. Ludwig, 
Vorkommen des Trimethylamins im Weine 46. 495. — Magnesium- 
lampe neue 234. — Malin, zur Kenntniss des Kampfers 495. — Ma- 
rignac, Fluordoppelsalze des Antimons und Arsens 495. — H. Martin, 
Pfeffermünze, Pfeffermünzöl und ihre Verfälschungen 387. — @. Meiss- 
mer, Stoffwechsel der Hühner 388. — 4. Mitscherlich, neue Methode 
zur Bestimmung organischer Verbindungen 46. — Otto, Bestimmung 


des Schwefels in organischen Substanzen 388. — W. H. Perkin, Ba- 
sicität der Weinsäure 389. — Quecksilberproduktion, jährliche 312. — 
H. Reindel, Blausäureentwicklung aus Kaliumferrocyanür und Schwe- 
felsäure 40. — Ritihausen, Bestandtheile des Roggensamens 239, — 
F. Rochleder, über Aesculus hippocastanum 40. — Ed. Schär, neue 
Ozonverbindung organischer Natur 389. — W. v. Schneider, Abschei- 
dung reinen Platins und Iridiums 390. — €. Schorlemmer, über Koh- 
lenwasserstoffe 43. — Schwarzenbach, Aequivalentverhältnisse der Ei- 
weisskörper 43. — Schönbein, Verhalten der Blausäure zu Blutkörper- 
chen und den übrigen organischen das Wasserstoffsuperoxyd kataly- 


sirenden Materie 47. — A. Sierschh Umwandlung des Methyl in 
Aethylalkohol 391. — J. L. Soret, Dichtigkeit des Ozons 44. — 
©. Than, über Kohlenoxysulfid 44. — Fr, Ullik, einige Verbindungen 
der Wolframsäure 46. — Thessie du Mothay, wohlfeile Darstellung 


von Sauerstoff, Ozon und Wasserstoffsuperoxyd 149. — Theile, Zer- 
setzungsprodukte des Albumins durch Aetzkali 504, — R. Wagner, 
Löslichkeit der Erd- und Metallkarbonate 45. — H. Wagner, über 
Phosphor- und Antiphosphorzündhölzer 150. — O. Weber, Milchsäure 
in osteomal. Knochen 391. — R. Weber, Verbindungen des Platins 
und Goldchlorids 33; Anwesenheit des Ozons in der atmosphärischen 
Luft 34. — W. Wernike, Vergoldung des Glases zur Herstellung op- 
tischer Spiegel 502. — W. Weyl, Tetramerkurammoniumoxyd und 
dessen Verbindungen 502. — A. Winkler, zur Kenntniss des Indiums 
240. — Wöhler, Verbindung des Thalliumchlorür mit Eisenchlorid; 
zur Kenntniss des Ceriums 45. — Br. Zoch, Luftverschlechterung in 
Wohnräumen durch künstliche Beleuchtung 312. t 
Geologie. L. Agassiz, Ursprung des Löss 152. — E. Bey- 
rich, Stringocephalenkalk bei Elbingerode 396. — R. Blum, über die 
Concretionen genannten begleitenden Bestandmassen mancher Gesteine 
396. — @. Berendt, geologische Karte der Provinz Preussen 241. — 
Al. Feliner, chemische Untersuchung der Teschenite 153. — F. Föt- 


vm 


terle, die Braunkohlenablagerung von Falkenau in Böhmen! 323. — 
G. Gross, Gegend zwischen Bingen und Mainz 510. — 0, W. Güm- 
bel, Gliederung des Pläners in Böhmen 48. — A. Grieshach, der Jura 
von St. Veit bei Wien 322. — Lossen, Kartenaufnahme im südlichen 
und östlichen Harze 392. — E. v. Mojsisovies, der Pisanaquarzit 54. 
— P. Merian, Gränze zwischen Jura und Kreideformation 507. — 
Alb. Müller, die Eisensteinlager am Fusse der Windgelle 52. — K.M. 
Paul, die Karpathensandsteine und Klippenbildungen zwischen. der 
Arvaer Magura und dem Arvapasse 54. — A. Pichler, zur Geog- 


nosie Tyrols 399. — Fr. Roemer, geognostische Karte von Oberschle- 
sien 242, — C. W. Paykull, zur Geologie Islands 513. — 0. Schneider, 
die augitischen Gesteine am Löbauer Berge 154. — U. Schlönbach, 


Gliederung der rhätischen Formation bei Kössen 53; Gosauformation 
bei Grünbach an der Wand 513. — @. Stache, zur Geologie der ho- 
hen. Tatra 512; Gebiet der schwarzen und weissen Waag 515. — 
A. Streng, die Diorite und Granite des Kyff'häusergebirges 321. — 
B. Studer et Escher v. der Linth, Carte geologique dela Suisse 243. 
— Th. Studer, zur Geologie des Morgenbachhornes am Thunersee: 
245. — Ed. Suess, Gliederung der Trias und Jurabildungen in den 
östlichen Alpen 49; Aequivalente des Rothliegenden in den Südalpen 
511. — M.:Wiikens, Bodenkunde und Geognosie 244. — F. Zirkel, die 
mikroskopische Struktur der Leucite und die Zusammensetzung der 
leueitführenden Gesteine 316. 

Uryktognosie. Bluhme, braune Bleierzkrystalle von ©ber- 
lahnstein 327. — E. Boricky, Dufrenit, Beraunit und Kakoxen von. $t. 


Benigma in Böhmen 325. — Breithaupt, Nantokit 406. — G@. Brush, 
über den Turgit 405. — Burckart, Domeykit von Parracatas in Me- 
xiko 249, — J. Cooke, Kryophyllit 249. — Frankenheim, Gruppirung 


der Moleküle in den Krystallen 328. — Frischmann, die Zwillinge des 
Chrysoberylis 324; Meteoriten aus Franken 516.— K u» Fritsch, Ge- 
mengtheile des am: 30. Jan. bei Pultusk gefallenen: Aerolithen 328. — 
€. W. €. Fuchs, zur Mineralchemie 57. — H. Goeppert, Abstammung 
des: Bernsteines 518. — P. Grothe, neue Mineralien auf einem bren+ 
nenden Steinkohlenberg bei Dresden 55. — K. v: Hauer, die Feld- 
späthe in den ungarisch siebenbürgischen: Eruptivgesteinen 156. — 
R: Hermann, Rewdanskit neues Nickelerz 65. — Myelström, Kataspilit 
250: — G. Klemm, Zinnober im nördlichen Spanien 158. — Knowlton, 
Cyrtolit 250. — v. Kobell, der Glaukodot von Hakansbö in Schweden 
157, Nachweis von Niekel und Kobalt in Erzen und Chatamit: bei. 
Andreasberg 519. — Murgquart, Thalliumreicher Schwefelkies 246.. —: 
Fr. Nies, Hornblendekombination von Härtlingen in Nassau 324, — 
€. Bope, Verwitterungsellipsoid und das krystallographische recht-, 
winklige Achsensystem des Kupfervitriols 521. — F. Posepny, neues 
Schwefelvorkommen an der Cicera bei Verespatak 56. — G@. vu. Rath, 
über Meneghinit 246. — Reusch, besondere Art von Durchgängen im 
Steinsalz und Kalkspath 403. — E: Riotte, Stedtefeldit 325. — @. Rose, 
Kobaltglanz im Kaukasus 403, — #. Sandberger, Tridymit von, Mont 
d’or 517. — F. Scharff, über den Sericit 401. — E. Sohnke, die Grup- 
pirung der Moleküle in den Krystallen 327. — B. Studer, Mineralien 
aus dem Justithal am Thunersee 57. — Vogelsang, Labrador von der 
Paulinsel 246; künstliche Eisenglanzkrystalle als zufälliges Produkt 
in einer Salmiakfabrik 248; faseriger Labradorit von Labrador 517. 
— P. Waage, Krystallform des Gadolinit 158. — Fr. Weineck, Mar- 
kasit pseudomorph nach Eisenglanz 56. — Fr. Websky, Mineralien im 
Goldsand in Schlesien 518. — Fr. Wiser, wasserheller Turmalin in: 
der Schweiz 517. — Th. Wolff, Granat auf den Lavaschlacken am 
Laacher See 248. — PY. v. Zepharovich, Ankeritkrystalle am Erzberge 
in Steiermark: 156. 


IX 


Palaeontologie. Is. Bachmann, alpine Neocombrachiopoden 
am Vierwaldstättersee 252. — J. Barrande, Cephalopodes siluriennes 
dela Boheme 332; Wiedererscheinung der Gattung Arethusina 409 — 
Al. Brandt, über aufrecht stehende Mammutleichen 408. — MH. Bur- 
meister, fossile Säugethiere im Diluvium Südamerikas 393. — J. Ca- 
pellini u. O. Heer, Kreidepflanzen in Nebraska 158; Unterliasfossilien 
am Golf von Spezzia 58. — Milne Edwards, fossiler Papagey auf Ro- 
driguez 353. — L.C v Fischer Ooster, paläontologische Mittheilun- 
gen 58. — L. Frischmann, neue Entdeckungen im lithographischen 
Schiefer 523. — 4. Fritsch, die Callianassen der böhmischen Kreide 
521. — 0. Heer, fossile Hymenopteren von Oeningen und Radoboj 
158. — H. Heynemann, neue Lagerstätte fossiler Pflanzen im nieder- 
rheinischen Tertiär 251. — R. Krer, Nachtrag zur fossilen Fauna von 
Seefeld und Raibl 252; Conchopoma und Acanthodes bei Lebach 522. 
— Lurtet, fossile Fleischfresser und Rhinoceros aus SFrankreich 252. 
— G Lindström, Fossilreste von Spitzbergen 159. — P. de Loriel u. 
Ed. Peltat, Monographie pal&ontologique et geologigue del’etage port- 
landien des environs de Boulogne sur mer 250. — K. F. Peters, mio- 
cäne Wirbelthiere von Eibiswald in Steiermark 251. — J. Probst, ter- 
tiäre Pflanzen von Heggbach bei Biberach 406. — 4A. E. Reuss, pa- 
läontologische Beiträge 331. — U. Schlönbach, paläontologische Mit- 
theilungen 159; die Brachiopoden der böhmischen Kreide 330. — 
L. H. Scudder , die ersten fossilen Neuropteren in NAmerika 159, — 
D. Stur, die Pflanzenreste aus dem Schiefergebirge von Tergove in 
Kroatien 329. -— H. Trautschold, einige Crinoiden und andere Reste 
des Bergkalkes im Gvt. Moskau 407. — E. Weiss. neue Anthracosia 
in der Saarbrücker Kohlenformation 159. — H. Woodward, Krebse 
und eine Myriapode im Kohlengebirge Westschottlands 58. 

Botanik. Bail, entwicklungsgeschichtliche Arbeiten 524. — 
Al. Braun, die Characeen Afrikas 413, — Fr. Buchenau, interessante 
Füllungserscheinung an Lapageria rosea 256. — H. Christ, die Ver- 
breitung der Pflanzen der alpinen Region der europäischen Alpen- 
kette 163. — W. Doenitz, Bewegungserscheinungen an den Plasmo- 
dien von Aethalium septicum 412. — (. v. Fischer-Ooster, die Brom- 
beeren um Bern 254. — W. 0. Focke, zur Kenntniss der deutschen 
Brombeeren insbesondere der bei Bremen vorkommenden Arten 255. 
C. M. Gottsche, neue Jungermannia 336. — Hildebrand, unmittelbarer 
Einfluss der Pflanzenbastardirung auf die Beschaffenheit der durch 
dieselbe erzeugten Frucht 235. — A. Jäger, Moosflora von St. Gallen 
und Appenzell 528, — Kareltschikoff, Verzeichniss der Pflanzen mit 
Spaltöffnungen auf beiden Blattfächen 411. — F. W. Klatt, über die 
Gattung Euparaea 410. — A. v. Krempelhuber, über Lichen esculentus 
235. — W. Lakowitz, Flora von Berlin ‚518. — E. v. Lindemann, Flo- 
rula elisabetbgradensis 160. — E. Loew, zur Physiologie niederer 
Pilze 416. — J. Milde, über Asplenium fissum und lepidum; über 
einige Sporenpflanzen der deutschen Flora 337. — L. Rabenhorst, 
Peziza geaster n. sp. 160, Flora europaea Algarum 529. -— $. Ruchte, 
Grundriss der Naturgeschichte. Botanik 529. — Schenk, Untersuchun- 
gen des Baues der Grasblühten 353. — M. Seubert, Exkursionsflora 
für das SWDeutschland 528. — St. Schulzer v. Müyyenbury, mykolo- 
gische Miscellen 336. — B. Wartmann u. Zollikofer, Pflanzen und 
Thierwelt im Februar bei St. Gallen 527. — Wilikomm, über Chloro- 
phyll, Stärkemehl und fette Oele 161. — L. Wittmach, Musa ensete 
als Beitrag zur Kenntniss der Bananen 59. — Wolkoff, Einwirkung 
des Lichtes auf Pflanzen 527. 

Zoologie. Bethe, 2 neue deutsche Staphylinen 66. — Bau- 
dilot, Analogon der Häutung bei den Fischen 259. — Fr. Brauer, die 
von der Novara gesammelten Neuropteren 339. — H. Christoph, Be- 


X 


schreibung neuer Schmetterlinge bei Sarepta 54. — Claus, über Ler- 


naeocera esocina 530. — Cornelius, Entwicklung der Galleruca cala- 
mariensis 66.— Dumeril, Metamorphose des Axolotl 259. — Expedition 
preus. nach Ostasien 257. — C.u.R. Felder, Lepidopteren der No- 
vara-Expedition 258. — ©. G. Giebel, landwirthschaftliche Zoologie 


(Glogau 1368) 337; die nützlichen Vögel unserer Aecker, Wies | 
Wälder etc. (Berlin 1868) 338. — H. ideen. die Neuropteren der Im 
sel Cuba 62. — Jourdain, Lymphgefässe von Gadus morrhua 259. — 
W. Keferstein, zur Entwicklungsgeschichte einiger Seeplanarien von 
St. Malo (Göttingen 1868) 333; neue Batrachier aus Australien und 
dem tropischen Amerika 533 — Mac Lachlan, über europäische Phry- 
ganiden und neue Genera derselben 62. — M Marey, über die Na- 
tur der Muskelcontraktion 258. — #. Landois, das Gehörorgan des 
Hirschkäfers 260; Anatomie der Bettwanze 531. — Leydig, über die 
Schleichenlurche 533. — Leon Fairmaire, six nouvelles especes du genre 
Ichtyurus 66. — v. Martens, Hemieuryale neue Seesterngattung 419; 
vier neue Schlangensterne 530. — A. Meyer, Beiträge zu einer Möno- 
graphie der Phryganiden Westphalens 62. — W'. Peters, über die Fle- 
derhunde insbesondere Pteropus 340, die zu Mimon und Saccopteryx 
gehörigen Flederthiere 417; neuer Nager Uromys aus NAustralien 
419; Verbindung des Os tympanicum mit dem Unterkiefer bei Beutel- 
thieren 535. — Schleich, mikrolepidopterologische Mittheilungen 64. — 
O0. Schmidt, die Spongien der Küste von Algier (Leipzig 1868) 529. 
= L v Schrenk, Reisen und Forschungen im Amurlande in den Jah- 
ren 1854—1856 (St. Petersburg 1867) 257. — Staudinger, neue Lepi- 
dopteren aus Gruners Sammlung 65. — Sappey, über die Nerven des 
Neurilems 258. — Fr. Stein, der Organismus der Infusionsthiere 
(Leipzig 1867) 167. — Fr Steindachner, Meeresfische an der Küste 
Spaniens und Portugals 339. — A Strauch, herpetologische Untersu- 
chungen 534. — Suffrian, Cryptocephalus astracanicus n. sp. 66. — 
Zeller, einige besonders in Aegypten und Palästina heimische und einige 
ostindische Mikrolepidopteren 62. — v, Zieyler u. Klipphausen, über 
europäische Melitaearten 64. 

Correspondenzblatt für Januar 67—80; Februar 178—180;; 
März 261-264; April 342—344; Mai 420-424; Juni 537—560. 

Kleteorologischer Jahresbericht 74 -80, — Monatsberichte 
für Januar — Mai. 


Berichtigungen. 
Bd. XXVIII. Inhalt S. IV Z. 16 v. u. fehlt: Bothe, Tagentenphoto- 
meter $S. 452. 


Bd. XXIX. S. 486 Z. 5 v. u. in der Anmerkung lies pseudoscopisch 
statt pseudomorphisch. 


Bd. XXX. Inhalt S. V Z. 7 v. o. Identität statt Intensität. 


Bd. XXXI S. 488 Z. 9 v. o. lies 1866 statt 1868. 

S. 489 Z. 5 v. o. lies Holtz statt Helmholtz. 

S.134 Z. 21 v. o. lies 21/s Ihlr. statt 11/., 

S, 556. Z. 20 v. u. lies Brown statt Braun. 
Z.18 v, u. lies Jodür statt Jodner. 
7.15 v. u. lies ea statt Ye. 
7.12 v. u. lies izus statt izos. 
zZ. 9 v. u. lies Dioptern statt Dioptera. 
7. 8 v. u. lies Alidada statt Aldada, 


Zeitschrift 
PERL En ie 


LIBRARY 


Gesammten Naturwissenschaften, 


_— 


1868. Januar. Ne LI. 


Zur Prüfung der Fr. Field’schen Methode der 
Chlor-, Brom-, Jodbestimmung 
von 


M. Siewert. - 


In der vierten Auflage seiner quantitativen Analyse er- 
wähnte Fresenius der!) Fieldschen Methode?) zur Chlor- Brom- 
Jodbestimmung, wenn diese neben einander in einer Flüssig- 
keit vorkommen und quantitativ bestimmt werden sollen, nur 
in einer Anmerkung und führte als Grund dafür an, dass die 
Methode von Field deshalb unbrauchbar sein müsse, weil Jod- 
silber in Jodkalium, Bromsilber in Bromkalıum, löslich seien. 
Field suchte darauf in einer spätern Arbeit®), die mir leider 
nicht zugänglich gewesen ist, da sie ausser der kurzen Er- 
wähnung in den Koppschen Jahresberichten (1860) in keine 
deutsche Zeitschrift übergegangen ist, durch Versuche darzu- 
thun, dass bei ausreichender Verdünnung weder Jod- noch 
Bromsilber selbst in einer überschüssig Jod- und Bromkalium 
haltenden Flüssigkeit löslich seien und daher der von Frese- 
nius seiner Methode gemachte Vorwurf ungerechtfertigt sei, 
worauf Fresenius in seiner neusten Auflage*) die Methode 
von Field aufgenommen hat, indem er bemerkt, dass dieselbe 


1) Fres. Quant. Analyse. IV. Auflage pag. 465. 
2) Chem. Gaz. 1857. Nr. 318. Journ. f. prakt. Chem. 73. 404. 
Dingl. polyt. Journ. 146, 136. 
®, Chem. News II, 325 (1860) Kopp. Jahrber. 1860 pag. 618. 
#, Ste Auflage pag. 540. 
Ba. XXXI, 1867. 1 


2 


in theoretischer Beziehung von grossem Interesse sei, aber sich 
zur Anwendung nur dann eigne, wenn alle 3 Halogene in 
ziemlichen Mengen zugegen sind. 

Die Fieldsche Methode basirt auf der verscllieden kräf- 
tigen Affinität der drei Haloide zum Silber und Field sagt: 
Wenn Brom und Chlor in einer neutralen Flüssigkeit enthal- 
ten sind, so wird bei der Fällung durch salpetersaures Sil- 
beroxyd zuerst das Brom als Bromsilber ausgefüllt werden, 
wennChlor und Jod zusammen vorkommen, wird erst alles Jod 
als Jodsilber, wenn alle drei Haloide zusammen vorkommen erst 
alles Jod, dann alles Brom und zuletzt bei einem Ueberschusse der 
Silberlösung das Chlor als Chlorsilber ausgefällt werden. Wird 
ferner ein Gemenge von Brom- und Chlorsilber mit verdünn- 
ter überschüssiger Bromkaliumlösung 24 Stunden in der Kälte 
oder 10 Minuten in der Hitze digerirt, so wird alles vorhan- 
dene Chlorsilber in Bromsilber übergeführt; ferner wenn 
Brom- und -Chlorsilber mit überschüssiger verdünnter Jodka- 
liumlösung in derselben Weise behandelt werden, entsteht 
reines Jodsilber. Field hat jedoch bei seinen synthetischen 
Versuchen zur Begründung seiner Methode das Gemenge der 
3 Haloidverbindungen stets mit überschüssiger Silberlösung 
ausgefällt, wobei natürlich die ganze Menge der Haloide in 
den Silberniederschlag eingehen musste. Hat man nun aber 
in Salzsoolen dem Kochsalz gegenüber nur äusserst geringe 
Mengen von Brom- und Jodverbindungen, so würde man, um 
nach dieser Methode einigermassen von einander abweichende 
Wägungsresultate nach dem Kochen der ursprünglichen Nie- 
derschläge mit überschüssiger Brom- resp. Jodkaliumlösung 
zu erhalten, vorausgesetzt, dass wirklich eine vollkommene 
Umwandlung stattfindet, sehr grosse Mengen ursprünglicher 
Salzsoolen mit Silberlösung fällen müssen, also einerseits eine 
grosse Menge Silberlösung verbrauchen, andrerseits auch sehr 
bedeutende Niederschläge zur Wägung bringen müssen und 
zwar um Verluste an Brom und Jod zu vermeiden, die un- 
fehlbar bei der Verbrennung der Filter entstehn müssten, 
ziemlich grosse gewogene Filter, die vorher vollkommen mit 
Säure und Wasser völlig ausgewaschen wären, zur Filtration 
benutzen. Würde aber wirklich selbst bei Gegenwart von 
einer stark überschüssigen Menge einer Chlorverbindung durch 


3 


zugesetzte Silberlösung aus einem Gemenge der Chlor- Brom- 
Jodlösung zuerst nur Jod- und Bromsilber abgeschieden, so 
würde die Methode zur Bestimmung kleiner Mengen von Brom- 
Jodverbindungen neben viel Chlorverbindungen ausserordent- 
lich vereinfacht werden können, dadurch, dass man mit einer 
titrirten Silberlösung nur partiel ausfällt, jedoch immer so 
weit, dass man mehr titrirte Silberlösung anwendet, als zur 
Ausfällung des vorhandenen Brom und Jod nothwendig ist, 
so dass man noch eine geringe Menge Chlorsilber mit im 
Niederschlage hat. Man würde dann auch nur zwei Fällungen 
zu machen haben, da man nur nöthig hätte, den einen ur- 
sprünglichen Niederschlag von Chlor-, Brom- und Jodsilber 
auf einem gewogenen Filter zu filtriren, auszuwaschen und 
nach dem Trocknen bei 100° zu wägen, den andern nach 
oberflächlichem Auswaschen mit überschüssiger verdünnter 
Bromkalium Lösung zu behandeln und ebenfalls nach dem 
Filtriren, Auswaschen und Trocknen zur Wägung zu bringen; 
denn die Ausfällung einer dritten gleich grossen Portion ur- 
sprünglicher Salzlösung mit der gleichen Quantität titrirter 
Silberlösung, die man in den beiden ersten Fällen angewen- 
det hatte, wäre überflüssig, weil man durch einfache Berech- 
nung nach dem Atomgewichte aus einer bestimmten Anzahl 
Cubikcentimeter titrirter Silberlösung das Jodsilber berechnen 
könnte. Es wären also !/s an Arbeit und t/s Differenz an der 
Genauigkeit, die durch einen Wägungsfehler bedingt wäre, 
gespart, und ausserdem ein geringerer Verbrauch an Silber- 
lösung und Arbeit mit mässigen Niederschlägen erzielt. 
Indem ich von dieser Idee ausgehend, die letzte und 
wichtigste Consequenz des Fieldschen Principes bei der Ana- 
lyse der Soolenmutterlaugen der hiesigen Königl. Saline zie- 
hen und zur Anwendung bringen wollte, erhielt Herr stud. 
phil. Reinwarth aber so widersinnige Resultate“), dass ich 


1, A. Gewicht I von Ag (Cl + Br + J) = 0,2490 Grm. 
I, Ag(Br+J) — 0,3558 „ 
III „ AgJ = 0495 , 
Br — Cl: Agtl=II—1[I:x 
44,5 : 143,5 = 0,1068 : x 
x = AgCl = 0,3444 Grm., also mehr als der Niederschlag I selbst 
betragen hatte, 


1? 


d 


mich zur Anstellung mehrerer Versuche zur Prüfung der Field- 
schen Methode entschloss, die ich im Folgenden mittheile. 

Es wurde zunächst der Grad der Reinheit des zu be- 
nutzenden Brom- und Jodkaliums zu bestimmen gesucht, wo- 
bei sich ergab, dass das käufliche Jodkalium als fast chemisch 
rein zu bezeichnen war; denn 

1) 0,415 Grm. KJ (= !/ıoo At.) gaben mit überschüssi- 
ger Silberlösung ausgefällt unter Zusatz von Salpetersäure bis 
zum Klarwerden der Flüssigkeit gekocht, 0,5852 Grm. Silber- 
niederschlag. 

2) 0,415 Grm. KJ in derselben Weise behandelt aber 
nach dem völligen Auswaschen mit überschüssigem KJ ge- 
kocht, filtrirt und ausgewaschen 0,5872 Grm. AgJ statt 0,5875 
Grm. AgJ. Demnach enthielt das zur Anwendung gebrachte 
KJ 99,61 pC. wirkliches Jodkalium und 0,39 pC. eines ande- 
ren Haloidsalzes, wahrscheinlich Chlorkalium. Da aber die 
Wägungsdifferenz von 0,0028 Grm. auch durch andre Fehler 
bedingt sein kann, so konnte das vorliegende Jodkalium wohl 
als hinlänglich rein in Benutzung genommen werden. 

Anders verhielt es sich mit dem käuflichen Bromkalium ; 
denn 

1) 0,2975 Grm. — !/4oo At. KBr gaben nur 0,3804 Grm. 
Silberniederschlag. 

2) 0,2975 Grm. mit überschüssiger Silberlösung unter 
Zusatz von NO5 ausgefällt, völlig ausgewaschen und mit über- 


J—Br:AgBbr=1lIl—II:x 
47 :188 = 0,0637 : x 
x = AgBr —= 0,2548 Grm,, 
Ein jedenfalls ganz unrichtiges Resultat, wenn im ersten Niederschlage 
0,3444 Grm. AgCl vorhanden gewesen wären. 
B. Gewicht I von Ag (Cl + Br + J) = 0,3138 Grm. 
I „ Ag (Br + J) — 0,3770, 
III „ AgJ — 0,4700 ,„ 
Aus diesen Resultaten ergiebt sich für 
AgCl — 0,2039 Grm. 
AgBr = 9,0597 „ 
Ag) = 0,0500 ,„ 
Es müsste nach diesem Versuche die Soolenmutterlauge cca. gleiche 
Mengen Jod und Bromverbindungen enthalten, während durch salpe- 
tersaures Palladiumoxydul kaum Spuren von Jod nachgewiesen wer- 
den konnten. 


5 


schüssigem KBr gekocht, gaben 0,3867 Grm. AgBr anstatt 
0,47Grm. AgBr. Demnach enthält das käufliche KBr an wirk- 
lichem Bromkalium nur 76,6 pC. ausserdem 3,53 pC. Chlor- 
kalium und 19,87 pC. schwefelsaures Kalı. 

Sodann wurde um zu constatiren, dass sich AgCl in 
AgBr. und Chlor- und Bromsilber in Jodsilber durch Kochen 
mit überschüssiger verdünnter Bromkalium- resp. Jodkalium- 
lösung vollständig überführen lasse, eine Reihe von Versuchen 
angestellt. 

a. ÄgCl zu AgBr. 


1) 30 cr N 5 Silberlösung wurden mit Salzsäure kochend 


ausgefällt und alba die berechnete Menge AgCl = 0,4305 
Grm. 


2) 30 LET N „ Silberlösung wurden ebenso in AgCl über- 


geführt und am ne dem vollständigen Auswaschen mit 1 
Grm. KBr. 45 Min. gekocht. Das Filtrat gab mit NH:S ver- 
setzt selbst nach 24stündigen Stehnlassen keine Ausscheidung 
von Schwefelsilber. Das Gewicht des entstandenen Bromsil- 
bers betrug 0,5592 Grm. statt 0,5640 Grm.; mithin waren 
0,01555 Grm. — 3,61 pC. AgCl nicht umgewandelt worden, 


3) Es wurden 2 mal gleiche Anzahl CC einer nicht völ- 
lig richtig stehenden 5 Silberlösung mit überschüssiger Salz- 


säure kochend ausgefällt; der eine Niederschlag wog 0,4404 
Grm.; der zweite wurde mit 1 Grm. KBr in 300 CC Wasser 
1 Stunde gekocht. Das Gewicht dieses Silberniederschlages 
betrug 0,573 Grm. statt 0,5769 Grm.; es hatte also durch das 
längere Kochen auch eine vollständigere Ueberführung statt- 
gefunden; trotzdem waren noch 0,01253 Grm. — 2,85 pl. 
AgCl unumgewandelt geblieben. Silber konnte im Filtrate 
nicht nachgewiesen werden. 


b. Ag (Br + Cl) zu Ag). 
1) 60 CC völlig richtig stehender N 5 Silberlösung wur- 


den erst mit einer Chlorbromhaltigen an völlig aus- 
gefällt und dann der Niederschlag mit überschüssiger Jodka- 


6 


liumlösung 10 Min, gekocht. Das Gewicht des erhaltenen Jod- 
silbers betrug 1,4102 Grm. statt 1,4100 Grm. 

2) Dieselbe Operation wiederholt, aber 60 Minuten mit 
Jodkalium gekocht gab fast dasselbe Resultat; das Gewicht des 
Jodsilbers betrug 1,4104 Grm. Beide Male war also ein klei- 
nes Plus von einigen Decimilligrammen gewogen, im Filtrat 
war natürlich kein Silber nachweisbar. 

Ein für allemal sei bemerkt, dass stets die Flüssigkeits- 
menge, in der die Niederschläge erzeugt, resp. mit 1 Grm. 
KBr oder KJ gekocht wurden, 300 CC betrug. 

Um andrerseits zu erfahren ob AgJ und AgBr bei an- 
haltendem Kochen mit KBr resp. NaCl zu AgBr oder Ag0l, 
wenn auch nur theilweise, umgewandelt werden könnten, wur- 
den folgende Versuche angestellt. 

a. AgJ zu AgBr. 

1) 2 gleiche Volumina beliebiger Silberlösung wurden mit 
überschüssigem KJgefällt, beide Niederschläge gutausgewaschen, 
der eine getrocknet und gewogen, der andere mit 1 Grm. KBr 
während einer Stunde gekocht, sodann filtrirt, ausgewaschen 
getrocknet und gewogen. Das Filtrat gab keine Silberreaction. 
Das Gewicht beider Niederschläge war absolut dasselbe 0,581 
Grm.; es übt also KBr auf AgJ beim Kochen keinen zerset- 
zenden Einfluss aus. 


2) 2 gleiche Volumina 30 CC N Silberlösung mit über- 


schüssigem KBr ausgefällt, beide Niederschläge gut ausgewa- 
schen, der eine getrocknet und gewogen, der andere mit 4 
Grm. NaCl in 300 CC Wasser gelöst während einer Stunde 
gekocht und wie der erste weiter behandelt. Die Gewichte der 
Niederschläge betrugen 1) 0,5681 Grm. AgBr und 2) 0,5270 
Grm. Ag (Br-+Cl). Es war also damit bewiesen, dass Brom- 
silber beim Kochen mit überschüssiger verdünnter Kochsalz- 
lösung wenn auch nicht ganz, so doch theilweise (nämlich zu 
64,71 pC.) in Clorsilber übergeführt wird; denn der letzte 
Niederschlag enthielt 0,3676 Grm. Chlor- und nur 0,2005 Grm. 
Bromsilber. Im Filtrat war daher ohne Schwierigkeit mittelst 
Chlorwasser und Schwefelkohlenstoff Brom nachweisbar. 


3) Als letzter Versuch wurden 2 mal je 30 CC 2 Silberlö- 


7 


sung mit überschüssigem Jodkalium ausgefällt, der erste Nie- 
derschlag nach dem Auswaschen direet gewogen, der 2. vor- 
her mit 4 Grm. NaCl in 300 CC Wasser gelöst eine Stunde 
gekocht. Das Gewicht des ersten Niederschlages betrug 0,7055 
Grm., dass des zweiten 0,7060 Grm. Jodsilber wird demnach 
selbst beim Kochen mit überschüssiger Kochsalzlösung nicht 
in Chlorsilber umgewandelt. 

Um zu erfahren, ob sich der Jodgehalt, wenn kein Brom 
vorhanden ist, durch partielle Fällung mit einer unzureichen- 
den Menge titrirten Silberlösung aus einer viel überschüssiges 
Kochsalz haltenden Flüssigkeit mit Genauigkeit bestimmen 
lasse, wurden cca 10 Grm. reines Kochsalz und 1,66 KJ in 


200 GC gelöst und 50 CO davon mit 40 0C m Silberlö- 


sung kochend ausgefällt, mit NO5 angesäuert und dann 1 
Stunde gekocht. 

Das Gewicht des Silberniederschlages betrug 0,7985 Grm. 
(berechnet 0,7927 Grm.) Das Gewicht des zweiten $ilber- 
niederschlages, welcher nach dem Auswaschen eine Stunde 
mit überschüssiger verdünnter Jodkalium Lösung gekocht war, 
betrug 0,9434 enstatt 0,9400 Grm., es jwaren demgemäss im 
ersten Niederschlage enthalten gewesen Ag0l = 0,2261 Grm. 
und Ag) = 0,5724 Grm.; der Berechnung nach sollten darin 
enthalten sein 0,2052 Grm. AgUl und 0,5875 Grm. AgJ, es 
waren mithin gefunden 98,24 Jodkalium von 99,61 pC. welche 
in dem ursprünglich angewendeten Gewicht Jodkalium ent- 
halten waren; also ein ziemlich annähernd richtiges Resultat. 

Gleichzeitig mit allen im Vorigen mitgetheilten Versu- 
chen wurde eine andere Versuchsreihe angestellt. Es wurden 
in mehreren verschiedenen Versuchen zu der Lösung von je 
22—24 Grm. Stassfurter Steinsalz in einem 200 CC fassenden 
Kölbehen 1,66 KJ und 1,19 Grm. (des unreinen käuflichen) 
KBr (mit 76,6 pC. KBr) gethan und die Lösung der 3 Salze 
auf 200 CC gebracht. Von dieser Lösung wurden 3 mal je 
50 CC auspipettirt, mit 200 CC Wasser verdünnt zum Ko- 
chen erhitzt und mit 60 CC = 
dann noch 5 Minuten gekocht. Die Fällungen wurden nach 
l12stündigem Stehenlassen auf gewogene Filter filtrirt, ausge- 


Silberlösung ausgefällt und 


8 


waschen und Nr. I getrocknet und gewogen, Nr. IT u. II 
vom ihren Filtern mit heissem Wasser in die Fällungsbecher- 
gläser zurückgespritzt, und Nr. II mit 1 Grm. KBr, Nr. III 
mit 1,5 Grm. KJ 5 Min. gekocht und sodann gleich auf die 
frühern Filter filtrirt. Im Filtrat war Silber mit Schwefel- 
ammon nicht nachweisbar. 

I. Das Gewicht des Ag(COl-+Br--J) betrug 1,1726Grm. 

Ixil, 4 „ Ag(Br+J) " 1,2137 „ 
IA.;;, hs „ Ag) “ 1.3687 „ 

Das Gewicht von II sollte sein 1,2455 Grm. 
5; „ AH les ud, 4l00 
Fünf Minnken langes Kochen der ursprünglichen Niederschläge 
mit 1 Grm. KBr und 1,5 Grm. KJ und 300 CC Wasser hatte 
also nicht genügt, das vorhandene Chlorsilber in Bromsilber, 
und das Chlorbromsilbergemenge völlig in Jodsilber überzu- 
führen. 
Die letzten 50 Cubikcentimeter der ursprünglichen Chlor- 

Brom-Jodsalzlösung wurden auf 200 CC verdünnt und wieder 
3 mal je 50 CC auspipettirt und nach Verdünnung bis auf 


200 CC mit 30 CC z Silberlösung kochend ausgefällt und 


noch 5 Min. Nach 12stündigem Stehenlassen wur- 
den die 3 Niederschläge ältrirt und ausgewaschen, I gewogen, 
II und III mit heissem Wasser in die Bechergläser zurückge- 
bracht, auf die Grösse der ursprünglichen Flüssigkeitsmasse 
verdünnt und 5 Min. mit je 0,5 Grm. KBr. und 0,75 KJ ge- 
kocht und gleich filtrirt über dieselben Filter. In den Fil- 
traten war kein Silber nachweisbar. 
I. Das Gewicht des Ag(Cl+Br-+-J) betrug 0,5141 Grm. 


Lean, » » Ag(Br+J) n 0,5780 „ 
HI:.»,,; ul nd ii 0,6839 4, 
Das Gewicht von II sollte sein 0,5934 Grm. 

„ „ „ II ” „ 0,7050 „ 


Dieselben Versuche wurden mit denselben Gew.-Quanti- 
täten und denselben Mengen Silberlösungen wiederholt, aber 
das Kochen jedesmal statt auf 5 Minuten nun auf 10 Minuten 
ausgedehnt. Bei der grösseren Portion wurden gefunden für 


9 


I I II 
1,169 Grm. 1,2388 Grm. 1,4102 Grm. 
statt 1,2445 0, 1,4100 „ 
bei der kleinern Portion 
für I II III 
0,5144 Grm. 0,5786 Grm. 0,7086 Grm. 
statt 0,5934 0,7050: ; 


Bei der 2ten Wiederholung wurden das jedesmalige Kochen 
20 Minuten fortgesetzt und erhalten bei der grossen Portion 


für I II III 

i 1,1548 Grm. 1,2033 Grm 1,4107 Grm. 
statt 1,2455 „, 1,4100 „ 
nach 30 Minuten langem Kochen 

für I II III 


1,1512 Grm. 1,2327 Grm. 1,4104 Grm. 
nach 60 Minuten langem Kochen 
für I 11 
1,1500 Grm. 1,2370 Grm. 
bei den kleinen Portionen nach 20 Min. Kochen 
I Il III 
0,5078 Grm. 0,5800 Grm. 0,7054 Grm. 
nach 45 Min. Kochen 


I Il I. 
0,5105 Grm. 0,5815 Grm. 0,7055 Grm. 
statt 0,5934 „, 0,7050 , 


Um auch für noch stärkere Verdünnung einige Zahlen 
zu erhalten, wurden die von der letzten Fällung noch übrigen 
50 CC Flüssigkeit, welche also !/ı60o At. KJ und !/ıcoo KBr, 
enthielt, wieder auf 200 CC verdünnt und davon 3mal je 50 
CC auspipettirt und mit 30 CC n Silberlösung ausgefällt, 
und das Kochen wieder 45 Min. bei den einzelnen Operatio- 
nen fortgesetzt. Es wurden erhalten für 


1 ıl 1 . 
0,4542 Grm. 0,5664 Grm. 0,7058 Grm. 
statt 0,5713 . 0,7080 „ 


Es wurden ferner folgende Versuche angestellt. Es wur- 
den abgewogen 1,66 Grm. Jodkalium und 1,19 Grm. KBr, in 
200CC Wasser gelöst und je 10CC derLösung und 100 CC 


10 


n Kochsalzlösung auf 300 CC verdünnt. Die Versuchsflüs- 


sigkeit enthielt demnach jedesmal 
0,0830 Grm. KJ 


0,045658 „ KBr 
0,00210 „ KA 
0,58500 „  Nadl 


Wurden die 3 Portionen mit überschüssiger Silberlösung un- 
ter Zusatz von Salpetersäure kochend ausgefällt, so musste 
das Gewicht des Niederschlages betragen 

von Ag (Cl-++Br-+J) 1,62357 Grm. 
nach einstündigem Kochen mit 4 Grm. Bromkalium 


von Ag(Br-++J) 2,07483 Grm. 
und nach einstündigem Kochen mit 5 Grm. Jodkalium 
von Ag) 2,56416 Grm. 


Die Gewichte waren für I 1,6219 Ag(Cl+Br-+-J) 
„ 11 2,0400 Ag(Br-+-J) 
„1112,5586 AgJ. 
Die Berechnung ergäbe demnach, dass in I enthalten wären 
1,3482 Grm. AgCl und in II) 2,0744 Grm. AgBr, während die 
Wägung für I nur 2,0400 Grm. = Ag(Br-+J) ergeben 
hatte. 

Es wurden deshalb der ursprünglichen Angabe von Field 
entsprechend bei wiederholtem Versuchen mit den gleichen 
Quantitäten Flüssigkeiten des vorigen Versuches, die Nieder- 
schläge II und Ill nach dem Auswaschen nicht mit 4 Grm. 
KBr und 5 Grm. KJ eine Stunde gekocht, sondern 20 Stun- 
den in der Kälte digerirt. 

Die Gewichte der Niederschläge waren 

für I 1,6250 Grm. (statt 1,62857) 
II 2,0280 „ (statt 2,07483) 
III 2,5560 ,„ (statt 2,56416) 

Aus diesen Zahlen ergeben sich für den Gehalt des er- 
sten Niederschlages an AgCl 1,3000 Grm. statt 1,43906, und 
für den Gehalt des zweiten Niederschlages an AgBr 2,1120 
Grm., obgleich derselbe nur überhaupt 2,028 Grm. betragen 
hatte. 

In allen angestellten Versuchen ist also auch nicht ein- 
mal eine annähernde Genauigkeit erzielt worden und dürfte 


ii 


die ganze Methode deshalb zu verwerfen sein, weil nach der- 
selben stets der Bromgehalt einer Flüssigkeit zu hoch gefunden 
wird; ja man kann sogar Brom gefunden zu haben glauben, 
wo gar keins vorhanden war. Der Fehler der Bestimmungsme- 
thode von Field hat seinen Grund in der oben nachgewiesenen 
mangelhaften Umwandlung des AgCl in AgBr bei Behandlung 
des erstern mit einer überschüssigen Bromkaliumlösung und 
andrerseits der Eigenschaft des AgBr beim Kochen mit Koch- 
salzlösung fast vollkommen in AgCl übergeführt zu werden. 
Da also die Prinzipien, auf denen die auf dem Papier sich 
allerdings sehr empfehlende Methode von Field beruht, un- 
richtig sind, ist die ganze Methode verwerflich. 


Einige neue und wenig bekannte argentinische 
Vögel 
von 


C. Giebel. 


1. Furnarius tricolor Burm. 


Von der Grösse unseres Staares. Schnabel gerade, vorn 
stark zusammengedrückt und mit herabgebogener Firste, am 
Grunde breit und mit flacher Firste, licht horngelb, und nur 
von den Nasenlöchern bis nahe vor die Spitze hornbraun. Die 
Nasenlöcher in einer Grube, gross, oval, durchgehend, am 
obern Rande bis zur Mitte befiedert. Flügel bis auf die 
Schwanzwurzel reichend;,; erste Schwinge die kürzeste, zweite 
von der Länge der vierten, dritte am längsten, fünfte etwas, 
sechste noch mehr kürzer als die vierte; Armschwingen ziem- 
lich so lang wie die sechste Handschwinge. Der Schwanz 
kurz, abgerundet, die Steuerfedern nehmen von der äusser- 
sten bis zur dritten an Länge zu und die vierte ist wieder 
etwas kürzer als die dritte. Die hohen kräftigen Läufe sind 
hell horngelb und vorn mit sechs Tafeln bekleidet, deren 
mittle sehr schiefe Ränder haben, hinten mit ungetheilter 
Schiene der ganzen Länge nach bedeckt. Zehen und Krallen 
weisslichgelb. 


12 


Das Gefieder ist von der Stirn bis auf den Hinterhals 
matt braunschwarz, auf der Zügelgegend weiss und von den 
Augen begleitet die dunkle Oberseite ein grell weisser Strei- 
fen bis auf den Hals; die Schläfengegend dunkelbraun, die 
Halsseiten hell rostgelb, Kehle und Vorderhals rein weiss. 
Der Rücken ist zimmtbraun, die Armschwingen schön nuss- 
braun, die Handschwingen schwarz mit hellen Aussensäumen, 
die zweite bis vierte Schwinge mit grossem hellen Rostfleck 
auf der Mitte der Innenfahne. Die Vorderbrust ist hell rost- 
gelblich, die ganze übrige Unterseite und die Schenkel weiss, 
der Schwanz oben und unten schön nussbraun, die untern 
Deckfedern des Schwanzes schwarz mit breit weissen Enden, 

Totallänge 0,180, Schnabellänge 0,023, Schwanz 0,050, 
Lauf 0,030, Mittelzehe 0,029. — Vaterland: Bolivia. Von Herrn 
Burmeister unter obigem Namen als neue Art eingesendet. 

Unsere Sammlung besitzt zur unmittelbaren Vergleichung 
F. rufus aus Brasilien und Parana, und F. figulus von Bahia. 
Ersterer, dessen merkwürdiges Backofennest und Eier Herr 
Burmeister in Cabanis’ Journal f. Ornithol. I. 168 be- 
schrieben hat, ist etwas grösser, besonders aber unterschie- 
den durch den längeren deutlich gebogenen und dunkeln 
Schnabel, die dunkelbraunen Läufe und Füsse, den nur schwach 
rostgelb angedeuteten Seitenstreif am Kopfe, den blos dunkel- 
braunen Oberkopf, die gleichförmig rostbraune Oberseite und 
blos hellere Unterseite, an welcher nur die Kehle weiss ist 
und durch die am Grunde grauen übrigens rostgelbweissen 
untern Schwanzdeckfedern. Ueberdies hat auch die erste 
Schwinge den hellen Rostfleck, der aber auf allen Schwingen 
geradrandig die Fahne quert, bei F. tricolor dagegen sehr 
schiefrandig. Auch ist die vierte Schwinge länger als die 
zweite und der Schwanz merklich länger. 

Die andere Art F. figulus ist merklich kleiner, be einen 
kürzeren ebenfalls schwach gebogenen Schnabel, einen reiner 
braunen Oberkopf und blassrostgelben Schläfenfleck, zwei 
breite hellbraune Binden und eine gelblichgrauweisse Unter- 
seite. Die dritte und vierte Schwinge sind von gleicher Länge 
und die fünfte nur sehr wenig kürzer als die zweite. 

Von den übrigen Arten, deren Diagnosen ich verglei- 
chen kann, ist F. rectirostris Wied durch die abweichende 


13 


Schnabelform, die matt olivenbraune Rückenfarbe, die röth- 
lich olivengelbe Unterseite, die gelbe Kehle und die blass- 
gelb gesäumten Innenfahnen der Schwingen unterschieden. 
Cabanis giebt von seinem F. assimilis aus Brasilien die Haube 
mehr rothbraun als schwärzlich, die Brust röthlich angeflo- 
gen und die erste Schwinge gefleckt, von dem F. griseiceps 
aus Peru die Haube grau und die erste Schwinge mit sehr 
grossem schwarzen Fleck gezeichnet an. Ein Seitenstreif am 
Kopfe würde in den kurzen Diagnosen erwähnt sein, wenn er 
vorhanden wäre- Auch der in Guiana heimische F. leucopus 
Swains mit ganz schwarzer erster’ Schwinge kann nicht iden- 
tifieirt werden. Von den andern Swainsonschen Arten wird 
F. melanotis allgemein mit F. figulus vereinigt, hinsichtlich der 
übrigen kann ich keine Vergleichung mit den unserigen vor- 
nehmen. 


2. Campylorhynchus pallidus Burm. 


Von stattlicher Lerchengrösse. Schnabel kürzer als bei 
andern Arten, sehr schwach gebogen, Unterschnabel weiss, 
Oberschnabel hell hornbraun, nur an der Wurzel dunkel. Na- 
senlöcher ganz frei im seichter Grube, klein, oval. Flügel 
bis auf die Schwanzwurzel reichend, ganz stumpf; die erste 
Schwinge um ein Drittheil kürzer als die zweite, diese noch 
erheblich kürzer als die dritte, welche mit den drei folgenden 
gleiche Länge hat; die Armschwingen mit sehr breiten Fah- 
nen. Der Schwanz lang, stark abgerundet, die Steuerfedern 
von der äussern bis zur mittlern an Länge zunehmend. Die 
Beine schwach, die Läufe vorn mit sechs Tafeln, hinten mit 
ungetheilten Schienen bekleidet und wie die Zehen licht horn- 
farben. 

Das Gefieder der Oberseite ist schwärzlichbraungrau, 
das der Unterseite weissgrau. Die braunschwarzen Federn 
auf der Oberseite des Kopfes haben breite lichtgraue Ränder, 
durch welche die dunkle Grundfarbe in Flecken hindurch- 
scheint. Auf dem Hinterhalse und Rücken verschwinden diese 
Flecken, die Federn sind nur ganz am Grunde grau. Die 
braunschwarzen Schwingen haben breite gelblichweisse Säume 
und ihre Innenfahnen in der Wurzelhälfte breite weisse Rän- 
der. Auch die braunschwarzen Steuerfedern sind hell ge- 


14 


säumt und sehr matt dunkel gebändert. Von den Augen 
zieht nach hinten markirt ein gelblichweisser Streif, unter dem 
ein brauner Schläfenfleck liegt. Die Halsseiten sind gelblich- 
grau, die Kehle weiss, Brust und Bauch gelblichweiss, die 
Schenkel wieder dunkler und die rostgelb und weissen untern 
Schwanzdecken mit braunschwarzen Querflecken. 

Totallänge 0,205, Schnabellänge 0,0205, Schwanz 0,080, 
Lauf 0,025, Mittelzehe 0,022. 

Vaterland: Santa Cruz, Bolivia. Von Herrn Burmeister 
unter obigem Namen als neue Art eingesendet. 

Von andern Arten liegen mir zur Vergleichung vor die 
gemeine Brasilianische C. variegatus in zwei Exemplaren, 
ferner C. zonatus aus Peru und C. brunneicapillus aus Me- 
xiko. Alle sind oben dunkler und hell gefleckt oder grell ge- 
bändert, unten dicht mit braunschwarzen Flecken gezeichnet. 
Bei C. variegatus wird der dunkle Rücken durch die lichten 
Federränder hell gefleckt, die braunschwarzen Flecken der 
Brust fliessen an den Seiten, auf den Schenkeln und den 
Schwanzdecken in Binden zusammen. Die Schwingen haben 
dasselbe Längenverhältniss und dieselbe Randzeichnung, aber 
die Beine sind dunkler, die Läufe im Verhältniss zur Mittel- 
zehe merklich höher. Auffälliger noch unterscheidet sich O. 
zonatus durch die schwarzen und weissen Längsstreifen auf 
dem Nacken, solche Querbinden auf dem Vorderrücken, rost- 
gelbweisse und schwarze auf dem Hinterrücken und Schwanze, 
Auch der Vorderhals ist dicht gefleckt, Unterbrust und Bauch 
auf rostbraunem Grunde schwarz gebändert; Schnabel und 
Beine viel stärker als bei andern Arten. Die mexikanische 
Art C. brunneicapillus ist schwarzschnäbelig mit bräunlich- 
schwarzem Oberkopfe, weissem Streif vom Schnabelgrunde bis 
zum Nacken und tief braunem darunter, schwarz und weiss 
gestreiftem Hinterhalse, mehr rostbraun licht und dunkelflek- 
kig auf dem Rücken, bunt gebändert auf dem Schwanze, 
Kehle und Vorderhals wieder weiss, Brust und Bauch flek- 
kig und gebändert; die Beine sehr kräftig. Diese letzte ist 
zugleich die kleinste von allen. 


15 


3. Troglodytes fasciolatus. 


Cistothorus fasciolatus Burmeister, Reise durch die Laplata Staaten. 
II. 47°. 

Ganz von der Grösse und Körpertracht unseres einhei- 
mischen Zaunkönigs. Der Schnabel hat dieselbe Form, Grösse 
und Färbung und zeigt sich nur bei unmittelbarer Verglei- 
chung etwas stärker, doch nicht in dem Grade, dass die Dif- 
ferenz in Millimetern angegeben werden könnte. Auch die 
Nasenlöcher sind in Grösse, Form, Lage und Umrandung ganz 
dieselben. Die Flügel dagegen ein wenig länger. Ihre erste 
Schwinge ist um ein Drittheil kürzer als die zweite, diese 
nur 4 Millimeter kürzer als die dritte, welche mit der vier- 
ten gleiche Länge hat; die folgenden nehmen sehr langsam 
an Länge ab. Bei unserer einheimischen Art ist nur die erste 
Schwinge noch merklich kürzer, die folgenden haben dasselbe 
Längenverhältniss. Der Schwanz dagegen ist bei Tr. fascio- 
latus erheblich länger als bei der einheimischen Art, aber 
seine Steuerfedern nehmen in demselben Grade von der äus- 
sersten kürzesten an Länge zu. Läufe und Zehen mit ganz 
derselben Bekleidung. | 

Die ganze Oberseite ist aus gelb, schwarzbraun und 
weiss gemischt. Auf demKopfe haben die schwarzbraunen Fe- 
dern einen lichtgelben Schaftstreif. Ueber dem Auge nach 
hinten ziehend ein weisser Streif, die Seiten des Koptes 
schmutzig bräunlichweiss, Kehle und Vorderhals rein weiss. 
Die Rückenfedern haben einen weissen Schaftstreif und sind 
in der Endhälfte gelb, in der Grundhälfte schwarzbraun. Die 
Flügel sind schwarzbraun und blassgelb bis weisslich gebän- 
dert, jedoch nur durch die Zeichnung der Aussenfahnen, die 
Innenfahnen sind blass schwarz mit weisslichem Saume. Der 
Schwanz ist schön gelblichbraun und schwarzbraun gebändert. 
Die weisse Unterseite wird nach hinten bräunlich, die untern 
Schwanzdecken sind wieder reiner weiss. 

.  Totallänge 0,100, Schnabellänge 0,012, Schwanz 0,045, 
Lauf 0,020, Mittelzehe 0,012. 

Vaterland: Mendoza. In zwei Exemplaren von Herrn 
Burmeister gesammelt. 

Von unserer einheimischen Art unterscheidet sich diese 


‚15 


Südamerikanerin ausser durch Farbe und Zeichnung nur durch 
die etwas längeren Flügel den merklich längern Schwanz und 
die höhern Läufe. Ziemlich ebenso verhält sich zu ihr der 
nordamerikanische Tr. hiemalis, der zwar etwas längere Flü- 
gel und Schwanz hat, zugleich aber auch einen merklich län- 
gern schwarzen Schnabel. Tr. furvus, der mir in zwei Exem- 
plaren aus Brasilien (Neu-Freiburg) und mit der Etiquette von 
Mendoza vorliegt, hat einen erheblich längern und stärkern 
Schnabel, ist oberseits schwärzlichgraubraun, auf den Flügeln 
und Schwanze sehr dunkel gebändert, an der Unterseite rost- 
gelblich. Seine erste Schwinge hat nur die halbe Länge der 
folgenden, aber der Lauf ist wieder so hoch wie bei Tr. fas- 
ciolatus. Tr. platensis hat gleichfalls den grössern Schnabel, 
keine bunte Rückenzeichnung und die blassrostgelbliche Un- 
terseite mit dunkel gewellten Brustseiten. Der nubische Tr. 
micrurus ist durch seinen ganz verkürzten Schwanz, den 
stärksten Schnabel und die einförmige Färbung auffällig ver- 
schieden. 

Herr Cabanis trennt von Troglodytes wegen des kur- 
zen aber verhältnissmässig stärkern, an der Spitze stärker ge- 
bogenen Schnabels einige Troglodyten als besondere Gattung 
Cistothorus ab und unter dieser hat Herr Burmeister die 
vorliegende Art aufgeführt. Ich kann leider die beiden da- 
hingezogenen Arten Tr. stellaris Lichtst und Tr. interscapula- 
ris Lichtst nicht unmittelbar vergleichen, muss aber eine auf 
so äusserst geringfügige und blos relative Formunterschiede 
errichtete Gattung als unbegründet und unhaltbar bezeichnen. 
Unsere Art betreffend stimmt wie eingangs bemerkt der 
Schnabel so vollkommen mit dem des Tr. verus überein, dass 
darauf hin nicht eine specifische, geschweige denn eine gene- 
rische Trennung begründet werden könnte. Den Cistothorus 
interscapularis hat denn auch Herr Burmeister in seiner 
Uebersicht der Vögel Brasiliens III. 136 als Thryothorus in- 
terscapularis aufgeführt. Die Vieillotsche Gattung Thryothorus 
hat nun allerdings einen sehr erheblich grössern Schnabel mit 
kürzerem Nasenloch, stimmt aber in allen übrigen Formver- 
hältnissen ebenfalls so ganz mit Troglodytes überein, dass 
auch sie bei strenger Kritik nicht haltbar ist. Ihre Arten 
sind eben nichts weiter als grossschnäbelige Troglodytesarten. 


17 


Den Uebergang vermitteln vollkommen die gleichfalls von 
Herrn Cabanis aufgestellten Gattungen Cyphorhinus und 
Pheugopedius. Bei ersterer ist nämlich der Schnabel nicht 
länger, nur stärker als bei Troglodytes, bei letzterer noch 
erheblich stärker und nur wenig länger. Das Längenverhält- 
niss in den Schwingen ändert bei diesen Gattungen nicht auf- 
fälliger ab als unter den typischen oder kleinschnäbeligen 
Troglodytesarten. Skeletbau und weiche Theile sind von all 
diesen Arten meines Wissens noch gar nicht verglichen wor- 
den und so ist es gerechtfertigt jene überaus geringfügigen 
blos relativen Formunterschiede des Schnabels als generisch 
werthlos zu bezeichnen und höchstens zur Gruppirung der 
Arten innerhalb der natürlich umgränzten Gattung Troglody- 
tes zu verwenden. 


4. Geositta rufipennis. 


Geobamon rufipennis Burmeister, Reise durch die Laplatastaaten 
II. 465. 

Von Lerchengrösse und kräftigem Körperbau. Der Schna- 
bel ist merklich kürzer als der Kopf, gerade mit sanft gebo- 
gener Firste, gegen die Spitze hin schwach zusammengedrückt) 
schwarz und nur am Grunde des Unterkiefers hell hornbraun. 
Die kleinen spaltenförmigen Nasenlöcher liegen in einer Grube 
und sind anihrem obern häutigen Rande dicht befiedert. Die 
kräftigen Flügel reichen bis über die Mitte des Schwanzes 
hinaus. Ihre erste Schwinge kürzer noch als die sechste, die 
zweite nur sehr wenig kürzer als die dritte, welche mit den 
folgenden beiden fast gleiche Länge hat; die hintern Schwin- 
sen mit sehr breiter Innenfahne und etwas kürzer als die Arm- 
schwingen. Der Schwanz breitfederig, gerade abgestutzt, alle 
Federn von gleicher Länge, die obern und untern Deckfedern 
über die Mitte hinausreichend. Die kräftigen Beine mit com- 
primirten Läufen, diese vorn mit acht Tafeln, hinten mit klei- 
nen Schildern bekleidet. Die Sohlen aller Zehen mit unre- 
regelmässigen Hornschildchen getäfelt. Die Kralle der Hin- 
terzehe ziemlich von der Länge dieser selbst. Die ganze Ober- 
seite ist schwachröthlich braungrau ; die Zügelgegend grau, 
Augenrand und ein kurzer Schläfenstreif schwach bräunlich 
weiss, Kehle und Vorderhals weiss. Die schwarzbraunen Schwin- 

Bd. XXXI, 1868. 2 


i8 


gen haben matt rostgelbe Spitzen, welche nach den Armschwin- 
gen hin sehr breit werden, die Innenfahnen sind von der 
zweiten an in der Wurzelhälfte schön rostroth, ebenso schön 
rostroth ist der Schwanz mit breiter schwarzer Binde vor 
dem Ende. Die weissliche Unterseite ist gelb überlaufen, an 
den Brustseiten roth, Läufe und Zehen schwarz oder hellhorn- 
farben. 

Totallänge 0,170, Schnabel 0,020, Schwanz 0,060, Lauf 
0,025, Mittelzehe 0,023. 

Vaterland: Parana. Von Herrn Burmeister im Juni und 
Juli in drei Exemplaren gesammelt. 

Herr Cabanis gründet auf diese Art die Gattung Geo- 
bamon, deren Eigenthümlichkeiten aber in nichts weiter be- 
stehen als in dem etwas kürzeren Schnabel, und den 
etwas längeren Zehen und der wenig mehr ge- 
krümmten Kralle der Hinterzehe. Wie ich oben bei Ci- 
stothorus bemerkte, halte ich es für durchaus ungerechtfertigt 
auf so ganz geringfügige blos relative Formunterschiede eigene 
Gattungen zu begründen. Die beiden mir zur Vergleichung 
vorliegenden Arten von Geositta nämlich G. cunicularia Bp 
und 6. fissirostris Rchb sind etwas kleiner und unterscheiden 
sich ausser den angeführten Eigenthümlichkeiten noch durch 
den kürzeren Schwanz und die sehr merklich längere erste 
Schwinge. G. fissirostris ist oberseits viel heller gefärbt und 
die Schwingen sind nur vor der Spitze schwach schwärzlich, 
übrigens hell rostfarben, die äussern Schwanzfedern weiss- 
lich; G. cunicularia fleckt ihre Vorderbrust dunkel, hat wie- 
der mehr schwarz an den Schwingen und Steuerfedern, auch 
längere hintere Schwingen. Die Nasenlöcher, die Bekleidung 
der Läufe und Zehen bietet gar keine Eigenthümlichkeiten. 
Unsere Exemplare von Sanjago und Cartagena sind dunkler 
als die von Mendoza und Parana. 


19 
Mittheilungen. 


Ueber Bildung der Schale des Vogeleies. 


Die in der v. Siebold und Köllikerschen Zeitschrift für 
wissensch. Zoologie neuerdings publieirten Arbeiten von H. Lan- 
dois und Blasius über die Schale des Vogeleies zeigen, dass die- 
sem interessanten Gebilde neuerdings wieder ein verdientes In- 
teresse zugewendet wird. Seit Jahresfrist bin ich mit einer ein- 
gehenden Bearbeitung der complizirten Hüllen, welche den Dotter 
des gelegten Vogeleies umgeben, beschäftigt. Die Arbeit ist im 
Wesentlichen zum Abschluss gelangt, da aber die vollständige 
Ausarbeitung derselben, die Anfertigung einiger noch fehlender 
Zeichnungen etc. ihre Publikation noch etwas verzögern wird, und 
die erlangten Resultate die von Landois und Blasius gezogenen 
Schlussfolgerungen wesentlich berichtigen, erscheint es angemes- 
sen wenigstens die Hauptpunkte nicht zurückzubehalten. 

Landois und nach ihm Blasius haben geglaubt eine Einsicht in 
die Strukturverhältnisse der Schale zu gewinnen, indem sie dieselbe 
mit Säuren behandelten, welche die Kalksalze auflösten. Dies war 
ein folgenschwerer Irrthum. Sie haben auf diese Weise nur Kunst- 
produkte erlangt, die ja in der Microscopie leider schon so oft 
zu Täusckungen geführt haben. Die Schale des Vogeleies be- 
steht aus einer innigen Verbindung organischer Substanz mit ge- 
wissen Kalksalzen, die eine durchsichtige Grundsubstanz bil- 
det. In diese durchsichtige Grundsubstanz ist ein zweiter Theil 
der Kalksalze als amorphe Körnchen in der Oberfläche parallelen 
Schichten abgelagert. Diese Schichtung ist allerdings bei vielen 
Eiern ziemlich undeutlich, Ausserordentlich ist sie an feinen 
Schliffen der Schale des Straussen-Eies zu beobachten. (Ich füge 
einen solchen Schliff bei). Ein Vergleich desselben mit der Ab- 
bildung, welche Blasius in Fig. 7 seiner Abhandlung giebt, wird 
genügen, um zu zeigen, wie wesentliche Berichtigungen erfor- 
derlich sind. Wenn die Schale mit Essig- oder Salzsäure behan- 
delt wird, bleibt ihr grösster Theil als eine formlose gelatinöse 
Masse zurück, in welcher die entwickelte Kohlensäure eine Menge 
von rundlichen Hohlräumen mechanisch erzeugt hat. Diese Luft- 
blasen sind als Struktur der Schale betrachtet und als „Schwamm- 
schicht“ der Schale bezeichnet. Aehnlich verhält es sich mit den 
„UÜterindrüsen“ von Landois oder der „Kernschicht“ von Blasius. 
Es läuft nämlich die innere Seite der Schale in ein System zit- 
zenförmiger Fortsätze aus, welche mit knopfartigen Enden in die 
Faserhaut der Schale eingesenkt sind. Bei der Behandlung mit 
Essigsäure reisst der Detritus der Schale vom Faserhäutchen ab; 
es haften aber an letztern noch die Enden der zitzenförmigen 


9% 


20 


Fortsätze, die ich der Kürze halber Mammillen nenne, in Ge- 
stalt rundlicher formloser Massen. Da auch in diesem Theil 
des Detritus die Kohlensäureentwicklung kleine Blasenräumchen 
hinterlässt, werden sich diese bei Carmintinktion mit der rothen 
Flüssigkeit gefüllt und so die von Blasius gefundenen Kerne si- 
mulirt haben. Wesentlich bessere Resultate giebt die Behandlung 
feiner Schliffe mit Chromsäure. Auch hier erzeugt man Bla- 
senräume von verschiedener Grösse, kann aber neben denselben 
die wirkliche Struktur der Schale verfolgen, die eine sehr com- 
plizirte ist, indem sich einestheils eine ganz feine Streifung paral- 
lel der Oberfläche, zugleich aber eine feine Streifung senkrecht 
auf letztere zeigt. Die Mammillen bestehen aus einem System 
unregelmässiger Prismen, durch welche aber die Ablagerungen 
amorpher Kalksalze in correspondirenden Lagen hindurchgehen. 
Diese Combination von Längs- und Querstreifungen, mache ich 
wohl hier ohne Zeichnungen am deutlichsten, wenn ich an die 
Bilder erinnere, welche die Muskelfaser bieten kann. Durch diese 
Mammillen nun wird ein System lufterfüllter Hohlräume gebildet, 
welches nach innen mit der lufthaltigen Faserhaut, nach aussen 
mit den sogenannten Porenkanälen communicirt. 

Die Verhältnisse der Porencanäle des Oberhäutchens etc, 
lassen sich nur durch zahlreiche Abbildungen erläutern; diese zu 
erörtern, muss also hier vorbehalten werden. 

Das Faserhäutchen besteht aus ganz feinen Fasern, welche die 
auffallendste Aehnlichkeit mit elastischen Fasern besitzen. Durch 
eine wohl in Alkalien, nicht aber in Essigsäure lösliche Kittsub- 
stanz sind sie vielfach zu breiten platten Fasern vereinigt und 
diese zu netzförmigen Lagen verklebt. Ramifieirungen der primä- 
ren durch schwache Kalilauge zu isolirenden Fasern kommen 
nicht vor. 

Das ursprüngliche Dotterhäutchen (zona pellueida) fehlt 
im gelegten Eie vollständig. Die unmittelbare Begren- 
zung des Dotters bildet ein sehr feines Faserhäutchen, welches 
so weit seine Zartheit die Untersuchung gestattet, als das vollstän- 
dige Anologon des äusseren Faserhäutchens, nur in sehr viel ge- 
ringeren Dimensionen, erscheint. Im Eiweiss selbst lassen sich 
ähnliche, aber noch feinere Faserhäutchen nachweisen. 

Schnitte durch das hart gekochte Eiweiss zeigen ein Sy- 
stem concentrischer (— nicht spiraler, wie man bisher annahm —) 
Schichten, die von sehr verschiedener Durchsichtigkeit sind. Die 
in coagulirtem Zustande körnigen und undurchsichtigen Schich- 
ten sind wahrscheinlich wasserhaltigeres, die durchsichtigeren 
concentrirteres Eiweiss. Unmittelbar auf das feine Faserhäutchen 
das den Dotter umgiebt, folgen einige schwache Schichten von 
compaktem geschiehteten Eiweiss, dann folgt aber eine grössere 
Masse von verdünntem strukturlosen Eiweiss, in welchem der 
Dotter wenigstens seitlich fluetuirt. Dann folgen (— beim Hüh- 


21 


nerei 5 bis 7 —) Schichten festerer 'geschichteter Eiweissmasse. 
Gegen das äussere Faserhäutchen wird die Schichtung wieder 
undeutlicher. Ohne Zweifel sind diese verschiedenen Schichten 
durch Membranen (Faserhäutchen ?) getrennt, als deren Aufrollung 
resp. Verflechtung die Chalazen erscheinen. Von einer Befesti- 
gung der Chalazen an der äussern Faserhaut oder gar an der 
Schale kann keine Rede sein. 

Endlich muss ich, die speziellere Beweisführung vorbehal- 
tend, Eiweiss und Schale für einen integrirenden Theil der ur- 
sprünglichen Eizelle, für die organische Fortentwicklung der Zona 
pellucida, welche das Ei im Ovarium zeigt, erklären. 

W. von Nathusius (Königsborn). 


Ueber Kuckukseier. 


Die bekannte Thatsache: dass jedes Weibchen in der 
Regel unter sich gleiche oder richtiger äusserst 
ähnliche Eier lege, gilt auch für den Kuckuk, wofür meine 
Sammlung zahlreiche Belege aufzuweisen hat. Es ist bekannt, 
dass Personen, welche sich dafür interessiren, sehr bäld die Eier 
ihrer verschiedenen Hühner von einander zu unterscheiden wis- 
sen; die Kuckuks- Eier sind aber nicht nur in der Grösse und 
Gestalt, sondern noch viel mehrin der Grundfarbe und der Zeich- 
nung so abweichend unter sich, dass man die verschiedenen Weib- 
ehen zugehörigen leicht herausfinden kann. Es ist selbst dem 
in solchen Dingen ungeübten Auge leicht erkennbar, dass unter 
der vorliegenden bunten Sammlung je zwei oder mehrere so voll- 
ständig, selbst bis auf denZeichnungs-Charakter, überein- 
stimmen, dass an einer Zusammengehörigkeit im erwähnten Sinne 
gar nicht zu zweifeln ist. Zu dieser sich von selbst ergebenden 
Annahme kommt aber nun noch die exakte Beobachtung ver- 
schiedener Ornithologen, dass die betreffenden zusammengehörigen 
wirklich auch von ein und demselben Weibchen gelegt worden 
sind. 

Für die einzelnen in der Sitzung unseres Vereines am 
4. December vorgezeigten Gelege meiner Sammlung konnte ich fol- 
gende Nachweise geben: 

1) Zwei den Eiern der Sylvia cinerea sehr ähnliche von 
mir selbst in einem Neste dieser Grasmücke in einem Zwischen- 
raume von 8 Tagen gefundene Kuckuks-Eier sind nicht von ein- 
ander zu unterscheiden und faktisch von demselben Weibchen 
gelegt, da nur ein Kuckuks-Paar sich in den betreffenden Revie- 
ren aufhielt, Es ist diese Färbung die am häufigsten vorkommende. 
Anhalt. 

2) Drei E., innerhalb 4 Wochen aus zwei nahe bei ein- 
ander ‚in Rustlöchern einer Zuckerfabrik stehenden Nestern des 
Hausrothschwanz R. Tithys, genommen ohne jede Aehnlichkeit 


22 


mit den meist reinweissen Eiern der Pflegeältern: auf gelblich 
weissem Grunde röthlichgraue und röthlichbraune Flecke und 
Punkte unter sich vollkommen ähnlich. Anhalt. 

3) Zwei ausNestern desselben Vogels in einem Heuschup- 
pen der Pfarrei Mariahof in Obersteiermark, 3170‘ über der Mee- 
reshöhe genommen und den grünlichweissen Eiern des Nestvogels, 
wie sie dort und überall zuweilen vorkommen, vollkommen ähn- 
lich gefärbt: „sehr lichtbläulichgrün, etwas ins Weisse übergehend 
und ohne alle Zeichnung und Punktirung.* Die. vorliegenden 
haben einige schwache röthlichbraune Flecken und Punkte. Ober- 
steiermark. Pfarrer Blasius Hanf. 

4) Zwei aus den Nestern des Garten-Rothschwanzes, A, 
phoenicurus, am 18. und 20. Mai 1860 genommen, das erstere 
unbebrütet, das zweite so stark bebrütet, dass der junge Kuckuk 
an seinen Füssen zu erkennen war.* Die Eier unter sich in je- 
der Weise und mit denen der Nesteigenthümer bis auf die Grösse 
vollkommen übereinstimmend : einfarbig bläulichgrün ohne jede 
Zeichnung, Nur ein Kuckukspaar im Revier. Anhalt. Förster. 
‚Thiele. ‘(Zugleich exakter Nachweis, dass, wie auch bei Nr. 3., 
einfarbige ungefleckte Kuckukseier vorkommen, und diese nicht 
etwa sogenannte Doppeleier der Nestvögel sind!) 

5) Drei in einem Sommer in verschiedenen Zaunkö- 
‘nig-Nestern gefunden; auf hellgraugrünem Grunde olivengrau, 
in zwei Nüancen, lercheneierartig gezeichnet und mit einzelnen 
schwarzen Pünktchen am stumpfen Ende. Pommern. Dr. 
Krüper. 

6) Fünf, im Verlaufe einer Saison gleichfalls in Zaunkönig- 
Nestern gefunden, und wie die vorigen den Nesteiern nicht ähn- 
lich, desto ähnlicher aber unter sich und zwar bis zum Verwech- 
seln: auf grauröthlichweissem Grunde mit vielen grossen röth- 
lich- und bläulichgrauen meist verwaschenen Flecken und sehr 
vielen tiefschwarzen Punkten und Pünktchen fast bedeckt, so dass 
von der Grundfarbe nur wenig freibleibt. Sicher von einem oder 
höchstens zwei Weibchen. Pommern. Dr. Krüper. 

7) Zwei, das eine aus dem Neste des Rothkehlchens, das 
andre aus dem der Amsel. Wären diese Eier in dem Neste des 
Ortolan gefunden worden, so hätte man sie wohl für Doppeleier 
dieses Ammers halten können: auf violett graulichem Grunde mit 
vielen violettgrauen, violettbraunen und schwarzbraunen Punkten, 
Fiecken, Haarzügen undSchnörkeln. Die Nester standen nicht weit von 
einander, und wurden am 3. und 27. Juni aufgefunden. Zwei- 
fellos, auch nach den Beobachtungen des Entdeckenden, demselben 
Weibchen angehörig. Westerwald. Baumeister Sachse. 

8) Zwei, in den Nestern zweier Laubvögel, Phyllops. 
rufa und trochilus, am 7. und (?) Juni 1867 gefunden: grau- 
grünlichweiss mit vielen braungrauen und hellbraunen, theilweis 
grossen, verwaschenen und einzelnen kleinern dunkelbraunen 


23 


Flecken nicht, von einander zu unterscheiden. Westerwald. Bau- 
meister Sachse, 

9) Vier, den vorigen bis auf die grünliche Tinte der 
Grundfarbe und dem Ei der Garten-Grasmücke, Sylvia hortensis, 
sehr ähnlich: zwei im Mai und am 7. Juni 1866, zwei am 14, 
und 22, Mai 1867 am Ufer des Eislebener salzigen Sees gefunden, 
das dort nur wenige einzelne Bäume und verkrüppeltes Gesträuch 
trägt, und wo sich in beiden Jahren, wie ich bei meinen wieder- 
holten Exeursionen dorthin constatiren konnte, nur ein Paar 
Kuckuke: aufhielt, (während eine halbe Meile weiter, wo die Ufer 
mit Rohrdiekichten bestanden sind, andere Paare ihren Standort 
hatten, von deren einem ich einEi erhielt, das sehr bedeutend in 
Färbung und Zeichnung abweicht.) Die sehr auffallenden Eier 
beweisen zugleich, „dass dieKuckukseier nicht nach den Jahrgängen 
variiren“, wie man wol gemeint hat, und dass es mehr als wahr- 
scheinlich ist, dass das Weibchen von 1866 im J. 1867 den alten 
Standort wieder aufgesucht hat. Eine so vollständige Aehnlich- 
keit auffallend gefärbter und gezeichneter Eier wäre sonst kaum 
zu erklären. Eislebener Salzsee, Provinz Sachsen. Baldamus, 

An einer Suite von Doppel- und Zwerg-Eiern der 
entsprechenden Arten, namentlich vom Haus- und Garten - Roth- 
schwanz, mehrerer Laubvögel- und Grasmücken-Arten ete. zeigte 
ich ferner, dass jene trotz aller Aehnliehkeit mit den betrefien- 
den Kuckuks-Eiern sich doch auf den ersten Blick als solcha be- 
kunden, und mit, letztern nicht zu verwechseln wären, wenn durch 
den leider so früh verstorbenen Förster Thiele der exacte Beweis 
für das Vorkommen der angezweifelten einfarbig blaugrünen Kuk- 
kuks-Eier auch nicht geführt worden wäre. Baldamus. 


Diplodus Agass = Xenacanthus Beyr im Weltiner 
Kohlengebirge. 


Die vereinzelten Lamnaähnlichen Zähne des Wettiner Koh- 
lengebirges führte ich in meiner Fauna der Vorwelt, Fische 8. 
352 als, Chilodus carbonarius und Ch. gracilis, einen zusammen- 
gesetzten Haifischzahn als Centrodus acutus S. 344 auf. In dem 
VI. Hefte von Germars Versteinerungen des Steinkohlengebirges 
von Wettin und Löbejün (Halle 1849) gab ich unter erweiterter 
Beschreibung dieser Ueberreste zugleich deren Abbildungen auf 
Taf. 29 und sah mich auch genöthigt den Namen Centrodus 
als schon anderweitig verwendet in Styracodus umzuändern. Diese 
erneute Derstellung hat keine Beachtung gefunden, denn Römer 
bedauert in Bronns Lethaea (1852) noch, dass Chilodus nicht 
abgebildet sei und gedenkt des Styracoaus gar nicht, aber nicht 
deshalb. erinnere ich jetzt an diese Vorkommnisse, sondern um 
dieselben einer durch Anderer Untersuchungen nötbig gewordenen 
Kritik zu unterwerfen, 


24 


Die vortreffliche Arbeit von Kner über Orthacanthus De- 
cheni Gf = Xenacanthus Decheni Beyr in den Sitzungsberichten 
der Wiener Akademie, 1867. LV. 540—584 mit 10 Tafeln lehrt 
uns das complicirte Zahnsystem dieses interessanten Fisches näher 
kennen und führt dasselbe zu einer völlig neuen, besser begrün- 
deten Auffassung der Wettiner Haifischgattungen. Chilodus car- 
bonarius ist hiernach in der That nichts weiter als ein ächter Xe- 
nacanthuszahn, ich hielt irrthümlich das Exemplar für zwei über- 
einanderliegende und fest aneinander gedrückte Zähne, kann jetzt 
aber nach Kners klarer Darstellung nicht mehr an der Identität 
mit Xenacanthus zweifeln. Die von Xenacanthus Decheni abge- 
bildeten Zähne sind allerdings erheblich kleiner als unser Wetti- 
ner, aber Kner gedenkt in seiner Beschreibung gleichfalls iso- 
lirter riesig grosser Zähne von Kaunow im Rakonitzer Becken, 
die er mit Recht für generisch identisch erklärt. Sehr wahr- 
scheinlich wird nun auch der von mir weil zu fragmentär nicht 
systematisch bestimmte a.a.O. Fig.9. Taf. 29 abgebildete Wetti- 
ner Zahn mit fein gezähnelten Rändern hierher gehören. 

Meine zweite Chilodusart, Ch. gracilis, kann nun sehr wohl 
nach der Knerschen Darstellung mit jener Art vereinigt werden, 
Es ist nur ein gekrümmter Hauptkegel vorhanden, aber an der 
dicken Wurzel erkennt man deutlich die Bruchstellen des zweiten 
und des Nebenkegels. Kner zeichnet so variabele Formen dieser 
Zähne, dass die Zugehörigkeit des Wettiner Exemplars, trotz seines 
fragmentären Zustandes schwerlich noch angezweifelt werden wird, 

Endlich erfahren wir aus Kner’s Untersuchungen auch Nä- 
heres über den Bau der Schlundzähne bei Xenacanthus. Diesel. 
ben bestehen aus mehren Kegeln auf gemeinschaftlicher Wur- 
zel, So beschaffen ist unser Styracodus acutus, unterschieden von 
Kners Schlundzähnen nur durch relative Formverhältnisse, nämlich 
durch die schlankspitzigere Gestalt und die sehr ungleiche Grösse 
der neben einander stehenden Kegel. 

Neben diesen unzweifelhaften Kiefer- und Schlundzähnen 
des Xenacanthus fehlt nun bei Wettin auch weiter der generische 
Beleg, der Nackenstachel nicht. Ich bildete a. a. O. Taf. 29. 
Fig. 8 ein acht Linien langes, an beiden Rändern gezähntes Frag- 
ment ab, ohne dasselbe auf irgend eine bekannte Kohlenart deu- 
ten zu können. Es lag mit Hyboduszähnen und Hautkörnern bei- 
sammen, weicht aber doch zu auffallend von den bekannten Hy- 
bodusstacheln ab, als dass man es mit nur einiger Wahrschein- 
lichkeit auf dieselben beziehen könnte. Die Vergleichung mit 
Kners genauen Angaben lässt keinen Zweifel übrig, dass dieser 
Stachel mit jenen Zähnen zusammengehört. 

Das verwandschaftliche Verhältniss unserer Wettiner Reste 
mit den schlesischen , böhmischen, Saarbrückener über die Gat- 
tungsgränzen hinaus festzustellen ist bei der grossen Unvollkom- 
menheit derselben nicht wohl räthlich, Kner selbst wagt es bei 


25 


seinem schon sehr reichhaltigen Materiale nicht den zum Theil 
erheblichen Unterschieden in den Zähnen und dem Nackenstachel 
einen specifischen Werth beizulegen, um so weniger genügen un- 
sere dürftigen Fragmente dazu. Dieselben beweisen mit Bestimmt. 
heit das Vorkommen von Xenacanthus in unserm Kohlengebirge 
und beseitigen sicher meine Gattungen Chilodus und Styracodus, 
weitere Aufschlüsse können erst aus neuem Material gewonnen 
werden, das leider aus Wettin und Löbejün uns nur sehr spärlich 
zugeht, obwohl die Wichtigkeit desselben zu aufmerksamster Be- 
achtung auffordert. 

Die Nomenklatur der Gattung betrefiend kann ich Kner, 
der Beyrichs Xenacanthus aufrecht erhalten wissen will, nicht bei- 
stimmen. Nachdem nämlich Grey Egerton nachgewiesen, dass die 
Stacheln von Pleuracanthus zu den Zähnen von Diplodus gehö- 
ren und Xenacanthus ganz auf denselben Typus sich bezieht, muss 
der Name Diplodus als der ältere und weil von der ganz beson- 
ders charakterischen Zahrbildung entlehnt zugleich als der pas- 
sendste dem spätern Xenacanthus unbedenklich vorgezogen wer- 
den. Die verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Siluroiden, 
welche Kner für die systematische Stellung des Diplodus besonders 
hervorhebt, scheinen mir den Eigenthümlichkeiten der Zahnbil- 
dung, der Hautgebilde und der weichen Wirbelsäule gegenüber 
nicht bedeutend genug, um den Fisch gerade den weichflossigen 
Knochenfischen näher zu stellen als den Plagiostomen. Giebel. 


Literatur. 


Allgemeines. A. Frantz, Dr. theol., die Pseudodo- 
xie der Naturwissenschaft. Magdeburg 1867. — Der Verf., 
der sich schon vor 10 Jahren durch eine Schrift über die „Prätensio- 
nen der Naturwissenschaft“ unsterblich gemacht hat, sucht hier aufs 
Neue nachzuweisen, dass die Naturwissenschaft sehr vielen alten Sauer- 
teig verknete, mit leeren Abstractionen, unconcreten, begrifflosen Be- 
griffen rechne und das Denken eingestellt habe, dass sie daher so gut 
wie gar kein positiv begründetes Wissen besitze und die Autorität 
der Heiligen Schrift in keiner Weise beseitigt habe. Wir glauben hier 
in einer naturwissenschaftlichen Zeitschrift auf den letzten Punkt nicht 
weiter eingehen zu dürfen, und wollen nur die Einwürfe, die der 
Herr Doctor gegen die Naturwissenschaft vorbringt, möglichst kurz 
besprechen. Da er in der Vorrede selbst erklärt, in die Tiefe der Wis- 
senschaft nicht eingedrungen zu sein, so beschäftigt er sich nur mit 
der Prüfung der Grundbegriffe und er findet, dass diese nicht denk- 
bar sind; da nun die Grundsätze der Physik und der andern Natur- 


26 


wissenschaften bisher von vielen denkenden Leuten untersucht und 
als; richtig erkannt sind, so könnte man schon hierdurch auf die Ver- 
muthung kommen, dass Herr Frantz diese Grundbegriffe gar nicht 
verstanden habe, und diese Vermuthung bestätigt sich beim Durchle- 
sen der Schrift wirklich. Das Buch beginnt nämlich mit einem Feld- 
zuge gegen den Empirismus der Naturwissenschaften und gegen die 
Anwendung der Mathematik: die Experimente, die wir mit unsern 
Apparaten anstellen, zeigen uns nämlich nicht die Natur an sich, son- 
dern „eine zum Erscheinen prädestinirte, präparirte Natur‘ — wer 
sagt mir denn z. B., dass ich durch ein optisches Instrument genau 
dasselbe sehe, was ich sehen würde, wenn meine Augen zu schärfern 
Sehen eingerichtet wären, woher weiss ich denn, dass mich der Ap- 
parat nicht täuscht? — Und nun erst die Mathematik! Seit Newton 
existirt ja eigentlich gar keine Physik mehr, und die vielen mathema- 
tischen Formeln in den physikalischen Lehrbüchern dienen nur dazu 
diesen Mangel an physikalischen Kenntnissen zu verdecken, die Ma- 
thematik aber und das Rechnen bewirken bei dem Menschen Geistes- 
stumpfheit und Mangel an Urtheilsvermögen. Bei der Besprechung 
der Lehre von den anziehenden und abstossenden Kräften und von 
der Gravitation sieht man ebenfalls deutlich, wie wenig sich der Verf. 
auch nur mit den „Grundbegriffen“ vertraut gemacht hat, er ver- 
langt da z. B, dass der Astronom nicht die Bahn der Bewegung der 
Himmelskörper bestimmen solle, sondern die Bewegung selbst (?), er 
tadelt, dass die Astronomie eine rechnende Wissenschaft geworden 
sei u. S. w.; er erzählt ferner, dass die Erdbahn mit der Eliptik 
(wahrscheinlich meint er die Ekliptik) horizontal sei und eine be- 
stimmte Neigung habe gegen diejenige Ebene, welche man durch den 
Mittelpunkt der Sonne und den Aequator der Erde sich denken müsse, 
Es ist Herrn Frantz vorbehalten gewesen, durch einen Kreis und einen 
Punkt ausserhalb der Ebene desselben eine neue Ebene zu legen. 
Ueber Bewegung in geschlossenen Curven um feste und sich bewe- 
gende Centra, d. h. über den Unterschied der relativen Bewegung 
und der absoluten, über Parallaxe, Tagental- (sic!) Bewegung u. s. w. 
scheint er auch nur unklare Vorstellungen zu haben. Wahrhaft rüh- 
rend aber ist die folgende Sielle, wo er über die „Imponderabilien“ 
spricht: „Wenn nun ein Thermometer gar keine Wärme mehr an- 
zeigt, ist sie dann aus der Natur verschwunden? Und was wird ge- 
messen, wenn das Thermometer eine immer steigende Kälte misst? 
Ist die Wärme etwas, so muss die Kälte auch etwas sein. Warum 
haben die Physiker in ihren Lehrbüchern nicht auch ein Kapitel über 
die Kälte, über die Finsterniss, über das Leichte, über das, was doch 
immer da sein muss, wenn auch keine Electrieität, kein Magnetismus 
sich darin (worin? d. Ref.) spüren lässt? Es sind vielleicht auch Im- 
ponderabilien, aber will man daraus, dass sie sich nicht messen las- 
sen, schliessen, dass sie gar nicht da sind, oder nur durch die Ab- 
wesenheit der Wärme, des Lichts, der Schwere u. s. w. da sind, so 
doch an einem Thermometer wenigstens die Kälte gemessen wird 


27 


und folglich so gut wie die Wärme etwas positives sein 
müsste u.s.w.‘ Es würde zu langweilig sein, alle Missverständnisse 
des Herrn Verfassers hier zusammenzustellen, es sei nur noch be- 
merkt, dass er nachher noch auf die Geologie, Palaeontologie, Zoologie 
u. s. w. kommt, dabei opponirt er gleichmässig gegen Darwin uud 
Burmeister, die betreffenden Werke aber scheint er kaum zu kennen, 
denn er schreibt consequent Burrmeister und Paläonthologie. 

Wir müssen nach allen diesen der evangelischen Kirchenzeitung 
vollkommen recht geben, wenn sie es für bedenklich erklärt, dass 
solche singuläre Ansichten auf einer Pastoralconferenz (wo der Verf. 
den Inhalt seines Werkes der Hauptsache nach vorgetragen hatte) das 
letzte Wort behalten, und wenn sie die heilige Schrift und die Theo- 
logie in der vorliegenden Frage nicht für competent hält. Wir glauben 
nicht, dass H. Frantz durch seine Gründe gegen die Naturwissen- 
schaften, und wenn sie noch so salbungsvoll vorgetragen werden, einen 
Ungläubigen bekehrt, im Gegentheil, er wird sich auch die von der 
Wahrheit der christlichen Religion durchdrungenen Naturforscher 
entfremden, wenn er verlangt, dass sie ihm in seinem Kampfe gegen die 
„neuere Naturanschauung‘“ beistehen sollen. Schbg. 

Xaver Schechner, unumstösslicher Nachweis, dass 
die Erde nicht um die Sonne herumgehe. München 1868 bei 
H. Gummie. — Wir genügen nur einer Pflicht, wenn wir dieser klei- 
nen Brochüre hier Raum schenken. Dass dies vom Verf, zu Tage 
geförderte Schriftchen eine Missgeburt ist, versteht sich von selbst, 
für uns bleibt nur unverständlich, wie es möglich ist, dass in dem 
Kopfe eines Assistenten der Physik an der königlichen polytechni- 
schen Schule in München derartige Gespenster ihr Unwesen treiben 
können. Brek. 

Physik. Listing,überdieGrenzenderFarbenimSpec- 
trum.— Der Grenzbestimmungen der:einzelnen Spectralfarbenist bisher 
verhältnissmässig wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden, theils weil 
andere Eigenthümlichkeiten der Spectra die Aufmerksamkeit der Phy- 
siker in Anspruch nahmen, theils weil der allmäblige Uebergang der 
Farben in einander natürliche Schwierigkeiten bietet. Um so ver- 
dienstvoller die vorliegende Abhandlung. Zunächst sei bemerkt, dass 
Verf. die als eigenthümliche Farben constatirten Wellenlängen des 
Braun und Lavendelgrau in die Reihe der Spectralfarben mit auf- 
nimmt und an Stelle der üblichen Unterscheidung von hell- und dun- 
kelblau die Bezeichnungen Cyan und Indigo einführt. 

In den durch Dispersion mittelst eines Prisma’s und den durch 
Diffraction mit Hülfe von Gitteru erzeugten Spectris zeigen die Far- 
ben bekanntlich gleiche Aufeinanderfolge aber nicht gleiche Ausdeh- 
nung; dieselbe wächst für die einzelnen Farben des dispersiven Spec- 
trums von Roth bis zum Violett, wogegen im Diffractionsspectrum 
die Farbenräume constant sind, weshalb denn hier das Roth und 
Orange gedehnt erscheinen, während die blauen Partieen eine Ver- 
kürzung erfahren. Hiermit Hand in Hand geht die charakterische 


28 


Form der Intensitäts-Curven. Das Helligskeitsmaximum liegt im Gelb 
zwischen D und E; während aber im Dispersionsspectrums das Hel- 
ligkeitsmaximum näher dem Roth zu suchen ist, so findet man das- 
selbe im Diffractionsspectrum etwa in der Mitte des Spectrums und 
die Curve verläuft symmetrisch nach den Enden, 

Verf. hat nun 'theils aus eigenen Untersuchungen theils aus den 
Mittheilungen anderer die plausibeln Oerter zu bestimmen versucht, 
wo die Farben in einander übergehen. Die Bestimmungen in Wer- 
then der Wellenlänge evaluirt, führten zu dem überraschenden Resul- 
tat, dass die Reciproca der Schwingungsdauer für die Farbenscala eine 
arithmetische Proportion bilden; denn wenn Roth aus 440 Billionen 
Schwingungen pro Secunde besteht, so wächst die Schwingungszahl 
jeder folgenden Farbe um je 48 Billionen und zieht man die beiden 
Endfarben in Betracht, so ergiebt sich mit grosser Annäherung das 
Schwingungverhältniss derselben, wie 1:2 so dass man das gewon- 
nene Princip etwa so ausdrücken kann: die Farbenreihe: Braun, 
Roth, Orange, Gelb, Grün, Cyan, Indigo, Lavendel findet ihren phy- 
sischen Ausdruck in einer der Schwingungsfrequenz darstellenden 
Reihe von 8 Zahlen, wo die letzte das Zweifache der ersten ist.“ 
Die Beziehungen dieser Entdeckung zur Akustik treten deutlich her- 
vor, geht man darum an die numerische Ausführung, indem man die 
Zahlenreihe 16, 17, 18... 32 zu Grunde legt, wo 16 Braun, 18 Roth 
etc. bedeuten, dann handelt es sich um die Bestimmung der absolu- 
ten Schwingungszahlen für die Grenzen 15, 17 etc. Bezeichnet man 
ferner mit v. die Geschwindigkeit des Lichtes im Vacuum, mit A die 
Wellenlänge einer bestimmten Strahlengattung und mit n die ent- 
sprechende Schwingungsanzahl, so ist bekanntlich v=ni. Nun er- 
giebt sich u 298360000 Meter und den Untersuchungen Angströms, 
Helmholtz und Esselbach’s zufolge ergiebt sich für 


A n 
Extrem, 8Si2 . . 8367. 
761,5 2..0.5.391,8 
1222 . . 4131 


687,7 . . 333,9 
657,0 . . 454,1 
589,9 . . 505,8 
527,5 . . 565,6 
486,7 . . 613,1 
431,2 . . 692,0 
397,3 . . 751,0 
393,7 . . 757,9 
2 4865,8H102.. 815,6 
3092 . . 964,9 
wo A auf Milliontheile des Millimeters und n in Billionen pro Secunde 
ausgedrückt ist. 
Zur Ermittlung des halben Farbenintervalla macht Verf. nun 
folgende Voraussetzungen: 1) Braun fällt nahezu auf A 2) Roth fällt 


3 
“ 


DeumassUabe» 


29 


nahezu aufB. 3. Orange fällt etwa mitten zwischen C undD. 4) Die 
rothe Grenze von Orange und die grüne Grenze von Gelb liegen sym- 
metrisch gegen C und E. 5) Gelb hellste Stelle fällt zwischen 4 — 
555 und 560. 6) Die braune Grenze von Roth und die Lavendelgrenze 
von Violett liegen symmetrisch gegen a und H,. 7. Die Grenze zwischen 
Cyan und Indigo fällt nahezu zwischen F und G. 8) Die Lavendel- 
grenze von Violett fällt zwischen H und H,. Nennt man nun das halbe 
Farbenintervall c, dann ergiebt sich unter jenen Voraussetzungen, die 
nicht unmittelbares Ergebniss von Beobachtungen, sondern Annahmen 
nach zahlreichen voraufgegangenen Schätzungen sein sollen: 


1) e— L 391,8 — 24,497 5) c— 1 5852 = 24397 
16 22 
2)c— L 4839 = 24106 6) c— 1 585,5 — 24,386 
18 24 
1 N 
el — 2,00 De L 6926 = 4110 
3) c= 4400 —2 )e=z 
4) c) = 15099 — 423831 83) c— I 7545 — 24,339 
21 Sl 


Das Mittel aus diesen acht Werthen für c ist 24,262 mithin das Far- 
benintervall 2c—=48 Billionen 524000 Millionen Schwingungen pro 
Secunde. Dabei ist zu bemerken, dass die mittlere zu befürchtende 
Unsicherheit =#0,056 ist und somit die wahrscheinliche nur „+ 0,038. 
Wenn nun auch dieser Fehler die Bedeutung von 38000 Millionen 
Schwingungen hat, so ist derselbe doch klein zu nennen, da die 
Schwingungsdifferenz zwischen den beiden Theilen der Linie D schon 
0,6 Billionen beträgt. Mit Hülfe jenes Mittelwerthes c= 24,262 kann 
man nun durch Multiplication mit den Zahlen 16 bis 32 leicht eine 
Farbenscala berechnen, und construirt man nach der Scala ein Spec- 
trum, so gewinnt man ein Bild, das sich einerseits dem Dispersiv- 
Spectrum, auf der andern dem vom Verf. normal genannten Gitter- 
spectrum nährt. — (Pogg. Annal. OXXX1. 564-577.) Brek. 
Akin, über Calcescenz und Fluorescenz, — eine Ant- 
wort auf die in dieser Zeitschrift Bd. XXX. p. 326. ausführlich mit- 
getheilte Abhandlung Bohn’s über die Lichterscheinungen im Fluss- 
spath. Verf. giebt gegenwärtig zu, dass das Leuchten des Flusspa- 
thes nicht als eine directe Umwandlung der Strahlen anzusehen sei, 
Jedenfalls glaubt er aber seine andere Behauptung, dass alle Glüher- 
scheinungen als Calcescenzerscheinungen aufzufassen seien, aufrecht 
erhalten zu müssen. — (Ebenda p. 552—561.) Breck. 
Derselbe, eine Erwiderung auf die Notiz des Herrn 
Emsmann. — Eine vollständige Abfertigung der Prioritätsansprüche 
des Herrn E. in Bezug auf die Calcescenzphänomene. — (Ebenda 
p. 561—564.) Brek. 
Hoh, zur Geschichte der Fluorescenz.— Schon Göthe 
beschreibt einen Fluorescenz - Versuch, indem er mittheilt, dass das 
Wasser in einem Glase einen himmelblauen Schein annehme, wenn 
man Rinde der Rosskastanie längere Zeit darin liegen lasse, und dass 


30 


das Wasser im durchfallenden Lichte ungeachtet dessen gelb erscheine. 


— (Ebenda p. 658-659.) Brek. 
Chaudart, Magnetismus und Diamagnetismus der 
Gase. — Um die betreffenden Erscheinungen an Gasen für einen 


grössern Kreis ersichtlich zu machen, bedient sich Verf. der Seifen- 
blasen, die an einer irdenen Pfeife erzeugt werden. Die Pfeife ist an 
einer Zange befestigt und oberhalb der Pole eines kräftigen Electro- 
magneten so aufgehängt, dass sie frei pendeln kann. Bei abwechseln- 
der Verkehrung der Pole tritt Bewegung des Pendels ein, die unter 
Anwendung des Drummond’schen Lichtes weitbin sichtbar gemacht 
werden kann. — Die Magnesia-usta ist stark diamagnetisch. Ver- 
brennt man in mitten unter den conischen Polen ein Stück Magne- 
sium, so sieht man den Rauch sich Uförmig theilen und äquatoriale 
Stellung annehmen. — (Ebenda p. 650-657.) 


Naumann, über relative Grösse der Möleküle. — Ist 
n der Reibungscoefficient, m das Molekulargewicht, # die Molekularge- 
schwindigkeit eines Gases, r die Halbmesser des kugelförmig vorge- 
stellten Moleküls, so ist nach 0. E. Meyer „ = So “, Bedeuten nun n, 

Te 

m,, u, und r,, die entsprechenden Grössen für ein anderes Gas, dann er- 
giebt sich das Grössenverhältniss der Molekularquerschnitte: 
 __ mun! 


Bezeichnen nun t und 7, die absoluten Temperaturen 


112 m'uln 
i : 2 Lt 
der Gase, dann ist bekanntlich a "t X mithin 
tı myu,? u mt, 
r2 n! mt R ; Ai ; 
— — —|/ _—_. Wenn man nun die Gase bei gleichen Temperatu- 
2 ny mil 
a R s 2 1 m IE 
ren vergleicht, dann ergiebt sich — — 1 = Für den Wasser- 
1, 2 1 


stoff ist nun m! —= 2; n! — 0,000134 und setzt nun für dieses Gas 


y;, —1l,ı dann ist r? = 0,0000948 vu Mittelst dieser Formel berech- 
N 

net Verf. die Moleculardurchschnitte von 18 Gasen. Wir bemerken 
nur, dass sich die Molekularquerchschnitte von Wasserstoff, Sauer- 
stoff, Stickstoff, Chlor, Kohlenoxyd, Stickoxyd, Chlorwasserstoff, Kohb- 
lensäure und Stickoxydul zu einander verhalten wie 1:1,75:1,88:3,80: 
1,88:1,93:2,54:2,72:272. — (Annal, fı ‚Chem. u. Pharm, Supplöd. V. p. 
252—254) Brek. 


L. Meyer, über die Molekularvolumina chemischer 
Verbindungen. — Verf. findet das Molekularvolumen eines Gases 
Be 
durch eine der obigen analoge Betrachtung v=cyW", wo m und 7 
7 


die obige Bedeutung haben, C aber eine noch nicht bestimmbare Con- 
stante ist, die indessen für alle Gase bei gleicher Temperatur gleich 
ist. Gestattet somit diese Formel noch nicht eine absolute Bestim- 


31 


mung des Molekularvolumens, so gewährt sie wenigstens eine Ver- 
gleichung, da re 
= VayE is 
t, 
my 


wo die einzelnen Buchstaben eine I Weiteres ersichiliche Bedeu- 
tung haben. Für Cyan und schweflige Säure ergiebt sich Y,:P, — 
1,25, während sich nach den Kopp’schen Regeln dasselbe Verhältniss 
aus den bei Temperaturen gleicher Dampfspannung gemessenen Mo- 
lekularvolumen gleich 1,27 berechnen lässt; ein Beweis für die Rich- 
tigkeit der Formel. 

Die Räume dieser Gase stehen also nahezu in dem nämlichen 
Verhältniss, als die Volumina der entsprechenden Flüssigkeiten und 
es fragt sich, ob dies immer der Fall. Hier geräth man nun in eine 
gewisse Verlegenheit, indem die 19 Stoffe, für welche die Reibungs- 
constante bestimmt ist, zum Theil noch gar nicht zum Theil nur bei 
hohem Druck verflüssigt werden können. Durch die Erforschung 
der spec. Volumina sehr vieler Stoffe wurde aber bekanntlich H. Kopp 
zu Verallgemeinerungen der Beobachtungsmethode geführt, welche 
die bis jetzt unbekannten spec. Volumina der Verbindungen gewisser 
Elemente mit grosser Wahrscheinlichkeit a priori zu bestimmen er- 
lauben und die so bestimmten Werthe derselben stehen unter einan- 
der meist in dem nämlichen Verhältniss, wie die aus der Reibung er- 
mittelten. Als Ausgangsglied wählt Verf. die schweflige Säure, bei 
der man die erforderlichen Data mit der grössten Genauigkeit kennt. 
Vom Wasserstoff und einigen Stickstoffverbindungen abgesehen scheint 
darnach allerdings der Ausspruch berechtigt, dass die Atomvolumina 
vieler Elemente in ihrem flüssigen Verbindungen den Räumen pro- 
portional sind, welche im Gaszustande ihre Atome wirklich erfüllen, 
ob aber diese Volumina in beiden Aggregatzuständen wirklich einan- 
der gleich sind, ist eine noch nicht genau zu ermittelnde Vermuthung, 
da man die Atomvolumina nicht nach absolutem Masse ausfindig ma- 
chen kann. Sollte sich indessen die Gleichheit des Atomvolumens in 
beiden Aggregatzuständen in der That bestätigen, dann ergiebt sich 
allerdings, dass in einigen Fällen, namentlich beim Wasserstoff, aus 
der Beobachtung der Raumerfüllung der flüssigen Verbindungen sich 
ein grösserer Werth für das Atomvolumen berechnet, als man ihn aus 
der Reibung der Gase ableitet. Für den Wasserstoff liefert die letz- 
tere Methode 3,0, wogegen man aus der ersteren 5,5 findet. Zur Er- 
klärung dieser Unterschiede sei bemerkt, dass dieselben nur dann 
wegfallen können, wenn die Molekularvolumina aus der Dichte der - 
Flüssigkeiten bei Temperatureu ermittelt werden, wo die Dampf- 
tensionen der zu vergleichenden Stoffe gleich sind, der Unterschied 
wird aber um so grösser, je höher die Temperatur bei der die be- 
treffende Dichte bestimmt wurde, über dem Siedepunkt der Flüssig- 
keit liegt, Dieses Verhältniss kann in Uebereinstimmung mit der 
mechanischen Wärmetheorie nur dadurch erklärt werden, dass in Flüs- 


32 


sigkeiten von merklicher Dampfspannung, die Atome Zwischenräume 
zwischen sich lassen, die mit der Temperatur wachsen und als eine 
nothwendige Folge der als Wärme den Theilchen innewohnenden Be- 
wegung erscheinen. Insofera nun bei Bestimmung der Molekular- 
grösse aus der Dichte diese leeren Räume eigentlich mitgemessen 
werden, die Betrachtung der Reibungscoefficienten aber nur die Grösse 
des’Moleküls selbst in Erwägung zieht, so leuchtet ein, warum aus der 
Dichte der flüssigen Verbindungen sich mitunter ein grösseres Volu- 
men berechnet als aus der Reibung, und es wird demnach wahr- 
scheinlich, dass allgemein die aus der Raumerfüllung der flüssigen 
Verbindungen erschlossenen Atomvolumina sehr viel grösser sind als 
die Räume, welche die Atome mit ihrer Masse wirklich erfüllen, und 
dass zwischen jenen und den durch Reibung ermittelten nur Propor- 
tionalität vorhanden ist. — (Ebda p. 129—149.) 

E. Edlund, über das Vermögen des galvanischen 
Stromes das Volumen fester Körper unabängig von der 
entwickelten Wärme zu verändern. — Die Thatsache, dass 
eine von der Wärme unabhängige Volumenveränderung durch den 
galvanischen Strom hervorgebracht werden könne, scheint nach Verf.’s 
früheren Versuchen ausgemacht zu sein. Den Versuchen stellt sich 
die Schwierigkeit entgegen, dass der Ausdehnungscoefficient mit wech- 
selndem Temperaturgrade für ein und dasselbe Metall schwankt. Die- 
sen Coefficienten bestimmte E. bei seinen früheren Untersuchungen 
indem er die Ausdehnung der verschiedenen Metalle zwischen + 40 
und + 34° berücksichtigte. Seine Resultate gelten darum streng ge- 
nommen nur innerhalb dieser Grenzen. Diese Gültigkeit zu nt 
tern ist Zweck der vorliegenden Arbeit. Auf umständlichen und mü- 
hevollen Wegen gelingt es ihm, seine Resultate von der Temperatur 
unabhängig zu machen und so findet er, dass ein Platindraht das 
eine mal mit dem galvanischen Strome, das andere Mal mit kochen- 
dem Wasser bis zur nämlichen Temperatur erhitzt, im ersten Falle 
eine um 8,4 Scalentheile des Beobachtungsapparates grössere Aus- 
dehnung zeigt. Dieses Plus würde, wenn es durch Wärme hätte er- 
zeugt werden sollen, eine um 4,96° höhere Temperatur des Wassers 
vorausgesetzt haben. Für einen Eisendraht ergab sich der nämliche 
Längenunterschied gleich 5,4 Scalentheilen. Hierzu bemerken wir 
noch, dass Verf. die Ausdehnungscoefficienten’ des Platina’s bei 15,6 
—.90°,8 — 0,000008838 findet, während seine früheren Versuche den- 
selben bei 4 — 34° = 0,000008485 ergaben. Aehnlich beim Eisen, 
zwischen 17,5 und 89 leitet er denselben — 0,00001237, wogegen frü- 
her 0,00001181 beobachtet wurde. 

Wird der Draht mittelst zweier ungleichen Ströme auf die 
nämliche Temperatur erhitzt, dann erweist sich die Ausdehnung durch 
den starken Strom grösser als die durch den schwächern. — (Pogg. 
Annal. CXXXI. 337—358.) Brek. 

F. Melde, über eine eigenthümliche Art Klangpulse 
zu erzeugen und zu zählen. — Lässt man mit Hülfe eines He- 


33 


bers Wasser aus einem Gefässe fliessen, so beobachtet man bei be- 
stimmter Stellung des Hebers und geeigneten Dimensionen desselben, 
dass die Wassersäule im Heber discontinuirlich wird, indem sich Luft- 
blasen in den Heber mit eindrängen. Die Erscheinung ist eine Folge 
der Capillarität und wird von einer andern begleitet. Man vernimmt 
nämlich ein Summen, dass wenn der Vorgang schnell sich abwickelt, 
auch in einen deutlichen Ton übergeht. Es setzt ein bedeutendes 
manuelles Geschick voraus, den Heber aus freier Hand so zu diri- 
giren, dass ein bestimmter Ton während längerer Zeit nicht geändert 
wird. Versteht man sich hierauf, dann kann man den gleichen Ton 
auch auf einer Orgel finden, was allerdings durch die Verschieden- 
heit der Klangfarbe wieder noch erschwert wird. Verf. wählte zu 
seinen Versuchen eine Röhre von 4,2 Millimeter inneren Durchmes- 
ser und 40 Centimetern Länge. Durch passende Stellung erzielte er 
den Ton c. Als Kennzeichen dafür, dass der Ton rein ist, dient nun 
Folgendes. Hindert man plötzlich durch Zuhalten das Wasser am fer- 
neren Ausfliessen, so stehen die Blasen wie angenagelt, wenn der 
Eigenton der Röhre mit den Orgelton genau übereinstimmt, im an- 
dern Falle steigen sie in die Höhe. In einem Röhrenende bestimmter 
Länge zählte Verf. genau 16 Blasen. Darauf erzeugte er die tiefere 
Quint und fixirte die Blasen gleichfslls und fand in dem nämlichen 
Röhrenende deren 11. Es stehen also die Anzahlen der Blasen an- 
nähernd in dem Verhältniss von 3:2. — (Ebda p.235—440.) Brek. 

Chemie. Andrews, Identität desJodkalium zerset- 
zenden Körpers der Atmosphäre mit dem Ozon. — Das si- 
cherste Mittel dieIdentität beider Körper nachzuweisen, bietet dieEigen- 
schaft des Ozons bei 1370 C zersetzt zu werden. Lässt man nun at- 
mosphärische Luft durch ein geeignetes Gefäss streichen, so bläut 
sich ein darin aufgehängtes Reagenzpapier. Die Bläuung tritt nicht . 
ein, wenn das Gefäss auf 260°C erhitzt wird. — (Pogg. Annal. CXXXI. 
659— 660.) 

Janssen, Natur der Gase des Vulkans auf Santorin. 
— Die Gase sind reich an Natriumdämpfen und enthalten reichlich 
Wasserstoff, auch scheint die Anwesenheit von Kupfer, Chlor und 
Kohle ausgemacht. — (Ebenda p. 658—659.) 

R. Weber, einige Verbindungen des Platin- und 
Goldchlorids. — Platinchlorid und chlorsalpetrige Säure (PtCl; + 
NO;Cl + HO) verbinden sich, wenn man eine von überschüssiger 
Salzsäure befreite Platinchloridlösung mit rauchender Salpetersäure 
versetzt. Es entsteht ein gelber Niederschlag. Man decantirt nach 
dem Absetzen bringt den Brei auf einen Ziegelstein und mit diesem 
unter den Exsicator. Der Körper ist nach dem Trocknen braungelb, 
pulverförmig und hygroscopisch. Im Wasser löslich unter Entbindung 
von Stickoxyd. — Platinchlorid und Chlorwasserstoff vereinigen sich 
in folgendem Verhältniss: PtCl;, + HCl + 6HO. Die Verbindung 
entsteht, wenn man eine Salpetersäure freie salzsaure Lösung von Pla- 
tinchlorid neben Aetzkalk und Schwefelsäure im Exsicator verdun- 

Ba. XxXI, 1868. 3 


34 


sten lässt. Die Verbindung stellt braunrothe zerfliessliche Krystalle 
dar, die eine ziemlich beständige Verbindung repräsentiren und dem 
Natriumplatinchlorid analog sind. Leider ist eine Vergleichung der 
Krystallformen unthunlich.— Goldchlorid-Chlorwasserstoff (AuC!; + HCl 
--6HO) wie voriges gewonnen, und vom Goldchlorid-Chlornatrium durch 
ein Atom Wasser unterschieden, welches letzteres weniger enthält. 
Ebenso zusammengesetzt ist das Chlorkalium-Goldchlorid. (AuCl; + 
KCI + 5HO.) — (Ebbenda p. 441—446.) 

Derselbe, über die Anwesenheit des Ozons in der 
atmosphärischen Luft — Ozon wenn auch nur als minimaler 
Bestandtheil der Atmosphäre wird von einigen immer noch ange- 
zweifelt, wenn nicht gar in Abrede gestellt und man stützt sich dann 
gemeiniglich darauf, dass die Bläuung des Jodkalium-Stärke-Papiers 
nicht nothwendig durch Ozon, sondern auch durch Stickstoff-Sauerstoff- 
bindungen, deren Vorkommen in der Atmosphäre Thatsache ist, ver- 
anlasst sein könne. Um diese Zweifel zu beseitigen, verweist Verf. 
aut Folgendes. Ein mit Thalliumoxydullösung getränkter Papierstrei- 
fen wird durch Stickstoffsäuren in seiner Färbung nicht geändert, 
wohl aber färbt ihn Ozon braun, in Folge der Oxydation zu Thallium- 
oxyd. Setzt man nun beide Reagenzpapiere gleichzeitig der atmos- 
phärischen Luft aus, so wird das eine gebläut das andere gebräunt, 
wodurch die Identität des bläuenden Körpers mit dem Ozon aller- 
dings um vieles wahrscheinlicher gemacht wird. Dem Einwande einer 
Ableitung der Bräunung des Thalliumpapiers von atmosphärischem 
Schwefelwasserwasserstoff ist einfach dadurch zu begegnen, dass 
beide Körper nicht nebeneinander zu bestehen vermögen, und die 
einzig bleibende Möglichkeit, dass freie Haloide in der Atmosphäre 
existiren, welche beide Erscheinungen verursachen, widerlegt sich da- 
durch, dass jene Körper im freien Zustande in der Atmosphäre ver- 
bleiben können, und dass es darum auch noch keinem Chemiker ge- 
lang, dieselben darin zu entdecken. — (Ebenda 774—788.) Brik 

A. Bettendorf, allotropische Zustände des Ar- 
sens. — Wird reines Arsen in einer schwer schmelzbaren Röhre 
in raschen Wasserstoffstrome sublimirt, so setzt sich in der Nähe 
der erhitzten Stelle metallisches hexagonales und etwas weiter 
amorphes schwarzes Arsen ab, während der ganze vordere Theil des 
Rohres mit einem hellgelben Rauch gefüllt ist, der sich rasch abset- 
zend dunkler gelb und schliesslich grau wird. Das letztere, ebenfalls 
amorphes Arsen, zeigt sich unter dem Mikroscope als aus kleinen perl- 
schnurartig an einander gereihten Kügelchen bestehend, hat das spec. 
Gew. 4,711 und wird leicht von verdünnter Salpetersäure oxydirt. 
Beim Erhitzen auf 358—360° geht es unter so starker Wärmeentwick- 
lung, dassein Theil sublimirt, in krystallinisches Arsen von spec. Gew. 
6,72 über. Das amorphe glasglänzende schwarze Arsen wird erhal- 
ten, wenn Arsendampf auf 210—220° erkaltet wird, sein spec. Gew. 
ist 4,71 — 4,716, auch dieses geht auf 360° erhitzt unter Wärmeent- 
wicklung ins krystallinische von 5,72 spec, Gew. über, Es ist gegen 


35 


Oxydationsmittel beständiger als krystallisirtes Arsen. Der Arsen- 
spiegel der Marshschen Probe ist amorphes schwarzes Arsen. — (An- 
nal. d. Chem. u. Pharm. 144, 110.) 

A. Butlerow, Nichtgiftigkeit des Zinkmethyls. — 
Von Frankland, Friedel nnd Crafts war‘die Vermuthung ausgesprochen, 
dass die Zinkmethyldämpfe giftiger als Quecksilberaethyldämpfe seien. 
B. sucht die Nichtgiftigkeit dadurch zu beweisen, dass er ohne Scha- 
den an seiner Gesundheit zu nehmen 5 Jahre unausgesetzt mit Zink- 
methyl gearbeitet habe, ohne besondere Vorsichtsmassregeln zu tref- 
fen. Sein Diener, der nach einer Explosien mehrerer Glasröhren, 
welche zusammen 160 Grm. enthielten, das Zimmer, ohne es vorher 
zu lüften, betrat und die Folgen der Explosion beseitigte, litt nur an 
beschwertem Athem und sehr starkem Husten, war jedoch nach 24 
Stunden jedes Krankheitssymptom wieder los. — (Ebenda 144, 39.) 

Derselbe, über Bereitung von Glycolchlorhydrin. 
Selbst bei genauer Befolgung der von Carius für Darstellung dieses 
Körpers angegebenen Methode erhält man sehr geringe Ausbeute; 
Butlerow fand sich daher veranlasst, die Methode etwas abzuändern. 
Grosse Ballons von 30 und mehr Liter Inhalt wurden über Wasser 
mit Aethylen gefüllt. Zur Bereitung der Unterchlorigsäurelösung 
wurde frisch gefälltes gut ausgewaschenes Quecksilberoxyd angewandt 
(und zwar auf je 1 Liter Aethylengas je 4 Grm. Oxyd (berechnet im 
trocknenfZustande), welches in cca. 15 Th., auf 1 Th. Oxyd, Eiswasser 
vertheilt wurde. Zu dieser Mischung wnrde im Dunkeln bei Abküh- 
lung mit Eis und Wasser unter beständiger Umschwenkung des Kol- 
bens, so lange ein langsamer Chlorstrom geleitet, bis fast kein Oxyd 
mehr übrig war. Dann wird noch halb so viel Oxyd eingebracht als 
schon vorher angewandt war, und das Ganze rasch in den mit Aethylen 
gefüllten Ballon gebracht. Die Ballon bleiben dann gut verschlossen 
70—80 Stunden im Dunkeln bei 12°U stehen. Man verdünnt darauf gut 
mit Wasser, filtrirt und setzt zum Filtrat so lange eine conc. Lösung 
von 2fach schwefligsaurem Natron, bis der Ueberschuss der Unter- 
chlorigsäure zerstört ist. Hierauf wird so lange destillirt, als das 
Destillat noch einen süssen Geschmack zeigt, und aus diesem das 
Chlorhydrin durch Sättigen mit NaCl und Schütteln mit Aether ge- 
wonnen. Bei gelungener Operation erhält man vom Liter Aethylen- 
gas cca 1 Grm. rohes Chlorhydrin, d. h. !/s der berechneten Menge. 


— (Ebenda 144, 40.) 
J. Crafts, über die Aether der Säuren des Arsens. 


— Da Borsäure bei Destillation mit Kieselsäreäther die Kieselsäure 
aus der Stelle drängt, glaubte Verf. das Verfahren zur Darstellung 
von Arsensäureaether anwenden zu können. Als der Versach in zu- 
geschmolzenen Röhren bei 230° ausgeführt wurde, (in höherer Tem- 
peratur wurden die Röhren zersprengt), war allerdings nach 6 Stun- 
den gallertartige Kieselsäure abgeschieden, beim Oeffnen der Röhre 
entwich aber Aethylengas und beim Destilliren des Röhreninhaltes 
bestand das Destillat hauptsächlich aus gewöhnlichem Aether und Ar- 
3, * 


36 


senigsäure-Aether; der Rückstand bestand aus Kieselsäure, die Arsen- 
säure war also reducirt. Der Arsensäureätber lässt sich aber leicht erhal- 
len durch doppelte Zersetzung von arsensaurem Silber und Jodaethy], 
nur darf letzteres nicht im Ueberschuss angewendet und die Tempe- 
ratur nicht über 120° gesteigert werden. Der entstandene Aether wird 
durch gewöhnlichen Aether extrahirt, nach dessen Entfernung sich 
der Arsensäureäther in einem Kohlensäurestrome unter einem Drucke 
von 60 Mm. bei 148—153° unzersetzt destilliren lässt. Arbeitet man 
unter gewöhnlichem Luftdruck, so destillirt der Arsensäureäther bei 
235—2380, gegen das Ende aber unter theilweiser Zersetzung. Er hat 
die Zusammensetzung As(€?H5)?0* uud bei 0° ein spec. Gew. von 
1,3264. Ist in Wasser in allen Verhältnissen löslich, die Lösung ver- 
hält sich aber wie eine reine Arsensäurelösung. Die arsenige Säure 
zersetzt dagegen bei 220° den Kieselsäureäther völlig zu Arsenigsäure- 
äther und Kieselsäure. Ersterer siedet bei 166—168° ohne Zersetzung 
und hat die Zusammensetzung As(€?2H°)39°, sein spec. Gew. bei0° war 
1,224. Wolfram- und antimonige Säure wirken auf Kieselsäureäther 
nicht zersetzend. — (Annal. d. Chem. w. Pharm. Suppl. V, 218.) 

J. Erdmann, über die Constitution des Tannenhol- 
zes. — Das zur Untersuchung verwandte Holz von pinus abies wurde 
feingeraspelt erst mit sehr verdünnter Essigsäure, dann mit Wasser, 
Alkohol, Aether ausgezogen und dann bei 100° getrocknet. Die Ele- 
mentaranalyse des so gewonnenen Rohstoffes ergab die Formel &2% 
H4#°92! und wird diese Verbindung vom Verf. Glyceolignose genannt. Die 
Farbe war gelblichweiss. In Kupferoxydammoniak wurden nur Spu- 
ren von Cellulose gelöst. Beim Kochen mit Salzsäure trat Spaltung 
ein, wobei 60—65 pC. in Salzsäure unlöslich blieben, welche eine 
röthlich-gelbe Farbe besassen. Auch dieses Product zeigte sich we- 
nig löslich in Kupferoxyd-Ammoniak. Die Analyse dieses Körpers, 
den Verf. Lignose nennt, führte zur Formel &1°H%Q1; er giebt beim 
Kochen mit verdünnter Salpetersäure reine Cellulose. Um den Cel- 
lulosegehalt der Glycolignose direct zu bestimmen wurde diese mit 
mit sehr verdünnter Salpetersäure (1 Th. von 1,2 spec. Gew. und 16 
Th. Wasser) zehn mal eine halbe Stunde gekocht, zuerst mit heissem 
Wasser, dann mit Ammoniak und schliesslich mit Alkohol ausgewa- 
waschen. Der Rückstand betrug 42,60 pC. statt 43,67 pC. Beim 
Schmelzen der Glycolignose mit Aetzkali wurden als Spaltungspro- 
ducte erhalten Essigsäure, Brenzcatechin, Protocatechusäure und Bern- 
steinsäure. Verf. schliesst aus diesen Versuchen, dass im Tannen- 
holze neben primitiver Cellulose noch Körper der Zuckerbildenden 
und der aromatischen Gruppen enthalten seien. 

g%H‘692%: -_ 2H20 — 26°H%96 1 eisH2g1t 


Glycolignose Zucker Lignose 
g13926g911 + o ei 3€56H 1095 + £6H69g5 
Lignose Cellulose Brenzcatechin. 


Verf. hält es daher für wahrscheinlich, dass der Ursprung der Hip- 
pursäure im Harn der Pflanzenfaser in der aromat. Gruppe der Cuti- 


37 


eularsubstanz der Gramineen zu suchen sei, denn auch Heu und Stroh, 


geben mit Kalihydrat geschmolzen Brenzcatechinkörper. — (Annal. 
d. Chem, u. Pharm. P. Sppl. 223) 
M. Fleischer, über das Thionessal. — Diese Verbin- 


dung, welche sowohl bei der Destillation des Schwefelbenzens, Ben- 
zylsulfürs und Bisulfürs, und Sulfobenzols entsteht, hat nach Fl, die 
Zusammensetzung €°°H%$S. Während Laurent behauptet hatte, dass 
bei der Destillation stets Schwefelkohlenstoff entstehe, konnte Verf. 
diese Verbindung nicht auffinden, sondern glaubt gefunden zu haben, 
dass sich nur Verbindungen bilden, welche &7 enthalten, nämlich 
€’H®=Toluol; €’4’S8 —=Benzyisulfhydrat, E#H1— Toluylen, €14H 108. 
—= Toluylsulfür und £234%S — Thionessal. Letzteres löst sich sehr 
schwer in siedendem absolutem Alkohol und krystallisirt daraus in 
iangen weissen Nadeln, die bei 180° schmelzen, und sehr schwer ver- 
brennen. Bei Bebandlung mit Brom und Wasser entsteht daraus 
Tribromthionessal €2°H!’Br?S, das sich kaum in Alkohol und Aether, 
sehr schwer in hochsiedendem Petroleum löst und bei 265—270° 
schmilzt. Bei Behandlung mit-Salzsäure und chlorsaurem Kali ent- 
steht neben Schwefelsäure €'*H!%0, welche Verbindung aus heissem 
Benzol in weissen Nadeln krystallisirt und bei 214° schmilzt. Bei 
Einwirkung von PCi® entsteht €’H>Cl. Rauchende Salpetersäure gibt 
mehrere Producte, von denen Verf.3 näher studirthat; 1) Nitrothionessal 
—= 621: N02)7S, 2) eine schwefelfreie Nitroverbindung €1H1% NQ2)298 
und 3) Nitrodracylsäure= €’7H°,N92)0?, In kalter rauchender oder er- 
wärmter engl. Schwefelsäure löst sich das Thionessal unter Entwik- 
kelung von schwefliger Säure unter Bildung einer neuen Säure €7H® 
50%. Beim Destilliren über Natronkalk entsteht Tolallylsulfür = 
g144108, — (Annal. d. Chem. w. Pharm. 144, 192.) 

A.Grimaux, Bromderivate derGallussäure. — Je nach 
Anwendung von '1 oder 2 Aeqg. Brom auf 1 Aeq. Gallussäure erhält 
man Mono- oder Bibrom-Gallussäure. Um erstere rein zu erhalten, 
löst man das Product der Einwirkung in der 5—6fachen Menge sie- 
denden Wassers und lässt freiwillig verdunsten. Die Säure krystal- 
lisirt in kleinen gelben hexagonalen Tafeln, die bei 100% weiss und 


undurchsichtig werden; ihre Formel ist 6°ABr an Die Dibrom- 


gallussäure krystallisirt in langen prismatischen, farblosen glänzenden 
Nadeln, von der Zusammensetzung CoBr2\ on)n. Beide Säuren sind in 
Wasser, Alkohol und Aether -löslich, und färben sich auf Zusatz über- 
schüssiger Alkalien oder alkalischer Erden erst rosenroth, dann grün 
und erstere zuletzt orangegelb, letztere tiefroth. Auf Zusatz von 
Eisenchlorid zeigen beide eine schwarzblaue Färbung. — (Annal. d, 
Chem. u. Pharm. V Supp 233.) 

A. W. Hofmann,'eine neue Reihe von Homologen des 
Cyanwasserstoffs. — Während bei der Zersetzung der Blausäure 
(unter Aufnahme von Wasser) in Ameisensäure und Ammoniak nur 


38 


diese beiden Producte entstehen können, ist bei den Homologen der 
Blausäure, in denen eine kohlenstoffhaltige Gruppe an Stelle des Was- 
serstoffs steht, der Fall denkbar, dass nicht reines Ammoniak entsteht, 
sondern das kohlenstoffhaltige Radical in den Ammoniak eintritt; z.B. 
würde beim Cyanmethyl die Reaction durch die beiden Gleichungen 
auszudrücken sein 

1) &?H®N + H?0 = £?H‘9? + NH3und 2) E2H30 = H29 + £2H3N. 
Bisher war nur die Umsetzung nach der ersten Gleichung bekannt, 
H. hat auch die nach der zweiten aufgefunden; weil er beobachtete, 
dass für jeden der bisher bekannten Cyanwasserstoffaether (Nitrile) 
ein zweiter Körper von ganz gleicher Zusammensetzung existirt, der 
sich aber unter dem Einfluss des Wassers nach der 2 Gleichung spal- 
tet. Um als Vorlesungsversuch aus Ammoniak und Chloroform Blau- 
säure zu erhalten, hat man nur nöthig der Mischung etwas Kalihy- 
drat hinzuzufügen und einmal aufzukochen. Diese Reaction lässt sich 
auf alle Ammoniakabkömmlinge und Monamine ausdehnen und lie- 
fert stets mehr oder weniger in Geruch an Blausäure erinnernde Ver- 
bindungen. H. stellte zuerst das Cyanphenyl dar, indem er Anilin, 
Chloroform und alkoholische Kalilösung destillirtee Die Dämpfe der 
neuen Verbindung erzeugen auf der Zunge einen höchst eigenthüm- 
lich bittern Geschmack und haben erstickende Wirkung. Im reinen 
Zustande stellt sich das Cyanphenyl €’H5N ein bewegliches Oel dar, 
das im durehfallenden Lichte grün, im auffallenden tiefblau erscheint, 
es ist isomer mit Benzonitril. Es ist nicht ohne Zersetzung für sich 
allein destillirbar; denn nur ein Theil geht unzersetzt bei 1670 über, 
die grössere Menge bei 230°, und ist dann ein brannes Oel, das nicht 
mehr riecht und beim Erkalten krystallisirtt. Mit anderen Cyaniden 
gibt das Cyanphenyl krystallisirbare Verbindungen, wird von Alkalien 
kaum angegriffen, durch Säuren aber leicht zerlegt werden nach der 
Gleichung £€’H’N + 2H2@ = CH?9? + 6°H’N; während Benzonitril 
nur Benzoesäure und Ammoniak liefert. In beiden Umsetzungen wer- 
den aber die Endproducte nicht sofort erhalten, sondern es steht beim 
Benzonitril in der Mitte das Benzamid, beim Cyanphenyl das Phenyl- 
formamid. Ausser diesen tritt bei Zersetzung noch das von H, ent- 
deckte Methenyldiphenyldiamin auf. — (Annal. d. Chem. u. Pharm. 144, 
114.) 

D. Huizinga, über den Ozonnachweis in der Luft. 
— Der Verf. spricht sich vorerst über den relativen Werth aller bis- 
her zum Nachweis des Ozons angegebenen Reagentien aus, (1. Gua- 
jakharz, 2. Jodkalium, 3. Feuchtes Silber, "4. Schwefelsaures Mangan- 
oxydul, 5. Schwefelblei, 6. Indigo, 7. Thalliumoxydul) und kommt da- 
bei zu dem Schluss, dass keins dieser Reagentien direct anwendbar 
sei, weil die salpetrige Säure, welche stets mit dem Ozon zusammen 
vorkommt auf 5 der Stoffe die gleiche Wirkung habe und bei den 
zwei übrigen (Tl? und Mn$S9*) die Ozonreaction wieder vernichte. 
Aus einer langen Beobachtungsreihe mit verschiedenen Reagentien 
ergab sich: Thalliumoxydulpapier bräunt sich an der Luft, und zwar 


39 


am Tage stärker als in der Nacht. Die Bräunung ist intensiver, je 
nachdem der Windesdruck grösser ist. Das Thalliumpapier hält in 
der Färbung nicht gleichen Schritt mit dem Schönbeinschen Jodkalium- 
kleisterpapier. Verf. schliesst mit den Worten. Eine zuverlässige 
Methode der atmosphärischen Ozonometrie ist demnach noch nicht 
gefunden. — (Journ. f. prakt. Chem. 102, 193.) 

W. Kubel, Titrirung salpetriger Säure durch Cha- 
mäleon.— Diese Methode wurde von Feldhaus angegeben, litt aber 
an manchen Schwächen. Verf. ändert die directe Methode in eine 
Restmethode um. Man versetzt die neutrale oder alkalische Lösung 
des salpetrigsauren Salzes mit Chamäleonlösung in solcher Menge, 
dass nach Oxydation der salpetrigen Säure jedenfalls noch ein Ueber- 
schuss davon vorhanden ist, dann wird mit verdünnter Schwefel- 
säure die Lösung stark angesäuert, zu der noch roth gefärbten Lö- 
sung von einer der Chamäleonlösung entsprechend verdünnten Eisen- 
oxydullösung 5—XXCC zugesetzt, bis Entfärbung eingetreten ist und 
schliesslich bis zur schwachen Röthung mit Chamäleon zurück titrirt. Von 
der verbrauchten Chamäleonlösung ist die Menge abzurechnen, welche 
die zugesetzte Eisenoxydullösung zur Oxydation erfordert, aus dem 
Reste berechnet sich die Menge der vorhandenen salpetrigen Säure. 
Sehr verdünnte Lösungen müssen bei 18—22° titrirt werden. — (Eben- 


da 102, 229.) 
F. Lossen, über Oxydationsproducte des Naphta- 
lins. — Wird Naphtalin mit siedender Lösung von Chamäleon über- 


gossen, so tritt Reduction derselben ein, ein Theil des Naphtalin 
bleibt unverändert, ein anderer wird zu Phtalsäure oxydirt; die Aus- 
beute an letzterer ist jedoch gering. Bei Einwirkung von KO 2CrO® 
und SO? hatte Laurent eine von ıhm acide naphtesique €!0H6Q% ge- 
nannte Säure erhalten, nach Beobachtungen des Verf. ist auch hier 
das Oxydationsproduct Phtalsäure. Ausser der Phtalsäure ist noch 
ein anderer Körper gebildet, wegen seiner schön rosenrothen Farbe 
von Laurent Carminaphtone genannt. Nach L. entstehen mehrere sauer 
reagirende Verbindungen, braune und rothe, je nach der Dauer der 
Einwirkung. Bei Einwirkung von Braunstein und Schwefelsäure in 
einer Retorte, bleibt als Destillationsrückstand eine spröde harzige 
Masse, aus der durch Wasser Manganvitriol und Phtalsäure ausgezo- 
gen wurden. Der in Wasser unlösliche Theil gibt an Alkohol eine 
im gereinigten Zustande in perlmutterglänzenden Blättchen von 
schwach gelber Farbe erscheinende Substanz ab, die nur durch Sub- 
limation rein zu erhalten ist. Diese Substanz schmilzt bei 154°C und 
verbrennt mit russender Flamme und wird als Dinaphtyl 62H be- 
zeichnet. Um die Zusammensetzung sicherer zu constatiren, wurde 
das Dinaphtyl der Einwirkung von Bromdämpfen ausgesetzt, es ent- 
stand daraus unter Entweichung von BrH Dibromdinaphtyl &2°H!?Br2, 
welche Verbindung aus siedendem Benzol in langen, farblosen, stark 
lichtbrechenden monoklinischen Prismen krystallisirt.. Das Dibromid 
ist unzersetzt fiichtig, schmilzt bei 215° und widersteht allen che- 


40 


mischen Reagentien mit grosser Energie. Mit Brom im Ueberschuss 
übergossen entsteht unter heftiger Bromwasserstoffentwickelung He- 
xabromdinaphtyl €%H®Br$ eine gelbe nicht krystallinische Masse, aus 
der durch Wasserstoff stat. nasc. reines Dinaphlyl wieder gewonnen 
werden kann. Hexachlordinaphtyl wurde erhalten, als durch eine Lö- 
sung von Dinaphtyl in Schwefelkohlenstoff so lange Chlor geleitet 
wurde, bis dieses nicht mehr absorbirt wurde. In ihren Eigenschaf- 
ten gleicht die Chlorverbindung der entsprechenden Bromverbindung. 
Bei Einwirkung rauchender Salpetersäure auf Dinaphtyl entsteht Te- 
tranitrodinaphtyl €2°H!0(N 92)? ein orangegelber nicht krystallinischer 
Körper. Aus ihm durch H stat. nasc. eine Base darzustellen gelang 
nicht in gewünschter Weise. Aus den bei Einwirkung von KO.2CrO? 
und Schwefelsäure erhaltenen Farbstoffgemisch gelang es Verf. eine 
Säure von der Zusammensetzung £?°H!?O* zu isoliren, welche mit 
brauner Farbe in Alkohoi löslich ist, mit Natriumamalgam behandelt 
farblos wird, aber an der Luft ihre ursprüngliche Farbe wieder an- 
nimmt. Ausserdem wurde ein schön grüner stickstoffbaltiger nicht 


näher untersuchter Körper aufgefunden. — (Annal. d. Chem. u. Pharm. 
144, 71.) 

Fr. Reindel, über Blausäureentwicklung ausKalium- 
ferrocyanür und Schwefelsäure — Nach der Ansicht des 


Verfassers verläuft bei Einwirkung von Salzsäure auf K®Cfy die Zer- 
setzung nicht nach der Gleichung K®Cfy + 3HCl = H3Cfy + 3KC1 


sondern nach K’Cfy + 2HCl = KR ‚av -+- 2KCl, so dass also statt 


Ferrideyanwasserstoffsäure entsteht eine Verbindung, welche er Ka- 
liumdihydroferrocyanid nennt. Ebenso soll beiZersetzung von Blut- 


laugensalz und Salzsäure HaCty entstehen und bei Zersetzung von Blut- 
laugensalz und Eisenchlorür die Reaction nach der Formel3 FeCl--K?Cfy 


—3KCl + (Ciy erfolgen. — (Journ. f. prakt. Chem. 102, 207.) 


Fr.Rochleder, überAesculus Hippocastanum. — Die 
besonderen Bestandtheile der Gewebe von Aesc. hipp. lassen sich auf 
eine Fundamentalreihe von Verbindungen zurückführen, welche R, die 
Aesciglycolreihe nennt. Einige Glieder wurden bisher in der Pflanze 
noch nicht nachgewiesen, andere sind in der Pflanze als Homologe 
enthalten, indem Wasserstofl durch Alkoholradikale ersetzt ist. Das 
Aesciglycol ist C1H!20* ein zweiatomiger Alkohol, entsprechend dem 
Glycol. R. stellt folgende Reihen einander gegenüber: 


Glykol = (*H°0* Aesciglykol — 262.720093 
Glykolal — 105020% „ glykolol — 40 F1E07 
Glykolsäure — (C?H?0® „ glykolsäure = C!?H30$ 
Glyoxal — (#4H20? „ glyoxal —_ 027508 
Glyoxalsäure= C“H20® „ glyoxalsäure = C'+H$0® 
Oxalsäure = (*H203 „ oxalsäure = C!H°08 


Das Aesciglykol findet sich umgewandelt in das homologe Aescige- 


41 


nin = C2#H2°0? in den Samen, das Aesciglyoxal in der Form von 
Aesculetin — C!$®H°O® durch Substitution von 2 Aeq. H durch 2C202H 
abgeändert, die Aesciglyoxalsäure in Verbindung mit Phlorogluein als 
Gerbstoff der Rosskastanie. Die Aeseiglycolsänre entsteht aus Quer- 
cetin beim Behandeln mit Natriumamalgam, die Aescioxalsäure durch 
Einwirkung von Alkalien auf Aesculetin, und ebenso das Aescorein 
—= C!2H®808, welches Aesciglykolal ist, in welchem 2H durch 2 C202H 
vertreten sind. Das mit dem Aesciglykol homologe Aescigenin findet 
sich inForm von 3 verschiedenen Verbindungen der Aescinsäure dem 
Argyraesein und Aphrodaesein. Argygraesein — C#*H*20* spaltet sich 
durch Säuren in Zucker und Argyraescetin. C#H0O* = C!H%O?2 
+ C#H%0:2. Bei Behandlung mit Kali spaltet es sich in Propion- 
säure und aescinsaures Kali C#H4#20* + 2KHO?— C$H>K O0? + C/3H®KO*%, 
Die Aescinsäure zerlegt sich mit Säuren in Zucker und Telaescin 
c’2H4°0* — 2HO = C36H%0% + C!H!O%. Das Telaescin wird in 
alkoholischer Lösung durch Salzsäure zerlegt in Zucker und Aesci- 
genin C3°H304* + 2HO = C!H!O!2 + C#H200% Aphrodaesein 
spaltet sich mit Kali in buttersaures und aescinsaures Kali C!0H 8205 
+ 3KH02—= C3H’KO?-+2C’H®KO*%, Das Aescigenin stehtdurch C!0H!0 
höher in der Reihe als das Aeseciglycol, und ist wahrscheinlich in letz- 
term 1Aeq. H durch 1 Aeq. C!0H!! substituirt. Der Gerbstoff der 
Rosskastanie ist der Formel C?°H12O12 entsprechend zusammengesetzt 
und zerfällt durch Alkalien in Phloroglucin und Aescyglyoxalsäure 
= C"H°0O$, die sogleich weiter zu Protocatechusäure oxydirt wird. 
Aus der Aesciglyoxalsäure entsteht durch Reduction das Aeseiglyoxal 
C“H650*, welches in der Pflanze die Veränderung erleidet, dass 2H 
durch 2C?O®2H ersetzt werden, wodurch es zu Aesculetin wird, wel- 
ches sich sowohl im freien Zustande als in grösserer Menge im Aes- 
\ \C202H 

_ eulin der Rinde findet = C ‚osmo: — 084608. Andererseits ent- 
steht die Quercetinsäure C%H!00% aus 2 Aeg. Aesciglyoxalsäure, in- 
dem aus jedem 1 Aeg. H austritt, an dessen Stelle das Radikal der 

4 H508$ 
Kohlensäure tritt c“ oe — (3H!00%, aus welcher beim Behan- 
) 

deln mit Natriumamalgam die Aesciglykolsäure entsteht. Die Phlo- 
retinsäure im Pyrus malus entsteht, indem lAegq. Aethyl in die Aes- 


eiglyoxalsäure des Gerbstoffs tritt C’* El 08, wodurch die Aesci- 


glyoxalsäure in die isomere Salieylsäure überzugehen scheint. Zerset- 
zungsproducte des Aesculetins. Nur kurze Zeit mit conc. Aetzkalilösung 
gekocht liefert es Ameisensäure und die der Protocatechusäure isomere 
Aescioxalsäure. Statt des Aetzkalis kann man auch Aetzbaryt anwen- 
den. Behandelt man Aesculetin mit siedender Lösung von saurem 
schwefligsaurem Natron, so erhält man eine Verbindung C!SH°0® + 
NaO.HO.S20* + HO. Aus dieser kann nur Paraaesculetin wieder 
abgeschieden werden = C!3H!!O18 — C!®H$S0® + 5HO. Mit Ammo- 


42 


niak befeuchtet färbt sich das Paraaesculetin sofort roth, dann schmut- 
zig violett und nach Verlauf einiger Minuten prachtvoll azurblau. 
Säuren färben die Flüssigkeit roth. Das Bleisalz ist indigoblau, und 
nimmt getrocknet beim Reiben kupferrothen Metallglanz an. Die mit 
dem Bleioxyd verbundene organische Substanz hat die Zusammen- 
setzung CiSH’NO1° und entsteht aus C1®H608 + NH? + O%#. R.nennt 
diesen Körper Aescorcein, weil er sich von Orcein nur durch C#0* 


unterscheidet. Schreibt man das Orein C“ {xnel0® so ist das Aesc- 


C202H 


202 
orcein +C= 06. Bei Behandlung des Aesculetins mit nasci- 


NH? 
rendem Wasserstoff liefert es verschiedene Producte, je nachdem man 
in saurer oder alkalischer Flüssigkeit arbeitet. Bei Einwirkung von Na- 
triumamalgam entsteht eine Verbindung, welche R. Aescorein C184808 
nennt, da sie mit Ammoniak und O der Luft in Berührung sofort in 
Aescorcein übergeht. Die Oxydationsproducte des Aesculetins näher 
kennen zu lernen gelang nicht. — Kocht man die Stammrinde des 
Apfelbaumes und der Rosskastanie mit Wasser aus, und fällt das De- 
coct mit Bleizucker, so löst sich der abfiltrirte Niederschlag in Essig- 
säure wieder auf; (ein kleiner Theil ungelöster Substanz ist Pectin). 
Vertheilt man den gut “ausgewascheneu Bleiniederschlag in Wasser 
und leitet HS durch, filtrirt und dampft zur Syrupconsistenz ein, so 
erhält man aus beiden Rinden eine kleine Menge Citronensäure 
C’H80%, Wie der Gerbstoff kein Auswurfstoff und Product retro- 
grader Metamorphose ist, sondern durch seine Reductionsproducte als 
Grundsubstanz vieler anderer Stoffe der Rosskastanie erscheint, so 
ist die Citronensäure das Grundmaterial für eine zweite Stoffreihe, 
welcher die Kohlehydrate, Phloroglucin ete. angehören. Die Glieder 
der aromatischen und der Fettreihe gehen sehr häufig in der Pflanze 
Verbindungen ein, unter deren Spaltungsproducten sehr häufig Zucker 
auftritt. Solche Körper nennt R. Saccharogene, früher nannte er sie 
Glukosegenide, welchen Ausdruck Strecker in Glucoside umwandelte. R. 
macht darauf aufmerksam, dass man diesen durchaus unrichtigen Aus- 
druck wieder fallen lassen solle. (Und darin hat er sehr Recht. D. Red.) 
In den meisten Fällen findet man in den Pflanzen neben den Saccha- 
rogenen auch die Körper, aus denen sie entstanden; so in der Ross- 
kastanie neben den Aesculin das Aeseuletin; Fraxin neben Fraxetin, 
Alizarin neben Ruberythrinsäure, Chinovin neben Chinovasäure, so 
dass uns nur noch die eiweissartigen Körper als allgemeine Bestand- 
theile der Pflanzen neben den Gliedern der Fett- und der aromatischen 
Reihe übrig bleiben. Die Thatsache aber, dass bei der Oxydation der 
Eiweisskörper neben fetten Säuren und deren Abkömmlingen auch 
Benzoesäure und deren Aldehyd auftreten und oft durch Einwirkung 
von Fermenten (Pankreassaft) Leucin neben Tyrosin entsteht, spricht 
deutlich dafür, dass die sog, Proteinsubstanzen durch Combination 
von Körpern der Fettreihe und der aromatischen Reihe entstehen. 


43 


Bei dieser Gelegenheit macht Rochleder auf die in chemischer Bezie- 
hung sinnlose Bedeutung des Wortes Harz aufmerksam. Ohne diese 
Auseinandersetzung näher anzuführen, wollen wir nur R’s. Argumen- 
tation gegen die Annahme der Pflanzenphysiologen mittheilen, dass 
die sog. Harze aus Gerbstoffen entstehen. R. weisst nach, dass unter 
Umständen der gewöhnliche Gerbstoff der Rosskastanie in eine in 
Wasser schwer lösliche Modifikation übergehen könne, deutlichen Mo- 
schusgeruch besitze, trotz des harzigen Ansehn’s aber dieselbe Zusam- 
mensetzung habe und mit Kalihydrat geschmolzen ebenso Phloroglucin 
und Protocatechusäure liefere wie der gewöhnliche Gerbstofl. — 
(Journ. f. prakt. Chem. 101, 415 und 102, 103.) 

C. Schorlemmer, zur Kenntniss der Kohlenwas- 
serstoffe CnH?n+2 — Isopropyljodid wir durch Natrium nur re- 
ducirt bei gleichzeitiger Anwesenheit reinen, wasser- und alko- 
holfreien Aethers. Die Producte der Reduction sind: 1) Pro- 
pylen, 2) wahrscheinlich Propylenwasserstoff, 3) ein flüssiger Kohlen- 
wasserstoff U6H“ — Di-isopropyl. Nachdem man den Aether vom 
rohen Product entfernt hat, fängt man das zwischen 50—70° Ueber- 
gehende auf. Um das Diisopropyl von den Beimengungen zu befreien, 
schüttelt man es wiederholt mit conc. Schwefelsäure, rectifieirt und 
behandelt mit einem Gemisch von Salpeter- und Schwefelsäure bis 
kein Jod mehr abgeschieden wird. Die nun mit Wasser gewaschene 
Flüssigkeit wird über Kalium (Natrium) destillirt. Das Diisopropyl 
siedet bei 58°, ist farblos und im Geruch nicht von Hexylwasser- 
stoff zu unterscheiden. Es gibt mit Chlor in der Kälte behandelt 
£°H!SC] einer bei 122° siedenden farblosen Flüssigkeit, Löst man 
Jod in dem Kohlenwasserstoff auf und leitet dann Chlor ein, so ent- 
steht 66H12C12, ein fester in kleinen weissen Krystallen sublimirender 

"Körper. Das 2fach gechlorte Diisopropyl löst sich leicht in Alkohol 
und Aether und schmilzt bei 160° in zugeschmolzenen Röhren, in of- 
fenen sublimirt es ohne zu schmelzen. Mit KO.2CrO3 und SO3 de- 
stillirt lieferte das Disopropyl Kohlensäure und Essigsäure und Was- 
ser. — (Annal. d. Chem. w. Pharm. 144, 184.) 

Schwarzenbach, über Aequivalenzverhältnisse der 
Eiweisskörper. — Ineiner früheren Arbeit wies Verf. nach, dass die 
Mischungsgewichte von Albumin und Casein sich wie 1:2 verhielten. 
(das des Caseins die Hälfte von dem des Albumins). Die Platinver- 
bindungen enthielten 11,2 und 5,6 pC. Pt. Verf. wählt jetzt eine an- 
dere Ausdrucksweise, um das Verhältniss auszudrücken, in dem die 
beiden Körper stehen. Wenn man die Mischungsgewichte beider Kör- 
per gleich setzt, so“ist das Eiweiss als einbasische Verbindung mit 
zwei Aeq. Schwefel, das Casein als zweibasische Verbindung mit 
einem Aeq. Schwefel zu bezeichnen. Ferner bestätigt Verf. die 1852 
von Lehmann ausgesprochene Behauptung, dass das Vitellin ein Ge- 
misch von Albumin und Casein sei. Eidotter wurde, mit Wasser zer- 
rieben und so oft mit Aether extrahirt, bis dieser beim Verdampfen 
keinen Rückstaud liess, die kleberartige Masse wurde darauf mit Was- 


44 


ser so lange ausgewaschen, bis das ablaufende Wesser sich beim Ko- 
chen gar nicht mehr trübte. Das zurückbleibende Casein wurde so- 
dann mehrmals mit NaO.CO? gelöst und mit verdünnter Säure wie- 
der gefällt, sodann in Eisessig gelöst und mit Kaliumplatineyanür ge- 
fällt. Der Platingehalt: betrug 11,18 pC.; die ursprüngliche Substanz 
war also Casein; denn auch die Schwefelbestimmung ergab circa 
1 pC. Das vom Casein abgelaufene Waschwasser wurde mit Essig- 
säure sauer gemacht und ebenfalls mit Gmelin’schem Salze gefällt. 
Der Niederschlag enthielt 5,49 pC. Pt. Das Globulin aus Ochsenau- 
gen dargestellt erwies sich ebenfalls als Albumin, denn der Platin- 
gehalt des Doppelsalzes betrug 5,73 pC. Syntonin-Platindoppelsalz 
enthielt 5,54 pC. Pt., Fibrin-Platindoppelsalz enthielt 5,568 pC. Pt. — 
(Annal. d. Chem. u. Pharm. 144, 62) 

J. L. Soret, über die Dichtigkeit des Ozons. — Verf, 
weist durch einen neuen von ihm angestellten Diffusionsversuch nach, 
dass seine frühern Bestimmungen der Dichte des Ozons richtig ge- 
wesen seien, denn er fand jetzt wieder das spec. Gew. — 1,658, also 
1!/s mal so gross als das des gewöhnlichen Sauerstoffs, — (Ebenda 
V. Suppl. 148.) 

C. Than, über Kohlenoxysulfid. — Zur Darstellung die- 
ser bisher unbekannten Verbindung (Gases) trägt man in ein kalt 
gehaltenes Gemisch von 5 Vol. conc, Schwefelsäure und 4 Vol. Was- 
ser so viel gepulvertes Schwefelcyankalium ein, dass die Masse flüs- 
sig bleibt. Die Entwicklung des Gases stellt sich von selbst ein, 
sollte sie zu stürmisch sein, so kühlt man den Kolben ab, hört sie auf, 
so braucht man ihn nur auf Augenblicke mit der Gaslampe zu berüh- 
ren und zeitweise tüchtig zu schütteln. Da das Gas Blausäure, Was- 
ser und Schwefelkohlenstoff enthält, muss es durch 3 Uförmige Röh- 
ren geleitet werden, von denen die erste mit durch feuchtes Queck- 
silberoxyd eingeriebener Baumwolle, die zweite mit nicht vulkanisirtem 
Kautchouc, die dritte mit Chlorcalcium gefüllt ist. Das gereinigte und 
getrocknete Gas verändert Quecksilber, über dem es aufgefangen wird, 
nicht im geringsten. Das Kohlenoxysulfid hat einen an Kohlensäure 
und Schwefelwasserstoff erinnernden Geruch, ist aber aromatisch und 
nicht unangenehm. Wahrscheinlich ist dieses Gas in manchen Koh- 
lensäurereichen Schwefelwassern ursprünglich enthalten; denn auch 
diese haben anfangs keinen Geruch nach Schwefelwasserstoff, derselbe 
tritt erst auf, wenn das Wasser einige Zeit gestanden hat. Wasser 
nimmt ungefähr ein gleiches Volumen Gas auf, und schmeckt süss, 
nach einigen Stunden aber enthält es CO? und HS. Das spec. Gew. 
des Gases ist 2,1046. Angezündet verbrennt es mit schön blauer 
Flamme zu CO? und SO?; die Entzündlichkeit ist sehr gross und er- 
folgt schon durch einen glimmenden Spahn. Brennende Körper verlö- 
schen darin wie im Wasserstoffe; mit 11), Vol. O gemischt explodirt 
es sehr heftig und mit blendend weissem Lichte; mit 7 Vol. Luft 
brennt es ohne Explosion ab. Mit KO.HO gibt es KO.CO? + KS. 
Mit Quecksilberaethyl liefert es Quecksilber und eine zwiebelartig 


45 


riechende Flüssigkeit, wahrscheinlich thiopropionsaures Aethyl. Es 
zerlegt sich bei schwachem Rothglühen in CO und S. Seine Formel 
ist 020252. — (Ebenda V. Supp. 236.) 

R. Wagner, Löslichkeit der Erd- und Metallearbo- 
nate in kohlensauren Wasser. — Die Untersuchungen wurden 
so angestellt, dass die frisch gefällten ausgewaschenen Niederschläge 
in Wasser vertheilt wurden, in welches unter Druck von 6 Atm. Koh- 
lensäure bis zur Sättigung eiugepresst wurde. Krystallinischer dop- 
pelt kohlensaurer Baryt konnte nicht erhalten werden. W. fand dass 
sich 1 Th. frisch gefällter Ba0.CO?2 bei 4—6 Atm. in 132,3 Th. koh- 
lensauren Wassers löst. Aus der Lösung durch Kochen als Witherit 
abgeschieden scheint er aber unlöslich zu sein. CuO CO? brauchte 4690 
Th. kohlensaures Wasser. ZnO.CO? 188 Th; FeO.CO? 1380 Th;; 
MnO.CO2 2500 Th. MgO.CO? löst sich bei 1 Atm. in 761 Th.; bei 
2 Atm. in 744 Th. bei 3 Atm. in 134 Th.; bei 4 Atm. in 110,7 Th. 
bei 5 Atm. in 110 Th. bei 6 Atm. in 76 Th. kohlensaurem Wasser. 
Auf der Löslichkeit der doppeltkohlensauren Magnesia beruht die Soda- 
darstellung auch Kochsalz nach Weldon’s Vorschlage; wobei sich 
Chlormagnesium und doppeltkohlensaures Natron bilden sollen. Das 
Natronbicarbonat wird durch Waschen vom MgCl befreit und durch 
Erhitzen in Soda übergeführt, die dabei frei werdende CO? aber wie- 
der zum Auflösen von Mg0.CO? aus gebrannten Dolomiten benutzt, 
etc. — (Journ. f. pr. Chem. 102, 232.) 

Fr. Wöhler, Verbindung von Thalliumchlorür mit 
Eisenchlorid. — Diese Verbindung erhält man, wenn man frisch 
gefälltes noch feuchtes Thalliumchlorür in eine mit einem grossen 
Ueberschuss raucheuder Salzsäure versetzte conc. Lösung von Eisen- 
chlorid einträgt, oder Thalliumchlorür in Dämpfen von Eisenchlorid 
zum Schmelzen erhitzt. Diese Verbindung, 3 TICI + Fe2C]?, hat 
eine lebhaft zinnoberrothe Farbe, ist in heisser concentrirter Salz- 
säure löslich und krystallisirt daraus in rothen Prismen, deren Flä- 
chen oft lebhaft grün schillern. Mit Wasser zerfällt sie sofort in ihre 
Bestandtheile. — (Annal. d. Chem. w. Pharm. 144, 250.) 

Derselbe, Zur Kenntniss des Geriums. — Das braune 
Gemenge der drei Ceritoxyde wurde mit ungefähr gleichen Mengen 
Chlorkalium und Salmiak vermischt zur Trockne gebracht, dann in 
einem Platintiegel bis zum Schmelzen und vollkommenen Verflüchti- 
gung des Salmiaks erhitzt und ausgegossen. Die Schmelze ist voll- 
kommen in Wasser löslich. Sie wurde noch warm gröblich zerklei- 
nert und mit Natrium gemischt in einen glühend gemachten Thon- 
tiegel geschüttet. Nach erfolgter Reaction und Verflüchtigung des 
überschüssigen Natrium wurde die Schmelze nach dem Erkalten zer- 
schlagen. Es fanden sich in der dunkelgrauen Masse kleine Metall- 
kugeln 0,05—0,06 Grm. wiegend, welche metallisches Cerium sind. 
Die Farbe desselben liegt zwischen der des Blei’s und Eisens und hat 
polirt ziemlich starken Glanz. Es ist geschmeidig und lässt sich fast 
so leicht wie Blei schneiden. Sein spec. Gew. ist annähernd 5,5. Bei 


46 


1000 entwickelt es im Wasser wenig Wasserstoffgas,. von Salzsäure 
wird es mit grosser Heftigkeit aufgelöst, von Salpetersäure in hell- 
braunes Oxyd verwandelt. Concentrirte Schwefelsäure löst es allmä- 
lig zu Oxydsalz. Beim plötzlichen starken Erhitzen verbrennt es mit 
explosionsartiger Feuererscheinung. In nicht geschmolzenem Zu- 
stande entzündet es sich sogar schon unter 100° C. In der Salz- 
masse der Schmelze wurde noch Ceroxychlorid CeCl -> 2CeO gefun- 
den, ein aus glänzenden Krystallblättchen bestehendes dunkelpurpur- 
farbenes schimmerndes Pulver, welches von Salzsäure kaum, von 
Salpetersäure leicht gelöst wird. — (Ebenda 144, 251.) Swt. 
E. Ludwig, Ueber das Vorkommen des Trimetyl- 
amins im Weine. — Nach Entfernung des Alkohols durch Destil- 
lation wurde der Wein mit Natronlauge destillirt, bis das Destillat 
nicht mehr alkalisch reagirte, dieses mit Schwefelsäure neutralirt und 
zur Trockne verdampft, der Rückstand mit Alkohol extrahirt. Die 
Lösung nach Entfernung des Alkohols mit Natronlauge destillirt, das 
Destillat mit Salzsäure neutralisirt, und mit Platinchlorid unter der 
Luftpumpe zur Trockne verdampft. Das erhaltene Doppelsalz er- 
wiess sich als Trimethylaminplatinchlorid. Ausser diesen kommt noch 
eine flüchtige Base im Weine vor, die durch Metawolframsäure gefällt 
wird, aber noch nicht näher untersucht;wurde. — (sitzungsberichte 
der kaiserl. Acad. d. Wissensch. LVI, 287.) Tcht. 
Fr. Ullik, Ueber einige Verbindungen der Wol- 
framsäure. — Beim Versuche das neutrale Kalisalz Anthons KO. 
Wo03 + 5HO darzustellen erhielt Verf. immer nur das Wasserfreie 
Salz KO.WoO® und erklärt das Anthonsche Salz für Natronhaltig 
und nach der Formel KO.2Na0.3W003 -- 14HO zusammengesetzt. 
Im Ganzen wurden den molybdänsauren Salzen analog zusammenge- 
setzte Verbindungen erhalten, nämlich MgO.WO: + 7HO; KO.MgO 
2W0O3 -- 6HO; KO.M30.2WO® + 2H0 ; NaO 8W00°3-+ 12HO. Die durch 
Säuren aus Wolframsauren Salzen erhaltenen Niederschläge fand Verf. 
nicht aus reinem Wolframsäurehydrat bestehend, sondern sie enthiel- 
ten immer geringe Mengen der angewandten Basis, besitzen aber keine 
constante Zusammensetzung. — (Ebenda LV], S. 148.) Teht. 
A. Mitscherlich, Neue Methode zur Bestimmung 
organischer Verbindungen. — Die Methode ist anwendbar 
für feste flüssige und gasförmige Körper und besteht aus 2 Opera- 
tionen, von denen die eine zur Bestimmung des Sauerstoffs, die an- 
dere zur Bestimmung von Kohlenstoff, Chlor, Brom, Jod und Stick- 
stoff dient. — Erstere beruht darauf, dass organische Stoffe in der 
Rothglühhitze in Berührung mit Chlor sich so umsetzen, dass das 
Chlor mit dem Wasserstoff Chlorwasserstoff bildet, welcher als sol- 
cher gewogen wird, während der Sauerstoff mit dem vorhandenen 
oder noch hinzugefügten Kohlenstoff sich zu Kohlenoxyd und Koh- 
lensäure vereinigt. Der Chlorwasserstoff wird durch ganz concen- 
trirte Lösung von salpetersaurem Bleioxyd aufgefangen, welche Lösung 
nur ganz geringe Spuren von Chlor zurückhält, sodann das überschüssige 


47 


Chlor durch eine concentrirte Lösung von Zinn-Chlorür in 2 Theilen 
Wasser ‚und ein Theil Alkohol entiernt, endlich nach Absorption der 
Kohlensäure durch Kalilauge, der Sauerstoff durch eine concentrirte 
Lösung von Kupferchlorür in Salzsäure festgehalten. Durch eine ein- 
fache Vorricktung wird der in den Apparaten herrschende Druck be- 
seitigt. Der Verbrennungs-Apparat ist etwas verschieden construirt, 
je nachdem die Substanz nur bei hoher Temperatur flüchtig oder zer- 
setzbar, oder unter 150° flüchtig oder gasförmig ist. Auch auf die 
unorganischen Körper ist diese Bestimmungsreihe des Sauerstoffs 
und Wasserstoffs anwendbar. — 

Die Bestimmung des Kohlenstoffs, Chlors, Broms, Jods, 
Schwefels und Stickstoffs geschieht in einer einzigen ÖOpera- 
tion und besteht darin, dass man die zu untersuchende Substanz 
in einem Strome von Wasserstoffgas verflüchtigt, darauf den Wasser- 
stoff sammt den darin enthaltenen verflüchtigten Körpern in reinem 
Sauerstoffgase in einem besonderen Apperate verbrennt, das gebildete 
Wasser durch Schwefelsäure entfernt, und die andern Verbrennungs- 
producte in gewögenen Apparaten jedes für sich auffängt. Der 
Stickstoff wird als Rückstsnd durch das Volum bestimmt. Ist 
der zu untersuchende Körper nicht vollständig flüchtig, so bleibt 
nur reiner Kohlenstoff zurück, welcher als solcher gewogen wird. 
Die Verbrennungsproducte sind: Wasser, Kohlensäure, Chlorwasser- 
stoff, Brom, Jod, schweflige Säure und eine geringe Menge Schwe- 
felsäure. Das Wasser wird durch Schwefelsäure entfernt, Chlorwas- 
serstoff durch salpetersaures Bleioxyd und Quecksilberoxyd, Kohlen- 
säure durch Kalilauge aufgenommen. Die gebildete Schwefelsäure 
wird durch schwefligsauren Kalk in schweflige Säure umgewandelt 
und durch saures chromsaures Kali absorbirt. Zur Bestimmung des 
Stickstoffs wird der überschüssige Sauerstoff durch Phosphor in einem 
besonderen Apparate entfernt, und der Stickstoff in einem graduirten 
Rohre aufgefangen. — Die Methode soll fünfmal grössere Genauigkeit 
geben als die bisher gebräuchliche, erfordert aber jedenfalls viel mehr 
Vorsicht, Uebung und Mühe. Die angeführten Analysen stimmen sehr 
gut mit der Berechnung überein. — (Poygendorff Annal. Bd. OXXX. 

Teht. 

Schönbein, Ueber das Verhalten der Blausäure zu 
den Blutkörperchen und den übrigen organischen das 
Wasserstoffsuperoxyd katalysirenden Materien. — Die 
Blutkörperchen haben, wie Verf. schon früher gezeigt in hohem Grade 
die Eigenschaft das Wasserstoffsuperoxyd in Wasser und Sauerstoff 
zu zersetzen. Durch wenige Tropfen Blausäure wird diese Eigen- 
schaft fast vollständig aufgehoben und zerlegt Blausäurehaltiges Blut 
das Wasserstoffsuperoxyd in höchst geringem Grade. Zugleich wird 
mit HO2 versetztes Blausäurehaltiges Blut stark gebräunt. Durch 
Verdampfen der Blausäure wird die katalytische Eigenschaft des Blu- 
tes wieder hergestellt. Ausser den Blutkörperchen besitzen diese ka- 
talytische Eigenschaft noch viele organische Körper, namentlich die 


48 


frischen Wurzeln und die Samen aller Pflanzen. Auch bei diesen 
wird durch Blausäure diese Eigenschaft bedeutend geschwächt, wenn 
auch nicht vollkommen aufgehoben. Auch die physiologischen Eigen- 
schaften organischer Körper werden durch Blausäure vernichtet: wäs- 
serige Zuckerlösung mit Hefe und etwas Blausäure versetzt schmeckt 
in einer verschlossenen Flasche aufbewahrt nach Monaten noch süss. 
Pflanzensamen verlieren selbst durch stark verdünnte Blausäure die 
Keimfähigkeit. Verf. nimmt an, dass die Blausäure auch die physio- 
logische Wirksamkeit der Blutkörperchen verändern und somit mit 
dem Blute in Berührung gebracht die Respiration stark hemmen. 
Mithin stürbe ein durch Blausäure vergiftetes Thier an Erstickung 
— Die erwähnte Bräunung des mit Blausäure und HO2 versetzten 
Blutes ist ein sehr empfindliches Reagens auf Blausäure. Es kann auf 
diese Weise noch ?/goeoood CyH nachgewiesen werden. — (Verhandlgen 
d. naturf. Ges. in Basel. Bd, IV. p. 767—774.) Teht. 

Geologie. C. W. Gümbel, Gliederung des Pläners 
in Böhmen. — Auf einige geognostische Wanderungen und die ge- 
diegenen Vorarbeiten andrer Forscher gestützt stellt Verf. folgendes 
System für den böhmischen Pläner auf. 

I. Obere Stufe: Oberpläner (Stufe der Belemnitellen; Craie blanche). 

1. Oberplänersandstein (Oberquadersandstein); Schneebergschich- 
ten mit Ostraea laciniata, Asterias Schulzi, Rhynchonella octoplicata, 
Inoceramus Cripsi. (Chlomecker und Quadersandstein von Grossthal.) 

2. Oberplänermergel: Priesener Schichten, Bakulitenmergel mit 
Bakulites anceps, Micraster cor anguinum, Inoceramus Cuvieri, Sca- 
phites Cottai, Ananchytes ovatus, Limna Hoperi. 

II. Mittle Stufe: Mittelpläner (Stufe des Inoceramus Brongniarti 
und labiatus) (Craie marneuse et jaune Touraine et assise & Inocera- 
mus labiatus.) 

3. Mittelplänermergel und Kalk: Hundorf-Strehlener Schichten mit 
Scaphites Geinitzi, Micraster cor testudinarium, Ammonites Neptuni 
und peramplus, Spondylus spinosus, Terebratula semiglobosa, Terebra- 
tulina rigida, Ostraea semiplana, Inoceramus Brongniarti (Teplitzer 
Pläner, Weissenberger Pläner z. th.) 

4, Mittelplänergrünsandstein: Malbitzer Schichten mit Ammonites 
Wolgari, peramplus, Ostraea columba, Rhynchonella alata (Grün- 
sandstein von Malnic und Weissenberger Pläner z. Th.) 

5. Mittelplänersandstein: Tyssansandschichten mit Inoceramus la- 
biatus, Rhynchonella Cuvieri, Ostrea columba. a Knollensandstein: 
LibocherSchichten. b. Wohlgeschichtete Mergelsandsteine: Malni- 
kerschichten. 

III. Untere Stufe: Unterpläner (Stufe des Pecten asper; Craie 
glaukoniense.) 

6) Unterplänermergel und Hauptgrünsandstein mit Ostraea' biauri- 
culata, Pecten asper, P. aequicostatus, Ostrea columba. 

7. Rudistenschichten mit Korizan und Unterquadersandstein mit Ru- 


49 


disten, Cidaris Sorigneti, Ostraea carinata, O. vesiculosa, Trigonia 
sulcataria. 

-8. Pflanzenführende Schichten: Purutzer Schichten mit Cunningha- 
mites oxycedrus. 

Die Plänerschichten beginnen in Böhmen wie bei Niederschöna 
und bei Regensburg mit Pflanzen und Süsswassermuscheln führenden 
Sandsteinen und Schieferthonen, letzte mit Pflanzenresten und Koh- 
len. Dieselben fehlen an vielen Stellen oder werden durch grobkör- 
nige weissliche Sandsteinschichten vertreten. Oft machen conglom- 
meratische Lagen voil Brauneisensteinkörner oder kalkige und mer- 
gelige Trümmergesteine wie der Muschelfels bei Koschütz in Sach- 
sen und am Hohenstein bei Plauen. Theils feste nach oben weiche 
knollige glaukonitreiche Sandsteine mit weissen algenähnlichen Zeich- 
nungen, theils mächtige Quadersandsteine kennzeichnen die oberen 
Lagen des Unterpläners in Böhmen. Hier finden sich die charakte- 
ristischen Cenomanarten, aber die Schichten gestatten eine weitere 
Gliederung nicht. Das Schlussglied bildet eine graue verwittert gelb- 
liche weiche Mergellage arm an Petrefakten. Der ganze Complex ent- 
spricht dem Grünsande von Essen, der Tourtia, den Cenomanschich- 
ten Frankreichs, dem Upper Greensand Englands. An mehreren Or- 
ten tritt über dieser Bildung ein 5—25' mächtiger Mergel voll Kalk- 
eoncretionen auf, an andern Stellen graue dunkelfleckige Mergelschie- 
fer mit bessern Petrefakten. Sie werden nach oben dicker, kalkiger 
und gehen in den sehr mächtigen Plänersandstein über, der meist nur 
Inoceramus labiatus führt. Weiter hinauf werden die Schichten kie- 
selreicher und sandiger, knollige Hornsteinconcretionen scheiden sich 
aus und organische Reste sind spärlich. Diese Schichten entsprechen 
dem Knollensandstein am Winzerberg bei Regensburg und den obern 
Hornsteinreichen Lagen der Plänersandsteinbrüche in Sachsen. Dar- 
über folgen bei Liboch grobkörnige kalkige und kieselige Sandstein- 
bänke, deren oberste mit Rhynchonella alata Glaukonitkörnchen ent- 
halten und bereits der Mallmitzer Schicht entsprechen. Die mächti- 
gen Sandsteinfelsen im Thale des Wrulitzer Baches zwischen Elbe 
und Iser scheinen eine rein sandige Facies dieser Libocher Schichten 
zu sein. Den Grünsandstein von Laun und den Exogyrensandstein 
deutete Reuss als unteren Quader, wogegen Rominger opponirte, Er 
ist nach Lagerung und Fauna entschieden jünger und Verf. verfolgt 
die Verbreitung weiter bis nach Sachsen hinein. — (Neues Jahrb. f. 
Mineral. 1867. S. 795— 809.) 

Ed.Suess u. Ed. v. Mojsisovics, über die Gliederung 
der Trias und Jurabildungen in den östlichen Alpen. — 
Die erste Einsicht in die Gliederung dieser alpinen Formation eröff- 
nete v. Hauer durch seine gründliche Abhandlung, deren Inhalt wir 
Bd. III. 220 berichteten. An diese knüpfen sich die seither weiter 
geführten Detailuntersuchungen, von welchen die Verff. ihre nicht 
unwichtigen hier mittheilen. Dieselben ergaben, dass nicht nur grosse 
Gruppen, sondern auch ganz untergeordnete Glieder der ausseralpi- 

Bd. XXXI, 1868. | 4 


50 


nen Trias und Jura in den Alpen selbstständige Aequivalente besit- 
zen. Zunächst wird Raibl speciell behandelt. An der Strasse von 
Tarvis nach Raibl längs des Schlizabaches aufwärts ist die tiefere 
Trias schön aufgeschlossen. Eine verquetschte Masse von rothem 
Schiefer, Werfener Schiefer bei Fitschl stellt die antiklinale Achse 
eines grossen Gewölbes dar. Darauf lagert schwarzgrauer oft glim- 
meriger Kalkstein, dessen tiefste Bänke noch rothen Werfener Schie- 
fer enthalten; er kömmt gegen Sin vertikaler Stellung an die Strasse 
herab und bildet ein dentliches Gewölbe über dem Werfener Schiefer. 
Ihm folgt mit scharfer Abgränzung eine ebenfalls in der Thalsohle 
vertikal stehende Masse von lichtem sehr dolomitischen Kalkstein mit 
weissen Adern unten geschichtet, oben massig, bis 100‘ mächtig. Dar- 
über liegt schwarzgrauer dichter Kalkstein in Bänken, die theils ho- 
mogen, theils breccienartig sind, gänzlich verschieden vom nordalpi- 
nen Guttensteiner Kalke, ebenfalls bis 100° mächtig. Während die 
tiefsten Bänke 70—80° SW fallen, neigen die höchsten nur 50° SW 
und in gleicher Neigung folgen darüber Bänke eines dunkelgrünen 
Dolerittuffes, der in der Trias der SAlpen eine bedeutende Rolle 
spielt und hier eine neue Epoche bezeichnet. Ueber den untersten 
harten Lagen folgen weiche Schichten, dazwischen dünne Lagen eines 
mürben sandigen grell ziegelrothen schieferigen Gesteines mit nur 
wenig Glimmer. Auf dem Tuffe liegen dicke Bänke von Kalkkon- 
glomerat wechselnd mit Tufflagen. Diese verschwinden und dünne 
Sandsteiniagen stellen sich ein, die Calamiten führen. Ueber diese 
bis 500° mächtige Tuffbildung mit Konglomeraten legte sich im Orte 
Kaltwasser eine noch mächtigere Masse von festem Dolerittuff, der 
selbst Pflanzen führt. Am Fusse des das Thal von Kaltwasser von 
dem des Schlizabaches trennenden Königsberges überlagert jenen Tuff 
ein vielfach gewundener SWfallender Wechsel von grünem Tuff und 
dunklen bis schwarzen Kalkstein mit Schnecken und einem Ammo- 
niten. Diese Kalkbänke fallen unter den rothen Porphyr, der 200‘ mäch- 
tig NWstreichend an der rechten Seite des Schlizabaches unter dem 
Dschudenkopf erscheint, jenseits quer durch den Fuss des Königsber- 
ges durchsetzt, dann vom Kaltwasserthale quer durchschnitten wird 
und sich NO vom Eisenkopfe zum Luschariberge hinzieht. Er ist 
conform von der grossen Masse von lichtem Kalk und Dolomit über- 
deckt, welche die zunächst folgenden hohen Berge bildet. Alle diese 
Bänke von grünem Tuff bis zum rothen Porphyr constituiren nur ein 
einziges Glied der Trias. Im Kaltwasserthale zum Luschariberge 
aufsteigend folgen grüner Tuff mit Pflanzenresten, der schwarze con- 
chylienführende Kalkstein vom Wehr in Kaltwasser, grauer mürber 
Kalkstein mit rothen Conchylien, grüner pflanzenführender Tuff, dann 
der Porphyr. Die Conchylien zeigen entschieden den Charakter von 
Hallstadt und Cassian. Also ist der Porphyr von Raibl einem un- 
tern Gliede der obern Trias eingeschaltet und liegt höher als der 
quarzführende Porphyr von STyrol, Darauf lagern conform die erz- 
führenden Kalke von Raibl, deren Hangendes die Blei- und Gaimei- 


Sl 


lager und Gänge führen. Die Schichten fallen SSW und SW unter 
450 und die Mächtigkeit beträgt 4000. Die Versteinerungen sind 
schlecht. Nun folgen die pflanzen- und Fischreichen schwarzen 
Schiefer, die neuerlichst mehrfach bearbeitet worden, Sie treten hart 
am NAbsturz der Fünfspitzen aus der unersteiglichen Gamsenklamme 
hervor, sind im untersten Theile des Kunzenbaches und spuren- 
weise am Fusse des Fallbachwasserfalles sichtbar und erscheinen an 
der jenseitigen Thalseite wieder. Am schönsten sind sie aufgeschlos- 
sen im Rinnengraben. Hier enthalten die tiefsten Platten kleine Am- 
monites aon, Trümmer von Chemnitzia Rosthorni, kleine Bivalven, 
dann folgen die Schieferplatten mit Crustaceen und Pflanzen, darüber 
derber Schiefer mit weissen Ammonitschalen, nun das Hauptlager der 
Fische, wieder eine Bank blos aus Ammoniten, endlich 9° schwarzer 
Schiefer mit vielen Pflanzen. Diese Schieferbänke bedeckt schwarz- 
grauer Kalk mit ausgewitterten Korallen und den Cassianer Cidari- 
ten. Vom Rinnengraben durch den Schartengraben zur Raibler Scharte 
trifft man zuerst auf eine starke Beugung der Fischschiefer, die nur 
Folge einer lokalen Störung ist. Schiefer und bituminöser Kalk 
schmiegen sich deutlich an den unterliegenden erzführenden Kalk an. 
Ueber der Korallenbank folgen versteinerungsleere schwarze Kalk- 
bänke, bedeckt von derben blättrigen Schieferlagen, die bräunlich ver- 
wittern und Pflanzenreste führen. Nun folgen Bänke von schwarzem 
Kalkstein getrennt durch schwarze Schiefer mit schlechten Schalen 
einer Waldheimia. Den höchsten Theil bildet dunkler Kalk voller Ko- 
ralien ohne Cidariten. All diese dunklen Kalkbänke zusammen haben 
300° Mächtigkeit und schliessen sich den Fischschiefern eng an. Auf- 
gelagert ist eine mächtige Schiefermasse ohne Petrefakten, bläulich- 
grau, hart, gut spaltbar, auf den Flächen mit dunklen Linien gezeich- 
net und an diesen leicht zu erkennen. Darüber folgen Schichten mit 
viel Myophoria Kefersteini und auf diese ist die Bezeichnung Raibler 
Schichten zu beschränken. Sie beginnen mit Bänken von bituminösem 
Kalkstein begleitet von mergeligem Schiefer, der Solen caudatus = 
Anatina gladius zahlreich führt. Auch Myophoria Whateleyae findet 
sich. Ueber dem Hauptlager der Myophoria Kefersteini folgen schwarze 
Kalksteinbänke mit Hornsteinbänken und eine dunkle Lumachelle zu- 
meist bestehend aus Schalen von Mytilus und Nucula u.a. Verf. giebt 
die weitere Verbreitung noch an. Ihr Hangendes erscheint am alten 
Ofen, am Ausgange des Albelgrabens, im OFlügel Dolomit, im WFlü- 
gel unten schwarzer knolliger Kalk von thonigen Flasern durchzogen 
und mit Crinoidengliedern, nach oben eine Bank mit Korallen, die 
aber von denen in den tiefern Bänken abweichen. Darüber nehmen 
die thonigen Zwischenmittel zu, die Kalkbänke werden dünner, knol- 
lig, dazwischen noch zwei Lagen schwarzen Kalkes mit Petrefakten 
darunter Myophoria Kefersteini. Hier im Hangenden der Raibler 
Schichten liegt auch Spiriferina gregaria des Haller Salzberges. Hö- 
ber folgt eine Bank von grauem Kalkstein, darüber wieder schwarzer 
dann grauer, beide mit Petrefakten, Bänke mit Hornstein, lichter Do- 
4* 


52 


lomit, im Ganzen 100° mächtig. Dieselbe Schichtenfolge findet sich 
im obersten Braschinggraben jenseits der Raibler Scharte. Die Han- 
sendmasse besteht zunächst aus 400‘ Dolomit, der unten voll brau- 
nen Hornsteins, oben geschichtet und mit geschichteten Kalkmassen 
die schroffen südlichen Wände des Kunzenbachgrabens bildet, auch 
weiterhin noch fortsetzt. Darüber dünne petrefaktenreiche Schichten, 
Torer Schichten mit Perna Bouei, Corbula Rosthorni, Pecten filosus, 
Ostraea montis caprilis u. a. Jede Art hat hier ein bestimmtes Haupt- 
lager, nur Myophoria Watheleyae geht durch alle Schichten. Verf. be- 
schreibt dieses Schichtensystem speciell vom Torer Sattel. Ueber den- 
selben erhebt sich in schroffen Absätzen ein weisser klüftiger Dolo- 
mit 60° mächtig, überlagert von 150° schwarzgrauem Kalk, darüber 
der in gewaltige Pyramiden zerspaltene weisse Dolomit, bedeckt von 
den noch mächtigeren Massen des Plattenkalkes, beide mehrere 1000‘ 
mächtig. — Das Lahnthal kömmt zwischen Weissenfels und Rat- 
schak östlich von Raibl aus dem Hochgebirge. In seinem Hinter- 
grunde liegt isolirt ein Stück der Raibler Schichten, vielleicht durch 
eine ungeheure Verwerfung von denen des Coritenzathales losgeris- 
sen. Gegenüber an der linken Thalseite Werfener Schiefer. Verf. 
beschreibt diese Verhältnisse speciell.— Die Erzlagerstätten von Raibl 
sind seit L. v. Buch bekannt. — Die Triasgebilde namentlich von 
der Lettenkohle bis zum Gypskeuper sind nach all diesen Untersu- 
chungen bei Raibl vielgliedrig entwickelt. Die grünen Tuffe sind den 
doleritischen Tuffen der SAlpen gleichzustellen. Die untern Kalkkon- 
glomerate bilden mit dem pflanzenführenden Sandstein, die auch an 
andern Punkten wie bei Idria leicht und sicher zu erkennen sind. 
Die mürben rothen Gesteine werden sich an vielen Stellen in den 
SAlpen nachweisen lassen. Der Porphyr liegt nicht an der Antikli- 
nallinie und nimmt ein höheres Niveau ein als der von Botzen. Das 
Aequivalent des erzführenden Kalkes und Dolomites ist zunächst in 
der Hauptmasse des Schlern zu suchen, welche Myophoria Kefersteini 
im Hangenden hat und von den grünen Tuffen unterteuft wird. Zum 
Schluss weist Verf. auf die Beständigkeit der einzelnen Glieder hin. 
— (Jahrb. geolog. Reichsanstalt 1867. S. 553—582.) 

Alb. Müller, die Eisensteinlager amFusse der Wind- 
gelle. — Seit der ersten Mittheilung über diese Lager (Bd.29 S.64) 
hat Verf. gefunden, dass auf den zwischen den Schiefern eingelager- 
ten bräunlichen Ankeritstreifen, die schon eine starke Erosion durch 
die Atmosphärilien verrathen, tafelförmige Zwillinge von Albit auf- 
sitzen in Gesellschaft mit schmalen Streifen von krystallinischem Quarz. 
Offenbar sind beide erst durch theilweise Verwitterung des eisenhal- 
tigen Kalkspathes oder Ankerits aus dessen Masse herausgetreten. 
Dieses Auftreten eines wahren Feldspathes in verhältnissmässig jun- 
gen noch wenig veränderten Schichten, hier des mittlen braunen Jura 
ist noch selten beobachtet und opponirt gegen die viel verbreitete 
Ansicht, dass wahre Feldspäthe nur in alten metamorphischen oder 
paläozoischen Gesteinen auftreten. Verf. erinnert an das längst be- 


53 


kannte Vorkommen von Glimmerschiefer und Belemniten unzweifel- 
haft jurassischen Ursprungs an der Nuffenen und an die Feldspath 
führenden Kalksteine, an der Contaktlinie zwischen Gneiss und Kalk 
mehrfach in den Alpen. Der dunkelgrüne glänzende feinschuppige 
Schiefer mit den Ankeritpartieen, der schmale Zwischenschichten zwi- 
schen den mächtigen oolithischen Eisensteinlagern bildet, ist ein wah- 
rer Chloritschiefer mit kleinen Magneteisenoktaedern ‚ ganz dem im 
Tiroler Pfitschthal ähnlich. Da hier die Umwandlung des Chlorit- 
schiefers aus einem grauen eisenschüssigen Mergelschiefer, der sonst 
die Zwischenschichten der jurassischen Kalkstein- und Oolithlager bil- 
det, nicht bezweifelt werden kann: so ist eine ähnliche Entstehung 
anderweitiger Chloritschiefer zu vermuthen, deren Alter als sedimen- 
täres Gestein uns noch bei weniger deutlicher Lagerungsverhältnis- 
sen unbekannt ist. An der Windgelle liegt also Chloritschiefer ju- 
rassischen Ursprungs, während die benachbarten Chloritschiefer der 
paläozoischen Periode angehören. Es giebt noch grosse Schwierig- 
keiten die metamorphischen Schiefer der ältern von denen der jüngern 
Periode zu unterscheiden, namentlich wo die Lagerungsverhältnisse 
oder Versteinerungen keinen Anhalt bieten. Aber wir dürfen anneh- 
men, dass die chemischkrystallinische Umwandlung dieser ursprüng- 
lich sedimentären Gesteine oft erst lange Zeit nach ihrer Ablagerung 
oder in stärkerem Masse nach ihrer Hebung begonnen hat und dass 
bis zu ihrer Vollendung in den jetzigen Zustand lange Zeiträume ver- 
flossen sind. Die Umwandlung erfolgte von der Tiefe nach oben, nicht 
umgekehrt durch Verwitterung. — (Baseler Verhandlgen IV. 762—765.) 

U.Schlönbach, Gliederung der rhätischen Formation 
bei Kössen. — Die von Suess als rhätische, schwäbische, karpa- 
thische, Kössener und Salzburger Facies der rhätischen Stufe in der 
Gruppe des Österhornes unterschiedenen Glieder erkannte Verf. in wun- 
derbarer Uebereinstimmung auch in der Loferschlucht zwischen Kuf- 
stein und Kössen. In der schwäbischen Facies fanden sich neben 
zahllosen z. Th. riesigen Gervillia inflata besonders Gervillia prae- 
eursor, Avicula contorta, Cardita austriaca etc. In der karpathischen 
Facies zeichnet sich in der untern Region eine schiefrige Mergel- 
schicht aus, die fast ganz aus der zierlichen Plicatula intustriata be- 
steht. Auf diese folgt die plattige Kalkbank als Hauptlager der Te- 
rebratula gregaria, während die zahlreichen übrigen Brachiopoden 
hier fehlen. Ein noch etwas höheres Niveau wird durch das massen- 
hafte Auftreten kleiner Bivalven zumal der schönen Leda Deffneri be- 
zeichnet. Von dem Hauptlithodendronkalk liessen sich Spuren nicht auf- 
finden. Massige dunkle Kalke repräsentiren die Kössener Schichten, 
auf deren Verwitterungsflächen viele Brachiopoden hervortreten, zu- 
mal Rhynchonella fissicostata, subrimosa, cornigera, Spirigera oxy- 
colpos, Spiriferina uncinata, Terebratula norica, uniformis, während T. 
gregaria fehlt, ferner Mytilus Schafhäutli, Pecten’acuteauritus, Ostraea 
Haidingerana, Nautilus mesodiceus etc. Darüber folgt dunkler mer- 
geliger Schiefer mit Choristoceras Marshi als Aequivalent der Salz- 


54 


burger Facies, dann nach oben plattige Kalke mit Brachiopoden der 
Kössener Facies. — (Verhdigen Geolog. Reichsanst. 1867. Nr. 10. 
S. 211—212.) 

K. M. Paul, die Karpathensandsteine und Klippen- 
bildungen zwischen der Arvaer Magura und dem Arva- 
flusse von Turdossin bis Arvavarallya. — Erste bilden die Haupt- 
masse dieser Gegend und sind zwischen dem Flusse und dem SAb- 
falle der Magura meist dunkelgrün, feinkörnig und sehr kalkreich, 
führen viel Conglomerate und wechsellagern mit feinkörnigen platti- 
gen Sandsteinen. Mit dem SAbhange des Magurazuges beginnen 
plötzlich grobkörnige Sandsteine, die in feines reines Quarzconglom- 
merat übergehen, und im ganzen nördlichen Gebiete des Karpathen- 
sandsteines auftreten. Ueber sie hinaus fehlen die Klippeninseln der 
Neocom- und Juragesteine gänzlich. Die Sandsteine südlich der Ma- 
gura sind als Kreideglieder von der eocänen Hauptmasse abzutrennen 
und die Gränze zwischen beiden längs des SFusses der Magura zu 
verlegen. Die inselförmig aus ihnen hervortretende Lias, Jura und 
Neocombildungen gliedern sich also. Der untere Lias steht an der 
grossen Klippe von Podbjel, zugleich mit obrem Lias, der sich durch 
Ammonites bifrons und communis verräth. Besser entwickelt erscheint 
der untere Dogger zumal zwischen Arvaravallya und Leholka mit Am- 
monites Murchisonae, scissus, opalinus in einem dunklen fast ganz 
aus Posidonien zusammengesetzten Schiefer. Das nächst höhere Glied 
ist der rothe Crinoidenkalk hier mit wenigen Petrefakten. Darüber 
an der Crinoidenkalkklippe eine Bank von rothem Knollenkalk mit 
häufigen aber schlechten Ammoniten. Die Rogoznikerschichten fehlen, 
aber die höhern Malmschichten sind repräsentirt durch die grauen 
Hornsteinkalke unter den Neocommergeln im Raczowethale. Das 
Neocom umgiebt theils die Juraklippen theils bildet es allein Inseln 
im Sandsteingebiete; die Neocomklippen sind stets ausgedehnter als 
die Juraklippen und verbinden sich häufig zu Zügen und Gruppen. 
Ihre tiefere Etage besteht aus rothen verwittert weissen Mergeln 
mit Sandsteinbänken, die höhern aus Fleckenmergeln und Aptychen- 
kalken. Erstere fehlt häufig. In den höhern lichten Kalken und Mer- 
geln Aptychus Didayi häufig, und Ammonites subfimbriatus.. Von 
Gault keine Spur. — (Ebda 241—242.) 

E. v. Mojsisovics, der Pisana-Quarzit. — Die Quar- 
zite zwischen dem Granit der hohen Tatra und dem äussern Kalk- 
gürtel führen stellenweise sehr viele Peirefakten jüngern Altes. Un- 
mittelbar auf dem Granit lagern feste reine Quarzite röthliche und 
weisse, höher nehmen dieselben kalkige Bestandtheile auf und damit 
beginnt der Petrefaktenreichthum. Stellenweise geht der Quarzit in 
ziemlich reinen dichten festen Crinoidenkalk über. Dann folgen rothe 
Schiefer und darüber eine dünne Lage von Rauchwacke. Auf der Za- 
kopaner Magura, im Koscielisker Thale finden sich an der oberen 
Gränze der rothen Schiefer Brachiopoden und Bivalven, ebenso im 
Thale von Kleinbobrocks mit besser erhaltenen rhätischen Brachio- 


55 


poden und mit dunklen Lithodendronkalken, ganz gleich den rhäti- 
schen in den Alpen. Daraus folgt, dass dieser Pisana- Quarzit älter 
ist ale die karpathische Zone der rhätischen Formation. Näheres über 
sein Alter lässt sich zur Zeit noch nicht angeben. — (Zbda 258.) 
@®ryktognosie. P. Grothe, Neue Mineralien auf ei- 
nem brennenden Steinkohlenfelde beiDresden. — Das seit 
1849 im Abbau begriffene' Hänichener Kohlenfeld an der Strasse von 
Dresden nach Dipoldiswalde ist reich an Schwefelkies, Arsenikkies, 
Bleiglanz und Kupferkies. Ausblühungen der Kohle erscheinen so- 
wohl in der Grube wie bei Regenwetter über Tage, in offenen Klüf- 
ten und Brüchen und bei grossen Vorräthen kommen Selbstentzün- 
dungen vor. Die unreine Kohle wird mit den Bergen auf die Halden 
gestürzt und eine solche gerieth durch Zersetzung der Schwefelme- 
talle 1861 in Brand. Es bildeten sich Schwefelüberzüge und heiss- 
flüssige Theermassen auf der Oberfläche, 1863 bemerkte man rothe 
Arsenikgläser und krystallinische Ueberzüge von Salmiak. Später 
wurden unter der zusammengebrochenen Kruste folgende Neubildun- 
gen gefunden. Salmiak viel krystallisirt, Würfel, deren einzelne 
von Schwefel gelb, von organischen Substanzen braun gefärbt sind, 
andere farblos, auch Rhombendodekaeder mit in der Mitte vertieften 
Flächen, auch mit sehr ungleichen Flächen und von sehr rhomboedri- 
schem Ansehen; ganz klein erscheint auch das Oktaeder als Abstum- 
pfung der dreikantigen Dodekaederflächen als Abstumpfung der Kan- 
ten dieses das Ikositetraeder, ausserdem auch ganz klein das Oktae- 
der allein. Auf einem Stück sitzen die Combinationen 202, xO,; 
O. , also alle beim Salmiak beobachteten Flächen. Dickere Partieen 
von Salmiak sind ausgezeichnet faserig. Weisse Krusten von erdigem 
Ansehen sind ein wasserhaltiges lösliches Gemenge von schwefelsau- 
rem Natron, schwefelsaurem Ammoniak, geringen Mengen Salmiak 
und Spuren von Thonerde, Mangan etc. Schwefel in mehreren Stu- 
fen mit zahlreichen scharf kantigen Krystallen höchstens bis 1 Milli- 
meter Grösse, vorherrschend das Pinakoid verbunden mit dem Prisma, 
mehreren Domen und Pyramiden. Einzelne Krystalle sind nach a ta- 
felförmig ausgedehnt, an denen die andern Flächen als schmale Zu- 
schärfungen und Abstumpfungen auftreten. Realgar ist häufig und 
schön krystallisirt theils in langen papierdünnen Säulen ausgedehnt 
nach 0 = „ P, welche Flächen seitlich durch r=„P„ undM=„P, 
oben durch ein Oktaeder abgestumpft werden. An all diesen Stük- 
ken findet sich geschmolzenes und glasartig erstarrtes Schwefelarsen. 
Solche Gläser enthalten mehr Schwefel als der Formel AsS entspricht 
und zwar in nicht constantem Verhältniss, ähnlich dem in den Han- 
del kommenden künstlichen Realgar. Ein’ Handstück besteht aus mit 
Schwefel ganz durchdrungenem erdigen Material und trägt sehr kleine 
seidenglänzende krystallinische Blättchen, denen des Lepidolith von 
Rozena sehr ähnlich, dieselben verflüchtigen sich bei der Erwärmung 
fast ohne Rückstand, sind schwer oder unlöslich in Wasser und ver- 
dünnter Salzsäure, lösen sich aber in Alkohol auf und scheinen or- 


56 


ganische Verbindungen zu sein. — Bei einem Flötzbrande in Ober- 
schlesien kommen Anilinverbindungen vor und jene sächsischen 
sind daher wohl Anilinviolett. — (Dresdener Iris 1867. S. 68—70.) 

R. Hermann, Rewdanskit, ein neues Nickelerz. — 
Dasselbe wurde bei Rewdansk im Ural als grosses Lager entdeckt. 
Es ist erdig, bildet undeutlich geschichtete Stücke, die bei geringem 
Drucke zu erdigem Pulver zerfallen; klebt schwach an der Zunge, 
fühlt sich mager an, schmutzig graugrün, spec. Gew. 2,77. Wird von 
Schwefelsäure leicht zersetzt, wobei sich Kieselsäure pulverförmig 
ausscheidet, in der Lösung finden sich die Oxyde von Nickel und Ei- 
sen nebst Talkerde und Spuren. Die Analyse ergab 13,00 Sand, 
32,10 Kieselsäure, 3,25 Thonerde, 12,15 Eisenoxydul, 18,33 Nickeloxyd, 
11,50 Talkerde, 9,50 Wasser, Spur von Manganoxydul und Wismuth- 
oxyd. Das Mineral ist also ein Nickelsilikat, in dem ein grosser Theil 
des Nickels durch Eisenoxydul und Talkerde vertreten wird. Die 
Verhältnisszahlen sind anders als bei den drei bekannten Nickelsili- 
katen, daher der neue Name gerechtfertigt. Das aus ihm gewonnene 
Metall hat starken Glanz und ist zinnweiss bis stahlgrau, auf der 
Bruchfläche feinkörnig und eisenschwarz, wird stark vom Magnet 
angezogen, ist: weicher als Schmiedeeisen und härter als Kupfer bei 
7,63 spec. Gew. Es enthält 5,19 Ungelöstes, Kohle und Silicium, 
4,38 Wismuth, 38,12 Nickel, 52,31 Eisen. — (Bullet. nat. Moscow 1867. 
1. 554— 557.) 2 

Fr. Weineck, Markasit pseudomorph nach Eisen- 
glanz — Die bezügliche Stufe ist eine rosettenförmige Gruppe dün- 
ner tafelartiger Krystalle, welche neben der vorwaltenden basischen 
Endfläche als Randflächen noch das hexagonale Prisma und stellen- 
weise eine ziemlich spitzige hexagonale Pyramide darbieten. Die 
ganze Gruppe stimmt nicht blos in Gestalt und Anordnung der Kry“ 
stalle sondern auch in manchen Details mit Schweizer Eisenglanzro- 
Sen vollkommen überein. Die die Pseudomorphose bildende Substanz 
ist, wie der Querbruch zeigt, sehr feinkörniger fast dichter graulich- 
speissgelber Markasit. Ihre Bildung muss sehr langsam und ruhig 
vor sich gegangen sein, da ihre Endflächen wenn auch glanzlos doch 
vollkommen eben und regelmässig sind. Auch ihr Inneres ist dicht 
und compakt, ohne alle Höhlungen. Ob es eine Verdrängungs- oder 
eine Umwandlungspseudomorphose ist, lässt aus dem Handstücke sich 
nicht ermitteln. Dasselbe stammt aus Kärnten vom Loben bei St. 
Leonhard im Lavantthale. — (Verhandlgen Geol. Reichsanst. 1867. 
Nr. 10. S. 218.) | 

F, Posepny, neues Schwefelvorkommen an der Ci- 
cera bei Verespatak. — Das massenhafte Vorkommen von Quar- 
ziten mit Reaktion auf schwefelsaure Salze liess Schwefelführung ver- 
muthen und diese ist nun erwiesen. Während der Kranz von Kegel- 
bergen der Verespatak und das Quarzporphyrmassiv von drei Seiten 
umgiebt aus porösen Trachyten besteht, erhebt sich östlich durch eine 
Karpathensteinmulde davon getrennt ein aus Amphibol und Andesit 


57 


bestehendes Gebirgsmassiv, das Knotenpunkt mehrer Wasserscheiden 
ist und dessen Hauptrücken von O nach W Cicera heisst, In der 
dunkelgrauen Grundmasse des herrschenden Gesteines liegen Mikro- 
tin- und Amphibolkrystalle, sehr selten Biotit und noch seltener 
Quarz. An der Cicera ist dieses Gestein umgewandelt, die Grund- 
masse heller, die Krystalle sind weiss und zuckerartig und die innern 
Höhlungen mehrfach mit krystallinischem Schwefel angefüllt. An an- 
dern Stellen ist es in eine dichte splittrige quarzitische Masse mit 
vielen ausgefressenen Höhlen verwandelt, welche Drusen von feinen 
Alunitkrystallen enthalten, nach welchen das Gestein Alunitit oder 
Alaunfels genannt worden. An noch andern Stellen ist es eine fein- 
poröse Quarzitmasse und die früher eingeschlossenen Krystalle ver- 
schwunden. Das frische Gestein hat 2,712 spec. Gew., das gebleichte 
2,524, der Alunit 2,370, das poröse quarzitische 2,270, das mit Schwe- 
fel imprägnirte 2,6—2,7. Nebst Kalinka, Büdös und Kiliman ist dies 
der vierte Ort, wo in Eruptivgesteinen durch Solfatarenthätigkeit sich 
Schwefel gebildet hat. — (Zbda 237) 

C. W. C. Fuchs, zur Mineralchemie. — Verf. analysirte 
den schon von Svanberg zerlegten Tabergit von Taberg in Wer- 
meland und fand II, Svanbergs Analyse unter I i 

I II 
Fluor 0,67 0,97 
Kieselsäure 35,76 32,95 
Thonerde 11,03 13,08 
Eisenoxydul 6,34 13,72 


Manganoxydul 1,64 0,07 
Magnesia 30,00 26,83 
Kali 2,07 0,33 
Natrium —_— 1,25 
Kalkerde — 0,95 
Wasser 4,76 11,34 


101,27 100,49 
Das Mineral ist breitblättrig und sehr vollkommen spaltbar, vorherr- 
schend blaugrün mit silberweissen Stellen. H. 2—2,5, spec. Gew. 2,83, 
Strich grünlichweiss. Der Tabergit steht zwischen Chlorit und Mag- 
nesiaglimmer. Verf. analysirte ferner den Pyromorphit von Ems 
und fand 74,08 Bleioxyd, 8,45 Blei, 15,50 Phosphorsäure und 2,90 Chlor. 
— (Neues Jahrb. f. Mineral. 867. S. 822—825.) 

B. Studer, Mineralien aus dem Justithal am Thuner- 
see. — Im Grünenbach oberhalb des Thunerseeufers liegen Kalk- 
blöcke am Fusse der Ralligstöcke, deren anstehender Neocomienkalk- 
stein von zwei Systemen parallelaufender Kalkspathadern durchsetzt 
werden, welche ungefähr senkrecht sich durchkreuzen. Das eine dieser 
Systeme führt Kalkspathdrusen und auf solcher fand St. einen fast 
wasserhellen Flussspathwürfel über 1cm Seite. Derselbe ist späterer 
Entstehung als der Kalkspath und dieser selbst ungewöhnlich. Seine 
Krystalle zeigen das gewöhnliche Skalenoeder. Zwischen diesen und 


58 


den Hauptbestandtheil der Druse bildend bemerkt man kleinere läng- 
lich tafelförmige Krystalle, Zwillinge scheinbar klinorhombischer Säu- 
len, an der brachydiagonalen Fläche zusammengesetzt und oben einen 
schwach einspringenden Winkel zeigend. Die Spaltbarkeit und das 
starke Aufbrausen und die Analyse weisen entschieden auf Kalkspath. 
— (Berner Mittheilgen 1867. S. 298.) 

Palaeontologie. C. v. Fischer Ooster, palaeonto- 
logische Mittheilungen. — 1. Hirschgeweih aus der Molasse. 
In der untern Süsswassermolasse des Bumbachgrabens bei Tschangnau 
mit Resten von Rhinoceros und Anthracotherium fand sich auch ein 
Geweih, während bisher nur Knochen und Zähne bekannt waren, zwei- 
felhaft ob P. minor oder P. Scheuchzeri. Einem von beiden möchte 
nun auch jenes Geweih gehören, welches flach ist und vorläufig Cer- 
vus protodama heissen soll. Es ist auf 16 Centimeter Länge aus dem 
Gesteine befreit, hat unter dem Mittelspross 5 Centim. Breite, über 
der Rose 3 Centim. Durchmesser. Der Augenspross steht 2 Centim. 
über der Rose und ist am Unterrande 4!/,, am obern Rande 21), Len- 
tim. lang. — 2. Fossile Seemäuse. Die Molasse an der Brücke von 
Fegieres, 1/, Stunde von Chatel St. Denis lieferte einige kleine Mu- 
scheln denen des Ralligsandsteines entsprechend, nämlich Cyrene thu- 
nensis und Cardium Heeri. In eben dieser Molasse fand sich ein Ro- 
chenei. Die an der normännischen Küste vorkommenden hier leben- 
den Rochen haben schmal zugespitzte Fortsätze so lang wie das Ei 
breit das fossile nur halb so lange und am Ende abgerundete mit 
einigen Querfalten, eine Breite von 4 Centim., eine Länge ohne An- 
hängsel von 37 Millim. Verf. nennt es Raja helvetica. Rochenzähne 
dieser Molasse sind als Zygobates Studeri und Aetobatis arcuatus be- 


stimmt worden. — (Ebda 265—268.) 
H. Woodward, Krebse und ein Myriapode imKohlen. 
gebirge WSchottlands. — Ein ächter Myriapode wurde in den 


Kohlenschichten von Nova Scotia gefunden, welche auch Dendrerpe- 
ton acadianum und Sigillarien lieferten, und ist von Dawson als Xy- 
lobius Sigillariae [der Gattungsname ist bereits von Latreille an einen 
Käfer vergeben worden] beschrieben worden. Ein ganz ähnliches Fos- 
sil fand sich in Thoneisengeoden bei Kilmaurs, 2 Zoll lang, von un- 
verkennbarem Habitus des Julus, mit deutlich gegliederten Beinen, 
leider ohne Kopf, der an dem Dawsonschen Exemplar vorhanden 
war. Verf. giebt nun eine Uebersicht der Kohleninsekten, die jedoch 
von den Wettinern keine Notiz nimmt. — Die Kohlenschichten bei 
Glasgow lieferten in Thoneisensteingeoden eine Prestwichia rotundata 
von Prestwich als Limulus rotundatus aufgeführt und dem Pygoce- 
phalus Cooperi Huxley (Quaterl, journ. geol. XIII. 363 tb. 23) sowie 
den neuen P. Huxleyi und den Anthrapalaemon = Palaeocarabus Sal- 
ter, des ältesten langschwänzigen Decapoden. — (Transact. geol. Soc. 
Glasgow 1867. II. 234—248 tb. 3.) 

G. Capellini, Unterliasfossilien amGolf von Spezzia, 
— Verf. verbreitet sich kurz über die betreffenden Localitäten und 


59 


beschreibt dann folgende Arten aus denselben: Dipterus macrolepi- 
dotus Ag, Ammonites nanus Mart, Purpuroidea spediensis, Natica pi- 
solina Terq, Neritopsis tuba Schafh, N. bombiceiana, N. Paretii, Chem- 
nitzia usta Terq, Ch. Meneghinii, Ch. abbreviata Terq, Ch. unieingu- 
lata Terq, Ch. incerta, Ch. Cordieri, Ch. acutispirata, Ch. lessonana, 
Cerithium semele d’Orb, C. Henriei Mart, C. rotundatum Terq, C. 
gratum Terq, C. Collegnoi, C. sociale, C. trinodulosum Terg, C. Tur- 
ritella Dunkeri (Melania turritella Dkr), T. Zenkeri Dkr, T. deshaye- 
sea Terq, T. bicarinata, T. sommervilleana, Turbo subpyramidalis 
d’Orb, T. Hofmanni, T. milium Terg, Phasianella nana Terg, Ph. gui- 
donii, Orthostoma Savii, O. triticum Terq, O, Meneshinii, Anatina, 
praecursor Q, Pholadomya spec., Myacites faba Wink, M. crassa Ag, 
M. rostrata Ag, M. striatula Ag, Corbula imperfecta, Mactra securi- 
formis d’Orb, Astarte Pillae, A. Cocchii Mgh, A. consobrina Chap, 
A. traingulata Terg, Cardinia regularis Terq, C. Stoppaniana, C, an- 
gulata, Myoconcha psilonoti @, Cardita austriaca Hauer, C. minuta 
Stopp, U. multicarinata Emmr., C. Talegii Stopp, C. tetragona Terg, 
Lucina civatensis Stopp, Corbis depressa Roem, Cardium Regazzoni 
Stopp, Myophoria laevigata Bronn, Cucullaea acuta Mgh, C. Murchi- 
soni, C. castellanensis, Nucula subovalis Gf, N. ovalis Ziet, N. strigi- 
lata Gf, Leda claviformis Swb, Mytilus cuneatus Swb, Lithodomus 
Meneghinii, L.1yelleanus, Avicula Deshayesi Terq, A. Buvignieri Terg, 
M.Alfredi Terq, A. Sismondae, A. Dunkeri Terq, A. infraliasina Mart, 
A. Meneghinii, A. inaequiradiata Schafh, A. contorta Portl, Pecten Fal- 
geri Mer, P. aviculoides Stopp, P. Sismondae, Lima punctata Swb, 
L. nodulosa Terq, L. pectinoides Swb, L. praecusor @, L. Azzarolae 
Stopp, Spondylus Hoffmanni, Plicatula intusstriata Emmr, Anomia 
Mortilleti Stopp, A.Faverli Stopp, Rhynchonella Pillae Mgh, Rh, por- 
tuvenerensis. Alle Arten ohne Autor sind neue und nebst vielen an- 


dern auf 6 Tafeln abgebildet. — (Memoire Accad. Bologna 1866. V. 
413—486.) 

Botanik. L. Wittmack, Musa ensete als Beitrag 
zur Kenntniss der Bananen. — Den ersten Theil dieser Abhand- 


lung haben wir Bd. XXX. 346—348 berichtet und lassen nun den die 
Anatomie bringenden Schluss folgen. Mit der Anatomie der Bana- 
nen hat sich Moldenhawer, dann Mohl, auch Pringsheim und Caspary 
beschäftigt. Ensete weicht nicht von den übrigen Musen ab. Das 
weisse Gewebe hat die Consistenz einer Rübe. A. der Stamm be- 
steht aus einem centralen Marktheil und der peripherischen Rinden- 
schicht. Die Grundmasse beider ist ein lockeres zartwandiges Paren- 
chym, dessen stumpfeckige Zellen nur sehr zarte Tüpfel zeigen. Stärke 
im Rhizom nur ganz vereinzelt, in einem alten Stamm reichlich. Rinde 
und Mark sind durch eine Parenchymschicht getrennt. Der Quer- 
schnitt zeigt im Centrum ein Gefässbündel unregelmässig durchs Pa- 
renchym zerstreut, gegen die Peripherie hin am gedrängtesten. Auf 
dem Längsschnitt des Rhizoms bemerkt man ein dichtes Gewirr von 
Gefäsebündeln, einige dicke Stränge gehen von den Blättern ins In- 


60 


nere, Auch in der Rindenschicht liegen einige Gefässbündel mit sehr 
geschlängeltem Verlauf, die bei den verschiedensten Musenarten vor- 
kommen. DieGefässbündel verhalten sich wesentlich wie bei an- 
dern Monocotylen. Unter der Epidermis eine Schicht kleiner Bast- 
bündel, weiter nach innen vollkommene Bündel des Rindensystemes, 
deren äussere noch bastartig sind, die inneren sind Schraubenleiter- 
und Leitergefässzellen. oft sehr knorrig und in einander verschränkt, 
Zwischen Mark und Rinde liegt eine helle Schicht ohne Gefässbün- 
del. Im Mark stehen diese aussen dicht gedrängt, innen gleichmäs- 
sig zerstreut, sind grösser als in der Rinde, enthalten 4—16 Gefässe, 
Verf. untersucht nun die Gefässbündelzellen, die Holzzellen, Sieb- 
röhren, den Bast, das Bastparenchym. Die Gefässbündel werden auf 
ihrem ganzen Wege von Längsreihen weiter tonnenförmiger Zellen 
oder von Schläuchen begleitet, die schon Moldenhawer beschrieben 
und als Milchsaftgefässe erkannt hat. Der Milchsaft ist auch in an- 
dern Zellen und Organen vorkommende farblose Flüssigkeit mit zahl- 
reichen Bläschen und sehr reich an Gerbstoff. Die Gefässe sind durch 
Resorption der Zellenwände entstanden. Im Rhizom sind sie kurz, 
bauchig, in den obern Theilen gestreckt. Schacht spricht ihnen die 
Wände ab, die Verf. sehr deutlich sah. Hanstein nennt diese Behäl- 
ter Schlauchgefässe, Verf. findet die Bezeichnung Gerbstoffbehälter 
treffender. Sie ähneln anatomisch zunächst den Milchsaftgefässen der 
Papaveraceen, haben aber fast nie Verästelungen. — B. Die Wur- 
zeln ähneln auffallend denen der Palmen. Im Verhältniss zum Stamme 
sind in ihnen alle Theile viel dicker, die prosenchymatischen Zellen 
dicht getüpfelt, das Parenchym der Innenrinde enger und langgezo- 
gener, ein eigener Marktheil kaum zu unterscheiden, da die grossen 
Leiter- und Leiternetzgefässe in radialen Reihen bis ins Centrum der 
ganzen Wurzel reichen. Der Querschnitt entspricht dem von Dra- 
caena und Smilax. Auffallend sind in der Wurzel noch die unter dem 
Namen Thyllen bekannten Zellenwucherungen in den Gefässen, die 
fast jedes derselben dicht erfüllen. Die Wurzelhaare sind stets ein- 
zellig. An den dicken Wurzeln ist die Aussenrinde verkorkt und unter 
der Korkschicht zeigen sich radial geordnete Lücken im Zellgewebe. 
— C. Das Blatt. Die Hauptgefässbündel des Stammes ändern bei 
ihrem Eintritt in die Blattscheide eigenthümlich. Kurz zuvor stellen 
sich nämlich die Gefässzellen in eine radiale Reihe und behalten meist 
gleiche Grösse. Bald aber wird die vorletzte besonders mächtig und 
alle andern bleiben zurück, die innerste Gefässzelle ist wiederum das 
Ringgefäss, die weit gewordene Zelle vor ihr entweder ein reines 
Spiralgefäss oder ein Schraubengefäss, Am schönsten findet sich 
diese eigenthümliche Stellung auf den Längsscheidewänden zwischen 
Luftlücken ausgesprochen. Das Parenchym der Blätter ist ganz dem 
des Stammes ähnlich, das Chlorophyll ist sehr sparsam, meist in der 
3. und 4. Zellreihe unter der Epidermis auch Stärke ist wenig vor- 
handen, dagegen viel Raphiden und klinorhombische Tafeln oft zu 
mehreren in einer Zelle, bestehend aus oxalsaurem Kalk. Die Luft- 


61 


lücken entstehen sehr früh im Parenchym der jüngsten Blätter durch 
Auseinanderweichen der Zellen aber nicht durch Resorption der Wände, 
An den Rändern der Querwände werden die bekannten sternförmigen 
Zellen dieser letztern allmählig wieder rundlich und gehen in das 
gewöhnliche Parenchym über. Durch die dickern Scheidewände sieht 
man sehr deutlich Gefässbündel verlaufen. Frei in die Luftlücken 
hinein ragen Raphidenbündel. Die Blattspreite zeigt auf dem Quer- 
schnitte regelmässige in Längsreihen zwischen den Bogennerven ver- 
laufende Luftlücken, wie solche auch bei Pandanus vorkommen. Die 
Cuticula ist sehr schwach entwickelt, unter ihr folgt an der Oberseite 
eine Epidermis aus 4- bis 6eckigen abgeschrägten Zellen. Nach in- 
nen folgt eine Schicht viel grösserer gleichfalls eckiger und tangen- 
tial gestreckter dünnwandiger Zellen, darauf die Chlorophyllführende 
Pallisadenschicht, unter dieser noch eine ähnliche aus kürzern Zellen, 
die fast unmittelbar an die Luftlücken gränzen. Die Luftlücken selbst 
sind tangential gestreckt, ihre Querwände aus tangential gestrecktem 
Parenchym gebildet, das oft von einem zarten Gefässbündel durchzo- 
gen ist. Unterhalb der Luftlücken liegen zwei Reihen kleiner Zellen, 
dann eine Reihe tangential gestreckter und nun die Epidermis der 
Unterseite mit kleineren Zellen als die Oberseite und dicht mit Spalt- 
öffnungen besetzt. Diese ordnen sich in 4—6 Längsreihen zwischen 
je 2 Nerven, so gedrängt dass 260 auf 1 [JMilllm. kommen, während 
auf der Oberseite nur 7 denselben Raum einnehmen. Die Gefässbün- 
del haben einen stark entwickelten Basttheil und an den grössern 
Nerven einen noch stärkern Holztheil. Beide sind auch hier getrennt 
und nur durch wenige Spiralgefässe verbunden. Zu jeder Seite des 
Bündels verläuft ein Milchsaftgefäss, An der Peripherie des Blattes 
laufen alle Gefässbündel zu einem einzigen Randnerven zusammen, 
die Luftlücken hören auf, die Zellenlagen des Parenchyms werden we- 
niger und am: zarthäutigen Saume ist die Chlorophylischicht ganz ver- 
schwunden, auch die übrigen Schichten keilen sich aus und der äus- 
serste Blattrand besteht nur aus Epidermis. — D. die Brakteen 
haben fast denselben anatomischen Bau wie die Blattscheiden, haben 
4 die Gefässbündel begleitende Milchgefässe und noch eine Reihe sol- 
cher in der Nähe der Aussenwand, regelmässige Luftlücken, unter- 
scheiden sich von denen anderer Musen nur durch die Schwäche des 
wachsartigen Ueberzugs der Aussenseite und grössere Schlaffheit. — 
E. Die Blühte. Alle Perigontheile sind anfangs nicht verwachsen, 
entstehen als kleine Wärzchen. Der kugelige Pollen stimmt ganz mit 
dem anderer Bananen überein, unterscheidet sich nur durch zahlreiche 
warzenförmige Erhebungen, während er bei andern glatt ist. Verf. 
zählte auf 1 Millim. in einem halben Beutel 244 Körner und berechnet 
darnach den Inhalt einer Anthere auf 12,688 Körner, auf eine Blühte 
60,000, und für sämmtliche 13000 Blühten auf 1100 Millionen. Die Pol- 
lenkörner treiben in concentrirter Gummilösung leicht Schläuche, 
welche deutlich den Saftstrom zeigen, haben eine äusserst zarte kleine 
und sehr dicke Intine. Die Nektarien erscheinen als 3 in der Rich- 


62 


tung der Scheidewände liegende Spalten, die in der Achse zusammen- 
stossen, sind im obern Theile des Fruchtknotens eng und kurz, nach 
unten grösser und verästelt, an den Wänden mit zarten Drüsenhaaren 
besetzt. Die Stärkekörner liegen reichlich in den Zellen des Frucht- 
knotens. Das die Ovula führende Haarkissen besteht aus einem dich- 
ten Filz langgestreckter Zellen. — F. die Zellen der Samenschale 
sind stark verdickt, ihre äusserste Schicht schieferig, fast silbergrau, 
die übrigen langgestreckt. Das Perisperm ist sehr stärkereich, der 
Embryo enthält reichlich Oel und stickstoffhaltige Substanzen. — 
(Garke's Linnaea 1867. I, 249-290. Mit Tff.) z 
Zoologie. Mac-Lachlan, Bemerkungen über euro- 
päischePhryganiden, nebst Beschreibung einiger neuen 
Genera und Species. — Verf. beschreibt als n.sp. Stenophylax monti- 
vagus aus Kärnthen, sehr ähnlich dem Halesus ancatusBauer, aber in der 
Sporenzahl an den Beinen abweichend, St. difformis, aus Kärnthen, Ha- 
lesus adustus, nahe bei H. chrysotus Ramb., H. madidus, wie vorige 


mit einem Haarpinsel am Hinterflügel, beide ebendaher. — Potamo- 
rites n. gen. gegründet auf Enoicyla biguttata Pict., Frauenfeldii 
Brauer u.a. — Cryptothrix n.g. für Enoicyla nebulicola Hag. — Apa- 


tania frigida n. sp. Lappl., Nordamerika. — Phyacophila glareosa n. 
sp. aus Kärnthen. Wegen des Ausführlicheren muss auf die Abhand- 
lung selbst verwiesen werden. — (St. E. Z. XXVıll. 50—63.) 

A. Meyer, Dr., Beiträge zu einer Monographie der 
Phryganiden Westphalens. — Verf. behält sich die Beschrei- 
bung der Imagines vor und giebt hier in 45 Nummern interessante 
Mittheilungen über die Larven, deren Beschaffenheit, Gehäusse und 
Lebensweise, theilt ferner interessante Versuche über Bastarderzeu- _ 
gung mit. Limnophilus polata paarte sich mit L. flavicornis und lu- 
natus, L. striola /' mit Anobolia nervosa, Limnoph. striola J mit L. 
lunatus, Die Eier waren keimfähig. Ob die hieraus hervorgegange- 
nen Imagines wieder zeugungsfähig seien, konnte noch nicht festge- 
stelit werden. — (St. E. Z. XXV1iI. 153—169.) 

H. Hagen, Dr., die Neuropteren der Insel Cuba. — 
Verf. giebt nach briefichen Mittheilungen des Herrn Prof. Poye und 
Dr. Gundlach, wie nach deren reichen Sendungen, Notizen über fol- 
gende Neuropteren: Pentala flavescens F, hymenaea Say, Tholymis ci- 
trina Hag., Tramea carolina L, onusta Hag, abdominalis Rbr, insu- 
laris Hag., marcella Selys, simplex Rbr., australis Hag, Celithemis 
eponina Drury, die weiter in der Arbeit selbst zu vergleichen sind. 
— (St. E. Z. XXVII. 215—232.) ö 

Zeller,einige besondersin Aegypten und Palästina 
heimische und einige ostindischeMicrolepidopteren.— Als 
n.ep. werden diagnosirt und beschrieben: Simaethis aegyptica, Schoeno- 
bius niloticus, Calamotropha Hierichuntica, Eromene Cambridgei, 
Pempelia Psammenitella, Nephopteryx (?) scabida, Isidis, Myelois mo- 
nogrammos, Euzophera pilosella, Samaritanella, Faustinella, Favori- 
nella, Euphestia tenebrosa, Cahiritella, Aciptilus desertorum. Aus Ost- 


D 


63 


indien Crambus parallelus, Pempelia leucophaeella, Magiria n.g. im- 
parella, Nephopteryx pulvillella, clientella, Ceroprepes n.g. patriciella, 
Anerastia laterculella, sceletella, opificella, Meridarchis n.g.fam. Ge- 
lechid. M. trapeziella, Hermogenes n. g. ejusd. fam. H. aliferella, 
Pterophorus exaltatus, foreipatus. Die weitere Ausführung ist in den 
beiden Arbeiten selbst nachzusehen. — (St. E.Z. XXVIll. 365—415.) 

Der Eifer, mit welchem in den verschiedensten Gegenden 
Deutschlands den Microlepidopteren nachgeforscht wird hat in St.E.Z. 
1867 von Staudinger, Wocke, Hofmann, Pfaffenzeller mehrere 
neue Spec. gebracht, eine von drei, eine von zwei Autoren beschrieben: 
Gelechia petasites Pfaffenzeller in München (79), E. Hofmann in Regens- 
burg; der auch die in Petalites niveus minirende Raupe beschreibt. 
Staudinger giebtfolgende Diagnose: (211) G. petasitella: alisanterioribus 
acutis canis (Q albidis) puncto striola plicae, striolis brevibus altera 
ante, altera post medium, punctisque 7—9 in costae apice et margine 
postico nigris; aiis posterioribus 5' nigricantibus, cano-ciliatis, & ca- 
nis, postice cinereovenosis, 16 — 20 mill. Bei G. tephriditella Dup. — 
G. chrysanthemella Hofm. erhält folgende Diagnose: Graugelb dicht 
schwarz beschuppt, Gesicht, Innenseite der Palpen und Basis der 
Fransen am Afterwinkel der Vorderflügel gelblich. Flügelspannung 
17“, Beide Geschlechter nicht verschieden. Zwischen G. acumina- 
tella und senectella zu setzen. Die gleichfalls beschriebene Raupe 
minirt in den Wurzelblättern von Chrysanthemum leucanthemum, an 
schattigen und feuchten Stellen bis in den Spätherbst. — G. albife- 
morella Hofm. bei G. electella: hell weissgrau mit röthlichem Schim- 
mer, je eine dunkle Querbinde bei !/; und 2); der Flügellänge. Die 
typischen Punkte und die lichte hintere Querbinde deutlich, erstere 
rostgelb aufgeblickt. Kopf, Thorax, Palpen und Schenkel rein weiss. 
Flügelspann. 11‘ 9. — Chauliodus aequidentellus Hofm. p. 206 — 
iniquellus Wocke in lit. Die Raupe minirt in der Jugend, lebt spä- 
ter aber frei an Meum athamantinum. Wocke giebt (p. 208) fol- 
gende Diagnose des Schmetterlings:. Alis ant. obtusis exalbidis, ci- 
namomeo-suffusis, dente squamarum ante medium dorsi externe nigro- 
marginato punctique dorsalibus posterioribus 2 nigris prominentibus, 
9!/a„—10 mill. Hofmann giebt dieselben folgendermassen: Vflügel 
hell weissgrau, schwarz beschuppt, mit schräg sichelförmig geboge- 
ner Spitze, am Innenrande der Vflügel 4 tiefschwarze kleine, aber 
gleichgrosse Schuppenzähne 7—81/,‘'. Beide Geschlechter nicht ver- 
schieden — Chauliodus stricetellus Wocke: Alis ant. elongatis acutis 
einereo-flavescentibus fusco-adspersis, punetis prominentibus, dorsi 
3—4 punctisque marginis postici sub apice 2—3 nigris. Exp. alar. 
16 mill. Bresiau. — Phyllobrostis Hartmanni Staud. p. 212. Capite 
thorace alisque ant. nitidissime cinereis, alis poster. obscurioribus subo- 
pacis squamis oceipitalibus luteis 7— 8 mill. Z@ Von Hartmann in 
München aus Raupen erzogen, welche in Daphnis cneorum lebt. Nahe 


bei Ph. daphnella Staud,, aber davon verschieden‘ — (St. &. Z. XXVIM. 
p. 79: 200 u.f.) 


64 


SchleichDr., Einige microlepidopterologischeBeob- 
achtungen. — Nepticala Lediella n. sp. Capillis ochraceis penicillis 
cupreo-aeneis, antennarum conchulis flavidis nitidis; alis ant. postice 
dilatatis, cupreorubris nitidis apice fuscis; fascia in medio lata recta 
argentea viridi-nitida; ciliis radice large argenteis viridinitidis, apice 
argenteo-griseis. 2—2°/,. Die Raupe lebt in der zweiten Genera- 
tion im October minirend in den Blättern von Ledum palustre, — Die 
Raupe von Gelechia micella lebt in 2 Generationen von den jungen 
Keimen der wilden Himbeeren, ist erwachsen 1!/,‘“ lang, hellgelb- 
grau gefärbt, an dem Kopfe, dem scharf getheilten Nackenschilde und 
an der Afterklappe glänzend schwarz. An derselben Pflanze lebt auch 
die wenn sie erwachsen ist, scharlachrothe Raupe der Lampronia ru- 
‚biella, aber in anderer Weise. Sie frisst zunächst einen Herztrieb 
aus, gräbt sich von da bis zum Marke ein, in der Regel die Rich- 
tung nach oben inne haltend, während erstere von der einen Knospe 
zur andern übergeht. — Weiter wird die bisher als Gracilaria im- 
perialella Mn geltende Motte in 2 Arten aufgelöst: G. Hofmanniella : 
Capite fronte palpisque niveis, alis ant, aureis, fascia baseos abbreviata, 
strigis 3 costae maculis 3 dorsi niveo-argenteis, ciliis apieis concavo- 
truncatis albis, strigula nigra inferius notatis nigroque terminatis 
3-81)‘. Die von E. Hofmann 1860 entdeckte Raupe minirt im Oro- 
bus niger von Ende Juni bis Mitte Juli. — G. imperiallela: Oceipite 
fusco, fronte nivea, palpis J' albis, @ fuseis: alis ant. aureis fascia 
baseos abbreviata, strigis 3 costae, radice maculisgue 3 dorsi niveis 
nigromarginatis, ciliis apieis roduntatis albis, striga nigra disseetis 
nigroque terminatis. 3—3°/,““. Diel4füssige Raupe minirt in Symphy- 
tum officinale und zwar erst von Anfang August bis Mitte October. 
— (St. E. Z. XXVIIl. 449-455.) 

v. Ziegler u. Klipphausen bespricht die europäi- 
schen Melitaea-Arten und giebt eine analytische Uebersicht, um 
dieselben leicht von einander unterscheiden zu können. — (St. E, 2. 
XXVvill. 418—428.) 

H. Christoph, Beschreibung einiger neuer Schmet- 
terlinge bei Sarepta. — Verfasser diagnosirt und beschreibt 
folgeude n. sp. Harpyia interrupta: Alis ant. cretaceis basi margine- 
que postico nigropunctatis, fascia (Z')) in medio late interrupta (9) 
utrinque sinuata nigra, alis postic. albis. Exp. alar. 47 mill. long. corp. 
320 mill. Die Peitschraupe, welche gleichfalls beschrieben wird, 
lebt im August und September auf der Schwarzpappel. — Amphipyra 
molybdea. Alis ant. griseo-fuscis, loco maculae renalis punctis 2 al- 
bis. Exp. alar. 36, long. corp. 19 mill. nach einem einzigen Q auf- 
gestellt. — Myelois aurorella: Alis ant, roseis testaceo-mixtis strigis- 
que 2 undulatis albis; alis post. griseis. Exp. ala 23 mill. &. — Aeci- 
dalia subdilata: Albida, strigis omnibus valde expressis, quarum se- 
ceunda lata punctum nigrum cingens; area limbali caesia, maculis 3 
fuscis, caesio-mixtis adjacentibus ad marginem anteriorem et strigam 
tertiam. In area limbali linea valde lata alba; margine nigro albide 


65 


alternante; linea limbali brunnea et alba ciliisque fuseis. Exp. al. 32 
mill. Zeller erklärt diesen lange für eine var. von decorata gehaltenen 


Spanner für eine gute sp. — Eupithecia biornata: Alis ant. flaves- 
centibus et cinereis, atomis obscuris puncto nigro lineisque 4 trans- 
versalibus. Exp. al. 23 mill. — Hypsolophus Siewersiellus: Palpis, 


capite et dorso rubido-albidis fusco-irroratis; alis ant. fuscogriseis in 
media ala vitta sinuata longitudinali lata nigra. Exp. al. 17 mill. — 
Derselbe giebt noch Beschreibungen der Raupen und andere biolo- 
gische Mittheilungen über folgende Schmetterlinge: Bomb. Eversmanni, 
Mycteroplus puniceago, Euterpia Laudeti, Pericyma albidentaria Fr, 
Coleophora argyrella HS. — (St. &. Z. XXVIll. 233— 246.) 

Staudinger, Dr., Einige neue Lepidopteren (aus der 
Sammlung des verstorbenen Gruner) Lycaena lucifera Kind 
in lit: — Alis supra nigro-fuscis (limbo excepta) aeruginosa squama- 
tis; subtus canis, ocellatis, anteriorum ocello basali nullo, posticorum 
maculis ocellaribus 7 antemarginalibus viridi-argenteis, intus fulvo- 
marginatis. 30 mill. S' aus dem Altai. Steht der Oberseite nach bei 
L. Argus. — Zygaena Erebus: nigricans, abdomine tenui, pilosa, ala- 
rum anter. maculis 3 elongatis rubris, ut in Z. scabiosae: macula 
media nonnungquam dissecta; alis poster. rubris late nigro-marginatis 
26—30 mill. X Südl. Russland; steht zwischen Z. brizae und scabio- 
sae. — Arctia Kindermanni: nigra; antennis, fronte, abdomine utrim- 
que subtusque et alarum postic. disco flavis; alis anter. nigris linea 
alba ex basi oriente et in maculam maximam albam, deformem, varie 
sinuata, ter costam, semel marginem posticum tangentem dilatata, ma- 
cula parva costali prope basin alba 30 mill. f. Ural. — A. Gruneri 
Kind. in litt. Pubescenti-alba, palpis, thoracis maculis 3, abdominis 
maculis dorsalibus , :punetis lateralibus, fuscis subtus, alar. anterior. 
maculis longitudinalibus striatisque numerosis, posticorum maculis 4 
antemarginalibus magnis nigris; alis poster. rubescentibus. 40 mill. 9. 
Altai. — Agrotis nigrina Kind. in litt. Nigricanti-grisea, antennis in 
d' pectinatis; alar. anter. punctis marginis postici, strigis 3, externa 
denticulata, maculis tribus ordinariis obsolete nigris: alis poster. in J" 
ubique, in © basi albicantibus. 34 mill. Altai. — A. excellens Kind. 
in litt. Cinerea, antennis in 5 ciliatis; palpis externis infra nigris, 
ceterum cum fronte canis; prothorace cano nigroque fasciato; alis 
anterior. cinereis basi discoque (maculas 3 ordinarias distinctissimas 
gerente) nigricantibus, strigis 3 ordinariis non serratis nigris, secunda 
tertiaque prope dorsum confluentibus, striolis limbalibus cuneatis li- 
neaque marginali nigris; alis posterior. albis 38 mill. f! ebendaher. 
— Botys cultralis: Alis subpellucidis flavidis, anterioribus longe acu- 
minatis, costae basi, puncto ante, macula post medium, striga post 
eam undulato-angulata fasciaque antemarginali fuscescentibus; poste- 
riorum margine medio subsinuato, striga media fasciaque marginali 
fuscescentibus. 35 mill. Z. Caucasus. — B. (Pyrausta) trimaculatis: 
Nigra, alarum ciliis externis albidis, anteriorum maculis 3 orbicula- 
ribus, posteriorum fascia media utrimque abrupta aurantiacis. 12 mill. 

Bd. XXXI, 1868. 6 


66 


Z. Amasia. — Crambus argentarius: Alis anter. non emarginatis, ar- 
genteis totis, striga post medium bis acutissime fracta et supra pli- 
cam cum linea longitudinali conjuncta strigisque 2 posticis gemina- 
lis bis marginem tangentibus luteis; alis poster, canis. 25 mill. J' 
Ural. Zwischen Cr. uligosellus und pascuellus. — ($t.E Z. XXPVII. 
100-110.) 

Cornelius, Entwicklungsgeschichte der Galleruca 
calmariensis L. = G. lythri Gyll. — Die Larve lebt vom Juli 
bis Septbr. auf Lythrum salicaria. Sie wird ausführlich beschrieben. 
Zur Verpuppung geht siein die Erde; auch die Puppe wird beschrie- 
ben. — (St. E. Z. XXVIII. 213.) 

Leon Fairmaire. Descriptions de 6 nouvelles es- 
peces du genre Ichtyurus (Thelephorides). — Es werden 
Diagnosen und Beschreibungen gegeben von folgenden: J. Semperi 
aus Luzern, J. forficuloides von Sarawak, J. Dohrnii von Luzon, 
J. scripticollis ebendaher, J. bicaudatus, Ceylon, J. inermis, Ceylon. 
— (St. E. Z. XXVill, 113—117.) 

Bethe, Dr., Zwei neue deutsche Stiaphylinen: Oxyte- 
lus Eppelsheimii: Nigro-piceus, parum nitidus fere opacus, antennis, 
pedibus rufis, thorace trisulcato margine crenato, capite, thorace ely- 
trisque dense longitudinaliter punctato-rugosis, fronte apice impressa 
coriacea. lg. 3,8 mill. lat. 0,9 mill. Segmento 5. subtus in marginis 
medio tubereulo nigro-piceo acuto prominente, 6. longitudinaliter fo- 
veolato margine bituberculato, 7. trilobato; dem O. rugosus und in- 
secatus am nächsten stehend. — Euaesthetus Mariae: Niger depres- 
sus, subparallelus, fere opacus, antennis, ore, palpis pedibusque ru- 
fis abdominis piceo, subtilissime scabre punctatus, thorace elytris lon- 
giore, hoc lateribus rotundatis crenatis, basim versus subangustato, 
lineolis fere rectis impressis, lg. 1,4 mill. Mas. Segmento 5. medio 
paulo incrassato, 6. protracto et triangulariter exciso, quasi- obtuse 
bifido; 7. ample emarginato et leviter inciso. Fem, Segmentis abdom. 
simplicibus. Steht dem E. pullus Thomson am nächsten. — (St.E.Z. 
XXVII. 307.) 

Cryptocephalus astracanicus .n.sp. Suffrian: Pallidus 
antennis apice, thoracis rugoso-punctati lituris fasciisque 2 elytrorum 
fuscis, his profunde punctato-striatis, interstitiis parce seriatim punc- 
tulatis et pilosis. lg. 12/3‘, lat. 3/4‘. Steht am nächsten dem ostin- 
indischen Cr. obliteratus Suffr, — (Ebd.) Ty. 


Uorrespondenzblatt 
des 
Naturwissenschaftlichen Vereines 
für die 


Provinz Sachsen und Thüringen 


in 
Halle. 
1868, Januar. Ne LT. 


Sitzung am 8. Januar. 


Eingegangene Schriften: 


1. Sitzungsberichte der kk. Akademie der Wissenschaften in Wien, 
Math. naturwiss. Klasse. 1867. I. Abtheil. 3—6. II. Abtheil. 3—7. 

2. Bulletin dela Societe des Sciences naturelles de Neuchatel. VII. 
3. Neuchatel 1867. 8°. 

3. Der Zoologische Garten. Zeitschrift f. Beobachtg. etc. von Dr. 
F. C. Noll. 1868. IX. Jahrg. Nr. 1. 

4. Monatsschrift des landwirthschaftlichen Provinzialvereins für die 
Mark Brandenburg und Niederlausitz von E. v. Schlicht 1867. 
Nr. 12 Decbr. 

5. Zeitschrift des landwirthschaftlichen Centralvereins der Provinz 
Sachsen etc. von Dr. Stadelmann XXV. Jahrgg. 1868. Nr. 1 
Januar. 

6. A kiralyi magyar Termeszettudomanyi Tarsulat Közlönye. 1865. 
66. Pesten 1866. 67. 8°, 

7. A kiralyi magyar Termeszettudomanyi Tarsulat evi jeleutese Tag- 
jarol es 1865. 66. Pesten 1866. 67. 8°. 

8. Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel IV. 4. 
Basel 1867. 8°. 

9, Festschrift herausgegeben von der Naturforschenden Gesellschaft 
in Basel zur Feier des 50jährigen Bestehens 1867. Basel 1867. 8°. 

10. Zu einer Weihnachtsgabe für arme Schulkinder unserer Stadt 1866: 
Seltene Pflanzen um Saalfeld von Dr. R. Richter 1867.— Ausalten 
Grüften von demselben. Saalfeld 1866. 67”. — Geschenk des 
Herrn Verf.'s. 

11. Paul Reinsch, morphologische, anatomische und physiologische 
Fragmente. Moskou 1865. 8°. — Geschenk des Hrn. Verf.s. 

5* 


el 


68 


Die Sitzung wurde mit statutenmässiger Neuwahl des Vorstan- 
des eröffnet und wurde der seitherige Vorstand durch allgemeine Ak- 
klamation für das laufende Jahr bestättigt und nur statt Hrn. Bra- 
sack, der nächstens Halle zu verlassen beabsichtigt, Hr. Köhler 
gewählt. Es fungiren also als 

Vorsitzende: die Herren Giebel und Siewert. 

Schriftführer: die Herren Taschenberg, von Landwüst und 

Köhler. 

Kassirer: Herr Marschner. 

Bibliothekar: Herr Schubring. 

Auch der wissenschaftliche Ausschuss wurde einstimmig wieder 
gewählt. 

Herr W. von Nathusius-Königsborn theilt die Resultate sei- 
ner Untersuchungen über die Bildung der Schale der Vogeleier mit. 
(S. 19.) 

Herr Giebel legt ein von Torgau zur Präparation eingeschick- 
tes sehr schönes und grosses Exemplar von Lepus timidus var. i84- 
bellina vor. Dasselbe zeichnet sich durch schneeweisse Schnauze, 
solche Wangen und breiten weissen Streif durch das Auge bis zum 
Ohre, durch schneeweisse Mitte der rostgelben Hinterseite der Ohren, 
weissen Nacken, völlig weisse Unterseite, Schwanz und Hinterseite 
der Schenkel aus, der ganze übrige Pelz ist licht und isabellfarben 
mit vielen weissen Haaren gemischt. Ein ähnliches Exemplar in der 
Halleschen Sammlung ist dunkler isabellgelb, ohne schneeweiss und 
lichtgeiblich weiss und an der Hinterseite der Ohren gleichmässig 
dunkel rostgelb. 

Herr Siewert giebt eine kritische Beleuchtung der neuesten 
Arbeit von Seegen über den Stoffwechsel (S. Februarhaft) und legt 
ausserdem einige durch Diffusion erhaltene sehr schöne Krystalle von 
chromsaurem Baryt vor, welcher die verschiedenen Formen des koh- 
lensauren Kalkes nachahmt. 

Herr Giebel weist unter Vorlegung einiger Exemplare und 
der bezüglichen Abbildungen die Identität der früher von ihm be- 
schriebenen Fischgattungen Chilodus und Styracodus aus dem Wetti- 
ner Kohlengebirge mit Diplodus — Xenacanthus nach und schildert 
letztere nach Kners eingehenden Untersuchungen. (S. 24.) 

Herr Köhler gedenkt einer einfachen Methode, nach welcher 
eine grosse Flasche mit wenig Aether der Sonne ausgesetzt, Ozon 
erzeugen soll. 

HerrSchubring gedenkt dreier Männer der Wissenschaft und 
Kunst, welche in letzterer Zeit ihrem Wirkungskreise durch den Tod 
entrissen worden sind: Prof. Kämtz in Dorpat, Karl Schimper 
in Schwetzingen, Moritz Hauptmann in Leipzig, der sich um die 
Musikwissenschaft auch in akustischer Beziehung vielfach verdient 
gemacht hat. 


69 


Sitzung am 15. Januar. 

Eingegangene Schriften: 

1. Koch, Prof. Dr., Wochenschrift des Vereines zur Beförderung 
des Gartenbaues in den k. preuss. Staaten. Berlin 1867. Nr. 49 
—52. 4°, 

2, The Quaterly Journal of the Geological Society XXIII Nr. 92. 
London 1867. 8%, Nebst Mitgliederverzeichniss. 

3. Correspondenzblatt des zoolog. mineralogischen Vereins in Re- 
gensburg 21. Jahrg. Regensburg 1867. 8%, Nebst Sammlungen- 
verzeichniss. 

4. Vier Karten des Herzogthums Steiermark vom Geognostisch- 
montanistischen Vereine; der Text wird nachträglich geliefert. 

5. Taschenberg, Dr., Illustrirtes Thierleben. 6. Lief. Hildburghau- 
sen 1868 gr. 8°. 

Zur Aufnahme angemeldet wird: 

Herr Sanitätsrath Dr. Ficinus in Stollberg am Harze 

durch die Herren Giebel, Köhler, Taschenberg, 

Herr Schubring sprach über die chemische Harmonika, und 
machte besonders darauf aufmerksam, wie man sich durch einige ein- 
fache Mittel von der durch das Vibriren hervorgebrachten Discon- 
tinuität der Flamme überzeugen kann, Man braucht nämlich nur das 
Bild der Flamme in einem rotirenden Spiegel — oder in einem mit 
der Hand schnell hin und her bewegten Spiegelstückchen — oder 
auch nur mit wackelndem Kopfe zu betrachten: sobald die Flamme 
zu tönen beginnt, löst sich das durch die Bewegung bandförmig lang- 
gezogene Bild derselben in eine Anzahl getrennter Flammenbilder 
auf. Sodann führte derselbe eine nach dem Vorschlage von Reusch 
construirte colossale chemische Harmonika vor, bestehend aus einer 
9 Fuss langen Röhre, welche durch einen grossen Bunsenschen Bren- 
ner mit einem Drahtnetz am obern Ende zum Tönen gebracht wurde; 
dieselbe gab bei verschiedener Stellung der Röhre ausser ihrem Grund- 
tone auch die harmonischen Obertöne gesondert an; der Klang war 
sehr voll und erinnerte an das Alphorn. (cfr. Bd. XXVII, 325.) 

Sodann bespricht Herr Giebel einen von ihm als Glyphis ger- 
manica beschriebenen Fischzahn aus der Lattorfer Kohle, der sich 
schon früher als Naisia apicalis vom Grafen Münster (Beitr. z. Petrefkde 
VII. 34) beschrieben findet, weshalb sein Name in Glyphis apicalis 
umzuändern sei. 

Weiter legt derselbe ein Spiritus-Präparat der Aorta descen- 
dens einer Fischotter vor, an welcher sich 2 krankhafte Verknöche- 
rungen zeigen, in einer Weise, wie sie nach Herrn Köhler’s Mei- 
nung an derselben Stelle bei Menschen bisweilen auch vorkommen. 

Zum Schluss wurden einige mehr zur Belustigung dienende op- 
tische Apparate vorgelegt, welche der Herr Mechanikus Nockler 
freundlichst zur Disposition gestellt hatte. Es zeigte nämlich Herr 
Baldamus ein Stroboscop oder Phenakistoscop in neuer 
Form; dasselbe besteht aus einem oben offenen Pappcylinder von c. 


70 


1 Fuss Durchmesser und 10‘ Höhe, im obern Theile desselben sind 
schmale Spalten parallel zur Axe eingeschnitten, durch welche man 
nach den im Innern des Cylinders aufgestellten Bildern sieht; diese 
Bilder sind auf Streifen, deren Länge gleich dem Umfang des Cylin- 
ders ist, nach den bekannten Principien gezeichnet. Lässt man nun 
den Cylinder um seine Axe rotiren, so sieht man die in verschiede- 
nen Stellungen gezeichneten Gestalten schnell auf einander folgen und 
sie scheinen sich vermöge des Gesetzes von der Dauer des Lichtein- 
drucks im Auge ganz regelmässig zu bewegen. Der Apparat zeich- 
net sich vor den bekannten stroboskopischen Scheiben dadurch 
aus, dass bei guter Beleuchtung 20-30 Personen zugleich die Er- 
scheinung beobachten können. 

Darauf zeigte Herr Schubring eine unter den Namen Gri- 
maskistoskop in den Handel gekommenes Instrument, welches von 
jedem Bilde in Visitenkartenformat 2 sehr stark verzerrte optische 
Bilder giebt. Dies Instrument besteht im wesentlichen aus einer 
Linse, deren Oberfläche ungefähr so: __ (in der Mitte nicht so spitz) 
geschliffen sind, sie ist aber nicht um ein Centrum geschliffen, son- 
dern cylindrisch, so dass die Oberflächen einen Grad haben; der Grad 
der obern Fläche ist gegen den der untern um 90° gedreht; die Linse 
zeigt nun von jedem Punkte aus eine andere Verzerrung der darun- 
ter befindlichen Objecte — niemals aber giebt sie keine Verzerrung; 
Diese Linse wird durch ein Uhrwerk in Rotation versetzt, so dass 
sich die Verzerrungen jeden Augenblick ändern. Durch Anwendung 
zweier Convexgläser die vor der rotirenden Linse angebracht sind, 
erhält jedes Auge ein anderes und sich fortwährend änderndes ver- 
zerrtes Bild des eingelegten Portraits. 


Sitzung am 22. Januar. 


Eingegangene Schriften: 

Nobbe, Beiträge zur Pflanzencultur in tropfbarflüssigen Wurzelen- 
den. Separatabdruck aus der Chemnitzer landwirthschaftl, Ver- 
suchsstation. 

Als neues Mitglied wird proclamirt: 
Herr Sanitätsrath Dr. Ficinus in Stollberg am Harze. 
Zur Aufnahme angemeldet werden die Herren: 
Zwanziger, Apotheker hier, 
Hugo Hoffmann. stud. phil. hier 
durch die Herren Siewert, Giebel, Taschenberg. 


Herr Brasack führt höchst interessante Versuche mit einer 
Anzahl Kreisel vor, welche von Herrn Mechanikus Schmidt in Berlin 
gefertigt worden. Von der einfachen Bewegung eines senkrecht ro- 
tirenden Kreisels ausgehend, erörtert der Vortragende zunächst theo- 
retisch diejenigen Erscheinungen, welche eintreten müssen, wenn eine 
Kraft die Achse gewaltsam aus der senkrechten Stellung herausdrängt 
und zeigt darauf die sich hieran schliessenden Versuche mit einigen 


“ 


höchst überraschenden Abänderungen, Zu dem Verhalten freier Ach- 
sen zu freien Achsen übergehend, lässt sodann der Vortragende 
mehre Kreisel auf einander tanzen, deren Achsen je nach gleich oder 
entgegengesetzt gerichteter Drehung der Scheiben das Bestreben zei- 
gen, sich in eine gerade Linie zu stellen resp. sich gegen einander 
soweit zu neigen, als Grösse und sonstiges Arrangement der Kreisel 
solches gestatten. Nachdem sodann der Vortragende die Abhängig- 
keit der Erscheinungen theils von der eigenen Schwere des Kreisels 
theils von der beweglichen oder festen Unterstützung desselben ex- 
perimentirend erläuternd zeigte, erklärte er endlich die drehen- 
den Bewegungen, die einem in horizontaler Ebene drehbaren Hebel 
durch einen rotirenden Kreisel ertheilt werden, wenn die Achse des 
Kreisels senkrecht zur Drehungsebene des Hebels in ein Zapfenloch 
gesteckt wird, in welchem sich selbige mit der zur Bewegung des 
Hebels erforderlichen Reibung drehen kann. 

Herr Siewert theilt aus den von Herrn Nobbe angestellten 
Versuchen über Pflanzeneultur in wässrigen Lösungen das überraschende 
Resultat mit, dass der japanische Buchweizen hierin einen drei- bis 
viermal grösseren Ertrag geliefert hat als im Boden, 

Sodann erläutert derselbe den Schwefelwasserstoff-Apparat von 
Gibsone. 

Weiter referirt derselbe die Versuche von Klein und Verson 
über den Einfluss des Kochsalzes auf den Organismus, welche die 
grade entgegengesetzten Resultate ergeben haben, die Voit früher 
gefunden hatte. (S. Februarheft.) 

Bei der durch diesen Vortrag veranlassten lebhaften Debatte 
erklärte Herr Giebel, dass die sich immer wiederholenden Wider- 
sprüche in den Resultaten der chemischphysiologischen Untersuchun- 
gen garnicht überraschen könnten, da die bezügliche Untersuchungsme- 
thode selbst auf grobem Widerspruch basire.' In streng materialistischem 
Sinne löse nämlich diese Methode den ganzen Organismus in eine 
beliebige Anzahl von einander unabhängiger Apparate auf, in deren 
jedem ein chemischer oder physikalischer Process völlig selbststän- 
dig verlaufe. Der Magen und Darm des Hundes und Ochsen, der 
Katze und des Kaninchens sei ganz derselbe und in allen vieren 
verlaufe ganz unterschiedslos derselbe Process. Wäre dies wirklich 
der Fall: so könnten doch Hund und Katze, Ochse und Kaninchen 
nicht so gänzlich verschieden sein wie die Zoologie dieselben fin- 
det. Ihre Verschiedenheit aber erstreckt sich bis in die äussersten 
organischen Elemente hinein: der Zoologe vermag noch in der fein- 
sten mikroskopischen Struktur z. B. der Zähne den Hund von .der 
Katze, den Ochsen vom Kaninchen sicher zu unterscheiden und wei- 
ter beruhen diese Verschiedenheiten auf so tief im Wesen eines je- 
den Organismus begründeten unabänderlichen Gesetzen, dass wie je- 
der Physiologe weiss mit untrüglicher Sicherheit aus einem Organe, 
einem einzigen Knochen das ganze Thier construirt werden kann, 


72 


Und bei solch durchgreifender Verschiedenheit der Organe bis in ihre 
Elemente hinein soll der Verdauungsprocess überall und unterschieds- 
los derselbe sein! bei dieser überaus strengen Abhängiskeit der Or- 
gane und Theile unter und von einander sollen die sämmtlichen Le- 
bensprocesse völlig unabhängig von einander verlaufen! In solchem 
Falle würde unzweifelhaft der Magen und Darm ebensogut ausser- 
halb des Leibes wie innerhalb desselben sein Verdauungsgeschäft 
verrichten und wir würden sehr leicht auf anderem Wege als mit- 
telst des Darmes unserem Leibe die nöthige Nahrung zuführen kön- 
nen. Auf den Verdauungsprocess und in steter Abhängigkeit und 
mit ihm wirken unterbrochen und gleichzeitig Kreislauf und Ath- 
mung, Absonderung und Ausscheidung, kurz die Thätigkeit der sämmt- 
lichen Organe im Körper. Was aber sagen jene Untersuchungen von 
der gleichzeitigen Thätigkeit des Nervensystems und der Sinnesor- 
gane, von dem Kreislauf, den Lungen, der Haut, was von dem Stoff- 
wechsel in den Muskeln, Schleimhäuten, Drüsen, deren Gesammtheit 
allein doch den Verdauungsprocess bedingt, leitet und beherrscht? so 
viel wie gar nichts. Kein einziger Organismus ist eine blosse Summe 
von Apparaten und Procesen, vielmehr jeder eine specifische Einheit; 
einer dieser sogenannten Apparate kann ebensowenig für sich beste- 
hen wie einer der vielen Processe unabhängig, unbeeinflusst von den 
andern erfolgen kann. So lange also jene Untersuchungsmethode mit 
blossen Apparaten im Organismus experimentirt, wird;sie nie ein si- 
cheres und befriedigendes Resultat erzielen, das Wesen der verschie- 
denen im Lebensprocesse unzertrennlich vereinigten Thätigkeiten lässt 
sich nimmer aus Retorten allein, nur aus dem einheitlichen an und 
für sich untheilbaren Organismus ermitteln. Dieser muss dem Ex- 
periment unterworfen werden und nicht sein Darm allein, seine Lun- 
gen allein, seine Haut allein. Redner will keineswegs in Abrede 
stellen, dass die Erforschung der Lebensthätigkeit des Organismus 
mit derlei Einzeluntersuchungen beginnen müsse, er erkläre sich nur 
gegen deren Methode und entschieden gegen die Anmassung auf jede 
Einzeluntersuchung sofort ein allgemeines Gesetz für das Leben der 
Thiere zu begründen. 


Zum Schluss legt Herr W. Schlüter einige ausgestopfte Vö- 
gel aus Schweden vor, einen sehr schönen Bastard vom Auerhahn 
und Birkhuhn (Tetrao medius) einen desgleichen von Birkhuhn und 
Schneehuhn (Tetrao lagopodiodes) und letzteres selbst. 


Sitzung am 29. Januar. 


Eingegangene Schriften: 


v. Schlicht, Monatsschrift des landwirthschaftlichen Provinzialver- 
eines für die Mark Brandenburg und Niederlausitz. Nr. 1. Berlin 
1868, 8°, 


73 


Als neue Mitglieder werden proclamirt die Herren: 
Zwanziger, Apotheker hier, 
Hugo Hoffmann, stud. phil, hier. 

Im Anschluss an seinen letzten Vortrag zeigt Herr Brasack, in 
welcher Weise sich die Schmidt’schen Kreisel zweckmässig für aku- 
stische und optische Versuche benutzen lassen. Eine einfache Sirene, 
in Gestalt einer nach bestimmten Principien durchlöcherten Metall- 
scheibe wird mittelst eines Gummiringes an die Kreiselscheibe an- 
gedrückt, und setzt man letztere in Rotation, so geräth auch die Si’ 
rene in so schnelle Drehung, dass sie beim Anblasen sehr deutliche 
und schöne Accorde vernehmen lässt. In ähnlicher Weise lassen sich 
auch Farbenmischungen mit dem Kreisel erzielen, indem man kreis- 
förmige Scheiben, die mit verschieden farbigen Factoren bekleidet 
sind an dem Kreisel befestigt. Legt man gleichzeitig einen nicht 
fest mit der Achse verbundenen Pappstreifen über dieselbe, so wer- 
den einige Sectoren der Farbentafel verdeckt und die Mischfarbe wird 
eine andere sein. Da nun jener Pappstreifen vermöge des Luftwider- 
standes in seiner Bewegung im Verhältniss zur Scheibe zurückbleibt, 
so wechseln die verdeckten Farben und mithin auch die Mischung 
fortwährend. Versetzt man einen einfachen weiss oder farbig be- 
klebten Pappstreifen in Rotation, so erscheint derselbe naturgemäss 
als kreisrunde transparente Scheibe u. dergl. m. Ueberhaupt macht 
der Vortragende darauf aufmerksam, dass die Kreisel noch für man- 
chen andern Versuch zweckmässig Verwerthung finden können und 
dies um so mehr, da sie ein so bedeutendes Beharrungsvermögen be- 
sitzen, dass ein einmal in Bewegung gesetzter Kreisel mit Leichtig- 
keit während 15—20 Minuten rotirt. 

Herr Siewert machte Mittheilung über Darstellung von Sauer- 
stoff, um denselben bei technischen Analysen zu benutzen. Nach den 
neuesten Angaben von Tessie de Mothay soll sich derselbe am bil- 
ligsten in der Weise darstellen lassen, dass man zuerst in einem pas- 
senden Apparate durch künstlich eingepresste Luft eine bei begin- 
nender Rothgluht schmelzende’Masse von Mangansuperoxyd und Aetz- 
natron zu mangansaurem Natron oxydirt und darauf durch Ueberlei- 
tung von Wasserdämpfen das eben gebildete mangansaure Salz wieder 
in Manganoxyd und Natron zurückgewandelt, während der durch die 
Wasserdämpfe von der Schmelze abgetriebene Sauerstoff nach Con- 
densation der Wasserdämpfe in ein Gasometer eingeleitet wird. Sobald 
aller Sauerstoff abgetrieben ist, wird die Wasserdampfzuführung ab- 
gestellt und die rückständige Masse von neuem durch eingepresste 
Luft oxydirt, worauf wieder die Abtreibung des aufgenommenen Sauer- 
stoffs durch Wasserdampf erfolgt. Diese abwechselnde Oxydation und 
Desoxydation, resp. die Gewinnung‘ des Sauerstoffs soll ununter- 
brochen ausführbar sein. — Der Vortragende erwähntenebenbei 
die von ihm bewirkte Darstellung einiger neuer Manganoxydsalze, 
worüber er nähere Mittheilungen im nächsten Hefte der Zeitschrift 
sich vorbehält, Weiter machte er auf die in neuester Zeit fortge- 


74 


schrittenen Bemühungen aufmerksam, die bisher üblichen Phosphor- 
Streichhölzchen durch sog. Antiphosphorstreichhölzchen zu ersetzen, 
und kam zu dem Resultate, dass es in jeder Beziehung dem allge- 
meinen Interesse entspräche, wenn der Staat die fernere Benutzung 
gewöhnlicher Zündhölzchen untersage. 

Zum Schluss verbreitet sich Herr Giebel ausführlicher über 
die Geschmacksnerven der Froschzunge nach den neuesten Untersu- 
chungen von Engelmann, 


Beobachtungen der meteorologischen Station zu Halle. 


Jahresbericht 1867. 


Aus den meteorologischen Beobachtungen des Herrn Mechani. 
kus Kleemann im Jahre 1867, die in ihren Details in den Tabellen 
des vorigen Jahrganges dieser Zeitschrift mitgetheilt sind, ergeben 
sich folgende Resultate: 


Der mittlere Luftdruck war in diesem Jahre nahezu nor- 
mal, besonders in dem meteorologischen Jahre (1. December 1866—30. 
November 1867); im Kalenderjahre war er etwas tiefer. Von den ein- 
zelnen Monaten hatte der Januar, März, April, Juli, October, De- 
cember im Vergleich zum 10jährigen Mittel (1851 — 1860) einen zu 
tiefen, die übrigen Monate einen zu hohen Barometerstand; die 
grösste Abweichung vom Mittel fand statt im Januar (—2'",84). 

Für drei Monate sind die zehnjährigen Mittel, die ich früher 
dem Werke des Herrn vom Hagen, „die Stadt Halle u. s. w.“ ent- 
nommen habe nach den Originalberechnungen wie folgt zu corri- 
giren: 

; Monat 10jähriges Mittel; diessjährige Abweichung*) 


Juni 333',87 + 0,81 
Juli 333,87 — 0,37 
August 333,91 + 1,02 


Die früher angegebenen Mittel-Werthe sind Mittel, dieKämtz 
bei einer ältern Beobachtungsreihe gefunden hatte, und durch ein 
Versehen in die Tabelle des Hagen’schen Werkes gekommen sind. 

Die folgende Tabelle giebt für den auf 0° reducirten Luft- 
druck die Mittel, Maxima und Minima in den einzelnen meteorologi- 
schen Vierteljahren (Winter = December 1866 — Februar 1867, Früh- 


*) Auch die Abweichung im Jahre 1866 ist hiernach zu cor- 
rigiren. 


75 


ling = März — Mai; Sommer — Juni bis August, Herbst = Sep- 
tember — November) sowie im meteorologischen und Kalender- 
Jahre an. 


Luftdruck auf 0° redueirt. 
300 Pariser Linien + 


Mittel Maxima Minima 
Vm.6 M.2 Ab.10 Mittel 
Winter 33,43 33,56 33,13 33,57 41,78 (18. Febr.) 23,70 (6. Febr.) 
Frühling 32,81 32,19 32,87 32,82 43,46 (2. März) 24,38 (9. April) 
Sommer 34,43 34,27 34,39 34,36 38,65 (27. Juni) 28,76 (19. Juli) 
Herbst 35,10 34,98 35,19 35,09 40,57 (24. Nov.) 27,36 (7. Octb.) 


Met.-Jahr 33,94 33,90 34,03 33,96 43,46 (2. März) 23,70 (6. Febr.) 
Kal.-Jahr 33,86 33,80 34,00 33,89 ebenso 22,98 (2. Dec.) 


Die vierteljährlichen Mittel in jenen 10 Jahren und die diess- 
maligen Abweichungen sind folgende: 


Winter Frühling Sommer Herbst 
Mittel 334,32 333,58 333,93 334,17 
Abweichung —0,75 —0,76 +0,43 +0,92 


Der mittlere Barometerstand beträgt nach den Beobachtungen 
der genannten 10 Jahre: 
333,97 
er war also diessmal 
im meteorologischen Jahre 0,01 zu niedrig 
im Kalender-Jahre 0208, » 
Zur Beurtheilung der Grösse der Schwankungen folgen hier 
nach den Beobachtungen der Jahre 1851—1860 die 


Mittel der absoluten 
Maxima Minima Maxima Minima 
Winter 341,89 324,45 343,96 (1859/60) 321,07 (1856/7) 
Frühling 340,30 325,51 344,19 (1852) 321,14 (1858) 
Sommer 337,93 328,34 338,70 (1851) 325,94 (1859) 
Herbst 340,74 325,28 343,34 (1859) 322,08 (1860) 
Schliesslich theile ich noch die Differenzen zwischen den höch- 
sten und tiefsten Barometerständen in den einzelnen Vierteljahren, 
so wie die grössten Schwankungen innerhalb eines Tages mit: 


Grösste Schwankungen des Barometers. 


überhaupt binnen 24 Stunden 
Winter 18,08 — 9,53 (9), Dee. 1866) 
Frühjahr 19,08 + 9,61 (11a April 1867) 
Sommer 339 — 4,89 (12); Juni 1867) 
Herbst 13‘ 21 — 6,50 (2/3 Octob, 1867) 
Met.-Jahr 9716 + 9,61 (Frühjahr) 


Kal.-Jahr 20,45 ebenso 


76 


Die mittlere Luftwärme ist höher als das zehnjährige 
Mittel, von den einzelnen Monaten hatte der December 1866, der 
Februar 1867, der April, Mai, August, September und November eine 
zu hohe mittlere Temperatur, die übrigen Monate eine zu niedrige. 

Für die einzelnen Vierteljahre und das ganze Jahr ergeben 
sich folgende Mittel und Extreme: 


Luftwärme 
Grade nach Reaumur 

Mittel Maxima Minima 
Winter 1,33 3,42 1,90 2,21 1094 (7. Decbr.) — 10,2 (6. Jan.) 
Frühling 4,48 8,54 5,56 6,19 24,1 (81. Mai) -— 6,6 (14. März) 
Sommer 12,11 17,51 12,91 14,18 26,3 (20. Aug.) 7,6 (16. Juni) 
Herbst 5,67 10,14 6,91 7,57 24,2 (1. Sept.) — 2,0 (24. Nov.) 
Met.-IJ. 5,93 9,94 6,85 7,57 26,3 (20. Aug.) -— 10,2 (6. Jan.) 
Kal.-J. 5,67 9,67 6,60 7,32 ebenso ebenso 


Die vierteljährlichen Mittel der Jahre 1851—1860, sowie die 
diesjährigen Abweichuugen sind folgende 


Winter Frühling Sommer Herbst 
Mittel 0°,08 50,96 140,41 69,98 
Abweichung + 29,13 + 09,23 — 09,23 + 09,69 


Die mittlere jährliche Temperatur ist nach den Beobachtungen 
jener Jahre 
69,89 
sie war also diesmal im Kalenderjahre 0°,59 zu hoch 
im meteorologischen Jahre 0°,34 r 


Die Extreme in den erwähnten Jahren sind folgende: 


Mittel der absolute 
Maxima Minima Maxima Minima 
Grade nach Reaumur 
Winter 9,0 1 10,9 (1854/5) — 19,3 (1854/5) 
Frühling 21,0 = 01 244 (1857) — 10,9 (1853) 
Sommer 25,4 2,1 27,9 (1857) 5,7.(1354) 
Herbst 19,6 — 6,9 23,6 (1854) — 11,0 (1866) 


Ausser den Differenzen zwischen dem Maximum und Minimum 
eines jeden Vierteljahres habe ich noch die grössten Schwankungen 
der Temperatur im Laufe eines Tages und eines Vormittages aufge- 
sucht, dieselben sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt: 


Grösste Schwankungen des Thermometers. 
Grade nach Reaumur 
überhaupt binnen 24 Stunden v.Mg. 6—-Mit. 2 


Winter 20,6 10,1 (Jan.) 8,7 (Febr.) 
Frühling 30,7 11,1 (Mai) 12,3 (Mai) 
Sommer 18,7 8,6 (Juni) 12,1 (Aug.) 
Herbst 26,2 7,7 (Nov.) 12,4(Sept.u.Noy.) 


Jahr 36,5 11,1 (Mai) 12,4 (Sept.u.Nov.) 


un 


Unter 0° sank die Temperatur im Winter 1866/7 zum letzten 
Male am 22. März Morgens, im Winter 1867/38 zum ersten Male am 
13. November. Auf die einzelnen Vierteljahre vertheilen sich die 
Tage mit Frost wie folgt: 
Zahl der Tage deren Temperatur 


überhaupt im Mittel ganz und gar 
unter 0° sank 
Winter 32 24 15 
Frühling 16 10 4 
Sommer 0 0 0 
Herbst 6 1 1 
meteorolog. Jahr 54 35 20 
Kalender Jahr 65 47 35 


Auf 20° und darüber stieg die Temperatur 
im Frübjahr an 6 Tagen (zuerst am 7. Mai 
im Sommer an 23 „ 
"im Herbst an 4 Tagen (zuletzt am 13. Sept.) 
im ganzen Jahre also an 33 Tagen; die mittlere Tagestemperatur hat 
die Höhe von 20° nie erreicht. 


Der Dunstdruck (bekanntlich das absolute Mass für die 
Feuchtigkeit der Luft war ebenso wie die relative Feuchtig- 
keit im ganzen etwas höher, als das Mittel der Jahre 1851—1860 be- 


trägt. Es ergeben sich nämlich für dieses Jahr folgende Mittel: 
Dunstdruck relative Feuchtigkeit 
pariser Linien Procente 
Vm.6 Mitt.2 Ab.10 Mittel V.6 M.2 Ab.10 Mittel 
Winter 1,98 2,22 2,04 2,08 83,34 79,710 82,56 81,86 
Frühling 2,73 2,85 2,85 2,81 84,94 66,15 81,88 77,66 
Sommer 4,71 4,50 4,65 4,62 82,68 52,79 76,63 70,70 
Herbst 2,96 3,17 3,07 3,07 84,82 65,37 79,80 76,66 
Met.rd. 23,10 319 3160 3,15 83,95 65,93 80,21 76,69 
Kal. J. 3,06 315 3123 311 83,79 66,04 80,16 76,65 
Die 10jährigen Mittel betragen 
Winter Frühling Sommer Herbst Jahr 
Dunstdruck 1',80 2,58 4,713 312 3,05 
Rel. Feuchtkt 83,5%), 73,0%, 71,79% 81,6%, 77,49), 


Die extremsten Beobachtungen über den Feuchtigkeits- 
gehalt im verflossenen Jahre sind folgende 


Dunstdruck, Maximum 7'‘,14 am 2. September 
Minimum 0,42 am 6. Januar 
Rel. Feuchtigkeit Maximum 100°), oft; in den meisten Monaten wie- 
derholt beobachtet) 
Minimum 29%, ("/s; "Js; */o) 


18 


Der Druck der trocknen Luft (Luftdruck vermindert um 
den Dunstdruck) beträgt im 

Winter Frühling Sommer Herbst 
331,49 330401 329° 74 332,02 

meteor. Jahr Kalender Jahr 

330,81 330',78 
das zehnjährige Mittelist: 
330,80 


Die mittlere Windrichtung berechnet nach der Formel 
von Lambert ergiebt sich für die einzelnen Zeitabschnitte folgen- 
dermassen: 

Mittlere Windrichtungen 
Winter Ss — 710 9' 38” — W = WSW 
Frühjahr N — 610 56° 49° — W = WNW 
Sommer N — 750 39° 19" -_W=-Wz. N=-WNW—- W 
Herbst S — 28275 — W= SWz.S. = SSW — SW 


Meteor. J. S — 1723 1" — W=-W.2.S.= WSW—W 
Kalender J. S — 808 23° 35° — W = W.z.S. = WSW — W 


Aus den 10jährigen Beobachtungen aber ergiebt sich 
die jährliche mittlere Windrichtung: 
N — 86° 16‘ 20‘ — W 
dieselbe fällt also fast genau nach Westen, 
Die Zahlen für die Häufigkeit der Winde sind bei den täglich 
dreimaligen Beobachtungen folgende: 


Häufigkeit der Winde 
N NO OÖ so Ss SW W NW 
Winter 50155 210211 14 35 34 60 1 265 
Frühjahr 1918 371032816 848292 1 3514 
Sommer 22 921 3 5 010 6 13 3 44 30 37 4 5910 
Herbst 2 47410 555 225 62 2 IS 2 255 
Met. J. 48 31 80 19 i9 758 20 64 50 237105 142 38 145 32 
Kal. J. 50 34 91 20 19 765 24 65 50 222 103 iil 34 162 38 


Diejenigen Windrichtungen welche in den betreffenden Zeitab- 
schnitten die diametral gegenüberliegenden überwiegen sind fett ge- 
druckt. Es ergeben sich daher folgende: 


Luvseiten des Horizontes 
Winter S...NNW (244—26) 
FrühlingSW ... NNO (201—75) 
SommerSW...NNO (215—61) 
Herbst SO... WNW (211—62) 


Me.J. S...NNW (813-282) 
Kal. J. S...NNW (785-310) 


79 


Die Menge des niedergeschlagenen Wassers war im 
vergangenen Jahre zu gross, im Kalenderjahre 1867 ist der Ueber- 
schuss noch grösser als im meteorologisehen, weil der December 1867 
viel mehr Schnee hatte, als der December 1866; nur die Schneemenge 
des meteorol. Jahres bleibt etwas unter der normalen Grösse; auch die 
Zahl der Tage mit Regen und Schnee war verhältnissmässig hoch. 
In der folgenden Tabelle bedeutet die „Menge desNiederschlags“ 
das auf 1 Quadratfuss niedergeschlagene Quantum Wasser, der Schnee 
ist dabei in gethautem Zustande gemessen; die „Höhe“ giebt-an, wie 
hoch das Wasser auf der Erdoberfläche gestanden haben würde, wenn 
es noch nicht abgeflossen, eingesogen und verdunstet wäre. 


Niederschläge 

Zahl der Taye Menge Höhe des 

mit des ganzen 

Regen, Schnee, Summe. Reyen, Schnee, Summe. Niederschlags 
Cubikzolle Linien 
Winter 38 10 48 554,9 85,3 640,2 53,35 
Frühling 32 T 39 813,2 52,3 865,5 72,17 
Sommer 30 _ 30 760,7 — 760,7 63,39 
Herbst 43 3 46 662,1 U 669,8 55,82 


Met. J. 143 20, 163% 2790,9 145,3 2936,2 244,68 
Kal. J. 137 27 164 2692,3 337,6 3029,9 252,49 


Die mittlere Himmelsansicht war durchschnittlich wolkig (6), 
wie sie es auch im Mittel in den vielfach erwähnten 10 Jahren war. 
Drückt man die Himmelsansicht auf die aus den Monatsberichten be- 
kannte Weise in Zehnteln der Bewölkung aus, so ergiebt sich für 
die einzelnen Vierteljahre folgende Uebersicht: 


Himmelsansicht. 
Mg.6 Mitt.2 Ab.10 Mittel 
Winter 6 7 7 7 wolkig 
Frühling 7 7 6 7 wolkig 
Sommer 5 6 4 5 zieml. heiter 
Herbst 6 6 5 6 wolkig 
Meteor. J. 6 6 6 6 wolkig 
Kalend. J. 6 6 6 6 wolkig 


Klassifieirt man die Tage nach den bekannten 6 Abtheilungen, 
8o gab es in den einzelnen Zeitabschnitten: 
Tage 
bedeckt trübe wolkig zieml.heit. heiter völl.heiter 
1) 909 (19) 649) 21) (0 


Winter 18 30 22 7 9 4 
Frühling 23 20 21 14 10 4 
Sommer 2 16 25 22 21 6 
Herbst 16 14 20 15 22 4 
Met. Jahr 59 80 88 58 62 18 


Kal. Jahr 67 73 90 57 62 16 


80 


Die Zahl der electrischen Erscheinungen war, wie im Jahre 
1866, verhältnissmässig gering, es sind nämlich nur beobachtet: 
15 Gewitter 
nämlich 1 im Winter in der Nacht vom 8—9 Februar 
5 im Frühling 
7 im Sommer 
2 im Herbst (beide am 22. September) 
dazu kommt 1 im Mai beobachtetes Wetterleuchten. 


Zum Schluss der Mittheilungen über die meteorologischen Ver- 
hältnisse theile ich noch den von mir für die einzelnen Vierteljahre 
und das ganze Jahr berechneten mittleren Wasserstand am Unterpe- 
gel der hiesigen (sog. Teuscher’schen) Schleuse mit; die Angaben 
über den Wasserstand verdanke ich dem Herrn Schleusenmeister 
Ochse und seinem Nachfolger Herrn Engelhardt. 


Wasserstand der Saale. 


Mittel Maximum Minimum 
Winter 110759 10‘ 8° (Febr.) 5’ 7‘ (Dec. 66) 
Frühling 90,4 10‘ 6“ (Apr.) 6‘ 2° (Mai) 
Sommer 5‘ 5,2 6° 4‘ (Juni) 5‘ 0“ (Aug.) 
Herbst 51 2,3 5‘ 7° (Nov.) 4' 11‘ (Sept.) 
= q x ho. 8" (Febr) 4 11” (Sept.) 


Der mittlere Wasserstand ist also mehr als einen Fuss höher 
als in den beiden vorigen Jahren, was seinen Grund in dem, wenn 
auch nicht sehr bedeutenden, so doch ziemlich lange andauerndem 
Hochwasser zu Anfange des Jahres seinen Grund hat. Gefroren war 
die Saale im Winter 1866/7 gar nicht, im Winter 1867/8 aber zuerst 
am 8.—10. December, gegen Ende des Monats bedeckte sie sich mit 
grossen Mengen von Treibeis, so dass sich beim abermaligen Gefrie- 
ren (am letzten Tage des Jahres) die Oberfläche der Saale ungeheuer 
uneben gestaltete. G. Schubring. 


Anzeige. 


Den verehrlichen Mitgliedern unseres Vereines 
zur Nachricht, dass mit Einführung des neuen Bundesposttarifes die 
Zusendung unserer Zeitschrift sich unter Kreuzband wohlfeiler, be- 
quemer und schneller als bisher ermöglicht. Die resp. Mitglieder, 
welche diesen Weg der Zusendung wünschen, sind gebeten, dem jetzt 
fälligen Jahresbeitrage zehn Groschen baar oder in neuen Francomar- 
ken beizufügen, wofür jedes während dieses Jahres erscheinende Mo- 
natsheft unserer Zeitschrift sogleich nach Erscheinen franco unter 
Kreuzband zugeschickt wird. 
Halle im Januar 1868. Der Vorstand. 


Druck von W. Plötz in Halle, 


Beobachtungen der meteorologischen Station 


a 0f Comp, 
3560 


vw r. 
Se Zoologv 92 


ES © 
Jauuar 1868. MAR 11.1942 
Im Januar 1867 war im Vergleich zum 10jährige 
der mittlere Barometerstand 1“',27 zu tief (1851—1860 : 334,18), 
der höchste = 1’,99 zu tief (18°t/., im Mittel: 340,56), 
der tiefste » 2',59 zu tief (18°!/., im Mittel: 326°,29). 
Die grösste Schwankung im ganzen Monat beträgt 14‘,87, 
(1851—1860 im Mittel : 14,27), 
innerhalb 24 Stunden aber + 11'’,58 (am 2°/,, Mittags 2 Uhr). 
Die mittlere Lufttemperatur war 19,08 zu tief (185!/60: 00,43,), 
die höchste Luftwärme war 09,9 zu tief (18°!/;, im Mittel 7%,7,), 
die niedrigste Luftwärme war 3°,7 zu tief (18°!/,, im Mittel —79,3,). 
Die grösste Schwankung im ganzen Monat beträgt 170,8, 
(1851—1860 im Mittel 15°,0), 
innerhalb 24 Stunden aber —7°,1 (am 2°/,, Mittags 2 Uhr), 
innerhalb 8 Stunden endlich 5°,9 (am 25 von Mg. 6. — Mittg. 2 U.) 
Am 7., 19., 23., 24, und 29. war es Mittags 2 Uhr kälter als 
Morgens 6 Uhr; am 8. und 20. war es bis Mittags nicht wärmer ge- 
worden. 


Die mittleren Temperaturen der einzelnen Pentaden sind folgende: 


1867 1851—1864 Differenz 
27. Nov.— 1. Dez.: — 60,32 —0°,36 — 50,96 
2. De. — 6. „ —2,36 —0,79 — 1,57 
le GE IE —0,32 —1,41 + 1,09 
a 1628) 4,80 —0,81 + 5,61 
IT. 2er, —1,54 0,99 — 2,53 
2. „ —26. „ 1,10 0,48 .+ 0,62 


Die Temperatur sank unter 0% a) überhaupt an 19 Tagen. 
b) im Mittel an 15 Tagen. 
c) ganz u. garan 12 Tagen. 
Der mittlere Dunstdruck war 0‘,17 zu tief (1851/,0 : 1,83), 
die mittlere relative Feuchtigkeit aber 0,70), zu tief (1851/g0:84,00/,). 
Die Menge des Niederschlags war 113,2 C.-Z. zu gross, 
denn im Mittel von 189!/,, giebt es 110,49 C.-Z. Regen nämlich 95,01 
C.-Z. Regen (an 8 Tagen) und 15,48 C.-Z. Schnee (an 3 Tagen). 
Es gab also im Verhältniss wenig Regen aber sehr viel Schnee. 
Die Himmels- Ansicht war trübe, während sie im Mittel der 
Jahre 1851—1860 wolkig war. Die mittlere Windrichtung lag zwi- 
schen W und WSW, während sie im Mittel der Jahre 1851—1860: 
zwischen SW und WSW liegt (S— 54°24'— W.) Electrische Erschei- 
nungen sind in diesem Monat hier in Halle nicht beobachtet. 
Schubring. 


Station zu 


B B_  Jamuaı anuar 1868. Beobachter: Herr 
Luftdruck Relative- 
= auf 0° redueirt. ; a Feuchtigkeit a 
= 300 Pariser Linien + in Pariser Lin. in Procenten. in Graden 
je) 


Perempo 
9 pwDr os m -ın = 


® |v. 6.|M. 2.)A.10 |Mitt.|v.6.]M.2]A10jMit| v. 6| M.2|A. 101Mit.| v. 60. 2. 


36,61|36,55|36,97/36,71|0,41/0,56| 0,42)o,a6| 59 | 76 | 52 | 62 |-11,0/-10,3 
36,84136,7036,58136,71[0,64 0,66] 0,5610,62| 74 | 75 | 72 | 7a | 8,3 —8,6 
35,35 34,50|34,59|34,81|0,59 0,80) 1,0610,82| 73 | 78 | sa| 78 [| —9,4 — 7,0) 
34,93135.36135,84/35,38[1,191,351 1,411,32| s6 | 89 | 95 | 90 | —3,9| —3, 


es 34,7634,21)34,73|1 ‚351,51 94.|.901 891911 —3,6 —, 
33,10|34,36|34,57|34,21|1,97 1,87 1,92|100 | 92|9|95 | 02) 1 
1,44| 95. | 92.|. 88.) 92:| —1,8| —2 


Zar 
—1 
-_ 
- 
or 
> 


- 
- 


= 


- DD ee „oo -NDDDD DDr nm Fi 
SO Oo oOmo-o Doyo9rı osSooaoprD vrom oO DD wa mD co 


= 


= 
= 


34 53,34,32,34,74|34,53|1,62 — 
34,86 35,73] 36,70 35,7611,23 95 | 95 | 94 | 95.| —4,6)| —A 
90 | 90 | 87 |.89 | —2,6| — 


Bang oe ae 5,2 
80 59) grau 85 | 3,0028 


37,13/37,61138,17 37,6411,41 
37, '95 37 '83 37,85 37,88|1,32 


37,28136,82|36,54,36,88 
35,53134,96|35,06135,18 


wm 
S@o9r San -ÄD <o 


_ 


= 


94 | 82 | 85 | 87T | —5,8| — 


ns 
= 


%| 2 | 2 |87 | — 


- 
- 


34,00 34.61 ,34,61/34,4 


e) 
34,12,33,1733,04|33,44 0) 
1 85 83 | 87 | 85 2, 
1 3 


32,98 33,35 35,27133,8 100 100 | ss | 96 


= 


37,23[38,35|38,31137,9 85 717 | 84 | 82 


= 


APBOHrHRS IDDHWO TITWmo PBorao naemw 
ID 
a 
{I 


4 
1 
8 
2) 34 
6 6 21 4 
17 |36,52|35,64 34,06135,41[2,25|3,02 2, a 52) 6,4 
18 |32,65132,92128,74131,44]2, ‚66/2,51|) 75 | 64 | 85 | 75 6,0| 6,88 
19. |24,48195,13|24,15,24,79]2,83 2, 2,56| S1 | 86 | 69 | 79 6,3) 5,6 
20 |23,70123,8225,31]24,28]1,86)2,18| 1,95 2.00] 63 | 74 | sı | 73 4,41 AA, 
21 128,23/30,95|32,36|30,51|1,62]1,41| 1,59 1,54] 77 | 56 | 76 | 7 0,61 2,88 
22 130,54127,12]25,58|27,75[1,4711,84 2,13l1,81| so | 91 | sı |sa | —1,0) 0% 
23 |24,7126,60129,32126,88[2,1811,54| 1,6311,78] 90 | 66 | 95 | 84 22) 18 
24 |35,12|38,18/38,57|37,29[1,38.0,87 0,82]1,02| 90 | 72 | sı | sı | —2,8| —5,3) 
25 |35,9933,44/32,40 33,94|0,5111,15| 1,270,98| 61 | 77 | 89 | 76 | —9,1) —3,2) 
26 |32,19132,14134,68133,00|1,38|1,96| 2,011,78| 85 | 86 | 93 |ss | —2,3]| 1,81 
27 |35,43\36,86|37,54/36,61|2 ‚03 ; ‚111,83| 93 | 70 | 77 | 80 1,01. 2, 
28 136,98135,57|33,28:35,28l1 50| ; ‚oal1,zı| sı | 66 | s9 | 79 | —0,8| 2,8 
29 |30,98133,43 34,63/33,01)8,172,05| 1,86 2.03] 96 | 95 | 86 | 92 14 0,8 
30 136,07|37,22 an 1,742,121 1,92|1,91| 77 | 85 | 77 | 80 12), 28 
31 135,05/34,5133,70,34,42]2,08|2,25| 2,07]2,13] 79 | 80 | 83 | 81 3,01 3,8 
Mitt. | 33,77|33,95[34,00|33,91[1,62|1,70] 1,66/1,66 |83,97| 81,97183,62|83,26|—1,15/— 0,15! 
Max. 38,5737,96 3,02 2,57| 100 | 100 96 6,8 
Min. | 23,70 24,28[0,41 0,46| 52 62 |—11,0 
Druck der trocknen Luft: 27" 8,25 —= 332'',25. 
Niederschläge. 
| Tage. | Menge auf 1 Q.-Fus. | Höhe. || 
Regen und Nebel 4 70,4 Cub.-Zoll 5,87 Li 
Schnee 6 153,3 er II 5; 
Summe 10 223,7 A 18,64 „, 


Blectrische Erscheinungen: 
Keine. 


Halle a. d. 8. 
Mech. Kleemann. Januar 1868. C 


a musuzunall 


Himmels- Wasserstand 
fi ; Niederschläge 
e. . 4 . “ 3 ; 
Mama | Windesrichtung. |genane in |semensen ta um | der Saale 
u Zehnteln. 2 Uhr Nachm. mstr.Engelbardt 


A.10| Mit | V. 6 | M. 2 A. 10 |V.|MJA.|M| Art u. Zeit. |Cub.Z] F. | 7. 
—9,41-10,2| NO |NNO |ONO | 4 10110] 8 6 6 
9,8 —9,1] NO | NO: | NNO |10| 10110,10|S. gnz. Tag. 6 6 
—4,9| —7,1| NO | NO | NO |10| 10/1010 6,5 6 6 
—32| —34] SO | NO | O |10|10110|10 6 6 
0,0,°—1,8)| N | NNO | O |10|10110110|8. Ncht. 5-6.| 55,0 6 6 
05 05] © | ONO| 0SO |10 10.10.10 16 6 
3,51 —2,7] © |ONO| NO |10| 10/1010 = 16 6 
—3,71) —4,3]| NO | NO | NO |n| n10110|N. bis Ab. Pal 6 
—2,5| —22]| NO | NO | NO |10| 1010.10 16 6 
—3,.0| —3,1]| NO | NO | NO |[10| n|10|10 16 6 
—5,0) —3,5| NNO | O | Sso [10 1010110 = I6 6 
41) —48| SO |SsO | s |10) 5) 3] 6 6 6 
1,2, 1,0) SO S |SSO |10) 91010 als 6 
311 24] SW | SW | SO | 1| 7110) 6/R.Ncht.14-15. 6 6 
32) 3,3] SO | SW | sw |10| 7 0| 6|R. Mittags. | 91 6 6 
sa 330 SW SW | 8 210.040 3 6 6 
ı 57|sw | sw | so |sl el ds ls 6 
5,01 55| SW |WSW| SO | 1) 5110) 5|R. Ab. Ncht. 6 6 
45 5,5| SW | SW | SW | 9] 4 6) 6 4,4 | .g9 6 
3,1) 3,6| SW IWSWIWNWI 8 10110] 9 lg | 11 
051 12] WNWWNW W (Io 3001 549 7 
300 0,77] W | SO | W | 0/10]10| 7]S. Mitt.—Ab| 14,2 [59 5 
1,7) 0,8| SW | SW | NW |ıo! 10110110|s. Ab. 27,1 9 5 
Bo SEND ENDE NIWTO 2 0 30,0 8 6 
3,6 —5,3| W | SSW. W [10|10110110|8. Ab, Is 6 
Dal (0,01 U ENIWE SW: 110 016; 20,5 |. Is 6 
12 15| W |WNWIwNWJıo) 5110 8 847 6 
ao N SW | SW | ı) 9110| TIR. Ab. 217 6 
09 1,01 .W |WNWIWNWIIO| 6 7) SIR.Ncht.20-30.) 36,5 |@ 17 4 
35 20) NW| W | NW |sı 9lıo| 9 20,4 |’ 3 
el A W W 110/10) 6| 9 7 2 
—0,66—0,65| Mittt. rn 8 8 ‚6 
799 0° 14“ a 
al weis [monentis | 
Windrichtungen. Himmelsansicht. 
1 mal N 3 mal S bedeckt (10.) Tage:13 
2 SENINO EI DE, SSW. trübe (9. 8.) 4 7 
1% „ .N02,.19) 7, SW: wolkig (7. 6) 1 
5, 0NOL 1 5. WSW ziemlich heiter (5. 4.) „ 2 
/ 0) 14... W “heiter (3. 2. 1.) NND 
1 „u080| 7. WNW völlig heiter (0) ER) 
8,80 6°, NW durchschnittlich: 
3 „ SSO| 0 „NNW trübe (8). 


Lwvseite des Horizonis: SO... WNW (56—37) oder vollständiger: 
NNO (4-1), ONO 8-1); SO...S (14—7); SW (19—17); W... WNW (21-6). 


A. 
EHRT 


gun 


tallor 


MT, Ei 


FAeitschrift 


für die 


Gesammten Naturwissenschaften 


u — 


1868. Februar. Ne I. 


———— 


Zur Kenntniss der Erzgänge des Anhaltischen 
Harzes, 
mit einem Blick auf die Zechsteinformation seiner Umgebung 


von 


F. Schoenichen. 


So wenig die gegenwärtige Mosaik der aus geschichte- 
ten und Massen-Gesteinen zusammengesetzten Erdrinde das 
Kunstwerk eines schöpferischen Augenblickes gewesen ist, son- 
dern Jahrtausende und aber Jahrtausende gebraucht hat, um 
nach feststehenden Naturgesetzen in ihren variabeln Erschei- 
nungen und Wirkungen auf die Bildungsmassen zu der jetzi- 
gen geognostischen Zeichnung der Erdoberfläche zu gelangen; 
eben so wenig konnten die Gänge als integrirende Theile des- 
selben ausgeschlossen bleiben von den innerhalb langer Zeit- 
epochen stattgehabten Vorgängen und Veränderungen. Es 
musste ein gewisser Connex stattfinden zwischen den Vorgän- 
gen, welche die Ablagerung von Sedimentgesteinen und das 
Auftreten von Massengesteinen zur Folge hatten, und denen, 
welche nach dem Aufthun von Gangspalten deren Ausfüllung 
bewirkten. 

Wenn damit nun auch nicht gesagt sein soll, dass die 
Ursachen der Ablagerung von Schichtengesteinen dieselben 
waren, welche die Abscheidung von Mineralien innerhalb der 

— Kaugspalten hervorriefen und begünstigten, so kann gewiss 
Bd. XXXI 1868. 6 


82 


nicht angezweifelt werden, dass die Ablagerungen gewisser For- 
mationsglieder und Gruppen zu derselben Zeit vor sich gin- 
gen, als gewisse Mineralien die Gangspalten zu füllen im Be- 
griff standen. Wenn daher die Schichtengesteine submariner 
und terrestrer Parallelbildungen ihre Enstehung vorzugsweise 
mechanischen Ursachen verdanken, so möchten wohl die in 
den Gängen abgesetzten Mineralien als Parallelbildungen sub- 
terrestrer Natur meist chemischen Actionen zugeschrieben wer- 
den müssen, bei denen allen das Wasser als gemeinsamer 
Motor auftrat. 

Das hohe Interesse, was den Geognosten leitet, die Cha- 
rakteristik und relative Altersfolge der geschichteten Gesteine 
und der Eruptivmassen aus ihrer gegenseitigen Ueberlagerung 
und den darin enthaltenen Monumenten organischer Schöpfungs- 
perioden aufzusuchen, um aus ihnen mit der Geschichte des 
Planeten, den Bedürfnissen der Völker Rechnung zu tragen, 
ebendasselbe Interesse im Speciellen führt den Bergmann zur 
Nachspürung einer Altersfolge der die Gänge erfüllenden nutz- 
baren Mineralien. 

Glückt es, eine solche nicht allein für die Gangminer 
gewisser Districte, sondern auch für die bestimmter Forma- 
tionen und Massengesteine nachzuweisen, so wird auch die Zeit 
nicht zu fern liegen, in welcher mit Bestimmtheit der Ursprnng 
derselben erforscht werden wird. Erst dann wird der Berg- 
mann die Wünschelruthe ganz wegwerten können und mit Si- 
cherheit diejenigen Punkte zu bezeichnen im Stande sein, wo 
das Capital mit Nutzen anzulegen ist, bis dahin wird er seine 
Baue nach denjenigen Punkten dirigiren die für ihn die beste 
Ausbeute vermuthen lassen. 

Wenn nun auch zur Erreichung dieses Zieles schon viele 
Schritte gethan sind, der Geognost mit ziemlicher Gewissheit 
die Lagerungspunkte von Salz-, Steinkohlen etc. voraus bestim- 
men gelernt hat, so liegt dasselbe für diese Gänge noch ziem- 
lich weit entfernt. Jeder darauf hingethane neue Schritt ist 
eine Annäherung an dasselbe. In diesem Sinne habe ich es 
denn auch gewagt, meine Beobachtungen und Forschungen im 
Anhaltischen Grubenreviere des Harzes zu ordnen und der öf- 
fentlichen Kritik anheim zu stellen, das Nützliche daraus zu 
entnehmen und das Falsche zu verwerfen. 


83 


Weit entfernt davon, Alles, was ich in Folgendem nie- 
dergelegt habe, als feststehend anzusehen, muss ich ja schon 
jetzt einräumen, dass die Chemie, sobald sie Hand anlegt an 
die Untersuchung der hierbei thätigen Stoffe, im Stande sein 
wird, Irrthümer nachzuweisen, die aus der rein mineralogisch- 
geognostischen Anschauung hervorgingen. Demungeachtet 
werde ich eine angenehme Genugthuung schon darin finden, 
dass weitere Forschungen auf diesem Gebiete von den hier 
angeführten Daten benutzen und beiähnlichen Beobachtungen 
bestätigende Parallelen finden wollen. 


I. Gangmineralien des Neudorf-Strassberger Gangzuges. 

Der Neudorf-Strassberger Gangzug ist unter den im süd- 
östlichen Harze bekannten gangartigen Lagerstätten nutzbarer 
Mineralien diejenige, welche durch den seit mehreren Jahrhun- 
derten darauf betriebenen Bergbau die meisten Aufschlüsse er- 
fahren hat. 

Hart innerhalb der Grenze Anhalts in wechselnder Strei- 
chungsrichtung zwischen hor: 4 und 9 mit variabelem Einfal- 
len zwischen 35 —70 Grad nach Norden auftretend, auf eine 
Länge von 7500 Lachtern bekannt, setzt dieser Gangzug in 
nordwestlicher Richtung durch einen Theil der Grafschaft Stol- 
berg-Stolberg, um wieder in Anhaltisches Gebiet einzuspringen 
und dort sich (über Güntersberge) auszukeilen. In südöst- 
licher Richtung verlässt er den Anhaltischen Grund zum Ueber- 
gange in eine Parcelle der Grafschaft Falkenstein, die er durch- 
schneidet und verschwindet nach kurzer Erstreckung über de- 
ren Grenze im Preussischen Gebiete bei Königerode nahe ei- 
ner Dioritkuppe. 

Durch wenig tief gelegene und reichhaltige Mittel nütz- 
licher Minerialien und silberreicher Bleierze auf diesem Gang- 
zuge, ermuthigt zur Ausdehnung des Betriebes öffnete die op- 
ferwillige Liebe der verschiedenen Bergherrn und der geseg- 
nete Bergbau nach und nach eine Anzahl von Gruben mit 
wechselndem Erfolge. Von diesen stehen gegenwärtig in Be- 
triebe die Gruben Pfaffenberg, Meiseberg, Birnbaum I, Glück- 
sern, Glasebach und Frohe Hoffnungszeche. Theils ausser Be- 
trieb gesetzt, theils ganz auftlässig geworden sind: Marie-Anne, 

6* 


84 


Langenberg, Birnbaum IH., (vorsichtiger Bergmann genannt) 
Neuhaus-Stolberg und Agezucht. Die durch diesen Grubenbe- 
trieb ausgeführten Arbeiten haben die Gangfläche bis zu einer 
saigern Teufe von 120 Lachtern blosgelegt und bieten in den 
Strecken, Firstenbauen, Schächten und Querschlägen, so wie 
an den Handstücken aus den Halden auflässig gewordener 
Baue ein reiches Feld zur geognostisch-geologischen Untersu- 
chung über die Art der Gangspalten und deren Ausfüllung, 
sowie über die Beschafienheit des Nebengesteins. — Es kann 
hier nicht die Absicht sein auf alle diese Erscheinungen in 
ihrem ganzen Umfange einzugehen, denn dazu fehlt es noch 
an Untersuchungen über die chemische Constitution vieler Sub- 
stanzen, so wie an Aufschlüssen über den geognostischen Cha- 
rakter der einzelnen Gesteinsglieder ; ich beschränke mich hier 
vorläufig auf die Untersuchung der Qualität der Spaltenaus- 
füllung und deren relative Altersfolge. 

Bevor ich jedoch auf die nähere Beleuchtung derselben 
eingehe, sei esmir gestattet einige Worte über den Charakter 
des Ganges und seiner Erz- und Mineral-Mittel im Allgemei- 
nen voranzuschicken. 

Durch den Gebrauch des Ausdruckes „Gangzug‘“ wurde 
schon von vorn herein angedeutet, dass diese Lagerstätte nicht 
aus einer einzigen mit Mineralien erfüllten Spalte besteht, son- 
dern zusammengesetzt ist, von einer Menge von Klüften, Ris- 
sen und Trümmern, welche sich auf gewisse Erstreckung nach 
der Länge und nach der flachen Teufe zu einer oder mehreren 
mächtigen Spalten schaaren, deren Ausfüllung zusammen oder 
getrennt abgebaut wird, je nachdem der Reichthum an nutz- 
baren Mineralien und die Mächtigkeit der tauben Zwischen- 
mittel es gestatten. Solcher Anhäufungen von Trümmer- 
schaarungen und Gangerweiterungen finden sich in gewissen 
Zwischenräumen auf diesem Gangzuge in grösserer und ge- 
ringerer Ausdehnung und werden hier wie an andern Orten 
mit dem Namen Erzmittel bezeichnet, sobald sie mit gewinn- 
baren Erzen oder Mineralien ausgefüllt sind. Dabei überwiegt 
gewöhnlich die Erstreckung eines solchen Mittels in diagonaler 
Richtung auf der Gangebene die Ausdehnung nach der 
Streichungsrichtung, welche zwischen 20 und 80 Lachtern 
schwankt. Die Form dieser Mittel ist eine sehr unregelmässige, 


85 


so dass sich ein für sie alle gleichzeitig passender Ausdruck 
in bildlicher Vergleichung nicht füglich geben lässt. Oefter 
erlangt eine solche Gangpartie eine Mächtigkeit von mehreren 
Lachtern, in welcher die Scheidewände der nur theilweise 
geschaarten Trümmer als grosse Keile und Bruchstücke des 
Nebengesteins und fein zertheilte Breccie in der Ausfüllung 
zerstreut eingeschlossen sind; ja es beträgt die Entfernung 
des äussersten Hangenden vom äussersten Liegenden zuweilen 
20 und mehr Lachter. Auf den ersten Blick möchte es 
scheinen, dass dieses Verhalten der Gänge im Gegenhalt zu 
denen, welche in festem Gestein auftreten, in ein gewisses 
Abhängigkeitsverhältniss zu bringen sei mit der schiefrigen 
Structur des Nebengesteins, welches eine Streichungsrichtung 
zwischen hor 4 und 5 mit südöstlichem Einfallen behauptet, 
in welchem diese Trümmergänge gleich denen des Oberharzes 
aufsetzen. Wenn man indessen die das feste ungeschichtete 
Granitgebirge durchsetzenden Trümmerstöcke des Erzgebirges 
damit vergleicht, wo man in Hinsicht auf eine ähnliche Menge 
von neben einander aufziehenden Trümmern und Gängen zwar 
auf eine gewisse Aehnlichkeit stösst, so wird man bei dem 
durchaus verschiedenen Charakter des Nebengesteins doch 
bald davon abgeleitet und zu der Vermuthung geführt, dass 
nicht allein die leichtere Zerbrechlichkeit der Schieferschichten, 
sondern wichtigere Ursachen darauf hingewirkt haben, die 
Vertheilung einer solchen Zertrümmerung hervorzurufen. *) 
Die Ausfüllung der Trümmer dieses Gangzuges betreffend 
findet sich in den Erzmitteln unter den vorzüglich bergmännisch 
wichtigen Minern Bleiglanz und Spatheisenstein begleitet von 
der ganzen Suite der weiter unten näher gekennzeichneten 
Mineralien in grösserer und geringerer Menge theils in band- 
förmiger Gliederung, theils in anscheinbar unregelmässiger 
Conglomerirung, theils gruppirt und vereinzelt in selbststän- 
digen Trümmern. Hier und da gewinnt eine oder zwei Mine- 
ralspecien die Oberhand, während die andern mehr zurück- 
treten, wodurch einzelne Partien der Gangebene einen beson- 
dern Charakter erhalten. In den obern Teufen ist es Fluss- 
spath und Spatheisenstein, der theilweise in Brauneisenstein 


*) Siehe darüber Fr. Weiss Satellitenbildung. Gotha — 1860. 


86 


umgewandelt ist, ohne jedoch die blättrigkrystallinische Structur 
eingebüsst zu haben. In tiefern Sohlen ist es Quarz — Kies 
— Spatheisenstein — Blende, welche abwechselnd den über- 
wiegenden Bestandtheil der Gänge ausmachen. 

Auf den tauben Zwischenmitteln wird die Verbindung 
der Erzmittel, da wo nicht die vollständige veränderte Lagerung 
des Nebengesteins eine Verfolgung der Trümmer erschwert 
und geringe Verwerfungen hervorruft, hergestellt durch schmale 
Spalten, auf denen die Anzahl der Gangmineralien beträchtlich 
herabsinkt, auch wohl ganz verschwindet, so dass nur noch 
eine Kluft, ein Besteg übrig bleibt, der durch seine Harnisch- 
Rutsch- und Schlifitlächen doch immer noch deutlich genug 
Gesieinsbewegungen beurkundet, die innerhalb der Gangzone 
in grösserer Ausdehnung und deutlicher ausgeprägt stattge- 
funden haben, als im Nebengestein. Aus der bandförmigen 
Gliederung und dem Auftreten einzelner Mineralspecien in 
besondern Trümmern erhellt, dass der Absatz derselben nicht 
gleichzeitig geschah, sondern zu verschiedenen Zeitepochen 
stattfinden musste, da auch selbst in der Conglomerirung und 
Breccienerscheinung der Gemenge, eine Ordnung stattgehabt 
haben muss, die nach ihrer Bildung wieder gestört ist. Wären 
alle Spalten zu gleicher Zeit entstanden, so würde die Reihen- 
folge in allen dieselbe sein, wenn man nicht annehmen will, 
dass verschiedene Gesteinsschichten einen verschiedenen Mi- 
neralabsatz bedingten. Der Unterschied der Schichten, die 
an die Gänge herantreten, was so weit es sich jetzt zu beob- 
achten Gelegenheit geboten hat, ist in seinen constituirenden 
Bestandtheilen nicht sehr von einander unterschieden. Es 
wechseln nämlich Thonschiefer von heller und dunklerer, ja 
schwarzer Farbe mit heller feinkörniger Grauwacke ab. Hin 
und wieder treten geringe Einlagerungen von Kalk bis in die 
Nähe des Ganges und auf mehren Punkten der Ganggrenze 
zeigt sich auch Pyroxengestein, dessen Verhalten zum Sedi- 
mentgestein und besondere Beziehung zum Gange näher zu 
bestimmen die Localität der Grubenbaue nur an einigen Punkten 
zugab. Vielleicht liesse sich die Behauptung feststellen, dass 
Spatheisenstein mehr an den Thonschiefer gebunden ist, 
während sich Quarz vorzüglich an die Grauwacke anschliesst. 
Grauwackensandstein habe ich nirgends im Nebengestein 


85 


entdecken können, er tritt innerhalb des Grubenrevieres nur 
sehr spärlich auf. 

Bis jetzt kann ich daher nicht behaupten, dass das Neben- 
gestein auch in diesen Revier einen besondern Einfluss auf 
die Ausfüllung des Ganges geäussert hat. Wahrscheinlicher 
schon wäre es, dass aus einer sämmtliche Mineralien in Lösung 
haltenden Flüssigkeit jeder Mineralabsatz einzeln in gewissen 
auf einander folgenden Zeitperioden erfolgte, wodurch die 
Entstehung selbstständiger Trümmer einer Mineralspecies 
erklärt würde, dagegen aber sprechen die Durchsetzungen, die 
in anderer Weise erfüllt sind, als dies geschehen sein würde 
durch Niederschlag sämmtlicher Miner aus einer Solution. 
Es lagerten sich also zu verschiedenen Zeiten 
und wiein der Folge ersichtlich wird, durch verschiedene 
chemische und mechanische Processe die Mine- 
ralien in den Gangspalten ab, welche nach und 
nach sich im Gestein öffneten. In diesem für vorlie- 
gende Verhältnisse entwickelten Satze liegt die Begründung 
zum Versuche der Aufstellung einer Altersfolge der Mineralien. 

Vor der Aufzählung der einzelnen Gangmineralien und 
deren Eintheilung in natürliche Gruppen mit ihren Eigen- 
thümlichkeiten muss ich noch vorausschicken, dass die vor- 
läufig gewählte Aufeinanderfolge nicht Sache der Willkür ist, 
sondern dass ich mich, soweit es von vorn herein möglich 
war, von der aus einer grossen Menge von Beobachtungen, 
hervorgegangenen Anordnung, (wie sie die folgende Tabelle 
liefert) leiten liess, in welcher sie innerhalb der Gänge vom 
Nebengestein beginnend nach der Mitte zu dieselben erfüllen. 
Vielleicht ergiebt sich nach geschlossener Rundschau ihres 
paragenetischen Vorkommens eine Altersfolge, welche auf den 
ersten Blick durch eine allgemeine Uebersicht zu bewerk- 
stelligen nicht möglich ist, denn gerade die Auffindung dieser 
Succession ist durch die Kreuzung und Schaarung so vieler 
Trümmer, durch mitten im Gange eingeschlossene Breccien, 
Bruchstücke schon gebildeter und erhärteter Gangtheile, also 
eigentlicher Gangbreccien so verworren, und unkenntlich ge- 
macht, dass nur wiederholte und vergleichende Beobachtungen 
vieler Gangtheile dahin führen kann, eine Ordnung in dieses 
Trümmer- und Mineralchaos hineinzubringen. Dazu kommt 


88 


noch, dass die niemals ruhende Stoffwanderung zerstörend 
eingegriffen hat in fertig gebildet gewesene Mineralien und 
aus ihrer Zerstörung durch gegenseitigen Stofftausch neue zu 
schaffen thätig war, und noch ist; dadurch sind jüngere Mi- 
neralien zum Theil an die Stellen der ältern getreten und haben 
die primitive Reihenfolge geändert, eine Erscheinung, die be- 
sonders zwischen Flussspath und Bleiglanz des Mittelbaues 
der Grube Meiseberg stattgefunden hat, worauf Pseudomor- 
phosen schliessen lassen, für deren Bestätigung die Eigenthüm- 
lichkeit der Form zu sprechen scheint. An demselben inte- 
ressanten Fundorte habe ich Hohlräume von grossen Krystall- 
formen gefunden (OP, P„, !/a Po.) welche dem Baryt eigen- 
‚thümlich sind, der sich auf Quarz von der Grube Hoffnung 
Gottes nicht selten in halbzersetztem Zustande vorfindet. Für 
den Neudorf-Strassberger Gangzug ist es die einzig mir be- 
kannte Form. Der Stoff selbst ist völlig fortgeführt. — Lassen 
sich für diese Vorgänge auch im allgemeinen, gestützt auf 
die chemische Constitution der hiebei thätigen Stoffe Schlüsse 
über den Verbleib der jene zersetzten Mineralien constituiren- 
den Gemenstheile ziehen, so fehlt es doch für den besondern 
Fall noch an der speciellen Kenntniss aller hiebei mitthätig 
gewesenen Stoffe und an Beobachtungen der physikalischen 
Einflüsse, welche den Kreis der wirklich stattgehabten Vor- 
gänge aus dem Bereiche der Wahrscheinlichkeit herausheben, 
und damit eine Genealogie dieser Mineralien zu geben geeignet 
sind. So lange also dies nicht geschehen kann, muss die 
Genauigkeit der empirischen Beobachtung unter Mithülfe der 
daraus zu ziehenden Schlüsse verbunden mit der Vergleichung 
anderwärts beobachteter analoger Erscheinungen ausreichen, 
die Mittel zur Bestimmung der Altersfolge an die Hand zu 
geben bis neue Thatsachen und Erscheinungen an dazu ge- 
eigneten Handstücken aufgefunden werden. 


1. Quarz, Kies. 


a) AlsHornstein von graulich weisser öfter ins röth- 
liche spielender bis bläulich grauer Färbung *) bildet derselbe 
nicht nur den ersten Ueberzug vieler Gangtrümmer, in dem 


*) Hervorgebracht durch geringe Beimengungen von Kiesel- 
mangan. 


89 


sich abgerundete Gerölle und Breccien des Nebengesteins so 
wie granatähnliche Ausscheidungen vom Zinkblendekryställchen 
und kleine Bleiglanzpartien porphyrartig eingestreut vorfinden, 
sondern tritt auch als Schichtenscheider und als langgestreckte 
linsenförmige Einlagerungen und kleine stockförmige Ausschei- 
dungen im Nebengestein auf, begleitet von talkähnlichen Mi- 
neralblättchen. Stockförmige Knauer sind durchzsgen von 
dichtem Spatheisenstein. Die Schieferschichten, welche diese 
Hornquarzausscheidungen umschliesen, schmiegen sich dicht 
an diese Formen und zeigen dabei Krümmungen und Biegungen 
in kleinen, wie in der Nähe des Ganges in grossem Massstabe 
angetroffen werden, ohne dabei Spaltungen bemerken zu lassen, 
so dass unläugbar diese Sedimentschichten, aut deren ge- 
schlossenen Klüften oft Schwefelkies sich abgelagert, noch in 
einem zähen Zustande befanden, als die Bildung und Abschei- 
dung der beiden Mineralien vor sich ging. 

Seine Verbindung mit dem Nebengestein ist oft eine 
sehr innige, oft aber auch ist er durch Rutschflächen von 
demselben getrennt, und wird von jüngern Quarzgebilden durch- 
setzt; zweifelsohne ist er der älteste der Gangtrümmer. 

b) Gemeiner Quarz und Kies. — Ausserdem tritt 
er als dichte weisse von häufigen Kiesausscheidungen 
begleitete Masse oft mit krystallinisch stänglicher Abson- 
derung als erster Ueberzug des Nebengesteins so wie als 
Zwischenglied auf und zeigt nach der Innenseite des 
Ganges gerichtet eine mit kleinen Pyramidenspitzen übersäete 
Oberfläche, die grossentheils wieder von andern Minern über- 
- deckt ist, ja seine Substanz bildet nicht selten die Haupt- 
füllungsmasse der mächtigsten Trümmer, in denen die übrigen 
Mineralien wie die Breccien der Wandungen eingekittet er- 
scheinen. Als Zwischenglied ruht er auf Hornquarz — Blende 
— Bleiglanz und Spatheisenstein und ist hin und wieder 
beim Erscheinen mit einem der letzten beiden Miner von 
einer talkähnlichen grünlichen Kieselverbindung begleitet. 
Ueberdeckt wird er von Spatheisenstein, Blende, Flussspath 
— Bleiglanz und Kalkspath. Sehr deutlich und unzweifelbar, 
dass der mit dem Quarz auftretende Schwefelkies als Aus- 
scheidung aus der noch gallertartigen Quarzmasse hervor- 
gegangen ist, zeigt das mit dem liegenden Querschlage der 


90 


11. Strecke der Grube Pfaffenberg in West neben andern 
Trümmern angefahrene liegende Trumm. Aus einer auf 
Spatheisenstein ruhenden Unterlage von milchigem Quarz 
zeigt sich der Kies in krystallinischen Blättern und Strahlen 
fächerartig angeschossen und ausgeschieden in quarziger Grund- 
masse gerade in derselben Weise, wie das Wasser in gefro- 
renem Thone durch Krystallisation eine Menge von Sprüngen 
und Rissen bildet, die mit Eis ausgefüllt sind. Im grösserem 
Maasstabe findet sich diese Erscheinung auf einzelnen Trüm- 
mern der Grube Glasebach, sowie auf dem benachbarten 
Fürst Victor Friedrichs Zuge, wo diese Kiesausscheidung 
Gegenstand der. Gewinnung ist.*) Selbstständige Trümmer 
von Quarz treten vielfach sowohl im Nebengesteine und da 
besonders im Liegenden als auch im Gange selbst auf, wo 
sie eines der jüngsten Glieder der Gangausfüllung den Kalk 
durchsetzt, der in mächtigen Trümmern seinerseits den ganzen 
Gangzug kreuzt und verwirft, wie das auf dem westlichen 
Mittel des Meiseberges der Fall ist. 

Die Periode des Quarzabsatzes innerhalb der Gang- 
trümmer nimmt demnach einen bedeutenden Zeitraum ein 
und schlisst die Bildungsepochen fast sämmtlicher paragene- 
tischer Mineralien dieses Gangzuges in sich; sie begann bei 
der ersten Spaltenbildung und reicht bis in die Periode des 
Kalkabsatzes hinein. 

c) Bergkrystall. Da wo Quarzabscheidungen ohne 
Unterbrechungen, veranlasst durch das Aufreissen neuer Spalten 
und damit verbundener Breecienbildung oder Störungen in 
Folge von Ausscheidungen und von Niederschlägen neuer Sub- 
stanzen vor sich gingen, so dass die Flüssigkeit, aus der er 
krystallisirte, in geklärtem Zustande zu jenen Räumen ge- 
langte oder dort Gelegenheit zum Absetzen fand, setzte er in 
grösseren Krystallen an, welche an ihrem Anheftungspunkte 
von milchweisser Farbe, opak, in der Mitte pellucid und in 
der Spitze völlig durchsichtig sind. 

Was nun in Beziehung auf die Bildungszeit des Quarzes 
gesagt ist, hat auch für den ihn begleitenden Kies Geltung 


*) Es ist dieser Kies eine jüngere Bildung, welche viel schneller 
an der Luft zersetzt wird, als der in Krystallen ausgeschiedene. 


9] 


nur dass von Kies nie grosse Krystalle gefunden werden. 
Der Kies findet sich eben so wie der Quarz auch den Kalk- 
spath älterer Bildung überlagernd. 

In seltenen Fällen ist der Schwefelkies von Arsen- und 
Nickelkies begleitet. 


%, Talkähnliches Mineral. 


Talkähnliche' Mineralausscheidungen finden sich sehr 
häufig in der Nähe des Ganges auf feinen Klüften des Neben- 
gesteins sowohl des Thonschiefers, als der Grauwacke und 
zwar besonders deutlich auf den Klüften dunkler Thonschiefer 
des Glücksternes und des Mittelbaues der Grube Meiseberg. 
Weniger häufig ist dieses Vorkommen innerhalb des Ganges 
selbst zu beobachten. Es hat eine zeisig-, mai-, apfelgrüne 
auch wohl schwefelgelbe Färbung und ist innerhalb der Gang- 
zone oft mit dünnen Häutchen von Bleigslanz überzogen, so 
das also Talk sich an die Kluftwand angelegt hat und Blei- 
glanz in seinen Klüften birgt. Ich habe dasselbe mit dem 
Namen Talk bezeichnet, weil seine Eigenschaften dem Talke 
sehr ähneln. Die Entscheidung über die Frage, ob es ein 
Magnesia oder Thonerdesilicat ist, muss ich der chemischen 
Analyse überlassen, der dann auf die Taufe des Minerals oder 
verschiedener Specien dieser Verbindungen obliegen. Dasselbe 
gilt von einem chloritähnlichem Gestein, was sich in der Nähe 
von Trümmerauskeilungen und kleinen Verwerfungen öfter 
beobachten lässt, z. B. aut dem liegenden Trumme des Mei- 
seberges, in der Firste der 2ten Strecke des Birnbaumes, in 
der 2ten westl. First der Sten Strecke des Pfaffenberges und 
in O. mehr. Dasselbe ist zusammengesetzt aus Lamellen von 
Quarz mit solchen zweier anderer Mineralien von grauweisser 
und schön kupfergrüner Farbe ; diese haben eine etwas grössere 
Härte als der Talk, so dass ich das grüngefärbte für Chlorit 
halten möchte. Eingelagert als Keile im Thonschiefer wird 
es durchsetzt von Trümmern verschiedener Füllung. 

Einige Beispiele des Vorkommens vom Talk giebt fol- 
gende Succession. 

a) Thonschiefer mit Talk — Quarz — Eisenspath — 
Kalkspath. 

b) Grauwacke von Bleiglanz durchdrungen, Hornstein 


92 


Talk mit Bleiglanzhäutchen — Zinckblende — Bleiglanz 
Spatheisenstein — Quarz. 

c) Talk und Blende auf Klüften eines hellen Thonge- 
steins, welches umschlossen ist von gekneteter Thonschiefer- 
masse — Spatheisenstein. 

d) Talk auf Klüften des Thonschiefer — Spatheisenstein. 

e) Talk als Umhüllung einzelner Schiefer und Wacken- 
bruchstücke durchsetzt von Spatheisenstein — Quarz — 
Eisenspath. 

f) Talk ähnliches helles Gestein in Klüften, in denen 
Talk ausgeschieden ist, Darin setzen auf 

a) Quarz — Blende — Bleiglanz. 

8) Spatheisenstein und Quarz. 

y) Kalk. 

Umwandlungen von Krystallformen andrer Mineralien 
in Talk oder Speckstein, wie es der Fall auf den Gängen 
von Göpfergrün bei Wunsiedel in Bayern der Fall ist, finden 
sich hier nicht, so dass hieraus, wie aus obigen Beispielen, 
wohl geschlossen werden kann, dass Talk- und Chloritaus- 
scheidungen hier Gebilde höheren Alters sind, als die Gang- 
ausfüllungen, denen sie kurz vorangingen und vielleicht mit 
den Hornquarzausscheidungen in Verbindung zu setzen sind. 
Eine directe Altersvergleichung dieser talkähnlichen Mineralien 
mit andern Vorkommen dieser Art z. B. im Erzgebirge in 
Sachsen und denen von Göpfergrün in Bayern kann wohl nur 
erst nach der Aufstellung der relativen Altersunterschiede des 
Nebengesteins geschehen, in welchen sie auftreten. 

3. Zinkblende. 

Die Zinkblende wird in verschiedenen Farbenvarietäten 
vom opaken Braunschwarz bis zum pelluciden dunklen Honig- 
gelb angetroffen. Sie bildet selbstständige Trümmer, die sich 
durchsetzen; es fanden also während ihres Absatzes neue 
Spaltenbildungen statt. Eingestreut von variabeler Färbung 
liegt 

a) sie in kleinen granatähnlichen Krystallen und Kıy- 
stallpartien, zuweilen von Bournonit und Bleiglanz begleitet, 
in einer wackenähnlichen Grundmasse, welche das Bindemittel 
für Gerölle und für Breccie des Nebengesteins abgiebt, worin 
sie mit jenen Begleitern auch Trümmer ausfüllt. 


93 


b) Im Spatheisenstein kommt sie selten in dieser Form 
vor und wenn es der Fall ist, findet sie sich als bandförmige 
Zwischenlagerung in denselben auch oft vom Bleiglanze be- 
gleitet. 

c) In Gemeinschaft mit Bleiglanz und in demselben kry- 
stallinische Partien füllend, so wie umschlossen von diesem 
als Breccie tritt sie sehr häufig auf und es möchte scheinen, 
als halte sie sich gern an diesen so wie an den 

d) Quarz den sie grossentheils als Ablagerungsort 
benutzt hat. In den älteren Varietäten des Quarzes findet 
sie sich vorzüglich krystallinisch ausgeschieden. 

e) Unbedeckt auf Quarz und Thonschiefer in glänzen- 
den dunkelfarbigen Krystallpartien jedoch ohne Regelmässig- 
keit der Krystallbildung. 

f) Sehr spärlich ist sie als Decke von grossen Krystallen 
des Flussspath aufgetreten, welcher nach der Vollendung der 
Blendebildung meist weggeführt wurde, so dass nur noch 
grossentheils die Hohlräume von „O„ schwach mit O com- 
binirt zurückgeblieben sind, in denen hin und wieder ein 
Skelet von Flussspath angetroffen wird. Die Blende enthält 
Kieskrystalle eingeschlossen und wird von Quarz bedeckt also: 
Flussspath — Blende — Kies — Quarz. 


4. Spatheisenstein — Bleiglanz — Flussspath. 


Nächst dem Quarz bildet Spatheisenstein die Haupt- 
ausfüllungsmasse der Gangspalten. Es lassen sich von ihm 
zwei Structurvarietäten unterscheiden; einmal eine feinkrystal- 
linische fast dichte, und dann eine krystallinisch grobblättrige, 
aus deren Verschiedenheit sich wohl auf die längere oder 
kürzere Zeitdauer zur Vollendung seiner Ablagerung und auf 
verschiedene dabei wirksam gewesene Temperaturgrade 
schliessen lässt. Der fein krystallinische ist der ältere; er 
sitzt in wulst- und polsterförmigen Massen, als Stalactiten 
und Stalagmiten auf der grossentheils quarzigen Unterlage oder 
auf frischen Spaltenwänden. Als Knauer, abgerundete Kugeln 
die zuweilen wie Geoden innerlich mit Drusenräumen versehen 
sind, welche Krystalle von Eisenspath — Bleiglanz — Kalk- 
spath auskleiden, wird er von Bleiglanz — Zinkblende — 
Quarz und Kalkspath umgeben. Nach dem Loslösen solcher 


94 


Schichten vom Spatheisenstein, was allerdings nur selten ge- 
lingt, zeigt sich seine Oberfläche bedeckt mit kleinen undurch- 
sichtigen strohgelben Krystallen. 

Mit diesem Spatheisen in sehr engem Zusammenhange 
steht der Bleiglanz, von dem man nicht sagen kann, dass er 
auf oder unter demselben vorzüglich abgelagert sei. Es er- 
scheint als sei der Spatheisenstein noch in ganz weichem Zu- 
stande gewesen, als der Bleiglanz sich in Tropfenform und 
langgezogenen Partien, die mit dem Ausgangspunkte durch 
dünne Fäden und stengelähnliche Formen in Verbindung 
blieben, nicht nur hineinbewegte, sondern auch öfter denselben 
durchdrang und Verbindung herstellte mit dem auf dem 
Eisenspath abgelagerten und zwischen demselben auftretenden 
Einlagerungen dieses Frzes, wodurch gewissermassen eine 
Marmorirung des Spatheisensteins durch Bleiglanz hervorge- 
bracht ist. - 

Mit der Auflagerung von Bleiglanz wird das Gefüge des 
Eisenspathes ein gröberes. Auch Flussspath begleitet ıhn 
in dieser Wanderung, der aber theilweise wieder fortgeführt, 
nur zerfressen noch in den „ OÖ» Hohlräumen zurückgeblieben 
ist, welche sich auf und in dem Eisenspath und auf den Be- 
rührungsflächen des Bleiglanzes mit diesem bemerklich machen. 

Beim Aufreissen neuer oder beim Wiederaufreissen alter 
Spalten bildeten sich Breccien entweder des Nebengesteins 
oder der die alte Spalte erfüllenden Mineralien und so kommt 
es, dass Bleiglanz die Blende so wie den Quarz umhüllen 
konnte, so weit die Miner schon gebildet waren. 

Die grobblättrige Varietät des Eisenspathes ist Jüngerer 
Bildung; sie kommt als Ausfüllung starker 21/2 bis 3 Lachter 
messender Trümmer vor mit Kupferkies, etwas Schwefelkies 
und Kalkspath, der diese grobblättrige Textur in noch höherem 
Grade besitzt. Die Krystallform des Spatheisensteins ist R 
zuweilen mit OR combinirt. Auf dem Ausgehenden des Ganges 
trifft man diesen Spatheisenstein in grossen Krystallen um- 
gewandelt in Brauneisenstein, umschlossen von Quarz und 
Höhlräume dieser Krystallform im Quarz. 

Gerade so wie der Spatheisenstein in zwei Phasen er- 
scheint, treten auchBleiglanz undFlussspath auf. Die 
herrschende Form des Bleiglanzes ist OÖ mit „ O0. oft mit 


95 


« © eombinirt, hin und wieder blos der Form O. Alle diese 
Bleiglanzformen, zuweilen bunt angelaufen, haben lebendigen 
Metallglanz auf ihren vollkommen ausgebildeten glatten Kry- 
stalllächen. Neben diesen zeigt sich auf dem Mittelbaue des 
Meiseberges noch eine andere Combination „. O0, mit O. 
Diese steht durch das Verschwinden des O der Würfelform 
sehr’nahe, während bei jenen das Octaeder vorherrscht. Die 
der Würfelform nahen Bleiglanze besitzen allesammt rauhe 
ich möchte sagen, zusammengerunzelte Krystalloberflächen 
und verzogene, verschobene Formen, trotzdem die Spaltbar- 
keit desselben den Krystallen conform ist. Diese Bleiglanze 
sind entweder der beginnenden Zersetzung unterworfen ge- 
wesen, oder es sind Pseudomorphosen. Die Rauheit der Kry- 
stalloberflächen besteht in einer grossen Menge} ungeregelt 
sich kreuzender erhabener Spaltenrelieffe, ähnlich denen der 
Umhüllungspseudomorphosen des Kalkes nach Baryt, die wir 
später kennen lernen werden. Die Zersetzung könnte also 
unvollendet geblieben sein, während ein neues Mineral sich 
darüber ablagerte , was in diesem Falle Flussspath und Blei- 
glanz O0, „0% , „O war. Nach der Art und Weise: der Pseu- 
domorphosenbildung und der Eigenthümlichkeit der Krystall- 
oberflächen scheint das aber weniger wahrscheinlich, weil sich 
nicht leicht erklären lässt, weshalb einzelne Theile des Blei- 
glanzes von der Kıystalloberfläche ab und in der eigenthüm- 
lichen Art, ohne dass der Krystall zerklüftet wurde, früher, 
als andre aufgelöst wurden. Noch mehr aber spricht gegen 
diese Annahme der Umstand, dass die Zersetzung auf einmal 
unterbrochen und nicht fortgesetzt ist, als das neue Mineral 
ihn zu bedecken begann. Es wäre dies der einzige Fall einer 
suspendirten Auflösung wovon abgegangen werden muss, wenn 
sich eine andere Erklärung findet. Ich möchte deshalb die 
Form dieses Bleiglanzes lieber aus einer Pseudomorphose her- 
leiten, wodurch die Oberflächengestaltung analog mit andern 
Fällen der hiesigen Gänge Erklärung findet. Auch der Fluss- 
spath findet sich nemlich in zwei Formen hier vor; einmal 
als „. O0. mit kleinem O und in dieser Form ist er frisch, 
durchsichtig und ohne Sprünge und Klüfte von hellgrüner 
Farbe, so dass an seiner normalen Krystallbildung nicht ge- 
zweifelt werden kann, auch seine Spaltbarkeit ist dabei normal; 


96 


ein andermal findet er sich als Octaeder mit zurücktretendem 
o 0%. Diese Formen besitzen keine Spaltbarkeit, sind von 
undurchsichtiger schmutzig weisser Farbe und zeigen ähnlich 
den Bleiglanzwürfeln auf ihrer Oberfläche hervorspringende 
Rissreliefe. Es geht unzweifelhaft aus diesen beiden Momenten 
hervor, dass er Pseudomorphose ist und zwar nach dem Mine- 
rale, dem diese Form eigenthümlich ist, dem Bleiglanze‘ In 
dieser Weise finden sich Exemplare des Ganges, auf denen 
man beobachtet. 

a) Quarz — Bleiglanz. 

b) Blende — Bleigianz — Flussspath. 

c) Flussspath — Bleiglanz -— Flussspath. 

d) Quarz — Bleiglanz — Spatheisenstein — Flussspath 
— Bleiglanz mit Barytabdruck. 

An dem Exemplar Nr. d sitzt der glänzende Bleiglanz- 
Krystall mit der Form O, „u Oo auf einen Bleiglanze mit 
matter runzeliger Oberfläche von „ O„ mit OÖ. Der Abdruck 
des Barytes auf dem jüngern Bleiglanze ist theilweise mit 
Spatheisenstein und Flussspath überdeckt, so dass die Alters- 
tolge sein würde: 

Quarz — Bleiglanz — Spatheisenstein — Baryt — Fluss- 
spath — Bleiglanz. 

Der ältere Bleiglanz von der Form „ On , OÖ ist Pseu- 
domorphose nach Flussspath. Es musste daher dieser Fluss- 
spath „ On, © auf Quarz aufsitzend umgeben werden von 
Spatheisenstein, ehe er wieder aufgelöst und von Bleiglanz 
verdrängt werden konnte. Die Folge und deren Wechsel war: 

Quarz — Flusspath — Spatheisenstein. 

Der Flussspath wurde gelöst, es trat Bleiglanz an seine 
Stelle also: 

Flussspath 
Bleiglanz 
seinerseits nun wieder auf der Oberfläche, nachdem er die 
leeren Würfelformen des Flussspathes erfüllt hatte, frei kry- 
stallisirte in O, u Oo. Die Zersetzung des Flussspathes 
dauerte fort und der neue Bleiglanz wurde wiederum über- 
deckt vom Flussspath, also 

Quarz — Bleiglanz Spatheisenstein — Bleiglanz — 
Flussspath. Dieser letzte Bleiglanz zeigte Barytabdrücke 


Quarz — Spatheisenstein — Bleiglanz, der 


27 


so dass wir das Erscheinen von Baryt vor dem Bleiglanz 

einzuschalten hätten also: 

Quarz — Flussspath — Spatheisen — Baryt — Bleiglanz 
— Flussspath. 

Nun komme ich zur Erklärung der Pseudomorphosen 
des Flussspathes nach O0, „ O „ Bleiglanz. Dieser Bleiglanz 
von Flussspath umhüllt und wieder gelöst und fortgeführt liess 
Hohlräume zurück, die sich mit Flussspath füllten und die 
Formen von O, u 0. ohne Spaltbarkeit und umgeben von 
durchsichtigen Flussspath zeigen also: 


&0 0,0 0,50, 
Oz (Flussspath) | — Spatheisen — Baryt — Bleiglanz 
- ) Bleiglanz: Flussspath 


durch Verschwinden des ersten Flussspathes und des Barytes 
entsteht nun die Reihe 
oo On , O 0,20 
Quarz — Bleiglanz — Spatheisen — Flussspath, wie 
sie das Handstück Nr. d. zeigt. 

Die wiederholte Zersetzung der einzelnen Mineralien und 
der gegenseitige Formwechsel auf gewissen Punkten des Gan- 
ges, woraus sich denn die verschiedenen Aufeinanderfolgen 
der Beispiele a. b. u. c. erklären lassen. 

Es geht also aus diesen Pseudomorphosen hervor, dass 
Flusspath, Spatheisenstein, Baryt und Bleiglanz nach ihrer 
Bildung wieder gelöst sind, dass also auch für den Bleiglanz 
eine Entstehung aus wässeriger Lösung angenommen werden 
muss. Aehnliche Vorgänge dürfen auch für den Niederschlag 
der Blende anzunehmen sein, mir fehlen hierüber aber noch 
die Beläge. 

Der Baryt als solcher ist gänzlich verschwunden, findet 
sich aber mit grosser Wahrscheinlichkeit in den als Kalk an- 
gesprochenen Mineralien, worüber nur chemische Analysen 
Aufschluss zu ertheilen im Stande sind. 

Die Zersetzung des Eisenspathes und dessen Neubildung 
ist ebenfalls dargethan und sind die beiden vorzüglichsten 
Phasen angeführt. 

Der Bleiglanz wurde ebenfalls gelöst oder zersetzt und 
wieder gebildet. 

Da wo die Zwischenglieder Baryt und Spatheisenstein 

Bd. XXXI, 1868. 


98 


fehlen, umhüllt Bleiglanz grosse auf Quarz aufsitzende Fluss- 
spathkrystalle. Die besonders im Innern sehr mürbe sich 
leicht entfernen lassen. Die zurückbleibenden Hohlräume zei- 
gen nicht die regelmässige Form der Würfel, wie der Fluss- 
spath in seiner Umhüllung von Quarz, Spatheisenstein und 
Blende. Die Würfel sind verschoben und verdrückt und bie- 
ten auf ihrer Oberfläche runzelige Zeichnungen ähnlich den 
nach Flussspath geformten Bleiglanzpseudomorphosen, so dass 
man hier wie dort geneigt sein muss vorauszusetzen, dass der 
Flussspath schon in der beginnenden Lösung oder Zersetzung 
begriffen war, als er vom Bleiglanze oder auch vom Spath- 
eisenstein überdeckt wurde, wodurch die Runzeln der After- 
krystalle der Umhüllungspseudomorphosen entstanden, wenn 
nicht diese Flussspathkrystalle wieder eine durch Bleiglanz 
hindurchgegangene zweite Pseudomorphose nach Flussspath 
sind, welche ihre Formenverschiebungen in der Zeit der Blei- 
glanzausfüllung erhielten. Der Bleiglanz in seiner grossblätt- 
rigen so wie dichten Struktur als Bleischweif erscheint oft 
gezogen und gedehnt und hineingepresst in die Formen, die 
er einnimmt. Schuppen, Blätter sowohl wie fein krystallini- 
sches Gefüge des Bleischweifes treten besonders, wenn er in 
bandförmiger Gliederung von Eisenspath und Flussspath be- 
gleitet wird, lamellarisch gezogen, gestreckt und nach einer 
Richtung gestreift auf. so dass trotz der Anzeichen für Bil- 
dung aus wässeriger Lösung von einem flüssig gewesenen 
Zustande nicht so leicht abgegangen werden kann. Ich werde 
hierauf später zurückkommen, und beide Zustände mit der 
Spaltenbildung zu erklären suchen. 

Unbedingt die hervorragendste Rolle unter diesen 
Mineralien spielte während einer langen Zeit der Spaltenaus- 
füllung der Flussspath Wir sahen ihn kurz nach der Bil- 
dung des ersten Quarzes und vor dem Spatheisenstein auf- 
treten und Veränderungen vornehmen. Er ist zuweilen älter 
als die Blende, die ihn überdeckt, aber ihrerseits vom Spath- 
eisenstein, Blende etc. durchsetzt wird. Ihre Umgestaltun- 
gen erstrecken sich bis in die Zeit, wo der Kalkspath anfing 
aufzutreten. Auffallend ist dabei, dass der Flussspath sich 
aus den grösseren Teufen heraus nach dem Ausgehenden der 
Gänge massenhaft gezogen hat, wie dies die Gruben: Maria- 


99 


Anna, Meiseberg-Glasebach und die auf jenen dem Neudorf- 
Strassberger Gange parallelen Gangzügen bebauten Gruben 
Ernst August im Suderholze bei Strassberg und Erbgrafen- 
zeche bei Stolberg zeigt, wo er in grossen Mengen gefördert 
wird. 

Die Reihenfolge würde sich demnach gestalten: 

) Baryt 

ER DEE Spatheisenstein, Bleiglanz. 
Bleiglanz und Bournonit finden sich auch in rundlichen Stük- 
ken und unvollkommen ausgebildeten Krystallen in Drusen- 
räumen, so dass es scheint, als sei die Unterlage auf der sie 
krystallisirten später weggeführt. 


5», Bournonıd 


Zeigt sich nur sehr untergeordnet, so dass etwas Nähe- 
res hier zu sagen unterlassen werden muss. Er kommt unter 
sehr ähnlichen Verhältnissen vor, wie der Bleiglanz. Selbst 
in ihm zeigen sich Barytformen abgedrückt, so dass er nicht 
zu den Gebilden der jüngsten Epoche zu zählen ist, obgleich 
seine Fortbildung, wie die des Bleiglanzes und Kupferkieses 
bis in den Kalkspath hineinreicht. 

6. Zundererz 
wird zuweilen in Drusenräumen des Quarz und auf Bleiglanz 
von der Form O, „0 » , gefunden. 

Quarz — Bleiglanz — Zundererz. 
7. Antimonglanz 

in nadelformigen Krystallanhävfungen im Quarz ist sehr selten. 

8. Wolfram 
in grossen ausgebildeten Krystallen, umschlossen von Spath- 
eisenstein und auf Bleiglanz aufsitzend, der auf Quarz ruht, 
zeigt die Kiesfirste des Meiseberges. Auf der Grube Glase- 
bach sind seine Krystalle und Krystallbruchstücke umschlos- 
sen von Quarz und Schwefelkies also 

Quarz — Bleiglanz — Wolfram — Eisenspath — Quarz. 

9. Scheelerz 
findet sich eingesprengt neben Kies und Quarz derb und in 
kleinen Octaedern kıystallisirt von orangegelber Farbe. 

10. Fahlerz 


trifft man verhältnissmässig wenig an, so dass auch dessen 
ae 


100 


Stellung und Verhalten in der Reihe der Gangmineralien we- 
nig bestimmbar ist. 
11. Kupferkies 
kommt derb im Spatheisenstein jüngerer Bildung, im Kalk- 
spathe in Drusenräumen unansehnlich krystallinisch vor. 
Auf manchen Punkten eingelagert in Bleiglanz oder als letztes 
Glied auf Bleiglanz. Gegen die Massen von Bleiglanz und 
Spatheisenstein verschwindet er. Zu bemerken ist, dass er 
aus dem Spatheisenstein bis in den Kalkspath hinein reicht. 
12. Hohlräume rhombischer Krystallformen 
Po, Po; ?Pa, OP zuweilen mit „P2. 

Im Hangenden des Mitttelbaues der Grube Meiseberg 
zeigten sich Drusenräume, welche theilweise von Kalkskeleten 
erfüllt waren. Bei näherer Untersuchung stellten sich die in 
ihrer Lage theils unverändert gebliebenen Kalkspathstücke 
mit eingeschlossenen Flussspathpartien als letzte Ausfüllungs- 
masse der früheren Drusenräume heraus, dessen Seitenwände 
mit grossen in einander verwachsenen Krystallen bis zu !/ Fuss 
Länge ausgekleidet waren, deren Hohlräume, da die sie fül- 
lende Substanz ganz ohne eine Spur zu hinterlassen, ver- 
schwunden sich in den Kalkskeleten vorfanden und mit Was- 
ser erfüllt waren. Die Krystallform ist der des Baryts ei- 
genthümlich, so dass die Vermuthung nahe liegt, da sich 
z. B. auf dem Gange der Grube Hoffnung Gottes Baryt in 
Menge zwischen und auf Quarz in sehr zersetztem Zustande 
oft vorfindet, dass die schwefelsaure Verbindung fortgeführt 
und in dem Kalke der Baryt als Witherit oder Barytochaleit 
vorfindet. Dadurch auf die Formen des Barytes aufmerksam 
gemacht, der sich auf dem Grubenzuge bis jetzt nicht gezeigt 
hat, fanden sich ähnliche Abdrüke beim weiterm Nachsuchen 
auch am Bleiglanze und Bournonite. Auf den innern Wan- 
dungen der Hohlräume des Kalkes bemerkt man, wie wir auf 
Pseudomorphosen des Bleiglanzes nach Flussspath schon ge- 
sehen haben, in der Richtung der kurzen Achsen vorzüglich 
erhabene Rissausfüllungen des umschliessenden Minerales, so 
dass es scheinen möchte, als seien die Krystalle durch plötz- 
lichen Eintritt einer erhöhten Temperatur zersprungen, bevor 
sie umhüllt wurden. Diese Hypothese schwindet indessen 
sofort, wenn man beobachtet, dass bei der beginnenden Zer- 


101 
setzung von Mineralien in Krystallen oder derben Massen, 
wie hier am Flussspath, am Spatheisenstein, am Baryt der 
Grube Hoffnung Gottes, die der Auflösung entgegengehende 
Substanz sehr durchklüftet erscheint, wovon die Ursache wohl 
in der Entziehung eines seiner Bestandtheile liest. Kalkspath 
häufte sich also um den Baryt an, als dessen Zersetzung be- 
gonnen hatte, woraus die vorher ausgesprochene Ansicht über 
das Verbleiben der Baryterde noch mehr bestätigt und ge- 
schlossen werden möchte, dass mit dem Hinzutreten der Kalk- 
lösung der Flussspath, der bisher die Umhüllung des Barytes 
gewesen war, zurückgedrängt wurde und jetzt in der Auflö- 
sung begriffen nur noch als einzelne unregelmässige, bröck- 
liche Stücke, ich möchte sagen in den Kalk übergehend sich 
vorfinde. Demnach würde die Reihenfolge zwischen diesen 
Mineralien folgende sein: 
Baryt — Flussspath — Kalkspath. 

In den Hohlräumen des Barytes erscheinen noch kleine 
Quarzkrystallanhäufungen und etwas Kies als Bildungen 
neuerer Entstehung. 

Woher kam aber die Kalksolution, welche verändernd 
auf die vorhandenen Mineralien einwirkte? Unbedingt auf 
Klüften des Gesteins, welche Zerreissungen und Verschiebun- 
gen des Hangenden gegen das Liegende hervorbrachten, wo- 
raus auf Bewegungen geschlossen werden muss, die sich äus- 
serten und auch wahrgenommen werden an den zerbrochenen 
und geknickten Höhlraumformen des Barytes. Die Folge vom 
Baryt an wäre auf dieser Localität also 
Quarz 
Baryt — Flussspath — Kalkspath — 
ohne dass hiebei jedoch der Kies als Ausscheidung des Quar- 
zes erscheint. 

13. Kalkspath. 
ist eine der jüngsten Bildungen und tritt in verschiedenen 
Formen auf. Vorzüglich ist es die Combination „P—-1/ R 
woriner erscheint und in welcher die eine oder die andere Form 
vorherrscht, Nicht selten zeigt sich aber auch der Kalkspath 
krystallisirt in R mit untergeordnetem „P2. Dieser ent- 
hält Mangan in nicht unbedeutender Menge, wahrscheinlich 
auch Baryterde und zeichnet sich durch Undurchsichtigkeit 


102 


und abgerundete Kanten vor dem andern Kalkspathe aus. 
In der Grube Glückstern z. B. begleiten den Gang mächtige 
Kalkspathmassen, welche vom Schachte durchsunken sind. 
Die herabfallenden Grubenwasser lösen den Kalk an der 
Oberfläche nach und nach auf, führen ihn fort und mischen 
sich mit denen des Ganges auf dem Birnbaumer Stollen. Dort 
wird die Wasseroberfläche hie und da an der Fortbewegung 
gehemmt und ist einem starken Luftstrom ausgesetzt. Nach- 
gerade bildet sich auf dem Wasserspiegel eine schwarze 
Haut, welche zu Boden fällt. Ich untersuchte diese Substanz 
vor dem Löthrohre und fand, dass sie neben Eisenoxyd eine 
grosse Menge von Mangan enthielt, der wohl grossentheils 
aus dem Kalke gezogen dort abgelagert wird, denn die mit 
dem Wasser des Glücksternschachtes sich vereinigenden Gru- 
benwasser setzen vorher nur Eisenoxyd in Menge ab, was 
keine Manganreaction bemerken lässt. 

Auch ist es diese Form des Kalkspathes, welche die Ba- 
rytformen umgiebt. Schwarz gefärbt trifft man ihn zuweilen 
da, wo er den Bournonit umgiebt, der ihm die Färbung 
zugetheilt zu haben scheint. Auch wird er in grünlich, gelb- 
licher und röthlicher Färbung aufgefunden. 

Als Unterlage hat der Kalkspath: Quarz --- Bleiglanz 
— Eisenspath. Als Decke: Kupfer- und Schwefelkies, Fluss- 
spath — Bournonit — Bleiglanz — Braunspath, so dass er 
also schon anfing sich abzuscheiden, als die Bildung dieser 
Mineralien noch nicht vollendet war. Seine Bildung dauert 
fort bis in die Jetztzeit, denn hier und da in den Gruben 
sieht man Kalkhaltige Gewässer den Kalk als Tropfstein sich 
absetzen. Im westlichen Mittel der Grube Meiseberg auf der 
3ten und 4ten Strecke durchsetzen mächtige Trümmer 
von grossblättrigem Kalkspathe denGang in ziem- 
lich rechtem Winkel, wodurch kleine Gangverwerfungen her- 
vorgebracht werden. Im sogenannten Stahlsteintrumme des 
Pfaffenberges begleitet er den Spatheisenstein in grossblättri- 
gen Partien, und es geht aus dem Verhalten desselben so wie 
des Eisenspathes hervor, dass jenes mit Eisenspath erfüllte 
Gangtrumm von jüngerem Alter ist, als die ihn begleitenden 
Trümmer des Erzganges. 


q 


103 


14. Braunspath 
tritt in sehr untergeordneter Weise als perlmutterglänzendes 
krystallisirtes Mineral von weisser und gelblicher Farbe über 
dem Kalkspath auf und ist neben 
15. Wawellit 
eine der jüngsten Bildungen. Dieser sitzt als honiggelbe un- 
durchsichtige Knöpfchen auf zerfressenem Quarz, der von se- 
cundären Schwefelkiesüberzügen bedekt ist. Es ist dies Mi- 
neral die einzige phosphorsaure Verbindung, die bis jetzt vom 
Gangzuge bekannt und auf dem Meiseberger Mittelbaue zum 
Vorschein gekommen ist. 
16 Kupferblau 
findet sich öfter als Ueberzug der Streckenwandungen in obe- 
ren Teufen neben Tropfsteinbildungen als Zersetzungsproduct 
aus Kupterkiesen. 
17. Eisenoxydhydrat 
als Ausscheidungen der vitriolischen Gewässer wird auf vie- 
len Punkten abgesetzt. So traf ich auf der Kiesgrube des 
Fürst Victor Friedrichszuges unweit Victor Friedrich Silber- 
hütte in einem sehr alten Grubenbaue eine Lache von sehr 
concentrirter Kieslauge, die theilweise von einer dicken Kru- 
ste basisch schwefelsauren Eisenoxyduls überdeckt war. In 
deren Nähe fanden sich 6—7 Zoll starke Ablagerungen von 
Eisenoxydhydrat von kastanienbrauner Farbe, welches getrock- 
net nicht zu unterscheiden war von dem in Laboratorium 
künstlich dargestellten. 

18. Verschiedene (schwefelsaure) in Wasser lösliche 
Salze der Thonerde, des Eisens und der Magnesia treten als 
Efflorescenzen in alten Grubenbauen auf. 

So wie also gegenwärtig innerhalb der offenen Gruben- 
baue innerhalb der Atmosphäre Verbindungen gelöst und 
neue Verbindungen gebildet werden, so gingen auch noch 
ehe die Gänge von Grubenbauen aufgeschlossen und unter- 
sucht wurden, innerhalb des Wassers, welches die leeren 
Räume der Gangspalten füllte und das Gestein durchdrang 
in verschiedenen Orten je nach den localen Umständen Ver- 
änderungen vor, welche die Zerstörung älterer und die 
Bildung neuer Mineralien zur Folge hatten. Die Bedingun- 
gen waren aber damals andere und änderten sich mit den 


104 5 


Zeiträumen. Während jetzt die Zersetzung der Mineralien 
durch Oxydation unter dem Einflusse der atmosphärischen 
Luft und der in ihr suspendirten Gasarten vor sich geht und 
dabei vorzugsweise sauerstoffreiche Verbindungen erzielt wer- 
den, musste in früheren Zeiten bei gänzlichem Abschluss der 
atmosphärischen Luft unter hohem Wasserdrucke die Zerset- 
zung und Neubildung der Mineralien reductiver Natur sein. 
Von der Erdoberfläche her wurde allerdings ja Sauerstoff 
gelöst vom Wasser dem Gange zugeführt; derselbe wurde 
aber zur Oxydation der die höchsten Partien des Ganges er- 
füllenden Mineralien bald extrahirt und in die tieferen Gang- 
‘räume gelangte nur eine Flüssigkeit, welche freien Sauerstoff 
nicht enthielt. Die darin gelösten Mineraltheile trafen zu- 
sammen mit denen, welche von anderer Seite her in die Gang- 
spalte gelangt waren, und trugen so zur Füllung der Spalten 
bei. Ein treffendes Beispiel für den Unterschied der Wirkung 
ein und derselben Lösung bei Luftabschluss und in der at- 
mosphärischen Luft hatte ich Gelegenheit auf der Grube Hoff- 
nung Gottes zu beobachten. Nachdem das auf dem Gange 
der Hoffnung Gottes betriebene Feldort einige Zeit eingestellt 
war, hatte sich nach wenigen Tagen eine starke Eisenguhr 
angelegt. Ich liess nun den Punkt, an welchem diese eisen- 
reichen Wasser hervortreten, anschiessen und fand auf dem 
Gange eine mit grossen Quarzkrystallen ausgekleidete Druse, 
auf deren Boden eine Menge von Quarzkrystallsplittern durch 
dünne Häutchen von Schwefelkies zusammengehalten wurden. 
Unzweifelhaft hatten also geringe Gesteinsbewegungen im Gros- 
sen einige von den gebildeten Quarzkrystallen zertrümmert, es 
wurde dadurch der eisenhaltigen Flüssigkeit Zutritt in jenen 
Raum geöffnet, und der im Wasser gelöste Eisenvitriol wurde 
zu Eisenkies reducirt, zersetzte sich aber, sobald er mit Luft 
in Berührung kam in Eisenoxydhydrat, dass sich abschied 
und in freie Schwefelsäure, welche vom Wasser aufgenommen 
und fortgeführt wurde. Analog dieser Erscheinung möchte 
ich deshalb behaupten, dass alle jüngsten Mineralien inner- 
halb offener mit Wasser erfüllter Drusenräume ihre Bildung 
in der Jetztzeit noch fortsetzen. Es werden also alle in 
krystallisirttem Zustande angetroffenen unbedeckten Minera- 
lien noch jetzt aus der Zersetzung anderer hervorge- 


105 


rufen, nur geht die Umwandlung nicht in der Geschwindig- 
keit vor sich, als es in früheren Zeitperioden der Fall war, 
wo die Erdabkühlung noch nicht so weit fortgeschritten war, 
als jetzt, und das Wasser in dem Niveau, wo es jetzt angetrof- 
fen wird, eine höhere Temperatur besass. Die Lösungscapa- 
cität desselben war grösser, der Niederschlag erfolgte schnel- 
ler, so dass also auch die ersten Ablagerungen innerhalb der 
Gangspalten nicht in so grossen Krystallen erfolgen konnten, 
als das jetzt der Fall ist, wo die Zeit zum Krystallisiren eine 
längere. Kommen dazu noch (plötzliche) Hebungen und 
Senkungen des Gebirges, wodurch die Temperatur Ab- oder 
Zunahme beschleunigt oder verzögert wird, so werden die 
Unterschiede in der Krystallgrösse und Mineral -Zersetzung 
noch deutlicher hervortreten. Von einem Aufhören der Mi- 
neralbildung kann demnach hier nicht wohl die Rede sein, 
Wenn es also meine Absicht war, eine Reihenfolge der Mine- 
ralien für diesen Gangzug aufzustellen, so kann dies nur die 
Reihenfolge sein, in welcher die einzelnen Mineralien nachge- 
rade im Gange auftraten, also eine Vergleichung ihres rela- 
tiven Alters vom ersten Erscheinen angerechnet, so weit sich 
dies nach den jetztigen Erscheinungen beweisen lässt. 


Sucecession der Gangminer. 


Blicken wir nun einmal zurück auf die ganze Reihe der 
vorgeführten Mineralien und ziehen die durch Beobachtungen 
aus der gegebenen Tabelle gefundene Reihenfolge derselben 
zu einem Vergleiche mit der aus den Pseudomorphosen ge- 
fundenen Reihe des Mineralerscheinens, so wird sich eine 
Reihenfolge herausstellen, die das relative Alter nach 
ihren Geburtstägen, wenn ich so sagen darf, angiebt. 

Da erscheint denn: Hornquarz 
Talk 
Quarz und 
Kies als Ausfüllung ältester Art. 

Was die Stellung von Blende, Flussspath und Spath- 
eisenstein anbelangt, so haben wir zuvörderst gesehen, dass 
Blende bis in den Hornquarz zurückreicht, worin Flussspath, 
wenn auch von jüngerem Quarze bedeckt, nicht angetroffen 
wird. Gegen die Reihenfolge 

Blende — Flussspath 


106 


lässt sich also nichts einwenden, und da Flussspath, wie bei 
den Pseudomorphosen mit Bleiglanz gezeigt wurde, älter als 
Spatheisenstein ist, so fragt es sich nur, ob Blende oder 
Spatheisenstein als älteres Glied angesehen werden muss. 
Bei der Betrachtung der Blende wurde schon gesagt, dass 
sie sich besonders häufig in den älteren Quarzablagerungen 
krystallinisch ausgeschieden fände, auf welchen Spatheisen- 
stein aufgelagert erscheint. Es tritt also der Spatheisenstein 
hinter jene beiden Miner. 

Demnach stellt sich die Reihe: 

Blende — Flussspath — Spatheisenstein 
woran sich, wie früher gezeigt wurde, der Baryt anreiht, 
so dass die zweite Gruppe sich folgendergestalt darstellt: 
Blende 
Flussspath 
Spatheisenstein 
Baryt. 

Interessant würde es sein, Pseudomorphosen von Fluss- 
spath nach Blende aufzufinden, welche als evidenter Beweis 
für die Richtigkeit der Reihe sprächen. Die Blende scheint 
indessen keine Zersetzungen erfahren zu haben. 

Dem Niederschlage des Spatheisenstein älterer Entste- 
hung folgte der Bleiglanz, begleitet von einer Anzahl anderer 
Schwefel- und Antimonverbindungen, so dass die dritte 
Gruppe: 

Bieiglanz 

Bournonit 

Fahlerz 

Antimonglanz 

Zundererz 

Kupferkies 

Wolfram und 

Scheelerz 
umfassen dürfte. Vom chemischen Standpunkte aus betrach- 
tet, mag das Aufzählen von Wolfram und Scheelerz hier 
etwas befremden, da Scheelerz oder besser Scheelspath 
die Anwesenheit von Kalk bedingte, der als kohlensaure 
Verbindung sich erst später zeigt. Wie oben gesagt wurde, 
folgte Wolfram dem Bleiglanz und wurde von Spatheisen- 


107 


stein umschlossen, so dass seine Bildung sicherlich erst nach 
dem Erscheinen des ersten Eisenspathes stattfinden konnte, 
indem hinzutretende Wolframsäure dem Spatheisensteine 
Mangan und Eisen entzog, so dass er also füglich hier an- 
gereiht zu werden verdient. Wolframkrystallhohlräume mit 
zurückgelassenem Eisenoxyd deuten wohl auf Entstehung des 
Scheelspathes nach der Zersetzung des Wolfram. Da indes- 
sen das Vorkommen von Scheelspath hier ein sehr seltenes 
ist, was nur in der Nähe des Wolfram gefunden wird, so 
reihe ich auch dies Mineral gleich hier an. Da aus der Bil- 
dung des Scheelerzes auf die Anwesenheit von Kalk geschlos- 
sen werden muss, der schon während des Absatzes älterer 
Mineralien, als der Kalkspath ist, in Lösung vorhanden sein 
muss, so möchte fast der Schluss gezogen werden, dass die 
Bedingungen zum Kalkniederschlage damals noch nicht gün- 
stige waren, und sich nur solche Kalkverbindungen daraus 
absorbirten, für welche die Lösungscapacität der Flüssigkeit 
aufhörte wirksam zu sein. Erst später, als vielleicht der 
hohe Kohlensäuregehalt der Flüssigkeit abgenommen hatte, 
wurde es dem Kalke möglich, in fester Form aufzutreten. 

Zur 4ten Gruppe gehören: 

Kalkspath 
Braunspath 
Wawellit. 

Der Gehalt des Kalkspathes an Baryterde und Mangan 
möchte wohl zu einer Trennung dieser Späthe in mehrere 
Species dienen. 

Als letzte Gruppe von Mineralien, welche innerhalb 
der Zeit des Grubenbetriebes gebildet sind, wären aufzuzählen 
als: 

Kupferblau 

Eisenoxydhydrat 

Mangan in mehreren Oxydationsstufen und 
Salze verschiedener Art. 

Der Quarz spielt eine Rolle durch alle Gruppen hindurch 
und darf bei seinem wiederholten Auftreten nicht stören. 


warn 


ann 


108 


II. Entstehung der Gangspalten. 

Die Spaltenbildung anbelangend ergiebt sich also gleich, 
dass neue Spalten zu allen Zeiten entstanden. Vor- 
züglich stark war die Spaltenbildung vor dem Erscheinen des 
Quarzes, Spatheisensteins, der Blende und des Kalkspathes. 
Weniger auffallend aber dennoch immer Statt habend war 
sie vor dem Auftreten des Flussspathes und Bleiglanzes 
mit seinen Gefährten. Es fällt demnach die Spaltenbildung 
vorzüglich in die erste, zweite und vierte Periode der Gang- 
ausfüllung. Woher kam es aber, dass die Bildung von Spal- 
ten zu verschiedenen Zeiten vor sich ging und nicht auf ein- 
mal statt hatte. Diese Frage zu entscheiden bedarf es einer 
näheren Beleuchtung der Constitution des ganzen Gebirges 
und dessen Geschichte. 

Der Charakter der verschiedenen neben einander hin- 
laufenden sich kreuzenden, schaarenden Spalten und Risse 
lässt auf eine verschiedenartige Entstehung schliessen. — 

Die grosse Erstreckung dieses Gangzuges unter denen 
welche den südöstlichen Harz durchziehen, lässt grosse Ur- 
sachen voraussetzen. Werfen wir einen Blick über das ge- 
samnte Harzgebirge, so treten verschiedene Gangdistricte uns 
entgegen, deren Gänge mit geringen Abweichungen dasselbe 
Streichen behaupten, welches das Harzgebirge in seiner Längen- 
achse besitzt. Esist das Streichen des hier besprochenen Gang- 
zuges. Für diesen südöstlichen Harztheil, welcher gegen 
Nordwest durch eine Linie von dem Auerberge nach dem 
Ramberge gezogen begrenzt werden dürfte, sind es folgende 
Gangzüge: 

1. Erbgrafenzeche und Schwendaischer Zug zwischen 
Stolberg und Schwenda, streicht circa hor 9. 

2. Die Weisse Zeche bei Hayn mit 4 Trümmern von 
den mit südlichem Einfallen das mittlere und westliche hor. 
8,5 streichen, das östliche Trümmer streicht hiervon abweichend 
in hor. 11,4. mit östlichem Einfallen. 

3. Antimongrube bei Wolfsberg streicht hor. 7. 

4. Strassberg-Neudorfer Gangzug hor. 8 mit nördlichem 
Einfallen. 

5. Kreuzergang bei Strassberg ca. hor. 10. 

6. Pfennigsthurm bei Strassberg ca. hor. 10. 


109 


7. Bibende — Fürst Victor Friedrich — Silberkopf — 
Suderholz (Heidelberger) — Lobig und Reichenberger Gang- 
zug zwischen Neudorf und Güntersberge hor. 7—8 mit süd- 
lichem Einfallen. 

8. Elisabeth-Albertiner Gang bei Harzgerode mit süd- 
lichem -Einfallen; Streichen hor. 8 auf dem Feed- und Quel- 
lenzuge. 

9. Vereinigte Grube — Schwefelstollen — Rautenkranz 
und Brachmannsberger Zug nördlich von Harzgerode und 
Siptenfelde, Streichen hor. 7 mit südlichem Einfallen. 

10. Hoffnung Gottes — Drusenzug mit der Amalien 
Grube und den Rizberger Schächten hor. 8 mit südlichem 
Einfallen. 

11. Schalkenburger Zug hor. 7. mit südlichem Einfallen. 

12. Stollengang Nr. 1. mit südlichem Einfallen hor. 7-8. 

13. Gernröder Gang. Streichen zwischen 8-9. 

Ausserdem finden sich noch weiter nach Osten zu eine 
Anzahl wenig untersuchter Gänge, in der Grafschaft Fal- 
kenstein zwischen den Ortschaften Pansfelde, Molmerschwenda 
und Tilkerode; in der Nähe des letzteren eine Menge von i 
Contaktgängen zwischen Grünstein und Grauwackenthon- 
schiefer mit Eisenstein erfüllt. Die Eisensteinsgänge hängen, 
wie schon früher durch (den verstorbenen Herren Oberberg- 
rath) Zincken dargethan ist, mit den Erhebungen der Pyro- 
xengesteine zusammen, die dort in gesellschaftlichen Gruppen 
das Sedimentgestein oft durchbrechen; sie sind im Verhältniss 
zu den hier aufgezählten zwar von untergeordneter Bedeutung, 
aber dennoch geeignet zur Aufklärung der Entstehung der 
hier beregten Gänge mitbeizutragen. 

Fassen wir also jene Reihe von Gangzügen ins Auge, 
die sich hier aufgezählt findet, und beachten, dass diesel- 
ben sich grossentheils an die Eruptiv-Gesteine des granitischen 
Ramberges und des porphyrischen Auerberges anschliessen, 
sehr ähnlich dem Verhalten der Oberharzer Gänge, die in 
der Nähe der Brockenerhebung auftreten, so lässt sich 
ein Causalnexus zwischen den Erhebungen der Eruptivge- 
steine und der Entstehung der Gangspalten wohl nicht ver- 
kennen. Im Verhältniss zur Masse des emporgestiegenen 
Eruptivgesteines und der Stärke der zu durchbrechenden Rinde 


110 


musste auch die Kraft stehen, welche diese Massengesteine 
empordrängte und je grösser die darauf verwendete Kraft 
war, in um so grösserem Umfange musste sie fühlbar werden. 
Zu diesem Ende werfen wir einen Blick auf eine geognostische 
Karte des Harzes. Granit, Porphyr und Pyroxengesteine sind 
besonders diejenigen Massengesteine, welche zur Veränderung 
seiner Oberfläche beigetragen haben. Sie sind die Ursachen 
lokaler Schichtenerhebungen gewesen, nicht aber die Ursache 
der ganzen Harzerhebung nach fast vollendeter Ablagerung 
des Silur- und Devon-Systemes, welches in den Sedimentgestei- 
nen des Harzes vertreten ist, denn nicht allein spricht dage- 
gen die Anordnung der Gesteinsschichten im grossen Ganzen 
die fast durchgängig bei südöstlichem Einfallen eine Streichungs- 
richtung hor. 4—7 behaupten, es sprechen dagegen tellurische 
Kräfte, welche es waren, die bei ihren grossen Umgestaltun- 
gen der Erdoberfläche auch den Harz über das Niveau des 
Meeres erhoben. Erst spätere Katastrophen veränderten, wie 
Crednerin seinem Werke über Thuringen und den Harz nach- 
weist, das primitive Relief durch Empordringen der Massen- 
gesteine, von denen Porphyr und Granit in grossen zusam- 
menhängenden Massen die schon gehobenen und gekippten 
Sedimentschichten durchbrachen, während Pyroxengesteine 
aur auf vielen Punkten in kleinen Partien, den Thonschiefer 
und die Grauwacke gewissermaassen wie ein Sieb durchlöchert 
hatten. Mit demselben Rechte, wie nun die Eisensteinsgänge 
von Tilkerode als Folgen der Erhebung des Grünsteins resp. 
Pyroxengesteins angesehen werden müssen, dürfte hier’die Ent- 
stehung grösserer Gänge der Erhebung der Granit- und Por- 
phyreruptionen zugeschrieben werden. Beim Empordringen 
dieser grossen Eruptivmassen erfuhr nicht allein die nächste 
Umgebung der Sedimentgesteine Bewegungen, Hebungen und 
Senkungen, nein tellurische Hebungen und Senkungen, welche 
Bedingung zur Ablagerung der jüngeren Sedimentschichten um 
das ganze Harzgebirge herum waren, veranlassten den Durch- 
bruch jener Eruptivmassen und mit ihr die Bewegung der 
sehr wenig elastischen Gesteinsrinde der Erde, wodurch Risse 
und Spalten entstanden, in der Richtung, in welcher das Ge- 
stein am leichtesten zerbrochen werden konnte Nun fand 
die Bewegung der ganzen Harzmasse ungehinderter und freier 


111 


Statt, die einzelnen Bruchstücke bewegten sich nach verschie- 
denen Richtungen, wurden dabei an einander gerieben und 
es blieben da, wo nicht eruptive Gesteinsmassen eindrangen, 
Räume mit Breccien, Geröll und zermalmtem Nebengesteine 
offen für die Circulation der mit gelösten Mineralien geschwän- 
gerten Wasser, wenn nicht Fumarolen dessen Zutritt noch ver- 
hinderten. 

Der Neudorf- Strassberger Gangzug durchsetzt in fast 
rechtem Winkel auf die Schichtung des Nebengesteins das- 
selbe nach der Streichungs- und Fallrichtung geradlinig. 
Hie und da treten grosse Schollen des Nebengesteins, mit 
verändertem Streichen und Fallen gegen das Hauptstreichen 
des Nebengesteins auf und geben Veranlassung zu Verdrückun- 
gen, Verwerfungen also zu den tauben Zwischenmitteln, was sich 
zwischen den Gruben Meiseberg und Pfaffenberg im Blauen 
Schachte und auf dem Mittelbaue, so wie in der Nähe der Gru- 
ben Birnbaum und Glasebach beobachten lässt. Von den Be- 
wegungen des Hangenden auf dem Liegenden oder umgekehrt 
zeugen die Rutschflächen nicht allein auf beiden Saalbändern, 
sondern auch innerhalb des Ganges und in dessen Nähe im 
Nebengestein. Sie dauerten also noch fort als schon der 
Gang angefangen hatte, sich mit Mineralien zu füllen. Da- 
durch wurden durch abgelagerte Mineralien zusammengeba- 
ckene Stücke des Nebengesteins von Neuem losgerissen, es 
entstanden neue Spaltungen. Die Richtung der Feinchen und 
Risse auf dem Liegenden und Hangenden der Gruben Pfaf- 
fenberg, Maria Anna — Meiseberg — Glückstern — Birn- 
baum ist wenig von einander unterschieden. Stellt man sich 
mit dem Gesichte nach Süden und gegen die geneigte Fläche 
der Gangebene gerichtet die nördlich einfällt, so variirt die 
Richtung dieser Feinchen und Rillen in der Gangebene von 
der Normalen. welche auf dieselben gezogen wird nach Osten 
hin um 30—50 Grad ohngefähr. Es fand also vor und wäh- 
rend der Gangausfüllung eine Hebung des Liegenden, oder 
eine Senkung des Hangenden nach dieser Richtung hin statt. 

Aehnliche Rutschflächen, Rillen und Furchen finden 
sich auch auf den dem Ramberge und Auerberge näher ge- 
legenen Gängen. 

Wenn nun ein Eruptivgestein, wie Granit oder Porphyr, 


112 


die feste Gesteinskruste zu durchbrechen sucht, sei es in sehr 
kurzer Zeit, oder in längerer Zeitperiode, so wird sich zu- 
vörderst um den Eruptionspunkt das Gestein schildförmig er- 
heben. Der Mangel an Elastieität und Biegsamkeit des zu 
durchbrechenden Gesteins verursacht ein Brechen undZerreissen 
desselben, denn die Oberfläche des Gesteins soll eine Ausdeh- 
nung erfahren und zwar in der Weise, dass die Gesteinsstücke 
einzeln gehoben werden können, worauf Bischof II. in seiner 
eben erschienenen Brochüre über die anorganische Formations- 
gruppe pag. 21 — Dessau 1864 hindeutet ; es entstehen also 
Spalten. Ist endlich das Gestein an einem Punkte durchbro- 
chen, und das durchbrechende Gestein gelangt zur Oberflä- 
che, so werden die einzelnen grossen Gesteinstücke wieder 
zusammengedrängt und sinken durch ihre Eigenschwere an 
einander nieder bis das Gleichgewicht wieder hergestellt ist, 
ähnlich einem Gewölbe dessen Schlussstein weggenommen 
wird. Auf die Richtung der Spalten hat nun ausserdem noch 
Einfluss die Lagerung und der Charakter des Gesteines selbst. 
Dasselbe besass vor dem Durchbruche (im Harze) der Gra- 
nite und Porphyre schon eine gewisse Neigung, es war aus 
seiner horizontalen ursprünglichen Lagerung getrieben durch 
tellurische Kräfte, welche den Durchbruch der Pyroxengesteine 
veranlassten. Das Zerbrechen des Gesteines nahe der Richtung 
der Längenerstreckung der Schichten des Harzes war leich- 
ter als nach der Quere, wobei auch besonders die aus Con- 
traction hervorgehende Fältelungsneigung der Erdoberfläche 
in der Rotationsebene mit beitrug. 

Somit möchte ich denn die nach Süden einfallenden 
Gangzüge Nr. 7 bis 12 und den unbekannt fallenden Gang- 
zug bei Gernrode, so wie einige kleine Contactgänge bei 
Friedrichsbrunnen und Treseburg der Erhebung des Ramber- 
ges, die Gangzüge Nr. 1-6 hingegen der Erhebung des Auer- 
berges zuschreiben. Da nun die Graniterhebung des Ram- 
berges und Brockens um die ganze Periode der Steinkohlen- 
formation älter ist als die Erhebung des Porphyres am Auer- 
berge, so müssten auch wohl die ersten Gangmine- 
ralienderRambergerGanggruppe einen von den 
ersten Gangminern dieser Auerberger Gangzüge 
verschiedenen Charakter haben, wenn die aufge- 


113 


stellte Reihenfolge von Mineralien als im Ganzen für richtig 
anzusehen ist. Dass mit dem Alter der Gänge eine Verschie- 
denheit der Ausfüllungsstoffe in ein und demselben Neben- 
gestein Statt findet, zeigen ja neben einer grossen Menge in 
Breithaupts Paragenesis aufgeführter Mineralgruppen die 
Gänge von Tilkerode. Dort gehört das Nebengestein, soweit 
die Erfahrungen jetzt reichen, zu demselben Systeme, in wel- 
cher die hiesigen Neudorf- Harzgerode - Strassberg - Haynschen 
Gänge aufsetzen. Trotzdem besteht ihre Ausfüllung aus Ei- 
senstein, Braunspath mit Selenblei und einigen andern werth- 
vollen seltenen Mineralien, die den Gängen einen völlig ver- 
schiedenen Charakter zutheilen. Nun wäre nur noch die 
Frage, ob die Ausfüllung derselben, da sie nicht vom Neben- 
gestein abhängig zu sein scheint, von der Qualität des Erup- 
tivgesteins herrührte, was dort Pyroxene hier Porphyr und 
Granit ist. Dieser Umstand hat allerdings vieles für sich. 
Wenn daher die obige Trennung der hiesigen Gangzüge in 
solche, welche dem Granite und in solche, welche dem Por- 
phyr angehören, richtig ist, so wird neben dem verschiedenen 
Alter der Unterschied ihrer Ausfüllungen dieselben Differen- 
zen zeigen müssen, als zwischen Porphyr und Granit obwal- 
ten. Darüber fehlen jedoch noch Erfahrungen und eine grö- 
sere Menge von Beobachtungen, als ich sie bis jetzt zu ma- 
chen Gelegenheit nehmen konnte. 

Für jetzt mag hier nur festgehalten werden, dass der 
Neudorf-Strassberger Gangzug sich an die Porphyreruption des 
Auerberges anschliesst, welche während der grossen Kata- 
strophe der Bildung des Todliegenden erfolgte. Wie beim 
Eingange bemerkt wurde, endet der fragliche Gang in der 
Nähe von Pyroxengesteinen, die auf manchen Punkten im 
Hangenden auch dicht an ihn herantreten, ohne dass dadurch 
irgend welcher Einfluss auf denselben bemerkbar wäre, hätte 
er seinen Ursprung von diesem, so würde eine Aehnlichkeit 
seines Verhaltens mit denen der Pyroxengesteineund zu denen 
von Tilkerode erkennbar werden. Das ist nicht der Fall. 
Eine Durchsetzung des Pyroxengesteins durch den Gang findet 
ebenso wenig Statt, so dass die Wahrscheinlichkeit der auf- 
gestellten Behauptung immer mehr Platz greift. Der Gang 
ist also jünger als die Pyroxengesteine; seine Entstehung fällt 

Bd. XXXI. 1868. 8 


114 


in die Zeit der Porphyerhebungen, nach deren Schluss auch 
die Ablagerung des Todtliegenden beendet war und die Zech- 
'steinformation rund um den Harz sich abzulagern begann. 
Ausserordentlich auffallend ist die Uebereinstimmung der 
Ablagerung geschwefelter Metalle in dieser Sedimentgruppe 
mit der dritten Periode der Gangausfüllung, in welche das 
Hervortreten der geschwefelten Metalle (mit Ausnahme der 
Blende) fälit und es möchte fast der Versuch gewagt werden, 
einen Connex zwischen jenem metallischen Sedimentgestein und 
den Ablagerungen von geschwefelten Metallen in den Gang- 
spalten zu vermuthen, ähnlich wie ihn schon Werner für die 
Spaltenerfüllung jedoch in grossem und weitem Maasstabe an- 
zunehmen sich für berechtigt hielt. Seit der Zeit seiner Ge- 
burt wurde der Harz trotz der Hebungen und Senkungen, 
welche er mehrfach z. B. während der Juraperiode erfuhr, 
nicht wieder unter den Meeresspiegel hinabgetaucht, die Vor- 
gänge innerhalb der Gangspalten hatten also nichts gemein 
mit den Vorgängen, welche innerhalb des ihn umschliessenden 
Meeres Statt fanden. Nur insofern wurde auf ihn eingewirkt, 
als mit den totalen sowie localen Hebungen und Senkungen, 
welche letztern durch spätere Porphyr- und Melaphyrerhebun- 
gen veranlasst wurden, Bewegungen seiner einzelnen Theile 
hervorgingen, welche die Ursache zum Wiederaufreissen der 
alten Spaltung und Bildung neuer untergeordneter Spalten 
waren. Denn unbedingt fanden jene tellurischen Kräfte in den 
alten Spalten den geringsten Widerstand, die eigenthümliche 
Suspension des Hangend-Gesteines über der mit Flüssigkeit 
erfüllten Kluft und die lösende Einwirkung dieser auf das 
Nebengestein veranlassten das Loslösen von grossen Schaalen 
und Keilen, die in die Gangspalte hineinfielen und locale 
Zertrümmerungen besonders da hervorriefen, wo die Lage- 
rung des Sedimentgesteins und dessen geringerer Zusammen- 
hang diese Thätigkeit erleichterten und begünstigten. 

Wenn so eben die Vermuthung gewagt wurde, dass die 
Ablagerung von geschwefelten Metallen der Zechsteinforma- 
tion in gewissem Connexe stehe mit der Ausfüllung der Gang- 
spalten mit diesen Mineralien, die annähernd in jene Zeitpe- 
riode gefallen sein dürfte, so könnte eine solche Verbindung 
beider Erfolge nur dadurch einer Ursache zugeschrieben 


115 


werden, dass aus den tiefer gelegenen Punkten der Spalten 
die Flüssigkeit abfloss, welche zum Absatze der Schwefelme- 
talle in den Spalten Veranlassung gegeben hatte, und seiner 
festen Stoffs nicht beraubt war, oder nicht Gelegenheit 'ge- 
funden hatte, alles Gelöste abzulagern. Neue Lösung drängte 
nach und so entstanden metallsalzhaltige Quellen, welche dem 
Meere zuflossen und dort ihre Lösungen zu Boden fallen 
liessen. Eine ähnliche Erscheinung dieser Art, die zur Zeit 
der Zechsteinformation Statt gefunden hat, ist die Ablagerung 
von Baryt aut dem Rauchkalke am Rossberge in der Nähe 
Gittelde, deren Dr. Zimmermann in. seinem Werke über das 
Harzgebirge 1834 Erwähnung thut. Er sagt pag. 155: Kaum 
dürfte ein merkwürdigeres Schwerspathvorkommen als am Ross- 
berge und auf der Gitteldschen Trift zu beobachten sein. 
Die Ueberlagerung des Schwerspaths über den Rauchkalk 
könnte vermuthen lassen, dass er mit der aus dem Schiefer- 
gebirge vom Todtenmanne (ein Gang) und in mehreren Rich- 
tungen aus dem Schiefergebirge nach dem Rossberge heran- 
setzenden Schwerspathgängen in Verbindung stehe, um so 
mehr da auch unverkennbar ein in dem Schiefergebirge auf- 
setzender Gang dicht hinter der Grenze des Schwerspaths 
fortläuft, so dass selbst am Ausgehenden der Schwerspath 
sein Hangendes bildet. Wenn der Gang an dieser Stelle ent- 
schieden Schwerspath enthielte, was jedoch nicht der Fall ist, 
so wäre fast kein Zweifel vorhanden, dass jene erwähnte 
Schwerspath-Ueberlagerung aus ihm hervorgequollen ı). Aber 
immer bleibt es höchst merkwürdig und näherer Untersuchung 
werth, dassnicht nur der schon erwähnte Todtenmänner, jetzt 
Hülfe Gotteser Gang, sondern auch mehrere ähnliche Schwer- 
spathgänge, nach dem Rossberge hin centriren.“ Eine andre 
Erscheinung ähnlicher Art, welche sich noch jetzt beobachten 
lässt, findet bei mehreren Kieslagerstätten der Provinz Huel- 
va in Spanien Statt, aus denen vitriolische Gewässer strömen, 
welche Eisen und Kupfer als schwefelsaure Salze enthalten. 
Zur Zeit als das Kupfer daraus nocht nicht gewonnen wurde, 
strömten diese Metallsalzlösungen dem Meere zu, und konn- 


1) S. meine Abhandlung über Schwefelkieslagerstätten der Pro- 
vinz Huelva — Berg- und Hüttenmännische Zeitung von Kerl & Borne- 
mann Nr. 23 u. 8. w. 1868. 

g* 


116 


ten unter gewissen Bedingungen auf dessen Grunde niederge- 
schlagen und abgelagert werden. Gewiss lassen sich viele 
Beispiele für diesen Fall in kleinerem Maasstabe anführen. 
Betrachtet man die geringe Mächtigkeit der mit ge- 
schwefelten Metallen wirklich erfüllten Ablagerung der Zech- 
steinformation, so muss daraus geschlossen werden, dass die 
Quellen jener Metalle in Gegenhalt zu andern Ablagerungen 
ähnlicher Natur z. B. Eisenstein etc. nicht lange Zeit geöff- 
net waren. Dieser Umstand spricht wiederum für die Ema- 
nation metallhaltiger Flüssigkeit aus den Gangspalten. Durch 
die allmählige Ablagerung metallischer Mineralien aus jenen 
ihnen entströmenden Flüssigkeiten wurden die Ausströmungs- 
öffnungen enger und enger, bis sie sich völlig schlossen und 
so den Solutionen keinen Ausweg mehr gestatteten oder bis 
jene Quellen versiegten. Die Mächtigkeit der metallführenden 
Schicht des Zechsteins hat ziemlich dieselben Stärke als die 
metallischen Ablagerungen in den Gängen, so dass auch hierin 
eine gewisse Uebereinstimmung obwaltet. Die Ausdehnung 
der Kupferführenden Zechsteinformation ist nicht so bedeu- 
tend, dass eine Zuführung der Metallmengen in gelöstem Zu- 
stande aus den Gängen seiner Umgebung als unmöglich ge- 
dacht werden könnte. Denn woher sollte jene Metallmenge 
in das Sedimentgestein gekommen sein. Der Kupferschiefer 
lagert auf älteren Sedimentgesteinen, die keine Spur von ähn- 
lichen Metallen führen, ja nicht einmal eine Aehnlichkeit ha- 
ben mit diesen. Die Metalle mussten daher dem Meere zu- 
geführt werden und zwar plötzlich durch eine Katastrophe, 
wodurch alle Fische jener Meere getödtet wurden, wie die 
eigenthümliche Lage derselben in ihren versteinerten und ver- 
erzten Resten zeigt. Woher sollten die Metalle also anders 
gekommen sein als in gelöster Form durch Bäche und Flüsse, 
die ihren Ursprung in den Gebirgen des Festlandes hatten. 
Woher natürlicher als aus den Gängen, sollten die Quellen 
entsprungen sein. Die furchtbare Katastrophe der Bildung 
des Todliegenden und der Porphyrerhebungen war vorausge- 
gangen, die Erdoberfläche hatte seit der Steinkohlenperiode 
mächtige Erschütterungen und Umwälzungen erfahren. Gäbe 
es wohl eine Zeitperiode auf der Erde, welche geeigneter 
wäre, das Aufreissen von Gangspalten solcher Ausdehnung 


117 


und das Aufthun metallhaltiger Quellen aus denselben zu ver- 
muthen? Der einzige Einwand, der dagegen sich machen 
liesse, wäre der: Warum finden sich dann aber nicht auch 
auf dem Wege, welchen diese metallhaltige Flüssigkeit von 
den Quellen also vom Gang ausgehend bis zum Ufer der 
Zechsteinformation zurückzulegen hatte, Ablagerungen metal- 
lischer Natur? Neben dem silberhaltigen Bleiglanz — Kupfer- 
kies, den Nickel- und Kobalterzen der Zechsteinformation wird 
auch Eisenkies angetroffen. Die Solutionen jener Metalle mit 
Ausnahme des Eisens zersetzen sich sehr schwer an der 
Luft ohne Einwirkung anderer Stoffe, fanden also auf ihrem 
Wege über den Thonschiefer und die Grauwacke keinen An- 
lass sich niederzuschlagen und abzulagern, und selbst wenn 
dies geschehen wäre, führte die Strömung den Niederschlag 
fort. Eisen im oxydirten Zustande wird ja auch im Geröll 
vor Thalsohlen als Oxyd und Bindemittel der, Gerölle an- 
getroffen. Spatheisenstein findet sich häufig in der Steinkoh- 
lenformation, also auch hiefür wäre die Reihenfolge innerhalb 
der Gänge mit der in dem Sedimentgestein nicht im Wider- 
spruche. Zieht man hiezu noch in Betrachtung, dass die 
Erhebung und das Empordringen von Porphyr und Granit 
nicht in feuerflüssigem Zustande, sondern auf hydroplutonische 
Weise geschah, so wird die Begleitung jener Erhebungen von 
wässrigen mineralhaltigen Flüssigkeiten um so wahrschein- 
licher. 

Diese vergleichende Betrachtung der Gänge mit der 
Ablagerung von Metallen in der Zechsteinformation hat, ich 
gestehe es gern zu, etwas weit abgeführt, schien aber um so 
mehr von Interesse als die natürlichen Schlussfolgerungen 
ziemlich ungezwungen dahin führten. 

Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass die Anhänger der 
reinen Lateralsecretionstheorie meine hier aufgestellten Hy- 
pothesen mindestens etwas weitgehend nennen werden; so 
lange aber die Quellen der vererzten Gangmineralien aus dem 
Nebengestein nicht nachgewiesen werden können, wird die 
Ascension neben der Infiltration, besonders da, wo die Bil- 
dung der Gänge in so innigem Zusammenhange mit Eruptiv- 
gesteinen steht, wie hier im Harze, wohl nicht so leicht zu 
beseitigen sein. 


118 


Noch eine Erscheinung wurde bis jetzt unberücksichtigt 
gelassen. Nachdem die Bildung der Spalten behandelt und 
die in der Erdoberfläche Statthabenden Bewegungen bespro- 
chen sind, komme ich auf die Struktur des dichten und blätt- 
rigen Bleiglanzes zurück. Beide Varietäten zeigen oft ein ge- 
dehntes gezogenes Ansehen, die Schuppen oder Blätter so- 
wohl, wie die kleineren krystallischen Theile des sogenann- 
ten Bleischweifes sind besonders, wenn sie in bandförmiger 
Gliederung mit Spatheisenstein und Flussspath oder auch als 
selbständige Trümmer auftreten, lamellarisch gezogen und 
gestreift. Es scheint eine Bewegung, ein Eindringen des Blei- 
glanzes in flüssigem Zustande Statt gefunden zu haben. Nun 
wurde aber schon früher gezeigt, dass der Bleiglanz auf nas- 
sem Wege abgelagert sein muss, so dass er im Momente sei- 
ner Entstehung keinen Temperaturgrad besass, der ihn inden 
flüssigen Zustand versetzen konnte. Wenn dies der Fall ge- 
wesen ist, somusste esspäter geschehen sein. Ziehen wir nun 
um bei den stattgehabten Bewegungen des Hangenden gegen 
das Liegende, die ausserordentlichen Massen in Erwägung, 
welche an einander gerieben wurden, so werden auch bei 
schon sehr kleinen Bewegungen solcher Massen durch Reibung 
solche Wärmegrade entwickelt werden, die sich den nahe lie- 
genden Stoffen mittheilen, dass die Schmelzung von Bleiglanz 
mitLeichtigkeit bewirkt werden konnte, Bewegungen nach der 
Bildung des Bleiglanzes haben Statt gefunden, also steht der 
Erklärung der gezogenen Structur des durch Friktionswärme 
geschmolzenen Bleiglanzes Nichts entgegen. 

Noch eine auffallende Erscheinung darf ich nicht uner- 
wähnt lassen. Bischof II weist in seiner Beschreibung des 
Anhaltischen Harzrandes nach, dass erst nach Ablagerung der 
Kreidegruppe die Hebung des Harzes aufgehört hat. Die 
grösseste Menge der zuletzt aufgerissenen Trümmer des hiesi- 
gen Gangzuges sind mit Kalkspath erfüllt. Also hier ein 
. chemischer dort ein organisch-mechanischer Niederschlag von 
kohlensaurem Kalk. 

Der praktische Nutzen, der aus der Aufstellung der 
Reihenfolge von Mineralien und aus der Art und Weise der 
Gangbildung gezogen werden kann, wäre nun folgender. 

1) Man wird nur da vererzte Metalle aufzusuchen haben, 


119 


wo in der erfüllten Gangspalte Mineralien vorkommen, welche 
die Mineralien der 3ten Gruppe umschliessen, also wo Fluss- 
spath, Spatheisenstein und Kalkspath oder Flussspath und Ei- 
senspath als ältere Gebilde, denen die Metalle nachfolsten, 
angetroffen werden. Reine Kalkspathgänge als bedeutend 
jüngere Bidung sind erst nach dem Erscheinen des Bleiglan- 
zes und seiner Begleiter geöffnet und erfüllt, 

2) wo mehrere Gangtrümmer sich schaaren oder schlep- 
pen und somit dem Gangzuge grosse Mächtigkeit und den 
Erzen Gelegenheit gegeben haben, sich ablagern zu können. 

3) Trümmer mit Mineralien der ersten Gruppe geben 
wenig Wahrscheinlichkeit zur Erreichung von Erzen. 


INNNNNNNNNND 


III. Geognosie des Nebengesteins. 

Das Anhaltische Grubenrevier, innerhalb welches ich 
vorzüglich Gelegenheit nahm die Gebirgsschichten zu unter- 
suchen, welche von den Gängen durchschnitten werden, wird 
eingeschlossen vor einer gebrochenen Linie, welche von Neu- 
dorf über Harzgerode, Scheerenstieger Mühle — Mägdesprung 
— Ehrichsburg — Siptenfelde -— Elbingerthalteich — Strass- 
berg gezogen, wieder nach Neudorf zurückläuft. Der Flächen- 
inhalt dieses verzeichneten Terrains beträgt pptr. 10. Millionen 
700,000D) Lachter oder #/s Quadratmeile. Die nordwestliche 
Ecke dieser einem Rechtecke nahekommenden Fläche lest sich 
an den Granit und Hornfels des Ramberges an. Innerhalb 
dieses Flächenraumes besonders auf dem rechten mehr ent- 
blössten und deshalb mehr zugänglichen Selkeufer stellte 
ich den Compass in der Hand so viel Beobachtungen über das 
Streichen und Fallen der Gebirgsschichten an, als es die 
zu Tage anstehenden Gesteine gestatten, und verzeichnete das 
Streichen derselben auf einer dazu’vorgerichteten Karte. Da- 
durch stellte sich heraus, dass die allgemeine Streichungsrich- 
tung der Schichten des rechten Selkeufers einen flachen Kreis- 
bogen bildet, welcher zum Mittelpunkte die Erhebung des 
Ramberges hat. Das Streichen der Sehne zwischen ihren 
Endpunkten als mittleres Streichen der Schichtung die von 
Strassberg nach Mägdesprung ist hor 4 mit südöstlichem stei- 
len Einfallen. In dieser Richtung und parallel dem Streichen 


120 


der Schichten nimmt von Strassberg bis Mägdesprung die Selke 
- ihren Lauf, von da ab eine östliche Richtung einschlagend 
durchbricht sie die Schichtuug fast im rechten Winkel und 
die Schichtung durchsetzt die Selke. In der Nähe der Gänge, 
welche in ihrer Reihenfolge von Nordost nach Südwest das 
Gestein folgendermaassen durchsetzen 

1) Gang Nr. 1. 

2) Schalkenburger Zug. 

3) Drusenzug von Hoffnung Gottes, Buchliede, Bretten- 
berg und Rizberg. | 

4) Schwefelstollen und Flussspathschächte des Rauten- 
kranzes und Brachmannsberges. 

5) Feld- und Quellenzug — Albertine. 

6) Heidelberg — Fürst Victor Friedrich- und Bibender- 
Zug. 

7) Neudorf-Strassberger Zug 
hat das Nebengestein manche locale Abweichung vom allge- 
meinen Streichen erfahren, ohne dass jedoch seine Fallrich- 
tung jemals eine westliche wird. 


Was die Gliederung der Gebirgsschichten anbetrifft, so 
konnte zwar im Allgemeinen schon durch die Streichungsli- 
nien ihre Richtung verfolgt werden, aber die Aufeinander- 
folge derselben liess sich nicht genau bestimmen; ich suchte 
zu diesem Zwecke 2 Thaleinsehnitte auf, welche als Querthä- 
ler auf die Selke die Schichtung in ziemlich rechtem Winkel 
kreuzten und möglichst viele Punkte darboten, auf denen 
das feste Gestein entblösst der Beobachtung zugänglich war, 
und fand als die beiden passendsten das Teufelsberger Thal 
des rechten Selkeufers, welchem auf der linken Selkeseite 
das Uhlenbachthal ziemlich gegenüber liegt. Durch beide 
Gebirgsprofle wurden die Gebirgsschichten einer Zone von 
nahe 2000 Lachter Breite zwischen Neudorf und Siptenfelde 
bestimmt. Weiter nach Norden zu wird die Beobachtung 
durch den Mangel an Blössen schwieriger. Auch schliesst sich 
bald der Hornfels und Granit des Ramberges an. Nach Sip- 
tenfelde hin wird das Einfallen der Schichten flächer. Dort 
und zwar am Kronsberge bestehen die der Lagerung nach 
als älteste Schichten anzusprechenden Gesteine aus 


) 


121 


1) hellgelblichgrauem glimmerreichen Schiefer und hellem, 
feinkörnigen Sandstein, in deren oberster Schieferschicht 
ich Spuren von Pflanzenresten entdeckte. Seine Mäch- 
tigkeit beträgt ohngefähr 2000 Fuss. 

Darauf folgt ein ca. 1200 Fuss starkes Glied von grob- 
körniger schon etwas dunklerer Grauwacke mit wenigen 
Einlagerungen von Thonschiefer. 

Thonschiefer mit Grauwackenbänken in einer Mächtig- 
keit von 3900 Fuss. Fast in der Mitte dieses Gliedes 
finden sich nahe dem Uhlenbacher Teichdamme zwei 
Schichten von Thonschiefer mit organischen Resten, 
welche vegetabilischer Natur zu sein scheinen. Wie alle 
der im Thonschiefer und der Grauwacke hier gefundenen 
Pflanzenreste mehr oder weniger aus einer Kohlenstoff- 
reichen eisenoxydhaltigen Masse bestehen, welche zum 
Theil noch das zellige Gewebe der Pflanze zeigt, oder 
wenigstens den innern Steinkern der Pflanze umgiebt, 
so zeigt sich auch bei diesen Stengel- oder Wurzel- 
ähnlichen Resten und fleischigen Blattformen eine eisen- 
haltige Kohlenschicht oder kohliges Gewebe, welches auf 
die pflanzliche Natur dieser Ueberreste schliessen lässt. 
In der obersten Lage dieses Gliedes, im Thonschiefer, 
fand sich eine der Zafrentis ähnliche Form. 

4) Grobes Conglomerat mit Grauwackenbindemittel von ge- 
ringer Mächtigkeit. 

5) Kieselschiefer und Kieselsckieferconglomerat wenige Fusse 
mächtig. 

6) Thonschiefer und Grauwacke mit oberster hellerer Glim- 
merreicher Schieferschicht. 

7) Grauwackensandstein mit Calamites transitionis oder 
Orthoceras wenige Fusse mächtig. 

8) Thonschiefer mit untergeordneten Einlagerungen von 
Grauwacke, dünne Schichten von Kalk und Sandstein, 
welcher eisenschüssig ist. 

In diesem Kalke findet sich Orthoceras. 
In dem Sandstein, Spirifer. Siehe unten. 
Weiter hin nach Süden bis in die Nähe des Neudorf- 
Strassberger Gangzuges wird das Gebirge von Ackererde über- 
zogen und bietet der Beobachtung keine freien Punkte, 


M 


= 


122 


Der Unterschied, den ich zwischen Grauwacke und Grau- 
wackensandstein gemacht habe, besteht in der Beschaffenheit 
der Körner, aus denen beide Gesteine zusammengesetzt sind. 

Grauwacke soll einGestein aus erkennbaren ungleich 
grossen Körnern (bis Hanfkorngrösse) bezeichnen, die aus 
Thonschiefer, Quarz, Feldspath und Kieselschiefer etc. beste- 
hen und durch ein feinkörniges Grauwackenmedium zusam- 
mengekittet sind. Für Gesteine aus gröberen Geschieben zu- 
sammengesetzt habe ich die Bezeichnung Conglomerat 
gebraucht. 

Grauwackensandstein habe ich dasjenige Gestein 
genannt, das vorherrschend aus gleich grossen Quarzkörnern 
mit quarzigem Bindemittel besteht und eine schmutzig weisse, 
bis hellgelbe Farbe besitzt. 

Die Verfolgung der einzelnen Schichtenglieder von dem 
Gebirgsprofile nach beiden Seiten hin wird durch den Feld- 
und Waldhau sehr erschwert, und fast gänzlich unmöglich, 
da die charakteristischen Schichten, wie Conglomerate, Kiesel- 
schiefer und Grauwackensandstein, sowie Kalke nur von gerin- 
ger Mächtigkeit sind und auch ihr Zusammenhang durch die 
dazwischen aufsetzenden Gänge gestört ist. Für die beträcht- 
liche Stärke des hellen Sandstein am Kronsberge in der Nähe 
des Ramberges möchte es durch das Geröll der Aecker- und 
Waldflächen schon eher ermöglicht werden können, indessen 
gehören dazu schon grössere Zeiträumen und Beihilfe von 
Collegen, denen ein gleiches Interesse an der Sache inne 
wohnt. Das Kieselschieferconglomerat, mehrere Lach- 
ter stark, findet sich in der Grube Hoffnung Gottes wieder, 
wo es bei 40 Lachter Teufe mit ähnlichem Einfallen und 
Streichen zwischen der Grauwacke und Thonschiefer durch 
einen Querschlag angefahren ist. 

Kieselschiefer in beträchtlicher Mächtigkeit und 
mit Anthracitpartien durchzogen wurde mit der Fürst Victor- 
Friedrichs-Aufschlagsrösche durchörtert; es scheint dieses Vor- 
kommen mit jenem im Gebirgsprofile verzeichneten nicht in 
Verbindung zu stehen, sondern nach der Lagerung der Ge- 
birgsschichten, wenn man deren Streichungslinie gegen Nord- 
ost verlängert, älter zu sein, als das grobe Grauwackencon- 
glomerat Nr. 4. des Profiles, welches am rechten Thalgehänge 


123 


abgenommen ist, während die Aufschlagsrösche im linken Thal- 
gehänge unterkriecht. 

DenGrauwackensandstein Nr. 7 habe ich nirgends 
auf dem rechten Selkeufer wiedergefunden. 

Der Kalk, welcher im Profile nur spärlich vertreten 
ist, findet sich auf vielen Punkten der rechten Selkeseite, auf 
der linken fehlt er gänzlich. Er erscheint als ca. 100 Fuss 
mächtiges Lager an der Scheerenstieger Mühle und besteht 
dort grossentheils aus einer dichten blaugrauen Masse, die 
von vielen Kalkspathadern und Trümmern durchschwärmt 
wird. Indemselben finden sich viele Versteinerungen. Aehn- 
liche Einlagerung von Kalk, die indessen eine grosse Erstre- 
kung in ihrer Streichungsrichtung nicht zeigen, und auch 
wohl, wie das des Schneckenberges und Kalkofens bei Harz- 
gerode, in ihrer Lagerung von der allgemeinen Lagerungs- 
richtung der Gebirgsschichten abweichen, trifft man ohnweit 
der Pulvermühle am rechten Selkeufer an, bei der Grube 
Glasebach, dem ersten Selkepochwerke gegenüber, in dünnen 
Schichten, am Teufelsberger Teiche und am grossen Kunst- 
teiche bei Neudorf, im Thonschiefer den Pfaffenberger Gang 
bei 25 und bei 120 Lachter durchsetzend, 75 Lachter west- 
lich vom Apfelberger Lichtloche im Herzog Alexis Erbstollen, 
ihm gegenüber im Schiebeckthale, im Hangenden der Grube 
Birnbaum in dünnen Einlagerungen, im Liegenden des Neu- 
dorf-Strassberger Gangzuges südlich von Königerode im Wip- 
perthale, bei Hilkenschwenda und an noch vielen andern 
Punkten des weiter östlich gelegenen Harzplateaus. Das Bi- 
schofsche Verzeichniss der bisher im Gebiete des Selketha- 
les aufgefundenen Versteinerungen, 162 Species umfassend, 
bietet für einen grossen Theil der hier genannten Kalke ein 
sehr klares Bild, so dass ich nur einige neuere Erscheinungen 
an neuen Fundorten denselben hier anzureihen mir erlaube. 

Vorzüglich reich an organischen Resten hat sich eine 
sehr kalkhaltige Grauwackenschicht am Teufelsberger Teiche 
gezeigt, welche in ihrem gegenwärtigen Habitus manche Ab- 
weichung von andern kalkigen Gebirgsgliedern bietet. Der 
Kalkgehalt jener Schieferschichten ist an der Oberfläche der 
einzelnen Bruchstücke, und so weit die Wasser auf den Klüt- 
ten eindringen konnten, mehrere Zoll tief ausgezogen, so 


124 


dass der kalkhaltige Kern umhüllt ist von einer eisenhaltigen 
sehr bröcklichen Grauwackensandschicht, in welcher die organi- 
schen Reste erst erkennbar werden. Oft bekundet sich das Pe- 
trefact nur durch einen übrig gebliebenen Hohlraum, aus dessen 
Form und Zeichnung auf die Gattung und Species geschlossen 
werden kann, oft ist derselbe ertüllt von einem dunklen Ei- 
senoxydsande und nur zuweilen zeigen sich noch Reste der 
kalkigen Masse des Petrefactes selbst. Im Grauwackenkalke 
selbst lassen sich nur selten organische Reste wahrnehmen, 
Aus dieser Schicht habe ich zu erkennen geglaubt: 

a) Spirifer 2—21/>‘ lang 3/1 breit, Calceola? Turritella, 
Capulus, Goniatites® Encrinites, Fischflossenähnliche 
u. a. Formen mehr. 

b) Aus dem Kalke des grossen Kunstteiches bei Neudorf 
Orthoceras, Pecten, Acervularia. 

c) Aus dem Scheerenstieger Kalke: Columnaria. 

d) Aus dem Hangenden des Schneckenberges bei Harzge- 
rode, Calamopora, Spirigerina. 

e) Aus einer durch viele Korallenreste violettlichroth ge- 
färbten Schicht: Sareinula, Calamopora, Cyathaxonia, 
Nerita? 

Noch eine Form, die sich über dem Kalke des grossen 
Kunstteiches bei Neudorf im Thonschiefer gefunden hat, darf 
ich nicht unerwähnt lassen; sie zeigt den Abdruck von Fisch- 
schuppenformen. 

Was nun die Ueberreste pflanzlicher Natur in der Grau- 
wacke und im Thonschiefer anbetrifft, von denen schon oben 
die Rede war, so ist ein Hauptfundort der Steinbruch im 
Forstorte Körner.s Birken bei Neudorf gewesen, wo zwischen 
starken Grauwackenbänken eine dünne Thonschieferschicht 
lagert, die sich fast ganz erfüllt zeigte von Resten pflanzlicher 
Natur. Wie wohl einige der Zeichnungen durch ihr schup- 
piges Ansehen auf Ueberreste von Fischen hinzudeuten schei- 
nen, so spricht die Anthracitreiche sehr bröckliche Um- 
 hüllung der Steinkerne doch für ihre Pflanzennatur. Die 
Formen derselben weichen von einander ab, es sind Stengel-, 
Wurzel-, Blatt-, Rinde- und FruchtähnlicheAbdrücke, von denen 
Herr Bergrath Bischof in Dessau einige als Stigmarien be- 
stimmte. Wenn aber Stigmaria die Wurzel der Sigillaria ist, 


125 


wie an andern Orten behauptet wird, so dürften sich die 
schuppenähnlichen Formen wohl als Theile von Sigillaria- 
Stämmen ansehen lassen, zu denen vielleicht auch der eben 
erwähnte am grossen Kunsteiche bei Neudorf gehörige Rest 
zu rechnen sein dürfte. 

Unter den Stammähnlichen Resten befindet sich ein 
Exemplar, das bis auf !/ı“ platt gedrückt aus kohlenstofireicher 
Masse besteht, worin der in andern Exemplaren als Eisenoxyd 
auftretende Eisengehalt in Schwefelkies übergegangen ist und 
eine Breite von 4 Zoll besitzt. Die theils erhaltene Oberfläche 
zeigt Längenstreifung. Eine andere weniger starke Form aus 
der dicht darüber liegenden Grauwacke ebenfalls auf 1/ı Zoll 
platt gedrückt und 1 Zoll breit lässt auf ihrer Oberfläche 
eine schuppige dem Lepidodendron ähnliche Zeichnung er- 
kennen. Vorherrschend haben die übrigen Reste theils Sten- 
gel- und Halmähnliche Formen, theils sind es platt gedrückte 
Kolben von punktirtem Aeusseren, theils fettige Blattformen, 
wie die zur Familie der Fucoideen gehörigen. Pflanzenreste 
von weniger erhaltenen Formen, die durch den zurückgelas- 
senen Kohlenstoff als solche erkennbar werden, finden sich 
in der Grauwacke des Teufelsberger Teiches, im Thonschiefer 
der Grube Glasebach gegenüber, am Uhlenbacher Teiche, und 
in der glimmerreichen Schieferschicht nahe dem Kronsberge 
bei Sıptenfelde, aber hier nur sehr undeutlich. 

Ob die im Grauwackensandstein Nr. 7 des Profiles er- 
wähnten Formen, dem Orthoceras giganteus ähnlich, nicht 
auch Pflanzenreste sind, lasse ich dahin gestellt sein. In 
einer der Formen von ca. 3 Zoll Durchmesser findet sich ein 
ringförmiger Einschnitt; ein zweiter ist weniger deutlich er- 
kennbar. Kohlige Substanz ist daran nicht erkennbar. 

Das Erscheinen der Broschüre des Herrn Bergrath Bi- 
schof über die anorganische Formationsgruppe (Dessau 1864) 
welche ich der Güte des Herrn Verfassers verdanke, nach 
Vollendung vorstehender Abhandlung hat mich veranlasst, 
einen grossen Theil der III. Abtheilung über Geognosie des 
Nebengesteins zu streichen, da die von mir gebotenen Daten 
nur Bruchstücke hätten abgeben können im Gegenhalt zu 
der Fülle von paläontologischen Hilfsmitteln, die dem Herrn 
Verfasser während seiner mehr als zwanzigjährigen Forschung 


126 


auf diesem Gebiete zu Gebote standen. Ich habe mich aus 
diesem Grunde nur darauf beschränkt, einige neuere Beobach- 
tungen in jenem in das hiesige Gangrevier eingreifenden Ter- 
rain hier aufzuführen und in der südwestlichen Fortsetzung 
desselben neue Fundorte von organischen Resten anzugeben, 
welche in Gemeinschaft mit dem aufgenommenen Gebirgspro- 
file Gelegenheit bieten möchten, die Gebirgsbrüchstücke glei- 
chen Alters aufzufinden und somit zur Entwirrung der Harzer 
Schichtengliederung beizutragen. 


Erklärung zu der Tafel. 


| bedeutet neue Spaltenöffnung und Durchsetzung. 

? hinter einem Mineral bedeutet Thonschieterbreccie. 

Ist der vertikale Strich durch den Namen eines Mine- 
rales gelegt, so soll es andeuten, dass während der Bildung 
des Minerales neue Spaltung sich aufthat. 

Quarz kommt z. B. so vor: Qularz d. h. die letzte Aus- 
füllung der älteren Gangspalte schloss mit dem Quarz und 
dieneue durchsetzende Spalte fing mit Quarz sich zu füllen an. 

* bedeutet: grosskrystallinisch oder in grossen Krystallen. 

Zwei in Klammern eingeschlossene Mineralien mit einem 
Exponenten soll die öftere Wiederholung derselben andeuten, 
welche der Exponent anzeigt, z.B. (Eisenspath + Bleiglanz)? 
bedeutet Eisenspath Bleiglanz, Eisenspath Bleiglanz. . 


127 


Mittheilungen. 


Ueber die Galtung Neoschizodus im Lieskauer Muschelkalk. 


Die Vergleichung der schön erhaltenen Schalen von Myo- 
phoria laevigata, M. ovata und M. eurvirostris im Muschelkalk 
von Lieskau bei Halle nöthigte mich (Versteinerungen im Mu- 
schelkalk von Lieskau bei Halle. Berlin 1956. S. 39) dieselben 
auf Eigenthümlichkeiten in deren Schlossbau generisch als Neo- 
schizodus von Myophoria zu trennen. Eine Vergleichung mit 
Trigonia schien mir bei der gar auffälligen Verschiedenheit ganz 
überflüssig: die hohen blos lamellenartigen Zähne mit ihren starken 
senkrechten Leisten auf beiden Seiten und ihre nahezu symme- 
trische Stellung weichen zu sehr ab, als dass man an eine gene- 
rische Identität mit jenen Myophorien denken konnte, so lange 
überhaupt dem Schlossbau an den allein bekannten Schalen syste- 
matischer Werth eingeräumt wird. Um so grösser zeigte sich 
dagegen die Uebereinstimmung mit der Kingschen Zechsteingattung 
Schizodus, welche Beziehung ich auch in dem Namen aufrecht 
zu erhalten geboten erachtete. Diese innige Verwandtschaft hatte 
schon vor mir Grünewaldt in der Zeitschrift der Geolog. Gesell- 
schaft 1551. III. 246 Taf. 10 speciell nachgewiesen und nach 
Erscheinen meiner Abhandlung über Lieskau erklärte ebenda 1857, 
IX. 151. Keferstein Neoschizodus für gar nicht verschieden von 
Myophoria.. Im Sommer 1861 besuchte mich Hr. v. Seebach 
mit der Absicht die Lieskauer Sammlung näher anzusehen, was 
er in wenigen Nachmittags- und Vormittagsstunden ausführte. 
Bald darauf erschien dessen Abhandlung über die Conchylien- 
fauna der Weimarschen Trias mit einer Kritik über viele Lies- 
kauer Arten, die mich insofern überraschte, als sie durch eine 
kurze mündliche Besprechung zum grössten Theile wenigstens 
hätte vermieden werden können. Hr. v. Seebach hatte es aber 
vorgezogen sich Notizen über die einzelnen Exemplare zu machen, 
und seine abweichenden Ansichten und Auffassungen gegen mich - 
nicht auszusprechen, sondern durch seine Erstlingsarbeit in die 
Oeffentlichkeit zu bringen. Seine Kritik war indess der Art, dass 
ich mich nicht veranlasst fühlte, sogleich Gegenkritik zu üben. 
Meine neuerlichste gelegentliche Erwähnung einer irrthümlichen 
Beobachtung Hrn. v. Seebachs an den Lieskauer Myophorien aber 
veranlasst denselben zu persönnlichen und sachlichen Bemerkungen 
in den Göttinger gelehrten Nachrichten 1867. S. 376, die mich 
zu einer besondern Gegenerklärung nöthigen. 

Hr. v. Seebach sucht nämlich seine angebliche Beobachtung 
von Streifung der Schlosszähne an einer Lieskauer Myophorie mit 
dem Vorwurfe gegen mich zu beweisen, dass das betreffende 


128 


Exemplar mit vielen andern in einem Pappkästchen lag, nicht 
bezeichnet war noch wurde und bei Nichtbeachtung der Streifung 
daher leicht bei einem etwaigen Tausche mit weggegeben werden 
konnte. Dagegen muss ich bemerkeu, dass von den von Hrn. v. 
Seebach inspieirten Lieskauer Exemplaren kein einziges weggegeben 
worden ist, dieselben seitdem Niemand ohne mein Beisein gesehen 
hat, dass das Exemplar mit angeblich gestreiften Schlosszähnen 
aber auch von den übrigen nicht gesondert und nicht bezeichnet 
werden konnte, weil dessen Existenz mir völlig unbekannt war 
und bis heute unbekannt ist. Ich wäre Hrn. v. Seebach gewiss 
sehr dankbar gewesen, wenn er, der sich mit den Lieskauern 
gerade so viel Stunden wie ich Jahre beschäftigte, mir seine 
wichtige Beobachtung mitgetheilt hätte, dann wäre die gegenseitige 
Aufklärung sofort erfolgt. Ich habe damals mehr denn hundert 
Myophorienschalen gereinigt und muss mit aller Bestimmtheit meine 
Versicherung aufrecht erhalten, dass keine einzige die Trigonien- 
Streifen au den Schlosszähnen hatte. Ich füge hinzu, dass die 
Schalen sehr zerbrechlich waren und die Reinigung nur mit der 
grössten Sorgfalt gelang, dabei die Schlosszähne also stets lange 
und sehr aufmerksam mit jedem Nadelstrich beobachtet wurden. 

Die Streifung der Schlosszähne damit überhaupt in Abrede 
stellen zu wollen, kann mir nicht einfallen. Die von Keferstein 
a. a. OÖ. S. 151 auf Beyrichs Autorität erwähnten Myophorien 
aus dem thüringer Muschelkalk zeigte mir im J. 1856 Hr. Credner 
in Gotha, als ich ihm meine Lieskauer Abhandlung überbrachte, 
und habe ich dieselben auch in irgend einem Referate bereits 
erwähnt. Beide Exemplare liegen augenblicklich zur Vergleichung 
vor mir, da Hr. Credner inzwischen nach Halle übergesiedelt ist 
und mir dieselben mit bekannter Freundlichkeit zur unmittelbaren 
Vergleichung mit den Lieskauern überlassen hat. Es sind zwei 
Steinkerne von Myophoria curvirostris, beide vom Geizenberg bei 
Schnepfenthal, bei beiden ist nur die innere Fläche des grossen 
hintern Zahnes sehr deutlich keineswegs in blosser Andeutung 
gestreift. Der Abdruck des vordern Zahnes dagegen zeigt keine 
Spur von Streifung, obwohl er ebenso scharf ausgeprägt ist wie 
der hintere Abdruck. Zu beachten ist ferner, dass an beiden 
Exemplaren der einseitig gestreifte hintere Zahn viel grösser und 
stärker als an den Lieskauern ist und vielmehr dem entsprechen- 
den Zahne der lebenden Trigonia gleicht, in so auffallendem 
Grade, dass ich beim ersten Anblick desselben 1856 gegen Hrn. 
Credner äusserte: sollen wir hier nicht zwei völlig verschiedene 
Schlösser bei gleicher Schalenform haben! Auch der Abdruck 
des vordern Zahnes ist beträchtlich grösser als an den Lieskauern. 

Es ist nicht ohne Interesse, diese Grössenverhältnisse ein- 
gehender zu vergleichen. Der hintere Hauptzahn misst nämlich 
an unserm lebenden 27 Mill. langen Exemplar an der Innenfläche 
6 Millim. Länge und 3 Millim. Höhe, an dem einen Thüringer 


129 


Steinkern von 10 Millim. Länge 4 Millim. Länge und 11/3 Millim. 
Höhe, andem andern von 12 Millim, Schalenlänge 5 Mill. Länge 2 
Mill. Höhe. Also ziemlich dieselben Grössenverhältnisse bei beiden 
Arten. Die 18 Millim, lange (immer in der Mitte der Schale 
gemessene) Klappe von dem Lieskauer Neoschizodus curvirostris 
hat denselben hintern Zahn 4 Millim, lang und nur 11/» Millim. 
hoch und an einer 34 Millim. langen Klappe des Lieskauer N. 
laevigatus ist eben dieser Zahn 6 Millim. lang und 3 Millim. hoch. 
Also in beiden Lieskauer Arten ist das Grössenverhältniss des 
betreffenden Zahnes zur Schalengrösse ein ganz erheblich anderes 
als bei beiden Thüringer Steinkernen. Nach dem Prineip nun, 
nach welchem Hr.v. Seebach a.a.O. die M. vulgaris — Abstand 
der zweiten Rippe von der Hauptrippe — in verschiedene Arten 
auflöst würde dieser auffallende Grössenunterschied des Haupt- 
schlosszahnes vollkommen genügen die Thüringer Steinkerne von 
den Lieskauer Schalen specifisch zu trennen. Aber Hr. v. Seebach 
wird die Trennung noch mehr gerechtfertigt finden, wenn ich ihm 
weiter benachrichtige, dass an den Thüringern der Zahn zugleich 
beträchtlich dicker ist und sein freier Rand stark bogig wie bei 
der lebenden Trigonia, während er bei allen Lieskauer Arten 
nur eine dünne Leiste mit ganz geradem freien Rande darstellt. 

Wie sich diese Verhältnisse an den sonst beobachteten ge- 
streiften Myophorienzähnen gestalten, darüber finde ich keine nä- 
heren Angaben bei den Beobachtern. Da nun ferner auch der vor- 
dere Hauptzahn ganz entsprechende Unterschiede zwischen den 
Lieskauer und Thüringer Arten bietet, vor demselben in den 
Thüringer Steinkernen ein Eindruck liegt, welcher der kleinen 
Leiste bei der lebenden Trigonia entspricht, an allen Lieskauer 
Schalen aber von dieser Leiste keine Spur zu entdecken ist: so 
zweifle ich gar nicht, dass die Thüringer entschieden andere 
Muscheln sind als die Lieskauer. Ihre Differenz beschränkt sich 
auch nicht auf wichtige Eigenthümlichkeiten im Schlosse, sondern 
lässt sich selbst noch in der Schalenform nachweisen. Bei den 
Thüringern reicht nämlich die schiefe Abstutzung des Hinter- 
randes bis zum Muskeleindruck hinauf, (9 Millim. bei 14 Millim. 
von der Wirbelspitze bis zur Hinterecke), bei den Lieskauern 
nicht bis an denselben heran (13 Millim. bei 22 Millim. von der 
Wirbelspitze bis zur Hinterecke). Letzte haben eine der äussern 
Kante entsprechende Rinne an der Innenfläche der Schale, die 
auf ihrem Steinkern als markirte Kante hervortreten würde, wäh- 
rend die Thüringer hier stumpf und abgerundet gekantet sind; 
die schwache Rinne auf der schief abfallenden Hinterfläche der 
Lieskauer tritt ebenfalls an der Innenseite noch deutlich hervor 
und würde daher auf dem Steinkerne gut zu erkennen sein, die 
Thüringer zeigen keine Andeutung von ihr. 

Aus dieser Vergleichung ergiebt sich also, dass in dem 
Schlotheimschen Trigonellites curvirostris = Lyrodon curvirostre 

Bd. XXXI, 1868. 9 


130 


Goldf zwei wirklich verschiedene Arten vereinigt sind, nämlich 
Myophoria curvirostris mit grossen z. Th. gestreiften Schlosszähnen, 
ohne markirte Rinne auf der dahinter abfallenden Fläche und mit 
viel höher gebrochenem Hinterrande — und Neoschizodus curvi- 
rostris mit viel kleinern völlig glatten Schlosszähnen, sehr markirter 
Hinterkante, deutlicher Rinne auf der dahinter abfallenden Fläche 
und fast in der Mitte gebrochenem Hinterrande. 

Die zahlreichen Exemplare von Lieskau variiren so sehr 
wenig in den angegebenen Verhältnissen, dass sie keine Annähe- 
rung, keinen Uebergang zu den Thüringern bieten und es mögen 
nun die anderwärts mit gestreiften Schlosszähnen beobachteten 
Curvirostres und auch die Vulgares sorgfältig verglichen, ihre 
specifischen Eigenthümlichkeiten mit der für den heutigen Stand 
der Systematik erforderlichen Strenge und. Schärfe festgestellt 
werden. Die Lieskauer unterscheiden sich nach obiger Verglei- 
chung nicht durch blos ein Merkmal, sondern durch sehr viele, 
und nicht durch blos relative sondern auch absolute Formver- 
schiedenheiten. 

Mit dieser Darlegung ist zugleich das verwandtschaftliche 
Verhältniss des Neoschizodus zu Trigonia dargelegt, wer den 
Unterschieden keine generische Deutung beimessen will, der spricht 
dem Schlossbau der Muscheln überhaupt den systematischen 
Werth ab. 

Von dem ältern Schizodus unterscheidet sich Neoschizodus 
nicht blos durch die sehr ausgebildeten Muskelleisten, sondern 
sehr wesentlich zugleich durch die Form der Schlosszähne wie 
aus meiner Darstellung a. a. O. S. 39. ff. Taf. 3 Fig. 9. 10 her- 
vorgeht. Dem hinter dem schwach gebuchteten (bei Schizodus 
stark gabligen) Hauptzahne liegenden kleinen Zahne bei Neoschi- 
zodus habe ich bei der Vergleichung keine besondere Aufmerk- 
samkeit geschenkt, weil er nur eine sehr schwache unbedeutende 
Leiste ist, während der betreffende Zahn bei Schizodus ein freier, 
stark ausgebildeter wirklicher Schlosszahn ist. An dem Exemplar 
der zur Vergleichung vorliegenden lebenden Trigonia ist diese 
hintere Leiste nur ebenso schwach entwickelt wie bei Neoschizodus. 
Dass bei andern Schizodusarten die Zahnformen nicht gleich scharf 
ausgeprägt sind wie bei dem typischen Sch. truncatus, hebt die 
Unterschiede noch nicht auf, wenigstens kann ich in den vorlie- 
genden Angaben keine allmähligen Uebergänge zwischen beiden 
Extremen der Schlossbildung erkennen. Giebel. 


Resonaloren 
und einige andere akuslische Apparate. 
Nach den Helmholtz’schen Untersuchungen besteht jeder 


musikalische Klang aus einer Reihe von Tönen, deren Schwin- 
gungszahlen sich verhalten wie die natürlichen Zahlen: 1,2,3.... 


131 


Der tiefste Ton ist derjenige nach‘ dem sich die Höhe des Ge- 
sammtklanges richtet, die höhern beeinflussen durch ihre relative 
Stärke die Klangfarbe‘). Um nun einen Klang in Bezug auf 
seine Partialtöone zu untersuchen, hat Helmholtz das Gesetz des 
Mitschwingens oder derResonanz angewendet. Bekanntlich 
gerathen Saiten, Membranen, Luftmassen und dergleichen leicht 
ins Mitschwingen oder gar ins Mittönen, wenn sie mit 
dem .erregten Tone vollkommen gleich gestimmt sind, oder 
wenn sie auf die ersten Obertöne des erregenden Tones gestimmt 
sind. Besonders gut gerathen abgeschlossene, auf einen bestimmten 
Ton bemessene Luftmassen durch den zugehörigen Ton ins Mit- 
schwingen oder in Resonanz. Hierauf beruhen im Wesentlichen 
die Resonatoren von Helmholtz. Es sind dies nahezu kugel- 
förmige oder auch röhrenförmige Hohlkörper aus Glas, Blech oder 
Pappe mit einer kleinen und einer grössern Oeffnung, welche 
längs einer Geraden (Axe) die entgegengesetzten Enden bilden. 
Die kleine Oefinung wird in den Gehörgang eingeführt und soll 
nach Möglichkeit denselben gut verschliessen. Die vom Resonator 
umschlossene und durch das Trommelfell des Ohres abgegrenzte 
Luftmasse soll von einem bestimmten Tone zum Mitschwingen 
gebracht werden; auf diesen Ton muss der Resonator also 
abgestimmt werden: er heisst sein Eigenton. Legt man ihn 
mit der kleinen Oeffnung so in den Gehörgang, dass dieser gut 
verschlossen ist und verstopft man gleichzeitig das andere Ohr 
sehr wohl, so werden die meisten Töne der gesprochenen Worte 
oder einer gesungenen Arie u. Ss. w, viel schwächer gehört als 
sonst. So oft aber unter den erregten Tönen der Eigenton des 
Resonators enthalten ist, vernimmt man. diesen auffallend stark; 
er schlägt mit grosser Kraft gellend ins Ohr, eben weil dann 
gleichzeitig die auf den Ton abgemessene Luftmasse des Reso- 
nators mitschwingt und denselben verstärkt. Dasselbe geschieht, 
wenn. der Eigenton des Resonators gleiche Höhe hat mit einem 
mitklingenden Oberton des erregenden Klanges. — Die Resona- 
toren haben zwar auch höhere Eigentöne, doch sind diese 
meist viel schwächer, so dass eine Verwechselung mit dem Grund- 
eigenton nicht leicht zu fürchten ist. Mittelst der Resonatoren kann 
man auch ohne musikalisches Gehör aus einer vielstimmigen Musik 
und andern zusammengesetzten Klangmassen, selbst aus unregel- 
mässigen Schallerscheinungen (Geräusch, Gepolter, Knarren, 
Sausen etc.) bestimmte Töne leicht heräushören. Ist der durch einen 
Resonator gesuchte Ton gegen die ihn begleitenden Tönesehr schwach, 
so lässt man den Resonator nicht ununterbrochen am Ohr, sondern 
gebraucht ihn intermittirend: ‘beim jedesmaligen Einlegen der 
kleinern Resonatoröffnung in den Gehörgang wird dann der frag- 
liche schwache Ton vernommen werden. Wird auch bei diesem 


*) Vgl. Helmholtz, Lehre von den Tonempfindungen und 
Pisko, die neueren Apparate der Akustik, 9% 


132 


Verfahren der gesuchte Ton nicht wahrgengmmen, so existirt er 
eben nicht in dem analysirten Klange. Die bestimmten Töne, 
die man zuweilen mittelst an das Ohr gehaltener Muscheln und 
Röhren im Tagesgeräusch vernimmt, finden so ihre Erklärung: 
die Muscheln -sind Resonatoren, welche schwache im Geräusch 
enthaltene Töne durch Mitschwingung der von ihnen umspannten 
Luftmasse verstärken. 

Es kommt also bei den Resonatoren im Wesentlichen darauf 
an, dass ein abgemessenes Luftvolum bei einem bestimmten Tone 
ins Mitschwingen gerathe; ihre Gestalt kann daher sehr verschieden 
sein, Helmholtz und König halten die Kugelform für die 
tauglichste, weil die von ihr eingeschlossene Luftmasse beim Er- 
tönen des Grundeigentones leichter als bei jeder anderen Form 
ins Mitschwingen kommt, während andrerseits ihre höhern Eigen- 
töne nur sehr schwach sind und selten auftreten. Helmholtz 
hat zuerst kugelförmige Glasgefässe verwendet wie sie sich gerade 
als Retortenvorlagen u. s. w. darboten; später hat er von Kö- 
nig (Fabrikant akustischer Apparate in Paris) besondere Glas- 
und Metallkugeln anfertigen lassen. Diese König’schen Metall- 
Resonatoren sind ausgezeichnet — aber ziemlich theuer, es kostet 
nämlich eine Serie von 19 Stück (die Theiltöne 2—20 von ut 
= ( mit 64 ganzen oder sogenannten Doppel - Schwingungen) 
150 Frances, und eine Serie von 10 Stück (die Theiltöne 1—10 
von un==c mit 128 Schwingungen) 100 Frances. Ich habe daher 
(einer Andeutung im Helmholtzschen Werke folgend) versucht, mir 
röhrenförmige Resonatoren zu verfertigen und bin dabei zu voll- 
ständig befriedigenden Resultaten gekommen; ich habe Resona- 
toren aus Glas- und Papp-Röhren hergestellt und habe gefunden, 
dass die ersteren nicht besser sind, während die letztern sich 
leichter in allen möglichen Dimensionen herstellen lassen. Ich 
habe in den Boden der Röhre eine kurze Glasröhre mit stumpf- 
geschmolzenem Rande eingeleimt, welche gerade ins Ohr passt, 
das obere Ende der Röhre ist bei den Resonatoren für die höhern 
Töne ofien, bei den tiefern aber bis auf eine kreisförmige Oefinung 
gedeckt. Da nämlich die Länge eines jeden Resonators ungefähr 
gleich ein Viertel der Wellenlänge des betreffenden Tones (also 
gleich der Länge der betreffenden gedeckten Pfeife) ist, so würden 
die tiefen Resonatoren, wenn man sie als offene Röhren herstellen 
wollte, unbequem lang werden und es würden auch die höhern 
Eigentöne, zunächst der zweite auftreten. Der zweite Eigenton 
eines offenen Resonators ist aber die Duodecime des Grundtones, 
welche auch als 3ter Theilton in jedem musikalischen Klange von 
der Höhe des Grundtones enthalten ist. Wenn nun auch hier bei 
einem Unterschiede von 11/2 Octaven eine Verwechselung nicht 
Jeicht zu fürchten ist, so ist es doch unangenehm, neben dem 
Tone, den man eigentlich hören will, noch einen andern zu hören ; 
ich habe daher die tiefern Resonatoren als theilweise gedeckte 


133 


eonstruirt, indem ich sie oben bis auf eine kreisförmige Oeffnung 
verschloss; bei den Tönen der sogenannten eingestrichenen Octave 
kann man aber unbedenklich offene Resonatoren anwenden. Es 
versteht sich von selbst, dass die längeren Resonatoren auch weiter 
sind als die kurzen. 

Die Reihe meiner Resonatoren giebt zunächst die Theiltöne 
Nr. 2—25 des Klanges (' d, i. desjenigen C welches von den 
Franzosen als ut, von den deutschen Musikern als das grosse 
C, von Sondhauss aber durch Zufügung des Exponenten (— 1) 
bezeichnet wird; zur Abstimmung habe ich mich Königscher 
Gabeln bedient, bei denen alle Töne C Schwingungszahlen haben 
die Potenzen von 2 sind; (diese Stimmung ist ein klein wenig 
tiefer als die neue sogenannte iiefe Pariser Stimmung). Für den 
Grundton selbst habe ich noch keinen Resonator herstellen lassen, 
da derselbe zu gross werden würde; der grösste Resonator, den 
ich habe, ist also abgestimmt auf das C, welches in der Secunde. 
128 ganze (sog. Doppel-) Schwingungen macht, das ist also 


bei den Franzosen ul 

bei den Orgelbauern das vierfüssige C 
bei den deutschen Musikern das kleine c 
bei Sondhauss 


0 
ın Notenschrift > en 


Ich benutze am liebsten die Sondhausssche Bezeichnungs- 
weise, weil ich mit derselben die Hauptmann-Helmholtz sche 
Unterscheidung der Töne*) die nur um ein Komma verschieden 
sind verbinden kann. Unter Anwendung dieser Bezeichnungs- 
weise sind die Theiltöone von C—1 folgende: 

1.c=! 6.6! 11. fia-+ 16. C° 21. P— 
on. m ® 11ER - 2. fit 
BORN AR! 

c 9.D2 14. #(b2—-)19. dis®+ 24. G® 
e We MM 20.e 25. Gie 


a up TR 


Ein Minuszeichen bezeichnet einen etwas zu vertiefenden Ton, 
ein Pluszeichen einen etwas zu erhöhenden. 

Ich bin jetzt im Begriff diese Resonatorenreihe dadurch zu 
vervollständigen, dass ich C—2 als Grundton annehme und für 
die ersten 50 Theiltöne dieses Klanges die entsprechenden Reso- 
natoren herstellen lasse; ich glaube zwar nicht, dass es musika- 


*) Vgl. diese Zeitschrift Bd. XXVII S. 495. C6,D, e, F,G, a, 
h ist die Durtonleiter, E ist ein Komma höher als e, ein Strich über 
(unter) der Note erhöht (erniedrigt) den Ton um 2 Komma. 


134 


lische Klänge giebt, die so viele Theiltöne factisch enthalten, doch 
werde ich darüber Versuche anstellen und das Resultat derselben 
gelegentlich in dieser Zeitschrift bekannt machen. In dieser grossen 
Reihe hat man aber auch die Resonatoren für die Töne einer 
vollständigen Durtonleiter. Herr Appunn in Hanau hat mich 
nämlich darauf aufmerksam gemacht, dass die sämmtlichen Töne 
einer Durtonleiter Theiltöne der Unterdominante sind; in der That 
bilden die Theiltöne 
24. 27. 30. 32. 36. 40. 45. 48 

des Tones © die @Durtonleiter. — Um die Töne der CDur Ton- 
leiter zu erhalten, müsste man also den Grundton F anwenden. 

Der Buchbindermeister August Henning hierselbst 
(Schulgasse, Münchener Brauhaus) liefert diese Resonatoren sehr 
gut und zu billigen Preisen, das Stück zu 1/a Thlr. bis 2 Sgr. 
je nach der Grösse und der Ausstattung. Mit elegantem Papier 
. beklebt kostet die Reihe der 

I. Theiltöne von 02: Nr. 4—50 61/, Thlr. 
Nr. 4—25. 5 Thlr. 
Nr. 4—12 3 Thlr. 
II. Theiltöone von 01: Nr. 2—25 31/, Thlr. 
Nr. 2—-12 1!/, Thlr. 
III. Theiltöone von @—1: Nr. 2—16 2 Thlr. 
Nr. 2—8 1!) Thlr. 
IV. Theiltöne von C%: Nr. 1—12 15/; Thlr. 
Nr. 1-6 11/3 Thlr. 

VIII. Theiltöne von (1: Nr. I—6 5/s Thlr. 

Kleinere Reihen, sowie einzelne Resonatoren werden nach 
Verhältniss berechnet, auch bin ich bereit Resonatoren für Töne 
die in den obigen Reihen nicht enthalten sind anfertigen zu lassen. 
Werden die Resonatoren von roher Pappe gewünscht, so stellt 
sich der Preis noch geringer; auf Verlangen wird auch auf jeden 
Resonator der betreffende Ton nebst Schwingungszahl mit Gold- 
schrift aufgedruckt, wodurch sich der Preis um 1 Sgr, pro Stück 
erhöht. 

Bei der Wichtigkeit, die die Lehre von den mitklingenden 
Tönen jetzt in der Akustik gewonnen hat, kann ich die Anschaf- 
fung dieser Resonatoren allen Unterrichtsanstalten u. s. w. nur 
empfehlen. 

Um nun mittelst der Resonatoren die Obertöne des betref- 
fenden Klanges zu hören, kann man sich eines jeden musikalischen 
Instrumentes bedienen; schon jedes Pianoforte ist dazu geeignet, 
doch haben unsere gewöhnlichen Instrumente eine etwas höhere 
Stimmung als meine Resonatoren, man thut daher oft besser den 
Ton H2 statt (1 als Grundton anzuwenden. Bequemer ist in 
dieser Beziehung das Cello, dessen tiefster Ton (1 leicht so 
viel tiefer gestimmt werden kann, dass er nur noch 64 Schwin- 


135 


gungen in der Secunde macht (während er gewöhnlich auf 66 
gestimmt wird). — Bei den Blasinstrumenten ist zu bemerken, 
dass die offenen Lippenpfeifen die ganze Reihe der Ober- 
töne des Grundtones mit hören lassen, die gedeckten aber nur 
die ungeradzahligen Theiltöne (also ausser dem Grundtone C—-1 
noch 3:@%; — 5:el; — 7:1; — 9 : D2 ete.). Am stärksten 
treten aber die Obertöne auf bei den Zungenpfeifen, ich habe 
z. B. bei einer von Herrn Orgelbauer E. Benemann hierselbst 
angefertigten Zunge, welche den Ton C—-1 (also das sogenannte 
Sfüssige oder grosse C = utı) sehr voll ertönen lässt, noch den 
25 Theilton hören können. 

Herr E. Benemann (lange Gasse 27) erbietet sich, Zungen- 
und Lippenpfeifen zu folgenden Preisen anzufertigen: 
Ton Zungen- Lippenpfeifen 

pfeifen von Holz von Metall 
offen gedeckt offen gedeckt 

02 (16) 8 Thlr. 10 Thr. 6 Thir.. — _ 
C—1 (8‘) 6 Thlr. 6 Thlr. 3 Th. — — 


G—1 5öhl Thiel» 5 MFhlr) 2 Th 5 — 
co (4') 5 Thlr. ° 3 Thlr. 11% Thlr, 6 Thir. 51/ Thlr. 
cı (2‘) 4 Thlr. 11 Thlr. 1 Thlr. 4 Thlr. 3 Thlr. 


Diese Pfeifen werden alle nach den Königschen Gabeln ab- 
gestimmt und stimmen daher genau zu meinen Resonatoren. — 
Die Zungenliegen in Kasten von entsprechender Grösse, auf denen 
grosse conische Schallbecher von Ziukblech aufgesetzt werden; 
werden mehrere Zungen gleichzeitig bestellt, so können dieselben 
der Ersparniss wegen ineinen Kasten eingelegt werden, auf den 
dann mehrere Schallbecher aufgesetzt werden. — Ausserdem 
liefert Herr Benemann auf Wunsch Zungen- und Lippenpfeifen 
jeder Art zu entsprechenden Preisen. 


Es lassen sich auch Resonatoren construiren, mit denen die 
Existenz der Obertöne dem Auge objectiv nachgewiesen werden - 
kann. Spannt man nämlich über ein Ende einer beiderseits offenen 
Röhre eine dünne Gummimembran, so geräth dieselbe bei dem 
durch die Länge der Röhre bedingten Tone ins Mitschwingen 
wie man an aufgestreuten Sandkörnern sieht; es ist aber zu be- 
merken, dass eine solche Membran manchmal noch auf mehrere 
andere Töne anspricht. Dünnste englische Patentgummiplatte, wie 
sie zu den Scheiblerschen Kohlensäureapparaten gebraucht wird, 
scheint sich am besten zur Anfertigung dieser Resonatoren zu 
eignen; jedoch kann man auch möglichst dünne deutsche Gummi- 
platte (Paragummi 1/s4“ stark) verwenden. 

Noch empfindlicker wird dieser Apparat, wenn man noch 
ein Blatt Pappe so um diese Röhre wickelt, dass diese auf der 
Seite der Membran etwas verlängert wird. Schliesst man nun die 
Röhre hier mit einem doppelt durchbohrten festen Pappdeckel, 


136 


so entsteht ein kleiner Raum, durch den man einen Strom Leucht- 
gas hindurchleiten kann, man hat also das, was König eine 
„manometrische Gaskapsel‘ nennt: zündet man nemlich das Gas 
an einer lang und dünn ausgezogenen Glasspitze an und versetzt 
durch den betreffenden Ton die Membran in Schwingungen, so 
wechselt der Gasdruck so oft, wie die Membran hin und her 
geht. Die Flamme verlängert sich also in sehr kurzen Zwischen- 
räumen und verkürzt sich wieder — wegen der grossen Schnellig- 
keit, mit der dies geschieht, sieht das Auge aber nur die Verlän- 
gerung; mit einem Worte: die Flamme erhält die Gestalt der 
Gasflamme bei der chemischen Harmonika. 

Dass diese verlängerte Flamme aber kein continuirliches 
Phänomen ist, kann man sofort sehen, wenn man sie in einem 
rotirenden Spiegel betrachtet, man erhält dann statt des Licht- 
bandes, welches eine gewöhnliche Flamme liefert, eine Reihe 
einzelner Flammenbilder. In Ermangelung eines rotirenden Spiegels 
thut ein Stück frei mit der Hand in wackelnde Bewegung ver+ 
setztes Stück Spiegel oder die schnell bewegte Brille dieselben 
Dienste, — es genügt sogar den Kopf schnell hin und her zu 
bewegen. 

Wenn mehrere Resonatoren, die auf Theiltöne eines Grund- 
tones abgestimmt sind, mit übereinanderstehenden manometrischen 
Flammen versehen werden, so kann man bei der Analyse durch 
den rotirenden Spiegel die relativen Schwingungszahlen der ein- 
zelnen Theiltöne an der Zahl der Flammenbilder der einzelnen 
Reihen erkennen. Man kann natürlich die Flammen nicht senk- 
recht übereinander anbringen, sondern man muss sie in einer etwas 
geneigten Linie anordnen, die Drehungsaxe des Spiegels stellt man 
parallel zu dieser Linie (vgl. Königs Catalog akustischer 
Apparate S. 46 Nr. 216 und Pisko a. a.0. Seite 2U2—204), 
Herr Professor Knoblauch hat die Güte gehabt für das physika- 
lische Seminar einen derartigen Apparat nach meinen Angaben 
anfertigen zu lassen, derselbe enthält die 4 Resonatoren für den 
CDur Accord der eingestrichenen Octave, als Theilton 4, 5, 6 und 
8 des Grundtones C71 (des sog. grossen C). Mittelst einer aus 
Gummischlauch hergestellten verzweigten Leitung wird das Gas 
in die vier Kapseln geleitet und die 4 Brenner sind seitlich schräg 
übereinander aufgestellt, ebenfalls durch Gummischläuche mit den 
Resonatoren verbunden. Ausserdem habe ich eine Einrichtung 
treffen lassen, welche es gestattet, den Gasstrom, der ausje 2, 3 oder 
auch allen 4 Gaskapseln kommt, ineine Flamme zu führen, diese 
Flamme zeigt dann bei der Analyse durch den rotirenden Spiegel 
nicht gleich grosse Flammenbilder neben einander, sondern ab- 
wechselnd grosse und kleine, wie diess durch das Schwingungs- 
verhältniss der wirkenden Resonatoren (1:2; 2:3; 3:4; 4:5; 
9:6; 5:8; — 2:3:4; 4:5:6; 4:5:8; 5:6:8; — 4:5:6:8) 


137 


bedingt wird.‘ (Vgl. Königs Catalog S. 45 Fig. 17—19 und 
Pisko S. 291.) 
Herr Buchbindermeister Henning liefert Resonatoren dieser 


Art das Stück für 20 Sgr. 


Bei der Demonstration der Lehre von den Ober- oder Theil- 
tönen ist das von Mach in der „Zeitschrift für Mathe- 
matik und Physik von Schlömilch, Kahl und Cantor“ 
beschriebenen Modell sehr vortheilhaft; dasselbe besteht aus einer 
auf eine Pappe oder ein Brettchen gezeichneten Claviertastatur 
von 3 oder 4 Octaven Länge; am obern Rande derselben ist eine 
Leiste verschiebbar, welche Marken trägt für die zu einem Grund- 
tone gehörigen Theiltöne; man sieht also mit einem Blicke, welche 
Töne mit dem Grundtone zugleich erklingen. Unter Anwendung 
zweier solcher Leisten kann man ferner die Obertöne zweier Klänge 
vergleichen, und so die Helmholtzsche Theorie von den Conso- 
nanzen und Dissonanzen anschaulich erläutern. Da auch dieser 
Apparat den physicalischen Cabinetten zur Complettirung ihrer 
akustischen Apparate sehr zu empfehlen ist, so habe ich Herrn 
Buchbindermeister Henning veranlasst, solche Modelle von Pappe 
anzufertigen und ist derselbe bereit, dieselben in einem Umfange 
von 4 Octaven zum Preise von 20 Sgr. pro Stück zu liefern, 

Schubring. 


Literatur. 


Allgemeines. E. Külp, Lehrbuch der Experimen- 
tal-Physik, Band IV, die Lehre von der Wärme von Dr. R. 
Dreser. Darmstadt 1867 bei J. Ph. Diehl. — Der vorliegende 
vierte (32 Bogen starke) Band ist etwa zum vierten Theile noch von 
dem verstorbenen Professor Külp selbst abgefasst, das Uebrige ist 
Eigenthum obengenannten Verfassers. Es gereicht Referenten zum 
Vergnügen bekennen zu können, dass er mit grosser Genugthuung 
dieses Buch studirt hat, welches das rühmlichst bekannte Werk zu 
einem den früheren Bänden durchaus ebenbürtigen Abschluss bringt. 
Der Vollender hat es verstanden, sich mit seltenem Geschick in die 
Methode Külps hineinzuarbeiten. Die klare Darstellung, die treff- 
liche Auswahl des Materials und eine geschickte Verbindung von 
Theorie und Erfahrung kommen bei einer gewissen Vollständigkeit 
diesem Bande in nicht geringerem Grade als den früheren zu. Da- 
bei eine naturgemässe musterhafte Anordnung. Verf. lässt das Ganze 
in zwei Abtheilungen zerfallen und spricht in der ersten von den 
Wirkungen der Wärme, im zweiten von ihrer Fortpflanzung, von der 


138 


Abkühlung der Körper und den Wärmequellen. Jede Abtheilung: zer- 
fällt in vier Abschnitte und jeder Abschnitt der ersten Abtheilung hat 
in netter Weise wiederum eine Gliederung in vier Unter- Abtheilungen 
erfahren. Die vier Abschnitte handeln von der Ausdehnung der Kör- 
per durch die Wärme, von der Erwärmung, vom Schmelzen und von 
den Erscheinungen der Wärme an Dämpfen und Gasen. Die bedeu- 
tenden Erweiterungen, welche dieser Theil der Wärmelehre durch 
Aufnahme der mechanischen Wärmetheorie erhielt, sind an den be- 
treffenden Stellen in entsprechender Weise eingeflochten und eine Be- 
trachtung über das Wesen der Wärme schliesst den ersten Theil. Die 
zweite Abtheilung beginnt sogleich mit der Wärmestrahlung, in wel- 
chem Kapitel der Verf. in recht dankenswerther Weise die hierher 
gehörigen Erscheinungen mit gründlicher Berücksichtigung der in 
neuerer und neuester Zeit reichlich erschienenen Einzel-Untersuchun- 
gen bespricht. Es folgt ein Kapitel über Wärmeleitung, ein anderes 
über die Abkühlung und im Schlusskapitel endlich sind die einzel- 
Wärmequellen einer näheren Betrachtung unterzogen. Dem Ganzen 
ist ein Anhang beigegeben, welcher die wichtigsten Apparate zur 
künstlichen Eisbereitung sowie die Dampfmaschinen behandelt und 
eine Effectsberechnung der letztern nach Pambours Methode enthält. 
— Druck und Ausstattung wie in den vorhergehenden Bänden. Brek. 

Fr. v. Tschudi, das Ungeziefer und seine Feinde, 
Den Volksschulen und landwirthschaftlichen Vereinen gewidmet. 
7. Aufl. St. Gallen 1865. 8°. — Der Ungezieferfrass in Wäldern und 
Feldern, Gärten und Wiesen hat in den letzten Jahren überall in 
schreckenerregendem Massstabe sich gesteigert, so dass Einzelne, Ver- 
eine und dieStaatsbehörden genöthigt sind Massregeln gegen denselben 
zu ergreifen. Die vorliegende kleine Schrift, auf Veranlassung des 
schweizerischen Thierschutzvereines in 7. Auflage gedruckt, wendet 
sich an die Volksschulen und landwirthschaftlichen Vereine und weist 
diese nachdrücklich auf die Höhe des Schadens und die Nothwendigkeit 
des Schutzes und der Pflege insbesondere der nützlichen Vögel hin. 
Sie beleuchtet in kurzer und klarer Darstellung die Bedeutung der 
Vögel im Haushalte der Natur, die Ueberhandnahme des Ungeziefers, 
die Ursachen der Verminderung der Vögel, die Leistungen der insek- 
tenfressenden Vögel und der grösseren, spricht dann über den Schutz 
derselben und zum Schlusse noch über die nützlichen Amphibien und 
Säugethiere. So hat sie denselben Zweck wie die Stadelmannsche 
Denkschrift über die Nothwendigkeit des Schutzes und der Pflege der 
nützlichen Thiere (Buchhandlung des Waisenhauses in Halle), welche 
in noch nicht Jahresfrist in sechs Auflagen verlangt worden ist und 
eingehender und umfassender den Gegenstand behandelt, um den 
Erlass eines im Entwurf vorgelegten Gesetzes durch die höchste 
landwirthschaftliche Behörde zu begründen. v. Tschudi wendet sich 
an die Volksschulen und landwirthschaftlichen Vereine und wenn 
diese seine Darstellung in demselben Ernste aufnehmen, mit dem er 
sie bietet: so wird bald der Ungezieferfrass sich vermindern. Hat 


139 


derselbe doch einen Hauptgrund in der allgemeinen Rücksichtslosigkeit 
gegen die Thiere und die nur zu häufige sinnlose und sündhafte 
Verfolgung der nützlichen Thiere. In dieser Beziehung verdienen die 
Schweizer denselben Vorwurf wie die Deutschen und wir wünschen 
und hoffen, dass auch dort die Ursachen des bedeutenden Schadens 
von Jung und Alt richtig erkannt und allgemein deren Beseitigung 
erstrebt werden möge. 

C. G. Giebel, die nützlichen Vögel unserer Aecker, 
Wiesen, Gärten und Wälder. Der Beachtung aller Landwirthe 
und Forstmänner dringend empfohlen. Mit 88 Holzschnitten. Berlin 
1866. 8°. — Leiderist die Kenntniss gerade unserer nützlichen Vögel, 
die in erster Linie gegen die Vermehrung des Ungeziefers unermüd- 
lich thätig sind, im Allgemeinen sowohl, wie insbesondere bei Land- 
und Forstwirthen, Gärtnern und andern vom Ungeziefer unmittelbar 
beschädigten eine so überaus dürftige und unsichere, dass ein erfolg- 
reicher und allgemeiner Schutz derselben nicht zu erzielen ist. Diese 
Unkenntniss zu beseitigen ist das vorliegende Vogelschutzbuch be- 
stimmt. Es weist einleitend auf die Grösse des Ungezieferfrasses und 
dessen Ursachen hin und charakterisirt alsdann 75 einheimische nütz- 
liche Vögel so bündig und scharf, dass es mit Hülfe der beigedruckten 
Abbildungen Jedem möglich ist die Art sicher zu erkennen. Von jeder 
einzelnen Art ist dann die Lebensweise, Nahrung, Aufenthalt und der 
besondere Nutzen angegeben worden. Nicht alle 75 Vogelarten sind 
unbedingt nützlich, über einzelne gehen sogar die Ansichten noch 
weit auseinander und auch diese bedingte, fragliche Nützlichkeit ist 
besprochen worden, damit das zunächst für den Schutz der nützlichen 
Vögel interessirte Publikum auch für die einzelnen absonderlichen 
Fälle und über die nur zeitweilig nützlichen Arten nicht rathlos bleibt. 
Wie die Beschreibungen sämmtlich nach natürlichen Exemplaren ent- 
worfen sind: so beruhen auch die meisten Angaben über Nahrung und 
Naturell auf eigenen Beobachtungen des Verf.’s, die mit denen unserer 
gründlichsten und zuverlässigsten Ornithologen vereinigt sind. So 
bietet das Buch dem Lehrer das ganze Material zum Unterrichte über 
die nützlichen Vögel, dem Landwirth und Gärtner Alles, was er über 
jeden einzelnen Vogel zu dessen Schutz und Pflege zu wissen 
nöthig hat, 

Der Naturforscher. Wochenblatt zur Verbreitung 
der Fortschritte in den Naturwissenschaften. Für Gebildete 
aller Berufsklassen herausgegeben von Dr. W. Salarek. Januar 1868. 
Berlin 40. — Den im Programm dieser Wochenschrift ausgesprochenen 
Ansichten stimmen wir vollkommen bei: es fehlt an einem Organe, 
dass die neuen Forschungen auf dem Gebiete der Naturwissenschaften 
schnell und aus den engen Kreisen der Fachgelehrten in die weitern 
der Gebildeten durch Popularisirung ihrer Darstellung übermittelt. 
Unsere eigene Zeitschrift verfolgt denselben Zweck nur mit den beiden 
Unterschieden, dass sie zugleich durch Veröffentlichung neuerer For- 
schungen die Wissenschaft unmittelbar zu fördern strebt und dass sie 


140 


durch monatliche Berichterstattung über die neuen Forschungen den 
Fachgelehrten sowohl wie jeden mit einem Zweige der Naturwissen- 
schaften sich ernstlich beschäftigenden vor der gefährlichen Einseitig- 
keit zu bewahren bemüht ist. Die Erfolge unserer opferschweren 
Bemühungen sind, so weit wir aus den nun bereits funfzehnjährigen 
Erfahrungen ein Urtheil zu gewinnen Gelegenheit hatten, leider sehr 
geringe, d.h. die meisten Fachgelehrten und dilettantirenden Forscher 
schliessen sich streng und fest gegen alle Nachbargebiete ab und 
fühlen sich in dieser Beschränkung und Einseitigkeit glücklicher als 
wenn sie mit dem durch häufigen Besuch all ihrer Nachbaren erwei- 
terten Blick und Auffassung auf dem engen eigenen Gebiete arbeiten. 
Wir wünschen aufrichtig diesem neuen Wochenblatt eine erfolgreichere 
Theilnahme seitens der weiten Kreise der Gebildeten. Die Auswahl 
der Mittheilungen in den vorliegenden vier Nummern betreffend können 
wir jedoch nicht umhin, der Redaktion grössere Vorsicht und sorg- 
fältigere Wahl anzuempfehlen. So ist Landois’ Arbeit über die Ent- 
wicklung der Bienengeschlechter mitgetheilt, die bereits eine gründ- 
liche Widerlegung erfahren hat und wollte Referent diese nicht 
abwarten, so musste ihm die Landois’sche Darstellung selbst wenig- 
stens doch zu einer reservirten Mittheilung rathen. Ebenso wenig 
anerkennen wir die Bedeutung, welche Hilgendorf als Verf. hier seiner 
Untersuchung der Planorbis multiformis für die Darwinsche Theorie 
gegeben hat, da dieselbe so schätzenswerth sie als paläontologische 
Arbeit ist, in dieser Richtung weder etwas Neues noch etwas Wesent- 
liches bringt. Uebrigens ist die Darstellung der Aufsätze und Mit- 
theilungen einfach uud ohne besondere Vorkenntnisse verständlich. 

d. Wartmann, Leitfaden zum Unterrichte in der 
Naturgeschichte. 6. Aufl. St. Gallen 1866. 8°. — Inhalt und 
Methode der Darstellung dieses Leitfadens empfehlen denselben zu 
einem gründlichen Unterrichte in der Zoologie, Botanik und Minera- 
logie bis in die oberen Klassen unserer Realschulen. Aus dem weiten 
Gebiete sind nur die Einzelnheiten aufgenommen, welche der Fas- 
sungskraft der Schüler angemessen sind und deren Interesse fesseln 
können. Wir wünschen dieser sechsten, wesentlich De Auf- 
lage die Theilnahme der Schulmänner. 

Meteorologie. Hoh, ein merk würdiger Blitzschlag. 
— Verf. beschreibt einen am 24. Juni 1867 beobachteten Blitzschlag, 
welcher in einem Dorfe bei Forchheim den in der Stube eines Hauses 
auf den Dielen liegenden Sand zu einer 2 Fuss langen regelrechten 
Blitzröhre geschmolzen hat; das Material zu derselben ist wahrschein- 
lich durch eine Luftverdünnung in die Blitzbahn gezogen worden, 
denn der Sand pflegt ja doch nicht in so dicken Schichten in die 
Stuben gestreut zu werden. — Ausserdem tödtete der Blitz 2 Kinder, 
3 junge und 1 alten Hund und betäubte einen in der Stube anwesen- 
den Mann. — (Poyg. Ann. 131. 494—495.) Schbg, 

Physik. E. Edlund, Untersuchungen über den gal- 
vanischen Lichtbogen. — Bringt eine Kraft zwei Wirkungen 


141 


hervor, so ist die Summe derselben das Aequivalent der aufgewandten 
Kraft. Ein solcher Fall liegt im galvanischen Lichtbogen vor. Es 
ist bekannt, dass der Strom bei dieser Erscheinung einmal eine rein 
mechanische Wirkung ausübt, welche namentlich die positive Electrode 
betrifft und in einem Losreissen kleiner materieller Theile besteht, 
ausser dieser rein mechanischen Wirkung können aber chemische 
Zersetzungen im Lichtbogen vorkommen. Letztere können indessen 
nicht als ausschliessliche Wirkung des Stromes angenommen werden, 
da die Ursache derselben zum Theil auch ausserhalb des Lichtbogens 
liegen kann; der dem Strom angehörige Theil der Wirkung hat 
natürlich sein mechanisches Aequivalent, es tritt eine entsprechende 
Wärmeabsorption ein. Mit dem Zerreissen der Pole ist dagegen keine 
Wärmeabsorption, sondern eine Wärmeproduction verbunden, und es 
verrichtet mithin der Strom im Lichtbogen eine mechanische Arbeit, 
die nicht durch einen entsprechenden Wärmeverlust compensirt wird. 
Schliesst man eine galvanische Kette durch einen Draht, so übt der- 
selbe einen Leitungswiderstand aus, verkürzt man den Schliessungs- 
bogen, so ist es denkbar, die Verminderung des Leitungswiderstandes 
durch Erzeugung eines Lichtbogens von entsprechender Länge zu 
ersetzen. Trotz der Gleichheit der Widerstände muss aber die im 
letzten Falle entwickelte Wärmemenge geringer sein, wegen der in 
der Zerstörung der Pole verrichteten mechanischen Arbeit. Dieser 
Widerspruch lässt sich nun nur dadurch lösen, dass die Stromstärke 
um so viel verringert wird, dass die Verringerung an erzeugter Wärme, 
welche-dadurch entsteht, dieser mechanischen Arbeit genau entspricht. 
Diese Verringerung der Stromstärke könnte aber in doppelter Weise 
entstehen, einmal nämlich, indem die Verrichtung der mechanischen 
Arbeit einen Zuwachs des Leitungswiderstandes bedingt, oder da- 
durch, dass einem dem Hauptstrome entgegengesetzt gerichteten 
Nebenstrome Dasein gegeben wird. Die Schwächung der Stromstärke 
durch einen Zuwachs des Widerstandes ist nicht denkbar. Da der- 
selbe ein Widerstand eigenthümlicher bisher unbekannter Art sein 
müsste, der eine Schwächung der Stromstärke bedingt, ohne eine 
entsprechende Wärmeentwicklung zu veranlassen. 

Durch Analogie-Schlüsse gelangt Verf. nun zu dem Resultate, 
dass in dem galvanischen Lichtbogen durch die mechanische Zerthei- 
lung der festen Pole eine electromotorische Kraft entsteht, welche 
dem Hauptstrome einen Strom in umgekehrter Richtung entgegen- 
schickt. 

Versucht man den Widerstand im Lichtbogen zu messen, so 
findet man denselben aus zwei Theilen bestehend, von denen der eine 
von der Länge des Bogens unabhängig ist, während der andere mit 
derselben wächst. Genaue Untersuchungen ergeben ferner ohne 
Zweifel, dass die electromotorische Kraft im Lichtbogen unabhängig 
ist von der Stärke des Stromes, und dass der eigentliche Leitungs- 
widerstand des Lichtbogens proportional ist seiner Länge und wächst, 
wenn die Stromstärke abnimmt. Dieses Ergebniss könnte überraschen, 


142 


man überzeugt sich aber durch eine einfache Betrachtung, dass ‚die 
von dem Strome in dem Lichtbogen verrichtete Arbeit proportional 
ist der Stromstärke, so lange die electromotorische Kraft der Säule 
constant bleibt, was mit dem Obigen in engster Verbindung steht. 
Weitere Versuche legen ferner dar, dass die electromotorische Kraft 
des Lichtbogens auch unabhängig ist, von der electromotorischen Kraft 
der Säule. 

Die Wärmeentwicklung im Lichtbogen ist abhängig von der 
Stromstärke und dem eigentlichen Widerstande in demselben. Wenn 
nun der eigentliche Leitungswiderstand im Bogen verhältnissmässig 
klein ist gegen den constanten Stromverlust, so zeigt doch Verf.; dass 
derselbe ausreichend ist, um diejenigen Temperaturen hervorzubringen, 
welche im Lichtbogen in der That vorhanden sind, Endlich ist noch 
hervorzuheben, dass der Gegenstrom, welcher im Lichtbogen entsteht, 
abhängig ist von der Festigkeit des Electroden Materials. Bei härterer 
Kohle ist der Gegenstrom stärker als bei weicher oder Kupfer, weil 
bei letzterem vor dem Zerreissen ein halbweicher Zustand eintritt, der 
einen geringen mechanischen Widerstand entgegensetzt. — (Pogg. 
Annal. OXXXI. 586-607.) Brck 

W. Hankel, neue Theorie der electrischen Erschei- 
nungen. — Verf. liefert die Fortsetzung zu der Band XXVII. p.63 
dieser Zeitschrift angedeuteten neuen Theorie und leitet die Erschei- 
nungen der Induction aus seinen Voraussetzungen mit Hülfe der 
höheren Analysis ab. — (Ebenda 607— 621.) 

Derselbe, über die thermoelectrischen Erscheinun- 
gen’des Bergkrystalls. — Verf. betrachtet zunächst beiderseitig 
vollkommen ausgebildete Quarzkrystalle und findet folgendes allge- 
meine Gesetz über die electrische Vertheilung: Beim Erkalten sind 
die grossen Flächen des Hauptrhomboeders zum grössten Theile negativ, 
die kleinen Flächen des Gegenrhomboeders zum grössten Theile po- 
sitiv. Von jeder Fläche des Hauptrhomboeders am obern Ende zieht 
sich sodann in einer mit den Streifungen der Rhombenflächen unge- 
fähr parallelen Richtung eine negative Zone über die Prismenflächen 
hinab bis zur benachbarten ®äche des Hauptrhomboeders am untern 
Ende; in gleicher Richtung geht beim Erkalten eine positive Zone 
von einer Fläche des Gegenrhomboeders am obern Ende über die 
Prismenflächen bis zu der benachbarten Fläche des Gegenrhomboeders 
am untern Ende. Hieraus kann man nun ohne Weiteres entnehmen, 
dass die beim Erkalten negativen Zonen über diejenigen Prismenkanten 
hinweggehen, welche keine Rhombenflächen zeigen, während die positi- 
ven Zonen diejenigen Prismenkanten kreuzen, welche oben und unten die 
Rhombenflächen tragen, Die optisch rechts- und links drehenden Kry- 
stalle, sind electrisch links und rechts, bei ersteren sind die Zonen 
von rechts oben nach links unten gerichtet, bei den letztern von links 
oben nach rechts unten. An beiden Enden ungleichmässig ausgebil- 
dete Krystalle differiren hinsichtlich ihres electrischen Verhaltens in- 
sofern, als die electrischen Polaritäten an dem ausgebildeteren Ende 


143 


auch vollkommener hervortreten. Von den Flächen des Haupt- und 
Gegenrhomboeders an dem vollkommen ausgebildeten Ende, gehen je 
nach Umständen rechts oder links negative oder positive Zonen an 
den Prismenflächen hinab, die je nach dem Grade der Ausbildung 
am andern Ende so wenig schief gerichtet sein können, dass auf 
manchen Flächen die Grenzen der verschiedenen Zonen mit den Pris- 
menkanten zusammenfallen. Störungen der electrischen Vertheilung 
anderer Art bringen Zwillingsbildungen hervor, dieselben sind jedoch 
derartig, dass man sie nach Kenntnissnahme obiger Erscheinungen 
ohne Weiteres voraussagen kann. Aus diesem electrischen Verhalten 
spricht sich Verf. endlich noch über die Krystallform des Quarzes 
dahin aus, dass derselbe weder, wie Descloizeaux sagt, scalenoedrisch- 
hemiedrisch, noch trapezoedrisch-tetartoedrisch, wie Naumann meint, 
sei, sondern dass die Wahrheit zwischen beiden liege, indem der 
Bergkrystall zur trapezoedrisch-hemiedrischen Abtheilung des hexago- 
nalen Systems gehöre. — (Ebenda p. 621-631. u. Ber. d. sächs. Acad. 
d. W. 1866.) Brek. 

J. C. Poggendorff, eleetroscopische Notizen. — Pyr- 
oxylin-, Pyroxyl- oder Pyro-Papier hat die Eigenschaft beim Reiben 
mit vielen organischen Substanzen negativ electrisch zu werden und 
wurde deshalb vom Verf. seit geraumer Zeit als Electroscop für 
negative Electrieität angewandt. Der Wunsch auch solches für posi- 
tive Electrieität zu besitzen führte zu Versuchen, von denen wir Fol- 
gendes mittheilen: Es wurde das Verhalten einer Anzahl Isolatoren, 
nämlich Horngummi (Kamm-Masse), Gutta-Percha, Colophonium, Schel- 
lack, Siegellack, Schwefel, Bernstein, Copal, Seide, Pyroxylinpapier, 
Collodium und Schiessbaumwolle gegen Metalle und Leiter [Graphit, 
Gas-Kohle, Platin, Gold, Palladium, Silber, Quecksilber-Amalgam, Zinn, 
Wismuth, Antimon, Kupfer, Zink, Kadmium, Eisen, Blei, Aluminium 
und Magnesium] geprüft. Verf. fand, dass mit wenigen Ausnahmen, 
die electronegativen Metalle Platin, Gold, Palladium etc, jene 
Isolatoren bei der Reibung positiv machen, wogegen die electro-po- 
sitiven Metalle dieselben negativ-electrisch machen. Unfehlbar ist 
hierin das Horngummi; mit Platin sanft gestrichen wird es positiv, mit 
Zink oder Eisen negativ. Auffällig ist die Wirkung des Amalgams, 
dass alle jene Nichtleiter ohne Unterschied positiv electrisch macht. 
— (Ebenda p. 621--635.) 

Derselbe, über eine neue electrische Bewegungs- 
erscheinung.— Durch eine möglichst luftleer gemachte Glasröhre, 
die eine gewisse Quantität Quecksilber enthielö und an beiden Enden 
eingeschmolzene Platindrähte trug, wurde‘ein electrischer Strom (von 
einer Holtzschen oder auch einer gewöhnlichen Maschine, ein Induc- 
tionsstrom ist weniger passend) geleitet: das Quecksilber welches 
einen 4‘ langen Faden bildete, wanderte stets vom negativen Pol 
zum positiven, und zwar brauchte es zu einem Wege von 8 Zoll 2—3 
Secunden; bei der Bewegung wird der Faden bedeutend länger; bei 
mehrfach unterbrochenem Strome ist die Bewegung des Fadens ähnlich 


144 


der eines Blutegels. Auf der Oberfläche des Quecksilbers bilden sich 
kleine Wellen; im dunkeln beobachtet man ein schönes, theils gelbes 
theils violettes Interferenzlicht. Wegen der Theorie der Erscheinung. 
verweise ich auf die Originalarbeit. — (Ebenda 635—643.) Schbg. 

Derselbe, Reaction zweier Influenzmaschinen auf- 
einander (cfr. Pogg. Ann. 130, 170.) — Man verbinde die Elec- 
troden einer Holtzschen Maschine mit denen einer andern durch dicke 
übersponnene Kupferdrähte, ziehe die Electroden der ersten weit aus- 
einander, die der zweiten aber schiebe man dicht zusammen, setze 
die letztere in Thätigkeit und ziehe ihre Electroden wieder etwas 
auseinander: dann wird die bewegliche Scheibe der ersten Maschine 
(deren Schnurlauf entfernt sein muss) auf gegebenen Anstoss sich in 
schnelle Rotation versetzen, besonders wenn der Anstoss im Sinne 
der Zähne der Kämme, also rückwärts gegeben ist; man kann auch 
von der getriebenen Maschine die feste Scheibe ganz entfernen. — 
(Ebda 495.) 

Derselbe, über electrische Rotation. — Nachträglich 
bemerkt P. hierzu, dass man statt der treibenden Maschine eine ge- 
wöhnliche Electrisirmaschine anwenden kann, deren Conductor. und 
Reibzeug man mit dem Electroden kämmen der Holtzschen Maschine 
verbindet, von der man die Schnurläufe und die ruhende Scheibe 
entfernt hat. — Nach dem anfänglichen Impuls bekleiden sich die 
beiden Seiten der Scheibe mit den von den Kämmen ausströmenden 
Electricitäten; sobald nun eine Electricität zum andern Kamme gelangt, 
so wird sie angezogen und mit ihr die Scheibe an der sie adhärirt. 
— (Ebda 655— 656.) 

Der electrische Bratenwender. — Im Anschluss an die 
beiden vorigen Mittheilungen wird von P. R. darauf aufmerksam ge- 
macht, dass schon Franklin eine drehbare Scheibe durch zwei Leydener 
Flaschen, die mit entgegengesetzter Electricität geladen waren in 
Rotation versetzt hat. Die Scheibe war mit c. 30 radialen Glasstreifen 
besetzt, jeder derselben trug ein Metallknöpfchen, welche von den 
Flaschen angezogen und abgestossen wurden. — Auch wurde eine 
beiderseits belegte, geladene Glasscheibe, welche Metallarme mit Ku- 
geln trug, in Rotation versetzt, wenn sie zwischen 12 in Kreise auf- 
gestellte isolirte Metallknöpfe gebracht wurde. — (Elda 132, 479— 


480.) Schbg. 
K. L. Bauer, über die Brechung des Lichts und das 
Minimum der prismatischen Ablenkung. — I.Der Verf, leitet 


zunächst aus der bekannten Formel für das Brechungsgesetz : sin « 
= nsin $? (n > 1) mehrere Ausdrücke ab für die beiden ersten Dif- 
ferentialquotienten von « nach £ und von £& nach «5; — Il. Diese 
Formeln geben einen sehr einfachen Beweis dafür, dass $ nicht über 
die durch sin $ = !/n bestimmte Grenze wachsen darf, dass in die- 
sem Falle die Ablenkung ein Minimum ist, und dass die Aenderun- 
gen des Winkel @ bei gleichen Aenderungen des Winkel # um so 
grösser sind, je grösser « ist. Dieselben Sätze werden auch streng 


145 


elementar bewiesen, was in den meisten Lehrbüchern nicht der Fall 
ist. — III. Zum Schluss wird die Verschiebung, die ein Lichtstrahl 
in einem Medium mit parallelen Wänden erleidet, berechnet. — (Pogg. 
Ann. 131, 472—479.) — Ein Nachtrag zum vorigen Aufsatz enthält 
einen schon von v. Ettinghausen gegebenen Beweis des Satzes von 
der Minimalablenkung aus dem Külp’schen Lehrbuch sowie ein paar 
andere Bemerkungen. — (Ebda 132, 658—660.) Schbg. 
Emsmann, Ertönen von Orgelpfeifen bei veränder- 
licher Stärke des Anblasens. — Die Versuche bestätigen die 
von Wertheim gefundenen Resultate über das Erklingen des Grund- 
tones und der harmonischen Obertöne der offenen und gedeckten 


Lippenpfeifen bei verschiedenen Windstärken. — (Pogg. Ann. 132, 
650—653.) 

O. Neumann, Foucaults Gyroscop; vereinfacht und 
verbessert. — Die Thatsache, dass die Lage der Umdrehungs- 


ebene eines in seinem Schwerpunkte aufgehangenen und um seine Axe 
rotirenden Körpers unveränderlich bleibt, veranlasste Foucault sein 
Gyroscop zu construiren, einen kleinen Apparat der überall auf- 
gestellt werden kann und die Drebung der Erde um ihre Axe 
nachweist. Eine mit starkem Rande versehene Scheibe wird in Ro- 
tation versetzt, die Axe endet in stählernen Spitzen, die zwischen 
einen Metallreifen gespannt werden, so dass die Scheibe mit geringer 
Reibung um die Axe gedreht werden konnte, Dieser Apparat wird 
durch ein Räderwerk in Bewegung gesetzt bis die Geschwindigkeit 
möglichst gross ist, dann lässt man ihn frei weiter laufen, dabei 
ändert sich scheinbar die Rotationsebene, wodurch eben die Umdre- 
hung der Erde bewiesen wird. Die Ablösung der Scheibe von dem 
Räderwerke war bei Foucault etwas unbequem; Neumann hat dieselbe 
practischer eingerichtet. — Referent bemerkt hierzu dass es vielleicht 
möglich ist, das Räderwerk ganz und gar zu sparen; Herr Mech. 
Schmidt aus Berlin, der kürzlich hier war, setzte seine Kreisel durch 
Abziehen einer Schnur in Bewegung und erhieli dadurch ziemlich 
lange, etwa 15—20 und wol noch mehr Minuten andauernde Rotatio- 
nen und während einer solchen Zeit muss doch die Ablenkung ent- 
schieden bemerkbar geworden sein. — (Ehda 132, 465—468.) Schbg. 

F. Plateau, über die Umwandlung eines flüssigen 
Cylinders in gesonderte Kugeln. — Das in der Ueberschrift 
angegebene Phänomen ist bekannt; die einfachste Art es experimentell 
zu zeigen besteht darin, dass man einen glatten feinen Baumwollen- 
faden von 0,2 Mm. Durchmesser nnd 50 Cm. Länge sorgfältig mit 
Wasser tränkt; nachdem man alle anhaftende Luft vertrieben hat, lässt 
man ihn, indem man ihn oben hält, in ein 40 Cm. tiefes Gefäss voll 
Wasser senkrecht herab und zieht ihm dann möglichst lothrecht mit 
gleichmässiger Geschwindigkeit heraus, lässt jedoch das Ende in der 
Flüssigkeit; die Operation soll nicht länger als °/,,— ®Iıo Secunden 
dauern. Der Faden ist dann seiner ganzen Länge nach mit einer 
Reihe von Wasserperlen besetzt, deren Mittelpunkte etwa 5 Mm. weit 

Bd. XXXI, 1868. 10 


146 


von einander entfernt sind. Mit Baumöl gelingt das Experiment noch 
besser, man muss hier den Faden mit einem Gewicht beschweren und 
das obere Ende über dem Baumöl befestigen; dann hält sich die äus- 
serst zarte Perlschnur c. 10 Minuten. — Man kann auch den Faden 
in einen Holzbogen einspannen und ihn nun horizontal aus dem Oele 
herausziehen. — DieBildung geht langsamer vor sich, wenn man statt 
des Fadens eine eingeölte Stricknadel vertikal in Oel taucht und 
schnell wieder herauszieht: es entstehen zunächst Einschnürungen und 
Anschwellungen, die allmählig in einzelne Tropfen von der Gestalt der 
von Plateau sen. so genannten Undwloide übergehen. — (Pogg.Ann. 132, 


654-658.) Schbg. 
Chemie. Barlinetti und Duchemin, neue Anwen- 
dungsweisen der Pikrinsäure. — 1.Barlinetti, Prof. zu 


Padua hat mit dieser Säure ’ein neues (Schiess-) Pulver dargestellt. 
Er mischte die PS. erst mit chlorsaurem Kali und erhielt ein bei der 
geringsten Reibung explodirendes Produkt. Bei Zusatz von Kalisal- 
peter trat die Detonation weniger leicht ein, gab jedoch ein weniger 
gutes Resultat, als zweifach chromsaures Kali. Das damit bereitete 
Pulver ist, nach B.kräftiger als gewöhnliches Schiesspulver, durchaus 
nicht ae und verbrennt ohne Rückstand zu hinterlassen. 
Durch Reibung (percussion) und Schlag explodirt es nicht. Weitere 
Versuche werden diese Angaben zu prüfen haben. "2. Duchemin 
wandte die P.S. zur Füllung derElemente für galvanische 
Batterien an, Er hat zwei verschiedene Elemente construirt; das 
eine entspricht dem Bunsen’schen, nur, dass die Salpetersäure durch 
Pikrinsäure ersetzt ist; die zweite Form (Kohlenzinkelement) erfordert 
nur eine einzige, aus Pikrinsäurelösung mit !Jı, Schwefelsäure beste- 
hende Flüssigkeit. Letztere ist stark genug, um den Rühkorff’schen 
Apparat in Bewegung zu setzen. Diese Batterien werden sich wegen 
der nicht entwickelten schädlichen und die Schrauben etc. der Appa- 
rate concredirenden Dämpfe bald Eingang verschaffen, zumal sich der 
Preis nicht wesentlich höher beläuft und ihre Aufstellung an Orten, 
wo sich viele-Menschen befinden, so in Krankenhäusern nicht die 
geringsten Unzukömmlichkeiten verursachen kann. — (Journ de Chem. 
medic. Octob. 1867. 506.) K. 
Schneider, über Stärkegehalt der Kartoffeln. — Nach 
Untersuchungen von Schneider sollte die Kartoffel erst Ende December 
oder Anfang Januar ihren vollen Stärkegehalt ausgebildet haben; 
von dieser Zeit an tritt aber Abnahme ein, weil nun der Keimungs- 
process beginnt. Das sogenannte Schleimigwerden der Kartoffeln in 
dieser Zeit soll von Umwandlung der Stärke in Dextrin resp. Zucker 
herrühren. Der Stärkegehalt der frisch aus der Erde genommenen 
Kartoffeln soll sich zu dem am Ende December verhalten wie 10:17. 
B. W. Gibsone, über einen neuen Schwefelwasser- 
stoffapparat. — Derselbe besteht aus zwei ziemlich gleich grossen, 
gleich gestalteten Flaschen Aund B mit weiten Oeffnungen, welche durch 
fach durchbohrtes Kork- oder Kautschoucstopfen verschlossen werden 


147 


können. A ist das Entwicklungsgefäss, B die Waschflasche, welche 
wenn der Apparat ausser Thätigkeit gesetzt werden soll, als Säure- 
behälter dient. F. ist ein langer Röhrtrichter, welcher bis auf den 
Boden von A reicht und gleichzeitig zum Säureaufguss und als Si- 
cherheitsventil dient. S, s sind die bis auf den Boden beider Flaschen 
gehenden Heberschenkel von Glas, welche an ihren Enden etwas nach 
aufwärts gebogen sind. Die Mitte dieses Hebers ist durch einen 
Kautschoucschlauch e gebildet. Das zweite Heberohr G, g in der 
Mitte d ebenfalls aus Kautschoucschlauch construirt, reicht in A nur 
bis unter den Kork in B bis auf den Boden der Flasche. Dasselbe 
dient zur Ableitung des in A gebildeten HS nach B, wo es gewaschen 
wird und aus der 3. Durchbohrung des Stopfens B mittelst Glasrohr 
und Kautschoucschlauch in irgend welche Lösung eintritt. H ist 
eine beliebig hohe Unterlage von Holz oder Stein, auf die bald A, 
bald B gesetzt wird, je nachdem der Apparat ausser Thätigkeit sein 
oder in Wirksamkeit gesetzt werden soll. Soll der Apparat in Thä- 
tigkeit gesetzt werden, so wird auf den Boden des Entwicklungs- 
gefässes A eine Menge grober Glasscherben gebracht, damit das dar- 
über geschüttete grobpulverige Schwefeleisen, die Oeffnungen des 
Trichterrohres F und des Heberrohres G nicht verstopfen könne. Dann 
wird verdünnte Schwefelsäure in das Gefäss A durch das Rohr F 
gegossen bis es zu ?/, gefüllt ist. Drückt man nun den Kautchouc- 
verbindung des Heberrohres G, g zusammen, so füllt sich der Heber 
S, s mit verdünnter Säure, welche man so lange nach B, welche hoch 
gestellt ist, übersteigen lässt, bis das Niveau der Flüssigkeit in beiden 
Flaschen gleich ist. Hebt man nun den Druck bei d auf so nimmt 
das HSgas seinen normalen Weg durch G, d, g, wird in B durch die 
Säure gewaschen und tritt durch E in die untergestellte Metall- 
salzlösung ein. Soll nun der Apparat ausser Thätigkeit gebracht 
werden, so wird die Flasche B vom Untersatze genommen und Flasche 
A daraufgesetzt, wodurch die Flüssigkeit von A nach B durch den 
Heber fliesst. Lässt man ausserdem das gereinigte Ableitungsrohr E 
in Ammoniak tauchen, so wird man einerseits kein HSgas verlieren, 
andrerseits nicht durch Geruch belästigt werden. — (Chemic News 
XV, 240.) 

E.Klein und Verson, über die Bedeutung des Koch- 
salzes für den menschlichen Organismus. — Ob und warum 
das Kochsalz unentbehrliches Nahrungsmittel für Thier und Mensch 
ist, kann bisher noch als eine offene Frage betrachtet werden. Es 
berichten allerdings Reisende von Völkern, die freiwillig oder ge- 
zwungen desselben entbehren, aber sie sagen nicht, ob andere Ersatz- 
mittel genossen wurden; wenn andrerseits Schwerkranke sich des 
Kochsalzes enthalten, weil sie überhaupt keine Speisen zu sich nehmen, 
so ist das kein Beweis, dass das Kochsalz für den Organismus ent- 
behrlich ist. Sicher scheint nach den Versuchen von Kaupp nur zu 
sein, dass wir für gewöhnlich das mit den Speisen genossene Koch- 
salz im Organismus aufspeichern, um in Zeiten der Noth davon zu 


10* 


148 


zehren, weil wir selbst bei gänzlicher Entziehung des Kochsalzes in 
den Speisen, fortdauernd mit dem Harn ein solches fortgeben, wenn 
auch allmälig in immer geringerer Menge. Nach Voit sollte Koch- 
salzgenuss die Oxydation des Eiweisses steigern, also die abgegebene 
Harnstoffmenge erhöhen; während in Kaupps Versuchen bei Koch- 
salzenthaltung die Harnstoffabgabe grösser wurde. Verson hat in 
zweistägigen Versuchen sich möglichst allen Kochsalzgenusses enthalten, 
indem er nur destillirtes Wasser trank, sein Brod ohne Kochsalz be- 
reitete. Er genoss also nur so viel des Salzes als in Fleisch, Mehl, 
Kartoffeln enthalten war. Da das Fleisch mit destillirtem Wasser 
gekocht und die Brühe nicht mit genossen wurde, in diese aber die 
grösste Menge des im Fleische enthaltenen Salzes mit übergeht, so 
erscheint die Annahme, dass mit der täglichen Nahrung 420 Grm. Rind- 
fleisch, 400 CC Milch, 180 Grm. Reis, 280 Grm. Kartoffeln, 280 Grm. 
Fett nur 1,6 Grm. NaCl mitgenossen werden, nicht zu hoch gegriffen. 
Um den Kochsalzgehalt des Blutes zu bestimmen wurden mittelst 
Aderlass 8-10 Grm. genommen. Die Menge des Getränkes wurde 
auf täglich 675 CC normirt. Die Resultate der zweiten Versuchsreihe 
ergeben sich am besten durch Mittheilung der von den Verff. gege- 
benen Tabelle: 


Während des Versuchs 


a Harn = Base Bump 
arn- arn- och- es 
Tag menge Spec.Gew. a säure ae salz Koch- 

in CC “ inGrm. *  inGrm. salzes 
0. 1900 1,01547 36,48 0,5458 18,681 8,658 27,339 
1. 1650 1,01248 33,165 0,4931 9,9 5,541 15,441 
2. 1660 1,012538 3714 — 6,527 3,741 10,268 
3. 770 1,02455 38,268 0,5867 3,798 5,52 9,318 
Ar 1150, 1,01789 42,488 0,5525 4,113 1,28 5,393 
5. 1150 1,01601 37,030 0,5479 3,22 11:9 4,410 
6. 1145 1,01670 39,159 0,8432 2,943 2,25 5,193 
7. 1100 1,01681 38,300 1,0566 2,86 1,33 4,190 
8s. 1115 1,01710 38,356 1,2611 2,519 1,45 3,969 

Nach dem Versuche : 

1. 650 1,02895 37,96 0,7199 3445 3,25 6,695 
92 M7a0 us 37,44 eu 7,920 1,65 9,570 
3. 900 1,02801 38,34 1,0093 11,223 1,50 12,723 
4 1170 1,02395 40,833 0,396 15,795 3,45 19,245 
5. 1670 — 41,9 0,4934 17,368 4,80 22,168 


Die Kochsalzabgabe zeigt daher kein regelmässiges Sinken, sowohl 
im Harn wie in Fäces. Da nun die NaCl Einnahme weit geringer 
war als die Ausgabe und dieses Plus weit mehr beträgt als das, was 
das Blut verloren hat, so müssen auch die Gewebe an der Mehraus- 
gabe betheiligt gewesen sein, indem dieseihr Kochsalz aus Blut, dieses 
das seinige aus dem Harn abgab. Es findet sich der Harn an Harn- 
stoff und Harnsäure reicher. Der Chlorhungernde fühlte besonders 
am 3. —4, Tage grosse Mattigkeit und die entleerten Harnstoffmengen 


149 


ne 


blieben auch nach dem Versuch noch höher wie bei normaler Lebens- 
weise. Trotzdem bei Aufnahme der Chlorzuführung nach beendigtem 
Versuche die Getränkemasse erhöht war, fiel doch die Harnmenge, 
zum Beweise, dass mit dem Kochsalz auch Wasser chemisch gebunden 
wurde, und erst nachdem der Organismus wieder vollständig mit NaCl 
gesättigt ist, nimmt die Menge des Harns sprungweise zu, und die 
im Harn entleerte Kochsalzmenge steigt fast ebenso schnell, als sie 
während des Versuches abgenommen hatte. Die Blutuntersuchungen 
ergaben 


1. Versuchstag 8. Versuchstag ran 
NaCl 0,40168°), 0,28302 0,42308 
HO 19,09 78,2144 19,926 


woraus folgt, dass während des Chlorhungers nicht nur der Koch- 
salzgehalt des Blutes, sondern auch der Wassergehalt gesunken ist, 
also das Blut eine wesentliche Umänderung erfahren hat; und dass 
mit der Wiederaufnahme von NaCl auch der normale Wassergehalt des 
Blutes eintritt. Das Körpergewicht hatte während der 8 Tage des 
Chlorhungers um 1 Pfd. abgenommen, und war nach 3 Tagen um 3 
Pfd, gestiegen. Im übrigen ist zu bemerken, dass sich zu dem Schwä- 
chegefühl und der Mattigkeit während des Versuches auch Einge- 
nommenheit des Kopfes und Volle des Magens gesellten, welche Er- 
scheinungen jedoch gegen Ende des Versuches wieder verschwunden, 
vermuhtlich weil sich der Organismus an den Kochsalzmangel gewöhnt 
hatte. Den Harn, obwohl anfangs stark sauer, zeigte grosse Neigung 
alkalisch zu werden und setzte bald phosphorsaure Ammoniakmag- 
nesia und harnsaures Ammoniak ab. Es zeigte sich, dass hauptsäch- 
lich der 2-3 Stunden nach der Mahlzeit gelassene Harn diese Neigung, 
in 3-3 Stunden alkalisch zu werden hatte. Verff. glauben, dass das 
NaCl nur deshalb unentbehrlich sei, weil wir schon während des In- 
trauterin-Lebens daran gewöhnt sind; bei plötzlicher Entziehung be- 
finden wir uns deshalb unwohl, gewöhnen uns aber allmälig an die 
Entbehrung. Es scheint jedoch während derselben eine grössere Ei- 


weissconsumtion einzutreten. — (Wien. Akad. Ber. 1867. p. 627.) 
De Luca, über die Wirkung von schwefelsaurem 
Natron auf die Hornhaut des Auges. — Nicht selten be- 


deckt sich die Cornea mit weissen oder gelblichweissen Flecken, 
welche bisweilen gänzliche Blindheit hervorbringen können. Nach 
mehrfachen Versuchen diese, wahrscheinlich aus coagulirter Ei- 
weissubstanz bestehenden Flecken zu entfernen, benutzte Verf. zuerst 
conc. Glaubersalzlösung, schliesslich das Salz selbst in Form feinen 
Pulvers, indem er von der Erfahrung ausging, dass Glaubersalz die 
Coagulirung des Blutfibrins aufhebt. Die Versuche gaben nach mehr- 
tägigem Gebrauch ‘fast immer dem Patienten die Sehkraft wieder. — 
(Mechanics Mayazine 1867 pay. 39.) 

Tessie duMothay, wohlfeile Darstellung von Sauer- 
stoff, Ozon und Wasserstoffsuperoxyd. — Mangansaures und 


150 


übermangansaures Kali (Natron) geben bei einer Temperatur von 450°C 
einen Theil ihres Sauerstoffs ab, wenn sie mit Wasserdampf in Be- 
rükrung kommen, wobei ein Gemenge von Manganoxyd und Kali 
(resp. Natron-) hydrat entsteht, welches bei beginnender Rothgluth in 
einen Strom von atmosphärischer Luft wieder in mangansaures Salz 
übergeht. Nachdem man also in eisernen Retorten durch eingepresste 
Luft bei Rothgluth die Ueberoxydirung bewirkt hat, desoxydirt man 
mittelst Wasserdampfes, leitet die abgehenden Wasserdämpfe und den 
freigewordenen Sauerstoff durch eine Kühlschlange, wodurch der 
Wasserdampf condensirt während der Sauerstoff in das Gasometer 
geleitet wird. Sobald die Sauerstoffentwicklung aufgehört hat, beginnt 
man die Ueberoxydirung durch eingepresste Luft von Neuem. Das 
bei der Bereitung des Chlorkalks restirende Chlormangan wird mit 
Aetzkalk gefällt, das erhaltene Manganoxyd mit Aetznatron gemengt 
und geschmolzen, wodurch mangansaures Natron erhalten wird, wel- 
ches Verf. für 1 Fre. per Kilogramm verkauft. Werden 3 Aegq. dieses 
Salzes in möglichst wenig Wasser gelöst und mit 2 Aeq. schwefel- 
saurer Magnesia versetzt, dann erhält man neben schwefelsauren 
Natron, Magnesia und Mangansuperoxyd übermangansaures Natron, 
welches zur Ozondarstellung resp. zum Bleichen von Geweben und 
Garnen dienen kann. Die letzteren werden nach dem Einweichen und 
Entfetten in eaustischer Lauge in das oben erwähnte Bad von Ueber- 
mangansaurem Natron gebracht, sodann in ein Bad, welches 2—3 pC. 
HO?2 enthält, worin sie so lange bleiben, bis die das Bleichgut be- 
deckende Mangansuperoxydschicht verschwunden ist. In 3 Tagen 
lassen sich Gewebe von 100 Meter Länge für 6Fre. vollständig blei- 
chen. Zur Darstellung des wasserfreien Baryts, welcher zur Darstel- 
lung des Baryum- resp. Wasserstoffsuperoxydes dient gibt Tessie 
folgende Vorschrift. Es wird in einem Puddelofen ein teigartiges 
Gemenge von kohlensauren Baryt, Theer und überschüssiger Holz- 
kohle geglüht und dann die unverbrauchte Kohle durch Zuleitung von 
reinem Sauerstoffgas abgetrieben. Die Temperatur steigert sich da- 
durch so sehr, dass die eben gebildete Kohlensäure sich nicht wieder 
mit dem schon fertigen Aetzbaryt verbinden kann. Der so entstan- 
dene wasserfreie Aetzbaryt wird mit wenig trockner Holzkohlenasche 
gemengt und in Baryumsuperoxyd nach bekannten Methoden überge- 
führt. — (Bulletin d. I. Societe d’Encouragement 1867. pag. 472.) 

H. Wagner, Ueber Phosphor- und Antiphosphor- 
zündhölzer. — Unter den Rohmaterialien zur Bereitung ist zuerst 
das Holz in Betracht zu ziehen. Am besten eignet sich sehr feines 
weisstannenes Holz, welches besonders in Thüringen und Böhmen zu 
Holzdrähten verarbeitet und versandt wird. Man sucht möglichst 
junges schnell gewachsenes Holz aus, weil sonst die Hobelmaschinen 
zu stark angegriffen und abgenutzt werden. Je besser das Holz ist, 
um so weniger scharf d.h. feuergefährlich braucht die Zündmasse zu 
sein; ausserdem halten Schwefel und Stearin viel besser an den po- 
rösen Hölzern und es ist darum auch ein Abspringen der Zündmasse 


151 


weniger zu fürchten. Auf die Trockenheit des Holzes ist grosse Sorg- 
falt zu verwenden, jedoch liefert künstlich getrocknetes Holz weniger 
gute Zündhölzer als an der Luft getrocknetes. Nachdem die Hölzchen 
entweder mit der Hand oder Maschine in den Rahmen gespannt sind, 
werden sie mit dem Ende, welches geschwefelt oder gefettet werden 
soll, auf einer zur dunkel Kirschroth-Gluth erhitzten Platte so lange 
hin und hergeschoben, bis alle Feuchtigkeit entwichen ist und die 
Enden anfangen braun zu werden. Sodann werden sie sofort in den 
daneben stehenden geschmolzenen Schwefel eingetaucht und der über- 
flüssige Schwefel durch eine kräftige Bewegung abgeschleudert, Waren 
die Hölzchen zu kalt und der Schwefel zu heiss, dann bleibt zu viel 
Schwefel hängen und dann werden beim Anreiben die Phosphorköpf- 
chen leicht abspringen, was oft gefährlich wird. Der anzuwendende 
Schwefel soll Arsenfrei sein. Das Fetten der sogenannten Wiener 
Salonhölzer wird in gleicher Weise ausgeführt, es ist aber auch hier 
darauf zu sehen, dass an den Hölzchen, die in das geschmolzene 
Stearin eingetaucht werden, nicht zu viel hängen bleibt, weshalb es 
sich empfiehlt, die in das Fett eingetauchten Rahmen nochmals über 
die erhitzte Eisenplatte zu ziehen. Die so vorbereiteten Hölzchen 
werden dann in die Phosphormasse getaucht. Die Phosphorzündmasse 
enthält ausser Phosphor noch sauerstoffreiche Metalloxyde, welche 
theils färbend wirken, theils das rasche Abbrennen der Masse be- 
dingen. Die Beimischung von feinem Sand (chemisch abgeschiedene 
Kieselsäure), gestossenes Glas, Bimstein ete. dient theils um die 
Masse consistenter zu machen, theils um die Entzündlichkeit des Phos- 
phors beim Anreiben zu erhöhen. Zum Bindemittel dient Gummi 
arabicum oder Leim. Der anzuwendende Phosphor soll weiss und 
arsenirei sein; der Salpeter chlorfrei. Die Anwendung des chlor- 
sauren Kalis. an Stelle des Salpeters ist aus leicht begreiflichen 
Gründen aufgegeben werden. Als Verdickungsmittel ist der Leim 
dem Gummi arabicum vorsuziehen; denn einmal ist ersteres billiger 
und zweitens liefert letzterer feuergefährlichere Waare. Die Bereitung 
der Zündmasse ist folgendermassen auszuführen. Der 24 Stunden in 
wenig Wasser eingequellte Leim wird in einem kupfernen Kesselchen 
bei 55—60°C flüssig gemacht, (im Wasserbade), und dann in kleinen 
Portionen der Phosphor unter beständigem Rühren mit einer Rühr- 
kelle eingetragen; am besten führt man diese Operation aus, nach- 
dem das Leimgefäss vom Wasserbade entfernt ist, da die Temperatur 
450° nicht übersteigen soll. Sollte sich der an die Oberfläche kom- 
mende Phosphor entzünden, dann wird er durch Ueberwischen mit 
einem in kaltes Wasser getauchten Schwamme ausgelöscht. Sobald 
aller Phosphor eingerührt ist soll die ganze Masse eine weisse Emul- 
sion darstellen, und gleichmässig zähe und fadenziehend erscheinend, 
ohne Knötchen auf der Rührkelle zu zeigen. Für die Darstellung der 
Zündmasse für Wiener Salonhölzer dient folgendes Recept: 2,75 Pf. 
Phosphor; 5,5 Pf. Gummi arab.; 21 Pf. Mennige; 13 Pf, chem. reine 
Salpetersäure von 40°B°; 0,25 Pf. bester Kienruss; 1 Pf. Braunstein; 


152 


2--3 Pf. reiner Salpeter; 0,5 Pf. venetianischer Terpentin und 1 Loth 
Bleiweiss. Die Bereitung erfolgt so, dass man 20 Pf. Mennige mit 
der angegebenen Menge Salpetersäure in Bleisuperoxyd verwandelt, 
nachdem man sie vorher mit Kienruss aufs innigste unter Wasserzu- 
satz verrieben hat. Nachdem dann im Wasserbade auf 60° C erhitzt 
ist, wird das letzte Pfund Mennige zugegeben, erwärmt bis keine Gas- 
entwicklung mehr stattfindet, mit Wasser verdünnt und der Rückstand 
auf einem Spitzbeutel mit heissem Wasser ausgewaschen, und dann 
ausgepresst. Sodann werden 4,5 Pf. Gummi in der entsprechenden 
Menge Wasser von 45° C gelöst, der Phosphor unter Umrühren ein- 
getragen und dann das oben erhaltene Bleisuperoxyd verrührt; sodann 
werden nach und nach die übrigen Ingredienzien unter Rühren ein- 
gebracht und bis zum Kaltwerden gerührt. Die mit dieser Masse 
bereiteten Zündhölzchen werden mit einem Lacküberzug versehen, 
welcher dargestellt ist aus 1!/, Maass Alkohol, 1 Pfd. gebleichten 
Schellack, 3 Pfd. hellsten Colophonium, 6 Loth venetianischen Ter- 
pentin, 2 Loth Campher, 12 Loth Benzoeharz, t/, Loth Lavendelöl 
und '/a Pf. Leinölfirniss. — Trotz aller Vorsichtsmassregeln in den 
Zündholzfabriken lässt sich die nachtheilige Wirkung des Phosphors 
auf die Arbeiter nur schlecht beseitigen, (Lähmung bei Erwachsenen, 
und Verkümmerung im Wachsthum bei Kindern), es ist daher an der 
Zeit, da auch die gew. Streichhölzer oft zu Verbrechen und Unglücks- 
fällen Veranlassung gegeben haben, darauf zu dringen, weniger ge- 
fäbrliche Zündhölzchen in die Praxis des Lebens einzuführen. Der 
sogenannte amorphe Phosphor entspricht völlig dem gewünschten 
Zwecke, wenn man ihn anstatt auf den Hölzchen auf dem Reibzeuge 
befestigt, und die Kuppen der Zündhölzer aus leicht Sauerstoff ab- 
gebenden für die Gesundheit nicht nachtheiligen Substanzen darstellt. 
Für die Darstellung der Antiphosphorsalonhölzchen werden 11 Th. 
ehlorsaures Kali; 1,5 Th. Glaspulver; 1,5 Th. Schwefelkies; 1 Th. 
Braunstein; 2 Th. 2fach chromsaures Kali mit einer Lösung von 
Gummi arabicum und Wasser (im Verhältniss 1:2) in einem eisernen 
Kesselchen mit einer hölzernen Rührkelle zu einem plastischen Brei 
verrieben, die geschwefelten oder gefetteten Hölzchen damit über- 
zogen und nach dem Trocknen mit dem oben beschriebenen Firniss 
überzogen. Zum Reibzeug dient eine mit englischem Roth überzogene 
Fläche, auf welche eine Mischung von 9 Th. amorphen Phosphor, 
7 Th. Schwefelkies, 3 Th. Glasund 1 Th. Leim in ganz dünner Schicht 
aufgetragen ist. — (Polyt. Journ. 186, 62) Swt. 
Geologie. L. Agassiz, über den Ursprung des Löss. 
— Auffallend gross ist die Aehnlichkeit des Löss im Rheinthale mit 
dem im Amazonenthale und den oberflächlichen Gebilden NAmerikas 
und sie wird zur Lösung des Ursprungs derselben beitragen. Vor 
Allem ist daran zu erinnern, dass früher die Gletscher eine ausseror- 
dentliche Ausdehnung gehabt haben, die Alpengletscher den Jura, die 
skandinavischen bis in die Ebene Deutschlands sich erstreckten und 
dass in NAmerika die nördlichen Vereinten Staaten wenigstens mit 


153 


Eis bedeckt waren. Danach hat es mit der chemischen Zusammen- 
setzung und dem bedeutenden Kalkgehalte des Löss, welches auch 
seine gegenwärtige Unterlage sein mag, keine Schwierigkeit. In ganz 
Neuengland bekanntlich meist aus granitischen und glimmerschiefer- 
ähnlichen Felsarten bestehend enthält der Drift und der darauf liegende 
Löss auch Kalktheile in ziemlich grosser Menge. Diese oberfläch- 
lichen Gebilde liegen überall auf geschliffenen Flächen und sind aus 
sämmtlichen Materialien zusammengesetzt, die im ganzen Bereiche 
des zusammenhängenden geschliffenen Bodens anstehend zu finden sind, 
Im Rheinthale wird alles, was aus der Schweiz von den Alpen und 
vom Jura kommen kann, zu finden sein. Keine Thatsache widerspricht, 
dass alle die losen Geröllablagerungen mit geritzten Geschieben und 
alle Sand, Löss und losen Bildungen, die damit im Zusammenhange 
stehen oder darüber liegen, von Gletschern zerrieben worden sind. 
In den nördlichen Vereinsstaaten sind meist die erratischen Blöcke 
auch polirt und geritzt, da dieselben grösstentheils unter dem Eis- 
felde mit der ganzen Masse gewandert sind, in gebirgigen Gegenden 
findet man grosse eckige Blöcke so in der Schweiz, die dem geritzte 
Steine enthaltenden Drift aufliegen, weil dieselben auf dem Eise fort- 
wanderten, während die unterliegenden Massen die Reibung bestanden. 
Wie aber das Eis zu sehmelzen und sich zurückzuziehen anfing, be- 
gann eine Reihe von wenig beachteten und wichtigen Erscheinungen. 
So die Bildung der Flussgebiete, die Ausgrabung ihrer früheren, die 
Ablagerung der See- und Flussterrassen etc., nachdem zuvor die 
Schmelzwasser die von den Gletschern bearbeiteten Materialien in 
mancherlei Weise umgestaltet und die wenig geschichteten Mergel- 
thonablagerungen und feinern Sandablagerungen aus dem Gletscher- 
bach herausgewaschen und über den grössern Anhäufungen wieder 
abgelagert hatten. Die zeitliche Folge wäre mithin: 1. Bildung der 
ausgedehntesten Eisgefilde, ihr südliches Vorrücken im Norden, Ver- 
breitung nördlicher Blöcke über südliche Breiten. 2. Rückschritt der 
Eisfelder des Nordens bis in die Ebene, norddeutsche Gletscher bis 
in die skandinavische Halbinsel und den Ural, gleichzeitige Bildung 
ausgedehnter Gletschergebiete in gebirgigen Gegenden so über Schott- : 
land, Wales, Irland, der Schweiz, Pyrenäen etc., Erstreckung des 
nordamerikanischen Eisfeldes bis zum 42, Breitengrade. 3. Ver- 
schwinden des Eisfeldes aus der Ebene der gemässigten Zone, Bildung 
grosser Seen in den Unebenheiten des Landes, Ablagerung des Löss 
etc. 4. Die nördlichen Eisfelder ziehen sich aus der Ebene NDeutsch- 
lands zurück bis zum Fusse der skandinavischen Alpen und öffnen 
einen Ausweg für die Ausleerung der grossen inneren Landseen. 
5. Beginn der Auswaschungsthäler, der Deundation des Löss und 
der andern ältern Gletscherablagerungen. 6. Anlage unserer Fluss- 
gebiete und Abgränzung der Land- und Seebecken durch Nivellirung 
der losen Geröllablagerungen. 7. Uebergang in den jetzigen Zustand 
der Dinge. — (Neues Jahrb. f. Mineral. 1867. S. 676-677.) 

Al. Fellner, chemische Untersuchung der Tesche- 


154 


nite, — Tschermak schied von diesen Gesteinen die Pikrite als 
eigene Gruppe aus und nur die übrigen Teschenite analysirte Verf,, 
nämlich I feinkörnigen Teschenit von Teschen, II augitführenden, 
III amphibolführenden von Boguschowitz, dann IV die feldspäthigen 
Massen des amphibolführenden Teschenits von Neutitschein, V diesel- 
ben aus II, und VI dieselben aus III. 
I II IE 21V V VI 

Kieselsäure 44,61 47,41 44,65 46,19 53,83 52,18 

Thonerde 19,51 18,65 15,77 27,15 24,58 924,05 

Eisenoxydul 9,28 10,21 11,65 3,04 3,09 4,10 


Kalkerde 9,9 717 13,70 5,32 510 4682 
Magnesia 2,31 506 652 ° — 0,76 0,24 
Kali 0,67 206 0,82 3,61 2,15 2,03 
Natron 3,98 4,90 359 621 6,69 7,42 


Wasser 10,23 5,05 318 9837 427 5,14 
100,53 100,52 99,88 99,89 100,65 99,78 
Den Teschenit von Boguschowitz beschrieb Hochstetter als Anorthit- 
diorit, als ein Gestein, welches Augit und Hornblende zugleich enthält 
und bestimmte die Dichte auf 2,788 und 2,967. Anorthit und Analeim 
begleitet von Augit oder Hornblende bilden die Teschenite. Der 
Zeolith wurde chemisch nachgewiesen. Es scheint noch ein kalifüh- 
render Feldspath aufzutreten. — (Verhandlgen. Geol. Reichsanst,. 1867 
Nr. 15. S. 336—338.) 

O. Schneider, die augitischen Gesteine am Löbauer 
Berge. — Dass die basaltischen Gesteinsmassen aus Augit und Lab- 
rador zusammengesetzt seien, ist neuerdings vielfach angegriffen 
worden, vielmehr sollen Augit und Nephelin die wesentlichen Theile 
des Basaltes sein, weil derselbe in Säuren Kieselgallerte ausscheidet. 
Verf. fand dies nicht bestättigt. Der Löbauer Basalt zeigte nur in 
Salpetersäure, nicht in Salzsäure eine Gallertbildung, der Basalt aus 
den Waditzer Brüchen in beiden Säuren gar keine und doch ist der- 
selbe ausgezeichneter Basalt. Das das Gelatiniren verursachende 
Mineral kann also kein wesentlicher, sondern nur ein zufälliger Be- 
standtheil sein. Auch die frühere Ansicht vermuthete im Basalt neben 
Augit und Labrador noch als accessorisch ein Zeolithisches Mineral 
und Magneteisenerz, liess aber auch die Möglichkeit ächter Basalte 
ohne Zeolithsubstanz zu. Dass die Kieselgallerte nur aus Zeolithen 
hervorgeht, bestättigen die erkennbaren Ausscheidungen in den beiden 
untersuchten Basalten. Der Löbauer Basalt von der Judenkuppe ist 
nämlich reich an sichtbarem Zeolith, der von Waditz aber ausseror- 
dentlich arm, zeigt nur sehr selten dünne zeolithische Häutchen an 
den Wänden der Drusenräume, der Gallertbildende Basalt ist also ein 
zeolithreicher, der nicht gallertierende ein fast zeolithleerer. Wei- 
ter aber hat man nie den Nephelin im Basalt ausgeschieden beobachtet 
und die basaltischen Laven, überaus ähnlich dem ächten Basalt, be- 
stehen nachweisbar aus Augit-und Labrador, sehr wenig Magneteisen, 
enthalten bisweilen eingewachsene grosse Labradorkrystalle, aber das 


155 


Vorkommen des Nephelin ist auf die eigentlichen Nephelinlaven be» 
schränkt und dürfte demgemäss in den ältern Gesteinsmassen wohl 
auch auf den Nephelinfels oder Nephelindolerit beschränkt sein. 
Wichtig ist ferner, dass der Basalt wohl häufig deutliche Uebergänge 
durch den sogenannten basaltischen Dolerit zu gemeinem oder Labra- 
dordolerit zeigt, wo sich aber Uebergänge von Basalt zu Nephelin- 
dolerit finden. Endlich tritt der Labradordolerit bisweilen in Abson- 
derungen auf, die den am Basalt beobachteten völlig gleichen, 
während der Nephelindolerit stets massig abgesondert ist. Nach all 
diesem will der Verf. den Löbauer Basalt als Basalt, nicht für ein 
sehr feinkörniges Gemenge von Augit und Nephelin, also für eine sehr 
feinkörnige Varietät des Nephelindolerits halten. Grössere Berechti- 
gung dürfte die Annahme haben, dass der Löbauer Basalt nicht zu 
den gewöhnlichen Basalten zu zählen sei, sondern vielmehr ein inniges 
Gemenge von Augit und Nephelin. Das ist von mehreren Forschern 
angenommen worden , so auch von Glocker und Cotta, Aber der sehr 
feinkörnige Nephelindolerit des Löbauer Berges unterscheidet sich 
wesentlich von dem dasigen Basalte. Das Pulver des erstern wird 
unvollkommen aber schnell in Salzsäure gelöst und scheidet eine steife 
Kieselgallerte aus, ebenso in Salpetersäure, das Pulver des letztern 
dagegen wird in beiden Säuren viel langsamer und unvollkommen 
gelöst und giebt nur in Salpetersäure Kieselgallerte. Auch die Atmos- 
phärilien äussern auf beide eine verschiedene Einwirkung. Die Ober- 
fläche der angegriffenen Basaltmassen ist stets glatt, die Verwitterungs- 
flächen des feinkörnigen Nephelindolerits dagegen zeigen sich stets 
uneben und rauh, weil der Nephelin viel schneller als der Augit an- 
gegriffen wird. Auch scheint bei den sehr feinkörnigen Nephelindo- 
leritvarietäten die Verwitterungsrinde im Allgemeinen stärker zu sein 
als beim Löbauer Basalt. Ferner ist jener stets grünlich schwarz, 
oder graubraun, meist matt, selten wenig schimmernd, der Dolerit 
dagegen hat mehr minder starken Fettglanz von Nephelin herrührend, 
auch nie eine eckigkörnige Absonderung oder eine plattenförmige in 
grosser Felsmasse, wie sie dem Basalt meist eigen ist. Auch die 
accessorischen Gemengtheile sind verschieden. Hier erklärt Verf. zu- 
nächst, dass die grünlichweissen Partien im Basalt keineswegs Ne- 
phelin, sondern Olivin sind, der auch in grossen und kleinen Körnern 
eingesprengt erscheint. In beiden Gesteinen kommen vor Natrolith, 
Phillipsit, Sanidin, Rubellan und Magneteisen, allein im Nephelin- 
diorit, Apatit, Stilbit, Melilith und Trappeisenerz, im Basalt blos 
Hyalith, Aragonit, Speckstein und Olivin. Wie letzterer für den Ba- 
salt, so ist auch der Apatit für den Nephelindolerit ganz besonders 
charakteristisch und in jedem Handstücke nachweisbar. Das Vorkom- 
men zweier ganz verschiedener Mineralien unterstützt wesentlich die 
Trennung beider Felsarten. Ferner finden sich wohl Uebergänge von 
feinkörnigem zum grobkörnigem Nephelindolerit aber nie von diesem 
zum Basalt. Wo beide Felsarten zusammen vorkommen, sind es deut- 
liche Contakstücke mit scharfer Abgränzung. Im plattenförmigen 


156 


Basalt an der Judenkuppe sind Partieen von Nephelindolerit einge- 
schlossen, längliche mit unebener Oberfläche , stets nur wenige Zoll 
dick, leicht herausschlagbar. Ihre Grundmasse ist derber bläulich- 
grauer Nephelin meist mit Sanidin gemengt, eingebettet zahlreiche 
röthlichgelbe Nephelinkrystalle und Augit, accessorisch noch Rubellan, 
Zeolith, Sanidin, viel Magneteisenerz und Apatitkrystalle. Auffällig 
ist jedoch die Thatsache, dass neben einem Felsen viele Basaltblöcke 
liegen und anstehende Basaltfelsen umgeben allseitig von Nephelin- 
dolerit. Dieselben bestehen aus dunkelbraungrauem Olivenreichen 
Basalt mit körniger Absonderung und vielen Blasenräumen, welche 
aufgewachsene Nephelin- und Apatitkrystalle sowie Rubellanblättchen 
enthalten. Letztere sind völlig identisch mit den in den Drusenräu- 
men des nächst anstehenden Nephelindolerit. Aber es beschränkt sich 
deren Vorkommen lediglich auf die Blasenräume und mag ihre Bil- 
dung die durch das Aufsteigen des nahen Nephelindolerites veranlasst 
worden seien. Der Löbauer Basalt ist von dem Nephelindolerit durch 
scharfe Gränzen geschieden, weicht ab inFarbe, Glanz, Absonderung, 
accessorischen Gemengtheilen, ist dagegen in jeder Hinsicht völlig 
den andern Basalten der Lausitz gleich, — (Abhandlgen der Görlitzer 
Naturforsch. Gesellsch. XI1l. 24 - 30.) 

Oryktognosie. V.v. Zepharovich, Ankeritkrystalle 
am Erzberge bei Vordernberg in Steiermark. — Dieselben 
sind begleitet von wasserhellen Quarz-, Aragonit- und Calcitkrystallen 
in den Hohlräumen eines verwitterten Spatheisensteines. Meist sind 
es Rhomboeder und deren Zwillinge, undurchsichtig, sehr selten was- 
serhell, meist weiss, gelblich, röthlich oder braun. Die wasserhellen 
Bergkrystalle sind mit den Ankeritrhomboedern gleichzeitiger Ent- 
stehung. Der metallartige Reflex vieler gelber Ankeritkrystalle steht 
im Zusammenhange mit vielen braunen aufgestreuten Pünktchen, die 
vielleicht von zersetztem Schwefelkies herrühren. Der Kantenwinkel 
des Rhomboeders beträgt 10607‘ als Mittelwerth zwischen 105°4° und 
1070 35‘. Die Analyse ergab 42,08 Kohlensäure, 23,40 Eisenoxydul, 
1,69 Manganoxydul, 24,41 Kalkerde, 6,08 Magnesia, 2,29 Eisenoxyd, 
was annähernd der Formel 5Ca0.CO, + 5FeO.CO, + 2Mg0.CO, 
entspricht. — (Verhandl. Geol. Reichsanst. 1867. Nr. 15. S. 331.) 

K. v. Hauer, die Feldspäthe in den ungarischsieben- 
bürgischen Eruptivgesteinen (Fortsetzung zu Bd. 30. S. 235.) 
— Der Diorit bei Offenbanya ist der an Kieselsäure ärmste und 
bildet einen Uebergang zu den Grünsteintrachyten, denen er auch im 
äussern Habitus gleicht, unterscheidet sich aber durch Quarzkörner 
davon. Die Grundmasse enthält viel ausgeschiedenen Feldspath, aber 
sehr wenig Hornblende und gar keinen Glimmer. Seine Bauschana- 
lyse ergab 


ar b. a. b. 
Kieselsäure 59,41 60,61 Magnesia 0,37 1,20 
Thonerde 20,90 18,14 Kali 2,44 4,39 
Eisenoxydull 7,15 6,78 Natron 4,40 0,51 


Kalk 5,37 6,28 Glühverlust1,51 2,20 


157 


und der darin befindliche Feldspath besteht aus 


Kieselsäure 53,65 Kali 1,83 
Thonerde 28,41 Natron 4,07 
Kalk 11,14 Glühverlust 1,73 
Magnesia 0,16 100,99 


nähert sich also sehr dem Labrador und enthält ebenfalls weniger 
Kieselsäure als sonst. Der Dacit von Kuretzd bei Rodna in Sieben- 
bürgen ist grünsteinartig, führt einige Quarzkörner, viel Hornblende 
und Glimmer, weissen Feldspath und kleine Eisenkieskörnchen. Seine 
Analyse 


Kieselsäure 59,70 Kali N 8.60 
$) 
Thonerde 17,69 Natron 
Eisenoxydul 6,30 Eisenkies 0,28 
Kalk 5,20 Glühverlust1,67 
Magnesia 0,56 100,00 
und die des darin ausgeschiedenen Feldspathes 

Kieselsäure 54,63 Kali 0,65 
Thonerde 26,33 Natron 8,62 
Kalk 1,19 Glühverlust 0,45 
Magnesia 0,36 Y8,83 


Der Feldspath aus dem Rhyolithe im Hinikerthale in Ungarn ist 
glasig glänzend und besteht aus 


Kieselsäure 66,57 Kali 11,30 
Thonerde 18,84 Natron 2,37 
Kalk 6,06 Glühverlust 0,57 
Magnesia 0,12 "29,83 


wonach er unzweifelhaft Sanidin ist. — (Ebda Nr. 16 S. 352—354.) 
v.Kobell, derGlaukodot von Hakansböin Schweden. 

— Derselbe unterscheidet sich von dem Breithauptschen Glaukodot 
dadurch, dass die Spaltbarkeit nach der basischen Fläche bei diesem 
besonders deutlich, bei jenem wenig deutlich ist. Die Krystallform 
ist die des Arsenopyrits und konnte Verf. ein neues Doma 2P oo be- 
obachten. Die Analyse bestättigte wesentlich die Lüdwigsche (siehe 
Bd. 30. S. 525), sie ergab nämlich 19,85 Schwefel, 44,30 Arsenik, 
19,07 Eisen, 15,00 Kobalt, 0,80 Nickel und 0,98 Kieselerde, worin also 
nur der geringe Nickelgehalt einen Unterschied bildet. Dasselbe fehlt 
in andern kobaltführenden Arsenikkiesen und nur im Smalt vertritt 
es den Kobalt. Vor dem Löthrohre auf Kohle entwickelt der Glau- 
kodot anfangs starken Arsenikrauch, schmilzt erst nach längerem Er- 
hitzen zu einer stahlgrauen magnetischen Perle, die mit Borax ein 
 grünlichgraues, später im Reduktionsfeuer ein schön kobaltblaues Glas 
giebt, Der Glaukodot ist ein guter elektrischer Leiter und überläuft 
mit der Zinkkuppe in Kupfervitriol getaucht sogleich mit glänzendem 
metallischen Kupfer. Mit Salpetersäure giebt er unter Ausscheidung 
von Schwefel eine schön rothe Lösung. Spec. Gew. 5,96. In der 
Deutung stimmt Verf. mit Tschermak (XXX. 525) überein. — (Mün- 

chener Sitzungsberichte 1867, 11. 276—278.) 


158 


P. Waage, die Krystallform des Gadolinit. — Die An- 
sichten über dieselbe gehen so weit auseinander, dass noch nicht ein- 
mal über das rhombische und klinorhombische System entschieden 
ist. Levy erweist ihn zu letzterem, Nordenskiöld und Brooke in er- 
steres. Das hat seinen Grund in den bedeutenden chemischen und 
krystallographischen Abänderungen des Gadolinit und zugleich darin, 
dass das Reflexionsgoniometer noch nicht benutzt worden ist. Verf. 
erhielt von Hiterö einen schönen zu scharfen Messungen geeigneten 
Krystall und diese verweisen das Mineral entschieden ins klinorhom- 
bische System. Die Zahlen selbst theilen wir nicht mit. Sie ergeben 
zugleich eine so grosse Uebereinstimmung mit dem Epidot, dass man 
beide fast für isomorph halten könnte. Es betragen nämlich 


Epidot Gadolinit 


Inklination 89027 890 24° 

ee) 64046° 65° 16° 

oP:+ Po 15403‘ 154030‘ 

oP:— Pa 154016‘ 1540 44° 

@PBeR2 Es 7902° 799 25‘ 

5Po%) : Cs Po) 1150 32° 1160 0° 

(Neues Jahrb. f. Mineral. 1867. S. 696— 699.) 

G. Klemm, Zinnober im nördlichen Spanien — In 


Asturien und Oviedo herrscht die Steinkohlenformation mit sehr ver- 
breitetem Conglomerat aus Sandstein und Schieferthon mit thonigem 
Bindemittel. Dasselbe enthält viele Spalten mit Hohlräumen, und in 
diesen findet sich Zinnober, Eisenkies, Arsenikkies, Realgar, Der Zin- 
nober füllt verschiedene Spalten und Höhlungen aus, bildet häufig 
selbst einen Bestandtheil des Conglomerates, da er in zahllosen kleinen 
Nestern und Körnern eingesprengt vorkömmt. Die Kiese und Realgar 
sind seltener, meist in Krystallen auf Klüften. Die Erze gelangten 
erst nach Bildung des Conglomerats an ihre Stelle. Das Vorkommen 
des Zinnobers ist stellenweise abbauwürdig, bisweilen 1 Meter mäch- 
tig. — (Berg-Hüttenmännische Zeitg. XXVI. 13—15.) 
Palaeontelogie. J. Capellini und O.Heer, dieKrei- 
depflanzen in Nebraska. — An den Blackbird Hills am rechten 
Ufer des Mississippi tritt ein molassenähnliches Gestein auf, dessen 
Verhältnisse C. näher beschreibt. Die von Heer bestimmten Pflanzen 
sind Populus litigosa, P. Debeyana, Salix nervillosa, Beiulites den- 
ticulata, Ficus primordialis, Platanus Newberryanus, Proteoides gre- 
villeaeformis, Pr. daphnogenoides, Pr. acuta, Aristolochites dentata, 
Andromeda Parlatorii, Diospyros primaeva, Cissitesinsignis, Magnolia 
alternans, M. Capellinii, Liriodendron Meeki, Phyllites Vanonae, alle 
sind neu, keine mit der europäischen Kreide gemeinsam, 7 Gattungen 
sind miocän und noch lebend und zwar amerikanischen Charakters 
während die europäische Kreideflora indoaustralischen Charakter zeigt. 
— (Denkschriften der schweizer. Gesellsch-. XXIl, 1—22. 4 Tff.) 
O.Heer, fossile Hymenopteren vonOeningen undRa- 


159 


doboj. — Seit des Verf.’s grosser Insektenarbeit ist viel neues Ma- 
terial gewonnen, das Berichtigungen und Nachträge nothwendig macht. 
Es werden hier folgende Arten beschrieben oder nur beleuchtet: Apis 
adamitica, Bombus Jurinei, B. atavus, B. grandaevus H, Anihophorites 
longaeva, A, thoracica, Vespa crabroniformis, Formica procera H, 
F. lignitum, F. gracilis, F. fragilis, F. indurata, F. heraclea, F. pin- 
guicula, F. Freieri, F. Lavateri, F. ophthalmica, F. macrocephala» 
F. Ungeri, F. Redtenbacheri, F. oblita, F. globularis, F. longaeva, 
F. capito, F. Kollari, F. ocultata, F. minutula, F. pumila, F. primitiva, 
F. demersa, F. obvoluta, F. acuminata, F. pulchella, F. oculata, F. 
aemula, F. atavina, F. obliterata, Poneropsis fuliginosa, P. affinis, P. 
elongata, P. Escheri, P. nitida, P. lugubris, P. anthracina, P. elonga- 
tula, P. tenuis, P, pallida, P. Imhoffi, P. Schmidtii, P. livida, P. mo- 
rio, P. brunascens, P. stygia, Imhoffia pailida, Attopsis anthracina, 
A. nigra, A. longipes, Myrmica tertiaria, M. obsoleta, M. bicolor, M. 
venusta, M. concinna, M. pusilla, Sphex gigantea, Ichneumonites bel- 
lus, I. fusiformis, Pimpla antiqua, Bracon pallidus, Urocerites spec- 
tabilis. — (Ebda 42. S. S. 3 Tff.) 

E. Weiss, neue Anthracosia in derSaarbrückerKoh- 
enformation. — Häufig treten hier die angeblichen Unionen erst 
n den Leaiaschichten auf, namentlich Anthracosia Goldfussana und 
diese auf 4 Meilen Erstreckung bekannten Schichten bilden die Basis 
der obern Saarbrücker Kohlenformation, der sogenannten Ottweiler 
Schichten, die sich schon dem Kohlenführenden Rothliegenden nähern, 
wie denn auch eine Anthracosia im Rothliegenden fortsetzt. Aus der 
tiefern Region lag seither nur sehr wenig Animalisches vor, zu dem 
nun eine neue Anthracosia kömmt, Geinitz beschreibt dieselbe als A. 
Weissana zunächst verwandt mit A. subparallela und wir glauben 
dieselbe auch aus dem Wettiner Kohlengebirge gesehen zu haben, doch 
könnte die wenig auffällige Form die Erinnerung leicht täuschen. Die 
Lagerstätte führt zahlreiche gemeine Pflanzenreste, — (Neues Jahrb. 
f. Mineral. 1867. S. 681—684.) 

L. H. Scudder, die ersten fossilen Neuropterenin 
N Amerika. — Dieselben wurden 1864 in Thoneisensteinen der Koh- 
lenformation bei Morris, Illinois mit Pflanzen und Amphipoden entdeckt 
und von Dana in Sillim. Amerie. Journ. XXX VII. 34 als Miamia Bronsoni 
und Hemeristia occidentalis aufgeführt. Verf. untersuchte dieselben 
von Neuem und vergleicht sie hier eingehend mit den lebenden Fa- 
milien. Für Miamia stellt er die neue Familie der Palaecopterina und 
für Hemeristia die Familie der Hemeristina auf. Beide werden aufeiner 
Tafel abgebildet. — (Journ. Boston Society nat. hist. 1866. 1—20. tb.) 

G. Lindström, Fossilreste von Spitzbergen. — Blom- 
strand und Nordenskiöld sammelten 1861 bis 1864 auf Spitzbergen und 
besonders am Cap Thorosen und bei Sauriehuk am Isfjord alpine 
Triasarten. Dies sind nach Lindström folgende Arten: Nautilus Nor- 
denskiöldi, N. trochleaformis, Ceratites Malmgreeni, C. Blomstrandi, 
C. laqueatus, Ammonites Gaytani Klipst, Posidonia, Halobia Lommeli 


160 


Wissm, H. Zitteli, Monotis filigera, Pecten, Lingula, Enerinus. Hie- 
nach werden die Schichten mit denen von Hallstadt parallelisirt, wo- 
gegen von Mojsisovics bemerkt, dass über die Lagerungsverhältnisse 
der Halobienschiefer zu den Cephalopodenkalken keine Auskunft ge- 
geben sei, daher diese Parallelisirung noch nicht als erwiesen ange- 
nommen werden könne. Immerhin ist diese Entdeckung von Triasi- 
schen Gebilden im höchsten Norden neben der neuern im Himalaya 
(vergl. Bd. 30 S. 551) von höchstem Interesse. — (Kgl. Svenska Vet. 
Akad. handl. VI. — Verhdl. Geol. Reichsanst. 1867. Nr. 15. S. 343) 

U. Schloenbach, paläontologische Mittheilungen. 
— 1. Ein Belemnit aus der alpinen Kreide von Grumbach bei Wiene- 
risch Neustadt. In den Inoceramenschichten der dasigen Gosaufor- 
mation glaubt Verf. einen Bel. Hoeferi n. sp. erkannt zu haben, der 
Jedoch dem Bel. mucronatus so sehr nah steht, dass Verf. selbst bei 
reicherem Material die Unterschiede möglicher Weise als specifisch 
nicht aufrecht zu erhalten vermag. — 2. Aspidocaris liasica n. sp. aus 
dem mittlen Lias, dem Eisensteine der Zone des Ammonites Jamesoni 
bei Rolldorf am Kley im Hannöverschen, Abdruck eines Schalenstückes, 
denen aus der Trias von Aussee auffallend ähnlich. — (Jahrb. Geolog. 
Reichsanst. XVII. 580--594. Tf. 16.) 

Botanik. E. v. Lindemann, Florula elisabethgra- 
densis. — Die Stadt Elisabethgrad liegt im Gouvt. Chersow, dessen 
W. und STheile wiederholt untersucht worden sind, während der 
NW unter dem 49° Br. weniger beachtet wurde. Die Flora giebt für 
ganz Cherson nur 464 Arten an, während Verf. 860 Arten aufzählt. 
Er hat zugleich der Blühtezeit besondere Aufmerksamkeit geschenkt. 
Das Terrain ist eine hügelige sehr wasserarme Steppe mit einigen 
Laubwäldern; der Boden ist Schwarzerde mit lehmiger Unterlage, 
am Dnepr und Jugul felsig und sandig, das Klima sehr unbeständig, 
die Sommer sekr heiss und trocken oder kühl mit Regenschauern, 
Abende und Nächte fast immer kalt, der Wind sehr wechselnd. Die 
Pflanzenformen erscheinen sehr üppig, Wald- und Steppenpflanzen 
herrschen vor, Sumpfpflanzen nur 9, Wasserpflanzen 1 Procent. Nach 
Aufführung der benutzten Literatur zählt Verf. die Arten in systema- 
tischer Reihenfolge auf, fügt die russischen Namen bei und giebt ein- 
zelne Bemerkungen. — (Bullet. nat. Moscou 1867. H. 448—544.) 

Rabenhorst, Peziza geaster n. sp. — Bei Neustadt un- 
weit Coburg und in Nadelwäldern um Arnstadt gesammelt. Gehört 
zur Abtheilung Aleuria und Gruppe der Cupulares subsessiles regu- 
lares wächst einzeln, meist aber gesellig. Anfangs geschlossen ähnelt 
sie dem Hühnerei in Grösse und Gestalt, ist schmutzigweiss in gelb- 
lich, öffnet sich aber sehr bald, indem sie vom Scheitel herab in 4—8 
spitze. Lappen zerreisst. Kein Stiel, nur eine Warze an der Basis. 
Die Cupula hat 3—5‘‘ Durchmesser ist tief napfförmig mit ausgebrei- 
tetem gelappten Rande, die Lappen selbst wieder getheilt. Ihre Sub- 
stanz ist knorpelig brüchig gebildet aus einem derben schwammigen 
Gewebe mit aussen elliptischförmigen, innen kugeligen Zellen. Das 


161 


Hymenium samenartig karminblau mit bräunlichem Schimmer, aus 
achtporigen Schläuchen mit zahlreichen langen Paraphysen gebildet. 
Die Schläuche linealisch, an den mit Sporen gebildeten Enden keulig; 
die Paraphysen fadenförmig, ungegliedert, an der Spitze oft ästig 
getheilt. Die Sporen einreihig geordnet, länglich mit breit gerun- 
deten Pollen, hyalin und mit zwei polaren leuchtenden Kernen. Ihr 
zunächst steht Peziza macrocalyx Rbh. — (Dresdener Isis 1867. S. 22. 
Tf. 1.) 

Willkomm, über Chlorophyll, Stärkemehl und fette 
Oele. — Die Beziehungen derselben zu einander und ihre physio- 
gische Bedeutung für die Pflanze sind erst in neuester Zeit erkannt 
worden. Die allgemeine Verbreitung des Chlorophylis liess schon die 
wichtige Rolle desselben für das Leben der Pflanzen vermuthen und 
der Umstand, dass die von organischen Stoffen sich ernährenden 
Schmarotzer niemals grüne Farbe, überhaupt keine wirklichen Blätter 
haben, wies darauf, dass das Chlorophyli in Beziehung zum Austausch 
der Gase stehe. Man überzeugte sich ferner, dass es sehr abhängig 
vom Einfluss des Lichtes ist, dass es ausser dem grünen Pigment 
häufig noch Wachs und Stärke enthält. Die Ansichten über seine 
Entwicklung aber gingen auseinander. Kützing betrachtete es als Zer- 
setzungprodukt des Proteins in Folge der Einwirkung des Lichtes, 
Mulder als ein Umwandlungsprodukt des Stärkemehls, Andere lassen 
es aus Stärke- und Wachskügelchen bestehen, auf denen sich der 
grüne Farbstoff niederschlägt. Dagegen haben die neuesten Unter- 
suchungen ergeben, dass die Chlorophylikörner verschiedene chemische 
Constitution haben, im Allgemeinen nur Gemenge von den Proteinstof- 
fen und grünem Pigment sind. Nach Fremy schwankt der Stickstoff- 
gehalt zwischen 0,037 und 9,0, der Kohlenstoffgehalt. zwischen 60—61 
Proc., der Sauerstoffgehalt zwischen 32—33 Proc. und der Wasserstoff 
beträgt constant 6,5 Proc. Das grüne Pigment besteht ferner aus 
Farbstoffen, einem blauen, dem Phyllocyanin das sehr leicht zersetz- 
bar, und einem gelben, dem Phylloxanthin, das stabil ist. Letztrer 
ist zuerst da und der blaue entsteht durch Einwirkung des Lichtes. 
Man findet in den Zellen erst gelbe Körner, die im Lichte grün wer- 
den. Wenn im Herbste die Blätter ihre Funktion einstellen, verlieren 
die Chlorophylikörner ihre grüne Farbe und degeneriren, die zurück- 
bleibenden gelben Körner hält man für Phylloxanthin. Die rothe Fär- 
bung beruht nicht auf einer Zersetzung der Chlorophylikörner in ver- 
schiedene Farbstoffe, sondern auf einer rothen Färbung des wässe- 
rigen Zellstoffs. Auch bei mangelndem Nährstoff werden die Blätter 
bekanntlich gelb, ebenso in Folge des Frostes. Das Chlorophyll wird 
aus dem Protoplasma gebildet, das ein Gemenge von Proteinstoffen 
ist, zunächst färbt sich dasselbe gelb, dann hellgrün, später trennt 
sich die grüne Masse in polygonale Körner, diese sondern sich ab 
und runden sich, v. Mohl wies nach, dass in den Chlorophyllikörnern 
Stärke entsteht. Sobald nach Sachs u. A. in den Zellen der Blätter 


das Chlorophyll sich in Körnerform ausgesondert hat, beginnt unter 
Bd. XXXI, 1868. 11 


162 


der Einwirkung des Lichtes und vielleicht auch der Wärme die Ent- 
wicklung von Stärke, die sich durch Jod leicht nachweisen lässt. 
Das dauert bis zum Herbste, doch findet in der Nacht keine Stärke- 
bildung Statt, die am Tage gebildete wird aufgelöst, tritt aus der 
Zelle heraug, gebt abwärts und wird dann in fester Form niederge- 
legt, bei Bäumen in der innern Schicht der Rinde, den Markstrahlen 
der Rinde und des Holzes und im Mark selbst. Mit dem Vorrücken 
der Vegetation mehrt sich das Stärkemehl, daher finden wir in allen 
perennirenden Gewächsen während des Winters Stärke in sehr fester 
Form aufgespeichert, welche Reservestoff für die im nächsten Früh- 
jahr eintretende Entwicklung ist. Die Stärke vermag sich nur unter 
dem Einfluss des Lichtes und der Wärme zu bilden, Lässt man einen 
stärkemehlhaltigen Samen im Finstern keimen und erhält die Pflanze 
in absoluter Finsterniss: so wächst sie zwar aber bleibt bleich, ihre 
Organe bleiben klein, das Mikroskop findet in ihren Zellen kleine 
Körner ohne Spur von Stärke. Nun dem Lichte ausgesetzt wird die 
Pflanze grün und alsbald beginnt in ihren Zellen auch die Stärkebil- 
dung. Frisch vegetirende Pflanzen ins Finstere versetzt werden bleich, 
verzehren ihren ganzen Stärkeinhalt und gehen dann ein, vorher wie- 
der der intensiven Beleuchtung ausgesetzt beginnt die Stärkebildung 
von Neuem. Öhne Chlorophyll vermag keine Pflanze zu assimiliren. 
Alle Pflanzensubstanzen sind bekanntlich sehr kohlenstoffreich und 
arm an Sauerstoff, danach muss das Chlorophyll die Verwandschaft 
zwischen Kohlenstoff und Sauerstoff überwinden, indem es die Koh- 
lensäure der Luft uud das Wasser des Bodens in seine Elemente zer- 
legt. Das beweist die grosse Menge von Sauerstoff, welche am Tage 
durch die grünen Blätter und grünen Pflanzentheile überhaupt aus- 
geschieden wird, denn die Pflanze braucht zur Bildung ihrer Sub- 
stapzen nur wenig Sauerstoff, den überflüssigen auszuscheiden ist 
Aufgabe des Chlorophylis. Je intensiver und länger die Beleuchtung 
ist, desto mehr Chlorophylikörner werden gebildet, desto grüner sind 
sie, desto mehr Stärke entsteht in ihnen. Darum ist in den Tropen 
das Grün dunkler und kräftiger. — Die fetten Oele stehen gleichfalls 
mit der Stärke in innigster Beziehung, treten bei vielen Pflanzen unter 
ganz gleichen Verhältnissen auf wie das Stärkemehl und können aus 
diesem entstehen. Sachs hat bei der Keimung ölhaltiger Samen Stärke 
aus fettem Oel entstehen sehen: die Oeltropfen verschwinden allmählig; 
und in demselben Maasse tritt auch Stärke auf, Später kommen Pe- 
rioden mit umgekehrtem Process vor. Bei einer Krankheit der Fichten 
beobachtete Verf. denselben Process. Ein Schmarotzerpilz verursacht 
Flecken an den jungen Nadeln, diese erreichen ihre bestimmte Grösse, 
aber die Fruktifikation des Pilzes findet erst im nächsten Mai statt, 
dann wird die Nadel trocken und fällt ab. Der Pilz dringt in das 
Innere der Nadel ein zu einer Zeit, wo die Sonderung des grünen 
Protoplasma in Chlorophyllkörner noch nicht begonnen hat. Sobald 
der Pilz in die Intercellularräume des Nadelparenchyms eingedrungen 
“ist, beginnt in den Zellen, an welche seine Myceliumschläuche sich 


163 


anlegen, das grüne Protoplasma in Körner sich zu sondern. Bald 
darauf tritt Stärkebildung ein, viel zeitiger als in andern Zellen und 
auf Kosten dieser ernährt sich nun der Pilz und in den Pilzschläu- 
chen zeigt sich nun fettes Oel, das in dem Grade zunimmt als die 
Chlorophylikörner ihre Stärke verlieren. Uebrigens enthalten die 
meisten Pilze fette Oele. — (Ebda S. 9—13.) 

H. Christ, die Verbreitung der Pflanzen der alpi- 
nen Region der europäischen Alpenkette. — Wir stellen aus 
dieser gehaltvollen Abhandlung die allgemeinen Ergebnisse voran. 
1. Die alpine Flora der europäischeyg Alpenkette zählt 695 Arten in 
210 Gattungen. Davon kommen im N. der alten und neuen Welt 271 
Arten vor, in NAsien 184; in den Gebirgen des gemässigten Asiens 
182, in NW (Amerika) 30, in NEuropa allein 16, alpinen Ursprungs 
erscheinen 41, welche allein in den der Alpenkette nächsten nordischen 
Gebieten vorkommen. Es bleiben also ächt nordische Arten 230, der 
dritte Theil der Gesammtzahl, in 136 Gattungen; 34 Gattungen finden 
sich nur im N. und den Alpen. Diese nordische Gebirgsflora zeichnet 
sich aus durch höchste Expansivkraft, indem sie von ihren Centren 
in den Gebirgen Asiens und Amerikas die ganze circumpolare ark- 
tische Region und alle Gebirge der wärmeren Zone bis in den antark- 
tischen Zirkel colonosirt hat und ferner die Hälfte der in den Alpen 
gemeinsten Arten bildet, auch die Hälfte der in die höchste Alpen- 
region steigenden Arten umfasst und in den südlichen Ketten (Pyre- 
näen) nicht wie in den Alpen !/; sondern die Hälfte der aus den Al- 
pen eingewanderten Arten bildet. Die nordischen Arten sind vor- 
wiegend nassen Standorten angehörig. Ausschliesslich alpin sind 422 
Arten, zu denen jene 41 zwar nordischen aber in den Alpen domini- 
renden Arten kommen, total: 463 oder ?/; der Gesammtzahl. 20 Ge- 
nera sind rein nur alpin. Die rein alpinen Arten sind von einer be- 
schränkieren Verbreitung als die nordischen, sie erstrecken sich von 
der alpinen Hauptachse (Karpathen, Alpen, Pyrenäen) aus nur bis 
zu den deutschen Gebirgen nördlich, den mittelmeerischen Halbinseln 
südlich, dem Kaukasus östlich. Nur 70 Arten gehen weiter bis Skan- 
dinavien, Britanien, Island, Grönland, Labrador, Ural, Transkaukasien, 
Kleinasien. Die alpinen Arten gehören zu /s trockenen Standorten 
an. Verglichen mit der nordalpinen und mit der mitteleuropäischen 
nordasiatischen Ebenenflora zeigt sich nur in den Species nicht aber 
in den Gattungen und Familien eine Eigenartigkeit der alpinen Flora. 
Diese systematische Verwandtschaft berechtigt zu der Annahme glei- 
chen Ursprungs im temperirten Asien, wo sich erst später eine Ge- 
birgsflora und eine Ebenenflora ausbildete, von denen erste durch die 
Wasser der Diluvial- und Gletscherepoche transportirt sich über die 
Gebirge und die letzte später über die Ebenen Europas verbreitete, 
während in den Alpen sich durch Umbildung und Neubildung die 
vielen eigenthümlichen Arten gestalten und durch fortdauernde gla- 
ciale Bewegungen über die umliegenden Gebirge ausbreiteten. — 
I. Die Untersuchung der Hookerschen Theorie von der Heimat der 


“ 11 * 


164 


arktischen Flora in Skandinavien führte zu der Behauptung: diese 
Flora ist entschieden nicht skandinavisch. Hooker kam zu seiner ent- 
gegengesetzten Ansicht dadurch, dass er indistincte alle im arktischen 
Zirkel gefundenen, auch die in Norwegen eingewanderten Übiquisten 
und mitteleuropäischen Ackerpflanzen in seine Liste aufnahm und 
diese als Verzeichniss arktischer Arten behandelte, dass er von dem 
Axiom ausging, die Heimat der arktischen Flora liege im arktischen 
Gürtel. Er übersah, dass der Schwerpunkt der wirklich arktischal- 
pinen Flora in den Gebirgen des gemässigten Asiens mit 242 Arten 
liegt, dass ein geringer Theil (45 Arten) dem gemässigten Amerika 
angehört, dass noch weniger nordeuropäisch sind, während nur 12 
Arten rein arktisch sind und höchstens 46 sich vorwiegend im arkti- 
schen Gürtel verbreitet haben. Der Name einer arktischen Flora ist 
geographisch ein ungenügender und irre führender, denn die Vegeta- 
tion der arktischen Gebiete ist ein Zweig der Gebirgsflora NAsiens, 
Auch modificirt Verf.s Betrachtung die Verhältnisse Labradors theil- 
weise die Annahme Hookers, dass der Einfluss des Ostens (Skandi- 
naviens) nach Amerika hin sich schon mit Grönland abschliesse und 
weist einen nicht unbeträchtlichen Einfluss über die Baffinsbai hinaus 
nach dem Kontinente OAmerikas nach. — 3. Aus der Betrachtung der 
einzelnen Gebiete aber ergeben sich nun folgende Daten: Jura 
199 Arten colonisirt von den Walliser Alpen, dem Norden und dem 
mediterranen WAlpen. — Vogesen 74 Arten kolonisirt von den Alpen, 
Pyrenäen und dem Norden. — Schwarzwald 81 Arten von den mitt- 
len Schweizeralpen mit nordischen Spuren. — Sudeten 166 Arten ko- 
lonisirt von den Ostalpen und dem Norden. — Deutsche Ebene 62 
kolonisirt von den Sudeten, Karpathen, Norden, Östalpen. — Cen- 
trales Frankreich 142 Arten von den Pyrenäen, Westalpen, Norden. 
Spanien 126 von den Pyrenäen und Alpen. — Corsika 43 von den 
Westalpen mit ostalpinen Spuren. — Apenninen 231 von den West- 
und Ostalpen. — Rumelischgriechische Ketten 138 von den West- und 
Ostalpen. — Kleinasien 86 von NAsien und den Alpen. — Kaukasus 
128 von NAsien und den Alpen. — Transkaukasien 104 vom Kauka- 
sus, Alpen und westlichen Norden. — Skandinavien 192 von NAsien, 
Amerika, 'NEuropa und Alpen. — Ural 154 von NAsien, NEuropa, 
Alpen. — Britannien 126 vom Norden, Pyrenäen, Alpen. — Island 85 
von Skandinavien mit alpinen Spuren. — Grönland 111 von ebenda. 
— Labrador 59 in NAmerika, NAsien, Skandinavien und alpine Spu- 
ren. — O und WAmerika 125 von NAsien und eigenen Arten. — 
Gemässigtes Asien 182 Hauptheerd der nordischalpinen Flora. — Ark- 
tisches Asien 94 vom gemässigten Asien. — Himalaya 43 von dem 
gemässigten Asien. — Tropen und antarktisches Gebiet 12 Arten ko- 
lonosirt vom Norden. — Allgemeines. Die 693 alpinen Arten son- 
dern sich in zwei Hauptgruppen, in die der mitteleuropäischen Ge- 
birgsmassen und deren Ausläufer und in die nordischen (Skandinavien, 
NAsien, NAmerika). Nordische Arten sind 271, also ?2/,., Von den 
einzelnen Bezirken des Nordens bieten Labrador 89, Island 85, das 


165 


arktische Sibirien 94, Grönland 111, Britanien 126, WAmerika 122, 
OAmerika 125, Ural 154, gemässigtes Sibirien 183, Skandinavien 191. 
Woher stammen diese Arten? durch welche geologische und klima- 
tische Einflüsse gelangten sie dorthin? Hooker nahm die Flora des 
arktischen Skandinaviens mit 762 als ursprünglich an, allein 658 der- 
selben kommen im gemässigten Asien vor und nur 104 fehlen daselbst. 
38 sind amerikanisch, 58 mitteleuropäisch. Das arktische Europa hat 
überhaupt keine eigenthümlichen Arten, während das gemässigte Asien 
deren viele hat neben weit verbreiteten. Der Skandinavischen Flora 
sind überdies sehr viele südliche Arten beigemengt und zwar weil 
Lappland durch den Golfstrom in ein fast temperirtes Land verwan- 
delt ist. Solcher mitteleuropäischen Arten zählt Verf. in Skandina- 
vien 335, Wasser-, Strand- und Feldpflanzen, so dass nur 251 rein 
arktischalpine übrig bleiben. Dem arktischen Asien und Grönland 
fehlen die südlichen Formen und doch besitzt Grönland noch 207 Ar- 
ten, von welchen nur 3 eigenthümlich. Auch die Flora des arktischen 
Amerika spricht gegen Skandinavien als Ausgangsheerd. Grönland 
ist nach Hooker von Skandinavien aus bevölkert, jenseits der Baffins- 
bai beginnt eine neue Provinz, 57 grönländisch skandinavische Arten 
haben diesseits des Meeres ihre WGränze, während 105 neue Typen 
auftreten. Von diesen sind 73 rein amerikanisch, 32 finden sich wie- 
der in OAsien, während sie dem ganzen arktischen Westen fehlen. 
So ist die Annahme natürlich, dass die arktische Flora von ihrem 
Centrum in Asien nach W bis nach Grönland ausstrahlte und nach 
OAmerika überzog, dass sie also ostwärts wie westwärts auf eine 
ungefähr gleiche Distanz einwirkte. Dass die arktischalpine Flora in 
den Gebirgen des gemässigten NAsien ihre wahre Heimat hat, erhellt 
schon daraus, dass das Massencentrum der Arten jedenfalls nicht in 
den arktischen Gebieten liegt, sondern z. Th. schon die europäischen 
Alpen und noch weit mehr die sibirischen Gebirge ihre grösste In- 
dividuenmenge bieten. In den arktischen Gebieten zeigen sie sich 
insular gesondert, über weite Räume spärlich zerstreut. Rein arktisch 
sind nur 12 Arten, während Hooker irrthümlich 58 als solche aufzählt. 
Unter dessen 86 circumpolaren Arten sind 19 Ubiquisten des gemäs- 
sigten Europa und 83 gehören dem temperirten Asien an, 76 O. und 
WAsien zugleich. Also nur hier kann die Heimat sein. Nur 45 Arten 
der arktischen Flora ergeben sich als rein amerikanischen Ursprungs» 
und diese haben sich z. Th. nach O. verbreitet und es ist ihnen ein 
Haupttheil jener 20 in Europa besonders Skandinavien vorhandenen 
beizuzählen, weil aus Amerika als ihrem Centrum dahin gelangt, 
immer aber bleibt diese zwischen 45 und 74 schwankende Zahl hinter 
der aus dem gemässigten Asien stammenden Zahl von 242 arktisch 
alpinen Arten in auffallendster Weise zurück. Endlich setzt sich die 
arktischalpine Flora aus einem noch kleineren Bruchstück europäischen 
Ursprungs zusammen. Von den 271 arktischen Arten kommen 11 nur 
in Grossbritannien vor, 12 nur in Skandinavien, 4 blos in beiden 
Ländern zugleich sonst nicht im N. Bis Island erstrecken sich von 


166, 


Skandinavien 2 sonst nicht arktische Arten, von Skandinavien bis 
Grönland Sedum villosum, bis Labrador Gentiana nivalis. Ausser den 
Alpen sind Festuca Halleri und Aronicum Clusi nirgends als in Lab- 
rador gefunden; Potentilla aurea nur auf Grönland und Island. All 
diese 37 Arten haben in den Alpen ihre Heimat, nur dort ihr Massen- 
centrum,, ebenso verhält es sich mit den 4 Arten im Ural. Mit we- 
niger Sicherheit lassen sich die 7 Skandinavien und Ural gemeinschaft- 
lichen Arten den Alpen zuweisen. Noch zweifelhafter ist die nor- 
dische oder alpine Heimat der vom Ural und Skandinavien bis Grön- 
land verbreiteten: Sedum annuum, Alchemilla alpina, Hieracium 
prenanthoides, Gymnadenia albida und Polypodium alpestre und des 
bis Labrador gehenden Gnaphalium alpinum. Unzweifelhaft Neuro- 
päischen Ursprungs sind aber die in den Alpen seltenen Juncus squar- 
rosus, Carex chordorhiza, ferner Luzula glabrata. All diese 41 Arten 
abgezogen von den 271 bleiben als eigentlich nordische, deren Co- 
lonie die Alpen sind nur 230 übrig, ein Drittheil der 693 Arten. An 
diese europäische Gruppe reiht sich eine amerikanische, Anemone al- 
pina ist in OÖ und WAmerika, Bupleurum ranunculoides und Laser- 
pitinm hirsutum in NAmerika. Bis Skandinavien gehen von den 
amerikanisch alpinen 7, bis in den Ural 12, nach dem arktischen Asien 
5, Nach Abzug dieser 30 Arten bleiben noch 184, welche zu der 
grossen Hauptgruppe der Nasiatischen gehören, davon sind 92 eir- 
cumpolare, 100 dominiren auf der östlichen Erdhälfte, Zu den 422 
rein alpinen, dem N fehlenden Arten wären nun noch 41 zu rechnen, 
die von den Alpen nach dem Ural, Skandinavien, Grossbritannien, 
Island, Grönland, Labrador ausstrahlten. Jene 422 bilden die alpine 
Gruppe, haben unzweifelhaft in den Alpen ihre Entstehung. — B. Me- 
diterrane Arten. Besonders reich an alpinen und nivalen Mittelmeer- 
arten ist SSpanien und der Taurus. Verf. zählt einzelne Beispiele 
auf. Von solchen mittelmeerischen Gebirgsarten ist eine ansehnliche 
Zahl in die Alpen eingedrungen besonders in die SW und SOTheile 
und selbst die mittlen Alpen zeigen Spuren davon. Auch solche 
werden aufgezählt. — C. Alpine Arten. Von ihnen hat fast jede ein- 
zelne ihre Specialgeschichte und ihre Eigenthümlichkeit gegenüber 
den physischen Einflüssen. Die 422 der alpinen Achse eigenen Arten 
zeigen sich vor allem von den nordisch alpinen Arten aus durch viel 
beschränktere Verbreitung. Ihre Gränze bildet in N der deutsche 
Gebirgsstrich, in S. die ins Mittelmeer auslaufenden Halbinseln, in O. 
der Kaukasus, nur schwache Strahlen greifen nach Skandinavien, dem 
Ural, Grönland und Labrador im N. nach dem Taurus und Persien 
in O. Ihrer Verbreitung nach lassen sie sich in mehre Gruppen 
sondern. Einige halten sich in der eigentlichen Alpenkette, andere 
berühren alle Glieder derselben, manche mehr in den nördlichen und 
südlichen Nebenketten, oder genau an die Achse. Als Charakter- 
pflanzen der eigentlichen Alpenkette werden 20 aufgezählt, von den 
Karpathen bis zu den Pyrenäen geben 50, die übrigen strahlen nach 
N und S aus, 29 gehen über das ganze Alpengebiet, 10 haben ganz 


167 


enge Verbreitungsbezirke. Den normalen Bezirk überschreiten nur 
70 Arten, nämlich 18 nach Grossbritannien, 12 nach Skandinavien, 
4 in den Ural, 5 nach Island, 2 nach Grönland, 4 nach Labrador 2 
-Ins arktische Asien, 2 in den Himalaya, 19 nach Persien und 23 nach 
Kleinasien. Am weitesten schweifen von blos alpinen Arten Phleum 
Michelii, Draba aizoides, Viola lutea von Transkaukasien bis Britan- 
nien, ebenso Aconitum variegatum von Skandinavien, Cerastium lati- 
folium und Saxifraga cotyledon von Island bis Transkaukasien, Oxy- 
tropis laponica von Skandinavien bis in den Himalayd. Eigenthümlich 
sind der Alpenflora 30 Gattungen und Subgenera, alpinnordisch sind 
34 Genera und 12 Subgenera, mediterranalpin 16 Genera. Sämmtliche 
69 Genera fehlen der europäischn Ebenenflora und es bleiben gemein 
mit derselben 140 Genera, gemeinsam mit der mediterranen Flora 90, 
durch alle 4 Fioren hindurch gehen 40, dem Norden und den Alpen 
gemeinschaftlich sind 136. Das Wasser war der Vermittler der Wan- 
derungen der nordisch alpinen Arten. Die von Asien aus weit über 
die Polarländer und Gebirge verbreiteten Arten sind fast durchgängig 
an stark befeuchtete Standorte gebunden, während die grosse Mehr- 
zahl der rein alpinen Arten den trockenen Felsen angehören. Rein 
alpine Sumpfarten zäblt Verf. 10 auf, Arten des Schmelzwassers 29, 
die übrigen 5/. der Gesammtzahl sind species rupestres. Die Dilu- 
vialfluth und das erratische Phänomen kann die Arten nicht trans- 
portirt haben, da dessen Verbreitung nicht ibrer Verbreitung ent- 
spricht. Die Phantasie mag sich die Wege einstweilen suchen, bis 
thatsächliche Beobachtungen dieselben auffinden. — (Schweizer Denk- 
schriften XX4l. 84 88. 1 Karte.) 

Zoologie. Fr. Stein, der Organismus der Infusions- 
thiere nach eigenen Forschungen in systematischer Reihenfolge be- 
arbeitet. II. Abtheilg. Mit 16 Tfiln. Leipzig 1867. — Den ersten 
Band dieses bedeutungsvollen Werkes haben wir Bd. XIV. 261 ange- 
zeigt, der gegenwärtige giebt zuförderst eine Darstellung der neue- 
sten Forschungsergebnisse über Bau, Fortpflanzung und Entwicklung 
der Infusorien und im zweiten Abschnitt die Naturgeschichte der he- 
terotrichen Infusorien. Wir berichten über den letztern zuerst. Verf. 
theilt seine Klassifikation der Wimperinfusorien mit, welche 4 Ord- 
nungen mit 23 Familien umfassen und folgendes Schema ergeben: 
I. Peritricha. 1. Ophryoscolecina mit den Gattungen Ophryosco- 
lex und Entodinium. 2. Spirochonina mit Spirochona. 3. Ophrydina 
mit Lagenophrys, Cothurnia, Vaginicola, Ophrydium. 4. Vorticellina 
mit Opercularia, Epistylis, Zoothamnium, Carchesium, Vorticella, Scy- 
phidia, Gerda, Astylozoon. 5. Urceolarina mit Urceolaria, Trichodina, 
Trichodinopsis. 6. Gyrocorida mit Gyrocoris. 7. Cyclodinea mit Uro- 
centrum, Didinium, Mesodinium. 8. Tintinnodea mit Tintinnus, Tin- 
tinnopsis. 9. Hallerina mit Halleria und Strombidium. — II. Hypo- 
tricha. 1. Oxytrichina mit den Gattungen Psilotricha, Oxytricha, 
Stylonychia, Onychodromus, Pleurotricha, Gastrostyla, Uroleptus, Sta- 
chotricha, Kerona, Epiclintes, Urostyla, 2. Euplotina mit Euplotes, 


168 


Styloplotes, Uronychia. 3. Aspidiscina nur mit Aspidisca. 4. Ervi- 
liina mit Ervilia (Iduna, Dysteria), Trochilia, Huxleya, 5. Chlamydo- 
donta mit Scaphidiodon, Chlamydodon, Phascolodon, Trichopus, Opist- 
hodon, Chilodon. 6. Peritromina nur mit Peritromus. — III. Hete- 
rotricha. Spirostomea mit Condylostoma, Blepharisma, Spiro- 
stomon und Climacostomum. 2. Stentorina mit Stentor und Freia. 
3. Bursariea mit Bursaria, Balantidium, Nyctotherus, Metopus, Plagio- 
toma. — IV. Holotricha: 1. Cinetochilina mit Lembadion, Pleuro- 
nema, Plagiopyla, Cyclidium, Trichoda, Pleurochilidium, Cinetochilum, 
Glaucoma, Ophyroglera. 2. Paramaecina mit Panophrys, Leucophrys, 
Colpidium, Isotricha, Conchophthirus, Ptychostomum, Colpoda, Para- 
maecium, Nassula, Cyrtostomum. 3. Enchelina mit Prorodon, Holo- 
phrya, Actinobolus, Urotricha, Perispira, Plagiopogon, Coleps, Enchelys, 
Enchelyodon , Lacrymaria, Phialina, Trachelocerca, Trachelophyllum. 
4. Trachelina mit Dileptus, Trachelius, Loxodes, Loxophyllum und 
Amphileptus. 5. Opalinia mit Haplophrya, Anoplophrya, Hoplitophrya 
und Opalina. — Der specielle Theil behandelt also die Heterotrichen 
deren Diagnosen wir mittheilen. 

1. Spirostomea: heterotriche Infusorien mit meist platt ge- 
drücktem selten drehrunden Körper; vom vordern Ende an erstreckt 
sich durch die linke Hälfte der Bauchseite ein verschieden gestalteter 
Peristomausschnitt, in dessen hinterm Winkel der Mund liegt; die 
adoralen Wimpern nehmen den ganzen Aussenrand des Peristoms ein 
und beschreiben eine rechts gewundene Spirale; der After liegt am 
hintern Körperende. Die 4 Gattungen unterscheiden sich also: 1. In- 
nenrand des Peristoms mit einer undulirenden Membran versehen. 
a. Körper langgestreckt, fast walzig, vorn abgestutzt, Peristom kurz 
und harfenförmig, Condylostoma. b. Körper platt, vorn zugespitzt, 
Peristom lang spaltenförmig, Blepharisma. 2. Innenrand des Peristoms 
ohne undulirende Membran. a. Körper sehr lang walzig oder etwas 
abgeplattet, vorn abgerundet, Peristom lang, rinnenförmig, Spirosto- 
mum. b. Körper platt, breit, vorn abgestutzt, Peristom kurz, harfen- 
förmig, Climacostomum, 

2. Stentorina: heterotriche Infusorien mit langem drehrunden 
nach vorn trichterförmig erweitert, äusserst veränderlichen und zu- 
sammenschnellbaren Körper, mit dessen Hinterende das Thier sich 
entweder willkürlich fixirt oder beständig im Grunde einer von ihm 
abgesonderten Hülse festsitzt; das Peristom ist terminal das ganze 
vordere Ende einnehmend, der in der Mitte des Bauches eingebogene 
Rand desselben ist Mundöffnung und innen bewimpert; der After liegt 
in der linken Körperwand nahe hinter dem Peristom; die adoralen 
Wimpern beschreiben eine rechts gewundene Spirale von mehr als 
einem Umgange. Die beiden Gattungen sind: Stentor Peristom flach 
mit ringsum gleichförmigem nur auf der Bauchseite eingebogenem 
Rande, in der hintern Hälfte taschenförmig vertieft, Mund excentrisch, 
Körper frei beweglich, zuweilen eine Gallerthülle ausscheidend, und 
Freia Peristom links und rechts in 2 lange ohrförmige Fortsätze aus- 


169 


gezogen, tief trichterförmig ausgehöhlt, Mund central, Körper be- 
ständig im Grunde einer festgewachsenen hornigen Hülle sitzend. 

3. Bursariea: heterotriche Infusorien mit formbeständigem 
meist abgeplatteten Körper von vorwiegend ovaler oder eiähnlicher 
Gestalt; vom Vorderrande erstreckt sich entweder durch die rechte 
Hälfte der Bauchseite oder doch in derselben endend ein bald gera- 
der bald schiefer Peristomausschnitt mehr minder weit abwärts, in 
dessen hinterem Winkel der Mund liegt; nur ausnahmsweise nimmt 
das Peristom den linken Rand der Bauchseite ein, dann fehlt aber 
der Ausschnitt; die adoralen Wimpern säumen nur den linken Seiten- 
rand des Peristoms und setzen sich ohne den Mund spiralförmig zu 
umfassen am obern Rande desselben in den sehr entwickelten Schlund 
hineinfort; der After liegt am hintern Körperpol. Uebersicht der 
Gattungen. I. Peristom ein gerader oder ein schiefer, überwiegend 
oder ausschliesslich in der rechten Körperhälfte gelegener selten fast 
medianer Längsausschnitt. 1. Der Anfang des Peristoms läuft in das 
vordere Körperende aus. a. Peristom weit taschenförmig mit einem 
queren vordern und spaltenförmigen seitlichen Eingange und sehr 
entwickeltem Schlunde, Bursaria. b. Peristom spaltenförmig, nach 
vorn erweitert, mit rudimentärem oder fehlenden Schlunde, Balanti- 
dium. — 2. Der Anfang des Peristoms liegt in einiger Entfernung 
vom Körperende. a. Peristom spaltenförmig diagonal von links nach 
rechts verlaufend und von einer nach links gekrümmten Kuppe des 
vordern Körperendes überragt, Metopus. b. Peristom ein am rechten 
Seitenrand herabziehender gerader Längsspalt, Nyctotherus. — II. Pe- 
ristom ohne Ausschnitt, blos aus einer am linken Seitenrande herab- 
ziehenden adoralen Wimperzone gebildet, Plagiotoma. 

Den allgemeinen Theil, die kritische Beleuchtung der neuesten 
Infusorienforschungen beginnt Verf. mit Claparede und Lachmanns 
Etudes sur les Infusoires. Dieselben verweisen die Amöben, Arcel- 
linen und Actinophryen zu den Rhizopoden und vereinigen sie unter 
Proteina statt Rhizopoda radiolaria Joh. Müllers. Deren Familien 
Amoebina und Actinophryina werden als ganz unnatürlich erklärt. 
Die zahlreichen contraktilen Blasen bei Acineta ferrum equinum sah 
Lachmann ganz deutlich nach aussen münden, durch linienförmige Ka- 
näle, die sich beim Zusammenziehen der Blasen beträchtlich erwei- 
tern. Cl. und L, wollen die Protozoen den andern Thierklassen ins- 
besondere den Coelenteraten unterordnen, weil bei ihnen gleichfalls 
eine Leibeshöhle vorhanden sei. Verf. ist entschieden dagegen, weil 
die Infusorien keine Leibeshöhle, blos einen Schlund und keinen Darm, 
wohl einen After, bilateralen Typus, Nukleus und contraktile Blase 
besitzen und sich nicht aus Zellen aufbauen, sondern aus einer ein- 
zigen Zelle entwickeln. Der Infusorienkörper besteht durch und 
durch aus Sarkode. Sie bilden mit den Spongien, Rhizopoden und 
zugleich auch den Gregarinen die Abtheilung der Protozoen. Verf. 
theilt seine Beobachtungen über Proteus mit, um die Vereinigung der 
Gregarinen mit den Rhizopoden zu begründen. Gegen v. Siebolds 


170 


Deutung der Infusorien als einzelliger Thiere trat Leydig auf und 
erklärte das Gegentheil, indem er bei Vorticellen in der Rindenschicht 
bei 750maliger Vergrösserung Zellenkerne gefunden haben will, die- 
selben liegen aber dicht gedrängt in einer völlig amorphen Grund- 
masse und das spricht gegen Zellkerne. Leydig bezieht sich auch 
auf die stabförmigen Körper im Rindenparenchym der Paramäcien, die 
jedoch oft fehlen und ganz anderer Entstehung sind wie bei den 
Turbellarien, am wenigsten aber für Zellen gehalten werden können. 
Verf. hält sie für Tastkörperchen aus einer zähen aufquellbaren ‚Sub- 
stanz gebildet. Cl und L nennen die Sarkode einen wahren Gräuel, 
ohne dass sie mehr als Leydig für die Zusammengesetztheit des Kör- 
perparenchyms beibringen. Der Stielmuskel der Vorticellen unter- 
stützt nach Verf. diese Auffassung nicht, er erklärt denselben für dicht 
gedrängte sehr feine Molekularmasse. M,. Schultze vergleicht die 
Sarkode mit dem Protoplasma der Zellen und findet beide Substanzen 
identisch. Das Protoplasma ist der wesentlichste Theil der Zelle und 
scheidet entweder die Membran aus (vegetabilische Zelle) oder bildet 
dieselbe durch Erhärtung an der Oberfläche (thierische Zelle). Die 
Zelle ist nur ein Klümpchen Protoplasma mit Kern (vergl. Brückes 
Betrachtungen Bd. XIX. 284). Der Körper der Rhizopoden und In- 
fusorien ist nach Schultze durch Zusammenfliessen mehrerer nackter 
Protoplasmaklümpchen mit Kern, also aus mehreren Zellen entstan- 
den [leere Behauptung], bei letzteren mag vielleicht aussen eine ge- 
schichtete Lage selbstständiger Zellen vorhanden sein, während innen 
der Körper von den aus verschmolzenen Zellen entstandenen Proto- 
plasma gefüllt wird. Häckel nahm diese Schultzesche Ansicht auf, 
Nach ihm besteht der Körper der Radiolarien an der Peripherie aus 
einer Schicht gewöhnlicher Sarkode, von der feine Pseudopodien aus- 
strahlen, der von der Centralkapsel erfüllte Innenraum besteht wieder 
aus einer festen membranösen Hülle und aus einem manichfaltig di- 
ferenzirten Inhalte. Dieser Inhalt hat eine Grundmasse von Sarkode 
mit zahlreichen kugeligen Bläschen und Fettkörnchen, häufig auch 
mit Pigmenten und zellenartigen Einschlüssen, seltener mit Krystal- 
len und Amylumconcretionen oder auch wohl mit einer zweiten in- 
nersten Blase. In der Rindensarkode kommen zahlreiche unzweifel- 
hafte Zellen vor, die sogenannten gelben Zellen mit derber Membran 
und hellem Kern, die auch in die Pseudopodien übergehen. Die Sar- 
kode vermittelt auch bei den Radiolarien wie bei allen Protozoen 
Empfindung, Bewegung, Ernährung, Schalenbildung, während die 
Centralkapsel wahrscheinlich nur der Fortpflanzung dient. Häckel 
sah in der Sarkode der Centralkapsel, der Rinde und der Pseudo- 
podien blasse scharf conturirte mit dunklem Kern versehene Körper- 
chen, die völlig gewöhnlichen Zellenkernen gleichen und hält diese 
für die persistirenden Kerne der ehemaligen Zellen [diese wären wenn 
wirklich jemals vorhanden gewesen dem aufmerksamen Beobachter 
gewiss auch zu Gesicht gekommen]. Verf. widerlegt diese Behaup- 
tung mit seinen Beobachtungen an Arcella vulgaris und Actinophrys 


171 


Eichhorni. Exemplar mit 10 Kernen in der Sarkode haben ganz die- 
selbe Sarkode wie solche mit 200 Kernen. Offenbar war der Körper 
zuerst ein nacktes Protoplasmaklümpchen mit einzigem Kern, dieses 
wuchs durch Aufnahme von Nahrung stetig weiter ohne Differenzirung 
aber mit Vermehrung der Kerne, die selbstständig in der Sarkode 
entstehen. Sie machen es wahrscheinlich, dass auch Zellen in der 
Sarkode entstehen können wie die gelben bei den Radiolarien. Im 
Pflanzen- wie im Thierreiche kömmt ja mehrfach freie endogene Kern- 
und Zeilbildung vor, Stein hat dieselbe schon 1847 bei den Insekten 
nachgewiesen. Aus jener Ansicht vom Sarkodekörper leitet nun Ge- 
genbaur einen scharfen Unterschied zwischen Pflanze und Thier her. 
Beide bestehen anfangs aus einer Zelle, aber die Pflanze bleibt ent- 
weder einzellig oder wächst durch Theilung der primitiven Zelle zum 
mehrzelligen Organiemus heran, dessen Zellen sich durch Ausschei- 
dung einer Cellulosemembran abkapseln und so ihre Selbstständigkeit 
bewahren. Das Thier dagegen wächst stets durch Theilung der pri- 
mitiven Zelle zum mehrzelligen Organismus heran und seine Zellen 
verschmelzen zu höheren Geweben. [Ref. vermag durchaus nicht ein- 
zusehen, wie diese Unterscheidung sicherer und klarer sein soll als 
die allgewöhnliche nach willkührlicher Bewegung und Empfindung, 
wie will man denn in den meisten Sarkodegestalten die Verschmel- 
zung erkennen? Die willkürliche Bewegung ist durch die Beobachtung 
viel sicherer zu ermitteln]. Stein findet denn auch die Anwendung 
dieses Kriteriums geradezu illusorisch und verweist auf die bestimmt 
entscheidende Bewegung, Empfindung, Ernährung. Ferner weist er 
den Machtspruch zurück, der alle einzelligen Organismen ohne Wei- 
teres zu Pflanzen stempelt. Die Amöben sollen Pflanzen sein, weil 
sie nur einen Kern haben, also einzellig sind, doch giebt es auch 
Amöben mit mehreren Kernen, diese wären also Thiere! [Was sind 
das für Begriffe und wo die Thatsachen, auf welche dieselben begrün- 
det sind?] Die Gregarinen müssten danach, weil einzellig, ebenfalls 
Pflanzen sein und auf deren Bau und Lebensäusserungen gestützt 
nennt Stein jenen Jenenser Gedanken mit Recht ungereimt. Alle 
flagellaten Infusorien wären dann gleichfalls Pflanzen und von Häckel 
werden in der That die Volvocinen, Astasiäen, Dinobryinen, Mona- 
dinen und Cryptomonadinen zu den Pflanzen verwiesen. Die Beob- 
achtung der Euglena viridis genügt um diese Annahme lächerlich 
zu machen. Wir stimmen Stein vollkommen bei, dass es nie ge- 
lingen wird mit einem Merkmale die Gränze zwischen Pflanzen- und 
Tbierreich zu ziehen, dass nur mehre Charaktere wie in allen syste- 
matischen Einheiten -die Entscheidung herbeiführen können und man 
bei einem fraglichen Organismus die Untersuchungen nach allen Rich- 
tungen fortsetzen muss, bis er befriedigende Antwort giebt. [Refe- 
rent kann hierbei seine Verwunderung nicht unterdrücken, dass ge- 
rade jene Zoologen, welche am verächtlichsten über die einseitige und 
oberflächliche Specieskrämerei absprechen, in allen wichtigen und 
allgemeinen Fragen selbst eine ganz erstaunliche Einseitigkeit und 


172 


Oberflächlichkeit bekunden und statt Begriffe zu begründen sich mit 
auf blossen Einbildungen beruhenden Theorien begnügen]. Stein wi- 
derlegt nun noch durch die Entwicklungsgeschichte der Infusorien auf 
das bestimmteste die Deutung der Infusorien als mehrzelliger Orga- 
nismen. Dann geht er zu den Muskeln der Infusorien über, die er 
früher in Abrede stellte. Die Forschungen Kühnes über die wahren 
Kriterien der Muskeln bei niedern Thieren haben ihn von der frühern 
Ansicht abgeführt und er geht nun noch weiter als Kühn, indem er 
die Muskelbewegung als eine blos modificirte Form der Sarkodebe- 
wegung auffasst. Der Stielmuskel der Vorticellen ist ein schleimiger 
Faden, verdichtete Sarkode. Die Streifen der Wimperinfusorien, die 
sich übrigens nur scheinbar kreuzen, indem die der untern Seite noch 
an der obern Seite durchscheinen, sind gleichfalls nur Bänder ver- 
dichteter Sarkode. Muss man doch die contraktile Substanz in den 
wirklichen Muskelfasern ebenfalls als aus einer homogenen zähflüssi- 
gen und äusserst feinen Körnchen gemischten Masse betrachten, deren 
Quer- und Längsstreifen lediglich von der Gruppirung der feinen 
Körnchen abhängt, wie es Brückes Untersuchungen wahrscheinlich 
machen (Wiener Denkschriften 1858. XV. 77). So unterscheiden sich 
die Muskelstreifen der Infusorien von den wirklichen Muskelfasern 
nur durch die Abwesenheit des Sarkolemmas, können also als die 
primitivste Form der Muskelfasern aufgefasst werden. Mit den Wim- 
pern stehen die Muskelstreifen in keiner engern Beziehung, denn es 
kommen Streifen ohne alle Wimpern und Bewimperung ohne Streifen 
vor. Die Wimpern sind die eigentlichen Gliedmassen der Infusorien, 
haben keine automatische Bewegung wie die Cilien der Flimmerepi- 
thelien, sondern völlig willkürliche. Sie gehen nicht von der QCuti- 
cula aus, sondern wurzeln im Rindenparenchym, wovon sich Verff. bi 
einer in Häutung begriffenen Opercularia articulata überzeugte. Die 
abgestreifte Haut zeigte auch hier keine Andeutung von der Zellen- 
struktur, sondern gleicht der Zellenmembran und der Cystenhülle. 
Bei gepanzerten Infusorien erreicht die Cuticula eine gewaltige Dicke, 
geht aber auch hier ohne sichere Gränze in das Rindenparenchym 
über. Nun kritisirt Verf. nochmals Ehrenbergs Auffassung des Er- 
nährungsapparates der Infusorien und dessen neueste Vertheidigung 
desselben. Diesen Abschnitt zu referiren ist nicht nöthig. Wichtiger 
ist der folgende Abschnitt über die Fortpflanzung und Entwicklung, 
in welchem Balbianis Irrthümer widerlegt werden. Ausgehen diese 
Erörterungen von Joh. Müllers Beobachtung der Spermatozoen am 
Nukleus von Paramaecium aurelia im J. 1856, welche Claparede und 
Lachmann bei Chilodon cucullus, Lieberkühn bei Colpoda antrafen 
und schon 1857 fand sie Verf. bei Paramaecien; jene Forscher erhiel- 
ten für die bezüglichen Untersuchungen von der Pariser Akademie 
den Preis und erst 1858 veröffentlichte Balbiani seine Forschungen 
über denselben Gegenstand. Letztrer wies den Nucleolus als Sperma- 
drüse bei Paramaecium bursaria nach, den Nukleus als Eierstock und 
die Conjugation der Individuen behufs der Begattung. In Folge die- 


173 


ser wird der Nukleolus zur Samenkapsel, die in 2 oder 4 kleinere 
zerfällt, welche dann durch die Mundöffnungen beider Individuen 
ausgetauscht werden. Sechs Tage später gehen aus dem Nukleus 
drei kleine Körper als die Anlagen neuer Individuen hervor, Stein 
beobachtete sofort ebenfalls Paramaecium bursaria u. a. auf die ge- 
schlechtliche Fortpflanzung (cf. Bd. XIX. 500) und gelangte zu ande- 
rer Auffassung als Balbiani. Letztrer setzte seine Forschungen fort 
und änderte ebenfalls seine frühere Ansicht. Nach ihm vermehren 
sich die bewimperten Infusorien fast nur durch Quertheilung, die 
Vorticellen allein durch grade oder schiefe Längstheilung. Während 
der Theilung wird der runde oder ovale Nukleus verlängert und in 
zwei eingeschnürt, der strangförmige dagegen verkürzt sich erst 
sehr stark, dehnt sich dann wieder aus und theilt sich endlich eben- 
falls in zwei. Bei den Stentoren und Spirostomen verschmelzen 
sämmtliche Glieder des rosenkranzförmigen Nukleus in einen ovalen 
Körper, der sich in zwei theilt. Die beiden Nuklei der Oxytrichinen 
verschmelzen mit einander, nach Stein bleiben sie häufiger getrennt, 
sind auch keineswegs durch einen Strang verbunden. Der Nukleolus 
vergrössert sich nach Balbiani während der Theilung, wird streifig, 
dann sehr verlängert und endlich in der Mitte getheilt. Meist gehört 
zu jedem Nukleus nur ein Nukleolus, in einigen Fällen jedoch deren 
2 oder 3. Die Theilung der Infusorien hat übrigens ihre bestimmte 
Gränze. Die geschlechtliche Fortpflanzung kömmt auf allen Stufen 
vor und ist nicht das Endziel ihres Daseins, sie wechselt auch unbe- 
stimmt mit der Theilung ab. Später nannte nun Balbiani den Nuk- 
leolus geradezu Hoden, den Nukleus Eierstock, welche Bezeichnung 
Stein als ganz irrthümlich nachweist, indem der Inhalt beider sich in 
die Keime verwandelt, nicht aber diese in besondern Zellen der Or- 
gane gebildet werden; noch andere Gründe sprechen dagegen. Ebenso 
fasst Balbiani die mehrfachen Nuklei falsch auf. Nach Stein gehen 
die neuen Individuen stets aus wirklichen Theilstücken des Nukleus 
hervor, auch bei Chilodon kann der Nukleus nicht als ein einziges 
aus Dotter, Keimbläschen und Keimfleck bestehendes Ei aufgefasst 
werden wie Balbiani es will. Der Nukleolus ist nicht allgemein vor- 
handen, überdies schwer zur Anschauung zu bringen und oft auch 
von Balbiani ein Fettkörnchen für denselben gehalten worden. Sein 
Fehlen erklärt Balbiani mit der unbewiesenen Annahme, dass der 
Nukleolus erst zur Zeit der geschlechtlichen Fortpflanzung sich bilde » 
und eine schnell vorübergehende Erscheinung sei. Die geschlecht- 
liche Fortpflanzung beginnt mit der Conjugation der Individuen, welche 
nicht wie Balbiani meint in einem blossen Zusammenkleistern beider 
Individuen mit Schleim, sondern in einer völligen Verschmelzung der 
Leibessubstanz besteht. Die Art der Conjugation ist je nach den Gat- 
tungen eine sehr verschiedene: sie legen sich mit den Bauchflächen 
aneinander, oder mit den Seitenrändern mit oder ohne Verschiebung. 
Stein schildert die Verschiedenheiten speciell und fügt noch eine 
knospenförmige Conjugation hinzu, die seither als Vermehrung durch 


174 


Knospung betrachtet worden ist. In sehr vielen Fällen der Conjuga- 
tion verschmelzen beide Individuen vollständig in ein einziges und 
das von Balbiani behauptete Zusammenkleben findet ebensowenig Statt, 
wie sich besondere Geschlechtsöffnungen finden lassen, die Balbiani 
an einigen Infusorien gesehen haben will. Stein stellt nun weiter auch 
die gegenseitige Befruchtung der conjugirten Individuen in Abrede, 
vielmehr bringt die Conrjugation nur die Fortpflanzungsorgane zur 
völligen Ausbildung oder Reife, wodurch allein die Entwicklung neuer 
Individuen möglich wird. Nach Balbiani dauert die Conjugation 2 
bis 6 Tage, Stein hält jede Zeitbestimmung für unsicher. Dieselbe 
endet mit der Trennung beider Individuen im Rahmen der Syzygien. 
Balbianis Darstellung der Veränderungen des Nukleus und Nukleolus 
erklärt Stein für falsch und legt seine bezüglichen Beobachtungen 
und Deutungen dar. — Bei den von Balbiani ganz unbeachteten Vor- 
ticellinen hatten Claparede und Lachmann schon 1857 das Gebären 
lebendiger Jungen von Epistylis plicatilis beobachtet, ebenso deren 
Entwicklung aus Segmenten des Nukleus und Verf. hatte bei Episty- 
lis crassicollis und Vorticella nebulifera grosse lichte mit Kern ver- 
sehene Keimkugeln gefunden völlig gleich den Theilstücke des Nukleus, 
in welchem jene Forscher die Jungen entstehen sahen. Bei Vort. ne- 
bulifera sah Verf. auch an der Körperbasis eiförmige Knospen mit 
kleinen dunkeln Körperchen, den Nukleus in viele ähnliche Körper- 
chen aufgelöst; es schien als wurden letzte in die Knospe hineinge- 
drängt und durch deren Mündung entleert. Bald nachher fand Verf. 
viele Individuen mit 3—5 lichten Embryonalkugeln mit grossem cen- 
tralen Kern und 1—3 kleinen contraktilen Blasen aber ausserdem 
noch mit dem gewöhnlichen strangförmigen Nukleus. Bei vielen Indi- 
viduen mit enger runder Oeffnung in der Seitenwand des Körpers 
zeigten die Embryonen in der peripherischen lichten Substanz eine 
halbmondförmige Spalte mit langen Wimpern. Also gebären Vort. 
nebulifera und Epistylis plicatilis lebendige aus Embryonalkugeln ent- 
wickelte Junge durch eine seitliche Körperöffnung. Der Geburtsakt 
selbst wurde nicht beobachtet. Verf. hielt die oft beobachteten In- 
dividuen mit Knospen für die Männchen und die dunkeln Körperchen 
in den Knospen für die Anlage der Spermatozoen, das erwies sich 
aber als irrig, denn sie ergaben sich als die früher erwähnten knos- 
penförmigen Conjugationen. Auch bei Trichodina pediculus fand Verf. 
neben dem strangförmigen Nukleus 4—5 ebensolche Embryonalkugeln, 
nur halb so gross wie bei Voert. nebulifera. Im J. 1860 traf er bei 
letzterer auch reife Embryonen neben den Embryonalkugeln und sah 
deren Ausschwärmen durch die seitliche Oeffuung. Die Embryonen 
sind kleiner als die Kugeln, oval, in der Mitte mit breitem Wimper- 
kranze umgürtet, und bewegen sich ungemein stürmisch. Auch bei 
Trichodina wurde der Geburtsakt beobachtet, ebenso bei Carchesium 
polypinum die Knospen mit den dunkeln Körperchen und mit zerfal- 
lenem Nukleus, ferner Stöcke mit rosettenartigen Gruppen viel klei- 
nerer Individuen, die contrahirt blieben und ihren hintern Wimper- 


175 


kranz behielten. Jede Rosette am Ende der Zweige hatte meist 8 
gleich grosse Individuen, wohl entstanden durch wiederholte Theilung 
aus einem grossen Individuum; einzelne lösten sich ab und schwam- 
men davon. Verf. hielt dieselben für die Männchen, welche sich mit 
dem grössern Weibchen conjugiren und diese dann befruchten und 
darauf verkümmern. Auch an Stöcken von Epistylis branchiophila 
wurden solche Rosetten gefunden und Individuen mit solchen Knos- 
pen, die Knospen mit der kugelig angeschwollenen Hälfte deutlich in 
das grosse Individuum eingesenkt. Der Nukleus dieses zeigte sich 
stets in ein Haufwerk sehr feiner Körperchen aufgelöst, während die 
mit blos aufsitzender Knospe noch den strangförmigen Nukleus hatten 
Danach scheinen nun alle Knospen bei den Vorticellen blos conjugirte 
Männchen zu sein. In den dicken Stöcken von Carchesium polypinum 
sah Verf. eine grosse Amphileptusart sich bewegen, welche ein Carche- 
sium verschlang und dadurch sich am Stiele festsetzte. Das Carchesium 
löste sich ab und wurde verdaut. An demselben Stocke sitzen auch 
Cysten, welche einen kugelig contrahirten, bewimperten Amphileptus 
umschlossen. Während dieses Verdauungsaktes findet bisweilen eine 
Theilung Statt und es treten dann 2 Individuen aus der Cyste hervor. 
Dieselben haben zahlreiche contraktile Blasen, stets einen vierglied- 
rigen Nukleus, vom 8—12 grosse Tastkörperchen und hinten am Bauche 
eine Vertiefung. Verf. nennt die Art A. Carchesii. Es gehören die 
bis jetzt auf Vorticellinenstielen beobachteten Amphileptuscysten ver- 
schiedenen Arten an, bisweilen lösen sie das gefressene Individuum 
vom Stiele ab und schwimmen mit demselben im Leibe frei umher. 
Die auf Epistylis branchiophila beobachteten Amphileptus haben stets 
einen doppelten Nukleus und mehre contraktile Blasen. An fest con- 
trahirten Carchesium polypinum fand Engelmann einen licht ovalen 
Körper hängen mit contraktiler Blase und sehr unregelmässigen Wim- 
pern; eine solche löste sich ab und schwamm umher. Dasselbe be- 
obachtete Verf. öfter und erklärt die Anhängsel für durch Druck 
verursachte Umstülpung des Vorhofes und Schlundes nach aussen, 
welche durch Contraktion des Vorhofes sich abschnürt. Eine andere 
Verwirrung bildet Claparedes Urnula Epistylidis auf steifästigen Vor- 
ticellinen. Verf. traf solche Stöcke ebenfalls mit Urnula, zugleich mit 
Amphileptuscysten und mit Acineta Phryganidarum. Urnula ist ein 
Parasit und nicht Männchen von Epistylis, die schon im Jugendzu- 
stande an Epistylis sich ansetzt und scheinbar deren Knospe ist, auch 
bier ihre Theilung vollzieht. Im Innern der Urnula entwickeln sich 
oft ein oder mehre grosse Nukleusähnliche Körper, die sich zu häu- 
tigen mit beweglichen Keimen erfüllten Säckehen ausbilden. In den 
ovalen Keimen entsteht bald eine Höhle, welche sich mit lebhaft be- 
wegten Körnchen füllt, ihre Bewegung hört auf und die die Höhle 
umschliessende Substanz bildet sich bis auf eine äussere Membran 
in eine dieser anhängende einfache Schicht von kleinen Kügelchen 
um, die sich allmählig ablösen und sich im Innern des Säckchens 
bewegen. Zuletzt verlängert sich jedes Säckchen in eine blinde 


176 


Röhre, welche schliesslich die Hülse der Urnula durchbohrt, sich an 
der Spitze öffnet und die bewegliche Brut austreten lässt. Dieser 
Hergang ist keine eigenthümliche Fortpflanzungsweise, sondern nur 
die Entwicklung eines der Gattung Chytridium angehörigen vegeta- 
bilischen Parasiten. — Auch an Stöcken von Epistylis crassicollis traf 
Stein Rosetten mit 4 oder 6 Theilsprösslingen mit bewimpertem Pe- 
ristom und hintern Wimperkranze, deren Entstehung aus Theilung 
erfolgt war. Um dieselbe Zeit beobachtete Stein conjugirte Vor- 
ticella microstoma, deren Leibeshöhlen communieirten und der 
Nukleus des einen in den andern fortsetzte. Der Nukleus jedes 
Individuums löste sich in scharf begränzte runde Körperchen auf, 
ganz wie bei Carchesium u. a., daher die Knospen der Vorti- 
cellen welche ebenfalls die Auflösung des Nukleus veranlassen, 
nur als conjugirte Individuen aufgefasst werden können. Im fol- 
genden Jahre fand Verf. sehr häufig eine grosse ungestielte hin- 
ten bewimperte Vorticelle und laterale Syzygien derselben, welche 
sich als Vorticella campanula zu erkennen gab. Die Syzygien glichen 
ganz den gewöhnlichen Längstheilungszuständen; einige waren bis 
auf das bewimperte Vorderende völlig verschmolzen, hatten einen 
gemeinschaftlichen Nukleus und hintern Wimperkranz, andere waren 
vorn und hinten noch tief getrennt und oft die Nuklei noch getrennt, 
wieder andere zeigten sich nur in der Mitte verbunden. Sie alle er- 
gaben sich als wirkliche Conjugationen, nicht als Theilungszustände, 
die zu völliger Verschmelzung beider Individuen führen, denn die 
mit ihnen vorkommenden grössten kugeligen Individuen können nur 
solche doppelte sein. Selbige gleichen äusserlich den einfachen, einige 
aber haben statt des Nukleus viele dunkle runde Körperchen, darunter 
einzelne deutliche Embryonalkügelchen waren, andere dagegen reife 
Embryonalkugeln und zugleich wieder einen strangförmigen Nukleus 
mit scharf umschriebenen Kernen. Die Embryonalkugeln sind rundlich 
und bestehen aus einer lichtbläulichweissen homogenen Substanz mit 
grössem rundlichen Kern im Centrum und zwei contraktilen Bläschen 
an der Peripherie. Der Embryo entsteht im Innern der Kugel. Der 
Kern derselben sendet zuerst einen geknöpften Fortsatz aus und um 
diesen gränzt sich ein querovaler aus der Substanz der Embryonal- 
kugel gebildeter Körper ab, der allmählich das Ende des Fortsatzes 
vom Kern abschnürt und dieses Ende ist der Nukleus des künftigen 
Embryo, der sich auch bald mit der contraktilen Blase versieht. Als- 
dann löst etwas von der den Embryo umgebenden Substanz sich auf, 
wodurch eine Aushöhlung für die hervorsprossenden Wimpern entsteht. 
Der reife Embryo ist oval !/ıs0‘“ lang, hat in der Mitte einen Wimper- 
kranz, in der vordern Hälfte die contraktile Blase, im Centrum einen 
runden Nukleus. Wenn er die Embryonalkugel verlassen hat, bildet 
sich vom Kern aus ein neuer Embryo. Es erfolgt also die Entwick- 
lung des Embryos in der Embryonalkugel und vom Kern aus ganz 
wie die der Schwärmsprösslinge im Innern der Acineten. Eine Ge- 
burtsöffnung liess sich bei Vorticella campanula nicht auffinden, der 


177 


reife Embryo tritt in der Afterregion hervor, während dieselbe bei 
V,.microstoma deutlich in der Mitte des Körpers als sehr enges rundes 
Loch gesehen wurde. Um dieselbe Zeit im Mai nämlich traf Verf. 
auch Stentoren mit Embryonalkugeln und reifen Embryonen, letztere 
ganz wie bei den Vorticellen sich entwickelnd, legt weiter noch seine 
Beobachtungen an Zoothamnium parasita und Z. arbuscula, Epistylis 
plicatilis dar und fasst schliesslich die Ergebnisse nochmals zusammen. 
Bei Vorticellen, Ophrydinen und Trichodinen kömmt also eine Fort- 
pflanzungsweise vor, welche der geschlechtlichen gleichzustellen ist, 
denn sie wird stets durch einen Conjugationsakt eingeleitet, am häu- 
figsten durch knospenförmige Conjugation und stets verschmelzen beide 
Individuen völlig in eines. Das kleinere Individuum rührt von Roset- 
tengruppen kleiner Theilsprösslinge her. In Folge der Conjugation 
gehen aus dem Nukleus beider Individuen kleine rundliche Segmente 
hervor {entweder durch Zerfallen des Nukleus oder durch Verschmel- 
zen beider Nuklei und dann eintretende Auflösung). In den aus der 
Conjugation resultirenden Individuen bilden die Nukleussegmente 
entweder ein loses Haufwerk oder sie schliessen sich zuletzt wieder 
zu einem einzigen Körper, der Placenta zusammen (Trichodinen). Im 
ersten Falle entwickeln sich mehre Segmente zu Keimkugeln und die 
übrigen stellen einen neuen Nukleus her, im letzten scheidet die Pla- 
centa die Keimkugeln aus und nimmt dann wieder die gewöhnliche 
Nukleusform an. Die Keimkugeln entwickeln sich stets zu Embryo- 
nalkugeln und in diesen knospen aus dem Kern die Embryonen her- 
vor, welche gewöhnlich durch eine Geburtsöffnung nach aussen gelan- 
gen. In diesen Familien findet also keine Eierlegung statt, sie gebären 
lebendige Junge und es scheint bei den Oxytrichinen, Euploten, Sten- 
toren und Paramaecien dieselbe Fortpflanzungsweise vorzukommen, 
Die Embryonen sind ihrer Mutter völlig unähnlich, es sind einfache 
ovale mund - und afterlose Körper mit rundem Nukleus und einer 
contraktilen Blase, auf der ganzen Oberfläche bewimpert oder nur 
mit einem transversalen Wimperkranze versehen, oft noch mit aus- 
und einstülpbaren geknöpften Tentakeln, wodurch sie den Acinetinen 
täuschend ähnlich werden. Von keinem Embryo wurde bis jetzt die 
Metamorphose zur reifen Muttergestalt beobachtet. Es scheint, dass 
einige einem Generationswechsel unterliegen also Ammenzustände sind, 
zumal die Acinetenartigen. Die eigentlichen Acineten pflanzen sich 
durch Schwärmsprösslinge fort, die am oder aus dem Nukleus sich 
entwickeln, nur wenige durch Theilung, einzelne gewiss auch ge- 
schlechtlich durch Conjugation. Wohl mag von den hier dargelegten 
Beobachtungen und Deutungen wiederum gar manche durch fortgesetzte 
Forschungen sich falsch erweisen, aber sehr bedeutend ist der Fort- 
schritt, welchen unsere Kenntniss von den Infusorienorganismus durch 
diese neue Arbeit Steins erfahren hat. Den Beobachtungen sind ganz 
bestimmte sichere Ziele gesteckt, möchten dieselben fest im Auge 
behalten werden. 


,—— 
4 


Bd. XXXI, 1868 12 


Correspondenzblatt 


des 


Naturwissenschaftlichen Vereines 
Bursdere 
Provinz Sachsen und Thüringen 
Halle. 


—_ 


1868, Februar. Ne I. 


Sitzung am 5. Februar. 


Herr Schubring berichtete die neuesten Untersuchungen von 
Helmholtz zur Bestimmung der Fortpflanzungsgeschwindigkeit der 
Reizung der Nerven. Nach frühern Versuchen von Helmholtz beträgt 
diese Geschwindigkeit 61—62.Meter in der Secunde, nach Versuchen 
von Kohlrausch 94 Meter, während A. Hirsch 34, Schelske 29,6 und 
Donders 26,09 Meter gefunden hatten. Spätere Versuche von Helm- 
holtz stimmten mit denen von Hirsch ziemlich überein und auch seine 
neuen Versuche geben 33,9005 Meter. Dieselben wurden in folgender 
Weise angestellt: Der Unterarm einer Person wurde eingegipst und 
abwechselnd am Handgelenke und am Ellenbogen durch je ein Elect- 
rodenpaar gereizt; die dabei auftretende Anschwellung des Daumen- 
muskels wurde zur graphischen Darstellung der Zuckung benutzt. 
Der zuckende Muskel hob nämlich einen Glasstab und drängte da- 
durch den Schreibhebel des Myographion nach abwärts, so dass der- 
selbe eine Zuckungscurve auf den Cylinder schrieb. Der Strom den 
der Nerv am Handgelenk zeigte, wurde so weit abgeschwächt, dass 
die Zuckungscurven für beide Reizungen möglichst gleich wurden, 
was zuerst einige Schwierigkeiten bot, weil die Reizung am Ellen- 
bogen mehr Muskeln in Bewegung setzt und die Reizungen der mo- 
torischen Nerven sich nicht in unveränderter Form fortzupflanzen 
scheinen. Aus den beiden Zuckungscurven ergiebt sich die Zeit die 
zur Fortpfianzung des Reizes am Unterarm nöthig ist und daraus die 
Fortpfianzungsgeschwindigkeit, wie sie oben angegeben ist. Zur Be. 
rechnung dienten drei Versuchsreihen von je 12 Versuchen, aus denen 
die Geschwindigkeit jedesmal mit Hülfe der Methode von den klein- 
sten Quadraten berechnet ist. 


Sitzung am 12. Februar. 
Eingegangene Schriften: 
1. Memorie dell’ Accademia delle scienze dell’ Istituto di Bologna 
Ser. V. Tom. V. fasc. 3, 4 Tom. VI fasc. 1. Bologna 1866. fasc. 
2, 3, 4. Bologna 1867. 40 


179 


2. Rendiconto dell’ Accademia di Bologna 1864 —1866. 8°. 

3. Der Naturforscher. Wochenblatt zur Verbreitung der Fortschritte 
in den Naturwissenschaften 1. Jahrg. 1. Hft. Berlin 1868 Lex. 8°. 

4. Bericht über die Verhandlungen in den k. sächs. Gesellschaft der 
Wissenschaften zu Leipzig IV, V 1866, I. II. 1867. Leipzig 1867 8°. 

5.,C. Giebel, Vogelschutzbuch. Die nützlichen Vögel unserer 
Aecker, Wiesen, Gärten und Wälder. Berlin 1868. 8%, — Geschenk 
des Herrn Verfassers. 

6. Wartmann, Leitfaden zum Unterrichte in der Naturgeschichte. 
6. Aufl. St, Gallen 1868. 8°. 

7. E. Taschenberg, Dr., Illustrirtes Thierleben 7. Lief. Hildburg- 
hausen 1868. gr. 8°. — Geschenk des Herrn Verfassers. 

Herr Edel berichtet über neue Quellen für Brom und theilt 
die Unterscheidung des Arsens und Antimons mit, wie ihn die Unter- 
suchungen von Himmelmann ergeben haben, 

Zum Schlusse berichtet Herr Giebel die Untersuchungen Leu- 
karts über die Entwicklungsgeschichte des Oxyuris vermicularis des 
gemeinsten aller Eingeweidewürmer beim Menschen. 


Sitzung am 19. Februar. 


Eingegangene Schriften: 

1. Garke, Dr. Linnaea, Neue Folge I. Heft. 3. 4. Berlin 1867. 8°, 
2. Monatsbericht der k. preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 
Septbr. u. October 1867 Berlin 8°, 

Herr Giebel berichtet Bessels neueste Untersuchungen über 
die Parthenogenesis’der Bienen, welche gegen Landois sprechen und 
nur die bisher geltende Ansicht bestättigen, dass die Befruchtung 
oder nicht Befruchtung des von der Königin gelegten Eies das Ge- 
schlecht der Brut bestimmt. & 

Weiter berichtet Herr Köhler die Entdeckung Zieglers, dass 
der gemeine Seehase (Aplysia depilans) eine Schnecke aus der Fa- 
milie der Deckkiemen rothes und violettes Anilin bis zu zwei Gramm 
in einer Blase enthalte, welches nach der gewöhnlichen Methode mit 
Chlornatrium und Tanin aus dem Alkoholextract isolirt werden kann. 

Zum Schluss spricht derselbe über das Wesen des Cantharidins, 
welches nach den unter Dragendorff’s Leitung angestellten Versuchen 
im Blut und Urin sich krystallisirbar nachweisen lässt und die Rolle 
einer Säure spielend, Salze giebt, die im Aether unlöslich sind. 


Sitzung am 26. Februar. 
Eingegangene Schriften: 

1. Rapport fait & l’Academie royale des Sciences des Pays-Bas. Sect. 
physique. Amsterdam 1868. 8°. 

2. Monatsbericht der k. preuss. Akademie der Wissenschaften zu 
Berlin. November 1867, Berl. 1867 8°, 

3. Sitzungsbericht der k. bayrischen Akademie der Wissenschaften 
zu München II. Hft. 2 u. 3 München 1867 8°. 


180 


4. Nachrichten von der k. Gesellsch. der Wissenschaften und der 
Georg-August Universität aus dem Jahre 1867. Göttingen 1867 8°, 


Herr Giebel verbreitet sich über die charakteristischen Unter- 
schiede der noch lebenden Bivalven-Gattung Trigonia und der Fossi- 
len aus dem Lieskauer Muschelkalke Neoschizodus und Myophoria. 

Hieran anschliessend versichert Herr Credner, dass er unter 
vielen hundert Exemplaren von Steinkernen der betreffenden Myo- 
phoria, die von den verschiedensten Fundorten herstammen, im Gan- 


zen nur zwei Exemplare mit Streifung an dem einen Schlosszahn 
gefunden habe. 


Derselbe legt dann einige Handstücke mit zahlreichen, in 
Schwefelkies verwandelten Taeniodon Ewaldi vor, welche mit der Avi- 
cula contorta die in den letzten Jahren überall und gründlich unter- 
suchten Gränzschichten zwischen Keuper und Lias scharf charakteri- 
sirt. Er spricht zunächst über deren besondere Bedeutung, giebt 
ihre weite Verbreitung und z. Th. mächtige Entwicklung in Deutsch- 
land, Belgien, England, in den Alpen, in Californien und Neuholland 
an, und erläutert dann speciell das Auftreten zwischen Bolle und 
Falkenhagen, von wo die vorgelegten Handstücke stammen. In der 
Gegend von Hanover glaubte man in der Mergelschicht mit Taeniodon 
Ewaldi Petroleum entdeckt zu haben, das aber aus den höher gele- 
genen Posidonomienschiefer des Lias ausgesickert war und in dem 
tiefern Niveau sich angesammelt hatte, keineswegs in so reichlicher 
Menge, dass es eine technische Gewinnung lohnt. - 


Zum Schluss legt Herr Schubring eine Schrift vom Augen- 
arzt Ruete in Leipzig über das stereoskopische Sehen vor, nebst 
einer Anzahl stereoskopischer Bilder, von denen einige Präparate der 
menschlichen Sinneswerkzeuge, besonders des Ohres nnd Auges, so 
wie der Blick auf einen Krater u.a. von besonderem Interesse waren. 


Druck von W. Plötz in Halle. 


7 E 
Beobachtungen der meteorologischen Station 


n ot Comp, 
et) z are, 


, 
5 
(2 


& Zooiogy a 
az MAR 11.1942 
3365 Februar 1858. * De 
LISRÄRTI 


Im Februar 1868 war im Vergleich zum 10jährigen 
der mittlere Barometerstand 1,26 zu hoch (1851-1860 : 333‘,90), 
der höchste en 0‘,13 zu hoch (18°!/;o im Mittel: 339,49), 
der tiefste 2“ 0‘“,51zu hoch (18°!/,, im Mittel: 326,91). 
Die grösste Schwankung im ganzen Monat beträgt 12‘',20, 
(1851 —1860 im Mittel : 12°‘, 58), 
innerhalb 24 Stunden aber + 7‘,02 (am ®/, Abends 10 Uhr). 
Die mittlere Lufttemperatur war 30,67 zu hoch (185!/,,: 00,24,), 
die höchste Luftwärme war 6%,5 zu hoch (185!/., im Mittel 69,3.), 
die niedrigste Luftwärme war 80,6 zu hoch (185!/,, im Mittel — 90,6,). 
Die grösste Schwankung im ganzen Monat beträgt 13°,8, 
(1851—1860 im Mittel 150,9), 
innerhalb 24 Stunden aber +6°,6 (am 28/,, Mittags 2 Uhr), 
innerhalb 8 Stunden endlich +11°,2 (am 29 von Mg. 6.— Mttg. 2 U.) 
Die mittleren Temperaturen der einzelnen Pentaden sind folgende 


1867 1851—1864 Differenz 
31. Jan.— 4. Febr.: 30,58 0°,21 + 30,37 
5. Febr — | 9. |, 2,82 0,73 + 2,09 
10, aan! 3,14 —0,45 + 3,59 
15a ae 198 IN 2,80 a + 2,99 
2055 u. 041, 4,20 —0,10 + 4,30 
95.2, v2 | Mrz: 6,53 1,03 + 5,50 
(NB. wegen des Schalttages hat die letzte Gruppe in diesem Jahre 


6 Tage.) 
Die Temperatur sank unter 09 a) überhaupt an 1 Tage. 
b) im Mittel an 0 Tagen. 
c) ganzu. garan 0 Tagen. 
Der mittlere Dunstdruck war 0',54 zu hoch (1851/,, : 1,66), 
die mittlere relative Feuchtigkeit aber 5,1%), zu tief (1851/g0:81,40/,). 
Die Menge des Niederschlags war 44,0 C.-Z. zu gering 
denn im Mittel von 18°1/go giebt es 163,2 C.-Z. Niederschlag wovon 
94,0 auf den Regen an (4—5 Tagen) und 69,2 auf den Schnee (an 6—7 
Tagen) kommen. 
Die mittlere Himmels-Ansicht war wie im Mittel der Jahre 
1851 —1860 wolkig. Die mittlere Windrichtung lag zwischen W und 
WSW, während sie im Mittel der Jahre 1851—1860 zwischen W und 
WNW (N— 79012’ — W.) liegt. Electrische Erscheinungen sind in die- 
sem Monat hier in Halle nicht beobachtet. Schubring. 


F Station zu 
Februar 1868. Beobachter: Herr 
Fuftdneoj Dunsidruck TeeJatfve” Luft - 
= auf 0° redueirt. NT, Feuchtigkeit iasa 
2 1300 Pariser Linien+ ren: in Procenten. a 
(<i 
A |v. 6.|M. 2.]A.10 | Mitt |V.6.]M.2]A10]Mit.| V.6] M.2]A. 10]Mit. | V. 6.]M. 2. 
ı |30,76|28,07|27,42/28,75l1,43|2,19| 2,54 2,05| 53 | 67 |.69 | 63 34| 5,6 
2 |29,67|32,25|33,76/31,89[2,0912,12]1,8912,03| 73 | 68 | 78 | 73 40| 5,1 
3. 131,55/30,77|33,77/32,03[2,1412,31|1,77|2,07| 98 | 64 | 74 | 79 1,0) 68 
4 |36,04137,63/36,64136,77|1,79)1,57[1,59 1,65| 78 | 57 | 64 | 66 1,6) 3,6 
5 |37,03|37,68/36,39|37,03|2,1312,61|2,17 2,30| 69 | 75 | 77174 | 4,9| 62 
6 |34,9834,89)35,68135,18[2,3412,12|1,91/2,12| 8s | 65 | 75 | 76 32| 56 
7 136,54135,73/34,07/35,45|1,7511,9511,7411,81| 77 | 66 | 81 | 75 14| 44 
s [31,15/31,37/32,47|31,66|1,85/2,03|2,05/1,988| 82 | 72 | 85 | so 14 38 
9 135,41/37,67|39,49[37,52]1,5011,81/1,4211,41| 74 | 56 | 69 | 66 0,2] 1 
10 |38,93|36,71137,34137,66|1,3712,1412,4711,99| 63 | s3 | 87 | 7 1,0| 28 
11 |36,23|35,69|34,87'35,60]2,77/1,5111,641,97| s9 | a8 | 59 | 65 50| 52 
12 135,56135,51135,7735,6111,521,612,02|1,72]| 68 | 63 | 87 | 3 1,2 2,8 
43 136,25\36,08|35,56|35,96]1,74/2,21/2,24|2,06] sı 87 | 83 | sa 0,8| 2,6 
14 |34,14134,83|35,76|34,912,38|2,70)2,80|2,63| ss | s5 | 92 | sg 34| 52 
15 135,40|35,20/34,98|35,19]2,4812,24|2,06|2,26| ss | 7a | 74 | 79 38| 47 
16 1|36,60|38,27|39,62|38,16|1,5611,95|1,98)1,83| 65 | 70 | 90 | 75 2,0) 39 
17 |39,38138,84 38,23/38,82]1,81/1,7711,5911,72] s6 | 54 | 67 | 69 0,6| 5,6 
18 |37,48|36,61,36,48/36,86]1,60 1,5711,83)1,67| 74 | 47 | 81 | 67 0,8) 5,9 
19 |35,52)34,62|34,60|34,9111,60|2,9912,04 2,21] 87 | 93 | 81 | sz |—1,0| 54 
90. |35,11\35,74|35,95|35,6012,08 3,06 2,37|2,50| 87 | ss | sı | 85 20| 6,3 
91 |35,35134,89|34,21134,82|2,36 1,87|1,97 2,07| 84 | 57 |. 66 | 69 38| 5,7 
23 |33,87|33,40/32,5133,26]2,49/2,68|2,6112,59| 92 | 79 | 87 | s6 | 3,4] 60 
23 |31,55/33,84 35,95|33,78[2,6812,20 2,05 2,31] 92 | 64 | 55 |80 | 42| 62 
24 |37,20/36,43/35,61/36,41)2,0011,782,1811,99| 87 | 59 | s0 | 75 | 1,6| &€ 
25 |33,91\34,82)36,34,35,02[2,66 3,7713,39 8,27| ss | 97 | 92192 | 4146| 7,« 
26 |36,32|36,49 36,23|36,35]3,45/3,31 12,80 3,19| 90 | 73 | 74 | 79 7,4| 9,4 
27 |35,64\35,46|35,43135,5112,79,2,8412,6112,75] 79 | 70 | 75 | 75 64| 81 
os |35,05135.21\35,64,35,30[2,47 2,50 2,6112,53| 78 | 72 | 82 | 77 52| © 
29 |35,12133,95 31,86|33,64]2 00 4,13 2,931 3,02| 87 | 69 | 81 | 79 1,6 | 12,8 
Mitt. | 35,09]35,13]35,26|35,16]2,10]2,31|2,18/2,20 [80,86| 69,72]78,48176,34] 2,72] 5,5( 
Max 39623882] 413 7 98 92 12,8 
Min. 27,42|28,75 1,31 1,41 48 63 |—1,0 
Druck der trocknen Luft: 271" 8"',96 — 332',96. 
Niederschläye. 
| Tage. | Menge auf 1 Q.-Fuss.. | Höhe. 
Regen und Nebel 6 79,0 Cub.-Zoll 6,58 L 
Schnee 2 40,2 A 3,550 
Summe Ss 119,2 „ 9,93 


Electrische Erscheinungen: 


Keine. 


Halle a. d. 8. 
Mech. Kleemann. 


G 


Februar 1868. 


Lawseite des Horizonts: 


SO...NW (83—4). 


Wasserstand 


ae Niederschläge 
irme. A . ; > 
en. Windesrichtung. Sa a gemessen tägl. um a San i 
( i Zeh nein: 2 Uhr Nachm. mstr.Engelhardt 
A.10] Mit.| V. 6 | M. 2A. 10 |V.|M]A.|M| Art u. Zeit. [Cub.Z2.| F. | Z. 
wo) 53| _w. |sw | sw lio| s| o| 6 7 2 
21| 37 |wsw/wnw w |5| 745 7 4 
20 | 3,5 |. W W w 10] 8| 4| 7|S. Mg. 372 7 11 
24) 25 | SW |wsw|wsw|sı 2] s 8 11 
33 | 5,0: | W W SW ı S| 9| 9 9 9 7 
371381 SW Ww w [9 5 67 10 1 
BB: | W W w |2 1163 9 10 
DEI 274; W sw | Nw |9 810) 9|R. Ab. 9 5 
03! 07 I NW |WNWIWNW| 0) 3 9 4 10,0 8 11 
40 | 236 | NW | w |wsw [10101010 8 5 
3,7 | 4,6 W W | NW [10] 7110) 9 8 1 
27 292 NW W | NW | 0 10110) 7|S. Nchm 30 1 y 
33 NW w Ww |10) 10/1010 ' 7 I 
471| 44 Ww W w 110) 10110/10|R.Ncht.12-13. 950 7 11 
3,71 41 Ww W w do] slıo| 9 ' 7 11 
10|22| Ww | NW |wnwl3| 6|.0:3 8 1 
19 | 27 |wnw|nw | w |s| ıl o| 3[®.Ncht.15-16| 71 | 8 9 
1,3 | 2,7 W W | NWw|9| 0 0/3 8 3 
26 | 253 | NW I SO | nw | 1| 2) 4| 2 8 0 
43142| © |SSO|) s |9ı 910) 9 7 6 
4,5 | 4,7 S sw | sw Jıo| 710) 9|R. Ab, Sr 7 4 
4,6 | 4,7 |WSWIwsw| S 10) 911010 ’ 7 3 
2,1| 42 S SW | Nw l10| 8| A| 7 7 2 
39 | 3,2 S sw | sw | Ss} 10110) 9 7 2 
70| 64 | SW | w | sw [10/10110.10|N. gnz. Tag.| 82 7 4 
7,3 | 80 | W w |wsw [1010 0 7 8,2 7 4 
6,2 | 6,9 | SW | sw | sw Jıo| 8110| 9 7 5 
5,8 | 5,6 | SW | sw | Ss [1010110110 8 2 
6,7 | 7,0 | SO Ss so I1ı| 2 011 8 3 
3,54] 3,91 | Mitti. Windrichtung | 87 |7 | 7|R = Regen. 8 1 
8,0 S (76048'54°)W |, neblie | S. — Schnee. 10 1 
1,9 W. z. 8. —AeDNE|N — Nebel. 7 2 
Windrichtungen. Himmelsansicht. 
0 mal N 7 mal S bedeckt (10.) Tage: 6 
BEL ENNON.0- „ SSW trübe (9. 8.) = 8 
02752807 1,18% 75,-5W. wolkig (7. 6) 5 7 
0 „ ONO| 7 „ WSW ziemlich heiter (5.4) „ 2 
DD, 32. ,,W heiter (3. 2. 1.) = 6 
0 „ OSO| 5 „ WNW völlig heiter (0) 5 0 
3 „80 13 ,„ NW durchschnittlich: 
%12.,,550%.,.07.., NNW trübe (4), 


Druckfehler 


im Jahresbericht der meteorologischen Station zu Halle 
pro 1867 
im Januarhefte dieses Bandes. 


Seite 76. Zeile 15 v. o. mittlere Morgentemperatur im Kalender-Jahre 
50,69 statt 50,67. 

Ebd. Zeile 10, 14 u. 15 die Minimaltemperatur von —10°,2 am 6. Ja- 
nuar ist um 8 Uhr Mg. beobachtet, um 6 Uhr war die Temperatur 
— 90,3; cfr. Januarbericht 1867. 

Seite 79. Zeile 18 Höhe des ganzen Niederschlags im Frühling 72',12 
statt 72,17. 

ferner im Januarbericht 1868: 
(Seite A.) 

Zeile 1 (excl. der Ueberschriften) lies 1868 statt 1867. 

Zeile 19 lies 1868 statt 1867. 

Zeile 20—25 lies 1. Jan.— 5. Jan. statt 27. Nov.— 1. Dec. 

6 „ —10. „ 5 2. Dee.— 6, „ 
a 
16. „ —20. „ Bd 6, 
212 „25, , la. 2 
26. „ —30. „ ER 


2 BL h; ee 
der Succession der Mineralien 
‚gspalten vom Saalbande an gezählt. 


Der Spatheisenstein meist krystallinisch. Spath. senstein grobkrystallinisch, 


Spatheisen SEN ‚Blende Bleiglanz » 
o Eisenspath ie ee 4 Be nde Spatheisen Kikspi. Braunspath 
uarz 3 2 
Quarz? Blende 
- _ Blende Quarz Kiksh. 
Eisenspath Bleiglanz Quarz a Blende Bleiglanz Flussspath ii 5 5 Lb £ 
Eisenspath Blende? Bleiglanz - 
| Quarz? Blende 
| Eisenspath Quarz Blende Bleiglz. | Spathst. Qjuar|z Flussspath Bleiglanz Blende Spathst. Kikipth. Comps, 
| Eisenspath Qujarz - Blende Bleiglz. Spathstein. Quarz : S Be ” GE NEL 
| Eisenspath Quarz Blende | Quarz FAR 111942 
| Eisenspath | Blende? Quarz ; 
| Blende | Quarz IBRAN 
| Talk | Quarz Eisenspath Blende Spathstein Kiksth. 
| 3 | Blende Quarz Klkssth. 
Eisenspath Quarz Blende Flussspath ) 
Eisenspath y Bleiglanz } Quarz Kies Blende Quarz 2 Kies 
{ Talk J | Quarz? Kies Blende 4 | Quarz Spatheis. 
| Quarz Blende Kies Bleiglz. Spathstein Quarz“ Flussspatı Bleiglanz 
b | Bleiglz. S .  Quarz* 
. Kupferkiest pathatein 
| Blende h | Qularz Bleiglanz Blende Spatheis. 
| Eisenspath Blende Kies | Bleiglanz Spathstein Quarz Klkıpth, 
| Blende | Spathst. | Kksp. 
| Blende (Bleigl.? + Spathst,)? Quarz Flussspath Klikipth. 
| Blende | (Beilgl. + Spathst.)? Quarz | 
| Blende | @Bleigl. + Spathst.)? Quarz Spathst. Kikıpth. 
| Eisenspath? Quarz Blende Wolfram Quarz 
| Talk Quarz Eisenspath Blende Mn et) } Quarz Bleiglanz 
olfram 
Blende Quarz Kies 
| Eisenspath Bleiglanz Blende Bleiglanz Quarz | 
Eisenspath? Milchquarz Blende Bleiglanz Quarz | 
| Quarz Eisenspath Bleiglanz (re Kies Blende Quarz Klkspth. Bleiglanz 
Flussspath Blende Kies Quarz 
, Quarz Spatheisen Bleiglanz Kies Klkspth. 
| (Bleigl. + Eisenspth.)® Quarz Klkspth. 
| Eisenspath Bleiglanz Flussspath Quarz Blende Quarz _Spathstein* 
| Eisenspath Flussspath Blende Bleiglanz, 
| Quarz Bleiglanz Flussspath Spatheisen Kies 
| Flussspth. Quarz Bleiglanz Kies 
| Eisenspath Flussspath (Bleiglanz -+ Eisenspath)? Quarz 
z | Quarz Kies Eisenspath Flussspath r Quarz 
2 | Bleigl. Kies Eisenspath Quarz Kikspth Bleiglanz 
Im “ | Bleigl. LIEBEN Quarz - Bleiglanz Seit 
ussspth. isenspath Kikspth. 
r Wolfram? Quarz 
Gun? & | Eisensp. = Bleiglanz Kies Kikspth. Cukies 
uarz ies uarz | Kikspth. 
| Eisensp. Quarz Cukies 
| Flssraum. Eisenspath Klkspth. 
| Quarz Eisenspath | Quarz lea 
Quarz eiglanz 
| Eisenspath Bleiglanz Quarz | Eisensp. Kikspth, 
| Eisensp. Qujarz Bleiglanz 
| Quarz Eisenspath Bleiglanz Eisensp. 
| Quarz Bleiglanz Eisensp. 
| Eisensp. Quarz Bournonit 
| Talk? | Quarz Eisenspath Bleiglanz Quarz Quarz Ben Cukies 
| Quarz Kies | Eisensp. Quarz? Bleiglanz Kikspth. 
me. | Blende Eisenspath Blende a Bleiglanz Eisenspath Kiksptb. 
uarz+-Kies Eisenspath uarz Blende 
| Blende Bleiglanz Eisenspath Bleiglanz Quarz 
| Quarz Kies Eisenspath Quarz Blende Eisenspath 
Eisenspath N Quarz) mit Blende in Grauwackenmasse mit Blende, Quarz und Bournonit 
= Bruchstücke 
(Eisenspath Blende)? | 
| Eisenspath Blende Eisenspath Quarz 
| Eisenspathı Bleiglanz Blende Eisenspath Quarz 
F | Bleiglanz Blende Eisenspath Flussspath 
| Quarz Eisenspath Bleiglanz _ Quarz  Bleiglanz 
Quarz Braunspath Quarz Braunspath Quarz 
| Quarz | (BB, ea. 
Cukies } | Bleiglanz Blende | Qujarz Bleiglanz Eisenspath Blende b 
5 Thonschieferteig Blende AN Bournonit Kupferkies 
| Milchquarz (Eisenspath -+ Bleigl.)? Quarz Elkspth. 
Hangendes | Spatheisen Bleiglanz Quarz 
Liegendes | Spatheisen Bleiglanz Quarz Bleiglanz Kies Quarz Kies 


Kalkspatı Quarz Braunspath. 


Zei. 
Zeil 
Zeil 


SF, eitschrift 


für die 
(resammten Naturwissenschaften. 


1868. März. Ne II. 


Ueber die Kinwirkung des kohnlensauren Ammo- 
niaks auf Monochloressigsäureäther 
von 
W. Heintz. 


(Aus den Ann. d. Chem. u. Pharm. Bd. 141 S. 355 im Auszuge mit- 
getheilt v. d. Verfasser.) 


Die Untersuchungen von Socoloff und Strecker!) 
über die Benzoglycolsäure und die Benzomilchsäure,, von 
Wurtz?2) über die Butyromilchsäure, von Wislicenus>) 
über die Acetomilchsäure und von mir) über die Acetoxacet- 
säure oder Acetoglycolsäure haben bekanntlich zu der Ansicht 
geführt, dass die Säuren der Milchsäurereihe zwar wahre 
Säuren sind, dass sie aber andererseits auch als Alkohole 
betrachtet werden können. 

Diese Ansicht wird hauptsächlich durch den Umstand 
gestützt, dass diese Säuren Wasserstoff gegen Säureradical 
austauschen können, ohne dabei eine Veränderung in ihrer 
Basicitätzu erleiden. Dasjenige Wasserstoffatom in den Glie- 
dern der Milchsäurereihe, an dessen Stelle Säureradical ein- 
geführt werden kann, muss also ein anderes sein, als das, 
welches in den Salzen derselben durch Metall ersetzt wor- 
den ist. Dieses macht sie zur Säure jenes zum Alkohol. 


1) Ann. d. Chem. u. Pharm. LIII, 17. 
2) Daselbst CXII, 252. 
3) Daselbst CXXV, 41. 
4) Daselbst CX VIII, 325. 
Bd. XXXI, 1368. 13 


182 


Wenn aber wirklich allgemein richtig ist, dass ein Atom 
Wasserstoff in den Gliedern jener Reihe durch Metall, ein 
zweites durch Säureradical vertreten werden kann, so darf 
man voraussetzen, dass eben so gut, wie durch ein Atom 
eines zweiwerthigen Metalls, welches an die Stelle zweier 
basischen Wasserstofiatome von zwei Moleculen dieser Säuren 
tritt, diese zwei Molecule zu einem vereinigt werden können, 
dies auch durch ein zweiwerthiges Säureradical müsse ge- 
schehen können, indem es die Stelle zweier Atome Alkohol- 
wasserstofl in zwei Moleculen derselben einnimmt. 

Dass dem wirklich so ist, das ist, wenn ich nicht irre, 
erst durch Ein Beispiel nachgewiesen worden, nämlich durch 
die Existenz des Succinylodimilchsäureäthers, welchen W urtz1) 
zuerst darzustellen versuchte, Wislicenus?) aber durch 
Einwirkung des Succinylchlorids auf Milchsäureäther zuerst 
rein erhielt. 

Meines Wissens hat man noch nicht versucht, das Ra- 
dical Carbonyl zu benutzen, um zwei Molecule Glycolsäure 
oder Milchsäure zu einem complexeren Molecule zu vereinigen. 
Und doch schien mir gerade eine Untersuchung in dieser 
Richtung von besonderem Interesse. Versuche, welche zu- 
nächst mit kohlensaurem Natron angestellt wurden, haben 
gelehrt, dass in einem Gemisch dieses Körpers mit Mono- 
chloressigsäureäther eine merkliche Bildung von Chlornatrium 
erst bei sehr hoher Temperatur, etwa bei 180 bis 200° C,, 
eintritt. Allerdings ist gelungen, den Nachweis zu führen, 
dass hierbei eine ätherartige bei ziemlich hoher Temperatur 
kochende Flüssigkeit gebildet wird, indessen nur in so gerin- 
ger Menge, dass es mir noch nicht möglich war, sie von 
dem unzersetzten Monochloressigsäureäther zu trennen. 

Das war der Grund, weshalb ich von der Anwendung 
des kohlensauren Natrons zu gedachtem Zweck abstand und 
anstatt dessen das kohlensaure Ammoniak wählte, von dem 
ich voraussetzte, es müsse wegen seiner Flüchtigkeit leichter 
auf den Monochloressigsäureäther einwirken. Dies ist in der 
That der Fall, allein die Zersetzung verläuft auf eine ganz 


1) Annalen d. Chem. u. Pharm. CXIX, 369. 
2) Daselbst CXXXII, 257. 


183 


andere Weise. Deshalb habe ich die Versuche mit dem 
kohlensauren Natron in etwas abgeänderter Weise neuerdings 
wieder aufgenommen. Ich hoffe, die Resultate derselben bal- 
digst mittheilen zu können. 


In dem Folgenden soll nur von der Einwirkung des koh- 
lensauren Ammoniaks auf den Monochloressigsäureäther die 
Rede sein. 


Werden Röhren, in denen ein Theil käufliches kohlen- 
saures Ammoniak und zwei Theile Monochloressigsäureäther 
eingeschmolzen sind, bis 120° C. erhitzt, so färbt sich das 
Gemisch bald gelb und braun. Nach sechsstündigem Erhitzen 
ist viel Kohlensäure frei geworden. Beim Erhitzen der aus- 
gezogenen Spitze wird diese nämlich aufgeblasen und ein star- 
ker Strom dieses Gases entweicht. 


In sämmtlichen Röhren findet sich nach der Erhitzung 
theils feste, theils Hüssige Substanz. Erstere löst sich schon 
in wenig Wasser auf und bildet die obere Schicht, während 
die letztere sich am Boden des Gefässes ansammelt. Mecha- 
nisch lassen sich beide Schichten leicht trennen. 


Zur weiteren Untersuchung wird die untere ätherartige 
Schicht zuerst mit Salzsäure enthaltendem Wasser, dann mit 
verdünnter Lösung von kohlensaurem Natron, endlich mit 
Wasser geschüttelt, über Chlorcalcium getrocknet und der 
fractionirten Destillation unterworfen. 


Bei der Destillation geht zuerst unzersetzter Monochlor- 
essigsäureäther über. Dann steigt die Temperatur ziemlich 
gleichmässig und schnell bis 260° C., und von dieser Tem- 
peratur bis 295° C. geht eine bedeutende Menge einer dick- 
flüssigen Flüssigkeit über, während eine braune zuletzt auf- 
schäumende dickliche Masse in der Retorte zurückbleibt. 


Aus diesem letzten Destillat wird durch fractionirte De- 
stillation, wenn man das zwischen 280 und 290° C. Ueber- 
gehende gesondert auffängt, eine Verbindung erhalten, welche 
sich als nahezu reiner Triglycolamidsäureäther zu erkennen 
giebt. Sie besitzt denselben Kochpunkt, dieselbe Farbe und 
Consistenz wie dieser, ist nicht ganz ohne Zersetzung flüchtig 
und setzt sich unter dem Einfluss von in Alkohol gelöstem 
Ammoniak in eine krystallisirte Substanz um, welche alle 

13 * 


184 
Eigenschaften des Triglycolamidsäuretriamids besitzt, wie ich 
sie in dieser Zeitschrift Bd. XXIX, S. 109 beschrieben habe. 
Auch das a. a. Orte geschilderte Verhalten des Thri- 
glycolamidsäureäthers zu kaltem, warmem und kochendem 


Wasser kann an diesem Product beobachtet werden. 
Die Elementaranalyse hat folgende Resultate ergeben: 


gefunden berechnet 
Kohlenstoff 51,83 52,36 12 
Wasserstoff 1,88 7,64 21H 
Stickstoff 5,21 5,09 ıN 
Sauerstoff 35,08 34,91 68 
100,00 100,00. 


Da die Kohlensäure bei der Bildung dieses Körpers ohne 
Einfluss ist, so lässt sich dieselbe durch folgende Gleichung 
darstellen : 

C2H29. 
4NH?®, \ es ‚10 {ki aut N (no 

Sie ist ganz Yon. en welche die Bildung der 
Triglicolamidsäure aus Monochloressigsäure und wässerigem 
Ammoniak darstellt. 

In diesem Falle aber bildet sich auch Diglycolamidsäure 
und Glycocoll, und es ist daher vorauszusetzen, dass bei dem 
jetzt studirten Process als Nebenproducte auch die Aether 
dieser beiden Körper auftreten möchten. 

Diese Aether können möglicherweise in den leichter ko- 
chenden Flüssigkeitstheilen enthalten sein. Da indessen die 
Eigenschaften derselben noch nicht bekannt sind und es nicht 
gelingen wollte, selbst die bei 260 bis 280° ©. überdestilli- 
rende Portion durch Wiederholung der fractionirten Destilla- 
tion ganz von dem Monochloressigsäureäther zu befreien, so 
musste zur Erkennung der Natur dieser Flüssigkeit ein an- 
derer Weg eingeschlagen werden. 

Am Einfachsten wäre es wohl gewesen, den Aether 
durch eine Basis zu zersetzen und aus der Natur der gebil- 
deten Säuren einen Rückschluss zu machen auf die Zusammen- 
setzung desselben. Ich wählte indessen einen freilich weniger 
sicheren, aber, falls der Versuch gelang, möglicherweise zur 
Kenntniss zweier neuen Verbindungen führenden Weg. 

Bestand jener Aether, wie ich vermuthete, im Wesent- 
lichen aus dem Glycocolläther und dem Diglycolamidsäure- 


185 


äther, so mussten daraus unter dem Einfluss von wasserfreiem 
Ammoniak diejenigen Verbindungen entstehen, welche dem 
durch gleiche Zersetzung des Triglycolamidsäureäthers sich 
bildenden Triglycolamidsäuretriamid analog sind, das Glyco- 
collamid und das Diglycolamidsäurediamid. 


Triglycolamidsäure- Diglycolamid- E 
triamid säurediamid Glyeocollamid 
(NE2H?0, H,H) N(e2H20, H, H) N(e2H?2®, H, H) 
N\N(€2H20, H, H); N {N(£2H20, H, HB); N!{H 
(N(€2H20, H, H) H 
Trioxäthylen- Dioxäthylen- Oxäthylen- 
ammonamin ammonamin ammonamin. 


Da aber jedenfalls noch Monochloressigsäureäther in 
jenem Aethergemisch vorhanden war, und gewiss auch Tri- 
glycolamidsäureäther, so waren in dem Producte jener Ein- 
wirkung auch Monochloracetamid und Triglycolamidsäuretri- 
amid zu erwarten. 

“ Es ist mir nicht gelungen aus diesem Gemisch auch nur 
eine der darin zu erwartenden Substanzen rein darzustellen, 
obgleich ich die Versuche vielfältig variirt habe. Bei Zer- 
setzung eines Theils dieses Gemischs durch Kochen mit Ba- 
rythydrat entwickelte sich reichlich Ammoniak und unter den 
Producten dieser Zersetzung gelang es neben Triglycolamid- 
säure Glycocoll nachzuweisen, das an seinen Eigenschaften 
und denen seiner Kupferverbindung leicht erkannt wurde. 

Um noch ein helleres Licht auf den Umsetzungsprocess 
zu werfen, welcher bei Einwirkung des kohlensauren Ammo- 
niaks auf Monochloressigsäureäther stattfindet, schien mir die 
Untersuchung auch der wässerigen und der salzsauren Lö- 
sung nützlich zu sein, welche durch Schütteln des Inhalts 
der Röhren, worin jenes Gemisch auf 120°C. erhitzt worden 
war, mit reinem und mit salzsaurem Wasser erhalten wurden. 


Die wässerige Lösung setzte beim Verdunsten viel Sal- 
miak ab, die Mutterlauge gab dann beim Eindampfen mit 
überschüssigem Bleioxydhydrat hauptsächlich ein in Wasser 
leicht lösliches Bleisalz. In dem in Wasser nicht löslichen 
Theil fanden sich nur sehr kleine Mengen organischer Sub- 
stanz. Der im Wasser lösliche Theil lieferte etwas Glycocoll. 
Diglycolamidsäure war nicht darin zu finden. Die salzsaure 
Flüssigkeit schied schon beim Abdampfen und Wiederauflösen 


186 


Krystalle von Triglycolamidsäure ab, und lieferte ausserdem 
noch geringe Mengen Diglycolamidsäure und Glycocoll. 

Zur Auffindung dieser Körper ist in beiden Fällen die 
Methode benutzt worden, die aus dem Bleisalz abgeschiedene 
organische Substanz mit kohlensaurem Zinkoxyd einzudampfen 
und den Rückstand mit Wasser auszuziehen, und sowohl das 
unlösliche als das lösliche Zinksalz, ersteres in der Kochhitze, 
durch Schwefelwasserstoff zu zersetzen. 

Das Glycocoll ist stets durch den süssen Geschmack und 
die characteristische Kupferverbindung erkannt worden, 
welche bekanntlich in heissem Wasser mit tiefblauer Farbe 
reichlich, in kaltem nur schwer löslich ist und aus der er- 
kaltenden Lösung stets in sehr feinen mikroscopischen Na- 
deln anschiesst. 

Die Diglycolamidsäure ist theils analysirt, theils durch 
die Bildung einer in grossen rechtwinkeligen Tafeln krystalli- 
sirenden leicht löslichen salzsauren Verbindung charakterisirt 
worden. 

Die Triglycolamidsäure, schon an ihrer Schwerlöslich- 
keit in Wasser und an der eigenthümlichen Form ihrer Kry- 
stalle kenntlich, ist ebentalls analysirt worden. 

Die analytischen Resultate sind folgende: 


Diglycolamidsäure Triglycolamidsäure 

gefunden berechnet gefunden berechnet 
Kohlenstoff 37,21 37,69 36,00 36,09 
Wasserstoff 4,99 4,71 5,49 5,26 


Aus den vorstehenden Thatsachen ergiebt sich zunächst 
mit Bestimmtheit, dass der Aether der Triglycolamidsäure bei 
Einwirkung des trockenen kohlensauren Ammoniaks auf Mo- 
nochloressigsäureäther gebildet wird, da es gelungen ist, den- 
selben aus den Producten dieser Zersetzung in reinem Zu- 
stande abzuscheiden. 

Ich glaube indessen auch als erwiesen betrachten zu 
dürfen, dass dabei neben diesem Aether auch Diglycolamid- 
säureäther und Glycocolläther gebildet werden. 

Namentlich halte ich den Umstand, dass bei Zersetzung 
des destillirten Aethers durch Ammoniak eine Basis entsteht, 
durch deren Zersetzen mit Barythydrat Glycocoll erzeugt 
wird, für einen genügenden Beweis der Bildung des Glyco- 
colläthers. 


187 


Aber auch Diglycolamidsäureäther ist offenbar unter den 
Producten jener Umsetzung. Es ergiebt sich dies aus dem 
Umstande, dass, während in dem Wasser, womit der Aether 
geschüttelt wird, merkliche Mengen dieser Säure nicht auf- 
gefunden werden konnten, die darauf angewendeten, mit 
Salzsäure angesäuerten Waschwasser reichliche Mengen da- 
von enthielten. Es scheint durch diese Operation der Digly- 
colamidsäureäther am Meisten zersetzt worden zu sein. 

Die Processe, welche in dem Gemisch von Monochlor- 
essigsäureäther und Ammoniak bei 120% C. gleichzeitig vor- 
gehen, können demnach durch er drei Gleichungen 
ausgedrückt werden: 


E g2H2Q) 
£2H29 9 
I. cıto, 2NH> — "ar Re Hl 
c2H5 E 
g2H20! 
C2H20Q' a 24° 
of Keha anna Ne £2H20) 
g3H> \ geh, 
H 
€2H20 
c2H? 
c2H20 
II. ı z I, INES — all Non 
243° 9 G2H?9 
a, 


Die vollständige Analogie dieser Zersetzung mit der, 
welche die Monochloressigsäure unter dem Einfluss des Am- 
moniak erleidet, ist also dargethan. 


Ueber phosphorsaures Zinkoxyd und phosphor- 
saures Zinkoxyd-Ammoniak 


von 
W. Heintz. 


(Aus den Ann. d. Chem. u. Pharm. Bd. 143 S. 356 im Auszuge mit- 
getheilt v. d. Verfasser.) 


Mit der Angabe von Graham!), dass durch Fällung 
einer heissen Lösung von schwefelsaurem Zinkoxyd durch 


1) Annalen der Chem. u. Pharm. XXIX, 23*. 


188 


eine ebenfalls heisse Lösung von phosphorsaurem Natron eine 
Verbindung von der Zusammensetzung 2Zn®, H?0, P?20°+-2aq. 


(in unsere jetzige Schreibweise umgeformt Be 93--.H?91) 


niederfalle, steht die Angabe von Debray:), wonach durch 
Erhitzen einer Lösung des sauren phosphorsauren Zinkoxyds 
ein Niederschlag von der Zusammensetzung PO5, 3ZnO, 


109 — netten) entsteht, im Widerspruch. Dass 


Grahams Angabe falsch ist, geht auch daraus hervor, 
dass, wie schon Mitscherlich beobachtete, die von dem 
phosphorsauren Zinkniederschlag abfiltrirte Flüssigkeit sauer 
reagirt. 

Es ist hiernach klar, dass der Körper y noch 
nicht bekannt ist. Da nun Verbindungen von dieser Form 
häufig entstehen, wenn sich das phosphorsaure Salz aus durch 
Essigsäure stark saurer Flüssigkeit absondert, so hielt ich es 
für wahrscheinlich, dass in dieser Weise auch das betreffende 
Zinksalz dargestellt werden könne. In der That entsteht, 
wenn man mit Essigsäure stark angesäuerte Lösung von phos- 
phorsaurem Natron mit ebenfalls essigsaurer Lösung von 
schwefelsaurem Zinkoxyd mischt, ein weisser krystallinischer 
Niederschlag, der sich leicht auswaschen lässt. Herr Stud. 
pharm. Ruhbaum hat diesen Niederschlag auf meine Ver- 
anlassung quantitativ untersucht. 

Der Wassergehalt dieses gut gewaschenen und an der 
Luft getrockneten Niederschlags ward durch Glühen ermittelt 
und die Phosphorsäure durch Schmelzen des Gemisches des- 
selben mit"kohlensaurem Natron von dem Zinkoxyde getrennt, 
welches nach sehr anhaltendem Auswaschen mit kochendem 
Wasser unmittelbar gewogen wurde. Dass es vollkommen 
rein war, ward durch besondere Versuche ermittelt. Die 
Phosphorsäure ward natürlich als pyrophosphorsaure Magne- 
sia bestimmt. 

Bei der Analyse wurden folgende Zahlen erhalten: 


1) Zn = 65. 
2) Annalen d. Chem. u. Pharm, CXV, 52°. 
3) Zn = 32,5. *) Zu = 65, ebenso im Folgenden. 


189 


E I. II IV. v. WI. Mittel berechn. 


Phosphorsäure 32,61 — 31,29 31,89 32,06 32,60 32,29 31,07 P29° 

Zinkoxyd -.-.— 5139 — -— 51,39 53,17 ZnQ 

Wasser 16,12 16,08 16,0616,18 — — 16,11 15,76 4H20 
- 99,79 100,00. 


Die Formel für dieses Salz ist also gleich der des von 
Debray untersuchten. Allein das Verhältniss zwischen den 
gefundenen Mengen Phosphorsäure und Zinkoxyd ist nicht 
genau dasselbe wie in dem neutralen dreibasischen phos- 
phorsauren Zink. Ich glaube annehmen zu dürfen, dass diese 
Differenz durch Beimengung einer kleinen Quantität des nur 
zu ?/3 gesättigten phosphorsauren Salzes des Zinkoxyds be- 
dingt ist. Eine Mischung von einem Molecul, des Salzes 
(P205, 2Zn0, H?0) + 3H2@ mit vier Moleculen des Salzes 
(P?Q5, 3Zn@) + 4H?9 würde folgende Zusammensetzung 


haben: 
Phosphorsäure 33,2 5 P20> 


Zinkoxyd 51,4 14 Zn@ 
Wasser 16,4 20 H2Q 
100,0. 


Nach diesen Resultaten ist es als sicher anzusehen, dass 
das ohne Essigsäurezusatz gefällte Salz das zu zwei Drittel 
gesättigte nicht sein kann, aber ebensowenig ist es wahr- 
scheinlich, dass es das reine neutrale Salz darstellt. Herr 
Stud. pharm. Rother hat das Salz genau nach der vonGra- 
ham!) vorgeschriebenen Methode dargestellt und bei der 
Analyse desselben folgende Resultate erhalten: 


1 1. Mittel berechnet 
Phosphorsäure 32,47 32,54 32,55 31,07 P295 
Zinkoxyd 52,07 52,05 52,06 53,17 3ZnO 
Wasser —_ 16,09 16,09 15,76 4H2@ 


100,68 100,70. 

Das so dargestellte Salz weicht also nicht wesentlich 
in der Zusammensetzung von der des aus essigsaurer Lösung 
dargestellten Salzes ab, und ist es ein Irrthum, wenn Gra- 
ham demselben die Formel (P205,2Zn@, H?Q) -+- 2H?Q giebt. 
Ein Salz von der Formel (P295, 22n9, H?0 + xH?Q ist in rei- 
nem Zustande bis jetzt nicht dargestellt worden. 

Endlich schien es mir nicht uninteressant, auch die Zu- 
sammensetzung des aus der Lösung des sauren phosphorsau- 


1) Annalen d. Chem. u. Pharm. XXIX, 23*. 


190 


ren Zinkoxyds durch Kochen sich abscheidenden krystallini- 
schen Salzes zu ermitteln. Dieser Versuch ist von Herrn Stud. 
pharm, Herrmann ausgeführt worden. 

Zu dem Ende wurde das nach Graham’s Vorschrift 
dargestellte Salz mit kalter verdünnter Phosphorsäure ge- 
schüttelt und die filtrirte Flüssigkeit gekocht. Der dadurch 
entstandene Niederschlag ward mit heissem Wasser gewaschen, 
an der Luft getrocknet und der Analyse unterworfen. 


gefunden berechnet 
Phosphorsäure 32,02 31,07 P295 


Zinkoxyd 52.23 53,17 3Zn$ 
Wasser 16,26 15,76 4129 
100,56 100. 


Diese Verbindung hat demnach dieselbe Zusammenset- 
zung wie die beiden Salze, deren Analysen weiter oben an- 
gegeben sind. Auch in diesem Salz muss neben dem drei- 
basischen noch eine kleine Menge des Salzes (P295,2Zn@,H20) 
+ xH?0 enthalten sein. Die gefundene Zusammensetzung 
würde nahezu einem Gemisch von 8 Moleculen des ersteren 
mit 1 Molecul des letztern entsprechen. 

Das’in der einen oder andern Weise dargestellte Salz bil- 
det einen weissen krystallinischen Niederschlag, welcher mittelst 
des Mikroscops betrachtet aus kleinen rechtwinkeligen Blätt- 
chen bestehend erscheint, deren Ecken meist abgestumpft 
sind. Entsteht der Niederschlag schnell, so ist die Form der 
Täfelchen undeutlich. Sie sind dann meist zu kleinen Kügel- 
chen verwachsen, in denen aber die einzelnen Blättchen noch 
deutlich erkennbar sind. Wenn es sich langsam abscheidet, 
so bildetes immer noch mikroskopische Krystalle, welche aber 
als deutliche gerade rhombische Prismen erscheinen, deren 
scharfe Kante stark abgestumpft ist. Auf diese Abstum- 
pfungsfläche ist ein Zuschärfungsflächenpaar gerade augesetzt, 
das sich unter einem sehr stumpfen Winkel schneidet. 

Vor dem Löthrohr auf Kohle schmilzt das Salz zu einer 
farblosen Perle, die beim Erkalten undurchsichtig und weiss 
wird. Im Platintiegel kann es aber durch die Flamme des 
Bunsen’schen Brenners nicht geschmolzen werden. 

Meines Wissens existirt nur eine Angabe über die Exi- 
stenz eines phosphorsauren Zinkoxyd-Ammoniaks. Diese An- 


191 


gabe rührt von Bette!) her, der durch Vermischen einer 
ammoniakalischen Lösung von phosphorsaurem Ammoniak mit 
einer Lösung von Zinkvitriol und durch Digestion der Mi- 
schung einen krystallinischen Niederschlag erhielt, der kurze 
Zeit ausgewaschen und zwischen Fliesspapier gepresst , end- 
lich an der Luft getrocknet, der Analyse unterworfen wurde. 
Die dabei erhaltenen Zahlen lassen indessen die Aufstellung 
einer einfachen Formel nicht zu. Das von Bette dargestellte 
und analysirte Salz ist als ein Gemisch anzusehen. 

Das phosphorsaure Zinkoxyd-Ammoniak nahezu rein dar- 
zustellen ist Herrn Stud. pharm. Rother gelungen, welchen 
nach verschiedenen fruchtlosen Versuchen endlich folgende 
einfache Methode zum Ziele führte. 

64 Grm. krystallisirter Zinkvitriol werden in vielem 
Wasser gelöst, dazu die Mischung von 100 Grm. 16 procen- 
tiger Phosphorsäure mit ebenfalls vielem Wasser hinzugefügt 
und endlich so viel Ammoniak zugesetzt, dass der zuerst ent- 
standene Niederschlag ganz wieder gelöst wird. Diese Lö- 
sung bleibt 24 Stunden in einer verkorkten Flasche stehen, 
wird dann von dem aus phosphorsaurer Ammoniak-Talkerde 
bestehenden geringen Niederschlage abfiltrirt und in einer 
flachen Schale nur mit Papier zugedeckt sich selbst über- 
lassen. 

In dem Masse, als das Ammoniak verdunstet, setzt sich 
auf dem Boden der Schale eine krystallinische Rinde fest 
an. Von dieser festen Substanz wird die Flüssigkeit abge- 
gossen. Der Ueberzug sitzt so fest auf der Schale, dass er 
nur mit der Spitze eines Messers stückweise davon losgestos- 
sen werden kann. Zur Reinigung werden diese Rindenstücke 
auf Fliesspapier ausgebreitet und mit eben solchem Papier 
bedeckt gepresst, bis sie keine Feuchtigkeit mehr an das Pa- 
pier abgeben. 

Bei der Analyse wurde durch den Glühverlust die Summe 
von Wasser und Ammoniak bestimmt, die Phosphorsäure aber 
wie oben angegeben durch Schmelzen mit kohlensaurem Na- 
tron u. s. w. von dem Zinkoxyde getrennt; das Ammoniak 
ward durch Kochen mit Natronlauge in einem geeigneten Ap- 


!) Annalen d. Chem. u. Pharm. XV, 129*, 


192 


parate in verdünnte Salzsäure getrieben und endlich in Form 
von Platin bestimmt. { 
Bei der Analyse zweier besonders dargestellter, nur an 
der Luft getrockneter Proben dieses Körpers erhielt Herr Ro- 
ther folgende Zahlen: 
I. Il. IIl. Mittel berechnet 


Phosphorsäure 35,45 35,32 — 35,39 36,22 P29> 

Zinkoxyd 41,72 4158 — 4165 41,33 2Zne 

Ammoniumoxyd 13,65 13,91 13,63 13,73 13,27 (NH420 

Wasser 852 839 783 825 918 2H20 
99,34 99,20 99,02 100. 


Die Formel für dieses Salz ist also: 
(P295, 2 ZnO, [NH*0) + 2H20 oder Zain, a ron 


Das phosphorsaure Zinkoxyd- Ammoniak bildet farblose 
krystallinische Krusten, die aus mikroscopischen rechtwinke- 
ligen Tafeln bestehen, welche oft so dick und so schmal wer- 
den, dass sie als rechtwinkelige Prismen mit gerader End- 
fläche erscheinen. In der Hitze entweicht Ammoniak und 
Wasser und der Rückstand schmilzt im Platintiegel über der 
Bunsen’schen Gaslampe nicht, sintert nur zusammen. Vor 
dem Löthrohr schmilzt dasselbe zu einer farblosen Perle, die 
beim Erkalten klar bleibt und erst bei nochmaligem schwa- 
chem Erhitzen undurchsichtig und milchweiss wird. 

Ein diesem Salz dem Ansehen nach ganz ähnliches er- 
hält man, wenn man die Lösung eines Gemisches von phos- 
phorsaurem Natron und schwefelsaurem Zinkoxyd in vielem 
ammoniakalischen Wasser der Luft aussetzt. So dargestellt 
enthält es aber stets Natron. Das daraus durch Glühen er- 
zeugte natronhaltige phosphorsaure Zinkoxyd schmilzt des- 
wegen schon im Platintiegel durch dieFlamme des Bunsen- 
schen Brenners zu einer wasserklaren Flüssigkeit. 

Unter Umständen kann sich auch eine an Ammoniak 
reichere Verbindung bilden, welche aber bis jetzt noch nicht 
rein hat dargestellt werden können, deren Constitution also 
noch nicht festgestellt ist. 

Herr Stud. pharm. Rother erhielt die fragliche Ver- 
bindung auf folgende Weise: 

Nicht sehr verdünnte Lösungen von 64 Grm. krystalli- 
sirtem Zinkvitriol und 100 Grm. 16procentiger Phosphorsäure 


193 


wurden mit einander gemischt und zu der Mischung Ammo- 
niak in starkem Ueherschuss hinzugefügt; die Mischung blieb 
einige Wochen in einer mit Glasplatte zugedeckten Schale 
zur Winterszeit in einem kalten Raume stehen. Es war da- 
durch ein bedeutender Niederschlag entstanden, der nur kry- 
stallinisch erschien und nicht krustenartig an der Schale haf- 
tete. Derselbe bestand, mit kaltem Wasser vollkommen aus- 
gewaschen, aus Zinkoxyd, Phosphorsäure, Ammoniak und Was- 
ser, und bildete nur sehr undeutliche und kleine mikrosco- 
pische Blättchen. 

Die Analyse dieser Substanz, welche sehr bald nach 
ihrer Darstellung ausgeführt wurde, führte zu folgenden 
Zahlen: 


T. II. Mittel 

Phosphorsäure 27,70 28,13 27,92 
Zinkoxyd 32,08 32,05 32,07 
Ammoniumoxyd 14,65 14,05 14,37 
Wasser 24,44 25,03 24,74 
98,87 99,26 99,08, 


Für diese Substanz liesse sich vielleicht die Formel P2@5 
+ 2Zn@ + (NH%)?@ + NH3 + 7H20 aufstellen, welche 
folgende Zusammensetzung verlangt: 


Phosphorsäure 28,46 
Zinkoxyd 32,46 
Ammoniumoxyd 10,42 
Ammoniak 3,41 
Wasser 25,25 
100, 


Allein gewiss war dieselbe nicht rein. Nur das geht 
aus den Analysen mit Sicherheit hervor, dass die aus einem 
Molecul Phosphorsäure und 2 Moleculen Zinkoxyd bestehende 
Verbindung unter Umständen mehr Ammoniak aufnehmen 
kann, als zur Bildung der dreibasischen Verbindung erfor- 
derlich ist. 

Dies wird bekräftigt durch eine Analyse, welche ich 
selbst mit der von Herrn Rother dargestellten Verbindung 
ausgeführt habe, nachdem sie einige Monate gelegen hatte. 
Allerdings weichen die von mir gefundenen Zahlen von denen 
des Herrn Rother ab, aber wesentlich nur im Wasserge- 
halt. Offenbar hatte die Substanz während des langen Lie- 


194 


gens das Wasser gänzlich verloren, aber nur ein kleines Quan- 
tum Ammoniak. 


gefunden berechnet 


Phosphorsäure 38,06 38,04 3P203 
Zinkoxyd 43,28 43,39 6ZnO 
Ammoniumoxyd 18,24 1857 ° 4(NH20 
Wasser 0,04 _ 

99,62 unge. 


Die gefundenen Zahlen stimmen sehr genau mit den 
nach der Formel 3P295 + 6Zn@ + 4(NH?)2Q berechneten 
überein. 

Dies kann jedoch Zufall sein. Es fehlt noch der Be- 
weis dafür, dass die besprochene Substanz kein Gemenge ist. 

Diesen Beweis hat neuerdings Herr Schweikert im 
hiesigen Universitätslaboratorium geliefert. Er stellte das Salz 
zu dem Zweck genau ebenso dar, wie Herr Rother, nur 
mit dem einzigen Unterschiede, dass dasselbe nur abfiltrirt 
und scharf abgepresst, nicht aber ausgewaschen wurde. 

Bei der Analyse erhielt Herr Schweikert folgende 
Zahlen: 


Schwefelsaures Ammonium 1,35 
Ammoniumoxyd 18,13 
Zinkoxyd 42,99 
Phosphorsäure 37,81 

100,28 


Bringt man das noch in dem Salze enthaltene schwefel- 
saure Ammonium in Abzug, so berechnet sich die Zusammen- 
setzung, wie folgt: 


gefunden von 
Schweickert Heintz berechnet 


Ammoniumoxyd 18,38 18,24 18,57 4(NH2,29 

Zinkoxyd 43,58 43,28 43,39 6Zn@ 

Phosphorsäure 38,33 38,06 38,04 37293 
100,29 99,58 100. 


Versuche, auf nassem Wege zu einem phosphorsauren 
Zinkoxyd-Kali oder -Natron zu gelangen, haben zu keinem 
günstigen Resultate geführt. Ich hatte gemeint, eine solche 
Verbindung könne niederfallen, wenn Lösungen von Zink- 
vitriol mit phosphorsaurem Natron oder phosphorsaurem Kali 
versetzt, der Niederschlag durch Zusatz von möglichst wenig 
Natron- oder Kalilauge gelöst und die erhaltenen Lösungen 


195 


lange der Luft ausgesetzt würden, weil ich erwartete, dass, 
wenn die Kohlensäure der Luft das Alkali langsam in koh- 
lensaures Salz überführte, sich ein phosphorsaures Zinkdop- 
pelsalz als in dem kohiensauren Alkali nicht löslich ausschei- 
den werde. 

Diese Vermuthung hat sich jedoch nicht bewahrheitet. 
Bei dem Versuch, das Natrondoppelsalz darzustellen, fiel aller- 
dings allmälig ein pulveriger, selbst unter dem Mikroscop 
unkrystallinisch erscheinender Körper nieder, in welchem auch 
die Gegenwart von Phosphorsäure, Natron, Wasser und Zink- 
oxyd nachgewiesen werden konnte. Indessen waren Phos- 
phorsäure und Natron nur in sehr kleiner Menge vorhanden, 
wie die Resultate der von Herrn Rother ausgeführten quan- 
titativen Analyse beweisen, welcher fand: 


Phosphorsäure 1,33 
Zinkoxyd - 68,95 
Natron (Verlust) 2,19 
Wasser 27,53 
100. 


Beim freiwilligen Verdunsten der Lösung krystallisirte 
endlich phosphorsaures Natron heraus. 

Die Lösung von schwefelsaurem Zinkoxyd und Phos- 
phorsäure in Kalihydratlösung schied dagegen neben einem 
ähnlichen pulverigen, vielZink und wenig Phosphorsäure hal- 
tenden Körper Krystalle von schwefelsaurem Kali aus. 


Notiz über die Darstellung des diglycol- 
sauren Kalkes 
von 
W. Heintz. 


(Aus den Ann. d. Chem, u. Pharm. Bd. 144 S. 91 mitgetheilt v. d. 
Verfasser.) 


Schon früher hatte ich die Beobachtung gemacht, dass 
bei Verwerthung der Abfälle von der Bereitung des Mono- 
chloressigsäureäthers, welche ausser Monochloressigsäure sehr 
viel Salzsäure enthalten, zur Darstellung von glycolsaurem 


196 


und diglycolsaurem Kalk die Ausbeute an letzterem im Ver- 
hältniss zu ersterem stets besonders gross ausfiel. Ich glaubte 
dies dadurch erklären zu dürfen, dass das durch Sättigung 
jener Flüssigkeit gebildete Chlorcalecium vermöge seiner Fä- 
higkeit, Wasser zu binden, die Bildung einer grösseren Menge 
des von dem glycolsauren Kalk eben durch einen Minderge- 
halt an Wasser sich unterscheidenden diglycolsauren Kalks 
bedingt habe. 

Um diese Beobachtung zur Verbesserung der Darstel- 
lungsmethode der Diglycolsäure zu verwerthen, war noch 
erforderlich, zu versuchen, ob es auf eine einfache Weise 
gelingen möchte, die durch jene Einwirkung erzeugte di- 
glycolsaure Kalkerde von der grossen Menge Chlorcalcium 
und von dem glycolsauren Kalk zu trennen. Ich habe mich 
überzeugt, dass ersteres durch absoluten Alkohol sehr leicht 
gelingt. Von dem glycolsauren Kalk aber kann man ihn 
durch seine Eigenschaft, in etwa 60°C. warmem Wasser sich 
nicht merklich mehr als in kaltem Wasser zu lösen, leicht 
trennen. 

Man verfährt wie folgt: Ein Theil Monochloressigsäure 
wird mit Aetzkalk übersättigt und mit drei Theilen Chlor- 
calcium und zehn Theilen Wasser in einem mit aufsteigen- 
dem Kühler versehenen Kolben 10 Stunden lang gekocht, die 
mit kochendem Wasser verdünnte Flüssigkeit schnell filtrirt 
und das Filtrat nach Entfernung des überschüssigen Kalks 
durch Kohlensäure zum dünnen Syrup verdunstet. Durch 
Zusatz von etwa dem Dreifachen gewöhnlichen Alkohols schei- 
det man den grössten Theil der darin löslichen Kalksalze von 
dem Chlorcaleium ab, filtrirt und wäscht mit Alkohol aus 
oder presst möglichst stark aus. Die vom Niederschlage ge- 
trennte Flüssigkeit wird nochmals im Wasser- oder besser 
Chlorcaleiumbade möglichst vollkommen vom Alkohol und 
vom Wasser befreit, der Rückstand mit käuflichem absoluten 
Alkohol ausgekocht und die Flüssigkeit so lange mit absolu- 
tem Alkohol versetzt, bis dadurch keine Trübung mehr her- 
vorgebracht wird. Nach dem Erkalten wird der Niederschlag 
von Neuem abfiltrirt, mit Alkohol gewaschen und ausgepresst. 
In der von diesem Niederschlage abfltrirten Flüssigkeit habe 


197 


ich nur noch etwas Glycolsäure, aber keine Diglycolsäure 
auffinden können. 

Die Kalksalze werden hierauf in kochendem Wasser ge- 
löst und der zuerst herauskrystallisirende diglycolsaure Kalk 
von der Mutterlauge getrennt und durch Waschen mit kaltem 
Wasser gereinigt. Sobald beim weiteren Verdunsten der Mut- 
terlauge neben den klaren durchsichtigen prismatischen Kry- 
stallen des diglycolsauren Kalks die äusserst feinen mikros- 
copischen Nädelchen des glycolsauren Kalks, welche oft die 
ganze Flüssigkeit gerinnen machen, anschiessen, trennt man 
sie dadurch, dass man durch Zusatz von wenig heissen Was- 
sers den glycolsauren Kalk theils löst, theils abschlämmt, 
wobei der diglycolsaure Kalk fast vollkommen zurückbleibt. 
Beide Salze können dann durch Umkrystallisiren gereinigt 
werden. 

Nach dieser Methode erhielt ich aus 11 Grm. etwas 
feuchter Monochloressigsäure, die etwa 10,5 Grm. reinen 
Hydrats entsprechen möchte, etwas über 8 Grm. krystalli- 
sirter diglycolsaurer Kalkerde und fast 5 Grm. krystallisirte 
glycolsaure Kalkerde.e. Wäre die ganze Menge der Mono- 
chloressigsäure in diglycolsauren Kalk übergegangen, so hät- 
ten 15,5 Grm. desselben erhalten werden müssen. An glycol- 
saurem Kalk würde in gleichem Falle jene Menge Monochlor- 
essigsäure 14,6 Grm. geliefert haben müssen. Der Verlust der 
eingetreten war, ist theils auf den Umstand zu schreiben, dass 
der glycolsaure Kalk durch den absoluten Alkohol nicht voll- 
kommen von dem Chlorcalcium getrennt werden kann, theils 
darauf, dass bei dem mehrfachen Umkrystallisiren eine kleine 
Menge Substanz verloren geht. Jedenfalls war bei diesem 
Versuch etwas mehr als die Hälfte der nach der Theorie 
möglichen Menge diglycolsauren Kalkes wirklich gewonnen 
worden. 

Ein anderer Versuch, bei welchem die Gegenwart von 
ungebundenem Wasser ganz vermieden wurde, führte zu ganz 
entgegengesetztem Resultat. Ich war der Meinung, dass, wenn 
man Monochloressigsäure mit gebranntem Marmor im Ueber- 
schuss vermischt, monochloressigsaurer Kalk und Kalkhydrat 
entstehen müsse, von denen erstere durch die Erhitzung mit 


dem überschüssigen gebrannten Kalk auf 200°C. in diglycol- 
Bd. XXXI, 1868. 14 


198 


sauren Kalk übergehen werde. Diese Vorgänge würden sich 
durch folgende zwei Gleichungen darstellen lassen: 
€°’H?O 


(E2H29)2 
2( 0°), 260 — c9°, Cal ge: 
H ca, H? 
(<?H29)2 
cayo2, ao — FHo>, cacı. 
Ga 


Dies ist indessen nicht der Fall. Es bildet sich unter 
diesen Umständen nur glycolsaure Kalkerde. 

Kocht man nämlich jenes Gemisch mit Wasser aus, und 
scheidet man das in der Lösung enthaltene Kalksalz, wie es 
oben beschrieben ist, von dem Chlorcalcium ab, so erhält man 
reinen glycolsauren Kalk, der sich als solcher dadurch cha- 
racterisirt, dass er aus der wässerigen Lösung seiner gan- 
zen Masse nach in jenen zarten, leicht aufschlämmbaren mi- - 
kroscopischen Nädelchen krystallisirt, welche dem glycolsauren 
Kalk eigen sind, während von den grösseren prismatischen 
Krystallen des diglycolsauren Kalks nichts beobachtet wer- 
den kann. 

Die Umsetzung des monochloressigsauren Kalks geschieht 
also nicht mit Hülfe des überschüssigen gebrannten Marmors, 
sondern des durch das Hydratwasser der Monochloressigsäure 
gebildeten Kalkhydrats nach der Gleichung: 


(G2H202) g2H29)} 
[ Eos a a [ no | a ga, Gacı 
2 


Ein anderer Versuch, die Monochloressigsäure durch 
Kochen ihrer alkoholischen Lösung mit Aetzkalk zu zersetzen, 
lieferte zwar im Verhältniss zum gebildeten diglycolsauren 
Kalk nur eine sehr kleine Menge glycolsauren Kalks, so dass 
diese Methode die vortheilhafteste zu sein scheint zur Dar- 
stellung des ersteren Salzes. Allein trotzdem ist dieselbe 
nicht bequem. Denn nach 12stündigem Kochen im Wasser- 
bade am umgekehrten Kühler wird nur eine kleine Menge der 
Monochloressigsäure in allerdings viel Diglycolsäure und nur 
wenig Glycolsäure verwandelt. 


199 


Deber die Einwirkung des trockenen kohlen- 
sauren Natrons auf den Monochloressigsäureäther, 
über den Diglycolsäureäther und das Digiycol- 
säurediamid 
von 


W. Heintz, 


(Aus den Annal. d. Chem u. Pharm. Bd. 141 S. 000 im Auszuge vom 
Verfasser mitgetheilt.) 


Weiter oben (8. 182) schon habe ich erwähnt, dass 
bei Einwirkung von trockenem kohlensauren Natron auf Mo- 
nochloressigsäureäther bei 180 bis 200° C. ein schwer flüch- 
tiger Aether entsteht, den ich aber nur in kleiner Menge er- 
halten konnte. 

Die weitere Untersuchung dieses Körpers schien mir in- 
teressant genug, um darin einen Anlass zu finden, die Unter- 
suchung mit etwas grösserer Menge Substanz nochmals auf- 
zunehmen. 

In mehreren Röhren wurde vollkommen trockenes pul- 
veriges kohlensaures Natron mit Monochloressigsäureäther 
eingeschmolzen und die Mischung 4 Stunden einer Tempe- 
ratur von 180 bis 200° C. ausgesetzt. Dann wurde aus den 
Röhren durch Ansehmelzen der ausgezogenen Spitzen die frei- 
gewordene Kohlensäure entlassen. Die auf's Neue zugeschmol- 
zenen Röhren wurden nochmals derselben Einwirkung der 
Wärme 4 Stunden ausgesetzt, und diese Operation noch ein- 
mal wiederholt. 

Der Röhreninhalt war dunkelbraun geworden, roch noch 
stark nach Monochloressigsäureäther; im festen Rückstande 
war aber dessenungeachtet noch sehr viel unverändertes koh- 
lensaures Natron. Es ergiebt sich daraus, dass selbst nach 
12stündiger Einwirkung die Zersetzung nur eine sehr unvoll- 
kommene war. 

Der Röhreninhalt wurde mit Aether geschüttelt und das 
darin sich nicht Lösende mit Aether gewaschen. In diesem 
Rückstande war noch organische Substanz enthalten, selbst 
nachdem durch Ansäuren der Lösung derselben mit Salzsäure 
eine braune humusähnliche Substanz gefällt war. 

14 * 


200 


Es gelang daraus sowohl glycolsauren als diglycolsauren 
Kalk darzustellen. 

Um keinen Zweifel zuzulassen, ob diese Salze wirklich 
die genannten waren, habe ich ihren Kalk- und Wassergehalt 
bestimmt. 

0,2864 Grm. des glycolsauren Kalks verloren bei 180 bis 1900C. 

0,0812 Wasser und hinterliessen geglüht 0,0609 Kalk. 
0,3138 Grm, des diglycolsauren Kalks verloren bei 180 bis 190°C. 
0,1199 an Gewieht und hinterliessen 0,0628 Kalk. 

Gefunden sind also in jenem 28,36 pC. Wasser und 21,26 pC. 
Kalk (berechnet 27,5 pC. Wasser und 21,37 pC. Kalk), in 
diesem 38,21 pC. Wasser und 20,01 pC. Kalk (berechnet 
38,57 pC. Wasser und 20,00 pC. Kalk). 

Von der ätherischen Flüssigkeit wurde, nachdem sie 
längere Zeit mit geschmolzenem Chlorcaleium in Berührung 
gewesen war, der Aether im Wasserbade abdestillirtt und 
der Rückstand bei höherer Temperatur der Destillation un- 
terworfen. Es ging viel Monochloressigsäureäther über; zu- 
letzt stieg aber der Kochpunkt bedeutend und bei einer Tem- 
peratur von 220 bis 2400 C. ging noch eine nicht unbedeu- 
tende Menge eines farblosen Destillates über, das immer noch 
etwas Chlor enthielt. Dieses wurde unter Verwerfen des zu- 
erst Uebergehenden nochmals der Destillation unterworfen 
und bei 235 bis 240° C. ein farbloses, fast chlorfreies De- 
stillat erhalten, welches ich für so weit rein hielt, dass ich 
es der Analyse unterworfen habe. Die Analysen aber lehren, 
dass die so erhaltene Substanz doch noch zu unrein war, 
als dass durch sie allein die Constitution derselben hätte fest- 
gestellt werden können. Wenn man die Resultate derselben 
aber mit den Producten der Zersetzung dieses Körpers mit- 
telst basischer Substanzen zusammenhält, so gelangt man 
dennoch zur Klarheit über dieselbe. 

Die Analysen jener ätherartigen Flüssigkeit haben zu 
folgendem Resultate geführt: 


I. = 11. 
Kohlenstoff 48,68 48,86 
Wasserstoff 7,09 7,06 
Sauerstoff 44,23 44,08 
100,00 100,00. 


Obgleich diese Analysen eine ziemlich einfache empi- 
rische Formel (@°H1%Q) zulassen, so kann diese doch nicht 


201 


Anwendung finden, weil ein Körper von solcher Zusammen- 
setzung unmöglich bei Einwirkung von Monochloressigsäure- 
äther auf trockenes kohlensaures Natron entstehen kann. 
Vielmehr ergiebt sich aus derselben, dass die analysirte Flüs- 
sigkeit noch ein Gemisch war. Allerdings war in derselben 
noch eine Spur Chlor aufgefunden worden, woraus man den 
Schluss zu ziehen berechtigt ist, dass ihr noch eine sehr 
kleine Menge Monochloressigsäureäther beigemischt war, frei- 
lich eine so kleine, dass dadurch die analytischen Resultate 
nicht wesentlich können alterirt worden sein. Durch jene 
Einwirkung können möglicherweise die Aether dreier Säuren, 
nämlich der Glycolsäure, der Diglycolsäure und einer noch 
nicht bekannten, aus €5H6Q” bestehenden entstehen. Dass 
letztere sich nicht bildet, wird dadurch wahrscheinlich, dass 
bei jener Einwirkung bedeutende Mengen Kohlensäure ent- 
weichen. Aus Glycolsäureäther konnte theils der Analyse, 
theils den Eigenschaften desselben nach die Hauptmasse des 
untersuchten Aethers nicht bestehen. Der Glycolsäureäther 
kocht bei 155° C. 

Es erscheint daher am Wahrscheinlichsten, dass der un- 
tersuchte Aether der Aether der Diglycolsäure ist, dem eine 
kleine Menge eines kohlenstoff- und wasserstoffärmeren Aethers, 
vielleicht Glycolsäureäther, beigemengst ist. Der reine Digly- 
colsäureäther muss bestehen aus €°H1105, Der Glycolsäure- 
äther ist der Formel €:Hs03 gemäss zusammengesetzt. Die 
gefundenen Zahlen liegen zwischen beiden Formeln in der 
Mitte, und zwar denen des Diglycolsäureäthers näher, dessen 
Zusammensetzung sein muss 


Kohlenstoff 50,53 
Wasserstoff 1,37 
Sauerstoff 42,10 

100,00. 


Um hierüber Gewissheit zu erlangen, habeich eine kleine 
Menge des Aethers zunächst der Einwirkung heissen Wassers 
ausgesetzt, wodurch er allerdings, wenn auch nur langsam, 
zersetzt wird. Um die Zersetzung zu beschleunigen, fügte 
ich allmählig Barythyrat hinzu, so dass nach vollständiger 
Auflösung des Aethers die Flüssigkeit neutral reagirte. Hier- 
bei setzte sich eine reichliche Menge eines schwer löslichen, 


202 


weissen, krystallinischen Barytsalzes ab, welches gewaschen 
und durch kohlensaures Ammoniak zersetzt und durch Kalk- 
hydrat in das neutrale Kalksalz verwandelt, schwer lösliche 
Krystalle lieferte, die vollkommen die Eigenschaften und die 
Zusammensetzung des diglycolsauren Kalks besassen. 

0,3002 Grm. desselben verloren bei 180° C. 0,1143 Wasser und 
hinterliessen 0,0610 Kalk, entsprechend 38,07 pC. Wasser und 
20,32 pC. Kalk. Der diglycolsaure Kalk enthält 38,57 pC. 

Wasser und 20,00 pC. Kalk. 

Die von dem schwer löslichen Barytsalz getrennte Flüs- 
sigkeit ward ebenfalls durch kohlensaures Ammoniak und 
Kalkhydrat in Kalksalz verwandelt. Die hinreichend einge- 
dunstete Lösung setzte kleine feine nadelförmige Krystalle 
ab, welche ganz wie glycolsaurer Kalk erschienen. Durch 
Umkrystallisiren gereinigt, ward dieses Salz der Analyse un- 
terworfen, wobei folgende Zahlen erhalten wurden: 

0,1359 Grm. (die ganze Menge des erhaltenen Salzes) verloren 
bei 180° C. 0,0388 an Gewicht. Nach dem Glühen hin- 
terblieben 0,0290 Grm. Kalk. Der glycolsaure Kalk ent- 
hält 27,5 pC. Wasser und 21,4 pC. Kalk, während der 
Versuch 28,5 pC. Wasser und 21,3pC. Kalk ergeben hat. 

Aus diesen Versuchen schon ergiebt sich mit Sicherheit, 
dass der bei der Einwirkung des kohlensauren Natrons auf 
den Monochloressigsäureäther entstehende schwer flüchtige 
Aether zumeist aus Diglycolsäureäther besteht, aber auch Gly- 
colsäureäther enthält. 

Um aber keinen Zweifel zu lassen über die Identität des 
Hauptbestandtheiles jenes Aethergemisches mit dem Diglycol- 
säureäther, habe ich diesen Aether, um ihn mit jenem Pro- 
duct vergleichen zu können, durch Einwirkung von Jodäthyl 
auf diglycolsaures Silber dargestellt. Letzteres kann leicht 
durch Fällung einer concentrirten heissen Lösung des digly- 
colsauren Kalks mittelst einer concentrirten Lösung von sal- 
petersaurem Silberoxyd dargestellt werden. 

Wird das fein geriebene trockene Silbersalz mit etwas 
mehr als der äquivalenten Menge Jodäthyl und wasserfreiem 
Aether in Röhren eingeschmolzen und diese Röhren der 
Temperatur des Wasserbades ausgesetzt, so ist nach einigen 
Stunden die ganze Menge des Silbersalzes in den Aether 
verwandelt. Um diesen rein zu erhalten, hat man nur die 


203 


farblose Flüssigkeit von dem gebildeten Jodsilber, welches 
mit Aether ausgewaschen werden kann, zu trennen, den 
Aether und das Jodäthyl, nachdem sie mehrere Tage mit 
geschmolzenem Chlorcalcium in Berührung gewesen, abzu- 
destilliren und den Rückstand längere Zeit im Wasserbade 
zu erhitzen, während man einen Strom trockener Luft hin- 
durchleitet. Hat man letztere Operation lange genug fortge- 
setzt, so ist der Aether und das Jodäthyl vollständig ver- 
flüchtigt, und es ist endlich nur nöthig, den Aether abzu- 
destilliren, um ihn mit dem Aether vergleichbar zu machen, 
welcher durch die Einwirkung der Wärme auf ein Gemisch 
von kohlensaurem Natron und Monochloressigsäureäther ent- 
standen war. 

Die so gewonnene Flüssigkeit habe ich analysirt und 
folgende Resultate erhalten: 


I. II. berechnet 
Kohlenstoff 50,10 50,13 50,53 8sC 
Wasserstoff 17,45 7,39 7,37 14 H 
Sauerstoff 42,45 42,48 42,10 50 


- 100,00 100,00 100,00. 

Man sieht, dass diese Zahlen im Kohlenstoffgehalt etwas 
unter denen bleiben, welche die Rechnung verlangt. In der 
That war der Aether auch nicht ganz rein, wie bei Einwir- 
kung einer alkoholischen Ammoniaklösung auf denselben klar 
wurde, wobei die Flüssigkeit sich intensiv roth färbte, wäh- 
rend ein dunkelrother, fast schwarzer krystallinischer Absatz 
entstand. Die Färbung rührte indessen nur von einer gerin- 
gen Menge einer Beimengung her, denn durch Umkrystalli- 
siren bei gleichzeitiger Anwendung von nur wenig Thierkohle 
konnte die krystallinische Substanz sehr leicht farblos darge- 
stellt werden. Die Muttersubstanz jenes rothen Körpers war 
erst durch die Destillation erzeugt; denn aus dem nicht de- 
stillirten, nur bei 100° C. in einem Luftstrom ganz von dem 
überschüssigen Jodäthyl befreiten Aether entstanden auf Zu- 
satz von alkoholischer Ammoniakflüssigkeit sehr bald fast 
farblose Krystalle. 

Der Diglycolsäureäther ist eine farblose, nicht dick-, 
aber auch nicht besonders dünnflüssige, um 240°0. kochende, 
aber nicht ganz ohne Zersetzung flüchtige Flüssigkeit von 
nur schwachem Geruch, der auch beim Erhitzen sich nicht 


204 


bedeutend steigert. Sein Geschmack ist schwach süsslich, 
etwas brennend. In Wasser sinkt er unter. In kochendem 
Wasser löst er sich auf und ertheilt demselben saure Reäction. 
Offenbar bildet sich dabei Diglycolsäure und Alkohol. Durch 
Kochen mit den Lösungen der Alkalien und alkalischen 
Erden geschieht diese Zersetzung sofort; es bilden sich di- 
glycolsaure Salze. Durch Einwirkung einer alkoholischen 
Lösung von Ammoniak wird der Aether ebenfalls zersetzt. 
Es scheidet sich eine Krystallmasse aus, welche etwas näher 
zu untersuchen mir von Interesse schien, weil erwartet 
werden durfte, dass sie das Diamid der Diglycolsäure sei, 
und weil dieses Amid die Zusammensetzung des Asparagins 
haben muss. 

Man erhält diesen Körper am Leichtesten rein, wenn 
man die wie oben angegeben erhaltene wasser- und alkohol- 
freie Lösung des Diglycolsäureäthers in - jodäthylhaltigem 
Aether im Wasserbade und mit Hülfe eines Luftstroms gänz- 
lich von Jodäthyl befreit und die rückständige Flüssigkeit 
unmittelbar mit etwa dem doppelten Volum einer gesättigten 
Lösung von Ammoniak in absolutem Alkohol vermischt. Nach 
einiger Zeit trübt sich die Flüssigkeit und setzt bald eine 
reichliche Menge kleiner: farbloser Krystalle ab, welche mit 
‚Alkohol gewaschen und aus der wässerigen Lösung umkry- 
stallisirt werden können, wobei jedoch starke Erhitzung, na- 
mentlich anhaltendes Kochen vermieden werden muss, weil 
der Körper dadurch langsam zersetzt wird. Es gelingt leicht, 
von dieser Substanz grössere Krystalle zu erhalten, wenn 
man schon gebildete Krystalle in die warme nicht zu con- 
centrirte Lösung legt. 

Die Stickstoffbestimmung dieser Substanz konnte nicht 
nach der Methode von Will und Varrentrapp ausgeführt 
werden, weil sich schon beim Anreiben derselben mit Na- 
tronkalk Ammoniak entwickelte. Da aber ein Versuch lehrte, 
dass dieselbe durch Kochen mit Kalkmilch unter reichlicher 
Ammoniakentwicklung vollständig in diglycolsauren Kalk über- 
geführt wird, so habe ich die Methode zur Bestimmung des 
Ammoniaks in Ammoniaksalzen zu dieser Stickstoff bestimmung 
benutzt. Das Trocknen der Substanz darf nicht viel über 
100° C. geschehen. Bei 115° C. nimmt sie offenbar unter 


205 


Ammoniakentwickelung sehr allmälig an Gewicht ab, denn sie 
wird dabei ärmer an Stickstoff, wie der Versuch I. lehrt. Die 
zu demselben verwendete Substanz war mehrere Stunden bei 
115° C. erhitzt worden. 


I. JT. u. III berechnet 
Kohlenstoff _ 36,20 36,36 46 
Wasserstoff — 6,12 6,06 8H 
Stickstoff 20,71 21,12 21,22 2N 
Sauerstoff —_ 36,56 36,36 38 
100,00 100,00. 


Hiernach ist die Formel dieses Körpers €!H°N?’93 Er 
ist in der That isomer mit dem Asparagin; er ist das Digly- 
colyldiamid: 


©3H20) 
N? 13° 


Das Diglycolyldiamid krystallisirt in rhombischen Pris- 
men mit einem Winkel von circa 81°. Die Krystalle sind 
begrenzt durch die gerade Endfläche und die scharfe Pris- 
menkante ist mit zwei Paar Zuschärfungsflächen versehen, 
von denen das eine Paar über der Endfläche gemessen einen 
Winkel von 64°, das andere von 86° macht. Das Verhältniss 
der Längen der durch diese Flächenpaare bestimmten Haupt- 
axen ist nahezu 3:2. Fig. 1 giebt ein Bild dieser Krystalle. 
Gemessen wurden folgende Winkel: 


a:b' — 153% 
a:b 11229 
b:b übera = 64 
b'.b' über a = 860 
s :s über bh = _ 81° 
See —= 90° 


Die Prismenflächen sind meistens 
nicht gut ausgebildet; an deren Stelle 
treten dann die Flächen eines sehr spitzen 
Öctaöders, ‚welche stets gestreift und mehr 
oder weniger gekrümmt sind, namentlich da, wo sie in den 
Seitenkanten zusammenstossen. Es entstehen dann Formen, 
wie sie Fig. 2 darstellt. 


206 


Die Krystaile sind ziemlich hart und Fig. 2. 
zerreiblich , geruchlos, von schwachem, nicht 
characteristischem Geschmack, unveränderlich 
an der Luft. In Wasser sind sie löslich, 
wenn auch nicht ganz leicht. Heisses Wasser 
nimmt viel mehr davon auf, als kaltes. Na- 
mentlich in kochendem sind sie sehr leicht 
löslich, erleiden darin aber eine allmälige 
Zersetzung, so dass Ammoniak frei wird. In 
Alkohol sind sie sehr schwer löslich; doch 
kann das Diamid, da es sich in kochendem 
Alkohol merklich leichter löst als in kaltem, 
aus dieser Lösung umkrystallisirt werden. 

Wird das Diamid erhitzt, so schmilzt es zu einer was- 
serklaren Flüssigkeit, welche beim Erkalten krystallinisch er- 
starrt. Erhitzt man stärker, so fängt die Flüssigkeit an zu 
kochen, indem sie sich etwas bräunlich färbt. Dabei ent- 
wickeln sich Massen von Ammoniak und ein fester Körper 
sublimirt. Dieser ist nichts anderes als Diglycolimid, welches 
bekanntlich auch durch Destillation des sauren diglycolsauren 
Ammoniaks gewonnen werden kann. Die Zersetzung ge- 
schieht nach der Gleichung: 

6°H'9° 


N2H2 Inn wieiHeos 
Ba 


In caustischen Alkalien löst sich das Diamid auf, allein 
die Lösung entwickelt sehr bald Ammoniak und endlich kann 
die Bildung von Diglycolsäure bestimmt nachgewiesen wer- 
den. Kocht man es anhaltend mit Kalkhydrat, so kann man 
leicht deutliche Krystalle von diglycolsaurem Kalk erzeugen. 
Dass dieselben wirklich daraus bestehen, beweist folgende 
Analyse: 
0,3171 Grm. eines solchen Kalksalzes verloren bei 180° C. 0,1206 
Wasser und hinterliessen geglüht 0,0638 Kalk. 

Das analysirte Salz enthält also 38,03 pC. Wasser und 20,12 pC. 
Kalk. Die Rechnung verlangt 38,6 pC. Wasser und 20,00 
pC. Kalk. 

Wird eine Lösung des Diamids in Wasser im zuge- 
schmolzenen Rohr lange Zeit der Einwirkung des kochenden 
Wassers ausgesetzt, dann die neutrale Lösung im Wasser- 


207 


bade eingedampft, so bleibt ein weisser, sauer reagirender 
Rückstand, worin mit Platinchlorid die Gegenwart des Am- 
moniaks leicht nachgewiesen werden kann. Die mit Ammo- 
niak neutralisirte Lösung giebt weder mit Chlorbaryum oder 
essigsaurem Baryt einen Niederschlag, noch setzt sie auf Zu- 
satz von essigsaurer Kalkerde Krystalle von diglycolsaurem 
Kalkab. Die Zersetzung ist aber schwer zu vollenden Einige 
Grammen des Diamids, die in verdünnter wässeriger Lösung 
etwa 40 Stunden gekocht worden waren, setzten beim Ein- 
dunsten zunächst noch eine bedeutende Menge des unver- 
änderten Diamids ab. Zuletzt blieb eine syrupartige Flüssig- 
keit, aus der sich, als sie mit Ammoniak gesättigt und mit 
Chlorbaryumlösung zersetzt ‘war, beim Verdunsten ein nicht 
ganz leicht lösliches Barytsalz abschied. Die Säure in diesem 
Salze war nicht Diglycolsäure, denn der diglycolsaure Baryt 
ist fast unlöslich, und durch Umwandlung desselben in Kalk- 
salz resultirt ein sehr leicht lösliches Salz. Ausserdem ent- 
hielt die Säure Stickstoft. Beim Erhitzen der freien Säure 
mit Kalkmilch entwickelte sich Ammoniak, und nun .entstan- 
den beim Erkalten der durch Kohlensäure neutral gemachten 
und filtrirten Flüssigkeit deutliche Krystalle von diglycolsau- 
rem Kalk. 

Iliernach ist es kaum noch einem Zweifel unterworfen, 
dass die entstandene Säure die schon früher von mir*) bei 
Einwirkung von Barythydrat auf Diglycolimid erhaltene Di- 
glycolaminsäure ist, 

Um jeden Zweifel zu heben, wollte ich den Gehalt des 
Barytsalzes an Basis zu bestimmen versuchen. Allein es 
gelang mir wegen der geringen Menge mir zu Gebote ste- 
hender Substanz nicht, dasselbe von Chlorbaryum vollkommen 
rein zu erhalten. Deshalb musste ich mich darauf beschrän- 
ken, die Eigenschaften des möglichst gereinigten Salzes mit 
denen des früher beschriebenen reinen diglycolaminsauren 
Baryts zu vergleichen, welche in der That vollkommen über- 
einstimmen. 

Das Salz ist farblos, nur in kleinen Krystallen von der 
früher beobachteien Form anschiessend, löst sich in Wasser 


*) Diese Zeitschr. Bd. 21. S. 495. 


208 


zwar reichlich, aber nur langsam, mit neutraler Reaction in 
Alkohol und Aether dagegen gar nicht auf. Beim Erhitzen 
bis 130% C. verändert es sich nicht, bei 140 bis 150° färbt 
es sich bräunlich und sintert zusammen. Bei stärkerer Hitze 
schmilzt es, wirft Blasen unter Entwicklung ammoniakalischer 
und brenzlicher Dämpfe und bläht sich dabei ganz ausser- 
ordentlich stark auf. 

Hiernach darf es als gewiss angesehen werden, dass 
durch anhaltendes Kochen des Diglycolsäurediamids mit Wasser 
diglycolaminsaures Ammoniak entsteht, welches hierbei aber 
einen Theil seines Ammoniakgehalts verliert. 

Wird eine kleine Menge des Pulvers des Diamids mit 
etwas Salzsäure gemischt, so löst sich dasselbe zunächst 
etwas auf, aber sehr bald erstarrt die Mischung fast ganz. 
Fügt man einige Tropfen Wasser hinzu, so löst sich der 
Niederschlag auf und durch erneuten Zusatz von Salzsäure 
entsteht, wenn man nicht zu viel Wasser zugesetzt hatte, ein 
neuer Niederschlag. Fügt man zu der concentrirten Lösung 
Platinchlorid, so entsteht kein Niederschlag. Auch durch Zu- 
satz von Alkohol kann ein solcher nicht gebildet werden. 
Es ist also durch die kalte Salzsäure kein Salmiak gebildet, 

Ein erster Versuch, den durch Salzsäure gefällten Kör- 
per rein darzustellen, gelang nicht; denn beim freiwilligen 
Verdunsten einer kalt bereiteten Lösung von Diglycolyldiamid 
in Salzsäure und etwas Wasser über Aetzkalk und Schwefel- 
säure hatte sich eine merkliche Menge Ammoniak gebildet. 
Beim Verdunsten der Lösung unter einer Glocke neben 
Schwefelsäure und Natronkalk schieden sich zuerst Salmiak- 
krystalle aus, zuletzt aber bildeten sich auch Krystalle von 
anderer Form. Der trockene, nach Salzsäure nicht mehr 
riechende Rückstand gab an absoluten Alkohol eine Säure 
ab, während die Salmiakkrystalle ungelöst blieben. Als die 
von Alkohol und durch Verdunsten befreite Säure mit Kalk- 
milch in der Kälte genau gesättigt wurde, schied sich sofort 
ein schwer lösliches Salz in Menge aus, das sich bei der Um- 
krystallisation als diglycolsaurer Kalk erwies. Durch Ein- 
wirkung selbst von kalter Salzsäure zerlegt sich also das 
Diglycolyldiamid allmälig in Ammoniak und Diglycolsäure. 

Bei einem zweiten Versuch, diese Verbindung darzu- 


209 


stellen, benutzte ich die Eigenschaft des Diamids, in wenig 
Salzsäure zuerst gelöst, dann durch mehr Salzsäure gefällt 
zu werden. Die durch tropfenweisen Zusatz von Salzsäure 
zu mit wenig Wasser fein geriebenem Diglycolyldiamid in 
der Kälte erhaltene filtrirte Lösung liefert durch Zusatz von 
rauchender Salzsäure einen krystallinischen Niederschlag der 
durch Filtration und kräftiges Abpressen der Mutterlauge 
möglichst vollkommen getrennt werden muss. 

Diese Substanz bildet kleine mikroscopische Krystalle, 
welche als schiefe rhombische Prismen erscheinen, leicht in 
Wasser, schwer in Salzsäure löslich sind, durch diese Säure 
aber, wie schon erwähnt, allmälig zersetzt werden. 

Bringt man sie in ein Luftbad, so verliert sie schon bei 
100° C. sehr bedeutend an Gewicht, und der vollkommen 
trockene Rückstand enthält nur eine Spur Chlor, das offenbar 
einer Spur gebildeten Chlorammoniums angehört. 

Dieser Umstand führte zunächst zu der Meinung, der 
durch die Salzsäure entstandene Niederschlag möchte unver- 
ändertes Diglycolyldiamid sein, das nur in Salzsäure schwerer 
löslich sei als in Wasser. Dagegen spricht jedoch der Um- 
stand, dass durch allmäligen Salzsäurezusatz das Diamid zu- 
nächst leichter gelöst wird als durch Wasser und erst durch 
überschüssige Salzsäure gefällt wird, welcher nur durch die 
Annahme erklärlich wird, dass zunächst in Wasser leicht 
lösliches salzsaures Diglycolyldiamid: entsteht, das in Salz- 
säure schwer löslich ist. 

Noch mehr aber sprechen dafür folgende Beobachtungen: 

0,2327 Grm. des durch Salzsäure erhaltenen Nieder- 
schlags, der durch blosses Anreiben des Diamids mit Salz- 
säure und durch Abpressen gereinigt, dann 24 Stunden über 
Schwefelsäure und Natronkalk im Vacuum getrocknet war, 
gaben 0,1730 Grm. Chlorsilber. Es waren also noch 18,4 pC. 
Chlor in dem Körper enthalten. 

Lässt man ferner die Verbindung lange Zeit über Schwe- 
felsäure und Natronkalk im Vacuum stehen, so nimmt sie 
sehr langsam an Gewicht ab, und die Substanz enthält end- 
lich kein oder nur eine Spur Chlor. 

0,1850 Grm. der aus der klar filtrirten Lösung des Dia- 
mids in möglichst wenig verdünnter Salzsäure durch concen- 


210 


trirte Säure abgeschiedene Substanz, welche schon 24 Stun- 
den im Vacuum gestanden hatte, verloren innerhalb 14 Ta- 
gen 0,0586 Grm., also 31,7 pC. an Gewicht. Erst nach so 
langer Zeit wurde das Gewicht constant. Die Lösung wurde 
durch Silbersalpeter nur opalisirend. 

Aus diesem letztern Versuch ergiebt sich nun die Un- 
möglichkeit, dass der Körper reines Diamid sei, welches ohne 
Wasser krystallisirt, also beim Trocknen nicht wesentlich an 
Gewicht verlieren kann. Im Zusammenhange aber mit dem 
ersteren führt er zu dem Schluss, dass es hauptsächlich Salz- 
säure ist, deren Entweichen den Gewichtsverlust bedingt, 
dass also ein salzsaures Diglycolyldiamid zwar existirt, dass 
es aber selbst im Vacuum vollständig zersetzt wird. Der hier- 
bei bleibende Rückstand ist unverändertes Diamid. 

Der Umstand, dass die Verbindung des Diamids mit 
Salzsäure so ausserordentlich leicht zersetzbar ıst, hat mich 
veranlasst, mich damit zu begnügen, die Existenz einer sol- 
chen Verbindung darzuthun. 

Aus den Eigenschaften des Diglycolsäurediamids ergiebt 
sich, dass es durchaus verschieden ist von dem Asparagin. 
Ja dieses letztere in krystallisirtem Zustande hat nicht ein- 
mal dieselbe Zusammensetzung, da es ein Molecul Wasser 
bindet, während das Diglycolyldiamid ohne Wasser krystal- 
lisirt. Nur das bei 10000. getrocknete Asparagin ist mit dem- 
selben gleich zusammengesetzt. 


Ueber einige Otternschädei 


von 


C. Giebel. 


Von unserer gemeinen Fischotter, Lutra vulgaris 
liegen mir 20 Schädel verschiedenen Alters leider aber ohne 
Geschlechtsangaben vor, deren individuelle Eigenthümlich- 
keiten in der allgemeinen Configuration sowohl wie in ihren 
besondern Verhältnissen um so mehr Beachtung verdienen, 


211 


als ihre specifischen Charaktere sehr bestimmte sind und 
bisher noch kein Systematiker die Art verkannt hat noch 
jemals verkennen wird. Die individuellen Formenveränderun- 
gen in einem markirten und scharf umgränzten Typus ge- 
währen stets einigen Anhalt zur Beurtheilung der nur an dürf- 
tigem Material beobachteten Differenzen verwandter Gestalten 
und deshalb scheint mir eine nähere Vergleichung unserer 
Schädel gerade keine unnütze Arbeit. 

Das Profil des Schädels zunächst betreffend weicht das- 
selbe häufig von der völlig geraden nur in der Nasengegend 
sehr sanft geneigten Linie ab ‚und zwar, indem es sich bei 
alten Schädeln bisweilen am Oceipitalrande merklich hebt und 
die vordere Neigung schon in der hintern Stirngegend be- 
ginnt und schwächer oder stärker ist. Der höchste Punkt 
liegt gerade über dem Unterkiefergelenk, öfter aber etwas 
weiter nach hinten, seltener mehr nach vorn. Im letzten 
Falle ist die Neigung von hier nach vorn am stärksten. Bis- 
weilen senkt sich das Profil in der Stirngegend merklich ein. 
Bei jungen Schädeln liegt die höchste Wölbung in der Mitte 
des Hirnkastens und fällt stets gegen den Occipitalrand eben- 
so stark ab wie sehr langsam und allmählig bis zur Nasen- 
spitze. 

Die Jochbögen stehen in der Jugend wenig vom Schä- 
del ab, im Alter weit, aber wiederum in verschiedenem Grade. 
Ebenso erscheint die Einschnürung des Schädels in der Stirn- 
gegend in der Jugend meist, aber nicht immer sehr schwach, 
im Alter stark in verschiedenem Grade. Der Hirnkasten ist 
bald breit, bald schmal eiförmig im Umfang, oberseits platt 
oder von der Mittellinie sogleich zu beiden Seiten abfallend. 
In der Jugend stets völlig ohne Pfeilkamm, fehlt dieser auch 
im Alter bisweilen gänzlich oder erhebt sich erst hinter dem 
Scheitel oder endlich er beginnt gleich mit der Vereinigung 
der Frontalleisten sehr hoch und läuft mit gleicher Stärke bis 
zum Hinterrande. Ihm entsprechen die Frontalleisten, denn 
bei zwei alten Schädeln ohne Pfeilkamm erscheinen dieselben 
gar nicht markirt, bei andern deutlich und bei höchstem Pfeil- 
kamme am schärfsten ausgebildet. Der Winkel unter welchem 
sie zusammentreten ist bald grösser bald kleiner; an jungen 
Schädeln bis zur völligen Ausbildung des Gebisses treten sie. 


212 


gar nicht zusammen. Die Orbitalecken der Stirnbeine sind 
ganz stumpf, nur sehr schwach hervortretend bis stark vor- 
stehende spitze Fortsätze. An einem alten Schädel finde ich 
sie so stumpf wie an allen jungen. Sie sind horizontal oder 
abwärts geneigt. Die Stirn zwischen den Augenhöhlen ist 
gewölb®, völlig platt oder merklich eingesenkt wieder nicht 
in strenger Beziehung zum Alter. Vor dem vordern Orbital- 
rande nur eine seichte Einsenkung, im Alter aber stets eine 
markirte breite flache Grube. 

Die Nasenbeine, in ihrem Längen- und Breitenverhältniss va- 
riabel reichen hinten 2 bis 7 Millimeter weit über den Frontalrand 
des Oberkiefers hinaus, während der Nasalfortsatz der Zwischen- 
kiefer meist von übereinstimmend gleicher Länge ist. Das Ver- 
hältniss der Länge und Breite der Nasenöffnung schwankt 
erheblich mit dem Alter, in der Jugend schmal, im Alter breit. 
Das Infraorbitalloch ist an dem einen gerade im Zahnwechsel 
stehenden Schädel lang elliptisch, bei den andern jungen 
etwas kürzer und höher, bei allen übrigen abgerundet drei- 
seitig mit etwas schwankendem Verhältniss der Seitenlängen. 
Der Jochbogen schwankt wie im Abstande vom Schädel so 
auch in der Stärke, in der Aufwärtskrümmung und in der 
Entwicklung des Orbitalhöckers ganz auffallend und keines- 
wegs dem Alter des Thieres entsprechend, denn ich finde ihn 
an einem sehr alten Schädel schwächer als an einem mit 
Zahnwechsel und bei den Alten überhaupt wenigstens in der 
Höhenausdehnung um das doppelte veränderlich, ziemlich eben 
so viel in der Dicke. 

Die in der Jugend alle stumpfen Ränder des Occiputs 
kanten sich mit zunehmendem Alter stärker und bilden im 
hohen Alter mässige bis sehr starke Lambdaleisten. Ein 
Zwickelbein ist auch an unsern jüngsten Schädeln nicht vor- 
handen. Die relative Breite und Höhe der Occipitalfläche 
schwankt in demselben Masse wie Höhe und Breite des Hirn- 
kastens, an jungen Schädeln senkrecht wird sie an alten von 
den stark entwickelten Lambdaleisten mehr minder weit über- 
dacht. Das querovale Hinterhauptsloch ändert wenig ab, 
ebenso bietet die ganze Schädelunterseite nur geringfügige 
relative Unterschiede. 

An dem stets sehr kräftigen Unterkiefer ändert beson- 


213 


ders auffällig das Breiten- und Höhenverhältniss des Kron- 
fortsatzes, die Tiefe und Umrandung der Massetergrube un- 
abhängig vom Alter, nur wenig die Lage und Grösse der 
Kinnlöcher, am auffälligsten dagegen der Unterrand unter der 
Massetergrube und die Entwicklung des Eckfortsatzes. Jener 
Unterrand, in der Jugend convex, im Alter platt, ändert an 
alten Schädeln in der Breite um das Doppelte ab, liegt völ- 
lig horizontal oder stark von innen nach aussen geneigt, setzt 
mit ganzer Breite unter dem Eckforsatz fort oder verschmä- 
lert sich unter demselben. Der Eckfortsatz selbst ist also sehr 
breit bis sehr schmal, lang oder kurz, an jungen Schädeln 
stets kurz und abgerundet. 

Den Zahnwechsel betreffend besitzt unser jüngster Schä- 
del die sechs Schneidezähne oben und unten ausgebildet, der 
obere sehr stumpfspitzige Eckzahn ragt noch nicht über den 
Schneidezahnrand herab, der untere dagegen weit über den- 
selben hervor und hinter ihm steht ganz eng anliegend noch 
der sehr feine Milcheckzahn. Innen neben dem obern Eck- 
zahne steht der erste einwurzelige Lückzahn so stark und 
ausgebildet, dass man annehmen möchte, er würde nicht ge- 
wechselt. Hinter ihm bricht so eben die Spitze des zweiten 
bleibenden Lückzahnes durch, dann folgt der Fleischzahn 
des Milchgebisses, unter ihm bricht der bleibende Fleischzahn 
und hinter ihm der grösste bleibende Kauzahn durch. — Im 
Unterkiefer ragt der erste bleibende Lückzahn schon hervor, 
hinter ihm steht der Lück- und Fleischzahn des Milchgebis- 
ses und dahinter folgt schon mit den Spitzen hervorragend 
der bleibende Fleischzahn und der Kauzahn. — Ein zweiter 
nur sehr wenig älterer Schädel hat keinen Milchzahn mehr 
im Oberkiefer, den ersten Lückzahn ausgebildet, den zweiten 
mit der Spitze frei, den dritten noch in der Alveole steckend, 
den bleibenden Fleisch- und Kauzahn schon über den Alveo- 
larrand gehoben; im Unterkiefer steht der Fleischzahn des 
Milchgebisses noch, vor ihm zwei bleibende Lückzähne im 
Hervortreten, der bleibende Fleischzahn schon frei und der 
Kauzahn im Niveau des Alweolarrandes. — Ein dritter Schä- 
del hat im Oberkiefer vom Milchgebiss noch beide feine 
schlanke Eckzähne dicht hinter dem bleibenden und die- 
sem folgt dann der Fleischzahn, unter welchem der dritte 

Bd. XXXI, 1868. 15 


214 


bleibende Lückzahn sich zeigt; der bleibende Fleisch- und 
Kauzahn ist schon vollkommen ausgebildet und frei; im Un- 
terkiefer steht vom Milchgebiss nur noch der Fleischzahn, 
der erste bleibende Lückzahn ist völlig ausgebildet, der zweite 
im Durchbruch, der bleibende Fleisch- und Kauzahn vollkom- 
men ausgebildet. 

Die Zahnformen zeigen von den Angaben in meiner 
Odontographie und bei Blasius nur wenige Unterschiede: der 
zweite untere Schneidezahn ist nur sehr wenig bis weit aus 
der Reihe der übrigen nach hinten gerückt und 1/» bis !/s so 
breit wie sein äusserer Nachbar. Die Eckzähne variiren er- 
heblich in der Stärke. Der dritte Lückzahn ist nach Blasius 
nur wenig niedriger als der Fleischzahn, an unsern Schädeln 
häufiger ebenso hoch als der Hauptzacken des Fleischzahnes, 
auch finde ich den Längsdurchmesser des untern Kauzahnes 
nicht !/; sondern gewöhnlich nur !/ı so lang wie den des vor 
ihm stehenden Fleischzahnes. 


Zur Beurtheilung der relativen Grössenverhältnisse gebe 
ich nachstehend die Masse einiger Schädel in Millimetern an, 
und bemerke nur, dass unter I ein Schädel im Zahnwechsel 
unter II ein Schädel mittlen Alters, unter den andern sehr 
alte Schädel stehen. 


I: III STITASEV TERN 
Schädellänge vom Incisivrande bis zum Hin- 


terhauptsloch 88 102 115 102 100 
Vom Ineisivrande bis zum Choanenrande 43 50 54 51 46 
Gaumenbreite zwischen den Kauzähnen Ibami6. le Slam 


Abstand der Flügelbeinecken von einander 14 15 18 15 15 
Breite des Grundbeins am Keilbeinrande 11°°2°152771812616 9916 


Grösste Breite zwischen den Jochbögen 562 65,.072556900562 
Länge der Nasenbeine 138 20 —- - — 
Breite derselben in der Mitte 6 1- -  — 
Stirnbreite zwischen den Orbitalfortsätzen 18 21 2% 25 25 
Grösste Verengung dahinter 5 Url rl a 1 
Höhe des Oceiput über dem For. magn, 20 20221207 VA2EmlS 
Breite desselben über den For. magnum 48 54 58 58 48 
Breite des Foramen magnum al 10 176 
Höhe desselben 1257132712 Bart 
Unterkieferlänge 63, 70,2 EUROS 
Abstand der äussern Condylusecken 55 965 68 3764 1062 
Senkrechte Höhe im Kronfortsatz OrENBEr NE BEIN! 


Vom letzten Zahne bis zum Condylusrande 9 4 2 23 22 


215 


Unter den aussereuropäischen Arten steht die nord- 
amerikanische Lutra canadensis der unserigen so auffallend 
nah, dass sie schon für identisch gehalten worden ist. Unser 
Schädel derselben stammt von einem sehr alten Thiere und 
hat keine Nähte mehr. Der Schnauzentheil ist kürzer als an 
irgend einem der europäischen Schädel, dagegen der Hirn- 
kasten so kurz und breit wie bei einigen Europäern. Die 
Stirn ist sehr breit und der Schädel dahinter ganz schwach 
verengt. Die Frontalleisten treten unter viel spitzerm Winkel 
zusammen wie bei den alten Europäern, setzen aber nicht als 
Pfeilkamm fort. Die Lambdaleisten sehr schwach entwickelt, 
die Occipitalfläche deutlich nach vorn geneigt, das grosse Hin- 
terhauptsloch höher als breit wie niemals bei den Europäern, 
der knöcherne äussere Gehörgang länger, der Choanenaus- 
schnitt merklich breiter, das Gaumengewölbe viel schmäler 
und erheblich hohler, die Unterkieferäste schwächer, ihre Con- 
dyli zierlicher. Auffälliger sind die Unterschiede im Gebiss. 
Die obern Eckzähne sind sehr schlank, der dritte Lückzahn 
hinten mit viel breiterer Basis und am obern Fleischzahn be- 
schränkt sich der breite stumpfe innere Ansatz bei der euro- 
päischen Otter auf den Hauptzacken, während derselbe bei 
L. canadensis sich bis an den Hinterrand des Zahnes er- 
streckt, auch der Kauzahn ist sehr beträchtlich grösser und 
lange nicht so schief rautenförmig im Umfang wie bei der 
gemeinen Art. Im Unterkiefer hat der dritte Lückzahn einen 
entwickelten hintern Nebenzacken, der der gemeinen Art gänz- 
lich fehlt oder nur sehr schwach angedeutet ist. Der Fleisch- 
zahn ist sehr beträchtlich dicker und sein hinterer stumpfer 
Anhang relativ grösser. 

Von den Südamerikanern hat Lutra paranensis den- 
selben kurzen Antlitztheil, dieselben Frontalleisten, den Ilirn- 
kasten nur vorn etwas schmäler, dagegen lange spitze nicht 
abwärts gebogene Orbitalfortsätze, schräg ovale Infraorbital- 
löcher, wieder dasselbe schmale hohe Gaumenbeingewölbe, 
aber einen viel schmälern Choanenausschnitt, stark gewölbte 
Paukenbeine, schwache Occipitalleisten. Ihre obern Lück- 
zähne verhalten sich wie bei der gemeinen Art, wogegen der 
stumpfe innere Ansatz am Fleischzahne verschmälernd bis 
an den Hinterrand reicht also die Mitte zwischen der nord- 

Jo, 


‘216 


amerikanischen und europäischen Art hält. Der obere Kauzahn 
ist nicht grösser und ebenso schief rautenförmig wie bei un- 
serer L. vulgaris. Der dritte Lückzahn des Unterkiefers ist 
dem der L. canadensis gleich, dagegen hat der Fleischzahn 
keinen grössern stumpfen Anhang als bei L. vulgaris. 

Die chilesische Lutra huidrobia mischt die Charaktere 
der drei vorigen Arten. Sie hat den langen aber stärkern 
Antlitztheil der L. vulgaris, die langen horizontalen Orbital- 
fortsätze der L. paranensis, geringe Verschmälerung hinter 
.den Augenhöhlen, gar nicht hervortretende und nicht sich 
vereinigende Frontalleisten ohne Pfeilkamm, kürze sehr breite 
knöcherne Gehörgänge, schmales hohles Gaumengewölbe, kurz 
dreiseitige Infraorbitallöcher, das breiteste Grund- und Keil- 
bein und sehr starke Unterkieferäste. Der erste obere Lück- 
zahn neben dem Eckzahne fehlt ihr gänzlich. Der vorhan- 
dene zweite ist in der hintern Hälfte seiner Basis gewaltig 
dick. Am Fleischzahn ist der hintere Zacken nicht höher als 
der vordere, also eigentlich nur der Hauptzacken entwickelt, 
der stumpfe innere Ansatz dagegen grösser als bei vorigen 
Arten. Auch am sehr grossen Kauzahne erscheinen die bei- 
den äussern Höcker sehr klein. Im Unterkiefer ist der zweite 
Schneidezahn jederseits ganz zurückgedrängt und von vorn 
gar nicht sichtbar. Abnorm ist ein überzähliger Schneide- 
zahn linkerseits, so dass hier zwei Paare hinter einander 
stehen. Der dritte untere Lückzahn gleicht durch die nur 
geringe Andeutung des hintern Nebenhöckers dem der L. 
vulgaris, während der Fleischzahn dem von L. canadensis 
entspricht. 

Von der zweiten chilesischen Art, Lutra felina, hat 
unsere Sammlung zwei Schädel, beide im Hirnkasten niedri- 
ger, oben flacher als vorige beide, Frontalleisten und Orbi- 
talfortsätze wie bei L.huidrobia, dagegen die Stirn ganz flach, 
die Verengung hinter den Augenhöhlen geringer, Unteraugen- 
höhlenloch, Jochbogen, Hinterhaupt, Schädelunterseite we- 
sentlich wie bei L. huidrobia; am Unterkiefer der Kronfort- 
satz schmäler. Die Nasenbeine reichen nicht über das Fron- 
talende der Oberkiefer hinauf, weichen also von allen vorigen 
Arten erheblich ab. Im Gebiss fehlt am jungen Schädel der 
erste neben dem Eckzahn stehende Lückzahn des Oberkiefers 


217 


beiderseits, während derselbe am alten Schädel in der rech- 
ten Reihe vollkommen entwickelt ist und in der linken Reihe 
fehlt. Der innere stumpfe Anhang und schon die geringe 
Entwicklung des hintern Zackens am obern Fleischzahn wie 
bei L. huidrobia, mit welchen auch der Kauzahn überein- 
stimmt. Im Unterkiefer ist wieder der zweite Schneidezahn 
so völlig nach hinten gerückt, dass er von vorn nicht gese- 
hen wird; die dreiLückzähne denen von L. huidrobia gleich, 
dagegen der Fleischzahn in der hintern Hälfte verhältniss- 
mässig weniger dick, mit sehr merklich kleinerem stumpfen 

Anhang, auch der Kauzahn klein. : 

Von der javanischen Lutra leptonyx liegt mir nur 
der Schädel vor, dessen Milchgebiss ich in meiner Odonto- 
graphie Taf. 12 Fig. 10 abgebildet habe. Die Nasenbeine 
sind viel schmäler aber eben nicht länger wie bei L. felina, 
die Stirn ebenfalls sehr breit, jedoch mit abwärts geneigten 
° Orbitalfortsätzen, der Hirnkasten sehr breit und hoch, die 
Stirnbeine nicht wie bei vorigen Arten schmal verlängert in 
die Scheitelbeine eingreitend, sondern mit ganzer Breite an 
denselben endend. Wegen des Gebisses verweise ich auf die 
Beschreibung in meiner Odontographie. 

Der Schädel der kleinen capischen Art, Lutra inun- 
guis, hat die kurzen Nasenbeine von L. felina und L. lepto- 
nyx, die langen Orbitalfortsätze der Südamerikaner, sehr 
starke Verengung dahinter, unter einem L. canadensis ent- 
sprechenden Winkel zusammentretende Frontalleisten, keinen 
Pfeilkamm, schwache aber sehr weit abstehende Jochbögen 
und flaches Gaumengewölbe. Im Oberkiefer ist der erste 
kleine Lückzahn linkerseits vollkommen entwickelt, rechter- 
seits verkümmert aber nicht fehlend, der stumpfe innere An- 
satz am Fleischzahn so gross wie bei L. canadensis, auch 
der Kauzahn enorm gross; am dritten untern Lückzahn der 
hintere Nebenzacken so stark entwickelt wie bei jener Nord- 
amerikanerin, ebenso nimmt auch der hintere stumpfe An- 
hang am Fleischzahne die Hälfte der Krone ein. So bietet 
weder der Schädel noch das Gebiss Veranlassung diese und 
die vorige Art unter Aonyx generisch von den übrigen Arten 
zu trennen. 


218 


Die Hautmuskeln des Fuchskopfes (Canis vulpes) 


von 


R. Dieck. 


Die eben erschienene: Anatomie des Kaninchens (Leip- 
zig bei Engelmann 1868) von Prof. Krause in Göttingen be- 
absichtigt eine neue Anregung zur präparirenden Anatomie 
zu geben, denn mit Recht heisst es hier in der Einleitung: 
„dass freilich vergleichend - anatomische Studien mit Benutzung 
‘des Messers seit längerer Zeit nicht zu den besonders belieb- 
ten gehörten, dass aber die präparirende Anatomie nicht un- 
tergehen dürfe, weil ja auf den durch ihre einfachen Hülfs- 
mittel gewonnenen Thatsachen alle übrigen Disciplinen der 
Physiologie wie der Pathologie basirt seien.“ Diese Auslas- 
sung veranlasste mich zunächst die Anatomie des Canis fa- 
miliaris mit dem Messer zu studiren und von ihr ging ich 
zu dem allernächst verwandten Canis vulpes über, indem mich 
dabei der Gedanke leitete, dass bei diesem ächten Natur- 
thiere wohl auch der anatomische Körperbau ein einfacherer 
und natürlicherer als beim Hunde sein möchte, dessen Ge- 
schlecht mehr und degenerirt wird. Möge es mir erlaubt 
sein, in einzelnen Abschnitten hier zu referiren, was mich das 
Scalpell lehrte, und für dies Mal nur die Hautmuskeln des 
Fuchskopfes, abgesehen von denen des Auges und Ohres, in 
Betracht kommen. 


1. Gruppe: Die obere Kopfpartie. 
A. Galea aponeurotica mit ihrer Muskulatur (Musculus subeulaneus). 


Die Kopfaponeurose ist eine Fortsetzung der Halsapo- 
neurose, welche an einem Sehnenstreiten, dem eigentlichen 
Ligamentum nuchae inserirt, und geht von hinten nach vorn 
über den ganzen Kopf hinweg bis zur Nasenspitze, sich bei- 
derseits nur an dem Zygoma und seiner Knochenfortsetzung 
oberhalb des Auges fest ansetzend, dagegen zwischen inne- 
rem Augenwinkel und der Nasenspitze in den Levator labii 
superioris alaeque nasi übergehend, ein Verhältniss, über 
welches ich genauer berichten werde. 

Aufgabe der Kopfaponeurose scheint es zu sein, Haut- 
bewegung zwischen den Ohren und der Nase und durch obi- 


219 


.gen Levator auch zwischen der Oberlippe zu.erhalten, d.h. 
Ohren, Nase und Oberlippe durch Hautthätigkeit, die ich als 
ein Spielen der Haut bezeichnen möchte, welches man 
in den Hundefamilien so oft antrifft, zugleich mit einander 
zu bewegen. Der aufmerksame und gespannte Canis hält 
Ohren, Nase und Mund am Zaume, beim leichten Luftzuge 
schon für die Aussenwelt empfänglich und thätig. Zum Er- 
folg ihrer Bestimmung ist die Galea aponeurotica nun auch 
mit Musculaturen durchsetzt, deren ich, abgesehen vom Le- 
vator labii superioris alaeque nasi zwei, eine davon doppelt, 
unterscheide. Es sind: 

1) Der Occipitalis, welcher einheitlich ist und an 
den hinteren Theil des äusseren Ohres beiderseits herantritt- 
Die trapezförmige Gestalt, welche ich beim Canis familiaris 
(tigrinus) deutlich in dieser Muskelpartie ausgesprochen fand, 
trat bei Canis vulpes nicht hervor, sondern bei diesem stell- 
ten die einzelnen Fascikel des Mukels Bögen dar, deren con- 
vexe Seite nach vorn gerichtet war. Der Occeipitalis ist da- 
bei eine äusserst zarte Muskelausbreitung, die eben so pla- 
tysmaartig ist als die folgende. 

2) Der Frontalis, welcher doppelt, d. h. jederseits 
einer vorhanden ist. Es bilden den Frontalis dünn ausge- 
breitete Muskelfasern, welche von der Fortsetzung des Zy- 
goma’s oberhalb des Auges, also dem Superciliarrande, zum 
vorderen Rande der Ohrmuschel gehen und sich hier bei ihrer 
Präparation, wenn man das Ohr lateralwärts zieht, von der 
unterliegenden, eigentlichen Musculatur abzuheben und einen 
Uebergang zum Ohrknorpel zu bilden pflegen. Die Fasern 
dieses Platysma’s convergiren von hinten nach vorn, indem der 
Superciliarrand, in Sonderheit der innere Winkel der Augen- 
höhle ihr Concentrationspunkt ist, während sie in der Ohr- 
gegend nicht allein an den Ohrknorpel in 'beschriebener Weise 
herantreten, sondern sich haubenartig auch noch etwas auf 
den Kopf herauf verbreitern. Zwischen den Ohren sind hier- 
durch die Fasern der beiden Frontales am meisten einander 
genähert, während dieselben nach den Augen zu von einan- 
der divergiren. Jeder der Frontales bildet auf diese Weise 
ein nach vorn gestrecktes Dreieck. Da unter jedem Fronta- 
lis bei Canis vulpes ein starkes Muskelpolster eigentlicher 


220 


Kopfmuseulatur liegt, so ist die Aponeurose zwischen beiden 
Frontales wie über ein Thal gespannt und findet, wenn man 
den Fuchs vor den Kopf, resp. die Nase, um ihn zu tödten 
schlägt, hier ein Bluterguss statt, der zwischen den Augen 
hindurch fast bis zur Nasenspitze vordringt und die mit dem 
Knochen nicht verwachsene Aponeurose von diesem abhebt. 
Der Faserverlauf jedes Frontalis ist, wie aus dem Gesagten 
wohl schon hervorgeht, ein von hinten nach vorn gerichteter. 
Abgesehen von seiner Wirkung auf das Ohr zieht der zu hin- 
terst zart in die Aponeurose übergehende Muskel auch an 
dem Öceipitalis und bedingt dadurch mit die convexe Bö- 
schung desselben nach vorn. — Wollte man die ganze Apo- 
neurose des Kopfes mit ihrer Muskulatur als ein Zusammen- 
gehöriges betrachten, so könnte man dieselben wohl recht gut 
als den subcutanen Muskel (Musculus subcutaneus) 
des Kopfes bezeichnen. Es hat dies insofern etwas für sich 
als man auf dem Rücken des Fuchses und auf der Hals-Bauch- 
seite weitere cutane Muskeln findet, die einzelner Fasern wegen, 
welche hier und da stärker entwickelt auftreten, an den Oc- 
eipitalis und die Frontales der Kopfhaut erinnern. 


B. Die Anlehner an die Kopfaponeurose. 


3) Der Levator labii superioris alaeque nasi. 
— Der Muskel ist doppelt vorhanden, jeder derselben geht 
von dem inneren Superciliarrande des inneren Winkels des 
Auges, sich nach vorn strahlig ausbreitend in die Oberlippe 
und Nasenspitze über. Des Zusammenhanges mit der Apo- 
neurose auf dem Nasenrücken wurde schon gedacht. Dieser 
Zusammenhang ist namentlich deshalb interessant, weil er in 
noch vollkommnerem Massstabe bei Canis familiaris stattzu- 
finden scheint, bei welchem die Galea aponeurotica in dem 
Frontalis am inneren Augenwinkel mit dem Levator labii su- 
perioris alaeque nasi in einer Weise communicirt, dass man 
den letzten Muskel als zum Frontalis mit hinzugehörig zu be- 
trachten geneigtist, um so mehr als bei Canis familiaris nicht 
allein der Occipitalis vom Frontalis abgesetzter liest, sondern 
auch die Aponeurose am inneren Augenwinkel nicht festge- 
wachsen ist, vielmehr ein wirkliches Band zwischen Fronta- 
lis und dem Levator bildet. Der Levator labii superioris 


221 


alaeque nasi ist übrigens der oberste Hautmuskel an der Seite 
der Nase; unter ihn und die darunter liegenden Muskeln; 
ebenfalls Levatoren, geht von hinten kommend der Haupt- 
strang der Nervi communicantes faciei und die Arteria coro- 
naria labii superioris herunter, während der Ramus super- 
fiecialis venae facialis anterioris, allein unter dem Levator 
labii superioris alaeque nasi, sich sogleich nach seinem Her- 
untertritt unter den Muskel nach oben wendet und durch den- 
selben hindurch am Cadaver sichtbar ist. Der Muskel hebt 
übrigens, wie sein Name sagt, die Oberlippe und verwendet 
hierauf die meisten seiner Muskeliasern, zieht aber auch die 
Nase entschieden zur Seite. Ich möchte ihn den eigentlichen 
Spürmuskel des Fuchses nennen und habe anzugeben, dass 
ich den Muskel in analoger Weise sowohl bei Canis familia- 
ris (tigrinus) als vulpes gut entwickelt fand. Die Faseın 
divergiren nach vorn und unten und sind gut von einander 
in ihren Fascikeln zu unterscheiden, ja dieser Hautmuskel 
erscheint sogar grob in seiner Structur, weil in ihm verschie- 
dene Sehnen eingeschlossen sind, welche mit den Spürhaaren 
des Hundes in Verbindung stehen. Auch dieserhalb verdient 
der Muskel der Spürmuskel genannt zu werden. 

4) Der Zygomaticus. — Wie ein enger Zusammen- 
hang sowohl in der Wirkung als durch aponeurotische Ver- 
bindung zwischen Oceipitalis, Frontales und Levator labii su- 
perioris alaeque nasi bestand, so treten als vierte Glieder zu 
diesem Bündniss die beiden Zygomatici, jederseits des Kopfes 
einer hinzu. Der Muskel erstreckt sich vom medianen Rande 
des Ohrknorpels als Bandstreifen und zu oberst von den Mus- 
keln der Kopfseite liegend zum Mundwinkel, sich hier etwas 
strahlig in die Oberlippe verbreiternd, auf welche der Mus- 
kel wie der Levator labii superioris alaeque nasi zu wirken 
scheint, vorzugsweise dazu bestimmt, den Mundwinkel zu 
heben. Die Richtung des Muskels ist dabei eine sasittale, 
die über die Wangenfläche hinweggeht und im Cadaver nicht 
sehr straff angezogen, sondern locker hängend erscheint. 
Dieser Beschreibung nach ist der Muskel kein eigentlicher 
Zygomaticus, da ich sagte, dass er vom Ohrknorpel ent- 
springe, diese Stelle ist nun aber just die, wo der Knorpel 
sich über dem Zygoma befindet und mit diesem in Verbin- 


222 


dung steht. Es möchte danach der Name ein wohl gerecht- 
fertigter sein. 


2. Gruppe: Die Maulpartie. 


Nach Hinwegnahme des Levator labii superioris alaeque 
nasi bekommt man neue Hautmuskeln zu Gesichte, welche 
zum Maule des Fuchses in Beziehung stehen. Es sind: 

5) Der Levator labii superioris proprius. Der 
Muskel geht auf jeder Seite des Gesichtes von dem Margo 
infraorbitalis (das Foramen infraorbitale liegt etwa 1 Zoll 
von der Augenhöhle entfernt) aus und endigt ganz vorn in 
die Oberlippe unter der Nase, welche er mit der Schnauze 
zugleich seitlich zu ziehen vermag und insofern Retrahens 
nasi genannt werden könnte, wollte man die Analogie des 
Ursprunges mit dem menschlichen Levator labii superioris 
proprius, der bekanntlich auch von dem Margo infraorbitalis 
entspringt, ganz ausser Acht lassen. 


6) Der Levator anguli oris. Der Muskel entspringt 
jederseits unterhalb des Foramen infraorbitale mit einer 
Sehne aus der Fovea maxillaris und geht zum Mundwinkel 
(Orbicularis oris).. In seiner Wirkung hebt der Muskel den 
Mundwinkel und die Oberlippe in der Gegend der Backzähne 
in die Höhe. An seiner Ursprungsstelle wird der Muskel vom 
Levator labii superioris proprius bedeckt und ist seinem 
Verlaufe nach kürzer und schwächer als dieser. Beide Mus- 
keln gehen strahlend von ihren Ursprungsstellen aus, werden 
aber nicht breit. 

Der Levator labii superioris proprius s. Re- 
trahens nasi birgt zugleich die als Nervi infraorbitales be- 
kannten Nervenstränge so gut, dass man sie vor seiner Hin- 
wegnahme gar nicht zu sehen bekommt. Dass der Nervus com- 
municans faciei und die Arteria coronaria unter obige zwei 
Levatores heruntertrat und erst nach deren Durchschneidung 
weiter zu verfolgen sind, wurde schon angegeben. Unter Nerv 
und Arterie sieht man die sich gardinenartig biegenden Fa- 
sern des Buccinator’s und in der Oberlippe selbst den Orbi- 
cularis oris. 

7) Der Buccinator. Ueber diesen Muskel habe ich 


223 


ausser dem Gesagten nichts Besonderes anzuführen, Fasern 
des Muskels gehen in den Orbicularis oris über. 

8) Der Orbicularis s. Sphincter oris. Der Mus- 
kel ist nur schwach entwickelt, inserirt sich normal nirgends 
an Knochentheilen und verwächst ziemlich fest mit der äus- 
seren Haut und locker mit der Schleimhaut der Lippen. Vorn 
unter der Nase ist er etwas gespalten, da der Fuchs auch 
eine etwas gespaltene Oberlippe hat. 

Nach Hinwegnahnahme aller bisher besprochenen Mu- 
skeln bekommt man endlich die letzten der Hautmuskel auf 
der lateralen Seite des Kopfes zu sehen. Es sind lateral- 
wärts der Schnauzenpartie: 

9) Der Compressor nasi. Dieser Muskel liegt jeder- 
seits an der Seite der Nase und geht von der Superficies fa- 
eialis ossis maxillaris superioris, über dem 3. Backzahn, als 
ein kräftiger Compressor schräg nach vorn und oben an den 
Nasenrückenknorpel. 

10) Der Depressor alae nasi. Der Muskel geht je- 
derseits von der Vertiefung neben dem jugum alveolare des 
Reisszahnes zum Knorpel des Nasenflügels. Der Muskel ist 
im Vergleich zum vorhergehenden viel schwächer entwickelt- 

3. Gruppe: Die Kinnpartie, 

Von den Hautmuskeln des Kinnes sind hier endlich noch 
der Submentalis und die Muskelfasern des Platysma 
myoides zu erwähnen. 

11) Der Submentalis. Dieser Muskel ist nur sehr 
schwach beim Fuchse entwickelt, ist unpaar und entspringt 
aus der Haut des Unterskiefers. Seine Fasern schlagen sich 
wie beim Kaninchen um den unteren freien Rand des Cor- 
pus maxill. inferioris herum und gehen zu der Haut der an- 
deren Seite. 

12) Das Platysma myoides. Der eigentliche Haut- 
muskel der Brust und des Halses, das Platysma myoides ver- 
läuft schräg aufwärts und lateralwärts zum Unterkiefer und 
kommt hier insofern in Betracht, als es sich schliesslich an 
die Haut der Wangengegend inserirt. 

Es wären hier noch die Hautmuskeln, welche das Ohr 
und Auge regieren, zu beschreiben, ich habe mir dieselben 
jedoch zu einer specielleren Beschreibung aufbewahrt. 


224 


Literatur, 


Allgemeines. Mittheilungen aus dem Thierreiche 
für den naturgeschichtlichen Unterricht in den Oberklas- 
sen der deutschen Schulen. Von einem Volksschullehrer. Nürnberg 
1861. 8°. — Eine ganz allgemein gehaltene, unterhaltende Schilde- 
rung der zwölf Klassen des Thierreiches, welche auf die Existenz und 
Manichfaltigkeit, auch auf die Bedeutung derselben kurz hinweist 
und unseres Erachtens nach wohl für den ersten Unterricht ausreicht, 
für Oberklassen an deutschen Schulen wenigstens hinsichtlich der 
Säugethiere und Vögel schon etwas mehr Einzelnheiten bringen müsste. 
Seiner Darstellung hat Verf. ebenfalls nur die kleinern Lehrbücher 
wie Schillings Grundriss, Kaups Thierreich und dgl. zu Grunde ge- 
legt, so dass Irrthümer, falsche Auffassungen, unklare Ausdrücke hin 
und wieder vorkommen, so sollen die Polypen und Quallen weder 
Muskelfasern noch Nerven haben; der Flusskrebs hat sechs scheeren- 
förmige Füsse, wovon jedoch nur das erste Fusspaar Scheeren trägt! 
bei den Faulthieren liegen die Zehen fast unter der Haut verborgen 
und dergleichen merkwürdige Unklarheiten mehr. 

S. Ruchter, Grundriss der Naturgeschichte. Ein 
Leitfaden für den Unterricht an Gewerbe-, Latein- und Präparanden- 
Schulen sowie verwandten Lehranstalten. I. Theil. Zoologie mit 140 
Holzschnitten. Rosenheim 1868. 8°. — Das vorliegende Buch behan- 
delt die Zoologie in dem Umfange, wie er für die auf dem Titel be- 
zeichneten Schulen nothwendig ist und mit ebenso viel Klarheit in 
der Darstellung wie Sachkenntniss.,. Das ganze Material ist in Form 
von Antworten auf kurz gefasste Fragen gegeben worden und wo es 
nöthig schien, ist der Antwort noch eine besondere ausführlichere 
Erläuterung hinzugefügt. Die niedern Thiere sind selbstverständlich 
sehr kurz abgefertigt, da sie für den Schulunterricht doch nur einen 
ganz allgemeinen Werth haben und dieser sich noch verringert, wenn 
keine die Anschauung vermittelnde Sammlung vorhanden ist. 

O. Rietmann, Wanderungenin Australien und Poly- 
nesien. St. Gallen 1868. 8%, — Erlebnisse -und Beobachtungen in 
schlichter Form erzählt, wie sie Jeden unterhalten und belehren, der 
für fremde Länder und Leute Interesse hat. Die Fahrt mittelst Aus- 
wanderer Schiff von Basel nach Sidney, dann die Reise landeinwärts 
in Australien, Aufenthaltin den Ansiedelungen, Reise über die blauen 
Berge, in Illawarra, zu den Goldmienen von Aurluen, nach Port Ste- 
phens und die Myall Seen, nach den Südseeinseln, Aufenthalt in Sid- 
ney, Reise nach Melbourne und von hier nach London. Die Erfah- 
rungen des Verf.s empfehlen wir insbesondere auch denen, welche 
eine Reise nach Australien zu unternehmen beabsichtigen. Die natur- 
wissenschaftlichen Beobachtungen sind blos gelegentliche, immerhin 
aber wohl beachtenswerthe. 


225 


Astronomie u. Meteorologie. H. Emsmann, Unter- 
suchungen über die Windverhältnisse zu Berlin. — Aus- 
zug aus einem Programm von 1839. — Die Beobachtungen über die 
Windrichtungen von 1831—1835 bestätigen das Dove’sche Drehungsgesetz 
(Drehung des Windes mit der Sonne) sowol in Bezug auf Drehungen 
die im ganzen Kreise herumgehen, als auch auf solche die nur Bo- 
gen von kleineren oder grösseren Dimensionen umfassen; diametrale 
Umkehr des Windes findet am häufigsten statt bei NW in SO, dann 
folgen W, N, 0, SO, NO in die entgegengesetzten; bei den übrigen 
noch seltener. In Bezug auf die Jahreszeiten zeigt sich, dass west- 
liche Winde stets überwiegend sind, N ist im Sommer häufiger als $, 
im Frühling halten sich diese das Gleichgewicht, im Winter und Herbst 
bekommen die 5 das Uebergewicht. Die Abhängigkeit der Wind- 
richtungen von den Jahreszeiten stimmt also mit den Kämtzschen 
Gesetzen. Ob die Tageszeiten einen Einfluss auf die Windrichtung 
haben, ist zweifelhaft, nach den Beobachtungen wird die Richtung 
im Mittel vom Morgen bis zu Mittag immer südlicher, geht Nach- 
mittag nach W und scheint in der Nacht ihre grösste Abweichung 
von der südlichen Richtung zu erreichen; die mittlere Windrichtung 
ist nicht nach Lambert sondern nach einer eigenthümlichen Methode 
berechnet. — Am beständigsten ist in Berlin im allgemeinen der W, 
nächst ihm SW, O0, und NO, am unbeständigsten N und S; der W 
ist am unbeständigsten im Frühling und Herbste; — N im Herbst 
und Winter; — O im Sommer; — Sim Frühling. Auch das Verhältniss 
der Winde zu den Mondsphasen ist untersucht: Das Maximum der 
SW fällt aufs erste Viertel, ihr Minimum aufs letzte; das Minimum 
der NO geht dem Maximum der SW und das Maximum der NO dem 
Minimum der SW voraus. — (Pogg. Ann. 132, 636—650.) Schbg. 

E. Lommel, Theorie der Abendröthe und verwandter 
Erscheinungen. — Verf. geht aus von den Beugungserscheinungen 
die sich zeigen, wenn ein Lichtstrahl durch ein kleines Loch resp. 
ein Bündel Strahlen durch viele Löcher eines undurchsichtigen 
Schirmes gehen; er findet, dass ein weisser Lichtpunct durch ein sol- 
ches Loch betrachtet weiss erscheint mit einer kaum merklichen 
schwach röthlichen Aureole gebeugten Lichtes umgeben; das Roth 
wird aber bei einer grossen Menge beliebig vertheilter Löcher deut- 
licher. Eine ähnliche Erscheinung tritt ein, wenn in den Gang eines 
Bündels von Lichtstrahlen ein sehr kleines Schirmchen eingeschaltet 
wird; es erscheint ein schwarzer Punkt vonder rothen Aureole umgeben. 
Durch eine genügend grosse Anzahl von Gruppen solcher kleinen 
Schirmchen ferner wird sogar der Pänkt selbst röthlich erscheinen 
und von einer noch rötheren Aureole gebeugten Lichtes umgeben 
sein; bei Betrachtung einer Lichtfläche tritt die rothe Färbung noch 
deutlicher hervor als bei einem einfachen Lichtpunkt. Beim Auf- und 
Untergang der Sonne sind nun die feinen Körperchen in den untern 
Schichten der Atmosphäre: Rauch, Wolken u.s.w. als solche Schirm- 
chengruppen zu betrachten und dann erklärt sich Morgen- und Abend- 


226 


röthe von selbst. Von der Forbes’schen Theorie unterscheidet sich 
diese neue nur dadurch, dass die Eigenschaft der Wasserbläschen, 
roihe Strahlen reichlicher durchzulassen aus der Natur des Lichts 
erklärt und nicht blos den Wasserdampf, sondern auch jedem andern 
von feinen Partikelchen getrübten Mittel zugeschrieben wird. Die 
Folgerungen aus der Forbesschen Theorie z. B. hinsichtlich der me- 
teorologischen Bedeutung des Morgen- und Abendrothes bleiben also 
bestehen. Auch die rothe Färbung der Sonne bei hohem Stande der- 
selben durch Wüstenstaub, Höhenrauch, Alpenglühen sowie einige 
andere physikalische Erscheinnngen erklären sich auf gleiche Weise, 
Zum Schluss vertheidigt der Verf. seine Theorie gegen einen Angriff 
der bei einer frühern kürzern Veröffentlichung laut geworden ist und 
erklärt sie für den Beweis eines schon von Babinet aufgestellten Prin- 
cipes, nach welchen Strahlen von kurzer Wellenlänge durch Hinder- 
nisse, welche nicht specifischer Natur sind eher vernichtet werden, 
als die längeren Wellen. — (Pogg. Ann. 131, 105—107.) Schbhg. 
Secchi, neue Beobachtungen über die Spectra der 
Fixsterne. — Nach dem Verfasser zerfallen die Spectra der Fix- 
sterne in 3 Klassen, deren Typen sind 1) « Lyrae (Vega), ausgezeich- 
net durch Wasserstofflinien; 2) « Herculis, umfasst die röthlichen 
und die veränderlichen Sterne (o Ceti etc.); 3) « Bootae (Arcturus) 
resp. unsere Sonne, die Unterschiede dieses Typus dürften nur durch 
verschiedene Temperaturen bedingt seien. — (Ebda 131, 156—160.) 
Schbg. 
Kuhn, Bemerkungen über Blitzschläge. — Nach der 
Ansicht des Verf. ist die von der Seite der Gewitterwolke gegen die 
Terrainschichten resp. gegen die unterirdischen Wasserstrecken aus- 
geübte Influenz als Ursache der Blitzschläge anzusehen und diesen 
Influenzwirkungen (die bekanntlich entweder selbst wieder die Ent- 
stehung von Nebenwirkungen erzeugen oder von solchen im Augen- 
blicke der Entstehung des Entladungsstromes begleitet sein können) 
sind alle die Erscheinungen zuzuschreiben, welche während des Blitz- 
ereignisses an irdischen Objecten beobachtet werden. Daraus ergiebt 
sich, dass die Blitzableiter möglichst bis in das Grundwasser zu 
führen seien, dass für jeden Gebäudecomplex ein geeignetes Blitzab- 
leitersystem einzurichten sei, und dass ein einzelner hoher Blitzab- 
leiter einen sogenannten Schutzkreis für die umgebenden Objecte 
nicht darbiete, Als Beweise für diese schon früher vom Verf. auf- 
gestellten Sätze werden eine Anzahl von Beispielen aus dem Jahre 
Jahre 1867 besprochen, unter andern auch das S. 140 nach Hoh be- 
richtete; dabei werden die eigentlichen Blitze von den durch Influenz 
hervorgerufenen Erscheinungen unterschieden. Die Ursachen des so- 
genannten Einschlagens sind demnach nicht blos in der Beschaffen- 
heit der Gebäude und anderer irdischer Objecte zu suchen, sondern 
gie müssen hauptsächlich von der Terrainbeschaffenheit, der Lage der 
Objecte gegen die Gewitterwolke und ausgedehnten unterirdischen 


227 


Wasserstrecken abhängig sein. — (Sitzungsber. der Münchener Akade- 
mie 1867, I, 2, 247--275.) Schbg. 
Physik. Guthrie, über Tropfen und Blasen. — I. Un- 
tersuchungen über die Grösse von Flüssigkeitstropfen, welche sich 
an einem festen Körper in einer Flüssigkeit oder in einem Gase bil- 
den. Verf. lässt aus verschiedenen Flüssigkeiten an Messing-, Elfen- 
bein- und andern Kugeln Tropfen entstehen, deren Grösse er genau 
bestimmt; er findet z. B. bei Anwendung von Cocosnussöl, dass die 
Tropfen um so grösser sind, je schneller sie sich folgen. Im Allge- 
meinen ergiebt sich, dass die Festigkeit der Flüssigkeit die Bildung 
der Tropfen verursachen, während die Steifigkeit (Elasticität) das 
Herabfallen verzögert; die Tropfengrösse messe also die Differenz von 
Festigkeit und Steifigkeit, sie nehme mit der Steifigkeit zu und mit 
der Festigkeit ab. Quecksilber, Wasser, Glycerin haben eine verhält- 
nissmässig grosse Steifigkeit, Alkohol dagegen eine geringe. — Fer- 
ner ergiebt sich: Wenn in Luft die Tropfen einer Flüssigkeit A grös- 
ser sind als die von B, so sind auch die einer dritten Flüssigkeit C 
in A grösser als in B. Wenn A in B grössere Tropfen bildet als 
in C so thut diess auch unter übrigens gleichen Verhältnissen eine 
Flüssigkeit D. Aehnliche Gesetze werden noch mehr aufgestellt. — 
II. In Betreff der Blasen in Flüssigkeiten scheint sich zu ergeben, 
dass die Grösse derselben mit der Steifigkeit der Flüssigkeit in der 
sie aufsteigen wächst, mit der Festigkeit dagegen abnimmt. — (Nach 
dem Bericht von Quincke, Pogg. Ann. 131, 128 —147; Original in den 
Proced. of the Roy Soc. XI, u. XIV.) Schbg. 
W. Beetz, über den Einfluss der Bewegung der 
Tonquelle auf der Tonhöhe. — Die in dieser Zeitschrift (Bd.30, 
106) angegebene Beobachtung von Beetz, dass eine tönende Stimm- 
gabel beim Rotiren zwei Töne (Variations- oder Interferenz-Töne) giebt, 
wurde schon damals vom Referenten nach der Stefanschen Theorie 
(Ebda S. 104) erklärt, jetzt giebt Beetz an, dass diese Theorie meis- 
tens passende Schwingungszahlen giebt. Beetz hat auch Versuche 
mit Pfeifen angestellt, welche am Rande einer rotirenden Scheibe 
aufgestellt waren und daher einen Cylindermantel beschrieben: steht 
der Ausschnitt der Pfeife nach der Seite der Pfeife hin, nach der die 
Bewegung erfolgt, so wird der Wind des Balgs in seiner Wirkung 
aufgehalten und der Ton geht hinunter; ist der Aufschnitt nach der 
entgegengesetzten Richtung zu gerichtet, so geht der Ton hinauf, 
indem durch eine Saugwirkung der Wind verstärkt wird. — (Pogg. 
Ann. 130. 587— 596.) Schbg. 
S. v. Krusper, Bemerkungen zum Aufsatz der Herrn 
Bohn über das Stampfersche Nivellirinstrument, — Verf. 
sucht zu zeigen, dass der von Bohn gerügte Fehler des Stampferschen 
Instrumentes nur verschwindend kleine Ungenauigkeiten zur Folge 
habe, während die von demselben vorgeschlagenen Veränderungen 
des Instrumentes durchaus nicht als Verbesserungen anzusehen seien. 
Siehe die beiden flg. Referate. — (Pogg. Ann. 130. 637—643.) Schbg. 


228 


C. Bohn, über Winkelmesser, Nivelliren und Di- 
stanzmessen der Mikrometerschraube. — B. vertheidigt sich 
gegen die Angriffe der Herren v. Niessl und v. Krusper, indem er 
einerseits erklärt, er habe kein ächtes Stampfersches Instrument ge- 
habt, habe die Abweichungen seiner Copie vom ächten nicht erfahren 
können und sei also in einigen Punkten in Unrecht; im Uebrigen hält 
er seine Veränderungen doch für Verbesserungen. — (Pogg. Ann. 131, 
644—651.) 

v. Niessl, Berichtigung zur vorigen Bemerkung. — 
Verf. hält seine frühern Behauptungen (diese Zeitschr. 30, 372) auf- 
recht und ist der Meinung dass die Verbesserung Bohns auf einer 
theoretischen Forderung beruhe, diein der Praxis nie erfüllt sein wird, 
(Poyg. Ann. 132, 628— 632.) 

A. Brezina, das Verfahren mit dem Stauroscop. — 
Die früher (Bd. 28, 453) erwähnte Modification des Kobellschen Stau- 
roscops wird dem Angriff des H. Kobell (Bd. 29,157) gegenüber ver- 
theidigt. — (Pogg. Ann. 130, 141—142.) 

Reusch, Reflexion undBrecehung desLichts an sphä- 
rischen Flächen unter Voraussetzung endlicher Ein- 
fallswinkel. — Während in den Lehrbüchern die angegebene Auf- 
gabe meist nur gelöst wird unter Voraussetzung von Strahlen die 
nur wenig von der Axe abweichen, fasst der Verf. dieselbe allgemei- 
ner und löst sie auf elementarem Wege. Da die betreffenden Sätze 
ohne Figuren sich nicht deutlich machen lassen, so sei hier nur be- 
merkt, dass sie zu folgenden Anwendungen benutzt sind: das Plan- 
parallelglas, der belegte Glasspiegel, das rechtwinkelige Reflexions- 
prisma, das gewöhnliche Prisma, die spärische Linse und der Regen- 
bogen mit 1—3 Reflexionen im Innern des Tropfens, — (Pogg. Ann. 
130, 497—517.) Schbg. 

Muscart, über die Riehtung der Schwingungen im 
polarisirten Licht. — Die Versuche mit ausgezeichneten Glas- 
gittern scheinen die Fresnelsche Ansicht zu bestätigen, dass die 
Schwingungen winkelrecht gegen die Polarisationsebene geschehen, 
während Holtzmann das Gegentheil gefunden hatte. — (Pogg. Ann. 
131. 153—156.) 

A. Töpler, optische Studien nach der Methode der 
Schlierenbeobachtung. — Der Inhalt dieses Aufsatzes schliesst 
sich eng an die „Beobachtungen nach einer neuen optischen Methode‘‘ 
an (1864; d. Ztschr. 25, S. 281). Verf. beschreibt zunächst einen 
verbesserten Beobachtungsapparat, bei dem vor allem hervorzuheben 
ist, dass die Lichtöffnung des Illuminators nicht mehr kreisrund ist 
sondern einen Kreisabschnitt von veränderlicher Grösse darstellt; 
auch die Blendung am analysirenden Fernrohr ist vervollkommnet; 
desgleichen die Einrichtung des electrischen Illuminators zur momen- 
tanen Beleuchtung. Wie sensibel der von Weegmann und Wesselhöft 
in Riga für die Pariser Ausstellung angefertigte Apparat ist, geht 
daraus hervor, dass man in denselben Wasser in Wasser fliessen sehen 
kann, selbst wenn die Temperaturdifferenz beider Wasser verschwin- 


229 


dend klein ist. Sehr schön zeigen sich Mischungsphänomene von 
Wasser mit Salzlösungen, Alkohol und Aether. — Der letzte Theil 
des Aufsatzes enthält Untersuchungen über den electrischen Funken 
und die von ihm in der Luft erzeugte (Schall-) Welle; diese Welle 
ist natürlich nur sichtbar bei „momentaner Beleuchtung‘ durch einen 
zweiten electrischen Funken, der dem Schallfunken in sehr kurzer Zeit 
nachfolgt. Das Aussehen des sehr zierlichen optischen Bildes wird 
beschrieben und durch Abbildungen erläutert, auch Reflexion, Re- 
fraction und Interferenz der Wellen nachgewiesen. Die Welle ent- 
steht, wie sich aus dem optischen Bilde ergiebt, nicht aus dem hef- 
tigen Zusammenfahren der durch den Funken auseinander geschleu- 
derten Luft, sondern der Schall den das Ohr bei der electrischen 
Entladung vernimmt wird durch einen kurzen Verdichtungsimpuls 
hervorgerufen. Die Welle entsteht nur aus einer fadenförmigen Ent- 
ladung; beim Funken des Inductionsapparates ist die fadenförmige Ent- 
ladung von sehr kurzer Dauer, es folgt ihm eine bandförmige Entla- 
dung, die mit dem Wellenphänomen nichts zu thun hat. Zum Schluss 
folgen die Untersuchungen über die Zeitdifferenz wischen 2 Entladun- 
gen in 2 Unterbrechungen einer Leitung d. h. über die Zeitdifferenz 
zwischen Beleuchtungs- und Schall-Funken. Leider liess sich dieselbe 
nicht absolut reguliren, so dass man die Welle jedes Funkens in et- 
was anderer Ausdehnung sah. Es ergab sich aber, dass ein Conden- 
sator sich in einem ihm dargebotenen Schlagraume nicht entladet, 
bevor eine unter gewissen Umständen sehr messbare Zeit verflossen 
ist, — selbst wenn der Condensator zur Durchbrechung des Schlag- 
raumes mehr als die nöthige Ladung besitzt, Die Inconstanz der 
fraglichen Zeitdifferenz erklärt sich zur Genüge aus der Veränderung 
der Electroden, der durch die Funken bewegten Luft u.s.w. Wegen 
der genauern Details verweise ich auf die Originalabhandlung. — 


(Pogg. Ann. 131, 33—55 und 180—215.) Schbg. 
A. Töpler, zur Construction und Leistung der Elec- 
trophor-Maschine. — Um die Influenz - oder wie sie von Riess 


genannt werden Electrophor- Maschinen zu verstärken, hat T. die 
Zahl der Erregungsstellen vergrössert, da diess aber auf einer Scheibe 
- nicht gut anging, so hat er eine Anzahl Scheiben auf einer Axe an- 
gebracht, welche zusammen 16 Erregungsstellen hatten. Der Gene- 
rator (vgl. die frühern Berichte über die Töplersche Maschine) ist so 
eingerichtet, dass sich die Maschine stets von selbst ladet. Der ziem- 
lich compendiöse Apparat giebt eine Schlagweite bis zu 78 Mm. We- 
gen der Details der Construction muss ich auf die Originalabhand- 
lung und die zugehörigen Zeichnungen verweisen. — {Pogg. Ann. 130, 
518 — 5335.) k Schbg. 

W. Holtz, über die höhere Ladung isolirender Flä- 
chen durchSeitenanziehung und die Uebertragung dieses 
Prineips auf die Construction von Influenzmaschinen. 
— Der Verf. zeigt, dass auf belegten rotirenden Scheiben die electrische 
Dichtigkeit im Allgemeinen eine geringere ist alsaufunbelegtenund daher 

Bd. XXXI, 1868. 16 


230 


grössere intensive und quantitative Wirkung geben. Er führt diess Re- 
sultat aber theilweise auf eine andere Ursache zurück als Töpler; 
ferner zeigt er, dass auf belegten Scheiben, wenn die Theile der Be- 
legung gleich den festen influeneirenden Flächen sind, die electrische 
Dichtigkeit eine geringere wie auf diesen Flächen, auf unbelegten 
Scheiben aber im Allgemeinen eine grössere ist. Diess letztere wird 
benutzt zur Construction einer neuen Influenzmaschine, welche sich et- 
was von den frühern von Holtz und Töpler construirten unterscheidet. 
In einem Nachtrag theilt der Verf. noch einige Erscheinungen mit 
die er an seinen Maschinen beobachtet hat, unter denen besonders eine 
Rotationserscheinung hervorzuheben ist: während sonst die Maschinen 
durch Influenz und mechanische Bewegung eine electrische Arbeit 
verrichten, kann man nämlich auch umgekehrt durch Influenz und 
electrische Bewegung eine mechanische Arbeit verrichten. Hieran 
schliessen sich die drei Mittheilungen über electrische Rotation an, 


die im vorigen Hefte referirt sind. — (Pogg. Ann. 130, 128—137; 

168-171) Schbg. 
W. Holtz, über Influenzmaschinen für hoke Dich- 

tigkeit mit festen influenzirenden Flächen. — Dieser Ar- 


tikel schliesst sich an den vorigen an. Er enthält die Beschreibung 
mehrerer Maschinen; dieselben haben das gemeinsam, dass der Con- 
ductor, an dem eine hohe Dichtigkeit erreicht werden soll, einem grös- 
sern Ausschnitt der festen Scheibe genübersteht, damit die rotirende 
Scheibe von dem Einfluss der festen befreit schon aus der Ferne auf 
ihn wirken kann — und dass man denselben ohne die Thätigkeit der 
Maschine zu stören nach Belieben isoliren oder ableiten kann. Sie 
unterscheiden sich aber wesentlich dadurch dass sie theils 1, theils 23 
Coductoren (Pole) haben. Schlagweite bis 9%. — (Pogg. Ann. 130, 


287—302) Schbg. 
P. Riess, über Doppelinfluenz und die Theorie der 
Electrophormaschinen. — Verf. erinnert daran, dass er schon 


1854 Versuche mit mehrfacher Influenz angestellt habe und knüpft 
daran eine Theorie der ‚„Doppelinfluenz‘“. Dieselbe lässt in einem 
aus Leiter und Nichtleiter eigenthümlich zusammengesetzten Körper 
3 gesonderte Mengen von Electricität hervortreten: im Leiter die 
dem erregenden Körper gleichartige, auf der Vorder- und Hinter- 
fläche der isolirenden Scheibe die ihm ungleichartige Electrieität. Die 
Beschreibung der einzelnen Versuche, welche die Grundlage der 
Theorie der einzelnen Maschinen enthalten, müssen aus Mangel an Raum 
hier übergangen werden, ebenso wie die Theorie der verschiedenen 
Holtz’schen und Töpler’schen Maschinen; dieselben sind: Blectro- 
phormaschine ] mit drehbarer Metallplatte (Töpler); 32 mit drehbarer 
Glasscheibe (Holtz); 214 mit 2 Glasscheiben und gleichgerichteter 
Drehung (Töpler);; 2V mit 2 Glasscheiben und entgegengesetzter Dre- 
hung (Holtz). Mit wenig Worten lässt sich die Theorie sämmtlicher 
Influenzmaschinen folgendermassen angeben: Die einfachelnfluenz 
liefert in dem erregten Leiter 2 Mengen von Electrieität —m und 


231 


-+m, wobei die erregende Electrieitätsmenge —=+-1 gesetzt wird und 
m<{1l ist. Hiervon benutzt der Electrophor die Menge —m, die 
Electrisirmaschine die Menge + m, die Electrophormaschine I beide Men- 
gen. — DieDoppel-Influenz liefert in den aus Leiter und Nicht- 
leiter zusammengesetzten durch die Electrieitätsmenge +1 erregten 
Körper drei Electrieitätsmengen im Leiter +m, auf der ihm nahen 
Fläche des Nichtleiters — m, auf der ihm fernern Fläche —p (p<{1); 
hiervon benutzt die BElectrophormaschine Il die Menge —m, Nr. IV 
aber —m und +m, Nr. II endlich alle drei Mengen. Maschinen mit 
einfacher Influenz können nicht weiter construirt werden, bei der 
Doppelinfiluenz aber können noch die Combinationen —-m und —p so- 
wie —m und —p zu neuen Maschinen Anlass geben. — (Pogg. Ann, 


131, 215 — 236.) Schbg. 
P. Riess, Influenz einer nichtleitenden Platte auf 
sich selbst. — Wenn einzelnen Theilen eines Nichtleiters durch 


Mittheilung oder sonst wie Electricität zugeführt wird, so kann in 
den andern Theilen durch Influenz weitere Eiectricität entstehen; R. 
nennt diese Influenz der electrisirten Theile des Isolators auf die neu- 
tralen kurzweg Influenz des Isolators auf sich selbst und stellt eine 
Anzahl hierhergehöriger Versuche zusammen. Die ältesten derselben 
rühren her von Aepinus; sie haben zwar kein besonderes theoretisches 
Interesse, aber der Verf. glaubte doch ein näheres Eingehen auf diesel- 
ben nicht vermeiden zu sollen, um gewissen falschen Vorstellungen, 
die sonst in Betreff der Influenz entstehen könnten zu rechten Zeit 
entgegen zu treten. — (Pogg. Ann. 132, 592— 607.) Schbg. 
P. Riess, über electrische Einbiegungen. — Verf. er- 
klärt die Behauptung des Herrn le Roux, dass die bei starken elec- 
trischen Entladungen in den Leitungsdrähten entstehenden winkeligen 
Einbiegungen keine primäre electrische Erscheinung sondern nur eine 
Folge der plötzlichen Erhitzung sei, für unrichtig. — (Pogg. Ann, 131, 149.) 
G. Quincke, über die Fortführung von Materie 
durch den electrischenStrom. — Daniel hat kürzlich in den 
Compt. rend. behauptet, dass der electrische Strom nur in der positi- 
ven Richtung Körpertheile fortzuführen im Stande sei. @. widerlegt 
diess durch Hinweis auf frühere Versuche, sowol auf eigene als auch 
auf solche von Paalzow und Wiedemann. — (Pogg. Ann. 131, 150.) 
L. Schwendler, über den zweckmässigsten Wider- 
stand des Galvanometers beim Messen von Widerstän- 
den mittelst der Wheatstoneschen Brücke. — Bekanntlich 
wird bei einer W.’schen Brücke die grösste Empfindlichkeit erreicht 
wenn der Widerstand der 4 Brückenzweige gleich ist. S. zeigt weiter, 
dass das magnetische Moment des Galvanometers ein Maximum wird, 
wenn der Widerstand desselben gleich ist der Summe der beiden 
kleinsten Zweige. — (Pogg. Ann. 130, 574587.) Schbg. 
A. de la Rive, über die Fortpflanzung der Electri- 
eität in elastischen Flüssigkeiten, besonders über die 
Schichtung des eleetrischenLichts bei dieser Fortpflan- 
16 * 


232 


zung. — Bekanntlich pflanzt sich die Electrieität in Gasen nur fort, 
wenn dieselben bis auf einen bestimmten Grad verdünnt sind, im 
ganz luftleeren Raum aber pflanzt sie sich wieder nicht fort. Die 
“Versuche des Verf. beziehen sich zunächst auf höchst verdünnte Me- 
talldämpfe und scheinen zu beweisen, dass dieselben nicht nur ein 
bedeutenderes Leitungsvermögen haben als die übrigen Gase, sondern 
auch ein specifisch anderes, und zwar sind die Dämpfe der besten 
metallischen Leiter auch die bestleitenden; die Farbe der Entladung 
ändert sich mit den Metallen, die Schichtung ist deutlicher als bei 
andern verdünnten Gasen. Bei Wasser- und Alkoholdampf, Wasser- 
stoff, Stickgas und atmosphärischer Luft sind die Erscheinungen der 
Schichtung im Wesentlichen gleich, nur durch den Druck bei dem 
sich die verschiedenen Erscheinungen zeigen unterschieden, e8 
scheint demnach der Vorgang bei dem geschichteten Lichte ein rein 
mechanischer zu sein: die von der Electricität durchflossene Gassäule 
besteht, wenn sie auf einen gewissen Grad von Verdünnung gebracht 
wird, aus abwechselnd verdichteten und verdünnten Schichten mit 
einem verdünnten dunkeln Raum in der Nähe der negativen Electrode. 
Um die bei verschiedenen Druck sich zeigenden Erscheinungen zu 
untersuchen empfiehlt sich besonders der Wasserstoff, weil man bei 
den andern Gasen den Druck nicht so hoch nehmen darf. Die Be- 
wegung der Gastheilchen die durch die Electricität hervorgerufen 
wird, scheint vom negativen Pol auszugehen. Von den einzelnen 
Gasschichten sind natürlich die verdünnten besser leitenden dunkel, 
die verdichteten schlechter leitenden aber leuchtend. Thermome- 
trische Versuche zeigen, dass durch die Electrieität in den Ga- 
sen eine merkliche Temperaturerhöhung eintritt, welche bei ge- 
nügender Verdünnung und geschichtetem Lichte an der negativen 
Electrode geringer ist als an der positiven, endlich dass die absolu- 
ten Temperaturerhöhungen mit der Dichte und der Natur der Gase 
variiren: beim Wasserstoff unter einem Druck von 1,5 Mm. (1 Cubikcm. 
— 1/,goo Milligr.) stieg ein Thermometer binnen 2 Minuten um 3%, 
Zum Schluss vergleicht der Verf. die zarten Nebel, die sich bilden 
in dem Momente, wo man in eine von Electrieität durchströmte Was- 
serstoffröhre noch etwas Wasserstoff einlässt, mit dem Lichte der Ne- 
belfllecke und Kometen, deren Spectra ja auch Wasserstoff- und Stick- 
stofflinien enthalten. — (Pogg, Ann. 131, 446 — 463; 577 — 585.) 
Schbg. 

Desains, Untersuchungen über die absorbirende 
Wirkung, welche gewisse flüchtige Flüssigkeiten und 
deren Dämpfe auf die Wärme einer Lampe ausüben — 
Vor eine Lampe mit Glasschornstein wurden Säulen von Aether, 
Ameisenäther und Schwefelkohlenstoff aufgestellt und ihre Absorption 
untersucht; die beiden ersten übten eine beträchtliche Absorption 
aus, deren Intensität von dem Aggregatzustand unabhängig ist, nur 
muss die Gassäule länger sein als die Flüssigkeitssäule; beim Aether 
war der relative Verlust 0,35, beim Ameisenäther 0,27—0,29, beim 


233. 


Schwefelkohlenstoff aber sehr unbedeutend. — (Pogg. Ann. 131, 491 
— 494.) Schbg. 
Chemie. Fane, über Unterschiede in dem anschei- 
nend gleichen Verhalten des Morphins einerseits und 
der Gewürznelken oder Pimentkörner Präparate and- 
rerseits gegen Salpetersäure und Eisenchlorid. — Die 
Gewürznelken (Careophyll. aromat. Myrtac.) enthalten als wirk- 
sames Princip ein ätherisches Oel, Tannin, Harz und Extraktivstoffe. 
Salpetersäure röthet den Gewürznelkenaufguss, Eisenchlorid bläut 
denselben und das ätherische Oel verhält sich diesen Reagentien ge- 
genüber ebenso. Das Nämliche gilt von der Infusion und der Essenz 
der Pimentkörner (Myrtac Pimentum Myrtac.) Bekanntlich 
zeigen Morphinlösungen dieselben Reaktionen, bei welchen sich in- 
dessen folgende Unterschiede bemerkbar machen: 
Verhalten der Salpetersäure 
zu: 
Gewürznelken. 

la Gewürznelkenöl wird bei 
Behandlung mit NO, granat- 
roth; diese Färbung ist eine 
dauernde; 
Gewürznelkeninfusum 
reagirt wieMorphin, doch tie- 
fer und verschwindet die rothe 
Farbe sofort wieder; 
y Gewürznelkenöl in Was- 

ser geschüttelt färbt sich 

durch NO, gelbroth. 


Morphin: 

1. M. färbt sich durch NO, rasch 
roth; doch geht die Färbung 
namentlich bei Verdünnungbin- 
nenl—2 Stunden erstin Orange, 
dann in Gelb über. P 


2. Wird zu der salpeters. Mor- 
phinlösung Chlorkalcium gege- 
ben, so entfärbt sich die Mi- 


2. Gewürznelkenpräparate verhal 
ten sich par. condit. ebenso » 
Die Mischung wird jedoch am 


schung am Lichte vollständig. Sonnenlichte nur blassgelb. 
Eisenchlorid, 

3. gibt mit 

oe. alkoh. Lösung von G.N. 
Oel eine stundenlang beste- 
hende grüne, mit 

ß. wässr. Mischung des G. 
N. Oeles eine gelbe, in braun 
übergehende und 

y. mitGN.Infusum eine oliven- 
grüne Färbung mit starkem 
Niederschlag. 

Das Infusum sowohl, wie das äther. Oel der Pimentkörner 

(Sem. Amonin.) färben sich mit Salpetersäure blutroth mit einem 

Stiche ins Rosenroth; beim Aufguss spielt das Roth mehr in’s Gelb- 


3. giebt mit Morphiumlösung eine 
blaue Färbung, welche nach 
einigen Stunden in Blassgrün 
übergeht. 


234 


liche. Das Verhalten dem Eisenchlorid gegenüber ist das beim Ge- 
würznelkenöl angegebene. Mit Recht hebt Chevallier als in die 
Augen springende Unterschiede des Morphin’s und der genann- 
ten Myrtaceen die Geruchlosigkeit des Morphin’s und das 
Nichteintreten der wichtigen Jodreaktion bei den Ge- 
würznelken und Präparaten hervor. Doch ergiebt sich immer- 
hin auch hieraus, dass man sich bei forens. chemischen Untersuchun- 
gen nicht mit Anstellung weniger, anscheinend auch noch so charak- 


teristischer Reaktion beruhigen darf. — (Journ. de Chimie med, Octob. 

1867. p. 512.) K. 
A. Fröhde, über Identität von Hydrocarotin un 

Cholesterin. — Das von Bödecker und Husemann aus den rothen 


Mohrrüben dargestellte Hydrocarotin ist nach Analyse der rein dar- 

gestellten Substanz sowohl als der Chlorsubstitutionsproducte nichts 

anderes als reines Cholesterin. — (Journ, f. pr. Chem. 102, 424.) 
“ Swt. 

Q. Grass, Beiträge zur Analyse des Leuchtgases. 
— Die Analyse wird durch Angabe eines neu construirten Verbren- 
nungsapparates sehr erleichtert, beschränkt sich aber nur auf Fest- 
stellung des Kohlenstoff- und Wasserstoffgehaltes der in Frage ste- 
henden Gase. — (Journ. f. prakt. Chem. 102, 257.) 

Eine neue Magnesiumlampe. — Bei der Versammlung der 
Society of arts 1867 zu Nottingham wurde eine neue Lampe die- 
ser Art, welche sich dadurch, dass das Magnesium nicht in Draht, 
sondern in Pulverform zur Verwendung kommt, von den früher be- 
nutzten unterscheidet, vorgelegt. Weder ein Uhrwerk, noch sonstige 
mechanische Vorrichtungen sind dabei erforderlich. Vielmehr wird 
das Magnesiumpulver, innig mit reinem Kiessande vermischt, in einen 
Behälter gebracht, welcher sich mit dem oberen Theile einer früher 
viel gebräuchlichen Sarduhr am besten vergleichen lässt, und unten 
eine, mittelst eines Ventils verschliessbare Ausflussöffnung für das 
Pulver besitzt. Diese Ventilvorrichtung ist stellbar in der Art, dass 
man bald mehr, bald weniger Pulvermischung in schnellerem, oder 
langsamerem Strome austreten lassen kann. Aus dem Reservoir ge- 
langt das Pulver in eine Metallröhre in deren oberen Theil ein Lei- 
tungsrohr für Leuchtgas eingelassen ist. Pulver und Gas gelangen 
also gleichzeitig an das untere Ende der Röhre, wo das Gas nur an- 
gesteckt zu werden braucht, um eine Verbrennung des herabfallenden 
Magnesiumpulvers zu unterhalten. Den natürlich nicht entzündbaren 
Sand nimmt im Herabrollen ein zweites, unten angebrachtes Gefäss 
auf. Da das Gasleitungsrohr seinen eigenen Hahn besitzt, so kann 
auch die Gasflamme beliebig regulirt werden. Beim Gebrauch wird 
zuerst das Gas am untern Ende der wahrscheinlich (im Original ist 
es nicht genauer beschrieben) in wenig krummgebogenen Metallrohr 
angebrannt, die Flamme geregelt und dann das Ventil welches den 
Zutritt des mit Sand und sehr wenig salpetersauren Strontian ver- 
mischten Magnesiumpulvers vermittelt, beliebig geöffnet. Verschluss 


235 


des Ventils hat sofortige Unterbrechung der Magnesiumbeleuch- 
tung zur Folge. — (Journal de Chimie med. 1867, Mars. p. 159.) 


K. 
Hennig, über Regeneration der zurLeuchtgasreini- 
gung gebrauchten Masse. — Bekannt war es, dass 1) frischer 


Eisenstein geringe Activität besitzt und grössere erst durch mehr- 
malige Wiederbelebung gewinnt. 2) Die Absorption von Schwefel- 
verbindungen aus dem Gase in alter Masse stark ist, deren Eisenge- 
halt nur noch ein geringer, deren Schwefelgehalt aber ein grosser 
ist. 3) länger gebrauchte Massen langsamer regeneriren. 4) sehr 
grosse Mengen Ammoniak bei der Regenerirung entwickeln. 5) sich 
nur geringe Mengen schweielsaurer Verbindungen in lange in Ge- 
brauch gewesener Masse befinden. Verf. kam daher zu der Ansicht, 
dass beim Reinigen des Gases der Vorgang folgender sei: Dass der 
Schwefel im Gase als Schwefelammonium theilweise vertreten durch 
Schwefelkohlenstoff und Schwefeleyanammonium das Eisenoxyd nicht 
nur zu Schwefeleisen umändert, sondern dass auch das Schwefel. 
ammonium mit dem Schwefel der gebrauchten Masse höhere und fixe 
Verbindungen bildet, welche letztern bei der Regeneration des durch 
dieselbe bereits oxydirte Schwefeleisen wieder schwefeln, dabei Am- 
moniak entwickeln und bei diesem Kreislauf- nicht nur den ganzen 
Schwefel fallen lassen, sondern auch den Schwefel ausscheiden, wel- 
cher zu dem Schwefelwasserstoff gehört, der sich aus der Feuchtig- 
keit der Masse und dem Schwefeleisen bei dessen Transformirung 
in Sauerstoffverbindungen bildet. — Der Schwefelgehalt einer 6mal 
im Gebrauch gewesenen Masse fand sich von 1,8 auf 22,68 pC. ge- 
steigert, der Schwefelsäuregehalt von 1—5ten Male von 0,892 auf 8,128 
pC. gesteigert, fehlte aber beim 6ten Male völlig. Wie Schwefelam- 
monium noch Schwefel aufzunehmen im Stande ist, wurde ferner durch 
Versuch ermittelt, dass auch feuchter Schwefel Schwefelammonium 
aus dem Rohgase fixirt. Ammoniakentwickelung trat aus der ge- 
brauchten Masse erst ein, als sie mit Luft statt mit gereinigtem 


Leuchtgase in Berührung gebracht wurde. — (Journ. f. prakt. Chem. 

102, 411.) ; St. 
Himmelmann, über die Unterscheidung des Ar- 

sens vom Antimon. — Uebergiesst man ein Gemenge von granu- 


lirtem Zink und Eisenfeile mit concentrirter Salmiaklösung, so tritt 
schon bei gewöhnlicher Temperatur Wasserstoffgas-Entwickelung ein, 
welche durch gelindes Erwärmen oder Zusatz von Ammoniakflüssig- 
keit noch sehr befördert wird. Fügt man nun zu dieser Mischung 
einige Tropfen einer Lösung von arseniger Säure, erwärmt gelinde 
und leitet das sich entwickelnde Gas durch eine Lösung von salpe- 
tersaurem Silberoxyd- Ammoniak, so bildet sich in letzterer binnen 
kurzer Zeit durch Zersetzung des entstandenen Arsenwasserstoffs 
eine schwarze Fällung von metallischem Silber, während die darüber 
stehende Flüssigkeit arsenige Säure enthält. 

Ersetzt man die Arsenlösung durch eine Lösung von einem 


236 


Antimonpräparat (Chlorantimon , Brechweinstein ete.) und verfährt 
sonst ebenso, wie angegeben, so erleidet die Silberlösung keine Ver- 
änderung ; ein Beweis, dass sich unter diesen Verhältnissen kein An- 
timonwasserstoffgas bilde. Das Antimon schlägt sich auf dem Zink 
vollständig nieder, während beim Arsen dieses nur theilweise der Fall 
ist, der andere Theil als Arsenwasserstoff entweicht. Erwärmt man 
ein blankes Zinkstäbchen nur mit Salmiaklösung unter Zusatz von 
einigen Tropfen Antimonlösung, so verliert das Zink sehr bald seinen 
Glanz, bedeckt sich mit einer schwarzen, fest anliegenden Antimon- 
schicht und die Gasentwickelung hört auf. Arsenlösung bewirkt unter 
gleichen Verhältnissen neben Entwickelung von Arsenwasserstoff einen 
grauen, sich leicht mit den Fingern abwischenden Beschlag auf dem 
Zink. 

Die Säuren des Phosphors-Phosphorsäure, phosphorige Säure, 
unterphosphorige Säure — sind ohne Einwirkung auf die beschrie- 
bene Arsenreaction, da dieselben unter den angeführten Umständen 
nicht in Phosphorwasserstoff, wodurch eine Schwärzung der Silber- 
lösung hervorgerufen werden könnte, übergeführt werden. 

Nimmt man anstatt einer Lösung von arseniger Säure eine 
solche von Schwefelarsen im Ammoniak, kohlensaurem Ammon, Aetz- 
lauge oder Schwefelammonium, und bringt sie zu obiger Wasserstoff 
entwickelnden Flüssigkeit, so erhält man ebenfalls die Arsenreaction 
mit der Silberlösung, und das auftretende Gas enthält keinen Schwe- 
felwasserstoff, da die zugesetzten gelösten Schwefelverbindungen sich 
mit dem aus dem Zink durch feine Einwirkung von Salmiak gebil- 
deten Chlorzink unter Abscheidung von Schwefelzink umsetzen, das 
durch den Wasserstoff nicht verändert wird. Es wird jedoch hierbei 
angenommen, dass vor dem Zusatz der Schwefelarsen-Lösung die 
Wasserstoff-Entwickelung schon einige Zeit im Gange ist, und sich 
in Folge dessen so viel Chlorzink gebildet hat, um aus sämmtlichen 
zugefügten und gelösten Schwefelmetallen den Schwefel als Sch wefel- 
zink zu fällen. Oder man kann auch zwischen Entwickelungsflasche 
und Silberlösung ein Fläschchen Chlorzink-Chlorammoniumlösung ein- 
schalten, wodurch etwa mit übergerissene Schwefelverbindungen un- 
schädlich gemacht werden. 

Um nachzuweisen, ob bei gleichzeitiger Anwesenheit von Ar- 
sen- und Antimonverbindungen nicht auch Antimonwasserstoffgas auf- 
trete, wurde der Silberniederschlag auf Antimonsilber geprüft. Er 
löste sich jedoch nach sorgfältigem Auswaschen sehr leicht in wenig 
Salpetersäure zu einer klaren Flüssigkeit, welche weder durch über- 
schüssiges Ammoniak getrübt wurde, noch auch, nach Entfernung des 
Silbers vermittelst Salzsäure, durch Schwefelwasserstoff eine Verän- 
derung erlitt. 

Beim Hindurchleiten des Gases durch eine an einer Stelle bis 
zum Glühen erhitzte Röhre wurde ein Metallspiegel erhalten, der in 
einer verdünnten Lösung von unterchlorigsaurem Natron sehr bald 
verschwand. 


237 


Körper, welche durch nascirenden Wasserstoff eine Reduction 
erfahren, z. B. salpetersaure Salze, wirken verlangsamend auf die 
besprochene Arsenreaction ein, ebenso solche Metallverbindungen, aus 
denen durch Zink das betreffende Metall abgeschieden wird, indem 
sich in letzterem Fall das andere Metall auf dem Zink niederschlägt 
und die Wasserstoff-Entwickelung hindert; diesen Uebelständen wird 
jedoch durch Vermehrung der Zinkmenge grösstentheils abgeholfen, 
oder dadurch, dass man dieselben vor der Prüfung auf Arsen durch 
geeignete Mittel entfernt. 

Zur praktischen Ausführung dieser Art der Nachweisung des 
Arsens wendet man ein kleines Kölbchen an, in dessen Kork sich 
eine Trichterröhre und eine zweimal rechtwinkelig gebogene Glas- 
röhre sich befindet; der längere Schenkel der Glasröhre taucht in 
ein Flächchen, welches Clorzink-Chlorammonlösung enthält. Letzteres 
Fläschchen hat in seinem Kork ebenfalls eine zweimal rechtwinkelig 
gebogene Röhre, deren längerer Schenkel beim Versuch in ammonia- 
kalische Silberlösung taucht. Das Entwickelungsgefäss wird zur Hälfte 
mit concentrirter ammoniakalischer Salmiaklösung gefällt, dann zu 
gleichen Gewichtstheilen granulirtes Zink und Eisenpulver zugesetzt 
und die Gasentwicklung durch gelindes Erwärmen unterstützt. Hat 
dieselbe einige Zeit stattgefunden, und man sich durch Einleiten des 
Gases in die Silberlösung von der Reinheit der Materialien überzeugt, 
so gibt man durch die Trichterröhre die zu untersuchende Flüssig- 
keit hinzu und leitet das Gas in die Lösung von Silberoxyd -Ammo- 
niak. Entsteht darin eine schwarze Fällung, so ist die Anwesenheit 
von Arsen bewiesen. Die auf Arsen zu prüfende Flüssigkeit ist am 
besten neutral oder alkalisch anzuwenden, darf wenigstens nicht so 
viel freie Säure enthalten, um das in der Entwickelungsflasche ent- 
haltene Ammoniak zu übersättigen, da sonst, wenn neben Arsen noch 
Antimon etc. vorhanden ist, dieses zur Bildung von Antimonwasser- 
stoff etc. Veranlassung gibt. 

Will man das Arsen in einem Schwefelwasserstoff-Niederschlag 
nachweisen, so zieht man denselben mit Ammoniak aus und bringt 
diese Lösung in den Apparat. — Hat man Verbindung der arsenigen 
Säure oder Arsensäure mit schweren Metalloxyden, so thut man gut, 
dieselben erst durch Kalilauge zu zersetzen und diese kösung zu 
prüfen. Die Schärfe der Marsh’schen Prüfung auf Arsen besitzt diese 
Methode nicht, doch dürfte sie wegen ihrer Einfachheit und weil sie 
keine Verwechslung mit Antimonreaktion zulässt, Beachtung verdie- 
nen. — (Der Apotheker. Novbr. 1867.) 

C. Horn, neue Quelle für Brom. — Der bisherige Ver- 
brauch von Brom beschränkte sich lediglich auf seine Verwendung 
in chemischen und pharmaceutischen Laboratorien und war deshalb 
lange von ganz untergeordneter Bedeutung. Erst die Verwerthung 
einiger Brompräpärate in der Photographie bedingte die Darstellung 
grösserer Mengen und es machte die durch die vermehrte Nachfrage 
herbeigeführte Preissteigerung diese Arbeit zu einer recht lohnenden. 


238 


Das Rohmaterial ist ziemlich verbreitet. In Südfrankreich lieferten 
es die Mutterlaugen des Meerwassers, in der Niederbretagne und in 
England der Kelp oder Varec, in Deutschland die letzten Laugen der 
Salinen Neusalzwerk bei Minden und Kreuznach, auch werden auf 
der Insel Wangerooge aus der Mutterlauge des Nordseewassers nicht 
unerhebliche Mengen gewonnen. Die reichste Quelle des Broms, das . 
Wasser des todten Meeres, das schon bei geringer Tiefe nahe an 0,7 
pC. enthält, ist aber bis jetzt wohl aus localen Verhältnissen ver- 
schlossen; dagegen ist durch Aufschliessung des Steinsalzes in Stass- 
furt ein Material zur Bromgewinnung geliefert, das, anfänglich wenig 
beachtet, jetzt. aber zur Darstellung der grössten Mengen Brom ge- 
führt hat. 

Schon bei Aufdeckung des Stassfurter Salzbeckens fand man 
bald in den sogenannten Abraumsalzen deutliche Spuren von Brom, 
die aber durch den damals sehr geringen Preis desselben durchaus 
nicht zur Ausnutzung anregten, um so weniger, als man sich zu der 
Zeit nur allein mit der Darstellung von Chlorkalium aus den Ab- 
raumsalzen beschäftigte. Erst im Frühjahr 1865 begann die fabrik- 
mässige Darstellung, sie wurde durch Dr. A. Frank angeregt, der 
sie jetzt auch ausschliesslich in Händen hat. Sein Verfahren ist fol- 
gendes: 

Die letzten bei Gewinnung des Chlorkaliums aus den Abraum- 
salzen fallenden Laugen, die ein spec. Gewicht von 1,31 und einen 
von 0,15 bis 0,35 pC. wechselnden Bromgehalt haben, werden je nach 
ihrer Zusammensetzung mit Braunstein und Salzsäure oder mit Braun- 
stein und Schwefelsäure erhitzt und das sich in Dampfform entwik- 
kelnde Brom durch Abkühlung kondensirt und mit dem gleichzeitig 
übergehenden Bromwasser in Woulff’schen Flaschen aufgefangen. 
Dr. Frank verbindet mit der Bromgewinnung gleichzeitig die Dar- 
stellung eines chemisch reinen Bromkaliums und erreicht dies da- 
durch, dass er das in der ersten Wouiff’schen Flasche nicht conden- 
sirte Brom, so wie das durch das Wasser nicht zersetzte Chlorbrom 
und das Chlor. in eine zweite mit unreiner Natronlauge leitet, aus der 
es in eine dritte, die reine Kalilauge enthält, übergeht. Das Gemisch 
von Bromdampf, Chlorbrom und Chlor wird zunächst in der mit Na- 
tronlauge gefüllten Waschflasche vollständig absorbirt. Ist das Na- 
tron gesättigt und treten dann neue Mengen des Gasgemisches in 
die Waschflasche, so treibt das darin enthaltene Chlor das von Na- 
tron aufgenommene Brom wieder aus und es geht nur in die letzte 
mit Kalilauge gefüllte Flasche ein ganz reines chlorfreies Brom über. 
Ist die Kalilauge mit Brom gesättigt, so wird dieselbe durch neue 
ersetzt und das erhaltene Gemisch von Bromkalium und bromsauren 
Kali durch Eindampfen und Glühen unter Zusatz von Kohle in be- 
kannter Weise weiter verarbeitet. Die Benutzung der in der mittle- 
ren Waschfiasche enthaltenen Natronlauge darf indessen nicht so weit 
getrieben werden, bis alles Brom daraus entfernt ist, da sonst leicht 
etwas Chlor mit in die Kalilauge übergehen könnte. Ist die Natron- 


239 


waschflüssigkeit nicht mehr brauchbar, so wird sie, um das darin 
enthaltene Brom wieder zu gewinnen, mit einem entsprechenden Zu- 
satz von Salzsäure ebenso wie die Rohlauge mit Braunsteinzusatz ab- 
destillirt. In dieser Weise gelingt es, aus rohem Brom chemisch rei- 
nes Bromkalium darzustellen; doch erfordert diese Methode eine grosse 
Aufmerksamkeit, 

Das in der ersten Woulff’schen Flasche kondensirte rohe Brom 
wird zunächst gewaschen und dann aus Glasretorten nochmals recti- 
fieirt, wobei die ersten Partien, das flüchtige Chlorbrom enthaltend, 
besonders aufgefangen und beseitigt werden. Die Retortenrückstände 
werden auf Bromoform verarbeitet. Dies so gewonnene Brom ist 
nahezu chemisch rein, absolut frei von Jod und Salpetersäure und 
ganz trocken; es übertrifft daher sowohl das französische als auch 
das englische Brom und hat diese Sorten, welche stets Jod enthalten, 
für pharmaceutische und photographische Zwecke ganz verdrängt, 
um so mehr, als es durch die massenhafte Darstellung des Broms und 
durch die fast ohne Unkosten zu bewirkende Beschaffung des Roh- 
materials gelungen ist, den Preis desselben, welcher Anfarg 1865 bis 
zu 8 Thirn. pro Pfund betrug, nahezu auf ein Viertel dieser Summe 
zu reduciren. Aus diesem Grunde findet das Brom auch grosse Ver- 
wendung bei der Darstellung der Anilinfarben nach dem Verfahren 
von Perkins und Hofmann und tritt bei letzterem noch ausserdem 
wegen seines niedrigen Atomgewichts mit Vortheil an die Stelle des 
Jods. In chemischen Laboratorien findet das Brom in Form von 
Bromwasser Anwendung als Ersatz für Chlorwasser, da es stets ohne 
Mühe dargestellt und in gleichmässiger Zusammensetzung erhalten 
werden kann; es dürfte sich auch als Desinfeetionsmittel für Kran- 
kenräume und bei Sectionen empfehlen, da der Bromdampf die Lun- 
gen und Schleimhäute weit weniger afficiren soll als der Chlordampf. 

Die Bromproduction betrug 1865 etwa 1500 Pfund, 1866 be- 
deutend mehr und jetzt täglich circa 40 Pfd., also im Jahre nahe an 
15000 Pfd. 

Neben der Darstellung des Broms und der für verschiedene 
pharmaceutische und technische Zwecke dienenden reinen Bromprä- 
rate werden in Stassfurt auch rohes Bromnatrium, Brommagnesium 
und Bromcaleium gewonnen und in den Handel gebracht, die zur Ver- 
 stärkung der Sool- und anderer Bäder benutzt, den Mutterlaugen und 

Badesalzen von Kreuznach, Brehna und Wittekind ihres billigen Prei- 
ses und reichen Bromgehaltes wegen — das Bromnatrium für Bäder 
enthält 70 pC. Brom — sehr erhebliche Concurrenz machen. — (Phar- 
maceulische Centralhalle 1867. Nr. 49.) Edl. 

Ritthausen, über Bestandtheile des Roggensamens. 
— Neben den Proteinstoffen hat R. noch ein in Weingeist lösliches 
Gummi, dass er Schleimgummi nennt, Cholesterin und Palmitinsäure 
nachgewiesen. Um ersteres aus Roggenmehl zu gewinnen extrahirt 
man dasselbe mit Wasser oder 50 pC. Weingeist und scheidet durch 
Zusatz von viel starkem Alkohol ein langfadiges voluminöses weisses 


240 


Gerinsel ab, welches genau der Zusammensetzung €*H!09® entspricht. 
Ist es einmal getrocknet gewesen, so löst es sich nur sehr schwer 
in 20—30 Theilen Wasser und 30 —40 Theilen wässerigen Weingeist. 
Die Lösungen trocknen ähnlich dem arabischen Gummi zu einem 
durchsichtigen Firniss ein, geben mit Kupferoxyd in kalischer Flüs- 
sigkeit einen hellblauen Niederschlag, der beim Kochen unverändert 
bleibt, und üben keine Wirkung auf polarisirtes Licht aus. Bei an- 
haltendem Kochen mit verdünnter Schwefelsäure entsteht Dextrose, 
Der Aetherextract des Roggenmehles ist nach Verdampfen des Ae- 
thers tief braunroth und dickflüssig. Der leicht in kaltem Aether lös- 
liche Theil schien aus reinem Palmitin zu bestehen, der schwerer 
lösliche Theil aus heissem Aether umkrystallisirt erwies sich als Cho- 
lesterin, denn mit Schwefel- resp. Salzsäure und Eisenchlorid erhitzt 
färbt es sich schön blau; mit Salpetersäure vorsichtig eingedampft 
unter Zufügung von Ammoniak hochroth, und mit concentrirter Schwe- 
felsäure zerrieben auf Zusatz von Chloroform schön blau bis violett, 
Als Roggenmehl mit viel Wasser, das !/ıo pC. Kalihydrat enthielt, bei 
Sommertemperatur 24 Stunden stehn blieb, trat Buttersäuregährung 
auf, welche bis zum 4ten Tage dauerte. — (Journ. f. pr. Chem. 102, 
321.)  Swt. 
A. Winkler, zur Kenntniss des Indiums. — Das Indium 
findet sich nur als sehr seltener Begleiter der Zinkblende, wahrschein- 
lich ebenfalls als Schwefelmetall. Soll Indiumhaltige Blende zur Ge- 
winnung benutzt werden, so wird sie vorerst fein gemahlen und dann 
völlig abgeröstet, worauf das Röstgut das Indium als Sulfat enthält. 
Beim Auslaugen mit Wasser gehen jedoch alle vorhandenen Sulfate 
mit in Lösung, und wird nun aus dieser Lösung durch Hineinstellen 
von Zink das Indium redueirt, so werden mit ihm zugleich auch Blei, 
Cadmium, Kupfer und Arsen abgeschieden. Um aus diesem Metall- 
gemenge, worin das Indium nur 2—2,5 pC. ausmacht, das Metall rein 
zu erhalten empfiehlt Verf. folgendes Verfahren. Der Rückstand wird 
mit conc. Schwefelsäure zu einem Brei angerührt und dann so lange 
sich selbst überlassen, bis durch die eintretende sehr starke Erhitzung 
das Ganze zu einer trockenen, sehr bröcklichen Masse von grauweis- 
ser Farbe umgewandelt ist. Diese wird darauf in einer Muffel von 
der überschüssigen Säure bei gelinder Hitze befreit und mit Wasser 
ausgelaugt. Die filtrirte Flüssigkeit wird mit Ammoniak gefällt und 
der Eisenoxydhaltige Niederschlag von Indiumoxyd ausgewaschen, 
dann in möglichst wenig Salzsäure gelöst, das Eisenoxyd durch Ein- 
leiten von schwefliger Säure reducirt und dann das Indiumoxyd durch 
kohlensauren Baryt unter Luftabschluss gefällt. Die letztere Opera- 
tion wird, falls das erhaltene Indiumoxyd noch nicht eisenfrei sein 
sollte, noch einmal ausgeführt. Nach einer andern Methode kann 
das rohe Indiumoxyd vom Eisengehalte so befreit werden, dass man 
die salzsaure Lösung mit der aequivalenten Menge Kochsalz zur Trockne 
verdampft und die Lösung des Salzrückstandes durch Schwefelwas- 
serstoffgas fällt. Man filtrirt das entstandene Schwefelindium ab, ver- 


241 


jagt die freie Säure wieder im Wasserbade, leitet nochmals Schwe- 
felwasserstoff durch und führt so lange dieses Verfahren durch bis 
kein Schwefelindium mehr ausgefällt wird. Will man schliesslich aus 
dem reinen Indiumoxyd Indium gewinnen, so schichtet man es in 
einem geräumigen Porzellantiegel mit dünnen Scheiben Natrium, be- 
deckt die Mischung mit einer Schicht Kochsalz, setzt den Porzellan- 
tiegel in einen Thontiegel und erhitzt zuerst schwach, allmälig. aber 
bis zur dunkeln Rothgluth. Nach dem Zerschlagen des Tiegels findet 
man unter der Kochsalzdecke einen Natrium-Indiumregulus. Diesen 
zerschlägt man und wirft die Stücke in Wasser, worauf das Indium 
in Stängelchen von mattglänzender grauer Farbe zurückbleibt, welche 
zuletzt unter einer Decke von Cyankalium zusammengeschmolzen wer- 
den können. Man darf stets nur kleine Mengen Indiumoxyd auf diese 
Weise reduciren, Chlorindium aber nie, weil sonst sehr heftige Ex- 
plosion erfolgt. Das Indium krystallisirt nicht durch Abkühlen ge- 
schmolzener Massen, sein spec. Gew. 7,421 ändert sich nicht durch 
Hämmern und schmilzt bei 176° C: Es ist weniger flüchtig als Zink 
und Cadmium und kann deshalb nicht aus Glasgefässen im Wasser- 
stoffstrome destillirt werden; es ist unter diesen 3 Metallen das elek- 
tronegativste, und giebt im Spectralapparate eine violette und 3 blaue 
Linien. Das Aequivalent bestimmte W. neuerdings = 37,813. Bis 
jetzt wurden mit Sicherheit nur Indiumsuboxyd Jn2O und Indium- 
oxyd JnO beobachtet; das bei 100° getrocknete Hydrat der letztern 
bestand aus JInO.HO. Die Oxydsalze scheinen krystallisirbar zu sein. 
— (Journ. f. prakt. Chem. 102, 273.) Swt. 
Geologie. Geologische Karte der Provinz Preussen 
aufgenommen von Dr. G. Berendt. Auf Kosten der Provinz 
im Auftrage der kgl. phys. ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg 
in Preussen unter Zugrundelegung der topographischen Karten des 
Generalstabes. Vollständig in 41 Blättern im Maasstabe von 1:100000, 
Berlin 1867. J. H. Neumannsche Landkartenhandlung. — Das hier 
zur Darstellung kommende Areal von 1178,03 Quadratmeilen des nord- 
deutschen Tieflandes ist weil nur von den jüngsten Ablagerungen 
gebildet seither von den Geognosten gänzlich vernachlässigt worden, 
um so erfreulicher ist, dass seitens des preussischen Provinzialland- 
tages, dessen Vorgehen in dieser Richtung allen übrigen Provinzial- 
landtagen nicht angelegentlich genug empfohlen werden kann, und 
seitens der physikalisch-ökonomischen Gesellschaft in Königsberg die 
gründliche geologische Untersuchung veranlasst worden und nach- 
drücklichst gefördert wird. Gerade die diluvialen und alluvialen Ab- 
lagerungen haben in neuester Zeit ein allgemein erhöhtes und viel- 
seitiges Interesse gewonnen, in welchem neben dem rein wissenschaft- 
lichen das landwirthschaftliche obenan steht. Die Arbeiten des Ma- 
jor von Benningsen-Förder über diese Gebilde in der Provinz Sachsen 
haben bereits die Wichtigkeit einer genauen Kenntniss des Culturbo- 
dens dargethan und deren Ausdehnung über weitere Strecken mit 
eingehender Gründlichkeit stellt sich als nothwendig heraus, In 


393 


Preussen fehlen alle ältern Formationen, die fort und fort die Con- 
stitution der oberflächlichsten Ablagerung beeinflussen, mit Ausnahme 
vereinzelter sehr beschränkter Tertiärgebilde gehört der ganze Bo- 
den dem Diluvium und Alluvium an, dessen Untersuchung hier also 
sich vereinfacht. Als systematische Grundlage sind die Resultate der 
bezüglichen Untersuchungen der Mark Brandenburg genommen wor- 
den und treten folgende Gebilde auf I. Etage des Decklandes reich 
an Geröllen und Geschieben. 1. Decksand, Forchhammers Geschiebe- 
sand, von Benningsens älterer Alluvialsand. 2. Grand, Gerölle und 
Geschiebe in Lagern und Nestern in demselben. 3. Lehm in Adern 
und Schmitzchen ihn zuweilen durchziehend. II. Etage des oberen 
Diluviummergels reich an Geröllen und Geschieben. 1. Oberer Di- 
luvialmergel mit Lehmdecke, 2. Grand und Geröllager mit Geschie- 
ben ersetzen denselben stellenweise oder sind ihm ein- auch unterge- 
lagert. III. Etage des Diluvialsandes. 1. Unterer Diluvialmergel 
bedeckt oder wechsellagernd mit Diluvialsand. 2. Diluvialsand in 
mächtigen Schichten: Spathsand, Diluvialglimmersand, Braunsand, 
Grünsand. 3. Diluvialthon sehr mächtig oder wechsellagernd mit 
Diluvialsand. 4. Diluvialsand zunächst Spathsand. Die Etage des 
Decksandes tritt nur in WPreussen entwickelt auf, die andern beiden 
Etagen dagegen mehrfach gegliedert in O und WPreussen. Die al- 
luvialen Bildungen sind nach ihrer Entstehung unterschieden: 1. Ma- 
rine: Seegrand und Gerölle, Seesand, Seethon und Seetorf. 2, Süss- 
wassergebilde: Flussgerölle, Flusssand, Flusslehm, Wiesenthon, Wie- 
senerz, Wiesenmergel, Torf, Humus. 3. Flugbildungen: Dünensand 
(Flugsand), Dünenhumus. Die diese Gebilde zur Anschauung brin- 
gende Karte wird in 41 Sektionen erscheinen, deren jährlich zwei 
ausgegeben werden sollen. Die Sektionen Rositten (kurisches Haff südl. 
Theil) und Königsberg (Westsamland) liegen uns vor und sind in je- 
der Beziehung vorzüglich ausgeführt, so dass sie als Muster für die 
Darstellung ähnlicher Gegenden empfohlen werden können. Es wer- 
den ihnen Erläuterungen beigegeben, deren erste die Tertiärformation 
des Westsamlandes behandelt. 

Geognostische Karte von Oberschlesien im Massstab 
von 1:100000 von Ferd. Römer. Berlin. Landkäartenhandlung von 
J. H. Neumann. Sektionen; Creutzburg, Guttentag, Woischnik, Glei- 
witz, Königshütte, Loslau und Pless. — Diese von Ferd. Römer aus- 
geführte Karte bildet einen Theil der vom kgl. preussischen Handels- 
ministerium herausgegebenen geognostischen Karten des preussischen 
Staates. Sie wurde im J. 1862 in Angriff genommen und ganz Öber- 
schlesien in 12 Sektionen getheilt, von denen die bezeichneten 7 vol- 
lendet vorliegen. Die Detailuntersuchungen führten unter Römers 
wissenschaftlicher Leitung jüngere Geognosten O. Degenhardt, H. Eck 
und Dondorff aus. Die geognostische Gliederung dieses Gebietes ist 
eine sehr mannichfaltige und demgemäss die Farbenskala eine reiche, 
doch so glücklich gewählt, dass das allgemeine Bild angenehm und 
leicht übersichtlich erscheint. Den Sektionen Gleiwitz, Königshütte, 


243 


Loslau und Pless ist eine Erläuterung beigegeben. Hier treten de- 
vonische Gesteine an drei Punkten auf, sehr ausgedehnt die Kohlen- 
formation, die untere als Kohlenkalk und Culm, die obere oder pro- 
duktive geschieden in eine flötzarme Abtheilung mit marinen Thier- 
resten und in eine obere Abtheilung, Die permische Formation 
erscheint nur in der Nähe von Krakau mit Conglomeraten, Porphyr- 
tuffen und Sandsteinen. Die Trias dagegen wieder ausgedehnt. Der 
bunte Sandstein in schmalen Zonen am Muschelkalk als unterer und 
oberer, der Muschelkalk bedeutend und gut gegliedert, ebenso der 
Keuper. Der Jura beginnt mit losem gelben Sande mit Inoceramus 
polyplocus, dann folgen zähe graue Thone mit Thoneisenstein, Am- 
monites Parkinsoni und Belemnites giganteus, gelbe oolithische Eisen- 
kalke der Zone des Ammonites macrocephalus, weisse Kalkmergel mit 
Ammonites cordatus, massige graue Kalke mit Rhynchonella lacunosa, 
massige weisse Kalke mit Rhynchonella trilobata, weisse geschichtete 
Kalke mit Rhynchonella inconstans und Cidaris florigemma. Die Krei- 
deformation ist Neocom in dem Teschener Schiefer und Kalk und den 
Wernsdorfer Schichten, Gault im Godulasandstein und jüngere Kreide 
am Schlossberge bei Friedecke; die Tertiärgebilde sind eocän und 
miocän, darüber Diluvium und Löss. Als Eruptivgesteine treten auf: 
Quarzporphyr, Melaphyr und Mandelstein, Teschenit und Basalt. 
Carte gEologique dela Suisse de B. Studer et A. 
Escher von der Linth. 2. Edit. revue et corrigee d’apres les pu- 
plications recents et les communications des auteurs et v. Fritsch, 
Gilleron, Daccard, Kaufmann, Mösch, Müller, Stoppani, Theobald par 
H. Bachmann. Reduction 1:380000. Etabl. topogr. de Wurster, Rand- 
egger et Comp. a Winterthur. 4 Blatt. — Seit dem Erscheinen der 
ersten Auflage dieser Karte haben die gründlichsten Kenner der Al- 
pengeologie, die Herren Studer und Linth-Escher ununterbrochen ihre 
schwierigen und gründlichen Untersuchungen der Schweizer Alpen 
fortgesetzt und andere Geognosten haben einzelne Lokalitäten auf 
der von ihnen geschaffenen Grundlage sorgfältig erforscht. Die da- 
durch erzielten wichtigen Resultate machten eine neue Bearbeitung 
der Karte nicht blos wünschenswerth, sondern nothwendig, denn heut- 
zutage unterrichtet sich jeder Geognost in den Alpen selbst von de- 
ren Wunderbau und ohne die Führung Studers und Linth-Eschers 
vermag er sich nicht in diesem grossartigen Labyrinth zurecht zu 
finden. Bei der überaus grossen Mannichfaltigkeit der alpinen Bil- 
dungen war es sehr schwierig dieselben klar und leicht übersichtlich 
zur Darstellung zu bringen, aber dieselbe ist vollkommen gelungen. 
Es sind 54 verschiedene Gebilde auf der Karte unterschieden worden 
und wie auf den vorigen beiden Karten jede Formation mit einer 
Grundfarbe, deren Glieder theils blos durch eingeschriebene Buch- 
staben, theils durch Punktirung oder Schraffirung der Grundfarbe 
bezeichnet. Von den krystallinischen Gesteinen sind die Basalte und 
Phonolithe mit ihren Tuffen zusammengefasst und nur durch griechi- 
sche Buchstaben unterschieden, die Melaphyre und die Porphyre tre- 


244 


ten mit besonderer Farbe hervor, der eigentliche Granit, der Proto- 
gin, der Gneis und Glimmerschiefer bilden die zweite, die sechs ver- 
schiedenen Amphibolgesteine die dritte, der Gyps, Dolomit, eigen- 
thümliche Kalksteine, Verrucano die vierte Gruppe, dann vier annoch 
unbestimmbare Gebilde, die Uebergangs- und Anthracitformation, die 
Trias mit fünf Gliedern, das Juragebirge als Lias, untrer, mittler und 
obrer Jura unterschieden, die gleichfalls viergliedrige Kreideformation, 
das ältere Tertiär als Bohnerz des Jura, Nummulitengebilde, Taviglia- 
nazsandstein und Flysch, die obern Tertiärbildungen als Nagelfluh 
und Molasse, endlich die diluviale Braunkohle, Gletscher- und erra- 
tische Bildungen. Jeder in die Alpen wandernde Geognost wird die 
Karte nicht aus der Hand legen. 

Martin Wilckens, Bodenkunde und Geologie. Eine 
kritische Grundlegung der Bodenkunde als Sendschreiben an Herrn 
Friedrich Albert Fallou. Berlin 1867. 8%. — Verf. kritisirt Fallous 
im J. 1862 unter dem Titel: Pedologie oder allgemeine und beson- 
dere Bodenkunde, erschienenes Lehrbuch, beleuchtet dessen unklare 
Begriffe, dessen irrthümliche Ansichten von der Entstehung des Bo- 
dens und dessen unnatürliches System der Bodenarten. Am Schluss 
unterscheidet er selbst in genetischer Beziehung Feldsteinboden, 
Grünsteinboden, Sandsteinboden, Niederungsboden, in mineralogischer 
Hinsicht: Lettenboden, Thonlehmboden, Lehmboden, Sandlehmboden, 
Haideboden und innerhalb dieser als Abarten die mergeligen, dolo- 
mitischen, eisenschüssigen und humosen. Die Grundlage der ganzen 
Bodenkunde fasst er in folgende 12 Thesen zusammen: 1. Boden ent- 
steht durch Verwitterung der Gesteine. 2. Gesteine verwittern durch 
Zertrümmerung und Zersetzung. 3. Ackerboden, insbesondere Pflan- 
zentragender Boden entsteht durch Zersetzung Thonerde- und kiesel- 
erdehaltiger Gesteine. 4. Das Zersetzungsprodukt dieser Gesteine ist 
Thon und Sand. 5. Jeder Ackerboden besteht aus Thon und Sand. 
6. Das Gemenge von Thon und Sand in annähernd gleichem Verhält- 
niss heisst Lehm. 7. Ueberwiegt der Thongehalt bis zu einer con- 
ventionellen Gränze, so heisst der Boden Thonlehm- und Lettenboden, 
8. Ueberwiegt der Sandgehalt bis zu einer conventionellen Gränze, 
so heisst der Boden Sandlehm- und Haideboden. 9. Treten im Acker- 
boden ausser den Hauptbestandtheilen Thon und Sand noch alkalische 
Erden, Eisenoxyd und Kohlehydrate in ausgezeichneter Menge mit 
dem Thon verbunden auf, so erhält der Boden den Beinamen dieser 
Stoffe. 10. Ist die Entstehung des Bodens aus seinem besondern 
Muttergestein erkennbar: so erhält er die genetische Bezeichnung 
nach dem charakteristischen Minerale dieses Muttergesteines (Feld- 
stein-, Grünstein-, Sandsteinboden) oder nach der Vermengung und 
dem TZersetzungsgrade mehrer Muttergesteine (Niederungsboden). 
11. Die Anziehungskraft des Thones zu mineralischen Pflanzennähr- 
stoffen und Wasser (Bündigkeit) und sein Mehr- oder Minderbestand 
im Boden bedingt den landwirthschaftlichen Werth desselben. 12. Die 
Abstossungskraft der Sandkörnchen im Boden (Lockerheit) tritt in 


245 


Wechselwirkung mit der Anziehungskraft des Thones und bedingt 
den Grad des landwirthschaftlichen Bodenwerthes (Bodenklasse). 

Th. Studer, zur Geologie des Morgenberghornes 
am Thunersee. — Dieser Berg erhebt sich an der SWEcke des 
Sees zu 2251 m und senkt sich als schmaler Grat mit Streichen NW 
—SO nach Interlaken herab. Der Grat bildet die Spitzen des gros- 
sen und kleinen Schifflis, der Rothenegg, Hohenegg, Abendberg und 
des grossen Rugen endlich des kleinen Rugen. Im N. schliesst sich 
eng an der waldige Höhenzug längs des WRandes des Thunersees 
mit dem Gräberngrat, Hornegg, Stoffelberg, Aeschialmend bis Aeschi. 
Ein südlicher Ausläufer bildet mit einem nördlichen der Schwalmeren 
den Sattel des Renglipasses, welcher Suldthal und Saxetenthal ver- 
bindet. Der ganze Zug besteht aus SOfallenden Tertiär- und Krei- 
deschichten in umgekehrter Folge. Ueber Leissigen zur Höhe des 
Gräberngrates steht überall dunkler weicher Kalkschiefer S unter die 
Kette des Morgenberghornes einschiessend durch Fucoiden .als Flysch 
charakterisirt, deutlich bis an die nördliche Felswand des Morgen- 
berghornes entwickelt. Ihn überlagert ein grobkörniger grauer Quarz- 
sandstein mit gelber Verwitterungsrinde und zahlreichen Fucoideen. 
Darüber folgt 50‘ Nummulitensandstein reich an Orbitoides discus und 
Pecten, oben voller Nummuliten, zumal Nummulina complanata. Dann 
folgt dünn geschichteter hellgrauer Kalk ohne Petrefakten nur mit 
mikroskopischen Foraminiferen, wahrscheinlich Sewernkalk, ebenso 
unklar ist der ihn bedeckende grüne grobkörnige Sandstein mit koh- 
ligen Partien. Dann folgt der Gault als sehr mächtiger dichter grauer 
Kalk mit grünen Körnern und Schwefelkies. Er liefert Belemnites 
minimus, Nautilus Bouchardanus, Ammonites Velledae, mamillatus, 
Emerici, Beudanti, latidorsatus, splendens, Majoranus, Hamites rotun- 
dus und attenuatus, Dentalium Rhodani, Inoceramus concentricus, 
Rhynchonella sulcata und gibbsiana. Darüber liegt graubrauner Kalk- 
stein stellenweise oolithisch mit viel Orbitolites lenticularis also Ap- 
tien. Die Hauptmasse der Felswand aber bildet Urgonien mit vielen 
Caprotinen und Nerineen. Von der Höhe der Felswand bis zum Gi- 
pfel ziehen sich begraste Gehänge, unmittelbar über dem Urgonien 
zunächst schwarzer sandigthoniger Kalk mit Toxaster Brunneri also 
Neocomien, der am grossen Rugen als Baustein gebrochen wird, 
dann harter, dunkler, sandiger Schieferthon völlig ohne Petrefakten; 
er verbindet sich mit dem Nfallenden Schiefer am Renggli, vielleicht 
ist er oberer Jura. Diese ganze Gesteinsfolge findet sich im Verlauf 
des ganzen Gebirgszuges wieder, nur dass am Schiffli und der Ro- 
thenegg die Glieder des Nummulitenkalkes und der obern Kreide bis 
zum Aptien fehlen oder vielmehr unter den anlehnenden Flysch ver- 
sunken sind. Diese am Morgenberghorn in 2000m Höhe auftretenden 
Schichten senken sich gegen den See hinab und mit dieser starken 
Senkung im Zusammenhang steht eine Verwerfungsspalte zwischen 
dem Morgenberghorn und dem grossen Schiffli, wodurch die Conti- 
nuität der Schichten so unterbrochen wurde, dass der Nummuliten- 

Bd. XXXI, 1868. 17 


246 

kalk und die jüngere Kreide unter den anlehnenden Flysch sanken 
und das Aptien unmittelbar an den Nummulitenkalk des Morgenberges 
anstösst. Ueber die umgekehrte Lagerung sind zwei Ansichten mög- 
lich: entweder fand eine einfache Aufrichtung und Ueberstürzung 
statt oder wir haben in den Schichten einen nördlichen Schenkel, wozu 
der südliche Schenkel der Beobachtung entzogen. — (Berner Mitthei- 
lungen 1867. S. 214—219 mit Tfl.) 

Oryktogneosie. G.v.Rath, über Meneghinit. — Die 
Krystallform desselben gehört dem monoklinischen System an und 
kömmt in einfachen und Zwillingsgestalten vor, letztere nach dem 


gewöhnlichen Gesetze monoklinoedrischer Systeme. — (Rheinische 
Verhandlungen XXIV. Sitzysbericht 49.) 
Marquart, Thalliumreicher Schwefelkies. — Auf der 


Grube Ernestus und Ermecke bei Altenhunden kömmt massenhaft 
Schwefelkies vor, welcher nach Carstanjen oft !/s Procent Thallium 
enthäit. Im Liegenden und Hangenden begleitet denselben Schwer- 
spath. Der Schwefelkies wird in der Oranienburger Schwefelsäure- 
fabrik verarbeitet und der bei dem Verbrennen des Kieses erzielte 
Flugstaub enthält bis 6 Procent Thallium, so dass Carstanjen mit 
Leichtigkeit 50 Pfund Thallium gewann und dieses Material zu einer 
eingehenden noch nicht abgeschlossenen Untersuchung verwenden 
konnte. — (Ebda 103.) 

Vogelsang, Labrador von der Paulinsel. — Derselbe 
kömmt in rundlichen Geschiebestücken vor, die meist keine einheit- 
liche Spaltbarkeit zeigen, oft aber deutlich aus verschiedenen Indivi- 
duen bestehen, die unregelmässig durch einander gewachsen und 
durch Labradormasse verbunden sind. Bei vielen polirten Stücken 
kömmt diese marmorartige Durchwachsung wegen des bekannten Far- 
benspieles schön zum Vorschein, auch treten andere Mineralien ein- 
gewachsen auf: dunkelgrüner Diallag, Körner von Magneteisen, selte- 
ner Schwefelkies. Sie lassen das Gestein als einen grobkörnigen 
Gabbro erscheinen. Unter 20 Kilo des Labradors fand V. nur ein 
faustgrosses Stück mit deutlicher einheitlicher Spaltbarkeit. Dieselbe 
deutet auf grosse Analogie in der Krystallform mit Albit. Eine rhom- 
. boidische Säule T/T‘ bildet vorn einen Winkel von etwa 1230, Sie 
wird jederseits durch M abgestumpft und hieraufist P zweifach schief 
aufgesetzt, nach rechts geneigt. Nur P/M lässt sich gut messen und 
giebt 93050‘. M/T beträgt nahezu 120°, P/T 96!/,°%, P/T‘ 103:/°. Die 
Spaltungsrichtung von T‘ ist in mikroskopischen Schliffen häufig sehr 
gut zu sehen. Die Zwillingsbildung ist lamellar analog dem Albit 
oder Periklin, so dass die stumpfen Zwillingskanten entweder auf P 
oder auf M parallel der Kante P/M laufen. Uebrigens ist auch bei 
diesem Feldspathe nicht jede lamellare Streifung für Zwillingsver- 
wachsung zu erklären; letzte ist, wenn die einspringenden Winkel 
nicht deutlich zu erkennen sind am besten mit mikroskopischen Plat- 
ten mit dem Polarisationsapparate zu verificiren. Hinsichtlich der 
Erklärung des Farbenspieles ist zunächst wohl zu beachten, dass sehr 


247 


viele Stücke nur bestimmte einfache Farben zeigen, namentlich gelb 
und blau in verschiedenen Abstufungen, an ihnen tritt beim Drehen 
des Stückes kein Farbenwechsel ein, nur sind dieselben an gewisse 
Reflexionsrichtungen gebunden. Der grünliche Schiller lässt sich 
meist schon an den Schliffstücken als Mischfarbe von gelb und blau 
erkennen, indem die Ränder der Farbenflecken stets rein blau er- 
scheinen ; beim Drehen der Fläche treten stets nur gelb und blau auf, 
beim violetten Schiller kömmt noch Roth hinzu. M., zeigt stets vor- 
"waltend die Färbung. Der mikroskopische Schliff eines dunkelviolet- 
ten Labradors, der bei auffallendem Lichte unter dem Winkel der 
. totalen Reflexion ein Gewebe von goldgelben, stahlblauen und roth- 
glänzenden Krystallblättchen zeigt, erscheint im durchfallenden Lichte 
matt gelblich, eingelagert grössere dunkle Nadeln und zwar wie die 
Blättchen in M parallel M/T. Sie geben im reflectirten Lichte einen 
bläulichen Schein. Die Blättchen und Nadeln sind Nadeleisen oder 
Göthit. Erste häufig einfach rectangulär lassen meist die Winkel des 
Quarzprismas beim Göthit erkennen. Die feinsten mikroskopischen 
Einlagerungen, Punkte von !/ıoooo Millimeter Durchmesser sind wahr- 
scheinlich Magneteisen, lassen sich aus fein pulverisirtem Labrador 
mit dem Magnet ausziehen und zeigen unter dem Mikroskop im re- 
flektirten Lichte wieder die schöne Farbe des Stahles, golden, roth 
oder blau. Im Labrador sind diese Pünktchen gewöhnlich noch durch 
Diallag umgeben, welcher den Metallreflex erhöht. Die Färbung des 
Labradors rührt also her von der totalen Reflexion eingelagerter mi- 
kroskopischer Metalltheilchen und ist nur ein Avanturisiren, nur sind 
die Blättchen meist sehr viel kleiner wie beim Sonnenstein oder Per- 
thit. Auch in diesen beobachtet man blaue und rothe Blättchen, de- 
‘ren Färbung aber ebensowenig wie beim Labrador mit der einfachen 
Interferenzerscheinung dünner Glas- oder Luftschichten verwechselt 
werden darf, denn beim Drehen wechseln die Farben nicht. Bei Me- 
talltheilchen tritt nicht sowohl der einfache Brechungsapparat als 
vielmehr der Absorptionscoeffieient als wesentliche Funktion hinzu 
Das haben viele mikroskopische Labradorpräparate bestättigt, meist 
lassen die färbenden Elemente in M gelagert mit Sicherheit sich er- 
kennen; sie sind aber ihrer Form und Natur nach nicht nothwendig 
gleichartig, so kann gelb von sehr feinen Göthitblättchen, von feinen 
Nadeln oder auch von Magneteisentheilchen herrühren, blau wird durch 
solehe in grösserer Anzahl eingestreuten kleinern Individuen oder 
auch durch die grössern Nadeln vermittelt. Die grössern rothen Blätt- 
chen zeigt allein der violette Labrador und können dieselben substi- 
tuirt sein durch gewöhnliche minder dicke Nadeln im durchfallenden 
Lichte nicht schwarz sondern bräunlich. Das wogende Licht des 
Mondsteines oder auch des Katzenauges, bei dem dasselbe ebenfalls 
ein Spaltungsreflex ist aber nicht von Asbestfasern herrührt, zeigen 
vor Allem die des Labradors, welche hinsichtlich der mikroskopischen 
Einlagerungen die reinsten zu nennen sind. Diese Erscheinung wird 
durch die völlig durchsichtigen eingelagerten Diallagtheilchen bedingt, 
17* 


248 


gewöhnlich aber durch eine schwarzblaue Färbung metallischer Natur 
erhöht. Dieselbe Labradorart zeigt auch wenn nach dem Periklinge- 
setz verwachsen auf M ein Alterniren des Schillers nach den Lamel- 
len, das sonst nicht beobachtet wurde. Bei den übrigen fein gestreif- 
ten farbigen Stücken lassen eben nur gewisse Streifen in der erfor- 
derlichen Richtung die Färbung erkennen, die übrigen bleiben stets 
matt. Uebrigens fehlt wahrscheinlich jener weissliche Lamellenreflex 
bei den anders gefärbten Labradoren niemals, sondern wird nur durch 
den farbigen Metallreflex unterdrückt. Der eingelagerte Schwefelkies 
scheint gar keine Rolle dabei zu spielen. — Die Analyse des Labra- 
dors ven St. Paul besteht aus SiO, 56,21; Al,0, 29,19; Fe203 1,31; 
CaO 11,14; MgO00,51; Na01,37; KO Spur und geringem Glühverlust. 
Der geringe Gehalt an Fe,O, ist auf Nadeleisen und Magneteisen zu 
vertheilen. — (Ebda 62—65.) 

Derselbe, künstliche Eisenglanzkrystalle wurden als 
zufälliges Produkt in einer Salmiakfabrik zu Amsterdam gewonnen 
Der Salmiak wird auf eisernen Platten getrocknet und enthält meist 
noch etwas HCl; es bildet sich Eisenchlorid, das mit dem vorhande- 
nen Wasserdampf die bekannte Zersetzung zu Eisenoxyd und Salz- 
säure erleidet. Kleine Blätichen von Eisenglanz werden in der Nähe 
des Salzes sehr häufig gefunden, grössere Krystalle in einiger Ent- 
fernung in den Fugen des Mauerkanals, wo die reagirenden Flüssig- 
keiten wahrscheinlich sehr fein zertheilt mit einander in Berührung 
kommen. Die Krystalle werden 3—4 Millimeter gross und zeigen die 
meisten Formen, welche die natürlichen Krystalle verschiedener Fund- 
orte bieten: die kurzgedrungenen Gestalten des Eisenglanzes von Elba, 
mit dem Hauptrhomboeder, dem gewöhnlichen Dihexaeder und der 
stumpfen sphärischen Endigung durch !/; R und die Endfläche; an- 
dere sind als abgestumpfte Kegel ausgebildet, durch mekre Skalenoe- 
der in feiner oscillatorischer Combination wie sie auch an den Tafeln 
vom Gotthardt vorkommen; auch die Eisenrosen finden sich wieder 
und häufig ragen aus der Endfläche in regelmässiger Stellung Täfel- 
chen hervor, welche mit dem Hauptindividuen nach der Fläche R ver- 
wachsen sind, ein Zwillingsgesetz, das namentlich bei den vulkanischen 
Krystallen des Stromboli vorkömmt. — (Zbda 65—66.) 

Th. Wolf, Granat auf den Lavaschlacken am Laa- 
cher See. — Die dichte Lava des Herchenberges bei Burgbrohl, 
gangartig in der Schlackenmasse aufsetzend ist nach G. v. Rath Ne- 
phelinlava, führt aber neben Nephelin noch Melilith oder Humboldti- 
lith, Apatit und Magneteisen, wodurch sie der Lava von Capo di 
Bove bei Rom sehr ähnlich wird. Der ganze übrige Berg besteht aus 
Schlackenstücken, die theils aus Rapillituff geschichtet theils in 
Stücken unregelmässig zusammengebacken sind, Unter derLoupe er- 
scheinen dieselben ganz besäet mit kleinen sehr schönen blutrothen 
Kryställchen, wahrscheinlich Almandin. Sie haben das Granatoeder mit 
untergeordnetem Leucitoeder. Stellenweise, zumal in Hohlräumen be- 
decken sie die Lavaschlacke ganz und häufen sich zu traubigen Mas- 


249 


sen, meist aber liegen sie ziemlich gleichmässig zerstreut. Je selte- 
ner sie sind, desto grösser; die gehäuften die kleinsten. Sie sind 
nicht wie ein wesentlicher oder unwesentlicher Theil eingewachsen, 
sondern stets nur aufgewachsen mit einer Spitze oder Fläche, höch- 
stens halb in die Lavenmasse eingesenkt und ist an eine Präexistenz 
nicht zu denken, ebensowenig aber an eine spätere Entstehung durch 
Infiltration der Gewässer. wie etwa Aragonit sich gebildet hat, der 
streckenweise auch hier die Rapilli- und Schlackenmassen in haarfei- 
nen Nadeln ganz überzieht, denn sonst müsste der Granat nur leicht 
auf der Schlacke aufsitzen und hätte sich nicht halb in dieselbe ein- 
senken können. So bleibt nur gleichzeitige Entstehung übrig. Am 
einfachsten möchte sich diese Bildung durch Sublimation der Dämpfe 
während der Erstarrung der Schlackenmasse erklären lassen. Es ist 
dieses Vorkommen das einzige in den Laven der Eifel und am Laa- 
cher See. Zwar führt die Lava und die Schlacken des Perler Kopfes 
bei Wollscheid Granat, aber nicht Almandin sondern Melanit, der 
auch sonst in vulkanischen Produkten sich findet und zwar einge- 
wachsen, nicht aufgewachsen, Grössere Analogie zeigen die an vesu- 
vischen Laven sublimirt vorkommenden Melanite und braunen Granate 
begleitet von Eisenglanz und verschiedenen Silikaten; die grösste Aehn- 
lichkeit aber zeigt die Lava Sperone des Albaner Gebietes. Dieselbe 
besteht aus Leucit und mikroskopisch kleinen Kryställchen eines 
gelblichbraunen Granates. Ausserdem führt der Sporone noch Mela- 
nit Augit, Magneteisen, Nephelin und Hauyn, die kleinen Granaten 
in Drusenräumen aufgewachsen. Der Granat des Herchenberges ist 
von einem andern Mineral begleitet, kleinen gelben Prismen, die 
nicht sicher bestimmt werden konnten. — (Ebda 31—33.) 

Burkart, Domeykit von Parracatas in Mexiko. — 
Bisher nur von zwei Fundorten in Chili ohne nähere Verhältnisse 
bekannt. Der Parracatas ist ein 3 Leguas langer und 2 breiter Berg 
zwischen Cuatzmala und Tlalchapa mit dem Ausgehenden vieler Ku- 
pfererzgänge. Ein abgebauter Gang bestand aus Porphyr, der Berg 
selbst aus Feldstein, war 16 bis 24 Zoll mächtig. Zwei Haupttrümmer 
des Ganges laufen parallel, durchschwärmen aber auch die Gang- 
masse, sind 31/, bis 7 Zoll stark und schütten ganz derbe Erze. An- 
fangs war Rothkupfererz mit gediegenem Kupfer vorherrschend, spä- 
ter wurde es Arsenikkupfer mit gediegenem, ausserdem waren alle 
möglichen Kupfererze vertreten: herrliche Krystalle von Malachit in 
grossen Drusen, Buntkupfererz, Ziegelerz, ganz schwarze Krystalle, 
auch kleine Arsenikkrystalle. Die reiche Sammlung der Vorkomm- 
nisse ist leider nicht nach Europa gelangt. — (Ebda 64—66.) 

J.Cooke, Kryophyllit, neues Mineral. — Im Granit von 
Rockport in Massachusetts kommen mit dem Danait verschiedene 
glimmerartige Mineralien vor, von welchen der Kryophyllit neu ist. 
Er krystallisirt rhombisch in sechsseitigen bis 2‘ langen Krystallen, 
ist basisch spaltbar, H. 2-2,5, Gew. 2,909; in der Richtung der 
Hauptachse dunkelgrün, in der Richtung der Nebenachse braunroth, 


250 


im Strich hellgrau ins grünliche; Glanz harzartig; vor dem Löthrohre 
leicht schmelzbar, gepulvert in Salzsäure löslich. Analyse: 51,53 
Kieselsäure, 16,76 Thonerde, 0,76 Magnesia, 13,14 Kali, 4,05 Lithion, 
0,33 Manganoxyd, 2,00 Eisenoxyd, 8,00 Eisenoxydul. — (Sillim. ame» 
ric. jonrn. 1867. Nr. 128. p. 127.) 

Knowlton, Cyrtolit, neues Mineral. — Ebenfalls im 
Granit von Rockport und durch Cooke als Malakin beschrieben, aber 
nach neuen Analysen doch sehr verschieden, kömmt in gekrümmten 
Individuen vor, hat 3,850 Gew., ist dunkelrothbraun mit starkem 
Glanz, giebt mit Borax Reaktion auf Eisen und besteht aus: 26,29 
Kieselsäure, 61,33 Zirkonerde, 2,24 Cermetallen, 3,65 Eisenoxyd, 0,35 
Zinn, 4,58 Wasser. — (Ibidem Nr. 131. p. 224—226.) 

Igelström, Kataspilit, neues Mineral eingesprengt in 
einem grauen Chloritgestein auf den Langbons Eisengruben in Werm- 
land, wahrscheinlich ein umgewandelter Crednerit, hat dessen Krystall- 
form, 2,5 Härte, Farbe aschgrau, an den Kanten durchscheinend, 
v. d. L. leicht schmelzbar, in Salzsäure löslich und Kieselsäure ab- 
scheidend, Analyse: 40,05 Kieselsäure, 28,95 Thonerde und Eisenoxyd, 
1,43 Kalkerde, 8,20 Magnesia, 6,90 Kali, 5,25 Natron, 3,22 Verlust. — 
(Oefvers. Förhdi. 1867. Nr. 1. p. 11.) 

Palaeontoelogie. P.de Loriel et Ed. Pellat, Mono- 
graphie pal&ontologique et geologique de !’Etage port- 
landien des environs de Boulogne sur mer. — Verf. beab- 
sichtigen das Terrain Kimmeridgien in vier Monographien über das 
Portlandien, Virgulien, Pterocerien und Astartien zu bearbeiten und 
reiht sich die vorliegende erste den gründlichsten auf diesem Gebiete 
würdig an. Ersterer beschreibt die Versteinerungen, letzterer liefert 
den geognostischen Theil. Die Versteinerungen sind folgende, wobei 
wir den neuen Arten keinen Autornamen zufügen: Pollicipes supra- 
jurensis, Serpula coacervata Blumb, Belemnites Souichi d’Orb, Am- 
monites biplex Swb, A. gigas Ziet, A. suprajurensis d’Orb, Tornatina 
Oppellana, Tornatella Pellati, Orthostoma Buvignieri, O. granum, 
Pseudomeliana paludinaeformis, Odostomia jurassica, Cerithium sep- 
templicatum Rem, C. trinodule Buv, C. Bouchardanum, C. Caraboeufi, 
C. Micheloti, ©. Manselli, C. pseudoexcavatum, Turritella Saemanni, 
Natica Marcousana d’Orb, N. elegans Swb, N. Hebertana d’Orb, N, 
athleta d’Orb, N. ceres, N. musta, Nerita transversa, N. Micheloti, 
Neritoma sinuosa Morris, Pleurotomaria Rozeti, Delphinula Vivauxea 
Buv, Pteroceras Oceani Brgn, Corbula Saemanni, C. Morini, C. antis- 
siodorensis Cott, Pleuromya Tellina Ag, Pholadomya tumida Ag, 
Thracia depressa Morris, Cyrena rugosa, C. ferruginea, Cyprina Bron- 
gniarti Roem, C. boloniensis, C. pulchella, Cardium dissimile Swb, 
C. Pellati, C. morinicum, C. dufrenoieum Buv, Corbicella Pellati, Lu- 
cina substriata, L. plebeja Contj, L. portlandica Swb, Cardita bolo- 
niensis, Astarte Saemanni, A. socialis d’Orb, Trigonia gibbosa Swb, 
Tr. Damonana, Tr. Micheloti, Tr. boloniensis, Tr. variegata Cred, Tr. 
barrensis d’Orb, Tr. concentrica Ag, Tr. incurva Ben, Tr, radiata Ben, 


251 


Tr. Pellati Mun, Tr. Carres Mun, Arcatexata Roem, A. Menandellen 
sis, Mytilus Morrisi Sharpe, M. morinicus, M. boloniensis, Pinna su- 
prajurensis d’Orb, Avicula Crednerana , A. Octavia d’Orb, Perna ru- 
gosa Mstr, P. Bouchardi Op, Gervillia linearis Buv, Lima rustica 
Desh, L. boloniensis Peeten lamellosus Swb, P. suprajurensis Buv, 
P. nudus Buv, P. Morrini, Plieatula Boisduri, Ostraea expansa Swb, 
O. Thurmanni, O. Bruntrutana Thurm, O. virgula Defr, ©. dubien- 
sis Contj, Placunopsis Lycetti, Anomia suprajurensis Buv, Echinobris- 
sus Brodiei Wright, E. Haimei Wright, Acrosalenia Koenigi Desm, 
Cidaris boloniensis Wright, Hemicidaris purbeccensis Forb, H. David- 
soni Wright. Sämmtliche Arten sind gut beschrieben und abgebil- 
det, auch die Synonymie und Literatur beigefügt, letztere in sinnlo- 
ser Weise auch auf unkritische Namensverzeichnisse und Lehrbücher 
ausgedehnt ohne dabei vollständig zu sein. Dann folgt eine Tabelle 
mit der geognostisch geographischen Verbreitung der Arten und als 
zweiter Theil die geognostische Untersuchung von Pellat, — (Mem, 
Soc. phys. et d’hist. nat. Geneve 1867. XIX.) 

H. Heymann, neue Lagerstätte fossiler Pflanzen im 
niederrheinischen Tertiärgebirge. — Dieselbe liegt unweit 
Dambroich im Pieissbachthale NO vom Siebengebirge innerhalb der 
Eisensteingrube Gottessegen inder Nähe der bekannten Lagerstätte Rott. 
Leider ist der Grubenbetrieb schon wieder eingestellt und daher 
neues Material nicht zu erwarten. Aber schon ist eine neue Fund- 
stätte unmittelbar daneben aufgeschlossen. Hier wird der Thon von 
Basaltconglomerat überlagert und geht nach unten in Trachytconglo- 
merat über, das in einer festen 2° starken Bank das Liegende der 
bauwürdigen Abtheilung bildet und zahlreiche Pflanzenreste führt. 
Am reichsten ist der mittle dünngeschichtete Theil des Trachytcon- 
glomerats, während der obere und untere sandiger und grobgeschich- 
tet ist. Der untere enthält mehr Früchte und Stammstücke und bil- 
det dadurch einen Uebergang in Braunkohle. Unter dem Conglomerät 
folgt ein Sandlager vermengt mit Grün- und Gelberde. Von ‚vielen 
Blättern ist die verkohlte Blattsubstanz erhalten und wurden sicher 
bestimmt: Ficus lanceolatus Heer, F. axinervis Heer, Ulmus Bronni 
Ung, U. prisca Ung, Quercus cruciata Heer, Acer trilobatum Braun, 
Acacia amorphoides Web, Cinnamomum polymorphum Ung, C. lanceo- 
latum Heer, Rhamnus Decheni Web, Rh. acuminatifolius Web, Rhus 
ailanthifolia Web. Mit Ausnahme von Quercus cruciata sind sämmt- 
liche Arten auch von Rott bekannt und auch von andern Orten be- 
kannt. Dazu kommen noch von Rott nicht bekannte Palmenblätter 
wahrscheinlich Chamaerops. — (Verhandl. Rhein, Verein XXIV. Sitzgs- 


ber. 59—62.) 
K. F. Peters, miocäne Wirbelthbiere von Eibiswald 
in Steiermark. — Die Wirbelthierreste aus diesem Kohlenbecken 


mehren sich und Verf. beabsichtigt deren monographische Bearbeitung. 
Von Schildkröten zunächst hat er früher schon eine Trionyx styriacus 
Jetzt kennt er folgende: Chelydropsis n. gen. unterscheidet sich von 


252 


der lebenden Chelydra serpentina durch die doppelte Nackenplatte, 
durch die Anwesenheit in zwei Reihen über einander liegender Rand- 
schilder an der dritten bis achten Randplatte, durch ihre mehr win- 
keligen minder breiten Neuralplatten. Die einzige Art Ch. carinata 
hat einen ausgeprägten Kiel. Emys pygolopha n. sp, klein an der 
Steissplatte gekielt, an einem Drittel der Costalnähte jederseits mit 
4 schwachen Seitenhöckern. Emys Mellingi n. sp. gross nur im Bauch- 
schilde bekannt. Trionyx styriacus ist Tr. ferox sehr nah verwandt 
und da auch Chelydropsis amerikanischer Typus ist: so hat die 
Schildkrötenfauna denselben amerikanischen Charakter wie die Pflan- 
zen von Eibiswald. — (Wiener Sitzgsberichte XVII. Januar 1868.) 
Is. Bachmann, alpine Neocombrachiopoden aus der 
Umgebung des Vierwaldstättersees. — Dieselben stammen 
aus dem eigentlichen Neocom, den Schichten mit Exogyra Oouloni, 
Toxaster Brunnei etc. und sind auffallend verschieden von denen im 
Neocom des Jura, nur einige sind identisch nämlich Terebratula sella, 
Waldheimia celtica, W. oblonga, Megerleia tamarindus, Rhynchonella 
gibbsiana und Rh. Renauxana, allein diese Arten treten auch später 
im Aptien wieder auf. Verf. sammelte am Pilatus, Vitznauerstock, 
Hochfluh, Kaiserstock und Axenstrasse folgende: Terebratula sella 
und die neuen T. Pilati, notoptycha, exporrecta, Lusseri, uronica, mi- 
erorhyncha, vitznoviensis, ferner Waldheimia celtica Morris, W. svit- 
zensis n. sp., Megerleia tamarindus Swb und Rh. gibbsiana Swb. 


Sämmtliche werden kurz diagnosirt. — (Berner Mittheilungen 1867. 
Ss. 185—195.) 

R. Kner, Nachtrag zur fossilen Fauna von Seefeld 
in Tirol und von Raiblin Kärnten. — Verf. erhielt neues Ma- 


terial von Seefeld, welches die Kenntniss der dortigen Arten erwei- 
tert. So zunächst den Semonitus striatus Ag, der ausführlich be- 
schrieben wird, wobei zugleich sich herausstellt, dass S. latus ein 
Lepidotus ist. Ferner Lepidotus ornatus, Pholidophorus pusillus, la- 
tiusculus, dorsalis, Peltopleurus humilis n.sp., dann ein Schädelstück 


von Teleosaurus. — Von Raibl beschreibt Verf. einen neuen Fisch 
Ptycholepis tenuisquamata. — (Wiener Sitzgsberichte LV1. Dechr. 1867. 
16 S. 4 Tff.) Gl. 
Lartet, fossile Fleischfresser und Rhinoceros 
aus Südfrankreich. — Es liegt der Schädel eines Bären und 


einer Katze vor nebst Resten eines Nashorns aus dem Depar- 
tement der Seealpen. Der Bärenschädel ist am meisten dem des 
Eisbären ähnlich, von den fossilen steht ihm am nächsten Ursus priscus 
Goldf. und ein in Island 1846 gefundener Schädel Ursus planifrons 
(Henry Denny.) Der neue Schädel wird nach dem Auffinder Ursus 
Bourguignati genannt. Ob Ursus priscus eine selbstständige Art ist 
und sein kann ist neuerlich angezweifelt, nicht soll der ihm zugehö- 
rige Schädel als Maass der Vergleichung dienen wie der von Ursus 
maritimus zu dem Ursus priscus vielleicht gehört. Der Schädel von 
Ursus Bourguignati ist nun ein Sechstel länger und dabei doch schma- 


253 


ler als Ursus priscus. Die Stirn des erstern concav, die des letzten 
eben. Bei ersterm ist die Gesichtsregion, gerechnet vom vordern 
Rand der Schneidezähne bis zu den hinteren Augenhöhlenfortsätzen, 
etwa an Länge gleich der Schädelregion. Bei den übrigen Bären ist 
die Schädelregion bedeutend kürzer. Hierauf und auf Differenzen in 
der Zahnbildung nebst andern kleineren Unterschieden kann eine Art- 
verschiedenheit zwischen priscus und Bourguignati begründet werden. 
Die Schnauze des Ursus planifrons ist breiter als bei Ursus B. Was 
nun endlich den Eisbären betrifft, so sind die Unterschiede in der 
Schädelform beschränkt auf eine breitere und flachere Stirn bei Urs. 
maritimus, bei ihm ist auch die Hirnhöhle geräumiger und die Hinter- 
hauptswulst hängt mehr nach hinten über. Der Zahnapparat giebt 
bessern Anhalt zur Trennung. Der Gaumen ist bei Urs. mar. breiter. 
Bei ihm divergiren die Zahnreihen nach vorn. Auch sind die grossen 
Reisszähne von etwas verschiedener Gestalt als bei Ursus Bourg. Es 
wäre eine Verwandtschaft des Ursus Bourg. mit Ursus maritimus am 
ehesten zulässig, aber auch diese kann wegen der angegebenen Ver- 
hältnisse nicht statt haben. — Felis Leopardus? fossilis. Ein ausser- 
ordentlich gut erhaltener Kopf ward an derselben Lagerstätte bei 
Mars gefunden. Am meisten nähert er sich in seinen Formen dem 
des Felis leopardus am Cap der guten Hoffnung. Die Differenzen 
von diesem Thier sind wenig auffallend, beziehen sich eigentlich nur 
auf einige Schwankungen in dem Maasse und in der Ausbildung der 
Zahnhöcker, so dass es nicht nöthig erscheint eine neue Art zu grün- 
den. — Rhinoceros Merkii Kaup. Es wird zunächst ein geschicht- 
licher Ueberblick der Funde von Rh. Merkii gegeben und eine Sy- 
nonymik angeknüpft. Dann geht der Aufsatz von einer Vergleichung 
der Backenzähne, vor allen des vierten mit denen der 3 andern fos- 
silen Nashornarten über, da namentlich ein solcher Zahn gut erhalten 
auch an neuem Funde von Rh. Merkii erhalten wurde. Der Aufsatz 
schliesst mit einer Angabe über die geographische Verbreitung dieser 
Rhinoceros Art. — (Annals des sciences 1867. VIll. 156.) 

A, Milne Edwards, fossiler Papagei auf Rodriguez. 
— Ein Bruchstück eines Oberschnabels wird in ähnlicher Weise wie 
der Verf. schon früher (Ann. d. sc. n. Zool. 5. Serie VI p. 91) einen 
Unterkiefer von Mauritius behandelte, Veranlassung diesen Theil der 
Papageien, zu welcher Klasse das Bruchstück hinweist, genau zu ver- 
gleichen, um womöglich Artenmerkmale zu finden. Der Oberschnabel 
bietet zwar weniger Anhalt hierfür als früher der Unterschnabel, in- 
dessen giebt die Befestigungsweise der Gaumenbeine an dem Ober- 
schnabel gute Merkmale ab. Ferner die Lage der Nasenlöcher, die 
Krümmung des Schnabelrandes. Indem nun einige Gruppen vorge- 
nommen worden, wird endlich nachgewiesen, dass Psittacus Rodricanus 
zu keiner Cacatugruppe gehört, auch die Calyptorhynchen weichen 
bedeutend ab von jenen. Von jenen istes durch die vorderen Gruben 
für die Gaumenbeine, von diesen durch die Abwesenheit der innern 
Seitenkanten, von dem Nestor durch die hintere Breite des Gaumen- 


254 


beingewölbes getrennt, der Microglossus durch denselben Unterschied. 
Am nächsten stehen dem Pesittacus Rodricanus die Chrysotis von 
Amerika, dann Poiocephalus robustus vom Cap der guten Hoffnung, 
Mascarinus Coracopsis vasa aus Madagascar und Electus Linnei von 
den Philippinen und Psittacus erythacus. Indessen finden sich auch 
hier Differenzen, so dass nichts übrig bleibt, den Ps. Rodricanus als 
ausgestorbene Art anzusehen und scheint zum Geschlecht Electus Wagl 
zu gehören. — (Annalesdes sc. n.1867 tom. VIII 145—156 tb.7.8.) Kr. 
Botanik. C.v. Fischer-Ooster, dieBrombeeren um 
Bern. — Die für den Systematiker überaus schwierige Gattung Ru- 
bus zählte in Deutschland nach Weihe und Nees 49 Arten, die Koch 
auf R. chamaemorus, saxatilis, caesius, idaeus, fruticosus reducirte, 
unter letzterem 44 Weihesche Arten zusammenfassend, Spenner ver- 
einigte damit noch R, caesius, wogegen Ph, J. Müller 239 Galloger- 
manische Arten aufführt. Verf, beobachtete seit 7 Jahren die Berner 
Arten, verbreitet sich zuerst über den Artbegriff im Allgemeinen, dann 
über die Gruppen der Rubusarten, wobei er die von Weihe, Wimmer, 
Godron, Sendtner, Ph. J. Müller und Mercier aufzählt und begründet 
auf die Samen folgende 6 Gruppen. 1. Suberecti mit mehr minder 
dreieckigen Samen, aufrecht überhängendem Blattstengel, beiderseits 
grünen Blättern. 2. Discolores mit mehr minder eiförmigen Samen 
und discoloren fünftheiligen Blättern, Form und Richtung des Sten- 
gels veränderlich. 3. Glandulosi mit comprimirt halbmondförmigen 
Samen mit beinah geradem Suturalrande, niederliegenden stark glan- 
dulosen Stengel und grünen Blättern. 4. Pruinosi mit blau bereiften 
Jahrestrieben und beinah sitzenden untern Blättchen. 5. Idaei mit 
gefiedertem oder dreitheiligem discoloren Blatt, rother oder gelber 
pubescirender Frucht und zusammengedrückten halbmondförmigen 
Samen. 6. Herbacei mit krautartigem Stengel, dreitheiligen oder nie- 
renförmigen grünen Blättern, deren Nebenblätter mit dem Stengel 
und nicht mit dem Blattstiel verwachsen sind. Diese Gruppirung 
stimmt im Wesentlichen mit der von Mercier überein und in sie las- 
sen sich alle Europäer unterbringen, die Gegend um Bern hat nur 11, 
worunter eine ein Gemisch von hybriden Formen von Rubus caesius 
mit andern Arten ist, einige Varietäten sind vielleicht Specien, wo- 
rüber noch nicht zu entscheiden ist. Verf. spricht sich nun über die 
veränderlichen und constanten Varietäten aus. Erste hängen vom Ein- 
flusse des Bodens und Klimas ab, letzte sind unabhängig, zu ersten 
gehören die auf Form der Blätter und Rispen gegründeten, zu den 
andern die auf Discolorität der Blätter gegründeten. Die Discolori- 
tät mit andern Charakteren verbunden hat specifischen Werth. In 
Folge der sehr verschiedenen Form und Richtung der Sprossen zer- 
fallen alle discoloren Brombeeren in 4 constante Varietäten mit Art- 
recht: 1. R. thyrsoideus Wim mit aufrecht überhängendem eckig ge- 
rinnten Stengel ohne Drüsen; 2. R. discolor NW mit unbedrüstem 
scandirenden oder niederliegenden unten mehr runden Stengel; 3. R. 
tomentosus Willd mit niederliegendem eckig, gerinnten Stengel ohne 


255 


Drüsen; 4. R. radula NW partim mit scandirendem, eckiggerinntem 
Stengel der durch Drüsenborsten rauh ist, Unter den glandulosen 
giebt es viele als Arten aufgeführte, die aber nur durch die Blattform 
oder durch die Rispenform unterschieden sind, alle haben viele Drü- 
sen und Stachelborsten, einen meist aufgerichteten lanzettförmigen 
Kelch und beiderseits grüne Blätter, längliche Blumenblätter, com- 
primirte, halbmondförmige Samen, alle sind veränderliche Varietäten. 
Die Form der Samen ist in jeder Art constant. Form und Farbe 
der Blumenblätter ist veränderlich, ganz ohne Werth ist die Fünf- 
oder Dreitheiligkeit der Blätter. Zur Charakterisirung der einzelnen 
Arten übergehend behandelt Verf. folgende. I. Mit fruteseirendem 
Stengel und an den Blattstielen befestigten Nebenblättern. 1. Sub- 
erecti mit der einzigen Art: R. suberectus And (= R. plicatus NW, 
fastigiatus NW und fissus Leight). 2. Discolores: a. mit eckig ge- 
rinntem aufrechten Stengel ohne Drüsen, R. thyrsoideus Wim (= fru- 
ticosus NW, elongatus Merc). b. mit eckig gerinntem niederliegenden 
Stengel ohne Drüsen, R. tomentosus Willd. ce. mit fünfeckigem skan- 
direnden Stengel ohne Drüsen, R. discolor NW (= rusticanus Mere, 
cuneifolius Merc, vestitus NW, villicaulis NW, leucostachys Smith, 
collinus DC.) d. mit eckigem oder. gerinnten skandirenden Stengel 
durch Stacheldrüsen rauh, R. radula NW (= rudis NW, morifolius). 
3. Glandulosi mit 2Arten: R. vulgaris NW, (= hispidus Mere, Spren- 
geli NW, scaber NW, rosaceus NW) und R. glandulosus Bell (=Bel- 
lardii NW, Güntheri NW, hirtus NW, apiculatus NW, thyrsiflorus NW, 
foliosus NW). 4. Pruinosi ebenfalls mit 2 Arten: R. caesius L und 
R. dumetorum NW (= corylifolius Smith, althaeaefolius Host, nemo- 
rosus Godr, tomentosus Borckh, nemorosus Hayn.) 5. Idaei mit der 
gemeinen Himbeere R. idaeus. — II. Mit krautartigem Stengel und 
mit Nebenblättern, die den Stengel umfassen. b. Herbacei nur mit 
R. saxatilis L. — Zum Schluss spricht sich Verf. noch über Kuntze’s 
Reform der deutschen Brombeeren (Leipzig 1867) aus. — (Berner Mit- 
theilg. 1867. S. 18-61. 1 Tfl.) 

W.O. Focke, zur Kenntniss der deutschen Brom- 
beeren insbesondere der bei Bremen beobachteten For- 
men. — Nachdem F. abermals auf die Schwierigkeit der Systematik 
dieser Gattung hingewiesen und deren Literatur aufgeführt, verbreitet 
er sich über Art, Abänderung, Bastard im Allgemeinen und charak- 
terisirt alsdann die Gruppen der europäischen Arten. I. Rubus mit 
Eubatus gliedert sich also: a. Beeren trocken, Blätter oberseits stern- 
haarig, die ältern mitunter kahl. 1. Tomentosi wohin R. tomentosus 
Borkh. b. Beeren saftig, Blätter oberseits striegelkaarig, selten kahl, 
Blühten weiss oder röthlich bis rosenroth, 2. Suberecti wohin R. can- 
dicans W, R. plicatus NW, R. suberectus And. 3. Silvatiei: andro- 
dynamische: R.geniculatus Kaltb, R. vulgaris NW; Homodynamische: 
R. amoenus Portschl, R. silvaticus NW; gynodynamische: R. Sprengeli 
NW, R-Arrheni Lange. 4. Vestiti mit R. vestitus NW, R. insericatus 
P. J, M. 5. Radulae nur mit R. radula NW. 6. Glandulosi mit R, in- 


256 


festus NW, R. Menkei NW, R. Schleicheri NW, R. glandulosus Bell. 
7. Corylifolii mit R. prasinus n. sp., R. Wahlbergi Arch, R. nemoro- 
sus Hayne, R. lJamperococcus n. sp., R.caesius L. Verf. behandelt nun 
diese einzelnen Arten eingehend und müssen wir uns darauf beschrän- 
ken die Synonymie und Varietäten derselben hier aufzuführen. 1. R. 
tomentosus Borkh SEuropa bis Mitteldeutschland. — 2. R. suberectus 
And (microcanthos Kaltb, pseudoidaeus P.J.M, fastigiatus NW in 
ganz Deutschland, Mittel- und Südeuropa zerstreut — 3. R. plicatus 
NW (coryfolius Schultz, nitidus NW, affinis NW, Weihi Koehl) als 
Varietäten rhenanus, nitidus, communis, umbrosus, affinis. — 4. R. 
candicans W (fruticosus NW, thyrsoideus Wim, coarctatus P.J.M in 
Mitteleuropa. — 5. R. amoenus Portschl nach der Behaarung 2 Varie- 
täten genuinus und pilosus. — 6. R, vulgaris NW (carpinifolius NW, 
fruticosus Meyer, sanctus Kuntze) variirt: concolor, argenteus, poly- 
anthemos. — 7. R. geniculatus Kaltb (rhamnifolius NW). — 8. R. sil- 
vaticus NW. — 9. R. Sprengeli NW in N und Mitteldeutschland. — 
10. R. Arrheni Lange. — 11.R. lanatus n.sp. ist R. vestitus zunächst 
verwandt. — 12 R. radula NW in Mitteldeutschland häufig, nur ein- 
mal bei Bremen. — 13. R. infestus NW. — 14. R. Menkei NW viel- 
leicht Bastard von R. radula und glandulosus. — 15. R, Weihei Metsch 
(hirtns aut, hirsutus Wirtg), — 16. R. Schleicheri NW variirt: verus, 
umbrosus. — 17. R. glandulosus Bell in ganz Mitteleuropa. — 18. R. 
prasinus n. sp. (hirtus Asp) variirt: fertilis, pseudohirtus. — 19. R. 
nemorosus Hayne (corylifolius aut, dumetorum NW) oft als Bastard 
von Caesius und plicatus betrachtet, pflanzt sich aber unverändert fort. 
— 20. R. horridus Schultzs. — 21. R. Wahlbergi Arrh (caesiocandi- 
cans Lasch). — 22. R. corylifolius Sm (Arrhenii Marsh). — 23. R. 
lamprococcus neue Form. — 24 R. caesius L ändert vielfach ab. — 
25. R. caesiotomentosus Kuntze (deltoideus P. J. M., permiseibilis 
P.J.M.) — 26. R. tomentosolanatus (tomentosovestitus). — 27. R. 
caesiolanatus (caesiovestitus). — 28. R. caesiovulgaris. — 29. R. cae- 
sionemorosus (dumetorum v. pseudocaesius Metsch\). — 30. (R. cae- 
sioglandulosus. — 31.R. caesioradula (pruinosus Sond, glandulosowal- 
bergi). — 32. R. caesiosilvaticus. — 33. R. caerioidaeus (pseudoidaeus 
Lej, idaeoides Ruthe). Zum Schluss stellt Verf. die bei Bremen vor- 
kommenden Arten analytisch zusammen und kömmt auf die Stamm- 
arten, zweifelhaften und abgeleiteten oder constanten Rassen zurück. 
— (Bremer Abhandlungen I. 261-328.) 


Fr. Buchenau, interessante Füllungserscheinung 
an Lapageria rosea RP. — Diese im südlichen Chili heimische 
Schlingpflanze wird in einem Treibhause bei Bremen cultivirt und 
zeigte dort eine Verdoppelung des innern Kreises der Perigonblätter, 
6 statt drei. Die abnorme Blühte war gegen die normale etwas ver- 
kürzt und besass grössere Fülle. Die Art ist erst seit 12 Jahren in 
Europa eingeführt und vermehrt sich schwer. Sie treibt alljährlich 
im Frühjahr aus einem bodenständigen Stocke seitliche spargelähn- 
liche Triebe, die von Jahr zu Jahr an Stärke zunehmen, sich zu lan- 
gen Drahtähnlichen kletternden oder windenden Stengeln entwickeln 
mit unbegränztem Spitzenwachsthum, und erst in der Laubregion sich 
verzweigen. Sie beginnen unten mit zahlreichen langen Niederblät- 
tern und schreiten nach langem Abschnitt zur Laubblattbildung fort. 
Die Laubblätter sind in einen kurzen Stiel”verschmälert, im Umriss 
äusserst variabel, mit stets langer stechender Spitze, von fester le- 
derartiger Textur, mit fünf Rippen. Die Blühten beginnen an den 
einzelnen Achsen erst oben nach viel Laubblättern, stehen einzeln 
und schliessen kleine mit grünen Vorblättern besetzte Strauchzweig- 
lein ab, nur zuweilen entwickeln sich an solchen mehre Blühten. Die 
Zahl der Vorblätter schwankt ungemein von 5 bis 18 und ist dieselbe 


257 


massgebend für die Stellung der Blühte. Das Perigon ist sechsblät- 
terig, schön hell kirschroth mit zahlreichen weissen Flecken. In der 
abnormen Blühte waren die überzähligen ganz wie die innern der 
normalen Blühte, die Staubgefässe ganz normal bis auf ein verkrüp- 
peltes, die Vermehrung war also durch Einschiebung neuer Elemente 
erzeugt. Die schwarzen Honiggruben im Grunde sind bei den ge- 
wölbten äussern Blättern sehr weit, bei den flachen innern dagegen 
fast spaltenförmig. Die Perigonblätter sitzen auf einer den Grund 
des Fruchtknotens kragenförmig umgebenden Wulst und fallen vereinigt 
ab; die Staubgefässe sind am Grunde der Perigonblätter inserirt. Das 
Pistill ist oberständig, der Fruchtknoten einfächerig mit drei Längs- 
placenten vor den innern Perigonblättern; der Pollen gelblichweiss, 
rund, zierlich gestachelt, mit nur einer Oeffnung zum Austritt des 
Schlauches; die Samenknospe hemitrop mit zwei Integumenten, der 
Kern mit grossem klaren Embryosack. — (Ebda 362—366 1 Tfl) 


Zoologie. L. v Schrenk, Reisen und Forschungen 
im Amurlande in den Jahren 1854—1856 im Auftrage der kk. Akde- 
mie der Wissenschaften zu St. Petersburg ausgeführt und in Verbin- 
dung mit mehreren Gelehrten herausgegeben II. 3. Mollusken des 
Amurlandes und des nordjapanischen Meeres. Mit 17 color. Tfln und 
2 Karten. St. Petersburg 1867. fol. — Mit diesem gehaltvollen Theile 
schliesst der zweite zoologische Band des grossen Reisewerkes über 
das Amurland ab und ist derselbe ausschliesslich den Mollusken ge- 
widmet. Es werden zuvörderst die marinen, dann die Land- und 
Süsswasserconchylien alle sehr eingehend beschrieben und im allge- 
meinen Theile die physikalisch geographischen Verhältnisse mit Bezug 
auf die Molluskenfauna behandelt. Aus dem nordjapanischen Meere 
werden 151 Gastropoden und 84 Bivalven aufgeführt, also eine sehr 
reiche Fauna. Darunter sind folgende circumpolare Arten: Patella 
caeca, testudinalis, Paludinella stagnalis, Lacuna vincta, Litorina te- 
nebrosa, Turritella erosa, Margarita arctica, Natica clausa und pal- 
lida, Pilidium commodum, Trichotropis tricarinata und borealis, Trito- 
nium clathratum, antiguum, despectum, Sabinii, Terebratula psittacea, 
Pecten islandicus, Modiolaria nigra, Modiola modiolus, Mytilus edulis, 
Cardium groenlandicum, Venus astartoides, Saxicava arctica, Tellina 
lata und solidula, Mactra Grayana, Mya truncata und arenaria, Aulus 
costatus und Pholas crispata. Ueberhaupt aber zählt die Fauna 42 
hochnordische Arten. Neun Arten gehen an der WKüste Amerikas 
bis Californien hinab, Columbella haemastoma findet sich an Panama 
und den Gallopagos, Venus pannosa an Peru und Patella argentata 
und Mytilus ungulatus gehen noch über Chili hinab. Grösser ist die 
Zahl der mit dem indischen Ocean gemeinsamen Arten, 5 Arten kom- 
men noch am Cap vor. Verf. verfolgt diese Verhältnisse in ihre höchst 
interessanten Einzelnheiten hinein, auch die Tiefenverbreitung der 
Arten. Die Zahl der Land- und Süsswassermollusken stellt sich auf 
nur 55, während Finnland 74, Schweden 95, Dänemark 132 besitzt. 
“Unter jenen 55 sind nun 37 europäische also 2), Circumpolare Ver- 
breitung von diesen haben folgende: Valvata cristata, Planorbis albus, 
Limnaeus stagnalis, palustris, truncatulus, pereger, ovatus, Physa fon- 
tinalis, Carychium minimum, Pupa muscorum, Achatina rubricum, He- 
lix fulva, pulchella, ruderata, pura, Suceinea putris, Vitrina pellucida, 
Limax agrestis, Arion hortensis, Unio margaritifer, Anodonta cellen- 
sis, Pisidium fontinale. Andre 8 Arten sind nur mit China gemeinsam 
und fehlen Sibirien und Europa, doch wir können dem Verf. hier nicht 
weiter folgen und verweisen mit dieser blossen Notiz auf die einge- 
hende Darstellung selbst. 
‚ Die preussische Expedition nach Ostasien. — Nach 
amtlichen Quellen. Zoologischer Theil II. Die Landschnecken mit 


258 


22 Tff. bearbeitet von Ed. v. Martens. Berlin 1867. 40%. — Verf. be- 
gleitete als Zoologe die ostasiatische Expedition und wandte insbe- 
sondere den Landmollusken seine Aufmerksamkeit zu. Seine Beob- 
achtungen und Sammlungen legte er in diesem Bande nieder, weleher 
eine vollständige Monographie der Landmoilusken Japans, Chinas, 
Siams und des indischen Archipels enthält. Dieselbe wurde ermög- 
licht durch die Benutzung der reichen Sammlungen in Leiden und 
London und Moussons in Zürich. Es werden behandelt die Land- 
schnecken von Madeira, von Rio Janeiro, von Japan, China, Siam, den 
Philippinen und S. 108—395 von dem indischen Archipel. Nachträge, 
tabellarische Uebersicht, Rückblick, Register und Erklärung der Ta- 
feln bilden den Schluss. Das systematische Detail ist also ein sehr 
reichhaltiges und für alle Conchyliologen ein sehr wichtiges. Der Rück- 
blick charakterisirt jene Fauna im Allgemeinen und geht nicht. auf so 
specielle Vergleichungen und weitgreifende Erörterungen ein wie 
solche von Schrenck an die Molluskenfauna des Amurlandes angeknüpft 
hat. Auch die Uebersichtstabelle beschränkt sich auf die Vertheilung 
der Arten in den ostasiatischen Faunengebieten. 

C. u. R. Felder, Lepidoptera. III. Heft Rhopalocera, Mit 
27 Tafln. Novara Expedition Zoolog. Theil II. 2. Wien 1856-1867. 
Fol. — Dieses Heft bringt die Charakteristik der Rhopalocera von 
498 bis 945, welche von der Novara Expedition gesammelt worden, 
also eine sehr grosse Artenzahl und zwar sind fast sämmtliche neu, für 
viele auch neue Gattungen begründet worden. Alle werden lateinisch 
charakterisirt, ihr Vorkommen angegeben, und einzelne vergleichende 
Bemerkungen in deutscher Sprache hinzugefügt. @l. 

Sappey, über dieNerven des Neurilems.— Wieesvasa 
vasorum giebt, finden sich auch nervinervorum. Sie folgen im Allge- 
meinen wie die Nerven des fibrösen Systems, den Arterien. Nicht nur 
die gemeinsame Nervenscheide eines Stranges trägt Nerven, sondern 
diese dringen sogar bis in die Scheide secundärer Nervenbündel. Bis 
in die Hülle der Primitivfasern dringen sie nicht vor. Sie bestehen, 
trotz ihrer grossen Feinheit aus Hülle, Nervenmasse und Axe. Beim 
Augennerv findet sich auf der äussern Hülle ein grosser Complex 
von Nerven, dagegen auf die innere Hülle begiebt sich kein Ner- 
venfädchen. Die Fäden der äussern Haut laufen eine Strecke ober- 
flächlich, verästeln sich dann und anastomisiren untereinander und 
dringen in die tiefern Schichten ein. Die obere Augen -Nerverhülle 
kann demnach nicht eine Verlängerung der Dura mater und der Skle- 
rotica sein 1) durch das Vorhandensein von elastischen Fasern an ihr 
2) durch das Vorhandensein von zahlreichen nervis nervorum die sehr 
spärlich auf der Dura mater im Schädel und völlig abwesend auf der 
Sklerotica sind. — (Annales des sciences nat. 1867. tom. VII. 139.) 

M. Marey, über die Natur der Muskelcontraktion, 
— Es werden zwei Arten von Contraktion unterschieden 1) durch 
Erschütterung, eine plötzliche Verkürzung des Muskels, wonach un- 
mittelbar eine Erschlaffung folgt. 2) Eigentliche Contraktion, die 
durch eine Folge von Erschütterungen zu Stande kommt. Wendet 
man einen galvanischen Apparat an, so zeigt sich dass die Dauer 
einer Erschütterung bei verschiedenen Tbieren verschieden ist. Beim 
Vogel dauert sie ®/joo Secunde, beim Fisch etwa eben so lang, beim 
Menschen etwa 7—8/,00 Secunde. Bei Crustaceen hält ihre Wirkung 
4—5 mal so lange an und bei der Schildkröte sogar bis über eine 
Secunde, Die eigentliche Contraktion kann als eine durch eine fort- 
laufende Reihe von einzelnen Erschütterungen hervorgebrachte Con- 
traktion des Muskels angesehen werden. Wie auf einen Muskel auch 
ein galvanischer Apparat eine solche Reihe von Erschütterungen ap- 
plieirt, so zeigt sich in der That Contraktion. Beim Vogel sind 65 


259 


Entladüngen in der Secunde ausreichend gewesen, um den Muskel zu 
eontrahiren. Beim Menschen 25—30, bei der Schildkröte reichten 
4—5 Erschütterungen in der Secunde hin. — (Annules des sc. nat. 
1867. Tom. V11. 196.) 

Jourdain, Lymphgefässe von Gadus morrhua. — Das 
Lymphgefässystem von Gadus morrhua ist ausserordentlich entwickelt. 
Die Lymphwege besitzen eigene Wände, verlieren jedoch strecken- 
weise den Gefässcharakter und erweitern sich zu grössern Räumen, 
die zwischen den Organen liegen. Indess finden sich immer trotzdem 
die selbstssändigen Wandungen noch vor. Die Lymphe und der Chy- 
lus ergiessen sich in einen gemeinsamen grossen Sinus, welcher eine 
Art Halsband in der Schultergegend bildet, In den untern Theil des- 
selben münden die Lymphgefässe der Kiemen und eines Theils vom 
Kopf. Nach hinten sendet dieser Sinus folgende Aeste aus: Einen 
unpaaren in der Mittellinie bis zum After. Einen paarigen nach den 
Brustflossen. Einen paarigen längs den Seitenlinien des Fisches. In 
der Schwanzgegend findet sich ein Kanal für die Lymphe und dieser 
ist durch Verbindungsarme mit einer Lymphader unter dem Rücken- 
mark im Zusammenhang. Die Lymphgefässe des Verdauungsappara- 
tes folgen den Arterien. Der gemeinsame Halssinus öffnet sich in 
der grossen Kopfvene eine mit einer Doppelklappe versehenen Oefi- 
nung. — (Annales des sc. n. 1867. Tom. VII.) 

Baudelot, Analogon der Häutung bei den Fischen, 
— Eine bekannte Erscheinung sind die harten und weisslichen Tu- 
berkeln auf der Haut mancher Fische zu bestimmten Zeiten. B. ver- 
folgt dieses Phänomen namentlich bei Cyprinus nasus. Vom März bis 
Juni zeigten fast alle Fische dieser Art reichliche Tuberkeln. Die 
grossen befinden sich meist immer am Kopf, kleine breiten sich aber 
über den ganzen Körper aus. Auf den einzelnen Schuppen haben sie 
dann eine festbestimmte Lage in einer geraden Linie. Diese kegel- 
förmigen Höcker sitzen in einer Vertiefung der Haut und sind aus 
Schichten gebildet. Dieseinzelnen Schichten sind aus Epithelialzellen 
gebildet. Es sind also diese Hökerchen Produkte des Epidermis. Ein 
Fisch wurde nun 24 Stunden in schwach alkoholisches Wasser ge- 
taucht und nun konnte die ganze Haut desselben mit allen Höcker- 
chen abgelöst werden, und es zeigte sich, dass der Fisch darunter 
eine völlig unverletzte Epidermis besass. Die abgezogene Haut be- 
stand aus Pflasterepithel mit Kernzellen. Hieraus schliesst B. 1) dass 
die Höcker der Haut und die Epidermis von derselben Struktur sind, 
und dass die ersteren nur eine theilweise Verdickung der letzteren 
sind. 2) Da die Höcker nur periodisch auftreten und ihrer hornigen 
Natur wegen nicht resorbirt werden, können sie nur durch Abfallen 
verschwinden, man kann also eine partielle Häutung bei den Fischen 
annehmen. — (Annales d. sc. nat. 1867, VH. 339.) 


Dumeril, Metamorphose des Axolotl. — Dieser kleine 
Aufsatz bringt höchst interessante Beobachtungen über den mexika- 
nischen Axolotl im Zoologischen Garten zu Paris. Ein dort befind- 
liches Weibchen legte Eier, aus denen sich bald junge Thiere ent- 
wickelten. Zu einer bestimmten Zeit zeigte sich an diesen, die den 
Aeltern im Ganzen bereits völlig ähnlich sehen, in sofern eine auf- 
fallende Veränderung als die Kiemenäste verschwanden und zuglei- 
cher Zeit verschwand auch die Rückenflosse. Auch stellte sich eine 
weisse Fleckung auf dem Leibe ein. Mit diesen Veränderungen glei- 
chen Schritt hielt die Reduction der Kiemenbögen, indem die 3 in- 
nersten verschwanden, und, die veränderte Stellung der Vomerzähne. 
Nicht an allen Exemplaren wurde diese Veränderung beobachtet, in- 
dess kann ja auch eine Kaulquappe zwei Jahre lang in ihrem Zu- 
stand verharren, ehe sie sich zum vollständigen Thiere umwandelt. 


260 


Durch diese Beobachtungen sind die Axolotl aus der Reihe der Pe- 
renni-branchiata gestrichen, und es scheint, dass sie zu Amblystoma 
Tschudi gehören. Neben diesen Thatsachen enthält der Aufsatz noch 
Berichte über Versuche nachzuweisen, dass der Axolotl eine Lun- 
genathmung erhält, welche aber zu keinem genügenden Resultate 
führten. — (Annales des sciences 1867. Tom. VII. 229—254.) Kr. 
Landois, H., das Gehörorgan desHirschkäfers (Lu- 
canus cervus). — Verfasser findet die Nerven im Kopfe des ge- 
nannten Käfers ungemein entwickelt, so dass die der Augen und 
Fühler bei einer guten Präparation schon dem blossen Auge sicht- 
bar werden. Von dem gabelartig getheilten, sehr kleinen, etwa in 
der Mitte des Kopfes gelegenen Gehirn gehen kräftige Nervenstränge 
beiderseits nach den Augen und unmittelbar unter ihrem Anfange an- 
dere in gerader Linie nach den Fühlern. Diese werden bis in die 
Endlamelle verfolgt und deren Bau genau beschrieben mit Angabe 
der Maasse für die einzelnen Theile. Der harte Chitinbogen enthält 
auf der Ober- und Unterseite gegeneinander etwas schräg gestellte, 
runde Grübchen, welche sich in den innern Hohlraum einsenken, ist 
ausserdem mit sehr dichten kurzen und einzelnen bedeutend längeren 
Haaren besetzt. Sie selbst besteht aus einer dunklen obern Schicht, 
welche von zahlreichen, krugförmigen Kanälen durchsetzt ist, deren 
oberer Theil die Haare mit ihrer kugeligen Wurzel aufnimmt. Die 
zweite, dünne Lage besteht aus dichten Längsfasern,, welche öfter 
mit einander anastomisiren, aber unter jedem jener krugförmigen 
Kanäle eine Lücke lassen. Unter dieser Schicht folgt eine zellen- 
reiche Hypodermis. Die Tracheen im Endblatte nehmen ihren Ur- 
sprung von einem einzigen Rohre und verzweigen sich zu mehreren 
grössern Blasen in der Mitte der Lamelle. Eine höchst eigenthüm- 
liche Bildung zeigen die Nerven. Der starke, einfache Strang ver- 
zweigt sich bald nach seinem Eintritt in die Endlamelle in mehrere 
(3) Aeste und diese theilen sich wieder und endigen in eine Ganglien- 
zelle mit Kern, welche sich unten an die krugförmigen Kanäle der 
obersten Chitinschicht anschliessen und einen Fortsatz bis zur kuge- 
ligen Haarwurzel entsendet, der das Streben nach Stäbchenform 
zeigt. Aus diesem Bau schliesst Verf. im Hinblick auf eine ähnliche 
bei den Hörhaaren der Krebse beobachtete Bildung, dass die klei- 
nern Haare und die Gruben Sitz des Gehörs seien, sie als Geruchs- 
organe anzusprechen, sei darum nicht zulässig, weil nirgends in den 
Gruben eine weichere Hautstelle vorhanden sei, welche die duftenden 
Stoffe auflösend den Nerven übermitteln. Die grösseren Haare sollen 
dem Tastsinn dienen. — (Schultze Arch. f. mikr. Anatom. VI. 1868.) 
Tg. 


Uorrespondenzblatt 


des 


Naturwissenschaftlichen Vereines 


für die 


Provinz Sachsen und Thüringen 


Halle. 
1868, März. N“ III. 


Sitzung am 4. März. 
Eingegangene Schriften: 


1—4. Report of the commissioner of patents for the year 1863 and 


5. 


1864. Washington 1866. 8°, 

Löw, Prof,, Diptera, Ueber die bisher in Schlesien aufgefunde- 
nen Arten der Gattung Chlorops. Separatabdruck aus der Schles, 
Entom. Zeitung. Breslau 1866. 8°. — Geschenk des Herrn Ver- 
fassers. 


. Stadelmann, Dr., Zeitschrift des landwirthschaftlichen Central- 


vereines der Provinz Sachsen XXV. Nr. 3. Halle 1868. 8°. 
Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft Graubündens 
XII. Chur 1867. 80, 


. Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt XVI. Wien 1867 


gr. 8°, 


. Verhandlungen zu vorigem Nr. 13. Wien 1867. 8°, 
. Das Staatsbudget und die Bedürfnisse für Kunst und Wissenschaft 


im Königreich Hannover. Hannover 1866. 4°, 

. Funfzehnter Jahresbericht der Naturhistorischen Gesellschaft zu 
Hannover. Hannover 1866. 4°, 

. Sechzehnter und siebzehnter Bericht der Naturbistorischen Ge- 
sellschaft zu Hannover. Hannover 1867. 40. 

. Mejer, Oberlehrer, die Veränderungen in dem Bestand der Han- 
noverschen Flora seit 1780. Hannover 1867. 8°. 

‚ Ton Hinüber, Ferzeixniss der in der SVinge un umgegend 
vaxsenden gefäspfianzen. 

Herr Schubring erläutert, sich einem Vortrage des Herrn 


Salbach im Ingenieurvereine anschliessend, die Einrichtung unseres 


ne 


uen Wasserwerkes, im Besondern die Construction der beiden ihrer 


Vollendung nahen Reservoirs oberhalb der Stadt. 


Bd. XXXI, 1868. 18 


262 


Derselbe berichtet sodann über einen mehrfachen, bunten 
Mondhof (fälschlich Mondregenbogen genannt), den er soeben vor eini- 
gen Stunden beobachtet hat. Aus den weitern Angaben, welche Herr Rey 
u. Andere hinzufügten, ergiebt sich, dass die Erscheinung bald nach 6 
Uhr begonnen und mit mehrfacher Unterbrechung bis gegen 8 Uhr 
gewährt hat. Der innerste Hof hatte einen Durchmesser von etwa 4—5 
Vollmondbreiten, der zweite von innen aber nur etwa eine Mondesbreite 
Abstand und in ungefähr derselben Entfernung umschloss ihn ein 
dritter, glaubwürdigen Nachrichten zufolge, zeitweise sogar ein vier- 
ter. Nach derselben Quelle soll nach 8 Uhr noch einmal der drei- 
fache Hof sichtbar gewesen sein. Nach einer nachträglichen Mitthei- 
lung ist auf der Leipziger Sternwarte ein siebenfacher Hof gesehen 
worden. Der Mond war etwas grösser als im ersten Viertel und 
es bildete der Mittelpunkt des sichtbaren Theiles der Mondscheibe 
den Mittelpunkt der Höfe. Hervorgebracht wurde diese Erscheinung 
durch dünne, weisse Schleierwolken, welche vor dem Monde vorbei- 
zogen. 

Zum Schlusse legt Herr Giebel den zweiten Band von Stein’s 
ausgezeichnetem Infusorienwerke vor und verbreitet sich ausführlicher 
über dessen Inbalt (S. S. 166—177.) 


Sitzung am 11. März. 


Eingegangene Schriften: 


1. Würzburger Naturwissenschaftliche Zeitschrift VI.Bd, 2.Hft. Würz- 
burg 1866/67. 80. 

2. Taschenberg, Dr., Illustrirtes Thierleben. 8. Lief. Hildburg- 
hausen 1868. gr. 8°. 


Das Januarheft der Vereinszeitschrift liegt zur Vertheilung vor. 


Der Vorsitzende theilt eine eingegangene Einladung zur 200- 
jährigen Jubelfeier der Universität zu Lund mit und sodann einen 
von Herrn Altum eingeschickten Bericht, 1. den Streit desselben mit 
Herrn Jäckel in Bezug auf die Nahrung der Schleiereulen und 2. das 
Vorkommen von Fledermäusen in der Umgegend von Münster be- 
treffend. 


Sodann spricht Herr Credner über ein interessantes Vor- 
kommen von versteinertem Holze in der hiesigen Braunkohle. In der 
Grube ‚.Frohe Zukunft“ nahe bei der Scharfrichterei findet sich näm- 
lich ein 6 Fuss im Durchmesser haltender aufrecht stehender Stamm, 
der an seinem unteren Theile Wurzelanfänge erkennen lässt, von wel- 
chem zwei Handstücke vorgelegt wurden. Ueber dem eben nicht 
mächtigen Kohlenflötz steht sandiger Lehm des, Diluviums an, mit wel- 
chem so ziemlich das obere Ende des zwischen 4 und 6 Fuss hohen 
Stammes wie abgeschnitten aufhört. 


Sodann verbreitet sich Derselbe ausführlicher über den Bau 
und das Vorkommen des Encrinites liliiformis unter Vorlegung eines 


263 


abnorm gebildeten Exemplars von Lühnde unweit Hannover. Das 
fünfeckige Axillare, welches die Arme trägt, setzt in diesem Stück 
durch Wucherung auf der rechten oberen Seite noch ein zweites, aber 
kleineres Dach auf, so dass statt der normalen zwei Arme an dieser 
Stelle ihrer drei auftreten. Ein besonderes Interesse nimmt bei dem 
in Rede stehenden Strahlthieren die Bildung des Stieles in Anspruch. 
Derselbe besteht in seiner ganzen Länge, weiche bis 11/, Fuss erreichen 
kann, aus scheibenförmigen, soliden Kalkstückchen mit von dem centralen 
Nahrungskanale ausgehender sirahliger Streifung auf den Gelenkflächen. 
Ein einzelnes Glied giebt bei der Theilung das normale Kalkspath-Rhom- 
boeder, dessen Achse mit der des Stieles selbst zusammenfällt; zwei 
aufeinanderfolgende Glieder geben bei der Spaltung die Zwillings- 
form dieses Grundrhomboeders, aber nicht genau in der normalen 
Verbindung, sondern gegeneinander etwas gedreht, so zwar, dass 
beim 14. oder 15. Gliede wiederum die normale Lage des 1. Rhom- 
boeders vorhanden ist. Der Encrinites liliiformis findet sich häufig 
im Muschelkalk, aber nur in zwei ganz bestimmten Schichten: der un- 
tern des Wellenkalkes, besonders dem Mehlkalk und einer oberen 
im -Friedrichshaller Kalk. Weil die dem Encrinites verwandten 
noch lebenden Crinoiden nicht in beträchtliche Meerestiefe hinab- 
gehen, so nimmt man an, dass diese Kalkschichten sich auf mässig 
tiefen Meeresboden ablagerten, woraus sich wiederum ihre Beschrän- 
kung auf einzelne Gegenden erklärt. 

Hierauf beschreibt Herr Köhler die Einrichtung einer neuen 
Magnesiumlampe (S. S. 234) und berichtet Fane’s Untersuchungen 
über Unterschiede in dem anscheinend gleichen Verhalten des Mor- 
phins einerseits und der Gewürznelken oder Pimentkörner-Präparate 
andererseits gegen Salpetersäure und Eisenchlorid. (S. S. 233.) 

Weiter berichtet Herr Taschenberg Landois, neueste Unter- 
suchungen über das Gehörorgan des Hirschkäfers (S. S. 260). 

Schliesslich zeigt Herr Brasack die interessanten Interferenz- 
Erscheinungen, welche gekühlte Gläser im polarisirten Lichte zeigen. 
Die Gläser waren aus der mechanischen Werkstatt des Herrn Mecha- 
nikus Kleemann hervorgegangen. 


Sitzung am 25. März. 
Eingegangene Schriften: 


1. v. Schlicht, Monatsheft des Landwirtbsch. Centralvereines für 
die Mark Brandenburg u. Niederlausitz Nr.2u.3. Berlin 1868. 8°. 
Koch, Dr. Prof., Wochenschrift des Vereines zur Beförderung 
des Gartenbaues in den k. preuss. Staaten Nr.5—9. Berlin 1868.40, 
Annalen der k. Sternwarte bei München XV u. XVL. 8°, 
Seidel u. Leopold, Helligkeitsmessungen an 280 Fixsternen 
München 4°. 

Zeitschrift der deutschen Geologischen Gesellschaft XIX. 1. Ber- 

lin 1867. 8°. 

. Achter Bericht des Offenbacher Vereins f. Naturkunde. Offenbach 

1867. 8°, 

7. Bischof II, Kari, Geschichte der Schöpfung und andere natur- 
historische Gegenstände. Dessau 1848. 80%. — Geschenk des Herrn 
Verfassers. 

8. Bischoff, Dr., Ueber die Brauchbarkeit des Recrutirungs-Ge- 
schäfts. München 1867. 8°. 

9. Taschenberg, Dr., Illustrirtes Thierleben. 9. Hft. Hildburg- 
hausen 1858. gr. 8°. 

10. Autorship of the practical electrick telegraph of the Great Bri- 
tain. — Vom Herrn Geh.-Rath Prof. Bernhardy. 


a @ Po DD 


264 


Es wird beschlossen, die Sitzungen des Vereins nach vierwö- 
ehentlichen Ferien den 29. April wieder zu beginnen. 

Herr Giebel, auf eine Arbeit von Zimmermann in Hamburg 
sich beziehend, dass die abgerundeten Blöcke auf dem Brocken Spu- 
ren von Gletscherbildung zeigten, spricht seine Ansicht dahin aus, 
dass die Spitze des Brockens nimmer dazu angethan sei, ein Firn- 
meer zu bilden, dem jeder Gletscher seinen Ursprung verdanke, und 
dass ferner die abgerundeten Blöcke auf dem Gipfel des Berges sich 
finden, ihre Abrundung durch Eismassen sich also hier entschieden 
nicht erklären lassen. 

Herr Schubring theilt folgendes mit: Nickles hat eine Art 
Spectrum gemalt, dessen Farben beim Licht der monochromatischen 
Weingeist- oder Bunsenschen Gasflamme (mit Kochsalz gelb gefärbt) 
verschwinden. — Dasselbe besteht aus Ocker (Roth), Quecksilber- 
Jodid (Orange), Chromsaures Bleioxyd (Gelb), Mangansauren Baryt 
(Grün), Anilinblau (Blau); von diesen bei Tages- und Magnesium- 
licht deutlich erscheinenden Farben, sind Orange und Gelb bei jenem 
Licht weiss, die 3 andern schwarz. — (Compt. rend. 42, 91.) 

Nach Hempel leitet untersalpetrigsaures Gas die Electricität 
so gut, dass durch ein Gefäss, welches Kupfer und Salpetersäure 
enthält und unter den Conduktor gestellt wird, die Wirkung der Ma- 
schine aufhört. — (Ebda pag. 58.) 

Uhrgehäusemacher Schmidt in Berlin (Kurstr. 18) verfertigt gute 
und billige Metallthermometer (5—6 Thlr.) 

Weiter legt Herr Dieck eine Langesche Löthrohrlampe vor 
und erörtert ihre Einrichtung, die in etwas veränderter Form sich als 
sparsam brennende und intensiv wirkende Spirituslampe zu jedem be- 
liebigen Gebrauche empfiehlt. 

Zum Schluss berichtet Herr Herr Credner über die Resultate 
von Fraas’ Reise nach Palästina. Dessen Untersuchungen gemäss steigt 
das Land westlich vom todten Meere nach einem fruchtbaren Strei- 
fen von 8 bis 10 Stunden Breite in ein fast ganz kahles Gebirge em- 
por, welches ungefähr in der Gegend von Jerusalem bis 2600 Fuss 
seine höchste Höhe erreicht und aus der Kreideformation angehö- 
rigem Kalkstein besteht. Mergel und Dolomite wechseln mit dem 
weissen Kalk, welcher ausser Orbituliten und Nummuliten auch ent- 
schiedene Kreide-Versteinerungen enthält, so dass Fraas die Nummu- 
liten für nicht ausschliesslich der Tertiärformation angehörig erklärt. 
Die Annahme von Fraas, dass die Kreide von der Cenoman- bis zur 
Senongruppe reiche, scheint dem Vortragenden nicht überzeugend 
genug begründet zu sein. Der in grosser Mächtigkeit auftretende 
tuffartige Kalkstein in der Nähe von Jerusalem hat von je nicht nur 
zu Brennmaterial sondern auch zu den Begräbnissstätten gedient und 
im Gideon Thale wurden die Zellen des Klosters von Marsawa in 
einer Wand dieses Gesteines ausgehauen. — Die Gesteine vom Sinai 
setzen in gleicher Weise in Aegypten auf und besonders interessant 
ist in einer Höhe von 900 bis 1000 Fuss nach dem Nil hin das Vor- 
kommen derselben Korallenriffe, welche sich in noch fortbestehender 
Entwicklung im rothen Meere vorfinden. Diese Erscheinung weist 
unzweideutig die Erhebungen der Gesteinmassen in jenen Gegenden 
und macht möglichenfalls die frühern Angaben nicht unzulässig, dass 
die Erhebung im Jordanthale und todten Meere erst späteren Zeiten 
angehört. 


Druck von W. Plötz in Halle. 


Beobachtungen der meteorologischen a Ballo 
ISCH 


Im März 1868 war im Vergleich zum 10jähr : 
der mittlere Barometerstand 0,15 zu hoch (1851—1860 : 333,70), 
der höchste » 0,08 zu tief (18°!/., imMittel: 340,11), 
der tiefste 2 3',20 zu tief (18°1/,, im Mittel: 326,96). 
Die grösste Schwankung im ganzen Monat beträgt 16,27, 
(1851—1860 im Mittel : 13°,15), 
innerhalb 24 Stunden aber + 7'",38 (am 27/3, Abends 10 Uhr). 
Die mittlere Lufttemperatur war 1°,75 zu hoch (185!/,0: 10,91,), 
die höchste Luftwärme war 0°,1 zu tief (1851/,, im Mittel 1102,), 
die niedrigste Luftwärme war 5°%9 zu hoch (185!/,, im Mittel — 7°,1,) 
Die grösste Schwankung im ganzen Monat beträgt 139,3, 
(1851—1860 im Mittel 180,3), 
innerhalb 24 Stunden aber +6°,6 (am 2%/,, Mittags 2 Uhr), 
innerhalb 8 Stunden endlich +10°%,1 (am 17 von Mg. 6.— Mitg. 2 U.) 
Die mittleren Temperaturen der einzelnen Pentaden sind folgende 


(" Zoolosy oz 


März 1868. MAR 11 ne J 


1868 1851—-1864 Differenz 
Grade nach Reaumur. 
2. Mrz. — 6. Mrz.: 3,12 1,27 -+ 1,85 
TO SEE Le ur 3,48 2,07 + 141 
12. „ —16. „ 4,14 2,41 + 1,73 
Ir as lage ‚je 4,46 2,76 + 1,70 
2a. 1262. 3,54 3,54 0,00 
ee Ba 2,92 4,32 — 1,40 


Die Temperatur sank unter 00 a) überhaupt an 3 Tagen. 
b) im Mittel an 0 Tagen. 
c) ganz u.garan 0 Tagen. 

Der mittlere Dunstdruck war 0',25 zu hoch (1854)go : 1,88), 
die mittlere relative Feuchtigkeit aber normal (1891 /go : 76,50/o). 

Die Menge des Niederschlags war 86,3 Cub.-Z. zu gross 
denn im Mittel von 189/,, giebt es 119,03 C.-Z. Niederschlag wovon 
64,86 aufden Regenan (5—6 Tagen) und 54,17 auf den Schnee (an 4—5 
Tagen) kommen. 

Die mittlere Himmels-Ansicht war wie im Mittel der Jahre 
1851—1860 wolkig. Die mittlere Windrichtung lag ungefähr in 
WSW, während sie im Mittel der Jahre 1851—1860 zwischen NW und 
WNW (N—60°53’—W) liegt. Electrische Erscheinungen sind in 
diesem Monat hier in Halle nicht beobachtet. Schubring. 


K Station zu 
März 1868. Beobachter: Herr 
Teaknich, Dimstdnuck Relative Zuft-| 
| auf 0° reduceirt. ee Feuchtigkeit In Gradeil 
Z 1300 Pariser Linien H ’ in Procenten. In ragen! 
Ss | 
Aa |v. 6.|M. 2.)A.10 |Mitt |V.6.]M.2)A10jMit.| V. 6] M.2]A. 10/Mit. | v. 6.|M. 2, 
1 |32,36 |30,62]33,56|32,18]2,62 12,15] 1,8512,21] 73 | 57 | 78 | 69 6,6| 7,3] 
2 [31,80 31,36/32,58131,91|1,47 2,18|2,00.1,88| 63 | 65 | 91 | 73 1,7| 5,8 
3 130,95 35,79)37,69/34,81|1,67 1,63,1,76.1,69| 81 | 60 | 87 | 76 04| 3,4 
4 |36,71 |34,08134,51/35,10]1,74 2,58|2,382,23| #9 | 92 | ss | s6 |—0,8| 3,8 
5 132,58 [29,90 28,29 30,2613,11 3,23|2,91,3,08| 96 | 78 |ı 89 | 88 5,4] 8,3J 
! 
6 [27,94 |28,2529,13]28,44|2,23 2,23|2,2012,22| 84 | 84 | 90 | s6 3,2| 3,2 
7 128,95 |29,74|30,40/29,7012,01 1,71/1,8011,84| 87 ! 52 | 82 | 74 1,6| 5,21 
8 [26,99 |23,76|26,08|25,61|2,09 3,09|1,58 2,25] s0 | 75 | 59 | 71 3,0| 82] 
9 126,85 |29,74131,27|29,29|1,92 12,451 1,95|2,11| 79 | sı | 82 | sı 22| 4,6. 
10 |31,23 |29,6329,72|30,19[1,88 11,90 2,2412,01] 93 | 51 | 8175 02170 
11 |31,42 |32,19/32,30/31,97]1,92 2,31|2,0712,10| s6 | 62 | 83 | 7g 12| 68 
12 |31,99|32,6735,10133,25|1,87 |2,27/2,9312,36| 90 | 55 | 96 | so 04| 82 
13 |37,97 |39,3440,03|39,11|2,29 12,78) 3,3812,82| 95 | 59 | sa | 79 2,0| 98 
14 |39,80 39,05/38,59)39,15]2,44 12,3512,34 2,38| 9ı | 50.| 79 | 73 3,2| 10,0. 
15 [37,76 |36,90|37,09137,25|1,94 2,20 1,8712,00| 90 | 64 | 82 |79 | 08| 62 
16 [37,31 |37,41/37,42/37,3811,94 12,04|1,9711,98| 90 | 67 | 85 | sı 0,8| 4,8) 
17 [36,31 |34,65 34,01134,99]1,83 12,08|2,2512,05] s4 | 40 | 63 | 62 1,0| 1,0 
18 |34,41 134,60|34,62|34,54]2,512,5312,342,46| 96 | s1 | 88 | ss 3,0| 5,0 
19 |34,43 |34,43|134,83/34,5612,02 1,63, 1,6111,75| 91 | 55 | 60 | 69 12| 24 
20 [34,72 |34,33|35,09|34,71[1,721,5711,7411,68| s6 | 39 | 70 | 65 0,0| 8,0 
21 135,39 |35,75|36,47|35,87|1,8212,13/2,7112,22]| 71 | 50 | 79 | 67 2,8| 8,8 
22. |36,37 |36,14/34,98|35,83]2,64 |2,8312,7812,75| 82 | 61 | 75 | 73 54| 9,7 
23 [32,78 30,26/30,50|31,18[2,41 2,45 2,26 3,37| 72 | 54 | 87 |7ı | 5,8| 94 
24 [29,67 30,08 30,98/30,24|1,97 12,25|1,55. 1,92] 87 | ss 72|s3 | 14) 28 
25 |31,96 |33,57134,99133,51[1,67 1,70/1,59. 1,65] 88 | 70 | 76 | 78 |—0,6| 2,2) 
26 [35,60 |35,14/34,06134,9311,53 1,611,50 1,55| 85 | 49 | 64 166 |—12| 5,6 
27 [31,22 |29,99)31,24/30,82|1,97 3,28 2,4012,55| 95 | 100 | 86 | 94 0,4| 5,6 
28 133,59 136,84 38,62]36,35]2,71 1,93/1,7212,121100 | 73 | 75 | 83 34| 34 
29 |38,81 |38,92)39,09|38,94]2,02 11,60 1,9711,86) 91 | 55 | 79 | 75 12) 23 
30 139,20 139,56/39,11,39,29]1,64 11,82] 1,71/11,72] 80 | 71 | 77 | 76 0,3| 2,8] 
31 [38,58 |37,72|37,34|37,88|1,87.12,08]2,4312,13] 90 | 53 | 73 | 72 0,4) 7,8 
Mitt.| 33,73|33,63|34,18133,85]2,05|2,21|2,12]2,13 [85,65] 64,35]79,42]76,48] 1,82] 6,23 
Max. 40,03139,29 3,23 3,08] 100) 100 94 11,00 
Min. 23,76 25,61|1,47 1,55 39 62 |—1,2 
Druck der trocknen Luft: 27” 7,72 = 331,72. 
Niederschläge. 

| Tage. | Menge auf 1 Q.-Fuss. | Höhe. 
Regen Sn og 153,2 Cub.-Zoll' | 12,8 L.| 

Schnee 4 52,0 . 4,3 » 
Summe ae) 205,2 " 17,00 


Blectrische Erscheinungen: 
Keine. 


alle a. d. S. L 
ech. Kleemann. März 1868. 


L Himmels- | Niederschläge, | @sserstand 
Berme. Windesrichtung. Ansicht. gemessen tägl.um | der Saale. 
(Reaumur) Bewölk. ın ) Uhr Nachm. Nach Schleusen- 


Zehnteln. mstr.Engelhardt 


A.10| Mit. | V. 6 | M. 2 JA. 10 |V.JMjA.|M| Art u. Zeit. |Cub.Z.| F. | 2. 
nn I Tr ET Tee TE 
19|53 | so | nw| sw|e| 7/3 8 3 
1,1 | 2,9 |OSO Ww SW Iı0| 6 9) SIR. Ab. 8 2 
02 | 1,3 | NW | NW | NW | 1) 9] 013 6,8 8 0 
34 2,1 O |wWNWw w |] 110110 7|R. f. gnz.T.*)| 13,3 U 11 
55. 6,4 | SW | SW | SW 1010) 8) 9|R. Ncht.4.-5.| 52,6 7 11 
2 29 | NW | w [| NW |t0 1011010[R. Ab, 13,5 7 11 
1,1 | 26 | NW | WNW|SSW lı0] 6| 1) 6 5,6 8 9 
33 | 48 | SO | sw | sw Jıo) 9| a s|R. Nchm 9 7 
19| 29 |sw | no | s [ie Jı 8,8 3 9 
3727| 36 | SO |0SO | NO | 1 5110 9 9 
25 | 3,5 N w |sso | 1) 7/9 9 8 
AT | 44 | SO | SO s | 01010) 7|R. Ab. 9 6 
39 | 52 | NO |wsw| S |0| 40 10,0 9 3 
44 | 59 | SO | so |ONO| | 3| 0 8 11 
| 281 O O | NO 70 8 6 
7 | 21 | SO | so | so |1o| 3] 0 8 2 
66. 62 | SO |SSW| SO | 2 7| 9| 6|R, Ab. 7 9 
32|37| W |NwW| N 10110 0 40,8 7 9 
3330| N | N | SO | 7) 810) 8jr.Neht.18-19.| 1,8 7 ‚4 
2A | 3,5 SSO | SW Ss 1) 6| 0) 2 7 4A 
61 | 59 | NW | SW SSWIr| 4110 ! 1) 
70 | 74 | SW |ssw|sso |10| 9110 7 4 
29 | 6,0 N SW |SSW | 6, 910 7 2 
05 | 16 |WNW| w | NW | 4 5| 0 3|8.Mg.—Mitt.| 7,6 6 11 
05 | 0,7 |NNW | NW |NNW]| 1| 7] 0) 318. öfter. 4,3 6 10 
1,7 | 20 | NW |SSW|SSW| 0 1i10 3,3 an Det, 
27 | 32 | SO SW |; NW |10) 810) I9|R. Ncht26-27.| 36,8, 6 10 
1,5 | 3,7 | NO_ | NNO|NNW 10] 910 6 9 
25 | 2,7 |NNW NNO N |s| 610) 8 - 6 9 
12 | 14 |] NO W w |9 53 6 10 
57 | a6 | nw | ww | nw|al alıo IR: 9 
2,96| 3,66 | Mittt. au 6] 6] 6] 6] R = Regen. 7 11,5 
Hr S en )W el S. — Schnee. 2 g 
Windrichtungen. Himmelsansicht. 

5mallN |5malS bedeckt (10.) Tage: 3 

2, NNO|E,7,5.5 SSW- trübe (9. 8.) 8 

NO 1 5SW wolkig (7. 6) g 

1 „ ONO| 1 „WSW ziemlich heiter (5.4) „ 4 

2er BEE W, heiter (3. 2. 1.) s 7 

22,..08507.37,..WNW völlig. heiter (0) 5 0 

13 Be SO 17 55, NW durchschnittlich: 

3 =.8SSO | 4 „ NNW trübe (6). 


Luvseite des Horizonts: S...NNW (57—36). 
*) Abends 6!/;,„—8 Uhr wiederholt mehrfacher bunter Mondhof. 
(siehe Correspondenzblatt.) 


Druckfehler. 


Im Jahresbericht der meteorologischen Station zu Halle 
pro 1867 
im Januarhefte dieses Bandes. 


Seite 76 Zeile 20 v.o. Abweichung der Herbsttemperatur +0,59 
statt 00,69. 

Ebd. Zeile23v.o.10jährige mittlere Jahreswärme 60,81 statt 60,89. 

Ebd. Zeile 24 diesmalige Abweichung im Kalenderjahre 00,76. 

Ebd. Zeile 25 en ” „ meteorolog. Jahre 09,51. 


Ferner im Januarbericht 1868: 
Seite A. 
Zeile 25 mittlere Temperatur der Tage von 26—30. Januar der 
Jahre 1851 —64: —0°,48 (statt 0°%,48) und die Abweichung im Jahre 
1868: --1°,58 (statt 0,62). 


Im Februarberichte 1868: 
Seite G. 
Die geringste mittlere Tageswärme fand statt am 9. (0,7) nicht 
wie dort fälschlich angegeben am 12. (10,9). 
Die durchschnittliche Himmelsansicht war „trübe (7)“ nicht ,„(4),“ 
wie Z. 3 v. u. steht. 
Im Januarheft: 


Seite 30 Z. 3 v. o. Chautard statt Chaudart. 


Feitschrift 


für die 


(Gesammten Naturwissenschaften. 


1868. April. AR IV. 


Gewichtsverlust des eigenen Körpers bei ver- 
minderter Nahrungszufuhr 


von 


C. Giebel. 


Versuche mit dem eigenen Körper haben den grossen 
Vorzug vor denen mit andern, dass man die Gesammtthätig- 
keit des Körpers und die seiner einzelnen Organe gründlicher 
und sicherer kennt und dass ferner auch den Beobachtungen 
selbst der höchste Grad der Zuverlässigkeit gegeben werden 
kann. Zur Ermittelung des eigenen Gewichtsverlustes stellte 
ich mit mir selbst einen achttägigen Versuch vom 23. bis 
30. März an und schicke zur Beurtheilung desselben voraus, 
dass mein Körper mit all seinen Organen gegenwärtig im 
48. Jahre zur völligen Befriedigung arbeitet, gewöhnliche Stö- 
rungen leicht selbst überwindet und erhebliche und gefähr- 
liche mich seit der Jugend nicht hat empfinden lassen. Ins- 
besondere glücklich fungirt mein Verdauungsapparat, da ich 
nie den Unterschied von schwer und leicht verdaulicher, von 
viel und wenig Speise empfunden habe und zu jeder Tages- 
und Nachtzeit beliebig essen und trinken kann. Nach un- 
unterbrochener 30- bis 40stündiger Eisenbahnfahrt mit nur 
einer Tasse Kaffee und ohne Schlaf kann ich mich unmittel- 
bar an den Arbeitstisch setzen und merke keine andern Fol- 
gen, als dass in nächster Nacht der Schlaf fester und um 


etwa zwei Stunden länger ist. Meine Hautthätigkeit und 
Bd. XXXI, 1868. Sr) 


266 


Wärmeproduction nöthigt mich im Winter in einfachem Tuch- 
rocke und eben solchen Beinkleidern zu gehen und erst wenn 
das Thermometer mehrere Grade unter Null sinkt, tritt ein 
Ueberzieher in Dienst. 

Für den in Rede stehenden Versuch kam es mir ganz 
besonders darauf an in meiner gewohnten Thätigkeit zu. be- 
harren, und die Funktion der einzelnen Organe in keiner an- 
dern Weise zu stören als eben durch verminderte Nahrungs- 
zufuhr. Ich arbeitete langsam an zwei leichten literarischen 
Werken, quantitativ bemessen täglich nicht ganz 16 Druck- 
seiten vom Umfange dieser Zeitschrift, und zwar früh von 
51/ bis 8 Uhr im ungeheitzten Zimmer bei 10 bis 11° R. 
jedoch im Schlafpelz, die übrige Tageszeit bis 12 Uhr Abends 
bei 13 bis 15° Zimmerwärme Mein Aufenthalt im Freien be- 
trug ausser dem unten besonders angeführten Spaziergange 
täglich nur etwa 1) Stunde für die nothwendigen Wege. Das 
gewohnte Rauchen (Pfeife oder Cigarre) setzteich kein Stunde 
aus, dagegen war für den üblichen Mittagsschlaf keine Be- 
dürfniss vorhanden, da die Magenthätigkeit den übrigen Kör- 
per nicht erschlaffte. Der Puls erhielt sich bis zum vierten 
Tage, der voller Hungertag war stets auf der normalen Höhe 
von 68 Schlägen in der Minute, dann trat die unten näher 
angegebene Steigerung ein. Doch habe ich gleich erhebliche 
Störungen im Pulsschlage auch zu andern Zeiten bei sonst 
regelmässigem Leben beobachtet und möchte die hier einge- 
tretene Steigerung nicht mit Bestimmtheit auf die verminderte 
Nahrung deuten. In dem mit einer Decimalwage abgenom- 
menen Körpergewichte kommen Ungenauigkeiten bis zu drei 
Loth vor, die Zu- und Abgänge mit einer sichern Tafelwage 
gewogen sind bis auf !/ı Loth genau angegeben. Uebrigens 
betreffen jene Ungenauigkeiten nur einige wenige Zahlen. 
Für die chemische Beurtheilung der aufgenommenen Speise 
bemerke ich, dass unter fester Nahrung Rind- und Kalbifleisch, 
auch gekochte Eier, Eierkuchen, Brod und wenige Kartoffeln 
begriffen sind, unter flüssiger gewöhnlicher Kaffee und Thee 
und Suppe von Bouillon mit Reis, letztern habe ich mit einem 
Loth vom Teller in Abzug gebracht und der festen Nahrung 
zugerechnet. 

Nachdem ich am 22. März das Abendessen ganz ausge- 


267 


setzt und am 23. in den üblichen Mahlzeiten 30 Loth fest& 
und 52 flüssige Nahrung genommen hatte, betrug Abends 10 
Uhr das Körpergewicht 1491/ıPfd. Dasselbe sank bis andern 
Morgens um 6 Uhr auf 148 Pfd. 17 Lth., bis 1 Uhr Mittags 
auf 147 Pfd. und stieg Abends um 10 Uhr wieder auf 147 
Pfd. 25 Lth., also binnen 24 Stunden ein Verlust von 1 Pfd. 
121/, Lth. 

Aufgenommen wurden Vormittags nur 11 Lth. Kaffee, 
dann zwischen der.Mittags- und Abendwägung 37 1/, Lth. feste 
und 28 1/, Lth. flüssige, also am ganzen Tage 77 Lth. Nah- 
rung. Die Entleerung betrug an Urin während der Nacht 
161/» Lth., Vormittags 18 Lth., Nachmittags und Abends 14 
Lth., also überhaupt 481/, Lth., an festen Exkrementen 151/»Lth. 

Es wurden also 13 Lth. mehr aufgenommen als entleert, 
wonach der wirkliche Gewichtsverlust des Körpers auf 291/a 
Lth. sich stellt. 

Am 25. März 6 Uhr früh war das Körpergewicht auf 
146 Pfd. 20 Lth. gesunken, aber gleichzeitig 191/, Lth. Urin 
entleert, also ein unwägbarer Verlust von 151/, Lth. Mittags 
1 Uhr ging es auf 146 Pfd. 5 Lth. herab und stieg durch 
das Mittags- und Abendessen begünstigt bis 10 Uhr wieder 
auf 147 Pfad. 

Die Aufnahme betrug Mittags und Abends an Eiern, 
Fleisch und Brod 21!/» Lth., an Suppe, Kaffee und Thee 58 
Lth. also insgesammt 791/, Lth., wovon 68!/, zwischen der 
Mittags- und Abendwägung genommen wurden. Die Entleer- 
ungen bestanden in 21 Lth. Urin und 12!/ Lth. festen Ex- 
krementen. Es waren also 35 Lth, mehr aufgenommen als 
durch Entleerung abgegangen, das Körpergewicht während 
dieser 24 Stunden aber um 25 Lth. gesunken. 

Am 26. März früh 6 Uhr stand das Körpergewicht auf 
146 Pfd. 5Lth. und war da seit der letzten Wägung 13 Lth. 
Urin entleert waren, der unmerkbare Verlust während der 
Nacht 12 Lth. Die Mittagswägung um 1 Uhr ergab 145 Pfd- 
und die Abendwägung um 10 Uhr 144 Pfd. 20 Lth. Von 
letzteren sind 10 Lth. Thee vor der Wägung eingenommen, 
also der Verlust während 24 Stunden eigentlich 2 Pfd. 20 Lth. 
Ausser jenen 10 Lth. Abends gar keine Aufnahme und von 
den 2 Pfd. 20 Lth. Verlust kommen 21!/. Lth. auf den Urin, 

19, 


268 


11/2 Lth. auf die festen Exkremente, so dass der unmessbare 
Verlust an diesem Tage 57 Lth. beträgt. — An diesem völlig 
nahrungslosen Tage, dem ein Abendbrod von einem Ei mit 
wenig Brod vorausgegangen war, arbeitete ich Vormittags wie 
gewöhnlich, ging Nachmittags 1!/, Stunde in frischer heiterer 
Frühlingsluft spazieren, welche Bewegung auf den Gewichtsver- 
lust ohne erheblichen Einfluss (von 1 Uhr bis 10 Uhr nur 
20 Lth. Verlust) blieb, fühlte jedoch Abends keine Lust zum Ar- 
beiten und beschränkte dieselbe auf das Lesen eines Correk- 
turbogens. Der Puls stand Vormittags wie seither auf 68, stieg 
aber Abends auf 72 Schläge in der Minute. Irgend welche 
körperliche Unbehaglichkeit verspürte ich nicht, nur die Mü- 
digkeit stellte sich früher als gewöhnlich ein, so dass ich schon 
101/, Uhr zu Bett ging und bis 51/ Uhr sehr gut schlief. 
Während der folgenden Nacht bis 6 Uhr früh sank das 
Körpergewicht auf 143 Pfd. 15 Lth., also um 35 Lth., wovon 
seit gestern Mittag 18 Lth. auf den Urin kommen. Der Puls 
zeigte 76 Schläge in der Minute und es stellte sich völlige 
Arbeitsunlust, jedoch ohne körperliches Unbehagen ein. Ich 
trank eine Tasse Kaffee 11 Lth. und da das Wetter regnigt 
und sehr unfreundlich war, blieb ich den ganzen Tag über 
ruhig in meiner Wohnung. Bei der Wägung um 1 Uhr fand 
sich nur eine Gewichtsabnahme von fünf Lth. Ich ass nach 
derselben einen Teller Bouillon mit Reis 161/s Lth. und 2Lth. 
Rindfleisch, und eine Tasse Kaffee 11 Lth. Damit kehrte die 
Arbeitslust wieder ein. Als Abendbrod nahm ich 3 Eier mit 
Brod 15 Lth. und nach Entleerung von 25 Lth. Urin von 
früh 6 bis Abends 10 Uhr betrug das Körpergewicht 143 Pfd. 
Der Pulsschlag stieg auf 80 in der Minute. Es war also bin- 
nen 24 Stunden das Körpergewicht um 1 Pfd. 20 Lth. her- 
untergegangen, wovon etwa 36 Lth. auf den Urin kommen, 
feste Exkremente waren nicht entleert. Aufgenommen waren 
38!/, Lth. Flüssigkeit und 17 Lth. feste Nahrung also 551/2 Lth. 
Die erste Wägung am 28. März früh 6 Uhr ergab 142 
Pfd. 20 Lth., also nur 10 Lth. Verlust während der Nacht. 
Obgleich ich an den beiden vorhergehenden Tagen weder 
Hunger noch Durst in dem Masse empfand, dass ich den Zu- 
stand unbehaglich nennen könnte und sehnlichst nach Speise 
und Trank hätte verlangen müssen, trat ich doch mit dem 


269 


28. nach der Frühwägung in meine sonstigen Rationen ein, 
ass nach dem Morgenkafiee von 11 Lth. eine belegte Butter- 
semmel 7 Lth. und arbeitete eine Stunde mit ungewöhnlicher 
körperlicher Anstrengung, welche bei der Mittagswägung 1 Pfd. 
Verlust (141 Pfd. 20 Lth.) zur Folge hatte. Das Mittagses- 
sen bestand in 11!/a Lth. Suppe mit Reis, 191/, Fleisch, Kar- 
toffeln und Brod und 11 Lth. Kaffee. Nach demselben stellte 
sich da der Verdauungsapparat wieder in volle Thätigkeit 
trat, auch sofort das Bedürfniss des gewohnten Mittagsschla- 
fes wieder ein und nach diesem ein so empfindlicher Durst, 
wie ich denselben nur auf schweisstriefende Exkursionen in 
der Sonnenhitze kenne. Ich stillte denselben nicht bis zum 
Abendessen, das ich aber um 7, statt wie gewöhnlich um 8 
Uhr einnahm und zwar mit 6 Lth. Eier, 3 Lth. Fleisch und 
10 Lth. Brod. Der dazu getrunkene Thee 171/a Lth. stillte 
den Durst nicht, ich trank nach dem Essen noch zweı Glas 
kohlensäurereiches Braunbier, mit welchem ich stets den im Win- 
ter sich selten, im Sommer häufiger einstellenden Durst lösche. 
Der Puls blieb bis Nachmittag auf der Höhe von 88 Schlä- 
gen in der Minute und war um 10 Uhr unregelmässig auf 
74. Die Wägung um 10 Uhrergab 145 Pfd. 2 Lth. Körpergewicht. 

Während der letzten 24 Stunden erhob sich das Kör- 
pergewicht von 143 Pfd. aut 145 Pfd. 2 Lth bei einer Auf- 
nahme von 70Lith. flüssiger und 461/, fester Nahrung, von wel- 
cher in Abzug zu bringen sind 6 Lth. feste Exkremente und 
39Lth. Urin, zusammen 45 Lth., so dass also der ganze Tages- 
verlust auf nur 4t/sLth. sich stellt. Die Frühwägung am 29. 
März gab 144 Pfd. 5 Lth. Körpergewicht, also 27 Lth. Ver- 
lust einschliesslich 10!/, Lth. während der Nacht entleer- 
ten Urins. Die Mittagswägung erwies nach einer Aufnahme 
von einer Tasse Kaffee 11 Lth. und einer Abgabe von 8!/s 
Lth. fester Exkremente und 10 Lth. Urin einen Verlust von 
15 Lth., nämlich 143 Pfd. 20 Lth. Körpergewicht. Nach die- 
ser Wägung nahm ich das übliche Sonntags Mittagessen mit 
Braten, Compot, Desert, Wein etc. und das Abendbrod zu- 
sammen 52 Lth. feste und 59 Lth. flüssige Nahrung auf, ent- 
leerte 8 Lth. Exkremente und nur 12 Lth Urin. Die Wä- 
gung um 10 Uhr Abends stellte das Körpergewicht auf 145 
Pfd. 22 Lth., also auf 2 Pfd. 2 Lth. Zunahme. 


270 


Nach diesem Tage mit reichlicher Zufuhr liess sich wäh- 
rend der Nacht keine Abnahme des Körpergewichts erkennen, 
denn mit 2 Lth. Exkrementen und 20 Lth. Urin während der 
Nacht betrug das Gewicht früh 6 Uhr 145 Pfd. Dasselbe sank 
bei Aufnahme von einer Tasse Kaffee 11 Lth. bis Mittag 1 
Uhr um 12 Lth., stieg aber nach Aufnahme von 521/, Lth. 
fester und 38 Lth. flüssiger Nahrung Mittags und Abends 
und gleichzeitiger Entleerung von 7!/a Lth. Exkrementen und 
221/ Lth. Urin bis Abends 10 Uhr auf 146 Pfd. 15 Lth. 


Während der acht Tage sank das Körpergewicht von 
149 Pfd. 71/2 Lth. auf 146 Pfd. 15 Lth. also um 82 Lth. 


Aufgenommen wurden während derselben Zeit 
227 Lth. feste und 337 Lth. flüssige Nahrung, zusammen 564Lith. 
Entleert wurden 
61!/2 Lth. Exstremente 2771/2 Lth. Urin, zusammen 339 th. 


Die Aufnahme übersteigt die Entleerung um 225 Lth, 
von welchem Mehr 165!/, Lth. auf die feste und 59!/, Lth. 
auf die flüssige Nahrung kommen. 


Die ganze Aufnahme auf die einzelnen Tage gleichmäs- 
sig vertheilt beträgt für jeden Tag 
an fester Nahrung 323/ Lth., an flüssiger 481/, Lth. zusam- 
men 804/ Lth. 
die Entleerung an Exkrementen 85/, Lth., an Urin 39%/, Lth. 
zusammen 48?/; Lth. 


Also täglich mehr aufgenommen als entleert, feste Stoffe 
225/; Lth., flüssige 8%/- Lth., zusammen 31?/ Lth. Der un- 
messbare Verlust von 821/, Lth. auf die Tage vertheilt giebt 
für jeden Tag 115/; Lth. bei 312/; Lth. Mehraufnahme als 
Entleerung. 


Der Gewichtsverlust von Abends 10 Uhr bis Morgens 
6 Uhr stellt sich für die einzelnen Nächte also 
I. 20%/, Lth. wovon 16!/, Lth. Entleerung und 4!/, unsichtbarer Verlust 


II. 35 PR) PR 19!/a „ ” ” 151/a ” ”„ 
III. 25 D > 13 „ B) » 12 m) » 
V. 35 ” ” 18 „ ” ” 17 ” Dr) 
V 10 „ „ Soap ” 2} ” 10 „ >} 
VI. 27 ” ” 10%, „ „ ” 16!/s ” ”„ 


271 


Für die Vormittage stellt sich der Verlust 
I. 47 Lth., wovon 17!/, Lth. nachweisbar, also unsichtbar 29!/, Lth- 


II. 15 „ ” 12 ” ” ”„ E2) 3 ” 
III. 35 „» „ 10 ) ” „ ” 25 » 
vers „ » 0 „ „ ” ”„ EN 2) 
V. 30 ”„ „ 6%/a „ „ „ ” 231/a „ 
m15 „ „ 7%a 2) „ „ „ 71/2 ” 
YILI2 » 0 39 ” D 2 2 


Am 4. und 7. Vormittage ist die Urinentleerung mit 
der bis Abend zusammengewogen. 

Ganz anders gestalten sich die Verhältnisse in der Zeit 
von Mittags 1 Uhr bis Abends 10 Uhr, in welche Mittags- 


und Abendessen fällt, nämlich 
1. Tag Zunahme 25 Lth. bei 47 Lth. Mehraufnahme als Entleerung 
2 „ ” 25 „ „ 48 ”’ 2) ” ” 


3. „ Abnahme I0 „ „ 10 „ Aufnahme 

4. » » 10 » » 21 ,„ Mehraufnahme als Entleerung 
5. „.. Zunahme 102., „49 „ ss » „ 

6. b}} „ 62 „ „ 91 E)] » ” „ 

U f) „ 57 „ ” 60%/a „ „ „ ” 


Für die ganzen Tage von Abends 10 Uhr bis wieder 


dahin ergeben sich 
1. Tag Gewichtsverlust42'/, Lth. bei 13!/,Lth. Mehraufnahme als Entleerung 


2.» ” 25 ” Ei 61/a DO „ ” > 
SR „ 70 „wovon 13 „, Entleeruug mehr als Aufnahme 
DR on 50 ,„ bei 141), „ Mehraufnahme als Entleerung 
5. „Gewichtszunahme62 „ „ 7 „ “ » „ 
6. „” „ 20 „ » 73 „ „ „ ” 
T. 1) „ 23 93) 491, „ „ 2 ” 


Die grossen Differenzen an den einzelnen Tagen und in de- 
ren gleichen Abschnitten zu erklären muss ich den Physiologen 
von Fach überlassen, ich erkenne in denselben einen neuen that- 
sächlichen Beweis für meine anderweitig schon mehrfach nach- 
gewiesene Ansicht, dass derOrganismusinseinenFunc- 
tionen ebensoweit von den strengen physikali- 
schen und chemischen Gesetzen sich frei macht 
wie erin seiner Gesammtform und in den Formen 
seiner Theile von den streng mathematischen Ge- 
staltensich entfernt. So wenig die thierische und mensch- 
liche Gestalt durch eine mathematische Formel sich darstel- 
len lässt, ebensowenig vermögen wir seine Thätigkeit nach 
blos physikalischen und chemischen Gesetzen zu bemessen. 


272 


Die Formen und deren materielle Grundlagen sind organische 
also durchaus eigenthümliche und in eben dem Grade eigen- 
thümlich ist die ihre Existenz bedingende Thätigkeit. — Der 
bequemeren Uebersicht wegen gebe ich zum Schlusse noch die 
Beobachtungstabelle. 


Tag und Stunde I in A in 
der Wägung Pfd. u. Lth. | feste flüssige feste Urin 
März. 
23. h. 10 A. | le — — — 
os > 2 Se EREN 16/2 
24. h. 6 148. 17 — — an 
_ == iz ad 10: | 18 
— h.ıM 147. — — = Er 
— — a. os 5 14 
— h. 10 A 147 25 _ — — — 
25. RER IE Kt a: STIER 191/2 
— h.6 V. 146 2 — — wer 8: 
_—..— 0m 12:/, | 101 
nm 146 5 en a“ — = 
= — | 211 | 47 a 
— h. 10 4: 147. — —_ —_ _ 
26. — — = —_ — 13 
— h.6 V. 146. 5 — — ei 
arg —= —— ar 11), 81/2 
—h.ıM 145. = —_ — 
u — — 10 = u 
— h. 10 A. 144, 20 — — — —_ 
27. —_ — — 1 a3 18 
—h6Y 143, 15 — — — —_ 
ga 1 pe Bin 
—h.ıM 143 10 = —_ — —_ 
—_ — 17 29%/, —— 25 
— h. 10 A. 143 — a = 
28. 
—_ 8% 12.» OR Ei nn 
a ar 7 11 6 18%/, 
—h.ı1M 14] 20 — — — — 
= er 391 | 59 1009. 
— h. 10 A. 145 2 _ —_ _ _ 
29. _ —_ —_ —: yes 10%/g 
— h.6V. 144 5 — — —_ —_ 
— _ == 2b 81/, | 10 
—h ıM 143 20 — — — — 
— — 52 59 8 12 
— h. 10 A. 145 22 = — — — 
30. — = os = 2 20 
—h 6M 145. — _ au Mn 
en 1 1» 11 zu aA 
—h.ıM | 144. 18 — — 
| 38 7:/a | 221), 
— h. 10 A. 146. 15 = = == 
Gewichtsverlust —= 2. 2215 | 227 | »97 61!/, | 2771/a 


273 


Einfachste Darstellungsmethode der Glycolamid- 
säuren aus Monochloressigsäure 


von 


W. Heintz, 


(Aus den Annal. d. Chem u. Pharm. Bd. 145 S. 49 im Auszuge vom 
Verfasser mitgetheilt.) 


Zur Bildung der Glycolamidsäuren aus Monochloressig- 
säure verfährt man am Besten auf folgende Weise: Man theilt 
die Monochloressigsäure, welche zur Darstellung dienen soll, 
in drei annähernd gleiche Theile, bringt jeden dieser Theile 
in einen geräumigen Kolben, löst die Säure in beiden Kolben 
in Wasser und übersättigt die Lösung in dem einen Kolben 
sehr stark, in dem anderen nur schwach mit Ammoniak. Die 
Flüssigkeit in ersterem Kolben wird in einem Sandbade an- 
haltend gekocht, und zwar so, dass die Dämpfe durch einen 
umgekehrten Kühler, dann durch die Flüssigkeit in dem zwei- 
ten Kolben streichen müssen. Nach mehrstündigem Kochen 
bringt man an Stelle des ersten Kolbens den zweiten, an 
Stelle des zweiten den dritten und lässt wieder mehrere Stun- 
den kochen. Jetzt wird der Inhalt des dritten Kolbens eben 
so gekocht, während der erste zum Auffangen des überde- 
stillirenden Ammoniaks dient, und in dieser Weise fortge- 
fahren, bis der Inhalt jedes Kolbens 10 bis 12 Stunden ge- 
kocht hat. 

Um sich zu überzeugen, ob alle Monochloressigsäure 
wirklich zersetzt ist, werden Proben aus jedem der drei Kol- 
ben nach Fällung allen Chlors durch Silberlösung, Entfernung 
des überschüssigen Silbers durch Schwefelwasserstoff anhal- 
tendem Kochen der abfiltrirten, von Schwefelwasserstoff be- 
freiten Flüssigkeit mit chlorfreiem Aetzkali und nach Ueber- 
sättigung mit Salpetersäure mit salpetersaurem Silberoxyd 
versetzt. Dieses Reagens darf, wenn alle Monochloressigsäure 
zersetzt war, höchstens eine Opalisirung bewirken. Jetzt wird 
der Inhalt der Kolben gemischt, durch Auskrystallisiren der 
Salmiak möglichst entfernt und die syrupartige Flüssigkeit 
allmälig mit concentrirter Salzsäure versetzt. Nach einiger 


274 


Zeit wird sich, namentlich beim Schütteln, ein Niederschlag 
absetzen, der aus Triglycolamidsäure besteht. 

Wenn der Niederschlag sich nicht mehr zu vermehren 
scheint, so setzt man zunächst zu einer Probe der davon ge- 
trennten Flüssigkeit noch. etwas Salzsäure. Entsteht dadurch 
in der Probe ein neuer Niederschlag, so muss zu der ganzen 
Menge der Lösung noch mehr Salzsäure hinzugefügt werden, 
bis dadurch in einer Probe keine Fällung mehr hervorge- 
bracht wird. 

Ist dieser Punkt erreicht, so scheidet sich nach längerer 
Zeit die ganze gewinnbare Menge der Triglycolamidsäure 
aus, die abfiltrirt und mit kaltem Wasser ausgewaschen und 
durch Umkrystallisiren mit Thierkohle gereinigt werden muss. 

Nicht nur die Waschwasser, sondern auch die Mutter- 
laugen von der Umkrystallisation der Triglycolamidsäure müs- 
sen dem ersten Filtrat beigefügt werden. Denn wenn die Menge 
der angewendeten Salzsäure nicht viel mehr beträgt, als zur 
Abscheidung der Triglycolamidsäure erforderlich, so wird die 
Diglycolamidsäure durch diesen Ueberschuss an Säure nur 
von dem Ammoniak befreit, nicht aber in die leicht lösliche 
salzsaure Diglycolamidsäure verwandelt. Es scheidet sich 
dann mit der Triglycolamidsäure auch etwas der zwar leich- 
ter als diese, aber doch immer noch ziemlich schwer löslichen 
Diglycolamidsäure aus, die durch Krystallisation nicht bequem 
von der Triglycolamidsäure vollständig getrennt werden kann. 

Die gesammte Lösung wird darauf zur Abscheidung der 
Diglycolamidsäure mit Ammoniak schwach übersättigt und 
verdunstet, und nun so viel als möglich von dem neu gebil- 
deten Salmiak durch Krystallisation getrennt. Endlich wer- 
den die Mutterlaugen, aus denen der Salmiak möglichst rein 
abgeschieden ist, mit überschüssigem, frisch gefällten kohlen- 
sauren Zinkoxyd bis zur Trockne verdunstet. Sobald erneu- 
ter Zusatz von kohlensaurem Zinkoxyd und von kochendem 
Wasser keinen Ammoniakgeruch mehr hervorbringt, wird 
filtrirt, der Niederschlag mit kaltem Wasser ausgewaschen, 
dann in sehr viel Wasser vertheilt und in der Weise heiss 
durch Schwefelwasserstoff zersetzt, wie ich dies schon frü- 
her angegeben habe.!) 


!) Diese Zeitschrift 26. 494. 


275 


Die von dem diglycolamidsauren Zink abfiltrirte Flüssig- 
keit wird durch Verdunsten auf ein kleines Volum gebracht. 
Es scheidet sich dabei noch eine nicht unbedeutende Menge 
von diglycolamidsaurem Zink ab, das, wie oben angegeben, in 
Diglycolamidsäure verwandelt werden kann. Die davon ge- 
trennte, Chlorzink und Glycocoll enthaltende Flüssigkeit wird 
mit Ammoniak übersättigt, gekocht und das Zink iu der heis- 
sen Flüssigkeit durch Schwefelammonium gefällt. Nach dem 
Erkalten der Flüssigkeit wird filtrirt und der Niederschlag 
mit Schwefelammonium enthaltendem Wasser ausgewaschen. 
Durch das Erhitzen der Flüssigkeit vor der Fällung des 
Schwefelzinks durch Schwefelammonium wird der Uebelstand 
in etwas verringert, dass das Schwefelzink die Poren des 
Filtrums so verstopft, dass die Waschflüssigkeit nur äus- 
serst langsam hindurchfliesst. Noch mehr aber trägt dazu, 
dies zu vermeiden, bei, wenn man dafür sorgt, dass die den 
Niederschlag durchtränkende Flüssigkeit stets unzersetztes 
Schwefelammonium enthält. 

Das nun neben Salmiak noch Glycocoll enthaltende Filtrat 
wird mit einer bedeutenden Menge feins präparirter Blei- 
glätte (auf jedes Pfund angewendeter Monochloressigsäure 
etwa 1!/ Pfund Glätte) im Wasserbade unter häufigem Um- 
rühren bis zur staubigen Trockne verdunstet. Der Rückstand 
wird mit kochendem Wasser übergossen und durchgerührt, 
und endlich nach dem Erkalten der Flüssigkeit von dem Nie- 
derschlage getrennt. Darauf wird die in dieser Flüssigkeit 
enthaltene Verbindung von Glycocoll mit Bleioxyd durch 
Schwetelwasserstoff zersetzt, und das Filtrat nach dem Ver- 
dunsten unter Zusatz von etwas Ammoniak und Alkohol zur 
Krystallisation gebracht. Die geringe Menge noch vorhande- 
nen Salmiaks kann durch Umkrystallisation des ausgeschie- 
denen Glycocolls mittelst verdünnten Alkohols sehr leicht ent- 
fernt werden. 

Will man auch die kleine Menge Glycolsäure gewinnen, 
welche sich in dem unlöslichen Bleisalz befinden muss, so 
kocht man dieses mit so viel verdünnter Schwefelsäure, dass 
die Lösung etwas freie Schwefelsäure enthält, fällt die Spur 
gelösten Bleioxyds mit Schwefelwasserstofft aus, verdunstet 


276 


die abfiltrirte Lösung und neutralisirt sie endlich mit Kalk- 
hydrat. Durch Umkrystallisiren lässt sich der gebildete gly- 
colsaure Kalk leicht reinigen. 


Ueber die Einwirkung von Jodäthyl auf Glyco- 

coll- und Diglycolamidsäure- Verbindungen und 

eine neue Bildungsweise des Diäthylglycocolls und 
der Aethyldiglycolamidsäure 


von 


W. Heintz, 


(Aus den Ann. d. Chem. u. Pharm. Bd. 145 S. 214 im a mit- 
getheilt v. d. Verfasser.) 


In meiner Arbeit „über den Triglycolamidsäureäther, 
das Triglycolamidsäuretriamid und über die Constitution der 
Harnstoffe“ habe ich!) die Mittheilung von Versuchen ange- 
kündigt, die ich mit dem Zweck anzustellen beabsichtigte, 
das Oxäthylenammonamin, d. h. einen Harnstoff darzustellen, 
in welchem das Radical Carbonyl des Harnstoffs durch Ox- 
äthylen (E2H?0) ersetzt ist. 

-  Ilauptsächlich standen zwei Wege zu Gebote, zu diesem 
Ziele zu gelangen, einmal den Monochloressigsäureäther mit 
alkoholischer Ammoniaklösung zu zersetzen, und dann der, 
den Aether des Glycocolls darzustellen und diesen durch al- 
koholisches Ammoniak zu zersetzen. 

Ersteren Weg glaubte ich vorläufig bei Seite liegen 
lassen zu dürfen, weil aus den Erscheinungen, die ich?) bei 
Untersuchung der Producte der Einwirkung von trockenem 
kohlensauren Ammoniak auf Monochloressigsäureäther beob- 
achtete, hervorgeht, dass dabei zwar Glycocolläther entsteht, 
nebenbei aber auch der Aether der Diglycolamidsäure und 
besonders viel von dem der Triglycolamidsäure, und dass 
weder aus diesem Gemisch der Glycocolläther noch auch aus 


1), Diese Zeitschrift 29. 106. 
2) Diese Zeitschrift Bd. 31 S. 181. 


2 277 


dem Gemisch der daraus durch Ammoniak erzeugbaren Amide 
das Glycocollamid leicht abgeschieden werden kann. Das 
kohlensaure Ammoniak wirkt, abgesehen von der Abschei- 
dung von Wasser und von Kohlensäure, durchaus, wie es 
von dem freien Ammoniak zu erwarten ist, nur würden bei 
Anwendung eines Ueberschusses des letzteren sich die Aether 
gar nicht bilden, sondern sofort die drei Amide, die dann 
nicht allein von einander, sondern auch von dem gebildeten 
Chlorammonium geschieden werden müssten. Die bei dieser 
Methode hiernach zu erwartenden Schwierigkeiten haben 
mich von der Benutzung derselben zu dem genannten Zweck 
abgeschreckt. 

Bei Anwendung der zweiten Methode war die Schwie- 
rigkeit, welche die Scheidung der Amide der drei Amid- 
säuren und des Salmiaks bietet, vermieden; denn bei der 
Einwirkung des Ammoniaks auf den Glycocolläther kann 
neben Alkohol nur das Glycocollamid entstehen. Sobald es 
gelungen ist, diesen Aether im Zustande der Reinheit dar- 
zustellen, hat die Darstellung des genannten Amids keinerlei 
Schwierigkeiten mehr. 

Allein es fragte sich allerdings, ob es möglich sein 
werde, diesen Aether zu erzeugen und rein zu gewinnen. 
Die Versuche, welche von Schilling!) einerseits, Kraut 
und Hartmann?) andererseits in dieser Richtung ange- 
stellt haben, sind nicht von günstigem Erfolge begleitet ge- 
wesen. Ersterer hat das Glycocoll selbst auf Jodäthyl und 
Jodmethyl einwirken lassen und dabei die Jodwasserstoffver- 

bindung von zwei Basen erhalten, die er nicht im freien 
_ Zustande dargestellt hat. Nur von der Aethylbasis giebt er 
an, dass sie, mit Silberoxyd aus der Jodverbindung abge- 
schieden, beim Eindampfen in wässeriger Lösung zersetzt 
werde, so dass Glycocoll wieder entsteht, ein Umstand, der 
allerdings darauf hindeutet, dass ihm die Jodwasserstofiver- 
bindung des Glycocolläthers vorlag. 

Nach den Versuchen vonKraut und Hartmann wird 
bei Einwirkung des Jodäthyls auf Glycocollsilber der Aether 


‘) Ann. d. Chem. u. Pharm. CXXVII, 97*, 
2) Daselbst CXXIII, 101*, 


278 


des Glycocolls ebenfalls nicht gebildet. Ja diese Chemiker 
sprechen es a. a. O. Seite 103 sogar als Factum aus, dass 
der Glycmäthyläther nur in Verbindung mit Säuren bestän- 
dig sei. 

Ungeachtet die hier entgegenstehenden Schwierigkeiten 
auch nicht unbedeutend erscheinen, habe ich, Angesichts der 
mir schon bekannten Schwierigkeiten der Trennung der 
Amide der Glycolamidsäuren von einander und vom Salmiak 
es doch vorgezogen, den Versuch zu machen, die Darstel- 
lung des Glycocolläthers zu erzielen, aus dem dann das 
Glycocollamid sicher und leicht darstellbar sein muss, weil 
die Unmöglichkeit der Existenz des Glycocolläthers durch 
die bekannten Versuche keineswegs erwiesen erschien, was 
ja übrigens auch selbst Kraut und Hartmann nicht be- 
hauptet haben. 

Freilich begannen bei meinen Versuchen die Schwierig- 
keiten schon früher als ich erwartet, da die Darstellung des 
Glycocollsilbers, welches mir zur Erzeugung des Glycocoll- 
äthers am Zweckmässigsten erschien, nicht so leicht ist, wie 
es nach den Arbeiten von Boussingault und Horsford 
erscheint. Kraut undHartmann machen auf diese Schwie- 
rigkeiten schon aufmerksam. { 

Durch Monochloressigsäure, wie in einem vorhergehenden 
Aufsatz (8.273) angegeben, rein dargestelltes Glycocoll wurde 
zum Zweck der Gewinnung des Glycocollsilbers in einer reich- 
lichen Menge Wasser gelöst und die nicht kochende. aber 
heisse Lösung mit der äquivalenten Menge frisch dargestellten 
feuchten, aber sonst reinen Silberoxyds versetzt. Das Silber- 
oxyd löste sich nicht auf, es schieden sich aber an der Ober- 
fläche der Flüssigkeit kleine Krystalle ab. Es wurde daher 
noch mehr heissen Wassers zugesetzt, um die Auflösung der 
abgeschiedenen Krystalle zu ermöglichen. Es war dazu eine 
sehr bedeutende Menge Wasser nöthig und doch war das 
Silberoxyd nicht in Lösung gegangen. Nachdem die Flüssig- 
keit zum Kochen erhitzt war, wurde filtrirt. Aber das Filt- 
rat trübte sich wieder, ehe noch Krystalle sich abschieden. 
Es erschien undurchsichtig und grau. So waren auch die 
Krystalle gefärbt. Um dieselben rein zu erhalten, muss man 
die Flüssigkeit erst filtriren, wenn sie fast erkaltet ist. Dann 


279 


scheiden sich bei der weiteren Abkühlung kleine farblose 
körnige Krystalle aus, die beim Waschen und Trocknen an 
der Luft sich im Dunkeln nur wenig grau färben, und welche 
die reine Silberverbindung des Glycocolls darstellen. 

0,2431 Grm. derselben, die bei 100° C getrocknet waren, wobei 

ein nur ganz unbedeutender Gewichtsverlust stattgefun- 
den hatte, hinterliessen geglüht 0,1445 Grm. Silber, d.h, 
59,44 pC. Die Rechnung verlangt 59,34 pC. 

Die pulverige Substanz, welche bei der Darstellung des 
Glyeocollsilbers ungelöst bleibt, ist nicht mehr Silberoxyd, 
sondern Silber. Sie ist nicht mehr braun, sondern grau 
und löst sich in Salpetersäure unter Entwickelung rother 
Dämpfe auf. 

Dass das Silberoxyd durch Glycocoll in der Wärme re- 
ducirt wird, ist weder von Boussingault!), noch von 
Horsford?) angegeben. Erst Kraut und Hartmann?) 
thun dieser Eigenschaft des Glycocolls Erwähnung. 

Ich habe mich überzeugt, dass bei mehrstündigem Er- 
hitzen einer Lösung von Glycocollsilber bis nahe zum Kochen 
letzteres vollständig reducirt wird. In der Lösung ist keine 
Spur Silber mehr enthalten. Aus der Lösung krystallisirt 
beim Verdunsten Glycocoll, das an seinen Eigenschaften leicht 
erkannt werden kann. Eine Stickstoffbestimmung ergab 18,75 
pC.. Glycocoll enthält 18,67 pC. Stickstoff. 

Nachdem das Glycocoll herauskrystallisirt ist, bleibt 
ein syrupartiger Rückstand, aus dem durch Aetzkalk Am- 
moniak reichlich entwickelt wird. Das gebildete Kalksalz ist 
weder glycolsaurer noch diglycolsaurer Kalk, vielmehr ist es 
leicht löslich, färbt verdünnte Eisenchloridlösung tief roth 
und reducirt Silbersalze und Quecksilberchlorid. Die freie 
Säure ist flüchtig und hat ganz den Geruch der Ameisen- 
säure. 

Der Vorgang bei der Zersetzung des Glycocollsilbers 
durch Erhitzen seiner wässerigen Lösung ist also der, dass 
ein Theil des Glycocolls regenerirt wird, während ein anderer 
kleinerer in Ameisensäure und Ammoniak übergeht. Es bil- 


1) Ann. de Chim. et de Phys. [3] I, p. 258°. 
2) Ann, d. Chem. u. Pharm. LX, 36*. 
%) Daselbst OXXXLIII, 101*, 


280 


det sich aber auch etwas Kohlensäure, weil bekanntlich die 
Ameisensäure durch Silberoxyd zu Kohlensäure und Wasser 
oxydirt wird. 

Das Glycocollsilber ist in heissem Wasser nur schwer 
löslich, und noch schwerer in kaltem. Ich erwähne dies, 
weil nirgends sich darüber eine Angabe findet, Boussin- 
gault’s und Horsford’s Aeusserung aber, Silberoxyd sei 
in heisser Glycocolllösung leicht löslich, zu dem Irrthum ver- 
leiten könnte, die Leichtlöslichkeit sei eine Eigenschaft der 
dabei entstehenden Verbindung, was, wie gesagt, nicht der 
Fall ist. 

Die Kenntniss des Verhaltens des Glycocollsilbers in der 
Hitze ist wichtig bei Beurtheilung der Erscheinungen, die bei 
Einwirkung desselben auf Jodäthyl eintreten. Die geringe 
Ausbeute an ätherartiger Flüssigkeit, welche bei meinen in 
dieser Richtung angestellten Versuchen resultirte, erklärt sich 
zum Theil wenigstens dadurch, dass ein grosser Theil des 
Glycocollsilbers zersetzt wurde, bevor das Jodäthyl darauf 
einwirken konnte. 

Zu den Versuchen wurden gleiche Aequivalente Gly- 
cocollsilber und Jodäthyl mit absolutem Aether in Glasröhren 
eingeschmolzen und diese mehrere Stunden im Wasserbade 
erhitzt. Hierbei bildet sich aber nicht einfach Jodsilber und 
eine ätherische Lösung des Glycocolläthers, sondern es haftete 
am Glase eine grosse Masse fester, kaum krystallinischer, zum 
grössten Theil dick syrupartig erscheinender Substanz. Es 
gelang nicht, dadurch eine weitere Einwirkung zu erzielen, 
dass die Röhren noch einmal so in das Wasserbad gelegt 
wurden, dass die feste Masse über der ätherischen Flüssig- 
keit schwebte Nach Zusatz von absolutem Alkohol verän- 
derte sich dem Anschein nach die Masse bei mehrstündiger 
Einwirkung der Wasserbadhitze ebenfalls nur wenig. Es hat- 
ten sich nur deutlichere Krystalle gebildet. 

A. Die von der festen Substanz getrennte alkoholisch- 
ätherische Lösung hinterlässt beim Erhitzen in einem Paraffin- 
bade zuletzt bis 150° C. eine braune Flüssigkeit, welche im 
trockenen Luftstrom bei derselben Temperatur langsam. über- 
destillirt werden kann. Um den Aether und etwa noch vor- 
handenes Jodäthyl vollkommen zu entfernen, ist es nöthig, 


281 


bevor man das Destillat auffängt, lange Zeit Luft durch die 
bis 150° erhitzte Retorte bei ansteigendem Retortenhalse 
hindurchzuleiten. Die bis in den Hals der Retorte getriebe- 
benen Dämpfe der schwer flüchtigen Flüssigkeit verdichten 
sich hier wieder und fliessen in die Retorte zurück, während 
der Aether und das Jodäthyl von der Luft fortgeführt werden. 

Die Menge der so dargestellten farblosen Flüssigkeit 
betrug wenig mehr als 0,3 Grm. Mit der Zeit färbte sie sich 
wieder etwas gelb. Sie besass einen alkalischen, den Aethyl- 
aminen ähnlichen, aber nur schwachen Geruch und reagirte 
sehr deutlich alkalisch. In Wasser ist sie etwas löslich, und 
diese Lösung besitzt, wie die des Triglycolamidsäureäthers, 
die Eigenschaft, in der Wärme sich zu trüben, in der Kälte 
wieder klar zu werden. 

Ich habe diese Substanz der Analyse unterworfen, in- 
dessen Resultate erhalten, welche lehren, dass dieselbe der 
Aether des Glycocolls nicht sein kann. 

Die gefundenen Zahlen sind folgende: 

Glycocoll- Aethylgly- Diäthylgly- 


äther cocolläther cocolläther 
gefunden berechnet berechnet berechnet 
Kohlenstoff 56,01 46,60 £4 54,96 6 60,38 €8 
Wasserstoff- 10,40 8,74 H9 9,92 E13 10,69 H17 
Stickstoff 9,12 13,59 N! 10,69 Ni 8,80 N 
Sauerstoff 24,47 31,07 92 24,43 92 20,13 92 
100,00 100,00 100,00 1uV,v0. 


Ich vermuthe, dass die analysirte Flüssigkeit ein Ge- 
misch war von Glycocolläther mit Diäthylglycocolläther, viel- 
leicht auch mit Aethylglycocolläther. Den directen Beweis 
hierfür vermag ich nicht zu liefern, weil durch die Analyse 
das sämmtliche zu Gebote stehende Material verbraucht war 
und ich bei späteren ähnlichen Versuchen immer nur Spuren 
dieser Flüssigkeit erhielt. Die Gründe, weshalb ich der er- 
wähnten Ansicht bin, werden im weiteren Verfolg dieser Ab- 
handlung entwickelt werden. 

B. Die von der Aetherlösung abgeschiedene Masse gab 
an kochenden absoluten 100procentigen Alkohol eine nicht 
unbedeutende Menge Substanz ab, die als ein brauner Syrup 
zurückblieb, als der Alkohol abdestillirt wurde. Dieser ent- 
hielt Jod, das durch Silberoxyd und Wasser entfernt wurde. 


Nach Abscheidung der geringen Menge gelösten Silbers durch 
Bd. XXXI, 1868. 20 


282 


Schwefelwasserstoff, wobei sich der Geruch nach Aethylami- 
nen entwickelte, wurde verdunstet und wieder ein gelblicher 
Syrup erhalten, aus dem sich Krystalle nicht abscheiden 
liessen. Kupferoxydhydrat wurde davon leicht zu einer aus- 
serordentlich tietblauen Flüssigkeit aufgelöst. Beim Verdun- 
sten dieser Lösung bildeten sich Krystalle von sehr tief- 
blauer Farbe, die im Wasser sehr leicht löslich waren, also 
nicht Glycocollkupfer sein konnten. Sie lösten sich aber auch 
äusserst leicht selbst in ganz absolutem Alkohol, und aus die- 
ser Lösung wurden sie durch Aether nur unvollkommen ge- 
fällt. Danach konnten sie nicht aus Aethylglycocollkupfer 
bestehen. Die angegebenen Eigenschaften sind aber die des 
Diäthylglycocollkupfers. 

Eine Kupferbestimmung der mehrfach unkrystallisirten 
Verbindung liefert den Beweis, dass dieselbe wirklich daraus 


bestand. 
0,2998 Grm. bei 1150 C. getrockneter Substanz hinterliessen 
0,0734 Kupferoxyd. Sie enthielt also 19,54 pC. Kupfer. 
Die Theorie verlangt 19,61 pC. 


Bei Gelegenheit der Untersuchung dieses Körpers ist es 
mir gelungen, seinen Gehalt an Krystallwasser genauer fest- 


zustellen, als mir!) früher möglich gewesen war. 
0,3660 Grm. der nur 24 Stunden der Luft ausgesetzt gewese- 
nen Krystalle verloren bei 115° 0,0662 Wasser. 


. Die Menge des Krystallwassers beträgt 18,09 pC. Die 
krystallisirte Verbindung ist also gemäss der Formel 
eRr}H2ECUN?9! + 4H20 nz welche 18,23 pC. 
Wasser erfordert. 

C. Die von dem Alkoholauszuge getrennte Masse gab 
an Wasser noch eine bedeutende Menge Substanz ab. Die 
Lösung enthielt etwas Jod, das durch Silberoxyd entfernt 
wurde. Nach Abscheidung des geringen Quantums in Lö- 
sung gegangenen Silberoxyds durch Schwefelwasserstoft er- 
gab sich die Hlauptmasse des gelösten Körpers als Glycocoll, 
welches durch blosses Umkrystallisiren vollkommen gereinigt 
werden konnte. Es wurde an seinem süssen Geschmack, sei- 
ner Krystallform und an den Eigenschaften der daraus er- 
zeugten Kupferverbindung als solches erkannt. 


1) Ann. d. Chem. u. Pharm. 140. 220*. 


283 


D. Der Rückstand endlich bestand im Wesentlichen 
aus Jodsilber, enthielt aber auch etwas metallisches Silber, 
da es beim Erhitzen mit Salpetersäure salpetrige Dämpfe 
entwickelte und sich in der erhaltenen Lösung etwas Silber 
vorfand. 

Nach diesen Beobachtungen ist der Vorgang bei der 
Einwirkung von Jodäthyl auf Glycocollsilber bei Gegenwart 
von Aether kein einfacher, theils weil das Glycocollsilber 
schon bei einer Temperatur, bei der der Austausch von Aethyl 
und Silber noch nicht leicht geschieht, eine Zersetzung er- 
leidet, durch welche Glycocoll und metallisches Silber einer- 
seits, Ameisensäure, Kohlensäure, Wasser und Ammoniak an- 
dererseits gebildet werden, theils weil hierbei eine in Aether 
nicht lösliche Masse entsteht, die zusammenklebt, dabei noch 
unzersetztes Glycocollsilber und Glycocoll einschliesst und vor 
der weiteren Einwirkung des Jodäthyls schützt; deshalb er- 
hält man Producte die eigentlich nur bei Anwendung eines 
Ueberschusses von Jodäthyl entstehen sollten, und das ist 
vielleicht mit der Grund, weshalb im Glycocollsilber nicht nur 
das Silber durch Aethyl ersetzt wird, sondern auch die bei- 
den extraradicalen Wasserstoffatome. Das Ammoniak aber, 
welches sich bei jenem Zersetzungsprocess bildet, geht zum 
Theil durch Einwirkung des Jodäthyls in Aethylbasen über, 
daher der Geruch der Producte nach diesen Basen, wenn sie 
alkalisch gemacht werden. 

Vergeblich habe ich mich bemüht aus dem Product der 
Einwirkung von Jodäthyl auf Glycocoll, welches v. Schil- 
ling untersucht hat, den Glycocolläther zu erhalten. An- 
statt des Alkohols, den v. Schilling angewendet hatte, war 
bei meinem Versuch absoluter Aether den beiden Körpern 
beigemischt worden. Es fand sich aber, dass dieser Aether 
nur sehr wenig Substanz aufgenommen hatte, und diese war 
zudem jodhaltig. Als der Aether mit Silberoxyd geschüttelt, 
filtrirt und durch Chlorcalcium entwässert worden war, hin- 
terliess er beim Destilliren nur eine sehr geringe Menge 
Rückstand. Als auch die rückständige feste Substanz mit 
Aether und Silberoxyd geschüttelt wurde, nahm dieses Lö- 
sungsproduct nur Spuren organischer Substanz auf. 

Der Versuch, das bei 120% C. getrocknete Glycocoll- 

20 * 


284 


kupfer durch die äquivalente Menge Jodäthyl bei Gegenwart 
von metallischem Kupfer und Aether unter Bildung von Ku- 
pferjodür in den Glycocolläther zu verwandeln, gelang nicht. 
Bei 100° C, fand gar keine Einwirkung statt. Bei höherer 
Temperatur trat Braunfärbung unter Bildung von Gas ein, 
welches mit leuchtender Flamme brannte. In dem Aether 
war nur eine sehr kleine Menge Substanz enthalten. Die 
Producte schienen dieselben zu sein, wie die bei Anwendung 
des Glycocollsilbers erhaltenen. 

Auch ein Versuch mit Glycocollblei führte nicht zu bes- 
seren Resultaten. Er bestätigt und erweitert nur die mittelst 
des Glycocollsilbers erhaltenen. 

Die Darstellung des Glycocollblei’s ist nicht schwierig, 
wie dies schon Boussingault!) angiebt. Man hat nur 
Glycocoll mit Bleioxydhydrat und etwas Wasser zu kochen 
und die heiss filtrirte Flüssigkeit vor der Kohlensäure der 
Luft geschützt erkalten zu lassen. 

Die Krystalle des Glycocollblei’s verlieren bei 100°C. ihr 
Krystallwasser. Um aber die Zersetzung desselben durch die 
Kohlensäure zu vermeiden, muss das Trocknen in einem koh- 
lensäurefreien Luftstrom geschehen. Schmilzt man die so 
getrocknete Verbindung mit der äquivalenten Menge Jodäthyl 
und absolutem Aether in Röhren ein und erhitzt man die 
Mischung im Wasserbade, so bildet sich auch in diesem Falle 
eine zusammengeklebte halbfeste Masse, die von gebildetem 
Jodblei gelb gefärbt ist, aber hier und da noch weiss er- 
scheint. Es enthält die Masse also noch unzersetztes Glyco- 
collblei. 

Um diess auch zu zersetzen, fügte ich bei meinem Ver- 
such Alkohol hinzu, und erhitzte wieder im Wasserbade 
mehrere Stunden. Dabei war aber die Zersetzung noch nicht 
vollendet. Denn die von dem Ungelösten abfiltrirte Flüssig- 
keit gab ein farbloses Destillat, welches viel Jod enthielt, 
Es war also offenbar noch Jodäthyl und daher auch Gly- 
cocollblei unzersetzt geblieben. Im Aether-Alkohol war über- 
haupt nur wenig nicht flüchtige Substanz gelöst enthalten, 
die nur zum geringsten Theil in reinem Aether löslich war. 


%) Ann, de Chim. et de Phys. [3] I, 263. 


285 


Dies war der Grund, weshalb ich die Operation der 
Erhitzung im Wasserbade, aber diesmal nach Zusatz eines 
Ueberschusses von Jodäthyl und von reinem absoluten Alko- 
hol, mit dem in Aether-Alkohol nicht gelösten Rückstande 
noch einmal wiederholte. 

Die feste Masse erschien nun rein gelb. Sie bestand 
aus Jodblei, welches durch eine gelbe krystallinische, an der 
Grenze der Flüssigkeitsschicht aus flachen nadelförmigen Kry- 
stallen bestehende Masse verkittet war. 

Beim Auskochen dieser Masse, zuerst mit der darüber- 
stehenden, Jodäthyl enthaltenden Flüssigkeit, dann mit abso- 
lutem Alkohol, resultirten rothe Flüssigkeiten, welche von dem 
schliesslich nur noch wenig organische Substanz an Wasser 
abgebenden Jodblei abfiltrirt beim Erkalten noch einen gel- 
ben Niederschlag von Jodblei absetzten. Die davon durch 
Filtration getrennte Flüssigkeit hinterliess beim Abdestilliren 
des Alkohols einen braunrothen Rückstand, der beim Erkal- 
ten kryslallinisch erstarrte. 

Zur weiteren Untersuchung dieser krystallinischen Masse 
wurde dieselbe in Wasser gelöst, wobei theils noch etwas 
Jodblei, theils eine braune organische Substanz in nicht gros- 
ser Menge zurückblieb; deshalb wurde die wässerige Lösung 
mehrfach mit Aether geschüttelt, welcher etwas freies Jod 
und die im Wasser nicht lösliche organische Substanz auf- 
nahm. Das Jod wurde dem von der wässerigen Lösung ge- 
schiedenen Aether durch Schütteln mit Quecksilber entzogen, 
endlich der Aether mit Chlorcaleium entwässert. Der nun nur 
schwach gelb gefärbte Aether hinterliess beim Abdestilliren 
nur eine kleine Menge nicht flüchtiger, allmälig festwerden- 
der Substanz, also keine ätherartige Flüssigkeit. 

Aus der wässerigen, durch Schütteln mit Aether vom 
freien Jod möglichst befreiten Flüssigkeit wurde durch Schüt- 
teln mit Silberoxyd das Jod, durch Schwefelwasserstoff die 
geringe Menge gelösten Silberoxyds entfernt. Die filtrirte 
Flüssigkeit besass stark alkalische Reaction, die jedoch bei 
längerem Erhitzen oder auch bei sehr langem Stehen in der 
Kälte vollständig verschwand. Durch Hindurchleiten von Luft 
wurde nur eine Spur basischer Substanz der Lösung ent- 
zogen und dem vorgeschlagenen Wasser zugeführt. In der 


286 


That ist es weder Ammoniak noch eins der Aethylamine, wel- 
ches die alkalische Reaction besitzt, sondern die aus dem 
Glyeocoll gebildete Substanz selbst reagirt alkalisch. Offenbar 
ist das Verhältniss hier dasselbe, wie bei dem weiter unten 
zu erwähnenden Aethyldiglycolamidsäureäther, der alkalisch 
reagirt, während die Aethyldiglycolamidsäure sogar saure 
Reaction besitzt. Gewiss war die Jodwasserstoffverbindung 
des Aethers entweder des Glycocolls oder Aethylglycocolls 
oder Diäthylglycocolls, oder aller drei gebildet worden, und 
bei Abscheidung des Jodwasserstoffs durch Silberoxyd hatten 
sich die Aether gebildet, die in Wasser gelöst erst nach und 
nach in die neutral reagirenden Körper Glycocoll, Aethylgly- 
coll, Diäthylglycocoll übergingen. 

Welche dieser Körper in der Lösung wirklich vorhanden 
waren, ergiebt sich durch folgende Versuche. Bei anhalten- 
dem Kochen derselben mit Kupferoxydhydrat entstand eine 
tief blaue Lösung, welche beim Verdunsten Glycocollkupfer 
absetzte. Die davon möglichst getrennte Flüssigkeit wurde 
zur Trockne verdampft und mit absolutem Alkohol kochend 
ausgezogen. Die Lösung war ausserordentlich tief dunkel- 
blau, wie die des Diäthylglycocollkupfers. Zur Reinigung 
diente der Umstand, dass diese Kupferverbindung selbst in 
ätherhaltigem Alkohol, wenn auch nicht in allen Verhältnis- 
sen löslich ist. Durch Zusatz des gleichen Volums Aether 
fällt noch ein flockiger Niederschlag von grünlicher Farbe. 
Die davon getrennte Flüssigkeit enthält das Diäthylglycocoll- 
kupfer. 

Dieses rein zu erhalten gelang nicht. Die äusserst tief 
dunkelblaue Lösung ging durch Verdunsten in einen blau- 
schwarzen Syrup über, der nicht in Krystalle verwandelt 
werden konnte. Durch allmäligen Zusatz von absolutem 
Aether zu der ganz concentrirten Lösung dieser blauen fast 
festen Masse entstanden ebenfalls nicht Krystalle; es fiel viel- 
mehr eine trübe dunkelblaue dick syrupartige Masse nieder. 
Gewiss krystallisirte das Diäthylglycocollkupfer, welches ohne 
Zweifel die Hauptmasse dieser Substanz bildete, nur deshalb 
nicht, weil es noch Verunreinigungen enthielt, welche die 
Krystallisation des so sehr leicht löslichen Körpers verhin- 
derten. 


287 


Zur weiteren Bestätigung dessen verwandelte ich diesen 
Körper dadurch in die Platinverbindung, dass ich das Kup- 
fer durch Schwefelwasserstoff fällte und die filtrirte Flüssig- 
keit mit Salzsäure und Platinchlorid versetzte und im Was- 
serbade möglichst vom Wasser befreite. Den Rückstand löste 
ich in absolutem Alkohol und fällte die Lösung mit absolutem 
Aether. Der flüssige Niederschlag, der durch Abwaschen 
mit absolutem Aether gereinigt worden war, wurde im Va- 
cuum zunächst von dem Aether befreit, dann in wenig 
Wasser gelöst und von Neuem im Vacuum verdunstet. Es 
bildeten sich dabei allmälig orangegelbe Krystalle, die von 
der dickflüssigen Mutterlauge abgepresst und analysirt 
wurden. 


0,2460 Grm. derselben verloren bei 115° C. 0,0064 an Gewicht. 
Nach dem Glühen blieben 0.0731 Platin. 


Hieraus ergiebt sich ein Gehalt der analysirten Substanz 
an Wasser von 2,60 pC., an Platin von 29,72 pC. 

Das salzsaure Diäthylglycocollplatinchlorid enthält nach 
meiner ersten Untersuchung 2,60 pC. Wasser und 29,27 pC. 
Platin. 

Allerdings ist die gefundene Platinmenge fast um ein 
halbes Procent zu hoch ausgefallen. Es lässt sich dies aber 
auch nicht anders erwarten Denn die analysirte Verbindung 
war aus einer dick syrupartigen Mutterlauge herauskrystalli- 
sirt und von derselben, die sicher noch fremde Stoffe enthielt, 
nur abgepresst worden. Ich halte es durch diese Bestimmung 
für erwiesen, dass dieselbe im Wesentlichen aus salzsaurem 
Diäthylglycocollplatinchlorid bestand. 

Das im absoluten Alkohol unlösliche Kupfersalz musste 
noch Glycocollkupter vielleicht neben Aethylglycocollkupfer 
enthalten. Um dies festzustellen wurde ersteres, das in 
Wasser schwer löslich ist, durch Krystallisation möglichst 
ausgeschieden und die restirende Mutterlauge etwas verdünnt 
mit etwa dem gleichen Volum Alkohol gemischt. Das Filtrat 
hinterliess beem Verdunsten im Wasserbade nur eine kleine 
Menge einer tiefblauen Substanz, deren Lösung in Wasser 
im Vacuum verdunstet krystallinisch erschien. Wurden diese 
Kıystalle in einigen Tropfen heissen Wassers gelöst, so bil- 
deten sich beim Erkalten der Lösung nadeltörmige Kıystalle 


288 


von ganz dem Aussehen des Glycocollkupfers, Zwischen den 
feinen nadelförmigen Krystallen fanden sich etwas grössere 
prismatische Krystalle eingebettet, die man wohl für das 
Aethylglycocollkupfer hätte halten können. Allein der Um- 
stand, dass durch Anrühren derselben mit kaltem Wasser 
gerade sie ungelöst blieben, lieferte den Nachweis, dass sie 
aus diesem Körper, welcher viel leichter in Wasser löslich 
ist als Glycocollkupfer, nicht bestehen konnten, sondern nur 
etwas grössere Krystalle von letzterem Körper waren. 

Auch aus der von diesen Krystallen getrennten Mutter- 
lauge gelang es nicht, Aethylglycocollkupfer abzuscheiden. 
Zur Trockne verdunstet liess sie einen Rückstand, der zum 
Theil in einer geringen Menge absoluten Alkohols löslich war, 
zum Theil sich darin nicht löste. Da Aethylglycocollkupfer 
in diesem Lösungsmittel sehr schwer löslich ist, so konnte es 
nur in dem unlöslichen Theile enthalten sein. Dieser aber 
bestand noch aus Glycocollkupfer, wie seine Schwerlöslichkeit 
und die Form der Krystalle ergab. 

Es ist mir hiernach nicht gelungen, unter den Umset- 
zungsproducten des Glycocollbleis durch Jodäthyl auch Aethyl- 
glycocoll aufzufinden. Ich halte es dessen ungeachtet tür 
wahrscheinlich, dass auch dieser Körper hierbei entsteht; wenn 
auch vielleicht immer nur in sehr kleiner Menge. 

Die Beobachtung, dass durch Jodäthyl das Glycocoll in 
Aethyl. und Diäthylglycocoll übergeführt werden kann, liess 
hoffen, in gleicher Weise aus Diglycolamidsäure Aethyldigly- 
colamidsäure bilden zu können. Der Versuch hat diese Ver- 
muthung bestätigt. 

Zunächst liess ich äequivalente Mengen diglycolamid- 
sauren Silbers und Jodäthyl bei Gegenwart von absolutem 
Aether im Wasserbade einwirken. Auch hier entstand, :wie 
bei den ähnlichen Versuchen mit Glycocollverbindungen, eine 
zusammengeklebte Masse, über welcher der gelb gefärbte 
Aether schwamm. Dieser Aether hatte aber organische Sub- 
stanz aufgelöst. 

Er wurde von der festen Masse getrennt und im Was- 
serbade abdestillirt. In dem abdestillirten Aether war kaum 
noch etwas Jodäthyl aufzufinden. Das Jodäthyl war also 
fast ganz zersetzt. Zu dem Rückstande von dieser Destilla- 


289 


tion wurde der Rückstand hinzugethan, welcher beim Ausko- 
chen der festen Masse mit einer kleinen Menge absoluten Al- 
kohols, Filtriren und Abdestilliren des Alkohols zurückblieb, 
weil er fast ganz gleiche Beschaffenheit hatte, wie jener. Je- 
ner Rückstand destillirte nicht über, als er im Wasserbade 
unter Hindurchleiten von trockener Luft erhitzt wurde. Nach- 
dem dadurch der Aether und das Jodäthyl vollkommen ent- 
fernt waren, wurde die Destillation bei 200 bis 2200 im Luft- 
strom eingeleitet. Die Flüssigkeit kam dadurch nicht ins 
Kochen, sondern ging nur sehr langsam über. 

Die so erhaltene Flüssigkeit war der nicht ganz reine 
Aethyldiglycolamidsäureäther, wie folgende Versuche be- 
weisen: 

Die Analyse der erhaltenen Flüssigkeit lieferte folgende 
Resultate: 


gefunden berechnet 
Kohlenstoff 53,46 55,30 10 € 
Wasserstoff 8,68 8,76 19H 
Stickstoff 6,80 645 ıN 
Sauerstoff 31,06 2949 40 
100,00 111,00. 


Da sich bei der Untersuchung des Aethers fand, dass 
noch etwas Jod in Form einer Jodverbindung darin enthalten 
war, so schüttelte ich denselben in Aether aufgelöst mit Was- 
ser und etwas Silberoxyd, trocknete die Aetherlösung mit 
Chlorcalcium, entfernte den Aether im Wasserbade und Luft- 
strom vollständig und destillirte endlich die Substanz noch 
einmal bei 200 bis 220° im Luftstrom, 


Die Analyse ergab nun Folgendes: 


gefunden berechnet 
Kohlenstoff 55,78 55,30 10 € 
Wasserstoff 8,77 8,76 139 H 
Stickstoff 6,51 6,45 IN 
Sauerstoff 29,94 4949 49 

100,00 100,00. 


Dass die analysirte Flüssigkeit im Wesentlichen aus 
Aethyldiglycolamidsäureäther bestand, dessen Formel ist: 


290 


21720) 
62H 
N 621120) 
€2H3, 
C2H5 
ergiebt sich daraus, dass durch Zersetzung derselben mittelst 
Barytsalz ein schwer lösliches Barytsalz entstand, welches 
durch verdünnte Schwefelsäure genau zersetzt eine Flüssig- 
keit lieferte, die Kupferoxydhydrat mit schön blauer Farbe 
auflöste, welche Lösung beim Verdunsten im Wasserbade ein 
nicht ganz leicht lösliches blaues, mikroscopische quadra- 
tische Tafeln bildendes Salz von der Zusammensetzung des 
äthyldiglycolamidsauren Kupfers absetzte. 
Das so dargestellte Salz, welches bei 110° kaum etwas 
an Gewicht verlor, lieferte folgende analytische Resultate: 


I. 1% berechnet 
Kohlenstoff — 32,00 32,36 6 € 
Wasserstoff —_ 4,15 404 9 H 
Kupfer 28,52 28,61 28,54 1 Cu 
Stickstoff — — 6,29 IN 
Sauerstoff — — 238,77 40 
100,00, 


Der das Jodsilber enthaltende Rückstand, von welchem 
die ätherische Lösung des Aethyldiglycolamidsäureäthers ge- 
trennt worden, war noch sehr reich an organischer Substanz. 
Offenbar war die Umsetzung des diglycolamidsauren Silbers 
nicht beendet, da nur so viel Jodäthyl zugesetzt worden 
war, als nothwendig war zum Ersatz des Silbers durch 
Aethyl, während, wie die vorstehenden Versuche lehren, 
auch noch Wasserstoff ihm Platz gemacht hatte. Ich wollte 
ihn desshalb mit einem Ueberschuss von Jodäthyl und Aiko- 
hol vollständig zersetzen; allein durch einen unglücklichen 
Zufall wurde diese Absicht vereitelt. 

Darum musste ich eine neue Portion diglycolamidsauren 
Silbers mit überschüssigem Jodäthyl und Alkohol vollständig 
zu zersetzen suchen. 

38 Grm. des Silbersalzes, 66 Grm. Jodäthyl und eine 
reichliche Menge absoluten Alkohols wurden in zugeschmol- 
zenen Röhren sechs Stunden im Wasserbade erhitzt. Auch 


291 


diesmal entstand eine zusammengeballte Masse, in der na- 
delförmige Krystalle eingebettet lagen. Die Masse wurde mit 
absolutem Alkohol, endlich mit Wasser ausgekocht, worin 
sich aber nur noch wenig auflöste Sämmtliche Rückstände 
dieser Auszüge wurden vereinigt zuerst in Wasser gelöst und 
mit Aether vielfach geschüttelt. 

Sämmtliche vereinigte ätherische Auszüge hinterliessen, 
nachdem sie durch Schütteln mit Quecksilber von etwas 
freiem Jod befreit und mit Chlorcalcium entwässert waren, 
nur eine unbedeutende Menge einer in der Kälte nicht flüs- 
sigen, sondern festen Substanz. 

Die wässerige Lösung wurde durch Schütteln mit Sil- 
beroxyd von dem reichlich darin enthaltenen gebundenen 
Jod, durch Schwefelwasserstoff von dem aufgelösten Silber- 
oxyd befreit und die klar filtrirte Flüssigkeit unter Zusatz 
von überschüssigem Barythydrat stark eingekocht. Es schied 
sich eine reichliche Menge eines schwer löslichen Barytsalzes 
ab, das von der Mutterlauge möglichst vollkommen getrennt 
wurde. Diese Mutterlauge lieferte, durch Schwefelsäure ge- 
nau zersetzt, beim Eindunsten schon an ihrer Form leicht 
erkennbare Krystalle von Diglycolamidsäure. 

Das schwer lösliche Barytsalz wurde genau so behan- 
delt, wie das gleiche, aus dem Aethyldiglycolamidsäureäther 
entstandene, und dabei eben dieselben Erscheinungen beob- 
achtet. 

Das erzeugte Kupfersalz war nicht ganz leicht löslich, 
krystallisirte durch Erkalten der kochend gesättigten Lösung 
nicht, und bestand aus kleinen mikroscopischen rechtwinke- 
ligen Täfelchen, die jedoch etwas grösser erschienen, als ich 
das äthyldiglycolamidsaure Kupfer bis dahin gesehen hatte. 
Diess erweckte schon in mir die Vermuthung, dass noch di- 
glycolamidsaures Kupfer beigemengt sei, das in ganz ähnli- 
chen, nur etwas grösseren, auch schwer löslichen rechtwinke- 
ligen Tafeln anschiesst, welche Krystallwasser enthalten. Bei 
110° C. erlitt in der That das lufttrockene Salz einen Ge- 
wichtsverlust. 


0,4104 Grm. desselben verloren bei 110°, zuletzt bei 1450 ge- 
trocknet 0,0322 an Gewicht. Der Rückstand hinterliess 
geglüht 0,1444 Kupferoxyd, 


292 


Nach diesen Resultaten besteht das analysirte Salz aus 
gleichen Aequivalenten von di- und von äthyldiglycolamid- 
saurem Kupfer, wonach es 7,95 pC. Wasser enthalten und 
35,10 pC. Kupferoxyd liefern muss. Gefunden sind von je- 
nem 7,85 pC., von diesem 35,19 pC. 

Zur Scheidung der Diglycolamidsäure von der Aethyl- 
diglycolamidsäure verwandelte ich das Kupfersalz durch 
Schwefelwasserstoff in die freie Säure Durch Verdunsten 
der filtrirten Lösung im Wasserbade wurde ein Syrup erhal- 
ten, der in Alkohol sich nicht löste, auf Zusatz von etwas 
Wasser und Alkohol aber einen weissen krystallinischen Nie- 
derschlag absetzte. Diesen filtrirte ich ab und schied aus 
dem Filtrat mittelst Alkohol so viel von der in Alkohol nicht 
löslicken Substanz als möglich aus. Diese war in Wasser 
nicht ganz leicht löslich und besass alle Eigenschaften der 
Diglycolamidsäure, namentlich ihre Krystallform. 

Die von dem Alkohol aufgenommene Substanz gab mit 
Barythydrat im Ueberschuss gekocht, das öfters schon er- 
wähnte, schwer lösliche Barytsalz, welches gewaschen und 
in Kupfersalz verwandelt endlich eine Verbindung lieferte, 
welche alle Eigenschaften nicht nur, sondern auch die Zu- 
sammensetzung des äthyldiglycolamidsauren Kupfers be- 
sass. 

Bei 110° getrocknet verlor dieser Körper durchaus nicht 
an Gewicht und der Kupfergehalt war genau der des äthyl- 
diglycolamidsauren Kupfers. 


0,2087 Grm. desselben gaben 0,0747 Kupferoxyd = 35,79 pC 
Die Theorie verlangt 35,73 pC. 


Aus diesen Versuchen ergiebt sich, dass wenn Glyco- 
coll oder seine Verbindungen mit Basen bei höherer Tempe- 
ratur der Einwirkung des Jodäthyls ausgesetzt sind, nicht 
nur das Metall, sondern auch der Ammoniakwasserstoff 
durch Aethyl ersetzt wird. Es widerstreitet diese Beobach- 
tung der Angabe von v. Schilling, der, als er Jodäthyl 
auf Glycocoll einwirken liess, die Bildung der Jjodwasser- 
stoffsauren Verbindung eines einfachäthylirten Glycocolls be- 
obachtet haben will. Ich glaube, dass meine Versuche be- 
weisen, dass, was er unter Händen hatte, ein Gemisch war 


293 


von jodwasserstofisaurem Glycocoll und von jodwasserstofi- 
saurem Diäthylglycocolläther. Bei der Zersetzung dieses Ge- 
misches durch Silberoxyd bildete sich dann das Gemisch von 
Glycocoll mit Diäthylglycocolläther, welcher letztere alkalisch 
reagirt: Beim Verdunsten der Lösung im Wasserbade ging 
dann dieser Aether in das nicht alkalisch reagirende Diäthyl- 
glycocoll über. 

Das immer nur eine kleine Menge des Glycocolls in 
eine äthylirte Verbindung übergeht, selbst wenn ein Ueber- 
schuss von Jodäthyl mit viel Alkohol zugegen ist, beruht 
darauf, dass aus einem Molecul Glycocoll drei, aus einem 
Molecul Glycocollverbindung zwei Molecule Jodwasserstoff 
entstehen, die sich mit dem Glycocoll verbindend die weitere 
Aethylirung desselben verhindern. 

Die Diglycolamidsäure verhält sich gegen Jodäthyl dem 
Glycocoll ganz analog. Wie aus diesem als Hauptproduct 
Diäthylglycocolläther entsteht, der zum Theil frei, zum Theil 
an Jodwasserstoff gebunden sein kann, so entsteht aus jenem 
als Hauptproduct theils freier, theils an die genannte Säure 
gebundener Aethyldiglycolamidsäureäther. - Als Nebenproduct 
wird in reichlicher Menge die Jodwasserstoffverbindung hier 
der Diglycolamidsäure, dort des Glycocolls erhalten. 

Ich kann nicht unterlassen, schliesslich dankend zu er- 
wähnen, dass ich mich bei vorstehender Arbeit der wirksa- 
men Hülfe meines Assistenten, des Herrn W. Lueddecke, 
zu erfreuen hatte. 


294 


Ueber die Ohrenrobben der Ostküste Süd- 
Amerika’s 


von 


H. Burmeister. 


Buenos Aires, Ende Januar 1868, 

Herr Prof. Peters in Berlin hat kürzlich (Sitzungs- 
Berichte der Kön. Akad. zu Berlin, von Mai und Nov. 1866) 
zwei Uebersichten der Ohrenrobben veröffentlicht und darin 
an mich indirekt die Forderung gestellt, manches über die 
an der hiesigen Küste vorkommenden Arten noch vorhandene 
Ungewisse durch umfassende Untersuchung derselben womög- 
lich zur Entscheidung zu bringen. Ich habe mich dieser Auf- 
gabe insofern unterzogen, als ich einen jungen Naturforscher, 
Herrn Dr. Maack aus Lauenburg, welcher hierhergekommen 
ist, um seine Fähigkeiten dem Museum von Buenos Aires zu 
widmen, in Begleitung des Schützen unseres Museums, Ja- 
comino Pozzi, an eine geeignete Stelle der Küste sandte, 
um die dort vorkommenden Ötarien zu sammeln. Das Resul- 
tat dieses Unternehmens reicht hin, die Artunterschiede und 
Altersstufen zweier Arten, welche dort allein auftreten, zur 
Genüge festzustellen und stehe ich nicht an, im Folgenden 
eine kurze Uebersicht dessen zu geben, was für die Wissen- 
schaft dabei erzielt worden ist. 

Zuvörderst einige Bemerkungen über die Oertlichkeiten, 
an denen die Otarien im Bereich der Küste von 34° bis 40° 
S. Br. sich besonders aufhalten. Es sind das vorzugsweise 
zwei Stellen, die beide von den hier häufigen Seehunden (lo- 
bos marinos der Spanier) ihren Namen bekommen haben. An 
der nördlichen Seite der Mündung des Rio de la Plata sind 
es die Islas de los lobos, in der Nähe von Maldonado, wo 
diese Thiere in so grosser Menge auftreten, dass sie seit der 
ersten Entdeckung einen Gegenstand der Jagd abgegeben 
haben; und weiter südlich, gegen den 38°, ist es die 150 
Fuss hohe steile Felsenküste, welche hier als lobo corrientes 
ins Meer vortritt und zu deren beiden Seiten, auf den Tosca- 
Massen vor dem Ufer, die Tbiere sich so zahlreich nieder- 


295 


lassen, dass die Gegend darnach mit dem Namen der Lo- 
beria grande und Loberia chica belegt worden ist. Dahin, 
und zwar nach der ersteren sandte ich meine beiden Samm- 
ler, unterstützt durch das freundliche Anerbieten des Herrn 
Martinez de Hoz, denselben auf der dortigen Estanzia 
seiner Familie ein angemessenes Unterkommen anweisen zu 
wollen. 

Obgleich die Thiere an der bezeichneten Stelle zu hun- 
derten lagern, wie die Betrachtung derselben am Rande des 
steilen Ufers alsbald lehrt, so hält es doch sehr schwer, sie 
sich anzueignen, weil alle Mittel dazu fehlen. Zwar ist es 
leicht einige Individuen zu schiessen, nachdem der Schütze 
mühsam auf einem Tau auf steilem Pfade hinabgeklettert ist, 
aber der todte Körper bleibt dennoch unerreichbar; er fällt 
vom Tosca-Buckel, ‘worauf das Thier verendete, gewöhnlich 
ins Meer hinab und wird hier von seinen Cameraden, die 
schon den halbtodten blutenden Gefährten wüthend anfallen, als- 
bald förmlich zerrissen. Bleibt er aber auch wirklich auf dem 
Trockenen todt liegen, so ist es doch nicht möglich, ihn mit 
den vorhandenen Hülfsmitteln die 150 Fuss hohe Baranka 
hinaufzuschaffen, man müsste ihn unten abbalgen und zerle- 
gen, und dazu reicht die Zeit nur selten hin, bei der grossen 
Veränderlichkeit des Windes und Meeresstandes dieser Ge- 
gend. Darum konnte mein Schütze nur 2 Körper und 4 
Schädel in seine Gewalt bringen; Herr Dr. Maack fand es 
zu gefährlich für sich, hinabzuklettern und ihm beim Abbal- 
gen hülfreiche Hand zu leisten; der arme Mensch konnte 
allein nicht mehr ausrichten, als was er gethan hat; wofür 
ich ihm gern dies öffentliche rühmliche Zeugniss ausstelle. 

Die beiden Arten, welche daselbst vorkommen, sind seit 
langer Zeit wohl bekannt, aber denuoch bis auf unsere Tage 
vielfach verkannt worden, weil bei der einen die individuellen 
und geschlechtlichen Verschiedenheiten sehr gross sind und von 
der anderen, viel selteneren Art nur wenige Bälge und noch 
dazu ohne Schädel in die Europäischen Museen gelangten, 
obgleich gerade sie des dichteren Pelzes wegen von den See- 
hundsjägern vorgezogen und häufiger nach Europa gebracht 
wird. 

Die erste, viel grössere und häufigere Art ist die wahre 


296 


Otaria jubata Forster’s, Buffon’s und der meisten 
späteren Schriftsteller. Forster hatte seine Exemplare in 
der Südsee nahe der Westküste Süd-Amerika’s beobachtet; 
viel später erst wurden Exemplare von der Ostküste Südame- 
rikas wissenschaftlich untersucht und bekannt gemacht. Fr. 
Cuvier, dem dies Verdienst zusteht, hielt diese Exemplare 
für eine besondere Art, die er sogar zu einer eigenen Gat- 
tung Platyrhynchus erhob und Otaria leonina nannte. Die 
Schädel, welche ich von unserer Localität vor mir habe, stim- 
men mit Cuvier’s Abbildungen gut überein, zeigen aber 
doch unter sich sowie mit den übrigen Abbildungen beiPan- 
der und D’Alton und iin G.Cuviers Ossem. foss. verglichen, 
erhebliche individuelle Abweichungen, welche ihrem wahren 
Werthe nach besonders dadurch in die Augen fallen, dass an 
der einen Seite eines meiner Schädel, welche von der andern 
Seite merklich verschieden ist, mehr Aehnlichkeit mit dem 
Cuvierschen Bilde, an letzterer mehr mit dem D’Altonschen 
sichtbar wird. Ich glaube daraus mit Recht folgern zu dür- 
fen, dass es eben nur individuelle Abweichungen sind, die 
wir wahrnehmen. Mit diesem Resultat ausgerüstet, ist kein 
Grund vorhanden, die Schädel, welche Blainville von der 
Westküste pl. Vl. seiner Ost&eographie abgebildet und Pe- 
ters als Otaria Godeffroyi von den Chincha-Inseln bekannt 
gemacht hat, für Repräsentanten verschiedener Arten auf- 
zufassen; auch sie stellen nur individuelle Abweichungen dar, 
welche schwerlich zur Aufstellung besonderer Rassen oder Va- 
rietäten ausreichen dürften, wenn von jeder Lokalität statt 
eines etwa !/a Dutzend Schädel zur Vergleichung vorlägen. 
Mein asymmetrischer Schädel unterscheidet sich von den 
Bildern Blainville’s und Peters’ durch beträchtlich schmä- 
lere Orbitalecken und durch deren abweichende Richtung, die 
nur an der einen Seite seitwärts an der anderen nach hinten 
geht. Dabei ist die auch in Blainvilles Figur angegebene 
Asymmetrie der crista verticalis viel grösser und die fossa 
temporalis der einen Seite, in Folge davon, viel weiter als an 
der anderen. Statt der breiten, abgeplatteten und sehr rau- 
hen erista oceipitalis, welche Blainville’s Figur darstellt, 
hat dagegen mein Schädel eine schmale, höhere scharfkantige 
crista mit vorwärts gebogener Richtung, welche in dem Pe- 


297 


ters’schen Bilde angegeben ist. Es würde zu weit führen, 
wollte ich alle einzelnen Aehnlichkeiten und Unterschiede in 
ähnlicher Weise besprechen; ich bemerke nur noch, dass die 
Form des Gaumens, wenigstens der hinteren Partie, warum 
es sich besonders handelt, ganz ähnliche Polymorphie er- 
kennen lässt. Mein einer Schädel ist in dieser Gegend noch 
breiter als Blainville’s Figur; der andere ähnelt mehr der 
schmalen Form von Ot. Godeffroyi, aber dabei hat jener Schä- 
del den letzten oberen Backzahn hinter dem Rande des proc. 
zygomaticus max. sup. gestellt, wie Ot. Godefiroyi, nicht mit 
ihm in gleicher Flucht, wie Ot. jubata Blainille’s. Alles 
in allem gerechnet, so geht mir aus der Vergleichung meiner 
Schädelmit den erwähnten, mir vorliegenden Abbildungen un- 
zweifelhaft hervor, dass alle zu einer und derselben Art ge- 
hören und es nicht möglich ist, die vorhandenen Unterschiede 
auf sichere Artcharaktere zur Unterscheidung mehrerer Spe- 
zies zurückzuführen. Dies gilt namentlich auch vom Unter- 
kiefer; der meines alten Schädels von der Ostküste gleicht 
völlig dem der Ot. Godefiroyi von der Westküste! — 

Alle besprochenen Abbildungen stellen nur männ- 
liche Schädel dar; der weibliche ist ganz anders gestaltet 
und namentlich, wie das ganze Thier sehr viel kleiner als 
das Männchen. Die einzige Figur eines weiblichen Schä- 
dels, welche ich kenne, ist die der Otaria Ulloae Tsch. 
in der zweiten Aufzählung der Arten von Peters. Nicht 
blos diese Figur, sondern auch die Beschreibung und Abbil- 
dung des ganzen Thieres in der Fauna Peruana, stimmt so 
vollständig mit dem alten in unserer Sammlung nunmehr auf- 
gestellten weiblichen Exemplar von der Loberia überein, dass 
eine Artidentität zwischen beiden Thieren nicht bezweifelt 
werden kann; ihre Vergleichung hat mir den ganz entschie- _ 
denen Beweis geführt, dass Otaria Ulloae das Weibchen von 
Otaria Godeffroyi oder in weiterer Ausdehnung das von Öt. 
jubata und O. leonina vorstellt und eben als besondere Art 
völlig unhaltbar ist. Beachte ich die ungemein vollständige 
Uebereinstimmung der Peters’schen Figur mit meinem weib- 
lichen Schädel, so muss ich annehmen, dass der Artcharak- 
ter an den weiblichen Individuen viel sicherer sich ausge- 
prägt hat, und den individuellen Verschiedenheiten nicht der 

Bd. XXXI, 1868. 21 


298 
Spielraum gegeben ist, wie wir ihn an den männlichen Schä- 
deln wahrnehmen; auch, meine ich, in völliger Harmonie mit 
der allgemeinen Erfahrung, dass die Männchen mehr zur In- 
dividualisirung geneigt sind, als die Weibchen überhaupt. 

Sonach ist Otaria jubata Forster’s und der übrigen 
Schriftsteller, welche ihm gefolgt sind, einerlei mit Ot. leo- 
nina F. Cuviers und seiner Nachfolger und dazu gehört 
Ot. Ulloae Tsch. und Peters als Weibchen. Ot. Godefiroyi be- 
zeichnet ein Männchen von ziemlich normaler Beschaffenheit 
und Ot. Byronia wird auch wohl so zu deuten sein; wenig- 
stens behauptet es Gray in seinem Cat. of Seals bestimmt. 
Ot. chilensis Müll ist der Jugendzustand dieser Art, die übri- 
gens, was Peters übersehen zu haben scheint, schon von 
Molina in seinem Compend. (I. 317. Nr. IV. der Spanisch. 
Edition) ausführlich und gut als Phoca leonina, mit Hervor- 
hebung des bedeutenden Geschlechtsunterschiedes beschrieben 
worden ist. Andere Nominalarten hier zu erwähnen ist un- 
nöthig, da Gray die Synonymie in seinem Catal. of Seals 
etc. pag. 59 ziemlich vollständig gegeben hat; er kannte die 
grossen individuellen Verschiedenheiten sehr wohl und drückt 
sich am Ende der Seite 58 gut darüber aus; Weibchen da- 
gegen scheint er nicht gesehen zu haben, was er im Vorher- 
gehenden über die Geschlechtsunterschiede der Schädel sagt, 
beweist mir, dass es kein weiblicher Schädel war, den er da- 
für hielt. Auch eitirt er Ot. Ullgae Tsch. bei Arctoceph. 
Falklandieus, pag. 56, wenngleich nur fraglich; was nicht der 
Fall sein könnte, wenn er gewusst hätte, dass eben diese Art 
das Weibchen von seiner Ot. leonina ist. Freilich kennen 
wir die Ot. Ulloae Tsch. sicher erst seit Peters den Schä- 
del derselben bekannt machte. — 

Die zweite Art halte ich für Phoca Falklandica Shaw, 
Arctocephalus Falklandicus Gray, Cat. af Seals pag. 55, wo- 
mit nach Herrn Peters Angabe, der Arct. nigrescens Gray 
ibid. 52. 4. zusammenfällt. Ich habe von dem Schädel des 
jungen 'Thieres unserer Sammlung in den Ann. and Mag. Nat. 
Hist. 1866. pag. 99 eine Abbildung und kurze Beschreibung 
gegeben, welche ich nunmehr durch Kenntniss eines alten 
männlichen Individuums von 5 Fuss Länge vervollständigen 
kann. — Das Thier ist nicht bloss specifisch, sondern eben 


299 


so gut generisch von Otaria s. pr. (Platyrhynchus Cuv.) ver- 
schieden und rechtfertigt die Aufstellung einer besonderen 
Gattung vollkommen; ob damit die übrigen von Gray zu 
Arctocephalus gebrachten Arten wirklich zu vereinigen sind, 
muss ich unentschieden lassen, weil ich keine derselben aus 
eigener Untersuchung kenne; doch scheint mir nach der Ab- 
bildung des Schädels in der Zool. Ereb. u. Terror 1. pl. XV. 
von Arctoc. Hookeri die Vereinigung dieser Art mit der 
meinigen in dieselbe Gattung wohl zulässig. Ganz gewiss aber 
steht die Otaria Philippii Peters meiner Ot. Falklandica so 
nahe, dass sie mit ihr in dieselbe Gattung gehört; identisch 
sind beide Arten aber nicht, sondern sehr gut unterscheid- 
bare Spezies. Indem ich mich auf die Abbildung des Schä- 
dels dieser Otaria Philippii in Herrn Peters erster Nach- 
richt beziehe, bemerke ich, dass der Schädel von Arctoceph. 
Falklandicus zwar ganz dieselbe allgemeine Form und Grösse 
besitzt, aber beträchtlich solider gebaut ist und andere Ver- 
hältnisse zeigt. Von oben gesehen fällt die breitere Form 
der Schnauze zwischen den Eckzähnen und die viel geringere 
Breite des hinteren Endes der Stirn da, wo im Innern die 
Siebplatte sich befindet, in die Augen. Auch sind die Joch- 
bogen stärker nach aussen gekrümmt und die Zitzenbeinecken 
hinter der Gehörsöffnung fast ebensoweit nach aussen verlän- 
gert, wie der arcus zygomaticus vortritt; womit Ot. Philip- 
pii im grellsten Widerspruch steht. Von unten betrachtet, 
ist eben diese Gegend des Schädels sehr viel breiter bei 
Arctoc. Falklandicus als bei Otar. Philippii, die basis cranii 
dagegen am Anfange des Keilbeinkörpers etwas schmäler; die 
Choanenöffnung ist in Folge dessen viel enger bei meiner Art, 
und die hamuli pterygoidei, welche in Peters Figur sich ein- 
wärts biegen, wenden sich bei Arct. Falkl. entschieden nach 
aussen. Auffallend verschieden ist die Platte des Gaumen- 
beins, denn sie reicht bei meiner Art bis zum vorletzten Back- 
zahn nach vorn und nimmt fast die ganze hintere Fläche des 
harten Gaumens ein. Endlich haben alle Backzähne, deren 
Zahl oben 6, unten 5 ist (nicht 5 in beiden Kiefern, wie bei 
Otar. Philippii) sehr deutlich, kleine, aber spitze Nebenzacken 
an der kurz. konischen Krone, und eine sehr dicke, richtiger 
breite, durch eine senkrechte Furche in zwei Wülste getheilte 
21° 


300 


Wurzel, die an den zwei hintersten Zähnen beinahe von ein- 
ander gesondert sind. Auch sind die Eekzähne in beiden 
Kiefern sehr viel grösser an meiner als an der Peters’schen 
Art. — Verglichen dagegen mit den Maassen, welche Gray 
vom Schädel seines Arct. nigrescens im Catal. af Seals pag. 
55 gegeben hat, so stimmen alle mit den Relationen meines 
Schädels genau überein, doch ist letztere um 2—4 Linien 
grösser nach den verschiedenen Richtungen; von den Dimen- 
sionen dagegen, die Herrn Peters’ Figur angie»t, sind die 
meines Schädels ganz verschieden. Ich setze zur Vervollstän- 
digung von beiden die Maassabnahmen in Millim. her. 

Arct. Falkl. Otar. Philipp. 


Totallänge des Schädels 0,238 0,235 
Länge des harten Gaum. 0,113 0,110 
Länge des Unterkiefers 0,160 0,150 
Breite der Jochbogen 0,145 0,130 
Breite der Zitzenbeinecken 0,140 0,114 
Breite der Schnauze 0,058 0,046 


Von anderen Unterschieden will ich nur noch hervor- 
heben, dass meine Art eine viel weitere Nasenöflnung und 
etwas kürzere vorn breitere Nasenbeine besitzt, als die von 
Peters aufgestellte und dass neben den hintern Enden der 
Nasenbeine ein spitzer Fortsatz des Stirnbeines in die Schnau- 
zenpartie vorspringt, welcher der letzteren Art fehlt. Auch 
ist der Höcker am vordereren Rande der Orbita, über der 
Thränenkanalsmündung sehr viel grösser und die Stirn vor 
der crista superciliaris viel breiter bei meiner Spezies. Da- 
gegen scheinen sich beide Arten äusserlich sehr ähnlich zu 
sehen, denn ich finde in Herrn Peters Beschreibung nichts, 
was sich nicht von meiner ebenfalls sagen liesse; nur das 
Rostbraune fehlt der letzteren; wo Herr Peters rostbraun an- 
giebt, färbt meine sich grau, mit bräunlichem Anflug. Die 
langen Ohren zeichnen übrigens meine Art sehr aus, sie mes- 
sen am frischen Thier 0,050 und sind in der Maassangabe 
bei Peters nur zu 0,035 angegeben, was vielleicht auf Rech- 
nung des Eintrocknens geschoben werden darf. Molina der 
wie ich annehme in seinem Compend. dela hist. geogr. et nat. 
de Chile I pag. 314. II. die Peters’sche Art unter dem 
Namen der Phoca porcina kurz, aber doch ganz kenntlich 


301 


beschreibt, hebt ebenfalls die langen Ohren hervor und sagt 
von denen der vorigen Art, wo sie nicht zugespitzt, sondern 
abgestutzt geformt sind, dass sie nur 6—8 Linien lang seien, 
während die Phoca porcina die längsten Ohren von den drei 
Arten Ohrenrobben besitze, welche er aufführt. Von der er- 
sten, die er Phoca Lupina nennt, hebt er mit Nachdruck her- 
vor, dass sie nur vier Zehen in den Vorderflossen habe, was 
auf die Ot. Philippii keine Anwendung findet. Nach ihm ist 
diese vierzehige Art die gemeinste im Chesnos-Archipel von 
allen, die Phoca poreina dagegen sehr selten. 


Mittheilungen. 


seine Ornis 


j 


Der ‚‚hängende Stein‘ bei Bludenz, 
und Flora. 


In dem, an historischen Erinnerungen so reicken Walgau 
— vallis Drusiana — durch welchen in wenig Jahren die pro- 
jectirte Eisenbahn von Feldkirch nach Innsbruck führen soll, um 
das von der übrigen Welt bisher so ziemlich abgeschlossene Vor- 
arlberg in nähere Berührung mit derselben zu bringen, fesselt 
ein, in südwestlicher Richtung vorspringender Ausläufer des 
„hohen Frassen“, der das Thal bedeutend einengt, unwillkür- 
lich die Blicke des Touristen, der von Feldkirch nach Bludenz 
reist. Dieses ist der Schmiedberg, dessen südwestlichster steil 
abfallender Theil — an dessen Fuss die Strasse von Ludesch 
nach Nüziders und Bludenz vorbeiführt — bei Jung und Alt 
unter dem Namen „hängender Stein‘ bekannt ist.) 

Diese Stelle nun ist in naturhistorischer Beziehung von 
grossem Interesse und ich wage es um so mehr, auf dieselbe 


*) Im engern Sinne kommt diese Benennung aber nur einem 
pittoresk gestalteten Felsblock zu, der südöstlich sich erhebt und ent- 
fernte Aebnlichkeit mit dem Kopf und Halse eines Kamceles hat, und 
jeden Augenblick auf den Vorübergehenden niederzustürzen droht, 
den aber die Anwohner lieber mit einem umgekehrten, himmelanstre- 
benden Stiefel vergleichen und die Sage daran knüpfen, dass, wer 
ein paar alte Schuhe von der Strasse aus auf diesen Riesenstiefel zu 
werfen vermöge, von oben herab ein paar neue Schuhe erhalte. Bis 
jetzt ist dieses Kunststück aber noch Keinem gelungen! 


302 


aufmerksam zu machen, als die projectirte Feldkirch - Bludenzer 
‘ Bahn hart an derselben vorüberführen wird. 

Die Ornis des hängenden Steines ist zwar nicht von 
so hohem Interesse, dass sie allein schon eine Reise dahin lohnte. 
Doch finden sich auch hier einige seltene Arten, welche sonst 
nur im Hochgebirge — (dasselbe gilt zum Theile auch von den 
Pflanzen) — oder auch in den Thälern des benachbarten Kanton 
Graubünden angetroffen werden. Vor allem ist es die Felsen- 
schwalbe — Hirundo rupestris Scop. — welche die Aufmerk- 
samkeit des Ornithologen verdient, und in ziemlicher Anzahl je- 
den Frühling nistet. Ebenso nistete hier seit einer Reihe von 
Jahren die grosse Ohreule — Strix bubo L. — ob sie aber auch 
dieses Jahr wieder geschehen werde, ist sehr zu bezweifeln, da 
letztes Jahr einer von den alten Vögeln geschossen und die 2 
Jungen ausgenommen wurden, von denen der eine noch gegen- 
wärtig am Leben*) und im Besitze des Herrn Fabrikanten Hu- 
ber in Nenzing ist. Hie und da sieht man am hängenden Stein 
auch den Alpen-Mauerläufer — Tichodroma muraria Ill. -— über 
welchen Freund Girtanner von St. Gallen eine eigene Monogra- 
phie veröffentlicht hat, wie auch jüngst über den Alpensegler — 
Cypselus alpinus Tem. — und nächstens mit einer solchen über 
die Felsenschwalbe in die Oeffentlichkeit treien wird, wodurch 
die bisher noch in ziemliches Dunkel gehüllte Naturgeschichte 
dieser Alpenvögel bedeutend aufgehellt wird. Wahrscheinlich ni- 
stet auch die Steindrossel — Turdus saxatilis L. — hier. Im 
Winter sieht man in den Klüften des hängenden Steines Schaaren 
der Schneedohle — Corvus pyrrhocorax L. — Ich zählte da- 
selbst den 9. Febr. dieses Jahres (1868 über 200 Stück. Auch 
die „Pernise® — Perdix saxatilis Meyer — dürfte zufälliger- 
weise hier getroffen werden, wenigstens wurden im letzten Herbst 
(October) nicht weit davon „auf Latz‘‘ 15 Exemplare beobachtet, 
die sich eigentliche Gänge in den Schnee gegraben hatten. Der 
Bergpieper — Anthus montanus Koch — ist im Herbste und 
Frühling hier nicht selten. 


Wenn nun der hängende Stein schon für den Ornithologen 
von einigem Interesse ist, so ist er es noch mehr für Botaniker. 
Die Pflanzen, die ich hier gefunden und von denen ich im 
Folgenden ein Verzeichniss mittheile, werden meine Behauptung 
bestätigen. 

Ranunculus aconitifolius L. 
Berberis vulgaris L. 
Turritis glabra L. 
Arabis hirsuta Scop. 

—  Turrita L. 


*) Der jüngere wurde von seinem ältern Bruder aufgefressen! 


303 


Cardamine impatiens L, 

— hirsuta L. 
Sisymbrium Alliaria Scop. Häufig. 
Draba verna L. 
Cochlearia saxatilis Lam. 
Polygala Chamaebuxus L. 
Dianthus sylvestris Wolf. 
Saponaria ocymoides L. Sehr häufig. 
Moehringia muscosa L. 
Geranium sanguineum L. 
Trifolium montanum L. 
Doryenium suffruticosum Vill. Häufig bei der Ziegelhütte, 
Coronilla Emerus L. 
Prunus spinosa L. 
Potentilla verna L. (?) 

— caulcescens L. 
- Sedum album L. Häufig. 

—  dasyphyllum L. Sparsam. 
Pastinaca sativa L. 
Laserpitium latifolium L. 
Chaerophyllum temulum L. 
Asperula cynanchica L, Bei der Ziegelhütte. 
Inula Conyza DC. Daselbst. 
Carduus defloratus L. weissblühend. 
—  nutans L. 

Onopordum Acanthium L. In einer Felsenniesche 15 Exempl. 

Carlina vulgaris L. 
Hieracium staticefolium Vill. 
Ligustrum vulgare L. 
Anchusa officinalis L. 
Echium vulgare L. 
Verbascum Schraderi Meyer. 

— thapsiforme Schrad. 

= Lychnitis L. 
Digitalis lutea L. 
Veronica latifolia L. 

—  hederifolia L. 
Euphrasia Odontites L. 
Thymus Serpyllum L. var. obtusangulus m. 
Calamintha Acinos Clairv. 

— officinalis Mörch. 
Nepeta Cataria L. am Fuss des eigentl. hängenden Steines. 
Teucrium Chamaedrys L. 
Globularia cordifolia L, 
Polygonum bistorta L. 
Euphorbia Cyparissias L. 
Pinus sylvestris und Abies L. 


304 
Orchis militaris L. auch weissblühend. 
Epipactis latifolia AN. 
— rubiginosa Gaud, 
—  palustris Crtz. 
Convallaria polygonatum L. 
Anthericum ramosum L, 
Allium oleraceum L. 
—  carinatum L. an der Strasse. 
Carex alba Scop. 
Sesleria caerulea Ard. 
Melica ciliata L. 
Bromus tectorum L. 
Pteris aquilina L. 
Asplenium Ruta muraria L. 
— viride Huds. 
Phegopteris Robertiana Al. Br. 
Viele der gemeinen Pflanzen sind hier nicht einmal berücksich- 
tigt. In unmittelbarer Nähe des hängenden Steines finden sich 
noch mehr oder weniger häufig: Astragalus Cicer L. und Lina- 
ria spuria Mill. — im Ludescher Feld; Aronia rotundifolia Pers., 
Phyteuma orbieulare L., Erica carnea L., Rhododendron hirsu- 
tum L. und Primula auriceula L. auf der Westseite des Schmied- 
bergs, hart an der Strasse; Sedum acre und sexangulare L. und 
Hippophae rhamnoides L. an und in der Ill., südlich vom hän- 
genden Stein; Primula offieinalis Jacq. und Orobanche minor Sutt. 
am östlichen Abhang des Schmiedbergs, erstere sehr häufig; Trol- 
lius europaeus L., Sisymbrium Thalianum Gaud., Silene nocti- 
flora L, Scorzonera humilis L., Ajuga genevensis L., Iris sibirica 
L., Selaginella helvetica Spring u.s. w. um Nüziders, 1/4 Stunde 
vom hängenden Stein. P. Th. A. Bruhin. 
St. Gerold b. Bludenz (Vorarlberg) d. 2. März 1868. 


Literatur. 


Meteerelogie H. W. Dove, der Schweizer Fön — 
Berlin bei Reimer 1868. — Nachtrag zur Schrift: Eiszeit Fön und 
Seirocco, Gegen diese Schrift (efr. Bd. 30, 498 dieser Zeitschr.) hat 
sich Herr Wild zu Bern in einer Festrede auf eine sehr sonderbare 
Art ausgesprochen und dieselbe unter Anderm als ein Pampblet be- 
zeichnet. Dove sieht sich daher veranlasst seine Meinung über Eis- 
zeit und Fön noch einmal und zwar wie früher zum grossen Theil durch 
Citate vorzutragen. Ueber die Eiszeit sagt Dove in einem Briefe an 


305 


Escher: ‚‚Jeder geologischen Revolution wird also eine atmosphärische 
gefolgt sein, und in diesem andauernden Kampfe warmer und kalter 
Luftströme können Niederschläge sich gebildet haben für deren Mäch- 
tigkeit uns jedes Analogon fehlt und können Schneemassen gefallen 
sein, deren Bewältigung lange Zeit erfordert hat. So habe ich mir 
die Entstehung von Eiszeiten gedacht, nicht etwa um eine volle Re- 
chenschaft zu geben von ihrer nähern Eigenthümlichkeit, sondern um 
für mich die Widersprüche zu mildern, in welchen die für die Abküh- 
lung der Erde sprechenden Zeugnisse zu den Spuren stehen, welche 
die früher enorme Gletscherbildung so unwiderleglich hinterlassen 
hat. In Bezug auf alle weiter gehenden Untersuchungen bin ich in- 
competent.‘“ — Dies nachträglich zu unserer frühern Anzeige, in der 
wir auf die Eiszeit gar nicht eingegangen waren. Die vorliegende 
Brochüre geht, wie auch der Titel sagt, hauptsächlich auf die Natur 
des Schweizer Föns ein, indem der Verf. noch einen letzten Versuch 
zu machen scheint, die „bodenlose Verwirrung“ die über die Natur 
desselben herrscht, aufzuklären; bisher ist ihm diess nämlich noch 
nicht gelungen, denn Herr Wild beglückt uns in seiner Festrede noch 
mit einer neuen Art dieses Windes, indem er davon spricht, dass 
„der gewöhnliche Aequatorialstrom von Scandinavien und der Nord- 
see her zu uns gelange und die Alpen von Nord nach Süd über- 
schreite.“ Auf den Inhalt der Entgegnung genauer einzugehen halten 
wir nicht für nöthig, da sie mit Ausnahme der persönlichen Angele- 
genheiten kaum etwas Neues enthält, die Schweizer Meteorologen 
werden daher wahrscheinlich ‚in dem tiefen Gefühle, dass die Schweiz 
ein rpartigs Ländli sei‘ dem Berliner Gelehrten immer noch zu 
widersprechen versuchen, wer soll denn, wie C. Vogt sagt, „unsern 
specifischen Schweizerschnee schmelzen, wenn uns unser specifischer 
Schweizerfön ins Schwarze Meer gedreht wird? Gegen solche Un- 
bill muss sich jedes patriotische Herz empören!“ (Cfr. Köln. Zeitung 
N. 111.) Schbg. 

O. Buchner, die Meteoriten in Sammlungen, dritter 
Nachtrag zu den gleichnamigen Werke d. Verf. (Leipzig 1863). — 
(Pogg. Ann. 132, 311—319.) 

v. Haidinger, die Meteoriten des kk. Hofminera- 
lien am 1. Juli 1867. — Eine Aufzählung der wichtigsten von 
den in den letzten 10 Jahren neu hinzugekommenen 99 Localitäten. 
(Ebda 175 —184.) 

Derselbe, dieLocalstunden von 178 Meteoritenfällen. 
Aus der Aufzählung des Verf. geht hervor, dass in den Stunden von 
3U.Mg. — 9 U. Mg. 33 Fälle beobachtet sind, von 9U. Mg. — 3U. 
Nachm. 66, von da bis 9 U. Ab. 67 und endlich in den 6 Nachtstun- 
den nur 12. Auf die Zeit von Mittag 12 bis Ab. 6 U. kommen sogar 
11. Verf. lässt es unentschieden ob diese grosse Differenz in der 
Natur der Meteoriten begründet oder nur durch die bessern Beobach- 
tungen bei Tage hervorgebracht ist. — (Elda 651-658.) 

K. Jelinek, normale fünftägige Wärmemittel für 


306 


80 Stationen in Oesterreich bezogen auf den Zeitraum 
1848 —1865. — Die Pentaden sind dieselben wie die der Dove- 
schen Tabellen (1.— 5. Jan. u. s. w.); wir theilen beispielsweise die 
Zahlen für Wien mit: 


Januar Februar März April Mai Juni 
— 2,05 — 0,32 2,46 6,87 8,97 14,61 
— 1,92 + 0,50 2,91 7,61 10,19 15,33 
— 1,69 0,24 2,71 1,28 12,19 15,09 
21T 0,13 2,66 7,24 12,15 14,74 
— 0,65 0,45 3,95 8,25 12,75 15,69 
— 0,60 1,59 4,75 8,74 13,21 15,20 
Juli August September October November Decembr. 
15,01 16,74 15,34 11,67 6,16 1,68 
15,76 16,19 15,83 10,33 4,71 — 0,09 
15,31 16,06 12,66 9,54 4,29 + 0,51 
16,55 16,21 11,53 8,83 2,40 + 0,43 
16,18 14,87 11,72 8,43 1,70 — 0,89 
16,72 15,51 11,46 7,53 1,22 nl 
— 1,37 


Diese Mittel sind also etwas höher als die von Dove aus 20 Jahren 
im vorigen Jahrhundert berechneten; cfr. diese Zeitschr. 1866, 28 
Ss. 194—195. — (Hbda 192— 224.) 


E. Weiss, Bericht über dieBeobachtungen während 
der ringförmigen Sonnenfinsterniss am 6. März 1867 in 
Dalmatien. — Der Verf. berichtet, dass eine Expedition von Na- 
turforschern sich in die Zone der Ringförmigkeit der erwähnten Fin- 
sterniss begeben habe, theilt dann die Instructionen, welche für die 
Beobachter aufgestellt seien, mit; dieselben theilen die Arbeit in 4 
Abtheilungen: 1) Beobachtungen mit dem Fernrohr; 2) Beobachtungen 
mit freiem Auge sowie an Thier und Pfianzenwelt; 3) meteorologi- 
sche und magnetische Beobachtungen; 4) Physikalische Beobachtungen 
(speetroscopische, photometrische und in Bezug auf Polarisation). 
Beobachter wurden auf 3 Stationen vertheilt, die Hauptstation wurde 
in die Centrallinie der Zone gelegt, eine an deren Nordrande, die 
andere an den Südrand, für dieselbe sind noch Specialinstructionen 
mitgetheilt und darauf folgen die Berichte selbst, die wir, da sie 
sehr umfänglich sind und meist aus beobachteten Zahlen bestehen, 
nicht mittheilen; die Berechnung der Beobachtungen zeigt, dass die 
vorausgegangene theoretische Rechnung sehr genau war. Der Schluss 
bildet eine Besprechung der Protuberanzen, welche auf einer Station 
beobachtet sind; es geht aus denselben hervor dass dergl. auch be- 
obachtet werden können, wenn keine Sonnenfinsterniss stattfindet und 
Weiss empfiehlt daher den Küstenbewohnern bei Sonnenauf- und Un- 
tergängen im Meere systematisch nach Protuberanzen zu suchen. — 
(&bda 905 — 944.) Schbg. 


307 


Physik. J.B. Baille, über die Veränderungen der 
Dispersion bei Flüssigkeiten durch Erwärmung. — Der 
Verf. hat seine Untersuchungen jetzt auf flüssige Substanzen ausge- 
dehnt; beim Wasser findet er, dass die Dispersion von 2°—5° C. fast 
constant bleibt und dann rasch abnimmt, das Maximum der Dichtig- 
keit hat keinen besondern Einfluss. Aus den gefundenen Zahlen hebe 
ich beispielsweise die folgenden heraus: 


Brechungsexponent Dispersion 
Natriumliniie D F—-C 


destillirtes Wassser 2,0 1,33482 0,00646 

ab 40,5 1,33479 0,00647 

„ 89,0 1,33461 0,00643 

% 150,25 1,33392 0,00634 

„ 100 1,31943 0,00485 

andere Flüssigkeiten D-—t; F—D 

Schwefelkohlenstoff 14° 1,6309 0,0096 0,0247 
S; 250 1,6248 0,0092 0,0244 
desgl. mit Schwefel 14° 1,6917 0,0108 0,0285 
gesättigt 240 1,6835 0,0102 0,0283 
Glycerin 80 1,46796 0,00205 0,00572 
990 1,44454 0,00208 0,00522 


— (Pogg. Ann. 132, 319 — 320.) 


R. Rühlmann, Untersuchung über die Aenderung 
der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichts im Was- 
ser durch die Wärme. — Nach einem kritischen Rückblicke auf 
die frühern hierhergehörigen Arbeiten und die verschiedenen Beob- 
achtungsarten beschreibt der Verf. seinen Apparat: im Wesentlichen 
ein Hohlprisma, in welches Wasser von verschiedener Temperalur ge- 
füllt wurde. Mit Hülfe eines Theodolithen, der zugleich als Prismen- 
träger diente, wurden die Winkel der kleinsten Ablenkung für die 
Linien des Lithiums, Natriums und Thalliums beobachtet, für jede 
Beobachtung der nicht ganz constante brechende Winkel bestimmt 
und daraus die Brechungsindices des Wassers für die einzelnen Li- 
nien und Temperaturen berechnet. Die mit aller Sorgfalt angestellten 
Beobachtungen zeigen dass der Brechungsindex des Wassers von 
0—80° R. stetig abnimmt ohne bei dem Dichtigkeitsmaximum eine 
Abweichung von dem Aenderungsgesetze zu zeigen; die Fortpflan- 
zungsgeschwindigkeit nimmt also stetig zu. Die Aenderung des Bre- 
chungsindex mit der Temperatur lässt sich befriedigend ausdrücken 
durch die Formel x = a — bi? -+ ci‘, wo a, b und ce Constanten sind 
die für die 3 Linien besonders berechnet sind. Die Abnahme des 
Brechungsindex pro 1° ist in minimo 0,00005 (bei 0°—1°), in maximo 
0,00028 (79°-80°) beim Lithium, 0,00026 beim Natrium 0,00022 beim 
Thallium. Die nach jener Formel berechneten Brechungsindices n 
selbst sind z, B. 


303 


Lithiumlinie Natriumlinie Thalliumlinie 
bei 00 1,33154 1,33374 1,33568 
bei 10° 1,33123 .1,38342 1,33535 
bei 200 1,33033 1,33250 1,33439 
bei 40° 1,32690 1,32901 1,33081 
bei 80° 1,31647 1,31853 1,32083 


Diese Zahlen beziehen sich auf Wasser in Luft bei 7° and un- 
gefähr 335° Druck. Um die absoluten Brechungsindices zu finden hat 
man constant 9,00088 zu addiren. — Die Dispersion zwischen je 
zweien der 3 Linien wird durch eine ähnliche Formel ausgedrückt, 
sie ist zwischen Lithium - und Natriumlinie am geringsten bei 670,6, 
zwischen Natrium und Thallium 47°,1 zwischen Lithium und Thallium 
bei 52,6. — Die weitern Untersuchungen in Bezug auf die Dichte 
der brechenden Substanzen zeigen, dass die sogenannte brechende 
Kraft n®—1 dividirt durch die Dichte d nicht eine constante Grösse 
ist. Anch Schraufs Arbeiten über das Refractionsäquivalent erledigen 
sich durch die Bemerkung, dass weder 3eine „specifische brechende 
Kraft“ noch sein „specifisches Dispersionsvermögen‘* von der Tem- 
peratur unabhängig sind. — (Poyg. Ann. 132, 1—29, 177-203.) Schby. 

G. Quincke, optische Experimental-Untersuchun- 
gen: VIII. über die verschiedenen Methoden Lichtstrahlen interferi- 
ren zu lassen; IX. über den Jaminschen Compensator und eine neue 
Methode den Brechungsexponenten von Randgläsern für verschiedene 
Fraunhofersche Linien zu bestimmen; X. über Beugungserscheinun- 
gen die durch durchsichtige Lamellen hervorgebracht werden, XI. über 
eine neue Art von Beugungserscheinungen und die Phasenänderung 
der Lichtstrablen bei totaler und metällischer Reflexion. — Diese in- 
haltreichen Aufsätze lassen sich kurz nicht gut referiren, wir müssen 
also aufs Original verweisen. — (Poyy. Ann. 132, 29--75; 204--224; 
321—371; 561—592.) 

L. Sohnke, über den Einfluss der Bewegung der 
Lichtquelle auf die Brechung. Kritische Bemerkungen zu der 
Entdeckung des Hrn. Prof. Klinkerfues. — Doppler hat darauf auf- 
merksam gemacht, dass von einer sich bewegendenLicht- (Schall-) Quelle 
nicht ebensoviele Impulse ins Auge (Ohr) des Beobachters gelangen, 
als von derruhenden, und hat den Schluss gezogen, dass die Wellen- 
länge des Lichts und somit die Farbe eine andere geworden sei. 
Dagegen hat Klinkerfues in den Göttinger gelehrten Anzeigen die 
Ansicht entwickelt, dass die Wellenlänge unverändert bleibe, und es 
ändere sich nur die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Phase (nicht 
mit der gewöhnlichen Fortpflanzungsgeschwindigkeit zu verwechseln). 
In Folge davon würde das ganze sichtbare Spectrum eine Verschie- 
bung erleiden, unter Anwendung eines achromatischen Prismas aber 
würde eine andere Brechung als bei ruhender Lichtquelle zu Stande 
kommen. Nach den Untersuchungen von Sohnke ist aber die Klin- 
kerfuessche Entwickelung nicht haltbar, vielmehr die Dopplersche An+ 
sicht aufrecht zu erhalten. — (Pogg. Ann. 132, 279-292.) Schhy. 


309 


E. Mach, über eine Longitudinalwellenmaschine. — 
Schon früher hat Mach die gew. Stossmaschine (eine Reihe elastischer 
Kugeln) als Modell für die Fortpflanzung der Schallwellen benutzt; 
dieselben wirken aber nur durch Stoss auf einander nicht durch Zug 
— um auch dies zu zeigen hat er jetzt statt der Kugeln Cylinder 
angewandt, die auf einer Holzbahn sich bewegen und durch schwache 
Federn lose mit einander verbunden sind. Durch Festhalten des letz- 
ten Cylinders und Benutzung von Cylindern von verschiedener Dich- 
tigkeit kann man die Reflexion der Wellen und die Bildung der ste- 
henden Wellen etc. zeigen. — (Poyy. Ann. 132, 174—176.) 

F. Kohlrausch, über einen selbstthätigen Regula- 
tor für den galvanischen Strom. — Enthält die genaue Be- 
schreibung der verbesserten Einrichtung des schon früher angezeig- 
ten Apparates: vgl. diese Zeitschr. 28, 42, — (Pogg. Ann. 132, 166 
— 179.) 

Poggendorff, über die Wärmeentwicklung in der 
Luftstrecke electrischer Entladungen. — Die Untersuchun- 
gen wurden mit einer Holtzschen Maschine und einen in die Funken- 
bahn eingeschalteten Thermometer angestellt und zeigen, dass die 
directen Entladungen der Electrophormaschine am positiven Pol wär- 
mer sind als am negativen; 2) bei Polen von verschiedener Gestalt 
ist die Temperatur verschieden: bei Kugeln im allgemeinen desto 
grösser, je grösser ihr Durchmesser ist; bei Kegeln je stumpfer sie 
sind; 3) die Temperaturerhöhung scheint bei flüchtigern Metallen grös- 
ser zu sein als bei weniger flüchtigen. Weitere Versuche wurden an- 
gestellt mit Entladungen die auf verschiedene Weise modificirt waren, 
sie zeigten, dass bei der Entladung in compacten Funken oder bei 
Anwendung von Conductoren die Erwärmung im Ganzen genommen 
eine geringere ist als bei der Büschelentladung oder ohne Conducto- 
ren; dass dabei auch die polare Temperaturdifferenz eine umgekehrte 
ist, d. h, die Erwärmung am negativen Pole grösser ist als am po- 
sitiven; ferner dass die Wärmewirkung bei der Flaschenentladung im 
Ganzen viel geringer ist als bei der direceten Entladung und dass 
der negative Pol der wärmere ist. Die Flasche wirkt also ähnlich 
aber stärker als der Conductor. — (Poyy. Ann. 132, 107—133.) 

W. Beetz, über die electromotorische Kraft der Gas- 
batterie und die voltasche Polarisation. — Dieser Aufsatz 
ist gerichtet gegen einige Arbeiten des H. Gagain, der die frühern 
einschlägigen Arbeiten von Beetz nicht genügend beobachtet hat und 
dessen Resultate theilweise als neu hinstellt, theilweise denselben wi- 
derspricht. — (Pogg. Ann. 132, 456—464,) 

Chemie. C. Bischof, die Thone auf der Pariser In- 
dustrie-Ausstellung. — Die für Fabrikation feuerfester Steine geeig- 
neten Thonsorten waren in der Ausstellung unter den zahlreichen und 
mannichfaltigen von den verschiedenen Nationen ausgestelltenRohma- 
terialien so versprengt und zerstreut, dass eine vergleichende Be- 
schreibung derselben ausserordentlich schwierig wurde. 


310 


Nimmt man Classe 40 (Erzeugnisse des Bergbaues und Classe 
65 (Material für Bauwesen) zusammen, so waren die einzelnen Na- 
tionen in folgender Weise repräsentirt. 

1. Frankreich durch 7 Aussteller von schönen Kaolinen (ge- 
schlämmt und ungeschlämmt) und durch 3 von fetten feuerfesten 
Thonen, Fertige feuerfeste Fabrikate für metallurgische Zwecke, 
Glashütten etc. stellien aus 4 Fabrikanten. 

Diese bewährten sich bei der bei Gussstahlschmelzhitze ange- 
stellten Prüfung sämmtlich durch hohe Strengflüssigkeit. 

Unter den Kaolinen zeichnen sich aus: der Kaolin von Dutheil- 
let de Lamothe in St. Yrieix (Departem. Haute Vienne) in 2. Linie 
der De Veauce in Paris Kaoline des Collettes pres Lalizolle, Algier, 
die Analyse des letzteren ausgeführt in der Pariser &cole des mines 
ergiebt für das geschlämmte Material: 


Thonerde: 40,00 
Kieselsäure:; 46,60 
Kalk: 1,30 
Glühverlust: 12,50 

99,90 


nebst Spuren von Eisen und Magnesia. Es kostet loco 19 Fres. 
die 1000 Kilogr. 

Eine 3. Sorte Kaolin aus der Bretagne, der durch Schlämmen 
fast rein weiss, in der Glühhitze sich graw und porös brennt besteht 
nach einer Analyse von Salvetat 


Thonerde: 37,66 
Kieselsäure: 48,00 
Eisenoxyd: 0,75 
Kalk: 0,15 
Magnesia; 0,48 
Alkalien: 0,76 
Glühverlust: 12,50 

100,00 


Von den fetten Thonen steht der von Pavia de Lavaigne in 
Viviers (Dep. Ardeche) obenan von hellbrauner Farbe, muschligen 
Bruch, glänzender Schnittfiäche, beim Reiben knirschend. 

2. Belgien ist durch 13 Aussteller vertreten in den meisten 
Fällen aber durch das fertige Fabrikat, welchem nur selten der Roh- 
thon beigegeben ist. 

Die Fabrikate bestehen dem äussern Ansehen nach 1) aus tho- 
niger Grundmasse mit Chamottestücken von der Grösse einer halben 
Erbse; 2) aus kieselreicher Grundmasse mit Chamottestückchen 3) aus 
derselben Mischung nebst Quarzstückchen; 4) auch Steine, die we- 
sentlich aus Quarzsand bestehen, der nur durch Thon plastisch ver- 
bunden ist. Bei der Prüfung bewährten sich die kieselreichen beson- 
ders noch mit Feuerstein und Quarz versetzten am besten durch 
Strengflüssigkeit; in erster Linie die von Cambier a Boussu und Juis- 
seaux Vue & Beaudous pres Mons. 


31l 


Dagegen die aus reiner Thonmasse (also 1) bereiteten halten 
sich nur vortrefflich bis zum Eintritt der Gussstahlschmiedehitze; in 
dieser aber schmelzen sie zu einer homogenen porigen Masse. Von den 
rohen ausgestellten Thonen entspricht keiner der Anforderungen der 
Feuerbeständigkeit bei Gussstahlschmelzhitze. 


3. Preussen und die norddeutschen Staaten zählte 14 
Aussteller, darunter einige nassauische und schlesische Thone, sowie 
Kaoline. Wir finden die früheren kurhessischen Thone, der Tigelthon 
von Grossalmerode, die Thone der Freiherrn von Waitz zu Hirsch- 
berg bei Cassel, ferner der Thon von Mehlem vom Rhein, also Ma- 
terialien die schon längst anerkannte Fabrikate liefern; 2 neue Thone 
vom Montabauer-Selterser Plateau, beide sandhaltig können diesen 
gleichgestellt werden. 


Bemerkenswerth sind noch die feinkörnigen dichten Sandsteine 
von graulichweisser Farbe von der Zeche Hibernia (Gelseachischen), 
die in stärkster Gusstahlschmelzhitze kein Zeichen der Schmelzung 
geben und aus einer mürben leicht zerreiblichen Masse bestehn. 
Die Schieferthone stellen sich im Allgemeinen bei der Prüfung 
als zu wenig strengflüssig dar. Auch die Kaoline schmelzen so- 
gar vielfach zu einem weissen oder grauen Glase zusammen. 


4. Süddeutschland brillirt durch seinen berühmten Klingen- 
berger Thon, der allen übrigen Rohmaterialien voransteht; er ist eine 
- homogene zarte Masse von schieferblauer Farbe mit glänzender 
Schnittfläche und muschligem Bruch. 


5. Oestreich. Stellt nur 1 Kaolin und 2 sogenannte feuer- 
feste Thone, Der geschlämmte Kaolin von Blazeck zu Pilsen ist weiss 
mit gelblichem Stich, er brennt in Gussstahlhitze weiss, schmilzt nicht 
völlig, wird aber porig. 

Eine chocoladenfarbene Thonmasse, Galizien, die durch ihr äus- 
sgrst geringes spec. Gewicht auffällt, schmilzt völlig zusammen. 

6. Spanien liefert 2 Kaoline und 2 Thone, letztere auffällig 
streng flüssig am meisten die „terra blanche de Monte Rubio“ eine 
erdige Masse mit schiefriger Ablösung, die dunkelgefärbten Thone 
stehen in Strengflüssigkeit zurück. Der Kaolin, welcher Quarz und 
Glimmer führt, giebt durch Schlämmen eine weisse Masse, die in der 
Gusstahlschmelzhitze nicht schmilzt, sondern nur porös wird. 

7. Griechenland: 3 Thonproben. 

8. Russland: 1 Thonprobe. 


9. Italien mit Kirchenstaat mit 2 Proben Kaolin und 2 Pro- 
ben Thon, die beste von diesen eine glimmerhaltige gelbgraue Thon- 
masse und Consolati bei Verona erscheint bei der Prüfung wie ein 
Kaolin 2. Qualität. 

10. Türkei zahlreich vertreten aber durch wenig feuerbestän- 
dige Materialien, auflällig ist ein sogenannter Ziegelthon. 


11. Nordamerika 2 Kaoline und 1 Thon. 


312 


12. Brasilien 1 Kaolin und 1 Thon; letztere aus dem usine 
imperiale de fer d’Ipaucma a San Paolo, dichte homogene Masse 
von gelblicher Farbe wie eine mit Sand versetzte Caolinmasse. 
13. Grossbritanien zeichnet sich nur durch den weissen 
Kaolin von Martin freres und St. Austell von zartem Anfühlen mit 
Glimmerblättchen durchschossen, brennt sich rein weiss und wird 
nicht porös. Ein Stück des durch Feuerbeständigkeit weltberühm- 
ten Stourbridgethones von Perrens und Horrison aus der Steinkohlen- 
formation ergab merkwürdiger Weise bei der Prüfung ein sehr un- 
günstiges Resultat, was jedenfalls der Ungleichartigkeit des Thonla- 
gers, dessen verschiedene Lagen gemischt verarbeitet werden, seinen 
Grund hat. 

Die gesammten englischen Colonien lieferten 1 Thonprobe. — 
(Dingl. polyt. Journ. 186, 454.) B.D. 


Jährliche Quecksilberproduction. — Die Gesammt- 
production von metallischem Quecksilber auf der ganzen Erde lässt 
sich auf 61,000 Ctr. schätzen. Hiervon liefert 


Spanien 20,000 Ctr. 
Californien durch Neu Almaden 28,000 „, 
Andere Californische Gruben 7,500 „ 
Peru 3,000 „ 
Deutschland , Oesterreich und 

Frankreich 2,500 , 


Der Verbrauch, welcher wesentlich auf die Ausbringung von 
Silber und Gold hinauskommt, beträgt für Mexico, Peru, Chile, Bolivia 
jährlich zur Silbergewinnung 23,000 Ctr. Für China und Japan zur 
Zinnoberproduction und Silberproduction 10,000 Ctr. Australien und 
Californien zur Silber- und Goldgewinnung 6000 Ctr. Europa und 
Vereinigte Staaten 12,000 Ctr.; also geht aus den obigen Zahlen her- 
vor, dass bei einem Gesammtverbrauch von 51,000 Ctr. auf der alten 
und neuen Welt der Bedarf hinlänglich gedeckt erscheint. 


Br. Zoch, die Luftverschlechterung in Wohnräu- 
men durch künstliche Beleuchtung. — Erhellen wir unsere 
Zimmer durch künstliche Beleuchtung, so kommt diese in allen Fällen, 
gleichgültig ob wir Gas, Petroleum und sonstiges Mineralöl oder Rüböl 
anwenden, darauf hinaus, dass Kohlenwasserstoffe zur Verbrennung 
gelangen, deren Producte schliesslich Kohlensäure und Wasserdampf 
sind. Je mehr nun dieselbe mit Kohlensäure bereichert wird, 
um so tiefer wird sich ihr Werth für den Athmungsprocess 
herausstellen. Vorliegende Versuche bieten einen quantitativen 
Vergleich dieser Luftentwerthung bei Petroleum, Leuchtgas und 
Rübölbeleuchtung. Dieselben geben das Kohlensäurequantum in 
100 Kubikmetern Luft bei einer erzielten Luftstärke von 10 
Normalkerzen. Man gewinnt aber zugleich noch durch die weite- 
ren Beobachtungen die Ueberzeugung, dass noch andere kleine Um- 


313 


stände und der absolute Kohlensäuregehalt zur Athmungsbelästigung 
bei der künstlichen Beleuchtung beitragen. 


Brenndauer f. Petroleum für Leuchtgas für Rüböl 
aus Steinkohle 


1 Stunde 0,0929 — 0,0708  — 0,0537 
ar ORABEH ae 0134 0,1038 
EN Dos 0.1190 
Aa O181d0l — .,.0,1562.1. 12-46 0,1229 


Es entwickelte also Petroleum bei gleicher Lichtstärke noch mehr 
Kohlensäure als das Leuchtgas und dieses mehr als Oel. Bei Pe- 
troleumbeleuchtung wird bei Zunahme auf 0,1779°/, unangenehm 
und beschwerlich, bei Leuchtgas weniger und bei Rüböl gar 
nicht. Dies hat seinen Grund wie ein geübter Geruchssinn leicht 
ermitteln wird in der Abgabe kleiner Mengen unverbrannter Kohlen- 
wasserstoffe an die Atmosphäre, welche bei Petroleumbeleuchtung 
besonders stattfindet selbst unter Voraussetzung der besten Lampen. 

Es geht ferner aus der Versuchsreihe hervor, dass bei densel- 
ben für alle 3 Beleuchtungsmittel die Kohlensäurezunahme nach 3stün- 
diger Brenndauer ihren Maximum-Höhepunkt erreicht hat; was sich 
natürlich bei verschiedenen Ventilationsverhältnissen verschieden ge- 
ıtalten muss. 

Für die Praxis folgt also, dass die gute Rübölbeleuchtung die 
atmosphärische Luft am wenigsten mit schädlichen Beimengungen 
belastet. 

Die Schädlichkeit der Petroleumbeleuchtung erscheint nach obigen 
Versuchen weit grösser als siein Praxi stattfinden wird, da man sich 
selten dieses Beleuchtungsmittels zu Brennvorrichtungen bedient, von 
welchen die obige Luftintensität (10 Kerzen) beansprucht und mithin 
das hierzu erforderliche namhafte Petroleumquantum consumirt wird. 
Anders ist dies bei Leuchtgas, von welchem gerade derartige An- 
sprüche gemacht werden. Dasselbe belästigt allerdings zunächst durch 
die unangenehm strahlende Wärme, den Attribut der Steinkohlengas- 
beleuchtung, aber auch durch die selbst durch gute Ventilation nicht 
ganz zu beseitigende Luftverschlechterung. — (Journ. f. Gasbeleuch- 
tung 1867, 401.) B. D. 

H. v. Abich, über die Naphtabezirke des nord- 
westlichen Kaukasus. — Während das Petroleumvorkommen auf 
der Süd-Ostseite des Kaukasus seit Jahrtausenden bekannt und seit 
vielen Jahren zur Deckung des örtlichen Beleuchtungsbedarfs benutzt 
ist, hat man die Erforschung des nordwestlichen Theiles dieses Ge- 
birges in der Absicht Naphtaquellen zu erschliessen erst seit 1863 
mit Nachdruck in die Hand genommen. Nachdem innerhalb 3jähriger 
Arbeit sowohl auf der Halbinsel Kertsch wie auf der Halbinsel Ta- 
man unzählige kleine Naphta liefernde Brunnen angelegt, unter denen 
aber besonders der vom OberstNovazilzof bei Rudaka angelegte sich 

Bd. XXXI, 1868, 22 


314 


durch eine artesische Erhebung des erschlossenen Oelstrahles aus- 
zeichnete, ward Verfasser von der Hauptverwaltung des kaukasischen 
Gouvernements zur Bereisung des Terrains und vergleichender Un- 
tersuchung desselben veranlasst. 

Dieselben lassen sich etwa in folgendem zusammenfassen: 

I. Arbeiten auf der Halbinsel Kertsch. Hunderte von Bohrlö- 
chern auf dem eruptiven Schlammvulcanterrain sowohl in dessen 
Mitte wie in seiner Peripherie lieferten bei einer Tiefe von 20-70‘ 
bereits Naphta. Bei Tiefbohrungen von 100-440‘ ergab sich eine Ab- 
nahme der Naphta, dagegen eine Zunahme des begleitenden Ga - 
ses. In keinem Falle wurde die Naphta wieder erreicht, sondern 
stets die Fortsetzung der Arbeit durch das Ueberhandnehmen des 
Gasdrucks verhindert. Für die Praxis folgt daraus, dass hier auf 
Kertsch eine Naphtaproduction nicht durch Tiefbohrung, 
sondern durch gleichzeitige Anlage vieler Brunnen von 50 — 60‘ 
Tiefe zu erreichen ist. f 

II. Auf der Halbinsel Taman. Obwohl auch auf Taman selten 
die Tiefbohrung über 120—130’ ausgeführt, erhielt der Verfasser durch 
die Localbesichtigung die entschiedene Ueberzeugung, auf diesem 
Terrain müsste durch Tiefbohrung nach Art der artesischen Brunnen 
ein freiwilliges Hervorspringen des Naphtastrahles zu erzielen sein. 
Die Gründe für diese Annahme sind das auffällige constante Abfallen 
der bituminösen Schichten mit Neigung nach Norden und die breite 
synklinale Form der Thalebenen. 

Innerhalb dieser naphtaführenden Zone von Taman, welche 1865 
von dem Stabscapitain v. Koschkul in der Länge von 169 Werst 
nachgewiesen war, lassen sich in der Richtung von NW nach SO fol- 
gende 4 Gruppen unterscheiden: 

1) Das bei weitem wichtigste Glied dieser Zone auf der Nord- 
westspitze noch nordwestlich von dem Schlammvulkan „Schugo‘‘ bis 
zu 7 Werst breit, 22 Werst lang die Gruppe, welche in dem Thal 
Kudako (tartarisches Wort für Naphtathal) endet und 50 Quadrat- 
werst Naphtaterrain einschliesst. 

2. Gruppe 53 Werst von Kudako entfernt das Asipsthal ohne 
bedeutende Breite, so dass alle Naphtavorkommen in einer geraden 
Linie lagern. f 

3. Gruppe das Thal des Sups mit 10 Werst Länge ebenfalls 
linear gestaltet. 86 Werst von Kudako ist die Verlängerung von 
Gruppe 2. 

4. Gruppe auf Taman zwischen den Flüssen Psihisch und 
Pschecha ist von der vorhergehenden durch ein 38 Werst langes naph- 
taloses Terrain geschieden und liegt 132 Werst von Rudako. 

Wie 1859 mit der Erbohrung der ersten artesischen Naphta- 
quelle durch Oberst Drake bei Titusville die Petroleumsforschung 
eine Aufnahme gewann, dessen Leidenschaftlichkeit nur in dem Gold- 
suchen auf californischem Gebiet ihres gleichen hat, so sah man die 
Naphtaterritorien des Kaukasus mit andern Augen an als Oberst No- 


f 315 


vazilzof in dem Thal Kudako am 3. Februar 1866 bei 1231/,‘ Tiefe 
den ersten frei springenden Naphtastrahl erbohrt hatte. Verfasser 
dieses hat nun die geognostischen wie physikalischen Verhältnisse 
dieses durch seine höchst gewinnbringende technische Ausbeute aus- 
gezeichneten Vorkommens im Kudako einem Studium unterworfen, 
aus welchem sich auch für die übrigen Oelterritorien Schlüsse ma- 
chen lassen. 

Die Geschichte dieser berühmten Naphtaquelle von Kudako ist 
folgende: 

Die im Januar 1866 von Oberst Novazilzof begonnene Bohrar- 
beit ergab bei 40‘ Tiefe Naphta. Durch Ausschöpfen konnte man 
120—160 Eimer täglich gewinnen. Bei 123!/,‘ Tiefe erhob sich ein 
14‘ hoher Strahl, der 14 Tage ununterbrochen sprang und täglich 
1500—1600 Vedro (& 27 Pfund) lieferte. Die nach dieser Zeit einge- 
tretene Verstopfung wurde durch Tiefbohren auf 182’ beseitigt, so 
dass am 4. März ein Strahl von 40‘ Höhe zu Tage drang. Das Bohr- 
loch lieferte in 24 Stunden 3000 Vedro. Am 11, und 18. März soll 
derselbe nachdem das Bohrloch 242° Tiefe erreicht 5090 Vedro ge- 
liefert haben. Es waren also 3 verschiedene Naphtaführende Eta- 
gen durchsunken, welche von einander je durch ein Sandsteinmit- 
tel geschieden waren. Physikalisch interessant ist die Temperatur 
des Gases und Naphtagemisches, welche constant 7?R. war also um 
3° R. hinter der durchschnittlichen Bodentemperatur (bis 242° Tiefe) 
zurückblieb; eine Thatsache, welche wohl in der Bindung der 
Wärme, bei dem Abdunsten der Naphta zu erklären wäre. Dies Ab- 
dunsten wird natürlich durch die Vehemenz des durchströmenden 
Gasstrahles befördert. Innerhalb 57 Tagen hat die Production 82,452 
Vedro (22200 Ctr.) = 55722 Pud erreicht, Das gleichzeitig austre- 
tende Wasserquantum betrug etwa 1/ des Oeles = 8675 Vedro — 
(2169 Cir.). Drei andere in der Nähe dieses Hauptbohrloches gesetzte 
Bohrungen lassen ebenfalls ähnliche günstige Resultate innerhalb der 
1. Gruppe (von Kudako) erwarten. 

Ebenso wichtig erscheint die 2., weniger bedeutend die 3., da- 
gegen höchst interessant und zu Erwartungen berechtigt die 4. Gruppe 
besonders in dem Thale des Tschekoch 5 Werst vom Pschecha. Der 
Verfasser fasst schliesslich seine Ansichten über die Naphtagewin- 
nung in dem nordwestlichen Theile des Kaukasus in folgenden Sät- 
zen zusammen: 

I. Die Naphta tritt hier in sehr mächtigen der mittleren Ter- 
tiärformation angehörigen Schichten auf, deren untere Etagen thoni- 
ger Sandstein, deren obere Etage dunkler schiefriger Thon und tho- 
nig-sandige Schichten sind. 

Il. Man kann auf dem Terrain genannter 4 Gruppen das flüs- 
sige Bitumen überall vermuthen, freiwillige Naphtaquellen zeigen sich 
hauptsächlich in den rechtwinkelig auf die Hauptachse des Gebirges 
eingesenkten Querthälern. 

III. Die hervortreibende Ursache bei artesischer Erhebung ist 

22 * 


316 


bei gleichzeitiger Mitwirkung des hydrostatischen Druckes der Gas- 
druck, welcher im Verlauf der Ausbeutung der Quelle abnimmt; ein 
Bohrloch, welches nicht mehr als Springbrunnen thätig ist, muss mit 
Pumpwerken versehen werden. 

IV. Die grösste Chance für artesische Erhebung ist da vorhan- 
den, wo die Bohrung am Fuss des Gebirges unternommen wird und 
um so grösser, je stärker das Fallen der Gebirgsschichten gegen den 
Horizont. 

V. In ebenen und schwach hügeligen Gegenden empfiehlt sich 
mehr die Anlage von Schachtbrunnen, wie sie ausser auf Kertsch auch 
auf der Halbinsel Apscheron von Mirsojef 1865 mit grösstem Erfolg 
angelegt sind. — (Bull. de la Soc. imp. de Moscow 1867, 289) B. D. 

Geologie. F. Zirkel, die mikroskopische Struktur 
der Leucite und die Zusammensetzung leucitführender 
Gesteine. — Sehr instruktiv zur mikroskopischen Untersuchung 
zeigt sich die Vesuylava von 1858, eine ziemlich compakte halbglasig 
aussehende Masse mit farblosen Leucitkrystallen. Als ihre Basis er- 
scheint im Dünnschliff ein reichliches schwach gelblichbraunes Glas, 
worin kreuz und quer lange dünne Nadeln und kurze Säulen liegen, die 
aber an beiden Enden eingerissen oder einfach gabelig gespalten sind. 
Die dicksten derselben wirken deutlich polarisirend, die dünnen zar- 
ten sind oft zu borstigen excentrischstrahligen Anbäufungen innerhalb 
des Glases gruppirt. Die bis 2“ starken Leuecitkörner sind bald 
einfache bald zusammengesetzte Krystalle; erste geben meist dicht- 
eckige Durchschnitte, doch auch abgerundete, letzte zeigen einsprin- 
sende Winkel verschiedener Form und Grösse. Bisweilen ist die 
Hälfte ein einfaches Individuum die andere Hälfte zusammengesetzt, 
aber auch in einfache Individuen springt bisweilen ein langer oder 
oder kurzer Glaskeil hinein. Die farblose wasserklare Leucitsubstanz 
ist stets von der gelblichbraunen Glassubstanz scharf geschieden. 
Stellenweise drängen sich die Leucite fest zusammen, ihre Grösse 
sinkt nicht unter 0,04 Millim. Sie sind überreich an umhüllten fremd- 
artigen Körnern. Zunächst schöne rundliche und eiförmige Glasein- 
schlüsse, vollkommen übereinstimmend mit der umgebenden Glas- 
masse, bis 0,105 Millim. lang und bis sehr viel kleiner. Viele zeigen 
ein oder mehrere dunkelumränderte Bläschen, die nach der seitheri- 
gen Annahme durch die Contraktion des innerhalb der Krystallsub- 
stanz eingeschlossenen Glasmagmapartikels während der Verfestigung 
desselben gebildet worden. Hiergegen spricht aber die bisweilen sehr 
abweichende Grösse der Bläschen, indem gleich grosse Glaspartikel 
die verschiedensten Bläschen aufweisen, es ist daher anzunehmen, dass 
meist schon das Bläschen in dem Glaspartikel präexistirt hat. Es 
scheint, dass dasselbe eigentlich den Glaseinschluss an seine Stelle 
geführt, dass es aus dem Glasmagma aufsteigend und sich während 
des Wachsthums des Krystalls an diesen heftend einen Partikel jenes 
Magma an sich gerissen hat. So erklären sich zugleich zwei andere 
Erscheinungen. Man findet nämlich Glaseinschlüsse auch mit blos an- 


817 


haftenden Bläschen und alle Uebergänge von Glaseinschlüssen mit 
winzigen bis mit übermässig grossen Bläschen. Die Glaseinschlüsse 
mit ihren Bläschen erweisen sich dadurch zweifellos als amorphe 
Masse, dass sie das Licht einfach brechen, erscheinen in der Masse 
des Leucits liegend bei gedrängten Nicols total dunkel, während die 
kleinen Krystalle darin dann leuchtend hervortreten. Mitunter ist 
hier das ganze nur einen Theil eines Leucitkrystalles umfassende Ge- 
sichtsfeld mit hunderten von winzigen Bläschenführenden Glasporen 
übersäet und bei Aenderung des Brennpunktes heben sich hundert 
andere tiefer gelegene hervor. Zumal bei den kleinen Leueiten fin- 
det sich sehr häufig nur im Centrum ein kleines Häuflein winziger 
Glaseinschlüsse und die umgebende Leucitmasse ist vollkommen rein. 
Ferner sieht man grosse und kleine runde dunkel umrandete Glas- 
poren regellos zerstreut oder gehäuft perlschnurförmig gereiht, Zahl- 
reiche Haufwerke besonders im Centrum kleiner Leucite bestehen aus 
Glaseinschlüssen-und Dampfporen zugleich, Ferner finden sich mi- 
kroskopische Säulchen, licht bräunlich grün bis zu gelblichgrünen 
sehr pelluciden Prismen und zu den feinsten Nädelchen. Die dicke- 
ren stimmen genau mitdem gleichzeitig vorkommenden grossen Augit- 
krystallen und die feineren Prismen sind ebenfalls Augit. Ihr Pola- 
risationsvermögen ist ausgezeichnet, nur die bei stärkster Vergrös- 
serung kaum haardicken Nädelchen reagiren nicht mehr optisch. 
Daneben sieht man dicke lichtbräunlich grüne unförmliche Gebilde, 
die aus ganz derselben Substanz zu bestehen scheinen, ebenso wie 
die Säulchen polarisiren, also wohl auch Augit sind. Total verschie- 
den sind dunkel bräunlichgelbe unregelmässige Körper, die bei ge- 
kreuzten Nicols vollkommen dunkel werden und dann im Leueit gar 
nicht sichtbar sind. Die Augitsäulchen liegen vereinzelt und regellos 
in den Leuciten, dort ebenfalls kreuz und quer zu Häufchen vereint; 
häufig sind centrale Gruppen aus bunt gemengten Augiten, Glasein- 
schlüssen und Gasporen. Auch Lavapartikel werden von manchen Leu- 
citen umgeschlossen. Neben den Leuciten führt die Vesuvlava von 
1858 noch einzelne grosse grünlichbraune Krystalle, Augit. Diese 
führen die schönsten Glaseinschlüsse fast immer mit Bläschen; bis- 
weilen durchzieht ein vielfach verästeltes Glasgeäder die Augitsub- 
stanz. Ferner führt die Lava trieline Feldspäthe mit seltener Far- 
benpracht im polarisirten Licht, brennend roth, blau, gelb, grün liniirt; 
ein bisher nicht bekanntes Zusammenvorkommen. Von Quarz wurde 
noch keine Spur entdeckt. Sehr selten sind Carlsbader Zwillinge 
von Sanidin. Auch scharf umgränzte Sechsecke und Rechtecke; erste 
polarisiren nicht, letzte brechen das Licht sehr schön doppelt ; sie sind 
Durchschnitte von Nephelinprismen. Sowohl jene triklinen Feldspäthe 
wie diese Nepheline enthalten sehr schöne mit Bläschen versehene 
Glaseinschlüsse. Die Gleichheit letzterer in allen Einschlüssen erwei- 
sen, dass die Krystalle aus dem ehemaligen Lavaflusse sich ausge- 
schieden haben. Diese Lava ist die erste, wo Leucit und Nephelin 
in ächter Glasmasse vorkommen. — Sehr ähnlich ist die Vesuvlava 


318 


von 1822, Ihr Dünnschliff zeigt ebenfalls ein dunkelgelblichbraunes 
mit belonitartigen doppeltgabelförmigen Ausscheidungen erfülltes Glas 
mit sehr dichtgedrängten bis stecknadelknopfgrossen Leucitkörnern. 
Die mikroskopische Struktur dieses stimmt mit der der vorigen über- 
ein, nur ist die ringförmige Gruppirung der fremden Einschlüsse häu- 
figer. Die Leucite bestehen hier vorzugsweise aus einzelnen Indivi- 
duen und sinken bis auf 0,035 Millim. Grösse herab. Dunkelgras- 
grüne grösser polarisirende Krystalle im Glas können nur Augit sein 
und sind mit unzähligen grossen eckigen braunen Glaseinschlüssen 
erfüllt. Auch die Nepheline fehlen nicht, die triklinen Feldspäthe 
finden sich schöner und reichlicher als in der Lava von 1858; 
schwarze eckige Körnchen werden Magneteisen sein. Die andern 
identischen Leucitophyre stimmen im Wesentlichen überein, sehr schön 
erscheinen in einigen farblose mikroskopische Leucitoeder in grünen 
Augiikrystallen, oft perlschnurartig gereiht. Da Augit Leueit und 
umgekehrt Leucit Augit in demselben Gestein umhüllt: so kann keine 
strenge Reihenfolge in der Ausscheidung stattgefunden haben, son- 
dern beide krystallisirten gleichzeitig, ferner ist wichtig, dass der 
Augit sich erst hier in loco neben dem Leucit gebildet hat. In einem 
Blok vom Vesuvgipfel enthalten auch die triklinen Feldspäthe Leuci- 
toederchen, also ist auch hier der Feldspath an der Seite des Leucits 
gewachsen. Niemals aber wurde Feldspath in Leucit beobachtet. Die 
letzt erwähnten Leucite mit Häufchen von Glaskörnchen im Centrum 
sind von zahlreichen unregelmässigen Sprüngen durchsetzt und die 
davon getroffenen eingeschlossenen Augite sind trübe, schmutzig grün- 
lichgrau. In andern italienischen Laven erscheinen dunkele kugel- 
oder eirunde mikroskopische Körnchen, nie ganz opak, an den Rän- 
dern graulich, bräunlichgelb oder grünlich durchscheinend mit schwar- 
zen Stellen im Innern, ihr Rand gegen die Leucitmasse fein gezackt. 
Es sind Einschlüsse einer z. Th. krystallinisch gewordenen Glasmasse, 
die alle im Innern ein Bläschen enthalten. Diese Schlackenpartikel- 
chen wurden wahrscheinlich zu einer Zeit vom Leucit umhällt, als die 
Ausscheidung der Augite und überhaupt der eisenhaltigen Mineralien 
kaum begonnen hatte und der Schmelzfluss noch ein sehr dunkles 
Glas lieferte. Sie bilden in jeder Ebene des Leucitdurchschnittes 
ein genau concentrisches Kränzchen, liegen also auf der Oberfläche 
einer im Leucit gedachten Kugel; bisweilen erscheinen auch zwei 
Kränzchen in einer Ebene. Die Leucite in einem Leucitophyr vom 
Vesuy sind sehr abgerundet umgränzt, arm an Einschlüssen mit nur 
bisweilen concentrischer Gruppirung. Es sind wenige polarisirende 
Säulchen, Nadeln und Körner von Augit, ferner nicht polarisirende 
rundliche Einschlüsse von farblosem Glas an einem Ende mit 
einem dunkeln Partikelchen, ausserdem sehr schön die eirunden 
Schlackenkörner bis 0,06 Millimeter gross. Ihr Durchschnitt zeigt 
eine gelblichbraune verworren strahlige Masse, die nicht polarisirt, 
mit ein oder zwei Bläschen. Ihre Basis ist ein farbloses Glas, in 
welchem sich eine so grosse Menge bräunlicher Nädelchen ausge- 


319 


schieden hat, dass die kleinen Eier dieser Art braunschwarz ausse- 
hen müssen. Auch grössere Einschlüsse mit schwarzen Nädelchen 
kommen vor. Ausserdem enthält dieser vesuvische Leucitophyr grös- 
sere Augitkrystalle, Säulchen und allerfeinste Nadeln, scharf um- 
gränzte Nepheline, farblose Sanidine. Das Innerste dieser Feldspäthe 
ist dicht erfüllt mit eckigen Glaseinschlüssen, die Bläschen und Gas- 
poren enthalten, keine Spur von triklinem Feldspath, wohl aber Mag- 
neteisen, einmal auch Hauyn. Die Leucite der Vesuvlava von Portici 
sind unregelmässig umgränzt und voller mikroskopischer Einschlüsse: 
grüne bis farblose Augitnädelchen oft mit gabeligen Enden oder sä- 
geähnlich gezackt, dunkle Körner, Gasporen. Eben diese Lava ent- 
hält auch Augite, trikline Feldspäthe, Sanidin und Magneteisen, Ne- 
phelin. Sehr ähnlich ist die Lava von Ginestra 1817, fast sämmtliche 
Leueitkörner enthalten vorsugsweise Augitnadeln, aber nur wenige 
Schlackenkörnchen; sie führt auch Augitsäulen, Sanidin und Magnet- 
eisen. Höchst ausgezeichnet sind die Leucitgesteine der Ströme des 
Albanergebirges, zumal das bedeutendste am Capo di Bove, welche 
schon vom Rath beschrieben hat. In Dünnschliffen zeigen die Leu- 
cite kranzförmige dunkle Körnchen, Schlackenkörnchen wie in der 
Vesuvlava und eigenthümliche kreisrunde braungelbe Körper mit in- 
nerem Kreise niemals polarisirend, sehr selten aber Augitkörnchen, 
wohl aber eine Flüssigkeit, Wasserpore. Der zweite Hauptgemeng- 
theil dieser Lava ist grüner Augit nicht in Krystallen sondern in zu- 
sammenhängenden mikroskopischen Partien, in welche die Leucite 
eingewachsen sind. An ihrer Stelle erscheint bisweilen eine faserige 
durchsichtige Substanz, wahrscheinlich Melilith. Diese Magneteisen- 
körner sind reichlich vorhanden, anhängend an diesen eine blutrothe 
oder orangegelbe Substanz in dünnen Lamellen wohl Eisenoxyd, 
ausserdem noch Magnesiaglimmer und Apatit, endlich Nephelin. Die 
Lava von Vallerano bei Rom ist sehr ähnlich, in ihr hat eine Neubil- 
dung zeolithischer Substanz begonnen, zarte blumenähnliche Fasern 
von Nephelin; wenig Melilith, viel Glimmer. Auch die Lava von Sol- 
fatara stimmt überein. — In der Lava am Laachersee, vom Kegel 
Olbrück hatte schon den Leueit G. vom Rath erkannt. Dessen Dünn- 
schliffe sind abgerundet und zeigen eingeschlossen fast nur kleine 
Nepheline und um sich herum viel grasgrüne Augitsäulchen, ferner 
scharfe Recht-und Sechsecke von Nephelin mit eingestreuten Nädelchen. 
Die Leucite von Schoeneberg bei Rieden dagegen stecken voll frem- 
der Körper, dicht gedrängter Nädelchen von Augit, Nephelinkryställ- 
chen, Melanit, Wasserporen, Gasporen, keinen Sanidin und keinen 
triklinen Feldspath, Das Gestein vom Burgberg bei Rieden zeigt 
Nosean, Sanidin, Leucit, Augit und mikroskopischen Nephelin; ähn- 
lich ist das des Perlerkopfes. — Der Leucitophyr vom Eichberg bei 
Rottweil in Kaiserstuhl zeigt in Analcim umgewandelte Leucite, No- 
sean und Nephelin. In Dünnschliffen ist er zusammengesetzt aus 
Sanidin, Leueit, Nosean, Nephelin, Augit, Melanit. Die Noseane er- 
scheinen als Sechs- und Vierecke, aggregirt, einige mit schwarzem 


320 


Rande, andere innen lichtbläulichgrau mit schwarzen Pünktchen und 
immer auch anders umgeändert. Die achteckigen Leucitdünn- 
schliffe sind viel weniger zersetzt als die Noseane, gleichen Mehlstaub. 
Der Melanit ist häufig vorhanden bisweilen geschichtet, grüne Augit- 
säulchen einschliessend, aber auch die grünen Augite umschliessen 
braune Melanite und letzte kommen auch im Sanidin vor. Trikliner 
Feldspath und Magneteisen fehlen. Bei all diesen Untersuchungen 
handelte es sich um die Mikrostruktur des Leucits, da dessen Anwe- 
senheit in diesen Gesteinen längst bekannt ist. Bis jetzt galt der 
Leueit als seltenes Mineral, nur in den italischen Laven, in denen am 
NW des Laacher Sees, denen des Kaiserstuhles und von Meiches im 
Vogelgebirge beobachtet u. a. a. OÖ. Verf. hat 90 Vorkommnisse von 
Basalt und Basaltischen Laven mikroskopisch untersucht und gefun- 
den, dass Leucit oft vorkömmt wo er mit blossem Auge nicht zu se- 
hen ist, in andern aber entschieden fehlt. Neben der einfachen Bre- 
chung und dem achteckigen oder rundlichen Umriss ist es besonders 
für ihr charakteristisch fremde Einschlüsse in seiner Masse in Zonen 
zu gruppiren, ringförmig auf Durchschnitten, es sind schwarze und 
bräunlich durchscheinende Körnchen (Vesuv), dunkle eckige (Magnet- 
eisen), grün bis blassgrüne Säulchen, Nädelchen und Körnchen von 
Augit, Gasporen und winzig kleine Glaseinschlüsse. Die dickeren 
Säulchen und Körnchen von Augit polarisiren deutlich innerhalb des 
einfach brechenden Leueits, die Glaseinschlüsse enthalten in sich ein 
Bläschen. Ohne diese Einschlüsse würde der Leucit oft schwer nach- 
weisbar sein. Bisweilen erscheinen gerade wie in den Vesuvgesteinen 
so auch in den Augiten der Leucitführenden Basaltlaven und Basalte 
wenige tausendstel Millimeter grosse Leucitoederchen eingewachsen. 
In den zahlreichen Laven des Laacher Sees ist mikroskopischer Leu- 
eit vorhanden, ebenso in der Eifel bei Wedebusch in der compakten 
und in der porösen Basaltlaya. Von den eigentlichen Basalten sind 
Leueitführend der von Stolpen in Sachsen, von Wilisch bei Dresden, 
in der Rhön, von der Stoffelskuppe in Thüringen, der augitreiche vom 
Kaiserstuhle. Dagegen konnte der Leucit nicht mikroskopisch nachge- 
wiesen werden im Basalt von Oberkassel bei Bonn, vom Unkeler Stein- 
bruch, vom Leyberg im Siebengebirge, von Nieburg in der Eifel, vom 
hohen Saalbachskopf bei Siegen, von Steinau im Kinzigthal und sehr 
vielen andern Orten. Sehr viele zumal grössere Leucitdurchschnitte 
zeigen zwischen gekreuzten Nicols die eigenthümliche Erscheinung, 
dass ihnen nicht wie bei regulären Körpern zu erwarten das Polari- 
sationsvermögen völlig abgeht, sondern dass sie deutliche Polarisa- 
tionsphänomene darbieten darin bestehend, dass in der dunkelwerden- 
den Masse des Krystalldurchschnittes ein oder mehr Systeme von 
parallelen breiten oder schmalen Streifen mit lichter oder dunkler 
bläulichgrauer bis graulichblauer Farbe zum Vorschein kommen, dass 
mitunter selbst der ganze Leucitdurchschnitt aus abwechselnd schwar- 
zen und jenen lichten farbigen Linien besteht oder dass die Leucite 
sogar der Hauptmasse nach bei gekreuzten Nicols bläulichgrau er- 


321 


scheinen und dunkle Streifen sich in ihnen zeigen. Bei parallelen 
Nicols treten diese Polarisationsphänomene nicht hervor, alle Leueite 
sind gleichmässig gänzlich farblos. Aber nicht alle Leucite zeigen 
jene Erscheinung, dicht neben solchen mit derselben liegen total 
dunkle. Die Systeme paralleler Streifen sind bald rechtwinkelig 
mitunter aber in demselben Durchschnitt auch schiefwinkelig aufein- 
ander. Da grössere Leucite bisweilen deutlich ein Aggregat kleiner 
Körner darstellen: so kann diese Erscheinung nicht überraschen, 
aber auch bei unzweifelhaft einfachen Individuen kömmt die Schief- 
winkeligkeit vor. Die grossen und kleinen unregelmässig sich ver- 
ästelnden Sprünge haben damit nichts zu thun, auch die fremden Ein- 
schlüsse nicht. Da wo bei gekreuzten Nicols die Abwechslung von 
farbigen und dunkeln Streifen erscheint, sieht man auch im gewöhn- 
lieben Lichte eine damit zusammenhängende Streifung des alsdann 
farblosen Leucits doch ausserordentlich zart. Für das Polarisations- 
vermögen regulärer Krystalle werden folgende Erklärungen gegeben: 
1. molekulare theilweise oder gänzliche Umwandlung in ein Aggregat 
doppelt brechender Kryställchen unter Beibehaltung der Form, wie 
es beim Broncit und Nosean nachgewiesen; 2. die frischen Krystalle 
sind mit einer lamellaren Zusammensetzung ausgestattet, wobei die 
einzelnen Schichten nicht in absoluter Berührung sind; 3. für die 
Erscheinungen am Alaun hat Reusch nachgewiesen, dass diese durch 
die Biotsche Annahme einer lamellaren Zusammensetzung nicht ge- 
nügend erklärt werden, sondern dass es sich um eine schwache Dop- 
pelbrechung in Folge innerer, beim Wachsthum der Krystalle hervor- 
gebrachter Spannungen handelte. Die Erscheinungen am Leueit sind 
nicht entfernt derart, um an eine theilweise Polarisation durch mo- 
leculare Umwandlung denken zu können, auch die für den Alaun gül- 
tige Erklärung lässt sich nicht anwenden. Hier hängen die Erschei- 
nungen mit der mikrolamellaren Struktur zusammen, obwohl auch 
diese nicht zur Erklärung ausreicht und man annehmen muss, dass 
die bläulichgrau polarisirenden lamellaren Partieen wirklich von der 
doppeltbrechenden Beschaffenheit seien. — (Geolog. Zeitschrift 1868 
s. 97—152. 1 Tfl.) 

A. Streng, die Diorite und Granite des Kyffhäuser 
Gebirges (Schluss zu Bd.30. S.231). — Der Diorit setzt den NAb- 
hang der Rothenburg zusammen, erscheint am Fusswege von Kelbra 
zur Rothenburg in losen mächtigen Blöcken und in niedrigen Felsen, 
besteht aus sehr grossen oft mit Glimmer durchwachsenen Horn- 
blendekrystallen, aus Kalknatronfeldspath und Magneteisen. In der 
hornblendereichen Abänderung besteht er fast nur aus 1—2'' grossen 
Hornblendekrystallen und einzelnen eckigen Körnern von Feldspath. 
Magneteisen ist in kleinen und grossen Körnern so häufig in der 
Hornblende ausgeschieden, dass diese ganz davon durchdrungen ist. 
Der Glimmer ist sehr häufiger Begleiter, doch fehlt er auch. Verf. 
theilt nun die einzelnen Analysen mit und zwar vom grosskörnigen 
Diorit am NAbhange der Rothenburg, untersucht dann den Granit- 


322 


gneis, den Diorit aus den Steinbrüchen hinter der Rothenburg, den 
Dioritgneiss nahe unterhalb der Rothenburg, eines losen Blockes, den 
grobkörnigen Dioritgneis aus den Steinbrüchen des Steinthales, den 
feldspathreichen hinter der Rothenburg und aus dem Bernthale. Aus 
all diesen Analysen ist ersichtlich, dass Titansäure ein häufiger Be- 
standtheil dieser Gesteine ist, wohl in allen Abänderungen vorkömmt, 
gehörte wahrscheinlich ursprünglich der Hornblende an und bildet 
z. Th. noch jetzt einen Bestandtheil derselben, wurde aber andern- 
theils fortgeführt und in Verbindung mit Kieselerde und Kalk als 
Titanit wieder abgesetzt. Strontian wurde fast in allen Gesteinen in 
Spuren nachgewiesen, auch Baryt ist mehrmals gefunden, seltener 
Spuren von Lithion, gar keine von Cäsium und Rubidium. Auch Phos- 
phorsäure kömmt nur spurenweise vor, selten in quantitativ bestimm- 
barer Menge. Von Fluor keine Spur. Kupfer spurenweise, Die Dio- 
ritgneisse zeigen eine ungemein wechselnde Zusammensetzung, wel- 
cher Wechsel Hand in Hand mit dem der mineralogischen Constitution 
geht. Die vorzugsweise aus Hornblende und Kalknatronfeldspath be- 
stehenden Abänderungen sind die basischsten, mit dem Hinzutreten 
des Orthoklas und der Verminderung der Hornblende nimmt der Ge- 
halt an Kieselerde und auch an Kali zu, der Gehalt an Thonerde, 
Eisen, Kalk, Magnesia ab. Der Natrongehalt bleibt sehr constant 
oder schwankt nur in engen Gränzen. Innerhalb der Dioritsyenite 
kommen alle Kieselerdegehalte zwischen 55 und 71 Procent vor. Die 
Reihe wird noch vollständiger, wenn man als basischstes Anfangs- 
glied den grosskörnigen Diorit vom NAbhange der Rothenburg und 
als sauerstes Endglied den Ganggranit annimmt. Es sind also auf 
diesem kleinen Raume fast alle Gesteinsmischungen vertreten, die bei 
krystallinischen Gesteinen gewöhnlich vorzukommen pflegen. Der Dio- 
ritgneiss besteht in seiner ganzen Masse aus einer Wechsellagerung 
mehr weniger basischer und saurer Gesteinsglieder, die regellos über 
oder nebeneinander abgelagert sind und oft scharf von einander ge- 
trennt, ebenso oft aber auch derart mit einander verknüpft sind, dass 
entweder bei im Uebrigen scharfer Trennung der Schichten einzelne 
Mineralindividuen in zwei Schichten hineinragen also auch beiden 
angehören oder dass die verschiedenen Schichten so allmählig und 
vollständig in einander übergehen, dass nirgends eine bestimmte 


Gräuze gezogen werden kann. — (Neues Jahrb. f. Mineral. 1867. 
S. 641— 663.) 
K, Griesbach, der Jura von St. Veit bei Wien. — An 


der kleinen Lokalität von St. Veit lassen sich alle Schichten von der 
rhätischen Formation bis ins Neocom nachweisen. Am schönsten ent- 
wickelt und mit dem grössten Petrefaktenreichthum sind die Kösse- 
ner Schichten zu beiden Seiten der Einsiedelei, aber nicht möglich 
ist es die unmittelbar unter der Einsiedelei anstehenden ältesten Lias- 
schichten in ihrer Lagerung zu jener zu ermitteln. Auf dieser Basis 
breiten sich die Juragebilde aus. Der Dogger ist repräsentirt durch 
die Zone des Ammonites Sauzei, Humphresianus und Parkinsoni. Die 


4 


323 


Zone des Amm. Sauzei wird charakterisirt durch das Vorkommen 
von A. mesacanthus, vindobonensis n. sp., Cardium cognatum. Pe- 
trographisch verschieden ist die folgende Schicht; das Lager des A. 
Humphresianus ist ein weisslichgrauer mergeliger Kalk mit vielen 
Petrefakten. Das Liegende desselben ist ein dünngeschichteter grauer 
Kalk mit vielen Posidonien und denselben Petrefakten wie im darü- 
ber liegenden Kalk. Dieser enthält den A. Humphresianus plicatissi- 
mus Quenst, A. baculatus, heterophyllus, Hamites baculatus nebst 
vielen andern. Concordant darüber lagert ein fester grauer Kalk mit 
Hornsteinen und A. Parkinsoni inflatus @ = A. polymorphus d’Orb, 
A. anceps, tripartitus, haloricus, Posidonia alpina u. a. Beide Schich- 
ten streichen von NO nach SW und fallen NW und bilden eine Insel 
in den sie umgebenden Schichten des obern Jura, welche discor- 
dant zu den ersten lagern. Der schöne rothe Crinoidenkalk an zwei 
Punkten östlich der Einsiedelei dürfte den Klausschichten entspre- 
chen nach der Aehnlichkeit einer Terebratel und des Gesteins mit 
dem von Roveredo. Diese Schicht und der rothe Aptychenkalk lie- 
gen discordant auf den Schichten des Doggers und beide streichen 
von O nach W. Der an Hornsteinen reiche Aptychenkalk enthält 
Aptychus laevis latus H, A. laevis gibbosus Q, A. lamellosus, crassi- 
cauda, Belemnites hastatus und canalieulatus. Der weisse neocome 
Aptychenkalk mit Aptychus Didayi liegt concordant auf den oberju- 
rassischen Aptychenkalken, welche eine Zone in den ältern jurassi- 
schen Gesteinen bilden. — (Verhdigen Geol. Reichsanstalt 1868 Nr. 3. 


S. 54.) 
F. Fötterle, die Braunkohlenablagerung von Fal- 
kenau in Böhmen. — Die an Braunkohle enorm reiche Tertiär- 


bildung am SRande des Erzgebirges zwischen Eger und Aussig bil- 
det vier grosse gesonderte Becken, von welchen F. das Falkenauer 
oder Ellbogener näher untersuchte. Dasselbe ist nur durch einen 
schmalen Rücken krystallinischer Gebilde von dem Egerer getrennt, 
zieht sich in NORichtung von Littengrün und Schaben 4 Meilen lang 
bei einer Breite bis Heid NOKarlsbad. Die Schichten lagern mulden- 
förmig, von den Rändern des Beckens gegen die Mitte abfallend. 
Mehre Rücken von krystallinischen Gesteinen durchsetzen es und tre- 
ten zwischen Neugrün, Thein und Königswart, bei Wintersgrün, fer- 
ner zwischen Neu Rochlau, Putschirn und Aich, bei Dallwitz zu Tage. 
Die Tertiärschichten selbst lassen sich in zwei Glieder trennen in 
die untere oder Braunkohblenformation und in die obere oder Lig- 
nitformation. Jene tritt überall an den Rändern zu Tage in stark 
geneigten Schichten, diese ist mehr auf die Mitte beschränkt, nahezu 
horizontal gelagert und greift an den Rändern nirgends über jene 
hinaus. Das tiefste Glied bildet ein lichter eisenschüssiger Quarz- 
sandstein, der in Conglomerat übergeht und oft von Quarzit nicht zu 
unterscheiden ist, dann folgen graue und weisse Thone und Letten 
mit viel Schwefelkies und mehreren Flötzen einer festen Braunkohle. 
Das unterste Flötz ist 1—1!/s Klafter mächtig und liefert vorzügliche 


324 


Gaskohle, das zweite 2—21/, Klafter mächtig überlagert schwefelkies- 
reicher Letten, dann folgt das dritte 1—1'/, Klafter mächtig, darüber 
8 Klafter mächtige Letten und weisse Thone als Abschluss der Braun- 
kohlenformation. Darüber folgt die Lignitformation 4—12 Klafter 
mächtig, wiederum bedeckt von weissem Thone und Lettenschiefern, 
den sogenannten Cypridinenschiefern, endlich Diluviallehm und Schot- 
ter. Die Kiese in den Letten werden technisch verwendet. Die ganze 
Mächtigkeit beider Formationen beträgt also 12—17 Klafter und ist 
bei 4 Quadratmeilen Flächenraum der enorme Kohlengehalt leicht zu 
berechnen. Bereits sind 12544 Quadratklafter verliehen, welche 3 
Millionen Centner Kohle liefern und könnte bei günstigen Absatzbe- 
dingungen die Produktion wohl auf 15 Millionen Centner gesteigert 
werden. — (Ebda Nr. 4. S. 70—72.) 

Oryktognesie. Fr. Nies, eine Hornblendecombi- 
nation von Härtlingen inNassau. — An diesem Krystall sind 
die Flächen „P, „Po, P, oP abweichend von den gewöhnlichen 
Hornblendekrystallen combinirt. Es treten Hemipyramide und klino- 
diagonales Flächenpaar gegen die Säule und die Basis hervor und 
bedingen einen hexagonalen Typus mit Verlängerung in der Richtung 
der Flächen der Hemipyramide, so dass obige Zeichen so zu ordnen 
P.oPo.-or.oP also ein ähnliches Verhältniss wie bei den Orthoklas- 
krystallen der Combination „P.„Po.0P.P ., welche auch bald nach 
der Hauptstachse bald durch gleichzeitiges Dominiren der „P. und 
oPFlächen in der Richtung der Klinodiagonale säulenförmig erschei- 
nen. Gleiche Analogieen zeigen auch die Gypskrystalle der Combi- 
nation „P.—P. „Pa , ebenfalls bald in der Richtung der Haupt- 
achse bald in der negativen Hemipyramide säulenartig gestreckt. — 
— (Neues Jahrb. f. Mineral. S. 53—54.) 

Frischmann, die Zwillinge des Chrysoberylls. — 
Hessenberg erklärte diese Zwillingsgruppen so, dass der Bau dersel- 
ben eher auf Juxtaposition wie auf Penetration gegründet zu sein 
schiene, bestehend aus je 6 Hemitropien nach der Zusammensetzungs- 
ebene 3P% oder 12 Juxtaponirte Individuen, welche sich abwechselnd 
in3PX% und „P% an einander legen. Er hatte die amerikanischen 
Vorkommnisse zur Untersuchung. v. Kokscharow glaubt für die rus- 
sischen zwei Zwillingsgesetze annehmen zu müssen. Er betrachtet 
die sternförmigen Gruppen des Alexandrit als Penetrationszwillinge 
mit 3 gekreuzten Individuen und der Zwillingsebene P%. Bei den 
selten vorkommenden einfachen Zwillingen legt er eine Fläche von 
3PS zu Grunde. Verf. gelangte dagegen zu folgenden Resultaten. 
Das Brachydoma tritt nur mit der Hälfte seiner Flächen auf, so dass 
zwei diametral gegenüberliegende Flächen zur Unterdrückung kom- 
men. Unter dieser Voraussetzung erscheinen die amerikanischen wie 
die sibirischen regelmässigen Verbindungen des Minerals als gleich- 
mässig gebaut und liegt bei ihnen nur Juxtaposition nicht Penetra- 
tion zu Gruude. Es ist nur ein Zwillingsgesetz nämlich das nach 
der Zwillingsebene 3P% nöthig, deren Bau zu erklären. Die soge- 


325 


nannten Drillinge sind als Zwölflinge zu betrachten und bestehen aus 
6 Hemitropien, die sich in den Flächen „P%& berühren und mithin 
gleichen sich die bisher stattgefundenen Differenzen bei der regel- 


mässigen Verwachsung des Chrysoberylikrystalle aus. — (Münchener 
Sitzungsberichte 1867. I. 429—434.) 
E. Riotte, Stetefeldit neues Mineral. — Dasselbe ist 


im SOTheile des Staates Nevada fast ausschliesslich der Träger des 
Silbers, findet sich derb, auch grob eingesprengt, hat unebenen zu- 
weilen muschligen Bruch, H.3,5—4,5, Gew. 4,2. Farbe schieferschwarz 
ins Blauschwarze. Strich unrein gelblichgrün, etwas glänzend. Vor 
dem Löthrohre leicht schmelzbar zu einem Silber- und Kupferkorne, 
wobei eine von Kupferoxyd tiefroth gefärbte Schlacke abgeschieden 
wird. Die procentale Zusammensetzung beträgt 5,746 Silber, 7,778 
Kupfer, 1,300 Schwefel, 16,054 Kupferoxyd, 15,943 Bleioxyd, 1,761 Ei-. 
senoxydul, 45,078 Antimonsänre, 10,249 Wasser, 2,382 Chlorsilber. 
Das Mineral erscheint in Gesellschaft von feinkörnigem Bleiglanz ge- 
wöhnlich eingesprengt in dichtem Quarz, seltene Begleiter sind Kup- 
ferbleiglanz und ein pecherzähnliches antimonsaures Kupferoxyd. — 
(Neues Jahrb. f. Mineral. 85.) 

E. Boricky, Dufrenit, Beraunit und Kakoxen von 
der Grube Hrbek bei St. Benigma in Böhmen. — Die im 
untersilurischen System liegenden Brauneisenerzgruben sind durch 
das Vorkommen des Kakoxen und Beraunit bekannt. Es findet sich 
der Kakoxen und Dufrenit allein oder letzterer mit Beraunit verge- 
sellschaftet. Der Dufrenit kömmt vor in kleinen Kügelchen mit 
drusiger Oberfläche und unrein dunkelgrün, bald ohne alle Struktur 
dunkelgrün, schwach fettglänzend, sehr hart, bald mit undeutlich keil- 
förmig stengligem Gefüge unrein, grün und mit lichterem Strich; 
jene von 3,872, diese von 3,293 spec. Gew. Die Analyse 


a b 
Eisenoxyd 59,82 51,93 
Manganoxyd Spur - _ 
Eisenoxydul Spur _ 
Phosphorsäure 30,05 32,09 
Wasser 9,33 9,04 
"99,20 99,06 


Das keilförmigstengelige Gefüge geht unter zunehmender Verände- 
rung in faseriges über und concentrischschalige Textur tritt hinzu. 
Die Querschnitte zeigen zwei concentrische Ringe, die äusseren zei- 
siggrün bis grünlichgrau, undeutlichfaserig, fast matt, härter als die 
innere, die locker feinfaserig grünlichweiss, schön seidenglänzend 
sind. Sie zeigen im Innern bisweilen einen Limonitähnlichen Kern. 
Da sich die inneren Schalen vieler Kugeln am meisten verändert zei- 
gen und der Limonitkern vorhanden ist: so scheint die Veränderung 
des Dufrenit von innen nach aussen zu erfolgen und auf einer Ab- 
nahme des Eisengehaltes zu beruhen. Das Erz in dessen Klüften er 
z. Th. eingewachsen ist z. Th. aufgewachsen vorkömmt, ist ein Ge- 


326 


menge von dichten oder faserigen Brauneisenerz mit einem Thonerde- 
eisenoxydsilikat, feinen Quarzsand und etwas Eisenoxydphosphat. 
Dieses Gemenge besteht aus 68,45 Eisenoxyd mit etwas Thonerde. 
3,09 Phosphorsäure, 17,74 Kieselsäure und 10,72 Wasser. Der Be- 
raunit findet sich in breiten Nadeln und Strahlen, die unter der Loupe 
Vivianitformen haben. Spaltbarkeit sehr vollkommen nach dem Kli- 
nopinakoid, nach der Basis vollkommen. Farbe gelblich - oder hya- 
cinthroth bis helltombackbraun. Ihre Analyse 55,8—55,98 Eisenoxyd- 
30,2— 28,99 Phosphorsäure, 15,1—24,41 Wasser. Ueberall sind die 
Nadeln den Kügelchen des Dufrenit aufgelagert, also jüngern Ur- 
sprungs. Dass sie Pseudomorphosen nach Vivianit sind, ist kaum zu 
bezweifeln. — Der Kakoxen erscheint für sich, selten neben zerstör- 
ten Dufrenitkügelchen oder Beraunitnadeln, in Ueberzügen oder in 
Gruppen von Ringen. Die schönsten sammtartigen Ueberzüge beste- 
hen aus kegel- oder halbkugeligen Aggregaten langer gelber Nadeln. 
Die Spitze solcher kugeligen Kakoxenbüschel sind oft von einer 
eigenthümlichen amorphen Substanz eingenommen. Diese besitzt 
muscheligen bis ebenen Bruch, geringe Härte, ist gelblichroth, durch- 
scheinend, schwach wachsglänzend tmit gelblichem Strich. Die näm- 
liche amorphe Substanz kommt auch als Unterlage sowie in der Nähe 
des Kakoxens vor und nimmt dann radialstrahlige Textur an, einzelne 
Strahlen sind in Kakoxenbüschel umgewandelt. Endlich stellt sich 
die Substanz auch in Kügelchen dar, die noch Kerne von Dufrenit 
enthalten, also umgewandelte Kügelchen sind. Spec. Gew. 2,397, 
v.d.L. zu schwarzer glänzender Kugel, besteht wesentlich aus phos- 
phorsaurem Eisenoxyd mit grossem Wassergehalt. Die gelben seiden- 
glänzenden Kakoxenringe zeigen in der Mitte stets eine fremde Sub- 
stanz bald das amorphe Mineral bald Dufrenit. Die pseudomorphe 
Natur des amorphen Minerals kann nicht bezweifelt werden. — (Wie- 
ner Sitzgsberichte 1867. XVI. Juni 13.) 

Grüneberg, die Phosphorite in Nassau. — Seit der 
ersten Entdeckung desselben in den Lahngegenden haben die Nach- 
forschungen ihn überall gefunden, wo devonischer Kalk mit Porphyr 
oder Schalstein zusammenstösst. Die bedeutendsten Lager waren bis- 
her bei Weilburg, Delan, Staffel und Katzenellenbogen. Der Phos- 
phorit kömmt in Teufen bis zu 14 Lachter vor, meist eingelagert in 
einer zähen Lette, in Stücken von Faustgrösse bis zur Schwere von 
mehreren Hundert Pfunden und mit einem von 70 bis 75 Procent 
schwankenden Gehalte. Bei Katzenellenbogen ist das Vorkommen ge- 
schlossen in einer Mächtigkeit von 20‘. Das Liegende ist aufgelöster 
Porphyr. Das Hangende ein weisser Thon. Die untern Partien die- 
ses Lagers bilden eine gelbbraune Masse von grosser Härte, die 
obern sind weich und fast weiss dem spanischen Phosphorit sehr 
ähnlich. Der Gehalt beträgt durchschnittlich 70 Procent phosphor- 
sauren Kalk. Die Ansicht wird immer wahrscheinlicher, dass der 
phosphorsaure Kalk durch Infiltration von Kalktrüämmern mit Lösun- 
gen von zweibasischem phosphorsauren Kalk entstanden, wodurch 


327 


erstere sich in die dreibasische Verbindung umgewandelt haben. Viel- 
leicht stammten diese Lösungen aus dem Porphyr und Schalstein, 
welche stets die Nachbarn der Lahnphosphorite sind. Dafür spre- 
chen auch die bei Allendorf gefundenen glatten und scharfen Ab- 
drücke von Kalkspathkrystallen. Diese Phosphorite zeigen die eigen- 
thümliche Eigenschaft, dass die den glatten Flächen der Kalkspathab- 
drücke zunächst liegenden Theile einen Gehalt von 80 Procent nach- 
weisen, der sich mit der Entfernung bis auf 60 verringert. Es mögen 
hier die Lösungen des zweibasischen phosphorsauren Kalkes sich auf 
den Kalkspathkrystallen gestaut und daselbst eine Concentration von 
dreibasischem phosphorsauren Kalk hervorgerufen haben. Die Aus- 
beute hat sich bereits auf 100000 Centner monatlich gesteigert. Mit 
diesen Phosphoriten und dem Stassfurter Steinsalzlager hat der Guano 
seine Bedeutung für unsere Landwirthschaft verloren. — (Rhein. Ver- 
hdlgn. XXIV. Sitzgsbericht 45.) 

Bluhme, Braunbleierzkrystalle von Oberlahnstein. 
— Dieselben finden sich auf der Grube Friedrichssegen auf dem Em- 
ser Gangzuge, der sich von Baumbach am Rhein über das Lahnthal 
bei Ems bis nach Dornbach hinzieht und an eine mächtige Zone von 
Thonschiefer innerhalb der ältern devonischen Grauwacke gebunden 
ist. In dieser Schieferzone liegen die Erze auf einer Reihe von kur- 
zen und langen Querspalten, welche die Erzmittel bilden und an den 
eigentlichen Hauptgangklüften, die taub sind, abschneiden. Die Gang- 
masse in den Mitteln besteht aus Quarz, Brauneisenstein und Spath- 
eisenstein, die Erze sind wesentlich silberhaltige Bleierze und Blende 
und gesäuerte Erze, namentlich derbe Weissbleierze. Die Ausfüllung 
der einzelnen Erzmittel ist sehr verschieden und tritt häufig eine un- 
regelmässige Wechsellagerung gesäuerter und geschwefelter Erze ein. 
Durch häufige Drusenbildung ist der ganze Gangzug bekannt als 
Fundstelle schöner Krystalle und Erzstufen wie die Grün- und Weiss- 
bleierze von Ems, gediegen Silber, Kupfer u.a. längst bekannt sind. 
Die neuen Braunbleierze wurden in einer Druse 50 Lachter unter 
der Stollensohle gefunden, unter ihr dichter weisser Spatheisenstein, 
über ihr reine Schwefelerze, Bleiglanz und Blende. Das Vorkommen 
von phosphorsauren Bleierzen, hunderte von Centnern in dieser Druse 
ist dem ganzen Gangzuge eigenthümlich. — (Ebda. Correspdzbl. 104.) 

L. Sohnke, die Gruppirung der Moleküle in den 
Krystallen. — Eine theoretische Ableitung der Krystallsysteme 
und ihrer Unterabtheilungen. Nach einem Hinweise auf die frühern 
Arbeiten von Frankenheim und Bravais stellt der Verf. folgendes 
Prineip auf: „die Punktvertheilung in einem krystallinischen Punkt- 
haufen (welcher zunächst als unbegränzt angenommen wird) ist um 
jeden Massenpunkt dieselbe wie um jeden andern“ — und leitet dar- 
aus folgendes Resultat ab: Es kann nur 7 durch ihre Symmetriever- 
verhältnisse verschiedene Arten von krystallinischen Punkthaufen, d. h. 
1 Krystallsysteme, geben; aber in den meisten von ihnen sind meh- 
rere verschiedene Punktanordnungen möglich: I. Punkthaufen ohne 


328 


Symmetrieebene: das ein und eingliedrige System: Anordnung nur 
nach (1) schiefwinkligen Parallepipeden. II, Punkthaufen mit einer 
Symmetrieebene: das zwei und eingliedrige System : Anordnung nach 
(2) Klinorhombischen Säulen oder (3) geraden Parallepipeden mit 
rhomboidischer Basis, III. Pkthf. mit drei auf einander senkrechten 
Symmetrieebenen: zwei und zweigliedriges System: Anord. (4) gerade 
rhombische Säulen, (5) desgl. einen Punkt in jedem Säulencentrum, 
ferner (6) rechtwinklige Parallepipeden, (7) desgl. mit einem Punkt 
im Centrum eines jeden. IV. Pkthf. mit drei durch dieselbe Gerade 
gehenden unter 60° geneigten Symmetrieebenen: das dreigliedrige, 
rhomboedrische System: Anord. (8) Rhomboeder. V. Pkthf. mit vier 
sich in einer Geraden unter 45° schneidenden Symmetrieebenen und 
einer auf ihnen senkrechten: viergliedriges System: Anord. (9) ge- 
rade quadratische Säulen, (10) desgleichen mit einem Punkt auf dem 
Centrum. VI. Pkthf. mit sechs sich in einer Geraden unter 30° schnei- 
denden Symmetrieebenen und einer auf ihnen senkrechten: sechsglied- 
riges System: Anord. (11) gerade regulär dreiseitige Säulen. VII. 
Pkthf. mit neun Symmetrieebenen: reguläres System: Anordn. (12) 
Würfel, (13) desgl. mit 1 Punkt im Centrum, (14) desgl. mit einem 
Punkt im Centrum jeder Fläche. — Die Halbflächner des regulären 
und viergliedrigen Systemes erklärt er durch die Annahme, dass die 
Moleküle nicht materielle Punkte seien, sondern kleine Polyeder von 
geringerer Symmetrie, verweist aber in Bezug darauf auf Bravais. — 
(Pogg. Ann. 132, 75— 106.) Schbg. 

Frankenheim, die Gruppirung der Molekülein den 
Krystallen; enthält einige persönliche Bemerkungen und histo- 
rische Berichtigungen zur Einleitung des vorigen Aufsatzes. — (Pogg. 
Ann. 132. 632— 635.) 

K. v. Fritsch, Gemengtheile des am 30. Jan. 1868 bei 
Pultusk in Polen gefallenen Aerolithen. — Dieses Meteor 
wurde wegen seiner ungewöhnlichen Lichthelle gegen 7 Uhr Abends 
in Ungarn, Galizien, Mähren, Schlesien, Polen, Posen, Preussen und 
auch am Harze beobachtet und entlud einen Steinregen bei Warschau 
und Pultusk, einzelne Stücke bis Posen schleudernd. Verf. unter- 
suchte ein Stück von 261,8 Gramm Gewicht, das 3,94 spec. Gew. hatte, 
faustgross und unregelmässig, gekantet war. Es besitzt eine bräun- 
lichschwazre Rinde von 1; — !/s Mill. Dicke und feinhöckerig. Viele 
dieser Höckerchen scheinen von Schwefeleisentheilen herzurühren, 
einzelne von Olivin. Das Gemenge besteht aus hellfarbigen Silikaten 
und aus Erztheilchen, Kleine Splitter schwärzen sich vor dem Löth. 
rohre und erhalten dann ein der natürlichen Schmelzrinde ähnliches 
Aussehen; bei der nicht leichten Schmelzung erfolgt ein geringes Auf- 
schäumen und bildet sich ein braunschwarzes fettig glänzendes Email. 
Das fein geriebene Pulver ist schwärzlichgrau bis aschgrau und lässt 
auf dem befeuchteten Curcumapapier keinerlei alkalische Reaktion 
bemerken. Auf den Bruchflächen tritt kein Olivin hervor, auch keine 
kugelig gestalteten Silikate, die Hauptmasse bildet ein graulichweisses 


329 


Mineral von zahllosen kleinen Sprüngen durchzogen, daher bröcklich, 
fast zerreiblich. Es ist ein Magnesiasilikat wie es aus vielen Aero- 
lithen bekannt ist. Ein zweites Silikat erscheint auf dem Bruche in 
leistenförmigen, fettig glasglänzenden, deutlich doppelt spaltbaren 
weissen Kryställchen, die sich als Anorthit ergaben. Die mikroche- 
mische Untersuchung zeigte die würfelförmigen Krystalle der Chlor- 
alkalien, bei Zusatz von Schwefelsäure büschelförmige Gypskrystalle, 
ferner phosphorsaure Ammoniakmagnesia, gallertartige Kieselsäure 
und Gallerte von phosphorsaurer Thonerde. Bei Auflösung in Salz- 
säure bilden sich Kieselgallerte und Kieselpulver. Das Magnesiasili- 
kat und der Anorthit lassen sich in Pulverform zumal im polarisirten 
Lichte deutlich unterscheiden, beide enthalten nur sehr wenig fremde 
Einschlüsse; die trikline Zwillingsbildung ist bisweilen sehr deutlich. 
In geringer Menge sieht man auf den Bruchflächen noch lichtasch- 
graue Körnchen, die Augit oder Enstatit sind, ferner warzige roth- 
gefärbte Kryställchen, prismatische, auch einige schwarze oktaedrische, 
welche dem Magnete nicht folgen. Die metallischen Erztheilchen sind 
meist speisgelb bis broncefarben, bilden kleine Körnchen und einige 
bläuliche bis braungraue papierdünne Adern. Sehr wenige eisen- 
graue Körnchen ergeben sich als gediegen Eisen. Der grösste Theil 
der Erzpartikelchen sind Schwefelverbindungen, wahrscheinlich ein- 
fach Schwefeleisen, die würfelförmige Gestalt deutet aber auf Pyrit: 
— (Verhdig. kk. Geol. Reichsanst. Nr. 5. S. 92—94) 

Palaeontologie. D. Stur, die Pflanzenreste aus 
dem Schiefergebirge von Tergove in Croatien. — Diese 
früher als Gailthaler Schichten bezeichneten Sandsteine, Conglomerate 
und Schieferletten wegen mangelnder Versteinerungen sind nicht sicher 
untergebracht worden, solche sind nun neuerdings gefunden und zwar 
Odontopteris obtusifolia und Calamites gigas des untern Rothliegen- 
den sowie Alethopteris der obern Steinkohlengebilde Zugleich er- 
klärt jetzt Suess die erzführenden Schiefer für Casannaschiefer. Diese 
ersten Funde wurden durch neue reichere ergänzt, besonders aus dem 
Schiefer im Maidaner Thale zwischen den Erzlagerstätten lagernd. 
Die meisten Pflanzen führen die untern thonigen Schichten, die obern 
feinkörnigen Sandsteine Calamites häufig. Letztrer ergiebt sich als 
Calamites Suckowi nicht gigas. Im Schiefer Sphenopteris Haidingeri, 
viel häufiger Neuropteris auriculata, ferner Cyclopteris auriculata, 
wogegen obige Anführung von Ödontopteris aufIrrthum beruht, eben- 
so fehli die Alethopteris. In einer andern Schicht kam ein Fragment 
von Stigmaria ficoides vor zugleich mit Neuropteris auriculata. So- 
nach treten auch entschiedene Steinkohlenpflanzen auf. Nach den von 
Geinitz aufgestellten Vegetationsgürteln gehören die Produktenschie- 
fer am Bleiberg mit Calamites transitionis und tenuissimus, Sagenaria 
Veltheimana, Stigmaria inaequalis, Chondrites tenellus dem ersten 
Vegetationsgürtel an wie auch die Schiefer von Rio Tamai und von 
Podberda am SFuss des Wachsheimer Gebirges, Die Flora der Stang- 
alpe repräsentirt den zweiten Vegetationsgürtel, die sogenannte Si- 

Ba. XXXI, 1868. 93 


330 


gillarienzone. Ueber den Bleiberger Produktenschiefern kommt bei 
Pristana eine Schicht von Alethopteris aquilina vor, auf dem Schutt- 
kegel des Osselitzerbaches bei Tröpellach im Gailthale Cyatheites 
unitus, Alethopteris Defrancei, Dictyopteris Brongniarti, darüber lie- 
gen die Kalke mit Cyathophyllen und Crinoiden. Jene Pflanzen schei- 
nen einem höhern Niveau als die der Stangalpe anzugehören und noch 
höher folgen erst die von Tergove. So sind in den Gailthaler Schich- 
ten sämmtliche Niveaus der Kohlenformation vertreten mit dem Un- 
terschiede von den ausseralpinen, dass nicht nur in den untern Ho- 
rizonten sondern durch die ganze Formation hindurch pelagische 
Gebilde vorherrschen und limnische nur sehr untergeordnet an den 
Rändern auftreten. Darin hat auch wohl der gänzliche Mangel an 
Kohlenflötzen seinen Grund. Bei Innsbruck am Steinacher Joch 
kömmt die Kohlenformation ganz ebenso wie auf der Stangalpe vor: 
zuunterst Kalk mit Spatheisenstein, dann ein mächtiges Conglomerat, 
darauf Sandstein und Schiefer, letzte mit Annularia longifolia, Sphe- 
nophyllum emarginatum, Neuropteris flexuosa, Odontopteris alpina, 
Cyatheites arborescens und oreopteridis, Alethopteris Defrancei, Stig- 
maria ficoides. — (Jahrb. kk. Geol. Reichsanstalt 1868. S. 131—138.) 
U. Schlönbach, die Brachiopoden der böhmischen 
Kreide. — Die in Böhmen entwickelten Plänerglieder sind folgende. 
1. Zone der Trigonia sulcataria und des Catopygus carinatus petro- 
graphisch sehr verschiedentlich ausgebildet, früher als unterer Qua- 
der, Pflanzenquader, unterer Pläner, Conglomeratschichten, Hippuri- 
tenkalk bezeichnet. Die in der natürlichen Folge sich anschliessenden 
beiden Zonen des Scaphites aequalis und des Ammonites rotomagen- 
sis fehlen in Böhmen, hier reiht eich an als zweite Zone die des Ino- 
ceramus labiatus wiederum veränderlich, gleich dem rothen Pläner 
NDeutschlands, dem untersten Turonien. 3. Zone des Ammonites Wooll- 
garei und Ammonites Brongniarti sonst als Exogyrensandstein und 
Grünsandstein unterschieden, die beide in vielen Gegenden wirklich 
nur ein Gebilde darstellen. 4. Zone des Scaphites Geinitzi und Spon- 
dylus spinosus, früher oberer Plänerkalk und obrer Plänermergel, der 
norddeutschen Skaphitenschicht entsprechend. Die Isersandsteine 
können noch nicht mit Sicherheit hierher versetzt werden. 5. Zone 
des Inoceramus Cuvieri und Micraster cortestudinarium oder die Ba- 
kulitenmergel von Priesen und Luschitz. 6. Zone des Micraster cor 
anguinum und Belemnites Merceyi, die frühern Oberquader. Die 
böhmischen Brachiopoden werden nun in folgender Weise festgestellt. 
1. Terebratulina chrysalis (Terebratula striatus Reuss, T. Faujasi 
Reuss) sehr verbreitet, beginnt in der ersten Zone uud reicht bis zur 
vierten. 2. T. rigida (T. gracilis Reuss) stellenweise sehr häufig, in 
Zone 1 beginnend und reicht ebenfalls bis zum Spondylus spinosus. 
3. Terebratula phaseolana (T. biangularis, ovoides und lentoidea 
Reuss) ungemein häufig in den untersten Schichten, nicht über Zone. 
4. T. subrotundata (T. semiglobosa Swb, T. carnea, punctata, elon- 
gata, subundata, obesa, acuta Reuss) beschränkt sich auf die Zone 


331 


des Scaphites aequalis also im obern Plänerkalk. 5. Megerleia lima 
Defr (Terebratula pectoralis Reuss) im obern Pläner von Bilin. 
6. Morrisia Suessi Bosq (Terebratula lentoidea Reuss) zuerst bei Mast- 
richt, dann bei Ahlten in Hannover, in Böhmen bei Weisskirchlitz im 
untern Pläner oder der ersten Zone. 7. Magas Geinitzi (Terebratula 
hippopus und Megerlea lima Reuss) sehr verbreitet in cenomanen 
Schichten des NWDeutschland, in Böhmen häufiger in jüngeren Schich- 
ten, im Plänersandstein oder der Zone des Inoceramus labiatus und 
im Exogyrensandstein sowie im oberen Pläner. 8. Magas striolaris 
Schloenb. 9. Thecidium vermiculare Schloth spec. in der ersten Zone 
häufig. 10. Thecidium spec. in nur einer Klappe in der Tourtia. 
11. Rhynchonella dimidiata (Terebratula dimidiata Swb, T, depressa, 
rostrata, latissima, gallina und Rh. ala Reuss) in Böhmen und Sach- 
sen häufig nur in der untern Zone. 12.Rh. Mantellana nur in schlech- 
ten Exemplaren in der ersten Zone. 13, Rh. bohemica (Terebratula 
alata, Rh. ala Reuss, Rh. vespertilio Kr) sehr häufig im Exogyren- 
sandstein und im Plänersandstein. 14. Rh. Cuvieri d’Orb (Terebra- 
tula pisum und Mantellana Reuss) und 15. Rh. plicatilis Swb (Tere- 
bratula octoplicata Reuss) beide im obern Plänerkalk in derZone des 
Spondylus spinosus ungemein häufig, in andern Gegenden vertical 
weiter verbreitet. 16. Crania parisiensis Defr in allen Schichten vom 
Galeritenpläner (Zone des Inoc. Brongniarti) bis in die jüngsten Krei- 
deschichten, im Cenoman, Senon, Turon. 17. Cr. gracilis Mstr. (Cr. 
irregularis Reuss, eximia Schloenb) in der ersten Zone. 18. Cr. igna- 
bergensis Retz horizontal und vertikal weit verbreitet. 19. Cr, spi- 
nulosa Reuss aus oberem Plänerkalk ist Verf. unbekannt aus Böhmen. 
Von diesen 19 Arten kommen also 12 bereits in der ersten Zone vor, 
von welchen in Böhmen nur 3 in höhere Glieder, ausserhalb noch 3 
andere höher vorkommen. In der Zone des Inoc. labiatus sind nur 
3 beobachtet, in der Zone des Inoc. Brongniarti ebenfalls 3, in der 
des Scaphites Geinitzi aber neun. In den beiden jüngsten Zonen 
Böhmens finden sich nur ganz vereinzelt Terebratulina chrysalis, Ma- 
gas Geinitzi und Rhynchonella plicatilis.. — (Jahrb. kk. Geol. Reichs- 
anst. 1868. $. 139-165. Tf. 5.) 

A.E.Reuss, paläontologische Beiträge. — Neuer fos- 
siler Limax. Verf. beschrieb aus dem Süsswasserkalk von Tucho- 
rie in Böhmen 53 Landschnecken und 15 Süsswasserarten und erhielt 
neues Material von dort, darunter auch eine Limax. Die einzige bis 
jetzt bekannte Limaxart ist L. Larteti aus den Tertiärschichten von 
Sansan, eine andere ähnliche Schale aus Rumelien veranlasste Des- 
hayes die Gattung Viquesnelia aufzustellen; die mit L. agrestis iden- 
difieirte Art von Maidstone ist ganz zweifelhaft. Die neue böhmische 
Form ist L. crassitesta 5 Mill. lang und 3,5 Mill. breit, ziemlich dick, 
gegen den Vorderrand hin verdünnt, vierseitig oval mit fast paral- 
lelen Seitenrändern, vorn schwach bogig, hinten breiter und schief 
abgestutzt, auf der gewölbten Oberseite mit gedrängten feinen Wachs- 
linien, an der Unterseite rauh. Ausserdem fanden sich 'an derselben 


23 * 


332 


Lagerstätte noch Helix multicostata Thom, Pupa subconica Sdb, P. 
Schwageri n. sp., Valvata leptopomoides n. sp., und Candona poly- 
stigma n. sp., danach sind nun 75 Arten von Tuchoriac bekannt, wo- 
von 21 Arten mit Hochheimern identisch sind. — Neues Vorkommen 
von Congerienschichten in Siebenbürgen am Hahnenbach 
SO von Arbegen zwischen Mediasch und Hermannstadt. — Das Ge- 
stein ist ein feinkörniger glimmerreicher Sandstein mit schwer aus- 
zulösenden Versteinerungen. Die sicheren Arten sind: Limnaeus 
nobilis n. sp., Cardium undatum n. sp., zwei andere nicht sicher be- 
stimmbare Cardien, Congeria triangularis Partsch, eine Melanopsis 
— Valenciennesia annulata beschrieb Rousseau zuerst als rie- 
senhaften Ancyclus aus dem obern Mitteltertiär der Krim, dieselbe 
ist nun auch in den Congerienschichten von Totis bei Gran in Ungarn 
gefunden uud ebenfalls in der Wallachei. Verf. beschreibt disese 
Exemplare und findet die von Bourguignat gegebene Diagnose ganz 
passend. — Foraminiferen und Ostrakoden von St. Cassian. 
In der Trias sind erstere bisher nur sehr spärlich nachgewiesen wor- 
den. Schwager führt einige von Vils in.Tirol auf, Schafhäutl mehre 
aus dem Kalke der rhätischen Gruppe, sicherer ebendaker Gümbel, 
Peters aus dem Dachsteinkalke, der bei Hallstatt zu mehr denn 80 
Procent aus Schalen von Globigerinen mit wenigen Textilarien be- 
steht, Jones und Parker aus dem blauen Thone von Chellaston bei 
Derby, von St. Cassian führte v. Schauroth einen Orbitulites cassiani- 
cus auf, den aber Verf. für ein nicht organisches Gebilde erklärt. In 
den St. Cassianer thonigen Mergeln entdeckte nun Verf. folgende neue 
Arten: Glandulina obconica, eine Cristellaria, Marginulina, Globige- 
rina, Polymorphina, Textilaria, Cornuspira filiformis, eine Biloculina 
und andere schwer deutbare. ÖOstrakoden werden schon mehrfach 
aus der Trias erwähnt, St. Cassian lieferte Cythere cassiana und 
Cytherella limbata. — (Wiener Sitzungsberichte LVill. 31. SS. 5 Tff.) 

Joach. Barrande, Cephalopodes siluriens dela Bo- 
heme. Groupement des Orthoceres. Prag 1868. 8°. — Die riesige 
Prachtmonographie des böhmischen Silurbeckens schreitet in er- 
freulichster Weise fort, wie dieser Bericht über die schon erschiene- 
nen Tafeln der Orthoceratiten beweist, Die Gattung Orthoceras sondert 
ihre böhmischen Silurarten in kurze und in lange, Erstere sind 30, 
alle mit horizontalen Streifen. Die Uebergangsgruppe zu den langen 
bilden 2 nur in Steinkernen bekannte Arten mit dreiseitigem Quer- 
schnitt, wodurch sie sich Gonioceras nähern und andere Steinkerne 
mit elliptischem oder kreisrunden Querschnitt. Die langen Arten 
haben 1. vorherrschend vertikale Dekoration in Form von Rippen, 
Furchen, Streifen, Leisten, 2. gemischte Dekoration mit gleich ent- 
wickelten Längs- und Querstreifen, 3 Gruppen umfassend, 3. quere 
Dekoration, wohin die meisten in 7 Gruppen zu sondernden gehören, 
4. glatte, oder nur schwach quergestreifte Arten. Dann spricht Verf. 
über die Cochleati und Nummularia, über die Gattungen Huronia, En- 
doceras und Gonioceras. 


333 


H., Burmeister, fossile Säugethiere im Diluvium 
Südamerikas. — Das vierte Heft der Anales del Museo publico de 
Buenos Aires, mit welchem der erste reichhaltige Band dieser neuen 
Zeitschrift abschliesst, vollendet die gewichtige Abhandlung, deren 
Anfang wir Bd. XXX. 528 berichteten. Dieselbe verbreitet sich 
noch über folgende Arten: Auchenia Weddeli, Castelnaudi, intermedia, 
mit welch’ letzterer Bravards Camelotherium zusammenfällt, über Cer- 
vus, Dicotyle, sehr eingehend über Equus und im besondern über E. 
curvidens Ow (E. neogaeus Gerv), E. Devillei Gerv, über Macrauche- 
nia, Toxodon, von welchem dem Verf. ein besonders werthvolles Ma- 
terial zu Gebote stand und zwar von T. Burmeisteri Gieb und T. 
Oweni Burm (T. platensis und T. angustidens Owen), T. Darwini 
Burm, ferner über Nesodon und Mastodon Humboldti Cuv, Ein Nach- 
trag bringt noch Bemerkungen über Mephitis primaeva, Ctenomys 
bonariensis, Glyptodon tuberculatus, Equus und Nesodon. Die in Ber- 
lin lithographirten vom Verf. selbst gezeichneten Abbildungen stellen 
Schädel, Zähne, ganze Skelete und einzelne Theile derselben dar. So 
ist mit diesem ersten Bande der Anales unsere Kenntniss der höchst 
interessanten zum Theil ganz absonderlichen Diluvialfauna der Argen- 
tinischen Staaten beträchtlich erweitert und hinsichtlich mehrer Ar- 
ten wesentlich berichtigt worden, möge es dem Verf. gelingen noch 
weiteres Material zu gewinnen, um diese schönen Untersuchungen 
in den folgenden Bänden fortzuführen. — Wir können bei dieser Gele- 
genheit eine auf dem Umschlage des Heftes befindliche Bemerkung 
nicht mit Stillschweigen übergehen. Die Anales del Museo publico 
de Buenos Aires sind in der liberalsten Weise an alle naturwissen- 
schaftlichen Institute und Gesellschaften versandt worden, aber von 
deutschen haben erst sechs durch Gegensendung ihrer Schriften den 
Empfang quittirt. Die Ed, Antonsche Buchhandlung in Halle vermit- 
telt den Tauschverkehr mit Buenos Aires und mit dem vorliegenden 
vierten Hefte werden alle weitern Zusendungen an diejenigen Gesell- 
schaften eingestellt, welche ihre Publikationen nicht einschicken. 

Botanik. Schenk, Untersuchungen des Baues der 
Grasblühte. — Die eine Reihe der Untersuchungen betrifft die Pe- 
rianthiumblättchen, Lodiculae. Die beiden über der Tragspelze ste- 
henden Lodiculae sind fortan als untre oder vordre zu bezeichnen, 
da ausser ihnen bei vielen Gräsern noch zwei obere oder hintere vor- 
kommen. Letzte sind am vollkommensten bei Molinia caerulea, bei 
der sie an der Seite der Blühtenachse und beträchtlich höher als die 
untern Lodiculae angeheftet, die Seiten des Fruchtknotens fast bis 
zu seiner vordern und hintern Mitte bedecken. Bei Festuca und Lo- 
lium sind sie viel schmäler und mit dem untern Theile des Vorder- 
randes an die hintere Fläche der untern Lodicula angewachsen; der 
obere freie Theil überragt den hintern Rand des letztern und er- 
scheint wie ein Anhängsel derselben. Bei Brachypodium, Triticum, 
Secale, Gymnostichum u. A. verwächst der ganze vordere Rand der 
hintern Lodicula oben mit dem hinteren Rande, unten mit der hintern 


334 


Fläche der unteren, erste ist aber stets an der höhern Insertion zu 
erkennen, ebenso bei Seslaria, wo sich beide Lodiculae noch dadurch 
unterscheiden, dass die vordere nach oben in mehre langzugespitzte 
gewimperte Zipfel ausgeht, während die Lappen der hinteren stumpf 
und kahl sind. Bei Avena sind die oberen Lodiculae sehr kurz, noch 
kürzer bei den Bromi secalini. Von solchen Gräsern, bei welchem 
eine hintere Lodicula bisher bekannt ist, stand nur Piptatherum mul- 
tiflorum Verf. zur Verfügung, die Zartheit der Blühtentheile erschwert 
die Untersuchung sehr, doch scheinen auch hier zu beiden Seiten der 
hintern Lodicula zwei mit dem Grunde derselben verwachsene Blätt- 
chen vorhanden zu sein, die sich nach den Seiten des Fruchtknotens 
wenden und an die hintere Fläche der vordern Lodiculae anlegen. Die 
höhere Insertion der hintern Blättchen ist auch hier sehr deutlich. 
Nach allem kann Röpers Theorie, nach welcher die beiden seither 
bekannten Lodiculae als die vorderen Glieder des innern Perianthe- 
mumkreises aufgefasst werden, nicht mehr beibehalten werden. Das 
Vorkommen bei Piptatherum lässt vermuthen, dass wie bei den hin- 
teren so auch bei den vorderen Lodiculae eine fehlgeschlagene Mitte 
zu ergänzen ist und da die hinteren Elättchen an ihrem Grunde zu 
einem Blatte verwachsen und auch die vordern Lodiculae zuweilen 
ganz, mindestens aber am Grunde verwachsen sind, so muss man 
vielleicht die Lodiculae beider Seiten als je ein Blatt ansehen, von 
welchem nur die Seitentheile zur Entwicklung kommen, die Mittelrip- 
pen aber immer oder fast immer unterdrückt sind. Bei dieser An- 
nahme würde man zwei alternirende und die Alternation der Spelzen 
fortsetzende Lodikularblätter erhalten. — Die zweite Beobachtungs- 
reihe galt dem Fruchtknoten. Bei Brizopyrum siculum findet sich 
ein dritter hinterer Griffel und an der Stelle desselben in den übri- 
gen Blühten desselben Stockes ein Höckerchen, das auch bei Phrag- 
mites, Calamogrostis, Aira und Lamarckia vorkommt. In Ueberein- 
stimmung mit Kunth ist dieser Höcker als Rudiment eines dritten 
Griffels gedeutet. Betrachtet man nun bei den Gräsern jeden Griffel 
als Spitze eines separaten Fruchtblattes: so wird man bei den genann- 
ten annehmen müssen, dass das mediane Fruchtblatt hinten steht. 
Dann geht aber die regelmässige Alternation der Cyklen verloren, 
auch müsste man da den ganzen Fruchtknoten als um 180° gedreht 
betrachten, was wegen der unveränderten Lage der Placenta und Sa- 
menknospe nicht angebt. Die normalen und abnormen Formen des 
Grasfruchtknotens sind befriedigend nur bei der Annahme eines ein- 
zigen vornstehenden Fruchtblattes zu erklären, welches nach dem Ty- 
pus der zweirippigen Blätter gebaut ist und grosse Aehnlichkeit mit 
dem Utriculus von Carex besitzt sowohl in der äussern Form wie in 
der Lage der inneren Organe. Die beiden gewöhnlich vorkommen- 
den Griffel erklären sich dann als die excurrirenden beiden Rippen, 
die sich stets auch bis zur Basis des Fruchtknotens verfolgen lassen. 
Der dritte vordere Griffel wäre der Versuch der Ausbildung einer 
Mittelrippe , der dritte hintere aber ein Analogon der bei verwachse- 


235 


nen Scheidewänden der Blattmitte gegenüber vorkommenden grannen- 
förmigen Fortsätze, welche in der Keimregion bei Zizania aquatica, 
in der Laubregion bei Melica uniflora, in der Hochblattregion bei 
Glyceria spectabilis bekannt sind. Hanstein hält die hier gegebenen 
Deutungen noch nicht für hinlänglich begründet. — (Rhein. Verhandlgn. 
1867. XXIV. Correspdzbl. 111—113.) 

Hildebrand, unmittelbarer Einfluss der Pflanzen- 
bastardirung auf dieBeschaffenheit der durch dieselbe 
erzeugten Frucht. -—- Man weiss, dass aus den durch Bastardi- 
rung zweier Arten oder Varietäten erzeugten Samen Pflanzen erwach- 
sen, die entweder selbst einzelne Eigenschaften beider Aeltern ver- 
einigt zeigen oder doch in ihren Nachkommen ihre Entstehung aus 
dem Zusammenwirken beider Aeltern bekunden. Hingegen wird zu- 
mal von Nägeli bestritten, dass die Pflanzenbastardirung nicht blos 
auf die dadurch erzeugten Nachkommen sondern direkt auf die durch 
diese Bastardbestäubung erzeugte Frucht einen Einfluss üben sollte. 
Verf. widerlegt dies durch Beobachtungen an Aepfein und durch Ver- 
suche an Maispflanzen. Ein Apfel von dem Zweige eines Gräfenstei- 
ners, der zwischen die Zweige eines Himbeerapfels hineinreichte, war 
durch die Bestäubung einer Gräfensteiner Blühte mit dem Pollen der 
Himbeerapfelblühte entstanden. Die Form und der Haupttheil der 
Farbe desselben glich ganz den Gräfensteinern des Baumes, die Farbe 
gelb mit zerstreuten rothen Punkten; auf der einen Seite aber hatte 
er einen etwa 1/,; Zoll breiten Längsstreifen vom Kelchrest bis zum 
Stiele, während solche Streifen sonst nie an den Gräfensteinern vor- 
kommen und genau von der rothen Farbe des Himbeerapfels und das 
unter diesem Streifen liegende Fruchtfleisch war im Gegensatz zu 
dem andern von rothen Gefässbündeln durchzogen, die für das äus- 
sere Fleisch des Himbeerapfels charakteristisch sind. Also ein Einfluss 
des Pollens auf die Frucht, der nun durch das Experiment an Mais- 
pflanzen bestättigt wurde. An Pflanzen aus gelben Maiskörnern wur- 
den die weiblichen Blühtenstände vor dem Hervortreten der Narben 
mit Papierdüten vor jeder Berührung abgeschlossen. Als nun die 
Narben unter diesem Abschluss hervorgetreten wurden sie an den 
einen Blühtenständen mehre Tage hinter einander mit solchen Pollen 
bestäubt, der von Pflanzen aus rothen Maiskörnern genommen; auf 
andern Blühtenständen wurde der Pollen der über ihnen befindlichen 
demselben Stocke angehörigen Blühten übertragen. Die durch letztre 
Bestäubung entsandenen Kolben hatten nun rein gelbe Körner denen 
der Mutterpflanze gleich, die Kolben aus erster Bestäubung aber hat- 
ten gelbe Körner untermischt mit grauvioletten, so dass also ein di- 
rekter Einfluss des Pollens angenommen werden muss. Verf. meint, 
dass dieser Einfluss nur zwischen ganz nah verwandten Varietäten 
hervortritt und neue Versuche z.B. mit Kürbissorten das bestättigen 
würden. — (Ebda 100—122.) 

A. v, Krempelhuber, über Lichen esculentus Pall. — 
Ueber den natürlichen Standort dieser Pflanze gingen seither die An- 


336 


sichten auseinander, sie ist nach Verf. eine Steinflechte und gehört 
in Massalongos Gattung Pachyospora, allein da diese auf die schwer 
bestimmbare Grösse der Sporen begründet ist, so verweist sie Verf. 
zu Lecanora, da ferner Pallas Diagnose nur auf eine Varietät der Art 
sich bezieht, so soll sie den neuen Namen Lecanora desertorum füh- 
ren. Die Nothwendigkeit dieses neuen Namens findet Ref. nicht ge- 
nügend begründet und müssten nach jenem Princip die allermeisten 
ältern Namen durch neue ersetzt werden und diese neuen nach aber- 
mals fünfzig Jahren, wo die Arten unzweifelhaft wieder anders als 
jetzt aufgefasst werden, vertauscht werden. Verf. diagnosirt sie nun 
nach den von Kotschy im Taurus gesammelten Exemplaren und führt 
Pallas’ Art als Varietät mit ihrer Synonymie auf. Diese ist die ge- 
wöhnliche Mannaflechte in der tartarischen Wüste, der Kirgisensteppe, 
Persien, Kleinasien, um Konstantinopel, in der Krim und in der $a- 
hara. Sie enthält 42,50, jene aus dem Kaukasus aber 51,94 Procent 
oxalsauren Kalk. — (Wiener Zoolog. hotan. Verhdigen XVII 599-606 
Tf. 15.) 

C. M. Gottsche, neue Jungermannia in einem Sumpfe 
bei Hasenau unweit Breslau und bei Nimkau, J. Mildeana: Amphi- 
gastriis nullis, caule flexuoso decumbente radiculoso, apice bifido tri- 
fidove subadscendente, foliis subquadratis margine laterali rotundatis, 
junioribus et inferioribus bidentatis, majoribus plerumque 3—4 lobis con- 
cavisapicem versus arctiusimbricatis capitulumque formantibus lobislan- 
ceolatis reflexis inflexisve, involucralibus majoribus margine sinuato 
crispatis quadrilobis, perianthio terminali ovato plus minus violaceo, 
longitudinaliter 8—9 plicato, ore lobulatodentato connivente aperto. — 
(Zbda 623—626 Tf. 16.) 

St. Schulzer von Müggenburg, mykologische Mis- 
cellen. — 1. Mykologisches Herbar. — 2. Caeoma - und Phragmi- 
diumsporen in demselben Räschen. Im trocknen Herbste 1866 fand 
Verf. die Blätter der Himbeeren seines Gartens dicht besäet mit 
Phragmidium bullosum, das er sonst nur auf Rubus fruticosus getrof- 
fen. Bei näherer Untersuchung fanden sich neben ihm auf demselben 
feinzelligen Hypostroma auch Spuren von Caeoma. Beide Räschen 
hatten ganz dasselbe Mycelium. — 3. Berichtigung: Epitea hamata 
Bon ist mit E. aurea Bon identisch. Phragmidium oblongum Bon ist 
eine blosse Abnormität des Phr. mucronatum Schl. — 4. Ueber Auf- 
stellung neuer Gattungen. — 5. Ueber die Sphärien des Lyciums: 
Coryneum Lyeii, ein Clisosporium, Camarosporium quaternatum, C. 
Hendersonia, Stigmatea Hazslinszkyi und Pseudovalsa Lyeii stehen 
dicht beisammen und werden besprochen. — 6. Neben Schläuchen 
mit normaler Sporenzahl auch einsporige oder akrogene Sporen und 
bei Hysterographium pulicare oft neben achtsporigen Schläuchen 
akrogene, denselben von Pleospora taphrina kleine oben zugespitzte 
mit nur einer Spore beigemengt u. a. — 7. Hymenomyceten verschie- 
dener Familien in naher Beziehung zu einander. Grosse Gruppen des 
Polyporus versicolor unmittelbar neben Telephora hirsuta, vielleicht 


337 


gehen beide aus denselben Sporen hervor. Aehnlich verhalten sich 
Irpex fuscoviolaceus, Polyporus abietinus und P. adustus. Cantarel- 
lus und Craterellus weit getrennt im System sind nicht verschieden. 
— 8. Ausgiebige Synonyma. Die alte Gattung Erysiphe hat nur 
eine sichere Art, Leveille macht daraus mehre Gattungen und noch 
mehr Arten Trevisan. — Berichtigungen zu Kanitzs Pilzen Slavoniens. 
— (Ebda 709—730.) 

J. Milde, über Asplenium fissumKit und A.lepidum 
Presl. — Beide werden unter Aufführung der Synonymie und Lite- 
ratur ausführlich diagnosirt und dann kritisch beleuchtet, auch ihre 
Standorte angegeben. — (Zhda 817—824.) 

Derselbe, über einige Sporenpflanzen der deut- 
schen Flora: Equisetum seirpoides Mich, Phegopteris Robertiana, 
Woodsia subeordata, Aspidium aculeatum mit seinen Verwandten, A. 
affine, A. filix mas var. paleaceum, Aspidium Opizi, Asplenium voge- 
siacum, A. ruta muraria, Ophioglossum vulgatum var. polyphyllum. 
— (Ebda 825—$28) 

Zoologie. C. G. Giebel, landwirthschaftliche Zoo- 
logie. Naturgeschichte aller der Landwirthschaft nützlichen und 
schädlichen Thiere für den praktischen Landwirth bearbeitet. Mit 
230 Holzschnitten. Liefrg. 1. 2. Glogau 1868. Carl Flemming. — 
Der Landwirth bedarf mehr als einer blos oberflächlichen und allge- 
meinen Kenntniss der einheimischen Thiere, da ein nicht gerade klei- 
ner Theil derselben seine Saaten und Vorräthe in den Speichern gar 
nicht selten bis zur Verwüstung und Vernichtung beschädigt, ein 
anderer Theil diesen gefährlichen Feinden unaufhörlich nachstellt. 
Von beiden muss der gebildete Landwirth die Naturgeschichte gründ- 
lich kennen, um die letztern zu pflegen, damit sie ihm dienen, und 
um aus der Lebensweise der erstern die sichersten Mittel zu ihrer 
Verfolgung und Vertilgung zu gewinnen. Er nimmt drittens aber 
noch eine Anzahl Thiere in seinen unmittelbaren Dienst und um aus 
diesen Hausthieren den höchsten Nutzen zu ziehen, was Züchtung, 
Fütterung, Pflege und Behandlung, Verwerthung anlangt, muss er 
sich auch von ihrer Organisation und ihren Charakter, ihrer Leistungs- 
fähigkeit eingehend unterrichten. Seither fehlte es an einem Buche, 
welches diese verschiedenartigen Interessen der Landwirthschaft im 
Zusammenhange und in genügender Ausführlichkeit darstellte. Nach 
dieser Seite hin kömmt die in den zwei ersten Lieferungen vorlie- 
gende landwirthschaftliche Zoologie einem wirklichen Bedürfnisse 
entgegen, einem Bedürfnisse, das leider und zwar zu ihrem eigenen 
grössten Schaden viele Landwirthe, weil in ganz erstaunlicher Ein- 
seitigkeit und Beschränktheit ihre Aufgabe verfolgend, nicht empfin- 
den oder nicht verkennen wollen. Hier nun ist ihnen das bezügliche 
Material in der bequemsten und geniessbarsten Form dargebracht, 
nämlich in unterhaltenden und belehrenden Schilderungen der einzel- 
nen nützlichen und schädlichen Thiere, welche den äussern und in- 
nern Körperbau, die Lebensweise und den Charakter, Nutzen und 


338 


Schaden, die Mittel zur Verfolgung wie andererseits zur Pflege und 
Schonung besprechen, alle in streng systematischer Reihenfolge mit 
Charakteristik der Gattungen, Familien und Klassen; also keine trok- 
kene Aufzählung der Merkmale, keine dürre schematische Behandlung, 
sondern eine unterhaltende Lektüre. Die Säugethiere liegen in den 
beiden ersten Lieferungen schon vollständig vor und ist der Umfang 
des Ganzen auf 10 bis il Lieferungen oder 50-54 Bogen berechnet, 
welche bis Oktober dieses Jahres erscheinen werden. Die zahlreichen 
in den Text gedruckten Holzschnitte sowie Druck und Papier und 
der niedrige Preis von 12:/, Groschen für die Lieferung verdienen 
besondere Anerkennung. 

C. G. Giebel, Vogelschutzbuch. Die nützlichen Vö- 
gelunserer Aecker, Wiesen, Gärten und Wälder. Mit 88 
Holzschnitten. Zweiter unveränderter Abdruck. Berlin 1868. Wie- 
gandt und Hempel. — Das erste Erscheinen dieses nützlichen Büch- 
leins meldeten wir im Februarhefte und schon jetzt können wir einen 
neuen Abdruck anzeigen. Die beifällige Aufnahme, welche sich in 
dem schnellen Absatze der nicht unbedeutenden ersten Ausgabe be- 
thätigt hat, giebt das erfreuliche Zeugniss, dass wenigstens nach einer 
Seite hin die Land- und Forstwirthe und die Gärtner ihr Interesse 
an den Thieren erkennen und wahrnehmen wollen. Möge diese Er- 
kenntniss in immer weitern Kreisen Platz greifen und selbst auch 
bald eine weitere werden, wie solche die eben angezeigte landwirth- 
schaftliche Zoologie zu pflegen geeignet ist. 

W.Keferstein, Beiträge zurEntwicklungsgeschichte 
einiger Seeplanarien von St. Malo. Mit 3 Tff. Göttingen 
1868. 4°. — Verf. beschreibt zunächst die neu von ihm beobachte- 
teten dendrocoelen Seeplanarien, nämlich Leeptoplana tremellaris Oerst 
(Polycelis laevigatus Quatrf, Planaria flexilis Daleyel), Eurylepta ar- 
gus Dies und Eu. cornuta Dies (Proceros sanguinolentus Quatref) und 
legt dann die anatomische Untersuchung vor. Der dünne blattartige 
Körper erscheint auf Querschnitten schlauchartig, aus Haut und Mus- 
kelschlauch bestehend und die innere Höhle durch zahlreiche senk- 
rechte Muskeln gleichsam in Maschen getheilt. Der afterlose Darm 
beginnt mit einem oft sehr grossen Rüssel mit lappigem Rande, führt 
in einen getheilten Magen, dessen Taschen einfach oder verzweigt 
fast bis an den Körperrand reichen. Das Nervensystem besteht aus 
einem Paar Hirnganglien durch eine dicke Bauchcommissur ver- 
bunden, von welchem mehre Nerven ausgehen. An den zahlreichen 
Augen erkennt man eine äussere und innere Retina, ein Choroidea 
und einen linsen- oder corneaartigen Theil. Einige Arten haben auch 
Otolithen und alle am Körperrande zahlreiche Tasthaare. Die zwit- 
terhaften Geschlechtsorgane haben eine vordere männliche und hin- 
tere weibliche Oeffnung. Die Ausführungsgänge des Hoden führen 
zur Samenblase, einer Prostata und dem Penis, die weiblichen in ein 
Atrium mit Eiweissdrüse und Samentasche. Verf. schildert den fei- 
nen Bau dieser Organe. Ein Wassergefässsystem wurde nicht auf- 


339 


gefunden. Leptoplana tremellaris entwickelt sich ohne alle Metamor- 
phose. Sie legt ruhig an einer Wasserpflanze sitzend hunderte von 
Eiern in einer von Eiweiss gebildeten Scheibe. Mit der Entwicklung 
der Embryonen werden die Eiweisshüllen zu sechsseitigen Säulen mit 
kugeliger Höhle, in welcher die Eier in einer klaren Flüssigkeit 
schwimmen. Der Keimfleck wurde nicht bemerkt. Durch den Fur- 
chungsprozess zerfällt der Dotter in 4 Kugeln, aus jeder erhebt sich 
knospenförmig und sich abschnürend eine kleine Dotterkugel. Diese 
kleinen Kugeln theilen sich wiederholt und umschichten die grossen, 
von denen nur eine sich theilt. Diese Embryokugeln beginnen am 
fünften Tage zu rotiren und erhalten am sechsten Tage ein dichtes 
Kleid feiner Cilien. Die grossen Kugeln werden als Nahrung aufge- 
zehrt und aus der peripherischen Schicht entwickeln sich alle Organe, 
deren Ausbildung Verfasser verfolgte. Am 14. Tage schlüpfte der 
Embryo aus. Bis zum 23. Tage, mit welchem die Beobachtung abge- 
brochen wurde, waren jedoch die Genitalien noch nicht angelegt. 

Fr. Brauer, die von der österreichischen Fregatte 
Novara gesammelten Neuropteren.— Die Untersuchungen des 
reichhaltigen Materiales, welches die Novara von ihrer Erdumsege- 
lung heimbrachte, vervollständigen sich mehr und mehr, und sind so 
umfangreiche, dass wir bei der Beschränktheit unseres Raumes nur 
durch kurze Anzeigen auf deren Erscheinen aufmerksam machen kön- 
nen. Da die Abtheilungen des grossen Reisewerkes einzeln in den 
Buchhandel kommen: so ist es jedem Fachgenossen erleichtert sich 
in den Besitz des ihn speziell interessirenden Theiles zu setzen. Die 
vorliegende von dem verdienten Brauer gelieferte Bearbeitung der 
Neuropteren bringt 19 neue Arten und 37 neue Orthopteren, welche 
zur Aufstellung von 10 neuen Gattungen nöthigten. Letzte erhielten 
folgende Namen: Hydromanicus, Nyctiophylax, Tetracentron, Anoma- 
lostoma, Calamoceras, Saetotricha sämmtlich Phryganiden, Stauro- 
phlebia eine Aeschnide, Gomphomacronia eine Corduline, Agrionop- 
tera eine Libelluline. Die Artbeschreibungen sind so ausführliche, 
dass eine Verwechselung mit verwandten Arten nicht leicht mög- 
lich ist. 

Fr. Steindachner, Uebersicht der Meeresfische an 
den Küsten Spaniens und Portugals. — Verf. untersuchte 
folgende 70 Arten mehr minder eingehend,-um deren Charaktere fest-. 
zustellen und ihre Verwandtschaften kritisch zu sichten. Da die Ar- 
beit ausserdem ein besonderes geographisches Interese hat, so zählen 
wir die behandelten Arten namentlich auf: 


Beryx decadactylus Serranus cabrilla Apogon imberbis 
splendens hepatus Pristipoma Bennetti 
Labrax lupus gigas Diagramma mediterra- 

punctatus alexandrinus neum 
Anthias sacer fuscus octolineatum 
Callanthias peloritanus Polyprion cernium Dentex vulgaris 


Serranus scriba Pomatom. telescopium macrophthalmus 


Dentex maroccanus 
Maena vulgaris 
Smaris vulgaris 
alcedo 
insidiator 
Mullus barbatus 
Umbrina cirrhosa 
canariensis 
Sciaena aquila 
Corvina nigra 
Sargus vulgaris 
annularis 
Rondeleti 
fasciatus 
puntazzo 
Cantharus lineatus 
Box vulgaris 


340 


Box salpa 

Oblata melanura 

Pagrus vulgaris 
auratus 

Pagellus erythrinus 
acarne 
centrodontus 
mormyrus 

Sebastes Kuhli 
dactylopterus 
maderensis 

Scorpaena porcus 
scropha 

Trigla cuculus 
lineata 
hirundo 
gurnardus 


Trigla Iyra 
obscura 
aspra 


Peristedion cataphra- 


ctum 
Dactylopterus volans 
Cottus bubalus 
Uranoscopus scaber 
Trachinus draco 

vipera 

araneus 
Sphyraena vulgaris 
Lepidopus caudatus 
Aphanopus carbo 
Trichiurus lepturus 
Ruvettus pretiosus 
Nesiarchus nasutus 


(Wiener Sitzgsberichte LV1. 1867. Octhr. 105 SS, 9 Tff.) 


W. Peters, über die Flederhunde insbesondere die 
Arten der Gattung Pteropus. — Diese Familie unterscheidet sich 
von andern durch den dreigliedrigen Zeigefinger und die eigenthüm- 
lich stumpfhöckerige mit einer Längsfurche versehenen Backzähne. 
Gewöhnlich (nur Cephalotes und Notopteris ausgenommen) hat der 
Zeigefinger eine Kralle, aber nie die Nase einen Aufsatz, nie das Ohr 
eine Klappe, der Mittelfinger stets nur zwei knöcherne Phalangen; 
die Fibula ist rudimentär; die Augenhöhle hinten mit grossem Post- 
orbitalfortsatz. Die langgestreckte Zunge trägt in derMitte einen Hau- 
fen mehrspitziger nach hinten gerichteter Hornstacheln und der Ma- 
gen ist bohnenförmig oder mit langem Blindsack versehen, je nach- 
dem die Nahrung ausschliesslich aus Früchten oder zugleich auch aus 
Insekten besteht. Da nun auch unter den Insektivoren Rhinopoma und 
Artibeus ausschliesslich oder vorzugsweise von Früchten leben: so 
sind die Bezeichnungen insectivora und frugivora nicht treffend und 
zu vermeiden, Von den Blattnasen des tropischen Amerika nähert sich 
Sturnia hinsichtlich der Backzähne und des Zeigefingers den Fleder- 
hunden. Die nur der Alten Welt angehörigen Flederhunde sondern 
sich in mehre Gattungen, von welchen Pteropus die artenreichste und 
weitest verbreitete ist. Verf. untersuchte ein sehr reiches Material 
auch das der Londoner, Leidener und Pariser Sammlung und giebt 
eine kritische Revision der zahlreichen Arten, die wir mittheilen. 
A. Haarkleid reichlich bis über die Hälfte des Vorderarmes und beide 
Seiten des Unterschenkels ausgedehnt. a. Ohren kurz, sparsam 
mit langen Haaren bekleidet. 1. Pt. vulgaris Geoffr. Maskarenen, 
2. Pt. rubricollis Geoffr. Bourbon. — b. Ohren aus dem Pelze her- 
vorragend, aber kürzer als die Schnauze und kahl: 3. Pt. dasymallus 
Tem. Japan. 4. Pt. pselaphon Lag (Pt. ursinus Kittl) Boninsima. 
5. Pt. vetulus Jouan Neukaledonien. — c. Ohren so lang oder länger 
als die Schnauze, kahl: 6. Pt. poliocephalus Temm (Pt. Elseyi Gray) 
Australien; hierher auch Pt. leucopterus Tem. 7. Pt. conspicillatus 
Gould Fitzroyinsel. — B. Haarkleid lässt die Bauchseite des Unter- 
schenkels frei und ist am Rücken des Vorderarmes kurz oder feh- 
lend. 8. Pt. edulis Geoffr. (Pt. javanicus Desm., Pt. funereus und pluto 
Tem, Pt. nicobaricus und Pachysoma giganteum Fitz) auf dem indi- 
schen Festlande, den Inseln und Neuholland, 9. Pt. medius Tem (Pt. 


341 


Edwardsi Geoffr) Vorderindien. 10. Pt. phaeops Tem, Celebes. 
11. Pt. Edwardsi Goeffr (Pt. Livingstoni Gray) Madagascar und Co- 
moren. — 12. Pt. Geddiei Mcg Neuhebriden, im Aessern sehr ähnlich 
Pt. Keraudreni, in den Zähnen und Schädel Pt. edulis. — 13. Pt. gri- 
seus Geoffr (Pt. pallidus Tem) Banda, Sumatra, Malakka, Timor. — 
14. Pt. ocularis n. s. Ceram. — 15. Pt. macrolis n. sp. Insel Buru. 
.16. Pt. scapulatus Pet. Cap York in NAustralien, 17, Pt. personatus 
Tem (Pt. Wallacei Gray) Ternate. 18. Pt, alecto Tem (Pt. aterrimus 
Tem, Pt. chrysauchen Pet) Celebes, Ternate etc. sehr veränderlich in 
der Färbung. 19. Pt.hypomelanus Tom voriger sehr nah verwandt, Ter- 
nate. 20. melanopogon Schley (Pt. phaecops Temm) Amboina, Ceram, 
Buru u. a. 21. Pt. chrysoproctus Tem (Pt. argentatus Gray) auffal- 
lend ähnlich der vorigen, Amboina, Ceram u. a. 22, Pt. Temmincki 
Pet (Pt. griseus Tem) Samoa, Amboina. 23. Pt. Keraudreni QG (Pt. 
marianus Desm, Pt. tonganus, vanicorensis QG, Pt. insularis HJ, Pt. 
Dussumieri Geoffr) im mikronesischen Archipel, identisch scheint nach 
Pt. samoensis Peale von den Samoainseln, 24. Pt. molossinus Tom 
unbekannter Heimat. 25. Pt. jubatus Esch (Pt. pyrrhocephalus Meyen 
Insel Luzon. 26. Pt. Mackloti Tem (Pt. vociferanus Peale) Timor, 
Flores; etwas kleiner Pt. celebensis Schleg. — Andere Gattungen: 
A. Mit Kralle am Zeigefinger. Cynomycteris Pet oben 4. 1. 2. 3, un- 
ten 4.1.3. 3 Zähne 1. ©. aegyptiacus Geoff. (Pt. GeoffroyiTem) Aegyp- 
ten und Senegal. 2. C. collaris Illig (Pt. Leachi Sm. Pt. hottentottus 
und Leachi Tem) SAfrika. 3. C. amplexicaudatus Geoffr (Pt. Lesche- 
naultiDesm, Pt. seminudus Kel) Ceylon, Bengalen, Siam, Sundainseln, 
Molukken, Amboina, Philippinen, Timor. 9. C. stramineus Geoffr 
(Pterocyon paleacus Pet. Xantharpyia straminea Gray, Pt. mullipilo- 
sus All) vom Sennar und Abyssinien bis Guinea; vielleicht nur Va- 
rietät von ihr ist Dupreanus Poll. — Gen. Cynopterus Cuv (Pachy- 
soma Geoffr) mit: C. marginatus Geoffr (Pachysoma tittaecheilum 
Tem, P. Diardi und Duvauceli Geoffr, Pt. pyrivorus Hodys, Cynop- 
terus Horsfieldi Gray, Pt. Scherzeri Fitz) Bengalen, Assan, Siam, Ma- 
lakka, Ceylon, Java, Sumatra. 2. C. brevicaudatus Geoffr (Pachysoma 
brachyotis Müll, P. lazoniense Pet), Ceylon, Borneo, Banka, Luzon, 
Sumatra, Bengalen. 3. C. melanocephalus Tem Java. — Die Gattung 
Ptenochirus Pet nur mit Pt. Jagori auf Luzon. — Gattung Megaerops 
Peters nur mit M. ecaudatus (Megaera ecaudata Tem) auf Sumatra. — 
Gatt. Harpya 1llig (Cephalotes Geoffr, Uronycteris Gray) mit H. ce- 
phalotes Pall (Cephalotes Pallasi Geoffr, Uronycteris albiventer Gray) 
Celebes, Molukken, Halmahera, Moretai, Gebeh, Amboina. — Gattung 
Epomophorus Benn mit 1. E. macrocephalus Ogilb (E. Whitei Benn, 
Pt. megacephalus Swains) Guinea. 2. E. Franqueti Tomes WAfrika, 
Gabon, Lagos. 3. E. Wahlbergi Sundev (Pt. crypturus Tom) Port 
. Natal. 4. E. gambianus Ogilb Gambia, Guinea. 5, E. crypturus Pet. 
6. E. labiatus Tem (Pt. schoensis Rüp, Pt. aurus Heugl) Abyssinien. 
7. E. comptus All WAfrika. 8. E. pusillus n. sp. (E. schoensis Rüp) 
WAfrika, Gambia, Gabon, Goruba. — Gen. Hypsignathus All (Sphy- 
rocephalus Murray) nur durch die gefaltete Oberlippe von voriger ver- 
schieden: 9. H. monstrosus All (Sph. labrosus Murr) Calabar, Gabon. 
— dGatt. Macroglossus Cuy mit: 1. M. minimus Geoffr (Pt. rostratus 
Horsf.) im ganzen indischen Archipel. 2. M.australis Pet. WAstralien. 
— B, Zeigefinger ohne Nagel. Gatt. Cephalotes Geoffr (Hypoderma 
Geoffr, Xantharpyia Gray) mit 1. C. Peroni Geoffr (Pt. palliatus Geoffr, 
Hypoderma moluccensis QG, Xantharpyia amplexicaudata Gray) Ti- 
mor, Amboina, Samar, Banda, Ternate, Batjan. — Gatt. NotopterusGray 
nur mit N. Macdonaldi Gray auf den Fidjiinseln. — (Berliner Monats- 
berichte 1867. Mai 313—333; Dechr. 865— 872.) 


Correspondenzblatt 
des 
Natnurwissenschaftlichen Vereines 
für die 
Provinz Sachsen und Thüringen 


Halle. 


1868. April. NE IV. 


Sitzung am 22. April. 


Die Mitglieder waren veranlasst, in dem medizinischen Ver- 
eine einen Vortrag des Hrn. Prof. Hallier aus Jena mit anzuhören, 
welchen derselbe über seine Beobachtungen und Keimversuche der 
Pilzgebilde hielt, die bei Masern, Cholera, Schafpocken und Syphilis 
auftreten. 


Sitzungam 29. April. 


Eingegangene Schriften: 


1. Acta Universitatis Lundensis. Lunds Universitets Aarsskrift. 1866. 
Mathematik och Naturvetenskap, Philosophi, Spraakvetenskap och 
Historia. Medicinska RD Theologi. Lund 1866—7. 4°. 
4 Hefte. 

2. Jahresbericht des physikalischen Vereines zu Frankfurt a. M. 
1866—1867. 8°. 

3. Verhandlungen der iyeikahechmkdieinene Gesellschaft in 
Würzburg. Neue Eolge I. 1. Würzburg 1868. 8°. 

4. Würtembergische naturwissenschaftliche Jahreshefte. XXIII. 2. 3. 
Stuttgart 1867. 80. 

5. Mittheilungen aus der kk. mährischschlesischen Gesellschaft zur 
Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde in 
Brünn. 1867. Brünn 1867. 4°. 

6. Zeitschrift des landwirthschaftlichen Centralvereines der Prov. 
Sachsen etc. Herausgegeben von Dr. Stadelmann. XXV. 1868. 
Nr. 4.5. Halle 8°. 

7. Mittbeilungen des Vereins nördlich der Elbe zur Verbreitung na- 
turwissenschaftlicher Kenntnisse. VIII. 1867. Kiel 1868. 8°, 


343 


8. Quaterly Journal of the Geological Society. XXIV. 1. London 
1866. 8°. 

9. Jahrbücher des Nassauischen Vereines für Naturkunde, XIX. XV, 
Wiesbaden 1864—1866. 8°. 

10. Abhandlungen, herausgegeben von dem naturwissenschaftlichen 
Vereine zu Bremen I. 3. Bremen 1868, 8°. 

11. Verhandlungen des Naturhistorischen Vereines der preussischen 
Rheinlande und Westphalens herausgegeben von Dr. Andrae. 
XXIV. Bonn 1867. 8°. 

12. Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Bern aus dem 
Jahre 1867. Nr. 619—653. Bern 1868. 8°, 

13. Wochenschrift für Gärtnerei und Pflanzenkunde von Prof. Dr. 
K. Koch. 1868. Nr. 10—13. Berlin 4°. 

14. Dr. A. Schreiber, Grundriss der Chemie. Ein Leitfaden für den 
Unterricht in Real- und höhern Bürgerschulen. Berlin 1868. 8°, 

15, Verhandlungen der kk. Zoologischbotanischen Gesellschaft in Wien 
Jahrgg. 1867. XVII Bd. Wien 1867. 8°, 

16. J. Schumann, die Diatomeen der hohen Tatra, Mit 4 Tff. Her- 
ausgegeben von dem Zoologischbotanischen Vereine in Wien. 
Wien 1867. 8°, 

17. Aug. Neilreich, Diagnosen der in Ungarn und Slavonien bisher 
beobachteten Gefässpflanzen, welche in Koch’s Synopsis nicht 
enthalten sind. Herausgegeben von der Zoologischbotanischen 
Gesellschaft in Wien. Wien 1867. 8°. 

18. Joh. Winnertz, Beitrag zu einer Monographie der Sciarinen. 
Herausgegeben von der Zoologischbotanischen Gesellschaft in 
Wien. Wien 1867. 8°. 

19. Dr. E. Taschenberg, das illustrirte Thierleben. Heft 95. Insekten. 
Hildburghausen 18068. 40. 

Das Februar- und das Märzheft der Vereinszeitschrift liegen 
zur Vertheilung vor. 

Der Vorsitzende Hr. Giebel ladet zunächst unter Vertheilung 
des Programmes zum Besuche der 27. Generalversammlung am 2, und 
3. Juni in Aschersleben freundlichst ein und theilt sodann den Inhalt 
eines von Hrn. Burmeister in Buenos Aires eingesandten Aufsatzes 
über die Ohrrobben der Ostküste Südamerikas (S. 294) sowie einer 
Mittheilung von Hrn. Bruhin bei Bludenz über die Ornis und Flora 
des hängenden Steines daselbst (S. 301) mit. Endlich berichtet der- 
selbe über seinen Versuch den Gewichtsverlust am eigenen Körper 
bei verminderter Nahrung zu ermitteln (S. 265.). 

An diese letzte Mittheilung anknüpfend, berichtet Herr Sie- 
wert die Resultate der an seinem Körper angestellten Versuche, um 
in zwei zehntägigen und einer zwölftägigen Periode den Einfluss von 
mehr als gewöhnlicher Nahrung auf denselben zu ermitteln. 

Herr Köhler spricht über animal. Chinoidin. Auf das Vor- 
kommen einer dem Chinin ähnlich fluorescirenden Substanz in thieri- 
schen Geweben, (resp, den schwefelsauren Auszügen derselben), hat 


344 


Benece Jones ind. Pharmac. Journ. and Transact, bereitsim Juli 1866 
aufmerksam gemacht und die in Rede stehende Substanz: animali- 
sches Chinoidin genannt. Die Herren Roads und Pepper thei- 
len in den Reports des Pennsylvania-Hospital neuerdings (1868) 
mit, dass sie die Angaben von Jones in allen Punkten bestätigt 
fanden. Legten sie die Fluorescenz-Intensität einer titrirten Chinin- 
lösung (1 Gr. auf 100 Liter Wasser) als Einheit zu Grunde, so fan- 
den sie, dass das Extraet des Blutes seiner Fluorescenz nach dreimal 
mehr von der fraglichen Substanz enthielt. Sie fanden ferner, dass 
bei Wechselfieberkranken, welche nicht mit Chinarinde-Präparaten be- 
handelt worden waren, auch wenn seit ihrer Genesung Jahre verstri- 
chen, die fluorescirende Substanz im Blute ganz schwin- 
det, dass sich der Gehalt dieser eben genannten Flüssigkeit dage- 
gen (mit der Normal-Chininlösung verglichen) auf 70—200 erhöht, 
wenn gesunde Thiere oder Menschen Chinin einnehmen. 
Dass das änimal. Chinoidin gicht etwa auf in den Körper gelangtes 
Chinin zurückgeführt werden darf, geht schon aus Jone’s Beobach- 
tungen än Kaninchen und Meerschweinchen, welche nie Chinin be- 
köminen hatten, und deren Gehalt an anim. Chinoidin im Blute — 3 
war, hervor. Wenn das Wechselfieber auf in das Blut gelangenden 
Pilzsporen beruht (?), lässt sich die von Pepper und Roads bei 
dieser Krankheit nachgewiesene Abnahme des Blutes und der Ge- 
webe an fluoreszirender Substanz als Krankeits-Ursache oder Pro- 
dukt wohl kaum erklären: der physikalisch-chemische Befund und der 
botenische lassen sich nicht zusammenreimen. 


Druck von W. Plötz in Halle. 


N 
Beobachtungen der meteorologischen a nn Halle, 


v 
 Zoology 2, 


“MAR 11 1942 


9 in 
65 April 1868. 


Im April 1868 war im Vergleich zum 10jähri 
der mittlere Barometerstand 0‘‘,36 zu tief (1851—1860 : 333... ‚64), 
der höchste u 0“,94 zu hoch (185!/,, imMittel: 338,31), 
der tiefste x 0,58 zu tief (185'/g, im Mittel: 326,57). 
Die grösste Schwankung im ganzen Monat beträgt 13',26, 

(1851—1860 im Mittel : 11',74), 
innerhalb 24 Stunden aber -+ 7',77,(am 15), Abends 10 Uhr). 

Die mittlere Lufttemperatur war 0°,43 zu hoch (185!/,,: 50,92,), 
die höchste Luftwärme war 19,3 zu tief (1851/,, im Mittel 16°,1.), 
die niedrigste Luftwärme war 1°,5 zu hoch (185!/., im Mittel — 10,7,) 
Die grösste Schwankung im ganzen Monat beträgt 15°,0 

(1851—1860 im Mittel 179,8), 

innerhalb 24 Stunden aber —7°,3 (am ®/, Mittags 2 Uhr), 
innerhalb 8 Stunden endlich +13°,2 (am 4. von Mg. 6. — Mtitg. 2 U.) 
Die mittleren Temperaturen der einzelnen Pentaden sind folgende 


1868 1851—1864 Differenz 
Grade nach Reaumur. 
1. April — 5. April: 6,26 5,67 + 0,59 
6.5 W188 U, 6,12 5,82 + 0,30 
10. „ —12 „ 2,64 9,52 — 2,88 
1638. 00—:20: 11; 5,66 5,73 — 0,07 
21, = 125, |, 10,14 6,61 -++ 3,53 
26. „» — 80. u 7,28 6,81 + 0,47 


Die Temperatur sank unter 0% a) überhaupt an 2 Tagen. 
b) im Mittel an 0 Tagen. 
c) ganz u. gar an 0 Tagen. 

Der mittlere Dunstdruck war 0,11 zu hoch (185!/go : 24,46), 
die mittlere relative Feuchtigkeit aber 2,8%), zu gross, (18°1/g0: 71,3%). 

Die Menge des Niederschlags war 8,1 Cub.-Z. zu gross denn 
im Mittel von 18°1/g, giebt es 201,11 C.-Z. Niederschlag wovon 192,02 
auf den Regen (an 11—12 Tagen) und 9,09 auf den Schnee (an 1 Tage) 
kommen. 

Die mittlere Himmels- Ansicht war wie im Mittel der Jahre 
1851—1860 wolkig. Die mittlere Windrichtung lag zwischen NW 
und WNW, wo sie auch im Mittel der zehn Jahre 1851—-1860 
(N — 60°15°—W) liegt. Von electrischen Erscheinungen sind in diesem 
Monat hier in Halle durchschnittlich jährlich 1,3 Gewitter, sehr 
selten ein Wetterleuchten (0,2) beobachtet. Schubring. 


. 


6) Station zu 
April 1868. Beobachter: Herr 
“«i. EN 
Puitmucl, Dimsidruck } Relative: Luft- 
5 auf 0° redueirt. Behr Feuchtigkeit ad 
2 1300 Pariser Linien+ & : in Procenten. N aneN 
[2] 
an MA. |A.10 |Mitt |V.6.]M.2]Ato]Mit | V. 6] M. 2A. 101Mit | V. 6 ]|M.2. IA. 10IMit |V. 6 |M.2, | 
ı |36,92| 36,8737,06|36,95]2,36 12,56 2,6112,61| 72 | 65 | 6s| 69| 52| 90 
3 137.86) 38.36139,02138,41]2,26 11,59 1,8711,91) 86 | 22 | 5 | 68| 31 72 
3 189,25 38,24137, 10,38,20|1,69 11,6611,941,76| 86 | 37 | 69) 62|-02| 93) 
4 |36,39) 35,05/34,69135,38|1,77 |1,78) 3,762,10| sı | 9 | 790| 62| 10| 1220 
5 130,86) 34,30134,39133;18[2,03 2,24|2,4912,25| 76 | 33 | 67 | 59 | 3,3| 14,4] 
6 .[33,47| 31,68|32,37\32,51[2,30 |2,25|2,36/2,30| 81. | 32 | 62 | 59 | 4,0| 148) 
.7. 132,29) 32,94 31,79|32,3412,35 2,09 2,02|2,15| 81 | 44 | 51 | 5989| 42| 99 
8 |29/95| 28,34|27,10128,46|2,67 3,05|3,45 3,061 73 | 59 | 95 | 76 | 681 111 
9 125,99 26,73,29 ‚0827/27 3,2212,49/1,90)2,541 90 | 89 | 82 | sT| 66| 3,8 
10 [30,21 31,21 131,66)31,09|1,90 |1,77 1,95|1,87| 82° 61710842] 76 | 1,6) 43 
11 31,05, 30,51/29,70|30,42]2,11 2,03|1,98/2,04] 100  ı00 |100 |100 | 0,6| 02) 
12. [29,29] 29,96|31,40/30,22|2,00 12,37] 1,9512,10[100 | 84 | ss | 91 | 0,01 3,8 
13. |33,06| 33,77)34,3633,73l1,84 1,901 2,0311,92| 86. | 55 | 78 | 73 0,81. 6,11 
14 134,49! 34.49 35,13134,70[2,18 /2,78|2,5112,49| 9ı | 98 | s6 | 92 2,0) 3,9 
15 [36,14] 36,31,36,33/36,26]2,27 1,74/2,15/2,05| 92 | 43 N 2,4) 8,0 
16 135,29) 31,99128,56131,952,35 2,7512,99]2,70| 91 | 91 |100.| ga | 2,8 4,7 
17 129,07] 31, 05 32,16 30,7612,59|2,77|2,62/2,661 100 | 87 | 89 | 92 2,91 52 
ıs 182,89| 33/27|33/32]33,16|2,342,77|2,5912,57| gs | sa | 87 | s6 ol) 57 
19: [32,90] 32,19131,38|32,16]2,57 12,931 2,8212,77[| 88 | 64 1.79 | 7 | 42 96 
20. |29,42| 28,82 30, 08/29,44]2,92 13,89 3,22 3,21] 75 72), 7321| 74 5,8| 11,6h 
21) |32,87| 33,44134,35|33,55 3,08 2,74 3,60 3,14 83L| 49 |, 808 71 7,0| 12,0i 
22. |34,65 34,85|33 ‚95 34,48[3,92 13,9314,8014,05| 83 | 57 | 80 | 73 | 10,0) 14,6) 
23 [32,31) 31,75/33 ‚2432,50 4,06 4,231 3,1713,82| 81. | 60 | 77.| 73 | 10,6 14. ‚8 
4 |33,27| 31,38)30,29131,65[3,23|4,2713,693,73| 84 | 72 | so | 79| 75| 124 
25 |30,36 31,56,34) ja7132926 3,26 3,66/2,06. 2,99) 78 |.77:1.62 | 72) 8,4) 10,0 
26 [36,15 36,68 37,12,36,65 1,98 2,15, 2,382,17] 64° 53 | 0) 62| 50) 80 
27 |38,74| 37,40|35,82137,32]2,17 12,09] 2,462,24| 755 | 47 | ı | 62| a2] 93 
28 |33,97| 34,17|34,77134,30|2,78|2,32|1,782,29| 78 | 60 54 | 64| 66| 7,5 
29 [34,64 33,70|35,0334,462,41 3,48) 2,64 2,84] 76 | 63 | 7A | 7L| 5,2| 11,8 
30 34,37! 34,58 35,06 34,67|3,01 BearanDPn m, 60|5|64] 76 12,3) 
OR aa al | 
Mitt.|33,28|33,19/33,38|33,28 ‚67|2,54/2,57 [83,33 », 23176,47|74,07] 4, Fr 8,98% 
Max. | 39,25 | 138,41 13 4,05 100, 100 | 100) 100 14,8 
Min. | 25,99 | Bl 11,59) 27 | 59 1-02 | 
Druck der trocknen Luft: 27" 771 = 3310, zul 
Niederschläge. 
Tage Menge auf 1 Q.-Fuss. | Höhe. 
Regen | 6 | 146,3 Cub.-Zoll | 12,19 L. 
Schnee 1 62,9 en | 5,24 
Summe N  .. | 17,43 
klectrische Erscheinungen: 


1 Gewitter am 8. 


Halle a. d. S. p 


Mech. Kleemann. April 1868. 
Himmels- : N Wasserstand 

Wärme. & Ä Ansicht. Niederschläge, der Saale 
Re ER Windesrichtung. Bewölk. in [ge messen tägl. um Ne 
eo Zehnteln. 2 Uhr Nachm. mstr. Engelhardt 
2 V.6| M. 2 [A.10 |v |MjA |M| Art u Zeit. |CuhZ| F. | 2. 
75) 72] mw |Inw | nw hol sl 9] 9 6 7 
25 4535| NW INNW| NO |9| 4 04 6 6 
39 43 |0SO | SSO 10SO | o| 0 0) 0 6 5 
63 72] NO |ssw| no Jo 2 ılı 6 4 
7,1) 83 |NNW | NW | NO | 0) 000 6 4 
70, 8,6 | NO w NW |o 1|7| 3|R. Ab. 6 3 
7,9) 7,3] NW | NW IWNWI s| 9| 0| 6 ‚2 6 3 
Faller SO Iıo) 8) 8 I|R. Ab. + 6 3 
6 101 SW| N NW | 9; 9| 9 9IR. fst. gnz. T.| 56,9 6 4 
26) 2,51 NW | NW | NW Is! 8| 05 9,3 6 6 
0,1} 02] NW |NNW| NO |10|10|1010|S. ganz. Tag. 6 10 
1,11 1,6 | NW | OSO | SSO |10|10| o0| 7 62,9 7 0 
0 3,31 1850 OZEINNWILT 75 7 | 0 
4,2) 34 |WNW|NNW|NNO |10|10| 3| 8 160 
8,5 4,7| NW | NNO N 110) 1) 0) 4 de IA EZ 
45, 40| w |wsw| nw | zlı0lo) 9|R.ganz. Tag| 194 | 7 | 6 
44 42] NW |INNO | NNO [10| 910110 59,4 8 0 
45, 45 | NW | NO |NNW|I0| si10| 9 9 9 
6,5 6,8 IWNW|SSO | OSOI10| 11 0 4 9 10 
89 8838| SO | so | SSO | 7110| 3] 7 10 6 
93 94] sw |sw| S 2) 865 10 2 
1,6| 2321| SW | w |SSO | 6| 6 7 6 9 8 
8,3 11,2| so | sw | ssw |ıo| 9| o| 6 9 4 
9,7 92] SW |wSW| SW | 8 9| 8 8 9 ) 
58 &81| SW | NW| N | 9 9lıo 9 8 9 
50 6535| Nw| N N|!9 736 SB ne 
63) 6566| NW | N | 08SO| oo 000 8 2 
5,61 66 | SSO | W | NW l10) 91 8j9 7 11 
55| 7351 W |WNW| NW |3| 8 0/4 1 8 
7491| sw |WSW| NW |o 9 4) ajR. Nchm 2,1 7 4, 

| ! Abds. gemessen. 

6,; Pur Windrichtung R = Regen. 7 8,3 

12% N (53° 28° 20°) W 718, = Schnee. 10 6 

32 | Mw..w; ls 

Windrichtungen. Himmelsansicht. 

6 mal N 2 mal S bedeckt (10.) Tage: 2 

42 5 NINO 722°2SSW. trübe (9. 8.) = 9 

0) 9 „SW wolkig (7. 6) u 6 

0,5... ONON 13.5 WSW: ziemlich heiter (5. 4.) „ 8 

Beer, 0 GE... beiter (3. 2. 1.) 5 2 

5 „ 0S0| 5 „wWNW völlig heiter (0) RE 

5 53-S0,21234-2,.NW: durchschnittlich: 

6 „ SSO|5 „NNW trübe (6). 


Luvseite des Horizonts: 


SW...NNO (62—28). (aber NNW < SSO.) 


FJeitschrift 


für die 


(resammten Naturwissenschaften. 


——— 0002 m m en mo 


1868, Mai. Ne V. 


Ueber die Anwendbarkeit bleierner Utensilien 
und Leitungsröhren für das Hausgebrauchs- 
wasser. 

Von 
H. Köhler. 

(Vortrag, gehalten im Verein für öffentliche Gesundheitspilege.) 


Gelegentlich der im Vereine für öffentliche Gesundheits- 
pflege über Abfuhr und Canalisation geflogenen zahlreichen 
Diskussionen, sowie der von Hrn. Dr. Kohlschütter gegebenen 
vortrefflichen Zusammenstellung der in anderen Städten über 
die Beziehungen der Verbreitung der Cholera zu den Abzugs- 
canälen (z. B. in London) gemachten Erfahrungen kam auch 
die Möglickeit, dass sich von dem mit gasförmigen und flüs- 
sigen Fäulnissprodukten imprägnirten Boden aus gesundheits- 
schädliche Stoffe, i. sp. die als Choleragift bezeichnete Potenz, 
dem tür den Hausgebrauch bestimmten Wasser in Brunnen 
und Wasserleitungen beimischen könnten, zur Sprache. Wa- 
ren nun die genannten Erörterungen, bei welchen es sich in 
erster Linie immerhin doch um die Bedeutung verbrauchten 
und abgenutzten Wassers für die öffentliche Hygieine han- 
delte, gewiss zeitgemäss, so liegt es klar am Tage, dass das 
zum Trinken, Kochen und zu Wirthschaftszwecken überhaupt 
zu gebrauchende Wasser, im gegenwärtigen Augenblick, wo 
unsere Stadt durch ein von ausserhalb in dieselbe zu führen- 
des Röhrensystem mit dem bezeichneten Hausgebrauchswasser 

Bd. XXXI, 1868. 24 


346 


versehen werden soll, ein zum mindesten nicht geringeres In- 
teresse, als jenes, beanspruchen darf. 

Wie in vielen anderen grossen Städten, sollen auch die 
Hallischen Wasserröhren, zum Theil wenigstens, aus Blei an- 
gefertigt werden. Nachdem einmal die Trinkwasserfrage an- 
geregt worden ist, liegt sowohl mir selbst, als, wie ich über- 
zeugt bin, auch Andern zuvörderst der Zweifel sehr nahe, ob 
nicht in der Auswahl des Blei’s als Röhrenmaterial eine Ur- 
sache zu Verschlechterung, resp. Vergiftung des der Stadt zu- 
zubringenden Hausgebrauchwassers gegeben sein könne. Die 
Frage über die Einwirkung des Brunnen- und Flusswassers 
auf das zu Wasserleitungen und Standgefässen benutzte Blei 
hat .schon seit undenklichen Zeiten denkende Köpfe beschäf- 
tigt. Wir lesen schon bei dem zu J. Caesars Zeiten leben- 
den Baumeister Vitruvius (de architectura Lib. VII. c. 7. quot 
modis ducantur aquae) die Warnung vor bleiernen Röhren, 
an denen Cerussa, dem menschlichen Körper nachtheilig, ge- 
bildet werde, und auch Galen (de medicin. secundum locos 
LVII) tadelt die Anwendung bleierner Wasserleitung, weil er 
das darin enthaltene Wasser trübe fand und beobachtete, 
dass diejenigen, welche davon tranken, die rothe Ruhr be- 
kamen. Es bedarf auch der Versicherungen des berühmten 
Arztes von Pergamus nicht, uns überzeugt davon zu halten, 
dass Trink- und Kochwasser, welches aus bleiernen Leitungs- 
röhren oder Standgefässen aufgenommenen Bleiverbindungen 
suspendirt oder gelöst enthält, für „Leben und Gesundheit“ 
schädlich ist, indem Jedermann weiss, dass in den Organismus 
gelangendes Blei eine zwar schleichend auftretende, jedoch 
darum nicht minder gefährliche Vergiftung erzeugt. Eben 
dieses chronischen Verlaufes der letzteren wegen wurde das 
Blei von den Alten bekanntlich mit dem Zeichen des Chronos 
und dem Namen Saturnus belegt — nicht eben passend, da die- 
ser alte heidnische Gott seine Kinder jedenfalls auf einmal, ohne 
sie lange leiden zu lassen, verspeist haben wird; während die 
durch Blei Vergifteten in der Regel erst spät und nach Jahre 
lang ertragenen Schmerzen und Lähmungen in Folge der sich 
Hand in Hand mit der Bleikachexie ausbildenden Degenera- 
tion des Hirns oder der Unterleibsorgane zu Grunde gehen. 

Es ist indessen hier um so weniger der Ort, das Krank- 


347 


heitsbild der acuten oder chronischen Bleivergiftung in grel- 
len Farben zu schildern, als die sehr ernsthaften Seiten der 
„Frage, ob in Bleiröhren zugeführtes oder in Bleigefässen auf- 
bewahrtes Hausgebrauchswasser bleihaltig werden könne, 
ganz von selbst in die Augen springen, wenn man erwägt, 
dass: 

1) die Aetiologie der Bleiintoxikationen häufig im aller- 
höchsten Grade dunkel ist, und sowohl die Stellung in der 
Gesellschaft, als die Beschäftigung und Gewohnheit der in 
Rede stehenden Patienten oft an nichts weniger, als an die 
Möglichkeit einer derartigen Vergiftung denken lassen. Sehr 
lehrreich in dieser Beziehung ist ein von Marmisse (Gazette 
des höpitaux 1866 Nr. 25) erzählter Fall, welcher den Portier 
eines Kirchhofes zu Bordeaux anbetrifft. Dieser Mann heizte 
seinen Ofen mit ausrangirten und zerhackten Grabkreuzen ; 
sein selten gebrauchter Ofen war defekt und rauchte, was 
ihm wenig verschlug, bis er von heftiger Kolik und Lähmung 
der Streckmuskeln .des rechten Vorderarmes ergriffen wurde. 
Es stellte sich heraus, dass die verfeuerten Grabkreuze mit 
Bleifarben angestrichen worden waren und sich dem Ofen- 
rauche Bleidämpfe, welche nach Tanquerel des Planches häu- 
fig zu Bleivergiftung führen, beigemischt hatten. In der That 
gelang es, als der Ofen reparirt war, bald, den Portier durch 
angewandte passende Mittel wiederherzustellen. — Ferner ist 
beachtenswerth: 

2) dass selbst, wenn ein Verdacht auf Bleiintoxikation 
vorliegt, die Symptome so wenig charakteristisch sein und so 
wenig in den Rahmen eines deutlich ausgeprägten Krankheits- 
bildes passen können, dass die erfahrensten Aerzte, natürlich 
zum grössten Nachtheile des Patienten, Irrthümer begehen, 
und die Natur der Krankheit erst spät, ja nicht selten zu 
spät d. h. erst dann erkannt wird, wenn bereits unheilbares 
Siechthum eingetreten ist. Der berühmte Wolff (Berlin), der 
klinische Lehrer einer ganzen Generation von Aerzten, hat 
einen derartigen, ihm selbst vorgekommenen Fall, wo er einen 
höhern Beamten Jahr aus Jahr ein wegen vermutheter Unter- 
leibsplethora (und Leberleidens) in verschiedene in- und aus- 
ländische Bäder geschickt hatte, und sich später einmal ge- 
legentlich fand, dass Patient in Bleifolie eingepackten Taback 

24 * 


348 


schnupfte, mit ehrenwerther Offenherzigkeit in der Deutschen 
Klinik 1867 mitgetheilt. Es geht hieraus gleichzeitig hervor, 
wie unhaltbar der bereits von Thomson (Scudamore’s ana- 
lysis of Tunbridge water, Glasgow 1816) gemachte Einwand 
ist, dass minimale, in das Hausgebrauchswasser gelangende 
Bleimengen alszu unbedeutend nicht zu berücksichtigen seien. 
Diese Bleispuren summiren sich nämlich nicht nur bei'm all- 
täglichen Gebrauche, sondern man kann auch, wie Pappen- 
heim sehr richtig hervorhebt, in Fällen wo sich dgl. Spuren 
von Blei im Trinkwasser zeigen, niemals sicher sein, ob dieses 
Wasser nicht in der That Mengen dieses schädlichen Metalls 
gelöst oder suspendirt enthalte, deren Bedeutung Niemand in 
Zweifel zu ziehen versucht sein wird. — Hierzu kommt end- 
lich, von der den Bleipräparaten, wie der Digitalis, eigenen 
cumulativen Wirkung abgesehen: 

3) die durch toxikologische Versuche constatirte That- 
sache, dass Blei nicht minder, als das Quecksilber, nicht zu 
den sogenannten organodecursorischen d. h. solchen Giften, 
welche durch die Se- und Excrete schnell aus dem Körper 
wieder entfernt werden, gehören. Vielmehr beweisen die von 
J. Hermann und Lorinser in der Quecksilberbergwerken zu 
Idria und Almaden, sowie die von Melsens in den französi- 
schen und belgischen Bleibergwerken und Spiegelfabriken ge- 
machten Erfahrungen, dass sowohl Quecksilber, als Blei Jahre 
lang in den Organen des Körpers deponirt bleiben können. 
Letzterer Umstand bewog die genannten Wiener Aerzte be- 
kanntlich dazu, die secundäre Syphilis zu leugnen und die 
derselben zugeschriebenen Symptome auf Mercurialismus zu- 
rückzuführen. Mögen nun Hermann und Lorinser hierin 
Recht haben, oder nicht, so bleibt es eine Thatsache, dass 
wenn an chronischer Blei- oder Quecksilbervergiftung leiden- 
denden Personen Jodkalium gereicht wird, das abermals re- 
sorbirte Blei und Quecksilber wieder in den Blutkreislauf ge- 
langt, um grösstentheils durch die Nieren ausgeschieden zu 
werden und man erst dann, wenn bei längerem Jodkalium- 
gebrauche in solchen Fällen keines der genannten giftigen 
Metalle mehr im Urine nachweislich ist, sicher von der Gene- 
sung des betreffenden Patienten überzeugt sein darf. 

Dies vorausgeschickt, legen wir uns nochmals die Frage vor: 


349 


„ob eine ganze Stadt, ohne Schaden für die Gesund- 
„heit ihrer Einwohner besorgen zu müssen, mit durch 
„Bleiröhren zugeführtem Ilausgebrauchswasser versorgt 
„werden darf.“ 

Gesetzlich steht dem streng genommen nichts im Wege; 
es besagt vielmehr eine freilich einigermassen verklausulirte 
Ministerial Verfügung (Lehnert) vom 29. Juni 1861 (v. Horn: 
preuss. Medizinalwesen I. p. 131) Folgendes: „auf den Be- 
richt vom... . eröffne ich der Königlichen Regierung, dass 
„ich den Erlass eines allgemeinen Verbots der Anwendung 
„von Bleiröhren zur Leitung von Wasser, welches zum 
„Genuss für Menschen bestimmt ist, nicht für dringend ge- 
„boten erachten kann, da die Schädlichkeit der zu dem ge- 
„dachten Zwecke verwendeten Bleiröhren mehr oder weniger 
„durch die verschiedene chemische Beschaffenheit des durch 
„dieselbe zu leitenden Wassers bedingt ist Der Kgl. Regie- 
„rung muss vielmehr überlassen bleiben, bei jedem einzelnen 
„Vorkommniss der Art, sowie in dem in dem vorliegenden 
„Berichte erwähnten Fall die erforderliche Vorsorge zu tref- 
„fen, event. durch eine öffentliche Warnung auf die aus dem 
„Gebrauche von Bleiröhren zu Wasserleitungen entstehende 
„mögliche Gefahr für die menschliche Gesundheit aufmerksam 
„zu machen.“ 

Man sollte bei alldem voraussetzen, dass die Ansichten 
der Autoritäten der Wissenschaft und Technik einerseits, und 
die an verschiedenen Orten über in Bleiröhren zugeführtes 
Trinkwasser gemachten Erfahrungen andererseits vollständig 
übereinstimmten; dies ist indess nicht der Fall und verdient 
ausserdem bemerkt zu werden, dass die auf diesen Gegen- 
stand bezügliche Literatur, welche mir zum allergrössten 
Theile zugängig gewesen ist, ziemlich dürftig genannt wer- 
den muss. 

Da von zuverlässigen Beobachtern mitgetheilte Erfah- 
rungen mehr, als die mehr oder weniger auf Abstraktion be- 
ruhenden Ansichten wissenschaftlicher Autoritäten ins Gewicht 
fallen, so drängt sich zuvörderst die Frage auf, ob überhaupt 
Fälle von Bleivergiftung durch in Bleiröhren zugeführtes Trink- 
wasser vorgekommen sind. Die Antwort lautet bejahend, 
und wenngleich die Zahl derartiger Beobachtungen eine ver- 


350 


schwindend kleine ist, so muss sie dennoch Bedenken erwek- 
ken und zu Nachforschungen über die den bezeichneten Un- 
glücksfällen zu Grunde liegenden Ursachen anregen. In der 
Colonie des Ex-Königs Louis Philipp zu Claremont in Eng- 
land wurden von 38 Personen aus der Suite des Königs drei- 
zehn durch Trinkwasser, welches pro Litre 10 Milligrm. Blei 
enthielt, vergiftet. Der Fall ist nicht ganz aufgeklärt (wahr- 
scheinlich enthielt das aus einer Quelleisterne in die Bleiröh- 
ren gelangende Wasser viel (faulende) organische Bestand- 
theile; verdientjedoch um so mehr Berücksichtigung als bleihal- 
tiges Trinkwasser selten so klar ist, dass es ohne Anstand zu 
nehmen genossen wird, die grössere Gefahr einer zu Stande 
kommender Bleivergiftung vielmehr in der Benutzung derar- 
tigen Wassers für den Kochgebrauch gesucht werden muss, 
(Tardieu: Rapport fait au conseil de salubrite de Rouen III. 
148). Ebenso führt Otto (Graham-Otto’s Chemie 3. Aufl. I. 
3.279) an, dass eine verzinnte Bleiröhrenleitung welche zwei 
Jahre lang tadelloses Wasser geliefert hatte, später Wasser 
gab, in welchem der Bleigehalt schon aus dem Geschmack er- 
kannt werden konnte. Endlich gehört ein von Robertson (Lan- 
cet 1851 Februar) veröffentlichter Fall von Vergiftung eines 
zwanzig Häupter zählenden englischen Mädchenpensionates 
durch bleihaltiges Trinkwasser hierher. 

Die sich vielfach widersprechenden Angaben der Auto- 
ren über die aus Anwendung bleierner Röhrenleitungen für 
das Hausgebrauchswasser resultirenden Gefahren hat Pappen- 
heim in einer neuerdings über diesen Gegenstand herausge- 
gebenen Brochüre („die bleiernen Utensilien für das Hausge- 
brauchswasser.“ Chemische Untersuchungen von Dr. L. Pap- 
penheim, Regierungs- und Medicinalrath in Arnsberg; Berlin; 
Hirschwald 1868. VIII. 129 S.) weder übersichtlich, noch 
ganz vollständig zusammengestellt. Wir können, ohne uns 
streng an Pappenheim zu halten, folgende Unterabtheilungen 
machen, d. h. die Autoren eintheilen in: 

1. solche, welche die schädliche Einwirkung von bleier- 
nen Röhren und Gefässen auf das in denselben fortgeleitete, 
Wasser durchaus in Abrede stellen. Hier sind zu nennen: 
Guyton Morveau (Gilbert’s Ann. 1810. XXXIV), welcher be- 
hauptet, dass die Gegenwart eines jeden Neutralsalzes (SOs, 


351 


NO;, HCl) im Brunnenwasser die Einwirkung des Letzteren 
auf das nur durch kohlensäurehaltiges destillirtes Wasser an- 
gegriffene Blei verhindern; und dass 0,002 °/, schwefelsaurer 
Kalk genügten, diese Schutzkraft auszuüben. *) Nur hieraus 
sei es erklärlich, wie sich Blei im Seine- und Brunnenwasser, 
sowohl in offenen (?) wie in verschlossenen Gefässen unver- 
ändert erhalte. Ihm schliesst sich Bonsdorf (Poggendrf. Ann. 
1837. 293) an und will gefunden haben, dass der kleinste 
Gehalt an Salzen, Alkalien und Säuren (!?) die Bildung 
von Bleioxydhydrat aus Bleifeile in destillirtem Wasser, wenn 
die Kohlensäure der Luft abgehalten werde, verhindere; sal- 
petersaure Salze (?) müssen, um den gleichen Effekt hervor- 
zubringen, in grösserer Menge zugegen sein. Ebenso sagt 
Mitscherlich (Chemie II. 235. 1840) kurzweg, dass sich Blei- 
oxyd in Wasser, welches die SıBe wie das gewöhnliche Brun- 
nenwasser enthält, nicht auflöse. Schrötter (die Chemie II, 
1. 31. 1849) gibt an, dass Wasser in Bleiröhren kein Blei 
aufnahm, wenn es nur 0,001%/ Carbonat und freie Kohlen- 
säure enthalte. Endlich fand Taylor (Simon’s Rep. relating 
to the sanitary condition of the City of London 1854 p. 174), 
dass zwar mit der Luft geschütteltes Wasser das Blei schnell 
angreife, dass dagegen in einer verschlossenen Flasche mit 
Quellwasser übergossenes Blei sich weder mit Bleioxyd be-; 
decke, noch einen Absatz von basischem Bleicarbonat am Bo- 
den des Gefässes verursache. 

II. Eine nur beschränkte Schutzkraft der im Brunnen- 
und Quellwasser enthaltenen Salze dem zu Wasserröhren be- 
nutzten Blei gegenüber sprach zueret Lambe zu Warwick 
(Researches into the properties of spring-waters 1803 p. 193) 
aus, indem gewissen Wässern eine nicht unerhebliche Auflö- 
sungskraft durch ihre salzigen Bestandtheile verliehen werde. 
Ebenso behauptete Christison (On poissons; Uebers. Weimar 
1831p.536) dass die Neutralsalze zwar in verschiedenen, meist 
minimalen Verhältnissen die corrosive Wirkung des Wassers 
auf Blei hemmen und dem sich bildenden Bleicarbonate sich 
langsam auf dem Metall als durch mässige Bewegungen nicht 


*) Dagegen wird nach Fournet (J. f. prakt. Chemie I. 78) die 
Auflöslichkeit von Bleioxydhydrat in Wasser durch die gleichzeitige 
Gegenwart von Kalk wesentlich vermehrt. 


352 


entfernbare Schutzdecke niederzuschlagen gestatten, dass je- 
doch die Fähigkeit, eine permanente und impermeable Kruste 
auf dem Blei zu erzeugen nur denjenigen Salzen, deren Säu- 
ren mit Bleioxyd unlösliche Verbindungen eingehen, zuzu- 
schreiben sei. Anderseits gibt Christison in einem Briefe an 
Harrison an, eine wahrscheinlich sehr kochsalzreiche Quelle 
zu kennen, deren durch Bleiröhren geleitetes Wasser Blei- 
verbindungen, wahrscheinlich Chlorblei, in Lösung gehalten 
habe (cfr. Pappenheim am a. Orte p.76.) Ihm schliesst sich 
von neueren Autoren Nevins — nicht Nevius wie Pappenheim 
p. 78 hat (on the action of hard water on Lead, Pharmaceut. 
Journ. 1852 p. 595) an, welcher gefunden haben will, dass 
ein Gehalt an kleinen Mengen schwefelsauren Salzes, beson- 
ders an schwefelsaurem Kalk, das Blei vor dem Ergriffenwer- 
den durch das betreffende, nit in Berührung kommende 
Wasser schütze, während schwefelsaure Magnesia, Chlor- und 
Kohlensäure - Verbindungen (?) die Einwirkung des Wassers 
. auf das Blei zu befördern schienen. Ferner glaubt Noad 
(Quarterly Journal of the chemical Soc. IV. 20, 1850), dass 
die Erd- und Alkalisulfate, Chloride etc. ihre Schutzkraft dem 
Blei gegenüber dann einbüssen, wenn ihnen salpetersaure 
Salze und organische Substanzen beigemischt seien. Letztere 
sollen auch dadurch schaden, dass sich bei ihrer Zersetzung 
Kohlensäure entwickele, welche Bleicarbonatbildung und so- 
mit bleihaltige Bodensätze in bleiernen Wasserleitungsröhren 
und Standgefässen veranlasse.. Wir werden später sehen, 
dass die Gegenwart organischer Substanzen allerdings, aber 
freilich in anderer Weise, als Naod vermuthete, zur Lösung 
und Suspendirung von Bleisalzen in dem durch Bleiröhren 
geleiteten Brunnenwasser beiträgt. Endlich sprachen sich Gra- 
ham, A. W. Hofmann und Miller (ibid. I. 375) dahin aus, 
dass gewissen Salzen, namentlich den Sulfaten, welchen ge- 
wöhnlich eine schützende Einwirkung auf das mit Brunnen- 
wasser in Berührung kommende Blei zugeschrieben werde, 
diese heilbringende Eigenschaft nicht gleichmässig innewohne, 
während chlorwasserstoff- und salpetersaure Salze, besonders 
salpetersaures Ammon, die corrodirende und auflösende Kraft 
des Brunnenwassers dem Blei gegenüber geradezu vermehr- 


353 


ten.*) Der kohlensaure Kalk scheine am ehesten noch eine 
Schutzkraft zu besitzen, und schreiben daher die genannten 
Forscher ihm allein unter allen Salzen ‘der Alkalien und al- 
kalischen Erden (neben der CO>) es zu, dass durch Bleiröh- 
ren geleitete Brunnen-, Fluss- und Ende in der Re- 
gel bleifrei bleiben Es s Versuche bestätigten diese 
Meinung von der hohen Bedeutung der Kohlensäure und Bi- 
carbonate (2); er glaubt jedoch (p. 84) nicht, dass in allen, 
eben genannten Wässern die genügende Menge freier oder 
halbgebundener Kohlensäure vorhanden sei. 

III. Jede seitens der durch die in Brunnenwasser ent- 
haltenen Salze auf dem Blei gebildeten Kruste von Carbonat, 
schwefel- und chlorwasserstoffsaurem Bleioxyd der weiteren 
Einwirkung des Wassers auf Blei gegenüber geübte Schutz- 
kraft stellen dagegen Wetzlar (Schweiggers J. 1828. 324) und 
Harrison (on the contamination of water by the poison of 
lead; London 1852) in Abrede. Van Hasselt (Husemann Bd. II 
pg. 908) nähert sich dieser Ansicht sehr. 

Da hiernach in den Angaben und Ansichten der wissen- 
schaftlichen Autoritäten so weit auseinandergehende Differen- 
zen bestehen, so müssen die mit grosser Gründlichkeit ange- 
stellten und in der oben citirten Schrift neuerdings von Pap- 
penheim veröffentlichten: Versuche **) als ein sehr dankens- 
werther Beitrag zur Lösung der wichtigen sanitätspolizeilichen 
Frage über den Einfluss bleierner Leitungsröhren und Stand- 
gefässe auf das darin enthaltene Trink- und Hausgebrauchs- 
wasser begrüsst werden. Ich gebe daher im Folgenden, ohne 
mich streng an Pappenheim’s Angaben zu halten, und mit 
Einschaltung mehrfacher anderweitiger Notizen aus der toxi- 
kologischen Journalliteratur, ein kurzes kritisches Resume 
derselben, kann jedoch nicht umhin, an dieser Stelle hervor- 
zuheben, dass sich über die Verwendbarkeit bleierner Leitungs- 
röhren für das Trinkwasser längst vor dem Erscheinen der 
P’’schen Schrift ein feststehendes Urtheil gebildet hatte. Al- 


*) Man vergleiche auch Varrentrap: Artikel Blei in Liebigs 
Handwörterbuch. ' 

**) Besser gesagt: „Control-Versuche‘“ über vonälteren Autoren 
gemachte Angaben. Es ist nichtin der Ordnung, dass P. die früheren 
Arbeiten durchaus nicht in allen Fällen berücksichtigt hat. 


354 


lerdings wird man nur auf experimentellem Wege darüber 
ins Klare kommen können, ob beim Gebrauch bleierner Was- 
serleitungsröhren im Interesse der öffentlichen Hygieine Vor- 
sichtsmassregeln nothwendig, und wie dieselben zu treffen 
sein dürften. Alle in dieser Richtung zuziehenden Schlussfol- 
gerungen werden sich am einfachsten und ungezwungensten 
ergeben, indem wir folgende drei Fragen, nehmlich: 

1) wie sich Blei zu reinem (destillirtem) Luft und Koh- 
lensäurehaltigem Wasser verhält; 

2) welche Eigenthümlichkeiten des Verhaltens von Brun- 
nenwasser zu blankem und möglichst reinem Blei sich aus 
den physikalischen und chemischen Eigenschaften des Quell- 
und Brunnenwassers ergeben; und 

3) welcherlei Abweichungen in der Wechselwirkung von 
Wasser, kohlensäurehaltiger Luft und Blei in den Eigenschaf- 
ten sowohl ungebrauchter, als längere Zeit hindurch benutz- 
ter bleierner Leitungsröhren und Standgefässe begründet 
sein können, beantworten. 

1. Hinsichtlich der über das Verhalten des reinen Was- 
sers dem blanken Blei gegenüber anzustellenden Versuche 
müssen einige Bemerkungen vorausgeschickt werden. Selbst 
verständlich handelt es sich hierbei nicht um Blei wie es im 
Handel vorkommt. Denn dieses ist stets mit anderen Metal- 
len: Eisen, Wismuth, Silber, Kupfer, Arsen, Antimon verun- 
reinigt. Die nach Fournets Untersuchungen (Journ. f.pr. Chemie 
von Erdmann 1.51) in den käuflichen Mennigesorten (von Ve- 
drin, Arlinston, von der lead Company, und von deutschen 
Handlungen bezogen) nachgewiesene und von 0,0001 Grm. bis 
0,0050 (englisch M.) Grm. in 10 Grm. schwankende Menge 
Silbers interessirt uns weniger, als der von Kastner und Kör- 
ner (Kastner’s Archiv VII. 242; Fechner’s Repertorium Vlla. 
p. 100) sowie von Pleuard und Berthier (Erdmann’s J. I 
p- 58 — 59) selbst im besten englischen Blei constatirte Ku- 
pfergehalt. Abgesehen nämlich davon, dass, wenn Blei und 
Kupfer gleichzeitig der Einwirkung des Wassers ausgesetzt 
werden, das Blei aus den sich erzeugenden Kupfersalzlösun- 
gen Kupfer präcipitiren und dafür selbst in Lösung gehen 
muss (Varrentrapp in Dingler’s J. 175 p. 286), erfolgt die 
Corrosion des Blei’s durch Wasser d. h. die Bildung kohlen- 


395 


säurehaltigen Bleioxydhydrates an der Oberfläche desselben 
um so rascher, je unreiner das qu. Blei ist*). Endlich kann 
auch die Gegenwart von 0,0440) Antimon und 0,026°, Eisen 
im Blei (neben 0,147 Cu cfr. Pappenheim a.a.O. p. 6) nicht 
gering angeschlagen werden, und die Resultate der Versuche 
modifiziren. Aus diesem Grunde muss chemisch reines Blei, 
wie es den chemischen Laboratorien geliefert wird, zu den 
fraglichen Versuchen angewendet werden. Pappenheim hat 
dieses Blei (neben unreinem!) zu Röhren, Spähnen, Draht, 
Platten, und um dem mit Luft und Kohlensäure imprägnirten 
Wasser eine grosse Oberfläche darzubieten, zu flachen Scha- 
len verarbeitet, benutzt. Ferner muss es bei den in Rede 
stehenden Versuchen als Regel gelten, höchstens bei der mitt- 
len Temperatur eines warmen Sommertages zu arbeiten; 
streng genommen ist selbst diese zuhoch, da gutes Brunnen- 
und Quellwasser niemals eine über 10—14° C liegende Tem- 
peratur, welche die Löslichkeitsverhältnisse der Salze über- 
haupt wesentlich verändert, haben darf (Lefort: Journ. de 
Pharmacie et de Chimie Janvier 1863). Um mit den am we- 
nigsten complizirten Verhältnissen zu beginnen , und von da 
allmälig zu denjenigen, wie sie in Wirklichkeit vorhanden 
sind, überzugehen, wird man: 
a) destillirtes 
b) mit Alkali oder Säuren \ versetztes 
c) mit Neutralsalzen und destillirtes Wasser 
d) organische Substanzen enthaltendes 
auf Bleiröhren, Bleispähne, Bleischalen etc. einwirken lassen. 
a. Unter destillirtem Wasser ist natürlich mehr oder 
minder Sauerstoff- und Kohlensäurehaltiges zu verstehen. Die 
von Pappenheim ventilirte Frage, wie von den genannten Ga- 
sen gänzlich freies, reines Wasser auf blankes Blei einwirkt, 
ist, abgesehen davon, dass nach der nicht ganz exakten Me- 
thode, welche Pappenheim befolgt, der Kritik stichhaltige Re- 
sultate nicht zu erlangen sein dürften, eine ganz müssige. 
Denn derartiges Wasser wird weder in Röhrenleitungen, noch 
in Standgefässen geführt, und würde, ebenso, wie Eis- oder 


*) cfr. Leuchs Beschreibung der farbigen und färbenden Kör- 
per S. 24 sqg. Nürnberg 1825. (Bleiweiss!) 


356 
gipshaltiges Wasser zum Trinken und Kochen unbrauchbar 
sein. Wichtiger schon ist es, mit möglichst kohlensäurear- 
mem, d. h. gekochtem und in verkorkten Gefässen erkaltetem 
Wasser vergleichende Experimente anzustellen. Die hierauf 
bezüglichen Versuche ergeben, dass dieses, zusammen mit 
dem darin enthaltenen Sauerstoff, das Blei zu oxydiren aus- 
reicht. Es wird hierbei Bleioxydhydrat, welches zwar oft 
eine sehr dünne und die blanke Metallschicht  durchblicken 
lassende Lage auf dem Blei darstellt, jedoch durch Zusatz 
von Schwefelwasserstoffwasser, oder Jodkaliumlösung als Blei- 
verbindung erkannt werden kann, gebildet. Nach zehntägi- 
gem Stehen fand Pappenheim zuweilen auch ein sehr feines 
Häutchen von Bleioxydhydrat (kohlensäurehaltig?))*) an der 
Oberfläche des Wassers schwimmen, oder bemerkte gelbliche 
Krystalldrusen von Bleioxyd, welche, dem Saume der Was- 
seroberfläche entsprechend, den Wandungen des Gefässes auf- 
sassen. Die gleichzeitige, oxydirende Einwirkung von in Spu- 
ren auftretender salpetriger Säure**), welche bei dem in un- 
verschlossenen Gefässen bewahrten destillirten Wasser in’s 
Gewicht fällt, (S. c. p. 28) hält Pappenheim bei den in ver- 
korkten Flaschen vorgenommenen Versuchen für irrelevant. 
Derselbe theilt übrigens in diesen Experimenten über luftfreies 
und Luft-, resp. Kohlensäurehaltiges destillirtes Wasser, welche 
lediglich die von Guyton Morveau über das salzfreie Wasser 
gemachten Angaben (Thenard’s Chemie Bd. II. p. 321) be- 
stätigen, um so weniger etwas Neues mit, als bekanntlich 
eine jetzt verlassene, und nie im Grossen geübte Methode der 
Bieiweissgewinnung darin bestand, mit reinem (destillirtem) 
Wasser befruchtete Platten der atmosphärischen Luft auszu- 
setzen und das sich an der Metalloberfläche absetzende Blei- 
carbonat zu sammeln (Fechner’s Repertorium IV. 1 Abth. 
p. 195). Ausserdem sind ganz analoge Versuche mit dem 
nämlichen Resultat von Roux in Brest mit destillirtem Was- 
ser und galvanisch verzinktem Eisenblech angestellt worden; 


*) cfr. Stalmann, (Dingler’s Journ. B. 180 S. 373. Lalvert u. 
Johnson (ebenda) lassen eine in 200 Litre destillirtes und lufthaltiges 
Wasser gebrachte Bleiplatte von 1 [J Meter Oberfläche in 8 Wochen 
110 a G verlieren. j 

**) Medleck bei Pappenheim a. a. O. p. 17. 


357 


auch hier gingen Spuren von Zinkverbindungen in Lösung, 

(Observations sur la conservation de l’eau dans les caisses« 
en fer zingu& Journ. de Pharmacie et de Chimie 1866.) Roux 

hat hierdurch die Angaben von Tardieu und Michel Levy, 

dass in den belgischen Milchwirthschaften ungefirnisste Zink- 

eimer ohne Nachtheil für die Gesundheit in Gebrauch seien, 

schlagend widerlegt. 

Wie gesagt, kommt indess die Einwirkung kohlensäure- 
freien destillirten Wassers auf Blei in praxi glücklicherweise 
gar nicht in Betracht; in derartigem, durch Bleiröhren gelei- 
tetem Wasser müssten Bleiverbindungen (Bleioxydhydrat, wel- 
ches unter Einwirkung der Kohlensäure der Luft, resp. des 
Wassers alsbald Carbonathaltig wird), nothwendigerweise sus- 
pendirt oder gelöst sein. Aber auch kohlensäurehaltiges Was- 
ser corrodirt blankes Blei und zwar um so intensiver, je mehr 
gleichzeitig der Einfluss der atmosphär. Luft mit zur Geltung 
kommt. Das Blei bedeckt sich jedoch hierbei mit einer mehr 
oder weniger dicken und dichten Deckschichte von basisch 
kohlensaurem Bleioxyd, welche an sich in Wasser unlöslich, 
das unterliegende Metall in vielen — leider nicht allen — 
Fällen vor der weiteren Einwirkung des Wassers bewahren 
wird. Dass diese Deckschichten an sich durchaus nicht die 
Garantien für die Unschädlichkeit bleierner Utensilien für 
das Hausgebrauchswasser bieten, welche ihnen die Bautech- 
niker so gern beilegen, erhellt auf den ersten Blick, wenn 
man folgende Punkte näher in’s Auge fasst: 

1) dass diese Schichten, wenn sie nicht hinreichend dick 
sind, bei die Röhren oder Gefässe betreffenden Erschütterun- 
gen Risse bekommen und abspringen können, so dass wieder 
metallisches Blei mit Wasser in Contakt kommt; 

2) dass auch darüberströmendes Wasser davon mit fort- 
ıeissen kann; 

3) dass sowohl in Folge regelmässiger Durchfeuchtung, als 

4) bei plötzlichen Temperaturschwankungen, oder 

5) wenn fremde Körper mit dem Wasser in die Röhren 
gelangen, dasselbe geschehen kann; 

6) dass, nach Pappenheim, neu zugefügtes Wasser aus 
Bleischalen mit dünner Deckschicht (nach mehrtägigem Stehen) 
Blei in Lösung nimmt; 


358 


7) dass ein Gehalt des Wassers an freier Kohlensäure 
«oder in grösserer Menge vorhandenen Bicarbonaten die ent- 
standene Schicht von basisch kohlensaurem Bleioxyd in neu- 
trales verwandeln kann, welches zu 1/5,,5;ı in Wasser löslich 
ist; *) 

8) dass Schwefelwasserstoff diese Schichten in Schwefel- 
‚blei, welches gern abspringt, verwandelt, und auf diesem Wege 
die Metalloberfläche in geringerer oder grösserer Ausdehnung 
freigelegt werden kann; 

9) dass auch andere, vielleicht aus minimalen Mengen 
im Wasser faulender organischer Substanz entstandene Säuren 
die Kohlensäure aus der Deckschichte austreiben und in Was- 
ser leicht oder schwerlösliche Verbindungen mit dem Blei ein- 
gehen könne; und 

10) dass auch gewisse, in das Wasser gelangte Salze z.B. 
Alaun, Chlorammonium und salpetersaures Ammoniak, auf die 
bezeichneten Inkrustationen influenziren, Zersetzungen dersel- 
ben und Ueberführung von Blei in das Wasser (in löslichem 
Zustande) bedingen können. 

Wir werden auf die hier berührten wichtigen, die so- 
genannten Deckschichten anbetreffenden Punkte später noch- 
mals zurückzukommen Gelegenheit finden; doch verdient hier 
schliesslich noch bemerkt zu werden, dass, wenn Eisen oder 
Zink neben Blei dem Einfluss des Wassers ausgesetzt sind, 
beide Metalle oxydirt werden, dass jedoch, namentlich in ver- 
schlossenen Gefässen, das Eisen aus dem gebildeten löslichen 
Bleioxydhydrat beständig metallisches Blei präcipitirt (Ge- 
sen Wetzlar a. a. O.);, in diesem Falle wird das Wasser 
durch Schwefelwasserstoff nicht verändert, obwohl die Blei- 
oberfläche in der That von Wasser angegriffen wurde. 

b. Ueber das mit freiem Alkali oder Säuren versetzte 
destillirte Wasser ist wenig zu sagen. Die Gegenwart kau- 
stischen Kalis, Natron’s, Baryt’s und Kalk’s (— 100% Ammo- 
niakflüssigkeit macht noch Pappenheim p. 22 allein eine Aus- 


*) Auch das Bleioxyd und Bleioxydhydrat, sind, wie schon 
Scheele entdeckte und Thenard (Chemie II) u. Gautier de Claubry 
bestätigten (Ann. de Chim. et de Ph. XXXIII. 443), in Wasser nicht 
absolut unlöslich. — 


359 


nahme, indem sie auf blankes Blei bei Kohlensäureabschluss 
weniger, alsreines destillirtes Wasser corrodirend wirken soll — }, 
begünstigt die Oxydation des Blei’s und geht das gebildete 
Ozydhydrat, während die Metalloberfläche freibleibt, in Lö- 
sung. Letzterer Umstand, welcher beständigen Contakt des 
Blei’s mit dem Wasser gestattet, begünstigt die Erzeugung 
in grösseren Mengen. Pappenheim hat nicht ermittelt, bei 
welchem grösseren oder kleineren Gehalt an Alkali diese 
schnellere Oxydation reinen metallischen Bleis eintritt. Auch 
hat er darauf aufmerksam zu machen vergessen, dass diese 
Bleioxydhydratlösung in Alkali, bei langem Stehen an der 
Luft selbst in mehr weniger gut verschlossenen Gefässen Koh- 
lensäure anziehen und sich durch Absatz entstandenen Blei-Car- 
bonats trüben muss. Diese Verhältnisse hat bereits Houton- 
Labillardiere (Ann. de Chimie et de Physique VII. p. 218) 
vor langen Jahren beschrieben; der Zutritt der Luft und die 
Absorption von Kohlensäure aus derselben seitens des Was- 
sers wird hiernach auch diese aus Vorhandensein freien Al- 
kali’s im Brunnenwasser sich ergebenden Gefahren wesentlich 
vermindern. Wie die genannten Hydrate der Alkalien und 
alkalischen Erden verhalten sich diejenigen Säuren, welche, 
ohne Sauerstoff an das Blei abzugeben mit diesem lösliche 
Salze bilden, (A) wenn sie in durch Bleiröhren geleitetes Brun- 
nen etc.- Wasser gelangen. Anders dagegen wirken die Mi- 
neralsäuren, welche mit Bleioxyd in Wasser unlösliche Ver- 
bindungen eingehen: Schwefelsäure, Chlor- und Jodwasser- 
stoffsäure. Hier erfolgt die Oxydation des Blei’s ebenfalls, 
eine unverkennbare Deposition von Bleisalz auf dem Boden 
des Versuchsgefässes oder auf der Metalloberfläche des Blei’s 
findet jedoch nicht statt. Dennoch überzieht sich letzteres 
mit einer dünnen Lage schwefelsauren Chlor- oder Jodblei'’s. 
Ebenso verhält sich die Kohlensäure, wenn nur die im Was- 
ser gebundene in verkorktem Gefässe auf Blei wirkt. Wäh- 
rend Pappenheim über die oben bezeichneten Säuren, deren 
Einfluss auf metallisches Blei in Wasser schon von älteren 
Chemikern vielfach studirt wurde, genaue d.h. in Zahlen aus- 
drückbare Angaben schuldig bleibt und stets von „ein wenig“ 
oder „etwas‘‘ Schwefelsäure etc. spricht, hat er für die Koh- 
lensäure festgestellt (p. 25) dass, damit weder Blei in Lösung 


360 


gehen, noch Carbonatabsatz am Boden des Gefässes erfolgen 
könne, dass mit dem genannten Metalle in Contakt gebrachte 
Wasser mindestens 72 CC. Kohlensäure (ausreichend, alles 
durch den im Wasser enthaltenen Sauerstoff in Oxyd übergeführte 
Blei in Carbonat zu verwandeln) pro Litre enthalten müsse. 
Dies gilt natürlich nur für verkorkte Gefässe, während sich 
bei offen stehenden die früher geschilderten Deckschichten 
von basisch kohlensaurem Bleioxyd -+ Oxydhydrat bilden 
müssen. 

c. Hinsichtlich des salzhaltigen destillirten Wassers ist 
zu bemerken, dass sich saure Salze den qu. Säuren ent- 
sprechend verhalten. Unter diesen sauren Salzen ist, aus 
nahe liegenden Gründen das Natron-Bicarbonat von der gröss- 
ten Bedeutung und ergeben Pappenheim’s Versuche, dass 
Wasser pro Liter mindestens 120 Milligr. enthalten müsse, 
damit keine Deposition ausserhalb des Blei’s erfolgen und 
kein Bleioxydhydrat in Lösung gehen kann (a.a.0.45). Ein- 
fach kohlensaures Kali, Natron, Kalk in kohlensäurehaltigem 
Brunnenwasser wirkt ebenso und zeigen dann auch weder in- 
differente organische Substanzen, noch Chlorammon oder sal- 
petersaurer Ammoniak, falls sie nur in kleinen (?) Mengen 
gleichzeitig zugegen sind, ihren später zu erörternden nach- 
theiligen und Lösungbefördernden Einfluss auf die Bleicar- 
bonat-Deckschicht nicht. Der Einfluss neutraler Salze auf 
das Blei kommt immer erst nachdem Säure oder saure Salze 
ihre Wirksamkeit geübt haben, zur Geltung, und richtet sich 
die Intensität der letzteren stets zugleich nach der Absorp- 
tionsfähigkeit der in Rede stehenden Salzlösungen für den 
Sauerstoff und die Kohlensäure der Luft. Im vorligenden 
Falle kann uns nur die Wirkung verdünnter Neutralsalzlö- 
sungen (1/2000 !— !/ı00000) interessiren. 

. Die einzelnen Salze variiren hiernach wesentlich, wie 
sich aus Folgendem ergiebt: 

1) Verdünnte Solutionen von 1/2000 der neutralen schwe- 
fel- kohlen- und chlorwasserstoffsauren Salze bewirken auf der 
Metalloberfläche haftende Deckschichtbildung, welche mehr 
oder weniger die weitere Einwirkung des Brunnenwassers auf 
das Blei verhindern kann; demzufolge verhalten sich die hier- 
hergehörigen Salze (wie Gips, schwefelsaures Kali, schwefel- 


- 361 


saure Magnesia, salpetersaures Kali, salpetersaurer Kalk und 
Chlornatrium (292 Milligr. pro Litre) wie salzfreies Was- 
ser*), bei zum Theil weniger massenhafter Ansammlung von 
Bleiverbindung. 

2) Andere, wie Chlormagnesium und Chlorcaleium, geben 
geringe Ansammlung, ohne Blei in Lösung gehen zu lassen; 

3) Andere endlich lassen viel Blei in Lösung gehen, 
welches die atmosphärische Kohlensäure aus seinen (gelösten) 
Verbindungen wieder ausfällt. Diese Salze: Chlorammonium, 
saipetersaures Ammoniak und essigsaures Alkali, sind sonach 
die gefahrbringendsten Bestandtheile. Auch die durch un- 
lösliche Bleisalze gebildeten Deckschichten z,B. das Chlorblei 
(Chlornatrium), widerstehen dem Einflusse frischzutretenden 
kohlensäurereichen Wassers nicht immer auf längere Zeit. 

Enthält das Wasser eine Mischung mehrerer Neutral- 
salze so gilt Folgendes: 

a) Zwei oder mehrere Salze, welche einzeln Blei leicht 
in Lösung gehen lassen z. B. Chlorammonium —+- essigsaur. 
Alkali, müssen sich zusammen ebenso verhalten ; 

ß) zwei oder mehrere Salze, welche einzeln schwer- 
oder unlösliche Verbindungen auf dem Blei entstehen lassen, 
müssen eine Deckschicht bilden, bestehend aus dem Salze 
derjenigen Säure, zu welcher Bleioxyd die grösste Affinität 
hat; (Chlornatrium -+ schwefelsauren Natron muss Bleisulfat 
erzeugen); 

y) Enthalten die betreffenden Lösungen Salze aus den 
beiden Kategorien & und ß, so muss die Wirkung derjenigen 
auftreten, welche das am schwersten lösliche Bleisalz giebt; 

ö) Sind die so entstandenen Bleisalze in der restiren- 
den Salzlösung löslich, so muss das Wasser bleihaltig werden; 

e) Hierbei ist stets vorausgesetzt, dass die Mengen der 
einzelnen Salze zur Wirksamkeit ausreichen; ist dies nicht 
der Fall, so wird die Wirkung des in zu geringer Quantität 
vorhandenen Salzes gar nicht, oder nur theilweise eintreten; 


*) Deckschichten ohne Deposition ausserhalb des Blei’s (wie in 
den entsprechenden concentrirten Lösungen) wurden in verdünnten 
Lösungen von Alaun, phosphorsaurem und kohlensaurem Natron und 
Chlornatrium, Deckschichten mit Deposition in schwefelsaurem Am- 
- moniak erzeugt. 

Bd. XXXI, 1868 25 


362 


&) Wird die resultirende und im Wassere nthaltene Blei- 
salzlösung durch die Kohlensäure der Luft vollständig zersetzt, 
so fällt das Bleicarbonat zu Boden und die Flüssigkeit, welche 
über dem Niederschlage steht, wird bleifrei. 

n) Das Vorhandensein gelösten Blei’s in der Versuchs- 
flüssigkeit beweist zwar unzweifelhaft, dass Blei gelöst wor- 
den, aber das Nichtvorhandensein desselben beweist keines- 
wegs, dass kein Blei in Lösung gegangen ist; in diesem Fall 
geben Depositionen, wenngleich die darüber stehende Flüssig- 
keit auf Schwefelwasserstof, Jodkalium und Bichromat nicht 
reagirt, Aufschluss darüber, ob sich während des Versuches 
gelöstes Bleisalz im Wasser befunden hat, oder nicht. — 

d) Organische, dem destillirten Wasser zugesetzte, in- 
differente Substanzen, können in gewiss äusserst seltenen Fäl- 
len, wenn sie gut löslich und leichter oxydabel sind, als das 
Blei, indem sie eine dicht anschliessende Lage über letzterem 
bilden, insofern günstig wirken, als sie dem O und die 00% 
der Luft abhalten und dem Blei den zu seiner Oxydation er- 
forderlichen Sauerstoff entziehen, resp. entstandenes Bleioxyd- 
hydrat reduziren können. Diese ganze Deduktion Pappen- 
heim’s (p.38) schwebt in der Luft, weil sie die bei der Oxydation 
von Salicin, Harnstoff, Alkohol, Faeces, womit P. experimente, 
_ resultirenden Körper und Säuren, wie Essigsäure, kohlensaures, 
salpetersaures, phosphorsaures, chlorwasserstofisaures Ammo- 
niak, Schwefelwasserstoff u. s. w., welche das Blei corrodiren, 
zu wenig berücksichtigt. 

Vom rein theoretischen Standpunkte liessen sich noch 
mehrere Einwände hiergegen machen; eine ganze Anzahl in- 
differenter organischer Stoffe, z. B. Zucker, mit welchem Pap- 
penheim gleichfalls experimentirt hat, gehen nämlich mit Blei- 
oxyd Verbindungen ein, welche zwar in Wasser umlöslich 
sind, jedoch Sedimente bilden oder in Wasser suspendirt er- 
halten werden könnten. Da jedoch weder Stärkemehl, noch 
Zucker- oder Gummiarten Bestandtheile des Hausgebrauchs- 
wassers bilden, so ist Pappenheims Bemerkung, dass die von 
diesen Körpern mit Blei eingegangenen Verbindungen durch 
die Kohlensäure der Luft in Carbonat verwandelt, folglich un- 
schädlich gemacht werden müssten, (NB. wenn Kohlensäure 
genug vorhanden ist‘, in der That überflüssig. Mögen immer- 


363 


hin unzersetzte, indifferente organische Substanzen die Wir- 
kung des Brunnenwasser’s auf Blei nicht alteriren, so bleibt 
doch die Thatsache, auf welche im Folgenden mehrfach zu- 
rückzukommen sein wird, dass die organischen Substanzen, 
ihrer Zersetzungsprodukte durch die Fäulniss halber, als die 
schädlichsten Bestandtheile eines durch Bleiröhren geleiteten, 
oder in bleiernen Standgefässen aufbewahrten Hausgebrauchs- 
wassers anzusprechen sein dürften, bestehen. 

2) Ueber die Eigenthümlichkeiten, welche sich aus dem 
Verhalten des Brunnenwassers dem Blei gegenüber in sani- 
tätspolizeilicher Hinsicht ergeben, werden wir uns am einfach- 
sten klar werden, indem wir uns die physikalischen und che- 
mischen Eigenschaften eines guten Brunnenwassers vergegen- 
wärtigen. Was zuvörderst 

a. die physikalischen Charaktere des Trinkwassers an- 
langt, so muss dasselbe klar, farb- und geruchlos, lufthaltig 
von frischem und reinem Geschmack sein und eine beständige 
Temperatur besitzen. Die Klarheit allein bietet, da auch de- 
stillirtes, Eis- und gipshaltiges Brunnenwasser farblos und 
durchsichtig, aber dennoch als Trinkwasser unbrauchbar sind, 
für die Güte eines Wassers keine Garantie. Bekanntlich ist 
Wasser, welches aus Felsen hervorsprudelt, meistentheils klar 
Flusswasser dagegen trübt sich, so wie es anschwillt, und rich- 
tet sich bei ihm der Gehalt an erdigen Beimischungen nach 
dem Wasserstande, (d.h. wächst nach reichlichem Regen an). 
So führt unter diesen Umständen Nilwasser nach Leport a. 
a.0. bis gegen 8 Grm. Erdbestandtheile im Litre, die Seine 
0,007—0,118 Grm. 

Die organischen Substanzen, welche während der heis- 
sen Jahreszeit (im Sommer) besonders reichlich vorkommen, 
lassen bei einer über 20° CO liegenden Temp. leicht Fäulniss 
eintreten, ein Umstand, dessen schädliche Folgen durch Sand-* 
Kies- und Wollfilter nicht ausgeglichen werden; nur kohlen- 
säureärmer, folglich, wie wir gleich sehen werden, schlechter 
wird solches filtrirtes Wasser. 

Eine ganz besonders wichtige Gesundheitsbedingung je- 
des Trinkwassers ist seine Temperatur, welche nicht über 
8—12° R, 10—140 C liegen darf und, wie gesagt, constant 
sein muss. Quellwasser erfüllt dieses Erforderniss und wird 

25 * 


364 


oft mit grossen Kosten in die Städte geleitet. Leider besit- 
zen wir ein Mittel, beträchtliche Mengen Trink- und Haus- 
gebrauchswassers, wie solche für den Bedarf einer Stadt er- 
forderlich sind, künstlich kühl zu erhalten, nicht, und kann 
nur durch zweckmässige Einrichtung von atmosphärischen 
Einflüssen möglichst abgeschlossener Wasserleitungen von 
gehöriger Tiefe zur Erreichung dieses Zweckes sehr viel bei- 
getragen werden. Einen Beleg hierzu liefert die aqua felice 
zu Rom, deren Temperatur stets gleich bleibt, wiewohl ihre 
circa 20 Kilometer lange Fortleitung durch einen über dem 
Boden befindlichen Viadukt statt hat. Noch wichtiger, be- 
sonders hinsichtlich des Thema’s unseres Vortrages, ist 

c) der Luftgehalt der Hausgebrauchswässer. Diese ent- 
halten, aus der Luft stammend, eine variable Menge Sauer- 
stoff und Stickstoff und, aus dem Boden herrührend, Kohlen- 
säure, welche dem Wasser den angenehmen Geschmack er- 
theilt. Auf ihre Bedeutung für die Bleitreihaltung durch Blei- 
röhren geleiteten Wassers kommen wir, nachdem bereits im 
allgemeinen Theile das Wesentlichste hierüber entwickelt wor- 
den ist, in der Folge zurück. Dass die Kohlensäure in der 
That dem Boden entstammt, geht aus Levy’s Beobachtung 
hervor, wonach die Luft aus einem, ein Jahr lang nicht ge- 
düngten Boden 22—23 Mal so viel Kohlensäure, als die At- 
mosphäre, ein seit 8 Tagen gedüngter dagegen 245 Mal so 
viel Kohlensäure enthält. Hiermit soll nicht behauptet 
werden, dass das Wasser nicht auch aus der Luft Kohlensäure 
aufnehme. Quellwasser ist reicher an Kohlensäure iin 1000 
— 20— 25 CC.), als Flusswasser; letzteres enthält dagegen 
mehr Sauer- und Stickstoff, eine Thatsache, deren Ursache 
sofort klar gemacht werden wird. Wie in allen das Trink- 
wasser betreffenden Fragen nicht nur die Bodenbeschaffen- 
heit, sondern auch die atmosphärischen Verhältnisse als sehr 
wichtige Faktoren in Rechnung zu ziehen sind, ergiebt sich 
aus der Abhängigkeit des Kohlensäuregehaltes der Wasser 
vom atmosphärischen Druck. Um für die Erhaltung der Funk- 
tionen des Organismus geschickt zu sein, muss das Wasser 
eine bestimmte Menge Kohlensäure führen (und OÖ); erreicht 
der Kohlensäuregehalt desselben das erforderliche Minimum 
nicht, so können auch Thiere in dem betreffenden Wasser 


365 


nicht fortleben. Sinkt mit dem abnehmenden atmosphärischen 
Druck, wie dies von Boussingault im Strome Basa auf den 
Cordilleren (3600 Meter über dem Meeresspiegel) beobachtet 
wurde, der Luftgehalt des Wassers zu bedeutend herab, so 
können z. B. Fische ihr Leben in denselben nicht mehr fri- 
sten, und erkranken auch die davon trinkenden Menschen 
(z. B. am Kropf). Das sicherste Mittel also, vorausgesetzt, 
dass die atmosphärischen Verhältnisse günstig sind, Wasser 
mit Luft zu versehen, ist die Cirkulation desselben an freier 
Luft oder die beständige Erneuerung der Oberfläche desselben 
durch Fall und Abfluss. Hierdurch kann man luftleer gemachtes 
(gekochtes) Wasser, nach Lefort binnen 6 Stunden auf 5/s sei- 
nes früheren Gasgehaltes zurückführen und die Natur schlägt 
bekanntlich denselben Weg ein. Hierbei findet die oben be- 
reits angedeutete, beständig alternirende Deplacirung von 
Kohlensäure durch Sauerstoff und Stickstoff (und umgekehrt) 
statt. Bleibt Quellwasser ruhig an der atmosphärischen Luft 
stehen, so verliert es gebundene Kohlensäure, welche durch 
aufgenommenen Stickstoff und Sauerstoff ersetzt wird; wird 
dagegen die Oberfläche des Wassers durch Fall und Abfluss 
erneuert und vergrössert, so nimmt das Wasser, während Stick- 
stoff und Sauerstoff eliminirt werden, Kohlensäure in grosser 
Menge auf. Die grosse Bedeutung der letzteren, von dem 
in ihr begründeten Wohlgeschmack des Trinkwassers abge- 
sehen, erhellt sofort, wenn wir 

c) auf die chemischen Bestandtheile, respect. den Salzge- 
halt desselben einen Blick werfen und das im allgemeinen 
Theile erörterte Verhalten dieser Salze zum Blei uns, mit 
Rücksichtnahme auf unsern Gegenstand, nochmals kurz re- 
kapituliren. Die salzigen Bestandtheile des Wassers spielen 
beim Stoffwechsel im thierischen Organismus eine sehr her- 
vorragende Rolle; sie sollen nicht über 3 Decigrm. im Liter 
betragen; Wasser mit 5 Decigrm. Gehalt ist zum Trinken un- 
tauglich. Was die Natur dieser Salze anlangt, so kamen 
wir zu dem Resultate, dass ein Vorwalten der Carbonate und 
Bicarbonate in kohlensäurehaltigem Wasser die erwünschten 
Bestandtheile seien, indem sie eine hinreichend dicke Deck- 
schicht bilden, um die Gegenwart kleiner Mengen der am 
leichtesten Blei in Lösung gehen lassenden Salze: Chloram- 


366 


mon, salpetersaures Ammoniak und Kali, der schwefelsauren 
Akali- und alkalischen Erdmetallsalze, des phosphorsauren 
Natrons, des Chlorkaleiums und Chlormagnesiums, wenn sie 
nicht in so erheblichen Mengen, das vom Gebrauche des qu. 
Wassers zum Trinken und Kochen wohl schwerlich die Rede 
sein dürfte, auftreten, unschädlich zu machen. Selbst wenn 
das Wasser Spuren von Chlor- oder neutralem kohlensaurem 
Blei gelöst hätte, würde der Reichthum an Kohlensäure und 
Bicarbonat durch Ausfällung des Bleioxydes als Carbonat das 
Wasser bleifrei machen. Ein reichlicher Kohlensäure- und 
Bicarbonatgehalt des Wassers ist sonach Grundbedingung für 
die Anwendbarkeit des Blei’s als Material für Leitungsröhren. 
Nächstdem scheint phosphorsaures Salz eine wenig angreif- 
bare Deckschicht zu bilden, während die durch Chlornatrium 
erzeugte keineswegs Garantien bietet und wir in einem Falle 
sehr kochsalzreiches Wasser aus Bleiröhren so viel Blei 1ö- 
sen sahen, dass Vergiftung dadurch hervorgerufen wurde. 
Eine Reihe von in das Wasser gelangenden Substanzen 
endlich ist allein nie im Stande die wohlthätige Wirkung der 
Bicarbonate in durch Blei geleiteten Wasser zu compensiren 
und aufzuheben; dies sind die mit Hilfe des Wassers und der 
von diesem aufgesogenen Luft faulenden organischen Substan- 
zen. Sie können nehmlich nicht allein zur Entstehung freier 
Säuren wie Essig-, Metaceton, Buttersäure führen, sondern auch 
die Amoniakbildung begünstigen, dessen Gegenwart zu 0,0001 
im Trinkwasser nach einer neuesten Mittheilung Stalmanns 
(Journ de Chimie med. 1868 Janvier p. 45) welche Pappen- 
heim’s Angaben anscheinend widerspricht, die corrodirende 
und (Blei) lösende Wirkung des Wassers auf Bleiröhren und 
Standgefässe enorm steigert, während grössere Mengen Am- 
moniak’s weniger (?) schaden sollen. Ferner ist es bekannt- 
lich ein häufiges Vorkommen, dass sich aus faulenden orga- 
nischen *) Körpern, namentlich thierischen Ursprung’s, Schwe- 
felwasserstoff entwickelt, welcher die Bleicarbonatdeckschicht 
in Schwefelblei verwandelt. Dieses blättert leicht ab und so 


*) Brauchbares Trinkwasser soll, nach Boussingault, nie mehr 
als unwägbare Spuren organ. Substanz, nie über 1 Centigrm. (im 
Litre) Nitrate und über 10—15 hundertel ‚freies Ammoniak enthalten. 


367 


kann die metallische Oberfläche der Röhren in grösserer oder 
geringerer Ausdehnung freigelegt und der corrodirenden Wir- 
kung des Wassers preisgegeben werden. Da das Wasser in 
der heissen Jahreszeit, wo der Gehalt desselben an organi- 
schen Substanzen am ehesten zunimmt, die wenigsten Gase, 
also auch die wenigste Kohlensäure absorbirt, so muss die 
von Seiten dieser Materien drohende Gefahr um so erheblicher 
erscheinen. Endlich können in das durch Bleiröhren fortge- 
leitete Hausgebrauchswasser gelangende organische Körper 
auch auf mechanischem Wege schaden. Sind sie nämlich, 
wie Baumäste, Wurzelstücke, Theile von Thierkörpern etc. 
von grösserem Umfange, so können sie, indem sie im Strome 
durch die Röhren fortgerissen werden, die Deckschicht lädiren 
und die Metalle oberflächlich blosslegen. 

3. Indem wir endlich die Eigenthümlichkeiten bleierner 
Wasserutensilien in ihrem Verhältnisse zum Wasser näher 
ins Auge fassen, können wir über mehrere hierauf bezügliche 
und bereits früher erörterte Punkte etwas schneller hinweg- 
gehen. Jedoch werden wir, um zu der praecisen Beantwor- 
tung. der Frage, wie sich die bezeichneten bleiernen Utensi- 
silien in ihrer Wirkung auf das in denselben aufbewahrte 
oder fortgeleitete Wasser verhalten, zu gelangen, uns nach 
dem Vorgange Pappenheim’s (a.a.0.85) vergegenwärtigen: 

1) dass die Intensität der möglicherweise statthabenden 
Einwirkung der Bleiutensilien auf das Wasser der Grösse der 
Fläche, welche sie einerseits dem Wasser darbieten, und 
welche anderseits das Wasser der atmosphärischen Luft zu- 
kehrt, proportional sein muss; 

2) dass zu Bleiröhren niemals chemisch reines, sondern, 
wie früher bereits erwähnt wurde: Antimon, Eisen, Kupfer, 
Zink, Silber, Nickel, selbst Arsen enthaltendes Blei verarbei- 
tet wird; dass ferner diese Verunreinigungen nicht immer 
gleichmässig über die ganze Bleimasse verbreitet, sondern 
stellenweise angehäuft sind. Auf diese Stelle werden, wenn 
die qu. Metalle leichter oxydabel, als Blei sind, besonders die 
chlorwasserstoff- und schwefelsauren Alkalisalze einwirken 
(— neben der im Wasser vorhandenen Kohlensäure) und die 
Folge davon wird sein, dass 

a) wie früher vo'm Kupfer (Varrentrap) nachgewiesen 


368 


wurde, das Blei aus den gebildeten löslichen Kupfer , Silber- 
u. s. w. Salzen das fremde Metall ausfällt und selbst in Lö- 
sung geht, und 

8) dass an den Stellen, wo das verunreinigende Metall 
angehäuft war, Lücken entstehen und die Oberfläche des dar 
unter liegenden Blei’s nackt gelegt wird. 

3) Es muss auf die in Bleiröhren meist nach innen pro- 
minirenden Löthestellen aufmerksam gemacht werden; sie be 
stehen aus Zinn -+ Blei, sind jedoch da sich Wasser zu ihnen 
genau so, wie zum unlegirten Blei verhält, nach Pappen: 
heim’s (p. 92) Versuchen ohne Bedeutung. Dagegen kommen 
noch folgende beide Punkte in Betracht: 

4) Das Wasser kann, ehe es in die Bleiröhren gelangt, 
mit anderen Metallen, z. B. Messing, in Contakt gekommen 
sein, also Zink und Kupfergehalt in die Bleiröhren mitbringen, 
hiernach wird der unter 2 geschilderte Vorgang statthaben; 
oder es kann das Wasser, aus irgend welchem Grunde bereits ° 
bleihaltig, mit Eisen oder Zink in Berührung gerathen;, in 
diesem Falle wird das Blei präzipitirt, während, was in den 
sehr verdünnten Lösungen, um welche es sich hier handelt 
äusserst langsam geschieht, Eisen, was nicht leicht schadet, 
oder Zink, was zu Vergiftungen führt, in Lösung gehen. 

5) Die neuen Bleiutensilien sind nie blank, sondern mit 
einer noch so dünnen Schicht kohlensäurehaltigen Bleioxyd- 
hydrats, welches vom Wasser gelöst wird und so in dem Letz- 
tern als gesundheitsschädlicher Bestandtheil aufgenommen 
sein kann, bedeckt. Auch ein blosses Durchdrungenwerden 
dieser dünnen Schicht in der Art, dass das Trinkwasser auf 
die metallische Oberfläche des Blei’s influenziren kann, dürfte 
unter Umständen (in kohlensäurearmen Wässern) zu Infektion 
des Wassers führen. 

6} Die bleiernen Röhren sind vom Pressen sehr häufig 
mit einer sehr dünnen Fettschicht überzogen, welche zwar 
die unmittelbare Einwirkung des Wassers auf das Metall be- 
einträchtigen aber auch zur Bildung fettsauren und in Wasser 
nicht ganz unlöslichen Bleioxydes Veranlassung werden kann. 

7) Wie in jedem anderen Gefässe, werden auch aus dem 
in Bleiröhren geführten Wasser Ausscheidungen gelöster oder 
suspendirter Bestandtheile erfolgen, und finden sich dgl. Uten- 


369 


silien in der That mit Ueberzügen von kohlensaurem Kalk, 
Gips, Eisenoxydhydrat bedeckt. Der sich in Bicarbonat ver- 
wandelnde kohlensaure Kalk wird für die durch Kohlensäure 
und Sauerstoff des Wassers gebildete Deckschicht als Schutz- 
mittel dienen, während Gips dazu führen kann, dass Blei, wie 
auch Pappenheim beobachtet hat, in Lösung geht Aendert 
sich die Zusammensetzung des Wassers, so wird es zu Lösung 
kommen können, abgesehen davon, dass diese Schichten auch 
häufig abspringen und das Blei nackt liegen lassen. 

8) Namentlich werden in die Röhren gerathende fremde 
Körper, indem sie sich hin und herschieben, zur Abstossung 
solcher Deckschichten beitragen: bleierne Wasserständer dür- 
fen also nicht gescheuert werden*); dasselbe kann bei die 
Röhren treffenden Erschütterungen oder ungleichmässige Er- 
hitzung derselben geschehen. 

9) In offenen Gefässen können sich Vegetationen etabli- 
ren, dort absterben und bei ihrer Fäulniss zur Bildung freier 
Säure oder Ammoniaks führen, oder die Entwicklung von 
Schwefelwasserstoff verursachen. 

10) Die Bleigefässe und Röhren müssen aus dem Grunde 
eine verschiedenartige Einwirkung seitens des in ihnen ent- 
haltenen Wassers erleiden, weil die Zusammensetzung dieses 
letzteren durchaus nicht immer dieselbe bleibt. Namentlich 
‚ist hier die Möglichkeit, dass sich dem Hausgebrauchswasser 
periodisch das an Stickstoff und Sauerstoff reiche, aber koh- 
lensäurearme Regenwasser beimischen könne, hervorzuheben. 

Durch das im allgemeinen Theile Angegebene glaube 
ich die hohe Bedeutung der Kohlensäure, Carbonate und Bi- 
earbonate für die Bildung und Intakterhaltung einer Deck- 
schicht aufdem Wasser ausgesetztem Blei kleinen Mengen im 
Wasser enthaltener salpeter- und salpetrigsaurer Alkali-, in 
erster Linie Ammoniaksalze, Chlorammonium, Chlormagnesium, 
schwefelsaurer Salze, besonders schwefelsauren Thonerde-Kali’s, 
Chlornatriums und phosphorsaurer Salze, ja selbst organi- 
scher Substanzen genüber nachgewiesen zu haben. Wird also 
das qu. Wasser kohlensäureärmer, so wird seine corrodirende 


*) Ebenso dürfen Pumpröhren, in welchen sich der Kolben be- 
wegt, aus diesem Grunde nicht aus Blei angefertigt werden. 


370 


- 


Einwirkung auf das Blei derjenigen des destillirten Wassers 
immer ähnlicher. Alle Umstände also, welche, wie ein langes 
Öffenstehen, offenes Rieseln, Verdünnung des in Bleiröhren 
geführten Hausgebrauchswassers durch Regei-, oder sonst 
kohlensäurearmes Wasser, Entziehung der freien Kohlensäure 
des Wassers durch in letzterem gelöste Basen, Ausfällung, 
resp. Austreibung derselben durch andere Gase, stärkere 
Säuren, und Metallsalze, Eindringen saurer Flüssigkeit in 
das Wasser von Aussen her, Erschöpfung, der Erdschichten an 
Kohlensäure, aus welchen das Wasser beim Durchsickern letz- 
tere gezogen hat, und endlich Filtration des Wassers letzteres 
kohlensäureärmer machen können, sind bei Anlegung bleier- 
ner Wasserleitungen hinsichtlich einer möglichen Corrosion 
des Metalles durch das Wasser und Gelöstwerdens von Blei- 
salzen in diesem gewissensaft zu berücksichtigen Sie sind 
für um so gefahrbringender zu erachten wenn, Hand in Hand 
gehend mit der Kohlensäure-Abnahme, die Menge der in das 
qu. Wasser gelangenden salpetersauren oder salpetrigsauren 
Salze (Regenwasser) oder der Sulfate, Chlorüre und organi- 
schen Substanzen wächst. In diesen Fällen muss nämlich 
Bleisalz gelöst oder im Wasser suspendirt erhalten werden. 

11) Es ist zu bedenken, dass beim Repariren von Blei- 
röhren mehr oder weniger blankes, d.i. nicht mit Deckschichten 
versehenes Blei neben Oxydirtem dem Einflusse des Wassers 
ausgesetzt wird, dass also unter Umständen Blei in Lösung 
gehen kann. 

12) Endlich muss daran erinnert werden, dass nicht 
allein die Qualität, sondern auch die Quantität des in 
Bleiröhren geführten Wassers Schwankungen unterworfen ist, 
indem der Wasserstand in den Utensilien bald höher, bald 
niedriger ist; dass also das Wasser bald mit sehr starken, 
bald mit schwachen Deckschichten in Berührung kommen und 
das Blei der Einwirkung sowohl des Wasssers, als der Luft eine 
variabel grosse Oberfläche bieten wird. Letzterer Umstand ist 
ebenfalls recht wohl im Stande, Schwankungen in dem Koh- 
lensäuregehalte und, davon abhängig, in den im Wasser ge- 
lösten oder unlöslich ausgeschiedenen Salzmengen hervorzu- 
rufen. Dass von letzterem Umstande wieder ein Angegriffen- 
werden und Blosslegung der metallischen Oberfläche des Blei’s 


3rı 


abhängig sein kann, bedarf nach dem über die Deckschichten 
und ihr Verhalten zu Ammoniak, salpetersauren, chlorwasser- 
stoffsauren ete. Salzen und Sulfaten Angegebenen keiner wei- 
teren Auseinandersetzungen. — 

Hat sich aus dem bisher Vorgetragenen, wie ich zu 
zu hoffen wage, klar ergeben, dass bei der Wirkung des Was- 
sers auf bleierne Utensilien drei wichtige Faktoren, nämlich 

1) die aus der Luft und dem Boden unter günstigen 
atmosphärischen Druck von Wasser aufgesogenen Gase, Kohlen- 
säure und Sauerstoft, 

2) die im Wasser gelösten neutralen und sauren Salze, 
und zwar ganz besonders wieder die kohlensauren und dop- 
peltkohlensauren Salze in erster, chlorwasserstoff-, schwefel-, 
salpeter- und phosphorsauren Salze in zweiter Linie, neben 
etwa in das Wasser gelangten organischen Substanzen; und 
schliesslich 

3) die Beschaffenheit (physikalischen und chemischen 
Eigenschaften) der in Gebrauch gezogenen bleiernen Ütensi- 
lien (Röhren, Standgefässe etc., sowie der sich gleichbleibende 
oder variable Wasserstand in denselben in Rechnung zu zie- 
hen sind; hat sich ferner die beruhigende Ueberzeugung gel- 
tend gemacht, dass gutes und brauchbares Trinkwasser in . 

a) seinem reichen Kohlensäure- und Bicarbonat-Gehalte, 

b) seinem geringen Reichthum an Chlorüren und Sul- 
faten, 

c) dem Nichtvorhandensein organischer Substanzen, so- 
wie (davon abhängig) dem Fehlen freien Ammoniaks, Chlor- 
ammon’s und salpetersauren een ferner des Schwe- 
felwasserstoffs; und in 

d) dem Glokhbleiben seiner chemischen Zusammenset- 
zung, sowohl als 

e) seiner Menge überhaupt, welche weder von zuflies- 
. sendem Regen-, noch von Beimischung bereits zu technischen 
oder Wirthschaftszwecken verbrauchten Wassers abhängig 
sein darf, selbst die Präservativmittel gegen eine etwaige 
Auflösung oder Suspendirung von giftigen Bleiverbindungen 
enthält; so kann doch andererseits nicht in Abrede gestellt 
werden, „dass Brunnen-, Trink- oder Hausgebrauchswasser, 
welches diesen Anforderungen nicht entspricht, d. h. sauer- 


372 


„stoffreich, oder kohlensäurearm, und in der chemischen Zu- 
„sammensetzung sowohl, als in seiner, von zutretendem Re- 
„gen- und anderem Wasser abhängigen Menge schwankend 
„ist, freie Säure oder freies Ammoniak, grosse Mengen Gips, 
„Salpeter, salpetersaures Ammoniak, schwefelsaure Thonerde, 
„schwefelsaures Kali, Chlorammonium, Chlornatrium, oder 
„Chlormagnesium enthält, oder durch organische Substanzen 
„erheblich verunreinigt ist,“ 

die Schutzkraft der mit Hilfe des Sauerstoffs und der 
Kohlensäure der Luft auf der metallischen Oberfläche der 
Bleiutensilien,, (resp. Röhren) zu Stande gekommenen Deck- 
schicht vernichten, Bleisalze in Lösung nehmen und zu Ver- 
giftung der dieses Wasser geniessenden Personen führen muss. — 

Da, wie wir gesehen haben, Intoxikationen auf diesem 
Wege thatsächlich vorgekommen sind, so hat man sich be- 
müht, Vorsichtsmassregeln gegen die Corrosion der Bleiröh- 
ren durch in denselben fortgeleitetes, schlecht beschaffenes 
Hausgebrauchswasser zu ersinnen, welche sämmtlich darauf 
abzielen. entweder 

a) dem Wasser gelöste oder suspendirte Bleiverbindun- 
gen zu entziehen, oder 

b) das Blei mit einer Deckschicht, welche chemisch in- 
different und in Wasser unlöslich. die Einwirkung des Wassers 
auf die metallische Oberfläche der Bleiutensilien unmöglich 
macht, zu bekleiden. 

In letzterer Hinsicht hat Chatterton vorgeschlagen, die 
Bleiröhren inwendig mit Kautschouk auszukleiden; doch 
bricht dieser bekanntlich früher oder später und das Blei 
muss wieder nackt liegen; ebenso hat sich die Einlage eiser- 
ner Stäbe, welche aus den gelösten Bleisalzen des Wassers 
metallisches Blei präzipitiren, folglich das Wasser bleifrei 
machen sollten, nicht bewährt. 

Zahlreiche andere Vorschläge dieser Art, wie die Aus- 
kleidung der Röhren mit einer Theer-. Kolophonium, Mastix- 
oder Paraffinschicht ergeben sich, da nie garantirt werden 
werden kann, dass diese dünnen Lagen allerdings unlöslicher 
und den Salzen Widerstand leistender Substanzen bei Tem- 
peraturwechsel, bei Erschütterung der Röhren, Reparaturen 
etc. nicht abspringen, vom Kostenpunkte abgesehen, gleich- 


373 


falls als unausführbar. Auch das Verzinnen der Röhren hat 
nicht immer vor Infektion des darin fortgeleiteten Wassers 
durch Blei geschützt. Endlich ist nach Pappenheim’s Versu- 
chen, auch durch Filtration des qu. Wassers mittelst in die 
Röhre gestopfter Kohle, kein günstiges Resultat erreicht 
worden. 

Sind hiernach, wenn das Wasser selbst nicht eine sei- 
nen übrigen Bestandtheilen widerstehende Deckschicht auf 
dem Blei bildet, alle zutreffenden Cautelen unnütz, so ergibt 
sich hieraus: 

1) dass in dem erörterten Sinne schlechtes Wasser über- 
haupt nicht durch Bleiröhren geleitet werden darf und 

2) dass die Behörden einer Stadt, welche derartige 
Wasserleitungen anlegen muss, in Anbetracht dessen, dass, 
wie das oben angezogene Ministerial-Rescript sehr richtig be- 
merkt, die Gefahren in den fraglichen Fällen nicht im Mate- 
rial der zu legenden Bleiröhren, sondern der Hauptsache nach, 
lediglich in der chemischen Zusammensetzung des fortzulei- 
tenden Hausgebrauchswassers begründet sind, ehe sie sich 
für die Anwendung des Blei’s als Röhrenmaterial bestimmt, 
Chemiker beauftragen und durch die Analyse ermitteln muss, 

a) ob das Wasser eine hinreichende Menge freier Koh- 
lensäure und Bicarbonats führt; 

b) welche andere Salze und in welchen Mengen, 

c) ob dasselbe organische Substanzen, Ammoniak und 
Schwefelwasserstoff enthält, und 

d) ob dasselbe eine constante chemische Zusammen- 
setzung zeigt. — 

Diesen allein richtigen Weg hat auch der hiesige Ma- 
gistrat eingeschlagen und haben die Analysen des Dr. Sie- 
wert, wie ich aus mündlichem Berichte desselben zu erfahren 
Gelegenheit hatte, ergeben, dass das nach Halle zu leitende 
Wasser Kohlensäure und Carbonate in hinreichender Quan- 
tität, dagegen in 100000 Theilen nur 5 Schwefelsäure, an die 
hinzuzuaddirende Menge Kali und Kalk, ferner 4 Theile 
Chlorwasserstoffsäure an die entsprechende Menge Natron ge- 
bunden und 1 Theil organischer Substanz, dagegen weder Am- 
moniak, noch Chlorammon oder salpetersaure Salze enthält. 

Zwei zu verschiedenen Zeiten vorgenommene Analysen 


374 


ergaben eine constante Zusammensetzung, so dass nicht be- 
zweifelt werden darf, 
„dass ein so vorzüglich beschaffenes Hausgebrauchswas- 
„ser ohne Anstand zu nehmen, in (— natürlich aus mög- 
„lichst reinem Blei gearbeiteten) Röhren fortgeleitet wer- 
„den darf, und Nachtheile für die Gesundheit der dieses 
„Wasser Geniessenden nicht vorauszusehen sind.“ — 
Nur eine kleine Unterlassungssünde, nämlich die Herbei- 
schaffung einer Analyse des qu. Wassers während der heis- 
sen Jahreszeit, wo bekanntlich leicht eine Zunahme des Ge- 
haltes des Wassers an organischen Substanzen eintritt, möchte 
ich mir hier noch zur Sprache zu bringen erlauben. Da in- 
dessen die Menge der organischen Substanz Anfang Juni nur 
1 in 100000 betrug, so würde selbst eine Vermehrung der- 
selben um das 3—4fache während der Hundstage, vorausge- 
setzt, dass auch sonst eine Aenderung in der chemischen Zu- 
sammensetzung dieses Wassers nicht eintritt, zu ernstlichen 
Befürchtungen wegen Entwickelung erheblicher Menge freier 
Säuren, Ammoniak’s oder Schwefelwasserstoff’s nicht Veran- 


lassung geben. — 


Mittheilungen. 


Ueber die fossilen Fische in der Kreide von Sendenhorst. 
Wien, den 27. April 1868. 

Meine vorjährige Ferialreise bot mir zuerst die Gelegenheit 
die fossilen Fische der oberen Kreide von Sendenhorst und den 
Baumbergen bei Münster durch Augenschein kennen zu lernen, 
deren umfassendere Kenntniss wir dem Eifer des Herrn D. van 
der Mark und dem hochverdienten Veteranen Dr. Hermann v. 
Meyer verdanken, in dessen Palaeographicis Jahrg. 1863 — 64 
die Ergebnisse seiner Forschungen, von ziemlich guten Abbil- 
dungen begleitet von Herrn Dr. v. d. Mark veröffentlicht wurden. 
Das kön. Museum zu Poppelsdorf bei Bonn gelangte durch Herrn 
Dr. Mark selbst in den Besitz einer ausgezeichneten Suite dieser 
Fische, deren genauere Durchsicht mir durch die zuvorkommende 
Güte des Herrn Prof. H. Troschel ermöglicht wurde. Das hohe 
Interesse, welches mir diese Fische gewährten und deren Erhal- 


375 


tungszustand häufig derart vorzüglich ist, wie er mir bei Fischen 
aus der stürmischen Kreidezeit sonst nirgends noch vorkam, be- 
wog mich, von Herrn Dr. Krantz eine kleine Suite von Senden- 
horster Fischen zu acquiriren, die von mir dem zoologischen Mu- 
seum der Wiener Universität eingereiht wurden. Es befinden 
sich darunter 3 Arten von Istieus (macrocoelius, macrocephalus 
und macrospondylus), 2 Sardinoides (microcephalus und monasterü) 
und Leptosoma guestfalensis. Die seither vorgenommene genauere 
Untersuchung meiner Exemplare liess mich Anschauungen ge- 
winnen, die ich glaube Ihnen in Kürze mittheilen zu dürfen und 
zwar ihnen zunächst, da Ihr Interesse für fossile Fische ohne 
Zweifel nicht geringer ist, als es Ihre Verdienste um die Kennt- 
niss derselben sind. Ich erlaube mir aber für heute nur meine 
Ansicht über die Stellung der Gattung Istieus und über eine an 
Sardinoides microcephalus gemachte Beobachtung in gedrängter 
Kürze auszusprechen, um nicht die Gränzen einer brieflichen Mit- 
theilung ungebührend zu überschreiten. — Die Gattung Istieus wurde 
bisher nach dem Vorgange von Agassiz der Familie der Esocinen beige- 
zählt, so auch von Ihnen selbst, obwohl Sie sich schon 8. 119 Ihrer 
Fauna d. Vorw. III. über die richtige systematische Stellung sehr 
zweifelnd äusserten. Auch Dr. van der Mark spricht sich in je- 
ner erwähnten Abhandlung ähnlicher Weise aus, fügt aber zu- 
gleich bei, dass er die Mormyren für näher mit Istieus verwandt, 
als die Esoces halte; dieser allerdings nur kurz geäusserten und 
nicht näher begründeten Ansicht glaube ich nun ebenfalls ent- 
schieden mich anschliessen zu sollen. Das genauere Studium eines 
schönen Exemplars von Istieus macrocoelius und eines recenten 
mir vorliegenden Mormyrus kaschive verschafften mir die Ueber- 
zeugung, dass es unter allen lebenden Fischen keine Familie gebe, 
die zu Istieus in nähere Beziehung zu bringen sei, als eben die 
Mormyren. Das Studium der gründlichen Monographie des Prof. 
Markusen über die Mormyren bestärkte mich vollends in dieser 
Ansicht, der ich auch bisher kein wesentliches Bedenken entge- 
genstehend weiss. Denn dass keine der verschiedenen Arten und 
Gattungen dieser auffallenden Gruppe, die man mit Recht als 
eigne Familie zwischen den Esocinen und Clupeiden einschiebt, 
mit den fossilen Formen völlig übereinstimmt, kann wohl nicht 
befremden, ja im Gegentheile ist sogar hervorzuheben, dass ge- 
rade Ist. macrocoelius den Arten der Gatt. Mormyrus selbst mit 
langer Rücken- und kurzer Afterflosse und zugleich mit verlän- 
gerter Schnauze und mit Spitzzähnen am Vomer auffallend nahe 
steht, und daher zunächst mit den Arten Caschive, Geoffroyi und 
Hasselquisti in nächste Verbindung zu bringen ist, dass bei letz- 
teren die Strahlenzahl in der Dorsale bis über 80 beträgt, bei 
Ist. macrocoelius nur zwischen 50 und 60 kann eben so wenig 
ein ernstliches Bedenken erregen, als die viel ansehnlichere Länge 
der beiden Lappen der tief gespaltenen Caudalee Auch das 


376 


Auftreten an derzeit afrikanischen Formen während der jüngeren 
Kreidezeit in Europa hat an sich ebenfalls nichts Befremdendes und 
steht ebenso mit andern Erfahrungen sowohl aus der Klasse der 
Fische wie auch aus anderen in schönem Einklange. Ich ver- 
meide absichtlich, mich ausführlicher in die Vergleichung von 
Istieus und Mormyrus einzulassen oder die Differenzen zwischen 
ihnen zu besprechen, z. B. den muthmasslichen Mangel eines 
electrischen Organes am Schwanze oder das wahrscheinliche Feh- 
len der Gemmingle’schen Knochen bei Istieus (möglicherweise 
hätten sich beiderlei Organe im Abdruck nachweisen lassen, da 
sich bei diesen Petrefakten oft die zartesten Theile vortrefflich 
abgedruckt erhielten), ich begnüge mich nur zu constatiren, dass 
die Gatt. Istieus wohl sehr wahrscheinlich in die Entwicklungs- 
reihe von Mormyrus gehört und in der That keine andere Fa- 
milie nähere Verwandtschaft zeigt; etwa weitere Folgerungen 
daraus zu ziehen, überlasse ich den Geologen. — Ein zweiter 
Punkt, auf den ich noch in Kürze hinzuweisen mir erlaube, be- 
trifft die Gattung und Art: Sardinoides mierocephalus v.d.M. Es 
liegt mir nämlich ein wohlerhaltenes Exemplar derselben vor, 
welches dieselbe Eigenthümlichkeit zeigt, wie das von der Mark 
auf Taf. 4 abgebildete, nämlich den Abdruck des Darmkanales 
von der Gegend zwischen und hinter den Bauchflossen bis zu 
dem vor dem Anale gelegenen After. Er dürfte wahrscheinlich 
bei den meisten Individuen dieser Art zu sehen sein und v. der 
Mark erklärt dieselben auch vorübergehend im Text als Ueber- 
reste des Kalkphosphathaltigen Darminhaltes, der auf Fleisch- 
nahrung, etwa auf die dort ebenfalls nicht seltenen Crustaceen 
schliessen lasse ‚hebt aber nicht hervor, dass an diesem Ab- 
drucke des Darmes sehr deutliche und regelmässige Einschnürun- 
gen zu sehen sind und zwar sowohl in seiner Figur wie auch an 
meinem Exemplare etwa 9-—-10 hintereinander, durch welche 
dieses Darmstück wie knotig gegliedert sich ausnimmt. Diese 
Einschnürungen können nun, wie ich glaube, von einer Darm- 
klappe herrühren, die aber wahrscheinlich keine spirale war, son- 
dern aus 9—10 Kreisfalten bestanden haben mag, von denen der 
Afterdarm durchsetzt war. Aehnliche kreisförmige Darmfalten 
kommen auch bei recenten Fischen mitunter vor und bekanntlich 
ist ja das Vorkommen von Spiralklappen im Darme nicht blos auf 
Ganoiden und Squaliden oder blos auf den Dünndarm beschränkt, 
wofür Tetragonurus Cuvieri ein Beispiel gibt, bei dem eine Spi- 
ralklappe den Oesophagaltheil des Darmrohres durchzieht. Ge- 
rade das, wie mir scheint zweifellose Vorkommen einer Darm- 
klappenvorrichtung bei Sardinius ist für mich auch einer der 
Gründe, diese interessante Gattung ebenfalls den Clupeiden ein- 
zureihen, obwohl sie diesen durch die auffallend starke Entwick- 
lung der Rücken-, Bauch- und Brustflossen ferner zu stehen 
scheint. Doch auf derlei Bemerkungen will ich hier nicht weiter 


377 


eingehen und nun mit dem Wunsche schliessen, dass den Senden- 
horster Fischen von Seite der Ichthyologen und Palaeontologen 
noch mehr Beachtung und Interesse geschenkt werden möge, als 
man ihnen bisher angedeihen liess; die schöne Sammlung des 
Bonner Museums bietet hierzu noch reichliches Material. 

Rud. Kner. 


Literatur. 


Allgemeines. Ueber verfälschte Nahrungsmittel 
undihre Erkennung. — Die Spekulation verschont auch diese 
nicht. Glücklicherweise jedoch hat die Wissenschaft die Mittel in den 
Händen, derartige Verfälschungen im Interesse der öffentlichen Hy- 
gieine zu erkennen, wie aus folgenden Beispielen hervorgeht. 

Chokolade wird, um ihr Gewicht zu vermehren, mit allerlei 
Abfällen: Eierschalen, Kreide, Sägespähnen, Ocker, Eisenoxyd u.8,.w. 
vermischt. Hier genügt einfach das Aufkochen mit Wasser, wobei 
diese Beisätze zu Boden fallen. 

Gel&Ee von Stachelbeeren oder anderen Früchten 
wird häufig aus ganz anderen Dingen, als der Name besagt, zuberei- 
tet. Verschiedene Fruchtsäuren werden durch Saft von rothen Rüben 
gefärbt und mit Gelatine versetzt. Wird etwas von diesem Gelee 
im Platinlöffel erhitzt und verbrannt, so entwickelt sich, von der Ge- 
latine herrührend, der Geruch nach verbranntem Horn. 

Der Zucker ist ein hauptsächliches Object für Verfälschung. 
Man wende nie weichen, schmierigen, angelaufen und gelblich erschei- 
nenden Zucker in der Hauswirthschaft an; er verdankt seine schlechte 
Beschaffenheit beigesetzter Glykose, welche man dadurch erkennt, 
dass Zucker, Wasser und Kalihydrat im Verhältniss von 1:2:3 zu- 
sammen erhitzt werden; eine saturirt braune Farbe und Geruch nach 
Caramel kündigen hierbei die Gegenwart der Glykose an. 

Der Thee ist vielfach mit Kupfersalzen und Campechen-Holz 
gefärbt. Kupfersalze weist Digestion des Thee’s in Ammoniakflüssig- 
keit nach; Campechenholz wird durch Aufweichen des Thees in we- 
nig destillirttem Wasser, Aufrollen eines Blatts und Pressen eines sol- 
chen zwischen reinem Papier erkannt. Ist dagegen Campechenholz 
zum Färben des Thee’s benutzt worden: so bleiben schwarze und durch 
Befeuchten mit gewöhnlicher Schwefelsäure rothwerdende Flecken auf 
dem Papier zurück. 

Pfefferkörner endlich werden durch Samen von Rhamnus 
infeectorius, Kartoffelstärke und Pressrückstände von der 
Bereitung des Rübsamen und Hanföles etc. welche durch Cur- 
cuma gelb gefärbt werden, verunreinigt. Auch diese Verfälschung 

Bd. XXXI, 1868. 26 


378 


wird durch einfaches Ueberschütten ‘der. Körner mit Wasser leicht 
nachgewiesen. — ‘(La petite Presse 1867.) 


 Verfälschte Cigarren. — Ich sah, sagt Charles Dick ens, 
die Tabaksblätter in der Havanna auslesen, sortiren und präpariren. 
Die ausgesuchtesten Blätter liefern die Deckblätter, die anderen und 
die Abfälle helfen das Innere der billigeren Cigarren ausfüllen. Letz- 
tere nennen die Havannesen: „las tripas“ und erkennen daraus den 
Werth der Cigarren auf den ersten Blick. Frägt man einen Spanier 
nach seinem Urtheile über eine Cigarre, so zieht er, indem er zu- 
gleich seinen Wunsch: man möge tausend Jahre leben ausspricht, mit 
Anstand sein Messer aus der Tasche und schneidet die Cigarre in der 
Diagonale durch, um sie mit der Loupe zu betrachten. Aus der 
Analyse der tripas erkennt er mit einer Genauigkeit, wie sie selbst 
Linne bei Pflanzenbestimmungen nicht grösser besitzen konnte, wel- 
cher Pflanzenfamilie die Füllung der in Rede stehenden Cigarren an- 
gehört, ob sie von einer vuelta deabasso, oder anderen Gewächsen 
Cuba’s, Portorico’s, Maryland’s oder selbst Europa’s herstammt. Denn 
es gelangt viel Tabak aus Ungarn, Oesterreich, Sardinien etc. nach 
der Havanna um als cigar. puros, cubanos etc. nach Europa zurück- 
zukehren. Mit ebenso grosser Gewissenhaftigkeit sieht sich der Cu- 
baner, bei aller Höflichkeit, genöthigt, zu erklären, dass eine ihm 
vorgelegte Cigarre überhaupt nicht aus irgend welcher Tabakspflanze 
fabrizirt sei, eine Thatsache, welche in den Berichten der englischen 
Steuerbeamten nur zu häufig ihre Bestätigung findet.“ — (Journ. de 
Chimie med. 5. Serie Il. Mars 1867 p. 128.) 


Mit Grünspan gefärbte Confituren. — Dr. Parolari 
in Salo berichtet Folgendes. Eine hiesige, sonst gesunde und kräf- 
tige Dame verzehrte am 17. Januar dieses Jahres des Morgens nüch- 
tern grüngefärbte Confetti, zusammen ihrer Masse nach so viel wie 
eine kleine Nuss betragend. Nach einer Stunde wurde sie von hef- 
tigem Magenschmerz, Brechneigung und so heftigen anfallweise auf- 
tretenden Zuckungen in Armen und Beinen, besonders im linken 
Arme befallen, dass man sie, um Selbstverletzungen vorzubeugen, 
während der Paroxysmen auf ihrem Bett festhalten musste. In der 
krampffreien Zeit war sie sehr aufgeregt, weinte bald, und lachte, 
bald ausgelassen und klagte viel über Kopfweh und Brustbeklemmung, 
Angewandte Brech- und Abführmittel besserten diese Zufälle, welche 
gleichwohl die Dame 24 Stunden lang an das Bett fesselten, allmälig 


Die chemische Untersuchung noch im Besitz dieser Dame 
befindlicher Confetti ergab, dass sich beim Lösen derselben in Was- 
ser ein grüngefärbter Bodensatz, welcher, mit Kalilauge behandelt, 
bläuliche Flocken abschied, bildete. Letztere erwiesen sich durch 
die auftretende himmelblaue Farbe ihrer Lösung in Ammoniakflüssig- 
keit, als. Kupferoxydverbindung, und zweifelt P. keinen Augenblick 
daran, dass diese Confetti durch einen erheblichen Zusatz von ba- 
sisch essigsaurem Kupferoxyd, wefches die Vergiftung . der 


z\d(d 
vo 


379 


Dame bewirkt hatte, grün gefärbt waren. — (Gazz. medica Italiana 
Lombardia 15. Febbrajo 1868. No. 7 p. 50.) K. 
'“  Inventiöse Benutzung des Petroleum’s. — Man be- 
richtet aus Gonda in Holland Folgendes. Während der hier herr- 
schenden Rinderpest fanden sich vielfach Personen von so haarsträu- 
bender, alle Rücksichten der Menschlichkeit vergessender Geldgier 
besessen, dass sie die für die Gesundheit von Mensch und Vieh im 
“ höchsten Grade gefährlichen Cadaver der von der Seuche gefallenen 
Rinder wieder ausscharrten, zerschnitten, räucherten und in den Han- 
‘del brachten. Die dem Bürgermeister von Sluipwyk zur Disposition 
gestellten Polizeimannschaften reichten nicht im entferntesten aus, 
die sonst als übertrieben reinlich geltenden Holländer von dem Be- 
triebe dieses verbrecherischen Industriezweiges zu verhindern, Er 
verfiel auf den Gedanken, einen Bottich mit Petroleum gefüllt aufzu- 
stellen und die gefallenen Thiere, so wie sie verendet, mit Haut und 
Haaren darin untertauchen zu lassen. Diese, jede weitere Benutzung 
des Fleisches wenigstens unmöglich machende Maassregel erregte bei 
der Bevölkerung einen solchen, den Bürgermeister bedrohenden Sturm, 
dass eine Compagnie des 7. Infanterieregiments von Gonda nach 
Sluipwirk beordert werden musste, um die Ausführung dieser vom 
Bürgermeister angeordneten Maasregel zu ermöglichen. (Nach dem 
Echo du parlament Belge.) — (Journ. de Chimie med. Mars 1867 


p. 42.) K. 
Physik. Komerell, ein neues physikalisches Expe- 
riment. — Auf einer schiefen Ebene liegt eine Walze, welche zwei 


grössere concentrirte Grundflächen trägt, mit horizontaler Axe auf, so 
dass sie auf der Ebene herunterrollt, wenn man sie nicht hält; man 
kann dazu eine Fadenrolle oder dergl. nehmen, geeignete Dimensio- 
nen sind folgende: Walze 21), lang, 11/3“ Durchmesser, Scheiben 
31/s‘‘ Durchmesser und 2—3‘ Randbreite; der Rand wird passender 
Weise nicht sehr geglättet, auch das Brett welches die schiefe Ebene 
bildet nicht, Ein Band, welches mit dem einen Ende an der Walze 
befestigt und einige Mal darum geschlagen ist, wird am andern Ende 
mit der Hand festgehalten, und zwar so dass das Band die Walze 
unten tangential verlässt und zur schiefen Ebene parallel läuft: Ist 
nun die schiefe Ebene nicht zu steil, so rollt die Walze aufwärts, 
Aus der Theorie dieser Erscheinung ergiebt sich, dass die Neigung 
um so steiler genommen werden darf, je grösser der Radius der Scheibe 
R, und je kleiner der Radius der Walze r, und je grösser der Rei- 
bungsco£fficient F ist; die Tangente des Neigungswinkels darf näm- 
lich höchstens bis auf [F.(A—r)]: r wachsen. — (Pogg, Ann. 133, 


510-512) Schbg. 
G. v. d. Mensbrugghe, über die Spannung flüssiger 
Lamellen. — Verf. zeigt durch eine Reihe schöner Experimente die 


Spannungserscheinungen in den flüssigen Häuten, die nach Zamarle 
ausschliesslich durch die Wirkung der Theile der Flüssigkeit aufein- 
ander hervorgebracht werden. Die einfachsten Versuche sind folgende: 


26* 


380 


In: einem. ebenen Viereck von Draht wird eine flüssige Lamelle von 
Glycerinflüssigkeit erzeugt, an einer Seite desselben sind vorher die 
Enden eines weichen Fadens befestigt, so dass derselbe jetzt in un- 
regelmässiger Form in der flüssigen Haut schwimmt; zerstört man 
nun den innerhalb des Fadens liegenden Theil der Haut, so legt sich 
der Faden genau in einen Kreisbogen; da also der vom Faden ein- 
geschlossene Kreisabschnitt der möglichst grosse Raum ist, den er 
überhaupt begrenzen kann, so ist die ausserhalb des Fadens übrig- 
gebliebene Haut in der That ein Minimum. Dieser Versuch lässt sich 
modifieiren durck Anwendung von andersgeformten Lamellen, z. B. 
von kreisförmigen, an die sich der Faden, wenn er die gehörige 
Länge hat, gerade anlegt u. s, w.; ferner dadurch dass man einen 
geschlossenen Faden anwendet, der den Rand der Lamelle gar nicht 
berührt und der sich beim Zerstören des innern Theils der 
Haut in einen genauen Kreis verwandelt. Auch die Versuche mit 
einem Faden der z. B. auf der Catenoiden oder auf andern krummen 
Fällen von Null-gleicher mittlerer Krümmung schwimmt, bestätigen 
folgende Gesetze, die aus der Hypothese von der Spannung der La- 
mellen theoretisch leicht gefolgert werden können: 1) Auf jeder im 
Gleichgewicht befindlichen Laminarfläche hat der Faden überall die- 
selbe Spannung t; 2) die Curve die er bildet hat überall denselben 
Krümmungsradius oe; 3) den Verhältniss zwischen # und o ist con- 
stant, nämlich gleich der Contractionskraft S der Lamelle. Zum ex- 
perimentellen Nachweise für das letzte Gesetz theilt der Verf. eine 
Versuchsreihe mit einer ebenen Lamelle mit, aus der beiläufig die 
oberflächliche Spannung in der Glycerinflüssigkeit ungefähr auf 3 
Mgr. auf 1 Mm. folgt, indem die wirklich vorhandenen (nach beiden 
Richtungen hinwirkende Spannung) auf 1 Mm. sich auf 6,029 Mgrm. 
ergab. — Auch die Versuche mit einem Metallring der an einer La- 
melle von der Form der Catenoide hing bestätigen das Geseiz von 
der vollständigen Unabhängigkeit zwischen Spannung und Krümmung 
der Lamelle und geben für die Spannung pro Millimeter 6,031 Mm. 
— (Pogg. Ann. 133, 277—292, aus dem Bull. de l’acad, de Belgique XX11.) 
Schbg. 

R. Radau, zur Geschichte und Theorie des Wageba- 
rometers. — Das Wagebarometer ist zwischen 1678 und 1680 von 
Morland erfunden und besteht principiell aus einer in ein Quecksil- 
bergefäss eintauchenden Barometerröhre, die an einer Schnellwage 
hängt; der andere Hebelarm der Wage, zeigt den Luftdruck auf einem 
getheilten Kreisbogen an, Radau giebt zunächst eine Geschichte die- 
ses Instrumentes, aus der besonders zu erwähnen ist, dass Pater 
Seechi in Rom 1857 die Erfindung von neuen gemacht haben 
wollte; er hat aber später einige Veränderungen daran angebracht 
und namentlich den Einfluss der Temperatur aufzuheben gesucht 
Ausserdem gibt Radau eine Theorie der verschiedenen Formen des 
Instrumentes. — (Pogg. 133, 430-447.) 

J. ©: Hansen (Adelaide), über.das sogenannte Tor, 


381 


ricellische Theorem. — Ueber die Geschwindigkeit mit: welcher 
Flüssigkeiten aus einer Oeffnung ausfliessen, die mehr oder weniger 
tief unter dem Niveau liegt, findet man in den Lehrbüchern die For- 
mel®v—y2gh, wo h die'Höhe der Flüssigkeit über der Oeffnung bedeu- 
tet; der Verf. zeigt dass dieselbe nur ygh sei, also nur halb so gross 
als die einer durch die Höhe h frei fallenden Körpers. Weiter er- 
giebt sich dass ein Strahl doppelt so hoch steigt, als ein mit dersel- 
ben Anfangs-Geschwindigkeit in dieHöhe geworfener fester Körper, er 
steigt aber in derselben Zeit nur halb so hoch und erreicht die Höhe 
des festen Körpers erst nach der yY2fachen Zeit; es folgt diess daraas, 
dass der ausfliessende Strahl bei vertikal nach oben strebenden Rich- 
tung wieder die Höhe h erreicht. Die weitern Untersuchungen des 
Verf. handeln über die Bewegbarkeit des Wassers in verschiedenen Tie- 
fen unter dem Niveau (dieselbe ist constant), über die Beweglichkeit 
(dieselbe ist der Tiefe proportional) über Luftwiderstand. Die Con- 
traction des Strahles u. s. w. übergehend bemerke ich noch, dass 
die Ausflussmenge, die nach der Formel von H. gefunden wird, viel 
besser mit der Erfahrung stimmt, als die nach der alten Formel be- 
stimmte, bei der noch ein experimentell gefundener corrigirender 
Factor hinzugefügt werden musste. — (Pogg. Ann. 133, 259-277.) 
Schbg. 
L. Külp, die magnetische Compensations- (Null-) 
Methode. — Dieselbe dient zur Bestimmung der relativen Stärke 
mehrer Magnete und beruht darauf, dass die beiden zu vergleichen- 
den Stäbe auf entgegengesetzten Seiten einer Nadel so angebracht 
werden, dass die Ablenkung gleich 0 ist; die magnetischen Momente 
der Stäbe verhalten sich wie die Kuben der entsprechenden Entfer- 
nungen von der Mitte der Magnetnadel. — (Pogg. Ann. 133, 317— 
322.): Schbg. 
Jungk, Veranschaulichung einiger Erscheinungen 
an der Volta’schen Säule. Berlin R. Gärtner 1863. — Dieses 
uns erst jetzt zukommende Heftchen enthält einen in 6 Nummern 
durchgeführten Vergleich der Erscheinungen, die durch die Span- 
nungsunterschiede an der Voltaschen Säule auftreten, mit den ent- 
sprechenden Erscheinungen eines Wasserstromes, in dem auf eine 
künstliche Art Niveauunterschiedehervorgebracht sind. Dieser Vergleich 
liegt nahe und ist schon oft gemacht, soviel ich weiss aber noch 
nicht specieller durchgeführt. Der Verf. unternimmt es, diess zu thun 
und bespricht die Spannungserscheinungen an der offenen und ge- 
schlossenen Säule, dann den Strom beider und kommt zuletzt zu den 
Erscheinungen welche nach J. Dub unerklärt bleiben sollten, wenn 
man annähme, dass die Erde den Strom einer Voltaschen Säule 
schliesse, deren Pole mit ihr leitend verbunden sind. Dub ist näm- 
lich der Meinung, dass bei den telegraphischen Leitungen „die Erde 
nicht als Verbindung der beiden entgegengesetzten Electricitäten 
dient, sondern als Reservoir zur Aufnahme derselben.“ Aus den von 
Jungk besprochenen und durch das Bild einer am Meere liegenden 


382 


Wasserrinne veranschaulichten Erscheinungen geht nun zwar hervor, 
dass die galvanischen Ströme bei der Telegraphie, wenn die Erde 
leitet, sowol geschlossene als ungeschlossene sein können, dass aber 
die Existenz der letzteren ebenso unwahrscheinlich ist, wie die Theilung 
der Erde in 2 isolirte Hälften. Man wird freilich nicht anzunehmen 
haben, dass der Strom in der „punctirten Linie“, die die Handbücher 
malen, sich fortbewege, sondern er wird sich auf der gesammten 
Erdoberfläche vertheilen, wobei er freilich bis zur Unmerklichkeit ge- 
schwächt wird — gerade so wie das Wasser einer halbkreisförmigen 
Rinne, welche an beiden Enden mit dem Meere’verbunden ist, bei vor- 
kommenden Niveauverschiedenheiten auf der einen Seite ins Meer 
abfliesst, auf der andern Seite aber ersetzt wird und dabei wirklich 
durchs Meer fliesst, ohne in demselben merkbare Niveauunterschiede 
hervorzurufen. Schby. 
E. Villari, über einige eigenthümliche electromag- 
netische Erscheinugen und über die Webersche Hypo- 
these vom Electromagnetismus. — Obgleich zahlreiche mag- 
netische Erscheinungen bekannt sind, die sich besser durch eine mo- 
leculare Bewegung, als durch die Bewegung sogenannter magne- 
tischer Fluida erklären lassen, giebt es doch noch keinen exacten 
Beweis gegen die Existenz dieser Fluida. Verf. beschreibt einige 
zufällig gefundene Erscheinungen von electromagnetischer Induc- 
tion, welche sich nur durch die Webersche Hypothese von der mo- 
lecularen Bewegung erklären lassen. Dieselben beruhen darauf, dass 
auf einen Stahlmagneten ein und derselbe electrische Strom in den 
beiden verschiedenen Richtungen einwirkt, wobei sich zeigte, dass er 
bei entgegengesetzter Richtung am Galvanometer eine stärkere Ab- 
lenkung zeigte, als wenn der Strom den schon vorhandenen Magne- 
tismus nur verstärkte. Es ergiebt sich ferner aus den Versuchen, dass 
die Molekular-Bewegungen, welche die magnetischen und electromagnet. 
Erscheinungen hervorrufen, mit verschiedener Geschwindigkeit vor 
sich gehen, sodann dass der magneto -electrische Inductions-Strom, 
mit der Intensität des magnetischen Moments des Stabes nicht immer 
proportional sei — weil nämlich die Schnelligkeit mit der die Modi- 
ficationen der Intensität vor sich gehen mit von Einfluss sind. End- 
lich ist auch die Modification des magnetischen Moment nicht immer 
der Intensität des erzeugenden Stromes proportional. — (Pogg, Ann. 
133, 322—326.) Schbg. 
E. Villari,Experimental-Untersuchungen über eipige 
Eigenschaften des mit seinen Fasern parallel oder 
transversal durchschnittenen Holzes. — Im Anschluss an 
die Arbeiten von de la Rive, Decandolle und Knoblauch untersucht 
der Verf. die verschiedenen physikalischen Eigenschaften der Hölzer; 
er findet, dass dieselben, wie alle Körper einen mit der Wärme stei- 
genden Wärme-Ausdehnungs-Coefficienten haben; — 2) dass derselbe 
in der Richtung der Fasern am kleinsten, senkrecht darauf am gröss- 
ten ist (Verh. beim Buchsbaum 1: 25, Tanne 1:16, Eichen und 


383 


Mahagoni 1:12, Pappel 1: 9, Ahorn und Nussbaum 1 : 8, Fichte 
1:6, Kastanie 1:5). — 3) Auch die durch Einsaugung von Was- 
ser erfolgte Ausdehnung erfolgt nach diesem Gesetz,‘ jedoch sind 
die numerischen Verhältnisse der Coefficienten etwas anders (Ahorn 
1:26, Tanne 1:18, Nussbaum 1:21, Pappel 1:18, Mahagon 1:11). 
— 4) Die Electrieität wird in der Längsrichtung weit besser geleitet, 
als in der darauf senkrechten (z. B. Fichte 1: 46,6, Mahagoni 1:14; 
Eiche 1:6; Tanne 1: 4,5, Ahorn 1: 1,5, Buchsbaum 1: 1,3). — 
5) Die Hölzer haben die Fähigkeit electrische Entladungen ausser- 
ordentlich zu schwächen, daher erzeugen grosse, längs dem Holze ent- 
ladene Batterieen keine Zuckungen, machen aber das Galvanometer 
in einer gewissen Proportion mit der Intensität der Entladung ab- 


weichen. — (Pogg. Ann. 133, 200-429.) Schbg. 
A. E. Waltenhofen, die electromotorische Kraft der 
Daniellschen Kette nach absolutem Masse. — Die electro- 


motorische Kraft der Daniellschen Kette dient oft als Masseinheit für 
andere und ist auch ‘oft: bestimmt, dabei ist aber nie eine absolute 
Einheit, sondern immer „Normaldraht‘“ oder andere willkürliche Be- 
stimmungen zu Grunde gelegt; nur Bosscha hat eine Bestimmung 
nach absolutem Masse durchgeführt. W. wiederholt dieselbe nach 
einer andern Methode: er fand in genügender Uebereinstimmung mit 
Boscha die electr. Kraft der Daniell’schen Kette = 12 nach Jacobi- 
Siemenschen Einheiten, daraus ergiebt sich Grove = 20 oder 21 je 
nach der Reinheit der angewandten Salpetersäure; in absoluten Mass 
ergiebt sich nach Weberschen Einheiten 
D= 108), , Mill. 
G = 180 bis 189 "Sec. 

(Pogg. Anu. 133,'462—478.) Schbg. 

Chemie. Bergeron und Lemaitre, über Auftreten 
dem Organismuseinverleibter Stoffe im Schweisse.— Verff. 
fanden: 1. arsenige Säure und arsenigsaure Alkalien treten als solche 
wieder durch den Schweiss aus dem Körper; Fez0;AsO, als Arsenat 
eines Alkali’s; Eisen ist dann im Harn vorhanden. 2. Nach Gebrauch 
von Quecksilberjodür kommen Spuren von Hg€l im Schweise, ° das 
Jod im Urin und Speichel vor. 3. Nach Sublimatgebrauch wird die- 
ses Medikament im Schweisse und: im Harn gefunden. 4. Bei Morb 
Brightij findet sich nie eine Spur’ von Eiweiss im Schweiss. 5. Da- 
gegen geht Zucker leicht in die Se- und Excerete über und auch .der 
Schweiss führt Zucker. Für die Therapie der Hautkrankheiten ist 
der Uebergang der Medikamente in den Schweiss von Wichtigkeit. 
— (Arch. gen. de Med, Aöut 1864.) K. 

Berthelot, über Kohlen wasserstoffe des Steinkoh- 
lentheers. — Das Styrolen C!°H®, das Naphtalinhydrür und das 
Benzin sind dem Acetylen isomere Kohlenwasserstoffe, und können 
durch Umwandlung aus ihm erhalten werden. Um: das Styrolen aus 
dem Steinkohlentheeröl zu gewinnen, wird dieser mit concentrirter 
‚Schwefelsäure behandelt, aus der durch Schwefelsäure abgeschiede- 


384 


nen Metästyrolenverbindung wird der reine Kohlenwässerstoff abge- 
schieden und durch Einwirkung der Wärme wiederhergestellt. Das 
Cymen C2H“ siedet bei 180° und verhält sich gegen chemische Rea- 
gentien wie die andern Glieder der Benzolreihe; mit Jodwasserstoff 
behandelt liefert es Decelenhydrür C%H%, Das Naphtalinhydrür 
C2°H10 entsteht durch Einwirkung Wasserstoff zuführender Reagen- 
tien (Jodwasserstoff, Kalium und Wasser).auf Naphtalin; dieser Koh- 
lenwasserstoff ist in dem schwereren Theile des Steinkohlentheeröls 
enthalten und siedet bei 205%, ist eine stark und unangenehm rie- 
chende Flüssigkeit, und ausgezeichnet durch die Eigenschaft in zu- 
geschmolzenen Glasröhren zum Rothglühen erhitzt in Naphtalin und 
Wasserstoff zu zerfallen. Nächst diesem Naphtalinhydrür C2°H 10 glaubt 
B. noch ein 2. Hydrür C?°H%, ferner ein bei 260° siedendes Acenaph- 
tenhydrür C#H12 und ein bei 285° siedendes Anthrocenhydrür C%#H14 
aufgefunden zu haben. — Das Fluoren ist ein neuer krystallisirter 
Stoff aus dem schweren Oele, schön weiss, violett fluorescirend und 
süsslich, reizend im Geruch; es schmilzt bei 113° und siedet bei 305°, 
(C=93,5 — 94,0 pC.; H=6,5 —6,2 pC.) Die schwefelsaure Lösung 
ist farblos, wenn die Säure rein ist; bei Gegenwart von einer Spur 
salpetriger Säure wird sie grün bis violett; mit der Pikrinsäure lie- 
fert das Fluoren schön krystallisirende rothe Nadeln. Das Ace- 
napbten (Acetylonaphtalin) C%H! ist schön krystallisirbar, kommt im 
Steinkohlentheer vor, kann aber auch durch Einwirkung von Naph- 
talin auf Aethylen gebildet werden. Mit der Pikrinsäure liefert es eine 
orangegelbe, in glänzenden ıNadeln krystallisirende Verbindung; 
schmilzt bei 930 und siedet bei 284—2850%, Natrium ist auf die Ver- 
bindung ohne Einfluss, Kalium ersetzt leicht ein Atom Wasserstoff, 
Brom bildet mit Heftigkeit die Verbindung C#H!0Br®. Mit Jodwasser- 
stoff liefert es Naphtalinhydrür und Aethylenhydrür. C#H!° + HS — 
C%H1° + C3H®; es muss also das Acenaphten durch die Formel C+H2 
(C%H®) ausgedrückt werden; ähnlich wie das Styrolen = C?H2(C!2H$), 
Das Anthracen C2®H9 ist in demjenigen Theile der schwer flüchtigen 
Kohlenwasserstoffe des Steinkohlentheeröls enthalten, welcher über 
350° siedet. In reinem Zustande jst es weiss, und krystallisirt aus 
Alkohol in blendend weissen rhomb. Prismen und besitzt violette 
Fluorescenz. Es erstarrt bei 2100; mit Jodwasserstoff behandelt lie- 
fert es die Hydrüre C23H3 und C!H1!%, — (Annal, d. Chem. u. Pharm. 
V Suppl. 367.) Swt. 
Estor und Saintpierre, Beiträge zur Kenntniss der 
Athmung. — Lavoissier hielt die Respiration für eine Verbren- 
nung im wahren Sinne des Wortes, welche in den Lungen bewirkt 
wird. Da nun aber die Temp. der letzteren nicht erhöht gefunden 
wird, so verlegt man jetzt den Ort, wo dies vor sich geht, in die 
Körpercapillären überhaupt, Cl. Bernard ausschliesslich in die der 
Muskeln und die meisten Autoren in die Molecüle aller Gewebe, welche 
mit Blut in Berührung kommen, so dass das Blut ein Element der 
Verbrennung, die Organe dagegen das Zweite liefern. Gegen diese 


385 


Ansicht ziehen die Verff. zu Felde. Der in den Lungen aufgenom- 
mene @ wird nothwendig zu Oxydirungs-Vorgängen benutzt, welche 
im Bereich des gesammten Blutstromes zu Stande kommen und na- 
mentlich im arteriell. Systeme praevaliren, während die Capillären 
den Verbrennungsprocess einfach dadurch begünstigen, dass sie die 
Schnelligkeit des Blutlaufes hemmen; die €9, ist das Endprodukt weit 
complicirterer Vorgänge, als gemeinhin angenommen wird. Endlich 
nehmen die Verff. keinen Unterschied zwischen Aa.— und Vv. — Blute, 
sondern ein und dasselbe Fluidum in verschieden weit vorgeschritte- 
nen Entwicklungsphasen begriffen an. Die Verff. stützen sich auf fol- 
gende Punkte: 1) mit der Entfernung der Blutbahn ‘vom Herzen 
nimmt der Gehalt desBlutes an $ ab; der fehlende Sauerstoff muss (?) 
also zur Oxydation von Blutbestandtheilen verwandt sein. 2) Das 
Nervengewebe absorbirt$gleiche Menge @ und exhalirt €0, wie die 
Muskeln (gegen Cl. Bernard); und sollen letztere die Verbrennung 
nur begünstigen, indem sie im Zustande der Bewegung den Blutlauf 
hemmen, resp. retardiren. 3) Wenn also jede Circulationsstörung die 
Verbrennung steigert, i. e. das Blut venöser macht, so werden die 
Gefässe resp. das Blut, wenn die Venen und Arterien dilatirt sind 
und die Respiration beschleunigt ist, wie es bei Fieber und Entzün- 
dung geschieht, mehr $& enthalten, was wirklich der Fall ist. Das- 
selbe wird bei Sympath. Lähmung eintreten. 4) Es folgt daraus die 
Regel, dass der Heerd und die Verbrennung von der Natur der Ge- 
webe unabhängig ist, welche das Blut berührt, dass derselbe viel- 
mehr in Verhältniss steht zur Schnelligkeit der Circulation. £. che- 
mische Gründe. 5) Es kommen vielerlei Phänome e der Oxydation 
im Organismus vor: a) Direkte Oxydation durch Bindung von $, ohne 
Entwicklung oder Freiwerden von CO, und HO; Aq. Amygd.am. wird 
Benzoesäure. b) Direkte Oxydationen, welche gepaarte Verbindungen so 
zersetzen, dass der © an das Gewebs-Molekül tritt; Umwandlung 
der Albuminsubstanzen. c) Indirekte Oxydation von b verursacht 
dergestalt, dass eine Verbindung sich in mehrere andere spaltet, und 
der &, welcher von dem Gewebs-Molekül stammt, allerdings dazu 
dient, neue Körper in Form von Superoxyden zu bilden (Amygdalin 
— Fo.) d) Vollständige Zersetzung der Bestandtheile durch den & 
des Blutes inihre Endprodukte: HOundCO, (Verbrennung der Kohlen- 
hydrate). Dass also diese Oxydations-Processe im Blute, und nicht in 
den Geweben vor sich gehen, folgern die Verff.: «) aus der Alcalini- 
tät des Blutes, welche mehr, als die saure Beschaffenheit der Gewebe 
die Wirkung des 9 begünstigt (?) $) aus der Gegenwart höher oxydir- 
ter Produkte im Blute, welche in den Drüsen und Geweben des Kör- 
pers fehlen. Nur im Blute kommen die Oxydationen zu Stande. Sie 
sind gradatim: Im arteriellen Systeme Ursachen oder Folgeerschei- 
nungen von Paarungsvorgängen (dedoublement); im venösen und 
Capillärsysteme hingegen sind sie allein so vollständig, dass es zur 
Zersetzung der Bestandtheile kommt. — (Gaz. medical. 1866 pag. 716.) 
A. Grabowski, die Gerbsäure der Eichenrinde. — 


386 


Versetzt man die trübe wässrige Abkochung der Eichenrinde mit 
Schwefelsäure, so entsteht ein brauner flockiger Niederschlag, der 
sich in Wasser grösstentheils wieder löst; und nur spurenweise aus 
Gallussäure, zum grössten Theil aus amorphem Eichenroth besteht. 
Der Hauptbestandtheil der Eichenrinde ist ausser Phlobaphen, eine 
amorphe Substanz, die ‘durch essigsaures Blei fällbar beim Kochen 
mit verdünnter Schwefelsäure in Zucker und Eichenroth zerfällt; der 
Zucker hat die Zusammensetzung 6'H1899%. Das Eichenroth löst sich 
in Ammoniak und Weingeist und wird aus diesen Lösungen resp. 
durch Salzsäure und Wasser wieder gefällt; seine Zusammensetzung 
ist C2°H#9%; die Kalk- und Barytverbindung enthält 2 At. Basis, 
Beim Schmelzen mit Kalihydrat liefert sie Phloroglucin und Proto- 
catechusäure. — (Annal. d. Chem. u. Pharm. 145, 1.) Swt. 
H. Huppert, Eine neue Gallenfarbstoff-Probe. — Die 
gewöhnlichen Gallenfarbstoffproben für den Urin lassen oft in Zwei- 
fel, sei es, dass nur Spuren, sei es, dass grosse Mengen desselben 
zu vermuthen sind, indem der Harn nicht immer das gelbe Pigment 
enthält, welches mit NO, den Farbenwechsel darbietet (Bilirubin) son- 
dern nur das grüne (Biliprasin); und zwar kann dies sich während 
des ganzen Verlaufes einer Krankheit so zeigen, dass dann der Harn 
durch N®, trübe wird, ohne sich in der Farbe zu verändern, wäh- 
rend der diese Trübung bedingende Körper sich dunkelgrün an 
der Harnoberfläche sammelt, hier jedoch vom Schaume so verdeckt 
wird, dass er der Aufmerksamkeit leicht entgehen kann. Anderseits 
giebt anäm. und chlorot. Harn mit NO? geschichtet, gern an der Be- 
rührungsfläche gelbe und rothe Zonen (auch SO3 und H£lthun es) 
und ist dieser Umstand von Veränderung des in solchem Urin in 
grösserer Menge enthaltenen Indicans abhängig. Also nur, wo deut- 
lich Grün auftritt, darf man die Gegenwart von Gallenfarbstoff nach 
der gewöhnlichen Probe annehmen. H, hat nun ein neues Verfahren 
darauf begründet, dass die Gallenfarbstoffe Bilirubin, Bilifuscin und 
Biliprasin von CaO, HO so complet gefällt werden, dass die darüber 
stehende Flüssigkeit farblos wird (Städeler) und dass die Gegenwart 
von Salzen nichts schadet. Die gelben und bräunlichen N.S. des Bili- 
rubins und Bilifuscins werden beim Stehen grün. Verf. macht also den 
zu prüfenden Harn mit Kalkmilch alkalisch und sammelt den entste- 
henden N. S. sofort auf einem Faltenfilter. EinePortion des gesammelten 
N.S. wird mit concentrirter SO, in einem Reagens-Glase gelinde er- 
wärmt, bis sich grünlicher Schaum ansetzt; wo wenig Pigment ist, 
darf man, da hier die Enstehung des Grün keinen Anhalt giebt, ja 
nicht zu lange erhitzen, weil dies die Pigmente zerstören würde. Alko- 
hol in das Reagensglas gegeben, wird nun, wofern geringe Mengen 
des Farbstoffs zugegen sind, schön grün gefärbt. Das Erwärmen ist 
nothwendig um den gelben Gallenfarbstoff in den Grünen überzufüh- 
ren. Erhitzen nachdem Alkohol zugegeben ist, hilft nichts; HE1 wirkt 
ebenso. SO3 hat aber den Vorzug, dass die Sulfate in Alkohol un- 
löslich sind. Endlich darf der N. S. nicht ganz trocken sein, dies hin- 


387 


dert die Entstehung der Reaktion, und muss er darum angefeuchtet 
werden. Zuweilen war der Kalk-N.S. schön rosenroth und ein blaues 
Pigment zugegen. Oft ist auch das Abgelaufene noch dunkel gefärbt, 
und müssen sonach auch ausser den Gallenfarbstoffen, noch andere 
F.-St. im Urin bei Icterus vorkommen. Ueber Vorkommen des Gallen- 
farbstoffs beim Harn des haematogenen Icterus fehlen bis dato alle An- 
haltepunkte. Neu ist an dieser Methode die Ueberführung des gelben 
Pigments in Grünes und die Aufnahme des Farbstoffes in Alkohol. — 


(Archiv d. Heilkunde v. Wunderlich VIII. 4 Heft Jwi 1867.) K. 
Huppert, Fehlerquelle bei der Pettenkofer’schen 
Reaktion. — Stellt man die Pettenkofersche Reaktion in. der 


Neukomm’schen Modifikation an, so kann die qu. Färbung ausbleiben, 
wenn oxydirende Substanzen N, “a, J "saure Salze und J zugegen sind. 


Denn wenn eine Lösung von wenig gallensaur. Salz mit S und Zucker 


verfährt man nach Huppert (Arch.d. Heilk. XV), so muss man die Fett- 
säuren entfernen, ehe man mit Bleiessig fällt und gut auswaschen, 
oder will man erst nach Fällung der Gallensäure entfetten, dann darf 
nicht BaONOS gewählt werden (etwa BaOA.) — (Ibidem pg.254.) K. 

Linnemann, über künstlichen Methylalkohol. — Aus 
dem durch Einwirkung von 1 Th. wasserfreier Blausäure, 10 Th. Schwe- 
felsäure und 50 Th. Wasser entsandenen Methylamin wird das salz- 
saure Salz dargestellt und dieses mit salpetrigsaurem Silberoxyd zer- 
setzt. Aus dem salpetrigsaurem Methylamin wird bei der Zersetzung 
fast nur Methylalkohol erhalten. Derselbe ist nach völliger Reinigung 
farblos, leicht beweglich, von schwach alkoholischem Geruch, siedet 
bei 67° C und hat ein spec. Gew. von 0,8574 und ist völlig identisch 


mit dem Holzgeistmethylalkohol. — (Annal. d. Chem. u. Pharm, 

145, 38.) Swt. 
Stanislaus Martin, Ueber Pfeffermünze, Pfeffer- 

münzöl und ihre Verfälschungen. — Die alten Römerinnen be- 


nutzten eine Confiture aus Honig und Pfeffermünze (das äth, Oel konn- 
ten sie noch nicht gewinnen), um sich einen frischen und angenehmen 
Athem zu verschaffen, besonders zu der Zeit, wo ihnen das Weintrin- 
ken, in welchem Genuss sie debauchirten, bei Todesstrafe untersagt 
war, und jeder Römer, wenn er abwesend gewesen war, seine Frau 
auf den Mund küsste um zu erfahren, ob sie gegen dies Gesetz ver- 
stossen (!). Proserpina verwandelte Mentbos, des Cocytos Tochter, 
welche Plutons Concubine war, in Münze (ob in Pfeffer- oder Was- 
ser- oder Krausemünze?) Auch diealten Juden verzehrten viel Mentha 
Anis und Kümmel, und der Erlöser warf diesen Luxus den Pharisäern,, 
welche ihren Gaumen und ihre Nase damit kitzelten, vor. Seit Ent- 


388 


deckung Amerikas haben wir sehr zahlreiche andere Gewürze ken- 
nen gelernt. Die Mentha ist in feuchten nordischen Gegenden hei- 
misch; die beste wird in England kultivirt und das von da exportirte 
Pfeffermünzöl hat europäischen Ruf; bei uns entartet sie und muss 
man alle 2 Jahre sich neuen Samen aus England verschaffen. Die 
aus NAmerika kommende Essenz ist weit schlechter in Qualität und 
Zubereitung. Auch in China wird Pf.M.Oel, welches auch im Sommer 
fest ist, Po—ho—yo heisst und nicht auf den europäischen Markt 
kommt, zubereitet. Unter den Verfälschungen des Oels ist die durch 
Copaiva-Oel die häufigste; sie wird erkannt wie folgt. Reines PfM- 
Oel mit NO? erhitzt, wird mahagonibraun, bleibt jedoch flüssig; ent- 
hält es dagegen Copaiva-Oel, so scheidet sich beim langsamen Erhit- 
zen bis zum Kochen (— es wird leicht beim Uebersteigen umher- 
geschleudert), während die Mischung noch heiss ist eine butterartige 
Schicht (verharztes Copaiva-Oel) ab und macht das PfMünzöl beim 
Erkalten gelatinös. Der Pfeffermünzöl-Kampfer scheidet sich dagegen, 
wenn NO®einwirkte, erst beim Erkalten in Körnernab. Man soll das PfM- 
Oel stets 5—6 Monate alt werden lassen und dann erst der Rectifi. 
kation unterwerfen; es verliert so allmälig den empyreum. Geruch 
von einer bei der Destillation mit übergehenden flüchtigen Substanz 
herrührend). Im Destillationsrückstande findet man alsdann eine Harz- 
masse, welche wie Kaoutschouk dehnbar ist, enthalten. — (Bullet.gen. 
de Therapeut. LXXIIl. p. 317. 1867.) 

G. Meissner, Stoffwechsel der Hühner. — 1) Bei un- 
zureichender Nahrung mit Körpergewichts -Abnahme tritt vermehrte 
Harnstoff- und Kreatin-Ausscheidung ein. 2) Beide (H. und Kreatin) 
sind vermehrt, wo Amylum fehlt, 3) nur letzteres, wenn es an Eiweiss 
fehlt. 4) Auch bei Erhaltungsfutter werden ‘beide besonders ver- 
ınehrt, wenn Eiweiss über Bedarf und ohne entsprechenden Amylum- 
Zusatz zugeführt wird. 5) Bei hungernden Hähnen ist der Harn 
flüssig, eiweisshaltig und reich an Harnstoff und Kreatin. 6) Gibtman 
Hühnern Benzoe-Säure, so tritt keine Hippursäure im Harn auf. — 
(Mediz. Centralbl. 1868. 263.) K. 

Otto, Bestimmung des Schwefels in organischen 
Substanzen. — Die genaue Bestimmung des Schwefels wird am 
besten durch Glühen mit reinem chromsaurem Kupferoxyd ausgeführt; 
in der Weise, dass man nach Beschickung des Verbrennungsrohres 
nach bekannter Weise den vordersten Theil des Rohres nur so weit 
erhitzt, dass sich kein Wasser ansammeln kann. Man schreite dann 
recht langsam mit der Verbrennung von vorn nach hinten fort und 
sehe besonders darauf, dass das Rohr kein zu enges Lumen besitze; 
auch muss das chromsaure Kupferoxyd stets in grossem Ueberschuss 
angewendet werden. Der Inhalt der Verbrennungsröhre wird sodann 
nach vollendeter Operation mit Salzsäure übergossen und ohne zu 
filtriren mit Alkohol längere Zeit erwärmt, dann filtrirt und die Schwe- 
felsäure mit Chlorbaryum gefällt, — (Annal.d. Chem. u. Pharm, 145, 23.) 


389 


os! W. H, Perkin, über die Basicität der Weinsäure. — 
Der vieratomige Charakter der Weinsäure ist durch die Bildung der- 
selben aus Bernsteinsäure völlig erwiesen, aber damit noch nicht die 
vierbasische Eigenschaft dargethan. Um zu erfahren, ob vier Atome 
vertretbaren Wasserstoffs in der Weinsäure enthalten seien, liess P. 
Benzoylchlorür auf Weinsäureäther wirken, fand aber dass nur ein 
Atom Wasserstoff. durch Benzoyl ersetzbar war, und nannte die ent- 
standene Verbindung Benzoeweinsäureäther. Traubensäure verhält sich 
der Weinsäure analog. Bei Einwirkung alkohol. Kalilösung auf Ben- 
zoeweinsäureäther entsteht dann neben anderen Producten Aethylben- 
zoeweinsäure. Statt des Benzols könnten auch andere Radicale in den 
Weinsäureäther eingeführt werden; z. B. Suceinyl und Acetyl. — 


(Annal. d. Chem. w. Pharm. V. Suppl. 274.) Suwt. 
Eduard Schär, über eine neue Ozonverbindung or- 
ganischer Natur. — Schär hat gefunden, dass das Chinon 


sämmtliche Reactionen des Ozons zeigt. Er macht zunächst auf die 
‚ Analogien zwischen Jod und Chinon aufmerksam: Löslichkeit ausser 
in Wasser, Alkohol, Aether, auch in Benzin, Schwefelkohlenstoff, 
Chloroform und ätherischen Oelen, Aufnahme desselben durch Chloro- 
form aus seiner wässerigen Lösung, Flüchtigkeit bei gewöhnlicher 
Temperatur, Afficirung der Schleimhäute durch die Dämpfe desselben 
und dauernde Gelbfärbung der Haut. Ausserdem aber zeigt es alle 
Reactionen anorganischer Ozonide, nämlich zunächst: Bläuung des 
Guajakharzes, Bräunung farbloser Pyrogallussäure-Lösung und Bläuung 
des Jodkalium - Kleisters, besonders wenn derselbe mit sehr kleinen 
Mengen von SO3 oder HCl angesäuert wird. Ferner bläut dasselbe 
sofort den weissen Niederschlag, der durch Blutlaugensalz in Eisen- 
vitriollösung hervorgebracht wird, ebenso, wie gebleichte Indigolösung 
durch Chinon sofort wieder blau wird. Endlich röthet dasselbe Ani- 
lin durch Bildung von Oxydationsproducten sofort, und tödtet, trotz- 


dem es nicht giftig ist, Infusorien gleich andern Ozoniden. — (Mit- 
theilungen der naturforschenden Gesellschaft zu Bern aus d. Jahre 1867. 
Ss. 3.) 


A. Forster, Ueber Darstellung künstlicher Leucht- 
steine. — Die ziemlich umständlichen Darstellungsweisen guter 
phosphoreseirender Substanzen, wie sie in. Lehrbüchern allgemein an- 
gegeben werden, veranlasste den Verfasser zu Versuchen, wie sich 
diese Methoden vereinfachen liessen. F. erhielt sehr gute Leucht- 
steine durch Glühen der unterschwefligsauren und schwefligsauren 
Salze des Baryts, Strontians und Kalks, durch Reduction der schwe- 
felsauren Salze dieser Erden mittelst Wasserstoffgas oder Kohle, und 
durch Glühen der kohlensauren Erden mit Schwefel; jedoch leuchte- 
ten die Kalkpräparate nur schwach. Er leitete dabei das Glü hen so 
dass er die im Platintiegel befindliche Substanz erst längere Zeit 
(10—40 Minuten) über einem Bunsenschen Brenner und sodann, ohne 
dass der Tiegel aus dem Glühen kam noch weitere 5— 10 Minuten 
über einem Glasgebläse erhitzte.e Die Reduction des schwefelsauren 


390 


Erden durch Wasserstoffgas geschah ebenfalls im Platintiegel, indem 
das Wasserstoffgas durch den durchbohrten Deckel in starkem Strome 
zugeleitet wurde. — Die beste und bequemste Art, die Phosphorescenz- 
erscheinung sichtbar zu machen, ist die, dass man die Präparate in 
einem dunklen Zimmer durch 8—10 Secunden langes Magnesiumlicht 
beleuchtet, worauf die Erscheinung sehr schön zu sehen ist. Die 
Farbe des ausgestrahlten Lichtes ist sehr verschieden und oft finden 
sich an ein und demselben Präparate verschiedene Farben. — Die 
Platintiegel werden durch die Operation wenig oder gar nicht ange- 
griffen. — Referent erhielt auch sehr gute Leuchtsteine durch Glühen 
eines innigen Gemisches von 5 Theilen Ba0.S202HO und 4 Theilen 
Ba0.CO?, sowie von gleichen Theilen SrO.S202 und Ba0.C0%. — 
(Ebenda S. 67.) Tcht. 
W. v. Schneider, über Abscheidung reinen Platins 
und Iridiums. — Da nach Claus die Bichloridlösungen der Platin- 
metalle beim Erwärmen mit Natronhydrat reducirt werden, und nun 
das Platinchlorid nur spurenweise verändert wird, so giebt diese 
Eigenschaft ein Mittel, das Platin von den andern Metallen durch Fäl- 
lung mit Chlorkalium zu scheiden. Man versetzt daher die Platin- 
metallösung zuerst mit Natronhydrat im Ueberschuss, kocht einige 
Zeit mit dem entstandenen Niederschlage, fügt dann zur Zerstörung 
des gebildeten unterchlorigsauren Natrons während des Kochens Al- 
kohol hinzu, macht mit Salzsäure sauer und fällt darauf das Platin 
mit Salmiak. Die vom Platin befreite Flüssigkeit wird sodann mit 
metallischem Zink reducirt, wodurch Kupfer, Palladium und Iridium 
gefällt werden. Erstere zwei Metalle werden mit Salpetersäure ge- 
löst und durch Quecksilber geschieden; (durch Hg wird nur Pd ge- 
fällt.) In dem in Salpetersäure unlöslichen Theil des durch Zink re- 
ducirten Metallpulvers ist immer noch eine kleine Menge Platin ent- 
halten. Zur Darstellung chemisch reinen Iridiums wird am besten 
der bei Auflösung der Platinerze in Königswasser bleibende Rück- 
stand benutzt, indem man denselben mit Kochsalz gemischt im Chlor- 
gasstrome erhitzt. Das bei der Operation entweichende Chlorosmium 
wird durch einen Ballon geleitet, welcher Alkohol enthält. Die Tem- 
peratur bei der Aufschliessung mit Chlorgas darf nicht dem Schmelz- 
punkt des Kochsalzes erreichen. Man löst nach vollendeter Chlori- 
rung in Wasser, leitet Chlorgas in die concentrirte Lösung ein und 
schüttelt mit fein pulverisirtem Chlorkalium. Der erhaltene Nieder- 
schlag besteht aus den Doppelchloriden des Iridiums, Platins und 
Rutheniums, während in der Lösung fast alles Rhodium, etwas Iri- 
diums und die ganze Menge der übrigen im rohen Platinerze enthal- 
tenen Metalle bleibt; dieselbe dient zur Darstellung des Rhodiums. 
Aus dem Niederschlage durch KCl wird das Iridium gewonnen, in- 
dem man die wässerige Lösung der Doppelsalze durch Wasserstoff 
reduecirt, wodurch die Platinmetalle bis auf das Iridium gefällt wer- 
den, welches als Sesquichlorid in Lösung bleibt. Das Osmium wird 
aus dem Alkohol haltenden Ballon in der Art gewonnen, dass man 


391 


nach Versetzung mit -überschüssigem ‘Ammoniak zur Trockne ver- 
dampft, mit Wasser löst, filtrirt und die zur Trockne gebrachte Lö- 
sung im Wasserstoffstrome sublimirt, wobei nur Osmium metallisch 
zurückbleibt. — (Annal. d. Chem, u. Pharm. V Suppl. 261.) 


A. Siersch, über Umwandlung des Methyl inAethyl- 
alkohol. — Das aus reinem Methylalkohol dargestellte Cyanmethyl 
(77—78° C Siedepunkt) wurde in Aethylamin übergeführt, und das 
salzsaure Salz desselben in Aethylalkohol umgewandelt; aus 53 Grm. 
Methylamin wurden 22 Grm. Alkohol erhalten. Letzterer siedete zwi- 
schen 71—95°, gab bei der Rectificatien eine kleine Menge deutlich nach 
Fuselöl riechender Flüssigkeit, hatte im völlig reinen Zustande den 
Geruch nach Isopropylalkohol, siedete bei 71—73°, zeigte das spec. 
Gew. 0,798 und lieferte bei der Oxydation Ameisensäure; bei Be- 
handlung mit Jod hauptsächlich Jodmethyl, neben kleinen Mengen 
Jodäthyl. — (Annal. d. Chem. u. Pharm. 145, 42.) Swt. 


OttoWeber,Milchsäurein osteomalac.Knochen. — Mar- 
chand und O. Schmidt wiesen die Milchsäure in osteomalacischen Kno- 
chen bestimmt nach und compet. Chemiker haben dagegen nie Zweifel 
erhoben, wohl aber R. Volkmann. In beiden, vom Verf. untersuch- 
ten Fällen fand sich saure Reaktion und liess sich aus dem Auszuge 
auf bekannte Weise leicht milchsaures Zink in schönsten Krystallen 
darstellen. Quantitative Milchsäure-Bestimmung: 7,240 Grm. 
Brust- Wirbel mit HO digerirt, mit ZnO, CO, gekocht, Rückstand in 
heissem Alkohol gelöst. Der durch O erhaltene N. S. wurde abfiltrirt, 
Auf dem Filter bleibender CaO, Ö wurde als CaO bestimmt. Aus dem 
Filtrate wurde Zn als Schwefelzink gefällt, dieses in HCl gelöst, NH® 
zugesetzt und eingedampft; restirte ZnO, 


0,004 Mgrm. kaust. CaO —= 0,015 Mgr CaO Lä 
0,048 Zn = 0,095 „ Lä+HO 
Die weitere Analyse des Knochens wurde nach der Methode von 
Heintz vorgenommen, die auch noch y. Recklinghausen befolgt hat. 
(Trocknung bei 120° C. im Luftbade), Rest 1,816 Grm. Vor Ausführung 
einer 2. Analyse wurde aus 29,1285 Grm. Knochenbrei des letzten 
Lendenwirbels das Fett durch Aether ausgezogen und das Wasser 
dito im Luftbade entfernt 
29,128 Grm. Knochenbrei gab 
6,812 ,, Fett 
7,374 ,, trocknen Knochen G. 
d. h, 14,942 ,, Wasser und in Wasser lösl. Salze 


. 


se00® 


Aus den weitere Analysen ergiebt sich dass der P Kalk sehr abge- 
nommen hatte und auch ein grosser Defekt an Kalk vorlag, der, ohne 
auf Fluor-Calcium Rücksicht zu nehmen, leicht durch Anwesenheit 
der Milchsäure erklärlich ist. Auf feuchte Knochensubstanz berech- 
net ergiebt die 


392 


Analyse, 
I letzter u letzter 
* BrustW. “* LendenW. 
Gesammtmenge des Knochenbreies 7,240 29,128 
La 0,095 
Milchsaurer Kalk 0,015 
Wasser und darin lösliche Salze 14,942 
Fett 5,314 6,812 
Trockne Substanz 1,816 1,374 
Also in 100 Theilen feuchten Knochens: 
Milchsäure 1,3120), 
Milchsaurer Kalk 0,2070), ) 51,269 
Wasser } 74,658 
. darin lösliche Salze und | 73,3979], 
Fett ' 23,389 
Trockene Substanz 25,0830%), 25,223%/, 

In letzterer auf 100 Theile feuchte Substz. berechnet. 
Kohlensaur. Kalk 1,976 1,7579), 
Phosphorsaur. Kalk 8,877 7,3509%/9 

ss Magnesia 0,686 9079 
Anorg. Best. in Summa 11,930 9,4440, 
Organische 13,153 15,776°/° 


Man hat leider das Verhältniss des Fett zur Milchsäure nicht controlirt 
und nicht nachgesehen, ob auch die Muskeln ein-+ an Milchsäure enthiel- 
ten. — (Virchow’s Arch. XXXVIN. 1. Heft3. Folyge8.Bd. p.1—15)K. 
Geologie. Lossen, Kartenaufnahme im südlichen 
und östlichen Harze. — Dieselbe ergab folgendes Schichten- 
schema: 1. Liegende Grauwacke. la. Plattige Grauwackenschiefer 
(Plattenschiefer). 2. Liegende Thonschiefer mit Kalk- und Quarzit- 
einlagerungen. 3. Hauptkieselschiefer. 4. Hangende Thonschiefer 
ohne Kalk- und Quarziteinlagerungen. 5. Hangende Grauwacke. — 
1. Die liegende Grauwacke ist fein- selten grobkörnig bis conglome- 
ratisch, Feldspathreich, im frischen Zustande splitterig, blaugrau, ver- 
wittert sandig anzufühlen und gelbgrau, ohne Einlagerungen, ohne 
Diabaslagerzüge, im Hangenden begleitet von la. plattigen Grauwacken- 
schiefern, die Pflanzenreste führen. Zu ihnen gehört die vom Ka- 
pellenflecke bei Braunlage über Vogtsfelde, Tanne, zwischen der 
Rapbode und Hasselfelde, über Allerode, Siptenfelde nach Alexisbad 
und Mägdesprung verlaufende Grauwackenorgane, von Römer theils 
als Spiriferensandsteine theils als jüngste Culmgrauwacke gedeutet. 
Wahrscheinlich gehören zu ihr die grosse Grauwackenmasse, welche 
in der direkten W und SWFortsetzung jener Zone von Braunlage 
über Oderhaus quer über die Lüttethäler nach der Sieber zieht und 
den Harzrand von dem Scharzfelder Zoll bis jenseit Herzberg bildet, 
ferner der Grauwackenstreifen der als äusserster Saum zwischen Il- 
senburg und Benzingrode sowie zwischen Wienrode und der Thaler 
Blechhütte erscheint, endlich noch die Grauwacke östlich des Ram- 
berges und Saalsteines bei Gernrode und Rieder, die nur Granit von 


393 


der Grauwacke bei Siptenfelde trennt. Die von Römer beschriebenen 
Pflanzenreste hindern nicht diese Grauwacken als ältestes Glied der 
vordevonischen Schichtenfolge im Harz aufzufassen. Lycopodien 
scheinen überall auf der Scheide zwischen Silur und Devon eine erste 
Landflora zu constituiren. Das Fehlen der Calamiten spricht eben- 
falls für höheres Alter. — 2. Liegende Thonschiefer mit Kalk- und 
Quarziteinlagerungen. Aechte Thonschiefer, selten Dachschiefer, meist 
wellig gebogen, gestaucht, verworren schiefrig, oft symplektisch 
Grauwacken-, Quarzit- oder Kalkmasse in Linsen umschliessend. 
2a. Die Kalke sind von Römer theils als silurisch theils als Aequi- 
valent der Wissenbacher Cephalopodenschiefer aufgefasst, von Beyrich 
aber mit Barrandes FG H identifieirt und sind theils körnig, späthig, 
theils dicht, kieselig, dünnplattig oder flaserig. 2b. Die Quarzite sind 
feinkörnig, sehr krystallinisch, muschlige Quarzkörner äusserst fest 
durch ein Kieselbindemittel cämentirt, von splitterigem gar nicht san- 
digem Bruche, dunkelschwarz, grau bis rein weiss. 2c. Die Grau- 
wackenlager sind von sehr verschiedenem Aussehen, meist sehr feld- 
spathreich, oft conglomeratisch und dann nicht selten ächte Breceien 
mit scharfen Kieselschieferfragmenten. So bilden sie Uebergänge in 
2d untergeordnet eingelagerte Kieselschieferbreceien una Kieselschie- 
ferlager zumal im Hangenden dieser Stufe und im Liegenden der 
Hauptkieselschiefer. 2e. Diabaslagerzüge treten zweifach verschieden 
auf: ein durchaus granitischkörniger Diabaszug mit Hornschiefercon- 
taktgesteinen im liegenden Theile und ein wesentlich dichter porphy- 
rischer oder mandelsteinartiger mit chloritischen Eisenkieselreichen 
Contaktgesteinen im Hangenden. Die Kalkfauna ist von Römer, Gie- 
bel und Beyrich beschrieben worden, die Schiefer sind sehr arm, 
führen nur einzelne Korallen und Krinoiden. Ob die Graptolithen- 
schiefer von Harzgerode und Lauterberg eine besondere Facies in 
diesen Schiefern ausmachen ist noch nicht ermittelt. Man könnte sie 
für isolirte Schollen älterer Bildung halten. Pflanzenreste liefert die 
Grauwacke von Strassberg, Wolfsberg und Stolberg. Dieses Schich- 
tensystem bildet einen ansehnlichen Theil des Harzes. Südlich der 
liegenden Grauwacke gehören ihm an die von Wieda nördlich Zorge 
hinter dem Ebersberg über Bennekenstein nach Hasselfelde, Amt 
Stiega, Alterode, Güntersberge, Breitenstein, Stolberg, verlaufende 
Römersche Wissenbacher Schiefer, ferner im direkten Fortstreichen 
damit das weite Schiefergebiet der SOEcke des Harzes zwischen 
Hermannsacker, Harzgerode, Ballenstedt und Wipra. Nördlich der 
liegenden Grauwacke folgt anscheinend symmetrisch dieselbe Forma- 
tion von Könighof an der Sieber über Andreasberg, Oderhaus, Braun- 
lage, Könighof an der Bode, Tropfurter Brücke, Rübeland, Neuwerk, 
Wendefurt, Treseburg, Rosstrappe, von wo sie umwendend parallel 
dem NRande des Harzes über Wienrode, Blankenburg, Michaelstein, 
das neue Forsthaus, die gräfliche Marmormühle, drei Annen, Hasse- 
rode nach Ilsenburg zurückläuft. Ob in der WFortsetzung die von 
Ilsenburg nach Harzburg als Quarzit, an der Ocker zwischen dem 
Bd. XXXI, 1868. - 27 


394 


Granit und Gabbro als Gneiss und dann von der steilen Wand an im 
Bruchberg und Ocker wiederum als Quarzit, Grauwacke und Thon- 
schiefer verlaufenden Schichten hierher gehören, konnte nicht festge- 
stellt werden. Der körnige Diabaszug des Ifenkopfes am WEingange 
des Bruchberges und Tentakulitenkalke SW von Riefensbeck sowie 
die mächtigen Kieselschiefermassen zwischen Bruchberg und dem Dia- 
baszuge von Osterode nach Harzburg unterstützen die Annahme. — 
3. Die Hauptkieselschieferzone besteht vorwaltend aus schwarzen, 
knauerigen, mit Quarzadern durchflochtenen Kieselschiefern mit Zwi- 
schenlagern von Thonschiefer, die selten unreine Kalke führen. Ver- 
steinerungen fehlen völlig. Innig verknüpft damit ist der erwähnte 
Diabaszug, der bald im Liegenden, bald im Hangenden oder auch 
zwischen den Kieselschiefern selbst auftritt. Die letzten treten im 
Hangenden der Schichten 1 und 2 im S in zwei getrennten Zügen auf. 
Der die Wasserscheide bildende Hauptzug läuft von Lauterberg zwi- 
schen Oder und Steina nach dem hohen Jagdkopfe, von da über 
Wieda, den Ebersberg, Hohegeist, Bennekenstein, Rothehütte, den 
Buchenberg und das Karlshaus nach Stiega, dann über die Dreiherrn- 
buche und den Birkenkopf bis in die Nähe von Neustadt. Weit ge- 
trennt davon bildet dasselbe Gestein mit denselben dichten Diabasen 
im Gefolge in den Schiefern 2. muldenförmig eingelagerte Schich- 
tenmasse an der untern Selke zwischen Wilhelmshoi, dem Anhalts- 
berge, dem Titiankopfe und dem Gartenhause bei Falkenstein. Im 
N der liegenden Grauwacke folgen dieselben Kieselschiefer symme- 
trisch im Hangenden der liegenden Schiefer, sind aber nur in einzel- 
nen Zügen an den Rändern der devonischen Mulde von Elbingrode- 
Rübeland bis jetzt bekannt. Hierher gehören die Kieselschiefer des 
Schebenholzes bei Elbingrode, die bis an die kalte Bode und weiter 
zu verfolgen sein dürften, die des Astberges und Silberborngrundes 
bei Hüttenrode und auch wohl die unterhalb Lucashof im alten Fahr- 
wege nach Elbingrode. 4. Die hangenden Thonschiefer sind wetzschie- 
ferartige oder gewöhnliche, oft grünlich oder roth mit Lagern einer 
Feldspathreichen durch grosse Thonschieferstücke fleckigen Grau- 
wacke mit nur undeutlichen Pflanzenresten. Die Diabaslager sind 
bald körnig bald dicht. Die Schiefer sind besonders an der Weida 
und Zorge bis nach Hohegeist und Rothehütte entwickelt, auch zwi- 
schen Sophienhof und Striega vielleicht auch an der Selke zwischen 
Kieselschiefer und hangender Grauwacke. 5. Die hangende Grauwacke 
ist sehr fest, klingend, grünlichgrau, roth verwitternd, feldspathreich, 
zersetzt gelbbraun und mürbe; Grauwackenschiefer und Wetzschiefer 
treten untergeordnet auf, aber es fehlen Plattenschiefer, Kalke, Quar- 
zite, Diabase; äusserst selten ist Kieselschiefer. Nur unbestimmbare 
Pflanzenreste und Crinoidenglieder. Dieses Glied macht im S. der 
liegenden Grauwackenzone mit den Stufen 3 und 4 einen Theil von 
Römers jüngerer Culmgrauwacke aus, bildet fast stets die Gränze 
gegen das Rothliegende von Steina bis Neustadt, zieht sich aber in 
zwei tiefen Buchten bis zum hohen Jagdkopf und bis nach Stiega 


395 


auf das Plateau. An der Selkemündung, am Falken und bei Meis- 
dorf bildet sie das Innerste der Kieselschiefermulde. N der Zone der 
liegenden Grauwacke ist sie völlig unbekannt. Dass alle diese Schich- 
ten in der gegebenen Reihenfolge symmetrisch in N und SHälfte des 
Harzes auftreten, ergiebt sich aus dem congruenten Verlauf ihrer 
Verbindungslinien, aus ihrem Streichen und Fallen: es ist ein alter 
Irrthum, dass die Schichten des Harzes durchweg h. 2 —6 streichen 
und nur ausnahmsweise in einer andern. Die Schichten des Unter- 
harzes bilden vielmehr eine vielfachgebrochene Linie in ihrem Ver- 
lauf, streichen bei Lauterberg und Zorge h. 12—3, von Stollberg bis 
Striega, Allerode, Treseburg h. 1-10—7. Diese beiden entgegenge- 
setzten Richtungen werden allerdings über Hohengeist, Bennecken- 
stein durch ein Generalstreichen h. 4—6 verbunden. Die Schichten 
am NSaume von Ilsenburg bis Thale streichen wider h. 9—7, von 
Blankenburg nach Hüttenrode h. 1—3 und am NORande des Brocken- 
granites herrscht h. 12. Es existiren im Unterharze drei grosse Mul- 
den: S der Zone der liegenden Grauwacke die nach SW geöffnete 
grosse Mulde Neustadt-Stiega-Bennekenstein-Lauterberg und die nach 
ONO geöffnete kleine an der untern Selke; nördlich jener Zone die 
grosse Mulde der Innerster Elbingrode-Rübeland darstellt, in deren 
Scheitel der Ramberg und zwischen denen in Gestalt eines liegenden 
V gegen W geöffnete Schenkeln die OHälfte des Brockens liegt. Der 
SRand dieser letzten läuft dem NRande der ersten parallel. Beide 
sowie die trennende Zone der liegenden Grauwacke sind in Form 
eines Z in einander geschoben. Auch alle jüngern Schichten beschrei- 
ben dies Z in denen > der nördlichen Mulde, deren nördlicher Schen- 
kel selbst durch diese Zbildung bei Blankenburg nach aussen gedrückt 
erscheint, so dass hier der schmale Saum der liegenden Grauwacke 
fehlt. Die jüngere devonische Mulde von Elbingerode ist eine eben 
dies Z beschreibende, in ihren scharfen Biegungen zerrissene Horn- 
figur in einander geschobener Schicht. Der oberste Ibenberger Kalk 
ist entsprechend dem gegen SW gekehrten ZScheitel zu einem flachen 
Sattel zusammengequetscht, unter welchem die mittle grosse Schal- 
steinmasse fortläuft um bei Rothehütte wieder hervorzutreten. Diese 
grossen Knickfalten dürften Folge der Graniteruptionenin dem bereits 
sattel- und muldenförmig gefalteten Schichtensystem sein und die 
Diabase haben gewiss nicht die grosse Rolle gespielt, welche Haus- 
mann ihnen zuertheilte. Da die Porphyrgänge, die von Ilfeld bis 
Wernigerode, vom Auerberge bis Ludwigshütte in h. 10—1 den Harz 
durchsetzen, desgleichen die schwarzen Porphyre Strengs und manche 
Grünsteingänge alle Schichtenfalten scharf durchschneiden: so kön- 
nen sie nur nach dem Emporsteigen des Granites also nach Absatz des 
flötzleeren Sandsteines in bereits vorhandene Spalten eingedrungen 
sein. Diese Zeit rückt sie der bereits während der Steinkohlenpe- 
riode eröffneten grossen Eruptionsepoche des Rothliegenden so nahe, 
dass sie vielleicht dieser Epoche zugewiesen werden müssen. — 
(Geolog. Zeitschrift XX, 217—226.) 
27 * 


396 


Beyrich, Stringocephalenkalk bei Elbingerode. — 
Stringocephalus Burtini wurde in Begleit von Murchisonia bilineata 
und coronata und von Pleurotomaria delphinuloides in einem Stein- 
bruche südlich von Elbingerode NO von Lucashof gefunden. Der 
Kalkstein wurde seither als Iberger Kalk aufgeführt und zieht sich 
ostwärts bis zum Duckborn. Es gleicht dieses ausgedehnte Vorkom- 
men dem von Paffrath bei Köln. Der Iberger Kalkstein, der sich 
von Rübeland her gegen Elbingerode hin verbreitet wird in selbiger 
Gegend nur durch die Eisensteinlager von dem Stringocephalenkalk 
geschieden, welches seiner Lage nach den ostwärts und westwärts 
mit dem Ibergerkalk in unmittelbarer Verbindung stehenden Schal- 
stein vertreten kann. Hiernach kann die Annahme von mittelde- 
vonischer Grauwacke in der Gegend von Elbingerode zwischen dem 
Ibergerkalk und dem Stringocephalenkalk nur auf einem Irrthum be- 
ruhen. — (Ebda 216.) 

R. Blum, über die Concretionen genannten beglei- 
tenden Bestandmassen mancher Gesteine. — Unter Concre- 
tionen begreift man die im Innern der Gesteine angehäuften Mine- 
ralsubstanzen, specifisch verschieden im Material von dem umgebenden 
Gestein und meist scharf von demselben abgesetzt. Bisweilen ist der 
Unterschied zwischen Concretionen und Gestein nicht auffällig und 
wir haben Mineral- und Gesteinsconcretionen zu unterscheiden d. h. 
sie bestehen ganz aus nur einer Mineralspecies \oder aber aus Ge- 
steinsmasse und im letztern Falle wird oft die Unterscheidung schwie- 
rig. I. Mineralconcretionen. 1.Krystallkonkretionen, freie Kry- 
stallgruppen, Anhäufungen von Krystallen eines Minerals mit frei nach 
aussen gewendeten Enden in Folge der Bildung von Innen nach Aus- 
sen: Auripigment im Mergel zu Tajova in Ungarn, Gypsspath im bi- 
tuminösen Thon, Pfützchen bei Bonn, im Mergel der Braunkohlenfor- 
mation vielfach, im Süsswassermergel vom Montmartre bei Paris und 
bei Aix, im tertiären Sande von St. Marys in Maryland *); Kalkspath 
mit Sand übermengt, daher krystallisirter Sandstein im tertiären Sande 
von Fontainebleau; Aragonit im Thone von Molina in Spanien, von 
Dax im Dept des Landes; Eisenkies im Mergel und Thon sehr häu- 
fig; Strahlkies in der Kreide bei Dover, Norfolk, Helgoland, im Plä- 
nermergel bei Teplitz und Perutz, im Londonthon bei London, im 
plastischen Thon der Braunkohlenformation sehr häufig; Kupferlasur 
im Thon des bunten Sandsteines bei Chessy unfern Lyon; Honigstein 
in der Steinkohle bei Malawka im Gvt Tula und in der Braunkohle 
bei Artern. 2. Krystallinische Concretionen, Zusammenhäufung einer 
Mineralsubstanz ohne äussere wahrnehmbare aber mit innerer Krystall- 
bildung. Körnig: Eisenkies in sandigen dünnschiefrigen Mergeln des 


*) Zahlreiche z. Th. grosse und schöne Gypsdrusen stets aus 
Linsen gebildet fand Referent im Knochen führenden diluvialen Mer- 
gel des Sevekenberges bei Quedlinburg zugleich mit isolirten vollkom- 
men ausgebildeten Gypslinsen und zierlichen Bitterspathrhomboedern. 


397 


Lias bei Banz, Altorf u. a. O., in der Braunkohle bei Menat in der 
Auvergne. Blättrig strahlig: Strahlbaryt im Mergel von Monte Pa- 
terno bei Bologna und bei Amberg in Baiern; Kupferlasur im Thon 
des bunten Sandsteines bei Chessy. Faserig: Faserbaryt im Thon am 
Battenberg bei Neuleiningen in Rheinbaiern mit faserigem Brauneisen- 
stein, Faserkalk im Olomuczaner Reviere bei Rudiz in Mähren als 
Laukasteine bekannt. Dieselben kommen in Mergeln und kalkigen 
Thonen des obern Jura zerstreut in grosser Menge vor, sind gelb- 
lichgrau, graulichgelb oder braunroth, fein radialfaserig und bestehen 
aus kohlensaurem Kalk mit 20 Thon und 8 Eisenoxydhydrat. Strah- 
ligfaserig: Strahlkies in der Kreide auf Rügen, im Mergel bei Czer- 
nowitz in der Bukowina. Dicht: Schwefel im Mergel bei Radoboj, 
Magnesit im Serpentin bei Hrubschitz in Mähren, Brauneisenstein 
im Quadersandstein bei Dresden, Kupferlasur bei Chessy. Feinerdig: 
Aluminit bei Halle, Meerschaum im Serpentin zu Hrubschitz, im auf- 
geschwemmten Lande auf Negroponte und in Kleinasien. Die Ober- 
fläche dieser krystallinischen Concretionen ist bald eben, bald uneben, 
runzlig, geborsten, nierenförmig u. a. 3. Amorphe Concretionen wie 
sehr häufig der Feuerstein in der Kreide, im Diphyenkalk bei Trient, 
im Kalkstein bei Aussee, in den Skagliamergeln der Lombardei, Horn- 
stein im Kalkstein bei Hallein, im Plänerkalk bei Teplitz, Jaspis im 
Bohnerz des Breisgaus und in Aarau, im Oxfordkalk; Menilith im 
Klebschiefer vom Montmartre, im Süsswassermergel bei Argenteuil 
und St. Jouen, Eisenopal im Sande am Batterberge bei Neuleiningen. 
— II. Gesteinsconcretionen lassen nicht immer leicht von dem 
umgebenden Gestein sich unterscheiden. Sie kommen im krystallini- 
schen Gesteine nur selten, häufiger im Schichtgesteinen vor und sind 
hier oft nur wenig von dem umgebenden Gestein verschieden, ob- 
wohl völlige mineralische Gleichheit beider selten ist. So liegt bei 
den Concretionen von Sandstein der Unterschied oft nur in geringer 
Verschiedenheit des Bindemittels; das der Conceretionen ist meist kie- 
selsäurereicher als das des umgebenden Gesteines und macht sie 
dauerhaft, so dass sie bei der Verwitterung herausfallen. Seltener 
sind die Coneretionen weicher, ihr Bindemittel mehr thonig. Thonige 
oder kalkige Concretionen in Kalken, Thonen, Mergeln weichen stets 
chemisch von ihrer Umgebung ab, die in Thonen sind kalkhaltiger, 
die in Kalken thonhaltiger als das umgebende Gestein. Sie zeigen 
häufig eine schalige Zusammensetzung in Folge der Art ihrer Bildung, 
indem die Zusammensetzung der Masse nach und nach und mit wie- 
derholter Unterbrechung erfolgte. Sie kommen vor von Sandstein im 
bunten Sandstein sehr verbreitet um Heidelberg mit kieselerdereichem 
selten mit thonigem Bindemittel; von Sandstein theils im Mergel- 
schiefer theils im Sandstein hier stets härter in Siebenbürgen, von 
Sandstein mit coelestinhaltigem Bindemittel im Löss des Thales der 
Salz in Rheinhessen, von Sandstein mit Baryt als Bindemittel im 
tertiären barytischen Sandstein bei Kreuznach; von Kalkstein im Han- 
genden der schmalen Kohlenflötze bei Offenbach und bei Hohenöllen 


398 


in Rheinbaiern, im Rothliegenden im Plauenschen Grunde, im Kupfer- 
schiefer von Ilmenau, in sandigen Liasmergeln bei Banz, Altorf u. a. 
O.Frankens; von dolomitischem Kalkstein im Dolomitmergel des Wel- 
lenkalkes unweit Heidelberg; von thonigem Kalkstein im Tertiärthon 
bei Mannheim in Rheinhessen, Frankfurt, Hallstadt u. a. Orten; von 
Thonmergel dicht und sehr fest im Schieferthon in Schonen; von 
Mergel im Alluvialthon in Südermanland. Letzte bestehen aus 47—57 
kohlensaurem Kalk und Thon, der entweder rein oder mit Quarzsand 
gemengt ist. Der umgebende Thon enthält keine Spur von Kalk. 
Der Kalkgehalt ist im Innern der Concretionen am grössten und wird 
nach aussen geringer. Diese Concretionen heissen in Schweden Mar- 
lekor und zu ihnen gehören auch die Imatrasteine am Falle des Wuo- 
xen. Dieselben bestehen aus einem dichten und festen, graulich grü- 
nen oder hellgrauen Mergel, 51,1 kohlensauren Kalk mit wenig koh- 
lensaurem Talk, 31,8 Kieselsäure, 8,2 Thonerde, 6,5 Eisenoxyd und 
2,4 Manganoxyduloxyd und liegen in einem schiefrigen Thone aus 
10,3 Kieselsäure, 15,1 Thonerde, 8,8 Eisenoxyd und 2,1 Manganoxydul- 
oxyd zusammengesetzt. Concretionen von Kalkmergel im Löss sehr 
verbreitet im Rheinthal, von bituminösem Mergel im Kupferschiefer 
bei Goldlauter, von thonigem Sphärosiderit im Kohlenschiefer bei Le- 
bach, Schlan, Radewitz, Pilsen u.a, in der Braunkohlenformation bei 
Falkenau und Eger, im Basaltconglomerat von Lubschitz u. a. O.; 
von braunem Thoneisenstein im sandigen und dünnschiefrigen Mer- 
geln des Lias bei Altorf und Quedlinburg. — Die Concretionen las- 
sen sich auch nach ihrer innern Beschaffenheit betrachten. 1. Ge- 
schlossene Concretionen d. h. solche die gar keinen Hohlraum, keine 
Lücken enthalten. $0 treten alle Arten der Mineral- und Gesteins- 
concretionen auf. 2. Kernconcretionen oder solche, bei welchen ein 
innerer Kern sich von der äussern Masse unterscheidet. Die Kerne 
waren entweder Ursache der Entstehung oder bildeten sich erst spä- 
ter durch innere Veränderung. In erstem Falle hat sich also die Con- 
eretionsmasse um einen fremden Körper angelegt, der sie gleichsam 
anzog. Als Kerne kommen Mineralien, Gesteine, organische Körper 
vor. Hierher gehören die Sandsteinconcretionen im bunten Sandstein, 
deren Kern die Kalkspathform ist, aber auch rother Thon erscheint 
bei diesen als Kern. Im Kalkstein unweit Hallein liegen kugelige 
Concretionen von Hornstein, die aus concentrischen Schalen um einen 
Kern von Kalkstein bestehen. Die Concretionen im Schieferthon un- 
weit Kirchberg in Niederösterreich haben einen Schwefelkieskern. In 
denen von bituminösem Mergel im Kupferschiefer von Goldlauter ist 
der Kern ein schwärzlichbrauner bituminöser Kalkmergel in fast ku- 
geliger Form mit kohlensaurem Kalk im Centrum, darinnen liegt eine 
dünne Lage von Kupferglanz und über dieser die Concretionsmasse, 
die fester harter schwarzer Thon ist. Organische Körper kommen 
häufig als Kern vor. So in des Eisenkiesconcretionen der Braunkohle 
von Menat in der Auvergne Fische. Ammonites spinatus u. a. sind 
häufg Kerne in Eisenkies- und Kalkconcretionen in den sandigen 


399 


Liasmergeln bei Banz, Altorf u. a. O. Die Kreidefeuersteine um- 
schliessen sehr oft Organismen, die Sphärosideritknollen des Kohlen- 
gebirges sehr häufig Fische oder deren Koprolithen, ebenso die Kalk- 
concretionen im Ilmenauer Kupferschiefer. So entstanden und ent- 
stehen noch die Concretionen von thonigem Kalk im Löss an der 
Bergstrasse durch die Nahrungsprocesse der Bäume und Pflanzen, 
die auf ihm wachsen, indem durch denselben der durch Kohlensäure 
und Wasser zu doppeltsaurem Kalke aufgelöste Kalk dieses Gesteines 
angezogen und durch Entziehung eines Theiles der Kohlensäure nie- 
dergeschlagen wird, sich um die zarten Wurzelfasern anlegt und sich 
weiter ansammelt. Die andere Art der Kernconceretionen mit später 
entstandenem Kern geben Aufschluss über die im Laufe der Zeit statt- 
gehabten Veränderungen. So zeigen die schaligen Concretionen von 
braunem Thoneisenstein bei Luschitz in Böhmen zuweilen einen Kern 
von grauem thonigen Sphärosiderit, offenbar dadurch entstanden, dass 
“die Concretionen von aussen nach innen verändert wurden, indem sich 
das kohlensaure Eisenoxydul zu Eisenoxydhydrat veränderte und aus 
dem thonigen Sphärosiderit ein brauner Thoneisenstein wurde. Bei 
Petersburg in Böhmen, und bei Grafenegg in Oesterreich finden sich 
dünne Lager von thonigem Sphärosiderit, die durch quere Klüfte in 
parallelepipedische Concretionen getheilt sind, aussen aus Brauneisen 
bestehen und einen Kern von Mergel oder Sand enthalten. 3. Sprün- 
gige Concretionen oder Septarien mit innern Rissen sind durch Ein- 
trocknen der Masse von aussen nach innen entstanden. Sie wurden 
zuerst auf der Oberfläche hart und fest und die nach innen fortschrei- 
tende Austrocknung konnte keine Raumverminderung der Masse mehr 
bewirken und es entstanden im Innern die Klüfte. Zuweilen sind die- 
selben mit Krystallen ausgekleidet von Eisenkies, Kalkspath, Baryt- 
spath etc. Die Concretionen selbst bestehen meist aus thonigem Kalk 
und haben dem Septarienthone den Namen gegeben. 4. Hohle Con- 
cretionen, deren Hohlräume verschiedenen Ursachen ihre Entstehung 
verdanken, der Zusammenziehung der Masse, der Veränderung des 
Innern, dem Verschwinden des Kernes. Auch in ihnen überziehen 
sich die Wände der Hohlräume oft mit Mineralien. Hierher gehören 
auch die Adler- und Klappersteine. Für alle Verhältnisse führt Verf. 
erläuternde Beispiele an. — (Neues Jahrb, f. Mixeral. etc. 294—308.) 

A. Pichler, zur Geognosie Tyrols. — 1. Gneiss in der 
Gegend von Schwaz. Manche Arten des Thonglimmerschiefers von 
Schwaz zunächst den erzführenden Kalken stimmen petrographisch 
mit dem Thonglimmerschiefer auf dem Trunerjoch bei Steinach über- 
ein und möchte man deshalb die Kohlenformation dieses Joches bis 
Schwaz ausdehnen, vielleicht sogar bis Brennbühl und Wenns am 
Eingange des Pitzthales. Aber der Schwazer Thonglimmerschiefer 
entwickelte sich zu einem förmlichen Gneiss. Der NAbhang des Ge- 
birges von Schwaz bis Pill und weiter westlich unter Diluvium be- 
steht aus Gneiss, den die Schlucht des Pillerbaches von N nach S 
durchquert und der 2000° mächtig ist. Bei Kolsass lagert ein schma- 


400 


ler Grat von Thonglimmerschiefer vor. Gegen O überdeckt den 
Gneiss der erzführende Kalk und ist seine Ausdehnung hier nicht zu 
ermitteln. Dieser Gneiss ist ein Thonglimmerschiefer mit Orthoklas. 
Es treten in dem Gestein Linsen und Körner von weisslichem Ortho- 
klas auf, um welche sich die Schieferlagen wellenförmig biegen, die- 
selben erreichen !/s' Grösse, zeigen ausser den Blätterdurchgängen 
auch noch die Zwillingsebene und hier und da Flocken von staubigem 
Eisenoxydhydrat. Ausser den Lagen und Streifen graulichweissen 
Quarzes sind auch Körner desselben eingewachsen. Der bleigraue 
Glimmer bildet dünne Häute auch Schuppen eines grauen oder ölgrü- 
nen talkartigen Minerales und ein hellweisser Glimmer kommen vor. 
Mit dem ausgesprochenen Gneisse wechseln bisweilen Lagen eigent- 
lichen Thonglimmerschiefers. In beiden liegen die Stollen zum Schwa- 
zer Eisenstein und bei Heiligenkreuz. Der grossblätterige Siderit 
kommt stock- und gangförmig vor, enthält jedoch auch Schwetelkies. 
2. Asphalt im Hauptdolomit beobachtet zwischen Liebelfingen 
und Teifs in nussgrossen Nestern und Schnüren nebst dünnen Schich- 
ten asphaltischer Schiefer. Manchmal überdeckt der Asphalt in dieken 
Lagen die Schichten oder dringt in deren Klüfte ein. Er ist schwarz, 
fettglänzend mit muschligem Bruch und lässt sich in dunkelbraunes 
Pulver zerreiben. Der unverbrennliche Rückstand ist sehr gering. 
Solche Asphaltnester kommen auch im Hauptdolomit des Arzgrabens 
nördlich von Telfs und auf der Lamsen nördlich von Schwaz vor. 
Auch bei Häring und am Geltenbergl bei Wörgl in Drusenräumen des 
grauen Kalkes. — 3. Megalodon triqueter im Hauptdolomit bei 
Leibelfingen und auch bei Zirl mit späthigem Kalk ausgefüllt. — 
4. Fossiles Harz war bisher bekannt aus den Schieferthonen der 
Gosauformation in Brandenberg, Verf. fand es in den Thonmergeln 
der obern Schichten der Cardita cerenata im Kochenthale bei Telfs, 
die zugleich viele caleinirte Schalen enthalten. Das Harz in braunen 
und honiggelben Körnchen und Tröpfchen, fettglänzend, durchsichtig 
bis durchscheinend mit muschligem Bruch, sehr spröde, leicht pul- 
verisirbar, Härte über 1, bei 150° C schmelzbar; im Aether einen 
weisslichen pulverigen Rückstand lassend, also wahrscheinlich eine 
neue Art, die vorläufig Kochenit heissen soll. — 5. Die Trias der 
Stubai war bisher nur auf einige Schalen von Cardita crenata be- 
stimmt. Hier besteht das Grundgestell des Gebirges aus Glimmer- 
schiefer mit Gneiss und darauf lagert die Trias. Am Schliggbach bei 
Pleben zwischen Telfs und Vulpmes ist es bunter Sandstein mit 
einem untergeordneten Conglomerat, mit grobem Conglomerat, weis- 
sen Quarziten, Quarzschiefern, grünlichgrauen Schiefern. Rauchwacke 
nur stellenweise und wenig mächtig, die schwarzen krystallinischen 
Kalke (Muschelkalk) ebenfalls nicht sehr mächtig, Virgloriakalk stel- 
lenweise sehr gut entwickelt. Die untern Schichten der Cardita cre- 
nata sind auf der Seite gegen das Innthal, wo die ältern Schichten 
fehlen unmittelbar über Glimmerschiefer gut entwickelt, im innern 
Stubai gehören ihnen die meisten schwarzwolkigen Kalke an. Die 


401 

Schichten der Chemnitzia Rosthorni entsprechend den Wetterstein- 
schichten sind hier zu weissen feinkörnigen Kalken oder vielmehr zu 
Dolomiten splitterigen Bruches mit-reichem Kieselgehalt umgewandelt 
und sind nur wenig mächtig. Die charakteristischen Spongien und 
Korallen lassen an der Bestimmung nicht zweifeln. Zu den weissen 
Chemnitzien Dolomiten der Waldrast oder Serlesspitze gesellt sich 
ein eigenthümlicher Zellendolomit. Die obersten Schichten der Car- 
dita crenata sind durch Sandsteine, Oolithe, Mergel und Schieferthone 
vertreten, alle pseudomorph, mit Versteinerungen. Darüber folgt der 
wohlgeschichtete Hauptdolomit mit ungeheurer Mächtigkeit Gipfel 
und Grat krönend, die Schichten der Avicula contorta als bunte 
Schiefer, dunkle Schiefer, schneeweisse salinische Marmore, graue 
wohlgeschichtete Marmore, gelbliche Kalke, dünngeschichtete Con- 
glomerate. Sie sind entwickelt auf dem Grat von der Waldrastspitze 
bis Pinnis, im Gschnitz, von Trunerjoch gegen das Obernbergerjoch, 
wo sie der Kohlenformation auflagern, am Tribulaun zwischen Pfiersch 
und Oberberg. — 6. Bactryllienmergel von Arzl östlich von Inns- 
bruck, Man gelangt über tertiäre Conglomeratbänke auf bunten Sand- 
stein, steil über die Rauchwacken, dunkelgraue, weisserdige Kalke mit 
Hornsteinconcretionen, über klotzige Mergel. In den grauen Mergel- 
schiefern findet sich ein Bactryllium ohne andere Versteinerungen, 
die dünngeschichteten Kalke darüber bilden oft eine förmliche Mu- 
schelbreccie mit Ostraea montis caprilis, Corbis Mellingi, Pentacrinus 
propinquus. Das Bactryllium scheint B. striolatum der Schichten der 
Avicula contorta zu sein, hier also in den untern Schichten der Car- 
dita erenata. — 7. In den obern Carditaschichten kommt bei Zirl 
Ammonites Haidingeri vor, bisher nur aus dem rothen Hallstätter 
Marmor bekannt. — (Jahrb. Geol, Reichsanstalt XVII. 45—52.) 

Oryktognosie. Fr. Scharff, über den Sericit.— Die 
Eigenthümlichkeiten dieses Minerals untersuchte zuerst List 1850 bis 
1852, aber Sch. konnte daraus nicht die Sicherheit einer selbstständi- 
gen Mineralspecies gewinnen. Der auf Faserbildung zurückzuführende 
Seidenglanz ist am bezeichnendsten. Die grünlichgrauen Fasern über 
20 Millim. lang hängen fest, oder verzottelt wie Asbest am Quarz 
oder andern Gesteinstheilen. In andern Fällen ist der Sericit blätt- 
rig, talkähnlich dem Taunusschiefer ein- oder aufgewachsen, ohne Sei- 
denglanz vielmehr mit Metallglanz, stets als Ueberzug, schalig über 
Quarz, Albit etc., als Anflug, zartes Häutchen. Der Glanz ist an 
kleinen Kügelchen Silberglanz, bisweilen fast goldgelb, übergehend 
in braun, an grössern Knollen über violettem Schiefer und Chlorit 
grünlichgrau bis schwärzlichgrün. So am häufigsten in den Schiefern 
von Neuenhain und Cronberg. Die Härte des faserigen Sericit ist 1, 
des metallglänzenden 2, jener ist auf die dunkelgrauen und grünen 
Schiefer mit Epidot und Kalkspath, dieser auf die grauen und ge- 
fleckten mit Quarz und Albit beschränkt. Ist die Faserung und der Sei- 
denglanz aber wirklich ursprünglicher Charakter? Nach der Analyse 
findet kein Unterschied von den andern Vorkommen statt. Ein Kry- 


402 


stall konnte nicht aufgefunden werden, wohl aber mehrfache Ueber- 
gänge in Mineralien und Gesteine. Einigen gilt der Sericit als Um- 
wandlung des Albits, andern des Glimmers. Der Beweis für das 
eine oder andere ist unter den Pseudomorphosen des Taunus noch 
nicht entdeckt, doch ist zu beachten, dass wo der faserige Sericit 
sich zeigt gewöhnlich auch Epidot und Kalkspath sich findet, erstrer 
mit Quarz und Albit die Spalten füllend. Ein Handstück von König- 
stein ist allseitig von feinen Fasern durchsetzt, im dunkelgrünen 
Schiefer von schwärzlichgrüner chloritischer Masse, im epidotischen 
Quarzgemenge aber von grauen Sericitfasern. Der Glimmer tritt im 
Taunus sehr verschieden auf, an einzelnen Stellen schwer vom Seri- 
eit zu unterscheiden. Reichlicher ist der Glimmer ausgebildet in al- 
len Taunusgesteinen mit entschiedener Verwitterung und hält ihn 
Verf. für die jüngste krystallinische Bildung, dass er vielleicht auch 
aus Sericit, nicht aber dieser aus ihm entstanden ist. Der Taunus 
bildete früher mit dem Hunsrück nur einen Gebirgszug, er war da- 
mals zweifelsohne viel höher und kalkreicher, jetzt ist der kohlen- 
saure Kalk im mittlen Taunus bis auf geringe Reste fortgeführt und 
das Gestein ist verschiedentlich umgewandelt, die organischen Reste 
vertilgt. Und nicht nur der Sericitschiefer auch der Quarzitschiefer 
und Taunusquarzit zeigt die Spuren vielfacher Wandlungen. Die tho- 
nigen und lettenartigen Einschlüsse im Quarzitschiefer sind vielleicht 
Reste eines verwitterten Sericitschiefers wie der erdige und glimme- 
rige Bestand im Steinbruch unter der Rochuskapelle als solche ge- 
deutet worden sind. Der treffliche Johannisberger Wein wächst auf 
solchen kalkartigen Verwitterungsresten. Das links rheinische Ge- 
birge hat in mancher Beziehung einen gesonderten Weg eingehalten, 
dort finden sich Kalksteine und Petrefakten reichlich vor, auch Durch! 
brüche und Höhenänderungen. Aus diesem Vorkommen und den Kry- 
stallgestalten darf geschlossen werden, dass das Vorkommen des 
kohlensaures Kalkes im eigentlichen Taunus in eine frühe Zeit hin- 
aufreicht. Die Kalkspathreste finden sich im dunkeln, violetten und 
grauen Schiefer, wo sie weggeführt ist der Schiefer grün, blassgrau 
oder grünlichgrau. Mit den Kalkspathresten kommen vor Epidot und 
Kupfererze, wo sie fehlen, vermisst man auch diese. Zugleich mit 
den beiden Epidotarten tritt der faserige Sericit auf, der Aphroside- 
rit, Axinit und Albit: der Aphrosiderit in Spalten und Adern des 
grünen und des dunkelgrauen Schiefers, im Kalkspath z. Th. noch 
eingewachsen, als jüngeres Mineral ihn verdrängend, der Albit den 
Epidot zersprengend. Mit dem Albit verwachsen und ein Altersge- 
nosse ist der Quarz z. Th. massenhaft ausgeschieden und angesammelt; 
der Albit auf Klüften und in feinen Adern, zumeist in kleinen Körn- 
chen und Krystallen dem Schiefer eingewachsen. An manchen Orten 
reicht die Albitbildung noch über die Zeit der Quarzbildung hinaus, 
der Albit sitzt in Krystallen dem Quarze auf. Unter den jüngsten 
Erzeugnissen des Taunus ist neben Albit aufzuführen der auf Aphro- 
siderit aufsitzende Eisenglanz und der blätterige Sericit. Aus Allem 


403 


folgt, dass der Sericit zweifach verschieden ist und durchaus keine 


Gewissheit über seine specifische Selbstständigkeit bietet. — (Neues 
Jahrb. f. Mineral. 309-318.) 
G. Rose, Kobaltglanz im Kaukasus. — Bei Daschkas- 


san zwischen Blisabethpol und dem See Gortscha in einem Seiten- 
thal des Scham Chor bildet der Kobaltglanz ein bis 2 Fuss mächtiges 
Lager unter dem Magneteisenerz, eine von keinem andern Ort bis 
jetzt bekannte Mächtigkeit. Eine dorther bezogene Stufe bildet eine 
Druse von drei Zoll Grösse, welche aus einzelnen 3‘ grossen stark- 
verwachsenen Krystallen besteht, die auf der derben Masse aufsitzen 
und denen nur wenig Quarz und Eisenglanz beigemengt ist. Die 
Krystalle sind Combinationen des Würfels mit dem Pyritoeder, Ok- 
taeder und Leucitoeder, vorherrschend Würfelflächen, alle andern nur 
untergeordnet. — (Geolog. Zeitschrift XX. 233.) 

Reusch, besondere Art von Durchgängen im Stein- 
salz und Kalkspath. — Zur Prüfung der Durchgänge empfiehlt 
R. zwei Methoden. Die erste oder Körnerprobe geschieht mit einem 
konisch zugespitzten Stahlstück, das senkrecht auf eine Krystallfläche 
gesetzt einen leichten kurzen Schlag erhält. Die vom Schlagpunkt 
aus divergirenden Schlagrisse zeigen für jedes Mineral charakteristische 
Richtungen und Gestalten. Bei der zweiten Methode wird der Kry- 
stall auf zwei parallelen, natürlichen oder künstlichen Flächen unter 
Anwendung einer Zwischenlage von Carton oder mehrfachem Stanniol 
gepresst. Die nächste Wirkung des Druckes wird eine Verdichtung 
des Krystalls sein im Sinne des Druckes, im Polarisationsinstrument 
erhält man bei regulär krystallisirten Körpern und wenn bei dunk- 
lem Sehfeld die Druckrichtung 45° mit der Polarisationsebene des 
untern Spiegels macht gleichmässige Farbentöne, welche verschwin- 
den, sobald die Druckrichtung senkrecht zur Polarisationsebene steht 
oder damit parallel ist. Hat der Druck auch Verdichtungen und 
Verschiebungen in Ebenen hervorgerufen, welche einen erheblichen 
Winkel mit der Druckrichtung machen, so werden auch bei der letzt- 
genannten ÖOrientirung noch charakteristische Farbenerscheinungen 
bleiben, die nach Aufhebung des Druckes z. Th. oder ganz verschwin- 
den. Die Wirkung einer solchen Pressung auf einen Krystall ist si- 
cher sehr viel complieirter als die auf amorphe homogene Körper 
und lässt sich dieselbe noch erfolgreich verwerthen. Denken wir 
uns durch einen Krystall parallel einer vorhandenen oder krystallo- 
graphischen Fläche eine Ebene E gelegt und an den rechts und links 
von E liegenden Stücken A und B Kräfte so angebracht, dass ein 
Antrieb zum Gleiten von A an B längsE in einer gewissen Richtung 
entsteht: so ist zu erwarten, dass der auf die Flächeneinheit bezo- 
gene Widerstand gegen das Gleiten sowohl abhängt von der Wahl 
der Fläche E als von der Richtung des Antriebs in dieser Fläche, 
Weiter ist nun denkbar, dass in jedem Krystall Flächen existiren, 
längs welcher der Widerstand gegen Gleiten und Verschiebung für 
eine gewisse Richtung in den Flächen kleiner ausfällt als für andere 


404 


Flächen und solche Flächen nennt Verf. Geleitsflächen oder Geleits- 
brüche. Liegt bei einem in der Presse befindlichen Krystall eine der 
Gleitflächen in der Richtung des Druckes also senkrecht zu den ge- 
pressten Flächen, so kann es sich leicht treffen, dass in Folge der 
immer ungleichförmigen Vertheilung des Druckes auf den gegenüber- 
liegenden Flächen eine Anregung zur Verschiebung entsteht, welche 
mit einer Abschiebung nach einem glänzenden Bruch enden kann, 
Man begreift aber, dass derselbe Druck gleichzeitig auch Verschie- 
bungen in den übrigen gleichwerthigen Geleitsflächen, welche gegen 
die Druckrichtung geneigt sind anregen kann, sofern dieser Druck 
Componenten liefern kann, welche in die Gleitflächen fallen und die 
Richtung der leichtesten Verschiebbarkeit haben, 1. Das Stein- 
salz hat als Gleitslächen die Granatoederflächen und in jeder dieser 
die Richtung der grossen Rhombendiagonale als diejenige Richtung, 
in welcher die Verschiebung der Moleküle an und gegen einander mit 
besonderer Leichtigkeit erfolgt. An einem quadratischen Stück Stein- 
salz von 18 Mill. Breite und 8 Mill. Dicke werden mit der Schlicht- 
feile zwei kurze gegenüberliegende Kanten gerade abgestumpft und 
die angefeilten Flächen gepresst; schon mässiger Druck bewirkt eine 
bleibende, im Polarisationsinstrument sichtbare Verdichtung längs der 
Diagonale, welche die Richtung des Druckes enthält. Bei gesteiger- 
tem Druck erhält man einen glänzenden Bruch nach einer Granatoe- 
derfläche, die R. nie auf andere Weise erzeugen konnte, Durchbohrt 
man eine quadratische Platte in der Mitte, indem man einen kleinen 
Metallbohrer sanft zwischen den Fingern dreht, so haben nach beiden 
Diagonalen bleibende Verdichtungen stattgefunden und die Platte 
zeigt im Polarisationsinstrument mit Gypsplatte eine blumenartige 
Figur, in welcher die Farben ähnlich vertheilt sind wie in einer Alaun- 
platte, welche nach Biot die sogenannte Lamellarpolarisation zeigt. 
Fasst man eine kleine Säule mit quadratischer Basis auf den klein- 
sten Flächen: so erscheint im Polarisationsinstrument ein System 
sich rechtwinkelig kreuzender Streifen, welche 45° mit der Druck- 
richtung machen. Bei gesteigertem Druck erhalten die Säulenflächen 
eine oberflächliche Streifung senkrecht zur Druckrichtung, sie krüm- 
men sich, oft entstehen Spalten, und wenn man die Säule vor und 
nach dem Pressen misst, ergiebt sich eine bleibende Zusammendrük- 
kung von 5—8Procent der ursprünglichen Länge. Die ausserordent- 
liche Compressibilität und Deformirbarkeit des Steinsalzes scheint 
einzig mit Verschiebungen längs der Granatoederflächen zusammen 
zu hängen. Daher ist kaum ein Stück Steinsalz erhältlich, das nicht 
entweder durch Druck an Ort und Stelle oder durch den gewaltsa- 
men Akt des Abspaltens bleibende Spuren von innern Verschiebun- 
gen und Umstellungen der Moleküle und eben damit Doppelbrechun- 
gen zeigte. In überraschender Weise lassen sich die 6 Granatoeder- 
flächen durch die Körnerprobe gleichzeitig herstellen: zwei derselben 
erscheinen als diagonale Sprünge in der angeschlagenen Fläche, die 
andern werden durch vollständige Reflexion des durch die Seitenflä- 


405 


chen eintretenden Lichtes gesehen. Oft aber nicht immer gesellen 
sich noch zwei Würfelbrüche dazu, so dass man mit einem Schlage 
8 Brüche hervorbringen kann. — 2, Im Kalkspath dürften die Flä- 
chen des nächst stumpferen Rhomboeders Gleitsflächen sein, also wie- 
der Flächen, welche den Winkel zweier gleicher Spaltbrüche gerade 
abstumpfen. Die Wirkungen stärkern Drucks sind höchst merkwür- 
dig. Pfaff fand, dass in einer senkrecht zur Achse geschlossenen 
Platte gepresst nach einem Paar angefeilter Flächen, welche die schar- 
fen Seitenkanten abstumpfen, bei wachsendem Druck eine plötzliche 
und bleibende Umwaadlung der Farbenringe eintritt und es ist mög- 
lich durch Druck im Kalkspath Zwillingslamellen hervorzurufen. Man 
nehme zu diesem Behufe gut gespaltene kleine Spathsäulen von 15— 
20 Mill. Länge und 6-8 Mill. Seite von rhombischem oder rhomboi- 
dischem Querschnitt und feile senkrecht zu der Säulenkante zwei 
Flächen an, die man mit Carton beklebt, nun mit diesen in die Presse 
gebracht, sieht man bald ein oder mehre Flächen im Innern aufblit- 
zen. Dieselben können drei Richtungen haben, parallel den drei Flä- 
chen des nächst stumpfen Rhomboeders; fällt eine solche Fläche in 
die Druckrichtung ist daher parallel der Säulenkante, so eignet sie 
sich besonders zur Beobachtung des reflektirten Lichtes in einer zu 
der Säulenkante senkrechten Ebene. Gehen die Flächen parallel den 
zwei anderen Kanten, welche gegen die Druckrichtung geneigt sind, 
so kann man man dieselbe durch Wegspalten der angefeilten Flächen 
hervorbringen. Diese letzten Flächen entstehen häufiger, treten ge- 
wöhnlich gleichzeitig auf und zeigen da, wo sie sich durchschneiden 
eine eigenthümlich gezahnte Linie. Drei gleich schöne Flächen er- 
hielt R. nie, einige Male aber eine förmliche Abschiebung nach einem 
glänzenden messbaren Bruche. Der Beweis dafür, dass die im eigen- 
thümlichen z. Th. gefärbten Reflexlichte schimmernden Durchgänge 
nicht mathematische Flächen, sondern Zwillingslamellen sind, ist ent- 
halten in den Beobachtungen von Brewster und Pfaff. Der greifbarste 
Beweis ist, dass die in einer grossen Rhombendiagonale parallele 
Linie, längs welcher ein solcher Durchgang in eine Rhomboederfläche 
trifft, in Wirklichkeit sich als eine kleine Fläche erweist, welche ein 
Bild giebt, das sich messen lässt und der neuen Fläche eine Stelle 
anweist, die da wirklichen Zwillingslamellen entspricht. Die Körner- 
probe giebt an Kalkspath als Schlagfigur constant ein gleichschenke- 
liges Dreieck, dessen Schenkel parallel sind den Seiten der ange- 
schlagenen Rhombenfläche und dessen Basis stets nur der stumpfen 
Ecke zugewendet ist; das Dreieck ist gestreift parallel der grossen 


Diagonale des Rhombus. — (Würtemb. naturwiss. Jahreshefte XXIV. 
61—70.) 
G. Brush, über den Turgit. — Die durch ihre schönen 


Brauneisenerze bekannte Eisengrube von Salisbury in Connecticut 
lieferte Exemplare mit faseriger Textur, welche sich bei näherer Un- 
tersuchung als Turgit ergeben. Härte 5,5, spec. Gew. 4,14, Analyse 
91,36 Eisenoxyd, 0,61 Manganoxyd, 0,75 Thonerde, 0,23 Kieselsäure, 


406 


1,83 unlösliches, 5.20 Wasser. Der Turgit bildet hier zollmächtige 
Lagen auf gemeinem Brauneisenstein. — (Sillim. americ. Journ. XLIV. 
219—222.) 

Breithaupt, Nantokit neuesMineral.— Aeusserlich dem 
Weissbleierz sehr ähnlich, in körnigen Massen und als Ausfüllung von 
schmalen Trümmern und Adern, sehr milde, besteht aus völlig was- 
serfreiem Kupferchlorür, auf Gängen zu Nantoko in Chile, welche 
in obern Teufen Atakamit und oxydische Kupfererze, in grössern 
Teufen Kupferkies und Kupferglanz führen. Der Nantokit verändert 
sich an der Luft sehr schnell, indem ein Theil des Kupfers oxydirt 
und Atakamit gebildet wird. Die von Naumann auf Grund der ab- 
weichenden chemischen Zusammensetzung vermuthetete Verschieden- 
artigkeit des Atakamits wird durch krystallographische Untersuchun- 
gen bestättigt, indem der von Miller beschriebene Atakamit Form und 
Spaltbarkeit des Baryts zeigt, während andere Krystalle Form und 
Verwachsungsgesetze des Aragonit erkennen lassen, Hiermit dürfte 
auch die Differenz im specifischen Gewichte zusammenhängen, wel- 
ches bei erstrer Art 3,5—3,6, bei letzterer 3,9—4,0 beträgt. — (Neues 
Jahrb. f. Mineral. 351.) 

Palaeontologie. J. Probst, tertiäre Pflanzen von 
Heggbach bei Biberach. — Am Buchhaldenberg bei Heggbach 
führt eine Mergelschicht Blätter, Früchte und Samen. Ihr Hangendes 
bildet die Schicht mit Mastodon angustidens, ihr Liegendes ein loser 
Sand und gegen dessen Gränze finden sich viele Weiderblätter mit 
solchen von Populus, Betula, Cinnamomeen, Fagus. Ein dünner Sand- 
streifen scheidet von der Mergelschicht eine obre Abtheilung ab, 
diese ist blättrig und zeigt andere Häufigkeit, nur Populus zahlreich, 
und dazu Podogonien und Ulmen, welche unten selten sind, auch 
Zanthoxylum europaeum, Phragmites dicht gedrängt lagerartig mit 
vielen Deckeln von Paludinen aber keine Gehäuse dazu. Ueber die- 
ser Schilfschicht wird das Material bröcklich, die Einschlüsse seltener. 
Die ganze Mergelschicht ist nur 1° mächtig und lässt sich demnach 
in vier Glieder theilen. Sie wurde auf dem Grunde eines Teiches ab- 
gesetzt und jedenfalls sehr langsam. Die hier vereinigten Pflanzen 
gehören gegenwärtig sehr verschiedenen Klimaten an, neben Buchen 
und Birken treten Zimmt und Kampferbäume auf. Die Arten hat der 
gründlichste Kenner der Tertiärpflanzen O. Heer auf folgende ober- 
miocäne bestimmt: Equisetum linosellum, Salvinia Mildeana, Pinus, 
Phragmites oeningensis, Poacites Probsti, Smilax sagittifera, Populus 
latior, balsamoides, mutabilis, glandulifera, Salix angusta, denticulata, 
Lavateri, Betula prisca und grandifolia, Alnus gracilis, Querecus nerii- 
folia und myrtilloides, Fagus feronica, Ulmus minuta und Brauni, 
Planera Ungeri, Ficus Brauni, Myrica oeningensis und vindebonensis, 
Cinnamomum Scheuchzeri, polymorphum und retusum, Grevillea Jac- 
cardi, Diospyrus myosotis, Macreightia germanica, Echitonium So- 
phiae, Acerates vetesana, Peucedanites spectabilis, Ilex stenophylla, 
Celastrus cassinefolius, Berchemia multinervis und mutabilis, Paliurus 


407 


ovoideus, Acer Bruckmanni, Sapindus falcifolius und dubius, Rhus 
Pyrrhae, Zanthoxylum juglandinum und europaeum, Koelreuteria ve- 
tusta, Prunus acuminata, Crataegus longepetiolata, Gleditschia allman- 
nica, Podogonium Knorri und Lyellanum, Caesalpinia mieromera, Cas- 
sia lignitum und phaseolitus, also 38 Gattungen mit 53 Arten. Die 
wenigen Insekten gestatten keine sichere Bestimmung. Gegenüber 
Oeningen fällt das Fehlen von Liquidambar und Acer trilobatum, 
auch die Seltenheit der Coniferen auf, wogegen dort Fagus und Be- 
tula grandifolia ganz fehlen. Andere Schichten bei Heggbach füh- 
ren nur spärliche Pflanzenreste, so kommt in der Schicht mit Masto- 
don angustidens nur Cinnamomum und Fagus vor. An Thierresten 
finden sich in der Mergelschicht zerdrückte Helix, Süsswasserfische, 
Krokodilzähne, Lagomys, Pseudopus. In der nächsten Nähe von Bi- 
berach kommen dieselben Pflanzen und Thiere vor, ferner südlich bei 
Essendorf und Eberhardzell, so dass also die Schicht von Heggbach 
grosse Verbreitung hat. Die Flora ist nach Heer die der obern Süss- 
wassermolasse, identisch mit Oeningen, und die Lagerungsverhält- 
nisse bestättigen das. Das oberschwäbische Tertiär sondert sich in 
drei Stufen. Der untere Süsswasserkalk schliesst sich unmittelbar 
an den Jura von SW nach NO demselben parallel ziehend. Er steht 
bei Ehingen an, setzt über die Donau bei Berg und führt kleine 
Schnecken. Bei Sontheim, Schaiblishausen, Volkensheim bis Inger- 
kingen zeigen sich die untern bunten Mergel und Sande. An letztem 
Orte beginnt die Meeresmolasse, welche sich bei Altheim, Aufhofen, 
Alberweiler ausbreitet, bis bei Warthausen und Röhrwangen ächter 
Muschelsandstein ansteht, Bessere Aufschlüsse noch gewährt der Ab- 
hang des Rissthales. Ihre grösste Mächtigkeit erreicht 200 Fuss. 
Von Warthausen seitwärts treten nur bei Birkenhardt und Mettenberg 
wieder schmale Streifen von Phosand hervor. Im Oberamt Laupheim 
liegt der Muschelsandstein von Baltringen und Mietingen, von der 
mergeligen marinen Schichte nur schwache Spuren bei Baustetten. 
Bei Mietringen darüber Süsswasserkalk, ebenso bei Walbertshofen, 
das die enge Beziehung zu Heggbach darbietet und dieses entschie- 
den in die obere Süsswassermolasse verweist. In der Gegend zwi- 
schen Laupheim und Ulm aber wird diese deutliche Lagerungsfolge 
erheblich zerstört. Die Meeresmolasse verschwindet, die untere Süss- 
wassermolasse ist nur spärlich vertreten, allein die obere hält aus. 
Bei Hüttesheim tritt eine Brakwassermolasse auf, die sich gegen NO 
über Weinstetten, Stoig, Steinberg nach Kirschberg an der Iller hin- 
zieht und nur als Aequivalent der Meeresmolasse aufzufassen ist. — 
(Würtemb. naturwiss. Jahreshefte XXIV. 172. 185.) 

H. Trautschold, einige Crinoideen und andere 
Reste des jüngern Bergkalkes im Gvt. Moskau. — Der 
Bergkalk mit dem leitenden Spirifer mosquensis hat bisher fast nur 
Stielglieder geliefert und erst in der jüngsten Zeit mehre Kelche, 
die hier beschrieben werden. Poteriocrinus originarius n. sp., Kelch 
2 Decimeter, Säule 6!/, Centimeter lang, Arme 11!/; Centimeter. 


408 


Säule gleichmässig dick, Glieder abwechselnd gleich, aussen gewölbt 
und platt. Kelch 5 Basalia, 5 Parabasalia sechseckig, 5Radialia pen- 
tagonal, 4 grosse Analia, noch drei Kreise von Radialien, fünf nur 
einmal sich theilende Arme, die so dick sind wie die Säule, aus mehr 
denn 102 Gliedern bestehen. Poteriocrinus multiplex n. sp. runde 
Säule mit fünfeckigem Nahrungskanal, 5 pentagonale Basalia, 5 sechs- 
und siebeneckige Parabasalia, 5 pentagonale Radialia, ein zweiter 
Kreis, dann die Axillarien, die Arme theilen sich ein- oder zweimal, 
steht P. conoideus Kon sehr nah. Die Arten in Eichwalds Lethaea 
vermag Verf. nicht zu deuten. P. bijugus n. sp. 5 kleine pentagonale 
Basalia, 5 unregelmässige Parabasalia, 5 grosse Radialia, denen noch 
2 Kreise folgen, dann die Axillaria, die Arme nur einmal getheilt, 
sehr ähnlich Austins P. longidactylus und abbreviatus. Hydriocrinus 
pusillus n. gen. spec. Säule fünfkantig und glatt, mit fünfeckigem 
Kanal, Kelch gleicht einer Urne, 5 pentagonale Basalia, 3 sechseckige 
und 2 siebeneckige Parabasalia, 5 pentagonale Radialia, 5 unregel- 
mässig fünfeckige zweite Radialia oder vielmehr Axillaria mit je 2 
Armen, steht Poteriocrinus nah. Cromyocrinus simplex n. gen. spec. 
Säule rund mit grossem runden Kanal und mit Cirren, Kelch kugelig» 
oft asymmetrisch, 5 pentagonale Basalia, 5 viel grössere Parabasalia, 
5 pentagonale Radialia mit je einem Arme, steht neben Cyathocrinus 
und würde von Fischer in der Oryktographie als Cupressocrinus 
nuciformis abgebildet. Cromyocrinus geminatus n. sp. Stiel dünn 
und rund, Kelch unten flach, 5 pentagonale Basalia, 5 viel grössere 
Parabasalia, 5 pentagonale Radialia, 5 Axillaria mit je2 Armen. Stem- 
matocrinus cernuus n. gen. spec. Säule rund, 1 pentagonales Basale 
ohne Theilung, 5 gewölbte pentagonale Parabasalia, 5 pentagonale Ra- 
dialia, 5 solche Axillaria mit je 2 zweireihigen Armen, denen von 
Enkrinus des Muschelkalkes gleich. Forbesiocrinus incurvus n. Sp. 
5 ungleiche Basalia, darauf 2 Kreise Radialia mit je einem Interra- 
diale (5 Interradialia), 5 Axillaria und 10 Interaäillaria mit je 2 aber- 
mals sich theilenden Armen. Ausserdem beschreibt Verf. noch Pro- 
ductus riparius, lobatus, Streptorhynchus venustus, Capulus parasiti- 
cus, Cerithium ignoratum, Cyrtoceras defiexum, Orthoceras decrescens 
alle neu, und noch einige bekannte, endlich federbuschähnliche Linien 
als Sanguinaria calcicola, die Fischer als Umbellaria longimana abbil- 
det, eine Deutung kann Verf. ebenfalls nicht geben und da erscheint 
denn doch ein neuer Name völlig überflüssig. — (Bull. nat. Moscou 
1867. II. 1-48. 5 Tff.) 

Al. Brandt, über aufrecht stehende Mammutleichen. 
— Verf. knüpft an eine Mittheilung in v. Middendorffs Reisewerk 
an, welche eine aufrecht stehende Mammutleiche schildert aber nach 
einem im Jahre 1862 erschienenen populären Kosmos von Körber. 
Dieser stützt sich auf einen Brief des Flotteningenieurs Benkendorff, 
der die aufrechte Leiche am Indigirka gefunden, deren Mageninhalt 
untersuchte, welche dann aber vom Strome fortgerissen worden. Die 
ganze Erzählung nun ist reine Lüge und Benkendorff selbst blosse 


409 


Erfindung. v. Middendorff leugnet die aufrechten Mamutleichen nur 
für den Norden Sibiriens und v. Baer bezweifelt dieselbe überhaupt. 
Aufrechte Mamute deuten unzweifelhaft darauf hin, dass dieselben an 
Ort und Stelle gelebt haben, aber nicht alle vollständigen Exemplare 
wurden seither aufrecht gefunden, sondern auch liegende. 1. Capi- 
tän Ssarytschew hörte 1793 in NOSibirien, dass bei Alasfeisk am Ala- 
seja eine aufrechte Mamutleiche mit Haut und Haaren sich befände, 
konnte dieselbe aber nicht besichtigen. 2. Nach Pander stand ein vor 
40 Jahren unweit Petersburg gefundenes Mamutskelet aufrecht. 
3. v. Schrenk, v. Baer und v. Ruprecht erzählen von einem senkrecht 
stehenden Mamut auf der obischen Halbinsel. 4. Im Gvt. Moskau 
wurde in den vierziger Jahren ein Skelet in aufrechter Stellung in 
einem Flusssediment gefunden. Nach Worosheikin werden in Sibirien 
die Mamutleichen stets in aufrechter Stellung gefunden. Das sind 
alle wirklichen Nachrichten und Angaben von aufrechten Mamutlei- 
chen. v. Baer bezweifelt dieselben, weil er die Elephanten für zu 
klug und vorsichtig hält als dass sie unsichern Boden betreten. In- 
dess versinken doch auch jetzt noch einzelne Elephanten in Afrika 
und beiden alten Indern waren versinkende Elephanten sprichwörtlich. 
Ausser den Sümpfen gaben in Sibirien die Flussufer Gelegenheit zum 
Versinken. Die Flüsse werfen grosse Mengen Schlamm aus und die 
zur Tränke ziehenden Mamute konnten recht wohl in demselben ver- 
sinken, zumal im Herbste wo die Kruste gefroren war. — (Bullet. 
natur. Moscou 1867. 11, 241-256.) 

J. Barrande, Wiedererscheinung der Gattung Are- 
thusina. — Das gar nicht seltene Wiedererscheinen typischer Gat- 
tungen nach Unterbrechung ist schwierig zu erklären und noch nicht 
aufzuklären versucht; auch sind die bezüglichen Thatsachen seither noch 
nicht genügend studirt. Als solche beispielt Verf. nun Arethusina, 
ihre Unterbrechung umfasst die Dauer mehrer verschiedener Faunen. 
Sandberger entdeckte die Arethusina im Cypridinenschiefer bei Hagen 
und zwarin einer der böhmischen Areth. Konincki sehr ähnlichen doch 
nicht identischen Art, welche B. beschreibt als A. Sandbergeri und 
mit jener eingehend vergleicht. Die böhmische Art tritt als Vorläu- 
fer der Barrandeschen dritten Fauna auf in der Colonie Zippe, welche 
unter der Bruskastrasse bei Prag liegt und d‘ der Quarzitetage an- 
gehört. Nach’ vollständigem Untergange der zweiten Fauna ist sie 
die erste häufige Trilobitenart, geht von e! nach e?, wo sie das Ma- 
ximum ihrer Entwicklung erreicht, verschwindet dann schnell und 
zeigt sich nie in der mittlen Kalketage F. Ihre Existenz reicht also 
von den zwei letzten Phasen der zweiten Fauna in die erste Phase 
der dritten Fauna. Ihre Individuenzahl ist überall in der untern 
Kalketage E sehr gross, Verf. sammelte über 6000 Stück, um die vie- 
len Metamorphosen festzustellen. Eine zweite Art A, nitida spielt in 
derselben Fauna eine untergeordnete Rolle Die westphälische Art 
liegt im Cypridinenschiefer, der Myriaden des Tentaculites striatus 
führt, also oberdevonisch, Dieselbe ist von dem böhmischen Lager 

Bd. XXXI, 1868, 28 


410 


getrennt durch FGH, also wenigstens der Hälfte der senkrechten Höhe, 
welche der dritten Fauna entspricht, dazu noch die ganze Höhe des 
untern und mittlen Devons. Das entspricht einem unermesslichen 
Zeitraume. Wäre die devonische Form durch Umwandlungen aus der 
silurischen hervorgegangen: so müsste man Vertreter der Gattungen 
in jenem grossen Zeitraume finden. Ein ähnliches Auftreten liefert 
Phillipsia, welche als Ph. parabola in der Schieferschicht d? der Quar- 
zitetage D auftritt also in der letzten Phase der zweiten Fauna. Sie 
verschwindet und kömmt erst im Eifeler Kalk wieder vor also in der 
zweiten devonischen Fauna. Auch Bactrites erscheint zweimal, in dem 
Untersilurium Böhmens, in der ersten und letzten Phase der zweiten 
Fauna in d!—d°, B. gracilis aber in den Wissenbacher Schiefern, also 
unterdevonisch, keine einzige Art im Obersilurium. Verf. gibt nun 
eine Tabelle von merkwürdigen Wiedererscheinungen der Gattungen 
im böhmischen Silurbecken ohne Rücksicht auf die Colonien, von 7 
Trilobiten und 4 Cephalopoden. Die meisten erscheinen zum zweiten 
Male mit andern Arten, nur einige mit derselben Species. Die Aus- 
setzungen fanden fast ausschliesslich in dem Zeitraume statt, den man 
am wenigsten erwartet, in der Quarzitetage D, deren Fauna durch 
Ueberwiegen der Trilobiten charakterisirt ist, um so auffälliger das 
Verschwinden früher Typen. Die Aussetzung der Cephalopoden fällt 
auf die dritte Fauna, wo die Mollusken überwiegen, Die Dauer der 
Aussetzung beträgt in der zweiten Fauna die Bande d2%# also 1500— 
2000 Meter Mächtigkeit, in der dritten Fauna f!?g'2 im Mittel 400 
Meter. Hinsichtlich der aussetzenden Species führt B. 4 Trilobiten 
und den Bactrites auf, welche in d! auftreten, dann verschwinden und 
in d® wiedererscheinen und solche Fälle kennt Verf. noch mehre. Er 
beleuchtet nun noch den Einfluss der Beschaffenheit der Gebirgsabla- 
gerungen durch die Wiedererscheinung derselben Species in dersel- 
ben Gegend, wegen deren wir auf das Original verweisen. — (Neues 
Jahrb. f. Mineral. S. 257—281. Tfl. 1.) 

Botanik. F. W. Klatt, über die Gattung Euparaea 
Klatt. — In J.Gärtners de fructibus et seminibus plantarum I tb.50. 
Fig. 5 ist eine Kapsel mit Kelch und Samen unter jenem Namen ab- 
gebildet und zwar als Eu. amoena Sol. aus Neuholland und in Banks 
Herbarium. Römer und Schultes sowie Jussieu wiederholen Gärtners 
Angaben. Der Kelch ist pentaphyllus, die Korolla penta-s-dodeca- 
petala, die Frucht bacca exsucca polysperma. Nach Duby ist der 
Kelch fünftheilig, die Krone kurzröhrig mit zehntheiligem Saume, 
die Kapsel soll nicht aufspringen. Verf. untersuchte die Exemplare 
im britischen Museum und fand 5 durchaus ungetheilte Kronenblätter, 
die 5 Staubfäden so breit und fast so lang wie die Kronenblätter, 
mit denselben und unter sich verbunden, in ihren breiten Theilen 
sehr dürftig und drüsig behaart, die Kapsel wie bei Anagallis, ja die 
Euparaea amoena ist in der That eine ächte Anagallis und zwar A. 
tenella Lin in der Form filiformis Sellow. Es ist die Hookersche N 


alternifolia Cav var. densiflora und Pöppigs Lysimachia pumila aus 


411 


Chili, welche Anderson auch in Chiloe sammelte und d’Urville auf den 
Maluinen, Schimper in Abessynien (A. serpens Hochst.) Hutton führt 
sie von Grahamstown als A, Huttoni in Thesaurus capensis auf. A. 
tenella L., crassifolia Thore und alternifolia Cav zeichnen sich durch 
ihre breiten, verwachsenen Staubgefässe aus und wurden von Schmidt 
in der Gattung lIriaseckia vereinigt. — (Garkes Linnaea I. 395—396.) 


S. Kareltschikoff, Verzeichniss der Pflanzen mit 
Spaltöffnungen auf beiden Blattflächen. — Die Arten mit * 
haben die Spaltöffnungen auf der Oberseite nur neben den Nerven, 
die mit ! sehr viele auf der obern und nur ganz wenige auf der un- 


tern Seite. 
Anemone nemorosa 


Delphinium consolida 
Stellaria crassifolia 
uliginosa 
Linum catharticum 
Euphorbia virgata 
Cochlearia officinalis 
Nesslia paniculata 
Medicago sativa 
Lupinus luteus 
Lathyrus pisiformis 
Prunus mahaleb * 
Potentilla anserina * 
tormentilla 
argentea * 
Pimpinella anisum 
Charophyllum bulbo- 
sum 
Archangelica officinalis 
Thysselinum palustre 
Pastinaca sativa 
Cnidium venosum 
Cirsium palustre 
Hieracium Nestleri 
Sonchus asper * 
Gnaphalium silvaticum 
uliginosum 
Chrysanthemum inodo- 
rum 
Galium aparine 
Campanula rotundifolia 
rapunculoides 
trachelium 
Lysimachia vulgaris* 
Erythraea centaureum 
Veronica arvensis 


* 


Veronica beccabunga 
longifolia 

Stachys palustris * 

Glechoma hederacea * 

Origanum majorana 

Lithospermum arven- 
se * 

Lycopsis arvensis 

Rumex domesticus 
hydrolapathum 

Polygonum persicaria 
minus 

Avena sativa 

Secale cereale 

Hordeum vulgare 

Triticum vulgare 
caninum! 

Elymus mollis! 
arenarius! 
canadensis! 

Festuca gigantea 
elatior 
ovina! 
arundinacea 

Cynosurus cristatus 

Poa annua 
nemoralis! 
compressa! 

Millium effusum! 

Zea mais 

Melica nutans! 
uniflora 
albissima 

Briza, maxima 
media 

Hierochloa odorata 


(Bullet, nat, Moscou 1867. Il. 285—287.) 


Digitaria sanguinalis 
Setaria viridis 
italica 
Panicum milliaceum 
crusgalli 
Bromus mollis 
pratensis 
Schraderi 
arvensis 
Phragmites communis 
Phalaris canariensis 
arundinacea 
Molinia coerulea 
Calamogrostis epigeior 
lanceolata! 
silvatica! 
Aira caespitosa! 
flexuosa! 
Holcus lanatus 
Nardus stricta! 
Stipa pennata! 
Lolium perenne 
Alopecurus fulvus 
pratensis 
geniculatus 
Glyceria spectabilis 
Carex vesicaria! 
ampullacea! 
Triglochin palustre 
Scheuchzeria palustre 
Iris pseudacorus 


Acorus calamus 
Buttomus umbellatus 
Epipactis rubiginosa 
Convallaria majalis 
Allium oleraceum 
Alisma plantago. 


28* 


412 


W. Dönitz, Bewegungserscheinungen an den Plas- 
modien von Aethalium septicum. — Verf. liess auf einem Ob- 
jecetträger im Dunkeln von diesem Myxomyceten die Plasmodien trei- 
ben und erhielt Stränge von 0,010—0,013 Mill. Dicke, die sich in 
vollkommener Ruhe befanden und sah die Strömung dadurch eingelei- 
tet, dass von einem Punkte aus die Körner und Bläschen führende 
Masse sich nach beiden Enden des Fadens hin begab. Zugleich 
wurde diese Stelle des Fadens dünner und dünner bis endlich nach 
Vertreibung der körnigen Masse nichts als ein durchaus hyaliner Fa- 
den übrig blieb; der Inhalt war nach beiden Enden hingewandert und 
theilweise in andere stärkere Fäden eingetreten. Allmählig kehrte 
diese Masse wieder zurück, füllte den Faden von Neuem, es trat ein 
Zustand der Ruhe ein, der bald wieder mit Störung abwechselte. An 
der Bewegung sind zwei scharf geschiedene Substanzen betheiligt, 
eine hyaline Rindenschicht und eine Körnchen und Bläschen führende 
Inhaltsmasse. Dass erstre keineswegs eine feste Grenzschicht derje- 
nigen Masse ist, in welche die Körnchen und Bläschen eingebettet 
sind, lehrt der Umstand, dass die strömende Inhaltsmasse frei an der 

 Rindenschicht entlang fliesst. In welcher von beiden Schichten liegt 
nun die Ursache der Bewegung? Die Inhaltsmasse, jetzt als Proto- 
plasma betrachtet besteht aus einer hyalinen Grundsubstanz, in welche 
Körnchen und Bläschen eingebettet sind. Dass von letzteren die Be- 
wegung nicht ausgeht, bedarf keines Nachweises, denn dieselben kön- 
nen höchstens Molekularbewegung ausführen, die hier übrigens nicht 
vorkommt. Wohl aber könnte die Bewegung durch eine an der 
hyalinen Grundsubstanz haftende Contraktilität bedingt werden. Das 
ist aber nicht der Fall. Diese hyaline Grundsubstanz steht nämlich 
nicht in ihrem Aggregatzustande in der Mitte zwischen dem festen 
und flüssigen, sondern sie ist geradezu eine leicht tropfbare Flüssig- 
keit. Nicht selten sieht man, dass ein grösseres Bläschen das Lumen 
des dünnen Rohres plötzlich verstopft, so dass der Strom augenblick- 
lich stockt, nur einzelne Körnchen drängen sich an dem Bläschen vor- 
bei, bis endlich das Hinderniss überwunden und die gesammte Masse 
wieder weiter strömen kann. In andern Fällen werden etwas stär- 
kere Plasmodien durch eine Anhäufung mehrer Bläschen verstopft, 
ohne die Störung zu unterbrechen. Die Körnchen drängen sich dann 
durch die kugelrunden Bläschen hindurch bisweilen mit reissender 
Schnelligkeit. Das ist nur möglich, wenn die Köner nnd Bläschen in 
einer Masse von tropfbar flüssigem Aggregatzustande suspendirt sind. 
Einer Flüssigkeit aber kann man keine Contraktilität zuschreiben. 
Aber es könnte sich doch die angeblich contraktile Grundsubstanz 
von den fremden Körpern, den Bläschen zurückziehen und dieselben 
bei der Rückkehr nach dem Umkehren der Strömung wieder in sich 
aufnehmen. Dem widerspricht aber, dass niemals Bläschen allein vor- 
kommen, sondern stets auch Körnchen, :also tropfbar flüssige Substanz, 
in welcher dieselben suspendirt sind. Es widerspricht auch noch eine 
zweite Erscheinung. An nicht zu feinen Plasmodien ‘sieht man oft, 


413 


dass die peripherischen der Rindenschicht zunächst gelegenen Partien 
der Inhaltsmasse anfangen langsamer zu strömen. Zunächst gewöhn- 
lich‘die Bläschen, welche wahrscheinlich durch Adhäsion an der Rin- 
denschicht festgehalten werden, wie es auch in capillaren Blutgefäs- 
sen vorkömmt. Oft hört dann der Strom in den peripherischen 
Schichten vollständig auf, während er im Centrum ungehindert fort- 
dauert. Zuweilen gränzt sich die fliessende Schicht von der ruhenden 
scharf ab; zuweilen dagegen finden sich von der Achse nach der Pe- 
ripherie alle Uebergänge von der heftigsten Strömung bis zur voll- 
kommenen Ruhe. Beide Zustände sieht man oft den einen aus dem 
andern hervorgehen. Derartige Erscheinungen können nur auf ein 
wirkliches Fliessen des Inhaltes in den Röhren bezogen werden, die 
Contraktionsbewegung aber ist kein wirkliches Fliessen. Es bleibt 
also nur übrig einzuräumen, dass die hyaline Grundsubstanz: eine 
wasserhaltige Flüssigkeit ist. Damit ist wohl unwiderleglich bewie- 
sen, dass von der Inhaltsmasse die strömende Bewegung in den Plas- 
modien nicht eingeleitet werden kann und es bleibt nur noch der 
Ausweg, die Ursache der Bewegung in der hyalinen Rindenschicht 
zu suchen. Der Contraktilität dieser widerspricht keineswegs die Be- 
obachtung, dass nach dem Eintritt der Störung im ruhenden Proto- 
plasma öfter auch diejenigen Theile des Fadens mit in die Bewegung 
hineingerissen werden, welche nach rückwärts von der Strömungs- 
richtung liegen. Sobald nämlich die Rindenschicht contraktil ist, wird 
die Inhaltsmasse nach der Seite ausweichen, wo sie den geringsten 
Widerstand erfährt. Sind die Widerstände auf beiden Seiten gleich, 
so muss der Inhalt nach beiden Seiten strömen. Nun beschränkt sich 
aber die Contiraktion der Rindenschicht nicht auf eine abgegränzte 
Stelle, sondern greift um sich. Schreitet sie nach der Richtung vor, 
welche der des fliessenden Stromes entgegengesetzt ist: so müssen 
die betroffenen nach rückwärts von der Stromrichtung gelegenen In- 
haltsmassen ausweichen und zwar nach der Richtung des geringsten 
Widerstandes. Dieser wird gewöhnlich in der Richtung des Stromes 
geringer sein als rückwärts davon. Man wird hiergegen nicht erwi- 
dern, dass die zuerst in Contraktion gerathene Stelle sich der Passage 
der von rückwärts her kommenden Massen widersetzen würde. Für 
die contraktile Eigenschaft der Rindenschicht spricht aber ganz be- 
sonders, dass sie gerade da, wo die Plasmodien durch Abfliessen des 
Inhaltes sich verdünnen, an Dicke zunimmt und umgekehrt, dass sie 
selbst an den dünnsten Plasmodien eine sehr bedeutende Consistenz 
hat. Diese Betrachtung unterstützt die Ansicht von der thierischen 


Natur der Myxomyceten. — (Berliner Monatsberichte 1867.- Juli 
Ss. 500-504.) 
A. Braun, über die Characeen Afrikas. — Der Nor- 


den Afrikas lieferte seither die meisten Arten überhaupt, der Sü- 
den die meisten eigenthümlichen, aus dem mittlen Afrika ist erst 
wenig bekannt. Aus Algerien 24 Arten, davon 3 auch in Marocco, 
von wo eigene Arten nicht bekannt sind, bei Tunis 5, wovon nur 1 


414 


in Algerien fehlt, in Aegypten ist zwar viel gesammelt aber doch nur 
10 Arten gefunden, wovon 5 auch weiter in NAfrika verbreitet sind; 
in Senegambien nur 2 europäische Arten, in Guinea 1, in Angola 5, 
wovon 3 neu, in Kordofan und Dongola 1, in Abyssinien 5, in Mos- 
sambique 1, also überhaupt in WAfrika 6 Arten, im Capland 15, wo- 
von 6 nicht im übrigen Afrika, Madeira und die Canarien haben je 1 
Art geliefert, die Azoren und Capverden noch keine, Bourbon und 
Mauritius 3 eigenthümliche, Madagaskar 2. Ganz Afrika zählt nun- 
mehr 45, also fast soviel wie Europa, davon 26 mit diesem Welttheil 
gemeinsame und unter diesen sind mehre wahre Kosmopoliten (Nitella 
hyalina, Chara foetida, contraria, fragilis), andre fehlen nur in Austra- 
lien (Nitella capitata, opaca, mucronata, gracilis, tenuissima, Chara 
coronata, aspera), noch andere blos über die alte Welt verbreitet 
(Tolypella glomerata, Chara erinita, gymnophylla), dann mittelmee- 
rische: N. translucens, brachyteles, virgata, Lychnothamnus alopecu- 
roides, Ch. imperfecta, galiodes, connivens. Nur 1 Art Ch. brachypus 
mit SAsien gemein. So bleiben nur 18 Afrika eigenthümlich. NAfrika 
ohne Aegypten hat 12 nicht eigenthümliche, Aegypten ebenfalls nicht 
eigenthümliche 7, auch die 8 westafrikanischen und 5 ostafrikanischen 
sind nicht eigenthümlich, nur SAfrika mit 9 Arten ist specifisch afri- 
kanisch. Verf. stellt nun diese Verhältnisse in 2 Tabellen übersicht- 
lich zusammen. Die Familie ist trotz ihrer universellen Verbreitung 
doch morphologisch streng umgränzt, daher die leichte Erkennbarkeit 
aller Hauptformen, die selbst aber sehr wandelbar sind, entfernt ste- 
hende Formen oft täuschend ähnlich, sehr nah verwandte sehr unähn- 
lich, daher gründliche Untersuchung nöthig zur Feststellung der si- 
chern Merkmale. Verf. unterscheidet Haupt- und Unterarten. Letzte 
stehen sich näher als erste und ist oft schwierig die Gränzen festzu- 
stellen. Die Uebersicht giebt folgende Gliederung. 1. Nitella: co- 
ronula sporangii e cellularum vertieillis pentameris binis superpositis 
constructa parva decidua; caulis et folia semper ecorticata; corona 
stipularis nulla. Subgenus Eunitella: antheridia in foliorum radio 
primario nec non in radiis secundariis terminalia, radiis ultimis ste- 
rilibus plerumque superata, sporangia ad divisuras foliorum lateralia; 
folia semel vel pluries radiatim divisa, radiis lateralibus radium cen- 
tralem subaequantibus. A. Monarthrodactylae: segmenta foliorum ul- 
tima unicellularia. a. simpliciter furcatae (folia rarius, radiis latera- 
libus deficientibus indivisa). «. homoeophyllae: folia verticilli inter se 
aequalia vel subaequalia * dioecae: N. monodactyla (N. cernua, N. 
syncarpa. ** monoecae: N. flexilis mit Subspec. acuminata und prae- 
longa. £. heterophyllae: folia minora simplieissima furcatis interjecta 
nur N.clavata. — b. repetito furcatae alle homöophyllisch. * dioecae: 
N. tricuspis, * * monoecae mit N. Stuarti. — B. Diarthrodactylae 
* segmenta foliorum ultima bicellularia; simpliciter furcatae a repetito 
furcatis in hac sectione stricte separari non possunt. «. homoephylla. 
* dioecae: N, gloeostachys, Gunii, dispersa. ** monoecae: N. mucro- 
nata und polyglochin. £. heterophyllae: verticillus e foliis majoribus 


415 


repetito furcatis interjectis minoribus minus compositae. * dioecae: 
N. conglobata und congesta. ** monoecae nur N. hyalina. — C. Po- 
lyarthrodactylae: segmenta foliorum ultima trisexcellularia, rarius sim- 
plieiter, saepius repetito furcatae, omnes hucusque cognitae homoeo- 
phyllae. * dioecae: N. diffusa, plumosa, N. myriotricha, cristata und 
gelatinosa. **monoecae: N. Hookeri, Zeyheri, Lechleri, ornithopoda, 
capillata, leptostachys. — Subgenus Tolypella: antheridia ad folio- 
rum divisuras lateralia, solitaria, sporangiis circumdata; foliorum ra- 
dii secundarii primarium non aequantes simplices vel iterum divisi, 
segmenta ultima semper pluricellularia, omnes subhomoeophyllae mon- 
oecae: T. nitida. — 2. Chara: coronula sporangii e cellularum ver- 
ticillo pentamero unico, plerumgue majuscula et persistens; foliorum 
radius primarius elongatus articulatus, ad genicula radiis secundariis 
semper unicellularibus, verticillatis vel unilateralibus instructus; cau- 
lis et folia saepe corticata; corona stipularis ad basin verticilli plus 
minus evoluta, rarissime deficiens. Subgenus Lychnothamnus: 
antheridia et sporangia intra foliolorum verticillum, juxtaposita aut 
rarius sejuncta; coronula cum apice sporangii denique operculatum 
secedens; caulis ecorticatus vel hapostiche et dissolute corticatus; 
folia semper ecorticatae; foliola in omnibus geniculis evoluta verticil- 
lata; corona stipularis simplex valde evoluta, accedente nonumquam 
altera in traverticillari, omnes monoeci. a. ecorticati simulque uni- 
stipulati, foliolis stipularibus ad basin exteriorem foliorum singulis. 
«. sejuncti: antheridiis ad foliorum genicula solitariis, sporangiis in 
findo vertieillaris, rarius in geniculus foliorum, nur L. macropogon. 
ß. eonjuncti: antheridiis solitariis sporangio deflexo oblique superpo- 
sitis, wohin L. alopecoroides. — b. subcorticati simulque bipustulati, 
foliolis stipularibus ad basin foliorum binis; fructificatio conjuncta, an- 
theridiis utrinque sporangio juxtapositis, wohin L. barbatus. — Sub- 
genus Euchora: antheridia in latere anteriore folii, folioli locum 
occupantia plerumgue solitaria; sporangia antheridio superposita vel 
in axilla folioli s. bracteae; caulis et folia ecorticata vel vario modo 
corticata. A. Astephanae: corona stipularis nulla; species unica om- 
nino ecorticata dioeca, Ch. stelligera. — B. Haplostephanae: corona 
stipularis e simplici serie cellularum. a. unistipulatae: cellula stipu- 
laris ad basin singuli folii unica. «. ecorticatae. *dioecae: Ch. austra- 
lis und Wallichi. **monoecae: Ch. corallina und coronata. £. corti- 
catae: caulis varie corticatus, folia ecorticata, ««. haplostichae: series 
cellularum corticis numerum foliorum aequantes. monoeca: Ch. myrio- 
phylla. ##. aiplostichae: series cellularum corticis dupliei foliorum 
numero, *dioecae: Ch. mollusca. **monoecae: Ch. Benthami. yy. tri- 
plostichae: series cellulorum corticis triplici foliorum numero, mo- 
noecae: Ch. scoparia. — b. bipustulatae: cellulae stipulares ad basim 
singuli folii binae, caulis in omnibus diplostiche corticatus, folia aut 
ecorticata aut media parte plus minus corticata. *dioecae: Ch. Hor- 
nemanni, leptopitys, dichopitys. **monoecae nur Ch. hydropitys. — 
C. Diplostephanae: corona stipularis e duplici cellularum serie, cau- 


416 


lis in omfibus, folia in plerisque corticata. &. imperfectae s. primor- 
diales: cortex caulis e cellulis homogeneis haplostichus, seriebus dis- 
junctis; folia quoque haplostiche et disjuncte cortieata, monoecae: Ch. 
imperfecta. b. perfectae: cortex caulis e cellulis heterogeneis, ordine 
et forma diversis, serierum primariarum alternatim elongatis et ab- 
breviatis, his saepe papillis vel aculeolis onustis. «. haplostichae: 
series primariae solae evolutae, contiguae, folia quoque haplostiche 
corticata, species unica dioeca: Ch. crinita. #. diplostichae: series 
contiguae rarius secundariis depauperatis dissolutae, folia diplostiche 
corticata, rarius ecorticata. * dioecae: Ch. ceratophylla und Kirghiso- 
rum. *monoecae: Ch. contraria und foetida. y. triplostichae: cortex 
semper continuus, folia semper corticata. ««. phloeopodes: folia inde 
a basi corticata, diplostiche corticata. *dioecae: Ch. aspera, Ch. ga- 
lioides. * monoecae: Ch. tenuispina, fragilis, brachyurus. ff. gymno- 
podes: foliorum articulus primus ecorticatus, sequentes triplostiche 
corticati. «&. dioecae. Ch. martiana. **monoecae: Ch. sejuncta und 
gymnopus. Verf. beschreibt hierauf nun die sämmtlichen afrikanischen 
Arten, wegen deren wir auf das Original verweisen. — (Berliner Mo- 
natsberichte 1867. Decbr. 782—800. 873— 944.) 

E. Loew, zur Physiologie niederer Pilze. — 1. Wachs- 
thumsgeschwindigkeit der Pilzfäden. Nach Darlegung der Beobach- 
tungsmethode giebt Verf. die Beobachtungstabellen über das Wachs- 
thum der Myceliumfäden und des Conidienträgers. Das Fadenende 
von Penicillium wächst in einer Minute bei 14,40 Temperatur 0,00036 
Mill, in einem Tage 0,518, in 3 Tagen 1,554 Mill., auf Citronensaft 
in 1 Minute 0,0002 Miil., in 1 Tage 0,288, in 3 Tagen 0,1864 Mill. 
Kurze Zeit nach der Keimung ist das Wachsthum am langsamsten, 
später schneller. — 2. Direkte Aufnahme organischer Nährstoffe. Die 
seitherigen Beobachtungen über diese Aufnahme bei Penicillium wi- 
dersprechen einander sehr. Verf. erhielt bei den Versuchen auf Lö- 
sungen anorganischer Stoffe stets negative Resultate, dagegen stets 
Entwicklung auf Lösungen, die Aschenbestandtheile und stickstoff- 
freie Substanz enthielten und die erzielten Conidien der Culturschim- 
melpflanzen waren keimfähig. Penieillium crustaceum entwickelt sich 
auf Pflanzensäften, Bier, Brod üppig, auf Harn spärlich, auf Milch, 
Speichel, Fäces normal, P. cladosporioides auf Zuckerlösung, Brod 
und Fäces normal, auf Pflanzensäften üppig, auf Milch spärlich, Tri- 
chothecium roseum auf Brod üppig, auf Harn nur anfangend, auf Milch 
spärlich, Mucor mucedo auf Zuckerlösung und Milch normal, auf Brod 
“und Fäces üppig, auf Harn spärlich, Mucor stolonifer auf Pflanzen- 
säften und Brod üppig, auf Harn und Zuckerlösung spärlich. Der 
Fettgehalt in den Zellen scheint direkt aufgenommen zu sein. — 
3. Die Unentbehrlichkeit des Sauerstoffs für die Keimung der Pilz- 
sporen. In Kohlensäure keimte keine einzige Spore von Penicillium, 
dann in Atmosphäre gesetzt schon nach wenigen Stunden und an den 
Myceliumfäden entstanden nach zwei Tagen normale Conidienträger. 
— 4. Unabhängigkeit der Schimmelspitze vom Licht, Schon der 


417 


Mangel an Chlorophyll lässt das Licht überflüssig erscheinen. Die 
Conidienbildung einiger Hyphomyceten findet am Tage und in der 
Nacht statt, ebenso auch im völligen Dunkel wie gleichzeitig ange- 
stellte Versuche mit Penicillium ergaben, auch die mit Mucor stolo- 
nifer. — (Wiener Zool. botan. Abhandlgen XVlI. 643-656.) 

Zoologie. W. Peters, die zuMimon undSaccopteryx 
gehörigenFlederthiere. — 1.Mimon stellte Gray 1847 für Phyl- 
lostoma Bennetti und Ph. megalotis diese früher als Micromycteris 
aufgeführt jedoch identisch mit Ph. elongatum und zur Gervaisschen 
Gattung Schizostoma gehörig auf. Erstre wurden von Tomes ebenfalls 
mit letzter vereinigt und konnte P. zwei neue Exemplare aus Suri- 
nam untersuchen, beide haben nur 5 Backzähne in jeder Reihe und 
hat also die Gattung die Schneidezahnzahl von Lophostoma und Chro- 
topterus, die Backzahnformel von Phyllostoma s. str. und die Lip- 
penbildung von Schizostoma — 2. Von Saccopteryx beschrieb die 
erste Art Schreber 1774 nach einem Exemplar aus Surinam als Ves- 
pertilio lepturus und aus ihr bildete Illiger die eigene Gattung, wäh- 
rend Geoffroy und Temminck sie unter Taphozous aufführen. Erst 
1845 wies Gray nach brasilischen Exemplaren die Verwandtschaft mit 
Emballonura nach und Krauss untersuchte sie weiter. Eine ähnliche 
Flughautbildung wurde bei Vesp. caninus Wied gefunden. Verf. 
untersuchte neues Material und gruppirt die Arten nach dem äussern 
Bau, der Bildung der Schnauze, der Ohrmuschel, der Ohrklappe, der 
An- und Abwesenheit einer Flügeltasche und deren verschiedener 
Lage, der Ausdehnung der Flughäute, nach Gebiss und innerem Bau 
in folgender Weise: 

1. Saceopterus lllig (Taphozous Geoffr, Urocryptus Tem): 
Ohrmuschel nach dem Ende hin verschmälert, am äussern Rande 
ziemlich tief eingebuchtet; Ohrklappe doppelt so hoch wie breit am 
Ende gerade abgestutzt, fast überall gleich breit, am obern und hin- 
tern Rande mit feinen abgerundeten Zacken; Nasenlöcher sichelför- 
mig, ihre äussere Grube kreisrund; Flughaut bis zum Ende der Ti- 
bia oder zur Basis der Fusswurzel herabgehend; eine nach oben und 
innen mündende Flügeltasche in der Schulterflughaut neben dem Vor- 
derarm; Zwischenkiefer an der Basis verbreitert ohne innern Querfort- 
satz, Antlitztheil des Schädels abgelattet, vordrer Orbitalrand hinter 
dem zweiten Lückzahn liegend, obere Schneidezähne 1—1. Hierher 
S. leptura Surinam. S. bilineata (Urocryptus bilineatus Tem.? Em- 
ballonura canina Gerv) ebda. 

2. Peropteryx: Ohren dreieckig abgerundet, genähert oder 
durch Hanutfalte verbunden ; Ohrklappe doppelt so hoch wie breit, an 
der Spitze abgerundet, an der Basis des Hinterrandes mit stumpfem 
Vorsprunge; Nasenlöcher sichelförmig, ihre äussere Grube rund oder 
queroval; Flughäute bis zum Ende der Tibia oder an den Tarsus her- 
abgehend; Flügeltasche am Rande der Schulter der Flughaut nach 
oben und aussen mündend; Zwischenkiefer an der Basis mit innerm 
Querfortsätz,; Gesichtstheil des Schädels zwischen den Schläfengru- 


418 


ben vertieft, jederseits oben vor der Orbita gewölbt, vorderer Or- 
bitalrand in gleicher Verticallinie mit der Mitte des 2. Lückzahnes, 
obere Schneidezähne 1—1. Hierher: P. canina (Vesp. caninus Wied, 
Emballonura macrotis Wied, E.brunnea Gerv) Brasilien, Guiana, Ve 
nezuela, Guatimala. P. villosa (Proboscidea villosa Gerv) aus Bra- 
silien scheint hierher zu gehören. P. Kappleri n. sp. Surinam. P. 
leucoptera n. sp. Surinam. 

3. Conura: Ohrklappe am Ende gerade abgestutzt, ganzran- 
dig, an der Basis des Aussenrandes mit stumpfen Zacken; Flughaut 
über die Mitte des Metatarsus fast bis zur Zehenbasis hinabgehend , 
Gesichtstheil des Schädels nicht vertieft, allmählig nach vorn abstei- 
gend. Hierher C. brevirostris (Emball. brevirostris Wagn) Brasilien. 

4. Balantiopteryx wie Peropteryx, aber die Tasche auf der 
Mitte der Schulterflughaut und nach innen und oben mündend, Ge- 
sichtstheil des Schädels vor und über der Orbita jederseits blasen- 
förmig aufgetrieben, Vorderrand der Orbita in gleicher Vertikallinie 
mit der Mitte des 2. Lückzaknes, obre Schneidezähne 1—1. Hierher 
nur B. plicata n. sp. Costa Rica. 

5. Rhynchomycteris (Proboscidea Spix): Ohren spitz, sehr 
verschmälert, aussen tief eingebuchtet, mit rundlichem abgesetzten An- 
titragus; Ohrklappe ein wenig nach vorn gekrümmt, nach der abge- 
rundeten Spitze hin verschmälert, am Vorderrande schwach concav, 
am Hinterrande convex und an dessen Basis mit einem schwachen 
stumpfen Vorsprung; Schnauze sehr spitz vorspringend, Nasenlöcher 
sichelföormig, Grube rund und quer oval; Flughäute bis zum Ende 
der Tibia angeheftet; Sporen merklich länger als Unterschenkel; keine 
Flügeltasche; Zwischenkiefer gegen die Basis sehr verbreitert, Ge- 
sichtstheil des Schädels allmählig absteigend, längs der Mitte vertieft, 
vorderer Orbitalrand in gleicher Vertikallinie mit dem ersten kleinen 
Lückzahn, obre Schneidezähne 1—1. Art Rh. naso (Vesp. naso Wied, 
Proboscidea saxatilis und rivalis Spix, Emball. lineata Tem) Brasilien, 
Surinam, Guiana. 

6. Centromycteris Gray von vorigen verschieden durch die 
bis zu den Zehen herabgehende Flughaut, vielleicht auch durch 2—2 
Schneidezähne und Schädelbau. C. calcarata (Wied) am Rio do Espi- 
rito Santo. 

7. Col&ura: Ohr dreieckig abgerundet, Ohrklappe gerade, aber 
das abgerundete Ende etwas verschmälert, an der verdickten Basis 
des äussern Randes mit einem kleinen knotenförmigen Zacken; Na- 
senlöcher sichelförmig, ihre äussere Grube rund; Flughaut bis zum 
Ende des Tarsus; keine Flügeltasche; Zwischenkiefer an der Basis 
verbreitert ohne innern Fortsatz, Gesichtstheil winkelig abgesetzt und 
längs der Mitte vertieft, Gaumen hinter den Backzähnen verlängert, 
vorderer Orbitalrand in gleicher Vertikallinie mit dem Hinterrande 
des 2. Lückzahbnes, obere Schneidezähne 1—1. Art C. afra (Emball. 
afra Pet) Mossambique. 

8. Emballonura Kuhl: Ohr dreieckig abgerundet, am Aus- 


419 


senrande flach eingebuchtet, Ohrklappe mehrmin der am obern abge- 
stutzten Ende verbreitert, an der Basis des Aussenrandes mit einem 
stumpfen Vorsprunge; Nasenlöcher sichelförmig , ihre äussere Grube 
rund; Flughaut bis ans Ende der Tibia oder bis zur Basis des Tar- 
sus reichend; keine Flügeltasche; Zwischenkiefer in der Mitte am 
schwächsten, an der Basis und am Ende gleichbreit; Gesichtstheil 
wie bei Coleura, hintrer Gaumenrand in gleicher Querlinie mit den 
hintersten Backzähnen, obere Schneidezähne 2—2, Hierher E. mon- 
ticula Kuhl (E. alecto Gerv., E. discolor Pet) Java, Sumatra, Luzon, 
E. nigrescens (Mosia nigrescens Gray) Amboina, Ternate. E. semi- 
caudata Peale (E, fuliginosa Tomes) Samoa-, Fidji- und Pelewinseln. 
— (Berliner Monatsberichte 1867, Juli, 469—481 1 Tfl.) 

W.Peters, neue Nagergattung Uromys aus NAustra- 
lien. — Unterscheidet sich von Mus durch dickere polygonale nicht 
so Tegelmässig in Ringel geordnete und sich nicht deckende Schwanz- 
schuppen. Gebiss ganz ähnlich Mus, der Schädel unterscheidet sich 
durch die verschiedene Bildung und viel geringere Grösse der Ossa 
tympanica, durch die höher abgehenden Jochfortsäte des Schläfen- 
beines, die beträchtliche Breite der obern Wurzel des Kieferjochfort- 
satzes, die kleineren Foramina incisiva. und die mehr denen von Ha- 
palotis ähnlichen Processus pterygoidei. Die Art U. macropus (Mus 
macropus Gray) am Cap York. — (Berliner Monatsberichte 1867. Juni 
343—345 Tfl.) 

v. Martens, Hemieuryale, neue die Mitte zwischen 
Ophiuren und Euryalen haltende Seesterngattung. — Die 
Euryalen sind von Ljungmann in eine eigene Ordnung mit einer Fa- 
milie und drei. Unterfamilien erhoben worden. Die Zweitheilung der 
Arme verlor bald ihren systematischen Werth durch Trichaster Ag, 
Asteroschema Ltk, Asteronyx Müll und Astroporpa Oerst. und Joh. 
Müller legte daher das Hauptgewicht für die Unterscheidung von den 
Ophiuren auf die Art der Bewegung der Arme, die Ophiuren haben 
nur Geharme, die Euryalen Greifarme. Letztere hat nun auch die 
neue Gattung, aber zugleich auf deren Unterseite Schilder wie Ophiura 
die Oberseite der Arme ist gekörnt wie bei Euryale, dagegen fehlen 
auf der Scheibe wieder die zehn Strahlenrippen. Die Stellung der 
Stachelkämme gleicht wieder den Euryalen. Die Arme verzweigen 
sich nicht. Verf. giebt nun folgende Diagnose seiner Hemieuryale: 
Arme einfach und greifend, Rücken der Scheibe und der Arme ge- 
körnt, Seiten der Arme mit einer Reihe grosser Höcker besetzt, Un- 
terseite mit Schildern und nach aussen von diesen mit Querreihen 
stumpfer Stacheln bekleidet; keine besondere Madreporenplatte; zwei 
Genitalspalten an der Unterseite zur Seite der Mundschilder; die 
Mundränder mit Papillen besetzt, keine eigenthümlichen Zähne. Verf. 
beschreibt die Art H. pustulata nach zwei Exemplaren aus Westin- 
dien im Berliner Museum. — (Berliner Monatsberichte 1867. Juli 481 
— 486. Abbildg.) 


Correspondenzblatt 
des 
Naturwissenschaftlichen Vereines 
für die 


Provinz Sachsen und Thüringen 
in 


Halle 


1868, Mai. NE V. 


Sitzung am 13. Mai. 


Eingegangene Schriften: 


1. E. Erdmann, Sveriges geologisca untersökning Nr, 22— 25 mit 
4 geognostischen Karten. Stockholm 1867. 8°. 

2. Oversigt over det Kongl. danske Videnskabernes Selskabs forhand- 
linger. Kjöbenhavyn Nr. 5 1867, Nr. 7 1866 8°. 

3. Hermann Burmeister, Dr. med. et phil. Anales del Museo 
publico de Buenos Aires. Entrega cuarta. Buenos Aires 1867 Fol. 

4. Greppin Dr., Essai geologique sur la Jura suisse. Dele&mont 
1867. 4°, 

5. v. Schlicht, Monatsschrift des landwirthschaftlichen Provinzial- 
vereines für die Mark Brandenburg und Niederlausitz. Nr. 4 u. 5. 
Berlin 1868. 8°. 

6. Nobbe Prof. Dr. Die landwirthschaftliche Versuchsstation X. 
Nr. 1 u. 2. Chemnitz 1858. 8°. 

7. Giebel, Prof. Dr. Landwirthschaftliche Zoologie 1.Lief. Glogau 
1868. 8°. — Geschenk des Herrn Verfassers. 

8. Seubert Dr., Grundriss der Botanik. Leipzig u. Heidelberg 
1868. 8°. 

Herr Siewert bespricht eine Auslassung von Liebig, in wel- 
cher derselbe den Vorwurf zurückweist, dass sein Fleischextract zu 
theuer sei, dass vielmehr nach der von ihm aufgestellten Gebrauchs- 
anweisung ein Teller Suppe auf 61/,—7!/g Pfennig und nicht auf 2 Sgr. 
sich stelle, wie eine diesen Extract begutachtende Commission ausge- 
rechnet hatte. Eine sich über den betreffenden Gegenstand entspin- 
nende Discussion bewies, dass die Ansichten über den Werth des Lie- 
bigschen Fleischextract immer noch sehr getheilt sind und dass der 


421 


Wohlgeschmack der Fleischbrühe überhaupt wesentlich durch das 
beigefügte Gewürz bedingt sei. 

Weiter beschreibt Herr Siewert einen ziemlich complieirten 
Apparat, welchen Prof. Müller in Stockholm neuerdings zu Schlämm- 
analysen des Bodens construirt hat, mit dem Bemerken, dass derselbe, 
wie alle bisher angewandten, schwerlich ein befriedigendes Resultat 
liefern werde. 

Sodann legt Herr Schubring 2 Photographien von A. Braun 
in Dornach vor, welche einen merkwürdigen stereoskopischen Effect 
hervorbringen, auf den schon Prof. Helmholtzin seiner physiologischen 
Optik aufmerksam gemacht hat. Die meisten landschaftlichen Ste- 
reoskopenbilder sind nämlich von 2 Punkten aus aufgenommen, die 
nicht weit genug von einander entfernt liegen, um, wie gewünscht 
wird, ein in allen Dimensionen gleichmässig verkleinertes Modell der 
betreffenden Objecte hervorzubringen; sie zeigen vielmehr meist, be- 
sonders in den entfernteren Theilen nur ein mehr oder weniger er- 
habenes Reliefbild. Da nun Braun in der Schweiz sehr viele Stereos. 
kopenbilder aufgenommen hat, so trifft es sich mitunter, dass ein 
Paar benachbarte, nicht für ein Bild bestimmte Aufnahmen, einen bes- 
sern plastischen Effect geben, als die ursprünglich neben einander 
einander befindlichen. Die beiden vorgelegten Bilder waren Ansich- 
ten des Wetterhornes von Grindelwald aus (Nr.4681 u. 4682), welche 
einzeln den Vordergrund (bezüglich Kirchthurm mit Kirchhof und Haus 
mit Garten) sehr plastisch, den Hintergrund dagegen: die verschie- 
denen Spitzen des Wetterhornes mit den dazwischen liegenden Firn- 
feldern aber nur als schwach hervortretendes Relief zeigen. Bringt 
man aber ein Bild von 4681 vor das rechte, eins von 4682 vor das 
linke Auge, so kann freilich der Vordergrund wegen der gänzlichen 
Verschiedenheit kein einfaches Bild geben, die Formen des Wetter- 
horns aber treten ungemein plastisch hervor. Während also jede 
Nummer für sich einen ähnlichen Eindruck hervorruft, als ob man in 
Grindelwald von einer Stelle aus den Berg betrachtet, wobei man die 
Bergformen auch nicht deutlich erkennen kann, so ist der Effect der 
Combination beider Nummern dem zu vergleichen, den man bei Be- 
trachtung des Berges durch ein grosses Telestereoskop, oder bei Be- 
trachtung eines verkleinerten Modells erhält. Combinirt man beide 
Bilder so, dass 4681 links und 4682 rechts liegt, so geben sie einen 
verkehrten, einen pseudoskopischen Eindruck, den man noch dadurch 
deutlicher machen kann, dass man die Bilder so umdreht, dass die 
Bergspitzen nach unten kommen und dass sich 4681 wieder vor dem 
rechten, 4682 vor dem linken Auge befindet. Die hervorspringenden 
Kanten erscheinen dann als Schluchten und umgekehrt. Denselben 
teleostereoskopischen Eindruck sollen nach Helmholtz die beiden Bil- 
der des Wetterhornes (Nr.4950u.4952) geben die von der Bachalp aus, 
sowie 2 Bilder der Jungfrau, die von Mürren aus aufgenommen sind. 

Hierauf legt Herr Teuchert mehrere monströse Exemplare 
(desLeontodon Taraxicum vor, die sich durch besondere Fülle in den 


422 


Blühtenknospen, sogenannte „Könige“, muldenartige Einsenkungen im 
dicken Schafte, eins aber vornämlich dadurch auszeichnete, dass seine 
dicke Schaftröhre eine zweite und diese noch drei neben einander 
liegende einschloss. Zum Schluss berichtet derselbe Forster’s neueste 
Versuche, Leuchtsteine darszustellen und experimentirte mit einer 
Reihe von ihm angefertigter Präparate, welche, nachdem sie kurze 
Zeit mit Magnesiumlicht beleuchtet worden waren, in den überra- 
schensten verschiedenfarbigen Phosphorlichten erglänzten. 


Sitzung am 20. Mai. 


Eingegangenene Schriften: 


» 


. Bulletin de l’academie de royale de Belgique. Bruxelles 1867 8°. 

. Annuaire de l’academie royale de Belgique 3.4. Bruxelles 1868 8°, 

3. Garcke, Dr., Linnäa, Beiträge zur Pflanzenkunde. Neue Folge 
I. 4. Berlin 1868. 8°. 

4. Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft XX. 1 Berlin 

1868. 82. 


Zur Aufnahme angemeldet wird: 

Herr Postkassencontroleur Kaiser hier 
durch die Herren: Giebel, Marschner, Taschenberg. 

Herr Giebel legt eine Partie Hundeschädel, reinen Rassen und 
Familiengliedern angehörig, 2 vom Dachshunde und eine Reihe vom 
ächten Wachtelhunde vor, macht auf ihre Unterschiede aufmerksam 
und bittet vorkommenden Falls um Bereicherung der Sammlung. 

Herr Taschenberg theilt seine Versuche und Beobachtungen 
über das Eierlegen der Maikäfer mit. Am 11. Mai, dem 3. Flugtage 
waren von ihm 6, am 14. ein, am 16. noch 4 in der Vereinigung früh 
am Morgen gesammelte Pärchen in einem luftigen Kasten eingesperrt 
worden. In diesem "befanden sich neben Futtervorrath 4 ziemlich 
gleichgrosse Blumentöpfe mit verschiedenen Erdarten angefüllt. a. ent- 
hielt in der Mittellage frischen Pferdedünger, b. frischen Kuhdünger, 
beide etwa 2 Zoll hoch mit gewöhnlicher Ackerkrume bedeckt, c. Erde 
von einem vollkommen erdigen Composthaufen, d. lockere Haideerde. 
Von sämmtlichen Pärchen waren nur noch zwei vereinigt, als sie in 
den Kasten gebracht wurden. Nachdem in der Zwischenzeit schon 
einige Männchen entfernt worden waren, ergab sich am Nachmittag 
des 20. Mai folgender Bestand. Vorhanden waren 5 todte und 2 le- 
bende Männchen, von welchen eins auf einem Weibchen sass, ohne 
mit ihm vereinigt zu sein. Ausserhalb der Erde fanden sich ferner 
an Weibchen 2 todte und 5 lebende, im Biumentopfe a, b und e keins, 
dagegen in d ein todtes und 3 lebende Weibchen nebst 23 in der 
Erde ziemlich zerstreut liegenden Eiern. Von zweien, der lebenden 
Weibchen, die etwa 4 Zoll tief in der Erde eingegraben lagen, hatte 
das eine 27, das andere 23 zum Ablegen reife Eier im Leibe; im In- 
nern der sämmtlichen übrigen Weibchen fand sich auch nicht ein 
reifes Ei. Trotz des Umstandes, dass die Weibchen zum Eierablegen 


D 


. 423 


nur in dielockere Haideerde gegangen waren, meint der Vortragende, 
dass sie nach den Erfahrungen dieses Jahres nicht eben wählerisch 
seien mit der Beschaffenheit des Bodens; denn wenn man unter der 
brennenden Mittagssonne einen mit Maikäfern besetzten Baum schüt- 
telte, so flogen die befruchteten Weibchen ab, um sich sofort in die 
Erde einzugraben, wo sie eben niedergingen. Wenn sie aber in einem 
für das Brütgeschäft so günstigen Jahre, wie das heurige, keine Aus- 
wahl in der Bodenbeschaffenheit treffen, so lässt sich nicht erwarten, 
dass sie es thun werden in Zeiten, in denen durch rauhe Witterung 
einzelner Tage ihr Geschäft unterbrochen wird. 

Herr Schubring beschreibt die zweckmässige Einrichtung 
des auf den hiesigen Hausmannsthürmen aufgestellten Fernrohres, auf 
dessen Gestell bei vorkommenden Brandunglück der Ort des Feuers 
auf mehrere Meilen im Umkreis abgelesen werden kann, spricht sich 
aber weniger befriedigt über den isolirten Blitzableiter aus. 

Schliesslich verbreitet sich Herr Credner über die Entstehung 
und Verbreitung eines Thoneisensteins, der ihm von Herrn Marsch- 
ner übergeben worden war. Vor mehreren Jahren hatte ein ehema- 
liger Mühlhäuser von Nordamerika aus das preussische Ministerium 
auf eine Fundgrube in der Gegend aufmerksam gemacht und in Folge 
dessen war der Gegenstand einer nähern Untersuchung unterworfen 
worden. Im Unstrutthale lagert nämlich an verschiedenen Stellen 
der Keuper zwischen den Höhen des Muschelkalkes. Dieser Keu- 
per besteht aus der Lettenkohlengruppe und enthält eine Kohle, 
welche sich durch zahlreiche Schwefelkiesnester auszeichnet und in 
Folge derselben sehr geringen Werth als Brennmaterial hat. An den 
Rändern dieser Schichten haben die Atmosphärilien nach und nach 
den Schwefelkies zersetzt (Schwefelquellen bei Tennstädt, Langen- 
salza) und zuletzt jenen braunrothen bis ziegelrothen Thoneisenstein 
erzeugt, der 35—40°/, Eisen enthält und in der Umgegend von Mühl- 
hausen ziemlich oberflächlich auf den Feldern angetroffen wird. Zur 
Gewinnung von Eisen eignet sich jedoch das Mineral nicht, einmal 
weil es zu sporadisch vorkommt, und sodann, weil häufig der Schwe- 
felkies noch nicht zersetzt ist und der Schwefel das Eisen verderben 
würde. Dass Herr Dr. Bornemann im Innern eines solchen Eisen- 
oxydhydrats gediegenes Eisen gefunden haben will, wird vom Vor- 
tragenden in Zweifel gezogen, vielmehr das Entstehen jenes Eisen- 
kernes durch irgend einekünstliche Reduction als das Wahrschein- 
lichere angenommen. 


Sitzung am 27. Mai. 


Eingegangene Schriften : 


1. Proceedings of the royale society of London Vol. XVI Nr. 95 — 
100. 8°, 


2. Würtembergische naturwissenschaftliche Hefte. Jahrg. XXIV. Lu.2. 
Stuttgart 1868 8°. 


424 


3. Correspondenzblatt des naturwissensch. Vereins zu Riga VI. Riga 
1867. 8°. 
4. Giebel, Prof. Dr., Landwirthschaftl. Zoologie 2. Lieferung, Glo- 
gau 1868. 8°. 
5, Stadelmann, Dr., Zeitschrift des landwirthschaftlichen Central- 
Vereines der Provinz Sachsen Nr. 6. Juni 1868. Halle 1868, 8°. 
6. Koch, Prof. Dr., Wochenschrift des Vereines zur Beförderung des 
Gartenbaues Nr. 14—17. Berlin 1868. 40, 
Als neues Mitglied wird proclamirt: 
Herr Postkassencontroleur Kaiser hier. 

Herr Köhler bespricht die neuesten Untersuchungen des Fran- 
zosen Gage über thierische Gifte und erklärt dieselben von keinerlei 
Bedeutung weder für die Zoologie noch für die Chemie. 

Herr Schubring widmet dem Andenken des am 22, Mai in 
Bonn verstorbenen Geh. Regierungsrath Prof. Dr. Julius Plücker 
einige Worte der Anerkennung seiner grossen Verdienste um alle 
Zweige der Mathematik, um Electrieität und Optik auf dem Gebiete 
der Physik. Derselbe hatte von 1834—36 auch der hiesigen Univer- 
sität seine Lehrthätigkeit gewidmet. 

Herr Teuchert berichtet schliesslich Scheibler’s neueste 
Untersuchungen über die Metapektinsäure in den Zuckerrüben, welche 
die Veranlassung ist, dass der Rübensaft zu Anfang der Campagne 
einen geringern, zu Ende deselben einen höhern Zuckerertrag giebt, 
als die Polarisation berechnen lässt, weil die Säure das Vermögen 
hat, das polarisirte Licht nach links, im entgegengesetzten Sinne 
also zu drehen, als es der Zucker thut. Bei dieser Gelegenheit macht 
der Vortragende darauf aufmerksam, dass sich die Chemiker ein gros- 
ses Verdienst erwerben würden, wenn sie die bisher sehr vernach- 
lässigten Pflanzensäfte einem gründlichen Studium unterwerfen 
wollten. 


Anzeige. 


Den verehrlichen Mitgliedern unseres Vereines, 
welchen noch einzelne Bände unserer Zeitschrift fehlen , lie- 
fern wir dieselben mit Ausnahme von Bd. 9 und 11, die von 
der Verlagshandlung zu beziehen sind, zum halben Beitrags- 
preise, den Band für 15 'Sgr. Der Vorstand. 


Druck von W. Plötz in Halle. 


Zeitschrift 


für die 


Gesammten Naturwissenschaften. 


1868. Juni. N? VI. 


Ueber die Vertheilung der Wärme auf der 
Erdoberfläche 


von 


L. Witte 


in Aschersleben. 


4. Die Störungen im normalen Gange der Wärme oder die 
Ursachen des Wechsels der Witterung. 


Den frühern Mittheilungen über Temperatur und Nie- 
derschlag in Aschersleben habe ich eine Beurtheilung über 
die Regelmässigkeit der Witterung beigefügt, die sich auf die 
Ansicht stützte, dass der Wechsel derselben abhängig sein 
möchte von der Einwirkung nicht allein der Sonne, sondern 
auch des Mondes und sogar der Planeten, wenigstens des 
Jupiters und der Venus, auf den Luftocean, oder dass es in 
diesem eine eigentliche, d.h. durch kosmische Kräfte bewirkte 
Ebbe und Fluth gäbe. Wie wenig man bisher auch geneigt 
sein mochte, der Attraction der Himmelskörper eine Wir- 
kung auf unsere Atmosphäre zuzuschreiben, und wie unbe- 
denklich man ihre Annahme als unerweislichen astrologischen 
Kram bezeichnete: so hat man doch in neuerer Zeit bei Ge- 
legenheit barometischer Höhenmessungen gewisse periodisch 
wiederkehrende Ungleichmässigkeiten des Luftdruckes wahr- 
genommen, welche sich durch keine andere Ursache erklären 
lassen, als durch Anziehung des Mondes. Solche Beobach- 
tungen machte unter Andern William Kennisch 1854 und 


1855 auf den Cordilleren in Südamerika. Er schliesst in dem 
Bd. XXXI, 1868. 29 


426. 


Berichte darüber, dass diese Thatsache, wenn sie durch Un- 
tersuchung und Erfahrung festgestellt ist, nicht allein ein hel- 
leres Licht auf barometrische Beobachtungen jeder Art wer- 
fen, sondern auch als Basis dienen dürfte, und manche at- 
mosphärische Erscheinungen, als frühere oder stäukere pe- 
riodische Windströmungen, Orkane u. dergl. zu erklären, 
und er meint, dass selbst unsere neuere Wissenschaft kein 
Mittel an der Hand habe, die Ebbe und Fluth des Oceans 
zu entdecken, wenn das Wasser wie die Luft die ganze Ober- 
fläche der Erde bedeckte, und dass es daher gestattet sei 
zu schliessen, dass, wenn die verbundene Anziehungskraft der 
Sonne und des Mondes eine die ganze Oberfläche der Erde 
bedeckende Fluthwoge bis zu einer gewissen Höhe zu erhe- 
ben vermag, auch dieselbe Kraft eine gleiche atmosphärische 
Fluthwoge über die Erdoberfläche oder über den Schwerpunkt 
der sie umgebenden Atmosphäre erheben kann. Die Ebbe 
und Fluth der Atmosphäre ist übrigens nach Fechner’s 
Schrift gegen Schleiden auch auf Sct. Helena und in Singa- 
pore nachgewiesen worden. 

Aehnlich, nur in umgekehrter Folge der Sätze, habe ich 
geschlossen (Maiheft 1863 S 401—-410 und Augustheft 1865 
S. 97—101), und ich nehme nicht Anstand, es hier nochmals 
auszusprechen, dass es immerhin möglich sein könnte, von 
den dort bezeichneten Gesichtspunkten aus die verschlunge- 
nen Wege der wechselnden Luftströmungen zu entdecken und 
die sie bewirkenden Ursachen in der Gravitation der Him- 
melskörper und in der Vertheilung der Land- und Wasser- 
massen der Erdoberfläche aufzufinden. 

Laplace’s theoretischer Beweis für die Geringfügigkeit 
der atmosphärischen Ebbe und Fluth kann um deswillen 
meine Annahme nicht niederschlagen, weil sie ja auch keine 
bemerkbaren täglichen Fluthungen des Luftmeeres vorausset- 
zen, sondern nur —- freilich auf Grund derselben (wenn auch 
schwach) wirkenden Ursachen — eine Rückströmung, die 
eintritt, wenn Sonne und Mond aus Zusammenwirken in Ent- 
gegenwirken und umgekehrt übergehen. 

Ich begebe mich mit Bezug auf das früher Gesagte je- 
der weitern Erörterung dieses Gegenstandes und um so mehr, 
da ich nicht im Stande bin, den ursächlichen Zusammenhang 


427 


der Erscheinungen nachzuweisen, sondern mich lediglich dar- 
auf beschränken muss, die Gleichzeitigkeit derselben darzu- 
thun, die indessen jenen ahnen lassen. Nur folgende Sätze 
glaube ich wiederholen zu müssen. 

1. Fällt im Sommer das erste Viertel des Mondes in 
die Zeit von 8 Uhr Morgens bis 11 Uhr Abends, so trifft 
(gewöhnlich am dritten Tage) Kälte ein, fällt es zwischen 
11 Uhr Abends und 8 Uhr Morgens, so tritt Wärme ein; 
und fällt im Sommer das letzte Viertel zwischen 8 Uhr Mor- 
gens und 11 Uhr Abends, so folgt Wärme, fällt es zwischen 
11 Uhr Abends und 8 Uhr Morgens so folgt Kälte. 

2. Die Perioden mit entgegengesetzter Witterung und 
noch mehr die mit schwankender Temperatur sind gewöhn- 
lich die Zeiten des Niederschlages und der elektrischen Er- 
scheinungen. *) 

3. Die elektrischen Erscheinungen und die wässerigen, 
sowie auch plötzlich einfallende Kälte- und Wärmetage ste- 
hen mit und zu einander meistentheils in der Verbindung, 
dass je zwei oder mehrere immer 100 Tage oder auch 146 
Tage auseinander liegen, weil nach 100 Tagen Jupiter und 
nach 146 Tagen Venus in eine Stellung kommt, die zur Erd- 
stellung gerade 90° weiter ist, alsam ersten Tage, oder beide 
vollenden in diesen Zeiträumen ein Viertel ihres synodischen 
Umlaufs, — sie stehen (wie der Mond in Vierteln) in Quad- 
ratur zu der frühern Stellung. 

4. Grössere Störungen pflegen sich nach 1795 Tagen 
(d.i. nach 5 Jahren weniger 1 Monat) zu wiederholen, wo- 
von der Grund darin zu suchen sein dürfte, dass nach dieser 
Zeit die vermeintlich einen Einfluss ausübenden Planeten, (Ju- 
piter, Venus, Mars und Saturn) alle zusammen eine Stellung 


*) Für die Formen des Niederschlages sind folgende Zeichen 
gebraucht: Ein Komma bedeutet schwachen Regen, r stärkern, R Re- 
gengüsse, Gtte Gewitter mit Regen, fG fernes Gewitter, WC Wetter- 
leuchten, n schwachen und N starken Nebel, — fallenden Nebel, ein 
Punkt Graupeln, ein Kolon Hagel, ein kleiner Stern Schnee, ein gros- 
ser starken Schneefall, ein Ausrufungszeichen Regen mit Schlossen, 
desgl. NC Nordlicht, heh schwachen und Hch starken Höhenrauch. 
Die Differenzen der Wärme und Kälte vom Mittel sind in Zehntel- 
graden Celsius angegeben. 


29 


428 


innehaben, die zur Erdstellung genau um 90° vor- oder rück- 
wärts liegt, also gleichsam in Quadratur stehen, 


Der Sommer 1857. 


&| März April Mai Juni Juli August | » 
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14| 7 81 52 60 45 15 [15 
15 18 3l 383 rGttr|) 39 36 35 116 
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17 11 | hh| 33 51 2301, 17 | rrr 32 118 
18 51.1. hal 42 34, 14 R.r 421,0 19 
29 64 | hhh | 43 a0 ı W1| 281 3 43 20 
20) rr | 17 86 51 18 6 ; 3121 
211 17 | rer 103 18 7 |RR 23 |...2 22 


1. Das erste Viertel am 1. April um 143/;h d. a. Kälte, 
statt deren aber die vorhergehende Wärme bei wechselnden 
Winden anhielt und erst in den letzten Tagen bei straffen 
SO-Winden auf und unter das Mittel herabgedrückt wurde. 
(Am 4. starkes Gewitter bei Torgau, am 10. starke Regen- 
güsse in Paris.) 

2. Das letzte Viertel am 17. April um 13h d.a. Wärme, 
die auch anfangs bei scharfem SO und W eintraf, dann aber 
bei NW und NO in ansehnliche Kälte mit Regen und Schnee- 


429 


gestöber herabfiel. (Vom 23. bis 25. Schnee bei Magdeburg, 
in Sachsen und in der Eifel. Sehr nasskalt war der ganze 
April in Frankreich, England und besonders in Irland.) 

| 3. Das erste Viertel am 1. Mai um 11/50 d. a. Wärme. 
Die Kälte schwächte sich zwar in den ersten und letzten 
Tagen ab, dauerte aber bei meist nordöstlichen Winden fort. 
(In Frankreich und England heiterte sich das Wetter auf.) 

4. Das letzte Viertel am 16. Mai um !/sh d. a. Kälte; 
es traf aber schon am 15. Wärme ein, die selbst bei SO und 
NO anhielt und bei SW am 22. sogar bis 10,30 über das 
Mittel stieg. Die Gewitter kamen aus Ost und bei östlichen 
Winden. 

5. Das erste Viertel am 30. Mai um 141/ıh d. a. Kälte, 
die auch bei wechselnden Winden zu Anfang und am Ende 
Statt hatte und nur vom 5. bis 9. merklich in Wärme um- 
schlug. 

6. Das letzte Viertel am 15. Juni um 8!/sh d. a. Wärme, 
die am dritten Tage regelmässig eintraf. Winde wechselnd. 
(In Griechenland war es vom 21. an sehr regnerisch und kalt, 
während dort sonst um diese Zeit beständig heiteres Wetter 
ist; in Nordamerika waren im ganzen Juni ungeheure Regen- 
stürme mit Hagel.) 

7. Das erste Viertel am 29. Juni um 151/3h d. a. Wärme, 
die bis zum Vollmond regelmässig eintraf, worauf dann die 
Temp. sich auf dem Mittel hielt. Winde beständig westlich. 

8. Das letzte Viertel am 14. Juli um 145 d.a Wärme; 
die Temp. schwankte aber bei beständig westlichen Winden 
mehrfach um das Mittel, daher Regen und Gewitter. (Am 15. 
starke Regenstürme in Hamburg und Holstein ) 

9. Das erste Viertel am 28. Juli um 221/,h d.a, Kälte; 
es trafaber entschiedene Wärme ein (bis 9,6% über dem Mittel), 
die sich erst am Ende abschwächte Winde SW. (Am 28. 
Gewitter mit starkem Hagel bei Cöln, desgl. Hagel mit Sturm 
bei Schwedt und Stargard; im Juli und August fast täglich 
starke Regen in Drontheim und in Nordamerika.) 

10. Das letzte Viertel am 12. August um 182/;h d. a. 
Wärme, die anfangs stark dann schwach über dem Mittel 
eintraf. Winde wechselnd. 

11. Das erste Viertel am 27. August um 16h d.a. Kälte, 


430 


statt deren bei SO und SW Wärme eintraf, daher im Anfang 
Sept. zahlreiche Gewittter. (Am 8. den ganzen Tag hindurch 
sehr starke Gewitter mit Regengüssen in Stockholm.) 

12. Das letzte Viertel am 10. Sept. um 235/sh d a. Kälte, 
doch hielt bis zum Neumond die Wärme an bei S und W, 
worauf dann mit starkem NW die Kälte einfiel. (Vom 9. bis 
13. Sturm an der Ostküste von Nordamerika bei Havanna, 
vom 17. bis 23. Stürme auf und an der Ostsee und dem fin- 
nischen Meerbusen, bei Libau mit Schnee und Hagel.) 

Dieser Sommer entspricht der Regel eben so 
wenig wie der von 1854, da nur nach 3 Quadratu- 
ren (6, 7u.10) regelmässiges Wetter eintraf, nach 
dreien (1, 5 u. 12) halb regelmässiges, nach einer 
(8 schwankendes und nach den fünf übrigen ent- 
gegengesetztes, wozu noch kommt, dass die die Unregel- 
mässigkeit andeutenden Störungen und Niederschläge auch 
weniger in hiesiger Gegend hervortraten (nur nach 4, 8u. 11), 
als in andern Ländern; indessen folgt auf ihn — wie zur 
Ausgleichung — ein sehr regelmässiger Winter und Sommer. 

In Zwischenzeiten von 100 Tagen trafen ein: 

a) Gewitter am 10. April und Wärmesprung am 12. — Ge- 
witter 20. Juli — Nebel 27. und 28. Oct.; 

b) Niederschlag 3. Oct. 56 — Nebel TER Schnee 12. bis 
17. Januar — Regen und Schnee 21. bis 27. April — Gewit- 
ter 28. Juli und Wärmesprung 30. — Nebel und Niederschlag 
4. bis 7. Nov. u. w.; 

c) Regen und ferne Gewitter 7. Aug. — Nebel 17. Nov.; 

d) Zu k. 56 Nebel 18. bis 20. Oct. — Schnee 25. bis 28. 
Jan. — Hagel 5. Mai. — Regen 12. Aug. Nebel 22. Nov.; 

e) Regen 28. Aug. — Nebel 5. bis 7. Dec. u. a.; 

f) Schnee 6. Nov. 56 — Nebel 15. bis 17. Febr. — Gewit- 
ter 24. und 26. Juni — Gewitter 1. bis 5. Sept. ; 

g) Zu e 56. Regen und Schnee nach 23. Nov. — Nieder- 
schlag 1. bis 3. März; 

h).Zu f. 56 Nebel 30. Nov. und Schnee 2. Dec. — Schnee 
10. bis 12. März; 

i) Zub 56 Regen 14. und 15. Dec. — Nebel und Regen 
24. bis 26. März. — Gewitter 30. Juni und 4. Juli. — Wär- 
mefall 6. Oct. u. w.; 


431 


k) Niederschlag 19. Dec. — Niederschlag 28. und 29. März. 
— Wärmefall 7. Juli — Nebel 14. und 15. Oct. u. w.; 

1) Schnee 23. u. 26. Dec. — Wetterleuchten und Hagel 
3. und 4. April. — Wärmesprung 13. bis 16. Juli. — Ne- 
bel 20. Oct. 

Ebenso kann man auf einander beziehen: 
die falsche Wärme nach dem 30. März und die falsche Kälte 
nach dem 7. Juli, 
die falsche Kälte nach dem 22. April und die falsche Wärme 
nach dem 30. Juli, 
die falsche Wärme nach dem 16. Mai und die schwankende 

Temperatur nach dem 23. Aug., 
die falsche Wärme nach dem 5. Juni und die falsche Wärme 

nach dem 12. Sept. 

In Zwischenräumen von 146 den fielen ein: 

a) Zu p. 56. Regen, Nebel und Schnee 3. bis 6. Jan. 
— Gewitter 26. Mai. -- Nebel 14. und 15. Oct. u. w.; 

b) Zu r 56. Nebel und Niederschlag 24. bis 26. März. 
— Falsche Kälte und Regen 17. bis 19. Aug.; 

c) Zu s. 56. Hagel 4. April. — Regen 28. Aug.; 

d) Zu t 56. Regen und falsche Kälte 21. und 22. April. 
— falsche Wärme und Gewitter 13. Sept. ; 

e) Nebel 18. bis 20. Oct. 56. — Schnee 10. bis 12. 
März; 

f) Schnee 2. Dec. 56. — Schnee 25. und 26. April; 

g) Nebel 12. und 13. Januar — falsche Wärme nach 5. 
Juni — Nebel 28 und 29 Oct.; 

h) Gewitter 10. April — Gewitter 1. bis 5. Sept. 


439 
Der Sommer 1858. 


&| März | April Mai Juni Juli ee August |» 
FIK. w.|IK. W.|K Ww| K W. K. wi AR vun | 
23 46 16 0 2 28 In6G6ttr! 7 a6 1. 11610 20100016 10. lee 22er er 
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28| 7 15 34 | ‚r 31 25 y 32 |fGr 128 
29 20 \fG |221 38 ‚1 40 47 » 129 
30 42 401 14 17 40 A 33 ‚ [30 
3 82 a 43 |RRR 18 “131 
April | Mai | Juni Juli = August | Septbr. | 
11, 1681 7 39| 24 | fGttr | 40 \ 22 1 
2 0 6 IRGtt:| 50 | 39 39 —— 6 2 
31 ,1|20|18 |,R 51| 8 11 h ; 251 3 
al 52a 791 30 | fGttr 20 \ 341 4 
5124 1 67 9 47 |,ottwı| 345 5 
6| 29 28 16 8 ‚I 8 ‚Gttr 1 6 
7|35 36 63|43| r, 30 14 7 
8| 30 30 551 19 11 7 RB 8 
9[43|N1.|16 71 29 Ir,fGtt 5 14 9 
10 | 29 4! W1 1106| 46 R,, 22 4 10 
11,22 3 |R | Gttr\ 81] 40 |RRGttR 26 20 311 
12158 40 |rrr 69| 36 | ‚RR 45 N 17 |12 
13 150 2 ‚| Gttr | 64 | 15 52 N 29 |13 
14|52 NE 65 lo 52 43 |14 
15} 12 4 17 59 30 fecactt! 37 24 |15 
16 441, 10 72 42 3 6 I16 
171 r, |62 631 95 IGttr| 46 15 10 317 
18|I 5 49iGttr G| 81 35 al 13 !18 
19 1251, | 26 28 53 31 23 |19 
20 55 I16 |hch 6 14 ‚rr 2 ; 31 | 20 
21 58 Ihch| 3 2 | R JfGtt| 48 10 7 21 
23 14 51f 13 a7] R 11 RRGtEr| 5 23 


1. Das erste Viertel am 22. März um 8!/sh d. a. Kälte, 
die am dritten Tage mit Schlossenschauern schwach einfiel, 
aber am 29. auf 4 Tage in ansehnliche Wärme umschlug. 
Wind lebhaft W und SW. 

2. Das letzte Viertel am 6. April um 141!/»h d. a. Wärme, 
statt deren bei wechselnden Winden die bereits am 5. einge- 
fallene Kälte noch bis zum Neumonde anhielt, wo sie bei S 
in Wärme aufstieg. 

3. Das erste Viertel am 20. April um 15h d. a. Kälte, 
statt deren anfangs die Wärme bei wechselnden Winden an- 
hielt, worauf bei SW die Temp. schwach um das Mittel 


433 


schwankte. Am 9. Nordlicht; am 29. bei weicher linder Som- 
merluft um 8 Uhr Ab. plötzlich eine halbe Stunde ein starker 
SWsturm (mit Finsterniss durch Staubwirbel) nach 9 Uhr Ge- 
witter in O bei stiller Luft. (Der Sturm war in gleicher Weise 
in Dortmund und Halle, mit Gewitter in Magdeburg und Ber- 
lin (10 Uhr). Am 3. und 4. Mai Regen und Sturm aus W. 

4. Das letzte Viertel am 6. Mai um 7!/ah d. a. Kälte; 
es schwankte aber die Temp. bei wechselnden Winden um 
das Mittel. Regenzeit vom 11. bis 16. 

5. Das erste Viertel am 19. Mai um 12h d. a. Kälte, 
die bei W. einfiel, am Ende aber bei O in Wärme umschlug. 
Am 2. Hagelschlag in der Nähe von Aschersleben und Mag- 
deburg. | 
- 6. Das letzte Viertel am 4. Juni um 21!/h d.a. Wärme, 
die regelmässig anhielt und bei wechselnden Winden Gewit- 
ter brachte. (Vom 11. bis 13. Gewitter mit Ilagel bei Ber- 
lin; vom 4. bis 6. starke Gewitter mit Platzregen und Hagel 
in England; bis zum 17. in England und Nordfrankreich 
starke Hitze, bis zum 14. in Nordamerika heftige. Regen- 
güsse; am 1. Ausbruch des Vesuvs, am 5. des Morgens und 
Abends Aufkochen der Nordsee bei ruhiger Luft.) 

7. Das erste Viertel am 18. Juni um 9b d.a. Kälte, die 
regelmässig einfiel, bei starkem W aber nur schwach war. 

8. Das letzte Viertel am 4. Juli um 7!/h d. a. Kälte, 
die einfiel und bei Windwechsel tagelang starke Regen und 
Gewitter brachte — vom 10. bis 12. anhaltend starker Regen 
mit 3 Gewittern am 11. 

9. Das erste Viertel am 17. Juli um 21!/sh d. a. Kälte, 
die nach der anfänglichen Wärme auch eintrat bei SW mit 
Regentagen. (Am 17. waren sehr starke Gewitter am Nie- 
derrhein; am 25. ging ein orkanartiger Sturm über Kassel, 
Hannover, Hamburg, die Ost- und Nordseeküste entlang, der 
auch in Aschersleben um 5 Uhr Ab. verspürt wurde; am 30. 
und 31. starke Regengüsse in Norddeutschland, besonders in 
Sachsen, Böhmen und Schlesien, wo sie grosse Ueberschwem- 
mungen veranlassten.) 

10. Das letzte Viertel am 2. Aug. um 15h d.a. Wärme, 
die bei meist östlichen Winden eintraf. Gewitter mit Regen- 
güssen. 


434 


11. Das erste Viertel am 16. Aug. um 12!/sh d. a. Kälte, 
zu der auch die Temp. nach einigem Schwanken, bei welchem 
wechselnde Winde Gewitter brachten, herabfiel und die bei 
W anhielt. Am 25. Hagelwetter, besonders im südlichen 
Deutschland. 

12. Das letzte Viertel am 31. Aug. um 21h d.a. Wärme, 
die auch im Ganzen eintraf, doch in der Mitte auf 5 Tage 
um das Mittel schwankte. 

13. Das erste Viertel am 15. Sept. um 6h d.a. Wärme, 
die gleichfalls eintraf und zwar bei häufig wechselnden Winden. 

In diesem Sommer ist die Witterung vom Juni 
an nach 8 Quadraturen regelmässig gewesen, im 
Anfange nach dreien (1, 3, 4) schwankend, nach 
einer(5) halb regelmässig und nach einer (2) ent- 
gegengesetzt. 

Die Regenzeiten fielen in Kälteperioden, wo bei wech- 
selnden Winden Wärme andrang. 

In Zwischenzeiten von 100 Tagen fallen ein: 

a) Falsche Wärme 14. Mai — Gewitter am und nach 22. 
Aug. — falsche Wärme nach 28. Nov.; 

b) Zu b) 57 — Schnee 14. Febr. -— Gewitter 24. Mai — 
schwank. Temp. Anf. Sept. — Nebel 10. und 11. Dec.; 

c) Regen und f. W. 28. Mai — Gewitter 5. Sept. und schw. 
Temp. — Schnee 25. und 26. März 59; 

d) Schnee 6. März — Gewitter 13. Juni — f. Kälte 21. Sept. 
Regen und Schnee 28. bis 30. Dec.; 

e) Zu e 57 — Schnee 13. bis 15. März — Regen 21. Juni; 

f) Gewitter 1. Juli — f. Kälte nach 9. Oct.; 

g) Regen und Schnee 26. und 27. Dec. 57 — Regen 4. 
April mit f£ K. — Regen 10. bis 12. Juli — Nebel 19. und 
20. Oct.; 

h) Falsche Wärme 30. Dec. 57 — Nordlicht 9. April — 
Gewitter 17. Juli — Nebel 22. bis 25. Oct. — Schnee 2. Febr.; 

i) Nebel 1. und 2. Jan. — Hagel 12. und 13. April — Ge- 
witter 21. Juli — Nebel, Regen und Schnee 27. bis 30. Oct.; 

k) Nebel 12. Jan. — f. Wärme nach 23. April — Regen 
30. und 31. Juli — Schnee und Nebel 6 bis 10. Nov.; 

l) Zu i 57 — Schnee und Regen 18. bis 21. Jan. Gewitter 
29. April — Gewitter 6. Aug. — f. Kälte nach 14. Nov.; 


435 . 


m) Zu k 57 — Schnee 23. Jan. Regen 3. und 4. Mai — 
Gewitter 9. Aug.; 

n) Schnee 1. Febr. — Regen 11. und 12. Mai — Regen 
20. Aug. — f. Wärme nach 27. Nov. 

In gleicher Weise kann auf einander bezogen werden: 

die falsche Wärme vom 12. bis 16. Febr. und die falsche 

Wärme vom 21. bis 25. Mai, 
die falsche Kälte vom 5. bis 15. April und die falsche Wärme 

vom 14. bis 25. Juli, 
die schwankende Temp. nach 20. Aug. und die falsche Wärme 

nach 27. Nov., 
die schwache f. Kälte vom 6. bis 10. Sept. und die schwache £. 

Kälte vom 17. bis 19. Dec. 

Nach 146 Tagen fielen ein: 

a) Gewitter 12. Aug. 57 — Nebel 2. und 3. Jan. — Re- 
gen 28 Mai — Nebel 19. und 20. Oct.; 

b) Zu h 57 — Wärmefall 24. Jan. — Gewitter 18. Juni 
Nebel 9. Nov. — Schnee 1. April 59; 

c) Zu a 57 — Schnee 8. bis 11. März -— Regen 30. und 
31. Juli; 

d) Nebel 20. Oct. 57 — Schnee 14. und 15. März — Ge- 
witter 6. Aug. — Regen und Schnee 28. bis 30. Dec. ; 

e) Nebel 22. Nov. 57 — Hagel 13. April — Gewitter 4. 
Sept.; 

f) Nebel 29. Nov. 57 — f. Wärme 22. April — Nebel 12 
und 13. Sept. — Schnee 2. Febr. 59; 

g) Nebel 5. bis 7 Dec. 57 — Gewitter 29. April — Wär- 
mefall 21. Sept.; 

h) Schnee 18. Jan. — Gewitter 10. und 11. Juni — Nie- 
derschlag 1. Nov. u: w.; 

i) Hagel 25. März — Gewitter 15. Aug. u. w.; 

k) Wärmefall 5. April — Gewitter 28. Aug. u. w.; 

l) Gewitter 2. Juni — Nebel 22. bis 24. Oct. 


A 436 
Der Sommer 1859. 


| März | April | Mai Juni Juli August | & 

Ks WER WIR RENNER, 
EN TIPR 81 24 11 TE REINER 4123 
24| 6|rır | 10 4 14 22 i 29124 
251 19 |** | 26 fGtt, |18| 12 14 491 25 
26, ı| | | 13 Gttr 44 11] 14 731 26 
27 36| 22 Gttrwi | 61 8 26 82127 
28 Aral ed 62 23 31 | ‚Ni |44|28 
29 90, 24 39 5i| r 9 | Gttr | 26129 
30| „159 8 Gttr [43 12993 19% rt Getr 32130 
31| 3 | r* fGtt | 51 22, {1327 31 

April | Mai | Juni Juli August Septbr. | 
11 34 | * | 43 |,rR| Gttr |45 | 31 | ‚22 ju22 sHalrı 
2| 0 27 74 48 24| 25 2 
ae GGttr | 80 70 35 6 |r, | 3 
4 61 19| r |24| Gttr | 1 57 11 4 
bi. 1038 u 8 Sl na 24.10 28 05 
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7 82 27 39 37 32 17 EN, (7 
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17| 40 | * | Gttrj) 15 bar 42| 13 44 ın,1117 
18| 34 ao 75| 22 | 2 | 20 1%,.m18 
19| 23 29| 31 84 7] 39 19 
301, 31... 301 4 GGGttr| 58 46 | 13 20 
Dil a ee ee) 17 71 9 7121 
22| 30 0 Ft 1,0056 5, 5122 


1) Das letzte Viertel am 26. März um 10t/ıh d.a. Wärme, 
die bei westlichen Winden regelmässig eintraf, mit Ausnahme 
der beiden Tage mit Schneestürmen. 

2) Das erste Viertel am 10. April um 121!/sh d.a. Kälte, 
die bei meist westlichen Winden regelmässig einfiel. 

3. Das letzte Viertel am 25. April um 51/»h d. a. Kälte, 
die bei östlichen Winden anhielt und sich endlich zum Mit- 
tel hob. 

4. Das erste Viertel am 9. Mai um 173/.l d. a. Kälte, 
die anfangs regelmässig einfiel bei nordöstlichen Winden, 
dann aber bei westlichen Winden sich schwach über das Mit- 
tel erhob. 


437 


5. Das letzte Viertel am 24. Mai um 233/;h d.a. Kälte, 
statt deren bei östlichen Winden entschiedene Wärme eintraf 
mit zahlreichen Gewittern. 

6. Das erste Viertel am 7. Juni um 231/ah d. a. Wärme, 
die in der ersten Hälfte bei Ost eintraf, dann bei eintreten- 
dem West mit Gewittern in Kälte umschlug. (Vom 27. Mai 
bis 13. Juni waren überall in Europa vom Mittelmeer bis zum 
Nordcap viele und schwere Gewitter, die häufig einschlugen 
und Menschen tödteten; vom 10, bis 13. Juni Gewitter mit 
Regengüssen am Mittelrhein und bis Westphalen hin, wobei 
durch Wolkenbrüche Ueberschwemmungen veranlasst wurden; 
in Nordamerika war zu Anfange des Monats grosse Kälte mit 
Nachttrösten.) 

7. Das letzte Viertel am 23. Juni um 15!/sh d.a. Wärme, 
die bei wechselnden Winden regelmässig eintraf. 

8. Das erste Viertel am 7. Juli um 62/3h d. a. Wärme, 
die bei westlichen Winden anhielt. 

9) Das letzte Viertel am 23. Juli um 41/;b d. a. Kälte, 
die Temp. war aber anfangs schwankend und stieg endlich in 
Wärme auf. Winde wechselnd. 

10. Das erste Viertel vom 5. August um 161/s6h d. a. 
Kälte, die Temp. aber bei wechselnden Winden schwankend, 
daher Gewitter. : 

11. Das letzte Viertel am 21. August um 14!jsh d. a. 
Wärme, welche regelrecht eintraf, bis am Ende die Temp. 
nach dem Nordlicht und nach Gewittern etwas unter das Mit- 
tel herabsank. Das in der Nacht vom 28. zum 29. in ganz 
Deutschland und England beobachtete Nordlicht war stark 
und wirkte so auf die Magnetnadel, dass telegraphische Mit- 
theilungen unmöglich waren. 

12. Das erste Viertel am 4. Sept. um 4°/sh d.a. Wärme, 
statt deren bei westlichen und südlichen Winden Kälte mit 
Regen einfiel, 

13.. Das letzte Viertel am 19. Sept. um 23h fiel genau 
in die Wendestunde und es folgte darauf Wärme bei süd- 
westlichen Winden. 

Nach 6 Quadraturen war das Wetter regel- 
mässig, nach zweien (9 und 10) schwankend, nach 
zweien (4 und 6) halb regelmässig, nach zweien 


438 


(5 und 12) entgegengesetzt und nach einer (13) ist 
es als unentschieden zu betrachten. 

In Zwischenzeiten von 100 Tagen trafen ein: 

a) Gewitter 4. Juli — Nebel 13. und 14. Oct. 

b) Nb. und Sch. 5 bis 7. Jan. — Sch. und Hagel 14. und 
15. April — Regen 23. Juli — Rg. 31. Oct.; 

c) Nordlicht und Gttr. 29. und 30. Aug. — Nebel 6 und 
8 Dec.; 

d) Nb. und Sch. 8. bis 10. Nov. 58 — Hagel 18. Febr. — 
Gttr. 30. und 31. Mai — f. Kälte 5. Sept. — Nb. 14. Dec. ; 

e) Gttr 11. und 12. Juni — Nb. 17. Sept. 

Ebenso kann man auf einander beziehen: 

Die falsche Kälte nach 16. Nov. 58 und die talsche Wärme 
nach, 25. Febr. 59, j 

die schwache falsche Wärme nach 4. Dec und die falsche 
Wärme nach 14. März, 

die falsche Wärme nach 25. Jan und die schwache falsche 
Wärme nach 4. Mai, 

die falsche Wärme nach 25. Mai und d. f. Kälte nach 31. 
Aug. und d. f. K. nach 9. Deec., 

die falsche Kälte nach 14. Juni lässt die Wärme nach 21. 

Sept. als unregelmässig erscheinen, 

die falsche Wärme nach i3. Sept. und die falsche Wärme 
nach 22. Dec., 

die falsche Wärme Ende Juli und die falsche Wärme An- 
fang Nov. 
Zudem, da in Bezug auf den vermutheten Einfluss des 
Jupiter (s. Augustheft 1865 S. 123) das Jahr 1859 mit 1854 
correspondirt, so möchte für dasselbe 
die starke falsche Wärme nach 25. Jan. auf die falsche Wärme 
nach 23. Febr. 1854, 

die starke falsche Wärme Ende Mai auf die schwankende 
Temp. nach 28. Juni 54, 

dieKälte am 15. Juli auf die falsche Temp. nach 16. Aug. 54, 

die falsche Wärme nach 1. Aug. auf die falsche Kälte nach 
1. Sept. 54, 

die schwache falsche Kälte nach 9. Oct. auf die falsche Kälte 
nach 12. Nov. 54, 


439 


und die falsche Wärme nach 30. Oct. auf die falsche Wärme 
nach 30. Nov. 54 
bezogen werden können, wie auch im Jahre 1858 
die falsche Wärme nach 27. Nov. auf die falsche Kälte zu 
Anfang Dec. des Jahres 1853. 
Nach 146 Tagen fielen ein: 
a) zu h. 58: Schnee 25. und 26. März. — Gewitter 13. und 
14. Aug. — Schnee 7. Jan. 60; 
b) zu i 58: Nebel 5. bis 7. Jan. — Gewitter 30. Mai bis 
1. Juni; 
c) zuk 58: Niederschlag 18. Jan. — Gewitter 11. u. 12. Juni; 
d) Gewitter 17. Mai — Nebel 18. Oct. 


Der Sommer 1860. 


&| März April Mai Juni Juli August | ®o 
STIER NWERRT WE W|LR  wiR WR Dwie 
23 zu | 26 3Y 14 | 11 13 ‚123 
24 rT 46 1 Gttr:H 24 38 4 , 25 24 
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440 


1. Das erste Viertel am 30. März 73/ıh d. a. Wärme, 
Regelmässig erst bei SW, dann nach dem SWsturme in der 
Nacht zum 3. April bei NO mit Nebel und Regen. (Am 9. 
April Nordlicht in Westphalen und Hannover.) ’ 

2. Das letzte Viertel am 13. April um 21/ah d. a. Kälte, 
nach kurzem Schwanken bei NO und NW einfiel. 

3. Das erste Viertel am 28. April um 151/,h d.a. Kälte, 
zu der die Temp. bei N und NW herabfiel, am Ende aber bei 
SW in Wärme aufsprang. 

4. Das letzte Viertel am 12. Mai um 20!/,h d.a. Wärme, 

. die mit Gewittern eintraf. Beim Wechsel von SO und SW 
häufig Gewitter aus SO. 

5. Das erste Viertel am 27. Mai um 21b d.a. Kälte, die 
anfangs bei W mit Regen einfiel, worauf dann die Temp. bei 
wechselnden Winden schwach um das Mittel schwankte. (Am 
28. und 29. Sturm, Hagel und Schnee in England und Deutsch- 
land am 3. u. 4. Juni desgl. um München und im Kanale.) 

6. Das letzte Viertel am 11. Juni um 14h d.a. Wärme, 
es fiel aber nach dem Gewitter am 13. ein paar Tage Kälte 
ein und erst mit dem Gewitter am 20. Wärme. Winde wech- 
selnd. i 

7. Das erste Viertel am 26. Juni um 11/h d.a. Wärme, 
es fiel aber bei W. mit häufigen Windstössen mit Regen an- 
haltende Kälte ein. (Der Juni brachte grosse Regen (Ueber- 
schwemmungen) und Stürme in Norwegen und Schweden, grosse 
Dürre im Innern von Nordamerika mit Stürmen am Ohio, 
grosse Hitze am Ende in Mitteldeutschland.) 

8. Das letzte Viertel am 11. Juli um 63/," d. a. Kälte, 
die Temp. sprang aber bei östlichen Winden zu Wärme auf 
und fiel erst am 10. nach Gewittern bei SW schwach unter 
das Mittel. 

9. Das erste Viertel am 25. Juli um 6!/sh d. a. Wärme, 
es fiel aber bei wechselnden Winden mit Regen Kälte ein, 
die gegen das Ende geringer wurde. 

10. Das letzte Viertel am 9. August um 221/ıh d. a. 
Wärme, die Temp. blieb aber selbst bei südlichen Winden 
schwach um das Mittel schwankend. (In Griechenland war 
seit dem 4. Juli eine warmer, regenloser Sommer, in Polen im 
August Regengüsse, in England nass, in Nordamerika heiss; 


441 


12. bis 13. Aug. Nordlicht, 18 Erdstösse mit Gewitter in Inns- 
bruck.) 

11. Das erste Viertel am 23. August um 13?/ıh d. a. 
Kälte, es traf aber bei SW mit häufigen Windstössen Wärme 
ein und erst im Sept. mit NW Kälte. (Hagelwetter in Ober- 
italien; am 27. Ab. 6 Uhr schreckliches Hagelwetter in Leip- 
zig, Weissenfels, Querfurt, Elsterwerda; in der Nacht vom 
1.—2. Sept. Hagelwetter mit Sturm in Schlesien bei Heinau 
und Liegnitz.) 

12. Das letzte Viertel am 8. Sept. um 12h d. a. Wärme, 
die Kälte hielt aber bei NW an und ging erst bei S am 
15. in schwache Wärme über. 

13. Das erste Viertel am 22. Sept. um !/ıh d.a Wärme, 
die bei SW regelmässig eintraf, gegen das Ende bei W sich 
aber abschwächte. 

Zeigt sich in diesem Sommer das Wetter nur 
nach vier Quadraturen (1, 2,4und 13) regelmässig 
so auch nur nach zweien (7 und 9) entgegesetzt 
und davon unter 7 sichtlich als unregelmässig, 
nach zweien (5 und 10) blieb esschwankend und 
nach den übrigen fünf war es halb regelmässig. 


Nach 100 Tagen trafen ein: 


a) Gewitter 28. Sept. 59 — Schnee 7. Januar; 

b) Nebel 6. Oct. 59 — falsche Kälte 13. bis 15. Jan. — 
falsche Wärme 24. bis 26. April — Regen 30. ums 31. Juli 
— Schnee 7. bis 9. Nov.; 

c) Zu b. 59: Schnee 6. und 7. Febr. — a 16. Mai; 

d) Schnee 10. Febr. — Gewitter 19. bis 21. Mai — Ge- 
witter 27. Aug.; 

e) Hagel 14. und Schnee 15. bis 17. Febr. — Gewitter 24. 
und 26. Mai — Gewitter 31. Aug. — Regen 10. und 11. Dec.; 

f) Regen und Schnee 15. und 16. Nov. 59. — Schnee 22. 
Febr. — falsche Wärme 1. Juni — Nebel 7. und 8. Sept. — 
Schnee 17. Dec.; 

g) Schnee nach 5. März — Gewitter 13. Juni und Regen 
nachher; 

h) Gewitter 18. und 19. Juli und Nebel 20. Juli — Nebel 
am 25, 29. bis 31. Oct. — u. w. Nebel 31. Jan. und 1. Febr. 61. 

Bd. XXXI, 1868. _ 30 


442 


Ebenso kann auf einander bezogen werden: 
die falsche Kälte nach 9. Dec. 59 und die falsche Wärme 
nach 17. März 1860, welche letztere zugleich in dem unter 
1859 angegebenen Bezuge mit der falschen Kälte am 20. 
April 1855 correspondirt, 
die falsche Wärme am 2. Febr. und die falsche Wärme nach 
8. Mai, 
die falsche Wärme nach 2. Juni und die falsche Kälte nach 
den Nebeln vom 7. und 8. Sept., 
die falsche Kälte nach dem 29. Juni und die falsche Kälte 
nach 7. Oct., "\ 
die falsche Kälte nach dem Nebel am 20. Juli und die falsche 
Kälte nach den Nebeln vom 29. bis 31. Oct. und weiter 
die falsche Wärme nach 5. Febr. 1861. 
Nach 146 Tagen fielen ein: 
a) Gewitter 29. und 30. Aug. 59 — Nebel und Schnee 17. 
19. Jan. 60 — Gewitter 13. Juni — Nebel 2. und 3. Nov.; 
b) Nebel 17. Sept. 59 — Schnee 6. und 7. Febr. 60, 
c) Nebel 13. und 14. Oct. 59 — Schnee nach 5. März, 
d) Schnee 17. und 18. Dec. 59 — Wetterleuchten und Ge- 
witter 11. und 12. Mai — Nebel 1. Oct., 
e) Schnee 26. bis 28. Januar — Gewitter 20. Juni — Re- 
gen 10. und 11. Dec., 
f) Nebel 5. bis 7. April — Gewitter 27. und Nebel 29. Au- 
gust u. w. 


443 


Der Sommer 1861. 


&| März April Mai Juni Juli | August | 
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Anmerkung. Im Juniheft 1864 S. 469 fehlen die Temperaiur- 


angaben für die Zeit vom 23. bis 30. Sept. 1861 und mögen sie der 
Vollständigkeit wegen hier nachgetragen werden. 


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25 8 29 21 
26 10 30 10 


1. Das letzte Viertel am 2. April um 71/31 d. a. Kälte, 
zu der auch die bisherige Wärme am vierten Tage abfiel, die 
aber in den letzten‘ Tagen in schwache Wärme. überging. 
Winde nördlich. 

2. Das erste Viertel am 18. April um 7?/;h d.a. Wärme; 
es blieb aber bei oft starkem NO und NW mit häufigen Re- 
gen und Schneeschauern Kälte vorherrschend. 

30,> 


444 


3. Das letzte Viertel am 1. Mai um 20!/h d.a. Wärme; 
bei denselben Winden hielt aber die Kälte bis zum 9. an, 
worauf vom 10. bis 13. bei S ansehnliche Wärme eintraf, die 
aber am 14. bei NW wieder in Kälte umschlug. (Sehr kalt 
war es in England, Frankreich und besonders in Süddeutsch- 
land (Schnee) und in Pommern.) 

A. Das erste Viertelam 17. Mai um 17h d.a. Kälte, die 
auch bei bleibendem NW anhielt, bis gegen Ende des Monats 
bei wechselnden Winden mit Regen, Nebel und Wetterleuch- 
ten Wärme eintraf. (Vom 28. bis 30. Wolkenbrüche bei Ber- 
lin, Dresden, in Wesphalen und an der Unstrut.) 

5. Das letzte Viertel am 31. Mai um 11!/;h d. a. Wärme, 
die auch mit Gewittern sich weiter festsetzte und bei wech- 
selnden, jedoch meist südlichen Winden anhielt. Vom 29. 
Mai bis 1. Juni trocken. neblige Luft, doch ohne merklichen 
Höhenrauch. Das Gewitter am 31. war in den oberen Luft- 
schichten mit hohltönendem Donner. (Am 9. Juni Ab. 8 Uhr 
schlug der Blitz in Magdeburg in die Ulrichskirchthürme.) 

6. Das erste Viertel am 15. Juni um 231/sh d.a. Wärme, 
die bei südwestlichen Winden regelmässig anhielt, bei Wind- 
wechsel mit häufigen Gewittern. Am 21. waren hier 2 starke 
Gewitter, das erstere um 15h zog von W gen NO mit Hagel- 
schlag bei den Dörfern Königsaue, Wilsleben und Winningen, 
das andere um 20 bis 23b von Sgen NO mit Hagelschlag bei 
Mehringen und Schierstedt. (Vom 16 bis 24. starke Gewit- 
ter mit Hagelschlag überallim mittlern und nördlichen Deutsch- 
land von Wien bis Pommern, von der Oder bis an den Rhein.) 


7. Das letzte Viertel am 30. Juni um 3!/;h d.a. Kälte. 


Die Temperatur schwankte bei wechselnden Winden schwach 
um das Mittel. 


8. Das erste Viertel am 15. Juli um 32/3h d. a. Wärme. 
Regelmässig beiS und SW. (Am 28, heftiger Sturm bei Wien‘) 

9. Das letzte Viertel am 29. Juli um 203/:h d. a. Wärme. 
Ebenfalls regelmässig bei SW. 


10. Das erste Viertel am 13. August um 8!/sh d.a. Kälte; 
es hielt jedoch die Wärme bis zum 19. an und dann folgte 
schwache Kälte ebenfalls bei SW. (Am 18. Hagel und Sturm 
in der innern Schweiz.) 


445 


11. Das letzte Viertel am 28. August um 143/ıh d. a. 
Wärme, die bei westlichen Winden im Ganzen schwach eintraf. 

12. Das erste Viertel am 11. Sept. um 14!/,h d.a. Kälte, 
die bei gleichen Winden mit Regen einfiel, doch in den letz- 
ten Tagen nachliess. (Am 21. Abends Erdstösse bei Ulm.) 

Nach 6 Quadraturen war das Wetter regel- 
mässig, nach dreien (3, 4, 10) halb regelmässig, 
nach zweien (1, 7) schwankend und nach einer (2) 
entgegengesetzt. Ä 

Nach 100 Tagen trafen ein: 


a) Nebel 18. Febr. — Wetterleuchten 29. Mai; 

b) Nordlicht am 8. und Gewitter am 9. März — Gewitter 
16. und Wetterleuchten 17. Juni — falsche Wärme näch 
23. Sept.; 

c) Gewitter und Schnee 11. bis 13. März — Gewitter 20. 
und 21. Juni; 

d) Gewitter 30. und 31. März — Gewitter 7. Juli — Ne- 
bel 15. Oct. — Nebel 23. Januar 62; 

e) Gewitter 31. Mai und 1. Juni — Gewitter 7. Sept. — 
Regen 15. bis 18. Dec. u. w.; 

f) Gewitter 21. bis 23. Juli — starker Niederschlag 30. Oct. 
bis 1. Nov. — falsche Kälte mit Schnee 7. und 8. Febr. 62; 

Ebenso kann man auf einander beziehen: 
die falsche Kälte nach 4. Jan. und die falsche Wärme nach 

12. April, 
die falsche Wärme nach 20. Jan. und die falsche Kälte nach 

29. April, 
die falsche Kälte nach 5. Febr. und die falsche Kälte nach 

14. Mai und Temperatursprung am 20. Aug. und falsche 

Wärme nach 27. Nov., 
die falsche Wärme nach 18. Febr. und falsche Wärme nach 

26. Mai und schwankende Temp. nach 2. Sept. und falsche 

Wärme nach 9. Dec., 
die falsche Wärme nach 3. März und die falsche Wärme nach 

11. Juli, 


Nach 146 Tagen trafen ein: 


a) Nebel 18. und 19. Jan. — Gewitter 9. Jum — Nieder- 
schlag 30. Oct. bis 1. Nov.; 


446 


-b) Gewitter 14. Aug. 60 — Schnee 4. und 5. Jan. 61 — 
Nebel und Wetterleuchten 29. Mai; 

c) Hagel 4. Oct. 60 -—- Nebel 25. Febr. — Gewitter 21. 
Juli ; 

d) Schnee 7. bis 9. Nov. 60 — Gewitter 30. und 31. März; 

e) Niederschlag und Gewitter 8. und 9. und Gewitter 11. 
März — Gewitter 31. Juli bis 2. August. 


Der Sommer 1862. 


März April Mai Juni Juli August | 


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April | Mai Juni Juli August | Septbr. | 
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' : ' i Kera | i 

1. Das letzte Viertel am 22. März um 223/;h d. a. 
Wärme, die sehr regelmässig am dritten Tage eintraf und 
sich schnell bis 120 über das Mittel steigerte, worauf die 
enorme Hitze am 28. ein starkes, lange andauerndes Gewitter 


447 


brachte, nach welchem die Temperatur aber nur wenig sank. 
WindeSW. Das Gewitter am 4. schlug in die hiesige Malz- 
mühle. (Am 27. in Petersburg — 15,9°C, in Königsberg Eis 
und Schlittenbahn ) 

2. Das erste Viertel am 7. April um 13h d. a. Kälte 
die nach 4 Tagen einfiel und 7 Tage dauerte, wo dann wie- 
der unzeitige Wärme eintraf. Winde westlich. (Am 9. starke 
Gewitter und Regengüsse in der Pfalz.) 

3. Das letzte Viertel am 21. April um 6f/;h d.a, Kälte. 
Stark entgegengesetzt bei SW und NO. Die beiden einfallen- 
den starken Gewitter drückten die Wärme nur auf 2 Tage 
stark herab. 

4. Das erste Viertel am 7. Mai um 4!/sh d. a. Wärme. 
Regelmässig bei meist nordöstlichen Winden. 

5. Das letzte Viertel am 20. Mai um 16!/h d.a. Wärme. 
Regelmässig bei wechselnden Winden. Nach dem Gewitter 
am 25. sank die Temp. auf einige Tage. 

6. Das erste Viertel am 5. Juni um 15!/,h d. a. Kälte; 
die Wärme hielt aber bei starkem SW an und brachte Ge- 
witter und starke Regengüsse, dann schwankte die Tempera- 
tur und fiel endlich auf Kälte herab. 

7. Das letzte Viertel am 19 Juni um 4h d. a. Kälte, 
Regelmässig bei Westwinden mit Regen. (In der Nacht vom 
30.—21. fiel bei 4°Schnee in Thüringen und in der Schweiz.) 

8. Das erste Viertel am 4. Juli um 233/sh d. a. Wärme. 
Bei vorherrschenden, oft starken Südwestwinden durchaus 
schwankend, daher mit Gewittern und Regengüssen. (Am 6. 
Abends und Nachts starke Gewitter bei Südweststurm mit 
Hagel (bei Nacht) in einem Striche von Baden bis Berlin, 
furchtbar mit Hagel in Würtemberg, Thüringen in “es Lau- 
sitz und nördlich vom Huy.) 

9. Das letzte Viertel am 18. Juli um 18h d.a. Wärme; 
die schwankende Temperatur hielt aber mit Weststürmen 
weiter an. Nach einigen Tagen Ostwind war am 29. ein 
Frühgewitter und in der Nacht vom 30 zum 31. ein schreck- 
licher Regenguss von 7 Uhr Abends bis 4 Uhr Morgens auf 
einem Striche von Schwaben bis in die Mittelmark hier und 
dort mit Gewittern. 

10. Das erste Viertel am 3. August um 52/sh d.a. Wärme. 


448 
>, 


Ebenfalls schwankend bei straffen Südwestwinden. Bei der 
Wärme an den 3 letzten Tagen starkes Wetterleuchten. Vom 
5. bis 8. Sturm an der englischen Küste; am 16. Erdbeben 
bei Innsbruck.) 

11. Das letzte Viertel am 17. August um 102/;h d. a. 
Wärme. Anfangs schwankend mit Gewittern bei Wärme, dann 
vom 25. ab geringe Kälte. Vorherrschende Nordwestwinde. 

Das erste Viertel am 1. Sept. um 11h d. a Kälte. Die 
Temperatur hielt sich erst bei SW, dann bei NO beinahe 
auf dem Mittel. (Am 4. und 5. Gewitter und Ueberschwenm- 
mungen in Tyrol und in der Schweiz. 

13. Das letzte Viertel am 16. Sept. um 51/;h d. a. Kälte, 
die auch am dritten Tage einsetzte und bei NO und N mit 
sehr kalten Nächten und sonnigen Tagen andauerte. 

In diesem Sommer traf nur nach einer Quad- 
ratur (3) entgegengesetztes Wetter und nach einer 
(2)halb regelmässiges ein, sonst war es entweder 
völlig regelmässig (nachfünfen), oder es schwankte 
um das Mittel (nach sechsen). Besonders war der 
Nachsommer der hätte warm sein müssen, schwankend; die 
Wärme wurde zurückgedrängt und daher erfolgte unruhiges 
Wetter mit vielen Niederschlägen und Gewittern. Die Mittel- 
zahl der Gewitterregen ist für Aschersleben 13, in diesem 
Sommer waren es 20. 

Nach 100 Tagen trafen ein: 

a) Zu e 61 — Gewitter 28. März — Gewitter 6. Juli; 

b) Nebel 14. bis 16. März — Regen 21. und 22. Juni — 
Regen 1. Oct. — u.w; 

c) Gewitter 4. April — Regen 13. Juli — Regen 20. Oct. 
— uw; 

d) Regen 24. Juli — Nebel 1. Nov. — u. w.; 

e) Gewitter und Nebel 29. bis 31. Juli — Nebel 6 bis 
8. Nov.; 

f) Gewitter 9. Mai — Wetterleuchten 15. bis 17. Aug.; 

g) Gewitter 21. Aug. —.Nebel 28. und 29. Nov. — Regen 
8. März 63; 

h) Nebel 22 Febr. — Gewitter 2. Juni — Gewitter 6. Sept. 
Schnee 18. Dec. — Hagel 27. März 63; 

i) Gewitter 16. Mai — Gewitter 23. August. 


449 


Gleicherweise kann auf einander bezogen werden: 
die falsche Kälte nach 23. Aug. u. die falsche Kälte nach 30.Nov., 
die schwankende Temperatur nach 7. Sept. und die falsche 
Wärme nach 15. Dec. 
Nach 146 Tagen fielen ein: 
a) Gewitter 28. März — fernes Gewitter und Wetterleuch- 
ten 21. Aug.; 
b) Graupeln vom 13. bis 15. April — Gewitter 6. Sept.; 
c) Gewitter 26. und 27. April — Nebel 19. Sept.; 
d) Gewitter 8. Juni — Nebel 30. Oct.; 
e) Gewitter 6. Juli — Nebel 26. bis 29. Nov.; 
f) Gewitter 29. Juli — Nachtgewitter 20. Dec. 


Der Sommer 1863. 


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450 


1. Das erste Viertel am 27. März um 93/ıh d. a. Kälte. 
Nach einigen kalten Tagen (Nordweststurm am 29) mit Schnee . 
und Graupelschauern traf bei westlichen Winden sich stei- 
gernde Wärme ein. 

2. Das letzte Viertel am 11. April um 21/ıh d.a. Kälte. 
Entgegengesetzt, anfangs bei Ostwind, dann nach dem Gewit- 
ter am 18. bei straffem West mit Hagelschauern. (Am 22. 
und 23. Erdstösse in Kairo und auf Rhodus.) 

3. Das erste Viertel am 26. April um 5h d. a. Wärme. 
Die Temperatur schwankte erst und stieg dann auf geringe 
Wärme. Winde meist westlich. (Vom 7. bis 10 Hagel und 
Sturm in der Schweiz.) 

4. Das letzte Viertel am 10.Mai um 8!/oh d.a. Wärme. 
Anfangs regelmässig bei SW, dann nach den fernen Gewit- 
tern am 17. und 18. entgegengesetzt bei NO. 

5. Das erste Viertel am 25. Mai um 213/ıh d. a. Kälte, 
die Temperatur hielt sich mit kurzen Schwankungen bei wech- 
selnden Winden auf dem Mittel, jedoch mit mehr Kälte als 
Wärme. 

6. Das letzte Viertel am 8. Juni um 14?/ıh d.a. Wärme. 
Nach einigen warmen Tagen folgte am 13. kaltes Regenwet- 
ter. Auf die starke Regenperiode vom 11. bis 21. (mit star- 
ken Gewittern und Hagel auf einem Striche vom Oberrhein 
bis Schlesien) folgte bis zum 24. unheimlich schwüles Wetter.) 

7. Das erste Viertel am 24. Juni um 11!/h d.a. Kälte. 
Die Wärme nahm ab, schwankte und ging am Ende in Kälte 
über. Winde westlich. 

8. Das letzte Viertel am 7. Juli um 231/3h d. a. Kälte. 
Erst schwankend bei wechselnden Winden, dann stark regel- 
mässig bei straffen Westwinden. 

9. Das erste Viertel am 23. Juli um 22!/sh d.a. Kälte. 
Im Ganzen regelmässig bei W und NW. Den ganzen Monat 
Juli war, wenn nicht kalter Wind wehte, drückende Luft, bei 
dunkeln Wolken wenig Regen und oft röthlicher Sonnenschein 
(besonders am 16), der Wind löste das Gewölk auf. (In der 
Nacht vom 16. zum 17. vernichtender Frost in der Eifel und 
in allen rauhen Waldgegenden Deutschlands, Kartoffeln und 
Buchweizen erfroren. In Westphalen und im Rheinland im 


451 


ganzen Monat viel Höhenrauch, viel starke Brände in den 
nördlich liegenden Moorgegenden.) 

10. Das letzte Viertel am 6. Aug. um 11h d.a. Wärme. 
Regelmässig bei SW, bei einfallendem Ost mit Gewittern. 
(Am 9. in Paris 350, am 10. daselbst 39° — der heisseste 
Tag seit hundert Jahren, an demselben Tage Hagel und Ge- 
wittersturm in Coblenz und um den Rigi.) 

11. Das erste Viertel am 22. August um 7!/ıh d.a. Wärme. 
Völlig regelmässig bei südwestlichen Winden. (Am 29. und 
30. heisser Sturm im Riesengebirge.) 

12. Das letzte Viertel am 5. Sept. um 2h d. a. Kälte. 
Völlig regelmässig bei oft straffen Südwestwinden. (Am 10. 
Gewitter in Brüssel, das in den Rathhausthurm einschlug.) 

13. Das erste Viertel am 20. Sept. um 14!/yh d.a. Wärme. 
Die Temperatur hielt bei wechselnden Winden fast das Mit- 
tel inne. Am 20. Abends Südweststurm. (Am 26. grosse Re- 
ezucee in der Schweiz und am Gentersee.) 

So vollkommen regelmässig das Wiek im 
Nachsommer dieses Jahres eintraf (nach 5 Quadra- 
turen), so schwankend war es im Vorsommer (nach 
4 Quadraturen schwankend und nach einer (4) halb regel- 
mässig), und im Anfange nach den beiden ersten 
Quadraturen entgegengesetzt. Unverkennbar zeigt 
sich hier die Nachwirkung des ausserordentlich warmen Win- 
ters von 1862/1863, indem die Kälte vorerst nicht durchdrin- 
gen kann und nachher dem Vorsommer die Wärme zu feh- 
len scheint. 

Nach 100 Tagen trafen ein: 

a) Zu b 62 — Nebel 8. Jan. Gewitter 18. April; 

b) Nebel 15. Jan. — Schlossen 23. und 24. April — Regen 
31. Juli; 

c) Gewitter 5. Aug. — Nebel 13. Nov. — u. w; 

d) Zu c. 62 — Gewitter 29. Jan. -— Gewitter 7. Mai -— 
Gewitter 13. Aug. — Nebel 22. Nov.; 
» e) Wetterleuchten 10. Mai -— Gewitter 17. Aug. — Regen 
25. Nov; 

f) Zu d. 62 — Schnee 8. und 9. Febr. — Gewitter 17. und 
18. Mai; 

g) Wetterleuchten 31. Aug. und 1.Sept. — Sturm 11.Dec.; 


452 


h) Wetterleuchten und Nebel nach 6. Oct. — Nebel nach 

13. Jan. 64. 
In gleicher Weise können auf einander bezogen werden: 

die falsche Wärme nach 1. Nov. 62 und die f. W. nach 11. 

Febr. und die falsche Kälte nach 19. Mai; 
die f. W. nach 15.Dee. 62 und die f. W. nach 21.März und 

die schwankende Temperatur nach 29. Juni und falsche 

Wärme nach 6. Oct.; 
die f. Wärme nach 24. Dec. 62 und die f. W. nach 2. April; 
die f£. W. nach 30. Dec. 62 und die f. W. nach 8. April; 
die f. Wärme nach 13. Juni und die falsche Kälte nach 21. 

Sept. 

Nach 146 Tagen fielen ein: 

a) Regen und Schnee 19. bis 21. Jan. — Regen 13. und 
14. Juni — Regen 4 und 5. Nov; 

b) Gewitter 29. Jan. — Regen 20. Juni — Nebel 13. Nov. 
— u.W.; 

c) Regen 8. und Schnee 10. März — Regen 31. Juli — 
Schneesturm 22. und 23. Dec.; 

d) Nebel 13. und 14. März — Gewitter und Regen 5. Aug,; 

e) Graupeln und Schnee 27. bis 30. März — Regen 20. und 
21. Aug. — u. w.; 

f) Gewitter 17. und 18. Mai — Nebel 7. bis 9. Oct. — 
u Ww.; 

g) Nebel 22. Oct. — Schlossen 16. März 64. 


“ 


453 
Der Sommer 1864. 


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1. Das letzte Viertel am 23. März um 231/\oh d. a. Kälte, 
die auch bei Westwinden mit starken Schneeschauern einfiel, 
(Vom 29.März bis 3. April starker Schneefall in der Schweiz 
und im südlichen Deutschland bis Wien, am 11. und 12. 
Schnee in Neapel.) 

2. Das erste Viertel am 14. April um ih d. a. Wärme, 
die aber erst nach 5 Tagen eintraf. Winde vorherrschend 
östlich. Y% 

3. Das letzte Viertel am 29. April um 51/;h d.a. Kälte, 
die mit starkem Regen bei NW einsetzte und bei Ost an- 
hielt, Am 30. starke Sandwirbel und Staubwolken. 


454 


4. Das erste Viertel am ..13. Mai um 191/06 d.a. Kälte, 
statt deren bei NO Wärme eintraf, bis nach dem Gewitter 
am 21. (nur 2 Blitze mit Weststurme) mit starken regnerischen 
Winden die richtige Kälte einfiel. (Am 24. Schnee im Erz- 
gebirge; vom 22. bis 26. grosse Hitze mit Gewittern in Spa- 
nien und Italien.) 

5. Das letzte Vierteiam 28. Mai um 10!/ıoh d.a. Wärme, 
zu der die Kälte am dritten Tage mit Gewitter und Regen 
aufsprang und die, erst schwach, dann stärker anhielt. Winde 
wechselnd. Am 10. Juni starke Gewitter und Wolkenbrüche 
bei Hof und Bamberg, bei Erfurt und Gerstungen.) 

6. Das erste Viertel am 12. Juni um 123/;h d. a. Kälte, 
die am dritten Tage mit Gewittern richtig, jedoch nur schwach 
eintiel. Winde westlich. (In Nordamerika war der Juni sehr 
trocken, starke Regen und Ueberschwemmungen in der: Wal- 
lachei, besonders am 23., am 24. Schnee bei Trier.) 

7. Das letzte Viertel am 26. Juni um 15h d.a- Wärme. 
Bei westlichen Winden mit vielem Regen hielt aber die Kälte 
an. Am 30. Juni und 1. Juli plötzliche Regengüsse bei wech- 
selndem West und Ost bei heitern Nächten. 

8. Das erste Viertel am 12. Juli um 42/3b d. a. Wärme. 
Bei NW hielt die Kälte an, bis nach den Gewittern anf 22. 
schwache Wärme kam. (Dürre Sommer in England und Nord- 
amerika.) 

9. Das letzte Viertel am 25. Juli um 21!/sh d.a. Wärme, 
Die Temperatur schwankte mehrfach um das Mittel. Winde 
westlich. (Am 30. Sturm an der Westküste von England.) 

10. Das erste Viertel am 10. Aug. um 183/ıh d.a. Kälte, 
die bei starken Westwinden mit Regen richtig einfiel. (In 
Oberitalien verheerende eisige Gewitterstürme (am 10, in Como), 
die plötzlich mit heissem Sirocco wechselten ; in Genua schneite 
es längere Zeit bei Blitz und Donner; in der Vend&e, Provence 
und Gironde war es trocken, seit Ostermontag fiel kein Tro- 
pfen Regen (Kartoffeln und Wein verdorrten), um Bordeaux 
in der Mitte des Monats 38°; am 23. und 24. sehr starker 
Sturm bei Kiel.) 

11. Das letzte Viertel am 24. Aug. um 65/sh d.a. Kälte. 
Regelmässig bei wechselnden Winden. 

12. Das erste Viertel am 9. Sept, um 63/;h d.a. Wärme. 


455 


Bei wechselnden Winden schwankte die Temperatur mehrfach 
um das Mittel. 

Nach 6 Quadraturen traf regelmässiges Wet- 
ter ein, nach zweien (2 und 4) halb regelmässiges, 
nach zweien (9 und 12) schwankendes und nach 
zweien (7und8) entgegengesetztes. Der Sommer war 
‘ bei uns im Ganzen kalt und nass, im westlichen Europa heiss 
und dürr. » 

Nach 100 Tagen trafen ein: 


a) Zu c. 63 — Schneetreiben 22. Febr. — fernes Gewitter 
31. Mai — Regen 7. Sept.; 

b) Nebel 25. Febr. — Gewitter 4. Juni — WettenleneHien 
10. Sept., 

c) zue 63 — Behnee, und Nebel 4. und 5. März — Wet- 
terleuchten 19. Sept.; 

d) Gewitter 7. März — Wetterleuchten und Gewitter 14. 
und 15. Juni — Regen 23. Sept.; 


e) Gewitter 19. Juni — Nebel 27. Sept. — u. w.; 


f) Sturm 18. Dec. 63 — Nebel 22. März — Sturm 30. Juni 
Nebel 6. bis 8. Oct. — Regen 14. Jan. 65; 

g) Schlossen und Schnee 22. Dec. 63 — Schnee in Süd- 
deutschland 31. März — Regen 7. und 8. Juli Schlossen 
15. Oct. — Nebel und Schnee 22. Jan. 65; 

h) Gewitter 22. Juli — Niederschlag und Nebel 29. und 
30. Oct. ; 

i) Gewitter 25. Juli — Nebel 1. Nov. — Nebel und Schnee 
8. und 9. Febr. 65; 

k) Gewitter 29. Juli — Niederschlag 4. und 5. Nov. — 
u. w.; 

l) Gewitter 1. Aug. — Nebel 9. Nov. — u. w.; 

m) Gewitter 21. Aug. — Regen 29. Nov. — Nebel 8. und 
9. März 65. 

Nach 146 Tagen fielen ein: 

a) Zu b. 63 — Schneeschauer 2. bis 7. April — Regen, 
Gewitter und Nebel 20. bis 23. Aug.; 

b) Zu e 63 — Nebel 13. bis 16. Jan. — Gewitter 4. Juni 
Nebel 26. Oct.; 


456 


c) Zu f. 63 — Nebel 29. Febr. und 1. März — Gewitter 
22. Juli; 

d) Nebel 12. Oct. 63 — Nebel 5. März — Gewitter 25. 
Juli; 

e) Südweststurm und Regen 11. bis 14. Dec. 68 — Regen 
30. April bis 2. Mai — Wetterleuchten 19. Sept. ; 

f) Nebel 1. Jan. — Regen 24. bis 26. Mai — Schlossen- 
schauer 15. Oct.; 


g) Nebel 6 Jan. — fernes Gewitter 31. Mai — Nebel 
22. Oct.; 

h) Schnee und Nebel 7. und 8. Febr. — Regen 30. Juni 
und 1. Juli — Nebel 21. und 22. Nov.; 

i) Sturm 12. Febr. — Gewitter 5. Juli und Regen bis 8; 

k) Schnee 18. Febr. — Nebel 10. und Wetterleuchten 11. 
Juli — Nebel 2. Dec. 


Indem ich hier im Berichte über meine Beobachtungen 
seit 1847 nochmals abbreche, bemerke ich wiederholt, dass 
ich nur verhoffe, die Aufzeichnungen allein könnten für An- 
dere von Belang sein, da sie den Gang der Witterung inner- 
halb eines Zeitraumes von 17°/ı Jahren angeben. Ob die 
Störungen im normalen Gange der Wärme von lunaren und 
planetarischen Einflüssen herrühren, wie ich vermuthet habe, 
muss ich völlig dahin gestellt sein lassen. Ich habe die Da- 
ten rein empirisch zusammengestellt und den Resultaten fehlt 
die streng wissenschaftliche Begründung. Es wird mich da- 
her nicht wundern, wenn die unterstellten Ursachen des Wech- 
sels der Witterung kurzweg abgewiesen und für Träumerei 
erklärt werden. Da gleichwohl sehr namhafte Physiker sich 
mit der Frage nach dem Einflusse des Mondes auf das Wet- 
ter ernstlich beschäftigt und ihn, wenn auch in etwas ande- 
rer Weise, nachgewiesen haben, so glaube ich nach Allem, 
was ich darüber beigebracht habe, bei meiner Ansicht ver- 
harren zu dürfen, und um so mehr, da das Schlussresultat 
jeder billigen Erwartung völlig genügt. Es ist nämlich, 
wenn der lunare Einfluss allein in Betracht gezo- 
gen wird, in diesem Zeitraum von insgesammt 440 
Quadraturen nach 217 — also nach 49,3% — völlig 
regelmäsiges Wetter erfolgt, nach 61 - 13,9 %/o -- 


457 


regelmässiges, nach 72 — 16,36% schwankendes 
und nach 90 — 20,44 0 — entgegengesetztes, und da 
die beiden mittleren Witterungserscheinungen als indifferente 
betrachtet werden müssen, so stellt sich die Wahrschein- 
lichkeit für das nach der aufgefundenen Regel 
eintretende Wetter auf 70,7%. In den 8Sommern von 
1857 bis 1864 traf nach 43 Quadraturen regelmässiges, nach 
14 halb regelmässiges, nach 23 schwankendes und nach 16 ent- 
gegengesetztes Wetter ein, was eine relative Wahrscheinlich- 
keit von 73°/o ergiebt. 

Was endlich die Verkettung derjenigen Wettererschei- 
nungen, welche durch den Zusammenstoss verschiedenartiger 
Luftströmungen erzeugt werden, nach 100 und 146 Tagen be- 
trifft, so scheint dieselbe durchaus nicht vom Zufalle abzu- 
hängen, und wenn ich aus den beigebrachten Gründen darauf 
gerathen bin, für dieselbe den Hauptplaneten und den der 
Erde nächsten als Vorursache in Anspruch zu nehmen, so 
kann solche Combination wohl als sehr kühn, nimmer aber 
als unmöglich bezeichnet werden. Eine Betrachtung des Wit- 
terungsganges aus diesen Gesichtspunkten erzielt zum wenig- 
sten, dass man in der Vorausbestimmung ausserordentlicher 
Wettererscheinungen sehr oft nicht fehl schiesst, und darauf 
hin zielt ja schliesslich alle Wetterkunde. 

Ich weiss recht wohl, dass ich auf einem ungebahnten 
Wege gehe, den noch immer mystisches Dunkel verdeckt hat 
und auf dem man nicht Schritt vor Schritt, d. i. Schluss auf 
Schluss vordringen kann; indessen glaube ich auf ihm doch 
einige Hinblicke und Haltepunkte gefunden zu haben, die 
ohne Zwang der Wissenschaft zugeeignet werden können. 
Wäre ich dabei wirklich im Irrthum, so dürfte der Weg doch 
nicht geradezu wissenschaftlich verboten sein. 


Bd. XXXI, 1868. 31 


458 


Ueber den Stickstoffumsatz der im Körper 
verbrauchten Eiweisskörper 
von 


M. Siewert. 


Wenn man die in früheren Jahrzehnten angestellten Un- 
tersuchungen über den Stickstoffiumsatz der Eiweisskörper 
während der Verdauung als völlig richtig annımmt, so ergiebt 
sich bei dem meist sehr bedeutenden Stickstoffdeficit zwischen 
der Einnahme in den Nahrungsmitteln und der Ausgabe durch 
die Exeremente und bei der Annahme, dass dieses Stickstofi- 
deficit nur durch Rückkehr des Stickstoffs in die Elementar- 
form zu erklären sei, für den Landwirth die sehr wenig tröst- 
liche Gewissheit, dass mit der Verfütterung der Ernteerträge 
stets von dem für die thierische Ernährung durch die Pflan- 
zen in die allein brauchbare Form übergeführten Stickstoff 
bis zu 50 pC. wieder unbrauchbar gemacht würden, da der 
durch die Lungen an die Atmosphäre abgegebene gasförmige 
Stickstoff nicht mit dem Dünger wieder auf den Acker ge- 
bracht werden konnte, um von Neuem am Kreislauf der Ve- 
getation Theil zu nehmen; ja man musste zu dem nieder- 
schlagenden Schlusse gelangen, dass in Folge dieser durch 
das Naturgesetz gebotenen Thatsache eine fortdauernde Stei- 
gerung der Ernteerträge ins Reich der Unmöglichkeit ge- 
höre. 

Da durch die Versuche von Reuling aber mit ziemlicher 
Genauigkeit bewiesen ist, dass unter normalen Lebensbedin- 
gungen in den Respirationsgasen nicht mehr Ammoniak vor- 
handen ist, als überhaupt in der eingeathmeten Luft nachge- 
wiesen werden kann und auch in den Darmgasen nur aus- 
nahmsweise kleine Mengen von Stickstoff in Form von Ammo 
niak enthalten sind, so konnte bei dem grossen Stickstoffde- 
ficit älterer Untersuchungen diese Form des Verlustes nicht 
annehmbar scheinen. Für die Entbindung gasförmigen Ele- 
mentarstoffs sind im Organismus, der eine fortdauernd oxy- 
dirende Tendenz hat, keine Bedingungen gegeben. Wenn wir 
ausserhalb des Organismus bei Verbrennung von Wasser- 
stoffgas in Luft selbst den elementaren Stickstoff mit Sauer- 


459 


stoff zu salpetriger Säure zusammentreten, also seine Indiffe- 
renz aufgeben sehen, wenn wir ferner wissen, dass Eiweiss- 
körper, mögen sie mit alkalischen Reagentien gekocht oder 
geglüht werden, niemals den in ihnen enthaltenen Stickstoff 
in elementarer Form frei werden lassen, sondern höchstens 
als Ammoniak abgeben, letztere Verbindung aber nachgewie- 
sener Maassen nur unter abnormen Bedingungen im Blute, in 
der Expirationsluft, in den Darmgasen etc. vorkommt, so 
scheint bei der Alkalinität des Blutes und dem durch den 
Sauerstoffgehalt desselben fortdauernd ausgelösten Oxydations- 
process innerhalb des Körpers für die Loslösung des einmal 
in den Eiweisskörpern der Nahrung gebundenen Stickstoffs 
und Ueberführung in die elementare Form durch die Verdauung 
schon an sich jeder fassbare Grund abgeschnitten. 

Da weiter durch viele Beobachter von dem mit: der Nah- 
rung eingenommenen Stickstoff bis auf kleine Bruchtheile das 
Stickstoffquantum in Harn und Fäces wiedergefunden worden 
war, so war eigentlich die den ältern Anschauungen entge- 
gen von Bischoff, Pettenkofer und Voit ausgesprochene An- 
sicht gar nicht auffallend, dass aller in der Nahrung aufge- 
nommene Stickstoff in den Excrementen wiedergefunden wer- 
den könne, und auch beinormaler Verdauung wiedergefunden 
werden müsse, wenn man aus dem Umsatz des Stickstoffs 
‚der Eiweisskörper einen Schluss auf das Maass des Stoffwech- 
sels ziehen wolle; und wenn sich ein Deficit ergebe, dieses 
seine Erklärung entweder in mangelhaften Untersuchungen 
und Beobachtungen oder bei Vermehrung des Körpergewich- 
tes in Fleischansatz finde. 

Trotzdem diese neuere Ansicht an sich sehr plausibel 
erscheint, ist doch gegen dieselbe vielfach Widerspruch erho- 
ben worden. — Es ist daher bei der grossen Schwierigkeit 
in Anstellung solider chemisch physiologischer Untersuchun- 
gen, besonders wenn sich zwei gerade entgegengesetzte An- 
sichten unausgeglichen gegenüberstehen, jeder Beitrag neuer 
experimenteller Forschung über den Umsatz der Eiweisskör- 
per mit Freuden zu begrüssen. 

Eine neuere Arbeit auf diesem Gebiete ist die von Seegen*), 


‘*) Wien. Akad. Ber, 1867, 357.: 
31* 


460 


welche die neuere Theorie von Bischoff, Pettenkofer und Voit 
als gänzlich unrichtig abweist. 

Seegen !) hatte im Jahre 1864 Untersuchungen über den 
Einfluss des Glaubersalzes auf den Umsatz der Körperbe- 
standtheile veröffentlicht und kam damals, weil er nicht al- 
len Stickstoff der Nahrung in Harn und Koth wiederfand, zu 
dem Schluss, dass das Glaubersalz den Umsatz der stickstofi- 
haltigen Gewebe beträchtlich beschränke und nur die Fettge- 
webe reichlicher umsetzte, also der Körper relativ an Eiweiss- 
geweben reicher an Fett ärmer mache. Die Stickstofferspar- 
niss hatte damals 25 pC. betragen, und S. setzt ausdrücklich 
hinzu, die Stickstoffersparniss sei eine grössere bei fettreichen 
Thieren und werde allmälig geringer in dem Masse, als das 
Thier magerer wird. Er führte im Herbst 18652) Versuche 
aus, um den Einfluss des kohlensauren Natrons auf die Um- 
setzung der Eiweissgewebe zu constatiren, und kam dabei 
nach einer 7O0tägigen Versuchsreihe zu einem so grossen De- 
fieit an Stickstoff, dass wenn er dasselbe nach Voits Theorie 
als Körperersparniss an angesetzten Eiweissstoffen annehmen 
wollte, sein Versuchsthier nur noch aus einem reinen Fleisch- 
klumpen ohne Haut und Knochen bestehen konnte. Bei Wie- 
derholung der Versuche im Jahre 1866, während 3 Monate 
erhielt er dasselbe Resultat. Allerdings fand er unter gewis- 
sen Bedingungen in beiden Versuchsreihen zeitweise die Stick- 
sioffausfuhr der Einnahme gleichwerthig, sprach sich aber 
doch dahin aus, dass deshalb der Stickstoffgehalt der Ex- 
cremente nicht als Maass der umgesetzten Stickstoffgewebe 
angesehen werden könne, weil der Stickstoff in anderen Fäl- 
len auch andere Abzugswege und wahrscheimlich in der Per- 
spiration habe und damit falle das Gesetz von Voit. 

Zur Begründung seiner Ansicht zieht Seegen neben sei- 
nen eigenen Bestimmungen auch die anderer Forscher herbei. 
Das Prineip, nach welchem in den einzelnen angeführten Un- 
tersuchungen das Stickstoffdeficit berechnet wird, ist aber 
nicht in allen Fällen das gleiche, abgesehen davon, dass eine 
nicht unbedeutende Zahl von Rechenfehlern mit in den Kauf 


1) Wiener Akad. Ber. Sitzung vom 4. Febr 1864, 
2) A.a. O0. 


461 


genommen werden muss. Es kann sich bei der Berechnung 
des Stickstoffdeficits meiner Ansicht nach nur handeln um 
den Vergleich der Zahlen für Gesammt-Einnahme und Aus- 
gabe. Ich sehe keinen Grund dafür ein, warum man zuerst 
eine grosse Menge Stickstoff als eingenommen in Rechnung 
setzen. und nachdem man die ganze Untersuchung der flüs- 
sigen und festen Excremente ausgeführt hat, den im Koth 
wiedergefundenen Stickstoff abziehen soll, als habe letzterer 
gar keine Bedeutung während der Verdauung gehabt oder sei 
gar nicht eingenommen worden. Er ist immerhin durch die 
Analyse wiedergefunden. Zieht man ihn als gar nicht 
in Betracht kommend von dem ursprünglich eingenommenen 
Stickstoffiquantum ab, dann addirt man die Fehler der Koth- 
Analyse zu dem der Harnanalyse, gerade als wenn bei der 
Kothanalyse gar kein Versehn Statt finden könnte, während 
doch jeder weiss, dass kleine Differenzen bei jeder Analyse 
vorkommen. Will man aber wirklich die Berechnung in der 
Weise aufstellen, dann dürfen nicht Versuchsresultate von 
Thieren in Vergleich gezogen werden, bei denen durch die 
Kloake feste und flüssige Excremente gleichzeitig abgeführt wer- 
den. Welcher Theil des im Ganzen wiedergefundenen Stickstoffs 
ist dann in diesen Fällen als nicht in den Kreislauf gelangt von 
dem in der Nahrung enthaltenen Stickstoffquantum abzuziehen ? 

Die Unregelmässigkeit in der N-Ausscheidung durch Harn 
und Koth, die Beobachtungen Seegens, dass 1,7—21,6pC. des in 
der Nahrung enthaltenen N nicht im Harn und Koth wieder 
erscheinen, bald auch selbst bei vermindertem oder vermehr- 
ten Körpergewicht mehr N in den Excreten wiedererscheint, 
als eingenommen worden ist, sind völlig räthselhaft. Was 
ferner den Einfluss des NaO.CO?2 anlangt, den S. zu studi- 
ren sich vorgenommen hat, kommen wir zu gar keinem Re- 
sultat; denn bei Zugabe von 1 Grm. dieses Salzes vermehrt 
sich die N ausscheidung so, dass fast aller N der Nahrung 
im Harn und Koth wiedererscheint, ja sogar trotz Körper- 
gewichtszunahme mehr ausgegeben wird, als eingenommen 
war und bei Zugabe von 2 Grm. Na0CO? steigt das 
N-deficit wieder auf 20 pC. Um so auffallender erscheint 
daher pag. 373 folgender Absatz: Liebig hat dem Alkali des 
Blutes eine grosse Rolle bei den Oxydationsprocessen zuge- 


462 


schrieben. Sollte die Einfuhr des kohlensauren Natrons die 
Oxydation der Albuminate in der Art steigen das C und H 
zu CO? und HO oxydirt werden und mit diesen der frei ge- 
wordene elementare N ausgeschieden werde. 

Was der Verf. eigentlich mit diesen Worten sagen will 
ist völlig unverständlich. Soll er zum Beweis seiner Ansicht 
dienen, oder zur Bekämpfung gegnerischer Ansichten? Nur 
in einer Versuchsreihe bei Eingabe von 2 Grm. Na0C0? er- 
gibt dieselbe ein Ndeficit von circa 20 pC.; in 2 anderen Fäl- 
len wird durch Zugabe von 1 Grm. .die N-ausscheidung durch 
Harn und Koth fast bis auf eine geringe Differenz den Voit- 
schen Ansichten gerecht. Also kann durch Na0.C0? die Los- 
lösung des N aus den Eiweissubstanzen bis zum Elementar- 
stoff nicht bedingt sein. 

Es bleibt daher, wenn alle übrigen Beobachtungen und 
analytischen Resultate der festen und flüssigen Excremente 
völlig exact gewesen sind!, zur Erklärung der sehr varianten 
und oft hohen Stickstoffdeficite der Seegen’schen Versuchsrei- 
hen nur die Annahme übrig, dass die Stickstoffeinnahmen 
in den einzelnen Versuchsreihen nicht richtig berechnet ge- 
wesen sind und für diese Annahme glaube ich aus den von 
mir später anzuführenden Fleischanalysen den Beleg liefern 
zu können; da ich nicht eine einzige Fleischportion vom Flei- 
scher erhalten habe, welche in Bezug auf den Stickstoffge- 
halt mit den andern Portionen übereinstimmte. Wenn See- 
gen daher bei seinen ganzen Versuchsreihen die Analyse eines 
einzigen Stückes Fleisch mit 3,4 pC. N für die Berechnung 
der Stickstoffeinnahme durch andere Fleischportionen als ein 
für allemal richtig zu Grunde gelegt hat, so entbehrt diese 
Annahme nicht nur der Begründung, sondern enthält den 
Grund der so sehr abweichenden Versuchs-Resultate. 

Wenn es sich darum handelt einen für die physiolo- 
gische Chemie so wichtigen Satz festzustellen, wie es der von 
Voit über Stoffwechsel der Stickstoffsubstanzen im thierischen 
resp. menschlichen Organismus ausgesprochene unzweifelhaft 
ist, so können nicht genug Beobachtungen von den verschie- 
denen Untersuchern und an den verschiedensten Organismen 
gemacht werden. Vorläufig werden dieselben allerdings nur 
für ein einziges Individuum Geltung haben, wenn aber von 


463 


verschiedenen Seiten übereinstimmende Resultate beigebracht 
werden, wird der Allgemeingültigkeit der Voitschen Ansicht 
entweder entschieden der Stab gebrochen werden müssen, 
oder derselben die Anerkennung nicht versagt werden können. 

Da mir andere Versuchsobjecte nicht vorlagen, entschloss 
ich mich meinen eigenen Organismus zum Versuche zu benutzen. 
Bei der ersten 12tägigen Versuchsreihe geschah dies nur in Rück- 
sicht der Controlle des Stickstoffumsatzes in Einnahme und 
Ausgabe; ich nahm jedoch schon in der ersten Reihe Ver- 
anlassung wenigstens im Harn Kalk und Phosphorsäureaus- 
scheidung zu bestimmen. Bei der 2. und 3. Versuchsreihe habe 
ich jedoch für Harn und Koth neben den Stickstoff bestim- 
mungen auch die von Kalk, Phosphorsäure und Kali (Natron 
und Chlor) ausgeführt, nachdem ich durch genaue Aschenana- 
lyse der eingenommenen Nahrungsmittel der von mir genos- 
senen gemischten Kost den Gehalt derselben an diesen sowohl 
für den Stickstoffumsatz, wie für die Landwirthschaft wichti- 
gen Stoffen festgestellt hatte. 

In der Reihe I genoss ich während 12 Tagen ausser 
500 Grm. fettfreien Ochsenfleisches, noch 90 Grm. Brod und 
25 Grm. Butter, 300 Grm. Kartoffeln, 8 Grm. Kochsalz, 900 
CC Kaffeeabsud, 500 CC Wasser, 2250 CC Lagerbier und 
20Grm.Zucker. Da ich während dieser Versuchszeit das Fleisch 
als Suppenfleisch in der Brühe zu mir nahm, musste, um 
stets eine gleichmässige Nahrungsmischung zu erzielen, das 
Fleisch mit einer gleichen Quantität Wasser gekocht werden. 
Das Suppenquantum betrug 580 CC. Die Kartoffeln in der 
Schale gekocht, wurden nach dem Abpellen in die Brühe ge- 
drückt, die erwähnten 8Grm. Kochsalz zugefügt, und Mittags 
2/;, Abends !/; von Fleisch, Kartoffeln und Brühe genossen. 
Morgens um 7 Uhr und Nachmittags um 4 Uhr werden je 
450 CC. Kaffeeabsud mit 10 Grm. Zucker ohne Sahne einge- 
nommen. Morgens 9 Uhr wurde das angegebene Quantum 
Brod und Butter, das Bierquantum während des ganzen Ta- 
‘ges je nach Bedürfniss und das Wasser vor dem Schlafen- 
gehn genossen. 

Da zur Versuchszeit in Halle das Wasser noch nicht 
aus der vor Kurzem in Betrieb gesetzten neuen Wasserleitung 
bezogen werden konnte, so musste, da sämmtliche Original- 


464 


brunnen der Stadt nur ein sehr salpeterreiches Wasser lie- 
fern, zum Kochen des Fleisches reines Regenwasser benutzt 
werden. Zur Gewinnung des Kafteeabsudes, der von mir 
selbst stets in derselben Weise von demselben Gewichtsquan- 
tum Kaffee bereitet wurde, und zum Wasser-Trinken präpa- 
rirte ich mir das Wasser in der Art, dass stets dieselben 
Mengen NaCl; Na0.2CO02, Ca0.S03 — 2HO und Aetzkalk 
in einem gemessenen Quantum filtrirten Regenwassers aufge- 
löst resp. vertheilt wurden, in welches sodann 6 Stunden lang 
ein rascher Strom von Kohlensäure eingeleitet wurde. Ich 
hatte in dieser Weise bereitetes Wasser schon seit länger als 
einem halben Jahre getrunken, weil ich nach dem Genuss 
des gewöhnlichen Hallischen Brunnenwassers in Folge des be- 
deutenden Gehaltes an salpetersauren Kalk an einem perpe- 
tuirlichen Magenkatarrh gelitten hatte, der nach Genuss des 
von mir selbst bereiteten Wassers völlig verschwunden war. 

Die Körpergewichtsbestimmung wurde Morgens nach 
Entleerung der Fäces um 9 Uhr auf einer kleinen Decimal- 
wage vorgenommen, welche bis auf 3 Grm. genau wog. Das 
Brod war sogenanntes Hausbackenbrod und wurde am An- 
fang und Ende der Versuchszeit untersucht, um zu erfahren, 
ob etwa der Stickstoffgehalt eine Veränderung erfahren hätte; 
da aber das Brod an einem feuchten kühlen Orte aufbewahrt 
wurde, ergab die Stickstoff bestimmung dasselbe Resultat. Das 
Fleisch wurde in grösseren Stücken gekauft, eigenhändig von 
Sehnen und Fett betreit, von den einzelnen Schnitten zur 
Analyse überall eine Probe zur Gewinnung einer Fleischmit- 
telprobe ausgeschnitten, und sofort in Portionen zu 500 Grm. 
abgewogen und in zugedeckten Porzellanschalen aufgehoben. 
Fast jede Fleischportion zeigte einen andern Stickstoffgehalt, 
der beim Ochsenfleisch allerdings nicht sehr wesentlich va- 
riirte, aber bei den späteren Versuchsreihen mit Pferdefleisch 
so auffallend verschieden war — dass ich anfangs kaum an 
die Richtigkeit der Stickstoffbestimmungen glauben wollte, 
bis mich die mehrfach ausgeführte Analyse mehrerer getrennt“ 
von einander gewonnener und getrockneter Mittelproben von 
der Richtigkeit überzeugte. Als Kartoffel diente eine soge- 
nannte rothe Zwiebelkartoffel, welche mehrfach untersucht 
gleiche Zusammensetzung während der Versuchzeit ergab. 


465 


Für jede Versuchsreihe wurde das zu geniessende Bier auf 
Flaschen gezogen und analysirt und eine Veränderung der 
Zusammensetzung verschiedener Gebräue dadurch constatirt. 


Das ungefähre Verhältniss des N : C in der Nahrung 
war in Reihe I und Il 1:10,4 — 10,9 
in Reihe III 121425: 


Die Stickstoffbestimmung des Harns wurde in der Weise 
ausgeführt, dass je 5 CC Harn direct aus einer kleinen Bü- 
rette in das mit Natronkalk theilweise gefüllte Verbrennungs- 
rohr eingelassen wurden, jedoch mit der Vorsicht, dass nicht 
die 5 CO auf einmal, sondern in 2—3 Portionen eingefüllt 
und nach jedem Harnzulassen kleine Portionen Natronkalk 
nachgeschüttet wurden, damit sich die ganze Flüssigkeits- 
menge gut und gleichmässig auf die Länge von 8—10 Zoll 
im Verbrennungsrohre in den Natronkalk einsaugen könne. 
Darauf wurde noch, wie bei jeder Stickstoff bestimmung, eine 
6—8 zöllige Schicht reinen Natronkalks in das Rohr einge- 
schüttet. Die Verbrennung nahm fast stets 2’Stunden in An- 
spruch; das gebildete Ammoniak wurde in titrirter Schwefel- 
säure aufgefangen. Der Koth wurde nach Bestimmung des 
Bruttogewichtes mit einem Pistill gleichmässig zerrührt und 
für die Wasser und Stickstoffbestimmung circa 80 Grm. ab- 
gewogen. Erstere Portion wurde nach mehrstündiger voll- 
kommener Austrocknung bei 100° feingepulvert und von ihr 
2 Grm. zur Stickstoffbestimmung verwandt. Auch diese Ver- 
brennung nahm stets 2 Stunden in Anspruch. Alle übrigen 
Bestimmungen wurden nach den bekannten Methoden mit An- 
wendung aller üblichen Vorsichtsmassregeln ausgeführt und 
bemerke ich nur noch, dass alle Analysen, Bestimmungen 
und Berechnungen von mir selbst mit grösster Sorgfalt und 
ohne Zuziehung eines Assistenten ausgeführt worden sind und 
ich daher für alle Angaben volles Vertrauen beanspruche. 


466 


Einnahme I. vom 20—31. Januar. 


Ungefähres Ver- 


Na ngamittel Wasser Stickstoff Dans an 
im Mittel im Mittel] in der Nahrung 
90 Grm. Brod . . 33,79 0,9640 | 0,9640 | 25,00 
500 Grm. Ochsen- 15.368,54 5.17,669 
Fleisch ey: a 368,90 4.17,177 11020 17,327 70,75 
3 366,91 3.16,956 
300 Grm. Kartoffeln 203,70 1,2812 1,28 41,25 
25 Grm. Butter 2,50 - 0,0412 | 0,0412 16,25 
8 Grm. Kochsalz . 0,80 
2250 CC Bier . . 2133,20 1,4481 | 1,4481 50,00 
900 CC Kaffee. . 892,10 0,1890 ! 0,1890 2,75 
500 CC Wasser . 499,55 
580 CC Wasser aus 
der Brühe .. 580,00 
20 Grm. Zucker 88 
Summa pro Tag 4714,54 21,2505 | 21,2505 214,8 
pro 12 Tage | 56,574,48 255,006 nl 10,4 
I. Reihe Ausgabe. 
= Bs| =3 : N in Sum- 
Se =) Harn SE FE Koth in Grm. ns 
Tag. |2= 3 lin cc Sn So Feste | Was- | Sum- | N.-ge- |Harn und 
Se 28 Z.o Theile| ser ma halt Koth 
20.Jan.| 56370 | 3860 |1,0088| 20,535 | 34,2 | 193,8 228 | 2,348 22,883 
21. - |55900 | 3260 |1,0089| 17,3434| 44,4 | 155,6 200 | 2,911 20,254 
22. - |55830 | 3060 ı1,0091} 18,8496| 20,7 | 85,3 106 | 1,420 20,2696 
23. - |55900 | 3100 |1,0086| 18,2280| 28,1 | 96,9 125 | 2,164 20,3920 
24. - |55740 |: 3270 |1,0089| 18,7698| 37,5 | 123,5 161 | 2,677 21,4470 
25. - |56000 | 3960 |1,0075) 18,4240| 50,4 | 184,6 235 | 3,669 22,0951 
26. - |55500| 3260 |1,0095| 16,8868| 18,1 | 66,9 85 | 1,3937 18. 2805 
27. - |55750 | 3135 11,0099| 16,2393| 56,1 | 297,9 354 | 4,7124 | 20,9517 
28. - 55600 | 2980 11,0104| 17,5224| 27,5 !112,5 140 , 2,1752 | 19,6976 
29. - 155835 | 3620 |1,0088| 16,5434| 53,1 | 224,9 278 | 4,5394 | 21,0783 
30. - |55460 | 3020 |1,0091| 14,7980) 52,3 | 199,7 252 | 3,5146 | 18,3126 
31. - [55800 | 3650 |1,0080| 15,3300) 76,7 |263,3 | 340 | 5,1542 | 20,4842 
1. Febr | 55700 
Differenz 670 |39175 209,4697| 499,1 | 2004 | 2504 | 36,6785| 246, 5| 246,1456 
N = 96,53 
pC. wieder- 


gefunden. 


467 


In den Kreis-) Der in den Fäces enthaltene 
lauf überge-| Stickstoff der Nahrung 


Harn gangener nicht übergegang.|Ausgedrückt in 
Stickstoff in | in denKreislauf | pC. 2 u 
Tag. CaO POS Cl pC. Differenz eh 

20. Jan.|0,3261| 2,6086|10,9070 95,10 10,37| +5,97 6,86 
21. - 0,2339) 3,0894] 5,2078 ‚80,32 13,48| —6,20 6,56 
22. - |0,1828| 2,8201] 4,2365 87,30 6,58} —6,12 6,86 
23. - 10,1759| 3,0618] 4,2920 84,42 10,02] —4,46 7,70 
24. - /0,1945| 2,8582] 5,3399 86,93 12,40| — 0,67 7,14 
25. - |0,2029| 2,6313] 5,6102 87,32 17,39] +4,71 7,28 
26. - 10,1923| 2,8265| 5,2078 80,03 6,61|—13,36 7,10 
27. - |0,1921| 3,0773] 5,8985 76,96 22,33) —0,71 8,40 
28. - /0,1721| 2,8698] 6,2416 83,04 10,31] —6,65 7,91 
29. - |0,1837) 2,9046| 7,0680 79,23 21,74| +0,97 8,55 
30. - 1/0,1657| 2,9166] 5,8965 70,87 16,83) —12,3 6,72 
31. - |0,1113| 2,8890) 6,7379 13,42 24,69) —1,89 6,72 
1. Febr. 984,94 173,25 83.30 

2,2333|34,5522|72,6437|pro Tag 82,06] 14,44 —3,47 pro Tag 

pc. N Ver- pro 17,36 pC. 

hältniss 5,7 :| 1 Tag 


Aus vorstehender Tabelle ergiebt sich somit für die Ein- 
nahme und Ausgabe in Betreff des Wasserumsatzes eine Diffe- 
renz von 15395 Grm. pro 12 Tage, also ein Verlust von 1283 
Grm. Wasser pro Tag, welche auf andrem Wege als durch 
Harn und Koth aus dem Körper entfernt wurden; und eine 
Differenz von 8,8604 Grm. Stickstoff, es waren also von dem 
ganzen eingenommenen Stickstoffquantum der Nahrung 96,53 
pC. im Harn und Koth wiedergefunden, wovon 82,06 pO. auf 
Harn und 14,44 auf Koth fallen; mithin war das Ausschei- 
dungsverhältniss des in den Kreislauf gelangten Stickstoffs 
zu dem nicht assimilirten 5,7:1. Der Stickstoffgehalt der bei 
100% getrockneten Fäces betrug durchschnittlich pro Tag 7,36 
pC. Die Differenz im Körpergewicht vor und nach dem Ver- 
such betrug allerdings 670 Grm. Wenn diese Gewichtsab- 
nahme des Körpers als Fleisch- resp. Stickstoffverlust in Rech- 
nung gesetzt werden müsste, dann würde sich freilich der 
Procentsatz des nicht wiedergefundenen Stickstofis der Nah- 
rung um etwas erhöhen. Es lässt sich jedoch kein Beweis 
dafür beibringen, dass der Körperverlust von ausgeschiede- 
ner zersetzter Proteinsubstanz herrühre; ich wäre im Gegen- 
theile viel eher geneigt, ihn von einem Verlust von Fett her- 
zuleiten, da das von mir gewählte Verhältniss von N:C in 
der Nahrung wie 1:10,4 weit unter dem normalen von 1:15 


468 


—18 liegt. Der Körper hat möglicherweise zur Verdauung 
der im Uebermaass zugeführten Stickstoffnahrung Fett herge- 
ben müssen; und zwar mehr als er dafür an Proteinsubstanz 
aufspeicherte. DieZahlen für die Stickstoffausscheidung durch 
den Harn zeigen von Anfang bis zum Ende des Versuchs eine 
constante Abnahme, einerseits wohl bedingt durch den ge- 
ringer werdenden N-gehalt des Fleisches in den letzten Ta- 
gen der Versuchszeit, andererseits aber bedingt durch die 
sich stets herabstimmende Verdauungsthätigkeit des Organis- 
mus, resp. die Unfähigkeit der Organe auf eine längere Zeit 
ein übermässiges Quantum Stickstoffnahrung normal zu ver- 
arbeiten; daher die Zunahme der festen Excremente und 
gleichzeitige Verdauungsbeschwerden, Gefühl von Völle und 
in den beiden letzten Tagen Hamorrhoidalaffectionen. Wäh- 
rend der ganzen Versuchszeit hatte ich täglich meine Vorle- 
sung gehalten, meine Praktikanten im Laboratorium unter- 
richtet und sämmtliche analytische Bestimmungen selbst aus- 
geführt nnd nur Abends einen 1/—?/ıstündigen Spaziergang 
gemacht. 


II. Reihe. 


Bei der zweiten 10 Tage umfassenden Versuchsreihe 
wurde bei sonst gleichen Nahrungsquanten statt Ochsenfleisch 
Rossfleisch (pro Tag 500 Grm.) genossen und zwar hauptsächlich 
aus dem Grunde, weil behauptet worden war, dass Rossfleisch 
weniger leicht verdaulich als Ochsenfleisch sei. Ich kann je- 
doch nicht behaupten, dass ich irgend welchen Unterschied 
während des 2ten Versuches gegenüber den Beobachtungen 
während der isten Reihe mit Ochsenfleisch gemacht hätte; 
im Gegentheil möchte ich im allgemeinen behaupten, dass 
selbst als Suppenfleischh mit der Suppe und Kartoffeln, ge- 
nossen, mir Rossfleisch weniger schwer zu verarbeiten war; 
da das Fleisch vorher so weit von Fett befreit war, dass auf 
der Brühe kaum Fettaugen zu bemerken waren, fiel auch der 
Widerwillen fort, den man empfindet, wenn man Suppe von 
Rossfleisch geniesst, das nicht vom Fett vorher befreit war, 
und auf der das gelbe Fett schwimmt. Die Rossfleischbrühe 
sieht zwar unappetitlicher aus, weil sie fast stets trübe ist 
und eine gelbbräunliche Farbe hat, aber sie ist schmackhaft 


469 


und Extractreicher. Es wurde das sogenannte Filetstück zu 
den Versuchen benutzt. 

Es wurden aber bei diesem 2ten Versuch völlig diesel- 
ben Bedingungen eingehalten, wie bei der 1sten Versuchsreihe. 
Bei dieser wie bei der 3ten folgenden Reihe, in welcher das 
gleiche Quantum Rossfleisch in Form von Beefsteakes genossen 
wurde, nahm ich bei der Gegenüberstellung der Nahrungs- 
einnahme und Excrementenausgabe neben dem Umsatz des 
Wassers und Stickstofts auch noch Rücksicht auf die Aschen- 
bestandtheile CaO; PO5; Cl; NaO; KO. Die Beobachtungen 
des Pulsschlages während dieser Versuchsreihe zeigen durch- 
aus keine Uebereinstimmung. 


Pulsschlag Be Aufenthalt in 
Tag. Arbeitszeit : 

; Morgens | Abends | frischer Luft 
10. Febr. 12 84 11 Stunden 

las 72 18 15 - 1), Stunde 
12. - 12 18 14 - EIERN 
Tate. 75 18 17 a TErRgiBE 

Mr - 75 75 152/088 aa 

16... - 72 66 > N are 

16. - 84 72 orte Me 

Pe - 84 84 151, - 3; - 

18. - 84 96 15 - a 

19. - 86 96 141, - SnN= 


Der Harn zeigte in Farbe und Geruch während aller 3 
Versuchsreihen sehr wesentliche Veränderungen. In den er- 
sten 3 Tagen war Farbe und Geruch normal, am 4—-5ten 
Tage wurde die Farbe dunkler. Sedimentbildung war noch 
nicht bemerkbar, Geruch kaum verändert. Vom 5ten Tage 
an wurde der Harn gewöhnlich immer heller und trüber und 
nahm einen entschiedenen Fleischgeruch an, und se- 
dimentirte in den letzten Tagen nach 24 Stunden sehr stark. 
In den ersten Tagen der Versuchsreihe wurde ausserdem die 
Nacht entweder unter sehr ruhelosem oder weniger erquicken- 
dem Schlaf verbracht. Auch am Ende dieser IIten Reihe 
wurden Verdauungsstörungen, Afterschmerzen und Hämor- 
rhoidalbeschwerden beobachtet, welche eine weitere Fortset- 
zung des Versuches unmöglich machten, 


470 


Einnahme IL 


Wasser Stickstoff Ungefähres Ver- 
pro im Pro im un "C 
Stoffe. : 3 B 
Tag Mittel Tag. Mittel | in der Nahrung. 
90 Grm. Brod . . 35,703 0,7411] 0,7411 | 24,48 
2.397,550 2.13,769 
on am: Pferde- 304000 | 376,985113.15.2264|115,8215| 15,8215 | 66,42 
“2.2. 15.376,550 5,17,0000 
300 Grm. Kartoffeln 203,700 1,2800) 1,2800 41,25 
25 Grm. Butter . 2,545 0,0717] 0,0717 | 16,79 
8 Grm. Kochsalz . 0,776 
2250 CC Bier . . 2136,720 0,0450) 0,9450 47,20 
900 CC Kaffee. . 892,143 0,1890) 0,1890 2,15 
500 CC Wasser . 499,550 
580 CC Wasser in 
der Brühe . . 580,000 
20 Grm. Zucker . 8,8 
Summa 47128,122 19,0512 | 207,69 
1 10,9 
Aschenbestandtheile im Mittel pro Tag. 

Stoffe | CaO | PO?> Cl Na0 | KO Asche 
Brod... Du 20a08 0,0312 | 0,2998 | 0,0167 | 0,0114 | 0,2924 | 0,8082 
Bleisch . . . 8. 0,0580 ! 2,3801 | 0,0980 | 0,4706 | 1,7738 | 6,2080 
Kartoffeln . . . . | 0,0492 | 0,3185 | 0,1028 | 1,5342 | 2,1288 | 4,2828 
Butter . Bun 0,4712 | 0,4113 0,7765 
Kochsalz 0,0400 4,3168 | 3,7696 7,2240 
Bier . . 0,4218 | 1,8822 | 0,5130 | 0,3673 | 2,1654 | 7,0662 
Kaffee . 0,3046 | 0,0511 | 0,0851 | 0,1793 | 0,5551 | 1,6308 
Wasser . 0,1882 0,0284 | 0,0356 0,4500 

Summa 1,0930 | 4,9317 | 5,6320 | 6,7793 | 6,9155 


Bei der Analyse des Rossfleisches stellte sich heraus, 
dass selbiges viel differenter in der Zusammensetzung der ein- 
zelnen Bestandtheile (Proteinstoffe, Wasser, Asche) sei, als 
das Ochsenfleisch, und es ist daher zu vermuthen, dass von 
diesem variabeln Stickstofigehalt des käuflichen Pferdeflei- 
sches, welches Seegen bei seinen Fütterungsversuchen als 
stets constant zusammengesetzt angenommen hat, das grosse 
Deficit abzuleiten sein möchte, welches er bei einzelnen sei- 
ner Versuchsreihen zwischen Einnahme und Ausgabe beob- 
achtet hat. 


471 


Die Ausgaben der II. Versuchsreihe sind in der folgen- 
den Tabelle zusammengestellt: 


% B& ra th rammen n= 
Körperge En 3: Sage Wi Koth in Gra 533 
Tag: wicht in | in | os: d 275 | WaS- Ihschel 8 &| N Ge| == 
Grm. ce|ı 22 H es | ©5 | ser ZA#al halt | 7 A,sS 
no arıs. | HA zZ © 
10. Febr 56000 3450 1,0093] 13,5240| 29,1 95,9 | 3,524| 125) 2,2407| 15,7647 
KR - 55800 3300/1,0087| 16,6320| 48,28] 166,72] 6,89 | 215| 3,5486] 20,1806 
12. - 55650 3150/1,0092| 14,9940| 33,33] 128,67| 4,74 | 162] 2,4264| 17,4204 
I  - 55460 3520|1,0090| 15,2768| 45,69] 200,31) 6,77 | 246] 3,2623] 18,5391 
14. - 55620 3190/1,0092| 15,1844| 25,5 76,5 | 3,42 | 102] 1,6779] 16,8623 
15. - 55650 3740|1,0086} 16,2316| 35,22| 114,78] 4,85 | 150| 2,3668| 18,5985 
165 > 55640 3435/1,0088| 16,8315) 42,93] 237,07| 7,497| 280| 3,0652| 19,8967 
Re 55600 3520)1,0088| 14,7840| 48,55| 216,45| 7,72 | 265| 3,7384| 18,5224 
18. - 55460 3315|1,0092| 16,9861| 32,7 | 139,3 | 4,73 | 172] 2,4263| 19,4124 
19: _- 55550 3780|1,0080| 17,9928| 41,75] 164,25| 6,07 | 206| 3,1271| 21,1199 
20 - 55450 
| Differenz 27,8797|186,3170 
Summe | —550grm. |34400 Hassan 383,05|1539,95]56,211/1923| N = 97,72 pC. 
d.Körp.-G. Wiedergefunden 
= 2 = 2 = © e| © = 8 
os o3 e 3 a: -— & u: os el= S :S 
EEAg: ZElsE|lSsE IE JOSE 155 SH SE SE 5 
Eu BE-IME: = ER IREN = u 3 
10. Febr. |0,179410,6744| 2,9506] 1,1748|10,2879|0,0207| 5,7424| 0,0579| 4,7365| 0,5106 
Ei - 0,1782/1,1835| 3,1172] 2, ‚4537 5,506110, 0232 3,38393| 0,3034| 5,1337| 1,1611 
I E- 0, 1678]1,0078| 3,0715] 1,5079] 5,7031/0,0179| 3,7659| 0,2890| 6,1036 0, 6112 
3. - 0, ‚2147 1,4217| 2,5090) 1,6455| 6,1230)0 ‚0503 4,4479| 0,4494| 6 ‚2128 0,9812 
4. - 0 ‚2328 0,7543] 2,6512) 1,1706 5, 549010, ‚0101 4,5489| 0,1804 5, 0801| 0, ‚4409 
5. -  10,2085,0, ‚4189 3, 1815, 1,6318] 6,9473/0,0087| 4,3086! 0,3323] 6, 5151 0,5871 
6. - 0, 1641[/0,6212| 3, 3688 1.6696 6,6971|0 ‚0357 4,5724| 0,7330 5, ‚6258| 1,2457 
17. - 0, 1479/1,5127| 3,0788| 2,4457 6, 6229/0,0196| 5,1417| 0,3210) 5,7941] 1,1156 
8 - 0, 1342|0,8474| 2,8852] 1,5547] 6,3453|0,0174| 4,5374| 0,2370| 5, 6240 0,6751 
9. - 0,4668]1,1248| 2,8462] 2,1409| 7,1120|0 ‚0180 5,0548 091 7,1120|0,0180| 5,0548| 0,2325] 5,2617] 0,7778 5,2617 0, 1778 
| Summa |2,0944|9,6267 [32,6500]17,3946]66 46166.8937]0,2217]45,95931 3,1359]56,0874] 8,1068" 2217]45,9593| 3,1359]56,0874] 8,1063 
‚Summa | 11,7211 50,0446 67,1154 49,0952 64,1937 


472 


a 


In den Kreislauf y ; “ 
übergegangener |In den Fäces| N der Fäces aus- 


Tag. durch Harn abge- enthaltener | gedrückt in pC. der 
schiedener N in pC. N in pcC. Trockensubstanz 
10. Febr. 719,57 13,18 7,70 
Ile re 97,85 20,92 1,35 
12,3 - 81,25 13,05 7,28 
150, 82,79 17,68 7,12 
14. - 82,29 9,09 6,58 
15. - 80,25 11,70 6,72 
1642 ,8- 83,21 15,15 7,14 
17 73,09 18,48 7,70 
18. - 83,98 12,03 7,42 
1950 - 88,96 15.46 7,49 
Summa 833,24 146,79 12,50 
pro Tag 83,32 14,68 | 71,25 
Verhältniss 5,68 1 


Der Vergleich zwischen den Zahlen für Einnahme und 
Ausgabe dieser Reihe ergiebt ziemlich genau dasselbe Resultat 
wie es in Reihe I erhalten war. Das Wasserdeficit betrug 
pro Tag 1134,127 Grm., also waren nahezu 2!/ı Pfd. Wasser 
auf andrem Wege als durch Harn und Koth entleert worden. 
Das Stickstoffdeficit beträgt für die 10 Tage 4,207 Grm. = 
2,28 pC. pro Tag. Von den 97,72 pC. wiedergefundenen 
Stickstoffs fallen auf den Harn 83,161 pC., aut den Koth 
14,673 pC. Das Assimilationsverhältniss für die stickstoff- 
haltige Substanz in dieser Versuchsreihe war also nahezu 
dasselbe wie in der Reihe I, es verhielt sich der in den Kreis- 
lauf übergegangene Stickstoff zu dem in den Excrementen 
wie 5,68:1. Der Stickstoffigehalt der bei 100° getrockneten 
Fäces betrug 7,25 pC. im Mittel (gegen 7,36 pC. in der er- 
sten Reihe). | 

Die Differenz des Körpergewichts betrug weniger als in 
Reihe I, nämlich nur circa 1 Pfd. (550 Grm.) Das etwas gün- 
stigere Verhältniss von N:C—1:10,9 in der Nahrung. bei 
der auf absolutes Gewicht bezogenen geringeren Menge N in 
der Nahrung haben nach meiner Ansicht auch eine geringere 
Abgabe von im Körper vorhandenem Fett bedingt. 

In Betreff des Umsatzes der Mineralsubstanz liegen 
noch einige Unklarheiten vor. Es sind allerdings die für 
Ca0O, PO5 und Cl gefundenen Ausgaben durch den Harn in 
ziemlicher Uebereinstimmung mit Reihe I, es bleibt aber 
räthselhaft wie bei der Chlorabgabe durch den Harn allein 


473 


mehr ausgegeben gefunden, als die Nahrung der Berechnung 
nach enthielt. Die Ausgaben von CaO und PO5 sind mit den 
Einnahmen fast ganz übereinstimmend, dagegen wurden NaO 
und KO nicht in dem Maasse wiedergefunden, als sie einge- 
nommen berechnet waren; die Verluste stehen jedoch mit den 
in Reihe III später beobachteten in einem ziemlich nahen Zu- 
sammenhang. 


III. Reihe. 


Bei der IlIten ebenfalls 10 Tage umfassenden Versuchs- 
reihe wählte ich zur Abwechselung eine andere Zubereitungs- 
form für das zu geniessende Fleischquantum, da mir der an- 
dauernde Genuss von Suppenfleisch zu lästig geworden war. 

Da ich schon früher viel Pferdefleisch in Form von Beef- 
steakes genossen und es stets in dieser Form vortrefflich 
schmeckend gefunden hatte, wählte ich diese Zubereitungs- 
weise als die einfachste, liess aber die gewöhnliche Zuthat 
von Pfeffer und Zwiebeln etc. fort und gestattete mir nur 
eine gewogene Quantität Mostrich. Die zur Anfertigung noth- 
wendige Butter wurde auf einmal angeschafft, und ausser den 
zum Frühstück verwandten 25Grm. auf 90 Grm. Brot noch 65 
Grm. zum Beefsteakes von 500 Grm. Rossfleisch verwandt. Um 
mich ausserdem dem normaleren Verhältniss von N:O in der 
Nahrung mehr zu nähern, wurde die Kartoffelration von 300 
auf 500 Grm. pro Tag erhöht 

Die Einnahme pro Tag ergiebt sich aus folgenden Ta- 
bellen: 


Bd. XXXI, 1868, 39 


474 


Wasser gr Ungefähres Ver- 


nf h Dis hältniss von 
N . 
Stoffe. Tag Mittel Tag. Inf in:der Nahrung. 
90 Grm. Brod . . 33,75 0 00 Grm Bro... | 3 | | | os] oss2| 2a 0,5512 | 24,71 
500 Grm. Pferde- J|5.364,05 B 15,036 
ae 5.394,65 379,35 B 13,717 I 3765. 14,3765 63,34 
500 Grm. Kartoffeln 339,5 I 133 2,1330 | 68,78 
90 Grm. Butter . 4,672 0,4736| 0 ‚4736 61,22 
8 Grm. Kochsalz . 0,776 a 
2250 CC Bier . . 2130, 75 1; 1025 1, 1025 50,14 
900 CC Kaflee. . 892,143 0 1890 0,1890 2,75 
500 CC Wasser . 499, 55 „ „ ” 
20 Grm. Zucker . 8,8 
45 Grm. Mostrich 34, 35 0, 5339| 0 ‚5339 4,5 
Summa 4194,391 19,3597 | 19,3597 | 284,24 
1 14,7 


Aschenbestandtheile im Mittel pro Tag. 


Stoffe | CaO0 PO? Cl NaO KO Asche 
Broda, u. een, 0,0421 | 0,2644 | 0,0124 | 0,0304 | 0,2701 0,8710 
Fleisch . i 0,0497 | 2,4743 | 0,1041 | 0,4897 | 1,6051. 5,8425 
Kartoffeln . 0,0820 | 0,5308 | 0,1713 | 2,5570 | 3,5480 | 7,1380 
Butter N 9». 13,8901 | 3,3961 3 6,4089 
Kochsalz 0,0400 5 4,3168 | 3,7696 s 7,2240 
Bier . 0,2250 | 1,888 |! 0,2867 | 0,6153 ! 2,0991 | 6,8299 
Kaffee . 0,3046 | 0,0511 | 0,0851 | 0,1793 | 0,5551 | 1,6308 
Wasser . 0,1882 = 0,0284 | 0,0356 in 0,4500 
Mostrich . 0,0947 | 0,2320 | 0,2562 | 0,2603 | 0,1062 | 1,2000 

Summa 1,0263 | 5,4406 | 9,1511 |[11,3333 | 8,1836 


Der durchschnittlich geringere Stickstoffgehalt des in 
dieser Reihe genossenen Pferdefleisches ist bedingt durch den 
grösseren Wassergehalt der beiden Fleischportionen. 


475 


III. Reihe Ausgabe. 


desHarns 
[of 
2 
Feste 
Theile 


Ss 
Ni; 


Körperge- | yayn N-Ge- Koth in Graimmen 


Tag. | wieht in | in 
Grm. 1616) 


pec.Gew. 
ma aus 
HarnKoth 


31,308| 183,692] 5,895] 215 
30,931] 134,069| 5,033] 165 
45,548| 196,452| 7,251| 242 
30,444) 114,556! 4,442) 145 


55600 
18,760 48.035| 216,965, 7,291| 265 


55600 
55600 
56200 
56500 
56470 
56510 
56800 
56850 
56850 
56750 


2870 1,0114 
286011,0106 
2270 1,0132 
270011,0118 
2680|1,0127 
302511,0111 
2870|1,0118 
3450 1,0097 
3080|1,0108 
3240|1,0114 


ES 
Br 
le} 
N 


46,553| 223,447 6,847] 270 
34,644| 175,356| 5,258] 210) : 
41,511| 175,489, 7,756] 222 
45,654| 179,346, 7,468| 225 
44,650| 177,350| 7,004| 222 


£ AT 
Bl 
22) 
m 
» 


EEE EEE EEE 


25,634|182,45 
2181|N — 94,25 pC 
Wiedergefunc 


Differenz 
d. Körp.-G. 
+1150grm. 


Summe 29045 404,278|1776,722)64,247 


| 156,816 


an 
SE|®; S; 
en (®) FH 


4 
S) 
8 


in Fäces 


= 5 

(>) 

gaıs 
=! 


in Harn 

in Fäces 
PO> 

in Harn 

in Fäces 
Cl 

in Harn 
cl 

ın Fäces 
NaO 

in Harn 
N 

in Fäces 


März |0,2143|0,4779| 3,1008] 0,9117|10,189 |0,0342 
0,2526/0,7294| 2,4447| 1,7833) 8,1244|0,0200 


ä 
F 5,4026| 0,9842 
- .10,1945[1,0409| 2,9001 2,7606| 6,7692|0,0120 


6,0331] 1,3206 
7,7760) 0,7377 
6,6827) 1,0238 
6,7406! 1,0623 
6,4771] 0,7718 
7,5638] 1,0382 
1,2134] 1,0877 
7,7918| 0,9401 
66,6136] 9,9533 
76,5669 


mm —— 
er we 
[er) 
AIQo- 
an 
oo 
Mo 
nr 
er) 
on 


er 2,8800] 1,6796| 7,4762|0,0103 
0.232211.2031| 3,3479 2,6518| 8.372210.0157| 6,1276| 0,1789 
5,8903! 0,2797 
5,7528| 0,2909 
4,9479) 0,2107 
5,9125| 0,2110 
6,6421| 0,2339 
58,2269| 1,8449 

Ve rer 


60,0718 


3,5752, 2,7914] 7,731810,0705 
3,2884| 2,0417| 7,94700,0645 
3,0786| 3,4408] 8,4506 
3,0938) 3,0245| 7,9272] 
3,4698] 2,7262| 8,8565|0,0126 
31,1793]23,8115]80,8441]0,3298 
EEE? een IE 
54,9908 | - 81,1739 


0,13000,8627 
0,1674|0,5836 
0,1437|1,0464 
0,1633/1,0824 
0,1512|1,0256 


1,8256] 8,8037 
ee 


,’ 


a a a 


7 = 4,9325| 0,9869 
In: 


en 


er 


Summa 10,6293 


32 * 


476 


Nicht i.Kreis- 


ers lauf überge- NP en N der Fäces aus- 
Tag. gangenerrespin:. gedrückt in pC. der 
gangener N Im Fäces ent-|- U. Aus-| ST nockensubstanz 
in pC h gabe in pC. s 
halten. Ni.pC. 
2. März 70,56 9,51 —19,93 5,88 
a 64,11 10,18 — 15,71 6,37 
4. = 76,80 12,38 — 11,82 5,26 
Dun - 78,10 10,68 — 11,22 6,81 
BR, 96,90 | 16,85 + 3,75 6,79 
Ten 714,38 14,47 211,15 6,02 
Simen, 87,17 12,15 —- 0,68 6,79 
9. 18,99 16,31 — 4,10 6,79 
10. - 84,60 15,35 — 0,05 6,51 
110%*. 98,18 14,53 112,71 6,30 
Summa 809,79 133,41 — 58,8 63,52 
pro Tag 80,97 13,34 | 5,88 6,35 
Verhältniss 6 1 


Da das Körpergewicht während dieser Illten Versuchs- 
reihe um 1150 Grm. vermehrt ist, muss gefolgert werden, dass 
in Folge des vortheilhafteren Verhältnisses zwischen dem 
Stickstoff- und Kohlenstoffgehalt der Nahrung, diese besser 
durch den Körper verwerthet resp. assimilirt worden ist. Wie 
ich in den beiden ersten Versuchsreihen nicht geneigt war 
die Körpergewichtsabnahme als Verlust von Proteinstofien an- 
zunehmen, so bin ich auch in diesem 3ten Falle nicht geneigt 
anzunehmen, dass die Gewichtszunahme des Körpers allein 
einem Ansatz von Proteinstoffen zuzuschreiben sei, besonders 
da das zwischen Einnahme und Ausgabe bei der Analyse ge- 
fundene Stickstoffdeficit von 11,14 Grm. = 5,75 p(.) ent- 
sprechend 2/3 Pfd. Fleisch) nicht hinreicht, um die ganze 
Körpergewichtszunahme von circa 21/ı Pfd. zu erklären. Von 
den 94,25 pC. wiedergefundenen Stickstoffs der Nahrung fal- 
len aut den Harn 80,98 pC. auf den Koth 13,34 pC. im Mit- 
tel auf den Tag, der assimilirte zum nicht in Kreislauf ge- 
langten durch die Fäces abgeführten Stickstoff verhält sich 
wie 6:1, also viel günstiger wie in Reihe I und II. Mit der 
viel besseren Verwerthung der Stickstoffsubstanz steht auch im 
Zusammenhang ein durchschnittlich geringerer Procentgehalt 
von 6,35 pC. Stickstoff in den bei 100° getrockneten Fäces. 
Von dem in der Nahrung enthaltenen Wasser wurden pro 
Tag 1112,22 Grm. also circa 2!/ı Pfd. auf anderem Wege 
wie durch Urin und Fäces abgeschieden, was mit dem Re- 
sultate der vorigen Versuchsreihe übereinstimmt. 


477 


Der Umsatz der Mineralsubstanzen in dieser Versuchs- 
reihe zeigt ein von der vorigen Reihe wenig abweichendes Resul- 
tat. Auch in dieser Reihe wurde fast genau die ganze Menge 
des Kalks und der Phosphorsäure der Nahrung in den Excre- 
menten wieder gefunden, während hier neben Kali und Natron 
auch Chlor in geringerem Maasse ausgegeben als eingenom- 
men erscheinen ; beim Natron beträgt die Differenz sogar die 
Hälfte der Einnahme, und es wird daher wohlangenommen wer- 
den können, dass ein Theil desselben zu der Vermehrung des 
Körpergewichtes verwendet worden ist, während der andere Theil 
so wie das Kali theils als Chlorverbindung theils an organische 
Säuren gebunden durch die Haut secernirt worden sind. 

Wie bei den früheren Versuchsreihen war auch bei die- 
ser die allmälige Veränderung des Geruchs und der Farbe 
des Urins sehr auffallend; vom 2ten Tage an dunkler wer- 
dend ohne trübe zu erscheinen, oder einen besonderen Ge- 
ruch zu zeigen, begann er vom 4ten Tage an immer heller, 
trüber zu werden und einen sehr starken Fleischgeruch anzu- 
nehmen, sedimentirte jedoch nicht so stark als bei Reihe II. 

Die Variationen des Pulsschlages sind aus folgender Ta- 
belle ersichtlich. 


EEE ENLE 7: oEERnFERSEEEESREEB- TTRETERTSESGEESCSRERTSTSEISFHEN RCEEETRESOFEREeTreSESmERSFEEREEEIEEEEBee PinFPERST> er >cEREPETeERECEEPEBSEREEFTERBERRGRIES EURE SSCIBRFRSR TEESRRBTRETT I 


Pulsschlag RO Aufenthalt in 
Tag. Arbeitszeit ; 

& Morgens | Abends | frischer Luft 
2. März 72 90 16 Stunden 1), Stunde 
Da 90 90 14 - 1 & 
A 90 90 Tu OR 

Di Dr 54 90 16 - 0 E 

6. 9 84 90 16.M.- ag. 
ERS 84 90 15!h - 1 - 
RE 718 90 15/2 - 0 ! 

1 718 96 15 - 1 E 
10... 718 96 14! - 1 - 

11. ® 72 96 14!/a - 1 - 


In den ersten 3 Tagen war der Schlaf schlecht und von 
starken Schweissen gegen Morgen begleitet, in der späteren 
Zeit aber keine Abweichung vom Normalzustande bemerkbar ; 
so dass das Wohlbefinden während dieser Versuchsreihe selbst 
durch die überreichliche Nahrung nicht wesentlich beeinträch- 
tigt war, und der Versuch wohl noch länger hätte fortgesetzt 
werden können, wenn nicht andere Gründe zur Aufgabe des- 
selben gezwungen hätten. 


478 


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Die Resultate sind so annähernd übereinstimmend, dass 


die geringen Stickstoffverluste von 3,47 und 2,28 pC. in den 


nahme sein können, dass wesentliche Mengen Stickstoff in elemen- 


beiden ersten Versuchsreihen wohl kein Beweis für die An- 


479 


tarerForm durch die Lungen an die Luft abgegeben werden. 
Erstens ist es kaum möglich, selbst wenn man mit dem eige- 
nen Körper experimentirt, die kleinsten Mengen fester Excre- 
mente so sorgfältig zu sammeln, dass gar kein Verlust Statt 
fände; sodann werden kleine Mengen Stickstoff haltiger Sub- 
stanz entschieden auch durch Nasenschleim und Hustenaus- 
wurf aus dem Körper entfernt und schliesslich kommen ana- 
lytische Fehler hinzu , so dass an ein absolut richtiges Re- 
tultat bei so schwierigen Untersuchungen wohl kaum zu glau- 
ben ist. . 

Das grössere Stickstofideficit der Reihe III von 5,75 pC. 
kann bedingt sein durch dieoben angegebenen Gründe, kann aber 
auch in der Vermehrung des Körpergewichtes wenigstens zum 
Theil seine Erklärung finden. Der Organismus hatte in der letz- 
ten Reihe ganz anders als in den früheren Reihen gearbeitet, 
es war die Nahrung mit dem Verhältniss von N;C=1:14,7 
leichter verdaulich und wurde deshalb besser ausgenutzt; 
während in den ersten Versuchsreihen in Folge des ungün- 
stigeren Verhältniss von N:0=1:10,1— (10,9) der Organis- 
mus in abnormer Weise zu arbeiten gezwungen war, wenn 
die überreiche Stickstoffnahrung zur Assimilirung vorbereitet 
werden sollte; er gab deshalb vielleicht etwas von dem im 
Körper vorhandenen Fett ab und deshalb stimmte sich das 
Körpergewicht herab. Es ist interessant, das in allen 3 Reihen 
das im Harn und Fäces wiedergefundene Stickstoffquantum 
fast die gleiche Verhältnisszahl 1:5,68 — 6,0 liefert; und dass 
bei dem günstigen Nahrungsgemisch in Reihe 1II weniger 
Stickstoff in den Excrementen*) wiedergefunden ist. Da aber 
auch gleichzeitig sowohl dem absoluten Gewicht nach, als auch 
in Procenten ausgedrückt der eingenommene Stickstoff der 
Nahrung in geringerer Menge im Harn wiedergefunden wird, 
so wird bei der Vermehrung des Körpergewichtes um 1150 
Grm. das Stickstoffdeficit berechtigter Weise durch Fleischan- 
satz erklärt werden können. 

Mit dieser Köpergewichtsvermehrung steht auch ent- 


*) Aus einer neuern Versuchsreihe, bei welcher nach Appetit 
semischte Nahrung genossen wurde, betrug der Stickstoffgebalt der 
getrockneten Fäces im Mittel pro 5,46 pC. In den ursprünglichen 
Fäces waren enthalten 16,88 pC. Trockensubstanz und 1,97 pC. Asche. 


480 


schieden das grosse Deficit von NaO in Reihe IH in Zusam- 
menhang. 


Tabelle über den Umsatz der Mineralsubstanzen 
im Mittel pro Tag. 


II. 
| CaO | POS | Cl | NaO | KO 
Einnahme 1,0930 4,9317 5,6320 6,7793 6,9155 
Ausgabe 1,1721 | 5,0045 | 6,7115 | 4,9095 | 6,4194 
Differenz 0,0791 | +0,0728 | +1,0795 | —1,8698 | —0,4961 
III. 
Einnahme 1,0263 | 5,4406 | 9,1511 | 11,3333 | 8,1836 
Ausgabe 1,0629 | 5,4991 | 8,1174 | 6,0072 7,6567 
Differenz | -+0,0366 | +0,0585 | —1,0337 | —5,3261 | —0,5269 


Auffallend ist in Reihe II die gefundene Mehrausgabe 
gabe von 1,08 Grm. Chlor und in Reihe III der Verlust von 
5,3 Grm. NaO pro Tag. Für erstere Differenz habe ich keine 
Erklärung finden können, für letztere könnte die Körperge- 
wichtszunahme herbeigezogen werden. 

Es ergibt sich aus dem über die Resultate der drei Ver- 
suchsreihen mitgetheilten Tabellen somit, dass für meinen 
Organismus nahezu Aequivalenz zwischen N Einnahme und 
Ausgabe im Zeitraum mehrerer Tage stattgehabt hat; dass 
jedoch an jedem Tage der Organismus in anderer Weise ar- 
beitete, da fast nie die Excrete eines Tages mit denen des 
anderen Tages in Qualität und Quantität übereinstimmten. 

Da es nie mit völliger Genauigkeit möglich sein wird, 
die Einnahme zu 100 pC. in der Ausgabe wieder zu finden, 
und die Stickstoffdifferenzen meiner Versuchsreihen an sich 
so klein sind (in I und II) und in Reihe III eine so bedeu- 
tende Körperzunahme (Fleischproduction) stattgefunden hat, 
dass mindestens das N-Deficit eine Erklärung findet, glaube 
ich einen weiteren Beitrag zum Beweis der von Bischoff, Voit 
und Pettenkofer ausgesprochenen Theorie des Stickstoffum- 
satzes gegeben zu haben. 


481 
Literatur. 


Allgemeines. C.A. Müller, Grundlinien einerMor- 
phologie der Wärme. — Tübingen 1867 bei E. Rieker. — „Die 
Naturwissenschaft als Ganzes aufgefasst hat den Zweck universelle 
Morphologie zu sein: die individualisirten Gestaltungen der Materie, 
sowie deren specifische Funktionen aufzufinden und zu bestimmen, 
beide Momente aber in ihrem ursprünglichen Causalverband darzu- 
legen.“ Hierzu eignet sich aber besonders die Wärme, „da durch 
einen günstigen Zusammenfluss verschiedener Umstände , hauptsäch- 
lich aber durch ihr eigenthümliches Doppelverhältniss, einerseits zur 
wägbaren Materie, andrerseits zu den rein dynamischen Erscheinungen 
hinlänglich Anhaltspunkte gegeben sind, um eine Bestimmung ihrer 
physikalisch-mechanischen Existenzform versuchen zu können. Da- 
bei sind die Manifestationen ihrer wesentlichen Eigenschaften so man- 
nigfaltig und von so entschiedenem Charakter, dass an denselben die 
Richtigkeit einer aufgestellten Hypothese gründlich erprobt werden 
kann.“ Von diesen Gesichtspunkten ausgehend, untersucht Verf. die 
einzelnen Eigenschaften der Wärme, stellt sie in Beziehung zu andern 
dynamischen Erscheinungen und beleuchtet die Vibrationshypothese, 
aus der er die mannigfaltigen Erscheinungen nichtalle herleiten kann, 
und welche ihm schliesslich fast absurd vorkommt, da ihm die ge- 
forderte Wechselwirkung zwischen dem imponderabelen Aether und 
der wägbaren Materie undenkbar ist. Dies drängt ihn zu einer neuen 
Hypothese über das Wesen der Wärme fort. Die Wärme ist dem 
Verf. eine besondere Bewegungsmodification des Aethers, dessen Exi- 
stenz ihm als unantastbar gilt. Im Gegensatz zur mechanischen Wärme- 
theorie scheint aber dem Verf. eine Individualisirung der Wärme 
nothwendig und dies führt ihn denn dazu ‚die Wärme als ein durch 
entgegen gerichtete Aetherströme entstandenes Rotationssphäroid, des- 
sen Inhalt unter fortwährendem Einströmen an den Polen und Aus- 
scheiden an der Peripherie, ununterbrochen mit Lichtgeschwindigkeit 
sich umsetzt,“ zu definiren. Dass diese Theorie nun hinsichtlich ihrer 
Stichhaltigkeit erprobt wird, ist selbstredend. — Wir wollen nicht 
verkennen, dass der Verf. sich eingehend mit den Erscheinungen auf 
dem betreffenden Gebiete beschäftigt hat, auch zeugt seine Schrift, 
welche ja wesentlich durch eigenes Nachdenken über die verschiede- 
nen Formen der Erscheinung einer Grundkraft hervorgegangen, von 
einem regen wissenschaftlichen Interesse; ob aber der von ihm ge- 
thane Griff betreffs seiner Hypothese ein glücklicher zu nennen ist, 
möchten wir uns stark zu bezweifeln erlauben. Die entschiedensten 
Vertreter der mechanischen Wärmetheorie sind sich der Schwierig- 
keiten, welche ihre Hypothese mit sich bringt, recht gut bewusst, 
und haben bereits manches gethan, um vorhandene Mängel zu be- 


482 


seitigen. Wenn aber Verf. Ungereimtheiten in der Grundanschauung 
dieses Wechselverhältnisses entdeckt, so müssen wir ihm denn doch 
die Frage vorlegen, ob seine Ansichten vom Aether und der Wärme 
nicht im directen Widerspruch stehen? und wenn er endlich meint, 
durch diese seine Theorie den Physikern so sehr gedient zu haben, 
so glauben wir, dass er irrt, da die mannigfach gegebenen Erklärun- 
gen, die zum Theile noch neue Hypothesen nothwendig machen, zwar 
für den Verf. einleuchtend sein mögen, den rein objectiven Leser 
aber doch nicht überzeugen, und überdies der gerühmten Einfachheit 


entbehren. Brek. 
Meteorologie. Aerolithenfall vom 30, Jan. 1868 
Abends gegen 7 Uhr. — Aus den Zeitungsnachrichten ist be- 


kannt, dass am genannten Abend in Schlesien, Brandenburg, Pom- 
mern, Ost- und Westpreussen, Posen und Polen eine glänzende Feuer- 
kugel gefallen ist, welche zu Dabrowa bei Milosna (3 Meilen öst- 
lich von Warschau), so wie zu Gostkou und besonders zu Siecle 
(10 Meilen nordöstlich von Warschau) eine grosse Anzahl von Stei- 
nen herabsandte. — Boguslawski hat als westliche Grenze der Sicht- 
barkeit angegeben Wernigerode, als südlichen den Ort Nicolai in 
Schlesien. Es ist aber auch zu Stockerau in Nieder-Oesterreich von 
Prof. Fugger beobachtet. — (Pogg. Ann. 133, 351—352.) Schbg. 
Oppel, vermischte meteorologische Notizen. — Aus 
Mangel an Raum können wir hier diese interessanten Beobachtungen 
leider nur ganz kurz erwähnen: 1) Aequatoriale Parallelstrei- 
fungen des Wolkenhimmels; wenn die Cirruswolken in regelmässi- 
gen Streifen den ganzen Himmel bedecken, so scheinen sie aus per- 
spectivischen Gründen in 2 diametralen Punkte des Horizontes zu con- 
vergiren, dieselben liegen nach Oppels Beobachtungen stets inO. und 
W. oder eine Kleinigkeit nach links, seltener nach rechts, niemals in 
N. und S. oder in der Nähe dieser Punkte (cfr. Jupiter und Saturn). 
2. Das normale Abendroth und seine Modificationen des 
westlichen Horizontes. Nachdem die, aus der weissen in gelbe 
und rothe Färbung übergegangene Sonnenscheibe unter den Horizont 
gesunken ist, beginnt derselbe sich mit einem rothen Streifen zu säu- 
men und im Osten färben sich die etwa vorhandenen Wölkchen eben- 
falls roth (matter); über dem Westrande zeigt sich ein gelbes Licht 
bis in namhafte Höhe hinauf. Etwa 20-22 Minuten nach dem voll- 
ständigen Untergange der Sonne zeigt sich 30—35° über dem Punkte, 
wo sie unterging ein länglich runder Fleck von hellem rosafarbenen 
Lichte, der nach oben und seitlich ziemlich rasch in das benachbarte 
Himmelsblau übergeht, nach unten und seitlich aber allmählich wächst 
und dabei etwa um die Hälfte sinkt, bis er mit der feurigen Röthe 
des Himmelssaumes zusammentrifft und dann gleichsam auseinander- 
fliesst; diese Erscheinung dauert abermals 20—23 Minuten. Das Auf- 
steigen des grauen Bogens in Osten (Schlagschatten der Erde in der 
eigenen Atmosphäre) erfolgt schneller. — Wolken in Westen können 
das Phänomen vielfach modificiren, den erwähnten Fleck verdecken, 


483 


grüne (Contrast-) und andere Farben hervorrufen u. s. w.: 3) Feuer- 
meteor vom 11. Juni 1867. 4) Glänzendes Nordlicht vom 9. März 
1867. 5) Blitzschlag in einem Gartenhause am 14. Oct. 1860. Der 
Blitz ist hier durch Dach und Zimmerdecke gedrungen und ist den 
anwesenden Personen so erschienen, als ob eine grosse Feuerkugel 
6—8‘ über dem Kopf einer Dame mit einem flintenschussartigen Knall 
explodirte und nach allen Seiten hin Strahlen sendete; ein Beobachter 
hat ein Blendungsbild der ganzen Erscheinung mehrere Minuten lang 
im Auge behalten und dasselbe aufgezeichnet, dies Bild ist beigefügt. 
Ein Herr hat an seiner Backe eine strahlende Wärme wie von einem 
nah gebrachten Bügeleisen empfunden, beschädigt ist von den Perso- 
nen Niemand, Ozongeruch will auch Niemand bemerkt haben. Am 
Dach waren die Schieferplatten mehrfach zerstört, die Zimmerdecke 
siebartig durchlöchert 50—70 Löcher mit aufgeworfenen Rändern von 
1), Zoll Durchmesser. Oeffnung selbst winzig klein; ferner waren Lö- 
cher im Fensterrahmen dicht neben den Köpfen einiger Nägel, nicht 
im Glase; zu bemerken ist, dass der Blitz in das niedrige Haus 
eingeschlagen hat, obgleich dicht daneben ein viel höheres steht. — 
6) Traubenartige Phänomene zwischen Wolken (mit Zeichnungen) 
4. Aug. 1854 bei Frankfurt und am 16. Juli desselben Jahres bei Han- 
nover. — (Frankf. Jahresber, 1866/)7 70-88.) Schbg. 

Berger, über tägliche Barometerschwankungen und 
das Gesetz der täglichen Winddrehungen. — Verf. geht aus 
von derErklärung, die Marschall Vaillant von den täglichen Barome- 
terschwankungen gegeben hat, und auf einer Vergleichung der Vor- 
gänge in der freien Atmosphäre mit denen in einem Kamine beruht. 
Dieselbe wird nicht für zutreffend erachtet und durch eine andere er- 
setzt, welche in Zusammenhang steht mit einem Gesetz für die täg- 
liche Drehung des Windes; diese Drehung läuft nur durch die halbe 
Windrose und vollzieht sich in 24 Stunden zweimal in entgegenge- 
setzter Richtung und tritt besonders im Sommer zur Zeit der gröss- 
ten täglichen Temperaturextreme hervor. Nach diesem Gesetz dreht 
sich der Wind auf der 


nördlichen südlichen 
: Seite des Horizontes 
bei Tage links (O-N—W) rechts (O—S—W) 
bei Nacht rechts (W—-N—O) links (W-S-O) 


Durch diess Gesetz werden eine grosse Menge der Ausnahmen vom 
allgemeinen Doveschen Gesetz unter einen einheitlichen Gesichtspunkt 
gebracht, so dass dasselbe noch deutlicher hervortritt. — (Ebda 8. 
89-108.) Schbg. 

Berger, Zusammenhang der plötzlichen Todesfälle 
mit den Witterungsverhältnissen. — Die Zusammenstellung 
der in den Jahren 1852—66 in Frankfurt a/M. vorgekommenen plötz- 
lichen Todesfälle mit den gleichzeitigen Witterungsverhältnissen zeigt, 
dass plötzliche Todesfälle daselbst durchschnittlich nur vorkommen, 
wenn Thermo- oder Barometer oder beide zugleich in starken Schwan- 
. kungen begriffen sind. — (Ebda 8. 50.) 


484 


Gneist, thermoscopisches Barometer. — Dasselbe be- 
steht aus einem gewöhnlichen und einem Luftthermometer, von de- 
nen letzteres nur bei einem bestimmten barometrischen Druck richtig 
zeigt, die Differenz beider Thermometer ist proportional der Diffe- 
renz des Atmosphärendruckes und kann durch Multiplication der Dif- 
ferenz mit einem constanten Factor der Luftdruck oder vielmehr 
seine Abweichung von jenem Mittel leicht gefunden werden; der Feh- 
ler ist am geringsten bei kaltem Wetter und hohen Barometerständen, 
am grössten bei kalten Wetter und niederem Luftdruck. — (Ebda 
S. 28.) 

Physik. G. Krebs, eine neue Form des schwimmen- 
den Stroms von de laRive. — Die alte bekannte Form des 
schwimmenden galvanischen Stroms besteht aus einem Kork, durch den 
die 2 Enden eines mehrfach gewundenen Kupferdrahtes hindurchge- 
hen und an welche, unterhalb des Korkes eine Zink- und Kupferplatte 
angelöthet sind; auf angesäuertes Wasser gesetzt bildet dieser Ap- 
parat einen Strom, der sich in den Meridian stellt. K. hat statt des 
Korks ein Stück Holz angewendet von der Form eines halben Eies, 
halbirt durch die möglichst kleine Halbirungsebene, er vermeidet da- 
durch die Ansammlung von Gasblasen unter denselben, welche den 
Apparat sonst öfter in heftiges Schwanken versetzen; ausserdem 
wendet er in einander gesteckte Cylinder von Kupfer und Zinkblech 
an, welche der Drehung einen geringeren Widerstand entgegensetzen 
als die Platten. — (Pogg. Ann. 133, 186—18$7.) Schbg. 

Mousson, über die Dilatation eines am Ende er- 
wärmten Stabes. — Verf. untersucht die Ausdehnung, die ein Stab 
von genügender Länge erleidet, wenn er nur an einem Ende erwärmt 
wird und leitet daraus eine Formel ab zur Correction der Thermo- 
meterablesungen, die man erhält, wenn man das Thermometer nur 
zum Theil in die Flüssigkeit taucht, deren Temperatur bestimmt wer- 
den soll; diese Correctur ist natürlich die fehlende Ausdehnung und 
hängt ab von einer Constanten, die für jedes Instrument besonders 


bestimmt werden muss. — (Pogg. Ann. 133, 311—317,) Schbg. 
Röber, über das Gesetz der Magnetisirungin wei- 
chem Eisen. — Correctur eines Irrthums in Webers electrodynami- 


schen Massbestimmungen. — (Pogg. Ann. 133.) 

J. Dub, über das Eintreten des Sättigungspunktes 
der Electromagnete. — Die vorliegende Untersuchung hängt 
mit der von Röber (siehe vor. Referat) untersuchten Weberschen For- 
mel zusammen und zeigt, dass bis zu einem bestimmten Grade der 
Magnetisirung allerdings Proportionalität zwischen dem Magnetismus 
und der magnetisirenden Kraft vorhanden ist, von diesem Punkte der 
Sättigung an erfolgt ein schnelles Sinken des Verhältnisses zwischen 
Magnetismus und magnetischer Kraft. Im Folgenden werden die Ab- 
weichungen von der Proportionalität untersucht; es zeigt sich, dass der 
Sättigungszustand bei kürzeren Stäben später eintritt als bei länge- 
ren; die Sättigung wird zuerst am mittleren Querschnitt eintreten. 


485 


Daran schliessen sich Sätze über den Magnetismus in ähnlich bewik- 
kelten Eisenkernen, ein spec. Fall eines der abgeleiteten Gesetze ist 
z. B. dass in ähnlich bewickelten Kernen das Maximum bei derselben 
Stromstärke auftritt. Den Schluss bildet eine Polemik gegen Beetz. 
— (Pogg. Ann. 133, 56—94.) 


A. Schrauf, über einige Einwendungen gegen die 
Theorie des Refractionsäquivalents. — Verf. vertheidigt 
seine Theorie gegen die Angriffe des Herrn Rühlemann (Pogg. Ann. 
132, 192), indem er das, was derselbe gegen diese Theorie geltend 
mache, in neuern Abhandlungen (die Rühlmann nicht berücksichtigt) 
schon selbst erledigt habe. Die Variation des Brechungsvermögen 
mit der Temperatur sei auch von ihm erkannt. — Im 2. Theil unter- 
sucht er das Verhältniss des Newton’schen Refractionsaequivalent M 
(welches er selbst adoptirt hat) zum Biot’schen m; es ist nämlich, 
wenn u den Brechungsexponenten und D die Dichte bezeichnet: 


Be net 
D D 


Es zeigt sich nun, dass m zwar ebenso constant wie M; bei Gasen, 
wo D sehr gering ist, ist m—!/,M; aber es sprechen andere Gründe 
für M, erstens ist dasselbe bei ein und demselben Körper, wenn er 
in verschiedenen Modifikationen und Aggregationszuständen auftritt, 
entweder constant oder man erhält einfache Multipla und dann tritt 
bei ganzen Reihen von chemischähnlichen Körpern das Gesetz der ho- 
mologen Reihen auf, was bei m nicht der Fall ist. Verf. macht auch 
darauf aufmerksam, dass er in seinen „Physikalischen Studien“ und 
in der „Physik der Krystalle“ mittelst der optischen Atomzahlen 
einen Zusammenhang zwischen der Krystallform eines Körpers und 
der in der Verbindung auftretenden Elementaratome abgeleitet hat, 
— ferner darauf, dass seine Folgerungen über die Modificationen der 
Grundstoffe im Einklang sind mit den Resultaten der neuen Chemie, 
— (Pogg. Ann. 133, 479—497.) Schbg. 


Poggendorff, über einige Vorgänge bei der Ent- 
ladung der Leydener Flasche. — Pogg. hat zuerst an der Ley- 
dener Flasche der ursprünglichen Holtzischen Maschine, später auch an 
andern Flaschen, bei der Entladung am Rande eine leuchtende Er- 
scheinung wahrgenommen (das von den Polen ausgehende Licht war 
abgeblendet). Es zeigte sich, dass schon Saxtorph (1803) das Phä- 
nomen, wenn auch nur unvollständig gekannt hat. Pogg. hat nun 
verschiedene Modificationen des Versuches beschrieben, mit Flaschen 
und Tafeln und knüpft daran eine Erklärung des Phänomens, die mit 
der Saxtorphschen freilich nicht ganz übereinstimmt. Uebrigens 
kann man unter geeigneten Massregeln das Phänomen auch in ver- 
dünnter Luft und auf der Oberfläche von Flüssigkeiten hervorbringen: 
endlich ist zu bemerken, dass es nicht blos bei einer Entladung son- 
dern auch bei plötzlicher Ladung sich zeigt. — (Pogg. Ann. 133, 
152—164.) Schbg. 


486 


Bauer, über die Bedingungen, unter welchen Cubik- 
zollundLoth in dieselbeBeziehung wieCubikcentimeter 
und Grammen zu einander treten. — Um einem Cubikzoll 
Wasser das Gewicht eines Lothes zu geben, muss man den Fuss = 30 
Cm. machen und ihn in 12 Zolle theilen, ferner das Pfund von 500 
Grammen in 32 Lothe theilen; unter dieser Voraussetzung giebt also 
das spec. Gewicht einer Substanz auch das absolute Gewicht eines Ku- 
bikzolles in Lothen an. — Als Vorschlag zur wirklichen Einführung 
kommt dieser Gedanke glücklicherweise zu spät, da wir jetzt in 
Deutschland zum Metermasz übergehen und es wird nach dem vom 
Reichstag angenommenen Maszen vom J. 1872 an der Cubikzoll (= Cu- 
bikcentimeter) ein Zehntel-Loth (= 1 Gramm) wiegen. — Die vom 
Verf. aufgeworfene Frage, ob das Gramm dem Gewicht eines Cubik- 
cent. an irgend einem Orte gemessen entspräche oder ob der Begriff 
des Grammes variabel sei, scheint folgendermassen beantwortet wer- 
den zu müssen: Das Gramm ist an jedem Orte das Gewicht eines 
Cubikcent. Wasser von der grössten Dichtigkeit und ist daher in Be- 
zug auf die Anziehung der Erde allerdings variabel, so dass die Scala 
einer Federwage nur unter einem bestimmten Breitengrade ganz 
richtig sein kann. Dagegen wird ein Grammgewicht welches z. B. 
in Paris gefertigt ist an jedem andern Orte der Erde wieder richtig 
sein, d. h. das dortige Gewicht eines Cubikc. Wassers von der gröss- 
ten Dichtigkeit darstellen: es ist diess auch nothwendig, weil das 
Gramm nicht ein Masz für die Anziehung der Erde, sondern für die 
Masse irgend welcher Körper sein soll, auf welche die Anziehung der 
Erde ebenso verschieden wirkt, wie auf das Grammgewicht.— (Pogg. 


Ann. 133, 189—190.) Schbg. 
J. Rheinauer, zur Theorie der Wage und 2 Miscel- 
len. — Verf. sucht zu zeigen, dass Joh. Müller in seinem Grund- 


riss der Physik bei der Theorie der Wage einen Fehler gemacht 
habe, dieselbe führe nämlich zu dem falschen Resultate, dass die 
Wage durch stärkere Belastung empfindlicher werden müsse; er 
verweist zunächst auf Wüllner, giebt aber auch selbst eine elemen- 
tare Theorie. Die beiden Miscellen betreffen ein Experiment zur Er- 
läuterung des Satzes, dass das ganze Gewicht eines Körpers im Schwer- 
punkt vereinigt gedacht werden müsse — 2) einen einfachen Beweis 
von der parabol. Gestalt eines im luftleeren Raumes schief geworfe- 
nen Körpers, der wol nicht ganz neu ist. — (Pogg. Ann. 133, 179 
— 183.) 

J. Müller, Erwiderung. — Verf. zeigt, dass Rheinauer ihn 
total missverstanden habe. — (Pogg. Ann. 133, 682—683.) 

J. Nestle, ein neuer electrischer Influenzversuch. 
— Auf eine durch Harzfüsse isolirte wagerechte Metallscheibe, die 
durch Bestreichen mit einer geriebenen Glasröhre electrisch gemacht 
ist, wird eine durch Schellack ebenfalls gut isolirte verticale Stahl- 
nadel aufgestellt und darauf setzt man einen 6—7“ langen magnetna- 
delförmigen Holzzeiger austrocknem oder schwach verkohlten Buchen- 


487 


holze. Das eine Ende desselben wird dann vom Finger oder einem 
andern nicht isolirten Leiter angezogen, das andere abgestossen; das 
abgestossene Ende ist dasjenige, an welchem man den Zeiger beim Auf- 
setzen angefasst hatte. — (Frankf. Jahresbericht 1866/67, 27.) 

Zehfuss, Aufhebung electrischer Kräfte. — Empfind- 
liche Electroscope u. 8. w. schützt man vor äussern electrischen Ein- 
flüsser am sichersten dadurch, dass man sie auf einen Metallteller 
setzt und mit einer Kuppel (Hut) aus dem Drahtgeflecht überdeckt. 
Es ist dies zugleich der experimentelle Nachweis dafür, dass im 
Gleichgewichtszustand des electrischen Fluidums die Resultante der 
electrischen Kräfte im Inniern eines Leiters gleich Null ist. — (Zbda 
S. 39.) 

Zehfuss, Bildung von grossen Hohlkugeln aus rei- 
nem Wasser. — Während Plateau jun. kürzlich die Bildung von 
Hohlkugeln aus Glycerinflüssigkeit (Seifenlösung) beobachtet und be- 
schrieben hat giebt Z. an, dass auch aus reinem Wasser sich grosse 
Hohlkugeln bis 60 Cm. im Durchmesser bilden, nämlich am Wasser- 
fall zu Allerheiligen bei Baden-Baden. Deutlich sichtbar werden die- 
selben von der Brücke oberhalb des Wehres daselbst. — (Ebda S. 40.) 

G. Krebs, Versuche über Siedverzüge. — Verf. be- 
schreibt einen Apparat, mit dem man in der Vorlesung bequem zeigen 
kann, dass bei eingetretenen Siedverzügen das Sieden beginnt 1) durch 
Einführung gasiger Körper: es wird eine Wasserzersetzung im Ap- 
parat vorgenommen; 2) durch Erschüttern (sicherer als nach Dufours 
Angabe); 3) durch momentanesErhitzen; 4) durch plötzliche Druck- 
verminderung. — (Pogg. Ann. 133, 673— 677.) 

A. Waszmuth, ein neues Pachytrop. — Um mehrere, 
etwa 6 galvanische Elemente in verschiedener Weise zu combiniren 
(1 sechsplattiges, 2 dreiplattige, 3 zweiplattige und 6 einplattige) hat 
W. einen neuen practischen Apparat construirt, der abgebildet und 
beschrieben ist in Pogg. Ann. 133, 677-680. 

Alvergniat, über einen Apparat zur Beweisfüh- 
rung, dass der electrische Funken nicht durch ein abso- 
lutes Vacuum geht. — Die Gebrüder Avergniat haben mit Hülfe 
ihrer Quecksilberluftpumpe eine Glasröhre im glühenden Zustande fast 
vollständig luftleer gemacht; dabei ging der electrische Funken nicht 
mehr durch das Vacuum, obgleich die Platinelectroden nur 2 Mm. von 
einander entfernt. Wenn die Pumpe so lange gearbeitet hatte, dass 
diese Erscheinung eintrat, wurde die Röhre durch Zuschmelzen des 
Verbindungsrohres von der Luftpumpe getrennt und auch nach dem 
Erkalten ging der Funke nicht hindarch. — (Pogg. Ann. 133,191—192.) 

Wüällner, über die ersteDarstellung absolut luftlee- 
rer Röhren. — Gegenüber der vorigen Mittheilung macht Wüllner 
darauf aufmerksam, dass das Experiment der Gebrüder Alvergniat le- 
diglich eine Wiederholung eines schon vor mehreren Jahren von Geiss- 
ler in Bonn ausgeführten Versuches sei. Geissler habe auch viele 
Röhren, 'bei denen der Polabstand nicht ganz 2Mm, betrug nach Pa- 


488 


ris verkauft, so dass es um so unbegreiflicher ist, dass die Gebr. 
A. diesen Versuch als neu beschreiben. — (Pogg. Ann. 133, 509—510.) 

Böttger, eine neue galvanische Kette. — Dieselbe be- 
steht aus einem amalgamirten Zinkblecheylinder, der in einer gesättig- 
ten Lösung von Kochsalz und Bittersalz (zu gleichen Theilen) steht 
und einem in der Thonzelle in verdünnter Schwefelsäure befindlichen 
Block von metallischem Antimon; eine Kette von solchen Elementen 
ist stärker als eine Daniellsche u. s. w. und hat sich als sehr con- 
stant erwiesen. — (Frankf. Jahresbericht 1868/67. S. 64.) 

Derselbe, Decoct der Quillayarinde. — Ein möglichst 
eoncentrirter Decoct der genannten (Seifenwurzel-) Rinde wird als 
ein sehr brauchbares und haltbares Ersatzmittel für die Seifenlösung 
zu Seifenblasen etc. (Gleichgewichtsfiguren?) empfohlen. — (Ebda 
S. 67.) 

M.Schwanda, über die Wirkungen der von der Holtz- 
schen Maschine gelieferten Spannungsröhre am Men- 
schen. — Verf. hat die Wirkungen der Holtzschen Maschine mit und 
ohne Verstärkungsflasche verglichen mit denen eines Inductionsappa- 
rates und hat gefunden, dass die Wirkung der Ströme wächst 1) mit 
der Zahl der Umdrehungen der Scheibe (über 18 Umdrehungen in 
der Sec. durfte die Geschwindigkeit, der Sicherheit der Maschine we- 
gen, nicht gesteigert werden.) -2) Mit der Länge der in den Schlies- 
sungsbogen eingeschalteten Luftstrecke (in der Maschine), wenn die- 
selbe kleiner war als 8 Mm. nachher wurde sie wieder geringer; durch 
Einschaltung einer zweiten und einer dritten in die Zuleitungsdrähte 
steigerte sich die Wirkung noch mehr. Bei Anwendung des Verstär- 
kungsglases konnte die Luftstrecke bis auf 3 Cm. vergrössert werden. 
3) Wächst die Stromstärke mit der Grösse der Verdichtungsfläche 
also mit der Zahl der auf die Maschine aufgelegten Verstärkungs- 
gläser. Von grossem Einfluss ist das Wetter; ältere Maschinen wir- 
ken besser als neue. — Die Wirkungen auf die Sinne, Muskeln und 
Haut wurden verglichen mit denen eines constanten Stromes von mehr 
oder weniger Elementen: 1) Die Wirkung der Maschine auf die 
Zunge lässt sich ungefähr gleich erachten der Wirkung eines constan- 
ten Stromes von 1—3 Siemensschen Elementen; es zeigten sich nämlich 
bei fortwährender Steigerung der Reihe nach: einfache Tastempfin- 
dung, saurer Geschmack, brennendes Gefühl und Vibriren der Zun- 
genmuskeln. 2) Bei Reizung der Nase (der Strom ging von der Stirn 
durch die Nase) zeigte sich Brennen an der Nasenscheidewand, Thkrä- 
nensecretion, Zuckungen des Stirnmuskels und öftere Lichtblitze, eine 
Geruchswahrnehmung erfolgte niemals, auch bei dem stärksten Strö- 
men nicht. 3) Auge: Ausser den begleitenden Erscheinungen: Zuk- 
kungen, Krampf u. s. w. werden — aber nur bei starken Strömen — 
Lichtblitze wahrgenommen. 4) Ohr; auch hier wurden subjective Ge- 
hörsempfindungen nicht beobachtet, weder bei den constanten Strö- 
men noch bei denen der Holtzschen Maschine, dagegen traten Stiche, 
Schläge und Krämpfe u. s. w. ein. 5) Der in den willkürlichen Mus- 


’ 


489 


keln erzeugte Tetanus war nicht so stark als er durch Inductions- 
ströme hervorgerufen werden kann; der constante Strom bewirkte 
Wärmegefühl und Ameisenkriechen ohne Zuckungen, labil angewen- 
det, starke Contractionen, rasche Unterbrechungen aber erzeugten 
pendelartige Zuckungen. 6) Auf der Haut bewirken die Helmholtz- 
schen Ströme, wenn die Electroden ruhig an seiner Stelle liegen, Bren- 
nen, Stechen, Röthung event. mit Verdickung der Haut begleitet, 
Gänsehaut, Knötchen und Bläschen-Bildung (ebenso wie bei constan- 
ten und Inductionströmen); lässt man aber den Strom von den Elect- 
roden durch eine Luftstrecke auf die Haut gehen: so zeigt sich bei 
momentaner Einwirkung auf der Haut eine Erbleichung die nach !/, 
—!/, Minute ihr Maximum erreicht, nach 15—30 Minuten wird die 
Stelle von den Seiten aus tief roth, und bleibt 5—12 Stunden oder 
noch länger so. Bei Fortbewegung der Electroden erhält man also 
erbleichte Linien, welche bei genügender Stärke Gänsehaut zeigen; 
beim Erbleichen von grösseren Flächen (mit getheilten Electroden) 
tritt zugleich eine messbare Temperaturerniedrigung der Haut ein. Bei 
längerer Einwirkung zeigten sich Phänomene der Verbrennung. — 
Schliesslich erwähnt der Verf., dass die Holtzsche Maschine auch zu 
therapeutischen Zwecken gut angewendet werden könne. — (Pogg. 
Ann. 133, 622— 655.) Schbg. 
Chemie. A. Butlerow und M. Ossokin, über syn- 
thetische Bildungsweise des Alkohols, — Substituirt man 
ein Wasserstoffatom des Aethylradicals im Aethylalkohol durch Me- 
thyl oder Aethyl, so müssen ein Propyl- und ein Butylalkohol gebil- 
det werden, die Natur dieser Verbindungen muss aber veıschieden 
sein, je nach der Structur des unangegriffenen bleibenden Aethylrestes 


€?H‘, oder ob im Aethyl = Vene ein Wasserstoffatom aus GH? oder 


CH? der Substitution unterliegt. Bei Einwirkung von Zinkmethyl und 
Zinkäthyl auf Aethylglycoljodhydrin verlief die Reaction in 2 Phasen: 
2E4 3F4 2E4 2H4 PR) 

FR Ro + Beza— (Rzuyo HRHU2 CR zu) 0 + Bela 2 (Rz, 40 

+ ZnJ? 
Es entsteht bei Einwirkung von 3 Mol. der ersten und auf 2 Mol. 
der letztern Verbindung ein dickes bräunliches Magma. Man zersetzt 
mit Wasser und destillirt ab, sättigt mit KO.CO? und gewinnt auf 
diese Weise die alkoholische Flüssigkeit durch nochmalige Destilla- 
tion. Die neugebildeten Verbindungen sind die sogenannten secun- 
dären Alkohole. Verf. kommen am Schlusse ihrer Arbeit zu der 


Veberzeugung, dass den Aethylen die Formel 20 dem Aethyliden 


3 
= ga) zukomme, und dass auf der leichten Umsetzung dieser Grup- 


pirungen während Behandlung mit Reagentien das Entstehen der iso- 
meren Verbindungen beruhe. — (Annal.d. Chem.u. Pharm.145, 257.) 
A. Eulenberg, über die Zuckerbildungin der Leber. 
— Nach Mittheilungen von Pavy (1858 und 1862) war die von Cl 
Bd. XXXI, 1868. 33 


490 


Bernard beobachtete Zuckerbildung in der Leber ein Irrthum, da 
während des Lebens in der Leber kein Zucker zu finden sei, wohl 
aber nach dem Tode. Von Ritter wurden die Pavy’schen Angaben 
bestätigt, und somit die Kenntniss der Leberfunction in Diabetes in 
Frage gestellt. Ritter befolgte bei seiner Untersuchung das Verfah- 
ren, dass er von dem noch lebendigen Thiere die Leber bloslegte, 
stückweise abriss und in siedendes Wasser brachte, den Wasserex- 
tract mit Essigsäure ansäuerte und im Filtrat auf Zucker prüfte. Er 
hatte nur in einem Falle Zuckerreaction erhalten. E verbesserte das 
Verfahren dadurch, dass er das aus dem lebendigen Organismus ab- 
gerissene Leberstück sofort in einer Reibschale mit Glaspulver und 
Alkohol zerreibt, wodurch jede Einwirkung von Fermenten auf Gly- 
cogen vermieden werden muss. Der weingeistige Auszug wurde da- 
rauf filtrirt, verdunstet und der wässrige Auszug mit Bleiessig ge- 
fällt, das Filtrat mit HS entbleit und dann die Zuckerreaction ge- 
macht. Bei 6 gesunden Kaninchen wurde keine Zuckerreaction erhal- 
ten. Auch nach geringer Narcotisirung der Kaninchen mit Aether, 
Chloroform und Morphium wurde dasselbe negative Resultat erhalten. 
Bei sehr starker Nareotisirung mit ECl? wurde Zucker gefunden. 
Wurden die Lebern der Kaninchen, von denen während des Lebens 
die abgerissenen Stücke keine Reaction auf Zucker gegeben hatten, 
nach der Tödtung ausgeschnitten und untersucht, so gaben sie stets 
Zuckerreaction. — (Journ. f. prakt. Chem. 103, 108.) 

R. Fittig und H. Eaton, über Cyanverbindungen des 
Mangans. — Nach Haidlen und Fresenius werden Manganoxydullö- 
sungen durch Cyankalium zuerst hellrothbraun, bei Ueberschuss von 
Manganlösung schmutzig rothgelb (MnCy) gefällt; der Niederschlag 
löst sich in überschüssigem Cyankalium mit rothbrauner Farbe und 
setzt an der Luft Manganoxydhydrat ab. Rammelsberg beobachtete, 
dass sich aus solcher Flüssigkeit durch Eindampfen rothe Krystalle 
von 3KCy + Mu2Cy? absetzten; das dem gelben Blutlaugensalz ent- 
sprechende Mangansalz war bis dahin noch nicht in fester Form er- 
halten worden. Setzt man zu einer verdünnten Cyankaliumlösung so 
lange tropfenweise essigsaures Mangan bis der entstandene grüne 
Niederschlag sich nicht mehr auflöst, filtrirt ihn schnellab, und wäscht 
ihn mit heissem Wasser aus, so verändert er sich selbst bei 1000 
nicht und besteht aus 2MnCy + KCy; lässt man ihn aber längere 
Zeit in der Fällungsflüssigkeit, so zersetzt er sich. Die feste Ver- 
bindung ist wasserfrei. In überschüssigem Cyankalium löst sich die 
Verbindung leicht zu einer gelben Flüssigkeit auf, welche auf Zusatz 
von Alkohol kleine hellblaue Krystalle liefert, die sich mit Alkohol 
ohne zersetzt zu werden auswaschen lassen. Das Salz enthält Kry- 
stallwasser, bei 100° getrocknet besteht es aus 2MnCy + 4KCy, und 
erscheint grau violett, wird aber in einer conc. Cyankaliumlösung 
wieder blau ; löst sich aber leicht darin auf, krystallisirt dann daraus 
unzersetzt in quadratischen Tafeln, wenn man die Lösung in die 
Kälte stellt. Die gewässerte Verbindung enthält 3 Mol. H?9. In 


491 


Wasser löst sich die Verbindung farblos auf, aber bald setzt sich ein 
grüner Niederschlag von (2MnCy + KCy) ab. Mit kochendem Was- 
ser behandelt setzt sich Mn20°.HO ab und beim Eindampfen krystal- 
lisirt das rothe Mangancyanid Kalium aus. Das Mangancyanürna- 
trium krystallisirt in amethystrothen Octaedern, besteht aus 2MnCy 
+ 4NaCy + SH29 und ist in seinen übrigen Eigenschaften dem Ka- 
liumsalz gehr ähnlich. Die übrigen Cyandoppe!salze sind noch leich- 
ter zersetzlich als die Kalium- und Natriumsalze zeichnen sich aber 

alle durch ihre schöne Farbe aus. — (Ann. d. Chem. u. Pharm. 145, 157.) 
Fittig, Köbrich und Silke, über Zersetzung des 
Kamphers durch Chlorzink. — Ausser dem Kohlenwasserstoff 
g10H“4 der wahrscheinlich identisch mit dem Cymol des Römisch- 
Kümmelöls treten bei dieser Reaction wenigstens noch die 4 Kohlen- 


wasserstoffe: Toluol, Xylol, Pseudocumol und Laurol auf. — (Ebenda 
145, 129.) 
R. Fresenius, über das sog. Rothholz. — Dasselbe wird 


aus Buchenholz dargestellt von dem Verein für chem. Industrie zu 
Mainz. Es lässt sich sägen, raspeln etc. nur ist es weniger wider- 
standsfähig als Holz; die Farbe ist glänzend braun mit einem Stich 
ins Roth; auf Papier macht es einen schwachen Strich, benetzt sich 
wenig mit Wasser, hat ein spec. Gew. von 0,54; ist wenig hygrosco- 
pisch, verliert das aufgenommene Wasser sehr bald an trockner Luft, 
und ist viel leichter entzündlich als das ursprüngliche Buchenholz. 
Es enthält im Mittel C = 52,64, H = 6,28 und 0,49 Asche. In Be- 
zug auf den Wärmeeffect ist zu bemerken, dass man durch Verbren- 
nung von 100 Pfd. Rothholz ebenso viel Wärme erzielt als durch Ver- 
brennung von 150 ursprüngl. Buchenholzes. Der spec. Wärmeeffect 
für Rothholz ist 2360, für lufttrockenes Buchenholz 1899. Da gleiche 
Volumina Roth- und Buchenholz von dem Verein zum gleichen Preise 
abgegeben werden, ersteres aber einen grössern Heizeffect hat, so 
ist es ein billigeres Brennmaterial; nebenbei sehr bequem, weil es 
leicht entzündlich ist, haltbar und leicht aufzubewahren ist. Es wird 
daher das Rothholz für den Hohofenbetrieb bald die Holzkohlen zu 
verdrängen im Stande sein. — (Journ. f. prakt. Chem. 103, 86.) 

Friedel und Ladenburg, über ein intermediäres An- 
hydrid von Kiesel- und Essigsäure. — Dasselbe wird erhal- 
ten durch Einwirkung von Chlorsilicium auf Essigsäure oder Essig- 
säureanhydrid. 

SiCl* + 462H?9? = 8i94€2H39)‘ + 4HCI oder 
Sick + 3cnn0(0 — 8i9% (E2H80,* + 4C2H39.Cl 


Man erhitzt zu dem Zwecke in einem Kolben mit aufrecht stehendem 
Kühler in Gemenge von Wasserfreier Essigsäure und Essigsäureanhy- 
drid mit etwas weniger als der theoretischen Menge Chlorsilicium und 
lässt nach beendigter Reaction erkalten, worauf die neue Verbindung 
beim Abkühlen schon krystallisirt. Man giesst die Flüssigkeit von 
den Krystallen ab, wäscht diese mit absolutem Aether und trocknet 
sie im Luftstrome. Die Krystallform schien quadratisch. Mit Wasser 


83 * 


492 


zerlegt sich der sehr hygroscopische Körper zu Kieselsäure- und Es- 
sigsäurehydrat; lässt sich nicht unzersetzt destilliren bei gewöhnli- 
chem Luftdruck, wohl aber bei 5—6 Mm. Quecksilberdruck; das De- 
stillat bei 148° ist eine weisse krystallinische bei 1100 schmelzende 
Masse, — (Annal. d. Chem, u. Pharm. 145, 147.) 

K. Haushofer, über die Zersetzung des Granits 
durch Wasser. — Die Granitproben wurden möglichst fein pul- 
verisirt und mit der 25fachen Gewichtsmasse destillirten Wassers 8 
Tage unter Umschütteln kalt digerirt. In einigen Fällen wurde statt 
Ag. dest. gesättigte Gypslösung resp. CO? gesättigtes Wasser benutzt. 
Es ergaben sich nach Analyse der abfiltrirten Wassermassen aus den 
Zahlenresultaten folgende Schlüsse: 1) Der Granit resp. sein Feldspath 
giebt schon bei gewöhnlichen Temperatur- und Druckverhältnissen 
Alkalien an reines oder kohlensaures Wasser ab. Die 25fache Ge- 
wichtsmenge reinen Wassers extrahirt aus Granit (feingepulvert) in 8 
Tagen 0,03— 0,04 pC. Alkali, bei fortwährender Bewegung 0,05 pC. 
2) Wasser bei 0° mit Kohlensäure gesättigt extrahirt etwa die dop- 
pelte Menge wie reines Wasser. 3) Die Regenmenge, welche inner- 
halb eines Jahres auf eine Fläche von 100 Quadrat-Meter iällt wird 
demnach 15 Grm. Alkalien lösen können. — (Journ. f. prakt. Chem. 
103, 121.) 

A. W. Hofmann, über eine neueReihe von Isomeren 
der Nitrile. — Wie die Blausäure sich mit Wasser zu Ameisen- 
säure und Ammoniak, so müssten die Homologen Glieder derselben 
Reihe Cyanmethyl etc. zu Methylameisensäure — Essigsäure etc. und 
Ammoniak zerfallen, oder aber sie könnten ebenfalls Ameisensäure 
und das Amin des Alkoholradikals liefern. 

1) €2H3N +2H20—=C2H*92+ NH? 2) €2H?N + 2H20 =&H292--CH>N 
Letztere Umsetzung ist nicht weniger häufig als die erstere. 

Da bei Einwirkung von Chloroform auf Ammoniak sehr leicht 
aus beiden Blausäure gebildet wird, wenn Kali zugegen ist, so ver- 
wandte H. statt reinen Ammoniaks die Monamine der Alkoholradi- 
kale zu derselben Reaction und fand, dass dann die Isomeren der bis- 
herigen Nitrile entstehen, meist Körper von sehr heftigem giftigem Ge- 
ruch. Bei Anwendung von Anilin, Chloroform und alkoholischer Kalilö- 
sung entsteht Cyanphenyl €7H5N. Es siedet bei 167°, zersetzt sich aber 
leicht; ist ein blaues Oel, liefert leicht mit andern Cyaniden z. B. 
AgCy Doppelverbindungen, wird durch Alkalien kaum angegriffen, 
aber leicht von Säuren besonders concentrirten in Ameisensäure und 
Anilin zerlegt, während bekanntlich Benzonitril von Säuren nicht an- 
gegriffen mit Alkalien Benzoesäure und Ammoniak liefert. Wie bei 
letzterer Reaction wahrscheinlich als Mittelglied das Benzamid auf- 
tritt €’H5N + H29 = £7H’NO, so tritt auch bei der Umsetzung des 
Cyanphenyls das Phenylformamid auf €7H5N + H2Q0 = £7H’N®. 
Ausser diesem beobachtete H. auch noch die Bildung des von ihm . 


493 


schon früher entdeckten Methenyldiphenyldiamin als Zwischenglied der 
Umsetzung £H!N?2 + 2H2g —= CH29? + EHEN? 
2 Mol. Cyanphenyl Methenyldiphe- 
nyldiamin 
g13A%2N?2 + H?Q = €’H’NO -+ £°H’N 
Phenylformamid Anilin 
E’HA’NO? + H20 = £H29? + C°H’N 
Bei Einwirkung von Kalihydrat auf eine alkoholische Lösung einer 
Mischung von Chloroform und Aethylamin entsteht Cyanaethyl, über 
dessen Eigenschaften später berichtet werden soll. Das auf ähnliche 
Weise dargestellte Cyanamyl ist farblos, leichter als Wasser, mit bitte- 
rem krazenden Geschmack und erstickenden Geruch, es siedet bei 137°; 
bei Zersetzung mit conc. HCl entsteht daraus Ameisensäure und Amyl- 
amin. Nach einer andern Methode kann man die Alkoholcyanide er- 
halten durch Einwirkung der Alkoholjodide auf Cyansilber. Das so 
dargestellte Cyanamyl siedete bei 135—137°. — (Journ. f. prakt. Chem, 


103, 257.) 
Hlasiwetz und Grabowski, Zersetzung der Cam- 
phersäure. — Beim Schmelzen der Camphersäure mit überschüs- 


sigem Aetzkali in einer Silberschale bis Wasserstoffentwickelung ein- 
tritt. Unterbrechung des starken Feuers und nochmaliger Schmel- 
zung bis der Schaum einfällt, wird nach dem Auflösen in Wasser 
durch Schwefelsäure etwas theerige Substanz abgeschieden. Wird 
nach Entiernung derselben die saure Flüssigkeit mit Aether geschüt- 
telt, so nimmt dieser 3 Säuren auf, welche aus der Camphersäure ent- 
standen sind, nämlich Buttersäure, Valeriansäure und Pimelinsäure; 
da diese letzte Säure in grösster Menge entsteht, ist dies wohl die 
beste Methode zur Darstellung grösserer Mengen reiner Pimelinsäure. 
— (Annal. d. Chem. w. Pharm. 145, 205.) 

H. Kämmerer, kleine Mittheilungen. — Um den Verlust 
kleiner Mengen Alkalien bei der Einäscherung organischer Substan- 
zen zu vermeiden, empfiehlt K. das Verfahren von H. Rose dahin ab- 
zuändern, dass man zuerst bei gelinder Temperatur verkohlt, dann 
mit schwefelsaurem Ammon die Alkalien in die Sulfate überführt und 
nun nach salpetersaurem Ammonzusatz die Kohle völlig verbrennt. 
Das saure apfelsaure Kalium hat nach K. die Zusammensetzung ’ 
2(H(6°H°98) + 3!/, H?Q; von citronensaurem Baryum wurden zwei 
neue Salze dargestellt Ba°(C°H5Q7)2 + 5H20 und Ba°(C5H697,2 + 31), 
H?Q;, ausserdem ein neues 4basisch citronensaures Kupfer 2(Eu?(C$H497) 
+ 5!/, H20 erhalten. — (Journ. f. prakt. Chem. 103, 188.) 


Limpricht und Schwanert, über Verbindungen der 
H 

Toluolgruppe. — Von dem Toluol £”H® = .£°H5 — CH leiten sich 
H 


H® 
eine grosse Reihe Verbindungen ab, z. B. Benzylalkohol = £°H5— CH , 
H 


aus welchem durch Wegnahme von 2H der Benzaldehyd = £°H® — 


494 


& 
& | entsteht, der durch directe Sauerstoffaufnahme. in Benzoesäure 
| 


übergeht = £°H’ — er Indem 2 Mol. Toluol je 1 At. H verlie- 
ren und sich an einander lagern, entsteht das Dibenzyl £H“ — 
H 
£°6H5 — cH 
Ip auf gleiche Weise entsteht aus 2 Mol. Benzalkohol der 
g8B> I cı 


gou5 — gH9 
andere Alkohol €'H!Q2 = | go Aus dem durch Oxydation 
£H>— €, 
em—ch NG 
zweier At. H das Benzoin e*H%9? — | entsteht. Aus 
g$H> Ol | 


HQ 

dem Toluylen dem Radikal des Alkohols 61H192, in welchem noch 
2 vom Methyl abstammende Wasserstoffatome sind, entsteht durch 
6°’ —6|, 
£H° — €| 
das gleiche Zusammensetzung mit dem Anthracen hat, aber von die- 
sem ganz vcrschieden ist. 

Die Darstellung des Stilbens oder des damit identischen Toluy- 
lens ist ziemlich umständlich und kostspielig. Man leitet in eine 
grosse tubulirte Retorte in mehrere Pfund reines Toluol, das zum 
Sieden erhitzt ist, einen raschen Strom getrockneten Chlorgases. Das 
Product der ziemlich heftigen Reaction wird der fractionirten Destil- 
lation unterworfen; das erste unter 175° siedende wieder mit Chlor 
behandelt, das über 2100 Siedende bei Seite gestellt, und das zwi- 
schen 175 und 210° übergehende in Schwefelverbindungen übergeführt, 
in der Weise dass man es nach und nach in conc. weingeistige Lö- 
sung von Schwefelkalium giesst. Auf Zusatz von Wasser scheidet 
sich die Schwefelverbindungen als gelbes Oel ab, welches bald er- 
starrt. Die Schwefelverbindungen wurden in kleinen Retorten abde- 
stillirt, so lange bei nicht zu starker Hitze flüchtige Producte über- 
gehen. Das circa die Hälfte ausmachende Destillat enthält Toluol, 
Benzylsulfhydrat, Toluylen, Tolallylsulfür, Thionessal, und braune har- 
zige nicht näher untersuchte Verbindungen. Der aus dem Destillat 
auskrystallisirte Theil wird abgepresst, nochmals destillirt und end- 
lich aus heissem Weingeist das Toluylen umkrystallisirt. Die Aus- 
beute beträgt 10 pC. vom angewendeten Toluol. Durch Addition von 
Wasserstoff durch Einwirkung von HJ in zugeschmolzenen Röhren 
entsteht aus dem Toluylen das Dibenzyl. Bei gleicher Behandlung 
mit BrH wird das Toluylen nicht verändert, Rauchende Schwefel- 
säure löst es mit brauner Farbe auf und nach 12 Stunden mit Was- 
ser verdünnt, enthält die Flüssigkeit eine mit Baryt ein sehr leicht 
lösliches Salz liefernde Säure. Das Baryumsalz hatte die Formel 
£+H'Ba2S298, Das Bromtoluylen £A%Br? ist in Aether und Schwe- 


Entnahme dieser Wasserstoffatome das Tolan 13H! — 


495 


felkohlenstoff unlöslich, in Alkohol schwer löslich; wahrscheinlich ent- 
stehen beim Rintragen von Brom in die Aether- oder Schwefelkohlen- 
stofflösung des Toluylens noch 2 Substitutionsproducte E'*H!!Br und 
6*H'Br?, Wird das Bromtoluylen mehrere Stunden mit weingeisti- 
gem Kali gekocht, so entsteht neben gebromten Toluylen €*H!!Br 
noch Tolan CH! und letzteres fast allein, wenn man 10—12 Stun- 
den auf 130° erhitzt. Wird Bromtoluylen auf 150° mit Wasser er- 
hitzt, so entsteht neben Toluylen ein gelbes Oel, aus dem nach wo- 
chenlangem Stehen quadratische Krystalle von £:*H!092 (wahrschein- 
lich Benzil) absetzen. Das gebromte Toluylen €1*H!!Br verbindet sich 
noch mit 2 At. Br zu €'*H!!Br3, welches nach mehrstündigem Erhit- 
zen auf 140° mit alkohol. Natronlösung völlig in Tolan übergeht. Es 
wurden ferner dargestellt das essigsaure Toluylen —= £!*H2( 62H39,29? 
und das oxalsaure Toluylen. Aus ersterem Salz durch Kochen mit 
weingeistigem Kali der Toluylenalkohol 6HAQ2; wahrscheinlich 
identisch mit dem von Zinin dargestellte Hydrobenzoin. Der Toluy- 
lenäther C#H!9 konnte nur einmal erhalten werden. — (Annal, d. 
Chem. u. Pharm. 145, 330.) 

E. Ludwig, Vorkommen von Trimethylamin im 
Weine. — Zur Darstellung der von Brücke im österr. Landweine 
beobachteten Base wurde zuerst der Wein vom Alkohol durch Destil- 
lation befreit, und der Rückstand mit Natronlauge darauf so lange 
destillirt, als das Destillat noch alkalisch reagirte. Letzterer wurde 
mit Schwefelsäure neutralisirt eingedampft der trockne Salzrückstand 
mit absolutem Alkohol extrahirt, wobei das schwefelsaure Ammoniak 
im Rückstand bleibt, und aus dem nach Verdunsten des Alkohols blei- 
benden Salze durch Destillation mit Natronlauge die freie Basis ge- 
wonnen, welche mit HCl und PtCl?2 beim Verdunsten unter der Luft- 
pumpe ein in orangen Octaedern krystallisirendes Salz lieferte; in 
ihm ist nach Geruch und Stickstoffbestimmung Trimethylamin ent- 
halten. — (Journ. f. prakt. Chem. 103, 46.) 

Malin, zur Kenntniss des Camphers.— Löst man Cam- 
pher in Steinöl versieht die Retorte mit aufsteigendem Kühler, er- 
hitzt zum Sieden und bringt so lange erbsengrosse Stücke Kalium 
hinein, als diese noch verschwinden, so wird die Masse braun und 
es bilden sich krümliche Abscheidungen, die sich allmälig so vermeh- 
ren, dass die ganze Menge breiig erscheint; man liess erkalten, presste 
aus und extrahirte mit Wasser. Durch Eindampfen der Flüssigkeit 
erhielt man Krystalle von campholsaurem Kalium. £!°H1TK0?; das 
vermuthlich neben der Campholsäure entstandene Cymol €!°H!* konnte 
nicht aufgefunden werden. Ausserdem entsteht, wie schon Baubigny 
angegeben während der Behandlung mit Kalium aus dem Kampher 
auch noch Borneol 6!°H1392, — (Annal. d. Chem. u, Pharm. 145, 201.) 

Marignac, über Fluordoppelsalze des Antimons 
und Arsens. — Verf. hatte gehofft, dass sich Isomorphien für diese 
Verbindungen und die des Niobs und Tantals würden nachweisen las- 
sen; die Verbindungen des Arsen und Antimon sind aber so schlecht 


496 


krystallisirbar, dass sich die Erwartungen bisher nicht realisirt haben. 
Antimonfluorid krystallisirt nicht, und wird es zu weit durch Erhit- 
zen eingedampft, dann bildet sich ein weisser Niederschlag, wahr- 
scheinlich von Oxyfluorid. Die Alkali-Doppelsalze sind sehr zerfliess- 
lich, und geben im ersten Augenblick mit HS keine Fällung. Die 
Verbindung Antimonfluorid -Fluorkalium $bF5,KF ist wasserfrei und 
krystallisirt in dünnen rhomb. Blättern, ist leicht löslich, aber nicht 
zerfliesslich; in überschüssigem Fluorkalium gelöst, liefert sie ein Salz 
SbF3,2KF + 2H29, welches in schiefen rhombischen Prismen krystal- 
lisirt. Erhitzt man es auf 90°, so verliert es ausser seinem Wasser auch 
etwas Fluorwasserstoff und ist nicht mehr ganz löslich. Antimon- 
oxyfluorid-Fluornatrium wird erhalten, wenn man in überschüs- 
siger HF gelöstes SbF® mit NaO.CO? sättigt. Nach dem Eindampfen 
scheiden sich hexagonale Prismen Sb$F®?NaF + H20 ab; dieselben 
lösten sich in überschüssiger HF auf und liefern SbF°,NaF welches in 
würfelförmigen Krystallen beim Abdampfen erhalten wird. Das Am- 
moniumdoppelsalz bildet nur feine nadelförmige hexagonale Prismen. 
Die Arsenfluoriddoppelsalze widerstehen der Einwirkung des HS 
nicht, aber die Ausfällung erfolgt sehr langsam. Im trockenen Zu- 
stand lassen sich diese Verbindungen gut aufheben, in Wasser gelöst 
lassen sie HF entweichen und bilden Oxyfluoride. M. stellte 4 Salze 
dar 2(AsF°, KF) + H20; AsQF3.KF + H2®; AsF°, 2KF + H?20 und 
As2QF®, 4KF + 3H29. — (Ebenda 145, 237.) 

Draggendorff, Beiträge zur Kenntniss des Cantha- 
ridins. — Das Cantharidin ist für Menschen wie für viele Thiere 
ein energisches Gift, es ist der hauptsächlich giftig wirkende Be- 
standtheil des Canthariden, wie man leicht daraus abnehmen kann, 
dass das reine Cantharidin die nämlichen Vergiftungs-Erscheinungen 
bedingt, wie die Canthariden. Es können demgemäss nur noch die 
Fragen zu untersuchen sein: ‚‚Ist das Cantharidin für alle Thiere gif- 
tig?‘ und ist es der allein giftige Bestandtheil der Canthariden?“ Die 
umfangreichen Untersuchungen betreffs des ersten Punktes führten zu 
einem entschieden negativen Resultat. Uebereinstimmende Versuche 
zeigten, dass das Cantharidin ausser beim Menschen, beim Hunde, 
bei der Katze und beim Kaninchen auch beim Pferde heftig giftig 
wirkt, wogegen die Cantharidin-Applicationen in der mannigfachsten 
Weise beim Igel ohne sichtbare Vergiftungs-Symptome blieben. Eben- 
so zeigten sich Hühner gegen das Cantharidin indifferent, wogegen 
Tauben ungemein empfindlich für dasselbe waren. Wir übergehen 
die Versuche an anderem Geflügel und heben nur noch hervor dass 
auch Frösche von dem Cantharidin durchaus nicht affieirt zu werden 
scheinen. 

Was die zweite Frage angeht, so ergeben vorliegende Unter- 
suchungen auch hier ein negatives Resultat. Destillirtt man Wasser 
über Cantharidin, und zwar so dass man durch Einlegen der Retorte 
in eine Lösung von Chilisalpeter etc. die Temperatur etwas über 100% 
steigert, so gewinnt man ein farbloses Destillat, das sich indessen 


497 


namentlich anfänglich (bei 60-700) mitunter milchig trübt, schwach 
sauere Reaction besitzt, und einen eigenthümlichen Geruch nach fri- 
schem Brot verbreitet, welcher heftiges Kopfweh bedingt. Der zu- 
letzt bei 100—110° übergehende Theil des Destillats hat alkalische 
Reaction und besitzt einen an Nicotin erinnernden Geruch. Der un- 
ter 100° übergehende sauer reagirende Theil des Destillats bedingt 
dem Cantharidin ganz ähnliche Vergiftungs-Erscheinungen, obwohl es 
in keiner Weise gelungen ist, darin Cantharidin zu entdecken, noch 
auch den giftig flüchtigen Stoff zu binden, und sonach wird es we- 
nigstens im hohem Grade wahrscheinlich, dass die specifische Wir- 
kung des Destillats, des sogenannten Aqua Tofana, einem andern Prin- 
cip zuzuerkennen ist. 

Cantharidenpulver mit Wasser mehrmals ausgekocht lässt, nach 
dem Trocknen einen Rückstand, der an Alkohol nur noch ein grünes 
Oel abgiebt, welches nicht die Vergiftungserscheinungen des Cantha- 
ridins hervorbringt und auch auf der Haut keine Blasen zieht. Verf. 
hält es gegenwärtig für wahrscheinlich, dass dies grüne Oel in den 
Canthariden als chemische Verbindung enthalten sei. 

Bei der Aufnahme des Cantharidins in das Blut geht es un- 
zersetzt in dasselbe über und konnte später sogar wiedergefunden 
werden: im Harn, im Mageninhalt, im Darminhalt und den Fäces, 
in Leber und Galle, im Blut und Muskelfleisch, im Hirn in der Lunge 
und im Herzen; in den Nieren und der Blase. Dagegen ist es nie 
gelungen, das Cantharidin im Speichel, im Nasenschleim und im In- 
halte einer durch Spanischfliegen - Pflaster gezogenen Blase zu ent- 
decken. Fragt man nun, durch welche Mittel das schwerlösliche Can- 
tharidin im Organismus löslich wird, so ist die völlig sichere Ant- 
wort an der Hand zahlreicher Versuche nicht schwer aufzufinden. Es 
kann aus denselben mit Bestimmtheit entnommen werden, dass das 
Cantharidenpulver nur in Wasser gereicht energischer wirkt, als eine 
entsprechende Menge reinen Cantharidins und ebenso wirkten die 
löslichen Salze des Cantharidins wieder schneller als das reine Prä- 
parat; es bleibt aber die neue Frage zu erledigen, in welcher Weise 
überhaupt eine Resorption des Cantharidins möglich ist. Hier weisen 
nun dahin schlagende Versuche aus, dass eine Resorption des Can- 
tharidins in gar mannigfachen Formen möglich ist. Freilich gelang’ 
es nicht, reines mit Wasser angesetztes Cantharidin durch ein Per- 
gamentpapier zur Diffusion zu bringen, doch glückten die nämlichen 
Versuche leicht, wenn man ein Salz des Cantharidins anwandte, oder 
eine Lösung von Cantharidin in Provenceröl mit Gummi arabicum 
und Wasser zur Emulsion machte und diese dem Dialysations-Verfah- 
ren unterwarf, ja wenn selbst gezeigt werden kann, dass eine Koch- 
salzlösung die Diffusion des Cantharidins bewirken kann, dann erhel- 
len allerdings eine Menge von Wegen auf denen das Cantharidin 
in das Blut gelangen könnte, wenn auch anzunehmen ist, dass es 
wohl meist in Form einer salzartigen Verbindung dahin kommen 
möchte; dabei ist es bewiesene Thatsache, dass selbst bei denjenigen 


498 


Thieren, welche sich dem Cantharidin gegenüber indifferent verhalten, 
eine Resorption des Giftes wirklich Statt findet. 

Fassen wir nun die Vergiftungs-Erscheinungen näher ins Auge. 
Als erste Folge einer geschehenen Intoxication mit Cantharidin, hat 
man ein in reichlichem Masse erfolgendes Erbrechen anzusehen, das 
selbst eintritt, wenn das Gift in eine Vene oder ins Unterhautszell- 
gewebe injieirt wurde. Unter allen Umständen erfolgte ferner eine 
reichliche Speichelabsonderung, doch zeigte sich dieselbe in der er- 
sten Stunde nach der Intoxication am stärksten. Im Magen wird un- 
ter dem Einfluss des Giftes eine alkalische Flüssigkeit secernirt, wäh- 
rend man im Darm Absonderungen von Schleim mitunter auch von 
Blut beobachtet. Nach Verlauf der ersten Stunde zeigte sich auch 
Diarrhöe, wenn indessen der Tod nach erfolgter Intoxication sehr 
schnell eintritt, so kann letztere auch manchmal ganz und gar aus- 
bleiben. Entzündungs-Erscheinungen, die man in Magen und Darm 
wahrnimmt, scheinen das Resultat rein örtlicher Affection zu sein und 
demnach nur dort aufzutreten, wo wirklich Cantharidin mit der be- 
treffenden Stelle der Schleimhaut in unmittelbare Berührung gekom- 
men ist. Ausdehnung und Intensität wachsen mit der Zeit, die zwi- 
schen Injektion und Tod verstreicht; ist letztere sehr kurz, so kön- 
nen die Entzündungs-Erscheinungen bis zur Unkenntlichkeit schwach 
sein. Wurde das Gift durch den Mund applicirt, so trat natürlich 
auch eine Entzündung der Mundschleimhäute ein und im Momente 
des Todes erfolgte nicht eine cyanotische Färbung der Lippen. 

Während Pancreas und Milz und die Drüsen des Mesente- 
riums fast nie nachweisbar verändert waren, zeigten sich Leber und 
Nieren beständig afficirt und ebenso verdient die constant vermin- 
derte Harnabscheidung der Erwähnung. Dagegen nimmt die Respi- 
ration bei acuter Vergiftung bald nach geschehener Darreichung des 
Giftes entschieden zu, was namentlich bei den vergifteten Katzen recht 
auffällig zu Tage trat; dazu treten gegen Ende meist klonische 
Krämpfe, die hauptsächlich in den Muskeln des Rückens und der Ex- 
tremitäten wahrgenommen werden. Obwohl ferner das Muskelfleisch 
keine merklichen Veränderungen nach der Vergiftung zeigte, so ge- 
lang es doch einen Cantharidingehalt darin zu entdecken und zwar 
sowohl auf chemischem als auf physiologischem Wege, indem das 
Fleisch vergifteter Thiere auf junge Katzen ganz nach Art des Can- 
tharidins giftig wirkte. Die Körpertemperatur stieg anfänglich, fiel 
nachher aber constant und nahm bis zum Tode oft um 50 ab. Das 
Blut unmittelbar nach der letzten Inspiration aus den Adern entleert, 
erscheint dunkel und ist gemeiniglich dickflüssig, so dass in Folge auch 
nur geringe Quantitäten gewonnen werden konnten. Die Form der 
Blutkörperchen war nicht verändert und was seine ozonerregende 
Kraft anlangt, so ist hervorzuheben, dass es sich ganz und gar wie 
das Blut einer strangulirten Katze verhielt. Kann demgemäss der 
Tod bei acuter Vergiftung mit Cantharidin nach den mitgetheilten 
Erfahrungen nicht Folge einer localisirten Entzündung, ebensowenig 


499 


einer specifischen Wirkung auf das Nervensystem oder einzelner 
Theile desselben sein, so muss die Blutveränderung denselben bedin- 
gen und zwar ist Verf. der Ansicht, dass die Verdickung des Blutes 
eine rein mechanische Ursache des Todes sei, indem die Capillaren 
ähnlich wie bei der Cholera eine Verstopfung erfahren. 

Der gerichtliche Nachweis einer Cantharidinvergiftung ist zwar 
schwierig aber doch mit ziemlicher Sicherheit zu führen. Bei Prü- 
fung von Harn, flüssigen Getränken, (Bier, Punsch etc.), Speiseresten 
Erbrochenem, Magen- und Darminhalt haben zahlreiche Versuche zu 
dem Ergebniss geführt, dass die angewandte Cantharidinmenge, zum 
grössten Theile wiedergefunden werden kann, wenn nicht in den Un- 
tersuchungsobjecten etwa eine grosse Menge freien Ammoniaks vor- 
handen ist. Sind die untersuchten Substanzen nicht schon ein homo- 
genes Gemenge, so reibt man sie mit einem Porcellanpistill zusam- 
men, versetzt das Ganze mit Magnesia usta, im Nothfall auch mit 
Wasser und reibt die Masse zu einem Brei, den man im Wasserbade 
austrocknet. Der Rückstand wird nach einander durch Behandlung 
mit Aether, absolutem Alkohol, Chloroform und Benzin von den Be- 
standtheilen befreit, die in denselben löslich sind, und die Lösungen 
aufbewahrt, um sie nöthigenfalls noch auf einen blasenziehenden Kör- 
per prüfen zu können. Der unlösliche Rückstand wird mit verdünn- 
ter Schwefelsäure (1:8—10) übersättigt, mit derselben etwa 3 Minu- 
ten lang gekocht und dann volirt. Waren viele Fette vorhanden, 80 
stellt man den flüssigen Theil bei Seite, lässt sich die Fette absetzen, 
hebt ab und schüttelt den wässrigen Rückstand mit !/J;—!/, seines Vo- 
lumens Chloroform oder Aether. Nach dem Absetzen hebt man das 
Chloroform ab, wiederholt diese Operation noch einige Male und be- 
handelt das gesammte Chloroformextract zur Entfernung der letzten 
Spuren Schwefelsäure noch einmal mit destillirtem Wasser. In glei- 
cher Weise behandelt man auch den auf dem Colatorium gebliebenen 
festen Rückstand und destillirt endlich bei möglichst niedriger Tem- 
peratur das Chloroform ab. Man erhält nun einen mehr oder minder 
fetthaltigen Rückstand, welcher unter dem Microscop betrachtet nur 
dann noch krystallinische Blättchen von Cantharidin erkennen lässt, 
wenn grössere Mengen des Giftes vorhanden waren. Dagegen wird 
selbst wenn zur 0,00014 Gr. Cantharidin zugegen sind, diese unbe- 
deutende Menge auf der Oberhaut des menschlichen Körpers Blasen 
ziehen. In einigen Fällen, namentlich beim Harn, lässt obenbeschrie- 
benes Verfahren noch einige Abkürzungen zu, es ist aber nicht an- 
wendbar, um Cantharidin im Blute, Hirn, Lunge, Leber und verwand- 
ten Organen sowie im Muskelfleische zu entdecken. Die Proteinsub- 
stanzen gehen mehrfach schr innige Verbindungen mit dem Cantha- 
ridin ein, und deshalb müssen dieselben zunächst zerstört werden. 
Die zerkleinerten Substanzen löst Verf. zunächst in Kalilauge, ver- 
dünnt, wenn nothwendig, mit Wasser und versetzt die klare Lösung 
mit Schwefelsäure bis zur sauren Reaction, dem Ganzen wird sodann 
noch etwa das vierfache Volum des Alkohols sofort beigegeben, einige 


500 


Zeit im Sieden erhalten, heiss filtrirt, das Filtrat möglichst stark er- 
kaltet, die Filtration noch einmal wiederholt und dann endlich der 
Alkohol durch Destillation entfernt. Die restirende Flüssigkeit wird 
nun in der oben angegebenen Weise mit Chloroform behandelt und 
das Cantharidin darin wie früher nachgewiesen. Zur Trennung des 
Cantharidins aus der kalischen Lösung bietet auch der Dialysator 
einen geeigneten Weg. Bedauerlich aber ist, dass man zum Nachweis 
des Cantharidins nicht ähnliche Farbenreactionen anwenden kann, wie 
solche so viele Alkaloide charakterisiren. 

„ Seinem chemischen Charakter nach ist das Cantharidin als eine 
Säure anzusehen, da es befähigt ist, mit vielen Basen sehr wohl cha- 
rakterisirte Salze zu bilden, die zum Theil sogar krystallinisch sind, 
und so gross gewonnen werden konnten, dass eine genauere Bestim- 
mung ihrer Gestalten möglich war. Die Salze des Kalium, Natrium, 
Lithium, Ammonium, Magnesium und Zink sind in Wasser ziemlich 
leicht löslich, alle übrigen nur sehr schwierig oder gar nicht. Die 
Lösungen reagiren alkalisch, die meisten enthalten ferner zwei Atome 
Säure auf ein Atom Basis, in vielen ist Wasser chemisch gebunden. 
Salz- und Salpetersäure zerlegen die Salze unter Abscheidung des 
Cantharidins. Die Entstehung der Salze erklärt sich Verf. dadurch, 
dass er annimmt, dass Cantharidin = C,o,Hs0, verbinde sich mit einem 
Molekul Wasser = H,O, zu Cantharidinsäurehydrat, welches durch 
Austausch von einem Atom Wasserstoff gegen ein Metall, Salze von 
der Formel C,,#505; H; M!O, liefern. Wäre die Hypothese die rich- 
tige, so müsste das Cantharidin selbst als ein dem Lactid analoges 
Anhydrid aufzufassen sein, womit selbstverständlich Anhaltepunkte zur 
künstlichen Gewinnung dieser Säure gegeben wären. Dieser Hypo- 
these steht unter andern schon die Erfahrung entgegen, dass die salz- 
artigen Verbindungen bei ihrer Behandlung mit Salzsäure nicht Can- 
tharidinsäurehydrat, sondern Cantharidin geben. Direct gewonnenes 
und aus salzartigen Verbindungen niedergeschlagenes Cantharidin 
stimmen fast vollständig überein, nur scheint letzteres in verdünnten 
Alkalien leichter löslich zu sein. Die meisten Salze gewinnt man 
durch Einwirkung des Cantharidins auf die betreffenden Basen, wo- 
bei mitunter Einschmelzen in Röhren nothwendig wird; andere kön- 
nen nur durch doppelte Umsetzung erzeugt werden. 

Das Kaliumsalz ist bei 15— 200 zu 4,13 Theilen in 100 Thei- 
len Wasser löslich, ist nicht hygroscopisch, wenig in Alkohol und 
nur spurenweise in Aether und Chloroform löslich. Das Salz wirkt 
blasenziehend und selbst 0,00006 Gr. in 500facher Verdünnung ver- 
rathen sich noch durch Röthung der Haut. Zusammensetzung C,oHs0>; 
H;K} 0, + 1% H50;. 

Das Natriumsalz steht wie das Lithiumsalz dem Kaliumsalze 
sehr nahe, ganz abweichend verhält sich dagegen das Ammonium- 
salz. Dasselbe ist sehr unbeständig, und kann durch Zersetzung 
äquivalenter Mengen des Baryumsalzes und schwefelsauren Ammons 
in wässriger Lösung erhalten werden; man gewinnt es indessen auch, 


501 


wenn man Cantharidin in überschüssigem Ammon löst, und das über- 
schüssige Ammon bei einer 40—50° nicht übersteigenden Temperatur 
entfernt. Erhitzt man die wässerige Lösung des cantharidinsauren 
Ammons auf 100° (im Wasserbade), so erleidet das Salz eine Zerset- 
zung. Salzsäure scheidet nicht mehr Cantharidin ab, und dampft man 
mit Salzsäure und Platinchlorid zur Trockne, so nimmt Alkohol alles 
Platinchlorid aus dem Rückstande weg, und es hinterbleibt eine weisse 
krystallinische in Alkohol ziemlich schwierig, aber auch in Wasser 
etwas lösliche Substanz. Dieselbe ist stickstoffhaltig und krystalli- 
sirt in langen seidenglänzenden Krystallnadeln, reagirt sauer und wirkt 
blasenziehend. Die eigenthümlichen Reactionen dieser Substanz las- 
sen keinen Zweifel darüber, dass eine amidartige Verbindung vor- 
liegt. Versetzt man die Lösung mit Salzsäure und Chloroform, 30 
zieht auch letzteres kein Cantharidin aus. Die heissgesättigte Lö- 
sung mit Kali gekocht, macht Ammoniak entweichen und Salzsäure 
fällt darauf ohne weiteres Cantharidin. Die Anwesenheit freien Am- 
moniaks in einer auf Cantharidin zu prüfenden Flüssigkeit bedarf 
darum ganz besonderer Berücksichtigung. Wir übergehen die Ver- 
bindungen des Caleium, Baryum, Strontium , Beryllium, Aluminium, 
Chrom, Eisen, Nickel, Kobalt, Zink, Kadmium, Blei, Quecksilber, Sil- 
ber, Palladium, Zinn, Wismuth und erwähnen nur noch die Salze des 
Magnesiums und Kupfers. 

Ersteres erhält man durch mehrstündiges Erhitzen eines Ge- 
menges von Cantharidin mit reiner gebrannter Magnesia bei 100° im 
zugeschmolzenen Rohre, Schon bei oberflächlicher Betrachtung be- 
merkt man nach einiger Zeit, dass der grösste Theil der voluminösen 
Magnesia sich in zusammengeballte krystallinische Massen verwandelt 
hat. Ein Theil der Verbindung befindet sich in der Lösung, Zusatz 
von Wasser löst auch den Rest und unverbundene Magnesia kann leicht 
durch Filtration getrennt werden. Beim Verdunsten der Lösung hin- 
terbleiben lange farblose nadel- und spiessförmige Krystalle. Die 
Krystalle sind luftbeständig, die wässrige Lösung blasenziehend, eben- 
so resultirt durch Erhitzen mit Oel eine blasenziehende Materie. Zu- 
sammensetzung (CıeHsO2)2; Hz; Mgs; } Os + 2.H20:. 

Versetzt man eine Kupfervitriollösung mit einer Lösung can- 
tharidinsauren Kalis, so entsteht allmählig ein reichlicher, körnigkry- 
stallinischer Niederschlag, in Form von Blättchen. Zusammensetzung: 
(C,0H603)2; Ha; Cu }0; + 3), H20,. Eine Lösung des Kaliumsalzes 
zu einer überschüssigen Lösung von essigsaurem Kupfer gesetzt, 
giebt keinen Niederschlag, kehrt man dagegen die Verhältnisse gerade 
um, so entstehen nach 24 Stunden kleine hellblaue Krystalle mit 
6,71%), Wasser. Die Verbindung ist vermuthlich eine Doppelverbin- 
dung von einem Atom des obigen Kupfersalzes mit 2 Atomen der 
Kaliumverbindung. Als zum Filtrate noch einmal ein kleiner Zusatz 
von essigsaurem Kupfer gegeben wurde, fiel nach 28 Stunden ein je- 
nem ähnliches Salz, das jedoch 13,54°/, Wasser enthielt. Analog ge- 
wann man endlich noch ein drittes Doppelsalz mit 47,780), Wasser- 


502 


gehalt. — (Untersuchungen aus dem pharmaceutischen Institute zu Dor- 
pat.) Brek. 

W. Weyl, über das Tetra-Mercur-Ammoniumoxyd 
und seine Verbindungen. — Wir beschränken uns darauf die 
wesentlichen Ergebnisse dieser ebenso werthvollen als interessanten 
Abhandlung hier mitzutheilen. 


1) Durch Einwirkung von flüssigem Ammoniak auf Quecksilber- 
oxyd, — Oxyjodid — Oxychlorid — entstehen Körper, welche als 
Derivate von Tetramerkurammonium angesehen werden können. 


2) Wirkt gasförmiges Ammoniak bei erhöhter Temperatur (130°) 
auf Quecksilber — Oxychlorid — Oxyjodid, so entstehen die von Kane, 
und Rammelsberg schon untersuchten Körper, welche als Derivate eines 
Oxymerkurammoniums oder als Mercuramide — Oxychlorid — Oxy- 
jodid aufgefasst werden können. 


3. Wirkt gasförmiges Ammoniak bei 190° auf Quecksilberoxyd, 
so bildet sich wie durch Einwirkung von flüssigem Ammoniak auch 
hier das Oxyd des Tetramercurammoniums. 


4. Wirkt gasförmiges Ammoniak bei gewöhnlicher Temperatur 
auf Quecksilberoxyd, so entsteht durch die Vereinigung beider ein 
Product, welches angesehen werden kann als das Trihydrat des Te- 
tramerkurammoniumoxydes. Aus diesem resultirt bei 80° im Ammo- 
niakstrom ein Körper, welcher die Zusammensetzung.des zugehöri- 
gen Monohydrates besitzt, und bei 100° entsteht das wasserfreie Oxyd 
selbst. — (Pogg. Ann. 131, 524-553.) Brek. 


W. Wernike, über Vergoldung des Glases zur Her- 
stellung optischer Spiegel. — Da das Gold sich besser an der 
Luft enthält, so wendet man zu astronomischen Zwecken jetzt lieber 
Goldspiegel an; W. giebt zur Herstellung derselbsn die nöthigen Mass - 
regeln an, die im Originale nachgelesen werden mögen. Im Wesent- 
lichen gebraucht er 1) eine Lösung von reinem Goldchlorid in Wasser, 
welche auf 120 CC 1 Grm. Gold enthält, 2) eine Natronlauge von 1,06 
spec. Gew. und 3) eine Reductionflüssigkeit, welche auf folgende Weise 
gewonnen wird: 50 Grm. englisches SO? werden mit 40 Grm. Alko- 
hol und 35 Grm. Wasser und 50 Grm. feinen Braunstein gemengt, 
destillirt und die Dämpfe in eine Flasche mit 50 Gran kalten Was- 
ser geleitet, so lange bis das Volumen desselben sich verdoppelt hat; 
die erhaltene Flüssigkeit wird mit 100 CC Alkohol und 10 Grm. in- 
vertrirten Rohrzucker vermengt und durch destillirtes Wasser auf 500 
CC gebracht. Die Ueberführung des Zuckers erfolgt dadurch, dass 
man 10 Grm. Rohrzucker in 70 Grm. CC Wasser löst, die Lösung mit 
0,5 Grm. NO°® vom spec. Gew. 1,24 ersetzt und eine Viertelstunde 
lang kocht. — Man wendet 4 Volumen Goldlösung und !/; Volum Na- 
tronlauge an, setzt dann !/;; bis höchstens 1/,, Reductionsflüssigkeit 
hinzu, der Spiegel beginnt bei 15° R sich zu bilden nach Verlauf 
einer halben Stunde bei 45-50° R schon nach 15—20 Min.; es em- 
pfichlt sich aber nicht die Hitze so gross zu macheu. Vorsichtsmass- 


503 


regeln, Reinigung des Glases wie bei den Silberspiegeln. — (Pogg. 
Ann. 133, 137—186.) 

Böttcher, einige chemische Notizen. — Japane- 
sisches Papier welches dort zu Werthzeichen benutzt wird und 
ein anderes seidenartiges von den Japanesen zu Feuerwerk benutz- 
tes Papier bestehen nicht aus Baumwolle, sondern nach einer micros 
copischen Untersuchung aus Leinenfasern oder wahrscheinlicher aus 
irgend einer andern unbekannten Pflanze, auch die Bekleidung der 
Mumien ist nicht aus Baumwolle gefertigt. 

Künstliche Irrlichter kann man hervorbringen, wenn man 
eine erbsengrosse Pille von Phosphorkupfer mit Stanniol umwickelt, 
dann diese Hülle mehrfach durchbohrt und in eine frisch bereitete 
sehr concentrirte Lösung von Cyankalium wirft — oder einfacher in- 
dem man Phosphorcaleium in gleicher Weise behandelt in Wasser 
wirft, in beiden Fällen bildet sich Phosphorwasserstoff. 

Das sogenannte Perlmutterpapier zu Visitenkarten u. s. w. 
wird durch Krystalle von essigssurem Bleioxyd hergestellt, man muss 
also vor denselben warnen. Man kann aber beliebige andere nicht 
giftige Salze zu demselben Zwecke verwenden, ähnlich wie Kuhlmann 
Planglastafeln mit verschiedenen Salzen weiss und bunt decorirte. 

Zur Erkennung einer Beimischung von Wolle in Seiden- 
zeugen löse man ein kleines Stück desselben in kochender Natron- 
lauge, verdünne mit destillirtem Wasser und füge nach dem Erkalten 
einige Tropfen einer verdünnten frisch bereiteten Lösung dem Nitro- 
prussidnatrium hinzu: die Verfälschung der Seide durch irgend welche 
thierische Wolle wird sich durch eine violette Färbung kund geben. 

Ein sehr fester Steinkitt wird erhalten aus der sogenannten 
Infusorienerde (Lüneburger Heide, Vogelsberg); dieselbe besteht aus 
Kieselsäurehydrat; man rührt 1 Theil derselben mit 1 Theil Blei- 
glätte und !/, Theil frisch gelöschten Kalk mit Leinölfirniss zu einer 
gleichförmigen Masse an. Dieser Kitt hat grosse Bindekraft und 
nimmt nach längerer Zeit die Härte des Sandsteins an. 

Schwefelsaures Kupferoxyd Ammoniak ist ein gutes Mittel zur 
Verkupferung von blankem Zink, Eisen und Stahl, das erstere wird 
einfach in die Lösung eingetaucht, die letztere werde mit einer Lö- 
sung von 1 Theil Zinnchlorür und 2 Theilen roher Salzsäure in 2 
Theilen Wasser darauf mit der Verkupferungsflüssigkeit bepinselt. 

Ein Gemenge von 1 Theil Pikrinsäure und 2 feingepulver- 
ten trockenen übermangansaurem Kali verbrennt mit weissem Licht 
rasch ab, wenn es mit einem glimmenden Holzspahn oder einem Tro- 
pfen conc. Schwefelsäure zusammenkommt, durch einen mässigen Ham- 
merschlag bringt man es zum detoniren. 

Eine bei 50° R. schmelzende Legirung erhält man nach 
Wood aus 15 Wismuth, 8 Blei, 4 Zinn, 3 Cadmium. Dieselbe eignet 
sich zu folgendem Experiment: man inkrustirt damit (durch mehrma- 
liges Eintauchen) eine sogenannte Glasthräne, bricht den Schwanz 
derselben, lässt die Kruste in heissem Wasser abschmelzen und nimmt 


504 


die Glasthräne wieder vorsichtig heraus, dieselbe scheint ganz zu 
sein, geht aber bei mässig starkem Druck wieder auseinander. — 
Eine andere Legirung 3 Kalium und 1 Natrium bleibt bei gew. 
Temperatur flüssig, wird aber durch Zusatz von wenig Queck- 
silber nicht selten unter Funkensprühen steinhart; diese Masse eignet 
sich zur Darstellung von reinem Wasserstoffgas. 

Leuchtgas entzündet sich von selbst, wenn es auf ein Bäusch- 
chen Schiessbaumw.olle strömt, welches mit Platin sch warz 
incorporirt ist. 

In neuerer Zeit sind sogenannte Desinfectionssch wärmer - 
angepriesen, dieselben bestehen aus 58 Theilen Salpeter, 36 Schwe- 
fel und 3 gesiebter Holzkohle, sie sind zwar nicht unzweckmässig 
aber besonders in Abtritten mit Vorsicht anzuwenden, weil sich dort 
häufig explosive Gasmengen ansammeln. — (Frankfurter Jahresbericht 
1866/7 S. 10—24.) Schhg. 

Reines lockeres Chromoxyd erhält man wenn man 1 Th. 
Pikrinsäure mit 2 Th. trocknem pulverförmigen doppeltchromsauren 
Ammoniak innig zusammenreibt und das Gemisch in einer Porzellan- 
schale mit einem glimmernden Holzspalte anbrennt; wegen des leb- 
haften Umhersprühens ist ein Bogen weisses Papier unterzulegen. — 
(Ebda S. 67—68.) 

Japanesische Blitzähren. Originalmasse: 3 Gewichts- 
Theile Russ, 8 Schwefelblumen, 15 trockner Kalisalpeter, diese Masse 
giebt die bekannten dendritenartigen Funken. Nimmt man 2 Th. feine 
Lindenkohle 4 Th. Schwefelblumen und 7 Th. trocknen Natronsalpe- 
ter, so erhält maneine Masse, die schneeflockenartige Funken auswirft. 
— Man schneide 6 Zoll lange Streifen Seidenpapier unten 1 Zoll breit 
oben spitz, rolle sie am obern anfangend spiralförmig zusammen und 
hülle dabei in den untern breiten Theil je 2—3 eines der angegebe- 
nen Gemenge ein. — (Elda S. 68-69.) 

Theile, Ueber Zersetzungsproducte des Albumin’s 
durch Aetzkali. — Das Material stellte sich Verf. dadurch dar, 
dass er das Weisse von 16 Eiern mit Wasser stark verdünnte, das 
Zellgewebe durch Umschütteln entfernte, schnell filtrirte und so lange 
mit Alkohol versetzte als eine Spur von Trübung eintrat. Nach län- 
gerem Absetzenlassen wurde das Praecipitat filtrirt, mit Aether be- 
handelt nochmals filtrirt und das so gewonnene Produkt 24 Stunden 
einem mittelst Aspirators hervorgebrachten trockenen Luftstromes 
ausgesetzt, während es durch warmes Wasser auf 40— 509 C erhal- 
ten wurde. Das so gewonnene graue körnige Albumin blieb 14 Tage 
über Chlorkalecium stehen und war nach dieser Zeit weiss, spröde, 
in Wasser löslich, durch Alkohol weissfällbar und mit 4 Aeq. Was- 
ser, wovon 2 bei 100°, die beiden andern 2 aber erst bei 130° aus- 
getrieben wurden, verbunden. Es resultirten 2,3%), Asche bestehend 
aus: 


505 


oder auf kohlenstofffreie 
18.77 Substanz bezogen und auf 


Kohle . 28 Salze berechnet: 

in Salzsäure unlöslich . . 218 ;) Salzsäure unlöslich . 2,68%/0 
Kieselsäure . . . 2... 23,62 ee a N 9000, 
NS TE omam 2.7. 2,070, 
Maren.) 0b, nl nansda Manid12 Kohlensaures Natron. . 27,94%), 
Schwefelsäure . . . nn Schwefelsaurer Kalk . . 12,21% 


Phosphorsaures Risenoxyd 8,21 Kohlensaurer Kalk . . 6,84%), 


„ Thonerde Er Phosphors. Eisenoxyd . 10,10%), 
Balkıomsa ai „anb WweralE Thonerde . 15,049) 


Magnesia. 2.2 2. 689 5 Kalk . . . 10,940), 
Phosphorsäure. . . . 3 Masnesia. 2 2.2. . 8,48% 


87,99 99,620), 
Es wurden ferner gefunden: 


C : 45,85 %0  (NB. 2) erst nach chrom- 
H: 7,80 %% saur.Kali-Zusatz und 
N. 123510 0% Durchleiten von Oer- 
P : 0,0419 halten.) 
S45u1;635.0% 


Woraus Theile die Formel Cj4H42.Nı7S20. berechnet; Aequivalent 
—= 1650. — 

Aus dem Eigelb der qu. 16 Eier stellte Theile durch Auszie- 
hen mit Aether bis dieser farblos wurde und der Rückstand bröcklig 
erschien und Behandlung mit absolutem Alkohol reines (?) Vitellin 
dar, und versetzt mit 43,57 Grm. desselben mit 75 Grm. Kalihydrat 
und 250 Cub. Ctm. Wasser. Die Mischung stand lose verkorkt (NH,) 
drei Wochen lang bei 50° C und eine Woche bei mittler Tages-Tem- 
peratur. Die sich bildende braunrothe und schwach ammoniakalisch 
riechende Flüssigkeit hinterliess durch Asbest filtrirt, 0,5 Grm. in 
Wasser unlöslicher, feuerbeständiger und aus Eisen, Kalk, Phosphor- 
und Kieselsäure, Kohlensäure und Spuren von Magnesia und Chlor 
bestehender Substanz. Es entwickelte sich beim Erwärmen noch Am- 
moniak, welches über Schwefelsäure aufgefangen und titrirt wurde 
(auf die ganze Menge wurden 0,212 Ammoniak (0,45°), Vitellin ent- 
sprechend) gefunden. Auch war in der alkalischen Flüssigkeit Schwe- 
felkalium enthalten. Diese Flüssigkeit wurde mit Schwefelsäure neu- 
tralisirt unter Entwickelung von Kohlensäure und Faekalgeruch erst 
gelb, dann grün und nach Zusatz von mehr Wasser (um KO, SO, zu 
lösen) wieder gelb gefärbt. Es fiel hierbei eine Spur flockiger Kör- 
per (0,039 Grm.) aus. Ausserdem fand Verf. im eingedampften Rück. 
stande zersetztes Eieröl, Leucin und Tyrosin und extractartige, durch 
Alkohol von 90° in einem unlöslichen und einem löslichen Theil zer- 
fallende Substanz vor. Bei einer zweiten, nicht so lange und bei 
niedrigerer Temperatur vorgenommenen Zersetzung des Vitellin’s mit 
Kalihydrat wurden 1,6 Grm. des flockigen Körpers gewonnen. Das 
davon Abgelaufene wurde zur Trockniss gebracht und der gepulverte 

Bd. XXXI, 1868. 34 


506 


Rückstand mit Aether, der hierbei übrig bleibende Rest aber mit Al- 
kohol von 70°0/, behandelt und auch das alkoholische Filtrat zur Trockniss 
eingedunstet. Durch Alkohol von 90°), wurde dann in 1 löslichen und 
1 unlöslichen Körper geschieden; erstrer enthielt Leucin, letzterer 
Tyrosin und Salze. Letzteres wurde durch wiederholtes Auflösen in 
wenig Wasser und Eindampfen entfernt und ebenso bei der Befreiung 
des in Alkohol löslichen Theiles von Leucin verfahren. Das Leucin 
und Tyrosin sind in 40 Grm. Vitellin nur zu 0,2 Grm. enthalten und 
stellen die extractartigen, braunen Massen die wesentlichsten Zerset- 
zungsprodukte desselben (ihrer Menge nach) dar. Der gewonnene 
flockige Körper (1,6 Grm. betragend), welcher bei der Neutralisation 
des alkal. Filtrates durch Schwefelsäure resultirte, war grau, trocken, 
spröde, glich im Ansehen einem Eiweisskörper und enthielt nach Ab- 
zug von 3,73%), Wasser : 


C : 66,31. 
H : 10,66. 
N: 6,11. 
80:0 0,72. 
OÖ: 12,14. 


Er scheint ein intermediäres Zersetzungsprodukt zu sein und wurde 
daher bei dem ersten, 4 Wochen andauernden Versuche, weil die 
Zersetzung bereits weiter vorgeschritten war, nnr in verschwindend 
kleinen Mengen erhalten. 

Der in absolutem Alkohol theilweise, in 90°/, Alkohol dagegen 
völlig lösliche Körper hatte folgende Eigenschaften: er roch beim Ein- 
dampfen nach Leim, bildete fadenziehende, zähe, schwerpulverisir- 
bare und braune Massen, welche, sehr hygroskopisch, leicht Wasser 
anziehen und zerfliessen. Aether, mit welchem die wässerige Lösung 
sich milchig trübt, entzieht dem qu Körper die braune Farbe nicht; 
derselbe verbrennt unter Hinterlassung eines unbedeutenden Aschen- 
rückstandes mit dem Geruch nach verbrannten Haaren etc. und giebt, 
mit Alkohol absolut in der Wärme verdunstet, an der Luft zerflies- 
sende Krystalle. 

Die Elementaranalyse desselben ergab: 

C 37,58 

H 6,97 

N 10,79 

O 44,66, woraus Theile die Formel C;H,NO; ableitet. 

Die schwachsaure Lösung dieses Körpers färbt sich durch Kupfer- 
vitriollösung smaragdgrün (ohne sich zu trüben), und geben: 


Natronhydrat, Barytwasser u. salpetersaures Silberoxyd: weisse 
Platinchlorid : gelbe Ieden 
ckige, weisseu. schläge, 


Salpetersaur. Quecksilber - u. Bleiessigoxyd: üs Tr 
voluminöse 


während neutraler Bleiacetat nur eine geringe Trübung erzeugt und 
Säuren die Solution nicht verändern. 
Interessant erscheint der in Rede stehende Körper wegen sei- 


507 


ner Beziehnungen zum Glycocoll (Zersetzungsprodukt des Leim’s 
durck Aetzkali;) — 
Glycocoll ist = C,H,NO; + HO 

der neue Körper = (C,H; NO, + HO; 
auch Glycocolllösung ist sauer, wird von schwefelsaurem Kupferoxyd 
nicht gefällt (tiefblau) und gleicht Theile’s Körper in ihrem Verhal- 
ten zu Alkohol, Aether, Quecksilber und Silbersalzen. Theile meint 
der Körper C;H;NO,; + HO entspreche dem Glycocoll des Albu- 
min’s. 

Auch der beim Behandeln des zur Syrups-Consistenz abgedampf- 
ten Gemenges mit Alkohol zurückgeblieben und vom Tyrosin befreite 
Theil liess beim Eindampfen Leimgeruch entstehen, wurde fadenzie 
hend und zäh, und war pulverisirbar. Dieses braune Pulver war 
sehr hygroskopisch und krystallisirte bei vorsichtiger Eindunstung 
eines Tropfens den Teichmann’schen Blutkrystallen sehr ähnlich, 
wenn auch, der Beimengung anorgan. Salze wegen, nicht ganz gleich- 
mässig. Es ergab nach Abzug der Asche die 


Analyse: 
C : 46,87%), 
H: 8,50% 
N: 13,0 % 
O : 31,6 9% 


woraus Theile die Formel C;H;NO, berechnete und denselben in die 
Glycocollreibe bringt wie folgt: 
Glycocoll = C,H,NO,, 
Alamin = (,H,NO,, 
neuer Körper = (;H,NO,, 
Butulanin = C.H,NO,, 
Leucin —= (,H,;NO,, 
Die vom Verf. dargestellte Doppelverbindung mit salpetersau- 
rem Quecksilberoxyd entsprach endlich der Formel: 
C;HsNO, + HgNO, 
Unter den Zersetzungsprodukten des Vitellins ist dieser Körper zu 


10—15°/, enthalten. — (dJenaische Zeitschrift für Medizin 111, p. 143, 

1865.) K. 
Geologie. PeterMerian, über dieGränze zwischen 

Jura- und Kreideformation. Basel 1868. 8°. — Die Kalke der 


Porte de France bei Grenoble werden von Lory dem Oxfordien, von 
Hebert dem Neocomien zugewiesen. Pictets paläontologische Unter- 
suchungen haben nun bei Grenoble 5 Glieder über einander nachge- 
wiesen: 1. Untere sehr mächtige Kalkbänke mit ausschliessiichen 
Juraarten des deutschen, französischen und englischen weissen Jura. 
2. Obere Kalkbänke allmählig übergehend in feinkörnige lithogra- 
phische Kalksteine 3. bezeichnet durch Terebratula janitor, die T. 
diphya sehr nah verwandt ist. Mit ihr kommen Ammoniten des Neo- 
comien vor und die Gränze von Jura und Kreide liegt demnach zwi- 
schen 1. und 2. In den obern Bänken des lithographischen Kalkstei- 
34* 


508 


nes treten aber mehre breccienartige Schichten 4. auf, die neben 
Bruchstücken von Ammoniten aus 3. wohlerhaltene jurassische Arten 
des Korallenkalkes, namentlich die charakterischen Terebratulina sub- 
striata, Megerleia pectunculoides, Cidaris Blumenbachi, C. glandifera, 
Acropeltis aequituberculata enthalten und zwar liegen beide Neocom- 
und Juraarten in ganz denselben Bruchstücken der Breccie beisammen, 
müssen gleichzeitig gelebt haben und Juraarten reichen demnach hier 
bis in die Neocomzeit. Höher hinauf als 5. erscheinen. sehr mächtige 
Bänke hydraulischen Kalkes mit ausschliesslichen Neocomarten zum 
Theil dieselben wie in 3., den Schluss machen 6. Neocommergel mit 
Belemnites latus. Bekanntlich nehmen viele Geologen völlig scharfe 
Abschnitte zwischen den Formationen an, so d’Orbigny 17 Etagen 
jede mit völlig eigenthümlicher Fauna, freilich dennoch oft mit eini- 
gen durchgehenden Arten. Andere und vorurtheilsfreie Geognosten 
nehmen zwar eigenthümliche Fauna und Flora an aber ohne scharfe 
Abgränzung von der vorhergehenden und der nächst folgenden. Einige 
Arten hielten sich kurze, andere längere Zeit. So kann man noch 
mehr als 17 Etagen paläontologisch sondern, Oppel hat für den Jura 
allein 34 Zonen aufgestellt. worunter freilich einige blos auf lokalen 
Eigenthümlichkeiten nicht auf, zeitlichen beruhen. Nun giebt es im 
Jura einzelne Arten, welche durch mehre in der Gesammtheit ihrer 
organischen Einschlüsse gut eharakterisirte Zonen hindurch reichen. 
So beginnt Cidaris coronata im tiefsten weissen Jura mit Scyphien- 
facies oder den Birmensdorfer Schichten, welche den untersten Glie- 
dern von d’Orbignys Oxfordien entsprechen, und reicht bei einer sich 
allmählig ändernden Gesammtfauna durch alle Etagen des weissen 
Jura bis zu den obersten, Cidaritenschichten. Wegen des Ammonites 
steraspis identificirt Oppel letzte mit den lithographischen Schiefern 
von Pappenheim, die er dem englischen und französischen Kimme- 
ridgien gleichstellt. Cidaris Blumenbachi tritt in den westlichen, die 
korallinische Facies zeigenden Ablagerungen des Schweizer Jura als 
sehr ausgezeichnet auf im, Terrain ä, Chailles, im Älter Mösch’s Cre- 
nularisschichten oder Oppels Zone mit Ammonites bimammatus, sie 
reicht durch den aufliegenden weissen Korallenkalk bis in den Astar- 
tenkalk, während die Gesammtfauna sich sehr wesentlich ändert. Also 
gehen ganz bestimmt einzelne durch veränderte allgemeine Eigen- 
thümlichkeiten hindurch. Dass nun Cidaris Blumenbachi im Jura der 
Dauphine noch weiter hinaufreicht, bis in die Kreide fällt nur auf, 
weil wir vor dieser eine grosse Kluft anzunehmen gewohnt sind. Die 
grossen Abtheilungen, Formationen oder Terrains sind zuerst in 
Deutschland, Frankreich England aufgestellt, wäre die systematische 
Geognosie von der Schweiz ausgegangen, so würde man sicherlich 
den Nummulitenkalk und altes Eocän den secundären Formationen 
und nicht dem Tertiär zugewiesen haben. Im Norden besteht eine 
unverkennbare Kluft zwischen Jura und Kreide, bezeichnet durch 
eine mächtige Süsswasserbildung als Wealden, an Stelle des Neoco- 
mien im Süden. Im Hannöverschen reicht der Wealden weniger weit 


509 


hinauf und erscheint noch von Neocom bedeckt. Auch im Innern 
Frankreichs, im Dept. der Yonne liegen unzweifelhafte Andeutungen 
jener weiten Kluft vor, Neocom folgt zwar scheinbar gleichförmig auf 
den obersten Juraschichten dem Portlandkalk ohne Süsswasserbildung 
dazwischen. Aber hier sind nur die unteren Schichten des Portland- 
kalkes vorhanden, die obern fehlen, auch fehlt jede Spur von Valen- 
ginien, der im S. als unterstes Neocom sehr mächtig ist. Auch in der 
Jurakette zeigt sich das Auftreten der Süsswasserschichten des Pur- 
beck zwischen oberstem Jura und Valenginien die bestehende Kluft 
noch deutlich an. Anders sind die Verhältnisse im S., am Rande der 
Alpenkette namentlich um Grenoble, Hier fehlt jene Kluft. Die ver- 
schiedenen Glieder des obern Jura und die der untern Kreide folgen 
in ähnlicher Weise wie die im Innern des Schweizer Jura zu einan- 
der. Kaum kann man hier paläontologische Gränzen ziehen zwischen 
den untern und obern Bänken der Kalke von Porte de France oder 
Pictets 1. und 2. Das Heraufreichen des Cidaris Blumenbachi von Ter- 
rain & Chailles bis an Pictets Schicht 4. ist nicht auffälliger als das 
der Cidaris coronata und von den Birmensdorfer Schichten bis in die 
Cidaritenschichten des Aarauer Jura. Zittels Untersuchung der Stram- 
berger Schichten führt zu ähnlichen Ergebnisen, ebenso die Beneckes 
in den Südalpen. Die Störungen in den Lagerungsverhältnissen in- 
nerhalb der Alpen erschweren derartige Ermittelungen sehr, führen 
aber doch endlich zu befriedigenden Aufschlüssen. Der allmählige 
Uebergang des obern Jura in die Kreide steht überdies nicht verein- 
zelt da, auch zwischen andern Formationen füllen sich nach und nach 
die ursprünglich angenommenen Lücken aus. Die Nummulitenbildun- 
gen schliessen sich der Kreide mehr an als der miocänen Molasse. Die 
jüngste Kreide scheint als Sewernkalk eng mit der eocänen Nummu- 
litenformation verbunden zu sein. Aehnliches ergaben die Gränz- 
schichten zwischen Keuper und Lias, die neuester Zeit durch ganz 
Mitteleuropa mit grösstem Eifer erforscht sind, und auf einer Ver- 
schiedenheit des litoralen Keupers und des rein marinen Lias beru- 
hen. In den Ostalpen, wo in den St. Cassianerschichten, den Kösse- 
ner Schichten und dem Dachsteinkalk die im Alter den westeuropäi- 
schen Keuper entsprechenden Ablagerungen einen ebenfalls marinen 
Charakter annehmen, schwindet die Lücke vollständig, so dass die 
rhätische Formation ebensowohl der Trias wie dem Lias untergeord- 
net werden kann. Nicht anders ist es mit der Gränze zwischen bun- 
tem Sandstein und Kupferschiefergebirge, zwischen diesem und der 
Steinkohlenformation. Sonach steht die Thatsache fest, dass die Ab- 
lagerung der Schichten eine ganz allmählige war, auch die organische 
Welt allmählig sich änderte, einzelne Arten bald, andere langsam ver- 
schwanden und erst nach längern Zeiten die Faunen und Floren ganz 
umgestaltet wurden, nirgends aber eine plötzliche Neubildung sich 
zeigt, diese stets nur local auftritt, herrührend von zufälligen physi- 
kalischen Einflüssen, nicht von allgemein verbreiteten. — Diese in- 
teressante Abhandlung widmet der Verf. seinem alten Freunde, dem 


510 


verdienten F. W. v. Braun zur Feier des goldenen Hochzeitsfestes 
eine Erinnerung an gemeinschaftliche geologische Studien vor 53 Jah- 
ren und wir wünschen aufrichtig, dass dieses Freundschaftsband noch 
recht lange von der Natur möge erhalten werden. 

Grooss, Geologisches aus der Gegend von Bingen 
und Mainz. — Die Porphyrhöhen zwischen Wöllstein, Eckelsheim, 
Fürfeld, Freilaubersheim ragten als Felseninseln aus dem Tertiärmeer 
und werden allseitig vom Alzeier Meeressande umlagert. Diese Sande 
sind mehr minder scharfkantige vom Porphyr abstammende Kiese, zer- 
fallener Porphyr, und wenig in fliessendem Wasser abgerundet; der 
gröbere Kies liegt dem Ufer näher, der entfernte ist feiner, mehr 
sandartig, mit staubartigem Material gemischt. In mächtigen Lagern 
geht der grobe Kies nach oben in feineren über. An einer Stelle 
nämlich bei Wöllstein lebte eine reiche Meeresfauna, von der sich im 
groben Kies nur Haifischzähne finden, auch Reste von Halianassa Col- 
linii, im feineren Material zerbrochene Conchylien, im feinsten gut 
erhaltene, schwach abgerieben aber ganz mürbe, nur Pecten, Ostraea, 
Plicatula und Spondylus sind fest. Viele Arten sind grösser als an 
andern Fundorten zumal Lucina tenuistriata, Cardium tenuisulcatum, 
Dentalium Kikxi und fissura und verschiedenen Pecten. Einige an 
andern Orten seltene sind hier häufig z. B. Astarte rostrata, Turbo 
alterninodosus. In kurzer Zeit wurden 45 Arten gesammelt, darunter 
Ostraea callifera, Plicatula dispar, Spondylus tenuispina, Arca pretiosa, 
Pectunculus obovatus und angustatus, Pecten pictus und compositus, 
Cardium scobinula, Lucina squamosa, Astarte plicata, Crassatella 
Bronni, Cytherea incrassata und splendida, Trochus rhenanus und sex- 
angularis, Fusus elongatus und Tritonium flandrieum ete. Durch die 
Gerölle läuft eine Conglomeratschicht mit Abdrücken und vielleicht 
entstand die Verkittung durch organische Substanzen. Mit der Um- 
setzung dieser in Kohlensäure wurde Kieselerde gelöst und diese 
nebst Eisenoxydul bildete das Bindemittel. Im Meeressande zwischen 
Weinheim und Alzei kömmt dieselbe Erscheinung vor. Die aus dem 
Quarzit hervorgegangenen Gerölle des Rochusberges bei Bingen sind 
denen bei Wollstein sehr ähnlich. Die Fundstelle obiger Petrefakten 
liegt fast im Niveau der Landstrasse zwischen Wöllstein und Freilau- 
bersheim, von ihr steigt man bis zum Rücken des Höhenzuges zwi- 
schen Volksheim und Wöllstein auf. Im Niveau der letztern ist der 
petrefaktenleere Thon tief aufgeschlossen und dieser an den Gehän- 
gen entblösst, Nahe der Höhe des Rückens tritt eine Muschelschicht 
auf mit Ostraea callifera, Pectunculus obovatus, Cytherea incrassata, 
die auch am Klappberge NO von Volkheim vorkommen. Bis in 100‘ 
Tiefe kommen bei Volkheim keine Versteinerungen vor, ebensowenig 
bei Bosenheim und Sprendlingen. Ueberall erscheinen die Petrefak- 
ten erst in den obern Schichten. Dieser Niveauunterschied mit dem 
obigen Petrefaktenlager ist entweder durch Denudation oder durch 
Hebung und Senkung entstanden. Letzte ist wahrscheinlicher, jedoch 
sprechen andere Verhältnisse nicht für dieselbe. — Die dem Cyrenen- 


511 


mergel untergeordneten Süsswasserschichten kommen zwischen Sprend- 
lingen und Dromersheim überall vor, bei Aspisheim sehr mächtig. Die 
Cerithienschichten bestehen nach oben aus sehr schön erhaltenen Al- 
genkalken, sind sehr cavernös mit viel Land- und Sumpfschnecken in 
den Höhlungen, mit Nestern von 20 bis 30 Helix moguntina, seltener 
Plancorbis solidus, Limnaeus pachygaster, bullatus, subpalustris. Auch 
in den höheren Litorinellenschichten ist bei Sprendlingen Helix mo- 
guntina ungeheuer häufig, also muss das Ufer sehr nah gewesen sein. 
Bei Obersilbersheim ist Planorbis declivis mit Litorinellen sehr ge- 
mein. Bei Dromersheim und Ockenheim sind die Ceritbienkalke theil- 
weise durch Lager von weissen etwas abgerundeten Kieseln vertre- 
ten, die auch bei Grosswintersheim und Gaualgersheim erscheinen, 
Hier liegen sie in den mittlen Schichten des Cerithienkalkes. Wäh- 
rend sie bei Dromersheim stellenweise den grössten Theil der Masse 
bilden, machen sie bei Gaualgesheim nur den kleinsten Theil aus, 
das weist auf ihren Ursprung, da Quarzsand und Kies höchst selten 
in den Cerithienkalken sind. — (Darmstädter Notizblatt 1868. S. 125 


— 128.) 
Ed. Suess, Aequivalente des Rothliegenden in den 
Südalpen. — Verf. hat zwei Sommer der Erforschung der unter- 


halb der Trias in den Südalpen auftretenden Formationen gewidmet 
und ist zu folgenden allgemeinen Resultaten gelangt. 1. Unter dem 
Werfener Schiefer oder den Saisser und Campiler Schichten liegt 
weithin durch die Südalpen der rothe Gypsreiche Sandstein, der frü- 
her als Rothliegendes aufgefasst wurde und diesem auch ganz ähnlich 
ist. Doch fehlen die paläontologischen Kriterien und er mag als 
Grödener Sandstein fortgeführt werden. 2. Unter ihm folgt ein viel- 
gestaltiges Glied. So in STirol die gewaltige Masse der Quarzpor- 
phyre von Botzen sammt ihren weit nach O und W greifenden dek- 
kenförmigen Ausläufern und den talkreichen Conglomeraten sogenann- 
ten Verrucano und eine Gruppe von talkreichen Schiefern. Im WKärn- 
ten trifft man unreinen dünngeschichteten Kalk mit Talkschüppchen, 
im OKärnten grüne aphanitische Gesteine und Serpentin, in Krain 
meist graue und schwarze dünngeschichtete Kalksteine. Alle diese 
Gesteine zeichnen sich noch durch grossen Reichthum an Quecksilber 
aus. 3. Unter ihnen liegt eine grosse Schiefermasse bald gewöhnli- 
cher Thonschiefer bald sehr glimmerreich, bald gehäufte krystalli- 
nische Glimmerflasern. Er ist die Fortsetzung der Cassanaschiefer 
im Engadin und führt an vielen Orten Erze, so die grossen Kupfer- 
und Spatheisensteinlager von Agordo und andern in den italienischen 
Alpen, die Spatheisenstein- und Kupferkieslager von Rude, Topuszko 
und Tergove, am letzten Orte sehr häufig Odontopteris obtusiloba, 
Calamites gigas und Alethopteris aquilina, die jedoch neuestens eine 
andere Deutung erfahren haben. Mit diesem Gebilde stehen andere 
Erscheinungen in Verbindung, welche für das Verständniss des Baues 
der Südalpen von grosser Bedeutung sind. In einem Profile bei Kap- 
pel in Kärnten sieht man granitische Gesteine deckenförmige Lager 


512 


bilden, die aus dem Casannaschiefer innig verbunden sind. Im Han- 
genden desselben unter den zinnoberführenden grauen Wacken und 
Schiefern folgt Granitit, Syenitporphyr, dichter Hornblendefels und 
dann Casannaschiefer. Zwischen letzterem und der Steinkohlenfor- 
mation aber liegt ein dem Tonalit ganz ähnliches Gestein, Tonalit- 
gneiss. Alle diese Gesteine können als eruptive Gesteine des untern 
Rothliegenden angesehen werden. Man gewahrt längs dem Streichen 
der Südalpen viel granitische Massen, welche von der Mittelzone der 
Alpen getrennt, auch petrographisch von den Gesteinen derselben 
ziemlich verschieden aus dem Gebiete der südlichen Nebenzonen auf- 
tauchen und wohl von einem Saume von Casannaschiefer umgeben 
sind, aber keine Spur aller jener ältern und mächtigen Sedimentmas- 
sen erkennen lassen, welche in den Alpen die paläozoischen Forma- 
tionen vertreten. Dies gilt zumal von der Cima d’Asti, die eben- 
falls als Lager im Rothliegenden aufgefasst werden muss, Dass sie 
nicht hebender sondern gehobener Gebirgstheil ist, geht aus dem Pro- 
file des Torrento Maso bei Borgo di Val Sugana hervor. Hier über- 
lagert in Folge einer Verschiebung der Granit den Casannaschiefer 
und dieser die ganze überstürzte Reihe der obern Glieder des Jura, 
des Biancone, der Skaglia bis zu den Mergeln mit Serpula spirulaea 
hinab, die endlich sich steil aufstellen und mit knieförmiger Beugung 
in die normale Folge zurückkehren. 4. Der Casannaschiefer ruht auf 
einer oft sehr mächtigen Masse von weissem oder grauen Kalk und 
Dolomit, als oberer Kohlenkalk gedeutet, der am M. Canale bei Col- 
lina Cyathophyllum plicatum, Cardium hibernicum, Spiriferen führt und 
dem Horizonte des russischen Fusulinenkalkes angehört. 5. Darunter 
folgt die Anthraecitformation, die in den östlichen Alpen sich eigen- 
thümlich entwickelt. Sie besteht auch hier aus Schiefer und Quarz- 
conglomeraten mit Pflanzen und marinen Conchylien wie Productus 
longispina. 6. Ihr Liegendes bildet der untere Kohlenkalk mit Pro- 
ductus giganteus, längst von Bleiberg bekannt. — (Neues Jahrb. f. 
Mineral. S. 329--332.) 

G. Stache, zur Geologie der hohen Tatra. — Die Un- 
tersuchungen am Südrande des centralen Granitstockes und im östli- 
chen Theile des NRandes führten zum vollständigen Nachweis des 
Hervortauchens eines südlichen Flügels von ältern Sedimentärschich- 
ten aus dem gewaltigen Granitschutt und Geröllgebiete der Südseite 
und zur Auffi@dung fast aller in dem nördlichen Flügel vertretenen 
Schichten auch in dieser südlichen Zone. Die Punkte älterer Gesteine 
vorzüglich der obern Trias, der rhätischen Formation und des Lias 
im 8. des Granitstocks liegen nur im Gebiete der WHälfte des SRan- 
des, wo auch der Gneis noch regelmässig und mächtig zwischen Gra- 
nit und dem Schuttgebiete ansteht und zwar zwischen Priblitina und 
dem Csorber See. Es sind im Ganzen 6 Punkte, meist durch ziem- 
lich markirte Bergkuppen der Waldzone angedeutet. Am vollstän- 
digsten wiederholen sich die Schichten der nördlichen Zone unter 
diesen Punkten in den südlich von Kriwan, nördlich vom Bilanska 


513 


Wirthshaus hervorragenden waldigen Bergkuppen Dluha Palenika ünd 
Rhadekberg. Hier finden sich ausser triasischen Kalken und Dolomi- 
ten auch die bunten Keupermergel mit wechselnden Dolomiten, dar- 
über Kössener Schichten und Liasfleckmergel mit sparsamen Ammo- 
niten. Klarer und mächtiger ist diese Schichtenreihe entwickelt im 
OTheile des NSedimentflügels im Kotlinathal, zumal die Kössener 
Schichten bei Landeck und die Liasmergel am Palonizaberge daselbst. 
Sehr stark verbreitet und sehr mächtig ist die untere an Nummuli- 
ten, Orbituliten und Operculinen reiche Eocänformation, petrogra- 
phisch verschieden im nördlichen und südlichen Flügel, in diesem 
feste Kalke und kalkige Sandsteine, in jenem grobe Breceien und 
Conglomerate. — (Geol. Reichsanstalt Verhdlyen 1867. Nr. 13. S. 291.) 

H.Schlönbach, Gosauformation bei Grünbach an der 
Wand. — Die allgemeinen Verhältnisse dieser Lokalität sind schon 
von Cjzek, Zittel und von Hauer untersucht und dargelegt worden 
Verf. suchte einige Horizonte bestimmter festzustellen und die An- 
nahme einer vollständigen Mulde, deren beide Flügel in Folge der 
Ueberkippung des NWFlügels gegen die Wand hin einfallen, über- 
zeugend nachzuweisen. Die Reihenfolge der Schichten im Grümba- 
cher Thale ist folgende. Zunächst an der Wand folgen den ältern 
triasischen Gesteinen ganz diskordant als ältestes Gosauglied verstei- 
nerungsleere Conglomerate, von diesen abwärts also bei verkehrtem 
Einfallen aber in Wahrheit als jüngstes Glied Schichten mit Hippu- 
rites sulcatus und darunter Nerineen. Dann beginnt das System der 
sogenannten Wandflötze: Sandsteine, Mergel, Mergelkalke mit zwi- 
schen liegenden Kohlenflötzen, die Lagerstätte der Actäonellen eine 
obre harte Kalkbank ganz und gar bildend. Einen ausgezeichneten 
Horizont constituiren die unmittelbar auf diese Actäonellenbank fol- 
genden Orbitulitenkalke, sehr schwer verwitterbar und steile Hügel 
bildend, überlagert von den mächtigen Complexe der Inoceramenmer- 
gel, in denen leider keine Ammoniten aufgefunden werden konnten, 
doch ein guter Belemnit. Auch deren Vorkommen ist öfter in Frage 
gestellt, das gefundene Exemplar schliesst sich eng an Bel. mucro- 
natus an (hat jedoch dem Spalt gegenüber nicht die charakteristische 
Rinne und soll Bel. Hoeferi heissen. Von dieser Schicht weiter ge- 
gen die Längsachse des Thales vorgehend trifft man auf eine Schicht 
mit Inoceramen. und sehr vielen Foraminiferen, welche das Gestein 
oolitisch machen. Die gemeinste Art dieser ist Spirolina grandis 
oder Haplophragmium, von Stecknadelknopfsgrösse bis Erbsengrösse, 
Die Schicht ist nur wenige Fuss mächtig; Gümbel fand sie auch bei 
Siegsdorf in den bairischen Alpen. Auch die folgenden Schichten 
sind noch reich an Inoceramen, aber sonst ohne Auszeichnung. Wei- 
terhin überschreitet man dieselbe Reihenfolge der Gesteine in umge- 
kehrter Ordnung, wodurch die Muldenbildung ausser allem Zweifel 
ist. — (Ebda Nr. 15. S 334— 336.) 

C. W. Paykull, zur Geologie Islands. — Verf. unter- 
tersuchte im Sommer 1865 Island geologisch und entwarf eine Karte 


514 


der Insel. Auf derselben sind die von ewigem Schnee bedeckten Ge- 
birgsplateaus als Ueberbleibsel der frühern Eiszeit und die weit aus- 
gebreiteten Lavafelder angezeigt. Von den Schneefeldern fliessen 
überall Gletscher herab, sie und die von den untermeerischen Aus- 
brüchen geschmolzenen Eisfelder haben den Südrand der Insel ganz 
abgerundet, auch in andern Theilen sind die Meerbusen von dem mit 
den Flüssen herabgeführten Alluvium theilweise ausgefüllt. Das et- 
was höher gelegene Tiefland zwischen Hekla und Langjökull ist in 
den Niederungen auch mit solchem Alluvium und mit vulkanischen 
Auswürflingen erfüllt, oft auch mit Torfmooren bedeckt. Die Hoch- 
ebenen sind durch die frühere Gletscherthätigkeit vielfach einge- 
schnitten, darauf ruhen die Göbeln als Anschwellungen bis 3000° 
Höhe, die nicht durch Hebung sondern durch Aufstapelung entstan- 
den sind. Die ganze Insel ist aus Basalten und den dieselben be- 
gleitenden Tuffen entstanden, die Trachyte nehmen nur einen kleinen 
Raum ein. Die Lager von Palagonittuffen haben ihre grösste Aus- 
breitung in den SW und NOTheilen, erscheinen auch an den Wänden 
der Eisplateaus und in keinem Distrikt ganz zu fehlen, Verf. fand 
sie in 2000‘ Höhe unter den obersten Trappmauern des Esja beim 
Faxafjördr und des Bulundstindr beim Berufjörder im Ostlande. 
Graue, braune und rothe, öfters thonige Tuffe im Basalt eingeschich- 
tet haben innerhalb der eigentlichen Basaltformation eine ausseror- 
dentliche Verbreitung, zeigen aber keinen Uebergang zu den Basalten, 
sind jedoch öfters an den Contaktoberflächen ziegelroth und dann der 
Basalt schlackig. Diese Tuffe unterscheiden sich auffällig von den 
zahlreichen Wacken, die durch Zersetzung der Basaltlager entstanden 
sind und schöne Fundorte der Zeolithe, Skolezit, Epistillit, Harmotom, 
Analeim, Chabasit, Laumontit, Heulandit und Stilbit bilden. Die 
merkwürdigen Braunkohlenlager und die wenigen fossilen Muscheln 
theils pliocäne theils neue hat Verf. auf seiner Karte eingetragen. Im 
Allgemeinen ist für Island nur eine vulkanische Hauptrichtung die 
des Hekla aus den SW nach NO angenommen, obwohl nachweislich die 
vulkanische Thätigkeit sich nach mehren unter verschiedenen Winkeln 
kreuzenden Spaltungen geäussert hat. So liegen im WLande auf der 
zwischen Fax- und Breidifjörder hervorragenden Insel, die an deren 
Ende gegen das Meer durch den zweigespalteten Sneefellsjökull ge- 
ziert ist, die vulkanischen Ausbrüche von W. nach O. geordnet, beim 
Leirhnukur liegen die 13 Krater in fast südlicher Richtung, wie 
auch die allgemeinen Höhenverhältnisse in diesem NOTheile dieselben 
sind. Am SRande des Vatnajökull haben vulkanische Ausbrüche statt 
gehabt beim Skapta, in Skeidararjökull, Orefajokull und auch im Brei- 
damarksjökull, die sich schwer in die NORichtung bringen lassen, ob- 
wohl diese in SW vorherrscht. Es scheint daher eine Spaltung in 
beliebiger Richtung Statt zu finden. Um zwischen den neuern La- 
ven und den Basalten eine Verbindung zu ermitteln suchte Verf. äl- 
tere Lavaströme, welche mit der eigenthümlichen Lava soweit über- 
einstimmen, dass sie mit Recht derselben entgegenzustellen seien, 


515 


die aber einer entschieden ältern Formation angehören. Zwar sind 
die Zeichen eines ehemaligen geschmolzenen Zustandes den Basalten 
überaus gewöhnlich, doch ist es von grosser Wichtigkeit direkte Ueber- 
gänge zwischen den neuern Laven und Basalten nachzuweisen. Das 
ist Kjerulff in Tindstall an der NKüste Islands gelungen, er konnte 
am Gipfel des 3370‘ hohen Berges eine stromförmige Lagerung des 
Basaltes verfolgen. Er fand ferner am Fusse des Ole im Westlande 
ältere Laven. Diese sind während der Gletscherzeit geschliffen. Ein 
ähnliches Gestein ist auch der in unmittelbarer Nähe des Reykjavik 
gelagerte Dolerit mit vielfach schlackiger Kruste, poröser Textur mit 
nicht ausgefüllten Blasenräumen, die doch in älteren Doleriten und 
Anamesiten stets ausgefüllt sind. Verf. fand noch einige besondere 
grobkörnigkrystallinische Gesteine so einen völlig ausgebildeten grob- 
körnigen Gabbro mit schneeweissem Labrador, licht grünem Diallag 
und häufigem gelbbraunen halbdurchsichtigen Broneit. Er kömmt in . 
zahlreichen Stücken auf den quellreichen Feldern unterhalb Skeidarar 
und Breidamarkjökull vor. Andere gabbroartige Gesteine finden sich 
ebenda; die mehr minder porösen ächten Basalte und Tuffe stehen 
wohl im Uebergang zu den Doloriten, sind aber doch äusserlich als 
Diabase charakterisirt. Ein ähnliches Gestein ist am Fusse des Esja 
in einem freien Hügel anstehend gefunden. Das Vorkommen von 
Broneit, Diallag, Hypersthen in isländischen Doleriten ist zwar schon 
vielfach erwähnt. Das erst angeführte Gestein kann unmöglich als 
Dolerit betrachtet werden, auch wenn es eine gleichartige Lagerung 
einnähme, es ist ein ausgezeichneter Gabbro. Vielleicht kann man 
hierin auch eine Bestättigung der Bischoffschen Ansicht finden über 
die Entstehung des Diallag aus Augit, wenn nämlich jener Gabbro 
durch irgend eine plutonische Umwandlung aus Doleriten entstanden 
ist. Ein höchst eigenthümliches trachytisches Gestein fand sich in 
zahliosen Geröllen beim Lousvick im OLande, von granitischem Korn, 
äusserlich granitähnlich, ein klein krystallinisches Gemisch von farb- 
losem Quarz und weissgrauen Oligoklas mit Körnchen von Magnet- 
eisen aber ohne Spur von Grundmasse. Ein Trachytconglomerat fin- 
det sich zwischen Husavick und Borgafjördr im OLande und im Alf- 
tavibsfjöll als gelber feiner Trachyttuff mit seltenen Trümmern von 
Pechstein und Trachyt. Die Trachyte haben an der Contaktfläche 
stets eine Kruste von Pechstein oder Obsidian. In den Trachyt bei 
Hamersfjörder geht dieser Pechstein in einen wahren Sphaenolihiels 
sen über. — (Neues Jahrb. f. Mineral. S. 58$—61.) 

G. Stache, das Gebiet der schwarzen und weissen 
Waag. — Das älteste sedimentäre Glied bildet in NW und SO von 
Maluzina im Bocathale der Quarzit der Karpathen in Verbindung mit 
rothen und grünen Schiefern und Sandsteinen. Es sind nicht Werfe- 
ner Schiefer, sondern sie entsprechen dem Rothliegenden im Wtheile 
der Karpathen. Darüber folgen mächtige Dolomite, Kalke und Mer- 
gelschiefer als untere Kreide gedeutet, aber wahrscheinlich auch der 
Trias und rhätischen Formation angehörig, Dann im Thal der weis- 


«@ 


516 


sen Waag führen schwarze Kalke und Kalkmergel im Wechsel mit 


weissen dunkeln Mergelschiefern eine äusserst reiche Fauna der Kös- 
sener Schichten. Die über dem neocomischen schwarzen Mergelschie- 
fer und Sandsteinen bei Hradek folgenden Dolomite scheinen wirklich 
der Kreide anzugehören, da sie Exogyra columba liefern. Darüber 
lagern mit meist NEinfallen eocäne dolomititsche Breceien in engster 
Verbindung mit den darauffolgenden theils mehr dolomitischen theils 
mehr kalkigen oder mergligen Sandsteinen reich an Operkulinen, 
Orbituliten und Nummuliten. Auf diesen Complex folgen die dem süd- 
alpinen Flysch äquivalenten Bildungen des eocänen Karpathensand- 
steines. Dieses ganze eocäne Schichtensystem kommt theils auf der 
Höhe des Bergrückens über dem Dolomit zum Vorschein  theils in 
dem Thalbecken und an den untern Thalgehängen. Die breiten Rük- 
ken und Hochebenen zwischen der schwarzen Waag und dem Fuss 
der Hochkarpathen sind fast durchweg wenigstens nördlich von der 
Linie Hradek-Geib-Wichodna von einer mächtigen Decke von diluvia- 
len Geröllschotter gebildet, welche die unter liegenden Eocänbildun- 
gen gänzlich verhüllen. — (Geoloy. Reichsanst. Vhdlgn. 1867 Nr. 11. 
Ss. 243.) 

Oryktognosie. H.B. Geinitz, das Meteoreisen von 
Nöbdenitz und über eine unweit Zwickau gefundene 
Eisenmasse. — Bei Nöbdenitz zwischen Ronneburg und Schmölln 
wurde 1’ tief unter dem Rasen ein Bruchstück Eisen gefunden von 
10,5 Centimeter Länge, 9 breite und 2 bis 5 Centim. Dicke, überzo- 
gen mit schwarzer und brauner Rinde von Eisenrost und Spuren von 
Ziegelerz und Malachit. Letzte sind aus gediegem Kupfer entstanden, 
das sich an der Oberfläche und im Innern erkennen lässt. Das Ge- 
wicht des Stückes beträgt 1,2194 Kilogr. Die Masse ist derb, sehr 
schwer zertheilbar, stark magnetisch, hat feinkörnigen Bruch und auf 
demselben licht stahlgraue Farbe, Härte 5 bis 6, spec. Gew. 7,06. 
Das ganze Aussehn stimmt mit dem weissen Roheisen aus Ungarn, 
aber die Analyse spricht entschieden dagegen. Sie ergab 88,125 Ei- 
sen, 9,013 Kupfer, 1,340 Nickel, 1,321 Zinn nebst Spuren von Kobalt 
und Chrom und einen sehr kleinen unlöslichen Rückstand mit Kiesel- 
erde. Das weist auf meteorologischen Ursprung und sehr ähnlich ist 
das von Haidinger beschriebene Meteoreisen von Copiapo. In der 
Kruste des Stückes sollen jedoch auch Spuren von Aluminium, Cal- 
cium, Magnesium, Kalium, Phosphor und Schwefel vorkommen, die 
aber wohl erst aus dem Boden eingetreten sind. — Eine ähnliche 
Eisenmasse ist bei Weissenborn unfern Zwickau aufgefunden worden, 
14 Pfund schwer. Die Widmannstättschen Figuren waren ebensowe- 
nig wie auf der Nöbdenitzer hervorzubringen. Die Analyse ergab: 
68,82 Eisen, 20,73 Kupfer, 4,83 Molybdän, 3,20 Phosphor mit Spuren 
von Arsen, Schwefel und Nickel, 1,69 unlöslichen aus Kieselerde be- 
stehenden Rückstand. Es wäre möglich, dass dieses Stück ein Hütten, 
produkt ist. — (Neues Jahrb. f. Mineral. S. 459—463.) 

L. Frischmann, Meteoriten aus Franken. — Das Ge- 


517 


wicht des im J. 1785 in der Richtung von Eichstädt nach Neuburg 
a. Donau gefallenen Steines beträgt 5 Pfund 22 Loth —= 2902,44 Gram- 
men. Er besteht aus 2 genau an einander passenden Stücken, deren 
eines in München, das andere in Zürich liegt, zu welchem noch ein 
kleines Stück von 91,9 Grammen im Eichstädt gehört. Sorgfältige 
Nachforschungen ergaben noch ein Stück in Neuburg von 201,3 Gram- 
men das genau an das Münchener anpasst. Alle Ecken und Kanten 
der Stücke sind abgerundet, die Flächen sehr uneben und ungleich, 
Der ganze Stein war polyedrisch, lang gezogen, aber nicht wie seit 
Chladni in den Büchern wiederholt wird, einen Fuss lang, sondern 
höchstens !/s Fuss lang. — (Ebda 467.) 

Fr. Wiser, wasserheller Turmalin in der Schweiz. 

— Ein kleiner Krystall mit ansitzendem olivengrünen Muskovit von 

der Fibia am Gotthardt ist 20 Mill. lang, 6 Mill. breit und 4 Millim, 
’diek, völlig farblos und durchsichtig, vollkommen wasserhell, reiner 
wie die schönsten Turmaline von Elba mit lebhaftem Glasglanz, durch 
‘ Reiben stark elektrisch. Mit dem Reflexionsgoniometer wurden be- 
stimmt Ry..R vorherrschend, !/;R’R5.R3 und Spuren vonR. Mehre 
Endflächen lassen viele kleine vertiefte Punkte wahrnehmen, die theils 
mit feinerdigem Chlorit erfüllt sind. Es ist dies der erste wasser- 
helle Turmalin der Schweiz, alle bis jetzt dafür gehaltenen Stücke 
haben sich als Diaspor ergeben. — Ein kleiner rother Korundkrystall 
von Campo longo bei Dacio grande im Tessin ähnelt in Farbe und 
Durchsichtigkeit sehr dem Rubin und stammt aus dem weissen fein- 
körnigen Dolomit, wo ihn begleitet hellgelblichbrauner Phlogopit mit 
schneeweissem Bitterspath in derbem Quarz. Drei kleine Aggregate 
von sehr kleinen, dicktafelförmigen, langen, durchscheinenden, stark 
perlmutterglänzenden Phlogopitkrystallen sind auf regelmässige Weise 
nach „P zu einem Drillingskrystall verwachsen. — (Bbda 465.) 

F. Sandberger, Tridymit neben Bergkrystall vom 
Mont d’or les Bains — G.vom Rath fand den Tridymit als neue 
hexagonalkrystallisirbare Kieselsäure in einem vulkanischen Porphyr 
von St. Christobal bei Pachuca in Mexiko in Begleit mit Eisenglanz 
und Hornblende. S. erkannte dieses Mineral absolut identisch in Dru- 
sen eines Trachyts vom Mont d’Or in der Auvergne. Die Krystalle 
sind kleiner, die Hornblende grünlich, begleitet von wasserhellen 
Bergkrystallen. Wir haben also einen neuen Fall von dimorphen Kör- 
pern, die unter ganz gleichen Bedingungen entstanden sein müssen. 
— (Ebda 466.) 

H. Vogelsang, farbiger Labradorit von der Küste 
Labrador. — Verf. untersuchte eine grosse Zahl angeschliffener 
in der polytechnischen Schule der Niederlande befindliche Stücke mi- 
kroskopisch. Alle waren als Rollstücke gesammelt und enthalten 
deutlich Diallagit, Körner von Magneteisen und von Pyrit. Sie stam- 
men wahrscheinlich aus dem Gabbro, der wieder dem Granit unter- 
geordnet ist und mit Gneiss an der Küste von Labrador herrscht. 
Die Dünnschliffe des violetten Labradorits lassen zahlreiche sehr 


518 


kleine Krystalle sogenannte Mikrolithe, bald nadelförmige und 
schwarze, bald tafelförmige und gelblichrothe, bisweilen auch farblose 
Lamellen. Im grünen oder gelben Labradorit finden sich ähnliche 
nadelförmige Einschlüsse, weniger entwickelte Mikrolithe. Der gold- 
schimmernde Reflex vieler Handstücke ist veranlasst durch die gänz- 
liche Reflexion des Lichts der vielen Mikrolithe und den metallarti- 
gen Glanz, welchen solche auf ihren Spaltungsflächen besitzen. Die 
blaue Farbe dürfte hingegen nicht von denselben abhängig sein, denn 
sie ist vorhanden wenn auch die Mikrolithe fehlen. Sie möchte eine 
Polarisationserscheinung sein, bedingt durch den Uebergang gebro- 
chener Strahlen von einer Lamelle des Labradorits zur audern, wenn 
die Vibrationsebenen beider nicht zusammenfallen. Demnach ist sie 
von einem eigenthümlichen krystallinischen Zustand des Minerals ab- 
hängig. Die violetten und grünen Farben des Minerals dürften auf 
der vereinten Wirkung der blauen Reflexe und der eingestreuten Mi- 
krolithe beruhen. Von letzten rührt auch die rothe Farbe her. Die 
Mehrzahl der feinen Krystallnadeln und Lamellen gehört derselben 
Substanz an. Für Nadeleisenerz sprechen die Formen, allein warme 
Salpetersäure wirkt nicht darauf und verschiedene Ursachen deuten 
auf Diallagit, einmal weil der Labradorit mit deutlichen Individuen 
desselben verwachsen ist, ferner die Winkel, die Spaltbarkeit, der 
eigenthümliche metallartige Glanz. Einige Mikrolithe mögen Magnet- 
eisen sein. — (Elbda 480.) 

Websky, Mineralien im Goldsande von Golbergin 
Schlesien. — Im J. 1840 bei Wiederaufnahme der Goldgewinnver- 
suche bei Goldberg wurde der durch unterirdischen Abbau gewonnene 
Goldsand zunächst von allen gröbern Geschieben bis auf Erbsengrössse 
getrennt, dann das feinere Haufwerk auf Satzsieben bearbeitet, wo- 
bei die äusserst kleinen Goldblättchen in den Bodensatz übergingen, 
in den auf dem Siebe verbleibenden Sandmassen sondert sich dann 
eine Lage schwerer Körner ab, welche im einzelnen Goldkörner ent- 
hielten, der Hauptmasse nach aus Titaneisenerz oder titanhaltigen 
Magneteisenstein bestanden. In geringer Menge finden sich darin 
kleine runde Körner von Hyacinth, carmoisinrothe Körner von Spin- 
nell, braunrother durchscheinender Korund, ferner sehr sparsam blauer 
Saphir, blaulichweisser Cyanit und braungelber Granat. Eine Probe 
bestand fast ausschliesslich aus kleinen sehr scharfkantigen Zirkonen 
mit achtseitiger Pyramide in ungewöhnlicher Ausdehnung. Diese Zir- 


kone kommen in fast allen goldhaltigen Sanden vor. — (Breslauer Ver- 
handigen 1867. S. 4.) 
H. Goeppert, Abstammung des Bernsteins. — Schon 


1836 erhielt Verf. ein Bernsteinreiches in Schwarzkohle verwandeltes 
Stämmchen, das abgesehen von dem Interesse als sichere Mutterpflanze 
des Bernsteins noch den Beweis für die Bildung der Schwarzkohle 
auf nassem Wege liefert. Später erhielt er die Berendtschen Mate- 
rialien zur Bearbeitung von dessen Monographie über den Bernstein. 
Er hielt dabei die Bernsteinpflanzen getrennt von denen aus den 


519 


Braunkohlenlagern des Samlandes und erklärte die Flora für miocäne. 
Als Mutterpflanzen des Bernsteins ergaben sich nur diejenigen Coni- 
feren, welche im Innern noch Bernstein enthielten und begriff diesel- 
ben unter Pinites suceinifer. Später erweiterte er die Bernsteinflora 
von 44 Arten auf 163. Menge beschrieb einen zweiten Bernsteinbaum 
und 2 Laurineen, welche die nahe Verwandtschaft mit der miocänen 
Flora Deutschlands bestättigten. Ein Besuch Preussens in Gemein- 
meinschaft mit Runge ergab, dass die gegenwärtige Hauptfundstätte 
des Bernsteins eine sekundäre ist, und zwar eine ältere als Verf. frü- 
her vermuthete. Die Hauptfundstätte der Reste des Bernsteins ist 
in dem sogenannten schwarzen Firniss zu suchen, worunter man den 
nur zu Salz-, Oel- und Firnissbereitung verwendeten schwärzlich 
grauen Bernstein versteht, der diese Farbe grösstentheils nur Holz- 
und Rindenresten verdankt. Erstere gehören fast durchweg den Bern- 
steinbäumen selbst an und haben ein statistisches Interesse, indem 
sie Winke über das quantitative Verhältniss der einzelnen Arten lie- 
fern. Die Rindenreste zeigen bisweilen noch ganz deutlich die Nar- 
ben der abgefallenen Nadeln, wodurch man in den Stand gesetzt 
wird, die einzeln vorkommenden Nadeln auf ihre Stammarten zurück- 
zuführen. Die Bernsteinbäume stehen danach unsern heutigen Nadel- 
hölzern sehr nah, übertreffen dieselbe jedoch an Harzreichthum. Auf 
ihrer Rinde wucherten von den gegenwärtigen nicht verschiedene 
Pilze, Flechten, Laub- und Lebermoose. — (Edda 13—16.) 

v. Kobell, Nachweis von Nickel und Kobalt in Er- 
zen und Chathamit von Andreasberg am Harz. — Während 
der Kobalt in Erzen leicht nachweisbar, ist das Nickel oft schwer 
vor dem Löthrohre und bei der nassen Analyse zu finden. Bei reinen 
Nickelerzen giebt die salpetersaure Lösung mit Aetzammoniak ver- 
setzt die charakteristische himmelblaue oder saphirblaue Flüssigkeit, 
die mit Kalilauge ein apfelgrünes Präcipitat fällt, bei eisenhaltigen 
Arsenikverbindungen des Nickels und andern aber zeigt die ammo- 
niakalische Lösung selten die blaue Färbung, ist oft schmutzig grau- 
lich, bräunlichgelb oder braun. Verf. hat für solche ein Reagens ge- 
funden. Von nickelhaltigen Erzen werden 1!,—2 Grammen Pulver 
mit concentrirter Salpetersäure bis zum Dickfliessen in einer Porcel- 
lanpfanne eingekocht, dann etwas Wasser zugesetzt, die trübe Flüs- 
sigkeit in ein Glas gewaschen und unter Umrühren mit Ammoniak 
bis zur deutlichen alkalischen Reaktion versetzt und dann filtrirt. 
Das Filtrat war rein blau und gab mit Kalilauge ein blassgrünes, bei 
Gegenwart von Kobalt etwas bläulich gefärbtes Präcipitat. Um in 
dem blauen den Kobaltgehalt nachzuweisen wird es mit Salpetersäure 
angesäuert und stark verdünnt, dann etwas Wasserglas zugesetzt und 
umgerührt, es entsteht dabei keine Fällung, auf Zusatz von Kalilauge 
erhält man eine schön blaue Fällung oder Gallerte, wenn Kobalt vor- 
handen. Reine Nickellösung ebenso behandelt giebt eine blass apfel- 
grüne Fällung. So kann das Nickel und Kobalt in allen zum Smaltin 
oder Speiskobalt gerechneten Erzen im Erzgebirge, Harze etc. erkannt 


520 


werden, ebenso im Chloanthit, Chathamit, Gesdorffit, Ullmannit und Say- 
nit. Die salpetersauren Lösungen dieser Erze sind meist grünlich 
gefärbt, dagegen roth bei Kobaltin, Alloklas, Skuttrudit, Glaukodot, 
Linneit und den Varietäten des Smaltin. Werden solche rothe Lö- 
sungen mit Ammoniak bis zur alkalischen Reaktion versetzt und fil- 
trirt: so erhält man wenn kein oder nur wenig Nickel vorhanden kein 
blaues sondern das rothe Filtrat, das mit Kalilauge blassbläulich ge- 
fällt wird. So verhalten sich Kobaltin, Glaukodot, Skutterudit, wäh- 
rend Linneit ein schön blaues Filtrat giebt und ebenso der kobalt- 
reiche Smaltin. Auch mancher Löllingit giebt gelblichrothe Lösung. 
Aus der Farbe der salpetersauren Lösung allein kann man nur an- 
nähernd auf den Gehalt an Nickel oder Kobalt schliessen. Verf. be- 
reitete salpetersaure Nickel- und Kobaltlösungen von gleichem Ge- 
halt, brachte sie in Tropfgläser und mischte nach Tropfen in ver- 
schiedener Weise. Dann zeigte sich eine Lösung mit gleichviel Ko- 
balt und Nickel noch roth, bei 1!/, Nickel gegen 1 Kobalt bräunlich- 
und mit wachsendem Nickelgehalt allmählig ins Olivengrüne überge- 
hend; bei einem grösseren Grad von Mischung und Verdünnung 
heben sich diese Farben als complementäre auf. Ein Gehalt an sal- 
petersaurem Eisenoxyd ist auf die Färbung ohne Einfluss. Jedenfalls 
dürfte eine rein rothe Lösung, wenn überhaupt Kobalt vorhanden 
einen vorherrschenden Gehalt desselben von dem Nickelgehalt anzei- 
gen oder doch ein Verhältniss beider Metalle zu gleichen Theilen, 
während unter denselben Verhältnissen eine rein grüne oder oliven- 
grüne Lösung vorwaltenden Nickelgehalt anzeigt. Da die Verbindun- 
gen des Smaltin CoAs?, des Chloanthit NiAs? in den verschiedensten 
Verhältnissen gemischt vorkommen, so muss man behufs ihrer Ord- 
nung ihre Näherung an die Gränzglieder berücksichtigen und die Va- 
rianten den vorwaltenden Gränzgliedern beiordnen. Verf. giebt eine 
solche Uebersicht der Kobalt- und Nickelerze mit Metallglanz. I. Vor 
dem Löthrohre auf Kohle stark Arsenikrauch gebend. 1. Mit Salpe- 
tersäure eine rothe Lösung gebend u. v. d. L. im Kolben ein Subli- 


mat von metallischem Arsenik, Smaltin \ 


bar. L. Skutterudit CoAs3 tesseral, deutlich hexaedrisch spaltbar. 


Oas2 tesseral, wenig spalt- 


Coy, 
Glaukodot Nils: rhombisch spaltbar, auch basisch. 2. Mit Salpeter- 
Fe 


säure eine rothe Lösung gebend und im Kolben kein Sublimat von 
metallischem Arsenik. Kobaltin CoAs?2 + CoS? tesseral, deutlich he- 
xaedrisch spaltbar. Alloklas As, S, Bi, Co, Fe... rhombisch, voll- 
kommen spaltbar nach einem Prisma von 106° und basisch, im Banat. 
3. Mit Salpetersäure eine grüne oder auch gebliche Lösung gebend 
u. v. d. L. im Kolben ein Sublimat von metallischem Arsenik. Chloan- 


thit a As? tesseral, wenig spaltbar. Rammelsbergit wie Chloanthit, 


Krystallisation rhombisch. Korynit NiS? + Niigpe tesseral, v. d. L. 


521 


Ni 
aufKohle, Arsenik- und Antimonrauch gebend, Chathamit Corte: giebt 
Fe 


keinen Antimonrauch, aber die verdünnte salpetersaure Lösung mit 
Ammoniak in Ueberschuss ein rothbraunes Präcipitat. 4. Mit Salpe- 
tersäure eine grüne Lösung gebend u. v. d. L. im Kolben kein Sub- 
limat von metallischem Arsenik. Nikelin NiAs licht kupferroth. Gers- 


dorffit Nies rein. — II. Vor dem Löthrohr auf Kohle keinen Ar- 
senikrauch entwickelnd. 1. Mit Salpetersäure eine rothe Lösung ge- 


bend. Linneit Coslcoss die Lösung fällt auf Eisen kein Kupfer. Ca- 
rollit CuS€oS® fällt metallisches Kupfer. 2. Mit Salpetersäure eine 
grüne Lösung gebend: Millerit NiS, messinggelb. Breithauptit NiSb 


licht kupferroth, violet anlaufend. Ullmannit Ni? a : stahlgrau v. d. 


L. Antimonrauch gebend, Saynit Ni, Co, Bi, S.... licht stahlgrau, 
v.d.L. keinen Antimonrauch gebend. — Der Chathamit vom Andreas- 
berg bildet eine feinkörnige zinnweisse Masse, hat 6,6 spec. Gew., 
entwickelt v. d. L. auf Kohle anfangs starken Arsenikrauch ohne zu 
schmelzen, schmilzt dann leicht zu einem schwarzen spröden Korn. 
Im Kolben giebt er ein Sublimat von metallischem Arsenik. Mit Sal- 
petersäure zersezt giebt er eine gelbliche Lösung, mit Ammoniak be- 
handelt ein lichtblaues Filtrat. Die Analyse ergab 72,00 Arsenik, 
0,43 Schwefel, 17,39 Eisen, 7,00 Nickel und 1,94 Kobalt. Es ist ein 
Analogon zum Safflorit. — (Münchener Sitzgsberichte 1868. 1. 396— 403.) 

C. Pape, das Verwitterungsellipsoid und das kry- 
stallographische rechtwinklige Axensystem des Ku- 
pfervitriols. — Im Anschluss an Bd. 27 dieser Zeitschr. S. 80 
mitgetheilten Untersuchungen über die Verwitterung der Krystalle 
folgt hier eine specielle Untersuchung über das schwefelsaure Kupfer- 
oxyd, ein Krystall des 1- und 1gliedrigen Systemes, welches noch 
nicht genauer. untersucht war. Die erste Aufgabe war die Ermittlung 
des natürlichen rechtwinkligen Axensystem für den Kupfervitriol mit 
seinen unsymmetrisch vertheilten Flächen; sodann war das Verwitte- 
rungsellipsoid zu untersuchen, nach Lage und Grösse der Axen zu 
bestimmen und endlich beide Axensysteme zu vergleichen. Trotz 
der auftretenden Schwierigkeiten hat Verf. die Aufgabe gelöst und 
so das Verwitterungsgesetz auch für das letzte Krystallsystem nach- 
gewiesen. Aus der sehr eingehenden Arbeit geht noch hervor, dass 
auch beim ein- und eingliedrigen System die Ebenen der drei recht- 
winkligen Krystallaxen von Bedeutung sind für die Vertheilung der 
optischen und thermischen Eigenschaften im Krystalle. — (Poggend. 
Ann. 133, 364— 399.) Schbg. 

Palaeontologie. A. Fritsch, die Callianassen der 
böhmischen Kreideformation. — Reuss konnte in seiner Mo- 
nographie der böhmischen Kreideformation nur ein Scheerenglied 
dieser Krebse aufführen, denen Geinitz nachher noch einige Reste 

Bd. XXXI, 1868. 35 


522 


hinzufügte. Verf. sammelt seit 1864 die böhmischen Kreidepetrefak- 
ten und brachte mehr als 100 Scheerenglieder von 21 Lokalitäten zu- 
sammen, die von den tiefsten bis zu den jüngsten Gliedern der For- 
mation sich vertheilen. Meist sind es blosse Steinkerne, welche je- 
doch die Artcharaktere noch erkennen lassen. 1. Callianassa turtia 
n. sp. in den Schichten der Exogyra columba also der Turtia nur ein 
Scheerenpaar und ein Schwanzstück, sehr ähnlich C. cenomanensis. 
2. C. bohemica n. sp. viele Scheeren und ein Cephalothorax im Kalk- 
stein bei Laun, der Protocardia Hillana führt. — 3. C antiqua Otto 
sehr verbreitet in den höhern Schichten. — '4. O0. brevis n. sp. im 
weissen Pläner mit Inoceramus Cuvieri und Ananchytes ovata bei 
Melnik eine Scheere. — 5. C. elongata n. sp. im Skaphitenpläner bei 
Laun einige Scheerenabdrücke. — 6. C. gracilis n. sp. in den Baku- 
litenschichten bei Priesen und endlich eine unbestimmte Art der 
jüngsten Kreideschichten bei Jungbunzlau. Leider sind die verwand- 
schaftlichen Verhältnisse der neuen Arten nicht genügend beleuchtet 
und es ist dem Leser überlassen mit Hülfe der Abbildungen sich die- 
selben aufzusuchen. — (Abhdlgen der kgl. böhm. Gesellsch. der Wiss. 
1867. Prag 1868. S. 12. Tff. 2.) 

R.Kner, Conchopoma gadiforme und Acanthodes im 
Rothliegenden von Lebach bei Saarbrücken. — Verf. be- 
suchte die reichhaltigen Privatsammlungen von Jordan und Weiss 
fand dabei noch, dass das Auge von Xenacanthus Squalidenähnlich 
ist und diese Gattung am Gaumen eine Zahnbinde besitzt. Die neue 
Gattung Conchopoma stützt sich auf wenige Exemplare, die einge- 
hend beschrieben werden. Ihre Kopflänge schwankt von !/, bis 1); 
der Gesammtlänge, der Mund ist endständig, beide Kiefer mit je einer 
einfachen Reihe spitzer Zähne besetzt, Vomer und Gaumen mit einer 
breiten und langen Platte grosser, dicker, kugeliger und stumpfspit- 
ziger Pflasterzähne, eine ähnliche Platte auf dem Zungenbeine, der 
Oberkopf mit dünnen radiärgefurchten Schildern belegt. Das muth- 
maslich kleine Auge lag dem vordern Schnauzenende genähert, die 
Kiemenspalte ist von muschelförmigen Deckelstücken belegt, und 
zwar von zweien, der Schultergürtel mit breitem starken Humerus und 
breiten Clavikularplatten; die Kiemenbögen breit rinnenförmig, die 
Kiemenstrahlen kurz und dünn, der Vorderrumpf höher als der Kopf 
und die Totalgestalt an Pleuronekten erinnernd. Die Rückenflosse 
beginnt hinter der Mitte, erniedrigt sich schnell nach hinten und geht 
durch die Schwanzflosse in die ganz ähnliche Afterflosse über. Die 
Flossenstrahlen ruhen auf langen dünnen hohlen Trägern und diese 
auf ähnlichen Dornfortsätzen. Brustflossen hinter dem Schultergür- 
tel etwa in halber Körperhöhe, länger als breit, vielstrahlig. Wir- 
belsäule ohne knöcherne Körper, nur eine breite gerade Chorda. 
Dornfortsätze und Rippen hohl wie bei Coelacanthen. Der ganze 
Rumpf mit dünnen nicht emaillirten Schuppen bekleidet, welche rau- 
tenförmig und strahlig gestreift sind. Die Gattung gehört zu den 
homocerken Dipterinen, ist aber vielleicht Typus einer eigenen Fa- 


523 


milie, welche viele Beziehungen zu den Gadoiden hat, strenger ge- 
nommen aber als Urtypus der Gliederstrahligen Knochenfische zu be- 
trachten ist, im besondern der Weichflosser. — Von Acanthodes un- 
tersuchte Verf. einige sehr schöne Exemplare. Dieselben erweisen 
Agassizs ideale Figur der Gattung als unrichtig, ihr Unterkiefer steht 
zu weit vor, die Flossenverhältnisse sind verfehlt, die Bauchflossen 
fehlen. Troschel giebt richtig an: das Verhältniss der Kopf- zur 
Totallänge, dass die Schnauze kurz und der Kopf nicht deprimirt 
war, auch den Verlauf der Seitenlinie und die Form der Schuppen. 
In Römers Abbildung ist der Kopf viel zu klein und kurz, der Mund 
schlecht, das Auge zu klein, die Form der Kiemenbögen falsch, die 
Kiemenbögen sind Zungenbeinhörner u. s. w. Römer hebt als Un- 
terschiede des A. gracilis von A. Bronni hervor: die schlankere Ge- 
stalt, die etwas grössern Schuppen, die relativ stärkeren und weni- 
ger gebogenen Flossenstacheln; die Körperhöhe beträgt '/, der Länge, 
die Kopflänge kaum !/,, während diese bei den Lebacher Exemplaren 
mindestens !/, der Totallänge ausmacht. Hienach und nach Entfer- 
nung des Ventralstachels von dem pektoralen und analen liesse sich 
annehmen, dass A. gracilis von Kleinnaundorf von den Lebacher Acan- 
thoden specifisch verschieden ist. Verf. beleuchtet beide Formen 
noch eingehend und erklärt schliesslich die Gattung als entschiede- 
nen Ganoiden, aber nicht Holosteinen, sondern als einen ganz eigen- 
thümlichen. — (Wiener Sitzgsberichte 1868. LVN. 27. S. 8. Tff.) 

L. Frischmann, neue Entdeckungen im lithogra- 
phischen Schiefer von Eichstädt. — In A. v. Etterleins Pri- 
vatsammlung in Eichstädt befinden sich Prachtexemplare von Locusta 
speciosa, andern Libellen und Insekten, ein sehr instruktives von 
Urda, sehr schöne und grosse Eryon und Eryma. Ein letzteres ver- 
dient den Namen gigantea, sein Fuss ist über 0,1 lang, das Schwanz- 
glied 0,063 bei über 0,025 Breite, ferner ein Notidanus, zwei Saurier, 
ein Pterodaktylus und eine Schildkröte. Der eine Saurier ist ein 
langgestreckter Homoeosaurus, von welchem bis jetzt 3 Arten in 4 
Exemplaren bekannt sind. Dieser kleinste seiner Gattung ist vor- 
trefflich erhalten, nicht merklich kleiner als H. neptunius, nämlich 
im Körper 0,0385 lang ohne den fein auslaufenden Schwanz, der sich 
auf 0,0705 berechnen lässt. Der Kopf ist verdrückt und durch Kalk- 
spath undeutlich, Zähne nicht wahrnehmbar. Der Hals misst 0,054, 
die Halswirbel höher als lang, stärker als die Rückenwirbel, ihre An- 
zahl scheint 4 zu sein. Jeder Rückenwirbel 0,0011 lang, an Zahl 
wahrscheinlich 19. Die versteckten Lendenwirbel nehmen einen 
Raum von 2 Rückenwirbeln ein. Der Schwanz ist über körperlang, 
zu den 22 vorhandenen Wirbeln mögen noch ebensoviele oder mehr 
fehlende hinzuzunehmen sein. Die Vorderbeine sind schwächer und 
kürzer als die hintern, Oberarm 0,0065, Unterarm 0,0060 lang, Elle 
viel kräftiger als die Speiche, zwei Handwurzelknochen, Finger feh- 
len; Oberschenkel etwas gekrümmt 0,0093 lang, Unterschenkel 0,0092 
lang, Tibia etwas stärker als die Fibula, Fusswurzel mit 2 Knochen 


35 * 


524 


in der ersten und 3 oder 4in der zweiten Reihe, Daumenzehe 0,0027, 
zweite Zehe 0,0043, dritte 0,0052, vierte 0,0055 lang, fünfte nicht 
messbar. Das ganze Skelet zeigt Aehnlichkeit mit H. neptunius und 
H. Maximiliani, ist wahrscheinlich Jugendzustand des letzteren. Lei- 
der sind die Jugendzustände der lithographischen Schiefer bisher nur 
sehr wenig, von vielen gar nicht beachtet. — Von Pterodactylus ein 
Unterschenkel und Fuss sehr schön und deutlich. Jener hat die Di- 
mensionen von Pt. secundarius. Der ganze dazugehörige Fuss hat 
0,064 Länge und stimmt mit Pt. longirostris und Pt. Kochi überein, 
hat jedoch die doppelte Grösse des erstern. Die Metatarsen nehmen 
vom Daumen ab an Länge ab, der 4. hat nur °/, Länge des ersten. 
Die eigentlichen Zehen sind kürzer, nehmen mit der Gliederzahl an 
Länge zu. Die Krallenglieder sind gross, sichelförmig, sehr spitzig. 


Zahl der Zebenglieder 2, 3, 4, 5. — (Neues Jahrb. f. Mineral. S. 
25—38.) 

Botanik. Bail, entwicklungsgeschichtliche Arbei- 
ten. — 1. Die Entstehung der Hefe. Im J. 1856 fand Verf., 


dass die Samen und Gonidien gewisser Mucorarten und auch die 
Samen des Penicillium glaucum in Maische hefenartig sprossen und 
wies dann nach, dass diese Sprossen auch wirklich als gährungser- 
zeugende Hefe aufzufassen seien. Ferner zeigte er, dass die Samen, 
der überall auf Weintrauben lebenden Botrytis acinorum hauptsäch- 
lich die Weinhefe Hormiscium vini erzeugen. Die Hoffmannschen 
Untersuchungen bestättigen die gewonnenen Resultate, wogegen de 
Bary zu andern Resultaten gelangte. Derselbe weist darauf hin, 
dass wirklich gährungserzeugende Hefenzellen überall verbreitet sind, 
daher leicht mit den gehärteten Sporen in die Versuchsflüssigkeit 
gelangen und Täuschungen veranlassen können. Aber Verf. erhielt 
aus den Sporen der Mucorformen stets grosszellige Kugelhefe, welche 
Alkoholgährung hervorruft, niemals andere. Ferner behauptet de Bary, 
dass es eine Anzahl von Pilzen giebt, welche hefenähnliche, aber 
nicht Gährung erregende Sprossen treibt z.B. das Erzeugen der be- 
kannten Pflaumentaschen Exoascus pruni und Dematium pullulans, die 
Verf. für ein und dieselbe Species erklärt und durch deren Sprossen 
er keine Gährung erhielt. Letzteres führt ihn zu der Annahme, dass 
die Fähigkeit Gährung zu erregen nicht ausschliesslich von der Form 
und Fortpflanzungsweise der Pilzzellen abhängt und dass die Gefahr 
bei den Aussaaten wirkliche Hefenzellen gelegentlich mit den Pilzsa- 
men in die gährungsfähige Flüssigkeit zu übertragen nicht so gross 
ist wie de Bary annimmt. In der That hat Verf. bei der Aussaat der 
Flocken von noch weissem Penicillium glaucum, das meist aus un- 
fruchtbaren Fäden bestand, binnen 13 Tagen in Maische gar keine 
Gährung erhalten; während das aus demselben Gefäss entlehnte 
fruchtende blaugrüne Penicillium bereits am 5. Tage in derselben 
Maische die kräftigste Gährung hervorrief. Durch seine zahlreichen 
Versuche glaubt also Verf. nachgewiesen zu haben, dass die Sprosse 
von Mucor racemosus, Penicillium glaucum und einer neuen Pilzform 


525 


in Maische als Gährung erregende Hefe wirken. Die Entstehung der 
Hefe aus Pilzsamen bestättigt auch die Praxis, da man bei der 
Brauerei des Jopenbieres sich erst eine Kruste von Penicillium glaucum 
bilden lässt, die dann untersinken und das Gebräu in Gährung ver- 
setzen. — 2. Pilzkrankheiten der Insekten. Verf, hat durch 
zahlreiche Fütterungs- und Impfversuche mit den Samen von Isarien, 
von Mucor racemosus und Empusa wie mit grosszelliger Kugelhefe 
gezeigt, dass ganz gesunde Thiere unter bestimmten Symptomen 
sterben, hat auch gefunden, dass sehr viele Insekten im freien an 
Pilzen zu Grunde gehn. An Empusa sterben die verschiedensten 
Dipterenarten und unter den Dungfliegen vernichtete eine Empusar- 
epidemie den ganzen Bestand, ebenso verschwand eine Eulenraupen- 
art, die im Jahre vorher an Empusa litt. Ferner wurde an einer stark 
heimgesuchten Waldstelle die Raupe der Noctua piniperda durch Em- 
pusa völlig aufgerieben, an andern Stellen die Raupen von Gastro- 
pacha pini durch denselben Pilz. Er ist also der wichtigste Freund 
der Forsten. Zur Zeit des Todes sind die meisten Körpertheile der 
befallenen Thiere so mit den grossen Pilzzellen vollgepfropft, dass 
der Tod schon aus rein mechanischem Grunde erfolgen muss. Beiden 
Isarien ist das nicht der Fall, aber deren kleine Conidien vermehren 
sich nach de Bary im Innern des Körpers durch Abschnürung der Art, 
dass sie überall im Blute gefunden werden. In mehren Fällen beob- 
achtete Verf. die Vermehrung der Pilze im Innern durch hefenartige 
Sprossung. Auch die Zellen des sich stets in der von der Gattine 
oder Nekrose befallenen Seidenraupen findenden Panhistophyton ova- 
tum vermehren sich durch Theilung. Auch dieser Pilz treibt Fäden, 
von denen die ersten Conidien abgeschnürt werden, wie Verf. durch 
direkte Versuche ermittelt hat. Liebig suchte den Untergang der 
Seidenraupen in dem geringen Stickstoffgehalt ihres Futters, allein 
dieselben fressen in solchem Falle mehr und ersetzen den Stickstoff- 
mangel durch die Menge des Futters. Das Eingehen der Bienen- 
stöcke wird vielleicht durch den Mucor melittophorus veranlasst. — 
3. Verwandlungen der Pilze unter den verschieden äus- 
sern Bedingungen. Bekanntlich ist das Vorkommen einzelner 
Pilzformen an ganz bestimmte und Bedingungen geknüpft. Verf. fand 
1855 in seiner Botanisirkapsel zu Hirschberg in Schlesien auf Lyco- 
perdon einen sehr zierlichen Schimmel. Denselben beschrieb 1863 
Fresenius als Amblyosporium botrytis von Frankfurt a. M. und 1865 
fand ihn Verf. bei Danzig wiederum auf Lycoperdon. Onygena cor- 
vina wächst auf den Federn verwesender Vögel und auf Gewöllen, 
In denselben feuchten Zimmern wuchert eine Art an der Wand, eine 
andere auf den Stiefeln, eine dritte auf Brot etc. Von den Pflan- 
zenparasiten wachsen einzeln auf verschiedenen Arten derselben Fa- 
milie. Allermeist bedingt die chemische Beschaffenheit des Mediums 
das Vorkommen gewisser Formen. Bei den bezüglichen Versuchen 
fand Verf., dass mit Aenderung des Mediums sich auch die Gesetze 
ändern, nach denen ein und dieselbe Species sich entwickelt. Das 


526 


gilt auch für die Algen. Besonders experimentirte Verf. mit Mucor, 
Empusa, Aschyla und Horniscium, wies die Umbildung von Empusa 
ganz bestimmt nach, sie erfolgt in 2 bis 5 Tagen. Er verwandelte 
Empusa muscae in Mucor racemosus, verwandelte eine andere Empusa 
durch Achlya in normale Mucor stolonifer, die Empusa der Floreule 
in einen eigenen Mucor. Schon 1860 erkannte er die Umbildung der 
Empusa in Achlya, dass sich Empusa in feuchter Luft in Mucor, im 
Wasser in Saprolegnia umwandelt. Indem er an Empusa erkrankte 
Fliegen in Wasser ersäufte, sah er Saprolegnia sich aus jener ent- 
wickeln, dann das Wasser durch Biermaische ersetzt und nach drei 
Tagen fruchteten sämmtliche Pilzfäden als Mucor. Er sah die Um- 
wandlung der Saprolegnia als Mucor direkt unter dem Mikroskop, 
brachte Mucor und Wasser und erzog daraus Achlya. H. Hoffmann 
hat diese Beobachtungen völlig ignorirt und sich das Eigenthum der 
Entdeckungen angemasst. Mucor mucedo ist eine Urpflanze im dar- 
winschen Sinne, aus ihr entwickeln sich gleich drei Arten nämlich 
die der Fliegen an der Luft Empusa muscae, im Wasser Achlya pro- 
lifera, in der Würze Horniscium cerevisiae (Nicht drei Arten entwik- 
keln sich aus Mucor, sondern die verschiedenen Entwicklungsstufen 
derselben wurden irrthümlich als Arten gedeutet und werden gegen- 
wärtig richtig aufgefasst; falsche irrthümliche Arten existiren nur in 
den Systemen, nicht in der Natur, das sollte man doch bei derartigen 
Stützen der Darwinischen Theorie nicht vergessen!). Achlya proli- 
fera hat vollkommene Sexualorgane, ist aber ein ächter Pilz, daher in 
dieser Klasse auch geschlechtliche Befruchtung vorkömmt. Gegen 
Hoffmanns Anmassung erhebt Verf. entschieden Protest und sucht des- 
sen neue Entdeckungen auf. So das Vorkommen des Mucor Achlya 
auf Fischen. Dessen Ansicht, dass Acrostalagmus niemals an leben- 
den oder todten Thieren vorkommen, wird widerlegt durch die Beob- 
achtung desselben auf todten Blattwespenlarven. Die erneute Unter- 
suchung der Pflaumentasche gab neue schlagende Beweise für die 
Verschiedenartigkeit der Gestalten aus demselben Samen unter 
veränderten äussern Bedingungen: es wurde direkt beobachtet die 
Umwandlung von Exoascus pruni in Penicillium olivaceum, Clados- 
porium und Dematium pullulans, letztes entwickelt sich zu einem Exo- 
basidium. Die Krankheit der Preisselbeere rührt von demselben 
Pilze her. Verf. konnte blos durch Veränderung der Feuchtigkeits- 
verhältnisse regelmässig an Stelle des Penicillium olivaceum auf der 
Pflaumentasche des Oidium frustigenum erziehen und aus diesem je 
nachdem es in Maische oder auf hartem Wasser kultivirt wurde, zwei 
sehr verschiedene Formen entwickeln. Nach Aussaat auf stark ge- 
kochte menschliche Exkremente entstand aus dem reinen Oidium 
fructigenum Penicillium , auf der Oberfläche der Maische in Gläsern 
wieder Oidium fructigenum, während aus untergetauchten Flocken ein 
grosser Fadenballen hervorging, der an der Oberfläche als Mucor 
racemosus fruchtete. Lässt man die Taschen der Schlehen in einem 
Zinkkasten längere Zeit liegen, so tritt auf ihnen noch Aspergillus 


527 


glaucus auf, dann Trichothecium und Vertieillium ruberrimum. As- 
pergillus in Maischtropfen kultivirt liefert ausser Eurotium herba- 
riorum noch Uebergänge zu Penicillium und Acmosporium botryoi- 
deum. Aspergillus flavescens und nigricans werden auf Citronen stets 
zu Asp. glaucus. — (Hedwigia 1867 Nr. 12.) 

Wolkoff, Einwirkung des Lichtes auf Pflanzen. — 
Bekanntlich nehmen alle Pflanzen Sauerstoff auf und scheiden Kohlen- 
säure aus, chlorophylihaltige Pflanzen nehmen unter Einwirkung des 
Lichts ausserdem auch Kohlensäure auf und scheiden dafür Sauer- 
stoff aus. Die erste Thätigkeit dauert das ganze Leben hindurch im 
Finstern wie im Lichte, wenn auch ungleich stark. Sie ist mit dem 
Athmen der Thiere zu vergleichen, während die andere eine Assi- 
milationserscheinung ist. Je nach der Intensität des Lichtes kann 
eine grüne Pflanze athmen ohne zu assimiliren, mehr athmen als sie 
assimilirt, ebensoviel athmen als sie assimilirt und endlich mehr as- 
similiren als sie athmet. Durch Untersuchungen an Wasserpflanzen 
besonders an Ceratophyllum demersum, Potamogeton nutans und Ra- 
nunculus fluitans weist Verf. nach, dass die Intensität der Gasaus- 
scheidung in keinem nachweisbaren Verhältniss zu der Intensität der 
chemischen Strahlen des Spektrums allein steht. Wohl aber findet er, 
dass die Menge der ausgeschiedenen Gase stets der, Intensität des ge- 
sammten Lichtes proportional ist, wie auch die Gase zusammenge- 
setzt seien. Hinsichtlich dieser findet er, dass die Ausscheidung 
des Stickstoffs nicht durch eine physiologische Verrichtung der 
Pflanze bedingt ist, sondern dass der Stickstoff durch den Sauer- 
stoff verdrängt wird und dass die Menge des Stickstoffs in geomet- 
rischem Verhältniss abnimmt, während die Assimilationszeit in arith- 
metischem Verhältniss zunimmt. Letzte Thatsache erklärt Verf. dar- 
aus, dass im Dunkeln, während bei der Athmung der Sauerstoff be- 
ständig zur Kohlensäurebildung verbraucht wird, sich der gleichzeitig 
aufgenommene Stickstoff in der Pflanze ansammeln muss. Kommt die 
Pflanze nun ins Licht und beginnt die Assimilation, als Aufnahme 
von Kohlensäure mit Ausscheidung von Sauerstoff, so wird natürlich 
anfangs der während der Dunkelheit aufgenommene Stickstoff über- 
wiegen; allmählig aber wird derselbe durch den ausscheidenden Sauer- 
stoff immer mehr verdünnt, so dass sein Verhältniss zum Sauerstoff 
rasch abnimmt. — (Rigaer Correspondenzblatt 1867. XV]. 101.) 

B. Wartmann und Zollikofer, Pflanzen- und Thier- 
welt im Februar 1867. — Während es selten ist, dass um St. 
Gallen im März wie 1862 schon. 74 Phanerogamen im Freien blühen, 
wurden 1867 schon im Februar 28 Arten blühend gefunden, nämlich 
Soldanella alpina, Caltha palustris, Taxus baccata, Potentilla fraga- 
riastrum, Ranunculus ficaria, Corylus avellana (schon bei Beginn des 
Monates verstäubt), Erica carnea, Tussilago farfara, Anthriscus sil- 
vestris, Leucojum vernum, Cornus muscula, Polygala chamaebuxus, 
Anemone hepatica, Bellis perennis, Helleborus viridis und niger, Sa- 
lix capraea, Primula elatior, Galanthus nivalis, Daphne mezereum, Cro- 


528 


» 


cus luteus, Senecio vulgaris, Stellaria media, Lamium purpureum, und 
maculatum, Viola tricolor, Eranthis hiemalis und Ende Februars blühten 
noch auf Prunus armenica, Alnus incana, Glechone hederacea, Ranun- 
culus acris, Capsella bursa pastoris, Viola odorata. Aber im März 
trat wieder voller Winter ein. Die Staare kamen schaarenweise an, 
ihre Vorposten schon Ende Januar, am 17. Februar schlug der Finke, 
am 21. die Amsel, am 22. die Bachstelze, Molche und Frösche sonn- 
ten sich wie im Sommer, Unken riefen und verschiedene Schmetter- 
linge flatterten, auch die Fledermäuse schwirrten. Um Marbach im 
Rheinthal wurde gesäet und gepflanzt und das Vieh auf die grüne 
Weide getrieben. Mehr als 40 Pflanzenarten standen in Blühte, die 
Verf. aufzählt, sogar blühende Herbstzeitlosen und Gentiana verna; 
Vögel und Insekten belebten die Fluren, aber am 2. März deckte 
frischer von eisigem Ostwinde getriebener Schnee dieselben wieder, 
— (St. Gallischer Naturwiss. Bericht 1867. S. 265—269.) 

A. Jäger, dieMoosflora der Kantone St. Gallen und 
Appenzell. — Seit 1829 ist nichts über die Kryptogamenflora die- 
ser Kantone veröffentlicht, um so erfreulicher ist vorliegender Beitrag 
über dieselbe. Verf. zählt die beobachteten Arten nach Schimpers 
System auf mit näherer Angabe des Standortes und der Zeit auf, 
charakterisirt auch einige neue Arten und giebt bei den sehr seltenen 
die Diagnose an. — (Ebda 158—239.) 

W. Lackowitz, Flora von Berlin. — Anleitung die im 
weitern Umkreise von Berlin wildwachsenden und häufiger kultivirten 
Pflanzen auf eine leichte und sichere Weise zu bestimmen. Berlin 
1868. 120. — Möglichste Kürze und Genauigkeit verbunden mit gröss- 
ter Einfachheit verfolgte Verf, und wählte deshalb durchweg die ana- 
lytische Form, jedoch nur innerhalb der natürlichen Familien, die 
wieder für sich analysirt sind. Die Linneschen Klassen und Ordnun- 
gen sind nur mit Zahlen hinter den Gattungen angegeben. Der Um- 
fang des Gebietes ist soweit ausgedehnt als er mit eintägigen Eisen- 
bahnexkursionen erreicht werden kann. Die Diagnosen sind in der 
üblichen Weise kurz gefasst und mit Abkürzungen geschrieben. Von 
den Kryptogamen sind nur die vasculares aufgenommen, alle übrigen 
ohne Berücksichtigung geblieben. 

Moritz Seubert, Exkursionsflora für das südwest- 
liche Deutschland. Ravensburg 1868. 8%. — Das in die Flora auf- 
genommene Gebiet umfasst Baden, Würtemberg mit Hohenzollern, 
Baiern nördlich der Donau nebst Rheinbaiern und einen grossen Theil 
von Hessen, Frankfurt und Nassau, sehliesst sich also ergänzend un- 
mittelbar an Garkes weit verbreitete Flora von Norddeutschland an. 
Sie giebt auch wie diese erst die Klassen, Ordnungen und Gattungen 
des Linneischen Systemes und verweist bei letztern auf den speciel- 
len die Arten charakterisirenden Theil. Diesem liegt das natürliche 
System zu Grunde und zwar in aufsteigender Ordnung mit den Far- 
ren beginnend. Gattungen und Arten sind kurz diagnosirt, die Stand- 
orte nur im Allgemeinen bezeichnet. Wir wünschen dem Buche die- 


529 


selbe warme Theilnahme im südwestlichen Deutschland, welche Gar- 
ckes Flora im nördlichen schon eine lange Reihe von Jahren sich zu 
erhalten gewusst hat. 

L. Rabenhorst, Flora europaea Algarum aquae duleis 
et submarina. Sectio III. Algas chlorophyllophyceas Melanophyceas 
et Rhodophyceas complectens. Plagulae 1—29. Lipsiae 1868. gr. 8°. 
— Rabenhorst europäische Algenflora giebt eine vollständige syste- 
matische Uebersicht aller bekannten und vieler neuen Algenarten mit 
Diagnosen, Literatur, Synonymien und speciellen Standorten. Die Gat- 
tungsdiagnosen sind durch eingedruckte Holzschnitte erläutert. So 
ist dem Studium dieser wichtigen und interessanten Pflanzengruppe 
ein ebenso bequemer wie zuverlässiger Führer geboten, der selbst 
deren Kenntniss beträchtlich erweiternd zu neuen Forschungen viel- 
fache Anregung geben wird. Die äussere Ausstattung lässt nichts zu 
wünschen übrig. 

S. Ruchte, Grundriss der Naturgeschichte. II. Theil: 
Botanik. Mit 159 eingedruckten Abbildungen. Rösenheim 1868. 8°, 
— Ganz in der Weise wie der erste Theil dieses Grundrisses die 
Zoologie behandelt, welche wir Seite 224 angezeigt haben, ist im vor- 
liegenden die Botanik für den höhern Schulunterricht dargestellt. Im 
Allgemeinen Theil wird das Wichtigste der Terminologie, Anatomie 
und Physiologie vorgetragen, im speciellen dann nach dem Linneschen 
System die Gruppen und die besonders wichtigen Pflanzen charakte- 
risirt. Das natürliche System von Jussieu wird nur übersichtlich an- 
geführt, doch hättees, da Verf. für die höhern Schulen seinen Grund- 
riss bestimmt hat, dem speciellen Theile zu Grunde gelegt werden 
müssen. Die benutzte Literatur weist nur wenige wirkliche Quellen 
auf und mehr untergeordnete Bücher (Leunis, Schödler, Schilling ete.), 

Zoologie. OscarSchmidt, dieSpongienderKüstevon 
Algier. Mit Nachträgen zu den Spongien des adriatischen Meeres. Mit5 
Tf. Leipzig1868. Fol. — Dieses dritte Supplement zu des Verf.s Mo- 
nographie der Spongien der Adria beschäftigt sich mit folgenden bei 
Algier vorkommenden Arten: Sarcomella medusa, Chondrosia reni- 
formis und plebeja, Corticia candelabrum und plicatum, Osculina po- 
lystomella, Spongelia pallescens, Euspongia equina, nitens, irregulosa, 
Cacospongia scalaris, cavernosa, aspergillum, Aplysina aerophoba, 
Hireinia dendroides, pipetta, hebes, flavescens, mamillaris, variabilis, 
lingua, Sarcotragus muscarum, Siphono Chalina coriacea, Chalinula 
renieroides und membranacea. Sclerochalina asterigera, Pachychalina 
rustica, Clatheria morisca, coralloides, oroides, Axinella cinnamomea, 
salicina und polypoides, Raspailia salix, syringella, Acanthella acuta, 
Dictyonella cactus, labyrinthica, Desmaeidon armatum, caducum, ar- 
eiferum, Suberotelites mercator, Sclerilla filans, texturans, Myxilla ro- 
sacea, proteidea, pulvinar, Schmidtia dura, Suberites domuncula, 
spongiosus, hystrix, myosus, Papillina suberea, nigricans, Pachastrella 
monilifera, Callites Lacazi, Spirastella cunctatrix, Ancorina aaptos, 
simplieissima, tripodaria, Papyrula candidata, Stelletta mucronata, 


530 


pathologica, scabra, euastrum, mamillaris, geodina, intermedia, Geo- 
dia canaliculata, gigas, Tethya lyncurium. Dile zahlreichen neuen 
Arten eind beschrieben worden und die verwandtschaftlichen Ver- 
hältnisse der mittelmeerischen und adriatischen Schwämme dargelegt. 
v. Martens, 4 neue Schlangensterne: ÖOphiocoma ocel- 
lata am Cap York in NAustralien neben Oph. dentata einzureihen. 
Ophiothrix purpurea Amboina, O.viridialba im chinesischen See ver- 
wandt mit der westindischen O,. Suensoni Lütk. Amphiura planispina 
von Rio Janeiro. — (Berliner Monatsberichte Juni 345—348.) 
Claus, über Lernaeocera esocina. — Seit Nordmanns 
Untersuchung ist dieser Schmarotzerkrebs nicht wieder gründlich un- 
tersucht worden. Andere Arbeiten haben allerdings dessen Morpho- 
logie gefördert und die 4 Schwimmfusspaare des Copepodenleibes bei 
ihm nachgewiesen, aber die Anatomie und Entwicklungsgeschichte ist 
nicht weiter geführt. An mehr als 100 Hechten fand Cl. nur ein Du- 
zend Lernaeocerenweibchen theils unreife theils mit Brutsäcken ver- 
sehene, Männchen liessen sich nicht ermitteln. Die meisten sassen 
an der Schleimhaut des Unterkiefers und der Kiemenhaut in blutig 
unterlaufenen Anschwellungen des entzündeten Gewebes, eingesenkt 
mit der vordern Körperhälfte und deren kreisförmigen Fortsätzen des 
Cephalothorax. Die geschlechtsreifen Weibchen zeigen in der Form 
des Leibes, dem Umfange, dem Verhältniss beider Leibesschnitte, in 
der Gestalt und Grösse der Hörner erhebliche Unterschiede. Der 
gekrümmte Leib ist stets gedreht bis um einen rechten Winkel, bei 
Jungen aber der Körper stabförmig gerade, vorn und hinten gleich 
dick, vorn mit 4 einfachen kreuzförmig gestellten Armen, später er- 
weitert sich die Hinterhälfte beträchtlich aber nicht immer in glei- 
chem Verhältniss zur vordern. Die Rücken- und Baucharme sind 
ziemlich gleichgross, erste bei geschlechtsreifen Weibchen gabelig 
gespalten, doch wachsen auch an den Baucharmen Nebenköcker her- 
vor. Oberhalb der Geschlechtsöffnung befinden sich 4 Paar Ruder- 
füsse und das Rudiment eines fünften und unser Thier ist demnach 
ein Copepode mit verkümmertem Abdomen. Als Kopf ist die halb- 
kugelige Erhöhung zu betrachten, welche sich auf den rechtwinklig 
zur Längsachse gestellten Armfortsätzen erhebt, da die Fühler und 
Mundtheile an ihr entspringen. Auffallend sind bisher beide Fuss- 
paare stets in umgekehrter Lage abgebildet, die fünfgliedrigen sind 
die vordern und obern, die dreigliedrigen die untern. Ein Saugrüs- 
sel fehlt wirklich. Die runde Mundöffnung liegt unterhalb der scharf 
vorspringenden und mit mehrfachen Chitinstäben verbundenen Ober- 
lippe, in denen Spuren von Mandibeln und Maxillen zu vermuthen 
sind. Auch die Unterlippe ist vorhanden. Die bisher als Mandibeln 


gedeuteten hakigen Mundtheile entsprechen den vordern Kieferfüssen. 


Diese bestehen aus einem Grundtheile und einem gelenkig abgesetz- 
ten Haken mit Doppelhaken an der Spitze. Die nachfolgenden Klam- 
merfüsse entsprechen bestimmt dem zweiten Kaufusspaare. Die 4 
Schwimmfusspaare besitzen je 2 dreigliedrige mit langen befiederten 


531 


Borsten besetzte Ruderäste und: nehmen bei Jungen fast die ganze 
Bauchfläche ein. Das erste erhebt sich an der Gränze des ventralen 
Armpaares und liegt also den Mundtheilen sehr nah, die übrigen fol- 
gen in zunehmenden Abständen. Die äussere Körperhaut ist eine 
sehr dicke, im Alter fast knorpelharte ungeschichtete Cuticula mit 
einzelnen groben Poren. Ihre feinkörnige Unterlage enthält in regel- 
mässigen Abständen schöne blasse Kerne, in frühester Jugend sechs- 
seitige Zellen. Unter der Haut liegt ein Netzwerk von Bindegewebs- 
strängen mit Fettkugeln erfüllt, also ein Fettkörper, am schönsten in 
den Armen, wo die Stränge sarkodeartig zusammenfliessen. Ihm an- 
gehörig umlagert eine eigenthümliche Gewebsbildung den Darmkanal, 
in welcher v. Nordmann eine leberartige Membran unterschied. Vorn 
gränzt dieselbe an eine Gruppe verästelter Ausläufer und hier liegt 
jederseits die gewundene Schalendrüse deren Asführungsgang am 
untern Kieferfusse nach aussen mündet. Herz und Gefässe fehlen. 
Im Kopf ein zweilappiges Gehirn, dem ein dreifaches Auge dicht 
anliegt. Die Ovarien erfüllen nicht die ganze Hinterleibshöhle und 
sind paarige und geschlängelte Blindschläuche mit hellem Drüsen- 
knäuel endend. Die beiden Geschlechtsöffnungen liegen hinter der 
Krümmung des fussförmigen Hinterleibes. Ueber die Entwickelung 
konnte Verf. keine befriedigende Beobachtungen sammeln. — (Mar- 
burger Sitzgsberichte 1867. S. 5—12.) 

L. Landois, Anatomie der Bettwanze und deren 
Verwandten. — Die Bettwanze ist erst seit dem 11. oder 12. 
Jahrhundert über die Alpen nach Deutschland gekommen, nach 
England erst 1503 und nach Schweden erst in der allerjüngsten Zeit. 
Sie ist die einzige Art der Gattung Acanthia. Ihre Oberlippe be- 
deckt den Grund des Saugrüssels. Ihr erstes herzförmiges Glied wird 
nach vorn breiter, ist unbeweglich, mit gesägten Borsten besetzt, ihr 
zweites nur halb so grosses Glied ist beweglich, spitzbogig, mit den- 
selben Borsten bekleidet, kann sich nur etwas heben und senken. 
Die Unterlippe bildet eine oben offene Halbrinne, in welcher der 
Stechapparat liegt und entspringt am Kinn, ist viergliedrig mit brei- 
testem Basalgliede, das letzte Glied an der Spitze gehalten, alle un- 
terseits beborstet, während der Ruhe gegen die Brust zurückgelegt. 
Oberkiefer und Unterkiefer liegen eng an einander und bilden ein 
Saugrohr. Erste entspringen breithalsig im Kopfe neben den Augen, 
tiefer hinab die letztern.; Diese sind ungleich lang, so dass die Oeff- 
nung des Saugrohres schlitzförmig ist. Sie tragen an den äussern 
Enden etwa 20 rückwärts gerichtetete Zähnchen, welche in der Wunde 
festhaken. Beide Kiefer nehmen an der Häutung theil, haben an 
ihrer Basis Muskeln zum Vorschieben und Einziehen, wobei sich das 
Rohr aus der Rinne der Unterlippe heraus hebt. Unmittelbar an das 
Rohr schliesst sich der Kropf, dickbauchig, flaschenförmig, am engen 
Anfange mitChitinisirung und hier münden die Speicheldrüsen. Auch 
die Wände des Kropfes sind stark chitinisirt und mittelst einer La- 
melle mit der Basis des Oberkiefers verbunden. Im Halstheile des 


532 
Kropfes liegen 5 Hornleisten, alle mit abwärts gerichteten Zähnchen 
besetzt, von ungleicher Grösse. Der bauchige Theil ist mit Chitin- 
feldern bekleidet. Zum Saugen ist dieser Bau nicht geeignet, viel- 
mehr zum Zerquetschen der geronnenen Blutkugeln. Dem Kropfe 
folgt die fadendünne Speiseröhre, die sich vorn im Abdomen zum Ma- 
gen erweitert. Dieser bildet mit dem Darm einen Schlauch bis zu 
den Malpighischen Gefässen, hat viele unregelmässige Ausbuchtungen, 
ist sehr dehnbar, wobei sich die Einschnürungen ausfüllen. Die Wan- 
dung ist nicht eigenthümlich. Der ganze Magendarm macht während 
des Saugens peristaltische Bewegungen, das aufgenommene Blut zer- 
fällt in ihm und bildet eine schwarzbraune schmierige Masse mit vie- 
len dunkelbraunen Pigmentkörnchen. Diese Masse verweilt Monate 
lang im Magen und die Wanze zehrt ein ganzes Jahr davon. Der 
Dickdarm ist sehr kurz, weit, birnförmig, hat im Inneren keine Ver- 
dauungszellen, sondern zarte strukturlose Längsfalten, keine Drüsen. 
Die 4 Malpighischen Gefässe sind lang, enden blind, bestehen aus 
einer Tunica propria und einer innern einfachen Lage von Sekre- 
tionszellen mit körnigem Inhalt. Der ganze Darmkanal hat kaum 
doppelte Körperlänge. Eigenthümlich sind die Speicheldrüsen. Die 
grosse jederseits ist ei- oder birnförmig, gelbgrün, innen mit pflaster- 
förmigen Sekretionszellen erfüllt, mit sich spaltendem Ausführungs- 
gange, deren einer Ast an der Basis der Kiefer mündet, der andre 
nach starker Biegung in den Magen führt. Beide grosse Speichel- 
- drüsen liegen nahe dem Magen und werden durch ein im Kopfe be- 
festigtes Band gehalten. Die kleine Speicheldrüse jederseits ist ku- 
gelig, wasserhell, von derselben Struktur und ihr Ausführungsgang 
mündet in den Kropf. Die beiden schlauchförmigen Speicheldrüsen 
sind lang, gebogen und münden gleichfalls in den Kropf. Endlich 
liegt ein verästeltes Speichelgefäss auf dem Speiserohr und mündet 
in dasselbe. Während des Saugens wird ein Theil des Speichels in 
die Wunde ergossen und veranlasst die Quaddeln. Wie alle Heterop- 
teren besitzt auch die Bettwanze einen Stinkapparat. Derselbe öff- 
net sich unter dem Rande des abgerundeten Fortsatzes, der vom Me- 
sothorax zwischen die Hinterbeine sich schiebt. Der schwer zu prä- 
parirende Apparat besteht aus der Drüse, der Blase und dem Aus- 
führungsgange. Die Drüse ist nierenförmig, von zarter Haut umhüllt, 
innen aus Zellen gebildet, diese birnförmig, mit dem spitzen offenen 
Ende dem innern Hohlraum zugewendet, mit Oel erfüllt das in den 
Hohlraum abfliesst und von da in die Stinkblasen. Diese sind zwei 
gleichgrosse Säcke, die unten zusammentreten, ungemein dünnhäutig, 
mit Oel gefüllt prall, leer aber stark runzelig. Sie liegen oberhalb 
des Nervensystems und erhalten starke Nervenfäden. Ihr gemein- 
schaftlicher Ausführungsgang liegt zwischen den Beinen im Mesotho- 
rax, und ist stark chitinisirt. Muskeln fehlen am ganzen Apparate 
und geschieht die Entleerung wahrscheinlich durch die Elastieität der 
Wände und durch den Druck der Beinmuskeln. Das Produkt ist ein 
wasserhelles Oel, das allein den Gestank verbreitet, ist scharf und 


533 


flüchtig, reizt die Conjunctiva der Augen heftig, reagirt stark sauer 
wie bei andern Wanzen. — (Zeitschr. f. wiss. Zoologie XVIll. 206— 
— 223. Tf. 11. 12). 

Leydig, über die Schleichenlurche. — Die Gattung 
der Blindwühle oder Schleichenlurche führte Linne 1748 unter dem 
Namen Coecilia in das System ein jedoch nur mit einer nicht sicher 
mehr deutbaren surinamschen Art, erst im Anfange d. Jahrhdts wurde 
ihre nahe Verwandtschaft zu den Batrachiern ermittelt, durch Joh. 
Müller 1831 ihre Metamorphose, für welehe Peters einen neuen Be- 
leg beibrachte. Verf. untersuchte C. lumbricoidea und annulata und 
theilt folgendes darüber mit. Die äussere Haut stimmt mit der der 
ächten Batrachier überein. Eine deutliche Cuticula überdeckt die äus- 
serste Zellenlage, in dieser bleibt der Zellkern deutlich, aber die 
Zellen selbst sind in den obern Lagen gross und polygonal, in den 
untern sehr klein. Diese Epidermis ist von Drüsenöffnungen durch- 
bohrt, die zwischen je 2 Zellen liegen und in die eine schraubige 
Leiste hinabsetzt. Die Drüsen sind kleine, grosse und ganz grosse 
in die Lederhaut eingebettet. Die Schuppen sind liniengrosse schwach 
schüsselförmige Plättchen mit Centrum und gekerbtem oder einge- 
schnittenem Rande, bestehen aus einer untern Bindegewebsschicht 
und darüber concentrisch geordneten glitzernden Körperchen, Kalk- 
konkretionen. Die wenig entwickelten Augen haben dennoch alle 
Theile des Wirbelthierauges, eine Bindegewebige Sklerotika, eine 
pigmentirte Choroidea, eine Retina mit deutlicher Stäbchenschicht und 
eine Linse. Die durchsichtige Cornea hat ganz die Struktur der 
Körperhaut, die Linse wie der Augapfel sind kugelig, letzter besitzt 
vier Muskeln und eine grosse Hardersche Drüse. Bei Coecilia annu- 
lata sind die schwärzlichen Augen wie es scheint ohne Linse. An 
. der sogenannten falschen Nasenöffnung fehlen bei C. annulata die 
Hautdrüsen, in ihr steckt eine kolbige Papille und zwei sich öffnende, 
im Grund schlingenartig verbundene Röhrchen. Wagler hält diesen 
Porus für einen Thränenhöhlenapparat, Verf. für ein Analogon der 
Kopfgruben bei den Schlangen. Nerven fehlen, daher eine Deutung 
auf Sinnesorgane nicht gestattet ist. — (Zeitschr. f. wiss. Zoologie 
Xvı1l. 275—300. Tfl. 19. 20). 

W. Keferstein, neue und seltene Batrachier aus 
Australien und dem tropischen Amerika. — Verf. verbreitet 
sich über folgende Arten: Limnodynastes Peroni DB von Sydney 
mit den Varietäten tasmaniensis Gthr, rugulosus, Kreffihi Gthr, Pla- 
typlectrum marmoratum Gthr Neusüdwales, Pl. ornatum Gray Austra- 
lien, Pl. superciliare n. sp. ebda, Crinia georgiana Bibr Sydney, mit 
Var. laevipes und varia Pet, Uperoleia marmorata Gray und var. lae- 
vigata von Sydney, Atelopus varius Costarica, Hypopachus n. gen. 
steht Engystoma sehr nah, mit H. Seebachi n. sp. Costarica, Bufo 
sternosignatus Gthr ebda, B. haematiticus Cope ebda, Phyllobates 
melanorhinus Berth Neugranada, Hyla Freycineti DB Australien mit 
var. verruculata und unicolor, H. mystacina n. sp. Australien, H. Mo- 


534 


reletti Dum Vera Paz und Costarica, H. Kreffti Gthr Sydney, H. ru- 
bellaGray Neusüdwales, Chirodryas n. gen. mit Ch. raniformis Ausira- 
lien, Dendrobates tinctorius Popayan, D. typographus n. sp. Costa- 
rica, Siphonops Kaupi Berth Angostira. — (Göfttinger Nachrichten 1867. 
Nr. 18. S. 341— 361.) 

A. Strauch, herpetologische Untersuchungen. — In 
dem Bulletin der Petersburger Akademie vom Oktober 1867 bis Mai 
1868 veröffentlicht Verf. Untersuchungen über verschiedene Saurier 
Echsen und Schlangen, deren Inhalt wir in Kürze berichten. 1. Die 
Arten der Gattung Ablepharis Fitz. Diese fünfzehige Scinkoi- 
dengattung wurde auf Scincus pannonicus begründet, zu welcher dann 
Wiegmann 2 Arten als Subgenus Cryptoblepharis hinzufügte. Dume- 
ril und Bibron vereinigten beide und sondern die Artenin solche mit 
durch ein Interparietale getrennten Frontoparietalschildern und solche 
statt deren mit einem grossen rhombischen Schilde, während Fitzin- 
ger und Gray beide Gattungen aufrecht erhalten, erstrer erhebt sie 
sogar zu zwei Familien, indem er Cryptoblepharis in Microblepharis 
auflöst. Die dritte fünfzehige Gattung hat Gray auf eine australische 
Art errichtet, als Moretia unterschieden von Cryptoblepharus nur 
durch den Besitz von kleinen Supranasal- und Nasofrenalschildern. 
Die Unhaltbarkeit der Gattung Cryptoblepharis ist durch den süd- 
afrikanischen Cr. Walbergi ausser Zweifel gebracht und die Moretia 
beruht auf zu geringfügigen Eigenthümlichkeiten, um beibehalten wer- 
den zu können, Verf. vereinigt daher sämmtliche ophiophthalme Sein- 
koiden mit vier fünfzehigen Gliedmassen wieder unter Ablepharus. 
Zu den 4 Arten der grossen Herpetologie sind 4 neue hinzugefügt, 
davon jedoch Cr. eximius Gir. blosse Varietät von A. Boutoni Desj. 
ist, zu den 7 bringt Verf. hier noch 2 neue und giebt folgenden Cla- 
vis derselben. Das Frontoparietalschild ist I doppelt. Das Interpa- . 
rietalschild A ist vorhanden. Das Palpebralrudiment bildet 1. eine 
Halbirung bei A. pannonicus in Ungarn. 2. Einen vollständigen mit 
Kornschuppen bedeckten Ring. Dieser zeigt «. in seinem obern 
Theile drei grosse flache Schuppen bei A. bivitiatus Mentr am Kau- 
kasus und Persien; £. nur eine einzige sehr grosse flache Schuppe 
bei A. deserti n. sp. in den aralokaspischen Steppen. B. Das Inter- 
parietaslchild fehlt bei A. nigropunctaius Hall auf den Bonininseln II. 
Das Frontoparietalschild ist einfach und dann das Interparietalschild 
a. vorhanden und von den Frontalparietalen getrennt, das ringför- 
mige Palpebralrudiment 1. überall mit gleichartigen Kornschuppen 
bekleidet bei A. Walbergi in Südafrika und 2, im obern Theile mit 
2 grössern flachen Schuppen bei A. Brandti n. sp. in der Bucharei. 
b. Das Interparietale ist mit dem Frontoparietale in ein grosses rhom- 
bisches Schild verschmolzen. Supranasalschilder «. fehlen und das 
kreisförmige Palpebralrudiment hat 1. im obern Theil die grossen flachen 
Schuppen bei A. Boutoni Desj. fast durch den ganzen Tropengürtel 
verbreitet; 2. überall gleichartige Körnerschuppen bei A. linesocella- 


539 


tus DB in Neuholland. ß. Die Supranasalia paarig vorhanden bei A. 
anomalus Gray in Neuholland. 

2. Veber die Eidechsengattung Scapteira Fitz. Die- 
selbe gehört zu den cölodonten Lacertinen und zwar zu den Pristi- 
daktylen. In ihrer Organisation stimmt sie vollkommen mit Eremias 
überein, unterschieden nur durch ihre breiten flachen, randlich ge- 
franzten Zehen. Die einzige Art Sc. grammica (Lichtst) ist neuer- 
lichst durch eine westafrikanische Sc. reticulata vermehrt, deren Ze- 
hen jedoch nicht flachgedrückt sind und das ist auch derFall bei der 
in der Petersburger Sammlung befindlichen Sc. cuneirostris n. sp. 
Die Erweiterung und Abflachung der Zehen ist hier also kein Gat- 
tungscharakter mehr. Nun kennt Verf. noch eine Sc. scripta aus der 
aralokaspischen Steppe, welche deutlich gekielte Schuppen an der 
Unterseite der Zehen wie Eremias hat, aber die rundlich gefranzten 
Zehen von Scapteira. Daher schlägt Verf. mit Recht vor beide Gat- 
tungen unter dem alten Waglerschen Namen Podarces zu vereinigen. 
Für die Pristidactylien giebt er dann folgenden Clavis: das Nasenloch 
liegt I. in einem einzigen Schilde: Psammodromus Fitz oder II zwi- 
schen mehren und gerade A. zwischen 2 Nasorostralien und die Augen- 
lieder 1. fehlen bei Opbiops Menetr, 2 sind vorhanden bei Cabrita 
Gray. B. zwischen drei Schildern und das Halsband a. fehlt. Schen- 
kelporen vorhanden bei Ichnotropus Pet, fehlend bei Pachyrhynchus 
Barb. Das Halsband ist b. vorhanden und ein Nasofrenale bei Acan- 
thodactylus Fitz oder deren zwei bei Podarces Wagl. Die 4 Arten 
der letztern werden im Einzelnen beschrieben. 

3. Ueber Eichwalds Tomyris oxiana vom Ostufer des 
Kaspischen Meeres war leider so ungenügend beschrieben, dass sie 
keine Beachtung gefunden. Die Gattung fällt mit Naja zusammen, 
wie speciell nachgewiesen wird. Die Stellung jener Art giebt fol- 
gender Clavis an: Supralabalia jederseits a. sieben, nur 1 Praeo- 
culare; das sechste Supralabiale 1. niedriger als das fünfte und yon 
dem Postoculare durch das erste Temporale getrennt. Die Schläfen- 
gegend mit «. 4—5 fast gleichen Schildern bei N. tripudians, $ vorn 
mit 2 über einander liegenden grössern Temporalien, welche an die 
Postocularia gränzen bei N. oxiana — 2. Das sechste Supralabiale 
höher als das fünfte, berührt die Postocularia bei N. haje und rega- 
lis. — 2. Supralabialia nur 6, jederseits 2 Praeocularia bei N. nigri- 
collis. Die Eichwaldsche Art wird sehr ausführlich beschrieben. 

4. VUeberAdansons Crocodile noir gegenGray Diese 
Art hat Verf. als Cr. cataphractus Cuv. identisch nachgewiesen und 
Grays Ansicht, dass sie Cr. frontatus Merr. als irrthümlich darge- 
stellt. Gray erklärt sich dagegen ohne Beweise beizubringen. Verf. 
weist von Neuem und überzeugend den Irrthum Grays nach und ge- 
steht dieser durch sein absprechendes Urtheil über Strauchs Croko- 
dil-Abhandlung nur, dass er dieselbe wie gewöhnlich deutsche Arbei- 
ten gar nicht gelesen hat, 

W. Peters, Verbindung des Os tympanicum mit dem 


536 


Unterkiefer bei Beutelthieren. — Das Quadratbein ist‘ bei 
Vögeln, Sauriern und Schlangen beweglich am’ Schädel eingelenkt, 
bei Krokodilen, Schildkröten und Batrachiern durch Nähte verbunden. 
Im ersten Falle kann es zur Bildung der Trommelhöhle und zur Be- 
festigung des Trommelfells beitragen, im andern trägt es stets dazu 
bei. Es kann in Verbindung treten mit verschiedenen Theilen des 
Schläfenbeines, mit dem Os pterygoideum, sphenoideum und den Oc- 
eipitalien. Von allen diesen Verbindungen ist nur die mit dem Schlä- 
fenbein constant und zwar mit der Squama temporalis, alle andern 
können fehlen. Wie es sich bei den Säugethieren nachweisen lässt, 
darüber sind sehr verschiedene Ansichten geäussert. Herissant findet 
es im absteigenden Ast des Unterkiefers, Tiedemann, Köstlin u.a. be- 
trachten es alseinen von der Schläfenschuppe abgelösten Theil, Geof- 
froy deutet das Ostympanicum mit dem proc. styloideus als entspre- 
chend, Oken, Cuvier, Meckel, Owen u. A. nehmen es als Os tympa- 
nicum, Reichert, Huxley u. a. erkennen den Ambos als Quadratbein. 
Verf. nahm seither das os tympanicum als Analogon wegen der ähn- 
lichen Lage, der Beziehungen zum Trommelfell und zur Trommel- 
höhle und der Verbindung mit dem Keilbein. Das nicht der Ambos 
das Analogon sein kann, beweisen schon die Schnabelthiere, denen 
derselbe fehlt. Bei einem jungen Halmaturus Bennetti bildet das Os 
tympanicum einen oben und hinten durchbrochenen Ring ähnlich wie 
im ausgebildeten Zustande bei den Schnabelthieren. Der vordre stär- 
kere Theil dieses Ringes theilt sich oben gabelförmig und umfasst 
den Meckelschen Fortsatz von aussen und hinten, während er unten 
mit einer Convexität sich genau an die innere Seite des aufsteigen- 
den Theiles und mit einer glatten gelenkartigen Fläche in die obre 
concave Fläche des nach innen gebogenen Unterkieferwinkels hinein 
legt. Ganz ähnlich verhalten sich alie Didelphys aurita, nur ist bei 
ihnen das os tympanicum bereits durch eine dünne Schicht Bindge- 
webe von dem Unterkieferwinkel getrennt. Hieraus erklärt sich zu- 
gleich die eigenthümlich charakteristische Bildung des Unterkiefer- 
winkels bei denandern Säugethieren, dessen nach innen vorspringen- 
der Theil als vorübergehender Gelenkfortsatz dem bleibenden innern 
Gelenkfortsatz der Vögel entspricht. Es ist wahrscheinlich, dass der 
Hammer bei den Vögeln mit zu der Bildung des Quadratbeines beiträgt, 
da bei ihnen sich noch eine zweite äussere Gelenkgrube am Unter- 
kiefer findet, dessen entsprechender Theil den Beutelthieren fehlt. 
Das wird bei den Schnabelthieren Aufklärung finden. — (Berliner 
Monatsberichte 1867. Novbr. 725 — 729.) 


l 


Correspondenzblatt 


des 


Naturwissenschaftlichen Vereines 


für die 


Provinz Sachsen und Thüringen 


Halle. 


_— 


1868. 


Juni. 


N? VI. 


Siebenundzwanzigste Generalversammlung. 
Aschersleben am 2. u. 3. Juni. 
Die Versammlung wurde in dem grossen Saale des Pfeifferschen 


Kaffeegartens gehalten, 


welchen der Gartenbauverein in warmer 


Theilnahme für die Bestrebungen unseres Vereines reich und pracht- 


voll 


mit Pflanzen dekorirt hatte. 


Ausser diesem Verein bethei- 


ligte sich auch der Gewerbeverein, wodurch diese Versammlung eine 


ganz besonders 


zahlreich besuchte wurde. 


Von den Anwesenden 


zeichneten folgende Herren ihre Namen ein: 


Taschenberg, Dr., Halle. 
v. Röder, Hoym. 
G. Schubring, Candidat, Halle. 
H. Mehne, Gärtner, Aschersleben. 
F.C. Mehne jun., Gärtner, Aschslb. 
W. Preuss, Gärtner, Aschersleben. 
C. Bönicke, Cant., Gr. Schierstedt. 
Ad. Schmidt, Pastor, Aschersleben. 
C. Giebel, Professor, Halle. 
Dr. Zimmer, Reallehrer, Gera. 
Lindau, Lehrer, Schwanebeck. 
Bertram, Lehrer, Aschersleben. 
Hampel, Lehrer, Neustadt-Magdeb. 
Stolze I., Gärtner, Aschersleben. 
Stolze II., Gärtner, Aschersleben. 
C. Bratsike, Tuchmacher, Aschslb. 
H. Schaeffer, Professor, Jena. 
H. Just, Gärtner, Aschersleben. 
A.Klaff, Bauaufseher, Aschersleb. 
Ba. XXXI, 1868 


L.Lichtenstein, Chem., Gröbzig. 
Pasel, Chemiker, Gröbers. 

R. Mohs, Dr. ph., Köthen. 
Polikeit, Journalist, Magdeburg. 
F. Bennwitz, Gasdirekt. Aschslb. 
Dr. R. Teuchert, Chemiker, Halle. 
Wilh. Keentze, Aschersleben. 
Carl Hoffmann, Aschersleben. 
W.Brückner, Gärtn., Aschersleben. 
L. Baumann, Aschersleben. 
Krafft, Lehrer, Aschersleben. 

Fr. Heun, Fabrikant, Dürrenberg, 
Jäger, Lehrer, Aschersleben. 
Wegener, Lehrer, Aschersleben. 
Walth. Schmidt, Studiosus Halle. 
Joh. Schmidt, Ingenieur, Aschslb. 
C. Reinwarth, Dr. phil., Stassfurt. 
F.O.Buschow, Fbrk.-Ispetr. ebda. 
Glaeser, Lehrer, Aschersleben. 


36 


538 


Helling, Lehrer, ebda. 

Mette, Bergmeister, Bernburg. 
Cnoth, Glasermstr. Aschersleben. 
F. Wagner, Lehrer, ebda. 

Dr. Schreiber, Oblehr., Magdebg. 
Kramer, Lehrer, Aschersleben. 
Völker, Rector, ebda. 

Strauch, ebda. 

Hänigen, ebda. 

Gaeetloff, Gärtner, ebda. 
Douglas, Fabrikbesitz., Stassfurt. 
Witte, Lehrer, Aschersleben. 
Schmidt, Architekt, ebda. 

Bhugo, Fabrikdirigent, Stassfurt. 
Trippenbach, Lehrer, Aschersleb. 
Jacobs, Lehrer, ebda. 
Schlichting, Lehrer, ebda, 
Borrmann, Kämmerer, ebda. 
Neufeld, Fabrikant, ebda. 

C. Guischard, ebda. 

Marschner, Schuldirektor, Halle. 
Drenckmann, Dr., Halle. 

Rob. De. Baur, Kirschner, Aschslb. 
Julius Sixtus, Kaufmann, ebda, 


Otto Liebrecht, Goldarbeit., ebda, _ 


Ernst Kostum, Lehrer, ebda. 
Ferd. Kaiser, Gärtner, Eisleben. 
Emil Kaiser, Gärtner, ebda. 
Chr Nauendorff, Lehrer, Aschrslb. 
HA. Temme, Lehrer ebda. 
K. Herrmann, Lehr.,G. Ottersleben. 
G. Schmidt, Actuar, Calbe a/S. 
B. Eisenstaedt, Kaufm., Aschrslb. 
F. Trautewein, Stadtrath, ebda. 
Müller, Buchhalter, ebda. 
Christian Schmidt, Gärtner, ebda. 
Wilhelm Stange, Oeconom, ebda. 
Herm. Borchert, Gärtner, ebda. 
Vincent Robert, Stadtgärtn., ebda. 
E.Ferchland, Hlzhdl.u.Oec.,Gerb- 
stedt. 
Fr. W.Quasthoff, Gärtner, Aschslb. 
Georg Quasthoff, Gärtner, Treuen- 
Östpriez. 
Christ. Schmidt, Gärtner, Aschraslb. 
Adolph Dippe, Gärtner, ebda. 
Gottl. Braune jun., Gärtner, ebda. 


Gustav Klinge, Oeconom, ebda. 
Carl Preusse, Gärtner, ebda. 
David Grabe, Gärtner, ebda. 
C. Brose, Gärtner, ebda. 
Albert Just, Gärtner, ebda. 
David Fränckel, Kaufmann, ebda. 
Carl Gottschalk, Oeconom, ebda. 
Julius Palm, Oeconom, ebda. 
August Beyse, Oeconom, ebda. 
Aug. W. Quasthoff, Gärtner, ebda. 
Friedr. Klinge, Oeconom, ebda, 
Emil Palm, Gärtner, ebda. 
G. Klaus, Agent, ebda. 
H. Quasthoff, Gärtner, ebda. 
Wilh. Gerhard, Lehrer, ebda. 
Carl Quasthoff, Gärtner, ebda. 
Al. Fest, Buchbinder u. Galanterie- 
waarenhdlr., ebda. 
C. Herrmann, Landwirth, Gr, 
Schierstedt. 
H. Struve, Müller, ebda. 
E. Wiegmann, Schumach., Aschslb. 
Mathias Just, Gärtner, ebda. 
Georg Krüger, Apotheker, ebda. 
Valentin Mehl, Gärtner, ebda. 
Aug. Borchert, Gärtner, ebda. 
Gustav Knibbe, Müller, ebda. 
Herm. Fahrenbach, Messerschmidt, 
ebda. 
B. Schwarzenauer, Obersteiger, 
Lattdorf. 
Aug. Wiedig, Oeconom, Aschrslb. 
Oscar Cordel, Chemiker, ebda. 
Curt Weigelt, Chemiker, Leipzig. 
Thoermer, Pastor, Aschersleben. 
A. Heidemann, Virtuose, Berlin. 
Dr. Suhle, Professor, Bernburg. 
Suhle, Inspector, Weimar. 
Gottfr. Quastloff, Gärtn., Aschrslb. 
Andr. Schulze, Gärtner, ebda. _ 
Christ. Wilh. Just, Gärtner, ebda. 
W. Müller, Bäcker, ebda. 
de Bary, Professor, Halle. 
E. Nattrothb, Particulier, Aschrslb. 
Wilh. Feldheim, Kaufmann, ebda. 
PaulRudolph, Kaufmann, Stassfurt. 
Chr. Quasthoff, Gärtn. Aschrslb. 


539 


G. Göschke, Gärtner, Cöthen. E. Wacker, Maler, Aschersleben. 
Kuntze, Musikmstr., Aschersleben. Ziege, Diakonus, ebda, 

C. Brose, Gärtner, ebda. Ziege, Candidat, ebda. 

Klutb, Rendant, Prynitz. Ziege, Schüler, Eisleben. 

Dr. Gründler, Aschersleben. Dr. Brasack, Lehrer, Magdeburg. 
Boening, Friseur, ebda. Henzen, Kaufmann, Aschersleben. 
Foersterling, Conditor, ebda. Tuch, Doctor, ebda. 

Koch, Kunstgärtner, Halle. Münter, Lehrer, Halberstadt. 
Kühne, Inspector, Aschersleben. W, Hentrich, ebda. 

Dr. Keber, Oberlehrer, ebda. M. Guischard, cand. theol., ebda. 


Die erste Sitzung eröffnet der Geschäftsführer Hr. A. Schmidt 
mit einer kurzen Begrüssung der zahlreichen fremden Mitglieder und 
Gäste und mit dem Hinweis, dass die Wissenschaft dem Leben wie 
das Blut dem Körper die Nahrungsstoffe Erkenntniss zuführt, welche 
dieses in der manichfaltigsten Weise zu benutzen und zu verwerthen 
im Stande ist, beide daher, Wissenschaft und Leben im innigsten 
Zusammenhange stehen, beide auch in die heutige Versammlung ihre 
Vertreter zu gemeinschaftlicher Thätigkeit gestellt haben. 


Nachdem die HH. Witte und Schubring zu Schriftführern 
ernannt waren, erstattete Herr Giebel den Bericht des Vorstandes 
über das Vereinsjahr 1867. 


Die wissenschaftliche Thätigkeit des Vereines in den wöchent- 
lichen Sitzungen in Halle wie in den beiden Generalversammlungen 
in Weimar und Schönebeck war dieselbe reich belehrende, fördernde 
und anregende, welche der Verein seit seinem nunmehr zwanzigjäh- 
rigen Bestehen ununterbrochen und mit allgemeiner Befriedigung ge- 
pflegt hat. Die Vereinszeitschrift, bestimmt die Resultate unserer 
Thätigkeit allen Mitgliedern regelmässig und schnell zugleich mit den 
Fortschritten auf allen Gebieten unserer Forschung mitzutheilen hat 
ihren 29. und 30. Band vollendet, wogegen die Publikation der gros- 
sen monographischen Abhandlungen bei den immer noch nicht wieder 
steigenden Einnahmen des Vereines leider auch noch nicht wieder 
aufgenommen werden konnte. Der Stand der Mitglieder hat sich 
seit. der letzten Generalversammlung nicht wesentlich geändert, in- 
dem 14 wirkliche ausschieden und 15 neu aufgenommen wurden, die 
Zahl also gegenwärtig auf 245 steht. Die Zahl der correspondiren- 
den Mitglieder wurde von der Versammlung in Weimar um 2 erhöht 
und beträgt nunmehr 34. — Der Verkehr mit den verwandten wissen- 
schaftlichen Instituten und Vereinen ist nicht blos ungestört fortge- 
führt, sondern wiederum durch neue Anknüpfungen erweitert worden. 
Die reichen und werthvollen Vermehrungen, welche dadurch und durch 
einzelne Geschenkgeber der Vereins-Bibliothek zugegangen sind, 
wurden im Correspondenzblatt der Vereinszeitschrift bekaant gegeben. 


Die finanziellen Verhältnisse des Vereines erhielten sich ziem- 
lich unverändert aus den letzten Jahren. Es betrug nämlich 
36 * 


540. 


die Gesammt-Einnahme 444 Thlr. — Sgr. 

die Gesammt-Ausgabe ag; nr, 10984.) 
wonach also das aus dem Jahre 1866 übernommene Defieit nur um 
4 Thaler sich ermässigt hat. In der Einnahme stellen sich die Bei- 
tragsreste niedriger als im vorigen Jahre und auch die Ausfälle durch 
dieselben sind geringer. Dagegen ist die Position der besonderen 
Einnahmen aus dem Verkauf der früheren Jahrgänge der Zeitschrift 
an neu eintretende Mitglieder diesmal mit nur 10 Thaler aufgeführt. 
Allen Mitgliedern, welchen einzelne oder mehre Jahrgänge unserer 
Zeitschrift fehlen, stehen dieselben zum halben Jahresbeitrage also 
der Band zu 15 Groschen zu Gebote, nur fehlt auf dem Vereinslager 
Band 9 und 11., welche bei der Complettirung der ganzen Reihe vom 
Verleger zu beziehen sind. 

Die Belege zu dem Kassenberichte wurden übergeben und die 
HHrn. Witte und Zimmer mit der Prüfung derselben und Bericht- 
erstattung in der morgenden Sitzung beauftragt. 

Da andere geschäftliche Angelegenheiten nicht zur Berathung 
vorlagen: so wurde zu den wissenschaftlichen Verhandlungen ge- 
schritten. Herr Witte eröffnet dieselben mit einem längeren Vor- 
trage über die sichere Bestimmung der mittleren Tagestemperatur 
und den Gang der Tageswärme oder die tägliche Fluctuation der 
Wärme. Nur aus genauen stündlichen Beobachtungen, wie solche 
an mehreren Orten längere Zeit angestellt worden sind, lässt sich 
das tägliche Mittel mit Sicherheit bestimmen, und nur aus ihnen die 
zutreffende Formel für den Gang der Tageswärme herleiten. Stellt 
man — wie bisher gebräuchlich — die Beobachtungen in einer Längs- 
fläche mittelst Ordinaten dar, so ergiebt die Verbindung der Enden 
zwei Parabeln, aus deren Berechnung die Formeln für die einzelnen 
Tagesstunden entnommen sind; stellt man sie aber in eine Kreisfläche 
mit concentrischen Kreisen, deren Mittelpunkt mit — 40° B. bezeich- 
net ist, mittelst Radien dar, so liegen die Endpunkte der letztern in 
einem Kreise. Der Radius desselben giebt dann die mittlere Ta- 
gestemperatur an, und der Abstand des Centrums dieses Tages- 
kreises vom Centrum der Gradkreise ist dann das den täglichen 
Wärmegang bestimmende Element. So ist es möglich, aus 3 (ja 
aus 2) Beobachtungen zu beliebigen Tagesstunden beides (das Mittel 
und den Gang der täglichen Wärme) durch eine leichte Zeichnung zu 
bestimmen. Bei der üblichen Berechnung des Mittels aus 3 täglichen 
Beobachtungen (etwa 1 Uhr Mittags, 10 Uhr Abends und 7 Uhr Mor- 
gens) ist es durchaus erforderlich, dass die Morgenstunde nach den 
Monaten geändert wird, so dass im Juni und Juli 6!/, Uhr, im Ja- 
nuar und Februar 8 Uhr genommen wird. 

Wie nach den stündlichen Beobachtungen gefertigte bildliche 
Darstellungen ergeben, hält die tägliche Wärme nicht immer (beson- 
ders nicht an heitern Tagen) den Kreisgang inne, sondern sie sinkt 
um die Zeit des Sonnenaufgangs und des Sonnenunterganges. Das 
ist die sogenannte Morgenkühle und Abendkühle, welche bis 


541 


heute noch nicht völlig erklärt sind, die sich aber bei dieser Art der 
Darstellung nicht bloss als vorhanden vermuthen, sondern auch in 
ihrer Grösse bestimmen lassen. Sie erniedrigen die Tagestemperatur 
an allen Orten um 09,36 C. 

Die in den Gegenden um die Kältepole zuweilen einfallende 
Kälte unter — 40° C. scheint der Morgenkühle völlig analog zu sein. 

Wie die jährliche mittlere Temperatur eines Ortes und die 
jährliche Fluctuation der Wärme daselbst als abhängig von 
seiner geographischen Lage zu betrachten ist (Zeitschrift Band III 
S. 31 und Band IV S. 23), so ebenfalls die tägliche Fluctuation 
der Wärme, indem sich für verschiedene Oerter die mittlern Ab- 
stände der Centren der Tageskreise und der Gradkreise 
umgehrt zu einander verhalten wie die Breiten dieser 
Oerter. Auch für die Centrumsabstände im heissesten und kältesten 
Monat findet man ähnliche einfache Gesetze. Von 340,4 bis 669,5 der 
Breite, ja bis 75° und weiter hinauf, kann man für die Oerter das 
Mittel und den Gang der täglichen Wärme in dieser Weise bestimmen 
und berechnen, und die möglichen Fehler sind nicht grösser, als sie 
nach den üblichen complieirien Formeln, deren Coefficienten durch 
Beobachtungen gewonnen werden müssen, sich ergeben. Zudem sind 
diese Coeficienten sämmtlich vielfaches der nach obigen Gesetzen sich 
darstellenden Grössen, — 

Herr Giebel sprach über das Wachsthum der menschlichen 
Nägel. Während nach den frühern vielfachen Beobachtungen das 
Wachsthum der Nägel nach Zeit und Reihenfolge der Finger sich 
als ein ganz unregelmässiges, nur individuell verschiedenes ergeben 
hatte, stellte Berthold im J. 1850 ein strenges Gesetz für dasselbe 
auf. Nach ihm wachsen die Nägel in der Jugend schneller als im 
Alter, an der rechten Hand schneller als an der linken, im Winter 
langsamer als im Sommer und je nach der Länge der Finger in der 
Weise, dass der Nagel des Mittelfingers als des längsten am schnell- 
sten, der des Daumens als des kürzesten Fingers am langsamsten 
wächst, und dass die Regeneration der Nägel etwa vier Monate be- 
anspruche. Beobachtungen an den eigenen Nägeln gleichzeitig mit 
den von Hrn. Schubring angestellten haben jedoch ergeben, dass 
die Bertholdschen Gesetze nicht im ganzen Umfange gültig sind, dass 
sowohl die Reihenfolge der Finger wie die Daner der Regeneration 
von individuellen Einflüssen bedingt ist. Die Zahlenbelege wurden 
im Einzelnen mitgetheilt und ihre Veröffentlichung in der Zeitschrift 
in Aussicht gestellt, sobald die Beobachtungszeit abgeschlossen sein 
wird. 

Hr. A. Schmidt legt die bis jetzt erschienenen Sektionen der 
von Ewald bearbeiteten geognostischen Karte des Magdeburg- Hal- 
berstädtischen Gebietes vor, macht auf deren vortreffliche Ausführung, 
gründliche Bearbeitung und hohe Wichtigkeit für unsere Gegend auf- 
merksam und verbreitet sich dann noch unter Vorlegung von Hand- 
stücken und mikroskopischen Präparaten über den zwischen Pabstdorf 


542 


ünd Eisdorf auftretenden weissen sehr feinkörnigen Sandstein, der 
sehr reich an höchst eigenthümlichen mikroskopischen Gebilden ist. 
Die wahre Natur dieser Einschlüsse, ob blos krystallinische oder ve- 
getabilische oder mineralische Gebilde hat sich trotz ihrer bestimmt 
ausgeprägten Formen noch nicht ermitteln lassen. Redner hofft, dass 
bei fortgesetzten Untersuchungen dieselben einigen Anhalt zur Ent- 
scheidung der Frage, ob diese Sandsteine zum Keuper oder Lias zu 
verweisen seien, bringen werden. 

Darauf theilt Herr Brasack die überraschenden Versuche 
Schönbeins über eine eigenthümliche Wirkung der Blausäure mit. 
Dieselbe vermag nämlich organischen Substanzen die Fähigkeit zu 
nehmen, den Sauerstoff zu ozonisiren. Zerreibt man die Blätter, 
Stiele und Wurzeln von Leontodon taraxacum bei Luftzutritt mit 
Wasser, so kann letzteres dazu dienen alle eigenthümlichen Reactio- 
nen des Ozons zu zeigen, dass hier in der That Wirkungen des Ozons 
vorliegen erleidet keinen Zweifel, denn die Reactionen treten nicht 
ein, wenn bei jenem Zerkleinerungsprocess die atmosphärische Luft 
abgeschlossen wurde. Setzt man nun die Pflanzentheile vor dem Zer- 
kleinern nur ganz kurze Zeit den Dämpfen von Blausäure aus, so 
zeigt sich zwar äusserlich keine Spur einer Veränderung, sie verlie- 
ren aber die Fähigkeit fernerhin den Sauerstoff ozonisiren zu können. 
Da nach dem allmähligen Abdunsten der Blausäure an freier Luft die 
Pflanzentheile dieses Vermögen wieder erlangten, so ist hierin ein 
zweiter Beweis gegeben, dass die Pflanze keine chemische Zersetzung 
erlitt. In gleicher Weise äussert sich die Wirkung der Blausäure auf 
die Blutkörperchen, sie nimmt auch ihnen die Fähigkeit, den Sauer- 
stoff zu ozonisiren, und da nun der Sauerstoff von seiner oxydirenden 
Wirkung auf das Blut neueren Untersuchungen zufolge erst ozonisirt 
sein muss, so geht daraus hervor, dass der durch Blausäure so 
schnell bewirkte Tod im wesentlichen ein Erstiekungstod ist, was 
auch mit Preyers Untersuchungen sich sehr gut vereinbart. Endlich 
würde man aus diesen Versuchen folgern dürfen, dass ein mit Blau- 
säure vergiftetes Individuum bei nicht zu übermässiger Intoxication 
noch rettbar ist, wenn man die Respiration bei demselben eine Zeit 
lang künstlich unterhält, bis alle Blausäure aus dem Körper secer- 
nirt ist. 

Zur Erledigung der aus der Versammlung aufgestellten Fragen 
übergehend nimmt zur ersten derselben: „welche Wege giebt es, um 
zu erforschen, welche Nahrungsmittel unsere Kulturpflanzen zu ihrem 
Wachsthum nöthig haben?“ Hr. Weigelt das Wort: 

Wir können die Frage dahin verallgemeinern, dass wir von den 
„Culturpflanzen“‘ absehen und die Pflanzen im Allgemeinen im Auge 
behalten, da selbstverständlich das was für Culturpflanzen gilt, die 
übrige Pflanzennatur in gleichem Maasse betrifft und umgekehrt! 

Als die Chemie nach Vervollkommnung der chemischen Wage, 
durch den Ausbau der Trennungsmethoden der einzelnen Bestand- 
theile einer chemischen Verbindung bis zur sicheren quantitativen Be- 


543 


stimmung der Elemente vorgeschritten war, als man ferner zu der 
Einsicht gekommen war, dass die unorganischen Bestandtheile der 
Pflanzen — ihre Aschen — nicht zufällige, sondern wesentliche Glie- 
der des Pflanzenkörpers wären, glaubte man zur Klarheit über das 
was die Pflanze zu ihrer Ernährung an unorganischen Stoffen braucht 
dadurch zu kommen, dass man die Pflanzen verbrannte, ihre Aschen 
analysirte und die in den Aschen gefundenen Stoffe als für die Pflan- 
zenernährung wesentliche und nothwendige erklärte. Bei leidlicher 
Uebereinstimmung der Aschen selbst verschiedener Pflanzen in Be- 
zug auf die Körper, welche der Hauptsache nach die Aschen aus- 
machten, stellten sich jedoch wesentliche Verschiedenheiten in Bezug 
auf die in geringerem Maasse in den Pfianzen vorkommenden Stoffe 
ein, ja selbst die Hauptbestandtheile blieben je nach dem Ort und 
dem Boden, auf dem die Pflanzen gewachsen, prozentisch nicht con- 
stant. Da jedoch dieselbe Pflanze auf demselben Boden in ihrer 
Aschenanalyse genau dieselben Resultate ergab, da ferner dieselbe 
Pflanze auf wesentlich verschiedenem Boden bedeutend verschiedenere 
Zusammensetzung der Aschen, dennoch in ihrem äussern Habitus in 
Wachsthum und Gedeihen keine Verschiedenheiten zeigte, so musste 
entweder der Pflanzenkörper im Stande sein unwesentliche Stoffe — 
unwesentlich für sein Wachsthum und seine Ernährung — in sich auf- 
zunehmen oder er musste für einen für sein Wachsthum wesentlichen 
Körper, den ihm der Boden jedoch nicht in der genügenden Menge 
zu geben vermochte, einen anderen diesen vielleicht ähnlichen derart 
aufzunehmen vermögen, dass der letztere in der Pflanze den Stell- 
vertreter des vollständig fehlenden oder nur in unzureichendem Maasse 
vorhandenen zu spielen im Stande wäre. 

Bis auf diesen Punkt hatten uns die Aschenanalysen gefördert, 
gleichzeitig aber auch hatten sie den Beweis geliefert, dass wir mit 
ihrer Hülfe allein auf rein analytischem Wege nicht im Stande sein 
könnten, die Frage über die Ernährung der Pflanzen endgültig und 
exact zu entscheiden. Es trat nun die Frage an den Forscher heran, 
kann ich nicht auf dem synthetischen Wege, indem ich einem Boden 
successive nur die Stoffe gebe, über deren Nothwendigkeit und Un- 
entbehrlichkeit ich für die Ernährung der betreffenden Pflanze einen 
bestimmten Aufschluss wünsche, eine endgültige Bauart von der Pflanze 
erhalten ? 

Da jedoch jeder Ackerboden von vorn herein eine Anzahl von 
Stoffen wie Thon, Kieselsäure, Phosphorsäure, Kali, Kalk, Eisenoxyd 
etc. enthält: so liess sich selbstverständlich eine Antwort auf die Frage 
nach dem Einfluss resp. der Nothwendigkeit dieser Stoffe auf die 
Pflanzenernährung nicht erwarten. 

Um jedoch auch diese integrirenden Bestandtheile aller Acker- 
böden in das Bereich der wissenschaftlichen Betrachtungen ziehen zu 
können, versuchte man Pflanzen in Boden zu züchten, welchem diese 
Bestandtheile fehlten und benutzte man dazu Quarzsand, zerschnitte- 
nen Platindraht etc. Jetzt konnte man das Fehlende zusetzen und 


944 


bestimmte Fragen an die Pflanze stellen, ohne befürchten zu müssen 
eine trügerische Antwort zu erhalten. 

Angeregt endlich durch eine Arbeit, welche Dr. Jul. Sachs zum 
Zweck des Studiums der Wurzelstellung Ende der 50er Jahre veröf- 
fentlichte und bei welcher er sich der Wasserkultur bedient hatte, be- 
trat man die Methode der Wasserkulturen d. h. man liess zum Zweck 
der Beantwortung der Frage über die Pfianzenernährung Pflanzen in 
wässerigen Nährstofflösungen vegetiren. 

Die Methode der Wasserkulturen war an sich nicht neu, denn 
schon Du Hamel zog 1788 Pflanzen, die er zwischen feuchten Schwänm- 
men hatte ankeimen lassen, in Wasser (die bekannte Du Hamelsche 
Eiche war in 6 Jahren in filtrirtem Seinewasser 18° hoch geworden) 
Hassenfratz, de Saussure, Johnson und Andere stellten in später Zeit 
Wasserkulturen an, doch W. Knop hat das Verdienst, die Wasserkul- 
turen zum Zweck der Beantwortung der Frage über die Pflanzener- 
nährung in die Wissenschaft eingeführt zu haben; nach ihm haben 
Nobbe, Wolf und andere sich mit dieser Frage beschäftigt und auch 
neben Knop zum weitsren Ausbau der Methode beigetragen. 

Die ersten Wasserkuituren gaben höchst ungünstige Resultate, 
da die Nährstofflösungen zu konzentrirt angewendet wurden; 11/;—1/a 
pro Mille hat sich endlich nach langen umsichtigen Versuchen als die 
geeignete Concentration herausgestellt. — Noch ist die Frage, welche 
die Wasserkulturen vdeantworten sollen, nicht vollständig abgeschlos- 
sen, was sich aber bis jetzt als unzweifelhaft herausgestellt, ist: dass 
die Pflanzen Kali, Kalk, Magnesia, Eisenoxyd, Phosphorsäure, Schwe- 
felsäure und Sticksiolf in der Nährstofflösung absolut vorfinden müs- 
sen um leben zu können. Die Abwesenheit eines der genannten 
Stoffe bedingi rusches Absterben derselben. Chlor und Kieselsäure 
scheinen für die weisten Pflanzen förderlich, für keine absolut noth- 
wendig zu sein, och ist namentlich die Chlorfrage noch eine offene 
zu nennen. 

Mehrere andere Stoffe scheinen für gewisse Pflanzen, wenn nicht 
absolut nothwendig so doch nützlich wirken zu können. Eine Ver- 
tretbarkeit des Kalks, der Magnesia und des Eisenoxyds durch andere 
ähnliche Körper hat sich nicht ergeben, ebensowenig für Schwefel- 
säure und Phosphorsäure, während das Kali sich zwar bei den Land- 
pflanzen im Allgemeinen nicht, wohl aber bei Seepflanzen und eini- 
gen wenigen andern wahrscheinlich ganz oder theilweise durch Natron 
ersetzen lässt, nicht durch die Salze der übrigen Alkalien. 

Es hat sich ferner herausgestellt, dass die freien Säuren wie Al- 
kalien sowie eine grosse Reihe von Mineralsalzen wie organischen 
Körpern (z. B. Gerbsäuren) geradezu tödtlich auf die Vegetation ein- 
zelner Pflanzen einwirken, dass andere wie z. B. die Alkalien ohne 
wesentlich sichtbaren Nuizen für das Wachsthum und Gedeihen der 
Pflanze, in ihre Organe eintreten, dass wiederum andere ohne Nut- 
zen oder Schaden in der Nährstofflösung enthalten sein dürfen ohne 
aufgenommen zu werden. 


545 


Als geeignet‘ zur Aufnahme in den pflanzlichen Organismus 
haben sich erwiesen Salpetersäure, Kalk, Salpetersaures Kali, ‚Phos- 
phorsaures Kali, Phosphorsäure, Eisenoxyd und schwefelsaure Mag- 
nesia. Nach Knop hatten sich wie ich bestätigen kann als ungünsti- 
ges Verhältniss herausgestellt 

4 Th. Salpetersaurer Kalk 
1 „  Salpetersaures Kali 
1 saures Phosphors. (KO.2HOPO;,) Kali 
1 Schwefels. Magnesia 
1 Phosphors, Eisenoxyd } aufgeschwemmt. 
Der Stickstoff wird hier in Form von Salpetersäure gegeben, doch hat 
man auch durch Ammoniak und andere künstliche Stickstoffverbindun- 
gen z. Th. günstige Resultate erzielt. 

Was den zweiten Theil der eingegangenen Frage, über die Ver- 
wendbarkeit der Ergebnisse der Wissenschaft für die Praxis anlangt, 
so ist dieser eigentlich durch das Ebengesagte bereits erledigt. 


in Lösung 


Die Wasserkulturen haben gelehrt, dass die Pflanze nur die 
genannten 7 Stoffe von dem Boden verlangt und erwartet, die Boden- 
analysen haben nachgewiesen, dass jede Ackerkrume Eisenoxyd und 
Schwefelsäure in der für die Pfianzenernährung auf lange Zeit aus- 
reichenden Masse enthält, dass die meisten zur Genüge Kalk- und 
Masnesiahaltig sind, dass dagegen vielen das zum Pflanzenwachsthum 
nöthige Quantum an Kali, Phosphorsäure oder Stickstoff, an zweien 
derselben, oder sogar an allen dreien mangelte. Welcher von den 
genannten dem Boden gerade fehlt, können vergleichende Düngerver- 
suche mit Gyps, Kalimagnesia, Phosphaten, Guano etc. in wechseln- 
der Zusammenstellung etc. ergeben. 


Die sich anknüpfende Debatte, an der sich insbesondere die 
Hrn.deBary, A.Schmidt, Teuchert und Witte betheiligten, be- 
wegte sich hauptsächlich um den Antheil des Eisens an der Er- 
nährung der Pflanzen. 


Eine zweite Frage betraf die Schädlichkeit des Rosenpilzes 
und dessen Beseitigung. Es wurden mehre mit demselben behaftete 
Rosenzweige vorgelegt und Hr. deBary erläuterte die Entwicklungs- 
geschichte und den Bau dieses Pilzes, woraus sich als Mittel zu des- 
sen Beseitigung zunächst nur die gegen alle Pilzbildungen anwend- 
baren allgemeinen Vorsichtsmassregeln ergeben, ein besonders leicht 
und bequem anwendbares Mittel aber sei noch nicht ausfindig ge- 
macht. 


Anknüpfend an diese Verhandlung legt Hr. Göschke Rosen- 
zweige vor, welche von einem die Rosen fast vernichtenden Insekt 
belebt sind. Hr. Taschenberg erkennt dasselbe als die Rosenci- 
kade, verbreitet sich über deren Entwicklung und Lebensweise und 
erklärt die bis jetzt für ihre Vertilgung vorgeschlagenen Mittel als 
erfolglos. 


546 


Auf Antrag werden die beiden Fragen : Wie beurtheilt die 
Agriculturchemie die Rübenmüdigkeit des Bodens, und 
wie wird ihr am leichtesten begegnet? und: Welche Er- 
fahrungen liegen in Bezug auf Düngung mitKali vor und 
wie sind die günstigen resp. ungünstigen Erfolge zu er- 
klären? zusammen behandelt. Herr Teuchert berichtet darüber 
folgendes: 


Die Zuckerrübe bedarf zu ihrem guten Gedeihen eines an auf- 
geschlossenen mineralischen Nährstoffen sehr reichen Bodens und ent- 
zieht demselben sehr schnell diese Nährstoffe. Bei intensiver Rüben- 
kultur wird mithin der Fall eintreten, dass die im Boden enthaltenen 
Nährstoffe nicht mehr in dem Maasse und mit der Schnelligkeit in 
die für die Pflanzennahrung nothwendige leicht lösliche Form ge- 
bracht werden, als dies geschehen sollte, noch dazu da die dem Bo- 
den durch die Rübenkultur entzogenen Nahrungsmittel demselben 
nicht wieder zu gute kommen, sondern als Melasse und im Rohzucker 
anderweitige Verwendung finden. Der Boden wird deshalb keine Rü- 
ben mehr tragen, er ist Rübenmüde. Welche Mittel giebt es dagegen? 
Der Boden besteht aus der oberen Ackerkrume und dem Untergrund. 
Durch Pflügen und Düngung bereichern wir nur die obere Acker- 
krume, da alle Pflanzennährstoffe erfahrungsgemäss vom Boden mit 
grosser Kraft zurückgehalten werden und nicht in den Untergrund 
gelangen. Nun ist aber gerade die Rübe eine Pflanze, welche mit 
ihren Nährwurzeln bis zu grosser Tiefe (10—12 Fuss) in den Boden 
geht, und dem Untergrunde also die Nahrung entzieht, die diesem 
auf mechanische Weise nicht wieder zugeführt werden kann. Es sind 
jedoch andere Mittel bekannt, um auch den Untergrund wieder mit 
Pflanzennährstoffen zu versorgen. — 


Einen Hauptbestandtheil der Pflanzenaschen und mithin der 
Pflanzennahrungsmittel bildet das Kali, dies wird dem Boden also 
verhältnissmässig in grösserem Maassstabe, als die anderen Nähr- 
stoffe entzogen, um so mehr, als dasselbe gegenüber den übrigen 
nur in verhältnissmässig geringerem Grade darin vorhanden ist. Aus- 
serdem konnte dasselbe bis vor Kurzem nicht auf gleich bequeme 
und billige Weise dem Boden auf künstlichem Wege wieder zuge- 
führt werden, als andere Pflanzennährstoffe, wie Phosphorsäure, Stick- 
stoff etc. Die Stassfurther Kalisalzlager bilden nun jetzt eine uner- 
schöpfliche Kaliquelle, und man versuchte bald nach deren Erschlies- 
sung diese Kalisalze für die Landwirthschaft nutzbar zu machen, 
Man düngte den Boden mit Stassfurter Abraumsalz und — erhielt in 
den meisten Fällen schlechte Resultate. Diese Abraumsalze bestehen 
nun hauptsächlich aus Chlornatrium (eirca50°/,) Chlormagnesium (bis 
zu 25°/,) und Chlorkalium (bis17°),). Erfahrungsgemäss ist nun Chlor- 
natrium und Chlormagnesium schädlich für die Pflanzen, man stellte 
deshalb bald Düngsalze dar, welche an Chlorkalium reicher waren 


547 


und aus denen der grösste Theil des Chlornatriums und Chlormag- 
nesiums entfernt war. Aber auch diese gaben, bei Rüben wenigstens, 
nicht den gewünschten Erfolg. Die Ursache davon liegt wieder in 
der Eigenthümlichkeit des Bodens, alle für die Pflanze tauglichen 
Nährstoffe zurückzuhalten, und die schädlichen in den Untergrund 
hinabzulassen. Zu letzteren gehört das Chlor. Da nun die Rüben 
ihre Nahrung meist aus dem Untergrunde ziehen, so hatte Chlorkalium- 
Düngung natürlich keine Wirkung. Es ist hier nun aber noch ein 
anderer Umstand in’s Auge zu fassen. Wie schon erwähnt, werden 
die vom Boden absorbirten Nahrungsmittel durch reines Wasser nur 
sehr schwer wieder aufgelöst, dies geschieht jedoch viel leichter durch 
Salzlösungen, besonders durch Kochsalzlösung. Es wurden nun gerade 
deshalb Kochsalzhaltige Kalidünger empfohlen zur Verhinderung der 
Rübenmüdigkeit und zur Bereicherung des Untergrundes an Kali. In- 
dess das Chlor wirkte für die Rübe doch so nachtheilig, dass man 
keine sehr glänzenden Resultate erzielte, wenigstens nicht für direc- 
ten Dung, als Dünger für Vorschrift angewandt, hatte man aller- 
dings bessere Erfolge. Es wurden nun Dünger dargestellt, welche 
das Kali als schwefelsaures Salz enthielten mit nur ganz geringem 
Gehalt an Chlor, und diese gaben sehr gute Resultate, besonders in 
der schwefelsauren Kali-Magnesia, wie sie in neuester Zeit als Dung- 
mittel im Handel ist, hat man ein gutes Mittel den Pflanzen Kali in 
geeigneter Gestalt zuzuführen und was noch wesentlicher ist den Un- 
tergrund mit Kali in unschädlicher Weise zu bereichern. Redner 
deutet schliesslich an, dass jeder Oekonom selbst Versuche machen 
müsse, welches Düngmittel für seinen Acker das geeignetste sei, da 
ein allgemeines Recept, wie gedüngt werden müsse, bis jetzt noch 
nicht vorhanden. — 

Mit diesem Vortrage wurde die erste Sitzung geschlossen und 
machte der Vorsitzende Hr. A. Schmidt auf die im Saale ausge- 
stellten Gegenstände aufmerksam, zu deren Betrachtung die bis zum 
gemeinschaftlichen Mittagsmahle anberaumte Pause geeignet sei. 

Eine reichhaltige Sammlung von Früchten in sehr naturgetreuen 
Nachbildungen in Porzellanmasse, eine Anzahl vorzüglich ausgeführ- 
ter Abbildungen von Blumen und mehre Monstrositäten zumal von 
Spargelpflanzen ausgestellt vom Gartenbau-Verein. — Hr. Douglas 
hatte mehre Proben der von ihm dargestellten schwefelsauren Kali- 
magnesia, eine Düngungstafel für Mineraldüngung und ein schön aus 
klaren Steinsalz gearbeitetes Modell seiner grossartigen Fabrikanla- 


gen bei Stassfurt ausgestellt. — Aus der Sammlung der Bürgerschule 
lag eine Anzahl seltener und z. Th. schöner Zoologischer Gegenstände 
aus. — Hr. Gründler hatte seine grosse Sammlung angeschliffener 


Achate, Labradore etc. aufgelegt und seine reichhaltige Sammlung 
sorgfältig und sauber angefertigter mikroskopischer Präparate pflanz- 
licher und thierischer Objekte unter einigen aufgestellten Mikroskopen 
zur Anschauung gebracht. Die Objekte befinden sich in grössern 
oder kleineren ringförmigen Zellen aus farbiger Gelatine, welche vor- 


548 


züglichen Schutz und grosse Eleganz gewährt. Die Zellen werden 
mittelst Locheisen aus den Gelatineplatten ausgeschlagen und mit 
Canadabalsam oder dergl. auf die Objektträger aufgekittet. Je nach 
der Dicke der aufzunehmenden Objekte sind schwache oder starke 
Gelatineplatten gewählt worden, wie solche die Magdeburger Com- 
mandite von Comte Fils in Paris liefert. Hr. Gründler tritt gern mit 
andern Mikroskopikern in Tauschverkehr, seine Präparate fanden un- 
getheilten Beifall. 

Um 2 Uhr war in der offenen Halle des Gartens die Mittags- 
tafel gedeckt. Gleich bei Beginn des Mahles wurde der gleichzeitig 
in Bonn zur Feier des fünfundzwanzigjährigen Bestehens tagenden 
Generalversammlung des Naturhistorischen Vereines für Rheinland 
und Westphalen gedacht und derselben ein telegraphischer Gruss 
gesandt. Unter heitern Trinksprüchen blieb die Gesellschaft bis ge- 
gen 4 Uhr bei Tische, 

Um 41/, Uhr wurde die zweite allgemeine Sitzung, zu welcher 
sich auch viele Damen eingefunden hatten, durch den Vorsitzenden 
Hrn. A. Schmidt mit der Anmeldung folgender durch den Vor- 
stand zur Aufnahme angezeigter neuer Mitglieder: 

E. Suhle, Inspektor aus Weimar. 

Oskar Cordel, Chemiker in Aschersleben. 
Hugo Douglas, Fabrikbesitzer in Stassfurt. 
F. Buschow in Stassfurt, Fabrik-Inspector. 
F. C. Mehne in Aschersleben, Kunst- u. Handels-Gärtner. 
A. Pfeiffer in Aschersleben, Posthalter. 
Mohs, Dr. phil. in Cöthen. 

G. Bormann, Kämmerer in Aschersleben. 
Trautewein, Stadtrath in Aschersleben. 

Dr. Terne in Dürrenberg. 

Lindau, Lehrer in Schwanebeck. 
Gründler, Dr. med. in Aschersleben.. 
Bennewitz, Director der Gasanstalt. 

Darauf hielt Hr. Schäffer den allgemeinen Vortrag über den 
Spiegel. Er schildert z. Th. in humoristischer Weise den Gebrauch 
des Spiegels im Alterthum, Mittelalter und der Gegenwart, erläuterte 
eingehend die Entstehung der Spiegelbilder an aufgestellten Appara- 
ten und zahlreichen sehr instruktiven Abbildungen und verbreitet sich 
mit bekannter Klarheit und Schärfe über die hohe Bedeutung des 
Spiegels in den Forschungen der Physiker und Astronomen. Die Ver- 
sammlung folgte mit gespanntester Aufmerksamkeit dem eingehenden 
und gehaltvollen Vortrage. 

Nach Schluss dieser Sitzung zerstreute sich die Versammlung, 
um verschiedene Punkte in der unmittelbaren Umgebung der Stadt 
zu besuchen, ein kleiner Theil blieb in dem nunmehr vom Publikum 
sehr belebten Pfeifferschen Garten, in welchem dann auch der Abend 
wieder unter zahlreicherer Theilnahme in ernster und heitrer Unter- 
haltung verbracht wurde. Auch führte Hr. Schäffer wieder mehre 


549 


interessante akustische und optische Experimente, die nur im Dun- 
keln angestellt werden können, im Versammlungssaale aus. 

Die dritte Sitzung am 3. Juni wurde abweichend vom Pro- 
gramm erst um 9 Uhr eröffnet, da starker Regen den Besuch verzö- 
gerte und gegen den gestrigen Tag auch erheblich verminderte. Hr. 
Witte erstattete zunächst Bericht über die Revision der Kassenbe- 
lege und trug nach Erledigung zweier ganz geringfügiger Monita 
auf Ertheilung der Decharge an, welche bewilligt wurde. 

Bei der Wahl der Versammlungsorte für die beiden nächstjäh- 
Jährigen Generalversammlungen wurde von Seiten des Vereinsvor- 
standes auf einen alljährlich wiederkehrenden erschwerenden Umstand 
hingewiesen und um Abstellung desselben ersucht. Während nämlich 
die Herbstversammlung an einem beliebig zu wählenden Tage abge- 
halten wird, ist die Pfingstversammlung an den Dienstag und Mitwoch 
nach Pfingsten gebunden. Nun werden aber gerade diese beiden 
Tage sehr häufig zu kleinen Ausflügen benutzt und dadurch die Theil- 
nahme an unsern Versammlungen empfindlich beeinträchtigt. Der 
Vorstand bittet daher um Bevollmächtigung auch für die Pfingstver- 
sammlung in Gemeinschaft mit den jedesmaligen Geschäftsführern an 
dem betreffenden Orte die Tage feststellen zu dürfen. Unter Bewil- 
ligung dieser Vollmacht wurden für 1869 gewählt 

Naumburg für die zweitägige und 
Kalbe für die eintägige Generalversammlung. 

Darauf proklamirte der Vorsitzende Hr. A. Schmidt die in 
der gestrigen Sitzung zur Aufnahme angemeldeten Mitglieder, näm- 
lich die Herren: 

E. Suhle, Inspector aus Weimar. 

Oskar Cordel, Chemiker in Aschersleben. 
Hugo Douglas, Fabrikbesitzer in Stassfurt. 
F. Buschow in Stassfurt,, Fabrik-Inspector. 
F, C. Mehne in Aschersleben, Kunst- und Handels-Gärtner. 
A. Pfeiffer in Aschersleben, Posthalter. 
Mohs, Dr. phil. in Köthen. 

G. Bormann, Kämmerer in Aschersleben. 
Trautewein, Stadtrath in Aschersleben. 
Dr. Terne in Dürrenberg. 

Lindau, Lehrer in Schwanebeck. 
Gründler, Dr. med. in Aschersleben. 
Bennewitz, Director der Gasanstalt. 

Da auf Anfrage des Vorsitzenden geschäftliche Angelegenheiten 
nicht mehr zur Besprechung vorlagen: so wurden die gestern abge- 
brochenen wissenschaftlichen Vorträge fortgesetzt. 

Herr Schubring erläuterte die neue Mass- undGewichts- 
ordnung die jetzt dem norddeutschen Reichstage vorliegt, und gab 
zunächst einige historische Mittheilungen über die erste Einführung 
des metrischen Systeme in Frankreich. Dass dies System auch jetzt 
in Deutschland angenommen werde, begrüsste\er mit Fieuden und 


550 


bedauerte nur, dass neben den bekannten französischen Einheiten noch 
eine Anzahl Nebenmasse vorgeschlagen seien, welche nicht in das 
einfache decimale System passen, und welche die alten Namen in 
neuer Bedeutung erhalten sollen. Die Ruthe zu 5 Meter und das 
Quint zu 5Gramm könne man sich noch gefallen lassen, weil sie ge- 
rade die Hälfte von decimalen Einheiten sind, und es bleibe gegen 
sie nur der Einwand, dass sie den alten Namen, diein verschiedenen 
Ländern und Zeiten schon sehr verschiedene Bedeutungen hatten, noch 
eine neue Bedeutung beilegen; ganz und gar verwerflich aber sei die 
Klafter von 4 Kubikmetern und die Meile von 7500 Metern (=23896 
preuss. Fuss), welche nicht einmal ins decimale System passen. Be- 
sonders sprach sich der Vortragende gegen die neue Meile aus, 
weil dieselbe als Entfernungsmass ausschliesslich in Anwendung 
kommen solle, und weil der Name der „deutschen oder geographi- 
schen Meile“, von denen 15 auf 1° gehen (= 23601 pr. Fuss), sobald 
nicht verschwinden werde und auf diese Weise der Verwirrung Thor 
und Thür geöffnet würde. — Der Vortragende hielt es daher für 
eine Aufgabe des Reichstages diese Bestimmung des Entwurfs zu 
ändern. Ueber die Gründe, warum für Gold, Silber, Juwelen und 
Perlen ein besonderes Gewicht eingeführt werden solle, konnte er 
keine Auskunft geben. 

Hr. Eichel hält unter Vorlegung der bezüglichen Handstücke 
einen längern Vortrag über die Pflanzenreste im Muschelkalke bei 
Schneidlingen. Wenn auch die Mehrzahl derselben wegen ungenü- 
gender Erhaltung keine sichere systematische Bestimmung und keine 
eingehende Vergleichung mit andern Fossilresten und den lebenden 
Pflanzen gestatten: so verdienen sie doch bei der grossen Seltenheit 
von Pflanzenresten im Muschelkalk überhaupt eine besondere- Auf- 
merksamkeit und erheischt ihr Vorkommen an dieser Stelle fortge- 
setzte sorgfältige Forschungen. Redner versuchte mehre der vorge- 
legten Blattabdrücke zu deuten, am schönsten unter den Resten zeigte 
sich ein häufiges Coniferenholz mit einfacher Tüpfelreihe der Ge- 
fässe. 
Hr. Giebel legt einen Schädel der Hausspitzmaus, So- 
rex araneus vor und macht auf dessen bisher noch nicht bekannte Ei- 
genthümlichkeiten aufmerksam. Er zeigt nämlich die nur von den unter 
Crossopus und Amphisorex, aber bei Crocidura noch nicht beobach- 
teten beiden eingestochenen Grübchen am Vorderrande der Stirn- 
beine, denen also keine systematische Bedeutung ferner mehr beige- 
legt werden darf. Viel wichtiger aber als diese Eigenthümlichkeit ist 
die Abwesenheit des obern Lückzahnes in beiden Reihen, so dass 
also die Reihe nur aus 2. 2. 4 Zähnen statt 2. 3. 4 besteht. An Stelle 
des fehlenden Zahnes ist eine kleine Lücke vorhanden, doch nicht so 
gross, dass der Zahn darin Platz haben könnte, woraus folgt, dass 
derselbe schon in der ursprünglichen Anlage des Gebisses fehlte. 
Bisher glaubte man das Fehlen eines Lückzahnes bei diesen kleinen 


551 


Insektenfressern überhaupt in Abrede stellen zu können, unser Schä- 
del beweist, dass auch in dieser Familie dasselbe wie bei den Carni- 
voren vorkommen kann, Das Ausbleiben dieses dritten Zahnes ist 
für die Entwicklung des zweiten einflussreich geworden. Derselbe 
ist nämlich grösser als sonst und nicht breit herzförmig im Quer- 
schnitt der Kronenbasis, sondern länger als breit, oblong, ohne Buch- 
tung am Hinterrande. Die dritte Eigenthümlichkeit ist eine starke 
Asymmetrie im Basalhöcker des Vorderzahnes. Derselbe ist am rech- 
ten Vorderzahne normal wie in andern Schädeln dieser Art, am lin- 
ken dagegen erscheint er durch Druck des ersten Lückzahnes bedeu- 
tend verkürzt und seine Spitze ragt so hoch wie die des folgenden 
Lückzahnes hervor. Wir dürfen daher dem Grössenverhältniss zwi- 
schen dem Basalhöcker des Vorderzahnes und der Krone des ersten 
Lückzahnes keineswegs das unbedingte Vertrauen schenken, welches 
Blasius in seiner Naturgeschichte der Säugethiere Deutschlands dem- 
selben beilegt. Im Unterkiefer tritt eine noch auffallendere Asymme- 
trie hervor. Hier fehlt nämlich der erste Lückzahn der rechten Zahn- 
reihe ganz, während er in der linken Reihe normal entwickelt ist, 
nicht einmal eine Lücke an seiner Statt ist vorhanden. Wir haben 
also in beiden Kiefern zugleich das Ausbleiben eines Lückzahnes. — 
Dass sich zufälliger Mangel einzelner Lückzähne nicht auf die Spitz- 
mäuse beschränkt, sondern auch bei dem Maulwurf vorkömmt, dafür 
legte Redner noch einen Schädel dieses Insektenfressers vor, welchem 
der rechte zweite obere Lückzahn, im Unterkiefer derselbe Zahn in 
der linken Reihe fehlt. Wer Gelegenheit hat Duzende von Schädeln 
unserer kleinen Insektenfresser zu vergleichen, wird ebenso häufig, 
einzelne Lückzähne vermissen wie bei den Carnivoren. — 

Herr Taschenberg macht zunächst auf das verschiedene 
Verhalten der unsern Kulturen schädlichen Insekten aufmerksam. Die 
Einen, wie die Saft saugenden Blattläuse, Schildläuse und ihre Ver- 
wandten und die Blätter fressenden Grasspferde, Heuschrecken etc., 
ernähren sich während ihres ganzen Lebens von den Pflanzen; es 
sind zugleich diejenigen, welche wie in Lebensweise, so auch in ihrer 
äussern Erscheinung keine wesentliche Veränderung während ihres 
Wachsthums eintreten lassen, und denen man daher eine unvoll- 
kommene Verwandlung zuspricht, im Gegensatz zur vollkom- 
menen Verwandlung aller weiter zu besprechenden Insekten. Die 
Andern ernähren sich nur als Larven in einer den Pflanzen schäd- 
lichen Weise wie Schmetterlinge und Fliegen. Die als Raupen bekannten 
jener fressen Blühten, werfen mehrere Male die Haut ab und werden 
zu einer ruhenden, der Nahrung nicht bedürftigen Puppe, aus wel- 
cher der nurHonig und Thau leckende Schmetterling endlich hervor- 
kriecht. Ganz ähnlich verhält es sich mit den hier in Betracht kom- 
menden Fliegen, nur mit dem Unterschiede, dass ihre fuss- und kopf- 
losen Larven, Maden genannt, sich meist nicht häuten und in der ver- 
härtenden, etwas einschrumpfenden Haut zu einem ‚„Tonnenpüppchen“ 


552 


werden. Noch andere Insekten und dahin gehören die Käfer, werden 
im Larvenstande und dann wieder, nach der Puppenruhe, im voll- 
kommenen Zustande schädlich. Wespen, Hornissen und vielleicht 
einige Ameisen endlich können durch ihre Naschhaftigkeit mindestens 
lästig werden, während sie als Larven und Puppen unsern Kulturen 
keinen Eintrag thun. Nach diesen einleitenden Vorbemerkungen wur- 
den unter Vorlegung der betreffenden Thiere einige eingehender be- 
sprochen, welche durch ihr verborgenes Leben an Garten-Pflanzen 
meist erst dann ihre Gegenwart verrathen, wenn der Schaden nicht 
mehr abgewandt werden kann. Unter den Holzfressern (Xylophaga) 
wurden hervorgehoben die Obstbäume schädigenden Borkenkäfer und 
zwar der ungleiche Borkenkäfer (Bostrichus dispar) und Pflau- 
men-Stutzbohrkäfer (Eccöptngaster pruni). Bezugnehmend auf 
die vom Polytechnischen Verein gestellte Frage: „Wo kommt der 
Wurm im Holze her und was lässt sich gegen ihn thun?“ wurde bei- 
läufig auf die verschiedenen Nagekäfer (Anobium) und den Hausbock 
(Hylotrapes bajulus) als die am meisten in dieser Hinsicht lästigen 
Insekten hingewiesen und gleichzeitig bemerkt, dass sich kaum etwas 
gegen sie thun lasse, weil die Eier, an das stehende, wie an bereits 
geschlagenes Holz im Walde, an letzteres auch in den Lagerräumen 
gelegt werden, dass rasches Entrinden des zu trocknenden Nutzhol- 
zes schützen solle und dass solches, welches in der normalen Zeit 
während der Wıntermonate gefällt worden sei, wohl nie angegangen 
werde. Im weiteren Fortgange des Vortrags wurde auf die Rüssel- 
käfer hingewiesen und statt aller die Lebensgeschichte des gefurcht- 
halsigen Verborgenrüsslers (Ceuthorhynchus suleicollis) er- 
zählt, welcher die gallenartigen Auswüchse an den verschiedenen Kohl- 
arten erzeugt; ferner unter den Schmetterlingen des Apfelbaum- 
Glasflüglers (Sesia myopiformis) gedacht, dessen sechzehnfüssige 
Raupe im Splint der Apfel-, seltener der Birnbäume bohri; die Ge- 
genwart wird vorzugsweise durch die zur Hälfte aus der Rinde her- 
vorsehende Puppenhülse verrathen, welche der in den Morgenstunden 
(9 Uhr) ausschlüpfende Schmetterling mit sich nahm. Weniger schäd- 
lich lebt die Raupe der Sesia tipuliformis in den Zweigen der Jo- 
hannisbeere und die S. hylaeiformis im Wurzelstock und später im 
Stengel der Himbeeren. Die Spargelfliege Platyparaea poecilop- 
tera legt ihre Eier zwischen die Schuppen des Spargelkopfes und die 
ihnen entschlüpfenden Maden bohren im Stengel bis zur Wurzel, ver- 
anlassen ein krüppelhaftes Wachsthum und Fäulniss von innen nach 
aussen. Verwandt dieser Art, weil gleichfalls eine Bohrfliege ist die 
schwarz und gelb gezeichnete Kirschfliege (Trypeta cerasi), welche 
als Made einzeln in Kirschen, vorzugsweise den späten Süsskirschen 
haust. Schliesslich wurde noch der für Feld- und Gartenkulturen 
gleich gefährlichen Raupe der Wintersaateule (Agrotis segetum) und 
ihrer Lebensgeschichte gedacht. 

Die praktische Seite der gegebenen Notizen berührend, d. h. 
die Bekämpfung dieser und anderer Feinde unserer Kultur anlangend, 


553 


wurden 4 Grundbedingungen hervorgehoben. 1. Kenntniss. vom Le- 
ben dieser Feinde, 2. Versuche, wie man die kleineren, nicht ables- 
baren vertilgen oder die Eier legenden Weibchen derselben abhalten 
können und dass derartige Versuche besonders die Aufgabe der Gärt- 
ner seien, 3. Allseitige Anwendung eines Vertilgungsmittels. Hieran 
wurde die Klage über die Lauheit angeknüpft, welche sich jüngst 
vielfach beim Einsammeln der Maikäfer kund gegeben habe und dass 
für den Staat es unerlässlich sei, durch die Gesetzgebung hier ener- 
gisch einzugreifen, wie es meist im alten Griechenland gegen die 
Heuschreckenplage geschah; bis es aber dahin gekommen sei, müss- 
ten sich die Vereine, die der Landwirthe und Gärtner der Sache an- 
nehmen und „Vogelschutz wie Kampf gegen die kleinen Feinde der 
Landwirthschaft“ auf ihr Banner schreiben! 

Wegen der bereits sehr vorgerückten Zeit konnten die in der 
gestrigen Sitzung noch unerledigt gebliebenen, aus der Versammlung 
aufgestellten Fragen nicht mehr zur Verhandlung gebracht werden 
und um die Ausführung der beabsichtigten Exkursion nach Stassfurt zu 
möglichen, schloss der Vorsitzende Hr. A. Schmidt die Versamm- 
lung mit einem Danke für die Vorträge und die zahlreiche Bethei- 
ligung. 

Nach dem gemeinschaftlichen Mittagsessen eilten die etwa 40 
anwesenden Mitglieder und Gäste unter heftigem Regen nach dem 
Bahnhofe und fuhren nach Stassfurt. Hr. Salzwerksdirektor Pinnow 
daselbst nahm die Versammlung freundlichst auf, arrangirte schnell 
die zum Einfahren nöthigen Anordnungen und nachdem er noch un- 
ter Hinweis auf die Karten und Pläne eine erläuternde Uebersicht 
über den Bau des Salzstockes und die Ablagerung der verschiedenen 
Salzarten gegeben, wurde eingefahren. Um die unterirdische Wan- 
derung möglichst bequem und lehrreich für die einzelnen Theilneh- 
mer auszuführen, wurde die Gesellschaft getheilt und der ersten Gruppe 
unter Hrn. Pinnows eigener lehrreicher Führung folgten die übri- 
gen unter andern Führern. Die verschiedenen Strecken des grossar- 
tigen Abbaues wurden begangen und die interessantesten Punkte der- 
selben erläutert. Nach der unterirdischen Exkursion wurden auch die 
verschiedenen Betriebsanlagen über Tage besucht und nach diesen 
noch die grossartigen Fabrikanlagen zur Darstellung der Kalimagne- 
siasalze des Hrn. Douglas unter dessen freundlicher Führung. 

So erhielt die 27. Generalversammlung unter dem freundlichen 
Entgegenkommen des Gartenbau- und Gewerbevereines in Aschers- 
leben begonnen und fortgeführt, durch die ganz besonders anerken- 
nenswerthe Theilnahme des Hrn. Salzwerksdirektors Piunowund des 
Hrn. Fabrikbesitzers Douglas ihren würdigen Abschluss. ‘Mit den 
Abendzügen von Stassfurt löste sich die Gesellschaft auf, jeder Tbeil- 
nehmer wird die genussreich verlebten Tage in dankbarer Erinnerung 
bewahren. 


Bd. XXXI, 1868. 37 


554 


Sıtzung am 10. Juni. 
Eingegangene Schriften: 


1. Achter Bericht des Offenbacher Vereins für Naturkunde. Offen- 
bach 1867 89, 


2. Sitzungsbericht der k. bayrischen Akademie der Wissenschaften 
zu München II. 4. München 1867 und I. 1 München 1868 8°. 


3. Der zoologische Garten IX Nr. 5. Frankfurt a/M. 1858 8°. 


Vorgelegt wird ein Schreiben des Vorstandes vom Naturwis- 
senschaftlichen Verein der preuss. Rheinlande in Bonn, welcher freund- 
lich dankt für den telegraphischen Gruss der Ascherslebener Gene- 
ralversammiung. 


Hr.Gründler in Aschersleben sendet ein sauber angefertigtes 
Präparat von mikroskopischen stumpfen Rhomboedern kohlensauren 
Kalkes ein, welche Hr. A. Schmidt daselbst in einer innern Kopf- 
blase der Achatina lubriea nur einmal gefunden hat und deren ana- 
tomische und physiologische Bedeutung er nicht zu geben im Stande 
ist. Ferner übermittelt Hr. Gründler einen schönen Trematosau- 
russchädel aus dem bunten Sandstein von Bernburg für die Vereins- 
sammlung. 


Eben dieser Sammlung übergiebt Herr Schubring einige 
Handstücke von Sylvin und Kainit aus Stassfurt, nebst Grünstein mit 
Axinit und Asbest von Treseburg. 


Weiter legt Herr Giebel in der Euplectella aspergillum einen 
höchst interessanten und seltenen Schwamm von den Philippinen vor, 
welcher für das hiesige zoologische Museum erworben worden ist. 


Sodann verbreitet sich Herr Drenkmann ausführlicher über 
die Verarbeitung der Kalisalze in Stassfurt, 


Herr Sehubring theilt mit, dass im Mechanics Magazine eine 
neue Eismaschine beschrieben sei, in der die Kälte zwar auch durch 
Verdunstung erzeugt werde, aber nicht durch Verdunstung von Am- 
moniak oder Aether, wie bei der Carree’schen, sondern durch die des 
Wassers selbst, indem dasselbe in einem luftverdünnten Raum ge- 
bracht wird. 


Sitzung am 17. Juni. 
Eingegangene Schriften: 


1. Koch, Prof. Dr., Wochenschrift für Gärtnerei und Pflanzenkunde 
etc. 1868 Nr. 18—22. Berlin 1868. 40, 


2. Sitzungsberichte der Gesellschaft zur Beförderung der gesammten 
Naturwissenschaften in Marburg. Marburg 1867. 8°. 


3. Vargasia, Bulletin de la Soc. de ciencias fisicas y naturales de Ca- 
racas Nr. 1—3. Caracas 1868 89. 


590 


Zur Aufnahme angemeldet wird: 


Herr Dr. Karl Kosack, Oberlehrer am Gymnasium zu Nordhausen 
durch die Herren Fischer in Pösneck, Giebel u. Siewert. 


Herr Siewert verbreitet sich über einen Artikel aus der Köl- 
nischen Zeitung (Nr. 154. Zweites Blatt), welchen v. Liebig als 
Vertheidiger des Fleischextraktes gegen die Angriffe des Prof. Vo- 
gel in Stuttgart veröffentlicht. Nachdem Liebig die Bedeutung des 
Fleischextraktes als Genussmittel erörtert und der Fleischbrühe eine 
ähnliche Wirkung wie dem Kaffee, Thee und einigen anderen bei uns 
zu Lande nicht gekannten Getränken zugeschrieben hat, geht er zur 
Beurtheilung des Fleischextractes als Nahrungsmittel über. Die 
beim Kochen feingehackten Fleischtheile mit Wasser in der Brühe also 
auch in dem eingedickten Fleischextract enthaltenen Extractivstoffe 
verleihen der Brühe ihren Geschmack und ihre Wirkungen, der nicht 
lösliche Rückstand bildet die sogenannten Albuminate und hat so we- 
nig Nährwerth für sich allein, wie jene Extractivstoffe Vielmehr 
müssen beide zusammen sein, weil die letzteren Bestandtheile ent- 
halten, welche die Albuminate ernährungsfähig machen. Alle Zube- 
reitungen in der Küche nun bewegen sich um die Herstellung und 
Erhaltung des richtigen Verhältnisses aller dieser Bedingungen einer 
richtigen Ernährung, und die Saucen und Zuthaten des erfahrenen 
Kochs haben keinen andern Zweck, als Ersatz der Stoffe, die er dem 
Fleische und den Fleischspeisen bei ihrer Zubereitung entzogen hat; 
der Geschmack ist hierbei der Wächter der Gesundheit, der uns sagt, 
ob das Rechte getroffen sei oder nicht. 


Bei Vergleichung des gewöhnlichen Fleisches und Brodes oder 
Mehls in Hinsicht auf ihre Hauptbestandtheile ergeben sich: für Mehl: 
Albuminate, Stärkemehl, Phosphate, für Fleisch: Albuminate, Fette, 
Phosphate, Extractivstoffe. Stärkmehl und Phosphate spielen nun im 
Brode dieselbe Rolle im Ernährungsprocesse, wie Fett und Phosphate 
im Fleische und dieses letztere hat somit die Extractivstoffe (12°), der 
trocknen Muskelsubstanz) voraus, denen die eigenthümlichen Wirkun- 
gen des Fleisches im Vergleich mit der vegetabilischen Nahrung zu- 
geschrieben werden müssen. Diese Extractivstoffe, welche im Fleisch- 
extrakt enthalten sind, aus den überflüssigen Fleischvorräthen Süd- 
amerikas der europäischen Bevölkerung zugänglich zu machen, da es 
nicht möglich ist, das ganze Fleisch herbeizuschaffen, bezeichnet v, 
Liebig als eine Aufgabe, welche er sich seit 20 Jahren gestellt habe 
und knüpft daran eine Berechnung, nach welcher die übrigen Nähr- 
stoffe Stärkemehl und Phosphate aus den Vegetabilien für uns viel 
billiger zu beschaffen sind als aus dem Fleisch. 


Die Berechnung stellt sich folgendermaassen heraus: 


100 Pfd. Fleisch in einer Wirthschaft verbraucht würde kosten & 5 Sgr. 
= 16 Thlr. 20 Sgr. und enthalten im Durchschnitt: 


556 


21,5 Pfd. Knochen (frisch) & 5 Pfd. = — Thlr. 9 Sgr. 


85 „ Fett a 8 Sgr. N... 
3 „  Zellgewebe (feucht)a2Sgr. = — „ Guns; 
50,9 Pfg. Wasser 


2,2 Pfd. Fleischex- 
67 „ . Fleisch‘ tract & 3°), Thl. = 8 „ 1 „ 
13,9 Pfd. Albumi- 
nate, welche sich 
berechnen auf 5... 16, ., 
16 Thlr. 20 Sgr. 
Hiernach bezahlen wir 1 Pfd. Fleischalbuminate mit mehr als 11 Sgr, 
Einen diesen gleichwerthigen Stoff enthalten aber in dem sogenannten 
Kleber die Cerealien und wie folgende Rechnung ergiebt weit billiger: 
100 Pfdd. Weizenmehl Nr. 1. kosten im Mittel 7 Thlr., sie enthalten 
an Wasser, Asche, Zellulose 18 Pfd. 
Stärkemehl 68,5 Pfd. a 3 Sgr. = 6 Thlr. 25 Sgr. 
Albuminate 13,5 Pfd. die sich berechnen auf — „ BUS, 
7 Thlr. — Sgr. 
Hieraus folgt also, dass wir für 13 Pfd. Albuminate im Weizenmehl 
‚nicht mehr bezahlen als für t/, Pfd. Albuminat im Fleische. Wir be- 
zahlen somit im theuren Fleische hauptsächlich die Extractivstoffe, 
setzen wir diesen den billigen vegetabilischen Albuminaten zu, so errei- 
chen wir dieselben Wirkungen auf den Körper, wie durch Fleischspeisen 
und darum hat der Fleischextrakt, den wir aus Amerika erhalten, eine 
so hohe ökonomische Bedeutung. 


Sodann berichtet Herr Köhler die neuesten Untersuchungen 
von Fraser und Braun über die von denjenigen der ursprünglichen 
Alkaloide abweichenden Wirkungsweise des Strychnin-, Codein- und 
Thebain - Methyl- Jodner’s. 


Weiter theilt Herr Schubring aus Poggendorffs Annalen (Bd. 
133p.249— 351) eine Reihe von Versionen über den Ursprung des Wor- 
tes „Theodolit“ mit 1. ge« (das Anschauen), ödos (Weg) Aı$os (Stein), 
von den pyramidalen Steinpostamenten, die man als Unterlage ge- 
brauchte und noch gebraucht, 2) $s«w (sehen) ‚und doAryos (lang), 
3) Heaw, dnAos (deutlich) und izos (gerade aus). A. Aus dem Engli- 
schen. Das Wort kommt zuerst bei Digger (1571—1591) und zwar 
als Adjectiv vor: the theodelited circle bezeichnet einen getheilten 
Kreis mit Dioptera statt des jetzigen Fernrohres; ein solches Instru- 
ment heisst arabisch: „Alhidada“, auch Alddade und W. Bourne 
(1578) nennt dasselbe Instrument the athelidated eircle. Es scheint 
also ein Zusammenhang des Wortes Theodolith mit jenem arabischen 
zu existiren. 5) Von Jeaouaı (znv) 0dov OAnv (Twv dorowv) (Ich sehe 
den ganzen Weg der Gestirne), was der Theodolith im Gegensätze 
zum blosen Höhen- oder Azimuthalkreise möglich macht. 


Ebenderselbe lenkt überdies die Aufmerksamkeit auf einen Auf- 
satz im Auslande: Neues physiologisches Alphabet von Bell, 


597 


Ferner theilt Herr Schubring mit, dass die neue Mass- und 
Gewichtsordnung im Wesentlichen nach den von ihm schon vor 8 Ta- 
gen besprochenen Verbesserungsvorschlägen der Commission ange- 
nommen sei. Nur die Wiederaufnahme des Artikels 4, der eine Meile 
von 7500 Metern — 23896 Fuss preussisch einführt, sei zu bedauern, 
erstens weil diese Meile, die doch fortan als deutsche Meile bezeich- 
net werden würde, gewiss Verwechselung hervorrufen werde mit der 
alten deutschen oder geographischen Meile, von denen 15 auf 1° des 
Aequators gehen, dieselbe beträgt aber nur 23601,6 Fuss preussisch 
— 7410,3 Meter. Da nun die preussische oder Postmeile 24000 Fuss 
preussisch = 7532,5 Meter beträgt, so liegt die neue Meile gerade 
in der Mitte zwischen den bei uns hauptsächlich gebrauchten Meilen, 
ohne mit einer derselben genau übereinzustimmen. Wenn man aber, 
um die Meile dem metrischen System anzupassen, dieselbe einmal 
verändern musste, so hätte man dabei die andere Unbequemlichkeit, 
die sie darbietet, vermeiden können, nämlich die, dass sie nicht ins 
decimale System passt. Eine Meile von 10000 Metern, gleich dem 
französischen Myriameter, wäre in dieser Beziehung viel practischer 
gewesen und würde namentlich beim Flächenmass die unbequemen 
Reductionen mit 7500 x 7500 = 56250000 (so viel Quadratmeter ent- 
hält die neue Meile) überflüssig machen. 

Herr Siewert führt an, dass nach seinen Berechnungen in den 
Venen eines Menschen 5 Millionen Blutkörperchen enthalten seien, 
welche, neben einander gelegt, einen Flächenraum von 13,5 Morgen 
einnehmen würden. 

Schliesslich legt Herr Teuchert einige von ihm angefertigte 
chemische Präparate vor und zwar zunächst Salze der Platin -Blau- 
säure, die stark fluoresciren und alle ein ungemein zierliches Ansehen 
haben rücksichtlich der Krystallformen wie der Farbe; letztere hängt 
vom Wassergehalte ab und verwandelt sich bei allen in Weiss, wenn 
das Wasser fehlt. Eine zweite Reihe bestand in den schön phospho- 
rescirenden Präparaten, die für einige Freunde in derselben Weise 
bereitet worden waren, wie die in einer der letzten Sitzungen bereits 
vorgelegten. 


Sitzung am 24. Juni. 
Eingegangene Schriften: 


1. Buvry Dr., Zeitschrift für Akklimatisation VI. Nr. 1—3. Berlin 
1868. 8°, 

2. Noll, Dr., Der zoologische Garten IX, 6. Frankfurt a/M. 1868 8°. 

3. -Monatsbericht der k. preuss. Akademie der Wissenschaften zu 
Berlin. Januar, Februar, März, Berlin 1868 8°. 

4. Maly, Dr., Flora von Steiermark. Wien 1868. 8°. 

6. Schmidt, Adolf, System der europäischen Clausilien und ih- 
rer nächsten Verwandten. Cassel 1868. 8%. Geschenk des Herrn 
Verfassers. 


598 


1. Rabenhorst, Dr., Flora europaea Algarum aquae duleis et sub- 
marinae Sect. III. plagulae L—_XX, XXI—XXIX. Lipsiae 1868, 8% 
8, Arend Dr., Lehrbuch der anorganischen Chemie. Lpz. 1868 8°, 
9, Spiller, die Einheit der Naturkräfte. Berlin 1868. 8°, 
10. Wichelhaus, H., Ueber die Lebensbedingungen der Pflanzen. 
Berlin 1868. 8°, 
11. Baldamus Dr., Schützet die Vögel. Bielefeld u. Leipzig 1868 
16°. Geschenk des Herrn Verfassers. 
12. Taschenberg, Dr., Illustrirtes Thierleben 11. Lief. Hildburg- 
hausen 1868 80, 

Das Maiheft der Vereinszeitschrift liegt zu Vertheilung vor. 

Als neues Mitglied wird proclamirt: 

Herr Dr. Karl Kosack, Oberlehrer am Gymnasium zu Nordhausen. 

Der Vorsitzende, Herr Giebel leitet das 21. Jahr der Ver- 
einsthätigkeit mit der Trauernachricht ein, dass der Verein in Herrn 
Prof. Schaller, der am 21. an einer Lungenentzündung gestorben sei, 
eines seiner ältesten Mitglieder verloren habe. 

Sodann legt derselbe eine von Herrn Dr. Petermann einge- 
gangene Einladung zur Unterstützung der „deutschen Nordpolexpe- 
dition vor, sowie einen Katalog Tyroler und Vorarlberger Pflanzen, 
welche als Herbarien zu billigem Preise zu haben sind. 

Zuletzt macht derselbe den bedeutsamen Inhalt der unter Nr. 6 
aufgeführten Arbeit unseres Vereinsmitgliedes Herrn A. Schmidt in 
Aschersleben über die Clausilien aufmerksam. 

Diese Arbeit bringt die allgemeinen Resultate der langjährigen 
Detailforschungen, welche Hr. Schmidtin seinenkritischen Grup- 
pen der europäischen Clausilien zu veröffentlichen begonnen 
hatte und zu unterbrechen genöthigt war. Sie stützt sich auf ein 80 
reiches Material eigener und fremder Sammlungen , wie es noch kei- 
nem Bearbeiter dieser schwierigen Gattung zu Gebote gestanden hat 
und verfolgt durch strenge Berücksichtigung auch der anatomischen 
Verhältnisse eine zu ungleich sicheren Resultaten führende Richtung 
als die blos testaceologische. Hr. Schmidt ordnet, nachdem er seine 
Grundsätze dargelegt, die europäischen Clausilien mit ihren nächsten 
Verwandten in sechs einen Ring bildende Hauptfelder und schildert 
dieselben im einzelnen sehr eingehend. Das erste Feld beginnt mit 
dem Formenkreise von Clausilia orthostoma, nimmt den von Cl, Bielzi, 
die Baleoclausilien, den Kreis von Cl. plumbea und von Parreyssi auf 
und erhält in Cl. laminata mit ihren zahlreichen Verwandten die typische 
Entwicklung. Cl. Frauenfeldi und dacica führen zum zweiten Haupt- 
felde hinüber. Dieses gliedert sich in 2 Abtheilungen, deren erste 
mit Cl. septemplicata und deren 6 Verwandten beginnt, dann Cl. gib- 
bula, den ganzen Formenkreis von Cl. stigmatica, von Cl.itala und Cl. 
Stenzi, auch den von Cl. conspurcata, von Cl. substricta, Cl. binotata, 
Cl. laevissima, Cl. cattaroensis, Cl. robusta und Cl. semirugata um- 
fasst, während die zweite von den Gruppen der Cl. dalmatina, Cl. 
macarana, Cl. grisea, Cl. modesta, Cl. coerulea, Cl. exarata und den 


559 


syrischen Clausilien gebildet wird. Das dritte Hauptfeld füllen die 
Formenkreise der Cl. solida, Cl. leucostigma und Cl. syracusana, das 
vierte, Cl. filograna, Cl. brunnea, Cl. caucasica, Cl. Pikermiana, Cl. 
bicarinata und Cl. foveicollis. Das fünfte Hauptfeld eröffnet Cl. olym- 
pica und entwickelt sich vielgestaltig in den Formenkreisen der Cl. 
maderensis, Cl. ventricosa, Cl. plicatula, Cl. myosa, Cl. vetusta, Cl. 
rugicollis, Cl. varnensis, Cl. plicatula, Cl. moesta, Cl. hetaera, Cl. 
elata, Cl. fallax. Das sechste Hauptfeld gliedert sich wiederum in 
zwei Reihen, deren eine Ci. tenuilabris charakterisirt die Kreise der 
Cl. succineata und Cl. diodon umfasst, die zweite durch Cl. litotes, 
quadriplicata, subtilis, strumosa, Schwarzenbachi und galeata gebil- 
det wird und durch den Formenkreis von Cl. detersa wieder zum er- 
sten Hauptfelde als dem Ausgangspunkte zurückführt. Die verwandt- 
schaftlichen Beziehungen all dieser grossen und kleinen Gruppen sind 
auf scharfe und umfassende Beobachtungen gestützt, allseitig darge- 
legt und dadurch eine so tiefe Einsicht in die scheinbar verworrene 
Gestaltenfülle gewonnen, wie wir sie noch von keiner andern einhei- 
mischen grossen Molluskengattung besitzen. Die Arbeit wird daher 
von den Sammlern sowohl wie von den Zoologen freudig entgegen 
genommen werden. 

Herr Köhler an die von ihm früher besprochene Myelin- 
frage erinnernd, theilt mit, dass seine Untersuchungen über diesen 
genstand von dem englischen Anatomen Rainey bestätigt werden und 
dass die sog. Myelinfiguren unter gewissen Umständen auch an un- 
organischen Körpern entstehen. Rainey erzeugte sie, indem er Chlor- 
baryumkrystalle in eine Glaubersalzlösung brachte und wies nach, 
dass, die durch die allmälige Auflösung jener entschieden verstrickten 
Figuren feine Röhrchen seien, welche sich durch zugebrachtes Gummi 
gutti im Innern gelb färbten. Herr Teuchert bemerkte hierzu dass 
die früher von ihm experimentirten dendritischen Gebilde (Bd. XXX 
p. 420), welche Metallsalze in Wasserglaslösung gaben, ihrem Wesen 


nach nichts anderes sein dürften, als die Erscheinung der sogenann- 
ten Myelinfiguren, 


Anzeigen. 


Die deutsche Nordpol-Expedition. 


Die von Dr. A. Petermann in Gotha angeregte erste 
deutsche Nordpolexpedition ist durch freiwillige Beiträge ins 
Leben getreten, aber zu ihrer erfolgreichen Durchführung sind 
noch weitere Geldmittel erforderlich und werden alle, welche 
sich für dieses nationale allseitig sehr wichtige Unternehmen 
interessiren, ersucht dieses Interesse durch Einsendung von 
Geldbeiträgen an Dr. Petermann zu bethätigen. Die von 
demselben herausgegebenen geographischen Mittheilungen 
bringen die Quittungen über die eingegangenen Beiträge und 
die Berichte über den Fortgang der Expedition. 


Herbarium. 


Eine in den Bergen und Thälern Vorarlbergs und Tyrols 
gesammelte schöne Collection von etwa elfhundert Pflanzen 
ist billig zu verkaufen. Nähere Auskunft und auch den Katalog 
ertheilt auf frankirte Anfragen 

die Redaction dieser Zeitschrift. 


Eiersammlung. 


Eine aus c. 1500 Stück bestehende Eiersammlung — gut 
erhaltene, in der Axe angebohrte Exemplare — ist zu einem 
angemessenen billigen Preise zu verkaufen. Nähere Auskunft 
ertheilt Herr G. Richter, Dessau, Gasanstalt. 


UNANANNNNNNNNDNNND 


Beobachtungen der meteorologischen St 


PARFSNN LM 


En Zoolosy 
a. 1 Li N 
23653 Mai1868. MAR 11 1942 
N LIBRARY 
Im Mai 1868 war im Vergleich zum 10jährigen Mittel: 
der mittlere Barometerstand 1“‘,57 zu hoch (1851—1860 : 333‘,53), 
der höchste „a 0‘,83 zu hoch (1851/., im Mittel: 337‘,33), 
der tiefste fr 4'“,38 zu hoch (18°!/go im Mittel: 328°‘,19). 
Die grösste Schwankung im ganzen Monat beträgt 5°‘,59, 
(1851—1860 im Mittel : 7',14), 
innerhalb 24 Stunden aber — 3,71 (am 2/3 Abends 10 Uhr). 
Die mittlere Lufttemperatur war 40,23 zu hoch (18°1/go: 109,08,), 
die höchste Luftwärme war 4°%,1 zu hoch (18°!/eo im Mittel 209,7.), 
die niedrigste Luftwärme war 09,9 zu hoch (18°!/g, im Mittel 29,5,) 
Die grösste Schwankung im ganzen Monat beträgt 219,4, 
(1851—1860 im Mittel 180,2), 
innerhalb 24 Stunden aber — 80,3 (am ?/; Mittags 2 Uhr), _ 
innerhalb 8 Stunden endlich + 100,8 (am 3. von Mg. 6. — Mttg. 2 U.) 
Die mittleren Temperaturen der einzelnen Pentaden sind folgende: 


STLOMER 


1868 1851-1864 Differenz 
Grade nach Reaumur. 
1. Mai — 5. Mai: 10,86 1,32 + 3,54 
6. in... 10.1, 10,54 8,36 + 2,18 
Dal, BR 75. 108 14,76 10,27 + 4,49 
16.'.,, 0 20,10, 15,60 11,25 + 4,35 
a 0 a Ihe 15,90 11,60 + 4,30 
20% ‚80 30,16% 16,70 11,66 + 5,04 


Die Temperatur stieg auf 20° und darüber 
a) überhaupt an 13 Tagen 
b) im Mittel an 0 Tagen. 

So weit mir die hiesigen Beobachtungen bekannt sind (von 1851 
bis jetzt) giebt es nur einen Mai der den diessjährigen an Wärme 
übertrifft, nämlich der des Jahres 1865, dessen mittlere Temperatur 
140,44 war : also 00,13 höher als der jetzige. In Leipzig ist nach einer 
längeren Beobachtungsreihe nur der Mai 1833 wärmer, nämlich 09,47, 
während er 1865 dort nm 0°,37 kälter als der diessjährige (13,89) war. 

Der mittlere Dunstdruck war 0’,78 zu hoch (1851/go : 3''‘,36), 
die mittlere relative Feuchtigkeit aber 60), zu gering, (18°%/go: 79,300). 

Die Menge des Niederschlags war 255,6 Cub.-Z. zu gering, denn 
im Mittel von 18°!/go giebt es 314,8 C.-Z. Niederschlag und zwar als 
Regen (durchschnittlich an 14 Tagen). 

Die mittlere Himmels-Ansicht war so heiter, wie sie fast noch 
nicht als monatliches Mittel der Himmelsansicht sich ergeben hat, nur 
der October 1866 übertrifft den diessjährigen Mai; im Mittel der Jahre 
1851—1860 war der Mai-Monat wolkig (b). 

Die mittlere Windrichtung lag fast genau in NO, während sie 
im Mittel der zehn Jahre 1851 — 1860 zwischen NW und NNW, 
(N — 31020‘ — W) liegt. 

Von electrischen Erscheinungen sind in diesem Monat hier in 
Halle durchschnittlich jährlich vier (genau 4,1) Gewitter, und (0,9 also 
ungefähr) ein Wetterleuchten beobachtet. Schubriny. 


S Station zu 
Mai 1868. Beobachter: Herı 
N Lan tdruck Dunstdruck “Relative, Luft - 
& auf 0° redueirt. in Pariser Li Feuchtigkeit nG 
3 300 Pariser Lmien+ aa a Ne in Procenten. in Graden 
S [v. 6 |M. 2.|A.10 |Mitt |V.6.]M.2JA10jMir | V.6] M.2]A.10]Mit | v. 6.|M. 2.| 
1 |35,78|36,71137,79 |36,76]2,77 |3,74|3,8113,44| 74 | 92] | 5| 72| sı 
2 137,22)37,0636,67 |36,98|3,68 13,55) 3,7113,65| 85 | 52 | 83 | 73 | 8,9| 14,6 
3 135,94134,08/32,76.|34,26]3,31 14,40|4,86 4,19| 78 | 44 | s3 | 68 | 8,6| 19,4 
4 132,58|32,82/34,59133,33]4,42 |4,34 2,67 13,81] 71 | 45 | 571 58 | 13,3| 19,1 
5 436,02]35,96 36,14136,04[2,63 |1,73)2,212,19| 79 | 34 | 61 | 58 | 5,8| 10,8 
6 [37,01/36,92136,68 |36,87|2,10 11,64|1,661,80| 78 | 39 | 52 | 56 | 34| 85 
7 135,96134,75|34,40 35,04|2,26 1,84|2,20 2,10 7 32. ,..57. 1.54 | 48| 124 
8 [34,40[33,9334,02|34,12[2,411,90|2,5312,28| 64 | 27 | 55 | 49 | 7,2| 15,0 
9 134,30/34,71133,6234,21[2,75 |3,48| 3,85 3,36| 68 | 39 | 72 | 60 | 8,0| 18,0 
10 [33,48|33,10|33,06 |33,21|4,27 15,06 5,2814,87| 80 | 46 | 76 | 67 | 11,5| 20,8 
11. |33,37|32,76133,31 [33,15|5,32 4,68|5,0615,02| 82 | 40 | 78 | 67 | ı13,8| 21,7 
12 133,60 33,54/34,51|33,88[5,09 4,46] 3,7414,43| 87 | 40 | 58 | 62 | 12,6| 21,0 
13 135,58|35,74|36,85 36,06|3,25 |3,10/4,5113,62| 67 | 33 | s6 | 62 | 10,2| 18,5 
14 |37,83/38,00/38,16|38,00]4,42 |3,46|4,0113,96| 89 | 44 | 69 | 67 | 10,6| 16,2 
15 488,15/37,19)36,53|37,29J4,32 |2,69|3,28]3,43] 82 | 27 | a8 | 52 | 11,3| 19,5 
16 |36,13134,83|34,58 |35,18|3,89 12,54|4,0313,49| 70 | 22 | 58 | 50 | 12,0| 21,4 
17 |34,83|34,50[34,99|34,77[3,72 2,93/4,62/3,76| 56 | 26 | 651] 49 | 14,1| 212 
18 136,37136,47|37,18|36,67|4,32 14,14|3,05/3,84| 82 | 45 | 48 | 58 | 11,3] 18,4 
19 137,61137,00|36,63 |37,08|4,16 12,20) 3,6713,34| 76 | 22 | 57] 52 | 11,8) 19,6 
20 136,46135,23133,64 35,11[4,10 13,03|3,6413,59| 73 | 27 | 55] 52 | 12,0| 20,€ 
21 |33,82|32,78|32,65 133,08|4,04 12,64 5,5114,06| 71 | 21 | 66 | 53 | 12,2] 22,8 
22 |33,43133,5633,53 33,51j4,23 |4,89|3,7014,27| 78 | 64 | 71 | 71 | 11,6) 15,9 
23 |33,17/32,57| 32,66 |32,80]3,35 3,64|4,8814,12| 82 | 35 | 68 | 62 | 9,8) 20,C 
24 |33,2933,72)33,82|33,6115,26 |5,00|5,0515,10| 77 | 53 | 68 | 66 | 14,51 18,8 
25 [32,73/34,00|34,16 |33,63[5,85 |4,51/6,12/5,49| .78 | 35 | 86 | 66 | 15,7) 23,C 
26 [35,38|35,65/35,66 [35,56[6,54 5,77/6,26/6,19| 84 | 47 | 70 | 67 | 16,2| 22,4 
27 |35,76|35,53|36,52|35,94[7,45 6,85|5,57/6,62| 85 | 54 | 71 | 70 | 17,8] 22€ 
28 |37,60|37,17|37,14|37,30|4,65 5,16|5,8515,22] 77 | 54 | 83 | 71 | 13,0) 18,8 
29. 136,80|35,92|35,32 |36,01|6,07 |3,92)4,44.4,81| 86 | 37 | 64 | 62 | 15,0| 20,1 
30 |34,4833,35133,82|33,88[6,04 |5,96| 6,43 6,14| 88 | 40 | 84 | 71 | 14,6) 24,8 
31 |34,5434,91|34,74|34,73]5,97 |6,36|5,9116,08| 79 | 65 | 80 | 75 | 15,8) 19, 
Mitı. |35,28|34,98|35,0435,10]4,29|3,86|4,26|4,14177,42| 41,32]68,32 |62,35] 11,44] 18,5 
Max. 38,16 |38,00]7,45 6,62 92 85 34,8 
Min. 32,57 32,80 11,64 1,80 22 49 | 3,4 
Druck der trocknen Luft: 27 6,96 = 330',96. 
Niederschläge. 
| Tage. | Menge auf 1 Q.-Fuss. | Höhe. 
Regen 7 | 57,2 Cub.-Zoll 4,766 I 
Hagel 1 2,0 ge 0,166 ,, 
Summe 8 | 59,2 3 4,93 # 


Electrische Erscheinungen: 


6 Gewitter am 11, 21, 25, 26, 27, 30. — 1 Wetterleuchten am 10. Abends. 


nun 


Halle a. d. S. T 


Mech. Kleemann. Mai 1868. 
— 

; Is- ! 2 
Wärme. an Niederschläge, I 
(Reaumur) Windesrichtung. Bewölk. in |> gemessen tägl. um En en. 
Zehnteln. 2 Uhr Nachm. mstr.Engelhardt 


A. 10] Mit.| V. 6. | M. 2 ]A.10 |V |MjA |Ml Art u. Zeit. |CuhZ | F._| Z. Ko ur  z 


87) sol w |wNnw|NnWw | 5/10 
92| 109 | SW ıWNW| N 

12,6 13,5 | SO | SSO |0SO 

98, 141 | NW |wWSw| N 1 
6,7 78| NW |NNW| NO 

531 5,7|NNO|NNW| NO 

7,51 8,2 | ONO (0) NO 

9,71 106 |NNO | NO | NO 

11,5! 12,5 JONO | NO 

14,7| 15,7 | © 0O |ONO 

13,9] 16,5 INNW| O | NO 
13,8035,5,, NO | 077) .NO 

11,2) 13,3 | ONO O INNO 

12,51 131 INNW| NW |NNWII 
14,5 15,1 | NW | OSO | ONO 


= 


0 

0 

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6| 2]Rr Ncht20-21| 0,7 

2 

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8 T Ab. 

10 . Ab. 20,1 

3 t Nachm. | 9,7 
2,0 


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1 DT DUAL! AUPDOOOSO —rS9S Sr eDdprHn—- 


9| SIR. Ncht. 57 sol w |IwnwiNnw [sliol olsi@.NchusLh| o|r | nm 1;j; 9,0 
0) 4 nl. Ab. 18 
0| 0 
3/1 
00 
0) 0 
22) 
01 0 
01 0 
2| 1] Wetterleuchten 
7| AIR. 7 Ab. 
ZN DI 
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0| 3 
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4 
2 


14,9| 15,6 N NO | NNO 0 ' 

14,6) 16,6 | NW | ONO | ONO 1 

16,0| 18,5 | NO | OSO | NW 2) ı[R. + Ab. 

15,51 168 | NW | NW | NO 10 13,2 

12,97) 14,31] Mittl. Windrichtung | 2| 2] 3] 2] R= Regen. 6 0,0 
199 | Nd(asos1’28“)0 | —- H = Hagel. ae 

5,7 ıNW.z.W.) 1 = Gewitter. 5 
Windrichtungen. Himmelsansicht. 

5 mal N 5 mal S bedeckt (10.) Tage: 0 
4 „ NNO| 0 „SSW trübe (9. 8.) ” 2 
18 „ NO 3 „ SW wolkig (7. 6) . p) 
8 „ ONO| ı „ WSW ziemlich heiter (5. 4) „6 
12: 00 IE. WW. heiter (3. 2. 1.) ed 
5 „ OSO| 3 „WNW völlig heiter (0) » 9 
3 500802. 1127 NW durchschnittlich: 
6 „ SSON BE SENNW heiter (2). 


Luvseite des Horizonts: 


NW...OSO (61—32); (aber N=S; NNW < SSO.) 


REDET TE 


V 
Beobachtungen der meteorologischen Station zu Halle. 


Juni 18868. 
Im Juni 1868 war im Vergleich zum 10jährigen Mittel: 
der mittlere Barometerstand 1,83 zu hoch (1851—1860 : 333',87), 
der höchste a 0',68 zu hoch (185!/go im Mittel: 337,18), 
der tiefste 2; 2',24 zu hoch (18°!/, im Mittel: 330°,02). 
Die grösste Schwankung im ganzen Monat beträgt 5''',60, 
(1851—1860 im Mittel : 7,16), 
innerhalb 24 Stunden aber + 3',79 (am °/s; Morgens 6 Uhr). 
Die mittlere Lufttemperatur war 2°,13 zu hoch (18°!/go: 129,58,), 
die höchste Luftwärme war 30,0 zu hoch (185!/,, im Mittel 239,0), 
die niedrigste Luftwärme war 09,8 zu hoch (185!/.o im Mittel 79,4,) 
Die grösste Schwankung im ganzen Monat beträgt 17,8, 
(1851—1860 im Mittel 150,6), 
innerhalb 24 Stunden aber +1°,2 (am ?/, Mittags 2 Uhr), 
innerhalb 8 Stunden endlich + 99,9 (am 22. von Mg. 6. — Mttg. 2 U.) 
(Am 4. war es Mittags 2 Uhr 0,%4 kälter als Morg. 6 Uhr.) 


Die mittleren Temperaturen der einzelnen Pentaden sind folgende: 


1868 1851—1864 Differenz 
Grade nach Reaumur. 
31. Mai — 4, Juni: 14,04 13,12 + 0,92 
5. Juni — 9. „ 13,14 14,28 — 1,14 
10.02, 1, Een d 12,86 14,23 — 1,37 
15.0, 8 1R0 8 16,14 13,39 * + 2,75 
20a 2a N 18,28 13,70 + 4,58 
25. „ —29. „ 14,80 14,14 + 0,66 


Die Temperatur stieg auf 20° und darüber 
a) überhaupt an 8 Tagen, 
b) im Mittel an 1 Tage (am 22.). 

Der mittlere Dunstdruck war 0,18 zu hoch (1851/go : 4,44), 
die mittlere relative Feuchtigkeit aber 1,6%), zu gering, (185!/so:69,60/o). 

Die Menge des Niederschlags war 28,6 Cub.-Z. zu gross, denn 
im Mittel von 1851/,, giebt es 389,2 C.-Z. Regen, welcher sich im Mit- 
tel auf 12—13 Tage vertheilt. 

Die mittlere Himmels-Ansicht war ziemlich heiter, während sie 
sonst in diesem Monat wolkig zu sein pflegt, die Zahl der wolken- 
leeren Tage ist verhältnissmässig gross. 

Die mittlere Windrichtung war ungefähr NNW, während sie im 
Mittel der zehn Jahre 1851 — 1860 in diesem Monat fast genau NW 
(N — 44°37’— W) war. 

Von electrischen Erscheinungen sind in diesem Monat hier in 
Halle durchschnittlich 5—6 (genau 5,6) Gewitter, und 1—2 (1,6) mal 
Wetterleuchten beobachtet. Schubring. 


W Station zu | 
Juni 1868. Beobachter: Herr | 


Lufidruck Dunsidruel: Relative Luft - 
= auf 0° redueirt. re Feuchtigkeit inG 
3 1300 Pariser Linien + | "° ser ui. in Procenten. in Graden 
Ss 
A Iv. 6 IM. 2A 10 |Mitt |V.6 |M.2jA10jMit | V. 6| M.2JA.10|Mit | V. 6.|M. 2. 
JAN 
ı |34,29134,30|34,14|34,24]4,77 |5,50|4,24l4,90| s4 | 77 | 78 | so | 122] 15,0 
3 |33,90|33,22)33,24133,45|4,29 5,36 5,7715,14| 75 | 53 | so | 69 | 12,3) 19,6 
3 133,13133,10|33,69|33,31[6,23 |6,67| 5,84/6,25l 88 | 81 | 99 | 89 | 15,0] 16,9 
4 |33,82|35,22135,92 34,99j4,83 4,68|3,8814,46| 100 1100 | 89 | 96 | 10,2] 9,8 
5 [36,02/36,03|36,32 36,12|5,10 13,97 5,05 4,71] 97 | 48 | 85 | 77 | 11,2) 17,0 
6 1|36,93|36,95136,93|36,9415,18 4,96 5,43|5,19| 79 | 58 | s5 | 74 | 14,0 17,4 
7 |36,02|34,66 34,34 |35,01|5,74 4,47|4,8715,03| sı | 42 | 82 | 68 | 15,0] 20,2 
8 |34,76|34,88|35,50 35,0513,21 12,871 3,4913,19| 74 | 47 | 77 | 66 | 8,9| 13,2 
9 [36,14 35,96 36,52 |36,21|3,07 2,49 3,082,88| 75 | 39 | 65 | 60 | 8,2] 13,6 
10 |36,82/35,97|34,47 136,0913,7112,7113,753,39| 74 | 36 | 62 | 57 | 10,6| 15,9 
11 134,80/35,20|35,47 35,16j4,47 3,87|4,664,33| 97 | 68.| 94 |! 86 | 9,6) 12,3 
12 |35,79)36,05|36,43|36,09|4,00 4,22|3,7613,99] 83 | 65 | 73 | 74 | 10,2] 13,9 
13. |36,97|36,83|36,94 |36,91 13,54 |3,96| 3,9113,80| 65 | 48 | 73 | 62 | 11,6] 17,0 
14 |37,26|37,28|37,44|37,33|5,59|4,13)5,3015,01| 92 | 43 | so | 72 | 13,0) 18,9 
15 |37,54|36,96|36,62 37,04|5,31 |5,88| 5,60 5,60| 76 | 47 | 75 | 66 | 14,8] 22,3 
16 137,17|37,22|37,28|37,22|6,04 5,1114,935,36| 81 | 52 | 72 | 68 | 15,6| 19,2 
17 |37,09|36,12|36,37 36,53]5,48 |5,72,6,29)5,83| 73 | 48 | 7s | 66 | 15,8| 22,0 
18 |36,21)36,47|37,07 |36,58|5,13 3,72 3,5714,14| 76 | 45 | 66 | 62 | 14,4| 17,0 
19 |37,84/37,56|37,45 37,62]3,94 |3,854,36,4,05| 75 | 45 | 68 | 63 | 11,2 17,3 
20 137,49|36,81/36,23|36,84)4,52 3,68 3,24 3,81| 65 | 32 | 45 | 47 | 14,8 21,3 
91 135,90 35,13134,23|35,09[4,96|4,05|4,83 4,61] 68 | 30 | 59 | 52 | 15,4| 23,6 
32 133,77|32,6432,68 |33,03]5,06 14,72 5,495,09| 65 | 29 | 57 | 50 | 16,1, 26,0 
23 |33,36\32,64,32,26 |32,7516,16 5,65 7,02)6,28| 72 | 42 | 87 | 67 | 17,4] 23,4 
24 |32,85 34,60 35,82 |34,42|6,35 15,08|5,5815,67) 85 | 60 | 73 | 73 | 15,7 17,3 
25 |36,6436,27|36,47 |36,46|4,88 4,9515,27|5,0.| 73 | 42 | 65 | 60 | 14,2] 21,6 
26 137,69137,41|37,76 37,62|4,45 4,02 4,42 4,30| 72 | 43 | 69 | 61 | 13,2) 18,5 
27 |37,86|36,13|36,37 36,99|3,40 3,74|3,8213,65| 61 | 47 | 58 | 55 | 12,0] 16,5 
28 135,10134,59135,40 |35,03]4,55 5,715,055,10| 79 | 77 | 87 | SL | 12,4) 15,6 
29 |36,36|36,17|36,04 |36,19]4,31 13,03,4,2613,87| 79 | 37 | 74 | 63 | 11,8) 16,9 
30 135,49|34,63|34,28 |34,50[3,49|3,73|4,88/4,03| 67 | 59 | 99 | 75. | 11,1) 13,6 
| | 
Miu. 135,83|35,59|35,69|35,70]4,73|4,42|4,73|4,62|77,70|51°33|75,13|67,96| 12,93| 17,76 
Max [37,86 37,62 6,67 6,28] 100 | 100 96 26,0 
Min. 32,26 32,75 2,49 2,88 29 47| 8,2 
Druck der trocknen Luft: 27 7"',08 = 331,08. 
tage) Menge auf 1 Q.-Fuss. | Höhe. 
Regen | 7 417,8 Cup.-Zoll 34,82 L. 
Schiuee 0 — she — 5. 
Summe r | 8 417,8 50 34,82 „, 
Blectrische Erscheinungen: 


Niederschläge. 
1 Gewitter am 23, — 0 Wetterleuchten. 


Halle a. d. S. 


x 


Mech. Kleemann. Juni 1868. 
er anscne | „Miedersetäge |Parenand 
Be Windesrichtung. 1 :, [gemessen tägl. um en 
nı® ee 
A.10| Mit.| V. 6 | M. 2 |A.10 |V |MjA |M| Art u. Zeit. [CubZ.| F. | 2. 
12,3 132] NO | no N I|9|l lsls 5 8 
15,2| 15,7| N |NNO | NO | s| 7 77 : : 
12,7) 14,9| N | NW |NNO| s| 7|10) s[R. Mitt, Ab.| 49,7 s | 
89) 9,6| NW | NW | NW [1010| 4| 88. Vm.;Nchm.|279,9 2 : 
12,7) 13,6] SW | SW s [0 5| 3) 3 \ 
13,7| 1350| W N Sy 0 ; \ : : S 
12,8) 16,0] NW 1 
= 105| nw |WNW| N |g| 9 6| sjE. Ncht. 78 : u 
9,91 10,6| NW | NW | NO | 6 7/15 : - 
12,9) 13,1InNw, NO I 0 5/95 \ ; 
| SW |INNO |;0/10 1010|. Ab. 5 7 
os a = NW |NNW|,o| 6| 3] 6|R. Neht,11-12| 38,8 | 5 7 
115 134| Nw | SW | NO | 9) ı| 9, 0 5 3 
14,1) 15,3] Nw | NO NO|loı 401 ; 3 
15,71 17,6| NO | 8 5 10 100 | 
145| 1614| Nw IWNW | NO | o| 2 111 5 Ken 
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117 1aal N NV 2 NWeIN 2003 5 5 
13,7 141 Nxw|NNO |ONO | oo! 1| 0| 0 5 5 
1 1,11 0.) 50,.02|.0) 0.0.8 5 A 
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ie eosloso | sso |ssw|o| 3la a 5 3 
166 191] W |SSO | © |6| 216 5|R. + Nachm. 5 3 
16,0| 1683| w |NNW| sw el 6/9 7 5 p 
16,7] 17,5| NWw| W | NO |5/ 5615 5 2 
Nw | NW | NW|6 3 013 5 2 
18o| 17a |nnw NW | Nw || s10 olr Nehear.as, Be 
1135| 135 |wnw! NW | N lıolıo! 2! T|R.v. Zeitz z. 5 3 
124 137 | NW | NW | NW |o 4 3| > | al 7 
10,5) 117] NW | NW | NW [ıo| 9| 8| 9|R. öfter. all 
| | A Ri 
13,44| 14,71] Mittl. Windrichtung | A| 5] A| AIR — Regen. Tees 
20,3 | N (240 27° 44“, W + — Gewitter. en 
9,6 ıNNW.) sl 
Windrichtungen. Himmelsansicht. 
6 mal N 5 mal S bedeckt (10.) Tage: 1 
5 „ NNO| 1 „SSWw trübe (9. 8.) 5 
12 ” NO 6 „ SW wolkig (7. 6) 5 
17, ONO 0% WSW ziemlich heiter (5. 4.) > 5 
52,20 4 „WW heiter (3. 2. 1.) = 8 
1 „ OSO| 4 „ WNW völlig heiter (0) EG 
4 ,.,9021297 NW durchschnittlich: 
2 „ SSO|5 „NNW 


ziemlich heiter (4), 


Luvseite des Horizonts: 
WNW...o (67—23). 


Berichtigungen. 


März - Bericht: 
Seite I. 


Zeile 13 (excl. Ueberschriften) grösste Schwankung der Tem- 
peratur innerhalb 24 Stnuden —6°,6 statt --6°,6. 


April - Bericht: 
Seite P. 


Spalte 2, unterste Zeile der Tabelle. Minimum der Tagesmittel: 
0%,2 statt 30,3 (wie auch beim 11. in der Tabelle durch fetten Druck 
angezeigt.) 


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